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Full text of "Italienische Grammatik"

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ITALIEMSCHE 



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GRAMMATIK 



VON 



W. MEYER-LÜBKE. 






LEIPZIG, 

VERLAG VON 0. R. REISLAND. 

1890. 






V«rtua»r and Vaclegec behalteD lioh d» ObsnatiniiEiTeclit yt 



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SAMMLUNG 
ROMANISCHER GRAMMATIKEN. 



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HERRN PROF. BR. G. GRÖBER 



IN DANKBAEKEIT UND FREUNDSCHAFT 



VEBFASSEK. 



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VORWORT. 



Wenn ich zu einer Zeit, wo ich schon mit dem ersten 
Bande meiner » Grammatik der romanischen Sprachen« be- 
schäftigt war, mich zur Übernahme des vorliegenden Buches 
entschloss, so geschah es hauptsächlich darum, weil ich hoffte, 
darin manches, was in dem Hauptwerke aus Raummangel 
oder andern Gründen unterdrückt werden musste, verwerthen 
zu können. Namentlich der Besprechung abweichender An- 
sichten, den Litteraturnachweisen, der Anführung von Citaten 
und von Einzelheiten verschiedenster Art konnte hier viel 
mehr Platz gewidmet werden. Die italienische Grammatik 
ist also in gewissem Sinne eine Ergänzupg für die italie- 
nischen Theile der romanischen. Ohne dass sie sich in 
der Anlage ihr jedoch völlig anschlösse. Schablonenarbeit ist 
auf diesem Gebiete so wenig von Vortheil, wie auf irgend 
einem andern: was gut und forderlich ist bei einer Übersicht 
über alle Sprachen, braucht es deshalb noch nicht zu sein, 
wenn bloss eine einzelne zur Darstellung' kommen soll. Nur 
die Verschiebung des Abschnittes über den Accent bedarf 
einer Bemerkung. Während ich früher nach dem Vorgang 
von DiEZ ihn an das Ende der Lautlehre gestellt habe, findet 
er sich jetzt nach dem Vokalismus. In der That handelt es 
sich ja dabei lediglich um die Frage, welchem von den ver- 
schiedenen Vokalen eines Wortes die meiste Kraft zugewendet 
werde, während die Konsonanten ganz und gar ausser Betracht 
fallen. Etwas anderes ist es natürlich, wenn in dem Kapitel 
über den Accent seine Einwirkung auf die einzelnen Laute 
zur Darstellung gebracht werden soll. — Auch die Umschrei- 
bung der dem lateinischen Alphabet fehlenden Laute weicht 



I I iw m ww—r * - " ' ^ 



Jl 



VIII Vorwort. 

von meiner frühern ab, sofern ich für palatales n nicht 
das dem System zu Liebe gewählte n\ so^dern n einführte, 
ferner z statt ts, z statt dzj s statt z. Zu dem letzten habe 
ich mich nur ungern entschlossen. Durch den Gebrauch in 
den meisten sprachwissenschaftlichen Werken wie in altem 
italienischen Texten selber (s. § 209) hat sich z als Zeichen 
für tönendes s ein gewisses Recht erworben. Allein auf der 
andern Seite ist die Umschreibung des zusammengesetzten 
Lautes z durch ts bezw. dz zu umständlich, und namentlich, 
wenn zz wiedergegeben werden soll, für das Auge so störend, 
dass ich mich zur Beibehaltung des deutsch - italienischen 
Zeichens veranlasst gefühlt habe, und nun tönendes s von 
tonlosem und entsprechend tönendes z von tonlosem durch 
den übergesetzten Punkt scheide, also i, 2?. Endlich n statt n' 
führe ich durch, um die Zahl der nicht im Alphabet vor- 
kommenden Typen möglichst zu verringern: n ist aus dem 
Spanischen als Zeichen des palatalen n geläufig. — Auf Wort- 
und Sachregister habe ich auch hier wieder viel Sorgfalt ver- 
wendet, namentlich auf letzteres, das nicht blos zum Nach- 
schlagen dienen soll, sondern einen Einblick geben in das 
Walten aller jener Faktoren, die die rein lautliche Entwick- 
lung stören, und als deren wichtigste ich die Umprägung, 
Verschränkung, Anbildungen verschiedenster Art und die Ent- 
lehnung ansehe. Ich halte noch dafür (vgl. Litbl. 1886 Sp. 282), 
dass auch in dem Wirken dieser Faktoren, namentlich in der 
Umprägung, Gesetze herrschen, dass es, um einen bestimmten 
Fall zu wählen, nicht Zufall ist, wenn der ursprüngliche Ab- 
laut u — ö (§ 125) nur in odo, «e?ire geblieben, in cMudere, ru- 
bare, ßutare zu Gunsten von w, in lodare^ frodure zu Gunsten 
von ausgeglichen ist. Stellen wir als »Gesetz« hin, u — 6 
wird zu u — u vereinfacht, so werden sich die beiden störenden 
Fälle leicht durch Einfluss der zugehörigen Substantiva lode, 
/rot?e erklären , zu dem scheint es (vgl. § 100), dass frodare 
erst zu einer Zeit in die Sprache aufgenommen worden ist, 
als jenes Lautgesetz, wonach tonloses au zu u wird, nicht 
mehr wirkte. Dass odo udire blieb, erklärt sich wohl daraus, 
dass die Präteritalformen , die die Hauptmasse der endungs- 
betonten bilden, bei diesem Verbum seltener gebraucht sind, 



~v^ 



Vorwort. ^ 

als die präsentischen. Wollte man nun freilich aus dem Gesetz 
über den Ablaut u — o schliessen, dass überhaupt die endungs- 
betonten Formen den Sieg davon tragen, so würde man da- 
mit an den Verben mit i — e scheitern s. § 412. Während 
die u — ö Verba nur die nicht sehr stark vertretene o — 6 Klasse 
neben sich haben, stehen neben i — e die zahlreichen Verba 
mit ^ — e, d. h. alle diejenigen, die e in gedeckter Stellung 
haben, und von diesen aus ist der Ablaut i — e zu e — e um- 
geändert worden. — Bevor man nun aber mit etwelcher Aus- 
sicht auf sichern Erfolg daran gehen kann, die »Gesetze« der 
TJmprägung zu finden, sind erst, wie dies dereinst nötig sein 
wird für eine wissenschaftliche Bedeutungslehre, an möglichst 
zahlreichen Beispielen die Wege klar zu legen, welche die 
Sprache am häufigsten einschlägt, und es wird dann schliess- 
lich, ähnlich wie bei der Aufstellung mancher Lautgesetze, 
ein mathematisches Rechenexempel sein, wodurch wir sehen, 
was Regel ist, was Ausnahme. Zu einer derartigen Klärung 
der Wirkungen der Analogie soll hauptsächlich das Sach- 
verzeichniss Beiträge liefern. 

Die Litteratur, soweit ich sie habe benützen können, 
findet sich S. XI verzeichnet. Sehr unangenehm fühlbar macht 
es sich, dass Caix den die Prosa behandelnden Theil seiner 
Origini nicht hat ausführen können und dass eine Reihe 
der wichtigsten Texte noch nicht in zuverlässigen Ausgaben 
vorliegen. Ristoro d^Arezzo citire ich nach einer Abschrift, 
\\ die ich im Sommer 1883 genommen habe und die nur deshalb 

ungedruckt geblieben ist, weil, gerade als ich fertig war und 
das Material für die grammatische Einleitung zusammenstellte, 
Bartoli mir mittheilte, dass einer seiner Schüler, ich habe 
den Namen vergessen, eine Ausgabe des werthvoUen Denk- 
mals schon im Drucke habe. Sie ist bis jetzt allerdings noch 
nicht erschienen. — Wenn so von Seiten einer streng histo- 
rischen Grammatik die italienischen Fachgenossen, die an der 
Quelle sitzen, mein Buch werden vielfach ergänzen können, 
so ist das in noch höherm Grade der Fall bei der Wortbildungs- 
lehre. Die Darstellung derselben, wie ich sie im III. Kapitel 
gegeben habe, hat die Unkömmlichkeit, dass sie einmal viele 
Suffixe nicht bespricht, und sodann, dass manche Erschei- 



X Vorwort. 

nungen, wie die Verknüpfung verschiedener Suffixe, die Pro- 
portionalbildungen, die Suffixvertauschungen nicht zur Sprache 
kommen. Allein ich habe nicht den historischen Entwick- 
lungsgang geben wollen, mir lag hauptsächlich daran, eine 
Darstellung zu bieten, wie sie meines Wissens noch für keine 
romanische Sprache geboten ist. Die begriffliche Seite ist für 
diesen Theil der sprachlichen Biologie ebenso wichtig wie die 
formale, und um dies hervorzuheben, habe ich die letztere 
fast ganz beiseite gelassen, um so eher, als bei der einseitig 
aufs Formale gerichteten Aufmerksamkeit der romanischen 
Forschung eine Ergänzung nach dieser Seite hin nicht schwer 
fällt. 



Wien, Pfingsten 1890. 



W. Meyer -Lübke. 



BENUTZTE WERKE. 



9 

i 






> 



BiONDELLi. Saggio sui dialetti Gallo- 

itaHci 1853. 
N. Caix. Le Origini della lingua 

poetica italiana 18S0. 
Studi di etimologia italiana e 

romanza 1878. 
A. MüssAFiA. Beitrag zur Kunde der 

norditalienischen Mundarten 1875. 
G. Papanti. I parlari italiani in Cer- 

taldo 1875. 
Nannucci. Analisi Critica dei Verbi 

Italiani 1884. 
Teorica dei nomi della lingua 

italiana 1858. 
Zehle. Laut- und Flexionslehre in 

Dantes Divina Commedia 1885. 
A. Zuccagni-Orlandini. Raccolta 

dei dialetti Italiani 1864. 



! 



\\ 



Abruzzen. G. Finamobe, Yocabo- 
lario dell' uso abruzzese 1880. — 
Tradizioni populari abruzzesi 1885. 

Alatri. Ceci, Arch. Glott. X 167 
bis 176. 

Aquila. BoEzio Di Bainaldo, 
Delle cose d' Aquila; Antonio di 
BucdO, Delle cose d'Aauila, beide 
in Muratori Antiqui. ItaLYI ; Peb- 
COPO, Laudi Aquilesi, Giom. stör, 
lett. itai. VII 345 ff. 

Arezzo. S. Billi, Poesie gio- 
cose in dialetto chianajuolo 1870 ; 
B. BiANCHi, n dialetto e la etno- 
nrafia di Cittä di Castello 1887 ; 
riEBi, H yerbo aretino e lucchese 
Miscell. di filologia e linguistica 
305—312. 

Bazzano, s. Bologna. 

Bergamo. TmABOsCHi, Yocabolario 
dei dialetti bergamaschi 1867. 

Bologna. T. (m.sini, Documenti 
dell' antico dialetto Bolognese 1884; 



T. Coronedi-Berti, Vocabolario< 
Bolognese 1877. \ 

Campidanesisch s. Bardisch. 

Campobasso. d'Ovidio, Arch. Glott 
IV 145-184. 

Como. P. MoNTi, Vocabolario dei 
dialetti della Cittä di Como 1845. 
Saggio di Vocabolario della Gallia 
Cisalpina 1856. 

Dignano. Ascou, Arch. Glott I. 

Genua. Birne Genovesi, Arch. Glott. 
n 161—312; Prose Genovesi VIII 
1 — 97; AscOLi, Arch. Glott 11 
111—160; Flechia, VIII317— 406, 
X 141—166; RöTTGEN, Der Vo- 
kalismus des Altgenuesischen 1888. 

Kalabrien. Mandalari, Canti dei 
popolo Reggino 1881 ; Scerbo, 
Sul dialetto Calabro 1886. 

Lecce. MoROsi, Arch. Glott IV 

117—144. 
Ijogudoresisoh s. Sardisch. 

Ijucca. Band! Lucchesi dei sec. XIV 
1863. 

Mailand. Bonyesin, hg. v. J.Bekker 
1850, hff. von Lidfors 1872; Bes- 
CAPife, hg. Ton BiondeUi 1856; 
A. MussAFiA, Darstellung der 
altmailändischen Mundart 1887; 
C. Salvioni, Fonetica dei dialetto 
modemo della cittä di Milano 1884 ; 
Cherubini, Vocabolario Milanese- 
Italiano 1856. 

Mirandola. £. Mestieri, Vocabo- 
lario Mirandolese 1870. 

Monf errat. Ferraro, Glossario 
Monferrino 1881. 

Neapel. A. Mussafia, Das alt- 
neapolitanische Begimen Sanitatis 
1883 ; ZurKatharinenlegende 1884; 
E. Percopo, I Bagni di Pozzuoli 



\ 



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ii 



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XII 



Benutzte Werke. 



1887 ; LoisE de Rosa, Arch. Stör. 
Nap. IV 417—467. 
Noto. A. AvoLlo, Canti populari di 
Noto 1875. 

Padua. Wendriner, Die padua- 
nische Mundart bei Buzante 1889. 

Perugia. II diario del Graziani, 
Arch. Stör. Ital. XVI. 

Piazza Armerina. B. Bocella, 
Vocabolario della lingua parlata 
in Piazza Armerina 1875. 

Piemont. C. Salvioni, Lamenta- 
zione metrica in antico dialetto 
piemontano 1886; Antichi testi 
dialettali chieresi Mise. fil. ling. 
345—356; W. FoERSTER, II Cri- 
sostomo Arch. Glott. VII 1—120; 
ASCOLI, Arch. Glott. 11 111—160; 
PiPiNO, Grammatica piemontfese 
1875; V. DI Sant' Albino, Dizio- 
nario piemontese-italiano 1859. 

Pisa. Statuti delle Compagnia del 
popolo di Pisa Arch. Stör. Ital. 

Born. Historiae Bomanae fragmen- 
tum, La vita di Cola di Kienzi 
Murat. Antiqu. Ital. V. 

Bomagna. Müssafia, Darstellung 
der romagnolischen Mundart 1875. 

Sardinien. AscoLi, Arch. Glott. II 
133—144; G. Hofmann, Die logu- 
doresische und campidanesische 
Mundart 1885; J. Spano, Vocabo- 
lario Italiano-Sardo 1857, Orto- 
grafia Sarda 1 840. PoRRU, Dizio- 
nariu Sardu-italianu 1866. 

Siena. Hirsch, Zs. IX 513 — 570, 
X 56—70, 411—446. 

Sizilien. Ascou, Arch. Glott. 11 
125—150; C. Avouo, Introduzi- 



one allo studio del dialetto Sici- 
liano 1882; Hüllen, Vokalismus 
des Alt- und Neusizilianischen 
1884; G. DE Gregorio, Appunti 
di fonologia Siciliana 1886; G. Pa- 
riselle, Über die Sprachformen 
der ältesten sizilianischen Chro- 
niken 1883; H. Schneegans. Laute 
und Lautentwicklung des sizüia- 
nischen Dialektes 1888. 

Tarent. MoROsi, Arch. Glott. IV 
143; De Vicenths, Vocabolario 
del dialetto Tarentino 1872. 

Teramo. G. Savini, La gramma- 
tica ed il lessico del dialetto Te- 

' ramano 1881. 

TesBln. C. Salvioni, Arch. Glott. 
IX 188—260. 

TJmbrien. Bossi, Quattordici Scrit- 
ture Italiane 1859. 

VegUa. JvE, Arch. Glott. IX 187. 

Venedig. Ulrich, Exempelbuch 
Bom. Xni, dazu Donati, Fo- 
netica, morfologia e lessico 1889; 
A. TOBLER, Cato 1883, Pateg 1884, 
Ugu9on 1885, Proverbia Zs. IX, 
dazu Bafael, Die Sprache der 
Proverbia 1887, Panfilo Arch. 
Glott. X 177 — 255; Ascoli, La 
cronica delli imperadori Arch. Glott. 
m 177—283; A. MüSSAFiA, Trat- 
tato de regimine rectoris di Fra 
PaolinoMinorital868. C. Salvioni, 
La Storia di AppoUonio di Tiro 
1889. 

Verona. A. Mussafia, Monumenti 
di antichi dialetti Italiani (Fra 
Giacomino) 1863, Zur Katharinen- 
legende 1874; Biadene, La pas- 
sione e resurrezione Stud. fil. rom. 
I 212—265. 



INHALTSVERZEICHNISS. 



i 



Seite 

Einleitung 1 

I* Xiautlehre 11 

Die betonten Vokale 11 

A. Spontaner Lautwandel 12 

B. Störungen des Vokalwandels 34 

C. Kombinatorischer Vokalwandel 44 

I>ie Diphthonge 57 

Die tonlosen Vokale 59 

Der Accent 90 

Die Konsonanten 93 

A. Anlautende Konsonanten 94 

B. Die Konsonanten im Wortinnem 115 

1. Die Konsonanten nach dem Tone 115 

2. 'Einfache Konsonanten vor dem Tone 122 

3. Die Konsonanten in Proparoxytonis 124 

4. Die Sonanten 126 

5. Die Konsonantengruppen 12S 

6. Die Doppelkonsonanten 151 

C. Die Konsonanten im Auslaut 156 

Lautvertauschungen 161 

n. Formenlehre 175 

Nominalflexion 175 

1. Kasus 175 

2. Das Genus 181 

3. Der Numerus 187 

Das Adjektivum 204 

Die Komperation 206 

Das Zahlwort 207 

Die Pronomina 208 

1. Personalia 208 

a. Betont 208 

b. Unbetont 210 

2. Die Possessiva 213 

3. Die Demonstrativa 215 

4. Der Artikel 216 

5. Indeflnita und Relativa 218 

Verbalflexion 219 

1. Übersicht der Verbalformen 219 

2. Die Endungen 219 

3. Accent und Verbalstamm 232 

4. Die Konjugationen 236 

5. Unregelmässige Verben 245 

1. Essere 245 

2. Habere 248 



f 



^I^ InhaltsTerieichDiBS. 

Seit« 

3. Einsilbige Präsentia 250 

4. Ire 253 

5. Potere 253 

6. Die i-Präaentia 254 

7. Die starken Perfekt« 256 

S. Die starken Partizipien 258 

6. Die saidische Konjugation 260 

HL WortbUdungBlehre 263 

I. Wortableitung 263 

A. Substantiva 263 

B. Adjektiva ..." 293 

C. Diminutiva und Augmentativs 299 

D. Die Verba 301 

II. WortzusanunenBetiung ...■.■..■.,- 310 

III. Kumeralbildung 323 

rV. Pronominalbildung 324 

V. AdTerbialbildung 324 

SachTeTzelcImiBB 326 

WortverzelchnlBB 332 



VERBESSERUNGEN. 

Seite 13, 1 lies Tulgärlateinisch statt lateiuiach. 



16, T » tufo 


y taffo. 


8 - trapano 


» trapana. 






26,12 . ffriv 


" 9r'r. 


33 - «tesse 




36,1» » lelicare 








43,20 streiche fmpto. 








47,18 . bronzo 




48,11 » un 




68,28 " eantero 


" caatera. 


S2,1S « opäare 




92, 7 " -atura 




96, IS " grotto 
97,4» . lula 


» gratto. 




111,1(1 » parecchi 


» paraechi. 


114,21 . wmalatiya 


- mmalaU/a. . 


142,18 " goccta. 




154,18 streicbe einmal rettorica. |i 


182,17 lies kahide 


BUtt kahude. '} 




: I. 


192,32 » III 


» IV. 


207,40 « duo» 




237,29 » ni 


= IV. ■ 


258,37- . sp^to 


« pento. 

1 



^ 



EINLEITUNG. 



1. Unter Italienisch versteht man die Sprache, die als Litterär- 
0^ Sprache auf der ganzen apenninischen Haibip sei vom Südabhang der 
t \lpen bis zum Golf von Tarent verwendet wird, d. h. also im König- 
reich Italien, im schweizerischen Kanton Tessin und in Bergell, Misock 
und P^ischlav, im südlichen Tirol, in Trient, an der dalmatinischen 
Küste und auf Corsica. Auf diesem von etwa 28 Millionen Menschen 
bewohnten Gebiete werden unter sich sehr verschiedene Mundarten 

i gesprochen, deren Zusammenfassung zu einem Ganzen in erster Linie 
i politisch- geographische Gründe hat. Die Dialekte diesseits der 
* Apenninen sind z. Th. von der Schriftsprache weiter entfernt als von 
\ den südfranzösischen Mundarten, der sardinische steht in mehr als 
einer Hinsicht ganz eigenartig da. Andrerseits lässt sich aber auch 
nicht läugnen, dass gewisse lautliche Erscheinungen das ganze Gebiet 
der italienischen Schriftsprache umfassen, und dem angrenzenden Süd- 
[ französisch abgehen, so vor Allem der Wandel von cl zu ku Sofern 
man also sprachliche Gruppirungen auf ein Merkmal gründen will, 
kann man der Zusammenfassung der auf der Halbinsel gesprochenen 
romanischen Idiome zu ^inem Ganzen im Gegensatz zum Französischen, 
I Eätischen u. s. w. eine gewisse Berechtigung nicht absprechen. Vor 
f ^*^ Allem aber hat sie praktisch ihre Bedeutsamkeit. Wenn die Dar- 
5 iihaig nicht bloss die Entwicklung der Litterärsprache sondern die 
Eu/'^klung der Sprache überhaupt ins Auge fasst, kann sie gegen- 
über u. "Oialekten Südfrankreichs oder Hätiens keine andere Ab- 
grenzung i* v*^n als die auf einzelne den Grenzmundarten mit den 
weiter zurücklilgenden eigene Züge beruhende, ohne dabei die Über- 
einstimmung in andern Zügen zwischen diesen Grenzmundarten und 
dem Provenzalischen, bezw. Rätischen zu berücksichtigen. 

2. Wenn wir nun die Grenzen des Gebietes abstecken wollen, 
so liegt auf drei Seiten die Sache sehr einfach, sofern hier das Meer 

Meyer-Lübket Ital. Grammatik. 1 



) 



( 



2 Einleitung. [§ 2. 

Italien abschliesst. An der dalmatinischen Küste wurde einst eine 
eigene Mundart gesprochen, die sich vom Venezianischen wesentlich 
unterschied, dafür aber mit dem lateinischen Element des Albane- 
sischen und mit den Dialekten der Südostküste Italiens eine Reihe 
merkwürdiger Übereinstimmungen zeigte. Sie ist aber schon früh 
durch das Venezianische ganz verdrängt worden und findet sich, abge- 
sehen von einzelnen Wörtern in den benachbarten slawischen Mund- 
arten, nur noch auf der Insel Veglia, allerdings stark mit venezia- 
nischen Elementen durchmischt. Doch auch da ist sie jetzt wohl 
schon völlig ausgestorben. Vgl. Ascoli, Arch. Glott. I 435 Anm.; 
Ivb, II dialetto veglioto, Arch. Glott. IX 115 ff., dazu Zs. X 599 ff.; 
ScHUCHABDT, Slawo-dcutschcs und Slawo-romanisches 29 ff. Ausser- 
halb Italiens umfasst das Italienische im Osten noch Triest, Pola und 
Fiume. Hier hat jedoch neben dem venezianischen Elemente einst 
ein sehr starkes rätisches (speciell friaulisches] bestanden, vgl. Ascoli, 
Arch. Glott. I 479; m 469 ff.; X 447 ff. Auch auf dem Festlande 
führt seit Jahrhunderten das Venezianische einen biegreichen Kampf 
gegen das Rätische. »Die Gegend zwischen Sacile und Pordenone 
bis zum Einfluss der Livenza ist zum Venedischen zu rechnen, ebenso 
S.Vito und Latisana amTagliamento, während das flache Land zwischen 
Livenza und Tagliamento mit Ausnahme der Stadt Portogruaro friau- 
lisch ist« (Th. Gaktnek, Rätor. Gramm. XXXV). Gegen Norden dringt 
das Venezianische durch das Piavethal bis an die politische Grenze, 
wo ihm das Deutsche entgegentritt, auch an der Etsch überwuchert es 
mit Lombardischem zusammen das Mittelrätische. Nur in Graubünden 
ist vermöge der besonderen politischen Verhältnisse das Italienische 
beschränkt auf die Südabhänge der Alpen. Im Tessin wird die Grenze 
gegen das Deutsche durch den Gotthardpass gebildet ; dann scheiden 
die Walliser Alpen das italienische vom deutsehen bezw. französischen 
Sprachgebiete und erst am Monte Rosa reicht das Französische über 
die Wasserscheide und beherrscht das Gebiet der Dora Baltea bis 
S. Vitone und Brozzo. Auch der oberste Lauf des Orco, der nörd- 
lichen Stura und der Dora Ripara sind französisch, so Aosta,^Var-^ 
Soana, Chiamorio, Melezet, PramoUe, Viü, Usseglio. Aber daneben 
ist schon stark piemontesischer Einfluss fühlbar. Weiter südlich sind 
in Pinerolo die Waldenser die letzten Überreste einer einst ganz pro- 
venzalischen Bevölkerung. Sonst aber fallen natürliche, politische 
und Sprachgrenze auch hier zusammen bis ans Mittelmeer, wo in folge 
des leichteren Verkehrs und der vielfach wechselnden Besitzverhältnisse 
Sprachgebiet und politisches Gebiet in einander übergreifen. Die Roya 
bildet die Sprachgrenze von Breil bis Ventimiglia. Zu erwähnen sind 
endlich noch drei genuesische Kolonien : Mons und Escragnoles (D6p. 



§2.3,4.] Einleitung. 3 

-du Var), Biot (Dep. Seealpen). In den zwei letztgenannten dürfte 
heute das Genuesische ganz ausgestorben sein. Die Gründung dieser 
Ortschaften, bezw. ihre Besiedelung reicht ins 13. und 14. Jahrh. zu- 
rück. Vgl. P. SiiNEQUiEB, Revue de linguistique Xin, 308 — 314. 

3. Innerhalb dieses Gebietes treffen wir nun eine Reihe von 
fremdsprachlichen Kolonien, die hier mit einigen Worten berührt 
werden müssen. Zunächst mögen erwähnt werden die Katalanen in 
A 1 g h e r o (Sardinien) , die 135 3 — 1372 zumeist a\i8 Barcelona an die 
Westküste der Insel übersiedelten. Sie haben an Zahl etwa 7000 bis 
heute ihre Sprache treu bewahrt, und zeigen nur im Wortschatz wesent- 
liche Einflüsse der umgebenden sardischen Mundarten und der italie* 
nischen Schriftsprache, vgl. z.B. karkanJ^u [calcagno), astranjUy deren 
n^ aus ni sardisch, nicht katalanisch ist. Der stete Wandel von l 
zwischen Vokalen zu r findet sich wieder im Sassaresischen, auch r zu T : 
Icdk (largo) inveln [invemo) dolm [dormo), und die Abneigung gegen 
c^, plr-, ß-, vgl. kraUj branh^ prantayframa^ erinnert ans Sardische. 
— Vgl. G. MoBOSi, II catalano d'Alghero, Miscellanea di filologia e 
Unguistica 313 — 332.; P. E. Guabnebio, II dialetto catalano d'Alghero, 
Arch. Glott. IX 259—364, dazu Zs. XI 280—282. 

4. In Norditalien finden sich mehrfach deutsche Kolonien. Die 
wichtigsten und bekanntesten sind die Sette-Comuni im Vicentinischen 
und die Tredici-Comuni im Veronesischen, denen sich noch Laverno 
im Trentinischen anschliesst. Gegen Anfang des 13. Jahrh. kamen die 
ersten Kolpnisten von Deutsch-Tirol her nach Folgaria, und breiteten 
sich gegen die Mitte des Jahrhunderts ins Vicentinische und später ins 
Veronesische aus. Dass sie nicht Nachkommen der alten Cimbern 
sind, wie man früher angenommen hatte, geht nicht nur aus den histo- 
rischen Dokumenten hervor, sondern auch daraus, dass die meisten 
Ortsnamen romanischen Ursprungs und nur mehr oder weniger stark 
germanisirt sind, vgl. namentlich FwscA«=Foza (fotiea)^ /Sfe^e=Asiago 
u. a. Im 19. Jahrh. geht die Sprache rasch ihrem Untergange entgegen, 
schon im 18. war der Religionsunterricht italienisch. Von den Sette- 
Conununi haben sie Asiago, Foza, Roana und Rotzo bewahrt, von den 
Tredici Selva di Progno, Giazza und Campofontana. Von italienischen 
Lauteigenthümlichkeiten ist nur die PalataUsirung von l nach Konso- 
nanten zu nennen : Tuat^ Mafiar^ pTasariy ftauge (Fliege). — Auch 
im Westen finden sich deutsche Dörfer : Bosco im schweizerischen 
Kanton Tessin, sodann Formazzo und Omavasso im Ossolathal, Macu- 
^naga im Anzathal, AUagna, Rima und Rimella im Sesiathal und 
Issime im Lysthal. Auch hier vAt das Deutsche in den letzten Jahrzehn- 
ten bedeutend zurückgegangen, es dürfte heute nur noch von etwa 5000 
Bewohnern gesprochen werden. Das Lysthal ist im 11. oder 1 2 . Jahrh. 

1* 



4 Einldtung. [§ 4. 5. 

von Wallis, Macugnaga zwischen 1261 und 1291 vom Saasthal, Orna- 
vasso zwischen 1275 und 1307 von Naters aus kolonisirt worden, für 
die anderen fehlen sichere Nachrichten. — VgL Q. A. Sghmelleb, 
Über die sogenannten Cimbem der YII und Xm Communen auf den 
venedischen Alpen und ihre Sprache, Abhandl. d. Münchener Akad. 
1834. Cimbrisches Wörterbuch, Wiener Sitzungsber. phil.-hist. KL 
1855. Bebgmann, eb. XV, 60; G. J. Asgoli, Studi critici I 37 — 46; 
F. und C. CrpoiiLA, Dei coloni tedeschi nei XTTT comuni veronesi, 
Arch. Glott. VIEL 161-^262. — A. Schott, Die Deutschen am Monte- 
rosa 1840, Die deutschen Kolonien im Piemont 1842; Bresslau, 
Zur Geschichte der deutschen Gemeinden im Gebiet des Monte 
Rosa und im Ossolathale, Zs. der Gesellschaft für Erdkunde XVI, 
173—194. 

6 . Zu sehr verschiedenen Zeiten sind Griechen nach Süditalien 
und Sizilien eingewandert, und zwar haben sie sich zunächst in der 
Provinz Otranto niedergelassen. Während des ganzen frühem Mittel- 
alters stand Unteritalien unter griechischer Herrschaft , die nament- 
lich von der Mitte des 9. bis Ende des 10. Jahrh. von Basilius I. 
und 11. stark befestigt wurde. Aus dieser Zeit stammen denn auch die 
z. Th. noch heute bestehenden griechischen Dörfer. Im Mittelalter 
waren es etwa 20 Ortschaften, die ganz griechisch sprachen, heute nur 
noch 8: Martano, Calimera, Castrignano, Zollin o, Martignano, 
Stematia, Soleta,. Corigliano, mit etwa 15,000 Einwohnern. — Nach 
Calabrien fanden Einwanderungen erst im 11. Jahrh. während der 
Kämpfe zwischen Robert Guiscard und Alexius Commoenus 1077 bis 
1085 statt. Auch ihre Zahl war noch in den 20er Jahren unsers 
Jahrhunderts, als sie K. Witte auf seiner Reise durch Italien ge- 
wissermassen wieder entdeckte, eine bedeutende, heute aberfinden 
sie sich nur noch im District Bova, längs der Amendolea, zwischen 
Torre del Salto und dem Cap Spartivento in Bova, Condofuri, Amen- 
dolea, Gallicianö, Rochudi. In Sicilien zeigt nur der Ortsname Plana 
dei Greci das einstige Vorhandensein der Fremden. Endlich ist noch 
zu erwähnen, dass im Jahr 1675 etwa 1000 Griechen unter Stefanopul 
nach Cargese in Corsica kamen, wo sie, an Zahl etwa 650, noch heute 
bestehen. — Die Abweichungen, die die Sprache dieser Kolonien vom 
Gemeingriechischen zeigt , sind grösstentheils in der Entwicklung des 
Griechischen selbst zu suchen. Auf Einfluss der umgebenden italie- 
nischen Mundarten ist wohl die Abneigung gegen konsonantischen 
Auslaut im Calabresischen und d für l zwischen Vokalen in Bova zu- 
rückzuführen. Auslautend -g, das im Neugriechischen bleibt, fällt 
in Bova : tu kalu = xov^ %akovq , o logo = o Xoyoq , in den andern 
Mundarten wird e, i nachgeschlagen : o log ose ^ emase ngr. l^ag. Für 




§ 5. 6. 7.] Einleitung. 5 

d aus l vgl. bov. fiddo (pvkloVj poddi ttoXv^ teddiko riyXtxog u. s. w. 
Sodann findet der streng durchgeführte Wandel von tonlosem e, o zu 
iy u in Cardeto seine Entsprechung in Italien , nicht in Griechenland , 
vgl. Card, imme kfii, stinü arevog, eklifsa l'xAc?//«, evrifii %ßQB^e, 
animu avsfiog, rutü eQcoTWj funi cpaivr] , fsumi xpco^rj , kuU xto- 
Xlor, lisu Xtaca u. s. w. Auch der Übergang von betontem o zm u in. 
Cardeto, z. B. trügu TQwyo), urtü OQd-og, grambü yafißQog u. s.w., 
vergleicht sich derselben Erscheinung im Süditalienischen, um so auf- 
fälliger ist es aber, dass das entsprechende i aus e in Cardeto zu fehlen 
scheint. — Auf K. Wittes Berichten fusst A. F. Pott, Altgriechisch 
im heutigen Calabrien, Philologus XI 245 — 269. Sodann hat D. Com- 
fabetti mehrfach über die Kolonien gehandelt, namentlich in den Saggi 
sui dialetti greci dell' Italia Meridionale Pisa 1866. Wichtig sind 
dann aber für die Laut- und Formenlehre wie für die Geschichte die 
Arbeiten von G. Mobosi : Studi sui dialetti greci della terra d'Otranto 
Lecce 1870, und I dialetti romaici del mandamento di Bova in Cala- 
bria, Arch. Olott. IV 1 — 116. Femer A. Pellegrini, II dialetto 
greco-calabro di Bova, Riv. fil. class. 11, IH. Über die Griechen in 
Cargese handelt ebenfalls A. Pellegbini, Canti popolari dei Greci 
di Cargese, Bergamo 1871. Vgl. noch Camabda bei Pap. 682 — 687. 

6. Albanesen finden sich in den Provinzen Molise , Abruzze 
Ulteriori, Principato Ulteriore, Calabria Citeriore, Terra di Bari, Capi- 
tanata, ferner auf Sizilien in Plana dei Greci, Mezzojuso und Contessa, 
früher auch noch in S. Angelo und Brancavilla, die beide heute italie- 
nisch sind. Sie sprechen alle den südalbanesischen oder toskischen 
Dialekt. Die ersten erschienen 1440 in Calabrien unter der Führung 
von Demetrio Eeres Castriota, dann 1460 und 1467 unter Skanderbeg. 
Ungefähr gleiches Alter beanspruchen die Colonien in Sizilien , von 
denen einige 1482 — 1487 von Morea und Epirus aus, Contessa schon 
1450 vom südlichen Italien her gegründet worden sind. Dagegen 
stammen die Albanesen in der Terra di Bari und in der BasUicata erst 
vom Jahr 1647, und Badessa (Abr. Ult. I) sogar von 1744. Die nörd- 
lichen Albanesen scheinen nach dem ihnen näher liegenden Venezia- 
nischen ausgewandert zu sein, sie finden sich heute in Peroi in Istrien. 
Die Gesammtzahl beträgt etwa 50,000. — Vgl. Camabda, Appendice 
al saggio di grammatica comparata della lingua albanese Prato 1866; 
ViGO, Raccolta di canti popolari siciliani 338 — 354; Ascoli, Studi 
critici I, 81 — 101; Pap. 659—678; G. Meyeb, Albanesische Gram- 
matik 70 ff. 

7. Hand in Hand mit diesen Albanesen gehen die Slaven in 
der Molise. In der blühendsten Zeit hatten sie zehn Dörfer inne, 
heute nur noch Acquaviva Collecroce, Sanfelice Montenitro mit etwa 



6 Einleitung. [§ 7. 8. 9. 10. 

5000 Einwolmem. Nach ihrer eignen Überlieferung sind sie gleich- 
zeitig mit den Albanesen herübergekommen. Ihr Dialekt ist dem 
Serbisch'Ulyrischen verwandt. Sodann ist noch Tavenna an der adri* 
atischen Küste als dalmatinische Kolonie zu nennen. — Q. J. Ascoli, 
Etudi criticill 76 — 82 (45 — 51). A. Rolakdo, Escursione storica et- 
nogra£ca uei paesi slavi della provincia di Campobasso Napoli 1875. 
Vbgbzzi-RusgaIiLa , Le colonie serbe-dalmate del circondario di 
Larino, Turin 1864. 

8. Die Rumänen in der Val d'Arsa in Istrien^ an Zahl keine 
3000, und im innern Karstgebirge, einst ebenfalls viel weiter ver- 
breitet, mögen auch noch Erwähnung finden , obschon sie mehr von 
Slaven als von Italienern umgeben sind und in nicht zu langer Zeit 
ganz slavisirt sein werden. $ie sind im XIV. Jahrh. von der Donau 
her eingewandert, ihre Sprache zeigt mit dem Moldauischen starke 
Verwandtschaft. Der Wortschatz enthält manche italienische Elemente 
wießart, rover, fregei {freffare)^ palud, viai (viaggio), kuntrei (in- 
contrare)y rivei [arrivare), unendlich vielmehr slawische. Selbst die 
slawische Lautregel , wonach { nach Konsonant zu f wird (asl. blj'ut 
aus got. biuts), ist eingedrungen: fter ^=^ferrum überjSer, während 
ein so starker italienischer Einfluss nicht zu bemerken ist. — Vgl. 
G. J. AsGOLi, Studi critici 1 49 — 70; F. Miklosich, Die Wanderungen 
der Rumänen in den kämtischen Alpen, Abh. der Wiener Akad. XXX, 
und Rumänische Untersuchungen I 2, ebenda XXXII; A. Ive, Ro- 
mania IX 32 1 ff. 

9. Schliesslich wären die Provenzalenin Celle di San Yito am 
adriatischen Meere in der Provinz Caltanisetta zu erwähnen. Nach 
der Probe bei Pap. 173 zu schliessen ist die Sprache in hohem Grade 
vom Italienischen durchtränkt; Weitere Nachrichten über diese 
Kolonie sollen sich bei M. MakdaljlBI, Saggi di Storia e letteratura 
finden. — Vgl. noch zu § 3 — 9 B. Biondelli, Studi linguistici 1856 
und G. J. AscoLi, Studi critici I 37 — 85. 

10. Wichtiger als die bisher genannten sind die Mo nf erraten 
auf Sizilien in Piazza Armerina, Nicosia, Aidone, S. Fratello, Sperlinga, 
Randazzo, Capizzi, Maniaci. Nach der Überlieferung sind sie im 
letzten Viertel des XI. Jahrh. namentlich in Folge der Heirath 
Ruggieros mit Adelaide , der Tochter des Grafen von Monferrat^ nach 
Sizilien gekommen. In das nordwestliche Italien weist sie auch die 
Sprache. Bei den Vokalen ist namentlich beachtenswerth der Unter- 
schied zwischen Her [stare), amer u. s. w. und stäa, amäUj genau 
entsprechend piem. sier : sta , ämer : ama, sodann die Reduktion von 
— enu zu u : pieccu [pettine] = piem. pentu , §avu = piem. §uvUy 
yeßu = asUj -ulu zu u : neipu = piem. nespu, vinu = vmdu [guin- 



§ lOJ Einleitung. 7 

dolo), äarbu =s erhu [urholo). Dagegen fehlt daB piemontesische er 
aus ar y vgl. täard nicht terd. Aus dem Konsonantismus verdient 
zunächst Erwähnung die Behandlung von V , Die Vokalisirung vot 
Dentalen , der Wandel zu r vor Labialen und Gutturalen ist wieder 
piemontesisch : saut, ketcd = piem. saut^^kattd; parnuij suork = 
parma, sork. Sodann die Auflösung von et in it nicht c wie im Lom- 
bardischen : faitu^ pieitu, uoitu in Nicosia, faitj uoit in Piazza Arme- 
rina, daraus yS^, piet, not, entsprechend -piem.. fait, neben. öY aus 
öitj pet aus peit. In andern Punkten aber weichen diese Dialekte ganz 
wesentlich ab vom Piemontesischen, wie es speziell Turin zeigt. Am 
Bemerkenswerthesten ist die Palatalisirung des c vor ä und der gleich- 
zeitige Wandel von a in e: ktev oder Kev [capo) kieud, kied [callo) 
kieca [caccia) aber kaväd und so das tonlose ka neben betontem 
kieza. Piazza Armerina aber bleibt bei kaza^ kauza u^ s. w. Da in 
S. Fratello qtmlis über cal zu kiel wird, so ersieht man daraus , dass 
die Palatalisirung jung ist, jünger als z. B. im Französischen, wo cher^ 
champ in scharfem Gegensatz zu qitel stehen. Die Beschränkung auf 
ca mit betontem a aber erinnert ans Rätische und Tessinische s. Th. 
G ABTNER § 87. Intervokalisches c wird behandelt wie im Rätisch- 
piemontesischen vgl. ammiy^ amiya = piem. amij amia^ siyiela = 
piem. sidla [dgcda) , mauni = piem. mani [manico) , paer = piem. 
pai [pagare), diyer =■ piem. lie [Ugare], dacua = piem. laitüa, 
fvm = f'6. Auch hiervon weichen Nicozia und Piazza Armerina ab, 
vgl. nie. amiga^ monigu, fuogu^ arm. mormk, ddok neben §o^ßy medi. 

Die Behandlung der /- und «-Verbindungen endlich ermöglicht 
eine noch genauere Ortsbestimmtmg. Während nämlich im Turinischen 
mi bleibt , wird es im Monferratischen zu fi , vgl. vandi^e = 
vindemniare und entsprechend mnniner in S. Fratello. Ebenso zeigt 
S. Fratello § für hi, c für pi: ra§§a, picea, ^, c für bl, pl: ne^^a, 
centa, vgl. monferr. ne^e. Endlich r für primäres wie sekundäres "e^* 
weist auf älteres d" zurück , das in Piazza Armerina noch erhalten ist 
und das wieder die Vorstufe ist für monferr. j: lat. äta wird über 
adazvL S. Fratello ara und monferr. <z/a. In der Konjugation entspricht 
die erste Plur. auf -uoma dem piemontesischen -oma, --uma. 

Die Beeinflussung durch das Sizilianische ist in den verschiedenen 
Gemeinden eine verschiedene. Am stärksten erseheint sie im Novare- 
sischen, aber auch S. Fratello vermag sich ihr nicht völlig zu ent- 
ziehen. So finden wir in S. Fratello d für anlautendes und in- 
lautendes l: ddagrimay ddat^ ddamgua [lingua), dduna [luna) pedd 
[pelle] Hod^dy addina. u für tonloses o kann schon im ursprüng- 
lichen Lautsystem begründet sein, aber i aus e : firmer , wie der Ab- 
fall des i vor r^^ m\ nvem, mprester sind sizilianisch, ebenso die 



8 Einleitung. [§10.11. 

Assimilation von nd, mb zu nn, mm: dumanner, palauma, caum, 
woneben in S. Fratello noch einzelne Fälle von mb bleiben : ambasära, 
während Nicosia die Assimilation überhaupt nicht kennt ^j . 



11. Das Italienische hat sich, wie die andern romanischen 
Sprachen, aus der lateinischen Volkssprache entwickelt. Die nicht 
lateinischen Idiome, die einst auf der Halbinsel gesprochen wurden, 
das Griechische, die sabellischen Dialekte, das Etruskische und das 
Keltische , sind völlig verschwunden , auch das später eingedrungene 
Longobardische und Gothische hat dem Römischen weichen müssen. 
Der Einfluss dieser Sprachen auf die Gestaltung des Italienischen ist 
ein geringer ; die Germanen haben das Lexikon wesentlich bereichert, 
viel weniger die andern Völker, so weit wenigstens bis jetzt ein Urtheil 
möglich ist. Inwiefern die Osker, Umbrer, Etrusker u. s. w. auf das 
italienische Lautsystem eingewirkt haben, ist eine schwer zu lösende 
Frage , zu deren Beantwortung unten das Material geboten ist. Dass 
namentlich Ausdrücke der Landwirthschaft im Italienischen in einer 
Lautform auftreten, die auf das Sabellische, nicht auf das Stadtrömische 
zurückweist, hat Asgoli in einer feinsinnigen Abhandlung gezeigt: 
Di un filone italico , diverso dal romano , che si avverta nel campo 
neolatino. Arch. glott. XI — 17. Es sind die Wörter, die zwischen 
Vokalen y statt b zeigen: bifolco^ prefenda^ bufolo^ nordital. baffa 
Schinken, tafano^ scarafaggio^ scufßna^ tufo^ taffiare = taflare = 
tabtdare, dem sich als weitere Ausdrücke der Schenke zufolare^ ad 
ufo und par au cafo spielen zugesellen könnten. Ebenso scheine refe 
wegen f und die zugehörige cruna wegen u nicht römisch sondern 
sabeUisch oder etruskisch zu sein. Auch bei ital. cornacchia hat man 
wohl an umbr. curnaco gedacht, doch ohne hinlänglichen Grund. 



1) Zu ganz andern Kesultaten gelangt de Greogrio, Affinit^ del dia* 
letto di San Fratello con quelli dell' Emilia. Turin 1886. Er hält den Dialekt 
für Emilianisch. Seine Gründe sind die folgenden: 1. a wird im Emilianischen 
zu ä. Allein soweit ich die Beispiele übersehe, auch die wenigen von G. 
selbst gebrachten, tritt der Wandel nur bei freiem a und a vor r,l -\- Kons, 
ein, also unter ganz andern Bedingungen, als in S. Fratello. Der Unter- 
schied zwischen -are und -atum fehlt dem Emüianischen gänzlich. 2. Das 
Infinitiv r bleibt im Emilianischen, aber auch in vielen piemontesischen 
Mundarten, damit ist also nichts zu beweisen. 3. Die tonlosen Vokale sind 
in weitem Umfange dem Ausfall unterworfen : das gilt auch vom Piemonte- 
sischen. 4. e, wird zu ai, a, o, bezw. au, ou ; auch das ist nicht ausschliess- 
lich Emilianisch. 5. ce wird emil. zu tse, piem. zu se. Allein das piem. ae 
ist doch nur eine weitere Entwicklung eines tse, das im 11. Jahrh. auch in 
Piemont noch bestanden haben kann. Durchaus unemilianiseh ist die Be- 
handlung von aqua, ^c^ und et tmd die Flexion. 



§ 11. 12.] Einleitung. 9 

Anders verhält es sich mit Wörtern wie ptota^ viwto. Sie entsprechen 
zwar den umbr. plotus, vagetomj gehen aber nicht auf diese um- 
brischen Formen sondern auf deren lateinische Entsprechungen^j^/ot/to, 
*vocitum zurück. -^ Für die Entlehnungen aus andern Sprachen 
fehlen lautliche Kriterien, daher es denn z. B. bei der fast ganz man- 
gelnden Kenntniss des etruskischen Wortschatzes nicht möglich ist, 
festzustellen ob gewisse dunkle toskanische Wörter vorrömisches Erb- 
thum seien. Die keltischen, germanischen, griechischen Elemente 
lassen sich leichter aussondern, da sie aber für die Darstellung der 
lautlichen Entwicklung des Italienischen nur von bedingter Wichtig- 
keit sind, so kann von einer Ausscheidung derselben in dem vorliegen- 
den Buche abgesehen werden. Die Vorarbeiten sind hier noch sehr 
mangelhafte. F. Zambaldi, Le parole greche nella lingua italiana 
ist zwar fleissig , aber unkritisch. Fürs Germanische ist Diez Gram- 
matik I 6 1 ff. immer noch das beste , fürs Keltische Thusneysen, 
Keltoromanisches. Halle 1882. 

12. Gleich den Schwestemsprachen besitzt das Italienische , die 
Schriftsprache sowohl wie die Mundarten, eine grosse Menge latei- 
nischer Wörter, die nicht aus ununterbrochner mündlicher Über- 
lieferung stammen, sondern erst in einer jungem Sprachperiode aus 
der lateinischen Schriftsprache übernommen worden sind. Ihre Zahl ist 
vielleicht ebenso gross wie im Spanischen oder Französischen, sie sind 
aber weniger leicht zu erkennen, weil das Italienische sich ja über- 
haupt am wenigsten vom Lateinischen entfernt hat, und weil es noch 
heute gewisse Assimilationen stets vornimmt. So erweist sich fran- 
zösisch fandlle ohne weiteres durch sein % als Buchwort, wogegen 
italienisch fatniglia gegen kein Lautgesetz verstösst, also vom laut- 
lichen Standpunkte aus betrachtet sehr wohl Erb wort sein kann. Oder : 
ein Wort der modernen Gelehrtensprache wie das griechische tnonop- 
tera zeigt im französischen monoptdres schon durch sein pt die fremde 
Herkimft an , wogegen im italienischen monotiero das pt wie in den 
Erbwörtem behandelt wird. Mit Sicherheit aber erweisen sich als 
Buch Wörter alle diejenigen, die lat. x durch einfaches s wiedergeben, 
wie esercitOy oder alle auf -zio, -zia^ -zione, -rio, -ria, wie ffitsstizia, 
primaria oder diejenigen mit erhaltenem l nach Konsonanten, wie spien- 
dore, clatnorej placito. Auch ns ist eine der Büchersprache angehörige 
Verbindung : pesare ist Erbwort, pensare Buchwort. Von vokalischen 
Kriterien, an denen man die Entlehnung eines Wortes aus der latei- 
nischen Büchersprache oder auch aus dem Französischen oder Spani- 
schen erkennen kann, mag nur tonloses ß ^ lat. e, ital. f genannt 
werden: reprimere, reppubblica, declinare, regalo u. s.w. Sehr oft 
weist femer ital. ^ = lat. e und ital. 9 = lat. ö auf gelehrten Ursprung 



10 iEiuleitimg. [§ 12. 

hin. Da nämlich seit Jahrhunderten die Italiener beim Lateinisch 
lesen jedes e und o offen sprechen, so ist es begreiflich ^ dass sie bei 
Wörtern , die ^ie aus der lateinischen Büchersprache in ihre Vulgär* 
spräche aufnahmen, den offenen Laut beibehielten. Auch die Proparo-* 
xytona auf -olo fehlen ursprüngUch dem vulgären Wortschatz : nuic- 
ckia aus macla nicht macolaj Isckia nicht isola sind die erbwOrÜichen 
Vertreter von nuicvia^ insula. Aber schon frühe sind die dreisilbigen 
Formen aus der Schriftsprache wieder in die Volkssprache gedrungen, 
so dass sich ein produktives SufEx -o/o im Italienischen bilden konnte. 
— 7 Es kann auf diese Weise dasselbe lateinische Wort in mehrfacher 
Gestalt im Italienischen auftreten, vgl. die schon genannten pesare 
und pensare von lat. pensare; macchia und macola von lat. macula 
u. s. w. Man pflegt diese Formen als Dubletten oder Scheideformen, 
italienisch allotropi zu bezeichnen. Vgl. A. U. Cakello, Gli allo- 
tropi italiani, Arch. Glott. IQ 285 — 419, dazu A; Tobleb, Zs. IV 
182—184. 



L LAUTLEHRE. 



Die betonten Tokale. 

13. Eine Reihe lautlicher wie formaler Umgestaltungen theilt 
das Italienische mit den andern romanischen Sprachen. Ohne dass 
uns die lateinischen Sprachquellen darüber aufklärten, können wir 
doch mit etwelcher Sicherheit annehmen, dass dieselben in eine Zeit 
zurückreichen, wo das Lateinische noch eine einheitliche Sprache war. 
Solche Abweichungen vom Sohriftlateinischen pflegt man als vulgär- 
lateinische zu bezeichnen. Auf dem Gebiete des Vokalismyfs ist die CO 
wichtigste der Zusammenfall von betontem e mit e, o mit ü, den nur 
das Sardische nicht kennt, und im Zusammenhang damit der völlige 
Schwund der alten Quantitätsverhältnisse. Die qualitative Gleichheit 
von e und % dürfte bis in den Anfang unserer Zeitrechnung hinauf- 
reichen, die von o und ü ist dagegen nicht vor das 3. Jahrh. zu setzen: 
das Kumänisch-albanesische hält die beiden Laute noch reinlich aus- 
einander, rum. huca = hucca, soare = sol, vgl. Kom. Gramm. I § 118. 
Die Quantitätsunterschiede sind noch später verwischt worden. Zwar 
legt das Italienische auch nicht einmal mehr indirekt Zeugniss für die- 
selben ab, aber die germanischen Sprachen setzen in den lateinischen 
Lehnwörtern trotz gleicher Qualität für 1 eine andere Quantität voraus 
als für e, vgl. ags. p^ru = pirUy aber side (mit l aus e) = seta, ital. 
p^rüj s^da mit gleicher Quantität und Qualität. Für das Italienische 
aber und überhaupt für die romanischen Sprachen (mit ganz geringen 
Ausnahmen Rom. Gramm. I § 636) ist dieser Unterschied völlig be- 
langlos, so dass wir also für die Grundlage, von der aus sich das Ita- 
lienische entwickelt hat, folgenden Yokalismus erhalten : 

vulglat. a ^ ^ % Q g u 
kl.-lat. a ^ e, t t b o ü u. 

Von den Diphthongen ist au bewahrt, doch sind coda, foces^ nicht 
cauda, Jxmces, die vulgären Formen, ae und oe schlagen sich in Italien 






12 Lautlehre. [f 13. 14. 15. 

zu ^, mit einziger Ausnahme vonp^na und tschio ^). — Ob auf den Vokal 
ein oder mehrere Konsonanten folgten, mit andern Worten, ob er im La- 
teinischen in Position war oder nicht, ist für seine Qualität gleichgültig: 
trotz der folgenden Konsonantengruppe hatten cresco, tectum langes, 
entsprechend im Vulgärlateinischen geschlossenes ^ : cr^sco, tectum. 
Betont war in der Vulgärsprache stets der Vokal vor Muta + r, Z also : 
tenebraej intigrum^ behielt aber trotzdem seine Kürze bei, also tenS- 
brae, integrum, später tenqhrae, integrum. Diese Tonverschiebung 
scheint schon gegen Ende der Republik eingetreten zu sein. Jünger 
ist eine andere. Betontes im Hiatus stehendes i giebt den Accent dem 
folgenden Vokal ab : parietem wird zu parietem, mulierem wird zu 
mulieremj ^liolus zu filiölus. Dieser Vorgang ist aber erst einge- 
treten, als die Sonderung von ^ und ^ schon stattgefunden hatte. Die 
tonlosen Vokale waren geschlossen, aus parietem war pari(tetn ent- 
standen, daraus nun pariitem, wogegen integrum zu einer Zeit, da 
betontes e, ^ und tonloses ^ noch dieselbe Klangfarbe hatten, zu in- 
tegruniy später integrum vorrückte. — Ist von zwei Hiatus vokalen der 
zweite betont, so wird der erste zum Halbvokal : coagulat zu quagülaty 
mulierem zu mulierej filiolus zu fil%olus. ,Nur mit dem nahver- 
wandten ^ verschmilzt %'. quettis, par^terrij fac^bam, 

14, In einer zweiten Periode, die kurzweg als die italienische 
bezeichnet werden kann, obschon auch die Schwestersprachen z. Th. 
dieselbe Entwicklung zeigen, sind paroxytonirte Vokale in freier Stel- 
lung, d. h. wenn ihnen nur ein Konsonant oder Konsonant 4~ ^ folgte, 
gedehnt worden. Oxytonirte, proparoxytonirte und alle gedeckten 
aber blieben kurz. Dieser Zustand hat sich im Schriftitalienischen 
gehalten nur mit der einen Beschränkung, dass an Stelle der offenen 
Längen nun steigende Diphthonge traten: iV, uq, er liegt auch den 
z. Th. sehr abweichenden Umgestaltungen der Mundarten zu Grunde. 
Später sind dann mehrfach wieder andere Regeln über Länge und 
Kürze der Vokale aufgekommen, es fehlt aber darüber noch jede Aus- 
kunft, so dass ein Ausländer das Kapitel der Vokalquantität im Neu- 
italienischen nicht bearbeiten kann. — Wir erhalten also : 

vulglat. aiu^g^q^Q 
ital. aiu^o^gi^ ug. 

A. Spontaner Laut^vandel. 

15. Der Lautwandel ist spontan, wenn er nicht durch bestimmte 
folgende oder vorhergehende Laute hervorgerufen wird. So wird im 



1) FoernirMt coena sind schlechte lateinische Schreibungen, wofCLr die 
guten Handschriften nur femina, cena kennen. 






15.] ri * Betonte Vokale. 13 

Lombardisclien jedes 4[ateinisclie u zu ü. Es giebt nun aber sehr 
wenige Lautverändeningen, die nicht irgendwie abhängig wären von 
den benachbarten Lauten : wenn z. B. im Italienischen freies ^ zu ie 
wird, gedecktes bleibt, so ist die Diphthongirung keine spontane mehr, 
sondern eine bedingte. Dennoch mag diese Diphthongirung hier be- 
handelt werden, weil sie eine solche ist, die eine überwiegend grosse 
Zahl der Fälle, wo ^ auftritt, begreift. In diesem etwas erweiterten 
Sinne ist das »spontan« zu verstehen. Eine vollständige Aufzählung 
der Beispiele ist kaum nöthig, wenigstens nicht für alle Vokale, 
immerhin soll eine möglichst grosse Anzahl gegeben werden. Also : 

Ital. A = lat. A : -are^ -ava^ -asti, -ato und die andern auf 
dem Charaktervokal betonten Formen der Verba der I. Konjugation, 
ferner Suffix -are, -ale, -ame, -ano, -täj -atico. Dann : lä = illäc, 
quäy staf da, fa, giä, lato, stato, ßato, stäte, spada, strada, grado, 
guado, rado, ago, lago^ po^ga, piaga, capo, rapa, sapa, padre, 
madre, fradre, quadro, magro, agro, pace, chiave, nave, lava, 
rasOj nasOj rimaso, caro, pare, mare, ala, male, sah, squama, 
mono, sano, piano, vano, domani, cane, lana, labbro, braccio, 
laccio, staccio, minacda, piaccia, faccia, ghiaccia, faggio, palazzo, 
piazza, raggio, ghiado, bacio, cascio, bagno, caleagno^ cagna, 
sappia, rabUa, stojo, pajo, paja, macchia, maglia, stabbio, tafßa, 
gatto, quattro, massa, carro, cavallo, fiamma, anno, fatto, atto, 
latte, ratto, asse, lasso, cassa, pasta, casfo, vasca, lascia, nasce, 
raschia, aschia, bias{i)may ansima, arco, varco, largo, tarde, 
arte, parte y arma, pianta, tanto, canta, quando, pianca, bianco, 
branco, piange, lampa, cambio, strambo, alto, caldo, calca, falce, 
alpe, malva, calmo, alno, /also u. s. w. u. s. w. 

Ital. / = lat. /: qu\, li = illtc, dt = die, st, udt, d\ [dies], pio 
[plits), zio, rio [rwus), -io [ivus] ; -ire, -ite, -isti, -^to und die andern 
Formen der Verba der IV. Konjugation. Sodann : trita, vite, vita, 
Udo, nido, grido, uccido, vide, amico, fico, spigo, spiga, intriga, 
fatiga, miga, riga, pipa, felice, dice, stiva, vivo, -ivo, riva, scrive, 
vive, dgola, pigola, riso, ticciso, viso, mise, ammira, -ile, vile, filo, 
lima, vime, vino, lino^ vicino, china, vipra, riccio ^), liccio, meriggio, 
-iggine, tizzo^), pigia, vigna, pigna, ßglio, giglio, piglia, coniglio, 
dormicchia, picchio, ßbbia, scimmia, ßggere, villa, mille, fritto, 
fitto, scritto, scrisse, disse, ßsso, vis^e, strilla, spilla, triste, vistOj 
rovista [revlsitat), pista, Isckia, cincischia [inclsiclat), cinque, quin- 
dici u. s. w. Auch camicia frz. chemise wird mit i anzusetzen sein. 



1) Das ericitts, tUio der lateinischen Wörterbücher hat keine Gewähr. 



14 Lautlehre. [§ 15. 

Ital. U = lat. U: Suffix -4/to, ^urOj atuta, virtü, .mutOj scudo, 
canducOy brucOj sugo, asctugaj lattuga^ tartaruga^ tuga^ Itice, 
ducey iwa, ßssoj msoj cura, muro, sicuroy pure, scure, bure, tura, 
culoj nrnloj padule, -^ime, ßnme, lume^ ßifno, fuma, pitana, uno, 
luna, digiunuy luccioj aguzza, struzzo, perttiffia, prugna^ fujo^ bujo 
(*buirreu8 zu altlat. bürrt/is), mlucchio (volüclum), subbia^ sticchio 
{*sutulum = subtdajf ffuglia, stmgffe, rugge, -uggine, nullo, frutio, 
asciutto, dütrutto, condussi, lulla, culla, ruppig busto, frustOjfusto, 
fnuscOj purgOy pulce^ giunco, inctidine^ nuvolOj sughero, rumina, 
piuvico, sudicio, ahbrustola^ cupoloj mugola u. s. w. u. s. w. 

Ital. E = lat. Ef I: CÄ^, w^, t^j Sf, r^, tr^, -^re, -fte^ -fvo 
und die anderen Formen der ö-verba; -f^o, ch^io (*qu€(u8 § 13), 
segr^tOj an^to, parkte (§ 13), m^ta, s^ta, rfte, s^te, s^to (situs), 
cr^de, f^de, v^de, m^co, bott^ga, Uga, l^ga, dil^gua, str^ga, fr^gc^i 
p^pe, ffct, Ifce, v^ce, t^so, pr^so, p^so, mfse, pa^se, -f^e, p^sa, 
b^ve, n^e, dfve, s^Oj n^ro, c^a, s^ra, p^ra, t^la, v^lo, cand^la, 
pflo, stflo, s^me, ntfnOj s^no, p^a, l^na, r^na, r^ne^ v^na, av^na, 
fr^no, v^trOy pul^dro, gin^pro, sosp^cciuy -^cdoy pul^ggia, santo- 
Tfggia, -^ggia, -^zza, vfzzo, s^zzo, r^zza, v^ccia, tr^ccia, corr^ggia, 
rem^ggiOy sch^ggia^ t^gghia, or^cchtüy p^cchiay v fechte, cap^cchio, 
sonn^cchia, tr^bbia, v^tto, vend^mmiay l§gnOy d^gno, sfgno, -^ttOy 
cftppOj UggCy r^gge, s^cco, tent^na, p^na, str^nna, cap^lloy Stella, 
tfttOy fr^do (§ 52), dfttOy str^tto, p^to, n^tto, m^ttOy m^sso, v^scOy 
crqspOy fssOj ff SSO, spfsso, Ifsso, stfsso, crfbbe, vfnne, marftnma, 
dfsta, pfsta, qufsto, cfsto, fsca, crfsta, crfsce, mfsce, cfrca, frto, 
vfrga, sfha, bfha, scflgo,fflce, sfke, pfsca, ffrmo,^ vfnde, n^mbo, 
Iftnbo, fntro, m^nta, vfndica, i^endftta, fnipia, Vftte, sftola, dfbole, 
Pf solo, trfspolo, sfmola, dfbtto, cherico, ffmmina, cfnere^ cfnno, 
trfdici (tredecim), sfdici, vfnti, trfnta, scfvera, quarfsima, con^ 
gfgna, Ifndini, damfnica, ricfvere, sollfcito, cam^ce, vfdova, 
-fvole, frpice, ffr^ito, fmbrice, tfscovo, vfllica. Aber cqspite aus 
caespes, 

Ital. = lat. O, Ü: not, vgi, Igto, pota, vgto, cgte, cgda, giggo, 
hgora (lucrat), fgga, crgce, fgce, ngce, voce, gtgvo, Igva, rgvo, gve, 
-gso, sgle, gra, figre, -gre, -gne, sgno, corgna, dgno, pgne, ngme, 
pgmo, sgpra, gtre, pgzzo, singhigzza, rgzzo, ghigtto, fgtte, ggtta, 
scigcco, bgcca, stgppa, satgllo, bglla, rgsso, fgsse, tgrre, zavgrra, 
congbbi, cgppia, corglla, mgglie, cgglia, dgppio, rgbbio, dgccia, 
mgccio, congcchia, avvoltgfo, -tgjo, otigbre, mgstra, condgtto, sgttoy 
sgzzo, dgtta, colgnna, vergggna, cotggno, Igsco, crgsta, tgsco, fgsti, 
anggscta, congsco, forma, gma, tgrta, contgrba (aven, Cato), sgrdo, 



5 15. 16.] Betönte Vokale. 15 

cprto, ^orgo, ffiomo, -storpia, orciOj sorcio^ corte^ vglto, vo^e, fglto, 
cQltrej pqIsOj pgltro, pglta, grlo,. <iscpUo, cglmo, fglgcre^ ^9lfo^ 
mglto, bifglco, scgltOy timolto (Brunetto), gnda^fgnde^fgndo, rgnca^ 
trgnco, grgnda, Igntra, prgnto, mggmbra, soccgmbey pigmboj gmbra, 
gigvoney cocgmero, dgndola, tgrtora, pghere, rgmice, cgtica, dgdiciy 
vgmere, rgvere, grdine u. s. w. 

Ital. IE, E = lat. E, AE: drieto, vieto [vetus)^ lieto, vieta, 
miete , riede, piede, diedcj ßede, siegue, ntega, pietra, dieci, diexe 
Cron. Imp. 5*, nievo^ lieva, brievej ßero, siero,jert, mestieri, ßele^ 
miele, gielo, gieme, prieme, liena, tiene, viene, tiepido, lievitOj 
piedica, lievora Albertano 7, ßedere, siedere, mietere, postierla, 
cielOf ciecOj lietbj chiedere, siepe , Fiesole , ßeno — v^gno^ tqgnOj 
m^gliOj pqccäy qccOyfqhhre, pr^so, impr^ssa, ^ssere, s^, kgge, pro- 
^ffff^j P^ffffio, -qllOj p^lle, b^lla, cqUa^ cov^lle, s^rra^ ^rra, t^ra, 
f^a, g^ma, Iqtto, p^tto, aspqtta, p^ttine^ ric^tta^ s^ite, m^sse, 
t^sse, ,^sce, qbhiOy v^cchio^ mqzzo ^ prqzzo^ rov^scia, pr^scia, fem~ 
p^sta, t^ta, fqsta,ßnqstra, n^spola, v^sprOy vqspa, pqschioy p^sca, 
tqschioy dqstroy vqltro, gqlsOy pqrdey t^zOy v^so, s^boy mqrloy sof- 
f^Oy n^bOy vqrme, cov^chio, irwqrnpy m^day st^cOy gr^bo, 
yVrfo, tdl^tOy m^brOy rimqmbray sc^pio, tqmpOy t^pioy tqmpiay 
c^trOy d^iey g^te, r^dcy pr^de, t^nde y -qndOy -qnday -^te, 
TqntOy -qnza — Presto, fqcciay sqcolo u. s.w. 

Ital. TJOy = lat. Ö: buoiy puoiy pud , puotey twpOy vuctUy 
cuoco, fuocOy giuocoy hiogoy gruogOy cucpre, cuoce, nuocey pnu>va, 
uovOy nuovoy nuovüy suola, stuoloy -^uoloy vuole, stwhy dtwhy scuolay 
suoruy muoreyfuoriy cuore, uomoy buono, cuoj'o , uominiy stuo/Uy 
cuoio, puosi — gtta [quotta hora Gandino Riv. fil. cl. IX) schioppo, 
cgcca (x(5)txog), grgssOy gssoy dgsso, doglio, agglia, vgglia, fggliay 
scgglio, sgglio, spggliay sggliay gcchioy rgcchioy crgcchiay sirgcchiay 
gppioy ngccia, birgccio, sgccioy apprgcciay rimprgccia, gggi, mqggioy 
pqggioy mqzzOy qttOy ngttey ngttolay dgnna, crglluy cgsto, tqsto {tosttcs) 
cgsciay gstey Cgsimo, grto, cgrbo, tgrcCy tqrtOy cgrpOy pgrto, pgrco, 
Sorte y mgrtOy tgrchioy cgrnOy mgrde, mqrsOy scqrciaj grzo] scgrge, 
cqrda, spgrta, cgricUy qrbo, sgldo, cglgo, sciglgo, tglgOy mgdanOj 
gpera, cgfanoy monaco, vgmitOy crgnaca, fgrbice, qstrica, chigcdolay 
cgttima, sggmina, pgpolo, pgllice, pgrtico, rimprgvera u. s. w. 

16. GriecliiBcli v wird theils durch g, theils durcli g oder i 
wiedergegeben, je nachdem die betreffenden Wörter früher oder später 
in die Volkssprache gedrungen sind. Der reg^uläre Reflex der ältesten 
Schicht ist g: bgrsa, Ignza, tgrso, tgmba, serpgllo, stgllo, tgnno. 
Auffällig ist grgtta neben grgtta und calgtta xaXvTtTQa. 



^ 



r 



16 Lautlehre. [§16.17. 

^ erscheint in Cembalo j Cicero, gh^tto^ ffh^zzo, ffh^ppto, tr^pano, 
lib^ccio, pater^cciOf mail. palp^. Daneben ff^sso. 

V wird zu f in ffiro, conchiglia, biffolo, nicchio und in gelehrten 
Wörtern wie ciiiao^ mirto, sillaba, timo. 

Unklar sind einige FäUe von u aus v: busta, buio, grullo neben 
grillo^ deren letztes wenigstens im Griechischen langen Vokal hatte. 
Tuno ist süditalienisches Lehnwort. 
Q / In trapand ist das a vom Verbum trapanare verschleppt , b(WOy 

bambagia setzt ßöfißa^ statt -tf^ voraus, mandorla neben südital. am^ 
ntqnnola scheint französisches Lehnwort zu sein. 

Ein nicht ganz leichtes Problem bietet bütyrum , das die Schrift- 
sprache in der Doppelform burro und butirro kennt. Die erste ent- 
spricht in ihrer Betonung dem vulgärlateinischen Typus, ist aber wegen 
rr = tr der Entlehnung aus dem Französischen nicht unverdächtig. 
Zur zweiten gesellt sich mail. büter mit einem e, dasy in den ber- 
gamaskisch-emilianischen Lautverhältnissen besser seme Erklärung 
findet als in den lombardischen. Die Basis butirrtttn aus ßcyörvqov 
mit einer den lateinischen Kegeln entsprechenden Betonung würde 
darauf hinweisen, dass das Wort aus der Büchersprache stammt, oder 
wenigstens in seinem Accent von ihr beeinfiusst worden ist : ein vul- 
gäres bütiro wäre zu butirro geworden. Die Doppelkonsonanz und 
die Bewahrung des t vor dem Tone beweisen, das die Tonverschiebung 
nicht sehr alt sein kann. 

17. Von diesen im Ganzen sehr einfachen Verhältnissen zeigen 
die Dialekte nun mehrfach wesentliche Abweichungen. Zunächst mag 
der Wandel von u zu ü genannt werden. Das ü gehört heute dem pie- 
montesischen, lombardischen und genuesischen Gebiete an. Im Westen 
trifft es zusammen mit dem provenzalisch-französsischen ü^ im Nord- 
osten mit dem rätischen. Die äussersten Punkte gegen Osten hin sind 
Malcesina am linken Ufer des Gardasees, Mantua, Mirandola und die 
Lunigiana. Das ü tritt für freies und gedecktes, für tonloses und be- 
tontes u ein, ebenso für das frühitalienische in tutto, mail. tütt. Das 
Alter des Lautes lässt sich nicht mit Sicherheit bestimmen. In der 
Schrift ist er auch in neuerer Zeit nur selten zum Ausdruck gekommen, 
daher man daraus, dass die älteren Texte u schreiben, nicht auf eine 
Aussprache u schliessen kann. Einen Anhaltspunkt gewährt mail.- 
piem. sküma neben cü$. Wie das italienische schiuma zeigt, ist longob. 
sk zu sJc^ ski geworden. Dass nun dieses skiu im ^-Gebiete anders 
behandelt wird, als das kiu^ das aus du entstanden ist, erklärt sich 
vielleicht folgendermassen. In skiuma wurde das i, als e^ zu i^ sich 
wandelte, von dem ü verschlungen, in clmo aber war ü schon vor- 
handen , als l über F zu % wurde, so dass nun die neue Verbindung iß 



§ 17. 18.] Betonte. Vokale. 17 

bestellen blieb. Die Entwicklungsreihe wäre also skiuma, sküma — 
cltcso, kyusOj kyüsOf cüs. Mit andern Worten, der Wandel von u zvlü 
ist jünger als die Aufnahme der ältesten germanischen Wörter, aber 
älter als der Wandel von cl zu ki. Es fragt sich dann weiter, ob ü auf 
dem ganzen Gebiete gleich alt sei. Dafür, dass es in das Monferri- 
nische später eingedrungen sei, sprechen zwei Thatsachen : einmal das 
reine t^ in S. Fratello, sodann der Wandel von u zu i im heutigen Mon- 
ferrinischen. Das i als Nachfolger von u bedingt nicht durchaus die 
Zwischenstufe ü, es kann vielmehr Lautsubstitution oder besser Nähe- 
rungswerth sein : wer ü nicht kennt und es nachzuahmen sucht, wird 
leicht in reines i hinübergleiten. Das i erscheint in Carpeneto und Casal 
Cermelli nachPapanti, im ganzen Monferrat, selbst bis nach Alessandria 
und Asti nach Biondelli. Ob aber das ü bezw. i von Piemont oder von 
der Lombardei hergekommen sei, lässt sich vorläufig nicht bestimmen. 
Noch ist zu erwähnen, dass auch westlich von Locarno in Malesco 
(Val *Vigezzo) i eintritt und dass sich mehrfach Inseln mit u finden, 
so Loco, Losone westlich vom Lago Maggiore, Onsernone, Bormio, 
Livigno im Veltlin. Ob loUj ouna, erffou, gionstezia, touc in der Valle 
Imagna (Bergamo) bei Pap. ou oder u darstellen, ist nicht ersicht-r 
lieh. Da das ü erst vom Lombardischen ins Rätische gedrungen ist 
(Th. G abtneb, Grundriss I 376), so ist vielleicht die Lombardei 
auch der Ausgangspunkt für das piemontesische ü. Noch ist zu er- 
wähnen, dass dieses ü vom französischen verschieden ist. Salvioni, 
Maü. S. 83 Anm. 1 weist darauf hin, dass die Mailänder französisches 
ü durch ö wiedergeben: tornÖTj parör, overtör, panöTj doch wohl 
nicht nur vor r, wie aus den Beispielen hervorgehen könnte. Die Ver- 
schiedenheit erklärt sich wohl daraus, dass das mailändische ü palataler, 
«-haltiger, ist als das französische. Vgl. über letzteres Rom. Gramm. I 
§ 48. Ob das piempntesische und genuesische ü damit identisch sind, 
muss noch untersucht werden. 

18. Freies A wandelt sich zu J[, ^, JS im Emilianischen. Die 
äusserste Grenze des ^-gebietes bildete nach Pap. zu urtheilen im 
Westen die Provinz Reggio d'Emilia. Aber Zucc.-Orl. giebt noch für 
Piacenza 5^ä, m«Vä, strä, fä [fare]^ für Parma (S. 166) arn^y des- 
gleichen Biondelli : pädar, consümä u. s. w. für beide Provinzen. Über 
die Trebbia hinaus aber scheint ä nicht zu reichen, ferner scheint es 
mehr der Ebene anzugehören: Bobbio, Borgotaro, das überhaupt mehr 
genuesischen Charakter zeigt, Sestola bewahren a. Auch auf das linke 
Poufer dringt ä nicht, und auf dem rechten entzieht sich ihm Guastalla^ 
Mirandola und Ferrara, während Codigoro und Comacchio nur im direk- 
ten Auslaut a bewahren, also -er = are, -et = -at% -ate^ aber -a = -ato, 
-ata^ -ade. Sodann bleibt e am adriatischen Meere bis Pesaro, Urbino 

Mey er -L ti bke, Ital. Grammatik. 2 



lg Lautlehre. [§ 18. 19. 

und Fossombrone, von Fano an herrscht a. Die am östlichen Abhänge 
der Apenninen gelegenen Gebiete der Toskana, also namentlich Firen- 
zuola und Palazzuolo, zeigen ebenfalls noch ä. Längs des Metauro 
dringt es endlich ins Aretinisch-umbrische ein, ygl. B. Bianchi, Aret. 
6. 18 : »Intomo a Perugia, ä e vivacissimo e va a cessare lungo la strada 
che ne conduce a Sospella, Anisi ecc, si che pu6 dirsi che a tramon- 
tana, cio^ tra Cortona, Anghieri e Cittä di Castello non soffra inter- 
ruzione. Quindi poi seguita per i monti ad Oriente e in parte a setten- 
trione di quest' ultima cittä, salta la giogana dell' Appennino ed occupa 
interamente le valli del Metauro (se visi deve comprendere, como par- 
rebbe da parziali indicazioni, il bacino secondario del Burano e della 
Foglia) , e di 11 seguita a tramontana per entrare come caratteristica 
sostanziale dei dialetti emiliani.cr Es tritt auf diesen Gebieten ^, bezw. 
ein zwischen a und i liegender Laut, ein für lateinisches freies a in 
Paroxytonis und Proparoxytonis und für a vor gedecktem r und /, 
wogegen oxytonirtes a bewahrt bleibt. Also z. B. romg. k^s^ Ifffj ^va, 
pi^ffa, n^d, l^a, fh^l, papevar, tr^va, -^, -ft?a, -^/, -ezj -t§\ megra^ 
squedra, p^dar; e$na^ "^iffj keld^ belb, pelma, derdj erca, quert^ 
-erd u. 8. w. 

Das Alter der Verschiebung des a lässt sich nicht bestimmen. 
Bolognesische und aretinische Texte des 13. und 14. Jahrh. schreiben 
stets a, doch darf daraus wohl kein Schluss gezogen werden. Zur Zeit, 
da tonloser Mittelvokal synkopirt wurde und da auslautend t fiel, war 
jedenfalls schon e eingetreten, vgl. esna aus esina nicht aus ctanaj cante 
aus canied, cantedu, nicht aus cantadj cantadu. Dagegen zeigt lahar 
aus lahrum, dass die italienische Dehnung von h vor r auch im Ro- 
magnolischen eintrat zur Zeit, da noch a gesprochen wurde, also labhro^ 
labar, 

19. Eine zweite ö-zone erstreckt sich über die Abruzzen und die 
adriatische Küste. Ihre Grenzen lassen sich nicht so fest bestimmen. 
Der südlichste Punkt dürfte Tarent sein, wo freies a nachMoBosi, Arch. 
Glott. IV 144 zu ä hinneigt. Daran schliesst sich mit ee Martina 
Franca: heepy -^et=dto. Dann zieht sich e längs der Küste ; für Bi- 
tonto schreibt Pap. eu, ohne den Lautwerth näher anzugeben, sonst e 
in Cistemino , Canosa di Puglia, (^ in Modugno und Foggia , ea in 
Agnone, e in Cerignola, Cerreto Sannita , Pratbla Peligna, Ortona a 
Mare, S. Vittorino, Casoli. Damit scheint aber die nördliche Grenze 
gewonnen zu sein. Gegenüber dem Emilianischen ist namentlich zu 
bemerken , dass nicht nur die einsilbigen Wörter , sondern auch die 
hier apokopirten Infinitive der ersten Konjugation a, nicht e, und in 
Casoli sogar o aufweisen. Femer scheint auch vor gedecktem r und / 
das a zu bleiben. — Vgl. Ascoli, Arch. glott. 11 445, der geneigt ist, 



§ 19. 20. 21. 22.] • Betonte Vokale. 19 

einen Zusammenhang zwischen den beiden Zonen anzunehmen, doch 
seheint mir das mit Bücksicht auf die ebengeüannten Verschiedenheiten 
nicht sehr wahrscheinlich. 

20. In den lombardisch-rfttisehen Grenzgebieten findet sich sodann 
noch eine ö-zone, über die H. Mobp, Gott. Anz. 1 885, 853 Anm. 2 Aus- 
kunft giebt : y>E aus a (im Lombardischen) ist vielleicht nicht sehr alt, 
jedenfalls nicht so alt wie a aus ao r= atumj da man seine Spur in 
Sonvesin noch nicht findet. Es hat die Dialekte der grossen Centren 
nicht mehr ergrifi'en, oder, nachdem es sie ergrifien, ist es durch litte- 
rarischen Einfluss wieder vertrieben worden. Es ist wesentlich contor- 
dtnesco, del eezzo rusticale. So findet man es nicht im heutigen 
Mailändischen ; keiner der Saggi, die Papanti aus den Städten der Pro- 
vinzen von Como und Mailand giebt, kennt es; Chiavenna hat es auch 
nichty noch Sondrio, noch Bormio. Aber es findet sich in der Umgegend 
von Bormio im Livignerthale, es kämpft gegen a im Dialekt der pro- 
testantischen Poschiaviner, zu Tirano und in Grosia. Papanti zeigt es 
auch in den kleinen Dörfern der Leventina etc. Es wird also gestattet 
sein, von einem aus a enstandenen älteren lombardischen ^ zu sprechen, 
das heute auf die Landschaft beschränkt ist und von einem erhaltenen 
oder wieder hergestellten lomb. a, das mehr den Städten angehört. ... 
So kann man sagen , dass a auf der Linie , die der Adda von ihren 
Quellen an folgt, mit der Maira zum Maloja auf- und mit dem Inn ins 
Engadin hinunter steigt bis da, wo sie dem Lauf des Spöl aufwärts 
folgend wieder die Quellen der Adda erreicht — dass a auf dieser 
ganzen Linie im Begriffe ist, die Reihe q, ^, ^ zu durchlaufen und sie 
theilweise schon durchlaufen hat er. — Es wäre sehr zu wünschen, dass 
diese Gegend genauer daraufhin untersucht würde. 

21. O aus a ist auf verschiedenen Punkten, aber bis jetzt nur ganz 
inselartig, angemerkt. Ascoli, Arch. Glott. I 296, 1 erwähnt Inf. 
-e> neben Ptc. auf -a in Oggiono, sd in Saronno, beide in der Brianza, 
für Ormea giebt Pap. hao (ha), pelleffrinaoffiUj Ptc. ndao, Plur. -aoij 
Inf. -aoa, faodu, maoi (mai) , Impf, -aova, für Priola : Ptc. Inf. a, 
aber Impf. avo. Sodann in den Abruzzen z. B. calzuloje^ stove, cum- 
brote, spode aber Inf. ä in Lanciano. Ohne Ortsangabe führt Finamore 
Voe. Abr. an : müare, nuase^ sfuanne^ arruhhüa u. s. w. 

22. Diphthongirung von i zu ei, von u zu ou, eu zeigt Istrien und- 
die Ostküste Italiens. So findet man in Rovigno, Dignano, Peroi und 
Vo\a^) preimo^ deiffo, conqueista^ heida, -eiva, deHo = ren.ditOj dreio 
s=driOy/adeiffavi,B.yr.; oun, dout [tutto), lou [lui), sentou, tntravi^ou 



^) Nach Pap., doch leugnet Luciani die Richtigkeit dieser Angabe und 
meint, es liege Verwechslung mit Rovigno vor, Arch. Veneto XI 246. 



20 Lautlehre. [§ 22. 23. 

u. 8. w. Dann also im Südosten, z. Th. in denselben Gebieten, die u zu 
e wandeln (§19), ei in Pratola Peligna, Palena, Vasto, Putignano, 
RuYO, Martina Franca, Trani, daraus ai in Gessopalena: avair^ satt, 
und Molfetta, endlich oi in Torricelli Peligna, Archi, Borello, Bitonto, 
Andria. Dem ai entspricht au aus u : avaut, virtaute, während sonst 
überall eu eintritt. Dieses eu könnte aus ou entstanden sein, wie im 
Französischen ßeur auf älteres ßour zurückgeht. Dagegen spricht iu 
in Ruvo di Puglia und Bucchianico : sentyute, venyute , nesyune, 
worin wohl die erste Stufe der Brechung zu sehen ist Aus diesem 
yu, das dann sich weiter zu eu, au entwickelt, erklärt sich auch i in 
Matera: ankin, pirditj nid (nvllo), pir, während dem i hier ein Laut 
entspricht »che ha il suono di due t, dei quali il secondo inchina aU* u 
francese«. Daran schliesst sich wohl das sonst sonderbare u aus i in 
Montenero di Bisaccia (Molise): duke, prumu, cupru, ^untule, suffru, 
fatuy (fatica)j akkusü (cosi), Ddu = DiOj sunurü = signoria 
u. s.w., während u zm eu wird: yeute u. s. w. 

Ganz unabhängig von diesen Erscheinungen ist wohl e aus i in 
Viterbo : deece , premo neben dormi, disse. U scheint hier unver- 
ändert zu bleiben. 

28. Italienisch ^ wird entweder zu e», ai oder zu «. Das erstere tritt 
meist nur für freies § ein, wogegen gedecktes entweder bleibt oder zu 
Ö, a wird. Jede der beiden Erscheinungen findet sich in zwei Zonen : 
ei im Piemontesisch-genuesisch-emilianischen und an der adriatischen 
Küste, i im Istrischen und im Neapolitanisch-sizilianischen. Ein Zu- 
sammenhang der zwei ei-regionen ist mit noch grösserer Bestimmtheit 
abzulehnen, als derjenige der zwei ß-zonen § 19, da hier die geogra- 
phische Kontinuität völlig fehlt. 

Was nun zunächst den Nordwesten, das piemontesische ei, betrifft, 
so führt es direkt hinüber zum Savoyisch-südostfranzösischen , so 
dass also hier eine Grenze nicht zu ziehen ist. Im Westen überschreitet 
es die Grenzen der Provinz Genua nicht, im Osten reicht es bis an die 
Lavagna. Von Piemont her breitet sich ei östlich über die Sesia aus, 
auch Novara kennt es, und nördlich zieht es sich längs dem Fusse der 
Alpen in den Tessin, wo es mit dem westrätischen ei^ ai zusammentrifft. 
Während sodann die Lombardei nur § kennt, schliessen sich auf dem 
rechten Poufer die emilianischen Dialekte einschliesslich Pavia an das 
e^gebiet an, doch scheint der Diphthong auch hier mehr den in der 
Ebene gelegenen Gebieten anzugehören und weder in die Apenninen- 
thäler gedrungen zu sein, noch auch sich dem Po zu nähern. Über 
' Bologna hinaus reicht er heute überhaupt nicht, abgesehen von Co- 
machio. — Schon die alten nordwestlichen Texte kennen ei. Zwar die 
Lamentazione meidet es, nicht aber die Statuten von Ghieri, wo man 



§ 23. 24.] Betonte Vokale. 21 

peinoy meirij aveyr, poeyr^ veira, meis, pareiza, ferner meint j neyni, 
ceytns liest; agen. arein, ceira, veir, voreivi, offeisa, faxeiva, peina, 
peigro, -eiver, neigro, rezeive, leige u. s, w. Dagegen schreiben die 
altbolognesischen Texte nur e. Aus einem Vergleich mit § 1 8 sieht 
man leicht, dass das O^ebiet des ei in der Emilia ein sehr viel engeres ist, 
als das des e aus a. Es fragt sich nun bloss, ob nicht etwa in früherer 
Zeit ei noch weiter nach Südosten gereicht habe als heute. Auffällig 
ist, dass Ristoro d'Arezzo meist meise schreibt, {emerfeice 32 b, 11; 
Seite 45 c, 38, peise 45 c, 22 u. a. ; aretinisch sind vielleicht auch die 
von MussAFiA Wiener Sitz.-Ber. veröffentlichten Sonnette, in denen sich 
wieder corteise, preisi, preise, speise, veiro, -^te findet. Aber mit 
Sicherheit lässt sich die Heimat dieses Denkmals nicht bestimmen, es 
kann also nicht als Beweisstück gelten, zudem könnte auch das ei nur 
ein Nothbehelf sein, um den geschlossenen ^-laut in der Schrift vom 
offenen zu unterscheiden. Im Romagnolischen ist freies f ganz ge- 
schlossen, mehr als im Toskanischen, dass es aber auf älterem^* beruhe, 
ist nicht wahrscheinlich. So weit wenigstens bis jetzt die Schicksale von 
altem ei auf romanischem Boden bekannt sind, so findet man stets Dissi- 
milatioxi zu ^ und allenfalls auf dieser Stufe Monophthongirung zu ^, 
nirgends ^i zu ^. Auch darf man nicht romg. neya aus vulglat. via als 
Beweis für einstiges ei anführen, denn da armonia zu armuneya wird, 
so kann veya ganz gut auf via beruhen. Im Gegentheil kann dieses 
veya gerade dafür sprechen, dass ^ nicht zu ei geworden ist. Aus via 
nämlich ist hier zuerst viya entstanden, hieraus durch Dissimilation 
v^ya, veya. Wenn also altes ii zu ^ und weiter zu ey dissimilirt wird, 
so hätte doch wohl bei ^t aus § eine ähnliche Dissimilation stattge- 
funden. Ist so fürs Romagnolische die Wahrscheinlichkeit einer Stufe ^i 
so viel wie ausgeschlossen, so darf ei um so viel weniger fürs Aretinische 
beansprucht werden. — Es scheint somit, dass ei aus ^ zunächst dem 
ganzen Piemont im Anschluss an das Savoyisch-französische eigen war, 
von da einmal südlich nach Genua, dann aber namentlich südöstlich 
längs der alten Via Emilia ins Emilianische sich ausgebreitet hat. — 
Weitere Entwicklung von ei zu ai kennt das Monferrinische in Sizi- 
lien, vgl. in S. Fratello: avair, plaiair, trai, azai, daraus a: mai, 
crar [credo), sav, tala, zara, caier^ lav (bibe), während sonst ae aus i 
auch in solchen Fällen bleibt, wo ai aus ^ redu^irt wird, vgl. naiv, 
paii. Nicosia und Piazza Armerina bleiben bei ^. In wie weit auch 
auf dem Festlande ai für ei eintritt , ist aus den gedruckten Texten 
nicht ersichtlich, doch giebt Biandelli für Mondovi, Coronedi-Berti 
fürs Bolognesische häufig ai an. Vgl. noch § 92 über gedecktes f. 

24. Die El-zone der Abruzzen ist ziemlich beschränkt und deckt 
sich keineswegs mit der ei, oi^zone von § 22. Die erste Stufe ei findet 



22 LauÜehre. [§24.25.26.27. 

sich in Montenerodomo , Franca-Yilla und Villa Santa Maria in den 
Abruszen, Campobasso und weiter südlich in Cerignola. Gewöhn- 
licher ist ai in einem grossen Theil der Terra di Bari wie in den 
A.bmzsen, so in Qessopalena, Toricella Peligna, Archi, Roccasca* 
lenga, Vasto. Für Teramo giebt Savini ^, Finambre a, also jedenfalls 
eine Reduktion von ei an. Endlich Weiterentwicklung zu oi zeigt 
Agnone in der Molise, zu oe Borellb, zu o Castelli in den Abruzzen. 
Ortona, Chieti, Aquila, Atri bleiben bei f. Übiigens erscheint^ 
wenigstens in Campobasso und Teramo, ei nicht vor -t, -u, wo viel- 
mehr nach neapolitanischer Art i eintritt, und nicht in Ptoparoxytonis : 
femmene, pay^sera (Sg. payeise), pedeta, kr^dene, und Oxytonis: 
f)ed^, m^y trf. Hier mag das Dalmatinische in Veglia angeschlossen 
werden. Während ai aus i im Istrischen seine Entsprechung fand 
§ 22, trennt dagegen ai, a aus ^ das Yegliotische vom Istrischen, vgl. 
vegliot. kaira, paira, nai (neve\ maissa, raid, sara, Inf. -^re u. s. w. 
Durch die Fähigkeit der Reduktion auf a unterscheidet sich dieses ai 
von dem aus i entstandenen. 

m 

25. / für ^, sowohl freies wie gedecktes, zeigt einmallstrien, so 
weit es nicht venezianisch ist, also speziell Rovigno, Dignan.o, Peroi 
und vielleicht Pola, vgl. rov. -äs, ßmana, sivOj mis, nivo, pil, quistOj 
stila, mrdo, dign. -*, f>iro, vidi, pivero^ friddo, ricco u. s. w. ; Peroi: 
ri, ofise^ quila u. s. w. Und daran scheint sich, wie Ascoli, Arch. 
Glott. I. 434, Anm. 2 bemerkt, das Dalmatinische zu schliessen, 
doch weiss Pap. nichts davon, es bleiben also noch genauere Mit- 
theilungen abzuwarten. Dieses i scheint aus älterm ei entstanden zu 
sein und so ans Rfttische anzuknüpfen, vgl. Rom. Gramm. I § 77, S. 97. 

26. Weit ausgedehnter und wichtiger ist die südliche i-zone. 
Sie umfasst ganz Sizilien und Calabrien nördlich bis an die Grenze 
der Provinz, östlich bis Senise, femer Apulien bis Lecce und Taren t. 
Also siz. -irif -^tu, djfisu^ ßci^ ßdüi, munita, dim, criHri, stidda, 
iinniri (vgl. § 62) vinu, kinu, vina^ vinniri, -izza u. s. w. Beispiele 
aus älterer Zeit sind in grosser Zahl von Hüixeii S. 19 ff. und Pabi- 
SEiiLE S. 10 und 12 f. zusammengestellt. Aus der sizilianischen 
Dichterschule sind sie auch ins älteste Florentinische gedrungen, hier 
aber seit dem XIV. Jahrh. ausgemärzt. Dante hat sie nicht mehr, 
wohl aber z. B. Francesco da Barberino , wenn er tegnire mit sentire 
161, $ci80 mit riao 233 reimt. — An diese Zone, wo ^ bedingungslos 
zu i wird, schliesst sich dann diejenige an, wo i an auslautend t, u 
geknüpft ist § 32. 

27. Parallel mit f entwickelt sich o, es wird also zu ou bezw. tu 
Die weitem Schicksale von au sind aber nicht mehr dieselben wie die 
von eiy vielmehr tritt zunächst auf den Gebieten, wo tf zu tf geworden 



f 27. 28. 29. 30. 31. 32.] Betonte Vokale. 23 

ist (§ 17), meist Monophthongining zu u oder ganz geschlossenem p 
ein. Da in den i^-Qegenden meist au dazu dient, den haut ii darzu* 
stellen, so Iflsst sieb an Hand der Texte nicht mit Sicherheit bestimmen, 
wo die Ghrenze zwischen dem Monophthongen und dem Diphthongen 
zu ziehen ist. Der Laut u wird angegeben fars Piemontesisch-genue- 
sische, wo freilich die alten Texte ausser vor Nasalen stets o schreiben, 
so dass also entweder schon damals die Monophthongirung durchge- 
führt war, oder aber überhaupt nie der Diphthong bestanden hatte. 
Die letztere Auffassung ist wohl die wahrscheinlichere. Das u ist 
übrigens weniger geschlossen als das toskanische. In der Emilia, wo 
altes ff bleibt, i$t auch au aus a erhalten, so z. B. in Correggio, Fres- 
conara , Bologna, oder gar bis zu au weiter gerückt in Fiorano Mode- 
nese : anauTy kurauna. Ebenso entspricht dem cd für ^ in S. Fratello 
au für b. Wir haben also piein. sul, '■iiSy kaluTj n&cud, §uVj 
sulk^ gen. sU, -^«, ku^ nevud, iuvu, sulk, hol. saul, -ouSy kulaur, 
nevaudj zauv, saulk, S. Fratello : saulj -»aus kulaur, kraut u. s. w, 

28. Auch in den Abruzzen ist au selten , Cerignola scheint nur 
g , Montenerodomo u zu kennen , Francavilla entspricht mit a^ auch 
nur halb. Kegel ist at^.ganz parallel dem at, und in Teramo q. In 
Borrello differenzirt sich au zu eu. Endlich in Veglia au: gaule^ 
krauk, -^mr u. s. w. 

29. Im Istrischen ist u das zu erwartende Resultat, Tgl. rov. 
%ulf daluVf uraj krua u. s. w., entsprechende Formen in Dignano 
und Peroi. Dann aber mag gleich hier erwähnt werden, dass auch die 
ganze Ostliche Lombardei o zu, u wandelt, wodurch sie sich von der 
westlichen wie vom Venezianischen oder Emilianischen scharf abgrenzt. 
Also bergamaskisch ßür, vapur, paragu u. s. w. Ebenso noch 
Brescia und Cremona. 

30. Endlich im Süden tritt wieder u für q in demselben Umfange 
auf wie i für f , also im Sizilianischen, Calabresischen und Südapu- 
lischen. Vgl. siz. karuna, sula, kuda, kruHf ura, Htrt, -usu u. s. w., 
und auch dieses u dringt in die ftlteste toskanische Litterärspraehe : 
aseura : chiusa bei Francesco da Barberino 14. 

81. Im Sardischen sind lateinisch t und e, ü und ö wie schon 
§ 13 bemerkt worden ist, noch heute auseinandergehalten. Vgl. log. 

jMe, nie [nive), pige (pice) , püu, pira, sidis, minus, siha, is9U, linnaj 
aber aena, agedu, beda, belu, seda, eeu; rughe (cruce), nuge, ludu, 
bula (gula) , ue, austu, bukka, dulke, surdu, turre, aber -are, bage^ 

fiare, ara, rare, eale, tatu; c&mp.Jldi, nii, piii, pilu, pira, eidi, 
Unna, aiedu, eda, nelu, seda, eeu, gruii, nuii, ludu, gula, auetu, 
bukka, durci, surdu , turri, ori, bali,ßari, -ara, sali, tatu. 

82. Zwischen der i-, Ur- und der e-, (Hregion giebt es nun noch 



24 Lautlehre. [§ 32. 33. 

eine mittlere, in welcher t\ u bei auslautend u, i, dagegen ^, p bei 
Uj e, auftritt Es ist dies der Fall in den Abruzzen und im Neapo- 
litanischen. Vgl. in Alatri serine -^na, arberit§ arher^ia, tis^, 
mr§ n^ra, vid^v§ v^dqva, pa^se paisi, m^se misi, Alatr^se Alatrisi, 
krede kriäi kr^äe kriäene , p^se pisi p^sa p^sene , -^va ivi , t^nas- 
sime, -itej siv§ [s^vo), cite [aceto), Uvite{oUv§to)j trappite, biast^may 
f^mmena, r^na, l^^e, n^ve, p^ce; -tisq Qsa, noce nuM, ßgre fiufi, 
krgce kruci, -tore -turiy pgte puti pgta pQtene u. s. w. Diesen 
Wechsel findet man ebenso in den Abruzzen, vgl. für Campobasso 
§ 24, und südlich bis an die calabresische Grenze und bis einschliess- 
lich Brindisi. Dass der Wandel alt ist, wird durch sein Vorkommen 
in den altneapolitanischen und aquilinischen Denkmälern bewiesen, 
vgl. z. B, mese misi, credo cride, divi deve und deveno, acito, plino, 
serinOy ficimo neben fecero, prendo prindi u. s. w. im Regimen 
Sanitatis Mussafia § 2 , 3, 11, 14, -ore -uri, -one -uni, -w«w, pono, 
punij conossere conusse, dolce dulci, bocca, agustOj russo nessi, 
fosse fussi ib. § 19, 25. Ähnlich die Katharinenlegende. chisto, 
chiste, chesta, eheste, singniore, PI. signure, 2 Sg. dive 3 deve, 1 Sg. 
ßci 3 fece, 1 PL -imo, 2 PI. ite, ferner dudice, daneben freilich auch 
1 PI. Fut. -emo bei Loise de Rosa. In den altaquilaniscben Reim- 
ebroniken volivi Ant. Buccio 18, niro 32, quili 39 neben qi^eh 39, 
ßcero 62, ottinner o R. Buci^ 372, paese 107 paisci 379, cridi 
1196, crisi [eredidi) 190 crese 137, mino 27, plino 51 ^ plena 304 
u. s. w. — Bemerkenswerth ist die umlautende Kraft des adverbiellen i, 
mintri und ancuri Kat. 11. Interessant ist femer Ntr. keHe kesse kelle 

O Ö o 

neben mask. quiite quisse quille in Campobasso und so auf diesem 
ganzen Gebiete. Das -tcd [u) der Neutra ist also zu o geworden zu einer 
Zeit^ da das tcs [u) der Maskulina noch u lautete, demgemäss wird der 
betonte Vokal der Neutra anders behandelt als derjenige der Maskulina. 
Vgl. darüber Rom. Gramm I § 642 . 

Nur noch schwache Spuren der alten Verhältnisse zeigt das Alt- 
peruginische, vgl. re PL ri XIV. Scritt. 28 quisto M. qtiesto Ntr. 28, 
retigne = retenni, 2, comprisi 3. Sg., crese 29; 2. PL -^te, neben 
qv^lli Plur. M. 9, di = devi 47, vide Impt. 9, neben vedi 13, mesi 
17, 38, pun Impt. 32, sodann grippia 19, mangiadura 20, 23, man- 
giatora 21; bei Graziani: quillo 85, quilli 83, 84 [quellt 95), 
quisto 86, questo 86, in den laud. Aquil. quisto 7, 64, stisso 7, 75, 
quisso 7, 96 aber questa, quella, -ivi 8, 76, -isti 8,11; 16; vergene, 
virgini 4, 14 ; -m 4, 66 ; 6, 49 ; digi (debeas) 7, 88 ; u. s. w. 

83. Ganz vereinzelt steht Putignano (Terra di Bari) mit ie aus ^ : 
rieyi, Gruffrieyi, kyessa, vennietti, avieven^ ßemmen , uosMag: 
kruone, siüuor^ fuoye [fu), puon^e. 



§34.35.] Betonte Vokale. 25 

34. Der Diphthong ie fehlt im grössten Theile Oberitaliens, in Sizi- 
lien und in Sardinien. Das Piemontesische, Genuesische und das Lom- 
bardisch-Veronesische entbehren ihn ganz und gar. Wenn Todauo 
OoNCHETTA in Seinen Rime diverse in lingua genovese, Turin 1612 
mehrfach ie schreibt, z. B. liegno^ aspieto, miezo^ viero, spiero, siece 
(sedici) u. s. w. , so liegt darin nur »una cervellotica applicazione 
deUHe töscana« TÖr, wie Fleghia, Arch. Glott. X 144, Anm. 1 mit 
Recht bemerkt. Man darf auch nicht mit Ascoli, Arch. Glott. 11 116 
Anm. 2 aus piem. arcede,' gen. recede = requaerere auf Diphthon- 
girung von ae in diesen Mundarten schfiessen. Das d für r und der 
Mangel des Wortes in den alten Texten zeigt, dass hier Entlehnung 
aus dem toskanischen richiedere vorliegt, dessen chi durch c wieder- 
gegeben wurde nach dem Muster von tosk. chierico = piem. ceric, 
gen. cegu. Endlich piem. mail. yer (aber gen. er mail. altrer) werden 
vorgeschlagenes «haben. Sonst also piem. amel , afel, ten, ven, pe^ 
pera; gen. ame^ (^rfe, deze, ten, ven, pe,pera; mail. des, t&, v&, 
mel, fei, pe, preya; veron. mel, fei, deze, ten, ven, pe, prea. Die 
Grenzen zwischen diesem ^ und dem tVGebiete sind nicht sicher zu 
bestimmen , da in den Proben bei Pap. fast gar keine einschlägigen 
Wörter enthalten sind. Der westlichste Punkt jenseits des Apennins, 
wo ie auftritt, scheint Massa zu sein. Diesseits greift e tief in das 
Emilianische hinein, selbst Modena kennt nur e, erst mit Bologna 
beginnt das romagnolische «* § 86, mit Ferrara das venezianische ie. 
Auf dem linken Poufer scheint mit Vicenza und Rovigo das te-Gebiet 
zu beginnen. 

35. Eigenthümlich liegen die Verhältnisse in Sizilien. Meist 
bleiben q, o: d^ci, f^li, mqli, f^ru^ l^i, pqtra, bgnu, kgri, ngvu, 
rata u. s. w. In affektischer Rede aber , also unter verstärkter Ex- 
piration wird, wie Sghneegans S. 18 ff. nachgewiesen hat, ^ zu ie, 
q zu uo gebrochen , und zwar ohne Rücksicht darauf^ ob der Vokal 
frei oder gedeckt sei. Ist die Diphthongirung nur eine undeutliche, 
«0 ruht der Ton auf dem zweiten Element , %e , y,6, ist sie stark , auf 
dem ersten ie, üo, »in Messina beobachtete ich, dass uö die erste, üo 
die zweite , stärkere Stufe der Diphthongirung , die der gesteigerten 
Erregtheit ist ff S. 23 und daraus dann in Caltanisetta und S. Cataldo 
i, u. Diese Diphthongirung gehört hauptsächlich dem Volke an, 
nicht den Gebildeten in Messina und Palermo ; sie erscheint auf 
dem Lande mehr als in den Städten, namentlich in dem wenig ge- 
bildeten Innern der Insel, seltener an der Ostküste als an der Nord- 
küste. Ob auch die andern Vokale in affektischer Rede diphthongiren, 
ist noch nicht festgestellt/ ob die Brechungen zu ua: minnikuava, 
sttMtu, fuatta, afuguava, pilligrinuannu, kicuata in Caltanisetta, zu 



26 Lautlehre. [§ 35. 36. 37. 

iea: pieatri, meatri, eacqua in Santa Catarina (Schneegans 11), 
vuoci, suoli, miskienu, pitiettu (ib. 41], nuoddu, kruocht, nuodu 
(42) hierher gehören, bleibt zu untersuchen. An Sizilien schliesst 
sich mit e , o noch das südliche Calabrien bis Catancaro und Castro-^ 
villari an, während nördlich davon und in Apulien schon te, uo ein^* 
treten. 

36. Wie schon § 34 angedeutet wurde, tritt im Romi^olischen 
von Bologna bis Pesaro i für ^ ein. Dieses i weist zweifelsohne auf 
älteres ie zurück. Wie es scheint zieht sich t, ie längs der Foglia ins 
Aretinische hinein, vgl, rietfo^ dtetro, priego, auch pieffo (aus plico) 
in Cittä di Castello. Das i tritt übrigens nicht überall da ein , wo im 

ir / Toskanischen ie steht; neben dia, dri, iniir, livar, grif'^ oyir^ prit 

[pr^te] , pigura^ siOy zig^ zivul^ iemeißra (/eria), mstir, Suff, -tr, 
/ zrisa, cisa [ecclesia) u. s. w. finden sich m^daVy m^ly pr^, (petra), 
s^r [serJtj; pq, femer mirkuly virman, aber »frJ, pfrdj squ^rta 
[scopertajf v^rs, vgl. MussAriA, Romg. § 18 — 24. Bei der Genauig- 
keit der Angaben in Mobbis Wörterbuch, auf welchem Mussafia's 
Darstellung fusst, ist es kaum möglich an der Richtigkeit der Formen 
zu zweifeln. Als Grundlage für f sowohl wie für i wird ie anzusetzen 
sein, das nun entweder durch Assimilation des zweiten Bestandtheilea 
zu i wird , oder aber, wenn die folgende Konsonantenverbindung eine 
weitere Schliessung des ^ hindert, sein i verliert. Das Letztere tritt ein 
in einsilbigen Wörtern : ntfl^ auch s^r [s^ru] , dessen u danach eher 
gefallen ist als das e von dis [decem), vor Dental : medar, pre aber 
dri aus deret[r]o, in direktem Auslaut: p^ und vor gedecktem r: 
n^rb aihex tir-man, mir-kul'; gv^an ist wohl nicht volksthümlich. — 
Vom Toskanischen weicht also das Romagnolische namentlich darin 
ab, dass es e vor gedecktem r behandelt wie in freier Stellung. Damit 
vergleichen sich die Schicksale des a § 18. 

37. Eine andere Darstellung des Diphthongen findet sich nament* 
lieh im Nordosten: ta, ihm entspricht tm aus q\ vgl. Meschiebi 

i» s. Vin : n mirandolese campagnuolo dira tiav , füagh , priat , arvor- 

rüalay mentre quel di cittä usando Ie slflsse parole, ma loro dando 
una forma alquanto diversa, dirä invece: Ov, fögh, pret, arvaröla. 
Daran schliessen sich maniara Giudecca, giara {erat) Yignole, ^ara 
Murano , alle bei Pap. , deren a wohl nicht erst durch das r hervorge- 
rufen ist. Regel ist dieses ia im Vegliotischen : ßaly siad,Jlar, pial, 
bial , diastra u. s. w. , zweifelsohne findet es sich auch noch sonst im 
venezianischen Gebiete. Auch der Süden kennt ia^ vgl. Nicastro 
(Calabrien) : pitigru, piakuru, vianu, ciarti, dispiatti, tiampi, uamini^ 
suakku, kuarnUy tuarti^ suaffrixL. s. w., S. Pietro Apostolo : tiampUy 
piakuruy dispiattUy priagu, liantu, ptMzzu, vudtu, kuamu, kuaru^ 



V 



§ 37. 38- 39. 40.] Betonte Vokale. 27 

• 

suannUy neben sientu , S> Giovanni Rotondo : tarra^ sucassCy carti^ 
-manty 9,uc^ vindaita (und vinditta)^ misaria, priagu^ vuluntiafi. 

38. Auf dem i^-Gebiete entspricht dem toskanischen uo viel^ 
mehr ö. Wie das französische = zunächst aus älterem tie ent- 
standen ist, so nimmt Ascoli auch hier die Entwicklung uo, ue, üe, ö 
an. Die mittelalterlichen Denkmäler schreiben stets , dessen Laut* 
werth nicht zu bestimmen ist. Da aber Q aus lat. au nicht zu ö wird, 
so muss zur Zeit der Monophthongirung des au das alte q schon ö 
gelautet haben. Da ferner vom physiologischen Standpunkte aus ein 
direkter Wandel von <^ zu ö ebenso gut denkbar ist , wie der von uo 
zu üo^ üe, ö, so liegt wenigstens keine direkte Nothwendigkeit für 
die Ascolische Annahme vor. Ihre Möglichkeit bleibt aber immerhin 
bestehen. Was nun die geographische Verbreitung des ö-Lautes be- 
trifft, so stimmt sie ziemlich genau mit der des t^ § 1 7 . Er £ndet sich 
also z. B. noch in Malcesine, desgleichen im Genuesischen. Nur Mon-« 
ferrat bewahrt 0, vgl. no/, prof^ piof, of, kof^ -oi = -uoli, fora^ wo- 
neben noira = nuora auffällig ist. Dieses statt ö bestätigt die § 1 7 
geäusserte Vermuthung, dass im Monferrinischen nie ü bestanden 
habe. Noch ist zu erwähnen , dass in Monaco der gemischte Laut 
zu einem einfachen, also e, wird,' ebenso in Loco und Onsemone, wo 
u statt ü erscheint. Merkwürdiger ist fuffj luffj fura u. s. w. in Lodi 
neben Ü aus u : die auffällige Abweichung bleibt vorläufig noch un- 
erklärt. Sonst also mail. sör, öv, möra, kör, -öl, bö, növ u. s. w., 
gen. 8ö, pö, möa, -ö, öv, Aö, mörey piem. döl, söre, -öl, kör, möir, 
pröva, röza, 

39. Dem romagnolischen i aus e entspricht nicht u aus Q, wohl 
aber erscheint in Cittä di Castello regelrecht ^woAo, düolo, §üoko. Im 
Romagnolischen liegt die Sache noch schwieriger als bei ^. O ist ge- 
schlossen oder sehr geschlossen (stretto, assai stretto), ersteres scheint 
das gewöhnliche, so in prova, roda, sora, -ol, ov, movar, sola, zohia, 
korp, ort, port, porta, volt, risohar. Letzteres tritt ein in log, zog, 
pork, om, ofl, sonn, also vor Velaren und Nasalen, ausserdem in morbi 
und ybra. Man darf wohl als Grundlage uo annehmen, das in Imola 
noch erscheint. 

40« Sodann tritt to statt uo ein, was nur bei Betonung des zweiten 
Elementes möglich ist. Einmal im Venezianischen: moser, liogo, siola, 
riosa, niora, tior und cor führt Boebio als sehr vulgäre Formen an, 
in Chioggia spricht man diol, niovo, liogo, siola, tiore, in Oderzo 
(Treviso) liogo, rioha, überall geht dem io ein Dental vorauf. Auch 
die arveron. Katharina schreibt cio'lesse, diolandose. Das io scheint 
aus dem Friatdischen zu stammen, s. Rom. Granmi. I § 2 1 6. Wichtiger 
ist das Aretinische mit liogo, niovo, siono, tioni bei Billi, dyulo, 



28 LauÜehre. [§ 40. 4 1 . 42. 43 . 

lyugOj syulo, syuno, nyuvo, tyuva aber uva^ sodann fuko^ muvo, 
^uio, fa^li^fluli in den Camperie : es ist also uo zu eo, iu geworden, 
das % nach Dentalen geblieben, sonst geschwunden. 

41 • Vereinzelt steht Yeglia mit u für freies 9, während ua für 
gedecktes dem ia aus q entspricht, vgl. pur^ f^f^i bun^ dapu, dul, 
duarmuj pluaya, tmsse, ktmste, uart u. s. w. 

42. Endlich kann tie zu e reduzirt werden in Lecce, ausser wenn 
Labial oder Guttural vorangeht: fiemmaru, seku, retu, prei, delt, neu, 
ieni (suoni), trenu, ertu, ekyu^ aber ueli, uei [voi], kuerij mtm, buenu, 
kuekUy puei, muedu, mtieddi u. s. w. Mobosi, Arch. Glott. IV 133. 

43. Während im Toskanischen freies in drittletzter und ge- 
decktes^, g immer bewahrt bleiben, gehen die Mundarten häufig weiter. 
Im Rätischen hat die Brechung vor Palatalen stets, vor andern Konso- 
nanten nur statt, wenn u oder i im Auslaute gestanden hat, s. Rom. 
Gramm. I § 1 86 und 194. Diese Regel hat sich noch ungetrübt in Tessin 
erhalten, vgl. Sööca [excocta], Jvff, log, nöWj növa, möd, aber roda, 
-öw aber -ofe, möya [mollia), vöya^ föya, inköy [hodie), sodann t{ : 
arvöira [roburea], kulör [colurio)\ mör [mono), dröm [dormio), mört. 
ort, pörti,.tört, itört, örb, pörö, vöss, pitöst, möstj kulöstru^ göb^ 
törc, ö§, piö^, stört Horta, örb örba, möt mota u. s. w., s. Sa^x,- 
TiONi, Tess. § 25. Auffällig ist nöw = nove neben cor = core \ 
pröw entspricht altital. apruono. Dieselbe Regel galt für gedecktes q 
einst auch fürs Lombardische, wo freies Q unter allen Umständen 
zu Ö wurde. SAiiViONi, Mail. § 43 hat richtig beobachtet, dass ö 
aus gedecktem einst in weitem Umfange bestanden hat, heute aber 
mehr und mehr dem der Schriftsprache weicht. Es war der Umlaut 
früher an folgenden Palatal geknüpft: vgl. t?öy, vöya, föya, regöy 
[raccoglio)f töy, döy [doglio], löy, söya, scöy, möya {*mollta), orgöy 
und mit sekundärem q: ^ermöy, öU, öTa [oglia aus span. olla)^ 
welch letzteres beweist, wie lange der Umlaut lebenskräftig geblieben 
ist; tröya, löy [inodio] und wieder mit g aus u: söya = sum ego, 
söli, sölia = solidus, -a; ödi, möz, tramöia, pöz, ö§^a, inkö (hodie), 
pröpi, kröy = ital. croio^ kör [corium), störia [stuoja], femer mar" 
möria [memoria) y öria [avorio), Gregö, salmöria, rotöri (ruptorium), 
mortöri, martöri, sköria (vgl. § 58); ^öbbia, föza, vöbbia Kon} , \on 
volere, öcc^ kröcc, köcc, töcc [tolto), besköcc (abert?ö^^) n^9t jenöcCy 
piöcc (aber fenocc), invöy, vöid, böfia. Dafür, dass gedecktes q bei 
auslautend u auch sonst zu ö wurde, sprechen vielleicht nöst, vöst, 
gröij döi, parpöst, malmöst, göbb, während in völta vielleicht ein 
rätisches f schuld ist, vgl. Rom. Gramm. I § 189. Diese Brechung vor 
Palatalen erstreckt sich über das ganze d-gebiet und verbindet so das 
Piemontesisch- genuesische mit den Mundarten Galliens, vgl. Rom. 



§ 43. 44.] Betonte Vokale. 29 

Gramm. I § 199. So haben wir also auch im Gen. köSüj töieffUy pözzu, 
ö§§Uy Öbbyu, dö^^e und, was besonders interessant ist, Ötu aus octo, 
nöte, sönnu [sommis), piem. öt, nöit, kössa, söfi. 

44. Auch im Osten zeigt sich eine merkwürdige Verquickung von 
Italienisch und Rätisch. Die ältesten stadtvenezianischen Texte, das 
Exempelbuch und die Hamiltonhandschrift, kennen die Diphthongen 
fast gar nicht, jenes hat nur mehrmals Piero neben Pero, sonst stets 
ß, im Cato findet sich reten, ven, cega, hont, logo u. s. w. neben vien 
und einmaligem muor, etwas häufiger ist ie, tco in den andern Stücken, 
namentlich ist bemerkenswerth tiengo und ties = texity tuor [tollere) 
in den Proverbia, Itevore, pieto, vieglOj tuor im Pamfilo, also wieder 
unter palatalem Einfluss. Aus Fra Paolino, wo e, o ebenfalls noch 
überwiegen, sind namentlich hervorzuheben bterij miedegOj prievedhiy 
vieglo, puovoli (aber Sg. povolo), suoseri (Sg. sosero), dapuo, uoglo. 
Dann aber dringt ie, uo mehr und mehr ein und ersetzt jedes freie f , g 
ohne Rücksicht darauf, ob es in zweitletzter oder drittletzter Silbe stehe 
und ob es ursprünglich oder erst nach § 54 und 58 aus ^, g entstanden 
sei. So haben wir, von den Übereinstimmungen mit dem Toskanischen 
abgesehen, in der Cronic^: brteve, griego, priegt, sodann siegolo, 
CiesarOy prievede, piegore, lievore, intiegra, alliegrOy impierio, ma- 
tierie, Ventesia, siedia, asstedio; pruova, truova^ puovolo, muodoy 
ptioi, zuoboy suocley tuor; monestierOy prociederey heriedo, gielo, 
frietOy spi^o AppoU., Stef., mediesimo Appoll., Tristan, Caresio 
und noch heute, sinciery altuorio, memuoria, ierrituori, custuode, 
Jnorsi bei Caresio, memuoria Appoll. Ebenso in den Glossaren: 
aliegro, antega, intriegOy cariega, miedego, lievaro, piegora, 
prtesioy riegola, misiierio, munestierioy dispierOy mediesimo. Dann 
aber auch siego [secum] und diedo [digitus] ; muodoy nuove, ruosa 
und zuova (gigva § 78), vittuoria. Sodann im Paduanischen bei 
Rxizzante bei folgendem i: briespi Sg. brespOy biegi bie PI. zu 
belhy cervieggi u. s. w., aviertiy covierti, ßerriy 2. Sg. famelli, 
intiendiy ferner se = sapio, aber sie-gi = sapio ego; mattieria, 
remiedioy spiecchio, penitienttOy silientio u. s.w., priessia, pegriesiey 
diebeto, riediti, spiero, cariegUy sieguitej miego [medicus], piegora, 
aspiettOy miegio [melius), sie, viegio [vecchio) und vegio, aliegro, 
tiermency ßevray miezo; cuorniy puori, cuorbi, huorbi, puorteghi, 
cuotti, 2.8g.druomiy puorzi, auch l.Perf.cwom, alttsorioyßlatuoriaj 
gruoliay terratuorioy kuolio, prtwpio, zuobia. Beachtenswerth sind 
noch die Doppelformen : buona und botia, buono und bon, cuore 
und corey huomo und homOy fuöra und fora^ nuova und nova. 
Sodann cuofano^ tuorOy muogiay duogia, huogiOy nuovey ruosa y 
cuorpOy muortOy gruosoy endlich puoco, puovero, zuota. 



30 Lautlehre. [§ 44. 45. 

Also auch hier zieht namentlich | eine Brechung nach sich. 
Ausserdem scheinen die ebengenannten Doppelformen darauf hinzu- 
weisen, dass ursprüngUeh uo wie im Rätischen nur bei auslautend u, 
nicht bei o, a, e eintrat. Wie weit nun diese rätische Diphthongirung 
im Paduanisch-venezianischen um sich gegriffen hat, ist noch zu unter- 
suchen : das westliche Verona hat sie nicht erreicht, dass sie aber süd- 
lich noch z. B. in Mirandola auftritt, scheint aus dem § 3? Bemerkten 
hervorzugehen. Auf der istrischen Halbinsel endlich zeigt sich wie 
im Altpaduanischen tV, uo für jedes ^, Q, vgl. rov. ßero^ mierkore^ 
vieccoy vaiiel, stete, KetOj kuorpo, uosso, uoccioy suossero. Dagegen 
scheint der Diphthong nicht bis Dignano vorgedrungen, oder von hier 
wieder verdrängt zu sein, und e hier später zu ae gebrochen : zaert, 
paerdo, taempo u. a. Arch. glott. I 443 f. 

45. In Süd"^ und Mittelitalien ist die Diphthongirung an aus- 
lautend i und u geknüpft. Zunächst mag hier erwähnt werden, dass 
in den Camperie und in Cittä di Castello ^, wie es scheint stets, 
g bloss bei folgendem u diphthongirt. Namentlich beachtenswerth ist 
miele neben core, femer füoco, düolo u. s. w., aber fora, more, vole, 
rata, omo, sgcera, dann nora und nyura [yu = wo § 40), also viel- 
leicht letzteres auf nqrus weisend. Leicht kommt man auf die Ver- 
muthung, dass in einer frühern Periode der Diphthong des e durch 
folgendes ö, t, der des o durch u (nicht o, vgl. omo) hervorgerufen 
worden sei, und dass dann zunächst bei ie eine Ausbreitung stattge- 
funden habe und zwar rascher als bei uo aus einfachem Grunde. In 
der Deklination gestalteten sich die Brechungsverhältnisse wie folgt : 





I. 




n. 


m. 


Sg. 


f 


Q 


q uo 


ie q 


PL 


ie 


Q 


ie 


ie g 



Das te hatte also von vorneherein ein bedeutendes Übergewicht, 
konnte somit rascher auch an Stelle des ^ treten. — Für die römisch- 
neapolitanische Gruppe fehlen zusammenhängende Angaben; die 
Proben bei Pap. gewähren meist zu wenig Auskunft, so dass man im 
Ganzen auf die Gegenden angewiesen ist, über welche Specialunter- 
suchungen vorliegen. Also, um im Norden zu beginnen, zunächst 
Alatri. Da haben wir ^, g für f, g bei folgendem «, w, dagegen^, g 
bei e, a, o, und zwar sowohl in freier wie in gedeckter Stellung. Also 
^^ffff§ [^990], lf§§i, mqrde m^di, v^ [vieni] vq [viene), d^te dqnti, 
p^se p^sa, skup^tq skup^rta, mqze mqza, vqkky vqkkya^ p^rseke 
PI. p^seka. Bemerkens werth sind noch pqäe p^di, mqle, arqte 
[retro). Zunächst wird sich nun fragen, wie dieses ^ sich zu dem ie 
der andern Gegenden verhalte, ob es auf ähnliche Weise aus einstigem 



§ 45.] Betonte Vokale. $1 

ie entstanden sei, wie das § 36 besprochene romagnolisclie ^. Der 
Diphthong findet sich heute in y^ = effOy y^ und di^Se. Das erste 
der drei Beispiele ist auffällig : man erwartet ^, da doch o, nicht u 
den Auslaut bildet ; es vergleicht sich aber tCQtte ?= octo neben rich- 
tigem (>fn€. Man wird daher sicherer gehen , in dem y in ^ und y^ri 
einen Vorschlag zu sehen, der dann das ursprüngliche ^ zu ^ gewandelt 
hat. Schwierig ist cH^ce, Auch auf den andern Gebieten zeigt das 
Zahlwort UnregelmSssigkeiten. Mit einer Grundform *rf^c« vertragen 
sich campob. äi^c^, teram. äice, dagegen ist auch lecc. d^e in 
hohem Grade auffällig, sofern man aus decem vielmehr d^e, aus *dect 
aber dieci erwartet. Der Mangel eines andern gleichgebauten Wortes 
macht eine sichere Erklärung unmöglich. Eines aber geht aus der 
Form hervor : wenn tV* nicht zu $^*, geschweige zu fi wird, so ist es un- 
denkbar, dass dem ^ aus vulglat. ^ einst i^ voraufgegangen sei, es ist 
vielmehr ^ unter Einfluss des folgenden i, u direkt zu ^ geworden. 
Dem doppelten Reflex von ^ entspricht natürlich auch ein doppelter 
von g und zwar mit völlig gleicher Vertheilung, vgl. vave, kgre^ ome^ 
sore, /qre, sgla, rosa, PL sgle, rqsßy prova, qva, lenzola, sqcera, 
ngra, rgäa, pigve, mqve (muovere), m^ve [muovo), mgrte, fyrte, 
ngsse, kgssa, pf^te, tgrta, hqma^ /Qssa, dqrme {dormo), sqnene 
u. s.w., aber hbonq, sQne, nove^fpie, koke, mode, pve, fasoy, lenzQy, 
SQcere, hrpäe, vovi, gmehi, mQvi [muovi), ^Qki, mpri, movene, mo^ 
rene, kpkene, pQnti, vQstri, fossi u. s* w. Unregelmässig ist. das 
. schon besprochene uOtte und femer die Vertreter von folium, folia : 
fqlyi, folya, während man vielmehr /p/ye, fojlya erwartet. — In Cam- 
pobasso verlangt auslautend u, i den Diphthongen i6^ auslautend &, 
a, für freies ^ in Paroxytonis f , in Proparoxytonis und stets in ge- 
deckter Stellung f , mit andern Worten, dem italienischen %& entspricht 
vor e, a, o hier f. Also : siere, Pietre, mieSeke, ti^nere, pi^kure, 
ypinere,piede (Flur.), prifye (preghi), liep^e [leggi), vi§, ti^,ßerre, 
Hert)^, viende [vento), -4elle, vi^rme (vermi), pi^de, pierd^ne u. s. w.; 
f^le, p^de, pr^ia, pr^ye (prego), v^ [venit) u. s. w.; kgge [leggo), 
mfäeke, hpere, v^rme, prente, p^e, -m^de. Auffällig sind zu- 
nächst äqceme, wofür man äieceme erwartet, und l^tte Partie, neben 
liette Substantiv, wo wohl das Femininum und andere Verbalformen das 
f eingeführt haben, diece weist, wie schon bemerkt, auf *d^ci. Vorge- 
schlagenes y zeigt y^eva (herba), yqsse (essere) yesse (eccoti) u. a. 
Ganz ebenso wird g durch Q^^ uo, g vertreten, vgl. prova, SQra, kgre, 
VQve, yome, mgre, pg, mgvf, kgie; mgvere, kgcere, sgcera, kgttera, 
sqre-ma, kossa, kqnde, nqtte, f^te, gqtte; luoke, suocere, bbuonf, 
vttol^, muor^, muorene, kuolle, uosse, kuoreye (cuojo), dtwrme 
{dormi), äuormfne u. s. w. Dem toskanischen ngve entspricht auch 



32 Lautlehre. [§ 45. 

hier ngve. Beachtenswerth ist mqnek^ Plur. nrnon^c^, wo man viel- 
mehr iu> auch im Singular erwartet. Vielleicht ist mofMcus, monaci 
zunächst zu monacuSj tnonici geworden, und hat so im Singular das a 
die Diphthongirung verhindert, vgl. entsprechend Hqmeke. Während 
^, ie^ g, uo der Erklärung weiter keine Schwierigkeit waren, fragt sich 
dagegen, wie das ^j Q zu fassen sei. Es scheint, dass sich hier zwei 
Tendenzen kreuzen, die toskanische, wo ie, uo ohne Rücksicht auf 
den folgenden Vokal aber nur für freies ^, g eintritt, und die süd- 
italienische, die jedes ^, Q aber nur vor i, u bricht: die letztere ist 
die jüngere, die nun Reduktion des te, uo bei auslautend e zm §, Q 
zur Folge hatte. Interessant ist in dieser Hinsicht nicht nur ngve, 
statt ngve, das die grosse Übereinstimmung mit dem toskanischen 
Vokalismus zeigt , sondern namentlich muli^ra y wo das % durch das 
vorhergehende ? gehalten worden ist. — Altneapolitanische Beispiele 
sind bei Loise de Rosa: Jratielle, sorelle 23, omo 17 und danach 
omene 21, tiempo 17, tierzo, terza 18, conte 20, PL cuonte 19, 
muosso 18, muorto 21, 1. Sg. respuosse 18, liessito 52, aber chiop* 
peto 22. Nur ie, q bezw. wo, o zeigt Lecce, vgl. ym, miereti, tieni, 
liei, stekuti, miedekuj miedeci, piedi, Uepurif nieddu {agneUu)y 
kastieddu, pieddi [pelli), ßerviy stervt, yersu [verso), sierpij -mientu 
u. s. w. neben era, fele^ meritay merula, tene, nneku [annego), 
sekutUy sekutUy arretUy pede, lepure, terra, pedde -edday persa, 
perqeka, serpe, erva, restüy sentUy dente u. s. w.; ueli [voli)j uelu, 
uei [vtwi}, deli [duoli), kueru {cuoio}y kueri [cuortj, senu [suonu)^ 
huenUy hueni, Seku [giuoco)y muedu {modo), eriu [hortus], kueddu, 
muersUy fuerfeciy muezzekt, kuernu, dermt, testUy nesUy lenguy 
nuetti u. s. w. neben omUy moiy solay soru, sonu^ sona, köre, noa, 
m,0Uy moe, moerCy ioku, ioka, sokra, koku, pote, osse, foggyay 
moddey ota [volta)y dormUy dornte y forte y morta, sonnu, rossa 
(grossa), longüy notte, kossa u. s.w. Es stellt sich die Frage, wie das 
ue sich zu dem bisher behandelten uo oder zu dem e^o § 39 verhalte. 
Ascoiii, Arch. Glott. IV 405 stellt die Reihe auf: uöy üö, üOy ü§y uS, 
und dies kann in dem ebengenannten üo eine Bestätigung finden. 
Dass uo zu ue werden kann, dass also nicht etwa von jeher üo zu 
Grunde gelegen haben muss, das dann in den einen Mundarten zu 
uo, in den andern über üe zu ue geworden wäre, zeigt uöttu aus octOy 
dessen u nur prothetisch, nicht das des ursprünglichen Diphthongen 
sein kann. Es könnte sich aber ue zu uo auch verhalten wie eu 
zu 6u § 28, also uo über wo zu ue geworden sein. — Übrigens 
scheint ue westlich nicht über Tarent hinauszureichen : schon Massafra 
bietet wo, wogegen ue längs der adriatischen Küste auch der Terra 
di Bari angehört, vgl. puete {puoi) in Bari, buene in Modugno und 



§ 45. 46. 47. 48.] Betonte Vokale. 33 

Altamura, sueffre in Bitonto. Von Molfetta an aber scheint uo zu 
herrschen. Für Cerignola bemerkt Zingakelli, Pitr6 Archiv III 65 : 
»e dei dittonghi ie^ ue h muta, con suono scuro che impingua e pun- 
tella il primo elemento del dittongo«. 

46. Im Kalabresischen endlich tritt ie^ üo ^gi folgendem i, u ein: 
vientUj itempUj dientiy lietti, viekkiu, spiekkyu^ siennu neben petra^ 
sette, mente, verme, nentSy vekya^ vekye; buonuj yuoku, nuovUy 
truonu, fuokUj suoru, muoru, kuorpu^ puorku neben bona, rosa^ 
rota^ more, kore^ forte, porta^ sorte u. s. w. Abweichend von den 
bisher behandelten Typen wirkt auslautend o wie w. sientu 1. Sg., 
suoru = soroTy es ist also die Ausbildung des betonten Vokalismus 
erst eingetreten, als das alte o schon u geworden war. — Ausser 
dem Centralkalabresischen gehört diesem Gebiet noch die Südspitze 
Siziliens an: Noto, Modica, und im Innern Vallelunga, Resutanno, 
Casteltermini, Alimena, Polizzi Generosa, Pollina, S. Cataldo, Cal- 
tanissetta, wo i, u aus ie, uo entsteht, vgl. § 35, Geraci, vielleicht 
auch Syrakus, vgl. Hüllen S. 10, Schneegans S. 24 — 30. Diese 
feste Diphthongirung ist natürlich durchaus verschieden von der § 35 
behandelten freien. Zu erwähnen ist namentlich puoku und duoppu, 
— Nicht ganz klar ist die Behandlung von p^jus. Im Aneap. findet 
sich pejo ohne Diphthong, doch beweist das nicht viel, sonst lecc. 
peSu nicht piesu, neap. peOy peve, aber kalabr. pieyu. 

47. Hier mag auch erwähnt werden, dass lat. e, o im Sardischen 
beifolgendem a, e, o oflFen, bei «, u geschlossen sind: k^va [acerba], 
k^a^ b^nCy kgrika, koro^ kqrve [coßnus] — k^rvUy b§ni [meni)y 

fyru^ koru^ SQmnu, gru s. Spano, S. 5. Derselbe Unterschied findet 
sich hier auch in tonloser Silbe. 

48« Zwischen den zwei Zonen mit bedingter Entwicklung der 
Diphthongen scheint nun eine mittlere zu liegen, die ißj uo unter allen 
Umständen eintreten lässt: die römisch- nmbrische. In Historiae 
Ilomanae fragmentum trifi't man nicht nur tiempo 1,1, besuogno t , 1 , 
muodo 1,1, uosso 1, 8, miento 1,2, puopolo 1, 2, terratriemolo l, 22, 
sondern auch u^mo 1,1, gruossa 1, 3, respuosta 1,2; 1,8, siento 1, 1 
neben sento 1, l (vgl. -mento 1, 1); in der Vita di Cola di Rienzi 
priete 491, 499, tescio 411, nziemmora 437, settiemmora 537, 
detola 415, woneben viecchio, vecchia 447 auffällt. Ferner heute in 
Orvieto: tiempo ^ tierray duonna, muorde^ 2MGh.kuosa^pensuö^ pu^koy 
verguogna. während Norcia, Assisi mit tiempi, terra sich dem süd- 
lichen Brauche anschliessen, ebenso Ascoli Piceno und von Fermo an 
iey uo überhaupt zu fehlen scheinen. Weiter südlich findet sich tierra 
in Pietramelara (Terra di Lavoro), neben vengo , sento. Die toska- 

Mejer-Lfibke, Ital. Grammatik. 3 



34 Lautlehre. [§ 48. 49. 50. 

niscben Verhältnisse § 49 endlich zeigen die Macerata, Rieti, Spoleto, 
Perugia und in Umbrien Ccstacciaro. 

40. Endlich ist noch ein Gebiet zu nennen, wo nur ie nicht tw, 
sondern statt dessen o erscheint, die Toskana. Während die Schrift- 
sprache von jeher uo zeigt, kennt die heutige Volkssprache nur Q und 
einzelne Lexikographen, wie z. B. Giobgiito und Petbogchi, haben 
dem entsprechend auch aus ihren Wörterbüchern den Diphthongen 
verbannt. Auch südlich und südöstlich von der Toskana hat die 
Reduktion auf g stattgefunden in Grosseto, Montefiascone : diede 
viengo aber köre, bonOy sodann in Ancona und der Macerata. Leider 
bietet auch hier Pap. zu wenig sichere Anhaltspunkte. 

B. Störungen des Vokalwandels. 

50. Die bisher dargestellten Lautentsprechungen zwischen Latei- 
nisch und Italienisch treten bei weitem nicht in all den Fällen ein, in 
welchen man sie erwartet. Sehr oft nämlich sind die allgemeineren 
Gesetze durch engere gekreuzt, es ist die regelmässige Entwicklung 
der Vokale gestört worden durch bestimmende Einflüsse der folgenden 
oder vorhergehenden Laute, oder aber durch sinnverwandte, seltener 
durch formähnliche Wörter. Am widerstandsfähigsten zeigen sich 
auch hier wieder im Toskanischen a, e, u, wogegen die Zahl der Ab- 
weichungen bei ^, ^, Qy Q eine viel bedeutendere ist. Es mögen daher 
zunächst die ersteren behandelt werden. Für a erscheint theils e, 
theils 0, Zwar ital. m^lo ist nicht auf lat. malum, sondern auf griech, 
melon [fi'^Xov) zurückzuführen: auch das Rätische, das Rumänische 
und selbst französische Mundarten fordern die griechische Form als 
Grundlage. Ceraseus hat sich nur im sard. kerasUy neap.-röm. cerase 
erhalten, sonst ist cereseus, ital. eilte ff to an seine Stelle getreten, eine 
Weiterbildung von *eerestis, das, wie Coenu, Rom. XIII 216,3 richtig 
lehrt, die lautgesetezliche Wiedergabe des griechischen yceqaoog im 
Lateinischen ist. Ähnlich erklärt sich allegro, wenn es wirklich mit 
alaeer zusammengehört. Man müsste von dlieer, woraus vulglat. 
al^eruSj ausgehen. Aber die Sache bleibt zweifelhaft. Dem tosk. 
all^ffro stellt sich in Mittel- und Süditalien all^ffro, neap. dlliegro 
Bagn. Pozz. XXVDI 6, gegenüber und dazu stimmt afr. haliegrej nicht 
aber die lateinische Form. Nun kann das altfranzösische Wort nicht 
wohl von dem italienischen getrennt werden, es lautet, worauf schon 
W. FoEKSTEK, Rom. Stud. IV 53 hingewiesen hat, stets mit h an. 
Möglicherweise ist der Ursprung ganz anderswo zu suchen. Woher 
das tosk. sein § statt ^ hat, ist auch nicht recht klar. — Gallicismus 
ist selbstverständlich das bei den alten Lyrikern, selbst in der Intel— 



§ 50. 51. 52.] Störungen des Yokalwandels. 35 

ligenza und bei Brunetto Latini, Tes. VII, 68, aber nicht bei Dante 
vorkommende clero, chiero für chiaro und das im XIV. Jahrhimdert 
schon aufgegebene atgua, z.B. bei Dante, Vulg. Eloqu. Xu, Citat aus 
Guido delle Colonne : ancor che Vatguaper lo foco lassi, Francesco 
da Barberino 237 erlaubt sich sogar frieri. Auch das Suffix -iere 
aus -arius ist französischen Ursprungs. Dagegen ist -^vole in lodevole 
als eine Übertragung von Fällen wie ag^vole = agibilis und andern 
zu betrachten. Endlich gr^ve^ grieve^ bei den alten Lyrikern und bei 
Dante nicht selten, heute aber nur noch in der Schriftsprache ge- 
bräuchlich, verdankt, wie schon Diez^ Wb. gesehen hat, sein e dem 
Einflüsse von levey gehört übrigens schon dem Vulgärlatein an. Getta 
dürfte auf ejectat beruhen, lecc. kuntriestu zeigt Vermengung von 
contrasto und contestor, vgl. Rajna, Riv. fil. rom. I 226 ff., Ascoli, 
Arch. glott. IV 122, Anm. 1. — Aus dem Piemontesischen scheint 
mail. elbor = arbor zu stammen, freilich findet sich erbole auch bei 
Iluzante,-vgl. noch mail. merza und marzUj maskerpa und maskarpa^ 
Unerklärt ist das weitverbreitete kastena: castegna in den aven. Glos- 
saren und im Veronesischen, Lombardischen, Canavesischen, Val Soana 
[kena] und Alatri. Auch sard. enna neben genna aus jamm und 
calabr. tnierku^ merka sind merkwürdig. 

61. 0, uo für a bietet die Schriftsprache in nuota, während der 
Süden nata bewahrt, sich darin dem Spanischen beigesellend. Die 
Abweichung, die sich im Französisch-provenzaUschen und im Bätisch- 
rumänischen findet, ist noch unerklärt^). In chiqvo, ch\odo aus clavus 
hat sich der Stamm von clatcdere eingemischt. Piemont., romg., sen., 
umbr. opre für apre ist nach copre umgebildet 2), vielleicht zuerst in 
den endungsbetonten Formen. Mail, brönka neben branka (abbranca) 
hat vielleicht Einfluss von ronca, ital. monca neben manco nach 
d'Ovidio, Grundr. 501 von tronco erlitten. Die Zusammenstellung 
von lomb. köVy ital. covone mit cavus ist zweifelhuft. Als rätisches 
Lehnwort erklärt sich mail. piona^ monferr. piuna, gen. cuna, aus 
einer Vermischung dieses Wortes mit pialla, mirsjidol. piola. — Un- 
erklärt ist less. some aus stramen, da hier am sonst bewahrt bleibt. 

62. Für i erscheint zuweilen ^: freddo ^= frlgidus, auch frz. 
froid, hat schon im Vulgärlateinischen Beeinflussung durch rtgidus 



1) D'OviDio^ Grundriss 501 denkt an Verwechslung mit notare, was 
der völlig abweichenden Bedeutung wegen nicht glaublich ist, oder an 
*nautare, wogegen alb. notoig, mm. innoat und ital. nuoto notare sprechen, 
da im Alb.-rum. au bleibt, im ItaL aber riQto notare oder nuto nutare (vgl* 
§ 125) zu erwarten wäre. 

2) So auch Gröbeb, Arch. lat. lex. III, 140, weniger wahrscheinlich 
D'Ovmio, Grundr. 501: aperire wurde mit operire vertauscht 

3* 



JüCc 



36 LauÜehre. [§ 52. 53. 

erlitten, wie d'OyiDio, Grundriss S. 508 wohl mit Recht annimmt; 
Iqma, span. lienza = lat. lintea hat den Vokal von l^ntus (biegsam) ^), 
irebbia zeigt Vermischung von tribulum und tfibula, Aven. meio Cron. 
Imp. 44^ meia 69^ = milia^ zeia Gloss. A. (neben zio), päd. megia^ 
zegia bei Ruzante sind wohl als Lehnwörter mit Lautumsetzung nach 
dem Muster \sX, familia, tosk.famiffliay \&dl.'^9A, fameja zu fassen ; 
von meia ist pad.-ven. mielle rückgebildet. AiidX. prence ist Qallicis- 
mus, car^na kann aus sachlichen Gründen nicht toskanisch sein, son- 
dern muss aus einer Seegegend stammen, wo in zu en wird. Der Er- 
klärung harren noch ^Ice von Xlice^), m^zzOj wenn es zu mitis gehOrt 
(vgl. venez. mizzo) und steffola, wenn man es mit Caix, Studi 595 zu 
stiva stellt, vgl. span. esieea, nicht mit Mitssafia, Beitrag 111, 1 , zu 
hasticula, f^gato neben yenez.Jiffdd, amail. desedra Bonvesin £ 306. 
S^golo (ELippe) gehört zu dem von Varro als campanisch bezeichneten 
secuta und zu dem lateinischen bei Varro und Ennius überlieferten 
sicilisy rum. secere, dass aber letzteres, von sica stamme und l im 
Stamme enthalte, ist nicht erwiesen. Vetrice stammt zwar von latei- 
nisch vitex: dass aber dieses l habe, lässt sich durch nichts beweisen, 
auch prov. veze, ve§e weist auf i bezw. e. L^tica ist erst von Ij^gare 
aus gebildet, wo Dissimilation vorliegt. ^^ an Stelle von t weisen 
j cr^sima, art^tico, gr. xQ^^f^^y aQd'QttinoQ auf. Das griechische l 
ist, ohne Rücksicht auf seine Quantität, dem vulgärlateinischen f 
gleichgestellt worden, vgl. noch frz. creme aus xQ^^f^^^i ^^ Floren- 
tinischen ist dann cr^sima, arf^tico, wie man noch in Siena spricht, 
zu crqsima, artqtico geworden. In fastudio Maggiora (Novara), 
fastudi Parmo,, fastubio bei Ruzante (l. fastudio t) hat sich, fastidio 
mit studio vermischt. 

53. Ganz selten ist o oder o statt u, Ital. lordo. frz. lourd werden 
wohl zu lüridus gehören, doch ist der Grund der Abweichung nicht 
ersichtlich, d'Ovidio, Grundr. S. 515 denkt an Anlehnungen an sgrdo, 
Ital. sozzo, span. sohez gehen auf ein, an sus, si(is angelehntes sffcidus 
zurück. Keine Gewähr hat das üter der lateinischen Wörterbücher, 
ital. ptre und die Formen der andern Sprachen sichern üter. Ebenso 
wenig ist glütus gesichert, richtig scheint nur glüttuSy ital. ghiotto. 
Das Verhältniss zwischen cuppa und coppa ist noch nicht aufgehellt. — 
Wenn Dante, Inf. X 45 soso schreibt, so mag gioso (vgl. § 59) darauf 
gewirkt haben, in lomey Inf. X 69 hat ihn das Reimbedürfniss zu einer 
emilianischen Form (s. § 73) verleitet, wie Cavalcanti, wenn er 1, 12 

1) Auffällig ist neap. lenza. 

2) D'OviDio, Grundriss 507 möchte in eke Einfluss von aelce, /elc0 
sehen, Süchier ib. Vermischung mit helix, was weder nach der Bedeutung 
noch nach der Fonn {f ss e) recht passen wilL 



§ 53. 54.] Störungen des Vokalwandelfl. 37 

lome : come reimt. — Neap.-tar. poll^cq aus pulex ist vom Plural 
pull^cf gebildet, da zu pudd^cf (pollices) der Sg. poddfcf lautet, 
ähnlich, wird sich neap. yodfce = judex erklären. Endlich in äsen. 
offniuono, Zs. IX 548, hat sich ognuno mit uomo vermischt^ vgl. 
agen. ognomo» — Finte =ßume bei Euzante wird von Ableitungen 
viießmana^ßmesieggi beeinflusst sein. 

64. ^ an Stelle von ^ begegnet zunächst für lat. e in Buch- 
Wörtern, da in der italienischen Aussprache des Lateinischen jedes e 
als f gelesen wird, also mist^o, crud^le, /ed^le, esir^mo, compl^to, 
l^e, m^nsa, t^tro, f^to, ^co^ -^simo u. s. w., auch stad^a, trotz 
seines d. Man beachte namentlich m^ta Misthaufen neben mqta 
Grenze, r§na Sand und ar^na Kampfplatz; neben segr^to auch 
segr^to. Manche dieser Wörter haben Formen auf ^ neben sich : de- 
crqto und decr^tOj s^de und s^de, compl^to und compl^to : in diesen 
Fällen hat Angleichung an die Erb Wörter mit ^ = e stattgefunden. 
Als Buch Wörter sind wohl auch ordere , sp^o und sincqro zu be- 
trachten, sicher r^da, vielleicht seihst primav^a: es scheint, dass die 
Vulgärsprache nur Sommer und Winter unterschied. In den letzt- 
genannten Wörtern ist nach d'Ovidio das f nur toskanisch, wogegen 
anderswo ^ beibehalten wird. Ein Lehnwort im Binnenland ist ferner 
rqmo, daher sein ^. Auch wenn einst volksthümliche Wörter absterben 
und nur in der Litteratur weiter geführt werden, spricht man sie mit q, 
so ^a, m^otno, mq&tica^ s^ape, stqlo, neben welchen übrigens die 
Formen mit f noch gebräuchlich sind, femer l^ia^ das von lezioso 
gewonnen ist, d^Oyidio S. 505. Auch assqmbra ist lediglich Buchwort 
und gehört mehr der älteren Litteratur an, scheint übrigens erst aus 
dem Französischen entlehnt zu sein, nicht direkt aus dem Lateinischen 
zu stammen. Nicht toskanisch und in Folge dessen mit falschem Vokal 
gesprochen sind femer die geographischen Namen ^Iba, Tqbro, 
Br^scia. Als Gallicismus sind vielleicht noch nqtto neben nqtto und 
medqsimo neben medqaimo zu fassen. Nqtto zeigt zwar im Altneapoli- 
tanischen die richtige Form nictu Cato, Bagn. Puzz., lautet aber im 
siz. nettu, ist also hier keinesfalls einheimisch und medesimo ist den 
Mundarten ebenfalls unbekannt oder erscheint mit einem auf Ent- 
lehnung weisenden Vokal, s. § 35 S. 29. — Wenn nach d'Ovidio 
§14 Anm. ausserhalb der Toskana sqrqtm^ v^de, qrpice^ atqrpa ge- 
sprochen wird, so mag der Nexus r -f- Kons, die Trübung verursacht 
haben, vielleicht ist qrpice aber auch mit den rätischen und fran- 
zösischen Formen, die ^ verlangen (Oabtker S. 46 und Hobming, 
Zs. IX 497) zusammen zu stellen. Andere Fälle erklären sich durch 
Analogie verwandter Formen, Umprägung und ähnliche Faktoren. So 
erscheint Suffix -qllo statt -^llo in canqlla^ suggqllo, vagqlla, fringu- 



38 Lautlehre. [§ 54. 55. 

^lla (Gigli -^llä), ditqlla (titillat), pmtqllo^ pestqllo^ puntqllo (Gigli 
-ello), senes. matqlla neben lucc. mat^lla. — Die Partie, auf -^^ 
und die Gerund, auf -qndo von den ^-Verben folgen den zahlreicheren 
der ^-Verba, in dieselbe Analogie tritt sov^te = suhindej das 
übrigens auch veraltet und wahrscheinlich Gallicismus ist. Die zahl- 
reichen Wörter auf -mpite und -m^nto ziehen ausserhalb der Toskana 
mqntre (dumtnterim) und m^ta [minta) nach sich. Fqnde und vqnde 
neben v§nde (lat. vendit) folgen r^de^ pr^nde, stunde u. s. w. um so 
leichter, als in den endungsbetonten Formen der Vokal aller dieser 
Verba derselbe ist. An vqnde schliesst sich auch'r^wrftca. Die Gleich- 
heit von ann^stäre \^in\nsitare^ woraus tnis{t]tar€) , restäre^ prestäre 
erzeugt annqsta = rqsta^ pr^sta statt ann^sta. Neben t^tto steht 
neap. tiefte ^ siz. tettu, beide an Iqtto angelehnt. In l^ttera liegt Um- 
deutung nach Iqggere, l^tto vor. Unklar sind d^vo, d^bba, orqgano^ 
mattere neben mattere, auch siz. mettiri statt mitttri, rqssa von lat. 
rixa u. a. 

Im Sizilianischen ist die Zahl der Wörter, die e statt i zeigen, eine 
noch grössere, da hier zu den Latinismen noch Entlehnungen aus der 
Schriftsprache kommen, wie empio, velenOj vero (alt virUj noch heute 
dimmiru) menu aber älter minu und so noch heute in Syrakus, terrenu, 
J'ermu, trenta aber bei Scobar trinta, re. Auffälliger ist c^ka, cessa 
(Inf. cissare] , kumema (Inf. -inzare), vgl. noch weitere Beispiele bei 
Hüllen 20 ff., dessen Erklärungen grösstentheils hinfällig sind, vgl, 
MussAFiA, Litbl. 1886, 240 und bei Schneegans 33 ff., der die rich- 
tige Auffassung vertritt. 

Die süditalienischen Mundarten dehnen ihre Regel ie — w (§ 45) 
auch auf diese Entlehnungen aus, vgl. calabr. velienUj terrienu, da- 
vierUj spieru, riegula, sincieru, sekrietu^ miettu, ßermu^ 9M(ah.$tiessu. 
Ähnlich Lecce. Auffällig ist hier erde, yerde aus tnrdis, dem sich 
Er§ene und cerku zugesellen. Ein Beispiel von ir aus ^r fehlt, so 
dass man vielleicht das e aus dem Einfiuss der folgenden Konsonanten- 
verbindung deuten kann ; bestätigt wird wohl diese Auffassung durch 
nerveku [nigrico] neben niuru. Die Diminutiva auf -ettu sind auch 
hier nicht ursprünglich. 

55. ^ an Stelle von § erscheint in Jiera •=^feria, ciera = cerea^ 
viera, ghiera = viria, wo das nachtonige i in den Stamm gerückt ist ; 
in piqve , ßqvole , pt^o, nocchiqrOj compi^ta, biqta [bUtu -f- b^ta)^ 
pi^gay wo i aus / entstanden ist. Es bleibt fraglich, ob diese Fälle 
hierher gehören oder erst in den nächsten Abschnitt. Entweder näm- 
lich hat, wie d'Ovidio annimmt, die grosse Masse der Wörter mit i^ 
die wenigen mit i^ angezogen, oder aber das i^ ist durch dissimili— 
renden Einfiuss des i zu i^ geworden. Ganz anders verhält es sich mit 



§ 55. 56.] Störungen des Vokalwandels. ♦ 39 

insieme, in welchem nicht simul sondern semel vorliegt, GröBEB, 
Arch. lat. lex. III 268. Senesich diehili Ric. Sen. 41 u. s. w. zeigt 
Vermischung YonJiehiK :=flebilis und debili = dehilis. Schwierig 
ist äsen, nieoe Zs. IX 524, apis. nieve Sardo 97, 112, Chron. Pis. 67, 
dem sich span. nieve beigesellt. Es wird von nevicare aus fälschlich 
nievtca und danach nteve gebildet worden sein. Unerklärt ist ferr. 
mieda = meta Arch. Glott. II 56. 

66. /an Stelle von vulglat. ^ erscheint natürlich in zahlreichen 
Buchwörtern mit lat. t wie vizio, cibOj sito, riffidoj misto, pigro, 
simstrOj disco, tranquillo^ malignOj aber aven. aver. alomb. malegno^ 
Cristo, dütüjßltrOj stravizzo, scipido und in vielen andern. Sodann 
ist zum Theil schon im Vulgärlateinischen -inus an Stelle von -enus ge- 
treten, vgl, pulctno, pergamina, saracino neben pergam^ay sarac^nOy 
posoUnOy wenn es wirklich von posiilena stammt, gen«-mail. venin. 
Auffällig ist racimo-lo zu racemuSj da -imo fast ebenso selten ist 
wie -emo. Zur Annahme, dass das Wort aus dem Süden stamme, fehlt 
ein Anhaltspunkt. Dagegen wird Messina sich aus der sizilianischen 
Aussprache (t = ^ § 26) ungezwungen deuten, vielleicht auch alice. 
Auf die mittel- und neugriechische Aussprache des ?j als i weisen 
accidia, effimerOy sisamOy amoscino (gewöhnlicher am6scino)y mail. 
botia, sen. buttiga u. s. w. Die Form mantile kommt schon im 
Lateinischen neben mantele vor. Unklar ist diritto. d'Ovidio denkt 
an Einfluss von dirizzare, doch ist auch da das i nicht lautgesetzlich. 
Da das Präfix dl vor r im Vulgärlatein sonst nicht vorkommt, so darf 
man vielleicht an eine Umstellung von directus zu derlctus denken. 
Das daneben bei Dante, Pg. XVH 97, Par. VHI 104, XVIH 16 vor- 
kommende diretto ist Latinismus. Nach diritto richtet sich ritto. 
Spezifisch toskanisch ist nimo, so im Chron. Pis. 69, bei Ranieri 
Sardo 111, 114, und heute in der Volkssprache. Das i ist wohl von 
niuno übertragen. Etwas ausführlicher Besprechung bedarf pusigno, 
ptisignare. Der Bedeutung nach fordert es ein postcaeniuniy ^pos- 
coeniunty woraMS posciniunty vgl. caedere, incldere u. sw., daraus dann 
mit richtigem Vokal iisl. puscigno, pusigno. — Was die übrigen Fälle 
betrifft, so sind auch hier zunächst mehrere Beispiele von Suffix- 
vertauschung zu nennen. Da im Lateinischen -tclus und -tclus neben 
einander stehen, so tritt im Italienischen mehrfach -icchio für -tclus 
ein, zugleich können aber die Nebenformen auf -iglio (§ 69) mit im 
Spiele sein, vgl. lenticchia und lentiglia, cavicchio und cavigKcy 
ventricchio und ventriglio. 

Einfluss der endungsbetonten Verbalformen ist zu sehen in pisolo 
nach pisolarey wenn es Caix, Studi 158 mit Recht zu pensilis stellt, in 
risica und in registra. Unerklärt ist dito, auch gen. diu, lomb.-emil. 



40 • Lautlehre. [§ 56. 57. 58. 

did, vgl. did schon im abergam. Glossar, daneben aber venez. ded, 
aperug. deto XIV. Scritt. 74 ; ital. salsiccia und ciccia zu irmcium, 
wenn das Wort wirklich \ hatte, mail. candira und sira bei Bonvesin 
und noch heute, sira auch im venez. Exempelbuch. 

Als Lautumsetzung ist wohl südsard. lindiri zu fassen, das das 
ital. ^ durch i wiedergiebt, wogegen kadira aus dem spanischen cadira 
stammt. Ispiyu ist nach Hofmann s. 16 an oriyu und ähnliche WOrter 
angelehnt 1). Wenn quirka mit Flechia, Arch. Glott. III 171 zu 
quaericat gehört, so hat es den Vokal von ktrka = cirkat Be- 
achtenswerth ist noch hikka aus ital. hfcco^). 

Andere Fälle von i aus ^ sind zweifelhaft. Biscio, biscia Schlange, 
Wurm, gehören mit Span, bicho, bicha Ungeziefer, Gewürm, portg. 
bicho Wurm, Laus, wildes Thier, bicha Blutegel, Schlange, frz. bisse 
zusammen; dass sie aber alle auf bestia zurückgehen, wie G. Pabis, 
Rom.Vin 618, AscoLi, Arch. Glott. III 340 Anm. annehmen, ist wenig 
wahrscheinlich, da sti im Spanisch-portugiesischen sonst nicht zu ch 
wird, und da bestia nach Maassgabe der romanischen Sprachen ^ hat, 
s. Rom. Gram. I 147, 157. Aus dem Französischen stammen quittOy 
quitare und acchiiarsi. — Im senesischen vinti z. B. Stat. Sen. 75 
neben venti 78 liegt vielleicht die Form vor, die ursprünglich nur bei 
folgender Einerzahl gebräuchlich war: vintiüno, vintidüe u. s.w., oder 
aber vinti ist aus dem Umbrischen, wo venti zu vinti werden muss, 
verschleppt. Da kein trinta vorkommt, wird man letztere Annahme 
vorziehen. 

Sargia aus serica ist zunächst aus frz. sarge entlehnt, der Wandel 
des e in a ist unerklärt. 

67. Labiale Vokale statt ^ sind selten. Ghigva erklärt sich aus 
einer Vermischung von gleba mit glomus^ Ascoli, Arch. Glott. III 355.. 
Dopo aus de pos lautet zunächst di poij woraus mit Assimilation 
dopoi, später dopo. Ähnlich ist in lomb. sömes aus semissis der 
Wandel von e zu o älter als die Ton Verschiebung. Endlich fanciullo 
neben altem fanc^llo bei Albertano 42 ist wohl nicht toskanische, 
sondern neapolitanische Form und geht auf *fanteolus zurück, vgl. 
tosk. citrullo aus neap. cetrulo, *citriolum Caix, Studi 287. 

58. Auch q statt g gehört zunächst Buchwörtern an, vgl. glgria, 
vittgria, dote, sacerdqte, devqto^ cqdice, vqsco, nqnOj nqbile^ mobile^ 
confessqre. Ebenso sind siz. passionij nazioni und andere Wörter auf 
"ioni statt uni^ ordiniy dota^ donu^ votu, virgoüa^ lorUy avolio, 



1) Fälschlich nennt Hofmann küiru; das Wort ist auf der zweiten 
Silbe betont und entspricht nicht ital. criveUo, sondern lat. cirihrum ; ebenso 
ist S. 17 nicht %mh4na sondern imbena die richtige Form. 



§ 58. 59.] Störungen des Vokalwandels. 41 

moggye Lehnwörter, wie ScHNEEGiLNS, der noch andere bringt S. 39 
— 4 1 , mit Recht bemerkt. — Das Altsizilianische kennt dafür die regel- 
mässigen dunu^ vutUj tisiimuniu. Aus der Schriftsprache stammen 
noch z. B. sard. krosta^ kalabr. kulonna^ muortu [moUo]^ muokku^ 
divuotUj luoru mit uo wie ie aus ^ § 54, lecc. deskorru^ deskuerzu, 
yosa (gigstra) . Erwähnenswerth ist noch kalabr. hwmu, aber lecc. 
komUj kalabr. duoppu = dopo. 

Schon vulgärlateinisch ist qvum ital. uovo aus gvumj das streng 
genommen in den nächsten Abschitt gehört, da das q sich durch den 
dissimilierenden Einfiuss des v erklärt. Wie qvtsm, so gehört colqbra 
dem Vulgärlateinischen an und erklärt sich ebenso. In Italien findet 
es sich in siz. kolojbra, sard. kolora. Dagegen erklärt sich ital. miora^ 
vulglat. ngra aus dem Einfluss von sgcera, vielleicht von sqror, 
G. Pabis, Rom. X 40, oder novia (Braut), H. Schüchabdt, Litbl. 1888, 
ital. nqzze, vulglat. ngptia aus dem von ngviics, G. Paris, Rom.X 397. 
Andere derartige Fälle sind noch spgrco aus spurcus -\-porca, südital. 
§ojno^ juomo Hist. Rom. frg. 1,11, nach nqUe^ mqra nach mqro = 
mauruSj tremuoto nach muovere. Schwieriger sind folgende z. Th. 
von d'Ovidio, Grundriss 514 angeführten Beispiele: crqstaj mqstOy 
Iqsco bei Nesi und Fanfani, aber Igsco bei Gigli, nqdo,, pqppo, fgga, 
zavgrrUj bglgia, doch bglgia bei Gigli, wie überhaupt alle auch mit g 
gesprochen werden, ferner dgglio, ggtto, gghbo^ CQppa^ pigtta, Igtta^ 
tgnaca. Namentlich schwanken auch hier Lehnwörter, wie fylogd, 
gmero (Gigli und Nesi gmero), die beide nicht echt florentinisch sind, 
mgtto j das aus dem Französischon, und dggCy das aus dem Yenezia* 
nischen stammt. In sgffre liegt Anlehnung an gffre vor, da sgffrire 
und affrire gleichen Vokal haben, darnach sqffice ; ricqvero lehnt sich 
an ricqpre an. Cqnio ist erst von coniäre gebildet, wie ni statt n zeigt, 
wenn man es überhaupt als Erb wort betrachten darf. In drittletzter 
Silbe vor gedehntem Konsonant scheint stets q einzutreten: sqffoca^ 
mqccolOy mqcciolOy bqssoloy darnach bqsso. Ebenso vor rki: mqrchiay 
bqrchia, rimqrchia und vor ki: ßnqcchioj ginqcchioj pidqccAiOy 
nqcchiay conqcchia. Unerklärt ist scuotere, rum. scoate = excutere ^). 

59. {/statt g gehört natürlich wieder zunächst BuchwÖrtem an, 
vgl. subito y cumuloj curvOj f ulmine ^ dubbio (Bonv. dobio), locusta, 
lupo, piem.-tessin. lüf^ strupo, wofür aber senes. aven. agen. lovo^ 
stropo, mail. löfy numero (aven. nomera Pateg, amail. nomero). 



l) D'Ovidio nimmt weitgehende Analogie an, doglia z.B. wäre nach 
gQglio vQglio doglia gebildet. Ich kann ihm auf diesem Wege nicht folgen. 
— Was scuotere betrifft, so hat vielleicht B. Bianchi, Prepos. A S. 113 recht, 
wenn er exquatere voraussetzt. Die Trübung des a zu o hätte dann zunächst 
in tonloser Silbe stattgefunden. 



42 Lautlehre. [§ 59. 60. 6K 

Sodann uscio = ostium^ eine vulgärlateinisclie aber noch unerklärte 
Abweichung. Gruccia, cruccia gehören nicht zu cruXj crucea^ son- 
dern stammen aus dem germanischen *kruky6, die Nebenform griccia 
wird auf einem schon umgelauteten krüke beruhen. — Ciuco, gitccco 
sind, wie Caix, Studi 288 richtig gesehen hat, mit sciocco identisch, 
stammen aber aus dem Süden. Gucchta geht auf yulglat. acücla 
(Anlehnung an acutus^) zurück; fugge hat sein u vom Perfect, cor- 
ruccio und ammucchia nach d'Ovidio, Grundriss 517 von corrucciare^ 
ammucchiare. Sodann sind einige andere Wörter südlicher Herkunft 
zu erwähnen, wie tufo und wohl auch gubhia, oder genuesischer, wie 
prua. Auch rimburchioy burchio, wenn sie mit Caix, Studi 15 zu 
*remulclum gehören, werden hier zu nennen sein. GiusOj wofür 
Francesco da Barberino, Doc. 262, 10 im Reime gioso braucht, und 
zu dem sich venez. go Ugu9., Prov., bologn. goxo Lett. 5 gesellt, hat 
wie agen. zu von suso sein u bezogen. Paura zeigt Suffix -ura für 
-ore, cucio ist von cucire aus gebildet, cruna und agen. curto bleiben 
unerklärt. — Auffällig ist, dass viele altitalienische Texte stets maiure 
schreiben, so Ristoro d'Arezzo, XIV. Scritt. 30, Cola di Rienzi 451 
neben minore 451, Loise di Rosa, Niccolö di Bortona 7, 76. Ebenso 
steht aven. plura Ugu?., tosk. piura aus plorat ganz vereinzelt. 

60. /, E statt ist ganz selten. Neben lat. clupeuSy span. chopa 
scheint ital. chieppa axif* cKpeus zu weisen. In siz. rinnina^ kal.-lecc. 
rindina scheint Umstellung vorzuliegen, hurindina statt hirundina^ 
siz. itria stellt eher IvvdqLg als lutra dar. 

61. j^ statt i^ erscheint mehrfach. Zunächst noch heute oft in 
der Dichtersprache in Nachahmung der sizilianischen und provenza- 
lischen Dichter, in deren Sprache ^ nur q, nicht ie lautete, alsoy^o, 
/^e, fqrCj mqle, t^do u. s. w. Dann natürlich in lateinischen Buch- 
wörtern wie mqrOj col^a, mqtro, qhano, r^gola, g^ere, spqcie, pal- 
pqbraj imp^o^ mqdiro u. s. w. Aus der Proklisis erklären sich ä^*, 
^a neben älteren siei^ iera, hqne neben umbr. biene. In l^a und 
Iqpre werden endungsbetonte Nebenformen [levdre, leprätto u. a.) 
den Diphthongen entfernt haben, nqga^ sqgct^ s^gua sind von nqgäre^ 
sqgdrej s^guire direkt nd^ch. fregare : frqga gebildet; Gkadi giebt 
übrigens auch nqga an etwa nach prqga^ prqgdre, — Nicht ganz klar 
ist die Behandlung des e in drittletzter Silbe. Für Beibehaltung des 
einfachen Vokals sprechen : tqnerOj mqliga^ pqcora, rqcere^ venerdij 
rqdina^ für ie: rieder e^ Nievole, Fiesole, Doch ist amf Fiesole darum 
nichts zu geben, weil hier ae^ also von jeher f, zu Grunde liegt, rieder e 
kann von riede beeinflusst sein, lievito, lievora und tiepido neben 
tepido fallen schwerer ins Gewicht. Da im Umbrischen aber ie jeden- 
falls eintritt, vgl. vienardi Graz. 86, gienero 178, auch mierlo 201, 



§ 61. 62. 63. 64.] Störungen des Vokalwandels. 43 

80 tbut man wohl besser daran, in dem tosk. ie aus e in drittletzter 
Silbe den Einfluss eines benachbarten Dialekts zu sehen. — Schwierig- 
keit macht lei aus vulglat. l^i, äsen, liei Ric. Sen. 55, aper, liei 
XIV. Scritt. 53, 72. 

62. JK statt ^ tritt stets auf in der Verbindung m^nt, vgl. -^m^ntOj 
-m^nte, addorm^nta, torm^nta u. s. w., dim^tica, m^ntova, sgom^nta, 
m^nto, sem^nte^ sem^nta und natürlich m^nta^ muntre, woneben ge^ 
m^te, Jr^mente, dormqnte u. a. dem Einfluss andrer Farticipia auf 
-^te folgen, und m^to, m^ti unvolksthümliche Formen sind neben 
den gebräuchlicheren mentisco, mentisd. Vgl. Flechia, Arch. Glott. 
IV 3 18 f. Zwischen den zwei Sonanten geräth e in Gefahr zu ver- 
stummen, oder besser, in dem Stimmton des einen aufzugehen, es ist 
ment auf dem Wege, zu m'^t zu werden. Das Mittelglied zwischen ^ 
und g. ist nun eben dieses ^n, — Sodann in schildere, siz. dtsinniri, 
lat. desc^ndere wohl vermischt mit discindere. — Auch r^nde und 
t^nde findet sich mehrfach : die Perfecta und Participien mögen z. Th. 
mit von Einfluss gewesen sein, ebenso leec. prinde. Auffälliger sind 
sen. t^nda, facc^nda^ mer^nda, Gr^mbo hat sich in seiner Form 
durch l^mbo bestimmen lassen, gr^gge durch l^gge^ in t^schio^ t^mpio, 
§mpio liegt vielleicht Einfluss des { vor, vgl. §71. Carftto und pistoj . 
archit^ttOj cutr^tiola folgt den Diminutiven auf -§tto, — Lat. integrum 
erscheint als int§ro^ nach d'Ovidio S. 512 wegen n^ro, v§ro, S^ga 
nebst gen. seiga von secat ist wohl von s^golo, über welches § 52 be- 
einflusst. N^ ist stets tonlos, hat daher berechtigtes ^. Auf griech. e, 
dessen Qualität der des lateinischen e gleichsteht, scheinen zu weisen 
frmoy Stefano, ^llera^ ^dera, prezzemolo^ freilich besteht daneben 
auch St^fano^ ^llera, wo aber h^dera mit im Spiele ist. Ob antenna 
im Lateinischen ^ oder e hat, ist nicht bekannt. Unerklärt sind vor- 
läuflg noch cic^rchiaj n^bhia, lebbra, giovenco. 

63. / für q findet sich nur in den französischen Lehnwörtern 
proßttOj dispttto, rispitto Purg. XXX 43 neben rispqtto XXXn 14. 
Dagegen ist gitta ebenfalls schon bei Dante von gittare aus gebildet, 
während andrerseits Pulci stets scheidet zwischen getta und gittare. 

für e in parm. romdl, regg. romel, piac. romla die Kleie zu 
remolare hat o aus den tonlosen Verbalformen verschleppt : Mussafia, 
Beitrag 93, ven. ligoro, berg. ligurt, bologn. ligur aus lacerta zeigen 
eigenartige Suffix vertauschung. 

Altital. talanto geht auf das griechische r&Xavtov zurück. 

64. Endlich q statt tio zeigen Buchwörter, wie^i^ro, tqno^ bqve^ 
mqdOj rqsOj Iqco und die Dichtersprache aus demselben Grunde, aus 
welchem sie e statt ie behält. Daneben giebt es aber noch eine Reihe 
andrer Fälle. Giove kann wieder Buchwort sein, aber nove, welchem 



44 Lautiehre. [§ 64. 65. 66. 67. 

naf in S. Fratello entspricht, ist um so auffälliger, als im lomb.- 
piem. fil6f^ ven. nuove und selbst senes. nao/ce bei Mattasala Spinello 
und den andern Senesen die korrekte Form besteht. Aus po^{f\ ent- 
steht puoi Albert. 85, lomb. /?(>', bologn. dapu, venez. dapuo^ senes. 
puoiy aber florent. poi, yielleicht ursprünglich die tonlose Form. In 
cid, mö scheint die Oxytonirung den Diphthongen unterdrückt zu haben. 
Dem Provenzalischen entstammt noya. Noch mag erwähnt werden, 
dass die norditalienischen Mundarten mehrfach ö zeigen, wo das Tos- 
kanische bei q statt uo bleibt, so mail. rösa^ mödy hröd, nöf, pröva, 
limösinaj dröva. — Uo in drittletzter Silbe in mocera stammt von 
nuora, danach suocero. 

66. O für q erscheint mehrfach in griechischen Wörtern und mag 
auf der geschlossenen Aussprache des griechischen o beruhen: tomo, 
ffolfOj cglpOjpQlpOy hotrOy grco, grma, grgnga. Sodann ia pgstjpgsto 
nsichpgnOy vgl. ahevpgsta; sgrmo nach sggno ; die Verba auf -o/a, ^ora 
sind von -gläre, -grare zu -o/a, -ora umgestaltet worden. Sgrdido ist 
von sgrdo beeinflusst, quattgrdici geht trotz neap. quattordid auf vulgl. 
quatt^rdedm zurück. Auffällig sind grganOy ascighere u. a. Sodann 
in den proklitischen ggni.fgrsey mail. pos, — Unerklärte Abweichungen 
erscheinen in den südlichen Mundarten : sard. russu (grosso) , arruatu, 
kalabr. aiturru (torreo), arrustUy surba, sursu, ebenso neap, vgl. 
arrtMta im Reg. San., lecc. nturru, nfurru, survia, dussu, furai, sursu, 
rtistu, campob. surze (aber suorve) und andere von d'Ovidio, Arch. 
Glott. IV 406 verzeichnete. 

66. U für g zeigt lungo; aus longe scheint schon im Vulgär- 
lateinischen Ignge entstanden zu sein, woraus regelmässig tosk. lungi 
Adv., ebenso Plur. lungi, lunge, danach lungo, lunga. Rullo, tumo 
stammen aus Frankreich. Wenn uggia zu odia gehört, so ist vielleicht 
mit d'Oviidio, Qrundriss S. 523 an Einfluss von tcggioso zu denken. 

Saldo ist von saldare, venez. ^emo = glomus ebenfalls von 
endungsbetonten Ableitungen, wo glo über gyo zu gye, §e wird, ge- 
bildet. 

C. Kombinatorischer Vokalwandel. 

67. Schon aus dem vorhergehenden Abschnitt ergab sich, dass 
die Entwicklung der Vokale mehrfach von der Qualität der umgeben- 
den Laute abhängt. Der Einfluss der folgenden, selten der vorher- 
gehenden Konsonanten oder Vokale ist nun aber ein sehr viel grösserer, 
als es aus den bisher gegebenen Beispielen wohl scheinen möchte und 
macht sich namentlich auch in der Schriftsprache und in den Mund- 
arten geltend, die im grossen Ganzen das § 15 dargestellte Vokal- 
system beibehalten. Vorweggenommen mag werden, dass in Lecce ie 



§ 67. 6S.] Kombinatorischer Vokalwandel. 45 

bei folgendem ( zu e reduzirt wird: ekkyUj meggyu^ superkyu^ 
prußbbyUy ssempiu Morosi, Arch. Glott. IV 127. 

68. Sonst ist von Einfluss folgender Vokale als wichtigster der 
Wandel von e^ p zu e, u bei auslautend i zu nennen, wie er ausser in 
den § 32 erwähnten Gebieten namentlich in fast ganz Oberitalien vor- 
kommt. Er ist älter als der Wandel von u zu ü, da auch das so um- 
gelautete u aus g zvlü vdrd. 

Am wenigsten fühlbar ist dieser Umlaut im Venezianischen. Fra 
Paolino XLV 78 sehreibt «7/e, aber 72, 73, 75, 77 u. s. w. elK] 92 
questi, XXVII 34 paruni; die Cronica Uli 20^ neben elli 34*, 35^; 
tornisi 45 neben senesi 70^, criti 19*, stets Spoliti. Mehr bietet die 
Hamiltonhandschrift: ili, quisti, quili (und questij quelt), cavilij plini 
im Cato, niffriy digni, puti {potui), vit (*vidui), vigni^ tigni, -issi = 
'istt im Ügucon, maistri im Pateg, mci, misij dibia in den Proverbia, 
digni, signi^ camli in Panfilo. Endlich ^rw« Ex. 189, dibia 816, 
maistri 617, Also fast nur Beispiele für e^ nicht für o und auch diese 
stark im Rückgange begriffen. Denn auch die Hamiltonhandschrift 
stellt den wenigen Beispielen von i — i zahlreiche mit e — i gegen- 
über *). Im Veronesischen zeigt, abgesehen von den Pronomen, Gia- 
comino misiy nigri, pissij beneiti, virdi, feili^ enoynsi B 47, luvi 
B 108, onuriY 133, cantaturi A \Sb, fusi =fosti B 223 ; die Katha- 
rina divi (debes)^ -^i=etisy missi» Die Glossare kennen u aus p -|- {.• 
otubrio, alluriOj frissfura, manzadura, rasuro^ ferner Plur. ntuii^ 
Ruzante caviggi^ viri, pristij bemttij redrizziy vini, pili, consigi^ 
famigi, discM, 2. Sg. bivi, mitti, pinzi, -usi^ rttsti, curri, rumpi. 
Hier auch altes ^ vor gedeöktem n: intindi, sintij contintiy timpie, 
respundiy cunti. Ganz eigentlich ins Gebiet des Umlauts treten wir 
im Lombardischen. Bonvesin flektirt descOy dischi, pesce, pisci E 1 82, 
poveretOj poveriti, parese, parisi, -evre, -ivri, 2. Sg. Impf. -tt?t, 
2. PI. Präs. i aus edi^ vi = vedi^ vinni = ^venui, crigi = credidi, 
ofßsiu.s.w,, "Usiy ascusi, multi, vulti^ rttssiy pulli, heute tri = trei 
neben tr^ = Hree^ i = etiSj qu^st, quist, qu§ll, qui, -ett^ -itt, esk, 
isk, paricCy Fem, parecc. Nach qu^ll^ qui mit sekundärem ^ im Singu- 
lar (§90) bilden alle Wörter auf -^H den Plural auf -i: kavqll kavi, 
bqll bij f radeil fradi u. s. w., auch nehc folgt : vvcc. Für die Kon- 
jugation fehlen Beispiele. Die letzten Reste von u — i aus p — i sind 
vielleicht in grvpp neben gropp^ püy neben poy [pulliu] zu sehen, 
sodann in dü^ nüy vii, — Im Altbolognesischen findet sich chavig^ 



1) Vielleidbt ist in dem priest Cron. Imp. 60 b 64^ 66 b eine Vei^ 
mischung von älterem prisi und jüng^em presi zu sehen. Freilich steht 
daneben impriexonadi 73^. 



46 Lautlehre. [§ 68. 69. 

Bazz. l, gut 3, dibiano 3, dibia 9, pigni Lett. 75, tu vidi Lett. 32, sig- 
nury Bazz. 2, condamnasuni 2, 3 (-om 3), habitaduri 3, guastaduri 
Lett. 31 und heute jo^'/, Plur. jotY, -e^, Plur. -»< u. s. w., vgl. noch die 
Flexionslehre. Über das Lombardische hinaus scheint dieser Umlaut 
nicht zu reichen, weder das Monferrinisch-piemontesische noch das 
Genuesische kennen ihn. Er findet sich femer nur bei e und p, nicht 
bei a ; wenn daher in der Val Maggia der Plural zu traf u. s. w. tr^ 
lautet, so wird dieses trqf B.\d älterem ^raj^ beruhen. 

Wohl aber zeigen die Abruzzen den Umlaut von a zu e^ te, ^, so 
Montenerodomo, Gessopalena, Borrello, y^.kend^ = cantiy -ive ^-avi 
in Gessopalena, kinde = canti, pinhe = panni in Teramo, pietri = 
patri in Montenerodomo u. s. w. 

69. Von Konsonanten mögen zunächst einfache und kombinirte 
Nasale genannt werden. Vor n + Guttural oder Palatal und vor l tritt 
im Florentinischen i an Stelle von e auf: cingo,ßngo und die andern 
Verba auf -ingo, lingua, cinghia, vinco, tinca^ minchiay cinge^ finge ^ 
vince, quinci, comincia, tigna, gramigna^ lucignolo, mignoloy comig- 
noloj famiglia, pariglia, ciglio, accapigliay origlia, ventriglio u. s. w. 
Aber degnOj legno u. s. w. Es ist also der Eintritt des ♦ vor n älter 
als der Übergang von gn zu n\ oder besser, eni wird zu in{y nicht en . 
Es fragt sich ferner, ob in dem i das lateinische i oder aber eine Bück- 
kehr von e zu i zu sehen sei. Für letztere Annahme sprechen minchia 
und Dante' 8 Comiglia, deren i thatsächlich auf e beruht. Auch vor 
ski tritt i ein, vgL mischia aus misculat und ischio aus aescuium^ 
deren zweites wieder für eine Durchgangsstufe e spricht. Dieser Laut- 
wandel ist spezifisch toskanisch : ganz Norditalien spricht e in allen 
oben genannten Beispielen, ebenso das Centrum, und vom Aretinisch- 
umbrischen hat sich e auch des Senesischen bemächtigt. Aus dem 
Senesischen ist spegnere, spento dann ins Toskanische gedrungen, 
femer ist das ältere Sardigna in der Schriftsprache durch Sardegna 
verdrängt. Meschia neben mischia hat das e von mescita, mescolo 
bezogen, veschio neben vischio von vesco ^) . Centina geht nicht auf 



1) Ich kann D'OviDio § 15 nicht beistimmen, wenn er meint, eingo 
u. s. w. hätten ihr i von einst bezogen, danach vinco, lingua, und dieser t-reihe 
hätten sich tinea, comincia, ringhia, cinghia, avvinghia, quinci u. s. w. nicht 
zu entziehen vermocht. In ine, inchi, *^gM haben wir so gut n -|- Palatal, 
wie in n^: wenn hier i organisch ist, dann auch dort. Bedenken könnte 
die Gutturalreihe erregen; man könnte annehmen, dass *veneo vinci vince 
*venea, */engo ßngi finge *fenga zu vineo vinei vin'ca u. s. w. ausgeglichen 
worden sei. .^ein die Formen mit i sind doch wohl im Gebrauch nicht 
so viel häufiger als die mit e, dasa sie diese letztem verdrängen könnten; 
ausserdem bleibt tinea dann unerklärt. 



§ 69. 70. 71. 72. 73.] Kombinatorischer Vokalwandel. 47 

cincturaj sondern cintura zurück, pqntola^ wenn es von pinctula 
stammt, hat Einfluss von p^ndere erlitten, das pistojesische bilenco 
neben stralinco stammt wohl vom nördlichen Apenninenhang, das- 
selbe gilt von sghengo, alle drei Wörter gehören nach Caix, Studi 
nr. 10 zum deutschen link. Streglia neben striglia hat das e von 
stregghia angenommen, ebenso pareglia bei Dante, Par. XXVI 107 
von parecchia, wenn es nicht provenzalische Form ist, wie sicher in- 
comenza bei Brunetto Latini, Tesoretto VIII 14. 

70. In ähnlicher Weise tritt u fQr p ein vor n '\- ^^ gi, qu oder 
Palatal: ungere, giungere, unghia, pugno^ spugna, sugna, unqua, 
chiunque^ dunque. Dagegen bleibt onc : tronco^ vergogna u. s. w. 
Fungo ist von Jungt aus an Stelle von fongo getreten. Auffällig ist 
der Gegensatz zwischen pugna, spugna und cQgna, cicggna, vergggna. 
Wenn Qngi mit Qng auf eine Stufe gestellt und anders behandelt wird 
als pn%j so ist das nicht überraschend, wol aber, wenn ndi sich nicht zu 
ngiy sondern zu ni gesellt. Doch kann vergogna von vergognarsi be- 
einflusst sein, Borgggna ist Lehnwort. Dass endlich ppgnu zMpiigno 
wird, während d^gno bleibt, erklärt sich aus der Entwicklung von 
gn zu n. 

71. ^ wird vor patalem n zu e: ingegno, rfgno, pr^gno. Aller- 
dings ist die Quantität des e in regnum nicht ganz sicher , während 
praegnans mit ^ gesichert ist durch siz. prefiu (Flechia, Riv. fil. 
class. IV). 

72. Vor gedecktem n kennt das Toskanische nur p, nicht q: 
mgntey ponte, J\>nte, fronte, fronda, cQntra, cgnte, cgnto, bronfola, 
cQncüj rispgnde, nascQnde, tgnde^ bvQnza, cgmpie, cQmpera, c^m- 
puta, rombo, frgmba^ Qgni. Auch sQgno wird hier zu nennen sein. 
Im Vulgärlateinischen sind diese Wörter theils mit q, theils mit p 
anzusetzen; entsprechend scheidet z. B. das Sizilianische zwischen 
munti xindponttj Alatri zwischen m(mte xmdpqnte. Nur vor nd zeigt 
das Vulgärlateinische stets p, das Sardische u: respundit, tundit, 
frunza. Vgl. Rom. Gramm. I S. 172. 

73. Wenden wir uns den Mundarten zu, so zeigen uns diese 
noch manche andere interessante Erscheinung. Zunächst ist en, on, 
em, om aus in, im, un, um im Emilianischen zu nennen. Die en- 
Zone deckt sich jedoch nicht völlig mit der emilianischen e-zone § 18, 
sofern sie südlich nur bis Savignano reicht und westlich Bobbio nicht 
mehr ergreift, dafür aber nördlich nicht nur Pavia, sondern auch Ales- 
sandria, Lodi, Cremona, Guastalla erfasst und einst vielleicht noch 
einen grossen Theil des Lombardischen begriff. Noch heute nämlich 
kennt das Mailändische amar^Oy mez^nUy pertras^nna, und früher 
sagte man nach Cheeübini, Voc. V 253 f. qucycosena^ ßorentenUy 



48 Lautlehre. [§ 73. 74. 

ciisennaj dottrena, gayen. Aus Busto Arsizio theilt Ascoli, Arch. 
Glott. I 300 f. v^n, mat^naj quattr^n, aus Val S. Martino mat^a, 
gal^na mit. Sonst also haben wir romg. -en, -ena, fen^ ten^ pen, 
matenj len, lema^ zetnUy on^ ona^fon^ lona^ lom^fiotn u. s.w. Neben 
e^ findet sich auch ei^ ou in Bologna, Parma, Sayignano, in Piacenza 
und Pavia sogar die Weiterentwicklung von ei zu ot , also im et-gebiete, 
woraus folgt, dass der Wandel von f zu ^* § 23 jünger ist als derjenige 
von in zu ^n. — Es fragt sich nun noch, wie un im t^-gebiete be- 
handelt wurde. Leider giebt Biondelli nur für Piacenza und Cre- 
mona Auskunft, S. 209 und 18. Danach spräche man dort vüiny 
nsüiny hier löm. Auf das lombardische on, tm für ünus ist kein Ge- 
wicht zu legen, da sich das o, u statt ü aus der syntaktischen Ton- 
losigkeit des Artikels erklärt. 

74. Vor einfachem und gedecktem n wird ^, q im Lombardisch- 
emilianischen geschlossen, und dieses sekundäre f , p wandelt sich dann 
im Emilianischen weiter zu ei, ou wie das primäre § 23. Auch das 
Veronesische und in einer jungem Phase das Paduanische nehmen 
daran theil, daher denn im Paduanischen Formen wie vinti § 68. Also 
mail. hehy ven, ten^ -m^ntj v^nt u. s. w., bologn. vdnt^ seint, bein, 
sculameintj parmig. hein, -meinte konteinta. Als Weiterentwicklung 
von ei wird einerseits i in Fiorenzuola d'Arda (Piacenza) zu denken sein: 
iimp, tinza, sinti, minty paziinza u. s. w., andrerseits at, a und ot, vgl. 
maintj cuntaint, saint und entsprechend cauntra, daunca, aber j^r^m 
in Fiorano Modenese, tamp^ mant^ sanza, campans, sant, auch pram 
von primo und fom aus *fam = ßne in Modigliana, welche beiden 
beweisen, dass en über ein^ ain zu an geworden ist. Allerdings steht 
ei hier ganz vereinzelt. Die Stufe oi zeigt Ceppomorelli (Novara) : 
'tnoint^ indiferointy prasoinzUj paztoinza, woneben lentj dulurent 
wohl Schriftwörter sind, -end unter dem Einfluss von -er steht. Auf- 
fällig ist übrigens, dass freies f hier nicht ei wird. S. Fratello ent- 
spricht mit ei, — Gehen wir weiter westlich, so zeigen Piemont und 
Genua merkwürdige Erscheinungen. Im Allgemeinen bleibt, e resp, 
tritt an Stelle von ei vor freiem n ; während die altgenuesischen Texte 
noch arein, areina, peina, meina neben 1. PI. -emo, caena.^ femenej 
rema, domenega schreiben, kennt die heutige Sprache nur sen (sereno), 
sen, seneCf remUy ebenso piem. velen, len^ pena, vena^ sen^ rem. 
Diese Reduction scheint jedoch nicht allgemein zu sein, wenigstens 
findet sich peina im Canavese (Säle Castelnuovo, Ivrea, Corio u. s.w.^). 
Andrerseits aber findet sich -eint zerstreut über das ganze Gebiet, so in 
Säle Castelnuovo, Melezet, Aosta, Murazzano. Femer steht vereinzelt 
bin in der Lamentazione und in den Statuten von Chieri, heute biny 
ninj vin in Corio und Lanzo. 



J 



§ 75. 76.] Kombinatorischer Vokalwandel. 49 

76. A scheint vor Nasalen zu au^ oo, d, o zu werden. Die 
älteste Stufe liegt in Trino (Novara) vor, wo sanctus zu saunt wird 
und in S. Fratello säauna, däauna, aber -üäy täant u. s. w.: hier 
wird also nur atm zu auna, offenbar über äna. Das äu hat sich dann 
zu eu und mit Verlust des u zu e weiter entwickelt in Novara (Siz.) : 
luntän, vintUy quennUy grenniy peniy quennu, femi. Oder aber au 
wird aOy o, so in Vigevano (Pavia) : mlony skombiy quondy tonta u. s.w., 
uo in Torricelli Peligna : urtuluon. Dagegen bieten Qropello (Pavia); 
Fiorano Modenese (Modena) und die Romagna ä für a vor n: tumände, 
umäfiy tänty änkcy dnänc, bezw. sentaj quend, suquent, dnenz, enzi 
u. s. w. Ähnlich die Abruzzen : quenney grenne in Archi und Bucchia- 
nico. Es scheinen drei ganz verschiedene Erscheinungen vorzuliegen. 
Bei den Monferrinen in Sizilien, vielleicht auch in Trino, l))leibt bei 
der Entnasalirung des ursprünglich nasalen a ein velarer Nachklang, 
in Vigevano verdumpft n das a, im Romagnolischen dagegen wird a 
durch den Nasal leicht palatalisirt, daher ä. Diese ganz entgegen- 
gesetzten Wirkungen des n hängen davon ab, ob es mehr velar oder 
mehr palatal gebildet wird. 

76. Labiale Konsonanten üben einen assimilirenden auf vor- 
hergehende, seltener auf folgende, zuweilen auch einen dissimilirenden 
Einfluss aus. Zwischen den zwei Labialen ynx^fame zvifom in Bormio 
und Livigno ; femina zu fomna in Verona, Mantua, Brescia, Vall' An- 
zasca, Novara, Cuneo, Turin. Über fast ganz Oberitalien erstreckt 
sich sodann prümy prüma =^primuSy prima, es findet sich in Mantua, 
Cremona, Bergamo, Mailand (schon bei Bescapä), Alessandria, Novara, 
Genua, prom in Brescello, doch hat hier vielleicht der Wandel zu- 
nächst in der Ableitung prumer stattgefunden. Auch ^ia,c,Jubbia = 
ßhula könnte u yonfubhiare bezogen haben, auch ist hier die doppelte 
Labialis zu beachten. Dazu kommt, dass schon im Vulgärlateinischen 
i -f- labial -f- e^ zu e< -|- labial -|- i umgestellt worden ist, atipula zu 
atupila, stupla, ital. stopptOy sard. istulay piem. strubiay vgl. Mussa- 
FiA., Beitrag 57 Anm.^). Zu piac. fubbia gesellt sich noch ven. fiuba, 
xovag. ßobbay gen, fübbay hteac.-hexg. fobbia. Hierhergehörtauch 
päd. tubia = trtbulat bei Ruzante. Dagegen erklärt sich ital. zufoloy 
ven. mibia aus dem lat. *sübilare (vgl. aubulo), oder aus einem sabell. 
süfolarey hat jedenfalls also schon in alter Zeit u und keinen direkten 
Zusammenhang mit sibilare. — Stellt Fi^echia, Arch. Glott. 11 334 
aret, kyovela mit Recht zu clavisy so ist das Wort ebenfalls hier zu 
nennen, doch wird auch hier das o zunächst im Verbum kyovolare 



1) Venez. strepola, von Mabchesini, Studi fil. rem. II 3 angeführt, ist 
seines p wegen nicht Erbwort, ebenso wenig pad.-Yic. steola. 

Meyer-Lübke, Ital. Qrammatik. 4 



50 LauÜehre. [§ 76. 77. 78. 79. 

entstanden sein. Syntaktische Tonlosigkeit erklärt wohl siz. kotki für 
qualche und das weitverbreitete mo aus ma^ das z. B. die altvene- 
zianischen und altveronesischen Texte zeigen und das heute in Fiorano 
Modenese, Poviglio und weiter südlich in Pesaro und Urbino erscheint. 
— Von Lautgesetzen ist nur sardisch um aus om zu nennen : nume^ 
pumu; auch puma im aneap. Reg. San., nume Kath. 11 wird sich so 
erklären. 

77. Liabialer Konsonant entwickelt u nach sich vor ä im Genue- 
sischen: puä^ muäy muän (main, mam)^ fuä [faia ^=fata)y puäran 
[pareant)j repuäru, /uänüy spuäntUj vuäre, muä (mat). Vgl. Asooli, 
Arch. Qlott. n 114 Anm., Fleohia, ibid. X 143 Anm. 2. Auch im 
Süden scheint sich dies Gesetz zu finden, vgl. mt^ = mai in Bitonto. 
Sonst vorbindet sich im Süden das u der Vortonsilbe mit dem a der 
Tonsilbe zu f/a, so in Montenero di Bisaccia : arruvueie^ sbruvufiuata, 
adduluruatOj kunzulud, kustuave, zukuave, sfakuafoe^ suppurtudj in 
Villa Santa Maria (Abruzz. Cit.): arruvuat, arikonzuluarsi ^ femer 
lurrui, tutuette^ suctdduettef lutmot, Palena suppurtud, appurud, 
nu kuane, auch murtefekua, 

78. Von den dissimilatorischen Erscheinungen ist, von vulglat. 
^vuntf colghra § 58 abgesehen, der toskanische Wandel von qv ixl qv 
zu nennen, der erst eingetreten ist, nachdem altes q zu uo ge- 
worden war, vgl. cqf>ay ffi^va, rgvo, ngeerOy gqmito aus gqvito^ gtq^ 
vane; femer romg. skova^ Qva, Im Lombardischen wird ü -f- Labial 
zu t, mall, aibbi, rimes, pav. sibi, zifolj trifola, tessin. tartifu. Schon 
Vulgärlateinisch scheint sifier statt mber^ ital. sovero neben sugherOy 
zu sein. Femer findet sich nivola für nübila, piem. nivu^ lomb. nivol 
selbst venez. niola. Vgl. Rom. Gramm. 177. 

79. Durch folgende Palatale wird fast nur a, durch vorher- 
gehende auch q beeinflusst. Den Wandel von a -\- Pal. zu e zeigen 
namentlich die lombardisch -rätischen Grenzgebiete und S. Fratello, 
und zwar gehört zu den Palatalen hier auch 8 aus 's , Sichere Nach- 
richten liegen freilich auch hier nur für die Val Maggia vor, aus wel- 
cher Salvioni, Arch. Glott. IX 193 nicht nur ym =^frci{t)iy -öt = 
-fl[^]e, sondern auch lec = latte und peü = pane, greü = grano 
u. s. w. anführt. Vereinzelte Beispiele aus Valle Leventina, Val di 
Blenio und Valle Mesolcina bringt Ascoli, Arch. Glott. I 260 ff. 
Weit ausgiebiger ist S. Fratello, vgl. kavei (cavalli)j mei (mani), tei 
(tali)f -ei = -a/t, teggyi^ Blei, bei, nes [naaco)^ parreh [padrastro]^ 
efl (anni), fehc (faccia)^ tenc, men^, fresca, mesku, peita^ kreit, 
kanteit, espa u. s. w., Arch. Glott. VDI 408. Der Wandel von aS zu 
ei ist auch dem Westrätischen (Arch. Glott. VII 418 Anm.) und vielen 
schweizerdeutschen Mundarten eigen. Im Monferrinischen ist er bisher 



f 79. 80. 81 ;] Kombinatorischer Vokalwandel. 51 

nicht naohgewieBen, doch wird man annehmen dürfen, dass er einst 
viel weiter verbreitet war als heute. 

Auffällig ist in ganz anderer Gegend pellegrinejjf fett [fatto]^ 
-ete ['^ti)y eddre [altn^ Sg. addre), sent ($ante)f annent inBucchianico. 

80. Sodann sind ein paar Fälle von a -{- fit im östlichen Ober- 
italien zu erwähnen, speciell die Vertreter von sanctiis. Die Gruppe 
nct wird hier nicht einfach assimilirt, sondern n wird palatal, worauf 
sich dann fit weiter zu int entwickelt. So findet sich also sainto aus 
sanctus bei Ugu9on, aainti in Pateg, sain, sainto in den Proverbien, 
auch Caresini hat noch vorwiegend sen; sento Fra Paolino. Daneben 
kennt aber die Hamiltonhandschrift schon san, santo^ und das ist in 
der Cron. Imp. bis auf zwei Beispiele von sen die einzige Form. In 
Gloss. B steht einmal sente. Die Entwicklung ist mehr rätisch als 
venedisch, daher vielleicht das Wort einem sehr alten rätischen Einfluss 
zu verdanken ist. Weiter westlich ins Lombardische hinein reicht aber 
die Form kaum mehr: für Bagolino (Brescia) bietet Pap. sagnta, also 
wohl safita, — Ganz entsprechende Formen zeigt der Plural von in- 
fam^ aus infanti haben wir famti Panf., fenti Fra Paol. XLV, 4; 
AppoU.; Gloss. A; Frott.; dann aventi BVott.; ferner denent aus 
dinanti in Grosio und Tirano, endlich lemenc Castiglione delle Stiviere 
(Mantua, Pap.) = lamenti, woneben tanc auffällt. Diese Formen 
führen hinüber zu den weitverbreiteten Pluralen tenS, quenc, über 
welche die Flexionslehre handeln wird. — Im Romagnolischen zeigen 
ends aus anice statt ändsj grenk (granchio), ments, ^efia [-anea) 
e statt ä unter dem Einfluss des Palatales. 

81. Nach Palatalen wird a zu 6 im Tessinisohen und in S. FrateUo, 
wogegen bis jetzt aus dem Monferrinischen noch nichts entsprechendes 
bekannt ist. Dieselbe Erscheinung zeigen die savoyisch-südost- 
franzOsischen Mundarten und manche rätisohe, s. Rom. Ghramm. I 
§259 — 263. Man möchte gerne einen Zusammenhang finden zwischen 
diesen drei Gebieten ^ doch fehlt bis jetzt noch jeder feste Anhalt 
dafür, die Proben bei Papanti und Biondelli zeigen auch nicht die ge- 
ringste Spur davon, höchstens kann gen. embriägu = ebriacus daran 
erinnern 1). ImTessin freilich findet sich Joe nur in geringem Umfang. 
Regel ist es in Cevio, Val di Campo und Cavergno, wofür Salvioni, 
Arch. Glott. IX 195 Beispiele bringt: Jie^ Kerta^ get (gatto)j cew 
(chiave)j piega^ßedj piayi (piegare)^ riena i^rivccna)^ tayi^ fienHa^ hafle 
u. s. w., femer kenti aus Renti [cantas), — Sodann in S. Fratello: §ieaj 

1) Ob kors.-nordsard.-gen. piento, piene (vgL Arch. Glott. II 113 und 
133] hierher gehören ist fraglich. Piento findet sich auch im Canavese und 
im Piemont, ist aber möglicherweise Lehnwort aus frz. plainie^ bei piene ist 
die Stellung zwischen zwei Palatallauten zu beachten. 

4» 



52 Lautlehre. [§ 81. 82. 83. 84.^5. 

cier, cieVf ctem, kier^ Merta^ kies, üeu^a (causa)j akkiet {accatto)^ yiet 
{ffatto), Uea (Jiato) u. s. w., vgl. namentlieh Mobosi, Arch. Qlott. IX 
S. 408. Aus dem Romagnolischen gehören ^enda (ffhianda)^ nenca = 
neanche und das auffällige pyis = piace hierher. Endlich scheinen 
die Abruzzen eine ähnliche Erscheinung zu kennen, Tgl. kyezza = 
ptazza, ßeska, hyeya [pictggia) in Campobasso, principiett neben 
pensat, arrivat in Morroni del Sannio. 

82. Absorbirung des i im Diphthongen ie nach Palatalen zeigt 
das Toskanische in gela^ geme^ Lecce in Sefalu, jelu {gelo)^ iennerUj 
ace^du u. s. w., Mobosi, Arch. Glott. IV 127. AuffäÜig ist daneben 
ital. cielo. 

88. Wichtiger ist der Wandel von f zu t nach Palatalen, der 
hauptsächlich dem Piemontesischen, Lombardischen und Qenuesischen 
eigen ist, ygl. piem. mardj Lament., etra, saitte, caine (aus cayine)^ 
paixe Chrys., heute nih aus niente^ pih = pieno, pir == piyer = 
pigltare, gen. pin, saitta^ matster, ninte^ mail. zila (cera)^ tanastaj 
impir, woneben piS wohl der Schriftsprache entstammt, vgl. aber pav. 
pyin^ romg. zira^ pit, wo sich ie aus ^ mit ie aus ^ yermischt, vgl. 
§ 36. Im Osten findet sich mer^^t Gloss. A, paise Gloss., deren zweites 
sich weithin im Süden und Südosten findet, vgl. namentlich payoiae 
in Bitonte, wo ot aus i entstanden ist, § 22. Bemerkenswerth ist 
romg. mtuiayinay nicht -ena, wie nach § 73 zu erwarten wäre. Auf 
weitem Gebiete finden sich maistru und saitta^ so jenes im aven. Cato 
und Prov., im Averon. bei Giac. A 39, im Amail. magistro bei Bonve- 
sin, heute matster und may^ster^ im Agen., dieses als seitta im aven. 
Ugu9., im Agen., wogegen das Piemontesische bei saetta, maestro 
bleibt. Das Genuesische wandelt ferner plicat zu ceiga, es scheint 
also iei nicht mehr zu i zu werden. — Bis ins Aretinisch-umbrische 
reicht pino ams pleno y XIV. Scritt., Laud. aqu. 6, 97 ; 8, 20; Oittä di 
Castello jomo, skina, 

84. Endlich ist hier noch zu erwähnen, dass im Neapolitanischen 
und in Lecce yuo zu iu wird, was sich wohl daraus erklärt, dass y 
sonantisch wird : iuo und infolge dessen einen Theil des Stimmtones 
erhält: iuo^ worauf dann der o-klang verloren geht. Schon im Reg. San. 
liest man ßliulu^ und in Lecce lautet ßgliuolo heute figitdu. Vgl. 
MoBosi, Arch. Glott. IV 131, d'Ovidio ib. 404. — Das Toskanische 
dagegen, das m betont, unterdrückt in diesem Falle das u: ghiqmo^ 
vigla (oder mvuola)^ pigve, chiqma, 

85. Gering ist der Einfluss des /, abgesehen von den Fällen, wo 
/ zu t^ wird, also dann ein Diphthong entsteht. Die Trübung des a zu o 
zeigt im Nordosten noch Fra Paolino : oltro, coldo, folso^ soldOf soha^ 
Appoll.: olto, oltrOf foho, nebst gholta, ofoo, Gloss. A: colza, sim- 



§ 85. 86.J Kombinatorischer Vokalwandel. 53 

ptoldo, sodann das Mailändische : olta, oltrOy coldo, soltOj boldo bei 
. Bonvesin und heute olter^ molta, kold^ folda^ folc^ kolza, topa neben 
faiSy palta, malta, die man als Schriftwörter wird fassen dürfen. 
Auch Como nimmt Theil: solta, oltar^ Crema: o^er, Sondrio u. s. w. 
Dagegen scheint das Paduanische a zu bewahren, Kuzante schreibt 
ffostaldo, (dzare, calzd u. s. w. Das scheinbar widersprechende de- 
scolze geht auf vulglat. *disculceae zurück, vgl. sard. isculzu, rum. 
desculf. 

86. Auch r wirkt wenig. Vor freiem r wird a im Nordwesten 
zu e, also Inf. -eV, amer, auch ker = carro, woneben cor = caro, 
woar und mar wohl als schriftsprachliche Formen zu betrachten sind. 
Zwei Auffassungen sind möglich. Entweder es ist der Wandel vor 
freiem r in Verbindung zu bringen mit dem vor gedecktem § S7, oder 
aber r dehnt das a, die Folge der Dehnung ist Übergang zu e. Für 
die zweite Erklärung spricht der Umstand, dass in S. Fratello af 
bleibt, dagegen ^ar zu e wird, und zur Gewissheit wird sie erhoben 
durch soporter neben ansüarm in Pontremoli. Es scheint aber der 
Wandel zu e nicht in direkten Zusammenhang zu bringen zu sein mit 
dem Abfall des r, da sich einerseits -er^ andrerseits a im Piemont 
findet. Die geographische Vertheilung von or und ^ ist nach Papanti 
die folgende. Gegen das Lombardische hin bildet die Sesia die Grenze: 
Varallo, Vercelli und Desana sprechen e, Domodossola und Novara a, 
auf fälliger weise auch Trino. Sodann folgt die Provinz Alessandria, 
wo nur die südlichen^ durchaus genuesischen Charakter tragenden 
Ortschaften wie Novi Ligure, Gavi, Vignale, dann aber auch Casal 
Monferrato und Valenza ar bewahren. In Cuneo bilden Ormea und 
Priola mit o § 2 1 , Kevello, Garessio und das schon im Flussgebiet des 
ligurischen Meeres liegende Tenda mit a die einzigen Ausnahmen. 
Sassello und Stella in der Provinz Genua aber noch im Flussgebiet des 
Po schliessen sich selbstverständlich an Cuneo an. Dagegen vermag 
e nicht in die obern Thäler der Stura, Macra und Varaita nach Vina- 
dio, Grana, Aceglio, Elva zu dringen. Nördlich reicht es bis an den 
Po, wogegen Lanzo im Sturathal, Corio im Orcothal a sprechen und 
ihnen schliesst sich das ganze Canavese an. Erst Biella und Andorno 
zeigen wieder e. Es scheint also, Vercelli, Alessandria und Turin 
sind hauptsächlich die Centren, von denen aus e mehr und mehr längs 
der Flüsse vordringt. Was das Alter des Wandels betrifft, so tritt 
er uns schon in den ältesten Texten ^ also z. B. in den Statuten von 
Chieri, in der Lamentazione, in den Predigten entgegen, vgl. crider 
Lament. 25®, parter 25*, piorer 1*, porter 20^ u. s. w., apeler Stat. 
Chieri 94, ester 95, per cur er 98 u. s. w. Ebenso kennt ihn S. Fra- 
tello^ Piazza Armerina und Nicosia, s. § 10. 



54 Lautlehre. [§87.88.89.90. 

87. Vor gedecktem r wird a im Korsischen, Genuesischen und 
Piemontesischen zu e. Schon die alten Denkmäler zeigen den Wandel: 
erbo = alhero Lament., juxerma Stat. Chier., vgl. neupiem. eriie^ 
erbu^ kerpu, erca-balestru, sodann erborOj indemo agen.; ebenso 
heute: erie^ eriiu [larice), erku, sodann korsisch: mermeru, er- 
buru, erme, kerne, berba, merku u. s.w., s. Arch. Qlott. n 133 Anm., 
396, 398. Dagegen verlangt rr vor sich a statt e in Tempio: farfu, 
tarra, sarra, ebenso r 4- Kons, salpi (serpe) und in Parma : kuarta 
(coperta]y mrva, invaren. Umgekehrt bietet Piacenza f für ^: s^va^ 
cov^rta, inv^rnOy vgl. Biondelli 210. 

88. Nach Kons. + r werden im Florentinischen keine Diphthonge 
geduldet, wie d'Ovidio richtig gesehen hat, daher pr^ga, cr^a^ 
trqma, drqto (aber dietro), br^e, gr^e, pr^me, prqte, gT<\go, prqf>a, 
trqva^ auch rqtat Die alte Sprache aber kennt den Diphthongen noch 
in dieser Stellung, vgl. priego bei Brun. Lat. Tesoretto 1 84, 179 
u. s. w., criepa XXI 300, brieve X 64 u. s. w., triegtm VI 30, wenn 
auch vielleicht, wie Wiese Zs. VII 259 annimmt, z. Th. von den Co- 
pisten hineingetragen. Dante hat nur triegua Inf. VH 80 neben tregua 
Par. XrV 136, XVH 75, sonst stets e, 

89. Die schwere Gruppe str verlangt offenen Vokal vor sich: 
min^stra, bal^stra, ma^siro, cap^tro, canqstro. Nicht hierher ge- 
hört gin^stra, das nach Ausweis der Schwestersprachen schon im La- 
teinischen ^&;)ß^to lautet, trotz sard. binistra und der lateinischen 
Schreibung genistra. Ebenso rqstro lat. rostrum, colqstra, giqstra^ 
während tnQstra von mpsträre gehalten wird. Die Qualität des e in 
senestro bei Brunetto ist nicht bekannt, da heute dafür der Latinismus 
sinistro eingedrungen ist. Dem Toskanischen scheint Lecce zu folgen, 
vgl. mem, maem [maestro), meneia, rieku [registro], doch kanisu 
und kapihi. Es sind also die ersten Fälle vielleicht toskanische, oder 
aber die letzten sizilianische Lehnwörter.^) 

90. Vor gedecktem Konsonant tritt, wie schon § 14 bemerkt 
wurde, Kürzung aller Vokale ein. Diese Kürzung hat dann mehrfach 
auch Qualitätsänderung zur Folge, namentlich bei «, u, §, Zunächst 
e, für iy n bezw. ö für ü ist emilianisch und bergamaskisch. Be- 
achtenswerth ist dabei, dass auch das freie f , u von BuchwÖrtem als 
kurz behandelt wird. So also romg. mell (mille), spell, tranquell, 
vella, skrett, stezza, vest, -esta, primepi, ure^in, vezzi [vizio), 

1) Auch hier kann ich d'Ovidio, Gnindriss S. 505 nicht folgen, wenn 
er annimmt, d^troy terrfstrCf ßn^tra, pal^stra hätten maestro u. s. w. ange- 
zogen. Das numerische Verhältniss zwischen fstr und estr ist fQr die erste 
Form um so weniger günstig, als unter den wenigen Wörtern, die sie auf- 
weist, die meisten selten gebraucht werden. 



§ 90. 91. 92. 93. 94.} Kombinatorischer Yokalwandel. 55 

vestebul; noll^ inkozan^ trastoU, sott [asciutto), ^ost, sobi [suhbio)^ 
sobit [subito), poha [pulce) u. s. w., vgl. Mussafia, Komg. § 30, 32, 52, 
54, 55» Sodann berg. vella, vesta, tötta, inötel u.s.w. Ähnlich in Brescia 
und Cremona : ^öst, tot, göst. Besteht ein Zusammenhang zwischen 
beiden Gebieten? Für das Mantuanische sind nömeTj bröta, tött, öna 
in Cavriani beweisend, töcS in Quidizzolo, vepra in Viädana, für 
Reggio d'Emilia deg [dico), mege [miga) in Brescello, wo die Kürzung 
vor gutturalen Verschlusslauten zu beachten ist, während freilich 
Reggio, Coreggio, Quastalla u. s.w. *, u bewahren. Wohl aber bietet 
Modena wieder deg, mell, dess [disse), menga, in^oria, PavuUo: 
vetta [vita), Savignano sulPanaro: Zepri und hieran schliesst sich 
Bologna, die Romagna und Cittä di Castello, vgl. berbo, gregli = 
grillt bei Bianghi 23. 

91. Sodann wird im Mailändischen f zu ^, nicht nur nov^lly 
p^cc u. s. w. mit einem ^, das offener ist als dasjenige von des (dece), 
sondern auch Stella, -^tt, qtc^ll, qu^t, ifpp, v^a, fT^§, v^se, -^zza, 
fam^a u. s. w. Femer v^na (vefia), 'jpmer, r^mmy v^ll u. s. w. 
Ebenso q za q: negqtta, sqtt, rqtt, pqzz, slqzza (exlutea) neben tQr 
(torre), vglp, agQst u. s. w. 

92. Von besonderem Interesse sind die Schicksale des gedeckten 
^. Der Laut hat eine starke Neigung, zu ^ und dann zu ö, ä und 
schliesslich zu a zu werden. Die Stufe e findet sich im heutigen Pie- 
montesischen, vgl. nqta, Vfrda, ßoheta, wo e dann schliesslich den 
Ton verlieren und sogar fallen kann, vgl. Rom. Gramm. I § 597. Dann 
in Ceppomorelli : vandotta, podos; ö in Pontrembli: tömpi, -mönt, 
quöl, odönd, vandöta, podöss, Busseto (Parma): rimössa, vendötta, 
Piacenza : vindöta, pissafrödd, a in Vignola (Modena): stass, arvader 
(rivedere), insaüa, Fiorano Modenese : vendatta. Auch in S. Fratello 
findet sich o: Stoifda, fdnnofia, dot {d^tti), SposSy kavoHr, -ozza, 
zopp, 44otra [l^ttera), Hrot, pos [pesce), und dass dieses o sich aus 
der Kürze erklärt, zeigen yb (fede), zonner [cenere), — Sodann im 
Südosten, Teramo a : fammenf oder fämmene, lä^§^^ cänn^re, äske, 
auch f>äve [bibe), fäte u. s. w., Vasto uo, — Selten ist Wandel 
von gedecktem f zu a wie in Maggiora (Novara) : tara, tasta, bdla, 
barta. 

98. Gedecktes q bleibt meist. Daraus wird weiter a in S. Fra- 
tello : madd, sard, fars, art, karda, aü, caza {chiocciä}, nai, vai, 
trapp u. s. w. 

94. Ganz verschieden von den bisher besprochenen Erschei- 
nungen ist der Wandel von gedecktem a zu äa m S. Fratello : täardy 
äarba (alba), täarpa, gräas, päas, bläank, täant, ddäatnp, täaka, 
f'dat u. s. w. Es handelt sich dabei um eine spontane Entwicklung 



56 Lautlehre. [f 94. 95. 96. 

jedes Gj das nicht von Palatalen umgeben ist oder dem nicht einfaches n 
folgt, daher auch säau (sale), näas^ räantj fäava, -äa = -ato, -öa = -a 
u. s. w. — Mit dieser Verbreiterung des a ist wohl auch diejenige von 
f zu ^a in Zusammenhang zu bringen : meard (merlo), vearm^ avearty 
aipeat, teaita, veaüt^ sea§a (seggia) und diejenige von p zu t«o : 
kruoStay Stuopa, kuor'r (correre), puorvre (pohere) u. s. w. 

96. Oxytonirte Vokale sind im Italienischen stets kurz. Daher 
zeigen sie meist die § 90 ff. besprochene Behandlung der gedeckten 
Vokale, vgl. mail. tr^y tas^ u. s. w., wf [meus), domnedf, hafq u. s. w. 
nq^ bq, sq (äwo), Fem. sQvaj tg^ dg [due Fem.); romg. de [dies], que, 
die, virtOj bergam. de^ pÖ. Hier scheint der Zusammenhang zwischen 
den beiden Zonen ein festerer zu sein^ da sich z. B. akse in Reggio 
d'Emilia und Modena mehrfach findet in Mundarten, die gedecktes i 
zu bewahren scheinen. Dem berho in Cittä di Castello entspricht (/f. 
Ebenso haben wir in voller Übereinstimmung mit § 93 in Pontremoli 
rö (rd), porkö, tö^ in S. Fratello fo [fede und fece] . — Zu erwähnen 
ist noch, dass im Bomagnolischen ^, g zm ^, q werden : r^, fn^, ebenso 
p^ z=z piede, bq. 

96. Im Hiatus steht für e vor t der Diphthong ie, vor den anderen 
Vokalen i ohne Rücksicht darauf, ob ^, ^ oder t zu Grunde liege : mio 
mia, mie: miei, dio, rio, dt und dta, zio, sia, pria, via, io, cria, vgl. 
noch rtet Albertano 31, 30, Ristoro d'Arezzo 26, 10. Als Buch- 
wörter sind r^o bei Brunetto und Dante, rie, rea bei Dante zu be- 
trachten, als etymologisirende Schreibung eu, deu im aven. Cato, bei 
Pateg u. s. w. Beachtenswerth sind ven.-pad. pria neben piera [petra], 
drio Cort. Ebenso haben wir nur u und uo bei den velaren Vokalen : 
fui, cui, grue, due, tuo, tua, tuoi, bae = bove, altrui = altrove 
Stat. Sen., aven.; Ruz. rtM, brtw, aber doa u. s. w. Wenn im alt- 
venezianischen Panfilo meist mieu, dieu, ieu, bei Pateg einmal dieu, 
auch in den Laud. Aquil. mieo I 30, 87 geschrieben wird, so liegt darin 
wohl eine ältere Stufe vor. — Dagegen bleibt Bonvesin mit eo, meOy 
deo neben mia, soa, toe, doe, nmail. dia Fem. zu d^, via auf dem alten 
Standpunkte stehen. Ebenso das Altsizilianische. Hüllen 14, Pabi- 
SELLE 1 1 und ScHNKEGANS 3 1 belegen aus älterer Zeit deu, meu, mei, 
eu, wofür heute diu, miu. Offenbar ist miu nach mia umgebildet und 
hat diu nach sich gezogen. Ebenso wird a7Tiu (ebraeus), judiu nach 
arria^j'udia umgebildet sein, JEbreu,judeu kommen dsLnehen vor. Da 
im Neusizilianischen der Plural-'Mask. identisch ist mit mit dem Sing.- 
Fem., so war die Ausgleichung um so eher möglich. 

In Lecce tritt vor palatalem Vokal e an Stelle von i : ziu, Plur. 
zeij -ia, Plur, -ei] ebenso wird u im Hiatus vor allen Vokalen zu o: 



§ 96. 97. 98.] Die Diphthonge. 57 

doi (due) , foi [fui] , tuo^ toa, toi, ^oa^ ^oane und damit vergleicht 
sich siz. groi aus gn^e. 

Im Bergamaskisch-romagnolischen wird ia zu \a und daraus ge- 
mäss § 90 eUy vgl. berg. kumpaüea, ostarea, malixtea. 

Im Genuesischen wird ea nicht zu eia, vgl. agen. cotea<f see = 
sete, Cogoreo u. s. w. 

Die Diphthonge. 

97. Von t^'Diphthongen besitzt das Lateinische nur au^ während 
eu bloss in griechischen Wörtern vorkommt. . Das Vulgärlateinische 
kennt nun weit mehr Fälle für au^ sofern es nämlich auch die Ver- 
bindung aoij ahu frühzeitig in au wandelt. Dazu kommt speziell in 
Italien ein aus al oder a . u entstandenes au. Das Toskanische wan- 
delt die sämmtlichen au in q, jedoch erst zu einer Zeit, als das alte q 
aus lat. schon uo geworden war, vgl. qrOy allqrOj tesqroy cqsa, pqsa^ 
Iqdey gqdej qde^ sqroy frqde, chiq$tro, Niccold, carqla = xoqaikri ; 
sama == sauma; amo, öca^ gota, senes. kgoca = clavica, woneben 
ital. chiavica jungem Ursprungs ist, parolay tola, fola, grola aus 
gravula Zs. X 172. Ferner topa^ mota mit au aus al, ursprünglich 
nicht toskanische Wörter. Auffällig ist paraula bei Albertano, im 
Chron. Pis. 66, Band. Lucc. 53. Axii au gehen auch Po und co zu- 
rück, beides norditalienische Formen, deren zweite von Dante mehr- 
fach gebraucht wird, Inf. XX 76, XXI 64, Purg. m 128, Par. ÜI 96, 
während die spätere Schriftsprache sie nicht mehr gestattet. 

98. In den Mundarten liegen die Verhältnisse weniger einfach. 
Für den Süden kann als Regel gelten, dass au bleibt oder zu ave, 
avUy agu zerdehnt wird. Sizilien, Ealabrien, Apulien und z. T. die 
Abruzzen halten sich von der Monophthongierung fern; Wörter wie 
oru^ pokUy poviru, trisoru bezw. uoru (§ 46) stammen aus der Schrift- 
sprache. Von zerdehnten Formen mag erwähnt werden kalabr. tagurUy 
lagurUj Capo di Leuca kovulu, lovurUj tovuru, ovunu aus aunu 
[agnus), femer für sekundäres au neap. kavete^ <^§H Lanciano a/o^tSy 
avqtre u. s. w. Aus dem Süden werden ital. navolo, cavolo stam- 
men, wogegen die südtoskanischen Ortsnamen auf -avola = -aiflrj 
Arch. Glott. X 416 jüngeren Ursprungs sein werden als die Kontrak- 
tion von au zn o, bezw. unter Einfluss der schriftlichen Tradition die 
offene Form länger behalten. — Alatri, Lucca, Arezzo und das Are- 
tinische treiben q weiter zu p, oder besser, wandeln au über oUj qu, QU 
zu p ; wenn sich daneben in Cortona muota Pap. 89, in Arezzo puoko, 
kuosUj bei Guittone restuori 21^ 16, auch in Lett. Bologn. puochi 10 
findet, so werden auch diese Formen dem Toskanischen entnommen 



58 Lautlehre. [§ 98. 99. 100. 101. 102. 103. 

sein und Lautumsetzung erfahren haben. Oberitalien wandelt altes €tt4 
fast durchgehend zu q^ das nicht ö bezw. uo wird, aber auch hier zeigt 
das Venezianische puoko, puovro. Auch sekundäres au folgt : co aus 
Caput findet sich im Averon. bei Giac. E 13, im Avenez., vgl. apadua. 
cao bei Huzante, Mail., Agen. in der Redensart da cho ape, Apiem. 
bei Chrysost, auch Abologn. im Tes. Pov. Dazu vgl. noch veron.- 
mail.yb ^=^ fagum^ mail. tros = traduce. Die alten Texte schreiben 
au noch oft, so der Cato, die Proverbia, bei Fra Paolino und andrer- 
seits im Chrysost. liest man auch ou. — Eine besondere Behandlung 
zeigt S. Fratello mit a aus au: tar^ ar, pak, gar, 

99. Das sekundäre, aus al oder atu entstandene au bleibt auf 
weitem Gebiete erhalten. Beachtenswerth ist, dass im Agen. noch 
aotu und atUy ctotru und atru^faoso xin^faao, faoda, exaotiy caudo 
und cado u. s. w. Ar eh. Qlott. X 151 -nebeneinanderstehen, während 
heute nur die Formen mit a vorkommen, au erst in Castelnuovo di 
Magra, Sarzana, Spezia und andrerseits in Porto Maurizio erscheint. 
Dagegen bleibt au aus -atu auf der Stufe ou : amou, sau [ßato) in 
Genua und Tenda, wird zu o in Rigoroso. — In der Lombardei wird 
ato zu ao bei Bonvesin, das noch heute als aw in der Val Maggia 
bleibt, zu oo wird in Bobbio, zu o in der Valle Leventina, Valle di 
Blenio, Lugano, sogar u in Puschlav, oder aber über oa zu ä im Mai- 
ländischen und am rechten Addaufer. Auch der Osten kennt die Kon- 
traktion : stranuOy pro, Id bei Ruzante. 

100. Es findet nun auch eine Auflösung von au zu a/, ol statt. 
Das Toskanische kennt sie in salma = sagma, calma = xavfia \md 
smeraldo = smaragdus. Man muss annehmen, dass diese Wörter erst 
in die Sprache aufgenommen wurden, als altes au schon o war. Die 
ungewohnten Verbindungen gm^ gd werden zu um, ud, dann au zu cd. 
Dazu vgl. die aflor. fr aide ^ lalde, ebenfalls Schriftwörter. Etwas mehr 
bietet Norditalien . Bonvesin schreibt golta und golzo, golta kennt auch 
das Gloss. A und das Avenez. und heute findet sich das Wort in Mai- 
land, Modena und Cremona, femer mail. voha = au^at^ ponsa aus 
*polsa, pausa, ohi in Bologneser Urkunden, chioldo Gloss. A, woher 
emil. cold^ aldo, exaldi Gloss. B, Ex. 9, 14, golta im bergam. Glos- 
sar u. s. w. 

101. Au in gelehrten Wörtern wird im Lombardisch-emiliani- 
sehen zu ao, ev : kaved, pavesa bezw. kevsa^frevd u. s. w,, s. Salvioni 
Mail. 85; Mussafia, Romg. § 61. 

102. Von bedingten Veränderungen ist zu nennen sard. a — u 
aus au — u: larUj pagu,pasu, trau aus taru, &heT pausa u. s. w. 

108. Ai entsteht theils aus -as, theils aus -ati, -ate, zuweilen 
auch aus act. Das Toskanische und die meisten südlichen Mundarten 



§103. 1Q4. 105. 106.] Die tonlosen Vokale. 59 

behalten es bei, nur die Abruzzendialekte wandeln ai über ei zu i: 
fi := fai^ i = hai. Der Norden aber zeigt fast durchweg c. Die alt- 
venezianischen Texte bieten e und a, vgl. asse Paol. XXI 21 , XXVI 12, 
asa XXV 16; me XXVni 29 u. s. w.; ö = haheo^ se, heba, aepa\ 
Appoll : ebüy sepiSj e, se, asse, me ; im Altveronesischen zeigt Cat. 
einmal me, einmal pece =peccati, einmal a] aus -ate theils ae^ ai, 
theils a, in den Gloss. assey e, ebia, mene = -atiy spe = spatae, 
molestSy bei Ruzante dire 1. Sg. Fut., asse, me, neghe =>: natiche, 
salbego, gramego, pre, ostine, citte, sanite u. s. w. Im Altmailän- 
dischen sind 2. Sg. he^ ve, se, tre und Futurum -e, ausserdem />^«g?o === 
placitum bei Bonvesin, me bei Bescapö zu nennen, und so heute : asse, 
fe, 'te, pie aus plaito neben pleit, geda, 2. PI. kante, cer [clario), 
pera, era, ^era, aus dem Rime genov. -er aus -arius, sonst meist ai, 
heute aber: fätu, räu, salbägu, kampanägu, vgl. noch § 77, aus Chry- 
sost. asse, era, senter, romagn. era, geba, ^ u. s. w. Act wird im Pie- 
montesischen zu ait, daraus eit in Cuneo, ät in Corio, et im Canavese 
und in Ivrea. 

Hier schliesst sich aqtui an, woraus frühzeitig augua, aigua, ega, 
eva entstand, Formen, die ganz Oberitalien und sogar dem Nordsardi- 
schen angehören, vgl. Ascoi.!, Arch. Glott. I «SOO. Die ursprüngliche 
Form eugtm findet sich in Nicosia. 

104. Von anderen Diphthongen ist etwa noch zu nennen -ei 
in liei, lei, siei, oi in poi, noi. Das zweite Element wird mehrfach 
über e zu a, vgl. altaret. pui, heute ptia, lia = lei, bua = buoi, 
\alHbr.pue, ebenso sue = suoi, siz. ptia, vua = vqi [vuoli), 

105. Das Florentinische duldet keine fallenden Diphthonge im 
Wortinnem. V^o daher auf irgendwelche Weise solche entstehen, da 
wird entweder das i unterdrückt oder es tritt in den Auslaut. Das Se- 
nesisch-aretinische behält dagegen die volleren Formen. So haben wir 
senes. vuoito, piaito, aber tosk. vuoto, piato, ferner madia aus maida, 
magida, aria aus aera, balia aus baikty ladio aus afrz. laid, demanio, 
s. Fleghia, Arch. Glott. IV 371 und Hirsch, Zs. IX 537, wo Belege far 
senesische Formen wie: meitä, baüa^ voitare u. s. w. gegeben werden. 
Die eigentlich senesische Form ist die in flor. balia vorliegende, vgl. 
metiä, votio, pretie aus Spreite, ferner bontiä, contio, ontia u. s. w. 

Die tonlosen Tokale. 

106. Mit grösserer Genauigkeit als irgend eine der Schwester- 
sprachen hält das Italienische die auslautenden Vokale in Bezug auf 
ihre Qualität auseinander. Nur üy u, ö und o wirft es unter o zu- 
sammen: servo, amo, aital. le mano, cetto, dietro u. s. w. A bleibt 



60 Lauüehre. [§ 106. 107. 

bewahrt: canta^ venda^ pianta, trenta, poma u. s. w., ebenso i: 
servif vienij venni, cantasti^ venti, Ae wird e : lunedi, corone^ h 
aus ükte^ vulgl. Dat. Fem., ette = res] kettae, wie Biamchi, Arch. 
Olott. IX 404 Anm. richtig erkannt hat. — ±1 bleibt: sette, bene, lume^ 
amassey alt diece. Dagegen wird ^ zu i : fiorij ami = ames^ Chimenii^ 
Giovanni, oggi = hodie, vedi = vidi, I zu : ove, martedi, qualche, 
venne, crede^forse [forssitj, amate u. s. w. Endlich as ist schon in 
vorhistorischer Zeit auf dem ganzen Qebiete zu es geworden, daraus 
dann im Toskanischen i: ami = anuM, amavi, fuori,far bocchi = 
facere buccas, der Ortsname Piantraifii Arch. Glott. IX 398 *). 

107. Zu diesen Regeln giebt es nun aber eine Reihe Ausnahmen. 
Neben chiunqua im apis. Sardo 92, Hnka der Terra d*Otranto und der 
Basilicata, qualunqtm in den altpisanischen und altlucchesischen Quel- 
len steht heute chiunque, qtuilunque, femer ovunque, die ihr e yon 
qualche haben. Aus vulglat. dunqtie entsteht wie es scheint schon im 
Vulgärlateinischen dunqua in Anlehnung an unquam, daher aital. 
dunqua, donqua bei Albertano da Brescia und Francesco da Barberino 
Pro. n 23, während das ebenfalls bei Albertano vorkommende dunque 
sich auch wieder aus Anlehnung an qualche erklärt, da vulglat. dunque 
zu dunche geworden wäre. — Oltre aus oltra ist zunächst in präe- 
positionalem Gebrauche entstanden, wo der Auslaut mit der Praep. a 
zusammengefallen ist: oltr^a, daraus wurde dann oltre abstrahirt. 
Contra ist die fast allein vorkommende Form bei Boccaccio, wogegen 
die Intelligenza schon contro aufweist. Auch hier wird zunächst vor 
vokalischem Anlaut des folgenden Wortes : contr' a lui Unsicherheit 
entstanden, dann der Vokal von verso, dentro, dietro übertragen wor- 
den sein. Come, wofür das Senesische und alle südlichen Mundarten 
conto sprechen, wird ebenfalls erst aus com' entstanden sein, pame 
neben pomo, ^me neben ßmo haben sich an die vielen Substantiva auf 
-me = lat. -men angelehnt. 

In dieciy das bei Dante noch nicht vorzukommen scheint, liegt 



1) D'OviDio, Arch. Glott IX 83 ff. stellt als Regel auf: t, c, e, ae wer- 
den e, bringt aber für e zu e nur pure, und sieht sich so genöthigt, das i 
in der 2. Sg. aller Verba von der 4. Konj. ausgehen zu lassen, was ganz 
unwahrscheinlich ist, wie die Konjugationslehre zeigen wird. Das -i der 
Eigennamen hält er für übertragen von Luigi, Ruggeri u. a. ; oggi wäre nach 
jeri gebildet, was deshalb unwahrscheinlich ist, weil nach Quintilians Zeug- 
niss Mre die gewöhnliche Form ist, die auch z. B. Juvenal lU 23 braucht. 
Die Fälle, wo t für e eintritt, erklärt d'O. z. Th. wie es hier geschieht. Dass 
das auslautende italienische i auf lautlichem Wege aus e habe entstehen 
können, hat schon Flechia vermuthet, Arch. Glott. 11 5—6 Anm., ohne 
freilich die wesentliche Scheidung zwischen e, es einerseits und e, % anderer- 
seits vorzunehmen. 



§ 107. 108.] Die tonlosen Vokale. 61 

Anlehnung an venti vor, dodici u. s. w. haben entweder den Auslaut 
dem tonlosen Inlaut angeglichen oder sich an dieci angelehnt — In den 
Adverbien erscheint mehrfach i statt e. Noch Boccaccio schreibt vor- 
wiegend domane, kennt aber auch die heute allein gebräuchliche Form 
domaniy die wohl am ehesten als Anlehnung an oggi und ieri zu fassen 
ist. Das alte anti könnte mit span. antes auf ein nach pos gebildetes 
vulglat. antes zurückgehen und dann avanti nach sich gezogen haben, 
vielleicht ist aber auch, wie A. Tobleb, Arch. Glott. X 23S für das Alt- 
venezianische annimmt, anti zunächst vor vokalischem Anlaut des fol- 
genden Wortes entstanden. Endlich könnte sich fragen, ob ami nicht 
berechtigtes i habe, das dann anf das synonyme ante übertragen wäre. 
Neben ybr^e steht ybm, dessen Auslaut sich daraus erklärt, dass das 
Wort im Satzinnem völlig tonlos ist, dasselbe gilt von quasi. Schwierig 
sind altrimenti und parimenti, wofür Boccaccio in der Introd. zum 
Dec. noch altramente^ parimente schreibt; in letzterem wird das erste i 
das zweite nach sich gezogen haben , altrimenti aber erst nach pari- 
menti gebildet sein. Endlich ivi neben ove verdankt sein zweites i dem 
ersten, ebenso quindi, indi; ivi selbst scheint halbgelehrt zu sein, wenig- 
stens bestreitet CAinsLLO, Riv. fil. rom. I 215 seine Volksthümlichkeit 
und d'Oyidio^ Arch. glott. IX 93 stimmt ihm bei. 

Selten sind die Fälle von e statt f. Wenn lat. mercuridies zu 
mercoledi wird, so ist die Anlehnung an die andern Wochentage klar, 
pure aus lat. pure statt des zu erwartenden puri wird erst von pur* 
aus gebildet sein, kann ausserdem unter dem Einüuss des sinnver- 
wandten anche stehen. 

O und a für andere Vokale sind selten. Schon alt ist a pruovo 
von lat. prope, vgl. § 43, vielleicht an vicino angelehnt. N axih. poscia 
= postea bildet man pria^ umgekehrt findet man auch poscio im 
Altperuginischen, pos bei Bonvesin, die wohl nach dopo umgeformt 
sind, fkwra statt fuori wird von contra und andern Adverbien ge- 
bildet sein. 

108. Es können nun die auslautenden Vokale auch abfallen. Da 
aber das Italienische am Satzende nur Vokale duldet, so ist der Abfall 
des Auslautes auf die Stellung der Wörter im Satzinnem beschränkt, 
und auch hier tritt er fast nur nach den Sonanten, noch dazu nach m 
selten, ein. Femer bleiben das i und e des Plurals und das a des 
Feminins stets bestehen, wogegen sonst auch i fällt, vgl. vien qui = 
vieni quiy sodann also : signor padre, amor mio, quel libro, tal cosa^ 
hei giomo, pian piano, huon tempo, Cangrande, andiam lentij uom 
grande. Wie man aus den Beispielen sieht, hat die Unterdrückung 
hur statt, wenn die beiden Wörter fast zu einer Einheit verschmolzen 
sind. Bemerkenswerth sind ferner gran fatto^ san Niccoldy wo e 



62 Lautlehre. [§ 108. 109. 110. 

bezw. nacli d, t fallen, und Kürzungen, wie f)er = verso, me' = meglioj 
die meist auf die poetische Sprache beschränkt sind, oder Ortsbezeich- 
nungen wie die florentinischen Or S, Michele = orto S,, Par Santa 
Maria = Porta S. Eine besondere Besprechung verdienen or, tuttoTj 
talor, ancory allor, die namentlich der Dichtersprache angehören und 
schon bei den alten Lyrikern erscheinen, vgl. Gaspabi, Scuola Poetica 
24, Caix, Origini 100. Dass sie mit den vollen Formen ora u. s. w. 
zusammenhängen und auf hora beruhen, ist klar, es fragt sich aber^ ob 
sie aus diesem abgekürzt seien, oder einen andern Kasus, z. B. deü 
Nom. oder Abi. Plur., darstellen und ob sie überhaupt echt italienisch 
seien. Die zweite Auffassung ist die unwahrscheinlichste, für die 
dritte könnte der Mangel von or u. s. w. im Spanischen sprechen,, 
doch sind die Adverbien zu populär, um entlehnt sein zu können, so 
bleibt al90 die erste Annahme, dass wir in dem Abfall des a das Be- 
streben nach Abkürzung syntaktisch unvrichtiger Wörter zu sehen 
haben. — Dagegen sind Formen wie gioi = gioia und noi = noia 
reine Provenzalismen, wie Caix, Orig. 15 mit Recht bemerkt. 

100. Wenden wir uns nun den Mundarten zu, so treffen wir da 
ganz andere Verhältnisse. Zunächst muss ein Gebiet erwähnt werden^ 
das abweichend vom Toskanischen noch heute -u und ^o auseinander- 
hält. Die 1. Sg. und das Gerundium lautet auf -o, die Substantiva 
der 2. Decl. auf u in Cittä di Castello^), Norcia, Rieti (auch quanno, 
esto, s. § 32, loco) Spoleto, in der Provinz Macerata mit Ausnahme 
von Recanati, und weiter nördlich in Cupramontana und Filottrano> 
südlich in Fermo, Grottamare, Amandola, Monte Fortino, Monte Rub- 
biano, Petritoli, Aquila, westlich in Pitigliano (Grosseto). Daran 
schliesst sich dann weiter südlich das Gebiet, wo o und u an der ver- 
schiedenen Gestaltung des Tonvokals noch zu erkennen, aber allerdings 
selber zu e abgeschwächt oder ganz gefallen sind, § 32 und 111. Dass 
auch das Logudoresische scheidet zwischen diko^ -endoj quando^ bed- 
dos einerseits, beddu, temptcs, manu andrerseits, ist bei dem starren 
Festhalten dieser Mundart an alten Formen selbstverständlich. 

110. Davon abgesehen bewahren die Mundarten die auslautenden 
Vokale weit weniger genau als die Schriftsprache. Den Unterschied 
zwischen ^ und e verwischt schon das Aretinisch-umbrische. Ascoi.i 
hat Arch. Glott. 11 449 gezeigt, dass im Cortonesischen zunächst li^ 
ndyti zu Fe, üßy te werden und hat dann aus altumbrischen Denk- 
mälern nicht nur fratelglie, capelglie, ägnogle^ quagle^ pangne^ 

1) Doch nicht ganz genau, vgl. aapendu neben ncomenzandoy sdelor- 
gnando, mparando; dico neben vegnu, pregu, stetu duro e priegu u. s. w. 
Auch in den andern Texten sind die Laute nicht streng geschieden, ausser 
in demjenigen von Rieti; am stärksten ist die Verwirrung in Spoleto. 



§ 110. 111.] Die tonloBcn Vokale. 63 

angne angeführt, sondern auch occhie, prodigie, chiove, desciplinate, 
predecatore, chiamate^ ordenamenteypesce^fahbrey entsprechend neu- 
perug. certCj forte , altre, femer tempe, altrue in Todi und entsprechende 
Formen in Acquapendente, S. Lorenzo, Yiterbo, Ascoli, Offida. Im 
Cortonesichen aber scheint -ie die Kegel, vgl. servitorie, okkie bei 
Zucc.-Orl. , verie, ptzssie, tempie, sbeffie bei Pap. Es scheinen hier 
zwei verschiedene Strömungen vorzuliegen. Im Aretinischen verband 
sich das % mit dem vorhergehenden dentalen Konsonanten zum Palatal- 
laut, &', m, ti wurden zu l{^ ni, ii. In Folge dessen verlor es von 
seinem Eigenton und wurde zu f abgeschwächt, dann fand von te, ne^ 
ie Übertragung des %e auch auf die andern Fälle statt. Im Umbrischen 
dagegen ist % einfach zu e herabgesunken i) . 

111. Wie e aus t, so wird auch altes 6 zu ^ im Umbrischen und 
in der neapolitanisch-abruzzesischen Gruppe. Gleichzeitig findet auch 
eine entsprechende Reduktion von o^u zu e statt. Endlich fällt dann e 
ganz ab. Die verschiedenen Stufen lassen sich geographisch noch nicht 
abgrenzen, da die Angaben meist zu ungenaue sind. Es scheint auch, 
dass a und i widerstandskräftiger sind, als die e- und o-Laute, so 
stehen in Alatri kann^la^ paisi neben kred^, arberite,pc^se. Vor der 
Hand mag es genügen, die Grenzen zwischen dem Gebiete, wo die 
Vokale ganz bleiben und dem, wo sie stärker oder weniger stark redu- 
zirt werden, abzustecken. Im Süden scheint der Querriegel des Apen- 
nins, der die kalabresische Halbinsel vom Festlande scheidet, auch die 
Sprachgrenze zu bilden, Moliterno zwar spricht noch: voPUj tiempi, 
primo, unori, Ravello : tiempo, primo, iette^ piacere, aber Senise : 
»i Senesi sopprimono spesso, nella pronunzia, le ultime vocali delle 
paroleflr Pap. 111, 2, vgl. dik, tiemp, ßestj prisintav neben quidda 
sinura^ nsiü^kante u. s.w.; Saponara di Grumento: tiemp, nnant, 
tanty santj sahurk, lananz am Satzende^ wogegen im Satzinnern die 
Vokale fester sind ; Matera : timpj prim, la tßrra sant, riturn, sub- 
bulkf Hllarat u. s. w., Tarent »tutte le vocali finali sono mute« 
Pap. 489 ; Ostuni : tiemp^ prime, sebbulk, retumann^ eiert ^ aber 
arretata u. s. w. Dieser Zustand erstreckt sich längs dem adriatischen 
Meere bis an den Aso, vgl. Ascoli Piceno : dike^ tiemp, pelliffriha^^, 
vellanament u. s w., aber -a; Offida: dike, prime, sante, uommene, 
kuerone, ellore, Ripatränsone : tiemp^ prime^ sante, pensett, feceve 
u. s. w. Im Westen scheint die Vokalschwächung weniger weit zu 
reichen. Zwar das Neapolitanische führt sie durch, aber Nola, Benevent 
und Melfi scheinen sie nicht zu kennen. Dann folgt wieder die ganze 



1) Etwas anders AscOLl: »alle uscite palatili ^V, nji si aggunse un'« 
epentetica«. 



64 Lautlehre. [§ 111. 112. 113. 

Molise, die Terra di Lavoro und Alatri. In den Bergen selbst zeigen 
noch Accumoli und Pratola PeUgna die geschwächten Vokale, Aquila 
und Solmona die vollen. 

112. Südlich von diesem eben skizzirten Gebiete in Calabrien, 
Apulien und auf Sizilien steht die Entwicklung der Auslautvokale in 
vollem Einklang mit derjenigen der übrigen tonlosen Vokale. So wird 
im Sizilianischen Cj i zu t, o^u zu u, vgl. siz. aviri, siüuri, veni) diku^ 
quannUj servUj im Apulischen e, i zu e, o, u zu u, vgl. lecc. ose 
[ogffi), pipere, deiSe, oüe, sonu, quandu u. s. w., doch bleibt -i des 
Plurals und der 2. Sg. Im Calabresischen endlich stehen sich eben- 
falls e und u gegenüber, vgl. süle^ friddu. Besonders interessant ist 
hier ybre ^=^fuoriy amave = amavi. Da im Präsens die 2. Sg. durch- 
gehend auf -i lautet, auch sonst -e sich in keiner andern Person des 
Imperfectums findet, so ergiebt sich, dass -e hier das lautgesetzliche 
Ergebniss von -as ist, eine Annahme, die durch fare = fortis be- 
stätigt wird. Abweichend vom Toskanischen ist also as über es zu e 
geworden. Auch für -^s ist wohl -es anzusetzen, vgl. amasse = 
amctsses, — Zum Sizilianischen stellt sich dann noch das Südsardische, 
vgl. ^un^iri, dulHj mayu, peus u. s. w. 

113. Wenden wir uns dem Norden zu, so lassen sich da drei 
verschiedene Zonen unterscheiden. Geographisch schliesst sich an die 
toskanische zunächst die emilianische an, die sich nun aber von ihr 
am aller stärksten unterscheidet. Auslautend a bleibt bewahrt, alle 
andern Vokale fallen ohne Rücksicht auf die Natur und die Zahl der 
stammauslautenden Konsonanten, vgl. romg. kred = credo, credi, 
crede\ ferum^ kern (carne)j etar [altro)^ merum {marmo), salb^dg^ 
tevd n. s. w., aber kalezna, mandgüy ferma u. s. w. Diese weit- 
gehende Apokope ergreift die sämmtlichen emilianischen und zum Theil 
auch die lombardischen und piemontesischen Mundarten, wogegen das 
Genuesische einerseits, das Venezianische andrerseits sich fern halten. 
Abweichungen in den einzelnen Gruppen zeigt nur die Färbung des a 
und die Behandlung von ly r, m, n nach Konsonanten. Im Süden be- 
ginnt das Apokopegebiet in der Provinz Ancona, vgl. diff, prim, dop, 
viä^j artumand, spolkr^ tant kos [cose], pac, aber tempi, certi 
omnaciy porti (tuporti), vedi in Monte Marciano, diff^prim, iumand, 
spulkr, pensat, haronad (le baronade), dispett, dann auch temp {tempi) 
neben slerati omi, altri in Sinigallia, dig^ prim, spolkr, f^^^j ieleräty 
temp, dissj le birbonat, i dispett in Fano, also noch im Gebiete von 
a ^= a. Sodann natürlich in Pesaro prim^ temp, stedy Sipulkr, 
heleredy i tort u. s. w. Hier ist auch das -i schon fast völlig ver- 
schwunden, da auf certi Meieret in Pesaro, certi birbctccon in Urbino 
kaum viel Gewicht zu legen ist. Die Nordgrenze bildet der Po. Dabei 



§ 113.] Die tonlosen Vokale. 65 

ist bemerkenswerth, dass Ortschaften mit auslautenden Vokalen und 
solche mit Apokope oft auf demselben Flussufer unmittelbar neben 
einander liegen, vgl. z. B. digo^ tempi, primo, birbanti, tuti in Bot- 
trighe, diff, printj dop, tant, fusSj birikin, solament in Papozze, beide 
am linken Poufer und nur wenig von einander entfernt ; wenn in dem 
Text aus Papozze sich mondo, üente, male^ essende neben piamand 
findet; so sind das offenbar Italianismen. Da gerade für die Provinz 
Rovigo die Texte bei Pap. zahlreich sind, so lassen sich die äussersten 
Punkte der Apokope - Region ziemlich sicher bestimmen. Es sind 
Ariano auf der durch den Po di Goro und den Po grande gebildeten 
Insel, Ostiglia, Crespino, Ficarolo, Polesella, Occhiobello, CeneseUi^ 
Massa, Stienta. Eine wirkliche Mischung von Emiliamsch und Vene- 
zianisch zeigt nur Corbola auf der Isola di Ariano, vgl. digo^ mondo ^ 
natOj kora^o, stomgo^ pase, pianzando u. s. w. neben quand^ dop, 
sikar, zent, ges, vist, drent u. s. w. Im Süden scheint sodann die 
Apenninenkette eine scharfe Grenze zu bilden : Firenzuola, Marradi, 
Modigliana, Palazzuolo, Rocca San Casciano in der romagnolischen 
Toskana apokopiren, sodann alle am Nordabhange des Gebirges liegen- 
den Ortschaften mit einziger Ausnahme von Fiumalbo, das noch als 
toskanisch gelten kann: digo, tempo, pellegrina^^o, tomando, se- 
polkro u. s. w., während 5 Kilometer nördlicher Pievepelago durchaus 
emilianisch ist: dig, temp, peUegrina§, artomatid n, s. yf. In der 
Lunigiana kreuzen sich wieder die zwei Typen : der toskanische zieht 
sich längs dem Meere hin, um schliesslich in den genuesischen über- 
zugehen, der emilianische bleibt mehr im Gebirge. So haben wir in 
Massa dikej tempi, preso, quando, vendikare, in Montignoso diko, 
primo, vendikare, suffrire, Vagli Sotto: diko, tempo, ebbe, andare, 
nanke u. s. w., aber in Carrara dig, prim, dov, arvenind, andarsen, 
pianzend neben tempi, omi, i affronti, di cdtri, insuUi, dispetti, 
ähnlich Avenza, Fivizzano, Licciana, Pontremoli und Sillano. — 
Wie schon bemerkt , zeigt das Lombardisch-piemontesische dieselben 
Auslautgesetze, wie das Emilianische, und leitet damit zum FranzOsisch- 
provenzalischen einerseits, zum Rätischen andrerseits hinüber; es bleibt 
also noch übrig, die Grenzen gegen das Genuesische und Venezianische 
zu bestimmen. Jene sind im ganzen durch den Apennin gegeben, jedoch 
mit der Einschränkung, dass auch das obere Tanarothal sich zum Ge- 
nuesischen gesellt, vgl. Ormea : digu, primu, tempi, peUegrinao^, 
sodann Gavi, Rigoroso und natürlich Novi-Ligure in der Provinz Ales- 
sandria, Bedonia, Borgotaro, Compiano und Tarsogno in Parma. End- 
lich gegen Osten dürfte der Mincio die Grenze bilden, da zwar Valeggio 
sul Mincio noch temp,prim, fett, skerz (Plur.), oc spricht, aber Mal- 
cesine am Gardasee, das sich mit ü, ö noch als lombardisch ausweist 

Me y«r-Lftbk 6, Ital. Grammatik. 5 



66 Lautlehre. [§ 113. 114. 115. 

(§ 17), schon lombardische und venezianische Formen neben einander 
aufweist, vgl. temp, konquist^ fat, dit, alter neben diffOf primoj pele- 
grina^Oy ielerati, sfre§i u. s. w. 

I]f4. Das Genuesische und das Venezianische unterscheiden sich 
in der Behandlung des Auslautes von der bisher behandelten Dialekt- 
gruppe ebenso wesentlich wie vom Toskanischen. Die o-Laute fallen 
im Genuesischen unter einem zwischen u und o liegenden Laute 
zusammen, welchen die einen Quellen u, die andern o schreiben. 
Lateinisch i und as werden zu i\ sonst aber tritt für e und e meist e 
ein, daher z. B. doze = dodic%\ aufföUig ist -menti, anti, lonffi, 
nienti im Altgenu^si^chen, Arch. Glott. X 147. E und a fallen sodann 
stets nach l, n, r, also agen. voly cel^ nobel ^ don^ caven, vergen^ mancar, 
far^ avery /er [ßere)y qt^er, aster Arch. Glott. X 156 und so heute 
Buton, onö aus onor, villan, punze u. s. w. Femer wird -ni zu --in, 
also kaderutny Plural zu kaderuny skriveny iosken u. s.w. — Das Vene- 
zianische unterscheidet sich wesentlich vom Genuesischen nur darin, 
dass eB bei reinem o bleibt, nicht nach u hinübergleitet, stimmt dagegen 
in der Vertheilung von e und i mit jenem überein. Es tilgt femer e 
nach r, l, n, o nach n, wenn ihnen ein Vokal vorangeht, vgl. dar, 
mafiary savery sol, tal, domany kany vieny san, pan, son, auch --er = 
-ariuSy aber pare, pelle ^ karney korno, vgl. Ascom, Arcb. Glott. 
I 393 Anm. —7 Im Veronesischen wandelt sich e weiter zu 0, vgl. esrOy 
he^roy fa/moy nevoy venirOy dormo (^, Sg.) bei Fra Giacomino und 
noch heute in Val Policella, wie Asgoli, Aroh. Qlott. I 224 Anm. 2 
mittheilt. 

116. Es erhebt sich nun die Frage, wie alt der Abfall der aus- 
lautenden Vokale in dem § 113 umgrenzten Gebiete sei, und ob alle 
Vokale gleichzeitig geschwunden seien. Dafür, dass -i lebenskräftiger 
ist als > und o haben sich im Vorhergehenden schon mehrfach Belege 
gefunden, und dass im Romagnolischen der Abfall des älter ist als 
der des e, ergiebt sich aus § 58. Die mittelalterlichen Denkmäler 
zeigen uns durchgehends noch einen älteren Zustand oder ein Über- 
gangsstadium. Was zunächst den Norden betrifft, wo die Texte in 
grösserer Auswahl vorliegen, so ist Vokalschwund nach den Konsonan- 
ten meist eingetreten, dann auch von^ nach nt, x, vgl., bei Bonvesin 
doment H 184, meltrix h 280, indux H 54, polex^ 170, ravax 
D 163 neben rixe B 31, und dieser Zustand scheint einst östlich bis 
ins Venezianische hineingereicht zu haben, vgl. paXy lt4Xy condtiSy enteSy 
homy ment bei Fra Giacomino, di4X in der Cron. Imp. Dagegen wird 
(Xto über indho im Mailändischen zu ao, äy im Venezianischen ao, vgl. 
§ 210, wogegen im Emilianischen vielmehr die Reihe atUy aty a. au- 
szusetzen ist. Dadurch .unterscheiden sich also die am linken Poufer 



§ 115. 116.] Die tonlosen Vokale. 67 

gesprochenen Dialekte wesentlich von den rechtsufrigen. Nun scheint 
aber auch at auf dem linken Poufer vorzukommen. » Die Strömung 
atu — a^ folgt dem Inn abwärts, durchzieht das Livignerthal^ breitet 
sich über das Yeltlin und die Berge von Bergamo und Brescia aus Und 
beherrscht die östliche Lombardei« H. Mobf, Gott. Anz. 1885 S. 858. 
Wir haben hier also eine neue Übereinstimmung zwischen Ostlombar- 
disch und Emilianisch, vgl. § 85 und 90. Dieser frühe Abfall des o, 
der auch dem Mittel- und Osträtischen eignet^ scheint dann ins Vene- 
zianische eingedrungen zu sein, vgl. enplagat^ serat, mßt, -a aus (Uo 
u. s. w. im Cato und Panfilo. — Auch das westliche Obeiitalien zeigt 
a[^], hierin sich wieder dem Französisch- provenzalischen nähernd. 
Schon die Lamentazione tilgt alle auslautenden Vokale : bon, car^ pil^ 
lat^ spirit u. s. w., Salyioni 13, ebenso die Statuten von Chieri: 
gavir, presentj foSj Statut (Flur.), consuettiden (Plur.), engan, am, 
ordand, sot u. s. w. — So ist also die Übereinstimmung der grossen 
oberitalienischen Dialektgruppen in der Behandlung der auslautenden 
Vokale eine zufällige. Man kann vielleicht noch weiter gehen und 
sagen, der Westlombard ische Zustand sei erst die Folge Qs.tUcber oder 
westlicher Einflüsse. Wir finden nämlich, worauf Ascou, Arch. Glott. 
n 152 hinweist, in der Brianza den genuesischen Zustand: üstu {v%sto\ 
koldUy in Borgomanero am Langensee : (mu, prütnmUy grassUj k&lUj 
fami, pari, 

116. Es bleiben noch eine Anzahl Einzelheiten nachzutragen. 
Folgt re^ ro, le, lOj ne, no einem Konsonanten, so bringt der Abfall 
des Auslautes Vokalisirung des Sonanten mit sich. Der Sonant wird 
nun in den Texten durch er, ar, re wiedergegeben, wobei es dahin« 
gestellt bleiben muss, ob diese verschiedenen Notirungen wirklich 
grösseren Ausspracheverschiedenheiten entsprechen. Am Lago Mag- 
giore scheint u, i in diesem Falle überhaupt nicht geschwunden zu 
sein, da Salvioi^i, Arch. Glott. IX 210 ladru, neiru^ nigri, meiri 
anführt. Sonst werden padar, ordan u. s. w. hauptsächlich für die 
Emilia angegeben, pader, §omn für Lodi und überhaupt für*g Lom- 
bardische, dagegen sind mailändische Formen : foma = farno und 
forni^ merlaj etema, el dorma, üma [urne]^ el retoma, fanatisma 
u. s. w.^ s. SAI.VI0I7I, Mail. 118 f. — Nach Bioüdei^u 17 scheidet sich 
das Cremaskische durch mentrej quadro vom Bergamaskischen und 
Cremonesischen, die menter, gtiader sprechen, ähnlich giebt er 196 
für Ferrara perdar, für Bologna perder, für Parma perdr an, 205 
für Rimini numre, — Auslautend a bleibt auf dem ganzen Gebiete^ nur 
in Forli sinkt es zu ^: vleve, allore, feste Biond. 201. Und inVal 
Lavizzara fällt -a in Proparoxy tonis : mani, tivi, lodul, rantful/a, s. w., 
Salvioni, Arch. Glott. IX 209. 

5* 



68 Lautlehre. [§117.118.119. 

117. Besondere Beachtung verdienen endlich die Auslautvokale, 
wenn sie mit den betonten Hiatus bilden. Das Genuesische lässt in 
diesem Falle o schwinden : de = deOy e = eOj me^= meo findet sich 
in den alten Texten wie heute. Sodann zeigt die Endung ia merk- 
würdige Veränderungen. Es kann nämlich das a durch das vorher- 
gehende i zu e geschwächt werden : ie, so in Comacchio, und daraus 
entsteht dann weiter i in Bologna, Forli, Ravenna, oder aber ie in 
Ferrara. — Femer ist noch die Assimilation an den Tonvokal zu 
nennen, wie sie in pisan.-lucches. -iert = -iere vorliegt. Auch das 
Kaiabresische kennt diese Form. 

118. Die tonlosen Vokale in Proparoxytonis sind nur zum Theil 
erhalten, unter bestimmten Bedingungen fallen sie aus und zwar gehen 
auch hierin die Dialekte z. Th. sehr stark auseinander. Bleiben sie er- 
halten, so zeigt namentlich das Schriftitalienische eine starke Ab- 
hängigkeit der Vokale von den umgebenden Konsonanten. Der Vokal u 
fehlt völlig^ e steht nur vor r, womit das Florentinische dem Lateinischen 
treu bleibt, o, i, a sind am häufigsten. 

119. A. tritt ein bei auslautend o, a, wenn nicht dem Mittelvokal 
§ oder c vorangeht, vgl. vor n : abrotano, cofano, cotano^ modanOj 
Modana, orfano, sedano, pampano, vor m: Oirolamo, Bergamo, 
attamo, vor c: monacOy canonaco, cronaca, Monaca, sindaco, indaco, 
mantaco, vor g : /olaga, prolago, astrolago, vor f: orafo, ferner 
celahro. Vgl. Mttssafia, Beitrag 12 Anm. Bei auslautend e bleibt i: 
modine, ahrotine, folice, daher giovane aufföllig ist. Vor den andern 
Konsonanten tritt o nicht ein. li verlangt stets e vor sich: gambero, 
zucchero, cetera, bacchera, Oaspero, Lazzero, biffera, dattero, cecero, 
wo e an Stelle von lateinischem a oder t getreten ist. Dagegen bleibt or 
bewahrt, ausser in rovere, cdbero (aber arboro bei Sardo), cantera, das 
nach Caix singularisirter Plural von canto, Plur. cantora ist. Die Ab- 
weichung könnte dort in einer frühzeitigen Anlehnung an die Flexion 
auf -tw, -m* ihren Grund haben, cantera bleibt unerklärt. L ver- 
langt : eigolo neben segale, bufolo neben bufalo, mandola, cem- 
bolo, scandolo, Agnolo, risipola, scattola, semola, nespolo, trespolo, 
bussola^ torbolo, pesolo, prezzemolo, debole, fi&oole und die alten 
utole, nobole, possevole. Formen wie utile, nobile, facÜe entstammen 
selbstredend der Büchersprache. Endlich bleibt noch das veraltete 
menomo, wofür man menam;o erwartet^ femer bahimo aus balsa- 
mum, attimo aus atomon, die beide der allgemeinen Tendenz nach i 
folgen. Das i ist in allen andern Fällen der Vokal tonloser Pänultima 
in Übereinstimmung mit der Vokalisirung der Vortonsilben und zufällig 
mit dem Schriftlateinischen. Vgl. Stobm, M^m. soc. lingu. n 80 ff. ; 
Caix^ Osservazioni sul vocalismo italiano 1875. 



§ 120.] Die tonlosen Vokale. 69 

120. In vielen Fällen ist der tonlose Mittelvokal geschwunden. 
Dabei ist zu scheiden zwischen vulgärlateinischer und italienischer 
Synkope. Schon im Vulgärlatein tritt Schwund ein in domnuSy domna^ 
ital. donna, und in den Silben lid: calduSj soldtis, ital. caldo, soldo^ 
lit: faltuSy volitis, soltus^ ital./altay volta, solta, lim: calmtsSj ital. 
calmo, lip : colpus,polpU8, ital. colpo^ polpo, rim : ermus, ital. ermoj 
rid: vir du, lardum, ital. verde, lardo, sit: poatus, ital.posto, x-d: 
buxta, ital. brnta, endlich infrigdus und riffdusj ital.freddo, reddo. 
Eine Stellung für sich nehmen cul, tul, htd ein, sofern sich hier seit 
alter Zeit im Vulgärlatein zwischen den zwei Konsonanten kein Vokal 
entwickelt hat, also oZ, il, hl gesprochen wurde, wogegen das Schrift- 
latein längere Formen vorzog, die dann mitunter wieder in die Volks- 
sprache gedrungen sind. Wir können für die Wörter mit dieser Ver- 
bindung drei Perioden festsetzen. In der ältesten kommen nur die 
kurzen Formen vor, ihr gehören vecchioj macchia an; in einer zweiten 
wird zwar synkopirt, das / aber bleibt und assimilirt sich den vorher- 
gehenden Konsonanten: spalla aus spatla, spatula; in der dritten 
endlich bleibt die längere Form : macola. Sehen wir von diesen Ver- 
bindungen ab, so ergiebt sich als Regel, dass das Toskanische im 
ganzen die vulgärlateinischen Tendenzen fortsetzt, also zunächst syn- 
kopirt, wenn einfaches / oder 8, Xy rs im Silbenanlaut stehen, vgl. 
salce, selce, felce, elce, wohl auch tralce aus tralice = trddtice ; 
-aste = "dssitiSj vaaca, brasca, rasco, iosco, tasto, innesto, desto, 
pesca, rovistOj ferner bei sp : oste, wogegen der Vokal bei // und sc 
bleibt : pollice, mescita, crescito. Auch ri -|- Verschlusslaut verliert i : 
vghergo,varco,porgo, scorgo,chierca, sorco, merto, aber larice, murice, 
sorice und merito. Freilich sind die vier letzten Wörter nicht ganz 
unverdächtig. Merito neben dem alten und poetischen merto scheint 
Latinismus zu sein, neben sorice steht sorcio, sorce, die man wenig 
wahrscheinlich als Kontamination von sorco und sorice fassen könnte, 
so bleiben nur noch murice, larice, die vielleicht nicht volksthümlich 
sind. — Sodann tritt Synkope zwischen zwei Verschlusslauten ein in 
ratio = rapidus, cutretta = cauda trepida (Fleohia, Arch. Glott. 
n 325, 2), cretto = crepitum, vielleicht in netto = nitidtis, wenn es 
nicht französisches Lehnwort ist. Endlich bleiben noch die vereinzelten 
conte aus comite, das neben limite, fomite, gomito wohl als prokliti- 
sches Wort zu fassen ist, sozzo aus sudidus für stuHdtcs, und ent- 
sprechend lazzo aus l-acidtis, frazzo BMBfracidus, muzzo aus muci- 
dus, vgl. Flechia., Arch. Glott. U 325, 2, undjpanota bixia pantice, wo 
überall t — c, d—c sich angezogen haben, schliesslich mdlatto aus male- 
habitus, belegt vouCaix, Giorn. fil. rom. II 7 1, heute mit Suffixwechsel 
mcdato, vgl. aber malattia, femer dotta, detta, woneben d^bito, 



70 Lautlehre. [§ 120. 121. 

subito, debito, sabato BuchwOrter sind, wie ja aucli die Vokale und 
b statt V zeigen. Ein gewisses Schwanken zeigt sich bei r am Silben- 
schluss. Im Allgemeinen bleibt der Vokal, burro aus butyrum ist, wie 
schon S. 16 bemerkt wurde, der Entlehnung aus dem Französischen 
verdächtig, desgleichen das poetische o^ra^ wogegen lepra aus lepora 
sicherer, aber yielleicht von lepratto beeinfiusst ist wie sciorre und die 
andern verkürzten Infinitive von sciorrd. Gleichaltrig mit spaila ist 
maremma aus maritima* 

121. In den Mundarten sind zunächst die Vokalfärbungen andere 
als in der Schriftsprache. Schon in der Toskana selber zeigen Pisa und 
Lucca ul statt des florentinischen ol, Siena ar statt er, vgl. bei Ran. 
Sardo : populo 7, 103, NapuU 99, gondtde 109, picdula 80, izula 87, 
discepuli 92, acaptdi 88 u. s. w., sen. adempiare, chiedare, cuociare, 
mardarey constdari, albaro, assaro, bomare, cennare, ffenaro, let- 
tara u. s. w., belegt Zs. IX 434 f. Mit nachtonig i schliesst sich ans 
Toskanische noch Cittä di Castello und Borgo S. Sepolcro an, wogegen 
Arezzo und die Chiana e vorziehen und damit hinüberführen zum 
Norditalienischen einerseits, zum Umbrisch-rOmisch-neapoHtanischen 
andrerseits. Beachtenswerth sind sabito, feggito in Cittä di Castello, 
fegetOy sabeto in Arezzo, sodann aret. pentelo^ mokkelOj mesquelo 
u. s. w. Das e für lateinisch a findet sich auf dem ganzen norditalie- 
nischen Gebiete, vgl. venez. sparesi^ kanevo, stomego (neben carpano 
mit Assimilation an den Tonvokal) , piem. gavia aus gabata, lampia 
aus lampada, mail. monega, oder im Süden lecc. stomeku, maneku, 
siz. stomikuj moniku, in Alatri sahb^t^^ trapene, desgleichen in den 
Abruzzen. Im Genuesischen tritt vor / in Übereinstimmung mit der 
Klangfarbe des Auslautes § 1 14 e« ein, vgl. nespua^ lodua u. a. A vor r 
zeigt das Venezianische : kamara, zukkaru, pevaro, das Genuesische : 
dattau aus dattaru, zenevau, sagau, pagau neben senee (cenere), 
zeneu (genero), dezeuviu {sdopero), also a — Uy aber e — e, beachtens- 
werth ist noch seiiau aus cicer, — Eine Vergröberung des e zvl a 
zeigen die tessinischen Mundarten : kalas, pecan, frasscm, terman, 
polaSy Jüganag, managa, sübat, vgl. Salvioki^ Arch. Glott. IX 207. 
Im SizÜianischen und Sardischen tritt natürlich t, u ein, i auffälliger- 
weise auch im Tarentinischen, in Übereinstimmung hier 'mit dem be- 
tonten, nicht aber mit dem auslautenden Vokale. Sodann ist mehrfach 
Assimilation an den Tonvokal hervorzuheben: siz. atamu, astraJcUy 
salacUy anaara, annataj saraku, marmarUy anasu, lecc. randani, 
pampanUf sard. seneghe, benneru, lepere, tess. tivid, limpi. Wichtiger 
noch ist die Angleichung an den Auslaut, die in Cortona und über- 
haupt in der Chiana vorkommt und z. B. in BiUi's Poesien streng 
durchgeführt ist, also drmama aber annomo, asono, kavolo, kavHi, 



I 121. 122.] Die tonlosen Vokale. 71 

preddaka^ solloiOf solUtiy sollata, dimmi aber dimmalo u. s. w. Auch 
andere Mundarten zeigen Auffinge dazu, vgl. in Brindisi erumUy erunu^ 
f>ommuru neben pomriy skandäi Arch. Qlott. lY 143, siz. stomuiu^ 
misuru, ertdu = eri tu, amssumu. Endlich ist noch zu erwähnen, 
dass, wo.^-t zu t-i wird (§ 32), auch — e-i sich zu — i—i wandelt, 
ygl,/raffiU Bonvesin D 140 neben Jroffel I 122, mirahüi C 3 neben 
mirabele B 159, premdhi P 10, oder im Süden cidri im Reg. San. 
MussAFiA § 34, laudabele^ laudabüi § 37, pi^i 43. 

122. Viel stärker sind die Abweichungen der Mundarten in der 
Synkope. Zwar die als vulgärlateinisch bezeichneten Fälle finden sich 
überall wieder,| abgesehen von sard. polipu. Dann aber steht neben 
desto j deatare südital. dehetd und lomb. dessedd. Sodann liebt der 
Süden eher offene, dreisilbige Formen, vgl. siz.ßlicij üicij salacu, 
silici neben purci^ vaska und den andern mit sk, ganz entsprechend 
das Neapolitanische, Sardische und die nördlichen Mundarten mit Aus- 
schluss des Genuesischen, das sich hier wieder ans Florentinische an- 
schliesst, vgl. venez. pulese, felese^ salesej elese, msjl.ßres^ sales 
oder salag, pures, j^ißin. feües, piües, aber gen. eriu, prüka, sctie. 
Dann aber synkopirt das Mailändische, abweichend vom Toskanischen^ 
-sina, vgl. ctsna, masna [macina) , frosna, lesna, limösna aber cuen, 
und nV : iendray kambraj und stimmt darin mit dem Piemontesischen 
überein : losna, lesna, limösna^ das freilich auch fornna, redna, 
lendna bietet. — Das Ostlombardische, also speziell Bergamo, stimmt 
im ganzen zum Westen, synkopirt aber noch stärker und nähert sich 
. damit dem BAtischen, vgl. kodffa, domenga, loganga, Dass die Syn- 
kope nicht sehr alt ist, erweist sich daraus, das c schon zu g geworden 
ist. Das Veronesische endlich synkopirt stets vor r: essrOy perdro 
u. s. w. — Von besonderem Interesse sind nun noch das £milianische 
und die Abruzzendialekte, d. h. diejen^en Mundarten, die auslautend 
e, i, u stets tilgen. Im Romagnolischen tritt Synkope stets ein, 
wenn es die umgebenden Konsonanten gestatten, d. h. immer bei den 
Fem. auf a, bei den Masc. nur, wenn der zweite Konsonant ein Ver- 
schlusslaut oder ein Zischlaut ist ; ist er ein Sonant, so entwickelt sich 
der Stimmton und zwar als u vor m, als a vor n, r, /. Die Synkope 
ist jünger 1. als die Erweichung intervokalischer Tenues, daher ^edg 
(^aticus), -edga, Serg, iosg, tisg, dmeng, mang, manga, perdga, 
tonga, karg, karga, hol. pondg mod. pondeg, wo e erst durch Svara- 
bhakti entstanden sein muss, wie das d zeigt, skorga, sorg, tsevd, tevd, 
ruvd, trovd, grevd, omd, lend, vielleicht auch kandy ranz, mez, levd; 
2. als die Assibilation : mesna, piantasha, tt^sstlazna, calezna, fu- 
laznay sflezna^ rezna; 3. als der Wandel von a zu e: isany isna, 
biSsum (aus *biSsm)y keska, mesna, kataplesma. Sonst haben wir 



72 Lautlehre. [§ 122. 123. 

noeh ponsa, polsa, pänza^ urehSy romsa^ zemsa, ffotntj abrotan^ 
kerpan, ergan^ sfiosna, f rassln^ petan, merzan^ vartezin^ lesna, 
anma, endma^ belsum, dettum. Für die Abruzzen fehlt sichere Kunde ^ 
doch giebt z. B. Satiki für Teramo omm^n^j femmene aber kumude, 
spettakulfy und S. 38 die Bemerkung: »delle vocali postoniche non 
finali si fanno sentire soltanto quelle che derivano dall' u latino nelle 
parole sdrucciole« und S. 38 »la qualitä caratteristica ed importan- 
tissima della nostra pronunzia ä non di far sentire quasi mai le vocali 
che sono dopo la tonica«. Genauere Nachforschungen sind hier also 
noch erforderUch. Vgl. zu § 118—122 Zs. VHI 210—223. 

128. Auch vor der Tonsilbe bleiben a, t, ü im Allgemeinen be- 
wahrt als üy i, Uy dagegen sind e, äy t schon im Vulgärlateinischen unter 
f, Oy Oy ü unter t{ zusammengefallen. Im Florentinischen gilt, wie 
d'Ovidio, Arch. Qlott. IX 68 zum ersten Mal ausgesprochen hat, als 
Regel, dass dieses { zu t werde, eine Kegel, die freilich viele Aus- 
nahmen erleidet. Zunächst mögen eine Reihe Beispiele gegeben wer- 
den, die sie bestätigen. Die Präfixe dij rij in, die tonlosen Pronomina 
miy tiy siy die tonlosen Adverbien vi, ci, dann misura, sicurOy minaccia, 
ßnestra, midollay minore, prigione, timore, nipotSy signore, minestray 
disiOy piselliy spilunca, virtüy gittare, migliare, gingiva, ubbidirey 
dazu die veralteten: piggiore bei Boccaccio, Franc, da Barberino, Sardo 
112, tinore S&rdo HO, 117, sicondo Sardo 116, spidale Sardo 88, 
filice Barberino, dilicato Bocc. Dec. Pro., ligittimo Boccaccio, Sardo 
ii6,jß8tuga Sacchetti u. s. w. Die Ausnahmen erklären sich auf ver- 
schiedene Weise : delicatOy legittimOyfestucay vesdcayfelicey tenorey 
secondo sind Latinismen, megliorey peggiore stehen unter dem Ein- 
fluss von meglioy peggiOy fedele von fede, neghittoso von ne ; oder 
aber es ist der tonlose Vokal dem betonten angeglichen, wie in seg- 
reiOy penellOy cesello-y in nemico liegt Dissimilation vor; noch andere, 
wie regaloy segugioy meschino (neben mischino Intell. 160) sind nicht 
toskanisch. Dazu kommt das Gesetz, dass r vor sich e verlangt nicht i 
§ 129. Wenn die alten Schriftsteller, selbst Petrarca, häufig For- 
men mit e anwenden, so stehen sie unter umbrisch-aretinischem oder 
unter provenzalischem Einfluss. So sind legnaggio, vertutey ferma- 
mentOy nemico, provedenza im Tesoretto keine toskanischen Formen 
u. s. w. Das toskanische i-Qebiet ist nämlich ein geographisch ziem- 
lich eng begrenztes. Schon in Siena tritt ein starkes Schwanken ein, 
es ist sogar e ausser bei ex und s -|- Kons, das bei weitem vorwiegende, 
wie die vielen von Hirsch, Zs. IX 531 — 534, 538 — 540 gesammelten 
Beispiele mit Sicherheit lehren, desgleichen zeigt Cittä di Castello und 
die umbrisch-römische Gruppe durchaus e. Dagegen stimmt das Ro- 
magnoUsche mit dem Florentinischen überein : pidon zu piede, ride zu 



§ t23. 124.] Die tonlosen Vokale. 73 

reiey sprifie^ zu pregno, diste = destare, mimbrett zu membar, ja 
es führt den Wechsel von betontem e mit tonlosem i mit viel grösserer 
Strenge durch als das Florentinische, vgl. Mussafia, Romig. § 62 f. 
Es ist nicht ganz klar, ob zwischen den beiden Erscheinungen ein 
innerer Zusammenhang bestehe. Es scheint allerdings^ dass einst ein 
Theil des Aretinischen, speziell Cittä di Castello noch mit zum i-Ge- 
biet gehört hat, und dass das spätere e erst einem umbrischen Einfluss 
zuzuschreiben ist, wobei dann nicht nur das i = vulglat. {, sondern 
auch das dem vulglat. i entsprechende zu e wurde, vgl. feXolo^ dese- 
derioy derittOj deversi. Es könnte aber das romagnolische i^ das sieh 
nicht über die Provinzen Ravenna und Bologna hinaus zu erstrecken 
scheint, der letzte Grad vor dem völligen Verstummen des e sein. — 
Davon abgesehen bietet der Norden wie das Zentrum e, soweit nicht 
Schwund des Vokals eintritt. Im Norden scheint die Grenze zwischen 
i und e mit der administrativen zwischen Livorno und Massa, Lucca 
und Modena zusammenzufallen, im Süden zeigt Grosseto noch f, 
Rom e. Ganz im Süden findet sich nochmals % für e in Sizilien und 
im südlichen Apulien und Kalabrien. Hier wird nun wieder die Regel 
mit solcher Strenge durchgeführt, dass e daneben in tonloser Silbe 
überhaupt nicht vorzukommen scheint. Es muss aber bemerkt werden, 
dass dieser Laut abweichend vom Toskanischen nicht ein reines f, 
sondern ein Mittellaut zwischen e und i ist, ja mitunter zu e herab- 
sinkt, daher die Texte heute häufig in der Schreibweise schwanken, 
wie Schneegans S. 49 ff. dargethan hat. Diese südliche ^Zone um- 
fasst wie gesagt Kalabrien und noch Molitemo, Senise, S. Martino di 
Agri und Spinoso in der Basilicata, während Tito, Saponara di Gru- 
mento, Melfi und Matera e oder ^ zeigen. In Apulien erscheint i in 
Brindisi, Copertino, Galatone, Martina Franca, Massara und Tarent, 
und dass es einst auch Lecce angehört hat, geht vielleicht 2MBfeggyulu, 
dera§§Uy Fut. von dire, reare (arrivare) hervor. 

124. Weit weniger einfach als bei e liegen im Toskanisehen die 
Verhältnisse bei o. Das zu erwartende u erscheint regelmässig nur 
bei folgendem i\ ublidire^ ttccidere, uf/icio, fucüej pulire, <mcire, 
cttginOy cucinoy vgl. tmsl Chron. Pis. 46, dann auch in rugiaday am- 
mticchiare, sugatio, arbtcscello, cugnato Albert. Brescia 16, matto 
zu uosa, aber lontano, monasterOj sottrarrey giocare neben veraltetem 
git4carey Sacch. 81, Bocc. Dec. Pro., giucatore Bocc. 1, 1, cominciare 
und in allen Zusammensetzungen mit con-, jedoch incumincia Alb. 19 
u. s.w., soddurrej soffrire neben suggello. Es scheint also u fast nur 
unter Einfluss eines folgenden % oder palataler Konsonanten zu o zu 
werden, in güicarey ttsatto von dem uo der stammbetonten Formen zu 
stammen. — Auch hier unterscheidet sich das Toskanische ganz wesent- 



74 LautlcJire. [g 124. 125. 

lieh von den Nordmundarten, aber in umgekehrter Weise: während es 
im Allgemeinen also bei o bleibt, ist im EmilianiBchen und QenneBiaoh' 
piemontesi Beben u die Kegel, also nicht nar romagn. suüi, suni, murse 
u. 8. w., sondern auch genuea. Surbi, surti, igud [»volare), kua [co- 
vare], piem. uvera [ovaria], §uve [giovare) u. a. w. Dem Piemon- 
teaischen aohliesat sich wohl auch ein Theil der Lombardei und des 
Tesain an. Tgl. Saltioni, Aich. Olott. IX 208 : ^il aa^o di Campo 
sciive coatantemente u per o atono; e di u ai tratta, in realtä, pergran 
parte della regione, sebbene da uoi ei acriva piü di aolito o«. — Auch 
Mittel- und SDditalien bieten in viel weiterem Umfang u ala t. Schon 
fQrs Seneeische scheint nach den Beispielen Zs. IX 546 u das ge- 
nOhntichere zu sein, vgl. nicht nur ammunire, cuprire, cumune, 
custume, aondem auch brudetto, crullare, cuperto, Ourrado, ptd- 
irone n, s. w. und diesea'u ist dann die Regel fflr alle flbrigen Mund- 
arten. Fflr daa aizilianiache u gilt dabei das S. 73 über tonlos i aus \ 
bemerkte '} . 

126. Lateinisch au ist schon im VulgSrlateinischen zu a ge- 
worden, wenn in der betonten Silbe u stand: agustus, ascuUore, 
agurium, daher ital. agosto, ascoltare, sciagura. In allen andern 
Fallen wird au zu u, vgl. udire neben odo, ucceüo, ucctdere (vulgl. 
aucidere), ßuiare [ßavitare, flautare), ruhare aber roha, cusare, 
lusinga = prov, lauzenga, usbergo aus prov. ausherc, chiudtamo, 
ckiudeva und danach chiudere, altital. u ^ aut Saido 79, Cron. 
Pia. 56, vulg.-flor. urecchio, woneben o halbbetont ist, und oreccMo 
eine schwer zu erklärende Ausnahme bildet; boccale ist an boeca an- 
gelehnt, orezza an ora. Die Entwicklung von au zu u ist wieder 
specifisoh toskanisch, der Soden bleibt bei au oder einem Hittellaut 
zwischen a und o oder o, das wie altes o zu u wird, der Norden zeigt o. 
FOr's Sizilianische giebt Sghkeeoaks S. 51 arUei, ace44u, ladannu, 
während die Sitere Sprache noch au schreibt. In Lecce scheint die 
regelmässige Entwicklung Torzuliegen in naktru {nauclerus), sofern 
hierin nicht, wie in Tiassia = vaiasa, vdc^aBa, neugr. vd^xltj^os 
zu sehen ist, und in aceddu. Campobaaso zeigt u: yur( {gastdere), 
brugatf zu raueus, daneben ciell§ und auciellf, Al&tii gude, pttrfit^ . 



§ 125. 126.] Die tonlogen Vokale. 75 

-r> Im Norden haben wir otTy oiello, adctHa im Genuesischen, ge- 
wöhnlicher aber ist die Auflösung zu o/, ol^ so bringt Salyioni S. 149 
fürs Mailändische ore^§a neben olSeUy vohd = ausare^ ponsd, 
nebst den alten oldir und olcir aus Bonyesin. Daneben ist üsell = 
uccellOy das erst in neuerer Zeit erscheint, eine offenbare Anlehnung 
an die Schriftsprache. Diese Eonsonantisirung des u gehört dem ganzen 
Nordosten an, daher z. B. bei Giacomino oldir neben axegi, in der 
averon. Katharina aldire^ oldi, alcir neben aticir, bei Ruzante (üdire, 
aldega, laldare neben insorir [exhaurire], osieggi, beide auch bei 
Calmo, in der Cron. Imp. aldire^ laldare, aldegare, aleidere. Hier 
mag noch ddlmagio genannt werden, das alte Texte dieser Gegend 
und heutige Mundarten kennen und das aus frz. dommage entlehnt ist 
und bei der Entlehnung Lautumsetzung nach dem Muster frz. o-ir: 
nordital. cddire erfahren hat. — Auch das Toskanische kennt den 
Wandel Yon tonlos au zu al, so führt Caix, Orig. 200 galdere, algelli, 
aultore, aleidere an, Hibsoh, Zs. IX 551 aus senesischen Texten 
altenticOj altoritä^ laldare u. s. w. Ein Zusammenhang mit dem ober^ 
italienischen alj ol besteht nicht, vielmehr handelt es sich, wie schon 
Caix S. 107 mit Recht bemerkt, um eine besondere Behandlung des au 
in Buchwörtem, daher sie denn auch alle aus der Sprache wieder ver^ 
sehwunden sind. — Romanisches au, entstanden aus a/-Kons., bleibt 
im Süden, vgl. Lecce : fausare^ autare, und im Norden: j^iem,faus0', 
wird wie betontes im Genuesischen zu a: atar u. s. w. Im Toskani- 
schen wird romanisches au wie unter dem Tone (§ 100) zu al in 
palmento ^=paumentufnj pammentum nach Canello's Deutung Arch. 
Glott. ni 332. — Unklar ist das Sardische, wo ori&a {orecchia)^ orire 
[haurire) , osare neben pasare und saragare von raucus stehen, vgl, 
Hofmann S. 31. Doch mag in pasare Assimilation vorliegen, ebenso 
in saragare, wenn die Etymologie überhaupt richtig ist. 

126. Von besondem Umgestaltungen in den Mundarten ist zu- 
nächst zu bemerken, dass tonloses ü in demselben Umfange zu ü wird 
wie betontes und dass nur Intragna mit tonlosem i gegenüber be- 
tontem ü eine Ausnahme macht, also mür aber mirai, hüt aber hitan 
u. s. w., Saxyioni, Arch. Glott. IX 208. Dass t in Lecce und in 
Arezzo zu e wird, ist schon § 123 bemerkt und es ist daselbst auch 
eine Erklärung versucht worden. Für's Aretinische ist jedoch noch 
daran zu erinnern, dass italienisches kurzes i unter dem Tone zu e 
wird (§ 90), und dass folglich das tonlose e für i sich aus der Kürze 
des tonlosen Vokals erklären könnte, man beachte velanament, reada 
in Yalsecea (Bergamo) . — Sodann scheint a eine Neigung zu e zu 
zeigen. Aus dem Mailändischen bringt Salyioni S. 95 segrä, miise- 
rafi^ levatif, danedä {natalis), selari, le = la und manche andere. 



76 Lautlehre. [§ 126. 127. 

Ferner in Vezzano (Lunigiana) Gruesko^e, ende, enddr^ lemntare, 
edolord, kestigar, quelunke^ megon, menere u. s. w. — Vergröberung 
von ezixa kennt die Yalmaggia und Intragna^ vgl. Salvioni, Arcli. Glott. 
IX 206. »In tutto la regione son casi sporadici di ß od e protonico in- 
temo in a .... , in Vallemaggia, la tendenza e prossima a diventare 
una legge ; e a rattenerla non vale l'altra tendenza a livellar tra loro 
le forme flessionali, nh l'attiguitä di suoni palatili.« Also smaye 
(somigliare) y baviiy faneStra, langer {leggtero)^ fragur, paieda, 
va^eia u. s. w. 

127. Es bleibt nun noch zu bemerken, dass viele Mundarten die 
Vortonvokale möglichst reduziren oder ganz tilgen. Im Norden sind 
es hauptsächlich das Piemontesische und das Emilianische, vgl. für 
jenes tle = telq/o, dne = damfo, f^ne, fn^ [fenare]^ f>m, tni, 
fnestre^ fnoi (ßnocchio), vzin [vicino), vritd, alle von Ascoli, 
Arch. Glott, n 190 angeführt, f^tina u. s. w. Nach diesen und den 
Beispielen bei Pap. zu urtheilen, fällt nur e, während o bleibt. Ganz 
ebenso verhält es sich in Yalmaggia, vgl. Salvioni, Arch. Glott. IX 204, 
Stil geht auf *settile zurück. Im Emilianischen aber schwindet auch o, 
vgl. MussAFiA, Romg. 112, 1: klazion, klomh, knosser^ dmeng^ 
stmag^ stil, tmera u. s. w., sodann e\ mstir, stmana, badze [hat- 
tezzare)j btidgir, budsella, pundsell [ponticello), vindsen, pke (boc- 
cq/ojy psiga [vesdcd), tsevd [dissapidtis] , dbu (bevuto), dbenda (be- 
venda)^ pargir [perticarius) u. s. w., s. Mussafia, Bomg. § 112 ff. 
Dieses emilianische Synkopegebiet fällt nur zum Theil zusammen mit 
dem Apokopegebiet von § 113, wir treffen zwar in Monte Marciano 
vdia {vendicare)j sntiva^ vrgona^ stend (seniendo)^ in Papozze : prke, 
dnanZf nssuna, vnu, frgulin, prgar n.s.w,, aber von Bologna an 
westlich ist die Synkope sehr beschränkt, ebenso reicht sie nicht über 
den Po in's Mantuanische. — Im Südwesten erscheint die Reduktion 
auf ij f in der Molise und in der Basilicata, wohl auch weiter nördlich 
in den Abruzzen und bis nach Ascoli hin, vgl. in Ascoli: Beggyo^ 
Sfcediy arr§vett§j kemqnzö u. s. w., während Fermo und die Macerata 
reine Vokale bewahren. Sodann weiter südlich Teramo: fqnestre 
u. 8. w., während u bleibt, Campobasso: penza, dgnare, n^^fiä, re- 
nacc§y aber sumqnda u. s. w., Larino: spulik, sfekave [sfogavdj, 
quinzilazione , sodsfazione, seppertä, kemenzann^ Toro: Valette, 
seppertevej kunz§lare, trevö u. s. w., Matera: pitev [poteva)^ akki- 
minzan, mement u. s. w., Molfetta: dileva, piteva^ l^ani: sfegaeve, 
prepenie u. s. w. Eine genauere Untersuchung thut noch sehr noth, 
da die Proben bei Pap. in diesem Punkte nicht zuverlässig genug sind. 
— Um nochmal auf den Norden zurückzukommen, so scheint ü für e 
in Bastia - Mondovi nichts anderes bedeuten zu sollen als f, Pap. 



§ 127. 128.] Die tonlosen Vokale. 77 

schieiht pense, per, desmliss, diventa, p'4rdu, sentend^ vendiche mit 
der Bemerkung : J»la vocale e coi due punti si pronunzia come Vu lom- 
bardo«. Um reines ü wird es sich wohl hierbei nicht handeln, sondern 
um reduzirtes ö oder e, 

o 

128. In hohem Grade ist die Entwicklung der tonlosen Vokale 
bedingt durch die umgebenden Konsonanten, selbst im Toskanischen, 
wo die betonten im Ganzen solchen Einflüssen wenig zugänglich sind. 
In erster Linie mag die Labialisirung erwähnt werden. Auch hier 
leistet a starken Widerstand, ich wüsste nur romajmlo neben ramor- 
juolo zu erwähnen, das doch wohl zu rame gehört, wohl aber wird f , 
seltener i zu o, das dann, wenn i oder { folgt, weiter zu u werden 
kann, vgl. romita, domanda, domani, somifflia, indomna, dovere 
neben devo, rovello, das A. Tobleb, Zs. X 578 zutreffend aus rebellis 
deutet, dopo aus depo, rovescio, sciovernare, dovizia; uhhriaco, 
struhbiare (zu trebbiare Clix, Studi 609), ruMglia [ermlia], wogegen 
in rubellare, rubcddo wohl rubare, in lumacda etwa lume eingewirkt 
haben wird, und giumella wie ^^dLU. jumela aus dem ixKuz, jumeaux 
stammt ^). Einen Fall für sich bilden ugudle = aequale und uguanno 
= hocanno. Nach Labialen erscheint u nur in fuctna [qffidna). — 
Unendlich viel mehr Beispiele bieten die Mundarten. Während für 
i zu das Toskanische nur das halbgelehrte domzia kennt, denn in- 
dovinare geht auf vulglat. divtrms zurück, findet sich im Lombardi- 
schen in Cuneo, Novara und desgleichen im Süden, z. B. Atessa, 
arru^re, und prumer bezw. prümer gehört Oberitalien von Verona 
bis Piemont und weiter südlich noch Lucca an. Für om aus am ist 
lomentar zu nennen, das schon bei Bonvesin vorkommt, übrigens 
heute lümentd lautet, vgl. noch lumentare bei Ruzante und in Vicenza, 
lomentar Soave (Verona), lümentar in Corio. Von andern Beispielen 
mögen erwähnt werden: romaner, agen., alt- und neuvenez., averon., 
Lecce, Sizilien, Sard., somenza, somente, somenare Bescapä, agen., 
aven., Ruzante, wo die Beispiele überhaupt zahlreich sind, Wendbineb 
16, bologn., romg., Campobasso, ferner romg. /n^t?r^, stuv^, truvella 
und andere, Mussafia, Romg. § 73 f., dann oampob. yastumä [be- 
stemmiare), pukkatf, funesira, apputite, pullekkia, putresinere, 
spulä, mucella, bukkyere d'Ovidio, Arch. Glott. IV 157; lecc. mula- 
nese, muntuare, trumpare (temperare), luare [levare), mvdudda 
(midolla), Suvudia u. a. Mobosi, Arch. Glott. IV 138 f.; siz. luvari, 
sbuggyari = svegliare, musurari, vutieddu [vitello) u. a. Schnee- 
öANS S. 55 f. Im Sardischen wird com zu cum; auch sonst tritt vor 



1) Doch bleibt au^äUig, dass giomelle sich schon bei Rusio 333 und 
im Reg. San. findet. 



78 Lautlehre. [§ 128. 129. 

oder nach Labialen u für o ein, Hofmakn S^ 28 f. Hierher g^ört 
sodann der Wandel von qtie zu cUy wie er vorliegt in ctistian bei 
Calmo, Ruzante oder sangunate, r§kulizia in Alatri, Arch. Qlott. 
X 175, siz. ktisturij kusdoni, tar. sutikare aus sekutare u. s. w., 
röm. costiom Cola 447. Endlich muss erwähnt werden, dass dem 
genuesischen puä in betonter Silbe § 77, in tonloser pu entspricht: 
puella (padella)j btm (badile), puin [padrino), muina (mcuirina) u.a. 
Flechia, Arch. Glott. X 143, Anm. 2, und dass S. Cataldo und Cal- 
tanisetta mit puaradisu, muancasairu^ puartari eine ganz ähnliche 
Erscheinung feigen. 

129. In zweiter Linie mag als für das Schriftitalienisch wichtig 
r genannt werden, das vor sich e statt a und i verlangt, gerade wie 
nach dem Tone § 119. Da die Futura der e-verba durchweg auf -ird^ 
nicht -erd lauten, so wird wohl der Wandel von tr— zu er-^ älter sein, 
als die feste Verbindung des Infinitivs mit dem Yerbum habere, wo- 
gegen der Wandel von ar— zu er— jünger ist, vgl. omerd neben aenr- 
iird. Beispiele für ir zu er sind meramglia^ perucca^ cerusico, 
laberintOj luchertno (liffurinus mit Umstellung der Vokale], während 
in smerifflio der Wandel von i zu e dem Mittelgriechischen angehört, 
8. Rom. Gramm. I 30. Auch veruno, perifflio statt viruno, piriglio 
nach § 123 werden hierher gehören. Zahlreicher sind die Beispiele von 
er aus ar. Ausser von Futuren vgl. noch smeraldo, Margherita, 
ferreria, comperare, lazzeretto, zafferano^ bomberaca^ gherofano^ 
buecheraref guiderdone, Liperata^ gtierire bei Boccaccio Dec.n 8, im 
Tesoretto^ in der Intelligenza, vielleicht ferrana zu farrago^ fercde, 
das doch wohl mit fdld stammverwandt ist, sermento u. s. w. zu e 
vor r ist selten, da sperone, seröcchia sich eher durch Dissimilation 
erklären, in scalterire aus scdlpiurire andere Verba auf -erire ein- 
gewirkt haben werden. Vgl. Caix, Voc. Ital. S. 9. — Nach dem § 121 
Bemerkten ist es selbstverständlich, dass das Senesische in allen diesen 
Fällen a bewahrt und es ausserdem noch für altes er eintreten lässt, 
so haben wir also namentlich -aria = -eria^ vendard, delibarare, 
povarino, parsona, persevarare, polvario^ patamostro u. s. w., s. 
HiBSGH, Zs. IX 529. Ital. appartenere könnte so senesische, nicht 
fiorentinische Form sein, doch ist es wohl richtiger, das a aus einer 
Einmischung Yon parte zu erklären. Auch andere Dialekte verlangen 
ar für ^r, so bringt Salvioni, Mail. 105 eine ganze Reihe Beispiele 
aus dem Mailändischen, wie varti {avvertire), marmoria (mem(ma), 
stamiy armelty arbio (zu en?WÄ), aretig^ sarq zu stero, qtiarella u. s.w., 
vgl. noch sarrar bei Bonvesin, doch scheint a hier nicht so konsequent 
zu erscheinen wie im Senesichen, wohl . aber ist es Regel im Emilia- 
nischen, vgl. narburü, pardgir, sarpent u. s. w. Mussafia, Romg. 82. 



[§ 129. 130. 131. 132. 133.] Die tonlosen Vokale. 79 

Auch der Süden liebt ar, so Campobasso, wo die Futura der c-Verba 
auf -araye lauten, vgl. weitere Beispiele bei d'OvidiOj^ Arch. Glott. 
IV 156 f., oder Alatri sar^ente, sarcizii, taramut§ u. s. w., Cboi, Arch. 
Glott. X 171, und Leoce mit sarenu, quarehy terrenu, sarmune, tara- 
tuffidu u. s. w., MoBOSi, Arch. Glott. IV 138, oder Sizilien: vekleya- 
redduy prataria, sarvarij tarantinu, arzira, ared% arruri^ Castarter- 
mini, Saraffusa u. s. w., Schneegans 57 f. Vgl. noch fürs Sardische 
Hofmann S. 26. Einzelne Wörter haben ein grosses Verbreitungs- 
gebiet : marce findet sich von Verona bis Genua und Turin und dann 
in Frankreich, auch marcatum^ marcare iür mercatum, mercare 
theilt OberitaUen mit dem Westen. Hieran würde sich ar aus re 
schliessen, das namentlich dem Are tinisch-emÜianischen angehört. 

180. Weiter ist der Einfluss eines vorhergehenden Palatals zu 
merken. Schon im Vulgärlateinischen sind ja, ju zu je geworden, 
daher ital. gennaioj ffinepro, siz. yinici, sodann ital. gignore, pimale 
^vis piuviale, piviere aus /»u^v^'^rß Foebsteb, Zs. IV 311 , pimaccio, 
Firenze, bestemmia mit e statt i unter dem Einfluss des betonten e, 
Ben,ßedone =ßad(me, Hella = lealta Zs. IX 522 ; amail. pisor bei 
Bonvesin, und etwas anders geartet rovcLg. pu^itura, fUskus, Folgende 
Palatale bedingen in Lecce i statt ö, vgl. die Verba auf -iiare = -^g^ 
giarey femer capisale [capestrale] , uttüana (qtcottidiana), kurriitdu 
(corregginoh) , ßggyare, pifiatu u. a., Mobosi, Arch. Glott. IV 138. 
Auch die von Mussafia § 70 angeführten romagnolischen Formen 
nission = naziane, misre = macerare dürften ihr i statt a den fol- 
genden Palatalen verdanken. 

181. Dass da, wo betontes al zu ol wird, auch tonloses denselben 
Wandel erfährt, ist selbstverständlich. Wir haben also z. B. mail. 
kolcina, oltä, soUä^ fol6eta, kolzon, s. w., s. Salvioni, Mail. 92 f. — 
In Kalabrien bleibt a/, dagegen wird al- zu ö, daher foddale neben 
fadday focune aber fahe, otaru u. s. w. Die Vorstufe dieses o ist 
wohl nicht au sondern ol, es hat also der betonte Vokal dem Kon- 
sonanten einen stärkeren Widerstand geleistet als der tonlose. Merk- 
würdig ist Itdiya (Hxivia), Lucite {Ilicetum) in Campobasso, wo das 
t^farbige l den folgenden Laut affizirt. 

182. Von Velaren Konsonanten ist nur zu nennen der Einfluss 
von k auf au im Sizilianischen und Lecce. Das k zieht u an sich,^ 
daher kuadära, kuacina, kuat^la. 

183. Einfluss von Nasalen ist geringer. Auf verschiedenen Ge- 
bieten begegnet ant für ent, aber ohne strenge Regel, so tantdri in 
Lecce und Sizilien, dazu gesellt sich aus Lecce noch lanzulUj Jran- 
^iddu [fringültts), aus dem Kalabresischen an ^ardinu Mandal. 36, 
anfundu 45, antussicatu. Zur Regel scheint an in einzelnen nord- 



80 Lautlehre. [§ 133. 134. 135. 

italienischen Mundarten zu werden, vgl. Fresconara ant, an, andre, 
saniand, amparä, mail. tampesta, lanti^, zanever, daneda [dies 
natalis), stantä u. a., vgl. Salvioni, Mail. 104, san^ött, andege 
[indicaritis) , andove \x, 8,vf., eb. 124, {ensx. pandon, impavantir, 
arzanzaVf Bagolino (Bresoia) santida u. s. w. Nicht recht klar ist in 
statt en im Mailändischen und Altvenezianischen, vgl. in/la, inirar bei 
Bonvesin, intrar Cron. Imp. und neumail. invriag, in^utt, in^otij 
indivia u. s. w. 

184. Sodann wirkt der Tonvokal dissimilirend oder assimilirend. 
Von den zwei vulgärlateinischen Dissimilationsgesetzen, wonach i — i 
zu ^ — t , — zu e — wird, ist das erstere im Italienischen wieder 
verwischt, da vulglat. e hier zu i wird; immerhin dürften sich, wie 
schon § 123 angedeutet ist, durch eine ähnliche Dissimilation nemicOf 
leticare erklären. Wohl aber ist e — o durch eine Reihe von Beispielen 
vertreten, vgl. sperone, sirocchia, ritando, bifolcOf alt inorare, rimore 
aus vidglat. rt^mdrej timoltOj dazu noch aus den Mundarten mail. 
secorsoj seror, SLgen, prefondo j desenor, besegnosi, agen. semoner 
Arch. Glott. vni 389, aret. delore, dann aus Lecce: pezulu [pog- 
giuolo)y reüggytdu {arzogliuolo); pemmarola, kqnokkya^ p^ndoune 
u. a. aus Campobasso, D*Ovn)io, Arch. Glott. IV 158. Auch volen- 
tieri yritd hierhergehören. Femer i—u aus e — u: vilume, mluppare, 
vilucchio, — Sodann e — i in den Mundarten : deviso^fenir, endevina 
avenez. Prov., premitie, benedecir, vesin bei Bonvesin, auch vulgflor. 
desto, precisoy defizio, vecino, — Dissimilation von u — u zu u — i 
oder i — u weist Mussafia. im Bomagnolischen nach §71: kudineda, 
kti^itor, kuminon, iflon [ognuno), sfiikule, grisol^). 

[186. Assimilation liegt vor in dem schon § 123 erwähnten /7e7»e//o 
u. s. w., femer a—a in tanaglia, danaro, maramglia, marangone, 
altital. sanato, sanatori Cron. Pis. 45, Fra Paol. Lin 53, dann in 
einigen schon vulgärlateinischen, aber dem Toskanischen wieder ab- 
handen gekommenen Beispielen, wie piatä, das noch als sizilianisch 
und leccesisch angegeben wird und sich in den altmailändischen und 
ältvenezianischen Texten findet, daher dann das weitverbreitete pia- 
toso; accagione Ter amo, aneap.; salvatictis: leec, sarva^^u, agen.^ar- 
vaighe, auch alttosk. sahaggio Caix, Orig. 75, aber heute sehaggio 
an seha angelehnt; aven« manatsa Fra Paol., C. Imp., Panf., agen. 



1) Nach BuNCm, Prep. A 87 Anm. würde in Val d'Amo i—u zu e—u, 
vgl. legume, mesura, nessuno, veruno, securo, vertUf Perugia, während sonst 
in der ganzen Val d'Amo im Allgemeinen i eintritt. Allein die Annahme 
ist doch nicht so ganz sicher, da legume, aecuro nicht Erbwörter zu sein 
scheinen, veruno, vertu und Perugia ihr e dem r verdanken können. Es 
scheint vielmehr hier ein Kampf zwischen i und e stattzufinden. 



§ 135. 136. 137.] Die tonlosen Vokale. 81 

zagante^ sard. harvattu [vervactum), alles Wörter, die sich mit a in 
erster Silbe auch in den andern romanischen Sprachen finden, s. Rom. 
Gramm. I 286, ferner axamina FraPaol. äsen., aradegado {erratica- 
tus) aven. Exemp., agen. palava = appellava u. a. Zs. XII 295. — 
E — e: tedesco aus todesco, medesimo, veleno, cesello, aber agen. 
segrestia Rime Qen. 14, 342, äsen. Zs. IX 522, legremando 35,56, 
legremar 16, 21 j pelegoj perezar Arch. Glott. X 146, mail. stemena^ 
gremena, femer mit vorwärtswirkender Angleichnng. cresteline = 
cristallinae Arch. Glott. X 147. — I—i:ßliggine a.u8ful%go, vgl. 
Lecce felinittj squittinio = scrutimum, siz. ßcilt = fucile, dann 
in Norditalien, wo vortonig e sonst bleibt: vtgnir, aprisiar, rizimenti 
Fra Paol., Panfilo Arch. Glott. X 237, amail. lissinioli aus lüssinioU 
Bonvesin, ähnlich im Süden vinire, spidito, sinile im neap. Reg. San., 
risia = eresia^ Miniyentu (Benevento), minimiemu in Lecoe, Arch. 
Glott. IV 137. — O — mpopone, rognone, wenn es nicht mitG&öBES, 
Arch. Lat. Lex. V 236 als französisches Lehnwort zu fassen ist, noto- 
mia, apis. Ogosto (für agosto § 125) Sardo 39, 95; Ksen. gojosia = 
zelosia Fra Paol., Aret.f oroce ; senes. osogna = axungia Zs. IX 522, 
mail. noronkol, noskondÖ, sodann vorwärtswirkend ybro^ß^^o , sen. 
conostabüe Zs. IX 534. — U — u: die schon genannten ugualey 
ugtumno, südital. sturnutare Rusio 125. Zahlreiche Beispiele aus dem 
Romagnolischen bringt Mussafia, Romg. § 77 und Anm. Als theil- 
weise Assimilation wird setile bei Fra Paolino und Bonvesin zu 
fassen sein, sodann e — i aus a — iia Chieti: kemine, merzte, quetrine, 
sertive, menive, spedine u. s.w. 

136. Eine besondere Behandlung der Anlauts vokale zeigt die 
Umgegend von Lecce für o, das zu au wird, vgl. auHa, auriente, 
aunestu. Solche Formen kennt auch die älteste italienische Dichter- 
sprache, so namentlich audire^ aulore^ aunora, aultva, auriente, 
caunoscere, belegt von Caix, Orig. 84 ff., aulimenti imTesoretto; sie 
verschwinden aber vor Dante. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass 
darin südliche Formen zu sehen sind, und man wird voraussichtlich 
bei weiterer Umschau noch heute au auf grösserem Gebiete finden, als 
bisher nachgewiesen ist, vgl. bei Caix S. 86 neap. auliva^). 

137. Es giebt nun in tonloser Silbe noch eine grosse Zahl von 
Yokalvertauschungen , die verschiedene Ursachen haben ^ meistens 
gegenseitigen Einfluss sinnverwandter Wörter, Einmischung von Prä- 
fixen u. dgl. So wird m dimestico neben domestico sich das Präfix di 

1) Gesucht und unwahrscheinlich ist FUMl's Auffassung Mise. fil. lingu. 
S. 95 — 99. Er geht davon aus , dass man auch canoscere, alivo findet und 
sieht nun in den Formen mit au eine Vermischung der beiden Gestaltungen, 
also caunoseere = conoscere + canoscere, 

Mey er -L &bke, Ital. Grammatik. Q 



82 Lautlehre. [§ 137. 138, 

eingemengt haben, was um so leichter möglich war, als man diman- 
dare und domandare^ dimane und domane sprach, ferner soddurre^ 
gewissermassen subducere statt seducere, so soppelUre und soddisfare 
iHr satisfare^ a.Yeii. deverso iür diverso 'Ptoy. FemeT alleffgere aus 
elegere, wofür heute wieder eleggere, während die Form mit a einst 
ganz Italien eigen gewesen ist, vgl. fürs Senesische Zs. IX 530, ebenso 
apis. bei Sardo, aperug. bei Graziani, dann im Avenez. Arch. Glott. IV 
253 und Anm. 4 , Fra Paolino LXXIV 2, averon. in der Katharina und 
bei Giacomino, apadua. bei Ruzante, amail. bei Bonvesin Seiffert 6, 
ebenso im Süden noch heute sizilianisch, neapolitanisch u. s. w. Ähn- 
lich erklären sich aspettare^ das schon vulgärlateinisch ist, annojare^ 
annestare, annitrire, annacquare^ asciugare, asciolvere, atnendare = 
emendare, affogare [offocare)^ campob. appela (pilare), das halbge- 
lehrte assedio [obsidtum), ferner accupare in Teramo, addurare = 
obdurare. Es findet sich nun aber überhaupt oft a in erster Silbe an 
Stelle anderer Vokale, so in avorio aus eburetis, weil av ein auch 
sonst vorkommender Wortanfang ist, für et?, iv dagegen andere Bei- 
spiele fehlen. Dasselbe gilt für agudle neben uguale aus aequalis ; 
auch bei den alten abreo, asemplo Tesoretto, pis., agen., aven. u. s.w. 
kann man an einen ähnlichen Einfluss denken. Schwieriger ist 
sagreto im Tesoretto, starnutare Intell. 62, canoscere Qkts., Orig. 
85, und heute allgemein im Süden, wo man wohl an Dissimilation 
denken kann, agnuno aven. Arch. Glott. X 238, agen. Arch. Glott. 
X 148, aneap. Heg. San., auch sizilianisch und so die andern Zu- 
sammensetzungen mit ogni,^ während das Grundwort nur bei Buz. a 
zeigt, Wendkineb 20. Auch sonst bietet die alte Sprache, nament- 
lich in Oberitalien, manche Fälle, wie aven. trabuto Arch. Glott. IV 
253, splandore bei Calmo, Ruzante, in den aven. Glossaren und im 
Sizilianisehen, manestra Gloss., Ruzante, alimenti bei Franc, da Barb. 
Regg. 31 und Cron. Imp., agen. zazuna Rime Gen. 56, 15, aneap. 
jagiuno Reg. San. 

138. Auffällig oft begegnet a vor s -|- Kons. Zwar das Floren- 
tinische bietet heute keine Beispiele und in älterer Zeit wenige, vgl. 
etwa asbergo Intell. 268, assillo = exilium 21, jenes auch äsen. Zs. 
IX 522, dann sen. ti^^m^ro, asecuzione, asser cizioj assentare [exem- 
ptare) Zs. IX 530, aus den Rime Genovesi führt Flechia, Arch. 
Glott. X 147 an: asempto, asdeiti, asihema, asminui, aspose, astor- 
bea, aster, aspeitar^ axaminao, axalta. Es mag sein, dass auch hier 
eine Einwirkung von a- vorliegt, wie in dem ital. aspettare, es kann 
aber auch die Verstärkung des e zu a das Gegengewicht sein zu dem 
Verstummen des e, das gerade vor gedecktem s am leichtesten eintritt. 
In ähnlicher Weise wie bei es^^*^ eben infolge der Aussprache ^s^^^ 



§ 138. 139.] Die tonloeen Vokale. 83 

leicht ins sicli einschleicht^ so auch a, und daran mag sich Teramo 
schliessen, das, so scheint es, stets a für anlautend e eintreten lässt 
und damit sich dem Rumänischen anschliesst, s. Tiktin, Zs. XI 69. 
In der That bringt Savini 43 nicht nur assukd, aleg§^, sondern auch 
alefande^ adukäf astlit/d, assembeye, avitä, ammendä [inventare) 
und S. 44 asternu, areteke, arete neben itä *). Auch das Sizilianische 

' o o ' o / 

scheint fast nur a zu kennen, vgl. die grosse Menge von Beispielen 
bei ScHNEEGANS 57. Da in diesen Gegenden tonloses e im Anlaut 
sehr leicht abfällt, also zunächst reduzirt worden ist, so bestätigt sich 
so die Auffassung des dS im Genuesischen und Senesischen. -r- Auf 
dieselbe Weise wie annacquare erklärt sich mail. imbassadö, nur hat 
sich hier in eingemischt, und dieses in- tritt an Stelle jedes an^^^, 
vgl. incoda = anchois, inguilla^ inkö [anche oggi) u. s. w., s. Sal- 
TioNi, Mail. 91. Ebenso im Modenesischen inguilla u. s. w. , und 
im Komagnolischen Mussafia § 72. Femer scheint, wenn in Alatri 
durchgehends pre für pro eintritt, also prefunne, presutte , pr^- 
cure u. a. Arch. Glott, X 175, Vermischung von pro und per statt- 
gefunden zu haben. 

139. Lateinisch u ist z. Th. schon im Vulgärlateinischen zu o, 
l zu e, umgekehrt e zu i geworden, ohne dass jedesmal der Grund 
klar wäre, vgl. Kom. Gramm. I 278. Von solchen Fällen kennt das 
Italienische formento^ stromento, scojattolo. Dazu kommen nun 
noch prodenza Alb. Brescia 19, 20, wohl Anlehnung des Buchwortes 
an prode, wenn nicht etwa eine Tendenz vorliegt, tonlos o zvlu werden 
zu lassen, wie man aus oscire Alb. 65 und sonst, vgl. Caix, Orig. 66, 
omana, otilitade Albert. 12, ponire 55 schliessen kann, ferner äsen. 
omore, osanza^ stromento^ nodrireu, a., Hirsch, Zs. IX 548 f., agen. 
omor, osura Flechia, Arch. Glott. X 248, wogegen aneap. omore, 
orina nach Mussafia, Heg. San. 21 Anm. 6 einem Gesetze dieser 
Mundart entspricht, gemäss welchem jedes ü zm o wird. Gegenüber 
\dii,frlxum^ frlxorium steht kalabr. fressura, aneap. suffressare^ 
Yen. fersora. Sodann i für e: dinarius avenez. diner Prov., agen., 
amail.; Grigor aven. Fra Paol., agen., amail. Grigol bei Bonvesin, 
vielleicht nach griechischer Aussprache. — u für o: mail. künä = 
cognato, scudella neben scodella in Anlehnung an scudo, cucchiajo^ 
wo zwar u nach § 124 erklärt werden kann, wo jedoch auch die 
andern romanischen Sprachen u verlangen. 



1) Ob auch Alatri a verlangt, wie Ceci, Arch. Glott. X 174 aufstellt, 
ist fraglich. Von den Beispielen, die er bringt, sind assutt^j assukd gemein- 
italienisch, assaggd erklärt sich durch Assimilation, arede, aretik§ zeigen a 
vor r, fallen also unter § 129. 

6* 



84 Lautlehre. [§ 140. 141. 

140. Vereinzelte Fälle verschiedener Art sind noch uscire = 
exire + uscio, Iticertola = lacerta + luce, laveggio = leveggio + 
lavare, ramertno = rosmarino + ramoj smaniglia = monile + 
mano , gracidare = crocitare + gracillare , malinconia = melan- 
coUa + ^T^/ß) loamo bei Fra Giacomino, lutame bei Rusio 45 und 
neap.= fetom^ -f- ^^^^^j tarent.-aven. laimentare Panf., Cato, Ugu9. 
= lamentare + gtsaimentare ; manicdre neben mant^c;a ist wohl 
durch desinare neben *digiuno herbeigerufen, agen. scomenecare^ das 
schon viilgärlateinisch scheint, Rom. Gramm. I 278, ist an andere 
Verba auf -ene- angelehnt. Im Südsardischen perdaiu (pratarius) 
aus pardaiuy logud. peraula für paraula liegt Einfluss von per vor, 
HoFMANN 25. Neben ascondere , nascondere = abscondere findet 
sich auch niscondere, aus dem Altsen. belegt von Hissch, Zs. IX 522. 
Man darf wohl auch *scondere voraussetzen, das zu ascondere trat, wie 
neben *8pettare auch aspettare stand, vgl. § 138. Ahnlich erklären 
sich sard. isparau, iskurUj iskultare durch Einfluss der vielen Wörter 
mit Anlaut isp-, isk-, Sie bilden gewissermassen die Vorstufe zu den 
§144 erwähnten italienischen Formen sparagi u.s.w. Unklar ist süd- 
ital.-siz. turyaka^ schon im Reg. San. torrtaca und ital. nicciuola aus 
nuceola, — Endlich alttosk. malvestat Caix, Orig. 44, hieltä^ biltäj 
67 sind französische Formen, letztere aus bicdtd. 

141. Vortonvokale im Hiatus sind selten, meist sind «, e und u 
in dieser Stellung schon im Vulgärlateinischen zu iy ^ geworden, daher 
fürs Italienische Konsonanten. In Buch Wörtern oder bei sekundärem 
Hiatus bleibt meist der Vokal unverändert, doch zeigt e vor o und e 
Neigung zu i zu werden : lioney niente aber reina. Die Mundarten 
haben auch hier Abweichungen, e — / wird im Venezianischen zu ai : 
raena Fra Paol., Cron. Imp., ebenso im Mailändischen, auch Guittone 
d'Arezzo nach Caix, Orig. 65. — E wird fast überall zu i: biado, 
criatura, riame Fra Paolino, ebenso in der Cronica: piatoso 32* 
u. s. w., Ugu9one, Panfilo Tobleb, Arch. Glott. X 238, Proverbia 
RijpjLEL 11, Exemp. Donati 17, Ruzante Wendbineb 16 u. s. w. 
Vgl. noch neumail. piöcCj Napoliö, mtcdla, tiyater. Dann auch im 
Süden in Alatri: vyate u. s. w., Ceci, Arch. Glott. X 174, in Lecce 
MoBOSi, Arch. Glott. IV 137 u. s. w. Selten ist Tilgung des tonlosen 
Vokals. Dem italienischen Lexikon gehört fogno aus favonius an, 
doch ist das Wort nicht toskanisch. Sonst vgl. sitta^ sagitta bei Ru- 
zante, Calmo und heute im Osten, s. Rossi zu Calmo CXXXVII, lecc. 
meku = maestru, RqfSli, senku aus Juvencus^ wo jedoch die Re- 
duktion von ue ZM e ^ ^2 nicht zu vergessen ist, vgl. d^iexjenca auch 
bei Franc. Angel. 1 und im Sizilianischen. Im Genuesischen ist -o, 
-w aus -atore Regel, vgl. lavoroi = lavoratori, ciantoi Prose 11,3. 



§ Ul. 142. 143.] Die tonlosen Vokale. 85 

Zwei gleiche Vokale werden natürlich zusammengezogen, daher bere 
aus beere, prete aus preete u. s.w. 

142. Zuweilen entwickelt sich beim'Übe^ang von einem ton- 
losen Vokale zum betonten oder umgekehrt der dem einen homorgane 
Spirant. Fürs Toskanische fehlen Beispiele. Dagegen ist iya für ia, 
eya für ea, ieyatro für teatro dem ganzen Süden und wieder dem 
Romagnolischen , Bergamaskischen , wo ia weiter zu ea wird (§96), 
und dem Lombardischen eigen, vgl. auch difendejano Cron. Pis. 146, 
tenejano 51, pigetate R. Bucc. 815, prejori b. 365, pagese b. 454; 
ganz ebenso wird mail. koa zu hox>a, man§€{d\yra zu man§avora, 
aost zu avost, kaena zu kayena u. s. w. und im Toskanischen selber 
u + Vok. zu ov: rovina, manovale, menovare, vedova, Genova, 
Mantovtty continoeo, groviera und sogar puveta, puvesia kennt die 
toskanische Vulgärsprache. Es scheinen nun die Formen mit und die 
ohne Spirant eine Zeit lang neben einander bestanden zu haben, also 
z. B. mail. koa und kova, oder pav., wo o weiter zu g wird: leara und 
legora, daher man denn auch mail. strava := strada, pav. mega = 
meta bildete, vgl. Schuchabdt, Litbl. 1887, 180 f., Zs. XIII 317. 
Auf ähnliche Weise erklären sich padiglione, vidanda, ciascheduno, 
diddotio aus pa-tgltone u. s. w. Nach dem Muster von ched io, ed 
amico bildet man ned ella statt ne ella, la tid eilt Albert, di Brescia, 
Rist. Arezzo 30, 6, 13, mad, sed statt ma, se vor vokalischem Anlaut 
und danach trat d auch im Wortinnem zwischen zwei Vokale. 

143. VokalausfaU findet auch im Toskanischen statt in erster und 
in zweiter Silbe^ letzteres unter denselben Bedingungen, unter welchen 
der Auslaut im Satzinnern fallen kann (§ 108), also nach r, /, n, vgl. 
vergogna, cervello, sartojo, arlia, vergato [variegatum] , cdcuno, 
factlmentej beltä, umiltäj vantare, bontä^ santä Bocc. Dec. 11 1 neben 
der Buchform sanitä, cominciare, sodann zwischen 8 und t : destare, 
tnnestare, costura und hier auch zuweilen in erster Silbe : staccio, 
woneben die volle Form sedaz im Lombardischen besteht, se tu wird 
fcu stu bei Pulci 44, oder istu bei Albert, di Brescia 7, 10; «— c: 
tncischtare = incisiclare, im Anlaut scure = securis. Dem cretto 
von § 120 entspricht cattano aus capitano. Vereinzelte Fälle sind 
noch orratOf derratOy vedrdj dtsnore. Der Vokal der ersten Silbe fallt 
namentlich leicht, wenn ihm ein r folgt: gridarej dritto, frasca, 
frana, crollare, sprone, bricco, tritello [terebellum] , crogiolare^ 
vielleicht sdruscire aus diruscire , vgl. drusdre Intel!. 181, 268. 
Cruna aus Corona ist seines u wegen nicht toskanisch. Hat die erste 
Silbe einen Nebenton wie in dtrizzäre, so bleibt der Vokal natürlich 
bestehen. Namentlich leicht fällt der Vokal, wenn der ihm vorher- 
gehende Konsonant und der ihm folgende identisch sind. Schon vulglat. 



86 Lautlehre. [§ 143. 144. 

ist mattinum, ital. mattinOj woneben maitino in den alten toskanischen 
Liederhandscliriften, Cjlix^ Orig. 45, dann aber namentlich im Nordita- 
lienischen, z. £. Ugu9one und auch ausserhalb Italiens, s. Diez, Wb. 
s. V. mane undCAix, Orig. 45, schwer zu erklären ist, ferner barattore 
statt barattatorey cutretta aus candatrepida, ßorrancia bma ßora- 
ranciaj sotterra == sottoterra, vedestu = vedestitu Cavalcanti Son. 
15, 1, avrestu = avrestitu Sacchetti 11, morrd = morird u. s. w. 
144. Abfall von Vokalen im Anlaut ereignet sich um so leichter, 
weil im Italienischen alle Wörter vokalisch auslauten. So fällt das a 
von Femininen, oder besser, es zerschmilzt zunächst mit demjenigen 
der Artikel und geht dann ganz verloren, in pecchitty guglta^ gaggia^ 
badessay badia, rena, seltener sonst, wie in ghirone neben aghirone. 
Besonders bemerkenswerth ist sola aus Tdssahy versiera aus Vavver- 
siere. Von anderen Vokalen mag genannt werden ae in ruggine = 
aerugine, gualivOj e in riccio, briacöy Umosina, chiesa, vangelioy 
vescovo, romitOy i in rondtnej leccio, nemico, o (oder a, vgl. § 135) 
in cagtonCy lezzo, bacio (*opactvtis)y u in bubbola = *upupola. Vgl. 
noch K. Michaelis, Studien zur romanischen Wortschöpfung S. 70 — 74. 
Im Vulgärlateinischen war vor s + Kons, i getreten, man sprach ispatüy 
istare wie istonUy istrumentum aus instrumentum. Diese Formen fin- 
den sich im Schriftitalienischen noch heute nach con, in, non: con 
istudiOy in istraday non ispignere. In allen andern Fällen aber ist 
das i wieder verschwunden, daher scuoloy studiare u. s. w. Mit diesem i 
fiel natürlich auch das ursprüngliche in storuiy strumentOy stesso, femer 
ae in State, stivale, stimare, e in sciame, dann e aus a in scoHarey wohl 
auch a in sparago, o in scuro, spedale. Ältere Handschriften zeigen 
das i noch in weiterem Umfange, vgl. Gsöbes, Zs. II 594, ferner 
ispazo Ric. Sen. 39, uno iscaßo 33, istregniture 45, iscrtti 53 u. s. w. 
Ebenso hat es das Sardische, das die auslautenden Konsonanten bei- 
behält, bewahrt, sagt also iskala, iskamparey istare, isposUy iskire 
(scire), ismagare u. s. w. — In den Mundarten ist der Abfall viel 
weiter gediehen als in der Schriftsprache, namentlich bei e. Fürs Mai*- 
ländische stellt Salvioni, Mail. 103 geradezu als Gesetz hin, dass an- 
lautend e falle, und bringt ausser den gemeinitalienischen Beispielen 
noch vöria (ebureo), radega [erraticare] , das dem ganzen Norden 
angehört, s. Mussafia, Beitrag 92, celenzay fetif [effetivo], ferner 
für a : mar [amaro), zerb, ran, moi^oSy stroleg, lesnay ve = avere, 
tripes [atrepice], güzz, güta u. s. w. S. 90 f., i: Talia, tterzia, po- 
kondria S. 122, seltener o: punio, vag [opactis). Auch das Romag- 
nolische ist reich an Beispielen, vgl. Mussafia, Romg. § 129, woraus 
beg (opacus), mras (amorosus), tarezia = itterizia wegen ihrer Über- 
einstimmung mit dem Mailändischen erwähnt werden mögen. Für 



S 144. 145. 146.] Die tonlosen Vokale. 87 

den Süden ist namentlich zu bemerken, dass das t des Präüxes in 
überall fällt, also mmidia = inmdia, ndandu = intanto, ngyostru = 
inchiostro u. s. w. — Sonst ist der Abfall des a in Campobasso »fre- 
quentissima, ma non costante« d'Ovidio, Arch. Glott. IV 15&, u fällt 
z. B. in nguiende (unguentumj wohl mit der Zwischenstufe inffuentum), 
mellikule = umbilicus. nzurd = uxorare. woraus zunächst insorare. 
FürLecce bemerkt Mobosi, Arch. Glott. IV 107: »l'aferesi cosi dell' a 
oome deir altre vocali atone e qui frequentissima«. Etwas beschränkter 
«cheint die Aphaerese im Sizilianischen, so schwindet a nur bei Fe- 
mininen, Schnee GANS S. 45, i (aus e. t\ stets vor n, dann aber auch 
in luminaziu7ii, NaziUj cillenza, sonst kaum. Das Sardische bietet 
wieder sehr viele Beispiele, vgl. Hofmann S. 40. S. noch § 138. 

145. Entfaltung und Zusatz neuer Vokale ist im ganzen selten. 
Jene tritt stets ein in der Verbindung sm, vgl. asima, ansima aus 
asma = asthma, hiasima aus btasma, ferner estmo Intell. 70 aus 
afr. esme = aestimat. Zwischen Konsonant und r schon in früher 
Zeit in soceruSj ital. suocero, dann erst in einer jungem Periode in 
maffhero, cifera^ mitera, mencherOy sopperire = supplire, birichino 
zu afrz. bricoHy logorare \ sonst seneppino, Inghiliterra, ßlingtiello\ 
palanca, salamone, Ghirigoro Sardo 185, 191, calabrone zu crabrOj 
und andere zweifelhaftere bei Cajx, Studi S. 183 f. VV^ie man sieht, 
entspricht der neue Vokal stets dem betonten. — Vokalvorschlag ist 
noch seltener, man mag hier ancudine aus la ncudine, anguinaja 
aus la ''nguinaja^ dann anare aus la nare, amarca bei Guido Caval- 
canti 57, 7 aus la marca nennen. Nicht klar sind avvoltojo und 
alloro, — Aus Mundarten mag zunächst erwähnt werden, dass in 
Teramo zwischen / und Konsonant sich e entwickelt, vgl. kalekä, 

yaleke, befoleke, taleßne u. s. w., Savini, Ter. 54. Ferner von ver- 
einzelten Beispielen aver. sepejarsi'= specchiarsi, Müssafia, Bei- 
trag 104, tarent. smimmirato = smembrato, röm. settemoro Hist. 
Rom. Frg., inziemmora 1, 3, sard. alinu^ ulumu, zoronata, imbere- 
nare [hibernare)^ kolumu u. s. w. 

146. Dann aber soll hier besprochen werden die Vokalisirung 
tönender Laute. An erster Stelle ist zu erwähnen, dass im Röma- 
^olischen von zwei Sonanten der erste Vokal, der zweite Konsonant 
wird. Dies tritt namentlich ein in der Verbindung Kons. -[- r -|- i -f- 
Vokal, wo nun in Folge der Konsonantisirung des i das r zu ar wird, 
Also mbaryeg ==: ebriactis, mutarya = mutria, pidarya = pidria, 
mdaryol, paryor = prior, vgl. Müssafia, Komg. § 94 und 124. Es 
handelt sich also hier nicht sowohl um Entwicklung eines Vokals als 
um Vokalisirung eines Sonanten. Daran knüpft sich nun die. weitere 
^Erscheinung von ar für re. Dabei ist zu vörderst zu scheiden zwischen 



88 Lautlehre. [§ 146^ 

Anlaut und Inlaut. Im Anlaut treffen wir im Aretinisch-senesisclien 
are für re. Fürs Senesische bringt Hibsch, Zs. IX 521 f. zahl- 
reiche Beispiele und zwar nicht nur aracoffliere, arraccamodarey 
arrassomigliarej wo ein allfälliger Vorschlag in seiner Färbung durch 
den folgenden Vokal bestimmt sein könnte, sondern auch arricordare^ 
arricamandare, arrendare. Femer nicht blos bei Verben, bei welchen, 
man an Einfluss der zahlreichen Bildungen mit dem Präfix a denken 
könnte, sondern auch bei Substantiven wie arltquie = reliqume. Diese 
Formen finden sich auch noch in Lucca, in Montalese : arritomarey 
arrispondere, arracantare, arriposare, arricordare Arch. Trad. Pop. 
m 373, dann also im Aretinischen und führen so unmittelbar zum. 
Romagnolischen hinüber. Wie in dem senes. arliquiej so fällt nun. 
auch im Aretinisch-umbrischen der ursprünglich, dem r folgende 
Vokal, vgl. aret. armertij arporto^ armortay arviene u. s. w. Arch^ 
Qlott. IV 447, urbin. ar^i = rivenire, artrove Arch. Qlott. II 444, 
perug. arvenne Graz. 105, aravve 141, aribeüare 169, arese 158^ 
arponere 112, armurati 222, arpresero 246, argirse 246 u. s. w.,. 
romg. arlavSj arvnt und daraus aruvniy dann armor = rumore, 
rimore § 134, arstt = restivo u. s. w., Mussafia, Romg. § 125. Mit 
dem Emilianischen stimmt auch das Genuesische, vgl. die Beispiele 
Arch. Glott. VII 325 ff., und das Piemontesische, vgl. Bioitbelli 480: 
arbattef arproce (aus frz. reprocker), arseta [ricetta). Andrerseits- 
sind auch dem Süden solche Formen nicht fremd, arri- für ri kennt 
Atessa, arveneve Bucchianico und aus dem Sizilianischen bringt 
ScHNEEGANS S. 63 ausscr zahlreichen Verben arrinegatu, arrisettUy 
arrakanu, arritala u. s. w. Sodann ist das allerdings weniger 
weit verbreitete aJ für le zu nennen. Im altbolognesischen Tesoro del 
poveri liest man dledamare und dem entspricht genau romg. cddan = 
letame, femer aheya = lexiva, dlven = lupino und selbst alon aus- 
alyoHj lyon = Hone, Mussafia, Romg. § 125. 

Es ist wohl klar, dass die beiden Erscheinungen zusammengehören,, 
und dass wir in beiden die Entwicklung des in dem Sonanten (r, /) 
liegenden Stimmtons zu einem vollen Vokale zu sehen haben. Ob 
dabei der dem r folgende Vokal bleibt oder schwindet, ist gleichgültig,, 
es hängt dies mit den besondern Neigungen der Mundart zusammen .. 
Zeigt aber der Dialekt überhaupt die Tendenz, die Vokale der ersten 
Silbe zu tilgen, so ist bei der dadurch eintretenden unmittelbaren Be- 
rührung des Sonanten mit einem Konsonanten die Entwicklung des- 
Stimmtons um so eher möglich. Daher haben wir im Romagnolischen 
noch weiter indson = nessuno, nson Mussafia, Romg. § 126, dann 
monferr. amsS aus mse = messere, ambrende = merendarej ambrizz^ 
tessin. admanda, avfii^ avde = videre. Sodann gehören hierher noch 



§ 146. 147. 148. 149. 150.] Die tonlosen Vokale. 89 

die aretinischen Formen un mezza = in mezzo, un somba = in 
somma, unnanzi, unneskambio u. s.w. 

147. Es erklären sich nun auch die noch zu besprechenden Fälle 
von Vokalentwicklung im Wortinnem daraus, dass ein Sonant in Be- 
rührung mit einem Konsonannten, sehr oft mit einem Sonanten, den 
inhärenten Stimmton zum vollen Vokal entwickelt. Auch hier mag 
das Romagnolische an erster Stelle stehen, da darüber die genaueste 
Kunde vorliegt. Aus verminosus entsteht varumnos. Theoretisch 
erwartet man vrmnos^ woraus zunächst nach dem zu Anfang des vor- 
hergehenden Paragraphen entwickelten Gesetze varmnos. Von den 
zwei Sonanten mn entwickelt wieder der erste den Stimmton, daher 
varumnos. Aus *dimezzale entsteht so dumzel, aus disvestire : 
dsuvsti, aus rivedere : aruvde, aus dimisura : dumsura u. s. w., s. 
MussAFiA, Bomg. § 120 — 124. Hierher ist aus den emilianischen 
Mundarten namentlich auch der Wandel von auslautend my rl, rm zu 
ran, ral, ram zu ziehen, vgl. bologn. inferan^ §orany meral, pre- 
gäral nach Biondelli 198, faent. enorum, enferum, elum {elmo), 
gveran 199, parmig. §oren, salem, uniforem, nerev 208. 

148. Vokalzusatz am Wortende zeigt das Toskanische bei kon- 
sonantisch auslautenden Fremdwörtern, selten in der Schrift wie Da- 
vidde, aber stets in der Aussprache: onnibtise, lapise u. s.w. Ebenso 
bei den Oxytonis: amoe, cantöe, virtue, piüe sind in alten Hand- 
schriften nicht selten, bei Dante im Reim tue Purg. XVI, 26 u. a., s. 
Zehle S. 24, im Codex Magliab. von Brunetto, Caix, Orig. 99 u. s. w. 
— Von besonderer Wichtigkeit ist die Paragoge im Sardischen, wo die 
auslautenden Konsonanten bleiben. Hofmann, Die log. und camp. 
Mundart, hat S. 56 — 60 eingehend darüber gehandelt. »In den can- 
zoni populari werden alle möglichen Wörter mit paragogischem Vokal^ 
der immer genau dem Vokal der ursprünglichen Endsilbe entspricht^ 
versehen«, also asa = kabeas, data = daty dana = dant, faghene^ 
podene, pese = pes, krasa, piusu, daher auch nomen und nomene^ 
camp, nomini u. s. w. 

149. Für sich steht der Einschub eines f, wie er in inchiostro 
(aber incostro Brun. Lat. 82), chioma (aber coma noch bei JRistoro 
d*Arezzo), älter Hnclaustmmy cloma vorliegt ; das cl, chi statt c erklärt 
sich »per Tinflusso fonetico che la frequentissima forma o riduzione 
radicale cland^y clud-, claus-, dus- esercita sopra vocaboli di etimo- 
logia non chiara per il volgo, nei quali si ha il nucleo cwtf-, cus-j 
caus-«. AscoM, Arch. Glott. HL 399 Anm. 

150. Endlich bleibt noch die Umstellung von Vokalen, wie sie 
z. B. in rubesto aus robusto oder nach § 134 rebnsto vorliegt, offenbar 
in Anlehnung an agreste. Weitere Beispiele sind rovistico aus ligusti" 



90 Lautiehre. [§ 150. 151. 152. 

cum^ moden. valudeg aus vuladeg^ Flechia, Arch. Glott. HI 164, 
agen. idiprosia = idropisia Flechia, Arch. Glott. Vm 359, tarent. 
sutikare = seguitare, riumare = rumigarej neap. spollekare = 
pillucare, logud. immadonare aus amidonare, muedda aus meudda, 
ital. lugherino aus ligurinus u. s. w. , aven. ingonegiava Gloss. B., 
aumbr. engix>nechiato XIV. Scritt. 7, 10. Vgl. Behbens, Über reci- 
proke Metathese im Romanischen S. 100 — 102 und fürs Sardische 
HOFMANN S. 63 f. 

151. Davon verschieden ist es, wenn { aus dem Anlaut einer 
Silbe in denjenigen einer andern tritt wie in gnocco = nocchio, 
abhiaccare := ahhacchiare (abbaftulare), scoppio = schioppOj calabr. 
kyumpire = compiere. Dagegen gehört in pioppo aus populus die 
Umstellung einer altem Zeit an, wo noch poplus gesprochen wurde, 

'8. Umstellung des /. 

Der Accent. 

152. Wie für die Schwester sprachen so gilt fürs Italienische das 
Gesetz, dass der im Lateinischen betonte Vokal den Hauptton behält. 
Der Ausnahmen sind nur wenige, die wichtigsten schon vulgärlatei- 
nischen sind § 12 genannt. Dazu kommen nun aber noch andere, 
namentlich im Verbum^ seltener im Nomen. Zunächst mag- erwähnt 
werden, dass in zusammengesetzten Verben der Ton gerne vom Präfix 
auf den Stamm vorrückt, wobei dann meist auch der ursprüngliche 
Stammvokal wieder hergestellt wird, also retenet, nicht retinet ^ vgl. 
ital. ritiene, vendqdit, nicht vendidit u. s. w. Nicht immer ist aber 
diese Restitution des Stammvokals eingetreten, vgl. rectpere, rectpit, 
ital. ricevere, riceve. Es handelt sich also in diesen und daher wohl 
auch in den erstgenannten Beispielen nicht sowohl um Neubildung, 
etwa teuere erst spät zusammengesetzt mit re, sondern thatsächlich 
um Abneigung gegen Präfixbetonung. Dasselbe treffen wir wenn auch 
selten bei andern Wortarten. Von süct^ bildet das Lat. exsücus, 
daraus dann ital. sciocco. Die mit ecce, atque gebildeten Pronomina 
und Adverbien betonen stets den zweiten Theil der Zusammensetzung, 
daher cidj qua, qui u. s. w. — Was nun die weiteren Fälle von Ton- 
verschiebungen betrifft, so werden die im Verbum vorkommenden 
besser in der Lehre von der Konjugation behandelt. Am schwierigsten 
liegt die Sache bei den Zehnerzahlen. Vergleicht man alle romanischen 
Formen, so kommt man auf schon vtdgärlateinische Grundlagen 
v^Y'^tif treinta^ quadräinta u. s.w. oder vielleicht schon v{ntif tr^nta, 
quadranta, vgl. Gböbeb, Zs. IV 188, d'Ovidio, Zs. VIII 82 und 105, 
Rom. Gramm. I 498, auf die hier verwiesen werden soll, da die Frage 



§ 152, 153, 154.] Der Accent, 91 

sich niclit innerhalb einer einzelnen Sprache lösen lässt. Im Nomen 
finden wir den Accent vorgeschoben in bricco, wenn die Form bürrtcus 
der lateinischen Wörterbücher richtig ist, in cedrino, mir Uno, stcsinaj 
wo das häufigere -mo an Stelle des selteneren -ino getreten ist, in 
altital. umüej einem nur der Dichtersprache angehörigen Gallicismus, 
der sich an gentile anschloss, in appendice und patena slvlb patina, die 
ebenfalls Buch Wörter sind, in varice neben vdrice, einem Ausdruck 
der Gelehrtensprache, der sich an cervice u. s. w. angeschlossen hat, 
in Polizza neben SlteTem pölizza bei Ariost, Cass. III 7. Neben sü- 
dicio steht sudiscio, letzteres heute kaum mehr gebräuchlich, während 
Nesi beide Formen angiebt; vielleicht weist die zweite auf sudidus. 
Endlich venez. segäla neben vulglat. secale, ital. segola, 

153. Zurückziehung des Tones begegnet etwas öfter. Fegato 
znßcatum ist noch unerklärt. d'Ovedio, Zs. Vm 103 denkt daran, 
dass in der Verbindung ficatum jecur das i einen Nebenton gehabt 
habe, der dann, als ficatum ohne jecur gebraucht wurde, Hauptton 
geworden wäre. Aber dem vulgärlateinischen Rhythmus entspricht 
ficatum jecur. Die Betonung ficatum findet sich in Italien noch in 
venez. ^^ao, %vl, fikätu, woraus südsard.^^aw. Sodann finden wir 
oft -^cits für -Icus^ -äcuSj so in lömbrico = lumbricus, röbrica, in 
sard. lettiga, chiävica aus cloäca, abruzz. uobbeke, gen. luvigu, 
sen. ombäco aus opacus, vgl. Flechia, Arch. Glott. II 41, südsard. 
beddiu aus umbillcus, femer — ^7e statt -lle in esile^ speziell an debile 
angelehnt, Mce statt -ice in berbice neben berbtce und brünice, orice 
neben orice Caix 431; ebenso erklärt sich lomb. sömes = semissis 
aus einer Anlehnung an die Substantiva auf -es = -ice. In trefolo 
aus trifllis ist diejenige Silbe betont, die die wesentliche Bedeutung 
ausdrückt. Anlehnung an die Substantiva auf -^'a zeigt südsard. sinzia 
= gingiva. Nebeneinander stehen amoscino und amoscino aus 
damasclnus Stobm, Arch. Glott. IV 381, doch konnte hier das 
Schwanken um so eher eintreten, als das Wort im Griechischen oxy- 
tonirt ist. — Mercoledi geht auf vulglat. mercuri zurück, wie Bubda, 
Revista pentru filologia I 2 zuerst gesehen hat ^) . 

154. In den bisher behandelten Fällen ist der ursprünglich be- 
tonte Vokal von dem sekundärbetonten durch einen oder mehrere Kon- 
sonanten getrennt. Stösst dagegen der betonte Vokal mit einem ton- 
losen zusammen, so tritt sehr oft Tonverschiebung ein, die dann einen 
physiologischen Grund hat; es wird von zwei sich unmittelbar be- 
rührenden Lauten derjenige zum Tonträger, der mehr Eigenton besitzt. 

1) DiEZ hat noch andere Beispiele angenommen, doch sind sie alle von 
D'Ovmio, Zs. Vin 99 ff. zurückgewiesen. Cadc, Studi § 582 leitet sovice von 
eublicitM ab, das Wort stammt vielmehr von subjeXj subicis. 



92 Lautiehre. [§ 154. 155. 156. 157. 

Nach diesem Gesetze erklären sicli die vulgärlateinischen Betonungen 
partete, ferner in den italienischen Mundarten zunächst venez. meola 
:^ medülla, beola = betüllay zeola = caepülloy femer tessin. fäis 
=faffitium Arch. Glott. IX 223, siz. yü = iö Arch. Glott. IX 30 f.,^ 
dann turin. keina = catena^ reiß = radice, meist, veil = badile^ 
monf err. -öVra aus -atura [-atira nach § 17), ^iem. päure^ -du ^= 
-atore, -eüra = -aturo, wie Salvioni, Arch. Glott. IX 350 Anm. 2 
nachweist, femer die 3. Sg. der Perf. auf io aus io = ^mt, wovon in 
der Konjugation. 

165. In § 153 ist hei ßcatumjecur die Möglichkeit einer völligen 
Tonlosigkeit und nachheriger falscher Betonung erwogen worden. Es 
lässt sich nicht leugnen, dass Wörter, die vermöge ihrer syntaktischen 
Stellung völlig tonlos sind, ihren ursprünglichen Accent, wenn sie 
infolge veränderter Bedeutuing wieder betont werden, verschieben. 
Aus de post entsteht dipoi, dann als tonlose Präposition dopo, end- 
lieh als betontes Adverbium döpo. So scheint ätnita in Verbindung 
mit folgendem Eigennamen zu tonlosem amita, mita geworden zu 
sein, woraus dann lomb. meda. 

156. Am meisten Abweichungen zeigt natürlich der Accent in 
griechischen Wörtern. Dier bezüglichen Regeln gehören übrigens schon 
dem Vidgärlateinischen, nicht' speziell dem Italienischen an. Der im 
Griechischen betonte Vokal behält im Ganzen den Accent, die Oxytona 
folgen dagegen dem lateinischen Princip. Also iremo aus eqrniogy 
senape = aiväTti, sedano = aiXlvov^ tisäna = TtTtaavrjj para- 
btUa = TtaQaßoXrj u. s. w., s. Rom. Gramm. I 34 f.; Schttchaedt, 
Vok. m 333 ; Seelmann, Ausspr. d. Lat. 48. Auffällig ist daneben 
lecc.-tarent. sanapu. Wörter, die aus dem Mittel- oder Neugriechischen 
aufgenommen werden, behalten den griechischen Accent, so fdlö = 
q)aX6Q, smeriglio = OfiSQl, comice = xo^oiW^, lecc. fuddo = 
cpelXög, asini&oi, sdnseku, siz. maidda Arch. Glott. IV 412, calabr. 
vasiltkö, neap. vasiniköla = ßaaikcnöp d'Ovidio, Arch. Glott. IX 61 
Anm.; calabr. rodinö u. s. w. — Auf die Betonung der Eigennamen, 
wo sehr viel Willkür herrscht, und der Ortsnamen, wo das Material 
sehr mangelhaft und unzuverlässig vorliegt, kann hier nicht einge- 
gangen werden, vgl. d'Ovidio, Zs. VHI 92 — 97. 

157. Wörter, die auf der dritten Silbe betont sind, tragen einen 
Nebenaccent auf der ersten. Dieser Nebenaccent macht sich zum Theil 
fühlbar in der Behandlung der Vokale oder der Schlusskonsonanten 
der ersten Silbe. Aus Florentiae entsteht nach § 130 Firenze, aus 

flbrentmus d&gegenßorentino. Vielleicht erklärt sich auch börrascöso 
neben burrdsca auf ähnliche Weise. In Lecce tritt in tonloser Silbe e 
für e und t ein § 123, unter dem Nebenton aber erscheint »: kredia 



$ 157. 158.] Die Konsonanten. 93 

aber krddirdnno u. s. w., s. Moeosi, Arch. Glott. IV 139. — In Süd- 
italien tritt unmittelbar nach dem Tone t für d ein, vor demselben 
bleibt dj also vete = videt, aber ' vedere. Der nebenbetonte Vokal 
verlangt ebenfalls tj also tarent. kaddra = caldaria, aber kätarötta 
u. s. w. — A.uch calabr. metila aber metiUla mag hier erwähnt wer- 
den, ferner ebenfalls calabr. karcerdnu wohl aus kdrceränu^ mdcina 
aber macindlu, s. Sgebbo, Dial. calabr. 47 f. 



Die Konsonanten. 

158. Auch im Elonsonantismus zeigt das Vulgärlateinische eine 
Keihe von Abweichungen vom Schriftlateinischen, die zwar nicht alle 
gleich alt sind, die aber alle fürs Italienische vorausgesetzt werden. 
Zunächst ist die Verschiebung der Gutturalen vor e, i zu einem Palatal- 
laut k zu nennen, also /centum, Kiltum^ kaeluntj viMnuSj pake u. s. w. 
Alle romanischen Sprachen mit einziger Ausnahme des Sardischen und 
des Albanesisch- dalmatinischen zeigen die Fortsetzer des Palatals, 
nicht des Gutturals, vgl. Rom. Gramm. I § 403* und sard. kelu, kena, 
kera, kerrere [cernere)^ kibudda, kima, kimige, kinger e, kirkare, 
agedu, ilige, dege, böge, nege, binkere^ kalke u. s. w., s. Hofmann, 
Log. Mundart S. 91 £r.^). Was sonst die anlautenden Konsonanten 
betriifft, so ist h frühzeitig und spurlos verstummt, g vor e, i zu y ge- 
worden, also yenus, yener wie yakere, yenuari/us. Qu — qu ist zu 
€ — qu dissimilirt, daher cinque, cinquaginta, cisque, aber quindecim. 
Sonst sind für den Anlaut nur Einzelheiten zu nennen, wie grassus 
aus crasstts unter dem Einfluss von grossus, ital. grosso und einige 
andere, die später erwähnt werden. 

Im Wortinnern sind g vor e, i, di + Vok. und / ebenfalls unter 
y zusammengefallen : mayestro, sayetta, b ist zu t? geworden : bivere, 
nuvula, c in Proparoxytonis zu g : plagitu, playitu, fagere, fayere, 
fragidu, frayidu, vgl. Ascoli, Arch. Glott. IX 104 Anm. 1. Dass 
avij avu zu au geworden ist, ist § 97 gesagt; in der Verbindung -imi 
fällt t?, rius aus rivus, ital. rio, Suff, -ius aus -ivu^, ital. -io, — 
Von Konsonantenverbindungen ist ns zvl s geworden : vesica, pesare, 
cosul, mesis, ebenso nf: ifans und nv : coventus u. s. w. Lat. rs ist 
doppelter Herkunft, entweder aus res, rrs entstanden wie in ursus, 
cursus, oder aber aus r^ -f- ^ über rss, wie in versus aus vert-tus zu 
vertere, dorsum\ in jenem Falle bleibt es, in diesem tritt frühzeitig 



1) Nach AscoLi, Arch. Glott. II 144 Nr. 24 wären die sardischen Guttu- 
ralen erst wieder aus den Palatallauten entstanden, dagegen Hofmann 76, 
vgl. Littbl. 1886, 70. 



^4 Lautlehre. [§ 158. 159. 160. 

Assimilation zu sSj s ein, die in der Schriftsprache selten, vgl, prosa, 
in der Volkssprache |ber stets erscheint. In ffm findet Auflösung des 
ff zw ^ statt, woraus weiter im Ital. all sdlma = vulglat. sauma aus 
safftna, — Die Gruppe xt hat ihren Guttural verloren : dester, sesttcs 
sind die vulgären Formen, was freilich mehr für die andern Sprachen 
als fürs Italienische in Betracht kommt. Für -bulus, -tulus^ -culuSr 
-ssulus ist "hluSj -tltcSj -clus, -sslus eingetreten, dann weiter -^lus für 
-tluSy 'Sclus für -sslus. 

Tonloses Hiatus-« ist im Vulgärlateinischen zum Theil schon zu 
y geworden und hat sich mit dem vorhergehenden Konsonanten eng 
verbunden zu einem Palatallaut; wir dürfen t^ ü, y aus di^^^ und 
^t ^«^, /^und K aus ti''''^ und Cf ^^^ schon für die voritalienische Periode 
ansetzen. 

Im Auslaut ist m schon in republikanischer Zeit nach tonlosem 
Vokal, d. h. also in mehrsilbigen Wörtern, spurlos geschwunden, wo- 
gegen es in einsilbigen bis in die romanische Zeit hinein bleibt. 

169. Dies sind die wichtigsten in Betracht kommenden Punkte; 
eine Anzahl von Einzelheiten werden gelegentlich Erwähnung finden. 
In der nun folgenden Darstellung der Entwicklung sollen die Kon- 
sonanten nach ihrer Stellung im Anlaut, im Wortinnern und im Aus- 
laut betrachtet werden. Wie wortanlautende werden im Allgemeinen 
behandelt die Schlusskonsonanten einer Lautgruppe im Wortinnern 
und die Anlautskonsonanten von mit Präfixen gebildeten Verben, vgL 
parte aber padre^ oder ritenere wie teuere nicht wie podere. Das 
Gefühl der Zusammensetzung oder besser gesagt des verstärkten An- 
lauts macht sich bei Adjectiven und Substantiven weniger stark geltend, 
neben ritorta steht rovello aus rebellis (§ 128), prevosto aus prae- 
posiius, emil. higorna = bicomia, higordi = bicordium, brianz. 
regondä = *reconditare, lomb. regolsd = ricalzare u. s.w. 

A. Anlautende Konsonanten. 

leo. Wie in allen romanischen Sprachen, so bleiben auch im 
Italienischen die anlautenden Konsonanten unverändert, abgesehen von 
Ji, das zu c, von g, di, j] die zu ^ werden und von den Gruppen pl, 
bl, ß^ clj gl, stl, die eine gesonderte Betrachtung verlangen. Alsa 
caro^ carrOy carnCy caldo, cavallo^ cantarej cosa, coda, cova, cuore^ 
cornoy corpoy coHa, corona, cullüy cuccMaJa^ credo, crigna, crai^ 
crosta, centOj cielo, cinquej cinquanta, ciascuno (§ 158), cervello, 
cercare, cesello, cimento; taglia, tale, tanto,'tavema, tetto, terra^ 
tiene, tenerOy terrore, tingere, tiglio, tigna, tina, torto, tuano, tuo, 
togliere, tonto (*tonditm), torre, tormentOy tu, tre, trebbto, triste^. 



{ 160. 161.] Anlautende Konsonanten. 95 

tronco ; pajo, padre, parte, paglia^ parola, padella, palese, pietra^ 
PtetrOy piede, petto, perna, pestare, pelle ff rino, pentirsi, pino, 
pisello, pozzo, porta^ ponte, porco, pollo, podere, puoi, povero^ 
pulirej prato, prete, primajo^ pronto, prüdere ; gallo^ ffallinay ffola^ 
ff ödere y ffusio, grande^ ffrano, greffna, grillo, grognire, grue, grosso ^ 
gente, geh, giä, genero, giorno, Girolamo, giovine, giogo, ginepro^ 
gennajo, gittgno, giove, giudice ; dare, dado^ da, devo, dente, dettOj, 
dettare, dieci, diede, dto, dire, divino, dtgiuno, dinajo, dono, doga^ 
duole, duomo, dotto, dolce, domanda, domestico, domenica, duro^ 
duce; bacto, hadle, bastare, baitere, baccello, bere, bescio, bieta, 
bifoho, bolla, buono, bue, budello, brancay braccio, breve, bruco, 
brutto ; salvo, santo, sapere, seta, siede, semola, sete, sedo {sidus 
d'Ovidio, Grundriss 1 S. 502), sente, sentiero, seme, suono, suole^ 
suolo, suora, soldo, sorte, sortire, sole, solo, sotto, soggiorno, sugOy 
sudore, suggello ; /ame,favo, fare, farto, falso, famiglia, femina^ 
fermo, felce^ felice, fieno, fiedere, festa, filo, fidare, Jfivella,ßbbia, 
forte, fönte, fondo, fortuna, fottere, ficoco, fuori, forma, fumoy 
fujo, fuggire, frate, fritto, freddo, fronte, fronde, frutto ; vano, 
vantare, vescica, vero, vedere, vecchio, vespa, veleno, vieta, voce^ 
volto, vuoto, vostro\ lana, lagrima, lasciare, lieto, legare, levare, 
lieve, lendine, legge, leggere, lenzuolo, letto, lece, lingua, luogOy 
losco, lordo, lontano, lungo, luna, lurne; ratio, ranocchia, raloy 
raso, rendere, re, riedere, recere^ restare, ri-, ridere, ruoto, rodere, 
rosso, rugire, rubbio; riave, niego, nd, niente, nesso, nerbo, nero^ 
neve, nido, nuoto, nuoce, nome, nostro, noce, nodo, nudo; mano, 
mattina, mandare, male, mascMo, mascella, magro, meno, menta^ 
mente, mietere, messa, mettere, mischia, mille, mio, muovere, 
morire, mordere, mondo, mosto, molto, mordo, mugghiare, muro,, 
muh, mudo; scala, scabbia, scarpelh, scoglio, scopa, scrivere,. 
scrigno, scudo, scudella, scintilla; stare, stato, Stella, stabbio^ 
stadera, stagione, steh, sterpo, stoppta, stoggio, strada, strega, 
stretto, stregghia, stringere ; spada, spesso, spalla, sperare, spigola^ 
Spina, spogliare, sposo, sporco. 

161. Neben diesen regelmässigen Entwicklungen sind nun Ab- 
weichungen nach verschiedenen Seiten hin zu bemerken. Es kann 
nämlich einmal durch Dissimilation, Assimilation oder Einfluss sinn- 
und formverwandter Wörter der ursprüngliche Anlaut umgestaltet 
werden; es kann ferner durch Einfluss des unmittelbar folgenden 
Vokals eine Modifikation eintreten ; sodann zeigen die Mundarten zum 
Theil weitgehende Verschiebungen der Artikulationsstelle; endlich 
wird der Wortanlaut im Satzinnern oft durch den Auslaut des vorher- 
gehenden Wortes bestimmt. 



96 Lautlehre. [§ 162. 163. 

162. Betrachten wir zunächst die erstgenannten Veränderungen 
nach der Reihenfolge der Laute, so begegnet einmal mehrfach tönender 
an Stelle tonlosen Anlautes, namentlich in der Gutturalreihe. Dabei 
ist aber von vorne herein Abstand zu nehmen von allen denjenigen 
Wörtern, die aus dem Griechischen oder Keltischen stammen. Im 
Vulgärlatein nämlich wurden , aus welchem Grunde mag dahingestellt 
bleiben, die griechischen tonlosen Verschlusslaute durch die ent- 
sprechenden tönenden wiedergegeben, wofür ein bekanntes Beispiel 
gubernare aus xvßcQväv ist. Diese im klassischen Latein infolge der 
litterarischen Annäherung ans Griechische verwischte Regel hat sich 
in der Volkssprache noch lange Zeit behauptet, wie die vielen roma- 
nischen Beispiele zeigen, vgl. Rom. Gramm. I S. 33 und 353. Dahin 
gehören Wörter wie gatto^ gamha, gambero, grotio u. a. Schwer sind 
die lateinischen Fälle zu beurtheilen. Weit verbreitet ist gavia aus 
cavea, ital. gabbia, vgl. Rom. Gramm. I 353, es kann hier wie auch 
in gridare, gastigare, galigare^ vielleicht auch in gobbola, gomberare, 
gomito, gombina^ das Toblbb, Zs. IV 182 zutreffend von combinare 
herleitet, der tönende Inlaut von Einfluss auf den Anlaut gewesen 
sein. Aber bei senes. ganale, ganavaccioy gattivo, gavillare, goffano^ 
die HiBSCH, Zs. IX 562 bringt, in vulgärtosk. gogno^ galcina, gasco^ 
gostare^ in den auch der Schriftsprache angehörigen gonfiare^ s-go- 
mentarey in romg. gapone, gosty gub^, romg.-arejt. garavana, mail. 
gäsla [casula], kommt man damit nicht durch. Es mag sein, dass in 
gostare eine fehlerhafte Verallgemeinerung eines römischen quanto 
gösta (s. § 183) liegt, doch vgl. gosta Carduino 11 23, dass garavana 
wieder als Fremdwort aufzufassen ist, wie denn nocb heute der Mai- 
länder in Lehnwörtern aus dem Französischen c durch g ersetzt: 
gabarSj gabriole Salvioni, MaiL 230. Für die andern aber fehlt noch 
eine befriedigende Erklärung; mail. golar deutet Salvioni S. 230 an- 
sprechend durch Einfluss von gola und bringt nocb eine Reihe anderer 
unerklärter Beispiele. Für ^ aus Je vgl. calabr. §igju [cüium). Sodann 
wird er sehr gerne zu gr, vgl. grosso, gradella, gridare, grogiolare, 
pistoj. grostttj gracidare. Auch hier wird z. Th. Angleichung an den 
tonlosen Konsonanten im Wortinnem stattgefunden haben ; in grosso, 
das übrigens wie bemerkt schon vulgärlateinisch ist, und grosto wird 
sich grosstis eingemischt haben. 

163. Seltener sind d, b statt t, p. Für ersteres wüsste ich nur 
siz.-calabr. dedo, wo sich griech.. datda mit lat. taedo vermischt hat, 
und mail. dord, wo wieder der Anlaut dem Inlaut angeglichen ist, 
dann ditello aus titillus durch Dissimilation zu nennen, für letzteres 
bolso herzschlächtig, frz. poussif, das zu pulsus zu gehören scheint, 
und mail. bülOy bologn. bula = pula, vielleicht von einem Verbum 



§ 163. 164. 165. 166.] Die anlautenden Konsonanten. 97 

*debülary vgl. portg. dehulhar^). Brugna aus pruniä ist wohl an 
hrunus angelehnt. Interessant ist noch die Umspringung der Qualität 
in romg. batella aus padella. Unklar bleibt venez. drezza = tosk. 
treccia Mussafia, Beitr. 52, ital. bfina dinspruina, mail. prina, 

164. Noch seltener sind tonlose Laute an Stelle von tönenden, 
wie mail. karobi eine Art Bohrer, das nach Mussafia, Beitr. 119 zu 
verubium gehört, und perkotd, den Braten mit Fett begiessen, nach 
Salyioni, Mail. 248 zu gutta gehörig, aber wohl nicht ohne Einfluss 
von coquere, coctus. In chiosa aus glossa liegt Anlehnung an chiu-' 
dere vor. 

165. Bei den Dauerlauten ist der Wandel von 8 zki i oder z und 
derjenige von t? zu 6 oder g bemerkenswerth. F bleibt unverändert. 
Die Fälle von § und z aus s im Toskanischen sind grösstentheils un- 
erklärt. Bei scimmia, scima, sdrocco, sciroppo, sciringa kann man 
an Einfluss des t denken, doch bleibt daneben si auffällig. In scidliva 
hat wohl sciala = exhalat Einfluss geübt, in scempio von simpltis 
der Anlaut sc aus ex, ebenso in sceverare = separare, scemo, sce-* 
mare zu lat. semus, wie Mabchesini, Studi fll. rom. n 5 zutreffend 
deutet ; altital. ciciliano im Tesoretto und in der Intelligenza erklärt 
sich durch Assimilation. Dunkel ist cinghiale aus lat. singularis, da 
man nicht wohl an eine Beeinflussung durch cinghia, cingere denken 
kann. — Zezzo aus setius gehört wieder zu den Beispielen von An- 
gleichung an den Inlaut, zambuca ist an zampogna angelehnt. Dieses, 
sowie zavorra, zufolare, zolfo, deren zwei letztere ihres y* wegen 
nicht echt lateinisch sind (s. § 11), bleiben dunkel. 

166. Für V tritt g ein in einigen Wörtern, deren germanische 
Entsprechungen fast gleichlautend sind, und die darum ihren Anlaut 
wie germanisches w behandeln : guado, guastOj guastare. Auch golpe 
wird dazu gehören. Gtiaina ist frühzeitig aus vagina umgestellt, 
guagheggiare statt vagheggiare bei Eistoro d'Arezzo 4^,27 zeigt Assi- 
milation. — In gomiere von vomeTy gomitare, gomire scheint tonloses 
r>o über wo zu go geworden zu sein. Wenn v in volontä, volare und 
andern Fällen bleibt^ so liegt darin Einfluss der stammbetonten Formen 
vor. — V zu. b anerkennt die heutige Sprache nicht mehr, in älterer 
Zeit flndet man boce Brunetto Latini, Zs. VII 324, Sardo 141, boto, 
botare Sacch. 107, 109, Bocc. Dec. 1,1, vgl. noch Belege aus sene- 
sischen Quellen Zs. IX 567, wo also vo zu bg wird; dann auch besciga 



1) Die feirarische, von DiEZ 11» abgewiesene, von Flechia, Arch. 
Glott II 238 unterstützte Deutung aus aplttda ist sehr unwahrscheinlich. 
Ital. pula scheint mit portg. pua, woraus span. pua wohl entlehnt ist, zu- 
sammenzugehören. — . Bruciare deutet AscOLl, Arch. Glott. II 42 ansprechend 
aus vulglat. *c6'inbr*urere, combrustiare, 

Hey er- Lübke, Ital. Grammatik. 7 



98 Lautlehre. [§ 166. 167. 168. 169. 

bei Graziani 149*). Durch Assimilation an den. Inlaut erklären sich 
bibbioj berbice, berbena, iomicro, .durch Dissimilation bertovello, ' 
durch den Einfluss des % biante aus viante. 

167« Unter den Sonanten kommen meist schon vulgärlateinische 
Vertauschungen vor, so m für n in siz. mastrozzUy aneap. masiurge 
Beg. San., n für m in nespola, in mail. nidolla, romg. neulla aus 
meduUa^ in nicchio aus mytilus in Anlehnung an nido j r für / in 
romÄ^ico unter Einfluss von rovo. Dann giglio^ gioglio &ub Itlium, 
lolium^ woraus wohl schon vulgärlat. durch Dissimilation Jilium, 
Jolium, Die Formen mit l kennt das Toskanische auch, daher es denn 
zu giuglio die Nebenform luglio bildet. — i zu w in mail. navel, 
berg. nodola erklärt sich wieder durch Dissimilation. L zw d m 
siz. dassarij calabr. dassare ist unerklärt, ebenso 72 zu / in fori, lova, 
— Bei n zeigt sich einige Male Palatalisirung, vgl, grmdo, gnocco, 
gnuccay gnacchera, mail. gnerb, Gnudo geht wohl auf ein vulglät. 
tghudus zurück, gnocco ist wohl aus nocchio umgestellt, mail. gnerb 
aus 7ierbi, die beiden andern sind etymologisch dunkel. iV^ zu / in 
licomo aus unicomo ist als Anlehnung an lif ante =elef ante zu fassen. 

168. Kombinatorische Veränderungen des Anlauts, wie sie ein- 
zelne der Schwestersprachen in grossem Maasse zeigen, kennt das 
Italienische, sehen wir von den Gruppen c/ u. s. w. ab, nur wenige. 
Im Toskanischen wird g vor a zu di: diaccio, diacere. Das i, im 
^-gebiet das ü und das ö', nur im Tessin das a palatalisiren z. Th. 
vorhergehende Konsonanten. Dass anlautend si auch in der Schrift- 
sprache zu si wird, ist § 165 gesagt, sonst ist aus den Mundarten 
zunächst kalabresisch hi für ß zu erwähnen: hilUy hiyyu, hierru, 
hienu, Scekbo, Dial. calabr. 35 Anm. 1 , aus Alatri ?: lyibere und 
auch lyuna, 

160. Sodann also die Palatalisirung von ca, ga. Für die Val 
Maggia behandelt sie Salvioni, Arch. Glott. IX 216. Der Wandel von 
ca zu Ka ist an den Ton gebunden, also Jcar^ Ha, Tianu (canape), 
Kal/ca, /carUf Katora, Jiamp^ Herta ^ Uena, aber kavaly hampana^ 
kadreya^ kamisay kavan, kalizna^ kadena^ kamin, kairöw\ kald 
kaldrin, kalz kalze, kamp kampafia u. s. w., selbst kenti, kantä, 
karyi [cargo) karyd, kayi [caco) kayä u. s. w., in Cevio jedoch schon 



1) Zweifelhaft ist Übergang von f zu h, wie ihn Caix mehrfach an- 
nimmt. Er deutet ahhiaccare aus flaccare Studi 128, hioccolo aus ßocculus, 
hioscia aus ßuxus 129, bucine aus fmcina 233, dazu ein von der Crusca 
aus dem XIV. Jahrh. belegtes honte = fönte. Allein von letzterem, das noch 
zu verifiziren wäre, abgesehen, wird das erste Wort besser aus *abbattulare 
gedeutet, bucine und fuseina scheiden sich in der Bedeutung zu sehr, die 
beiden andern harren noch der Erklärung. 



§ 169. 170. 171.] Die anlautenden Konsonanten. 99 

Aevi u. s. w., ebenso in Campo. Ausserhalb der Yal Maggia ist die 
Palatalisirung beschränkt, aus Onsemone und Verzasca kann sie Sal- 
vioNi nur für cane, capra, ca$a nachweisen, die Qualität dieser Bei-? 
spiele aber zeigt mit Sicherheit, dass Ka hier einst Regel war, und dass 
das heutige ka lombardischem Einflüsse zu verdanken ist, dem sich 
nur jene drei bei der Landbevölkerung besonders geläufigen Wörter 
entzogen haben. Yal Yigezzo und die Centovalli kennen die Palatalen 
gar nicht — oder gar nicht mehr. Dieselbe Behandlung wie vor a 
erfährt c auch vor ü, Ö und germanisches k vor 6, t, in welch letzterem 
Punkte unser Dialekt mit dem Französischen übereinstimmt, während 
die Beschränkung von ka auf die Stellung vor ä und kü vielmehr ans 
Rätische erinnert, s. Rom. Gramm. I § 416. Also hkivi, kü [culo]^ 
küna, auch künato [cognato), künty kürt, köl, körn, kört u. s.w., 
sodann k aus qu: kilö = quiluogo, parke = per che u. s. w., vgl, 
Salvioni S. 217. — Dieselbe Palatalisirung und zwar ebenfalls nur 
vor betontem a ist nun auch fürs Monferrinische bezeugt durch S.Fra- 
tello, vgl. keza, keusa [causa), ke, kena, kefiam, yemmar^ yet [gatto], 
ye§§a (gabbta), aber kappten. Die heutigen monferrinischen Dialekte 
sind zu wenig bekannt, als dass sich die Yerbindung mit dem Tessin 
nachweisen Hesse. Auch die Yerbreitung von k nach Westen ist noch 
nicht genügend aufgehellt, vgl. Ascoli, Arch. Glott. I S. 252 ff. 

170. Unter den kombinatorischen Yeränderungen mag femer der 
Wandel von sk, st, sp zu hk, H^ Sp in denjenigen Gebieten, die s vor 
Yokalen bewahren, Erwähnung finden. Im Tessin, wo diese Erschei- 
nung zunächst auftritt, kann man wieder an rätischen und vielleicht 
an germanischen Einfiuss denken, wir haben hier Ha, ipada, sren, 
hmint, Uam, zgamel u. s.w., Salvioni, Arch. Glott. IX 214. — Wäh- 
rend hier die Yerdichtung vor allen Konsonanten eintritt, ist sie im 
Süden beschränkt, in Campobasso auf st, ski, also skyavf, ätoppa 
und entsprechend zderrupate, aber spase, eine » caratteristica sannitico- 
abruzzesacr nach d'Ovidio, Arch. Glott. lY 167. Anderswo aber scheint 
i gerade vor p aufzutreten, so bietet der Text aus Saponara di Gm- 
mento bei Pap. 110 : stato, sta neben sc/oco, riscpiett. Sonst aller- 
dings ist s nur vor Dentalen die Regel, vgl. noch, immer nach Pap., 
Chieti: stupeda^^ene neben skunzulate, Agnone Hesse, aber sperave, 
Larino ktate neben sbreun', ob die Bemerkung zu Toro: »la 5 impura 
si pronunzia aspra, alla teutonicaa sich auf s vor allen Konsonanten 
bezieht, ist noch zu untersuchen, für Teramo gelten nach SAViia, 
Dial. teram. S. 29 dieselben Regeln wie für Campobasso. 

171. Sodann ist noch der Wandel von vo zu o, vu zu u zu 
nennen, wie er vorliegt in Alatri: usstka aus vessica, uttone (bottone),. 
uolepe, uokka, ukkone, in maiL oradega, das allerdings der Ent- 

. 7* 



100 Lautlehre. [§ 171. 172. 173. 174. 175. 

lehnung aus dem Ostlombardisclieii, wo la oradega neben voradega 
steht § 183, verdächtig ist, femer öria [ehurea), osola zu vox^ oltü = 
Doltura vgl. Salvioni, Mail. S. 211, oder zu ^w, wie d'Ovidio, Arch. 
Glott. IV 105 für Campobasso nachweist : wummekäj wuo [vuogli) 
oder ummekä, u6, aber nur oce, olepa, vgl. noch siz. urpi. 

172. Unter den spontanen Veränderungen der Anlautskonso- 
nanten, die die Schriftsprache nicht kennt, ist namentlich der Wandel 
von k zu Ä, von ^ zu i oder «, s, von d zu «?, r, von v znb und b zu t?, 
von s zu. i oder h und die Schicksale des y, das theils bleibt, theils 
zu g, Zj theils zu ^, s wird, zu besprechen. Fraglich ist der Übergang 
vony zu h, Sc£BBO, Dial. calabr. S. 35 Anm. 1 erwähnt hame als cosen- 
tinisch, und Giuseppe Dalla. Vedova bemerkt bei Pap. 329 vom pa- 
duanischen Landdialekt: »La /* iniziale si trasforma, nella pronuncia 
di certe parole accentate sulla prima, in una forte aspirata, diguisa che 
potrebbe scriversi hemena ipex femena, hate ansi -per fate inansü. 
Auch hier muss erst noch genauere Auskunft abgewartet werden. 

178. Was nun zunächst den Wandel von c zu Ä betriifft, so ist 
er von Alters her bekannt als eine Eigenthümlichkeit der Florentiner. 
Dante wirft seinen Landsleuten schon die »gorgiacr vor, und die Aus- 
sprache hasa, havallo, Rosa, horpo, hyedere, hulo u. s. w. hat sich 
bis heute gehalten. Der Laut schwankt zwischen ^ und A und kann 
wohl auch ganz schwinden, wie in Lucca und Livomo. Was seine 
Ausdehnung betriifft, so reicht er nördlich und westlich nicht über den 
Apennin, erscheint äIso z. B. nicht mehr in Fiumalbo, das seinem 
Vokalismus nach sonst noch viel mehr zum Toskanischen gehört, s. 
§ 113; südlich sollen die Senesen reinen Verschlusslaut sprechen ^ 
doch habe ich selber hasa in senesischem Munde mehrfach gehört, die 
aretinisch-umbrisch-römische Gruppe dagegen zeigt ka u. s. w. 

174. Während somit im Toskanischen k zum Reibelaut wird^ 
g dagegen bleibt, haben wir nun eine zweite Zone, in der k bleibt, 
g dagegen zu j\ h wird oder ganz fällt : es ist dies der Fall in den 
Abruzzen, so in Teramo, wo Savini, Dial. Teram. S. 41 halle, huste 
schreibt mit der Bemerkung »la vocale divenuta cosi iniziale si aspira 
semprecc, in Campobasso alle^ uhte^ dann auch atta [gatta], ammere 
(gambero) mit sekundärem ^ § 162 u. s. w., und Finamobe, Voc. Abr. 
19 schreibt vom g i)h affatto evanescente o piü d'ordinario da gutturale 
media passa in gutturale spirante «. Genauere Grenzen versagen meine 
Hülfsmittel. 

175. Vulgärlateinisch k wird zu c im ganzen am Südabhang des 
Apennin gelegenen Italien, nur zeigt sich etwelches Schwanken zwi- 
schen c und s, so schreibt z. B. Schneegans S. 89 k »geht in Stridula 
über, welche wie im Italienischen gewöhnlich durch c wiedergegeben 



. • • • • • . • • - 



§ 175.] Die anlautenden Konsonanten. |01 

wird, in den wenigsten Fällen aber = c ist. In Caltagirone, Catania, 
Acireale, Taorniina wird es allerdings so ausgesprochen. In Castella- 
mare dagegen . . . habe et den Laut Si, wie in fast ganz Sizilien. Es 
muss aber von st das öi^) wohl unterschieden werden ... de Greg, 
schreibt auch piöi (pece) im Unterschied von pisi [pisds) und dinniri 
Asche, dagegen Hnhiri scendere, Avolio spricht ebenfalls von dem 
häufigen raddolcimento dello c und schreibt 6ima^ öivUj paöi : auch 
ich hörte in Messina meist <5, i.« — Das Schwanken, der Übergang 
zu s wird sich wohl auch anderswo finden, doch fehlen mir Angaben. 
Im Pogebiete nun steht neben c auch 2J, und zwar gehört c nur dem 
Westlombardischen an, während das Ostlombardische mit dem Vene- 
zianischen, das Piemontesisch- genuesische und das Enulianische z, 
bezw. s kennen. Das hohe Alter des letzteren Lautes wird dadurch 
erwiesen^ dass er auch S. FrateUo eigen ist. Am unklarsten liegen die 
Dinge im Mailändischen. Salvioni, Mail. 240 sagt vom Je: pu6 ri- 
flettersi senza norma alcuna per Sj z e quindi s; talvolta occorrano 
tutti e tre i rifiessi in un solo esemplare«. Weiter nördlich finden 
wir am Lago maggiore i, c nur in der Valle Vigezzo imd hier auch die 
Form p in Santa Maria Maggiore: ße (cielo), pire [cera)y parkov 
[cercato), pesped [cespite), pinq u. s. w., vgl. Salvioni, Arch. Glott. 
IX 218, 257. Dai auch die rätische Form von Je ist, so darf man 
wohl in dem tessinischen s rätischen Einfluss sehen, der von Norden 
her in die Lombardei eindringt und in der Stadt Mailand um so leichter 
aufgenommen wird, weil er an dem schriftsprachlichen c eine kräftige 
Stütze findet. In Malesco dürfen wir einen Zusammenstoss der c- und 
«-region vermuthen, da bis jetzt wenigstens die Stufe p nur da nach- 
gewiesen ist, wo c und z mit einander ringen, vgl. darüber Rom. 
Gramm. I 329. Sehr weit scheint sich c nicht zu erstrecken, cel 
findet sich bei Biond. nur für Mailand und Lodi, und auch im Tessin 
scheinen die Valle Leventina und die Valle Verzasca schon s zu zeigen. 
Was die Qualität der Wörter, die im Mailändischen mit s gesprochen 
werden, betrifft, so sind namentlich senner aschfarbig neben iendra 
Asche, zila (cera) neben ^ra und cera bemerkenswerth. — Ein ähn- 
liches Schwanken zeigt sich im Westen im Piemont. Neben einander 
stehen da cel, ceresa, cert, cen§a und sener, serne, serneij serJce^ 
mtäj sisterna, auch site [citare], sinJc [cinque] u. s. w. Hier sind die 
wenigen Wörter mit c offenbare Eindringlinge aus der Schriftsprache. 
— Der Laut schwankt auf dem ganzen Gebiete zwischen z und 8, 
AscoLi bemerkt Arch. Glott. 11 139 Anm. 2 »lo z genovese ä piü 



1) S. 80 6 ist »ein Reibelaut, zwischen dem deutschen ch in mich^ 
Oicht und dem 8«. 



102 Lautlehre. [§ 175. 176. 

affilato, cio^ man rimoto da z, che non lo z piemontese o.venezianotf, 
S. Albino schreibt s, das Emüianische bleibt wieder bei dem altem z. 
Also gen. ze , zeza [ciliegia) , zerne, zenee^ romg. zedaVj zil^ ziroy 
zenar u. s« w. Im Osten, wo venezianisches z mit rätischem s zu- 
sammentrifft, erscheint wieder p^ wie Ascoli in den Saggi ladini 
gezeigt hat, vgl. Arch. Glott. I 542 b. Nach seinen Angaben findet 
sich p im Yulgärpaduanischen und Yeronesischen und in den ganzen 
Grenzgebieten, also in Agordino, Val di Zoldo, Cadore, in Feltre, 
Belluno u. s.w., vgl. auch Th. Gabtnbb, Rätorom. Gramm. S. 69. 
Über das physiologische Verhältniss von c zn z s. Rom. Gramm. I 
§403a. 

176« Die Schicksale des ffy bezw. y sind denen des K nur zum 
Theil entsprechend. Sehen wir vor der Hand von den Gegenden, wo 
y bleibt,* ab, so könnte man i^ überall da erwarten, wo ^ zu z wird. 
Dies trifft jedoch nur fürs Venezianische, Ostlombardische, Genuesische 
und Emilianische ein, das Lombardische schwankt wieder, das Piemon-- 
tesische spricht ^. Dem ß in den Grenzdialekten entspricht natürlich d. 
Das Verhältniss von ^ zu i und ^ im Lombardischen ist etwas ver- 
schieden von demjenigen zwischen c, i und ;;. Das gewöhnlichste 
ist ^ zu z: ^era, ^euöcc, Renner y ^ir, zene (jemtarius) neben 
^enaTj zemma, letztere Formen »contadinesco«, i^enevrty ^ov^ s^oveft^ 
in der »bassa Brianzacr und bei Bonvesin: zäy zizuntij zitäf zovo 
Mtjssafia, Amail. Mund. § 77. Dadurch wäre also ;;; als das reguläre 
fürs Altmailändische gesichert, und Zj ^ erweist sich als ein jüngerer 
rätisch'toskanischer Eindringling. — Was sodann das Piemontesische 
betrifft, so findet sich 4; doch auch in manchen Gegenden, vgl. ^uvi in 
Limone, s^oven in Vistrobio, ;^t70 in Mondovf , beachtenswerth ist noch 
davo in Drusacco. Fürs ältere Monferrinische scheint ^ gesichert, 
vgl. in S. Fratello s^a:iunerj ^ov, :iiu (gelo), ^ener, isummUj s^aimmUy^ 
beide zu gibbus gehörig, woneben ^uom, j^udiz, ^uer {giocare), gavu 
(giovine) wohl Sizilianismen oder wenigstens vom Sizilianischen beein- 
flusst sind. Mit der Differenz zwischen 8 ^= k und z = g schliesst sich 
das Piemontesische ans Französische an. Das Venezianische i.^t wieder 
bis zu s vorgerückt, während das Genuesische und das Emilianische bei 
^ bleiben. — Süditalien bleibt bei y stehen, also siz. yinnaru, yugu, 
yokUy yinokkyu^ yennaru, yornu u. s. w. Diese Formen gehören dem 
Calabresisch- neapolitanischen an und reichen dann in die Abruzzea 
hinein, finden sich also in Teramo, Campobasso, Atessa, Bucchianico, 
Alatri und nördlich yente, yentile in Monterubbiano, Tolentino, Reca- 
nati, Macerata, Civitanova Marche und selbst Castiglion Fiorentino 
(Arezzo), während in Cingoli ^ beginnt. — Die Südostküste dagegen 
bleibt bei ^ und wandelt es sogar zu *, vgl. in Lecce sokUj huramentüy 



§ 176. 177. 178-] Die anlautenden Konsonanten. 103 

senndrUy kirUy sennaru^ selUj san§ia u. s. w. Daran scbliesst sich 
die ganze Terra di Bari und selbst noch Cerignola, vgl. si = gire. 
— Ziemlich verwickelt liegen die Verhältnisse im Bardischen. Vor 
dunkeln Vokalen scheint y zu ^a zu werden, vor hellen dagegen zu &, 
vgl. §anna {janua}, §u, §ogare^ jüngere, ^urare^ aber bennarzu, 
bettare, belare, benuyu^ birare j benneru. Das b selbst ist jedoch 
wohl unursprünglich und es sind MitteKormen *ennarzu, *ettare an- 
zusetzen, wie denn noch enna zxxAJanua vorliegt. Wenn endlich auch 
§irare^ ^enia u. dgl. vorkommt, so hat hier die Schriftsprache, bezw. 
das Genuesische eingewirkt. Vgl. Hofmann, Die log. und camp. Mund- 
art S. 61 und 94. 

177. Wandel von d zu d oder r ist süditalienisch- sizilianisch 
und hat vielleicht in der sabellischen und griechischen Artikulation 
des £? seinen Grund, vgl. Rom. Gramm. I 649. Auch hier ist man 
grösstentheils auf die Spezialabhandlungen angewiesen, da die Texte 
r selten, d nie ausdrücken. Fürs Sizilianische giebt Sghneegans gute 
Auskunft S. 113. D vor und zwischen Vokalen, anlautend und in- 
lautend, bleibt im Nordosten der Insel, Messina, Milazzo, Catania und 
Ostküste bis Syracus, im Innern der Insel und einem grossen Theile 
des Westens, aber mit weicher Aussprache, indem die Zunge nur ganz 
leise an die obere Zahnreihe gelegt wird. In Palermo dagegen und in 
der jetzigen Provinz Syracus, Noto, Modica und Umgegend geht d in 
ungeroUtes alveolar-r über. Auf dem calabresischen Festlande folgt 
Cosenza mit r, während Catanzaro nach dem ausdrücklichen Zeugnisse 
von Sgebbo, Dial. calabr. 41 bei reinem d bleibt. Der Basilicata, dem 
Principato citeriore und ulteriore und dem Neapolitanischen dagegen 
eignet r wieder durchaus, und ebenso der Molise, vgl. d'Ovidio, Arch. 
Glott. IV 1 76 für Campobasso : »il rf scade sempre in d^ e nelle bocche 
piü plebee passa in rcr, in Teramo aber »resta intatto«, Savini, Dial. 
teram. S. 52. Auch im Apulischen und dann wieder in den Marche 
findet sich reines d. — Noch bleibt zu merken, dass auch im Norden 
im Bergamaskischen r aus d vorkommen soll, Tibaboschi giebt es für 
Val Calepio an. ''■ 

178. Wandel von & zu t? ist ebenfalls dem ganzen Süden eigen, 
umfasst aber ein weiteres Gebiet als d zu d. In Sizilien ist x> allge- 
mein ausser in Palermo, wo die vielen Beziehungen zum Festlande b 
eingeführt haben (Schneegans S. 74), sonst ^bGtvukka^ varva, viviri, 
vastasUf vasari, vrazzu, vraka, dann also auch calabr. vue^ vrazzu, 
vivire, fxzsare, ferner im Neapolitanischen, in der Molise und den 
Abruzzen, auch z. B. in Teramo : vove, votte, vase u. s. w. In Lecce 
wird b ebenfalls zu t?, fällt dann aber, s. § 181. Erst im umbrisch- 
römischen Gebiete tritt der Verschlusslaut wieder auf, doch scheint 



104 Lautlehre. [§ 178. 179. 180. 181. 182. 

Ascoli Piceno , Amandola und Monte Fortino sich noch dem Süden 
anzuschliessen.^) Im Norden ist v nicht nachgewiesen. 

179. Endlich Übergang von s zu s oder h gehört dem Vene- 
zianisch- ostlombardischen und dem Genuesisclien an, während das 
zwischenliegende Westlombardische bei 8 bleibt. Also genues. korba, 
iurti, SUf hurhi u. s. w. Zur Bestimmung der Geographie des s im 
Osten fehlt es noch an Mitteln. Es ist daher zwar wahrscheinlich aber 
nicht sicher, dass bergam. herv , hovrä u. s. w. zunächst auf hervo^ 
Servo beruhen. 

180. Vereinzelt steht S. Fratello mit 44 aus l: ddaver (lavare), 
ddät (latte), ddärg [largo), ddagrima [lagrima), ddibr [libro)^ ddan- 
gua [lingtui), dduna, ddon [legno], ddauv {lupo) u. s. w., Arch. Glott. 
Vni 311. Es scheint, dass anlautend / wie inlautend //, nicht wie 
inlautend /, gelautet hat. Nach sizilianischem Vorgang trat dd für 
inlautend H ein und diesem folgte das gleichlautende anlautende /. 

181. Bedingungslosen Abfall des Anlautes zeigt für primäres 
und sekundäres v und g das Apulische, vgl. Lecce asu [bascio], andera 
(bandiera), euta [bevuta), ukka, ursa, rukulu [broccolo), ekkt/u 
(vecchio)^ elenu [veneno), itru (vitru), ina (mwa), uce [voce)^ oggyu 
{voglio); addina {gallina), ula (gola), rutta [groUa] u. s. w.^) So- 
dann schwindet auch in Mittelitalien d und f, dochifit die ratio noch 
nicht recht klar. Vgl. ico dunqua, lu tempu de lu primu Re e Cipru^ 
doppo de aber Goffridu e Buyone, reced illanie e ispetti, se ne olea 
{dolea), glie isseru, nsurtu e ispettu, isse e ole [disse de volere), 
80 enutay ae [aver) ennetta, la aria [la daria) no ennicaa^ la 
ennetta, tutta olontä in Rieti, te ico dunque, putia da Aber pote88e 
ä {dare), putianu ice, je %88e aber stets de in Norcia, beide nach 
Papanti. 

182. Die Veränderungen, die der Konsonantenanlaut im Satz- 
innem erleidet, sind für die Schriftsprache wie für die Dialekte von 
sehr grosser Wichtigkeit, wenn sie auch in der Schrift nicht zum Aus- 
druck kommen. Übrigens sind sie altern Handschriften nicht unbe- 
kannt, so hat sie P. Rajna. in der magliabecchianischen Handschrift 



1) Für Alatri liegen einerseits vove, vyat§, andrerseits bisoha, hammaco 
vor; es scheint also v an den betonten Anlaut gebunden zu sein. Aber 
doch auch heve =» hibit, 

2) Wenn TmABOscm in seinem bergamaskischen Wörterbuche mehrfach 
Formen ohne v anfCÜirt, wie ere^n, aka, t, ida u. s. w., so bedarf es noch ge- 
nauerer Untersuchung, ob diese Formen wirklich im Satzanlaut gebräuchlich 
sind. Da Biondelli S. 6 ausdrücklich nk eS ne zum bei den Beispielen für 
inlautend v giebt und in seiner Übersetzung der Parabel vom verlornen Sohn 
im Wortanlaut stets v schreibt, so darf man daran zweifeln. 



§ 182.] Die anlautenden Konsonanten. 105 

der Storie di Fioravante in weitem Umfange nachgewiesen: a pro- 
posito d'un manoscritto magliabecchiano Prep. V 29 — 63, woran sich 
dann S. 64 — 76 ein Aufsatz von F. d'Ovidio schloss: Di alcune 
parole che nella pronunzia toscana producono il radoppiamento della 
consonante iniziale della parola seguente. Die Mundarten berück- 
sichtigt H. ScHUCHABDT in einem feinsinnigen [Artikel: Les modi- 
fications syntactiques de la consonne initiale dans les dialectes de la 
Sardaigne et du sud de Tltalie, Kom. HI 1 — 30, vgl. noch H. Schu- 
CHABDT, Littbl. 1885, 273 — 277. Das Prinzip, das den ganzen im 
Folgenden zu besprechenden Erscheinungen zu Grunde liegt, ist das, 
4ass die Konsonanten im Satzinnern unter gleichen Bedingungen 
ebenso behandelt werden wie im Wortinnem. Im Toskanischen kommt 
nur in Betracht der Anlaut nach einer Anzahl proklitischer meist ein- 
silbiger und nach oxytonirten Wörtern : in diesem Falle tritt Dehnung 
des Anlautes ein, zugleich unterbleibt die Verschiebung des c zu h 
(§ 173). Die Wörter, die die Dehnung bewirken, sind nach d'Ovidio, 
Grundriss I S. 469 die vokalisch auslautenden Oxytona wie amd, 
amerd, ameräy veritä, mercd, mrtü, sodann ^, e, o, se^ a, da, tra, 
Jra, $u^ giü, piü, giä, st, li, lä, qui, qua, ne, ma, che, cht, tu, 
tCy me, se, cid, ho, ha, fu, fo, fa, so, sa, vo, va, do, da, sto, sta, 
fe = fece, fk, fa (Impt.), sta. Da, di, di*, tre, re, vo = voglio, 
mo, qualche, contra, sopra, intra, infra, come, dove. Diese Wörter 
zerfallen in verschiedene Klassen. Wir haben zunächst die ursprüng- 
lich auf t, d auslautenden wie e, a, o, Wörter, die nie selbständig 
gebraucht werden, sondern immer mit den ihnen unmittelbar folgen- 
den eine Einheit bilden. Da bleibt der Auslaut nur bestehen vor 
folgendem Vokal und vor r, während er allen andern Lauten- ange- 
glichen wird, also tu ed io, padre efßglio, fratello es sorella, padre 
em madre, popolo ed rd, ad esso, al lei, am me, dk hasa. Von 
diesen theoretisch zu erwartenden Formen finden sich denn auch alle 
mit Ausnahme von ed re, wofür in Anlehnung an alle andern Wörter 
mit konsonantischem Anlaute er re gesagt wird. Nach dem Muster 
von e und o richtet sich dann ne, wofür man eigentlich neg io, neg re 
nep padre, net tetto erwartet. Neg geht spurlos verloren und wird 
durch ned ersetzt, und dann folgt schliesslich auch die adversative Con- 
junction ma. Ganz ähnlich zieht che{d) dann se nach sich. Mit a geht 
das daraus gebildete da, und diesen zwei Präpositionen auf a schliessen 
sich fra und tra an. Ganz anders verhält es sich mit Wörtern wie 
va, amo u. s. w. Oxytonirte Vokale sind im Italienischen kurz, ihnen 
folgende Konsonanten werden gedehnt. Endlich ist noch als drittes 
zu beachten, dass das Toskanische bei dem Rhythmus ^^-^ den die 
hauptbetonte Silbe anlautenden Konsonanten dehnt, woraus sich die 



106 Lautlehre. 



[§ 182. 183. 



Dehnung bei dove erklärt. — Der Wandel von c zu Ä, der § 173 für 
den direkten Wortanlaut erwähnt wurde, tritt im Wortinnern zwischen 
Vokalen, nicht aber nach /, n ein, daher denn auch im Satzinnern il 
cavallo, in casa. Von andern nur in der Stellung zwischen Vokalen 
vorkommenden Lautveränderungen ist s aus c und im Vulgärflorenti- 
nischen der Ausfall von v zu nennen. Nach dem eben Gesagten ist 
es selbstverständlich, dass man la sena, la ose, aber cena, voie und 
accena, avvo&e sagt. Wir können also bei ein und demselben Worte 
drei Stufen, eine starke, eine mittlere und eine schwache kon- 
statiren. 

183. Wenden wir uns den Mundarten zu, so wüsste ich aus 
Oberitalien nur das schon. genannte bergamaskische ne ec zu erwähnen. 
Der Unterschied vom Toskanischen ist dabei bemerkenswerth. Da 
die nördlichen Mundarten überhaupt keine gedehnten Konsonanten 
kennen, so besitzen sie nur die mittlere und die schwache Stufe, diese 
tritt nun auch nach den vokalisch auslautenden Wörtern ein, die neben 
der mittlem die starke Stufe verlangen. Weit interessanter sind die 
Verhältnisse im Süden. Einmal sind die Wört^, die die starke Stufe 
fordern, nicht ganz dieselben wie im Toskanischen. Für Campobasso 
giebt d'Ovxdio ein Verzeichniss Arch. Glott. IV 178 f. Danach hat 
hier die Analogie weniger .weit um sich gegriffen als im Toskanischen, 
sofern nämlich die mittlere Stufe auch nach fra, tna, &ij tu bleibt. 
A-uch die Adverbien IIa, kkwa, die Verbalformen und die Oxytona 
dehnen nicht. Sodann sind hier die Wirkungen des Accentes merk- 
würdig. Dem toskanischen ettu entspricht ebenfalls eUu^ dem 
e IVuomo dagegen e Vome, ebenso e Ptwmene. e na femmena; mit 
andern Worten, nur der Anlaut betonter Wörter wird gedehnt, nicht 
aber derjenige tonloser. Ganz ebenso erklärt sich a mm^ PP^'^h ^^^ 
a mm§ me manga, ferner a tte, aber «y-a fa, — Die Dehnung nach 
one erklärt sich sogleich aus dem Neapolitanischen, auffälliger ist sie 
nach patre und verwerte, die dann patrf, ver§en§ lauten. — Endlich 
ist noch zu bemerken, dass als starke Stufe zu y, v, J, d der ent- 
sprechende gedehnte Verschlusslaut erscheint, also ggy, bb, gg, dd^ als 
schwache zu k dagegen g, — Auch ^V^, un affiziren den folgenden Kon- 
sonanten. In ganz Süditalien werden die tonlosen Laute nach nasalen 
tönend, dem entsprechend finden wir im Satzinnem: ''n gasa^ ^n diembe, 
^n bo = un poco u. s. w. — Aus dem Neapolitanischen mag nur die 
Dehnung nach dem Plural der Feminina und nach one erwähnt werden, 
wo also 'S ebenso wirkt wie auslautende Verschlusslaute. Fürs Gala- 
bresische bringt Scekbo, Dial. cal. 45 wieder zuverlässiges Material. 
Die Dehnung tritt nach einsilbigen Wörtern in ziemlich demselben Um- 
fange ein wie im Toskanischen, ist aber an folgenden Haupt- oder 



J 183, 184.] Die anlautenden Konsonanten. IQ 7 

Nebenton gebunden, daher zwar a IPuortu, e nnu btrbänte, aber lu 
pätre e lufiyyu. a la kkyesa, nicbt e Uu, a IIa, Die starke Stufe nach 
one erinnert wieder ans Neapolitanische, diejenige nach wwre [signore) 
erinnert smpatre in Campobasso. Für vene ddotto gut wol dieselbe 
Erklärung wie für tosk. döve vvd. Dann auch wieder m pacce = in 
faccia u. s. w. — Auch über das Sizilianische ist durch Schneegans 
145 ff. sichere Auskunft gegeben. Unter den dehnenden Wörtern sind 
tre und dda {illac} beachtenswerth. Neben der einfachen quantitativen 
Veränderung ist die artikulatorische zu merken : ä : dd, v : bb, y : ffy, 
l : dd^ wie inlautend //, alveolares r aus gr zu uvularem rr. Sodann 
Einfluss des m : mmarka = in barca, mmita = in vita , nnenti = vi 
dente, wofür Schneegans freilich kein Beispiel giebt. 

184. Von besonderem Interesse ist endlich das Sardische, bei 
dem die Modifikationen des Anlautes schon darum viel mannigfaltiger 
sind, weil der Inlaut stärkeren Aenderungen unterworfen ist, als in 
den bisher behandelten Mundarten. Nach vokalischem Wortausgang 
werden die tonlosen Anlautskonsonanten tönend, also una goza, bona 
gtiaUdadey su boveru, su dempu, su vizu, eo so\ die tönenden fallen: 
SU oe^ SU inu, wohl auch su oneddä, [su gonella) und su entöle 
(dentale). Bei konsonantischem Auslaut dagegen bleibt der Anlaut 
in der mittleren Stellung, ebenso in pausa. Wir haben also nur zwei 
Stufen, eine starke (= mittlere) und eine schwache, die sich aber bei 
allen mit Verschluss- oder Reibelauten beginnenden Wörtern findet. 
Die Folge davon ist, dass nun auch bei den mit Sonanten anlautenden 
Wörtern zu der einfachen Stufe eine starke tritt, dass man also von 
SU muru, su mostru, su renu aus nach dem Muster su dempu : sas 
tempus nun sagt sas mmuroSy sos nnostros, sos rrenos. Für / fehlt 
Auskunft. Ferner da zu der schwachen Stufe su oe die starke boe^ 
sus boes lautet, so tritt zu su ennarzu, su eneru, su inistra als 
schwache Stufe su bennarzu, su beneruj su linestra, wie L. Hatet, 
M6m. soc. lingu. 11 277 und Hofmann, Log. und camp. Mundart 95, 
vgl. Litbl. 1886, 70, gegen Ascoli, Arch. Glott. II 144 richtig er- 
kannt haben. Ganz ebenso erklärt sich bonedda (gonella) ^ bentale 
(dentale) , bistrale (destrale) , Verba wie bettare (gettare) , bessire 
(uscire)f bokkire (aucidere), birare (girare), — In einem Falle zeigt 
ursprünglich auch das Logudoresische drei Stufen , bei t? : vinu , su 
inu, SOS binos. Es begreift sich leicht, dass die erste Stufe verloren 
gegangen ist. Endlich verdient d- noch eine Bemerkung. Die Stufe 
SU entale ist nur erschlossen aus bentale y in That und Wahrheit 
spricht man su dentale, es ist also c? nicht geschwunden, sondern zum 
Spirant geworden , was wohl aus einem Einfiuss der starken Form zu 
erklären ist. — Das Campidanesische scheint in einigen Fällen abzu- 



108 Lautlehre. B 184. 185. 

weichen : r ist unter allen Umständen stark, s soll nach Vokalen scharf, 
nach Konsonanten weich sein/ Vgl. ausser dem § 182 genannten 
Aufsatze Schughajldi's noch Hofso^nn, Die log. und camp. Mundart 
S. 122 ff. Damit scheinen übrigens die Reihen der satzphonetischen 
Erscheinungen noch nicht erschöpft zu sein. Sfano verzeichnet in 
seinem Wörterbuche fentana aus span. veniana^ ßshidu = vtscido, 
fiaiida = vianda , fivdu = viduus , fentomare aus mentovare , wo 
also V TM f wird ; mit Ausnahme vielleicht von viscido alles Fremd- 
wörter, die nicht losgelöst, sondern im Satze, die Substantiva wohl 
mit dem Artikel, übernommen wurden und daher ganz folgerichtig nach- 
vokalisches v in pausa zu y wandeln. Schwieriger sind sohon /ranka, 
frastimare, die aufy-t?-Ä, und pampa, pesperu, die &\it p-b-Vj 
puntdna, püliga, die auf p-b-v-f, battia aus captiva (Flechia, 
Miscellanea di fil. e. lingu. S. 200), botale = cotale, bentone = 
ceniOj berda = cerda, addu = callo^ bulteddu = coltello, barriare 
= caricare u. a. (vgl. Hofmann S. 83 f.), die auf o-g-c weisen. — 
In einzelnen sardischen Dialekten wird ein Verschlusslaut nach 8 zum 
Reibelaut. Das tritt natürlich auch im Satzinnern nach dem Plural 
des Artikels und des Adjektivs ein, vgl. gitddul prei, trei pizzino 
hun 8a mela, kuddal pre8 ^ovanae u. s. w., Arch. Trad. Pop. n 135 
aus Tiesi. 

185. Es sind bisher die einfachen Konsonanten betrachtet 
worden, Konsonantengruppen nur in soweit, als sie unverändert bleiben. 
Es treten nun aber gerade bei den Konsonantengruppen , wie schon 
§ 160 angedeutet ist, tiefgehende Veränderungen ein. Zunächst mag 
qu besprochen werden. Wie § 158 gesagt wurde, ist schon im Vulgär- 
lateinischen qu-qu zu c^qu dissimilirt worden, daher ital. cinque, 
cinquanta, äsen. ce8cheduno Zs. IX 522 , heute ctascunOy abruzz. 
cerqua aus *querqua. Sonst bleibt qua im Italienischen : quäle, 
quanto, quando, quattrOj qualitä u. s. w., que, ^tit wird zu ke^ ki: 
cht, che,cketo, chiedere, auffölligerweise quindici. Sekundäres^ 
liegt vor in quagulaty in vulgl. quiste, quille, ital. quaglia und caglia, 
letzteres wohl von cagliäre aus, que8to, quello u. s. w. Die Mund- 
arten bieten wenig Abweichungen. Im Sardischen ist batru, baranta^ 
bindigi auffällig, sofern sonst nur inlautend qu zKib wird, anlautendes 
aber bleibt, bezw. zu k wird. Man könnte an Verallgemeinerung von 
batru in vinti battru, trinta batru und dann Beeinflussung von ^qua- 
ranta durch batru denken, doch bleibt bindigi dabei unerklärt. Im 
Südosten wird qui zu cf , que zu ce, quaerere zu cerere, so in Tarent, 
Lecce, Brindisi, Matera, aber nicht mehr weiter in der Basilicata, 
nördlich aber noch in Teramo. — Sodann findet die Unterdrückung des 
U in qui8te im Süden wie im Norden auf weitem Gebiete statt. Auf- 



§ 185. 186.] Die anlautenden Konsonanten. 109 

fällig ist dabei der Unterschied zwischen guiSte und kesta in den. 
Abmzzen, z. B. Campobasso d'Ovidio Arch. Glott. IV 169, neben, 
neap. kihte, wo also nur que zu ke wird. Vielleicht gilt dies auch 
fürs Toskanische und ist dort chi nach che gebildet. Ans Neapoli- 
tanische, wo sich chiste^ eheste schon bei Loise de Rosa findet, schliesst 
sich das Römische und im Süden das Calabresische und Sizilianische 
an, andererseits zeigt der ganze Norden dieselbe Erscheinung, wie sich 
an dem Paradigma von guesto in der Formenlehre zeigen wird. Qiui 
ist wiederstandsfähiger, namentlich wenn a betont ist, wogegen bei 
tonloser erster Silbe das u leicht verschwindet, daher z. B. Campobasso 
qtianney aber kakkosa, kakkfdune und daher auch das einfache kakke, 
vgl. ähnlich mail. karobbi (quadruvium) neben qua, quand, während 
im Tessin auch kand erscheint. Noch mag hier der Wandel von qu 
ZMf erwähnt werden , wie er in dem von Flechia, Arch. Glott. IV 
385 genannten Jxirkeiola yoxliegty worin aber wohl Dissimilation mit 
im Spiele ist, wie auch in farkeduno, farke in Galatone (Terra 
d'Otranto). — Merkwürdig ist villu^ vella in Cittä S, Angelo, wo 
dahingestellt bleiben mag, ob qu überhaupt sein gutturales Element 
verliere, oder nur in diesem speciellen Falle. 

186. Die Anlautsgruppen cl^glyflypl^ bl^ stl erweichen ihr /, werden 
also zu cT w,. s. w., woraus dann weiter mit Unterdrückung des fund 
Dehnung des Verschlusslautes kky. Die Dehnung kommt im Anlaut 
nicht zum Ausdruck, wohl aber im Inlaut. Am frühesten tritt der 
Wandel von cl, gl zu ki, gi ein, erst etwas später derjenige \on ßy 
pl, bl zu kiy piy bi, Stl ist schon im Vulgärlateinischen zu sei ge- 
worden, daraus ital. seht. Der Wandel ist älter als unsere ältesten 
Litteraturdenkmäler, auch lässt sich am Toskanischen selber der zeit- 
liche Unterschied von ki und pt nicht mehr erkennen. Wir haben 
also : ehiama, chiave, chiaro, chieppa, ehierica, chieia^ ehtna, ehiodOj, 
chtosa, chiostro, chtuderCy ghiado, ghiaceio, ghiaja^ ghianda, 
ghieva^ ghiro, ghiomo, ghiotto; schioppo; ßamma^ßaccOjßanco, 
ßeseo, ßatare, ßebole^ ßoeco^ ßore, ßotto^ ßutare, ßume^ pianOj, 
pianta^ piacere, piangere, piaga, ptazza, piega, pieno, pteve, 
piombo, piovere^pioppo {vxLLgl&t ploppus), piü, piumay bianco, biadOy 
biasimare, bieco (blaesus, d'Ovidio, Grundriss I 508), biondoj biotto, 
biuta u. s. w. Die Ausnahmen sind gering und sammt und sonders 
der Büchersprache entstammend, vgl. claustro neben chiostro ^ clavi^ 
eola Schlüsselbein neben chiave ^ demente neben dem Eigennamen 
Chimenti, clipeo neben chieppa, gleba neben ghiova, gloria, dessen 
Q und ri auch auf Entlehnung weisen, glossa neben chiosa, ßaccido 
nehenßaccOjßagello, dessen g ebenfalls ungehörig ist, ßautOjßebile 
neben ßevole, placito neben piacere, plantare Fusssohlenmuskel 



110 Lautlehre. [§ 186. 187. 188. 

neben pianta, plebe neben pieve, plorare neben piurare, blasfemarez 
neben hiasimare^ hlito neben bieta u. s. w. 

187. Wenden wir uns nun zu den Mundarten, so zeigen diese 
mehrfache Abweichungen und Weiterentwicklungen. Im Sardischen 
scheint / nach Labialen geblieben, nach Gutturalen ebenfalls im Cam- 
pidanesischen , wogegen das Logudoresische die merkwürdige Form ^ 
zeigt, die aus cly ky^ c oder ffy entstanden ist. Vgl. Hofäann, Log. 
und camp. Mundart S. 67 ff. Die ältesten Beispiele für pi^ die er 
bringt, stammen aus dem Jahre 1532, während die Urkunden des 
XV. Jahrh. noch stets pl beibehalten, welche Form noch heute die 
campidanesische ist. Da auch im Logud. noch plenu , prus , ßore, 

flumen^flakhu u. a. neben pienu u. s. w. vorkommen, wird man pi 
als einen Eindringling aus der Schriftsprache fassen dürfen. Dagegen 
macht es mehr Schwierigkeit, ^ aus cl als eine ungenaue Wiedergabe 
des genuesischen c (§190] zu fassen, obschon auch hier das Süd- 
sardische mit seinem Ar, kl^ vgl. camp, krai^ krau, klaru neben log. 
^de, ^au^ garu, fürs altlogudorische kl sichern könnte. Für hl fehlen 
Beispiele, gl verliert sein g : landula, landiri von glans, 

188. Die südwestlichen und südlichen Dialekte stimmen in der 
Behandlung von cl, gl mit dem toskanischen überein, zeigen aber 
auch bei pl, gl und z. T. bei ß den velo-palatalen Verschlusslaut, 
also kyanta, kyu, yastimari, yanku^ dumi, damma im Sizilianischen, 
letzteres mit dem § 175 besprochenen Laute, oder aber humi im 
Innern der Insel, so in Vallelunga, Casteltermini, Girgenti, Caltani- 
setta, vgl. ScHNEEGAKs, S. 81 f. Die palatale Spirans findet sich 
auch in Calabrien. Das ki aus pl umfasst ausser Sizilien und Cala- 
brien noch Neapel, Apulien und die Molise, mit kyan^en in Canosa 
Sannita, kyanenne in Villa S. Maria (Abruzze Citeriori) aber dürften 
am adriatischen Meere, mit kyanenne in Veroli und Alatri am tyrrhe- 
nischen die nördlichsten Punkte erreicht sein. Der Reflex von ß 
schwankt, d'Ovidio giebt für Campobasso eine »fricativa che si dis- 
tingue sol per minore stretta orale dallo 5« Arch. Glott. IV, 160. Die 
verstärkte Form für den Laut ist geradezu H, Auch gl und bl 
schwanken zwischen y und gy, für gl bietet Campobasso t : Tomere, 
lanna. — Die Schreibung ki für pl zeigen schon die sizilianischen 
Denkmäler des XIV. Jahrb., s. Pakiselle S. 36 f., ebenso der Nea- 
politaner Loise de Rosa, während im Regimen Sanitatis die etymo- 
logische Schreibung festgehalten wird. Der Übergang von der labialen 
zur gutturalen Artikulation hat wohl auf der Stufe pX stattgefunden, 
nicht erst bei pi, da plenus zu kinu wird, also plinu, pTinu, kKnu, 
kinu, — Eine besondere Stellung nimmt die Südostspitze Siziliens 
ein, sofern hier speciell in Noto und Modica das sekundäre ki, so- 



§ 188. 189. 190.] Die anlautenden Konsonmnten. m 

wohl das aus cl wie das aus/?/ entstandene, weiter zu c wird, also canta, 
camari, caga, cummu, auch cinu, s. Sghneegans S. 70 und 152, wo- 
durch der Dialekt allerdings nur zufällig mit dem Genuesischen über- 
• einstimmt, vgl. Litbl. 1888, Sp. 225. — Von den Ausnahmen ist 
siz. piaciri, neap. piacere vielleicht mit Sohneegans S. 92 als Lehn- 
Avort aus der Schriftsprache zu fassen , wie pianu, piattu und viele 
andere. Dann aber ist besonders beaehtenswerth, dass die Abneigung 
gegen cl noch so stark ist, dass diejenigen Buchwörter, die die 
Schriftsprache unter der Gestalt jc»/, ein. s. w. aufweist, im Sizilia- 
nischen stets / in r wandeln , vgl. obhrikari, praya, praneta, hri- 
menti u. s. w., vgl. Schneegans S. 198 f. Das gilt auch für andere 
Mundarten, z. B. mail. dekrinäj sangrütt, auch ital. ^^ccta aus 
ßeche u. s. w. Ebenso bei den alten Lyrikern, vgl. Caix, Origini 139, 
und bei Brunetto Latini Wiese , Zs. VII, 306, und so rüprende 
Albert. 57 u. s. w. 

189. Am adriatischen Meere wird cl zu ky, gl zu y, dagegen 
bleiben j»/, bl,ßj also z. B. in Teramo kiamä, yanne, hhex plandd, 
blastemCf flamme. Das Gebiet dieser jt?/- Region scheint ziemlich 
beschränkt und kaum über die Provinz Abruzze Ulteriori I hinaus- 
zureichen. Finamobe, Voc. Abr. 21 gibt planda für «paraechi co- 
muni della nostre montagpia«, wogegen er promme^ prazza^ also pr 
für pl als allgemeiner verbreitet angiebt. Schliesslich muss noch be- 
merkt werden, dass Tozzi für Gessa-Palena piafier.^ Bher pranava, 
pranenn angiebt Pap. S. 56, also pi vor betontem, pl vor tonlosem 

Vokal. — Es giebt nun noch andere Gegenden, wo pl neben ki steht, 
auf der Grenze zwischen Lombardisch und Rätisch, speciell in Val 
Gandina, Veltlin und Idro , wie Ascoli, Ar eh. Glott. I 303 Anm.- 
nachge wiesen hat. 

190. Endlich Norditalien unterscheidet sich vom Süden und 
Centrum dadurch, dass es den Wandel zu pi^ ki nicht nur vornimmt, 
«ondem dann durch weitere Angleichung des Verschlusslautes ki zu c, 
wohl auch pi zu o wandelt. Das letztere ist ziemlich engbegrenzt, nur 
Genua spricht canta, caga, cattu, cega^ ceive, cümma und entsprechend 
ganku (bianco), sou (flato), su [flore]^ sümaea [fiumajd] u. s. w. 
An Genua schliesst sich westlich Porto Maurizio an, während im 
Osten die Lunigiana, selbst soweit sie politisch zu Genua gehört, also 
Oastelnuovo diMagra, Sarzana, Vezzano, pi bietet. Nur längs des 
Meeres dringt c bis nach Spezia hin. Nördlich erscheint es noch in 
Garessio und Ormea. — Sodann hat AscoLi, Arch . Glott. 1271 theils die 
ursprüngliche Stufe joc, theils die Weiterentwicklung c im Misokk 
und in Morbegno im östlichen und Montagna im mittleren Veltlin 
nachgewiesen, und Saxvioni hat Aroh. Glott. IX 209, Anm. 1 genauer 



112 - . Lautlehre. [§ 190. 

bestimint: 11 fenomeno h circoscritto a parte della Mesolcina {h p. es. 
a Soazza e non h piü a Roveredo), e a parte del contado bellinzonese. 
Qui lo incontrai sulla riva sinistra del Ticino, a Arbedo, che giace a 
nord di Bellinzona, al confluente del Ticino e della Moesa, e in Valle 
Marobbia, le cid acque metton nel Ticino un pajo di chilometri & 
sud di Bellinzona^ e sulla riva destra, a Montecarasso, che pur giace 
a sud di Bellinzona, sulla strada che mette all' imboccatura della Ver- 
zasca, e a Locamoa. Dazu S. 255 Anm. 2 : »ho sentito da gente di 
Romagnano Sesia : §enka = bianca, esemplare non indegno di nota^ 
poichö spetti a regione intermedia tra le Alpi e la Liguria«. Sehen wir 
von diesem Letztern ab, so erscheint j9^, c auf der Grenze zwischen 
rätischem Sprachgebiet, wo pl bleibt, und lombardischem, wo pl zu pi 
wird. Man wird nicht fehl gehen mit der Annahme, dass bei der 
Übernahme von pi in eine Gegend, die sonst pl sprach, die Schärfung* 
des % zu y, c stattgefunden habe. — Das ^enka in Romagnano aber 
mag zum Monferrinischen hinüberleiten , wo, in welchem Umfange 
bleibt noch zu untersuchen, ebenfalls c aus />»' vorkommt, vgl. § 10,. 
und dann S. Fratello : cento, couvir (piovere), cuma, säur (ßore) 
neben plazair, dem sich agen. piaceir vergleicht und das entweder 
als Schriftwort zu fassen ist oder in Folge von Dissimilation sich auf 
der altern Stufe gehalten hat. — Auf viel weiterem Gebiete erscheint 
c für ki: nicht nur das Emilianische, Genuesisch -piemontesische und 
das Lombardische, sondern auch das Venezianische, das sonst in man- 
chen Punkten dem Toskanischen folgt, sprechen camar , car, cuso 
u. s. w. Ln Westen scheint ki wie pi in der Lunigiana zu beginnen, 
dann bildet der Apennin die Grenze; für die Gebiete am adria- 
. tischen Meere fehlen mir genügende Hülfsmittel, um zu bestimmen, 
wo c aufhöre. Im Norden greift das rätische kl^ pl noch ins Ve- 
nezianische und Lombardische hinein, Bormio und Veltlin z. B. be- 
wahren es noch. — Fragen wir endlich nach dem Alter des c und jw, 
so treffen wir schon in den ältesten Sprachdenkmälern direkte oder in- 
direkte Spuren der Palatalisirung. Zwar das Exempelbuch kennt nur 
pl, clj ebenso die Hamiltonhandschrift, doch weist die Form plu im 
Catound in den Proverbia neben plm auf eine Aussprache piu, wa 
das zweite i infolge von Dissimilation gegen das erste geschwunden 
ist. Für Fra Giacomino aber ist die Aussprache c für cl gesichert 
durch die Schreibung c/^ra für ital. ciera. Ebenso beweist die Schrei- 
bung abluda bei Bonvesin, dass bl schon bi gesprochen wurde, für gt 
erscheint schon ffiaza. In den Rime Genovesi sind Schreibungen wie 
ihamäj ihoi (chiodi), iamo (chiamo), iazo, iantao (piantato), ciantoi 
{piantatori) , ianco (bianco) u. s. w. Arch. Glott. X 151 f. die vorherr- 
schenden. Für die Romagna wäre auf Dante Vulg. Eloqu. 14 zu. 



§ 190. 191. 192. 193.] Die anlautenden Konsonanten. 113 

verweisen, wo er den Romagnolen oclo vorwirft : ist im Inlaut cl ge- 
blieben, dann mit noch, mehr Recht im Anlaut. Allein es ist frag- 
lich, ob cl nicht bloss etymologische Schreibung sei. 

191. Eine besondere Beachtung verdient auch schi, wie es in 
schiuma und scMoppo vorliegt. Im Vulgärtoskanischen tritt dafür 
stiappo, stiuma ein, Formen, die z. B. Cellini stets verwendet. Auch 
fürs Bolognesische giebt Biondeixi S. 198 stiop, stiuma an, während 
in Parma, Ferrara und im ganzen nördlichen Gebiete sc erscheint. 

192. Die andern Anlautsgruppen bleiben in der Schriftsprache 
unverändert, dagegen ist aus den Dialekten noch nachzuholen, 
dass gr sein ff im Sardischen, wo sonst anlautend ff bleibt, verliert, 
vgl. log. russUj rassu (ffrctssus § 162), randine^ runda. Damit ist 
vielleicht l aus ffl ^ 187 zusammenzuhalten. 

193. Es besitzt nun das Italienische auch eine Reihe neuer, 
dem Lateinischen noch unbekannte Anlautsgruppen, die grössten- 
theils infolge von Synkopirung des Vokals der ersten Silbe entstanden 
sind. Soweit dann der erste Konsonant verändert wird, ist hier davon 
zu handeln. Das Florentinische zeigt nur Weniges. S wird vor 
tönenden Lauten tönend: svenirCy sdeffno u. s. w. , doch bringt die 
Schrift das nicht zum Ausdruck. Wichtiger ist der Wandel von vr 
zu fr , wie er in frasca aus virasca , frana aus voniffine nach 
Flechia's zutreffender Deutung vorliegt. Femer wird s'r zu sdr, vgl. 
sdrucciolare aus s-^oteolare nach Ascoli, Arch. Glott. VII 516 Anm.^ 
sdrajare aus s-radiarCj siz. sdruviffffyä aus s-reviffilare, wogegen 
das von Diez, Wb. 1115 ebenso gedeutete sdrucire eher aus s-dirtA- 
cire zu erklären ist, vgl. druscire Intell. 181. — Weit mehr hierher- 
gehörige Erscheinungen bieten namentlich die nördlichen, stark syn- 
kopirenden Mundarten. Im Emilianischen wird dis zu c bezw. ^, 
daher cpett = dispetto, jner = desinare, vgl. auch imoL 
tservele; treffen zwei Laute verschiedener Stafe zusammen, so 
nimmt der erste die Qualität des zweiten an : bdel aus peddle^ bdocc 
{pidocchio), sbdel (speddle), bffoj (peculium) , bseR (pisello) ; pion 
= bottone, pke [peccare] , pkon [boccone) y psiffa [vesciffa)^ ein 
Wort, das besonders interessant ist, denn während imToskanischen/* 
die tonlose Entsprechung von v ist, finden wir hier p, was sich wohl 
daraus erklärt, dass v dort labiodental, hier bilabial ist. Daher wird 
v-r hier zu br: bruffla aus Verruca, und bruffola Caix, Studi 224 
kann nicht echttoskanisch sein. Auch der Norden zeigt br aus vr, vgl. 
brespa, brespo bei Ruzante, Wendbineb S. 31. Auffällig ist mehr- 
mals d iür b: bledffer = düeticare^ dbü =: bevutOy dbefi = mvoffno; 
sodan br für mr in brenda aus mbrenda. Vgl. nochMussAFiA, Romg. 
§ 114 — 119. — Anderswo, im Tessin, fällt dagegen der erste der 

Meyer-Lftbke, Ital. Grammatik. 8 



114 Lautlehre. [§ 193. 194. 195. 

beiden Konsonanten, vgl. üi = venire, mint = *comente, fiusse = 
conoscete, döla = hetulla vgl. Salvioni, Arch. Glott. IX 305. Hier 
finden wir auch Angleichung des zweiten Konsonanten an den ersten 
in kfeta = civetta, sfera = civera Arch. Glott. IX 214 Anm. So- 
dann mag sf zu sp erwähnt werden, das als calabresisch und apulisch 
gilt, vgl. Lecce spilare = sfilare, spriculu = venez. fregolo Arch. 
Glott. IV 129 ; calabr. spogare = sfogare, spundare = sfondare^ 
spattu = sfattOy spiatare = sfiatare u. s. w. 

194. Doppelkonsonanten oder besser gedehnte Konsonanten im 
Anlaut kennen die südlichen Mundarten. Schon § 144 ist daiuuf 
hingewiesen, dass i fällt; da nun femer nd zu nn, tnb, nv zu mm 
werden, so beginnen also alle diejenigen Wörter, die im Toskanischen 
mit ind, inv^ imh anlauten, im Süden mit nn, bezw. mm. Aus Cam- 
pobasso bringt d'Ovidio, Arch. Glott. IV 179 noch andere Beispiele, 
zunächst wieder solche, deren Anlaut ursprünglich im Wortinnern 
stand und dort, sei es ursprünglich, sei es infolge besonderer Um- 
stände, gedehnt war, wie IIa = illac, kqtca, kkyeseya [cMesai) , femer 
kkyu, wo man wohl annehmen darf, dass die häufige Stellung im Satz- 
innern das ursprünglich anlautende pl so behandeln liess wie inlauten- 
des. Schwer zu erklären sind ddio, doch vgl. tosk. iddio, rrf nebst 
rreyale,rroha,mmerda, mmummeya, mmolla, mmalatya, nne^dde. — 
Die gedehnte Aussprache des Anlautes scheint für einen Theil dieser 
Wörter dem ganzen Süden anzugehören, wenigstens weist Sokelbo, 
Dial. calabr. 44 auch im Calabresischen rre, rrobha, mmerda, 
kkyUy dda (= lld), kka, ddio nach, ausserdem aber noch ccippUy 
ccikkulatay nnokka, ddutta (lottajy ccittu, kku [con], kki (che neben 
ki^=chi), ddemuomCy ppe [per), nnestrOj Wörter, von denen mehrere 
d'Oyxdio's Annahme, gedehnte Konsonanz im Wortinnern bedinge 
auch gedehnte im Anlaut, bestätigen können. Da kki, ppe, kku mit 
dem ihnen folgenden Wort eine Einheit bilden und dessen Anlaut 
dehnen (§ 182), so fallen sie unter dieselbe Kategorie, vor allem 
wird so der Unterschied zwischen kki = che und ki == chi gerecht- 
fertigt. 

195. Endlich bleibt noch der sporadische Abfall und Zutritt 
von Konsonanten zu besprechen. Jener hat seinen Grund in Dissi- 
milation in avellOf usignuolo , in Verwechslung des / mit dem be- 
stimmten Artikel in ottone, orbacca, oncia, oleandro, usingatore 
Albert. 37, vulg. aberinto, ambroetolo, romg. epis = lapis , auch 
Mail, apis, ares ^=^ larice u. a., SaIiVIoni, Mail. § 77, ferner des n 
mit dem unbestimmten : anchinOj aranda, vgl. Caix, Studi S. 194. 
Im Sardischen, wo der Artikel m, sa lautet, kann ebenso 8 fallen, 
vgl. ambistca = sanguistiga u. a. In Verben wird «mit dem Präfix 



§ 195. 196. 197. 198]. Die anlautenden Konsonanten. j X5 

s verwechselt und kann deshalb fallen, vgl. calterire aus scalpturire, 
tretticare zu strettare Caix Studi 639. Unklar ist Schwund von g 
in Mail. remi§ell = ghmicellus , das weit verbreitet ist , Mussafia 
Beitrag 64, mail. rofii=grundire. 

196. Zusatz von Konsonanten ist ebenfalls selten. Zunächst 
ist auch hier das l des Artikels zu nennen in lero, lazzo zu acidi4$j 
lampone neben piem. ampola, lasca, lazzeruola aus span. acerola, 
loppio u. a., senes. lape^ siz. lapa = ape s.Caix, Studi 94, Mussafia, 
Romg. 169, Salvioni, Mail. 46 ^j. AuffSlligerweise tritt es auch an 
Yerba : latnicare, wenn es von humig are stammt, Caix Studi 44, piac. 
leimp (implere)y lanser (ansiare) Mussafia, Beitrag 69. Femer das n 
der Präposition in: ninfemo^ nabisso, wogegen in alttosk. niscire 
wohl eher ne steckt. — Vorsatz von 8 ist , wie sich in der Wortbil- 
dungslehre zeigen wird, sehr häufig, vgl. Flechia, Arch. Glott. II 46, 
wo oberitalienische Beispiele gegeben werden. — Sodann erklärt sich 
gracimolo und graspo durch Anlehnung an grappo, granocchia 
an grcLcidare ; brezza aus auritia hat sein b von brisa, bruire von 
braire. 

B. Die Konsonanten im Wortinnem. 

197. Auch im Wortinnem haben wir zu scheiden zwischen ein- 
fachen Konsonanten und Konsonantengruppen, vor Allem aber ist die 
Stellung vor oder nach dem Tone von bestimmendem Einfluss auf die 
einfachen Konsonanten sowohl wie auf die Gruppen. Auch die Qua- 
lität des folgenden Vokals ist von Wichtigkeit. Nur auf die Sonanten 
fif m, r, l scheint die Stellung des Accentes gar keinen Einfluss zu 
üben, wie denn überhaupt diese Laute am allerwenigsten Umgestal- 
tungen erleiden ; sie mögen daher von den andern getrennt behandelt 
werden. Eine besondere Beachtung verdienen auch die Konsonanten 
in Proparoxytonis. • 

1. Die Konsonanten nach dem Tone. 

198. Einfache Verschluss- und Reibelaute nach dem Tone 
bleiben in der Litterärsprache bestehen, Je wird selbstredend zu c, 
g zu §, für b ist v eingetreten § 158, vgl. amicOy greco, ciecOj giuoco, 
fuoco, cmocOf brucOj -ato, -ito, -utOj -eto, -ate, "itCj -ete, statOj 
State, grata aus älterem grate, lato, prato, sete, seto, aceto, rete, 
lieto, nuoto, loto, capo, ape, siepe, pepe, uopo; piaga, vago, foga, 



1) Dagegen erklärt sich das von Müssafia, Romg. § 168 unter den- 
selben Gesichtspunkt gestellte alyedga für lugliatica besser aus luyedga, 
If/edga Jineh. § 146. 

8* 



116 Lautlehre. [§198.199.200. 

roga^ fatiga, doga, suga, ruga, grado, vadoj fede^ sede^ piede, 
riede, nido, nodoy rode, nudo; pace, piacej pece, lece, vece, dieci, 
voce, crocej noce, Itice, rmocej cuoce (vulglat. cocit), rece; caso^ 
rimasOj naso, riso, peso, mese, -ese, mesa, ucctsOj visoj chiuso, 
-OSO] legge, maggio,gregge, peggio, fugge, rugge, mugge,fa'oa, dem, 
cova, ivi, prova, scrive, ove, chiave, cava, nave, nuovo, nave, 
novo, grave, hreve, let>a, lisciva, riva, salwa, favo , ßavo u. s. w. 

190, Von den spontanen Umgestaltungen in den Dialekten ist 
aus dem Toskanischen selbst der Wandel von k zxih wie im Anlaut, 
ausserdem derjenige von t zvl h und von c zu j zu nennen. Über h 
aus t berichtet Caix bei Sght7ch.abdt, Slavodeutsches S. 13 : »^ er- 
weicht sich vor Allem in der letzten Silbe , doch dem Anscheine nach 
von folgendem a und auch o begünstigt. Es sei zu unterscheiden eine 
Mittelstufe zwischen t und p im Munde der Gebildeten von einem 
wirklichen p im Munde des Volkes, welches sogar vielfach zu h 
werde. Es soll dies h nur wenig stärker als unser h sein«. Mit dieser 
Beschränkung auf -to, -ta stehen sacJie [avete] stacht, hirhonache, 
wie Fanfani bei Pap. S. 215 schreibt, im Widerspruch. Dagegen 
scheint, da ebenda sentito geschrieben wird, h sich auf die Stellung 
nach a zu beschränken. — Was den Laut des c zwischen Vokalen 
betrifft, so definirt ihn Ascoli, Fonol. 22 : »fricativa che si distingue 
sol per minore stretta orale dallo sc di scemacr und äbnlich d'Ovidio, 
Grundriss S. 491 : »gleichsam die Hälfte eines ä«. — Endlich fällt 
im Vulgärflorentinischen das v zwischen Vokalen : hastaa, noe, aea, 
pioe, ebenso in Certaldo und dann im Umbrischen und in Massa, 
vgl. §204. 

200. Die norditalienischen Mundarten lassen die tonlosen Kon- 
sonanten tönend werden, dann t ausfallen. Das Gebiet, auf welchem 
-ado, amigo als erste Weiterentwickelungen aufzustellen sind, geht 
im Norden ins Rätische, bezw. Gallische, das dieselbe Erscheinung 
zeigt, über. Im Süden umfasst es noch die Inseln Corsica und Sar- 
dinien, doch wird für Sassari dd angegeben, auf der Halbinsel noch 
Fivizzano, Licciana, Pontremoli, und Sillano in der Provinz Massa 
Carrara, wogegen Vagli Sotto, Massa, Montigpioso, Carrara, Avenza 
bei den tonlosen Lauten bleiben. Weiterhin bildet der Apennin die 
Scheide zwischen dem t?- und ^-Gebiete und zwar stellt sieb Fiumalbo 
(vgl. § 113) hier zum Norden. Am adriatischen Meere ist Pesaro der 
südlichste Punkt, während Fano, Urbino, Urbania u. s. w. sich ans 
Toskanisch-Umbrische anschliessen. Iimerhalb dieses ganzen Gebietes 
sind nun aber verschiedene Abstufungen zu. beobachten. Die alt- 
lombardischen Denkmäler zeigen die Schreibung dh, so bemerkt 
MussAFiA, dass bei Bonvesin » sowohl primäres wie sekundäres d sebr 



§ 200.] Die inlautenden Konsonanten. 117 

oft dh geschriebener werde (Bonv. § 51) und bringt § 57 mehrere Bei^ 
spiele ; auch in der Hamiltonhandschrift finden sich vereinzelt dh : 
redhe Prov. 155 c, oft bei Ugu^on und in Paolino, Müssafia. S. 144. 
Gewöhnlicher über ist der vOUige Ausfall, so bei Bonvesin -ae = ^ate^ 
^ao = -ato, -ia = -fto, indreo = indreto aus tnderetroj und öst- 
lich im Yeronesischen : -oo , contrae , airaej prea [petra) bei Fra 
Giacomino, im Paduanischen : monea^ aseo, -ego aus -atico u. s. w. bei 
Buzante Wendbineb §65, im Altvenezianischen : -(f=-a^o und -ata^ 
ßa ^=ßataj -u = -uto in der Cronica , ähnlich in Paolino und bei 
Calmo. Vgl. noch Ascoli, Arch. Glott. III 250 und I 249 f., 258. 
Oder im Westen im Altgenuesischen : »11 semplice digradamento di 
t tra Yocali qui non s'arresta, ma il dy cosi secondario come primario, 
di regola si dileguaa, Flechia, Arch. Glott. X 154 ; im Chrysostomus 
see (sete) 19, 25; moho [modo] 21, 24; voluntcte 21, 28; privao 
21, 31 ; virtae 21, 34; cerchae 23, 26 u. s. w. Damit stimmen nun 
aber die modernen Dialekte keineswegs überein. So äussert sich 
SaiiTioki, Mail. 260 über das Mailändische: ad -ato, -^ta, -ita 
risponde il dialetto modemo per -ada, -üda, -ida, Perö piü noi 
rimonteremo verso il 16^ sec. piü frequente ci occorrerä la riduzione 
^z . . . . e ancora oggidi occorre talvolta quella desinenza sulla bocca e 

nei prodotti letterarii del popolino Anche per -Üda -ida 

occore sovente nelle scritture meno recenti ilü, n«. Und S. 255 
führt er an: rödttj seda, preda aus petra, sed (sete)y redj fideg 
{f^9<^to)j meda, Subst. Verb. B,\d -ada, -üda, -ida, neben preya = 
petra ^ seya, kreya, ganz abgesehen von den Verbalendungen. Ganz 
denselben Gegensatz zwischen neuerer und älterer Zeit haben wir 
auch im Venezianischen, vgl. Ascou, Arch. Glott. I 311 f. Die Er- 
klärung dieser Rückkehr zu Formen, die dem Lateinischen näher 
stehen, ist schwer zu geben, wollen wir nicht annehmen, dass ver- 
schiedene Dialekte sich kreuzen, und dass in späterer Zeit der mit er- 
haltenem d die Oberhand gewonnen habe, ohne freilich auch die 
2. PI. der Verba ergreifen zu können. Es ist allerdings richtig , dass 
in der Lombardei selber die Mundart von Lodi den Dental bewahrt. 
Ebenso findet sich at am linken Addaufer, vgl. Mobf, Gott. Anz. 
1886, S. 858: »Von Zemetz geht eine doppelte Strömung aus : atum, 
au führt den Inn aufwärts und erfüllt die Thäler des Tessins, um sich 
im Westen der lombardischen Ebene auszudehnen, die andere, atum, 
at, folgt dem Inn abwärts, durchzieht das Livignerthal , breitet sich 
über das VelÜin und die Berge von Bergamo und Brescia aus und 
beherrscht den Osten der lombardischen Ebenea . . . Ferner S. 860 : 
»Das mailändische at ist entstanden unter Einfluss der östlichen 
Strömung. Zwischen den beiden Entwicklungen hat ein Kampf 



118 Lautlehre. [§ 200. 201. 202. 

stattgefunden , in Mailand schon im XIII. Jahrh. ; atum, at ist Sieger 
geblieben. Im Femininum dauert der Kampf noch». Höchst auffällig 
ist, dass im Tessin das t in -ato^ -ati, -atae, -uto, -uti schwindet, in 
'itOj 'ita, -iti^ -itae, -ata, -uta, -utae dagegen bleibt, Vgl. Salvioni, 
Arch. Glott. IX 222. Der Grund dafttr entgeht mir. — Auch im 
Emilianischen ist die Behandlung des intervokalischen t nicht völlig 
klar. Erweichung zu d, also -ed, -eda aus -ato^ -ata zeigt Rimini 
nach BioNDELLi's ausdrücklichem Zeugniss S. 202. Sonst ist nicht 
nur anlautend, sondern auch inlautend t gefallen, letzteres im Roma- 
gnolischen auff&lligerweise nur in den Substantiven und in pre = 
preta [petra], nicht in den Participien, daher ande, Fem. andeda, 
aber snarbe [nerbata] , ferner sed und se [sete] , ase und ased, red, 
di [dito) aber dida, kreda, roda vgl. Mussafia, Romg. § 191 f. Die 
zweite Pluralis lautet auf -e, -t. Es ist schwer, eine Erklärung für 
die verschiedene Behandlung zu finden. Der Abfall des in den Aus- 
laut tretenden t hängt natürlich zusammen mit dem Schwund der 
Vokale: bleibt der Auslaut, so bleibt auch d ; weshalb aber die Ver- 
balabstracta eine besondere Stellung einnehmen, ist nicht recht er- 
sichtlich. — Das Monferrinische unterscheidet sich vom Lombard- 
dischen dadurch, dass -t bleibt, -ta dagegen über dha, dU zu ya, in 
S. Fratello zu -ra wird, während Nicosia d zeigt und Piazza Armerina 
die älteste Form # bewahrt, vgl. Pia. Arm. §umada, dodii, S. Frat. 
annar [nuoto), sara, krara, ruora, Nicos, seda, vidu u. s. w., mon- 
ferr. feya, preya, praya, kayena u. s. w. Die Erscheinung ist 
ziemlich eng begrenzt, sie umfasst nur einen Theil der Provinz Ales- 
sandria, also ausser Alessandria selbst noch Carpeneto, Casal Cer- 
melli, Casal Monferrato, Fresconara, Vignale,Valenza, aber nicht mehr 
Asti. Allerdings scheint auch genues. fuae dixdfaya [fatd] zu weisen. 
Dagegen fällt -rf- wenigstens in S. Fratello : pe,fo, ni, nu, cru, 

201. Der tonlose gutturale Verschlusslaut geht mit dem den- 
talen zunächst gleiche Wege : wo t zn d wird , da wandelt sich auch 
c zvL g. Dann aber bleibt g meist bestehen oder ist in seinen weitern 
Schicksalen von der Qualität der umgebenden Laute abhängig. Nur 
das Piemontesisch-Monferrinische lässt g fast stets zu y werden und 
dann ganz schwinden, vgl. piem. spi,fö, mani (manico), in der 
Lament. jor^, lia, piaya\ S. Fratello: ipiya, anruya, fiy, ammiy, 
ddMoy, suy, ddacctm, sammu (sambuco) , während Nicosia auch hier 
beim Verschlusslaut bleibt: dduogu, amiga, sambugu u. s. w., s. 
Arch. Glott. Vm 313. 

202. Was den Süden betrifft, so ist es selbstverständlich, dass 
wo anlautendes d zn r, gzxih wird, § 174 und 177, da auch im Inlaut 
dieselben Wandlungen vor sich gehen ; beachtenswerth ist neap. 



§202.203.] Die inlautenden Konsonanten. 119 

kavere = caldo neben avede = dito. Wichtiger ist, dass d auf 
weitem Gebiete sich zu t wandelt. Im Süden zeigt schon Lecce katu 
=cadtiSj munitula, facetula, ite = mde^), ebenso dasTarentinische: 
nkutinaund nach dem Nebenaccent (§ \ll)ßtiKni^=ißdelKni, und 
von hier erstreckt sich t längs des adriatischen Meeres durch die Terra 
di Bari, die Molise bis gegen die Marken hin, eignet ferner nicht nur 
den Abruzzen, sondern auch dem Neapolitanischen und reicht bis ins 
Römische hinein. So bringt d'Otidio, Arch. Glott. IV 136 aus Cam- 
pobasso nffutfUBj fraceie, stupete u. s. w., Savini, Teram. S. 52 
aus Teramo : nute^ P^Ht ^^y quatre ; in Neapel sagt man fracete^ 
umm§te, lapete (lapides), spaltete, nzipete, dann auch tekola, tarreka 
{tarffojj voka {voga)j vgl. noch j^afe^i Cola di Rienzi 413, cietola Alb, 
Daher kann das meto, das Caix, Origini 163 aus einem alten Dichter 
zitirt, sehr wohl südliche Form, nicht prov. nut sein. 

208. Sodann ist das Verstummen des ff oder aber sein Wandel 
zu k zu erwähnen. Wir werden später sehen, dass vortonig c auf 
weitem Gebiete zu ff wird und dann schwindet, daher es bei der 
Lückenhaftigkeit der Angaben bei Verbalformen oft schwer zu ent- 
scheiden ist, ob Übertragung der Gestalt endungsbetonter Formen auf 
stammbetonte vorliegt, oder aber, ob nachtoniges c, ff auf lautlichem 
Wege geschwunden sind. So fällt das Beispiel preco , das in Pap. 
fast bei jeder Probe wiederkehrt, weg. Doch sind z. B. fatiya in 
Montella, kyaya in Ariano di Puglia , beide im Principato Ulteriore, 
sichere Beispiele; vgl. 9MX^ piaia Hist. rom. fragm. 1, 16. Der 
Übergang zu k scheint ziemlich eng begrenzt zu sein, da auf Beispiele 
wie lüeke in Campobasso, Ktiku in Lecce kaum Gewicht zu legen ist. 
Eher mag campob. kastike erwähnt werden, vielleicht auch sikere = 
siffüro j dann die § 202 erwähnten neapolitanischen Formen. Der 
Übergang zu h gehört den Abruzzen an, vgl. mähe = maffus in 
Teramo. — Besonders interessant liegen die Verhältnisse am Lago- 
maggiore. Vor a und im sekundären Auslaut wird ff theils zu ffy 
theils zu y, »II primo h nell' Onsemone, nella Verzasca e a Losone ; 
il secondo nella Valmaggia e a Villette. A Villette rimanendo estranea 
ogni altra riduzione palatina di c, ä lecito dubitare se il fenomeno non 
sia, piuttosto che di continuitä ladina, di continuitä pedemontana« 
Salvioni, Arch. Glott. IX 219, wo dann die Beispiele gegeben 
werden. — Auch das Sardische tilgt ^ und ausserdem .^noch d und t?, 
v^,fau,ftM^ tetda, fraula, kreere^ pee^feu^ ffia^ meiffina^ metiddu, 
raere, seiffi u. s. w. und s. § 204. 

1) So Pap. S. 481, wogegen MoBOsi, Arch. Glott. IV 128 idi, ide = 
vtdes, videt angiebt. Da in den endungsbetonten Formen d bleibt, so mag 
Angleichung stattgefunden haben, wenn nicht ein Irrthum vorliegt. 



120 Lautlehre. [§ 204. 205. 

204. Unter den Reibelauten verdienen zunächst die Vertreter 
Ton 1c eine besondere Bemerkung. Im Ganzen zwar entspricht die 
Entwicklung im Inlaut der im Anlaut, wir erhalten also den Guttural 
in Sardinien, c im Süden und Centrum der Halbinsel, z im Norden. 
Ferner tritt entsprechend der Behandlung der inlautenden Verschluss- 
laute § 200 im Norden und in Sardinien tönender Laut ein, der dann 
z. B. im Piemontesischen infolge der Tokalischen Auslautgesetze 
wieder tonlos werden kann. Allein abweichend von diesen Kegeln 
zeigt das Genuesische für ^ die Entwicklung & , vgl. pcäe, peize^ 
raiia^ embre£e, vtde u. s. w., wogegen das Piemontesische ganz 
korrekt j^o«, vuSy wie das Mailändische vos, nos, kros u. s. w. bietet. 
Die genuesische Gestaltung ist um so auffölUger, als g regelmässig 
zu ^ wird, vgl. reze = regffe. — Sonst ist zu K kaum etwas zu be- 
merken, ff entwickelt sich ebenfalls ganz wie im Anlaut, wird also 
im Norden zu ;^, im Centrum zu ^ , im Südwesten und zum Theil im 
Centrum zu y^ im äussersten Südosten zu s, und auch hier zeigt das 
Lombardische Doppelformen, unter denen karizna axLS califfo neben 
rüzen aus (leruffo deutlich zeigt, dass z die genuine Gestaltung ist. — 
Für den Süden vgl. leiere Cola di Rienzi 399, leitore 399, reimento 
407, leiere Hist. rom. Frag. 1, 1, reiere 48 u. s. w., oder in Tarent 
kusitare (cogitare), düitu, — Dass auch inlautend 8 im Norden 
tönend und in dem § 165 für 8 aus 8 genannten Gebiete zu Is wird, 
ist selbstverständlich. Endlich v schwindet in Mittelitalien und im 
Sardischen einerseits, im Ostlombardischen andrerseits. Nach Pap. 
findet sich der Ausfall in Montefiascone und Zagarola , . dann in Ascoli 
und in der Macerata ausser Recanati, ferner in Fabriano (Ancona), 
wogegen Jesi und Cupramontana rigato sprechen und sonst v be- 
halten. Eine zweite Zone bildet, wie schon § 199 gesagt wurde, das 
Florentinische , an welche sich Massa, Montignosa und Sillana an- 
schliessen, eine dritte Bergamo, Brescia und westlich Vignale, östlich 
Crema, Castiglione delle Stiviere, Cavriana, Guidizzolo (Mantua), 
Fumano, Soave, Valeggio sul Mincio, Verona, Padua, Villatora, 
Mestre, Palestrina. — Sodann also im Sardischen: ae^ boe, leare^ 
oUypaone, nae u. s. w., s. Hofmann S. 71 und vgl. § 203. 

206. Von bedingten Entwicklungen der intervokalischen Kon- 
sonanten nach dem Tone ist vor Allem der Wandel von t zu d, c zu 
g, p ZMV im Toskanischen zu nennen. Er tritt zunächst ein vor a, 
also spigUf miga Bocc. Dec. I 8 lettiga, lattuga, festuga bei Sacchetti, 
tartaruga, ruga, bottega, tega^ bruga in Cittä di Castello, strada, 
spada, alltcda, rugiada, contrada, costada^ 8curiada) peverada, 
riva, lova. Von den Ausnahmen erklären sich amica und die andern 
auf "ica, femer die Fem. auf -ata durch den Einfluss der zugehörigen 



§ 205 J Die inlautenden Konsonanten. ' 121 

Masculina, brtica, vescica^ mica, rtica j festuca sind Buchformen 
oder wenigstens durch die Büchersprache beeinflusst , auffälliger sind 
rata, wofür man ruoda erwartet, und bieta, oca fällt unter ein fast 
das ganze romanische Gebiet begreifendes Gesetz , gemäss welchem 
die Konsonanten nach au behandelt werden wie nach Konsonanten, 
nicht wie nach Vokalen, s. Bom. Gramm. I 358 und vgl. noch ital. 
piota. — Was die andern Fälle tönender Konsonanten statt tonloser 
in Paroxytonis betri£ft, so erklären sich laffo, luogo^ ago vom Plural 
lagora u. s. w., vgl. loco Bistoro d'Arezzo 2®, 27, logora 6**, 32, 
aus, spigo durch den Einfluss von spiga und spigolo, sugo von 
sugare, scudo nach Ascoli, Arch. Glott. X 36 von acudierej scu- 
della, Iqvo von lova, grado vielleicht von gradito, agradiscOf was 
um so eher möglich ist, als das Wort nur in adverbieller Verwendung 
vorkommt, wozu stimmt, dass die alten Dichter gruto aber gradivo 
u. s. w. schreiben, s. Caix, Origini 155, ähnlich Brunetto Latini, s. 
Wiese, Zs. VII 315, in parentadoj contado, nach welchen vescovado 
gebildet ist, im Suffix -tade mag Dissimilation vorliegen , Udo und 
moscado stammen aus dem Norden, die Herkunft von dcuio ist un- 
bekannt, duca ist ein jüngeres, griechisches Wort, das übrigens bei 
Sardo 86 auch in der Form diiga vorkommt. Auffällig ist pogo bei 
Sardo 83, 85, Alb. Brescia 11 , wenn man das g nicht etwa aus der 
Proklise oder yotl poghetto ib. 13, 14 erklären will^). Auch m^o 
macht Schwierigkeiten, ist übrigens wohl nicht toskanisch. 



1) Ganz anders AsCOLi, Arch. Glott. X 85 ff. Auch er schreibt die 
Schuld der Erweichung dem a zu, jedoch dem vorhergehenden, und be- 
spricht fast ausschliessUch die Verbindung -dto. Ausser den oben ange- 
führten Beispielen bringt er noch avvogado bei Gioy. Villani, doch würde 
sich fragen, ob hier nicht eine dem venez. avogadro ähnliche Form oder 
ein avvogadore mit im Spiele sei. Bei der 2. Pers. Plur. auf -ate, bei den 
Part, auf -ato, -ata hätten die andern Verba das t gehalten. Dabei bleibt 
aber doch auffällig; dass -ate, welches im Präs. Ind. I, im Präs. Konj. aller 
Verba und im Impf. Ind. aller Verba vorkommt, dem -ete, -ite des Präs. 
Ind. der verhältnissmässig wenigen e- und t- Verba gewichen sei, femer 
sieht man nicht recht, weshalb prato, lato (wie es doch wohl S. 87 statt 
lieto heissen muss), ßato sich den Participien sollen angeschlossen haben. 
Endlich atate erklärt Ascou nicht und übersieht das schwer wiegende 
aUuda. Bei c, wo die Ausnahmen gegen sein Gesetz noch zahlreichere 
sind, scheint er die hier vorgetragene Erklärung geahnt zu haben, wenn 
er von dem g in spiga sagt : »lo ripeterei dall' -a, cioö da un -a di feminile 
che non s'altemava con un -a di masculino alla guisa che h in amico, -ica«, 
vgl. auch S. 90. Betreffs luogo äussert er sich: »luogo continuerebbe una 
figura flessionale diversa da quella che si continui in fuoco e giuoco, Sono 
cio^ venuto a imaginäre, che Vocu originario porti seco la riduzione di c 
in g sin da remoti tempi, per cui luogo e gruogo rappresentino le corrette 



122 Lautlehre. [§ 206. 207. 208, 

206. Sodann ist der Abfall des primären wie sekundären de zu 
erwähnen : merce, fe neben fede^ pro neben prode, pid neben ptede, 
"tä neben -taide^ -tu neben -iude nebst den alten die s== dedit und 
sie =^ sedet ^), Beschränkter als der Schwund des d ist derjenige von 
Vj sofern er nämlich nur zwischen zwei e statt hat : prete aus pre- 
vetCj hee aus heve, dee aus de^e^ vgl. preiti Alb. Bresc. 12, beende 
Sacch. 30 u. s. w. In rto, -tb ist t? schon im Vulgärlateinischen 
gefallen. 

207. Aus den Mundarten ist nur Weniges zu erwähnen. Die 
ebengenannten toskanischen Gesetze gelten im Süden nicht überall, 
vgl. nesLp. prievftey ^z, previti. Ebenso bleiben die tonlosen Ver- 
schlusslaute stets, vgl. siz. ripa u. s. w. In wieweit die von b^Ottdio^ 
Arch. Glott. IV 174 für Campobasso angeführten Formen auf tä 
wirklieb volksthümlich sind, ist fraglich. Sie finden sich zwar viel- 
fach in den Abruzzen, sind aber doch der Entlehnung aus der Schrift- 
sprache verdächtig. Im Sizilianischen ist nur -tadi volksthümlich. — 
Von besondem Gesetzen ist der Wandel von ffo zu vo in Oberitalien 
zu erwähnen: zov aus jugum, vgl. Fra Paol. zovo LX 23, das dann 
aus dem Emilianischen als giovo auch in toskanische Dialekte dringt, 
wo es Flechia, Arch. Glott. IV, 131 nachweist. Ein zweites Beispiel 
ist dova aus doga, ein drittes Jxivo , woraus ß) aus fagus , Formen, 
die ganz Oberitalien angehören. Sodann tilgt das Sizilianische g^ 
vgl. fau^ mau, rtia und in Proparoxytonis straula, fraula, 

2. Einfache Konsonanten vor dem Tone. 

208. Im Toskanischen werden die tonlosen Konsonanten vor 
dem Tone tönend, von den tonlosen bleiben d und Vj während g und 
g fallen. Also padetla, hdino, scudella, podere, podestä, padire. 



continuazioni di un oblique volgare o di un nomin.-accu8ativo neutro loco, 
coco\ e che all' incontro fuoeo e giuoco sieno la continuazione di antichi 
nominativi foc[8], joe[8\j rifoderati poi dell' o di mascolino«. Vgl. dagegen 
Zs. XI 185 und SCHüCHARDT, Litbl. 1887, Sp. 19, dessen Auffassung ich 
allerdings auch nicht theile. 

1) Auch hierüber ist AscoLi, Arch. Glott. 11 437 f. anderer Ansicht, 
er sieht in hontä eine Beeinflussung von hantäte durch hdnta «= bonitas. 
Allein das Verbleiben des Nominativs bdniias im Vulgärlateinischen ist 
mehr als zweifelhaft, und umgekehrt trotz estate der Abffdl von -te keines- 
wegs so unerhört, wie AscoLi glaubt, s. die Konjugation. Endlich ist in 
^tate das zweite d durch Dissimilation zu d geworden, in atate dagegen 
hat die Dissimilation nicht statt, daher wir hier keine Form stä finden. — 
Gegen eine andere von d'Gvidio, Arch. Glott IV 174 aufgestellte Erklärung 
bringt AscoLi ebenda 175 entscheidende Gründe; 



§ 208. 209.] Die inlautenden Konsonanten. ] 23 

madomale, bctdessa, badia, bidollo, badile, mudare, gridarCj bu- 
delloj gradella^ mescidare, pagarey segare^pregare^piegarefregarey 
laguna, das allerdings vielleicht aus dem Venezianischen stammt, 
dragone, siguro, agugUa, aguzzare, dann auch gaccia aus <i\gacciay 
gaianto aus a] galante ; arrivare, stivare, covidigia, coverta, savore, 
caviglio {capiclumQ. Pabis, Rom. V 382); beffäna^ bubbola, brobbio 
{oprobrium) , bottega, bacigno zu opacus, dugento, magello, va- 
gellare , JllugeUo , wenn es von Mtissafia, Romg. 43 mit Recht zu 
foUicelltis gestellt wird ; spo^are, mare^pisello, cesello, osare, mi- 
seile; striazzOy reale^ fraore^ '^aosto^ ^sctaura, woraus erst wieder 
agostOy sciagura nach § 211, saetta, maestro, paese, saime^ nielloj 
faina, reina, kaum guaina, s. § 166. 

200. Es giebt nun aber auch hier eine ganze Menge zum Theil 
erst der neueren Sprache angehörige Ausnahmen. Einmal die Bil- 
dungen auf -torej -tura, -to/o, die wohl an die Participien auf -a^o 
angelehnt sind, vgl. aber brustadorej imperadore^ arcadore, malle- 
vadore, cturmadore, awogadore^ armadura, servidore C^valc. Son. 
2, 6, Sacc. 31, Boc. 11 7 noladore bei Brun. Lat. , vgl. noch Caix, 
Origini 156, Wiese, Zs. VII 315, dann fratello , bei dem man 
allenfalls an frate denken kann, maturo, catena, catino, letamey 
deren letzter auch in seinem e auffällig ist ; für Jxitiga kennt das Alt- 
senesische yiü^t^a Zs.IX 562, für mutande noch mudande ib. 560, für 
statuta das Pisanische staduto Sardo 109, für metä findet sich medade 
bei Ricomano Jacop. 18, 1. Sodann c statt ^: secondo, Latinismus 
auch wegen des e, vgl. aber alt segondo bei Caix, Origini 170, 
acuta, wohl auch Buchwort, vgl. übrigens aguto, Cavalc. Son. VIII, 6 
und sen. Zs. IX 563 und einige andere nicht volksthümliche Wörter. 
P statt V : capelli an capo angelehnt, alt aber cavelli Cavalc. Ball. X 3, 
sapere nach sappia^ aber savere bei Albert, di Brescia 28, 29, 30 und 
den alten Dichtem Caix, Origini 190, sapone, aber äsen, savane Zs. IX 
566, auffällig cipolla, nipote, capestro. c statt ^ : trecento nach cento, 
aber älter tregento, piacere n&ch piace, aber altital. piagere sen. Zs. 
IX 564, uccello nach uccidere aber alt ugello Caix, Origini 182, 
vicino, wohl unter litterarischem Einfluss. Vortonig ^^ in peggtore^ 
maggiore erklärt sich ohne Schwierigkeit durch Anlehnung an peggio, 
maggio ; magese ist erst eine jüngere Ableitung von maggio. — Zu 
tönend s mag noch bemerkt werden, dass altpisanische Quellen 
häufig z schreiben, so tezauro Sardo 78, tezoro 77, cülizeo 81, 
uzando 105, ebenso die Handschriften der alten Lyriker, Caix, Ori- 
gini 166 ff. , die Bandi Lucchesi: chieza 43, accuzare 42, uzansa 
49, llyprezente 67 u. s. w. 



124 Lautlehre. [§ 210. 211. 212. 

210. Die Dialekte weichen vom Toskanischen zunächst darin 
ab, dass sie die § 199 — 204 erwähnten Konsonantenveränderungen 
auch vor dem Tone zeigen mit einziger Ausnahme des Wandels von 
d zu t: das d bleibt vor dem Accente bestehen, bezw. wird gemäss 
§ 202 zu r. Wir haben also z. B. in Lecce idesti = vidisti, in Te- 
ramo hude (godere) y audä u. s. w. — In S. Fratello wird vortonig d 
zu r : suraur, virair, miruo^daj pussierir^ raurir u. s. w. Dann aber 
ist vor Allem aus den südlichen Mundarten der Übergang des c in 
g und sein gänzliches Verstummen wichtig, vgl. z. B. siz. lagusta, 
prigari, rigurdu, karrigari, Siragusa und Sarama, priyari Schnee- 
gans S. 88. Dann mit primärem g : liyari, neyari, priyatoriu (pur- 
gatortum) angelehnt an priyari (pregare), fiura^ liustru u. s. w., 
vgl. ScHNEEOANS 99 ^), kastiure Cosenza, Ostuni, preu Specchia, /ai^ta 
Amesano, prehu^ sbrihunatiin MoliternOy Saponara, Tito, sbrumüete 
in Cisternino. Dagegen ist der Übergang von ^ zu Ä in Teramo 
in fehura zusammenzubringen mit der Verflüchtigung von g im 
Anlaute. Vgl. noch ^wra CJola di Rienzi 399, efraom 403 , preare 
437, parcume 499, shauttirse ^^^^feura Hist. Rom. frg. 1, 6, feura 
Loise de Rosa 39, briata 37 ; in Tarent fatia, ßura, liumi, payare, 
frayasso. Ebenso in nördlichen Mundarten, vgl. naot (negutta) , HoHre^ 
savunda (assecundare) , lavordan (ricordarsi) u. a. mit sekundärem 
g im Tessin, Salvioni, Arch. Glott. IX, 220. Andrerseits zeigt 
gerade das Lombardische ^ für t? : sigoUüj regond (rotundus) , sagollj 
legüt [liuto) u. s. w. Endlich scheint auch v zu fallen im Sizilia- 
nischen : yenku, faid^ü^ ayina, 

211. Von bedingten Veränderungen ist der toskanische Wandel 
yon t?d, vü zu gOj gu zu nennen, wie er vorliegt in pagura, pagone, 
<igunanza aus avunanza, aunanza, sciagura, agosto § 208, pigolare 
aus piolare (das wohl als Onomatopoie, nicht mit Diez , Wb. I pipa 
als Ableitung von pipa zu fassen ist). Wenn umgekehrt ligusticus zu 
rovistico wird, so liegt darin volksetymologische Anlehnung an rovo 
vor. — Es kann auch das v fallen: paura^ paone, sciaurato, piomo 
wispiovorno, soatto [subactum] ; vgl. noch venez. goa Prov. 148 d, 
Fra Paol. u. s. w. 

3. Die Konsonanten in Proparoxytonis. 

212. Nur soweit der tonlose Mittel vokal bleibt und sofern dann 
die Konsonanten anders behandelt werden als in den Paroxytonis, soll 



1} Mit Unrecht zieht Schneegans auch eu s= ego hierher, da die 
Form eo vielmehr schon vulgärlateinisch ist. 



§ 212. 213. 214.] Die Konsonanten in ProparoxytoniB. 125 

hier besonders darüber gehandelt werden. Dabei ist zu scheiden zwi- 
schen dem die Mittelsilbe beginnenden und dem sie schliessenden 
Laute ; jener mag kurzweg Anlaut, dieser Schlusslaut genannt werden. 
Schon im Vulgärlateinischen ist, wie Ascoli, Arch. Glott. IX 104, 1 
dargethan hat, cit zu ffit und entsprechend cer zu ffer geworden, also 
plagitum, Jxiffere u. s. w. Fürs Italienische nun gilt als Regel, dass 
Anlautskonsonanten behandelt werden wie die vortonigen Konsonanten 
in Paroxytonis. Danach muss ffy ob es im Lateinischen ff oder c war^ 
zu t werden, das dann nach § 105 schwindet, bezw. in den Auslaut 
tritt. So haben wir : dito, madia, piato, vuotOj frana aus varaffine, 
pania nach Ascoli, Arch. Glott. X 465 zu dem Stamme von impa^ 
ginare, frale, coto aus cogito, loico, ruvido aus ruido, rt^gidu» 
(FoEBSTEB, Zs. ni 259), fare, trarre, dürre, dire, fate, dite, fer^ 
rana, dann balio aus bajulo , woneben baggiolo jüngeren Ursprungs 
ist, -^ggine entweder eine besondere Behandlung von -^gine zeigt, 
oder eine spätere Entlehnung aus der Büchersprache ist. — T, c, p 
im Anlaut werden zu d, g, v, vgl. stadichi Sardo 113, stadighi 
ebenda, während sonst allerdings -atico unter dem Drucke der Parti- 
cipien bleibt, dann redina, luogora, agora, lagora, segola, spigola, 
pegola, woneben pecara unerklärt ist , macola sich als Schriftwort 
erklärt, vgl. noch digano, Alb. Bresc. 40 ; povero, ricevere, pevere, 
ricovero ; t?o wird go : ugola, frigolo, stegola , wenn zu stiva § 52 
gehörig, pagoUno, nugoh und nuvolo, vgl. noch pargolo und volgolo, 

218. Die Schlusskonsonanten erleiden weniger Umgestaltungen : 
in vescovo zeigt p die Behandlung tonloser Silben , d wird bei an- 
lautendem Labial zu l: trespolo neben tresptde, wozu sich noch neap. 
ven. tiepolo, aven. cospolo gesellen, neap. vapolo vgl. Ascou, Arch. 
Glott. Vn 500, tepeglia Rusio 39, 113, 149. Sonst fällt es: moscio, 
rancio, marcio ^) u. s. w. 

214. Aus den Mundarten ist wenig nachzutragen. Die Regel 
vol zu gol findet sich im Norden noch in mehr Fällen, vgl. mail. 
rogora, pav. mail. legora, berg. legar von lepus, und im Süden in 
Siz. : pogiru, purgtdi, §Mgini, Im Süden bleiben selbstredend die 
tonlosen Laute, asiz. ricipiri Schneegans 69. In Lucca geht / als 
Schlusskonsonant in r über, nicht nur in bellora, pillora , wo Dissi-« 
milation mitwirken konnte, sondern auch in bambora, pentora u. s. w. 
Flechia, Arch. Glott. 11 47, femer bifioro, billora, bellikoro. — End- 
lich im Südsardischen Mit t im Auslaut : timtu, timia^=log. timidu, 



1) Dagegen stammt ^o^cto nicht yon ßuxidtts, sondern ist Lehnwort 
aus fn,ßoehe, wie Gröber mit Recht erklärt; Arch. lat. lex. III 508. 



126 Lautiehre. [§214.215.216.217. 

timida, Partizip zu titnere u. s. w., danach dann amau^=iamatu 
u. 8. w. S. die Lehre vom Verbum. 



4. Die Sonanten. 

215. Wie schon bemerkt, bleiben die Sonanten im Allgemeinen 
unverändert , vor oder nach dem Tone, in Paroxytonis und in Pro- 
paroxytonis. Vgl. sale^ vfwle^ cielo, tela, mulo, calore, colorej 
mulinoj segola; mare, sera, siero^ßerOj -ore, fuorij muro, -are, 
-ere, -ire, vendere, marire; lana, bene, viene, tina, mno, Uno, ttionOj 
suona, luna; domani, manere, canuto, ferrana, penello; ramo, 
remo, vime, limo, nome, lume, rimore, timoltOj Giacomo u. s. w. 

216. Auch die Mundarten zeigen nur geringe Abweichungen. 
Zu den wichtigsten gehört der Übergang des dentalen n in velares in 
Oberitalien, doch fehlt darüber jede genaue Auskunft; vgl. Ascoli, 
Arch. Glott. II 127 Ȋ fenomeno cospicuo, e comune ai due dialetti 
(Piemontesisch und Genuesisch) , il n faucale che occorre tra vocali«, 
während im Mailändischen zwischen Vokalen n dental zu bleiben 
scheint, vgl. Salvioni, Mail. S. 203. In Perinaldo (Porto Maurizio) 
geht n dann in einen zwischen n und r liegenden Laut über, vgl. Pap. 
362 Anm. S »n e r vengono travolte in un suono nasale . . . il suono 
nasale poggia tutto sulla r, la quäle in questi casi viene pronunciata 
moUe molle e unita alla n«. Den weitern Schritt zu r vollziehen die 
benachbarten Mundarten Frankreichs, s. Rom. Gramm. I 453. Aus 
dem Velaren n des Piemontesischen erklären sich dann Formen wie 
patrüiy luntüa, kurüa in Novara Schneegans 122. Vgl. noch n im 
Auslaut. 

217. Sodann ist der Wandel von / zu r weit verbreitet und ist 
es in früherer Zeit noch mehr gewesen als heute. Man darf ihn 
wohl für das lombardisch- genuesisch -emilianische Gebiet in An- 
spruch nehmen. So sagt Salvion i vom Mailändischen: ]>piü vecchi 
sono i documenti e piü troviamo diffusa Talterazione di / in r. In 
Bonvesin diviene r persino il l dell' articolo in unione colla preposi- 
zione de : drOj dra^ dri^ dre, Nel Prissian de Milan h notato a pro- 
posito di /:. »a se la scambia stä veulta in r com6 morin: anc 
quaichun disen Mir an ^ se ben Yh pu de mass6, chä nun disem Mi- 
lan ((. Oggidi Mir an non odesi piü del tutto in cittä e come giä al 
buon Biffi la voce Mir an pareva »pu de masse«, cosi al milanese 
d'oggi suonano contadinesche molte voci con r da / che ai tempi del 
Biffi erano urbanissime. Ciö nondimeno il fenomeno non cessa di 
esser ancora frequentissimaa. Gegen Norden hin erscheint / oder r, 
je nachdem das rätische Element, das / behält, oder das lombardische 



217. 218. 219.] Die Sonanten im Wortinlaut. 127 

stärker ist, vgl. Salvioni, Arch. Glott. IX 213 über die Thäler am 
Kordende des Lagomaggiore : Jtl in r k men frequente che nel mila- 
nese. Solo Yogomo e quella varietä della Verzasca, cid spetta la 
iraduzione del Pap, prediligono grandemente questa riduzionetr. Wie 
weit r westlich und östlich reicht oder nicht, bleibt noch an Ort und 
stelle zu untersuchen. Man wird aber kaum fehl gehen mit der An- 
nahme , dass r überall da , wo heute voreva = voleva gesprochen 
wird, besteht oder bestanden hat, da ein so häufig gebrauchtes Wort 
wie das Modalverbum des WoUens am allerehesten fremden Ein- 
flüssen widersteht. Die Form findet sich nun nach Biond. in Lodi, 
Como, Yal Leventina, aber nicht Yal Livigno und Yeltlin, dann 
Jn Yal di Blenio , Locamo, Borgomanero , aber nicht Sutra , ebenso- 
wenig in Bergamo und Brescia, wohl aber in Crema und Cremona, 
westlich in Asti, Ivrea und überhaupt im Canevese, in Alessandria 
und im Monferrinischen , aber auffälligerweise nicht in S. Fratello. 
Dann schliesst sich noch die westliche Emilia an : Bobbio , Pavia, 
Piacenza, Parma, Reggio, und selbst im Faentinischen besteht noch 
vor neben vleva, in Imola vreva. 

218. Das Genuesische nimmt eine Stellung für sich ein. In den 
alten Texten finden wir mehrfach noch r statt /, es ist dann aber 
dieses sekundäre r gleichzeitig mit dem primären geschwunden. Da- 
nach haben wir heute paa [pala) , müay möa [mola)j pei {pelo), se 
[cielo) , ßa wie 6ue [ßare), muä aus mae [mare)^ mü, pea (pera), 

4ihei altgen. arein, semora, maroto, morin neben cardenae Prose 3,1, 
crudei 3, 18, quai 4, 15, vgl. Arch. Glott. X 152. Das Gebiet dieses 
Ausfalls von / und r ist ein ziemlich enges. In der Provinz Genua 
entziehen sich ihm Finalborgo, Sarzana, Sassello, Stella, Toirano und 
Yezzano, und in Marola im Golf von Spezia hat das r »un suono schiac- 
-ciatoff Pap. 233. Porto Maurizio bewahrt r, ebenso natürlich Cuneo 
tmd Alessandria, abgesehen von den südlichsten Ortschaften, wie 
Millesimo, Cairo, Montenotte, Ormea und Garessio. — Auch für 
Novara in Sizilien ist Ausfall des r gesichert, vgl. ua, kuna [corona], 
mpaa {imparato),ßffua u. s. w., Schneegans S. 141. 

219. Auch die umgebenden Yokale sind von wenig Einfluss auf 
die Gestaltung der Sonanten, immerhin zeigt gerade das Toskanische 
einige interessante Erscheinungen. Schon § 119 wurde bemerkt, dass 
o vor /, e vor r, a, i vor n- erscheint. Es kann nun vorkommen, dass 
in Wörtern, die z. B. die Yerbindung il aufweisen, nicht der Yokal 
dem Konsonanten, sondern der Konsonant dem Yokal nachgiebt. So 
entsteht aus griech. dactilus ital. dattero, so amido aus amylum, 
^nuffffine aus mugil, anemolo. 



128 Lautlehre. [§220.22U 

5. Konsonantengruppen. 

820. Der Einfluss, den die Accentstellung auf die Konsonanten- 
gruppen ausübt, ist ein so geringer , dass, von den {-Verbindungen, 
abgesehen, eine Scheidung von diesem Gesichtspunkte aus nicht 
nöthig ist. Was nun zunächst die Verbindung von 2wei Konsonanten 
betrifft, so wird nur st geduldet^ sonst tritt Assimilation des ersten an 
den zweiten ein, $K wird zu ä, also et \fatto^ atto^ detto, strettOj 
fritto, ßtto, notte, otto, cotto, cotta, dirttto, asciutto, lattuga, 
lettiffttj dettare u. s. w. ; pt : scritto, ratto, rotto ; bt : sotto ; ffd zu 
dd: /reddoy reddo; x : ressa^ sasso, lasso, li4SS0j lassa Dante, Brun. 
Lat. Tes. Xu 113 und heute noch lassare in Pisa, an&io ; ps : ffesso, 
cassa^ esse u. s. w., aber nsta^ questa^ festa^ testa, vespa, nespola, 
Crespo j cespite u. s. w. Dann mit historischer Schreibung : nascere, 
crescere, pesce, pascere u. s. w. Treten infolge von Vokalausfall 
(§ 120) zwei ursprünglich getrennte Konsonanten zusammen, so pflegt 
ebenfalls der zweite zu bleiben, nimmt aber, wenn die Qualität der 
beiden Laute verschieden ist, diejenige des ersten an, daher cutretta 
aus -trepida, ratto aus rapidus, doz^ina nicht dozzina, soz:^o, vgL 
Flechia, Arch. Qlott. 11, 325. Doch wird Vt stets zu tt: detta, 
dotta. 

221. Abweichungen von diesem Typus zeigt nur der Norden,, 
denn wenn im Sardischen pt, et in der Schrift meist festgehalten^ 
werden, so ist darin bloss etymologische Schreibung zu sehen. Im 
Lombardischen, Piemontesischen und Genuesischen dagegen erleiden 
die Gutturalverbindungen eine andere Behandlung, sofern nämlich c 
nicht assimilirt wird, sondern in eine Spirans übergeht, die dann ent- 
weder sich zu i auflöst oder mit dem t sich zu 6 verbindet. Oberitalien 
theilt diese Entwicklung mit Frankreich und der iberischen Halb- 
insel, und es ist denkbar, dass sie auf keltischen Einfluss zurückgeht,, 
vgl. Thubneysen , Keltoromanisches 14 und Rom. Gramm. I 537. 
Die Entwicklung zu c ist übrigens die viel verbreitetere , während it 
nur einem Theile des Piemontesischen und Genuesischen angehört. 
So treffen wir alsojfac im Lombardischen und zwar bis nach Bergamo 
und Crema und nördlich in der Val Maggia, Val Leventina, Valle di 
Blenio, wogegen allerdings Östlich vom Brembo das venezianische yii^ 
zu herrschen scheint. Auffällig ist, dass im Altveronesischen bei 
Fra Giacomino it vorkommt : twitOy fruito, heute nur t. Im Süden ist 
Voghera der äusserste Punkt, Pavia zeigt schon emilianisches t. End- 
lich im Westen reicht c bis ins Elva- und Bormida- oder vielleicht 
das Tanarothal, da Ormea, Garessio, Murazzano, Mondovi noch c 
bieten, während freilich nach Alba schon turinisches ait vorgedrungen. 



§ 22.1. 222.] Konsonantengruppen im Wortinlaut. 129 



ist. Dann aber erscheint c in den Alpendialekten, in einem grossen 
Theil des Canavese und selbst in der Umgegend von Turin ; besonders 
beachtenswerth iaXfecc in Vice Canavese. Fait dagegen gehört also 
Turin und dem grössten TheU des Piemont au, sodann dem Genue- 
sischen , wo fattu erst in Marola , Sarzana , Vezzano und Spezia, 
umgekehrt cc in Stella und Sassello auftritt. An Genua schliesst sich 
Porto Maurizio an. Bei den Monferrinen in Sizilien endlich findet 
sich vorwiegend die Stufe it. Tgl. fait, noit in Piazza Armerina, ym^, 
aspieitu ia Nicosia, auffälligerweise in S. Fratello dagegen neben 
tiet, aspiety nuot, in denen Anlehnung ans Sizilianische zu sehen ist, 
auch daccua, strecc, pieccu (pettine), rtwc, vgl. Mobosi, Arch. Glott. 
Vni 417. — Noch muss fürs Mailändische bemerkt werden, dass, wie 
bei £ § 175 und bei 2 § 217, so auch bei et in den letzten Jahrzehnten 
die schriftsprachliche Gestalt bedeutend um sich gegriffen hat, vgl. 
Salvioni, Mail. 237: »Chi si facesse a leggere i documenti letterarii 
modemi, principalmente i piü recenti , certo non vi ritroverebbe che 
ridotti di molto gli esempi di c = et che piü sopra allegammo. Gli 
h che questo k uno dei punti della fonetica milanese su cui ebbe 
maggior azione Tinfluenza della lingua ülustrea. Bemerkenswerth sind 
Beispiele wie strecca Gässchen neben stretta Fem. zu streit, oder 
peec Euter neben j!?^^^ Brust und andere S. 238 angeführte. Zu den 
Wörtern, die nur mit tt vorkommen, gehört auffälligerweise das 
Zahlwort vott (oeto)^ vgl. aber oehiover, das Dante, Vulg. Eloqu. 11 
den Mailändern und Bergamaskern vorwirft. Auch in Crema ist t die 
städtische Form, c die ländliche. — Neben den zwei genannten Ent- 
wicklungen findet sich nun noch eine dritte : yaif /ata, die für Gro- 
pello, Mortara, Yercelli, Lodi und Busto Arsizio belegt ist« Ihre 
Entstehung ist nicht völlig klar. Es könnte yatV zu/ai geworden und 
das Femininum nach dem Masculinum gebildet sein , es wäre aber 
auch eine Entwicklung von t! zur tonlosen , später zur tönenden Spi- 
rans denkbar. Genauere Nachforschungen über das geographische 
Yerhältniss von ai zu ait und acc dürften die Mittel zur Lösung der 
Frage geben. 

222. Während in Frankreich und Spanien die Entwicklung des 
X ganz der von et entspricht, s. Kom. Gramm. I 391 , stimmen die 
norditalienischen Mundarten mit einziger Ausnahme des Genuesischen 
zum Toskanischen, assimiliren also :r zu ss. Das Genuesische dagegen 
wandelt x und ps, ähnlich wie das Provenzalische und das Spanische, 
8. Rom. Gramm. I 385, über ks, s zu i, vgl. aSd (axale), saiUy taiu, 
taid, taSelli, lahä, hüsu, kösa, tösegu, teSe, pahtn, aSunza, leüa 
und selbst rtjfa, das doch nach Ausweis des i statt e (s. § 15) Buch- 
wort ist, sodann für ps : kasa, 

If eyer-L&bk«, Ital. Orammatik. 9 



130 Lauüehre. [§ 22S. 223. 225. 

228. Endlich ffn löst sick zu n auf, vgl. degno, pugno, legno, 
segno u. s. w. Diese Entwicklung, die ausser Sardinien und der 
Südostküste dem ganzen Gebiet sowie den Schwesterspracken ausser 
dem Rumäniscken angekOrt, ist pkysiologisck nickt ganz leickt zu 
erklären. Man wird annekmen dürfen, dass gn zunäckst zu im ge- 
worden ist, wo dann das velare h auck den velarsten Vokal, u dtatt o, 
verlangte, dagegen ^ unversekrt liess , da mit dem velaren Sonanten 
das palatale i unvereinbar gewesen wäre, dass dann ftn sick weiter 
zu n^, fi entwickelt kabe. — Im Sardiseken tritt einfack Assimilation 
zu rm ein: mannu^ Unna, dinnu, punna, konnoskere. Im Südosten 
aber tritt an Stelle des g der velare Vokal: aunu := agnum in 
Lecce, vgl. omt^ in Tarent, /«V^f {lignum), puvene in Cerignola. 
EndHck in Campobasso wird g zur Spirans : pug^ne, leyene, haye- 
nate, ayeniell^, 

224. Die andern Konsonantengruppen geben zu Bemerkungen 
kaum Anlass. Es verstekt sick von selbst, dass da , wo anlautend 8t 
zu st oder ht wird, § 179, auck inlautend st folgt, dass man also 
z. B. in Teramo test§, reite, peHe, in Campobasso krüt^y kruütine 
u. a., in S. Fratello j^^i^^r, muoska, vükd, stispir u. s. w., in Ber- 
gamo : kahtel, fehta, veApa u. s. w. sagt. — Besondere Beacktung be- 
dürfen aber einzelne sardiscke Mundarten. S]^ako, Ort. Sard. II 123 
vergleickt die Dialekte von Tempio und Sassari und bemerkt : »Spiace 
sommamente quel cambio dell* s in l all' orecckio, come nella voce 
strazio in cui se la pronunzia del z h raddolcita in ambi i dialetti, non 
lo ^ nella prima sillaba rapporto alle consonanti, cke sebbene ambi 
propongano un f , pure il sassarese pronuncia ütraziu, ed ü tempiese 
istraziufn. Vgl. nock üpoti (spoglie), belti (veste) , ilpiritu. Leider 
feklt jede genaue Angabe über die Artikulation dieses /, so dass man 
nickt mit Sickerkeit angeben kann, ob als Durckgangsstufen h, i zu 
setzen sind, dock ist Spasto's Bemerkung bei Pap. 442 beacktens- 
wert: TiV s impura si fa gutturale, ed ä invalso Fuso di scriverla 
con 7«r. Auck über die geograpkiscke Verbreitung liegt nickts Be- 
stimmtes vor, Pap. sckreibt ausser in Sassari stets ^, dagegen findet 
sick l in den Märcken aus Tesi, Arck. Trad. Pop. HI 199, wo zu- 
gleick der folgende Verscklusslaut aspirirt ist, vgl. gulßa, bilptidoSy 
huhu = bosco. Sodann lassen die Venezier in Livomo s vor t und 
y in einen Zwisckenlaut zwiscken l und s übergeben , s. Papanti 
Pap. 247. 

226. Bedingte Veränderungen zeigt x im Toskaniscken, sofern 
es vortonig vor oder nack kellen Vokalen zu i wird, vgl. uscirey 
nuiscella, lisciva, scegliere, scempiarey sciame, scialare, scioperare, 
dagegen zwiscken dunkeln Vokalen zu s : sala aus axale , sugna aus 



§ 225. 226^ 227.] Konsonantengruppen im Wortinlaut. 131 

azungia u. s. w. In saggio. statt sdaggio liegt Dissimilation vor, 
coscia geht auf coxea, Ictscia auf *laxiat zurück, wie QbÖbeb, Arch. 
lat: lex. ni 509 richtig erkannt hat ^) . 

226. Auch in der Verbindung eines Sonanten mit einem Kon- 
sonanten zeigt die italienische Litterärsprache wenig Veränderungen. 
Wie § 158 gesagt ist, war ns schon im Vulgärlateinischen zu s ge- 
worden, daher Wörter wie pensare , censo , mensa aus der Bücher- 
sprache stammen. Im Übrigen aber bleiben nt, nCj mp steis, nd, mb 
werden vor dem Tone zu n, m, vgl. ne aus inde, manuca aus man- 
dtica y amendue aus amiodue ; nm wird angeglichen. Sonst also : 
tanto, infante, -antCj niente, menta^ vento, cento,fintOy ponte, 
monte,untOf punto, antico; brancoj manco, vincCj tronco; vincere; 
tempo, rompere\ manda^ tendere, vendere, mondo, rondo, lemhoj 
entrambi, nemboj tamba; donna, dannOy sonno. Endlich bleibt r-|- 
Kons., Z-|-Kons. : parte, vertere, porta, verde, perduto, tardi, 
tordoj martello, corpo, carpine^ barba^ erba, arbore, porco, verga 
u. s. \i^. , scarsoy orso, corso, borsa, persona; alto, altro, moltOj 
eoltello, caldo, eoldoj solco, calca, calcagnoy dlga, dolce, felce, falce^ 
talpa, polpa, colpo, alba, golfo, seha, falso, gelsoy volse u. s. w. — 
Von Ausnahmen rasi^polenda, eine Anlehnung an molendof und topo, 
mota genannt werden, welch' letztere wohl nicht toskanisch sind. 
Über SS aus rs s. § 158. 

227. Eine besondere Behandlung zeigen ng, lg, nv und re. 
Ng wird in Proparoxytonis zu w, vgl. ßgnere, agnolo aus angelus, 
aber ßnge , gingiva. Ebenso coglie aus coUigit. Das alte ariento 
neben ar genta ist wohl nicht toskanisch. In nt? , rv tritt Verschluss- 
laut an Stelle des Reibelautes, vgl. imbociare, imbolare; corbo, cer- 
biOj serbare, nerbo. Die Ausnahmen sind zum Theü schwer zu er- 
klären. In moenire, investire hat das Gefühl der Zusammensetzung 
des V gehalten ; invidia ist ein Buchwort , ebenso inmtare und so 
wird man auch in den andern Beispielen litterarische Einflüsse zu 
sehen haben ^ Dasselbe gilt für servo und curoo, das auch durch u 
statt seinen späten Ursprung verräth. Dagegen macht servire 
Schwierigkeit, wenn man nicht etwa annehmen darf, nur nachtonig 

1) Ich kann Gröbeb nicht folgen, wenn er ebenda weiter annimmt, 
sei für 2; sei im Anlaut vor dunkeln Vokalen analogisch, in scialare z. B. 
erst von Fällen wie acipido u. s. w. übertragen. Die Beispiele von sce, 
sei, deren Anlaut privativen Sinn hat, sind nur scempio, acegltere, scemare, 
scerpare, scervellare, sceverare, scipare, scipido, von denen einige erst wieder 
unursprüngliches sei haben, ein paar andere ganz selten sind, so dass sie 
kaum vermocht hätten, die grosse Zahl der nach Gböbeb mit sa, so an- 
lautenden Wörter umzugestalten, um so weniger, als auch s allein, nicht 
», vor Konsonanten privativen Werth hatte. 






-• - - • : "» ^ 






132 Lautlehre. [§ 227. 228. 229. 

rv sei rb geworden. Was berbice betrifft, so ist hier schon im Vul- 
gärlateinischen wohl infolge von Dissimilation rb eingetreten. — 
Im Süden wird nv zu mb und dieses wie altes mb zu mm § 230. Dem 
mb Tergleicht sich mp in Calabrien: kumpiette {confetto)y mpumarej 
mpiemu. Auch Ib verlangt das Romagnolische , vgl. impulbre, 
melba, aalbedg. 

228. Weitgehende spontane Veränderungen zeigen nun aber 
die Mundarten. Die Nasalverbindungen gleichen sieh im Süden den 
folgenden Konsonanten ganz oder halb an. Es entsteht nd aus nt^ 
ng aus nk^ nj aus nc, mb aus mp in Neapel^ den Abruzzen, der 
Molise tind zum Theil noch in den Marken. In der Schrift zwar 
kommt der Wandel kaum zum Ausdruck^ so findet man Spuren davon 
im Altneapolitanischen fast gar nicht, vgl. nur etwa volengi Reg. 
San. 304, Hs. B, standa 191' und die umgekehrte Schreibung giunco 
356, allein es unterliegt doch wohl keinem Zweifel, dass wir hier 
eine sehr alte Erscheinimg vor uns haben. Auch ihre Grenzen sind 
schwer zu ziehen. Nach Calabrien reicht sie nicht mehr, ebensowenig 
nach Apulien oder nördlich nach Alatri. Sie erscheint aber im Nea- 
politanischen und in der Molise, vgl. angora, ngundrd, ven^e [vin- 
cere)y andikf, sand^, ^omiana in Campobasso, dann in den Abruzzen 
und noch in Jesi und vielleicht sogar in Ancona , wie man aus der 
Verwechslung von quanto und quando Pap. 77 zu schliessen geneigt 
ist, endlich noch in Norcia. Im Süden ist timb^ sande mindestens 
noch für Cerignola und Canosa di Puglia gesichert. — Derselbe Laut- 
wandel findet sich jenseits des adriatischen Meeres im Albanesischen 
wieder, ist übrigens vielleicht sabellischen Einflüssen zuzuschreiben, 
s. Rom. Qramm. I 537. Im Sizilianischen scheint nur mb, nicht nd, 
ng vorzukommen und zwar in Casteltermini nach Schneegans S. 69. 
Auch für die Verbreitung von rd aus rt fehlen genaue Grenzen. Man 
findet spirdOj ordika^ appartu [appalto) im Cälabresischen, ebenso 
sdddare aus saltare, verdate im Neapolitanischen, Reg. San. 252, 
femer in Teramo, Campobasso u. s. w. Üeber Id, lg aus It, Ik 
8. § 235. 

229. Sehr viel weiter ist die Assimilation von nd zu nn, mb zu 
»iw .verbreitet. Ob entsprechend ng zu nn wird, ist aus den bisher 
veröffentlichten Proben und Abhandlungen nicht ersichtlich, nur für 
Sizilien bezeugt den Wandel Schneeoans S. 105. In Modica entsteht 
daraus weiter ü : safiu (sangue) , staflu, aüuni u. s. w. Sonst also ist 
nn ganz Sizilien eigen, doch entziehen sich der Assimilation noch 
heute Milazzo , Barcellona , Gualtieri Sicaminö ^), und in Messina 



1) Doch nicht nach der Probe bei Pap. S. 279. 



§ 229, 230. 231. 232.] Konsonantengruppen im Wortinlaut. 133 

herrscht Schwanken, vgl. Schxeegans S. 114. Die Südspitzen des 
Festlandes halten ebenfalls nd fest, erst bei Maglie und Cosenza, 
bezw. Tarent und Ostuni beginnt nn, erstreckt sich dann aber über 
das ganze südliche und mittlere Italien bis an den Ombrone und bis 
in die Provinz Ancona, wo Arcevia, Cupramontana, Fabriano, Fiot- 
tano, Jesi, Loreto, Osimo die äussersten Punkte der nn-Hegion sind. 
Im Umbrisch-aretinischen findet sich nn in Arcidosso, Santa Fiore, 
Putigliano , Acquapendente , Orvieto , Montefiascone , Viterbo , aber 
nicht mehr in Cittä, di Castello. Auch dieser Wandel ist alt, viel- 
leicht ebenso alt wie das Lateinische dieser Gegenden , s, Rom. 
Ghramm. I, 536. Im Mittelalter wird er nicht nur durch die ziemlich, 
zahlreichen direkten Beispiele, sondern auch dadurch, dass unendlich, 
oft nd für nn geschrieben wird, gesichert, vgl. z.B. ingandare Rain. 
Bucc. 380,yi^;^rfo (3. pL), tyrando 393, vende=venne ^38^ hrenda 
(brenna Kleie) 481 u. s. w. 

280« Mm aus mb und nv deckt sich nicht völlig mit nn aus nd^ 
Ob in Messina mb bleibe, erfährt man aus Schneegans nicht, sicher 
ist es für das südliche Calabrien, wogegen im südlichen Apulien mm 
erscheint, vgl. z. B. ausLecce: ktcmmentu, mmece (invece), mmizzu 
(invezzo), nkammiu, kyummUy ammace {bombace) u. s. w. Davon 
aber abgesehen dürfte das Gebiet von mm mit demjenigen von nn 
zusammenfallen. 

231. Ganz vereinzelt steht endlich nc aus n^ in Sizilien :^n- 
cirij ctnciri, ancilu, kyanctrij pinciri, ncenu, sancisuka, vgl. Schnee- 
gans, Siz. S. 104, wo a.uch erwähnt ist, dass Mangano, Bisacquino, 
und Salaparetto diesen Wandel nicht kennen. Beispiele schon aus 
der Conquesta bringt Pasiselle S. 20. 

232. Von grosser Wichtigkeit sind die Schicksale des l vor 
Konsonanten. Zwei verschiedene Wege stehen o£fen : entweder das 
/ wird palatalisirt und hat dann die Neigung, zu i zu werden, oder 
aber es ist velar und geht dann in u über. Die erste Erscheinung ist 
enger begrenzt, sie ist spezifisch fiorentinisch-pistojesisch, scheint 
aber allerdings auch dem Centrum nicht völlig zu fehlen. Vgl. aittri, 
moitu in Florenz, airre = al re in Certaldo u. s. w. Auch aus dem 
Senesischen belegt Hirsch, Zs. IX 553 all fuoco = alfuoco u. dgl. 
Femer scheint das Romagnolische Beispiele zu gewähren, vgl. Mussa- 
FiA, Romg. § 163: beib^ bioik (bifolco), kuime {colmare), insaibad- 
ges [inselvaticarsi), oyum aus aim (olmo) u. s. w. Die Ratio für 
den Verbleib des / oder Eintritt des i ist nicht klar. — Für Mittel- 
italien bieten die alten Texte Beispiele, vgl. aicuna Hist.rom. frg. 1,1, 
scoitare 1, 1, moititudine 1, 1, aitril, 1, moiti 1, 1, ascoitan 1, 1, 



134 Lautlehre. [§232.233. 

cavaica 1, 3, scaitrito 1,8, coipo 1, 8, cavaicava 1, 8, toize [tohe) 
1, 5, vaize 1, 2 u. s. w. 

238. Weit gewöhnlicher ist der Wandel von l zu. u durch die 
Mittelstufe i. Er findet sich vorwiegend vor Dentalen , wogegiisi vor 
Labialen und zum Theil auch vor Gutturalen r eintritt. Zunächst ist 
ein oberitalienisches ^-Gebiet zu nennen , das das Piemontesische 
und Genuesische, zum Theil auch noch das Lombardische umfasst. 
L wird zu Uy vor Labialen zu r, vgl. piem: surfu, sarma, arbi neben 
aut^ kaud u, s. w., gen. marva, arbü, purpUj kurmu, aber atj kad 
u. s. w. § 99. Daran schliessen sich dann die savoyisohen Mund- 
arten, s. Rom. Gramm. I 406. — Weit Ostlich reicht u aus l nicht, 
im MaUändischen haben wir schon o/ § 85, und wo aul, au im ve- 
netischen Gebiete auftritt, liegt rätischer Einfluss vor. Dagegen wird 
aut.fauc, autar in Villette (Arch. Glott. IX 196, vgl. 213) und awt, 
fdwp^ kawl in Malesco (Arch. Glott. IX 250) als der östlichste Aus- 
läufer der piemontesischen Regel zu fassen sein. Dass die Monferriner 
in Sizilien folgen, ist um so selbstverständlicher , als das Sizilianische 
hier mit dem Nordwesten übereinstimmt. Von Genua aus erstreckt 
sich u längs der Küste bis in die Toskana hinein ; es ist ein Merkmal 
des Dialektes von Pisa und Lucca, vgl. vause Hist. Pis» 59, rtcouse- 
nost bb,fauce Bandi Luc. 37, autro 42. Dagegen bleibt die Emilia, 
dem Lombardisch -Venezianischen folgend, bei al und so dann auch 
die östliche Toskana. Erst das Südrömische und die Abruzzen bieten 
wieder aUy das dann aber den ganzen Süden und Sizilien beherrscht. 
Sodann kommt Wandel von /* zu r bei den Venezianern in Livomo 
vor: mortOy kardo , artOy vorta u. s. w. und auch in der Tos- 
kana, wo jedoch das Verhältniss zu { noch zu untersuchen bleibt. Es 
ist aber auch im Süden die ^-Vokalisirung auf die Verbindungen ft, &?, 
hy Ic beschränkt, wogegen l vor Labialen und Gutturalen bleibt mit 
Entwicklung des Stimmtons, oder zu r wird. Sicher ist diese doppelte 
Behandlung für Campobasso: jaut^ (alto) , haute {caldo)j fauzq 
(faiso) , kauce aber zurf^ [^olfo] , skarpiellq und maleva , saleva, 
olepaj polfpe, kalekafie u. s. w., s. Arch. Glott. IV 162, während 
hier vor dem Tone Id zu II wird § 235 ; für Lecce : fauku^ sausu, 
faicce, autUy kauduj sodu, ota [volta) u. s. w. neben darfinu, kurpa, 
vorpe, sarvUj purvere, surku, inkarkare, für Sizilien vgl. autru, 
autarij kaudu, sausa, fausu, ceusu, askuta, fauciy quacina § 132 
u. s. w. neben kurpa, purpa, korpu, urpi, parma, surfu, arkay 
arkunUj bifurku, vgl. Schneegans S. 124 fi*., und das Alter der 
Vokalisirung wird erwiesen durch autru , autri in dem Rebellamentu 
di Sizüiaund in andern altsizilianischen Texten Schneegans S. 127, 
Pabiselle S. 26, durch autro bei Loise de Rosa (Anfang des XV. 



§. 233. 234. 235. 236.] Konsonantengruppen im Wortinlaut 135 

Jahrh.]. scauce 19, auto 21, caudo 30, paudo (Wald) 31, muta 44, 
voucze [volse] 43 u. s. w. Bemerkenswerth ist nun, dass die Ab- 
neigung gegeft / -|~ kons, im Süden noch fortdauert und dass daher 
schriftitalienische Wörter in diesem Falle / zwar nicht mehr zu u, 
wohl aber zu r wandeln, vgl. urtimu, artaru neben autarij surdatu 
neben stiddatu, durci neben duH u. s. w. , ferner purci aus pü^t^Bf 
marditu aus mal[e]dictus u. s. w. in Sizilien und ähnlich in Neapel 
und den Abruzzen. 

284. Es können *die /-Verbindungen nun auch noch andere 
Umgestaltungen erfahren. Es scheint / zu n zu werden im Innern der 
Insel in Galtanisetta, S. Cataldo, Casteltermini, Cianciana, Canicatti, 
Facara, vgl. antru, santu, antu, antaru, kametti [calzette), vanto, 
punsa, censu (gelso)f vonsi, Perf. zu volirt^). 

286. Sodann wird Id in Mittelitalien und im Nordsardischen zu 
//. So heute in Teramo kallare, kallf. Dann im Römischen: suollp 
Cola di Rienzi 413, sollatiA27, Vertollo 453, callo 887, riballo 
543; sollati Hist. rom. frg. 1, 3, callo 1, 13, suollo 1, 9; sollu, 
callu Rusio 9, endlich im Nordsardischen : kallu, und ebenso im 
Korsischen. Sonst zeigt Teramo vielmehr Übergang des tonlosen 
Lautes in tönenden und nachherige Assimilation des / an diesen tönen- 
den, daher addf [alto) , addare (vgl. kalabresisch kaddu = caldOj 
saddare = saltare), uddem^^fa^^q = falce^ ka§^e\ ebenso wird U 
über Iz zxi i^: fa:^^ ^=faho, poi^^^ u. s. w. Den Wandel üon It 
zu dd kennt auch Montenero di Bisaccia imodde^ todde, addre. Da- 
gegen bleiben die Labialen : holbe = vulpes. Auch dem Vulgftr- 
toskanischen ist eine derartige Angleichung nicht fremd, doch bleiben 
ihre nähern Bedingungen noch zu untersuchen, vgl. mattone aus mal^ 
taney atiricarsi ans altercare, pattone, wenn es zm puls gehört, soggo 
[solco] U.S. w. — In Campobasso ist die Assimilation auf die Stellung 
vor dem Tone beschränkt : kaddara. 

286. Es erhebt sich nun noch die Frage, ob / gänzlich ausfallen 
könne. Dass zwischen neugenuesisch atru und lat. altro eine Form 
aotru liegt, wird durch die alten Texte mit Sicherheit erwiesen , vgl. 
§ 99 und iRoETTQEN, Der VokaHsmus des Altgen. S. 22. Es ist 
daher auch wahrscheinlich, dass in calabr. atu^ face, kace, saza, 

1) Wenn Schneeqans S. 128, dem diese Beispiele entnommen sind, 
doch die Erklärung des n aus / nicht gelten lassen will, weil daneben 
auch €(tru, aiaru, kaddu, fadda, sota [aalta) vorkomme, so hat er damit 
kaum recht Es scheint hier vielmehr Id zu U zu werden, die Wditer mit 
nt aber nicht genuin zu sein. Mit der Bemerkung, es komme in dieser 
Gegend epenthetisches n häufig vor, ist nichts gesagt, und was das dafür 
angefahrte Beispiel nantari aus natari betrifft, so ms^ nan sich aus dem 
n des Anlautes erklären. 



136 Lautlehre. [§.236.237.238. 

ciezu, co^^ vos^e, ctMtu (colto) u. s. w. das /nicht gefallen sei, son- 
dern dasB äutUj favie u. s. w. 4&z wischen gelegen habe. Die Stufe 
l wird durch ybcww6 § 131 erwiesen. 

237. Über die r -Verbindungen ist wenig zu sagen, da das r 
fast überall bleibt. Im Vulgärsizilianischen assimilirt sich r einem 
folgenden Konsonanten^ vgl. huttu^ puttari, pikkt, muottu [morto) , 
Jimmu in Messina, Syrakus und Catania. In Palermo, Sciacca und 
Gibellina dagegen wird r zu t : Paleimmu, kaibhuni^feimmu (fermo), 
poütUj puoicissioni (processione) , vgl. ScHiirEEGAKS S. 140 f. — 
Sodann wird r zu 2 in Sassari, welches l wohl guttural ist, wie das 
aus 8 entstandene § 224. Also salpi [8erpe)y rtfulmaddu {riformato), 
kolpUj pultarij vaigofia^ muU^kaj taldu. Hierin folgt nun auch 
Tempio. Dagegen scheint rs zu ss, n», wie in ganz Sardinien, zu rr 
zu werden, vgl. pessUy turrari. Gemein sardisch sind also turra, 
korru u. s. w. — Eine 'andere Assimilation ist diejenige Yon rl zu 
rr, wie sie im Calabresischen vorkommt: parrare , urrUj parru 
ScEBBo 33. Wenn auch in dem Quartiere della Venezia nuova in 
Livomo häufig r vor Konsonanten zu / wird, vgl. Ttdki, konfolmitdj 
diskolso, pehöne , so zeigt schon die Qualität der angeführten Bei- 
spiele, dass es sich. darin um falsche Aussprache von Fremdwörtern 
mit Lautumsetzung handelt, da in dieser Mundart sonst V zvl r' wird 
s. § 234. 

288. Die bisher besprochenen Erscheinungen in der Entwick- 
lung der Konsonantengruppen zeigten theils Assimilation des ersten 
oder zweiten Lautes, theils Auflösung des ersten in einen Vokal, 
theils Verschiebungen der Artikulationsstufe. Es kann nun aber 
auch vorkommen, dass zwischen dem Sonant und dem folgenden Kon- 
sonant, sofern dieser ein Dauerlaut ist, der dem Sonanten homorgane 
Verschlusslaut sich bildet, dass mit andern Worten ns zu nz, Is zu Iz, 
rs zu rz wird. Diese Erscheinungen, zwar hauptsächlich dem Süden 
angehörig, sind doch auch d^ toskanischen Vulgärsprache keineswegs 
unbekannt , il Perzeo del Cellini sagen selbst gebildete Florentiner, 
vgl. auch in der Schriftsprache .f^»;i2;ar^, wenn es aus impinsare 
gebildet ist, penzolo = pensilis nach d'Ovidio, Arch. Glptt. IX 96, 
wenn nicht Yon penzolare^=pendiolare. Sonst also z. B. siz. penzUf 
nzumma, kunziggyuy vurza (borsa) und schon im Ribellamentu pinr- 
zati Pasiselle S. 41 calabr. saia (salsa), cieiu {gel8o)\ imaneap. 
Reg. San. halcera (1. balgera), in Kath. n volze, penza, Campob. 
penze, yurzq [orzo), fauz^, Teramo /airir^ {fdUo]^ auch in Abruzze 
Citeriori 11 u. s. w., femer diverzi Cola di Rienzi 403, forza (forse) 
509, nzemmora 437 \perzona Hist. rom. frg. 1, 1, arzo 1, 6, pm- 
zare 1, 6, ioize (tolze) 1,5. Auch das Mailändische bietet spalzä, 



. 238. 239. 240.] Konsonantengrappen im Wortinlaut. 137 

volzäy bolz u. a. Saltioni, Mail. 221. — Hierher gehört dann ferner 
der Wandel von mer zu mbr, ner zu ndr, der da , wo e in diesen 
Verbindungen fäUt^ fast Regel ist, aber auch im Toskanischen bei mer 
eintritt, vgl. bombero, gombera^ gambero^ membrare. 

289. Die Konsonanten vor r werden im Ganzen behandelt wie 
zwischen Vokalen , doch sind einige Einschränkungen zu machen. 
Atr wird stets zu adr: padre, madre, kidro, nach andern Vokalen 
bleibt t: pietra, dietro, vetrOy daher cedro auf cedrtis ^ nicht auf 
dtrtts zurückgehj, poledro aufföUig bleibt. Pr bleibt nach dem Tone : 
capra, sopra, cuopre, ginepro {ginebro ist nicht toskanisch) , wird vor 
demselben zu vr : cavriolo, sovrano, wogegen letriere besser als fran- 
zösisches Lehnwort zu fassen ist. Cr wird stets gr\ magrOj agro, 
lagritnüy allegrOy segretOy sagramento bei Brun. Lat. XXI 263. Dr 
bleibt : quadro ; br wird gedehnt : labbrOj fabbro, ebbrOj febbre ; gr 
verliert^: nero, intierOyßaro^ gnaresta = vinea agrestis nach Mab- 
CHESiNi, Stud.-fil. rom. 11 5, peritari you pigritari nach Stobm, 
Arch. Glott. IV 391 f. — iVr wird assimilirt : marrittay terrdyVerrdj 
porre, ebenso In vorrd. — Auffällig ist lebbra aus lepra^ offenbar 
ein nicht toskanisches Wort. 

240. Die Mundarten zeigen eine Reihe von Abweichungen. Die 
Dehnung von br zu &^ theilt mit dem Toskanischen das Emilianische, 
daher labar, sibeT pedar, wogegen sonst in Norditalien vr eintritt, 
ven.fevre u. s.w. — Sodann wandelt das genuesische tr, dr zu ir, 
darin dem Provenzalischen folgend, also puäre aus paire, peira 
u. s., w. — Im Tessin wird er oder gr zu gr: magere ager u. s. w. — 
Wandel von tr über dr zu gr weist Flechia, Avch. Glott. 11 384 in 
ferr. vegar (vetro)j veron. falagro (veratrum) nach, vgl. tarent. 
aggrittura = addirittura. — Aus dem Süden ist zunächst zu er- 
wähnen die Bewahrung von ^r, kr und der Wandel von dr, gr zu tr, 
kr da, wo rf, ^ zu ^, ^ werden § 202, also quatru, pikru u. s. w. 
Sodann zeigt das Sizilianische ,* Kalabresische und Apulische vor dem 
Tone Schwund des g : siz. pillirinu, lirizza, nach demselben dagegen 
Vokalisirung : niuru, cauru. Endlich tr wird zu einem eigen- 
thümlichen Reibelaut. »Die Zunge, welche zur Bildung des t an die 
Oberzfthne gestemmt wird , gleitet von den Oberzähnen an den Al- 
veolen bis zum harten Gaumen, indem sie ein c bildet, um alsbald 
vom harten Gaumen zu den Alveolen zurClckzuschnellen , wo sie ein 
kaum noch hörbares Alveolar-r vernehmen lässt. Oft wird beim 
Sprechen dieses r so sehr mit dem vorhergehenden c verbunden, dass 
es nicht mehr gehört wird. Bei noch undeutlicherer Aussprache ver- 
wandelt sich der ganze Laut in eine Art c« Schneegans, 109. 
Entsprechend wird str zu icr, woraus in Noto i: masu, vohu. 



138 Lautlehre. [§240.241.242. 

Ebenso im Apulischen, z. B. in Lecce, wie Ascoi<i nachMoBOsf s An- 
gaben Arch. Glott. U 144 mittheilt. — Nach Labialen fällt r in 
Trapani, Erice, Termini, Castroreale, Sciacca nach Schneegans S. 140: 
pimu, puvarij taucQyfevi u. s. w. 

241. Die Konsonanten vor / werden ähnlich behandelt wie im 
Anlaut. Das l wird über / zu %, das dann bleibt, zugleich aber den 
Konsonanten, wenn ihm ein Vokal vorangeht, dehnt: es wird also 
pl zappi, cl zu kkij bl zu hbij gl zu ggi, fl tm ffi^ sei zu ski, bezw. 
stiy vgl. doppioj appioj cappio, tempio; sempice, Suff, -acchio, 
macchittj vecchiOj secchia, specchia^ manocchia, manocchio aus 
vulglat. marmclus, gtnocchia, giacchio^ specchio, v^cchio (vitultM), 
picchio, succhia, orecchia^ rocchio (rotultis)j capocchio; cacchio 
{oatulus), pacchia {*patulat)j cat>icchia {*cap%tlum s. G. Pabis, Rom. 
V 32); sabbio, ebbio, sabbia^ ßbbia, nebbia, subbia, ^offia, tafßa 
(vgl. S. 8), gonfia, stregghia^ mugghia^ vegghia, dnghiüj tegghiaj 

ßschio xmdßstio, raschto und rastioy mischio und mistio bei Cellini, 
teschio. Ss'l wird über stl zu sei, vgl. Ischia aus Isola, sen.peschia 
BXispessula, wie Ascoli, Arch. Glott. III 456 erkannt hat. 

242. Es giebt nun eine kleine Zahl von Fällen, die andere Be- 
handlung aufweisen. Sie zerfallen in verschiedene Klassen. Es hat 
einmal Ascoli, Arch. Glott. X 79 mit vollem Kechte darauf aufmerk- 
sam gemacht, dass aus dem Nebeneinander von vecchio und vegliardo 
sich für c/— eine andere Behandlung ergiebt, als für — c/, er vergleicht 
noch orecchia, ortgliare, ferner comgliuola, daher coniglia; mugliare 
aber mugghiüy vegliare aber vegghia, strigliare aber stregghia, 
agtigliata aber agticchia^ von jenem vielleicht aguglia, wenn es nicht, 
worauf die Bedeutung zu weisen scheint, französisches Lehnwort ist, 
vgl. noch mtigghiare und mugliare. Nur scheinbar widerspricht 
neghiente aus negligente, negli-ente nach § 208 ; man hat hier mit 
demNebenaccent (§ 157) : ndgliente zu rechnen. Sodann hat Mabchb- 
siNi, Stud. fil. rom. II 24 ff. für -cliy -^lae den Reflex -gli ange- 
nommen, daher magliej spiragli, gugliey artigli, ferner lentigKcy 
teglie aber tegghia. Eine zweite Reihe von Ausnahmen bilden jüngere 
Wörter, die zwar die Verbindung ul nicht behalten , wie die alier- 
jüngsten, die aber, nachdem sie das u getilgt haben, den Schluss- 
konsonanten des Stammes dem l angleichen. Hierher gehören ndt 
d l strillare, mit t-l spalla, erolla, ixAt g-l fnUlo und das entlehnte 
gtullare, sodann nl lulla, spillaj ctdla, pialla, ella (intda), malle- 
vare. Eine Stelle für sich nimmt scoglio ein, das, faUs es zu scopur- 
lus gehört, neapolitanischen Ursprungs ist^)., s. § 244. — Endlich in 



1) K. Hofmann schlägt als Etymon axoUog vor Arch lat. lex. HI 277, 



§ 242. 243.] Konsonantengrappen im Wortinlaut. 1 39 

sollevare, söllenare u. sw; hat das Gefühl der Zusammensetzung das 
/ bewahrt, worauf dann aber das b- dem l angeglichen wurde. 

243. Die Mundarten zeigen die § 190 für den Anlaut dar- 
gestellten Abweichungen auch im Wortinnerny daher z. B. oclus in 
Norditalien öcc lautet, capula im Süden kakkya. Bemerkens werth 
ist nur, dass in Lecce das { schwindet^ vgl« raskuy misku, skamu, 
skattUj skau, skuppetta^ skettu, kesia, rikketeddUy kesura, keku. 
Immerhin sind bedeutende Einschränkungen zu machen. Gemäss 
norditalienischem Brauche § 200 tritt auch hier zwischen Vokalen 
tönender Laut statt tonlosem ein , daher z. B. im Mailändischen ka- 
tii^^a, ore^^a, in^enü^ass, o^adaj kü^d {cucchiajo]j gü^^a, sladi^ö 
u. s. w. neben öcc, piöoc, gücc , Plur. von gü^^a, orecc u. s. w., 
ebenso noch im Paduanischen, vgl. Ascoli , Arch. Glott. I 432 und 
Wekdrineb, Ruzante 29. Im Westen, also im Piemontesisch- genue- 
sischen, fällt der Beflelx von cl mit demjenigen von f zusammen, gerade 
wie im Französisch-Proyenzalischen , vgl. piem. uriya, siya, öy, vey, 
fnuy u. s. w., gen. ue§§a, se^^aj ö^^u, ve^^Uj fenu^^u u. s. w. End- 
lich das Emilianische und Venezianische zeigen dieselbe Form wie im 
Anlaut, vgl. romg. urecca^ occ u. s. w. , venez. ocOj veco , oreca, 
schon in der Cron. Imp. otchi, notcAierij pedotchi, vetchio gesehrie- 
ben, s. Arch. Glott. m 254, während die Hamiltonhandschrift und 
das Exempelbuch oglo bieten. Wir finden somit hier eine merkwürdige 
Verquickung verschiedener Entwicklungen, die eine nähere Betrach- 
tung erfordert. Die emilianische und venezianische Form erklären 
sich ohne weiteres als Fortentwickelung von kky. Dagegen scheint 
im Westen vielmehr cl in ähnlicher Weise über hl zu l geworden zu 
sein, wie c< zu t^ i) § 221 . In der Lombardei, die noch zum i^-Gebiete 
gehört, erwartet man ebenfalls t. Es scheint nun aber, dass auf der 
Stufe hl oder noch cl zunächst der Guttural tönend geworden sei und 
dass dann gl bezw. Jl anstatt weiter zu t zu werden , unter östlichem 
und südlichem Einfluss zu gy bezw. jy, woraus §^, geworden sei ; da- 
für spricht kabbi aus capluntj dobbia, kobbia. Eine andere Auf- 



wogegen lautlich nichts einzuwenden ist, das aber begrifflich ganz und 
gar nicht passt. — Dass venez. akagia zu scapuia gehöre, Mussafia, 
Beitr. 99, halte ich demnach auch nicht für möglich, sehe darin vielmehr 
dasselbe Wort, wie in ital. scaglia, das im Norden Splitter, Scheit be- 
deutet. 

1) Dass das genuesische ggi auf t, nicht auf ky beruhe, hat Ascou, 
Arch. Glott. VI 123 Anm. 1 überzeugend nachgewiesen. Dagegen scheint 
es mir nicht zutreffend, wenn ebenda S. 124 Anm. 2 zwischen duggiu und 
duplus die Mittelstufe duhlua gesetzt wird, da die piemontesische Form 
noch dupt verlangt, das Genuesische aber kaum vom Piemontesischen zu 
trennen ist. 



HO Lautlehre. [§243.244.245.246. 

fassung wird durch gen.- dti^gu aus duplus neben piem. dopt nahe 
gelegt. Die Erweichung der intervokalischen Verschluss- und Reibe- 
laute hätte erst stattgefunden , als cl über cli schon zu c geworden 
war. Auf alle Fälle aber ist bemerkenswerth , dass das Lombardische 
für cl eine andere Entwicklung aufweist, als für ct. Was die § 190 
aufgeworfene Frage betrifft, ob pl hier gleichaltrig oder jünger sei 
als cl, so ist spiandore, uhigare bei Kuzante bemerkenswerth, sofern 
in diesen zwei Buchwörtern, die sonst / bewahren, der regelmässige 
Wandel eingetreten ist. Vielleicht folgt daraus, dass hier pl erst 
nach Aufnahme dieser Wörter zn pi geworden ist. 

244. Im Süden ist die Behandlung von bl wohl das wichtigste. 
Wie schon § 242 kurz angedeutet ist, wird pl, hl im Neapolitanischen 
zu Ty vgl. neta, sula u. s. w. Dass t hier das b verschlingt, erklärt 
sich wohl aus der schwachen Artikulation des letztern. Weiter süd- 
lich in Calabrien und Sizilien aber entwickelt sich inlautend bl wie 
anlautend zu y, das dann infolge der Dehnung im Siz. als ggy er- 
scheint: neggya, niggyu [nibbio), affiggyarL Sodann zeigt das Bar- 
dische ganz auffällige Formen , sofern nämlich für cl im Log. j^ im 
Camp, g eintritt, also benuyu, kannuya, fenuyu , oyu, oriya, bezw. 
jenugu, kanrmga, fenugu, ogu u. s. w. Sei wird zu i bezw. sk\ 
masu, masku. Man darf wohl als Mittelstufen gl , g% und nun ent- 
weder g oder y, ebenso sM, shi, sk oder s% s ansetzen. Es würde 
sich somit das Sardische im ersten Entwicklungsstadium zum Nord- 
italienischen stellen. 

245. Eine besondere Behandlung erfährt die Gruppe ngl, sofern 
ngia auch im Toskanischen leicht zu ü wird, vgl. cigna, ugna, 
cignale, cignare, rignare Flechia, Arch. Glott. n 22 , Anm. Sonst 
wird Kons. 4- cl, gl behandelt wie Vok. -f- cly gl, vgl. teschio, 
sarchio u. s. w. Dass sk leicht zu st überspringe , ist schon gesagt. 

246. Vor u, das aus lateinisch tonlosem, im Hiatus stehendem u 
entstanden ist, werden nachtonige Konsonanten meist gedehnt, worauf 
dann u zum Theil unterdrückt wird. Vgl. acqua, tacque, giacque, 
nacque und andere Perfekta ; fotte, batte, potte aus potuit ; ebbe aus 
kabuit; tenni aus tenui , menno aus minutis nach Caix, Studi 46, 
manna aus manua. Ebenso vor dem Tone : gennajo , mannaja, 
während qu in dieser Stellung zu gu wird : seguire, uguanno, uguale, 
dileguare. — Daneben findet sich die Entwicklung zu ov in Buch- 
wörtem, vgl. vedova, continovo, Genova, Mantova, manovale, meno- 
vare u. s. w. — In nottola aus noctua hat Suffixvertauschung statt- 
gefunden. Nicht volksthümlich scheint aquila zu sein^). End- 

1) Formen, die auf acuta, aculia weisen, bringt Mussapia, Beitr. 24, 
vgl. noch agoya Cron Imp. 4. 



§.245.249.247.] Konsonantengruppen im Wortinlaut. 141 

lieh in avannotto , das Caix , Studi 4 treffend aus ugtumnotto 
deutet, scheint die Stellung des ff zwischen zwei tonlosen Silben seine 
Verflüchtigung nach sich gezogen zu haben, ebenso bei dem im Satze 
tonlosen Adverbium avale aus aeqtiale. — Nach Konsonanten bleibt 
ffu : sangue, linfftca u. s. w. In Fällen wie fehhrajo , morto u. s. w. 
ist das u schon im Vulgärlateinischen geschwunden , vgl. Rom. 
Ghramm. I 423. — Wenn schliesslich aus antiqtia nicht anticqua ent- 
steht, wie ctcqua aus aqua, so erklärt sich dies aus dem Einfluss von 
antico, das auf anticus beruht, und von anficht aus antiqui, vgl. cht 
BXLS qui § 185. TJndcuocere, torcere haben ihr labiales Element 
schon im Vulgärlateinischen verloren. 

246. Von dialektischen Abweichungen ist der sardische Wandel 
von qu über ffu zu b das Interessanteste, vgl. aba, eba, limba, 
sambene u. s. w. Sonst findet sich die Unterdrückung des u in 
weiterm Umfange als in der Schriftsprache, vgl. sanfff, lenga in 
Campobasso, ebenso natürlich in Oberitalien. — Wandel von ^o, -t^a 
über -ovOy -oea zu -ofo, -o/a ze^t das Neapolitanische, vgl. mper- 
petohj statola, vedola, selbst rekola = requie, vertoloso = virtuoso, 
wogegen der Norden wie das Toskanisclie bei o/* bleibt, vgl. z. B. 
mail. tridof, hontinof, mütofvi. s. w., Salvioni, Mail. 145. 

247. Die Konsonanten vor i zeigen sehr mannigfaltige und ^um 
Theil recht verwickelte Schicksale. Schon im Vulgärlateinischen hat 
theilweise Angleichung bei Dentalen, Gutturalen, / und n statt- 
gefunden, wogegen die Labialen und r unangegriffen blieben. Fürs 
Italienische gilt als erste und wichtigste Regel : nach dem Tone werden 
alle Konsonanten ausser r vor % gedehnt. Auf dieser Stufe beharren 
die Labialen, wobei bb auch als Dehnung von vi gilt, wogegen di, gi 
wie einfaches y zu ^^, ti zu zz, €% zu cCj endlich / und n zu palatalem, 
gedehntem T, ü werden, also: appio, seppia, sappia, germ. ffreppia; 
labbioy rabbia, scahbia, abbia, robbio, gubbia [ingluvia) marrobbto, 
giobbia (*jovea) , gabbia, trebbio ; scimmia, vendemmia, bestemmta-, 
raggio, oggi, moggio , alt veggio = vedeo und andere ähnliche Prä- 
sentia, seggia, stoggio [Studium^ Caitello, Areh. Olott. m 347), 
alt enveggia, stoggio [stadium), poggio, uggia [odia?), paggio aus 
vulglat. *padium (TtaiöLov), alt caggia (cadeat) u. s. y^-, faggio, 
remeggio, reggia, saggio, -ezza, vezzo, spazzo, prezzo, sezzo] 
braccio, Ictccio, ^accio, leccio, soccto, staccio, gaccia, vaccio [viva" 
cius), riccioy moglie, meglio, -aglia, famiglio, ßglio, tiglio, miglia, 
cansiglia, taglia, paglia, aglio, coglione, meglio, iigna, ligna, 
-•agno, -agna, bagno, cogno, prugnola. Dagegen wird r unterdrückt: 
'€^'Ojaja, salmoja, pajajVqfo, stajo, -tojo, gomea [vomerea), loja 
{larea\on lorum, s. Zs. XI 256), avvoltojo,fuja. Si ergiöbt c oder 



142 Lautlehre. [§ 247. 248. 249. 

s : bacto und bascio, cacio und cascio, — Eine besondere Behandlung 
zeigen m, tie und tii. Jenes nämlich wird zu re, dieses wie vor dem 
Tone zu ^L Man sprach also ursprünglich im Singular -ajOy im Plu- 
ral aber -^iri, Formen, die nicht bloss erfunden sind, sondern thatsäch- 
lieh sich in alten Texten noch finden, wie die Formenlehre zeigen wird, 
vgl. auch gennajo neben danari S.Mar. Carm. 24. Sodann liegt die 
ursprüngliche Behandlung von -tii, -tie vor in barbiffij minuge und 
im Suffix 'igia, das zu -^ties gehört. 

248. Gehen dem % mehrere Konsonanten vorauf, so sind die 
Ergebnisse zum Theil andere. Wir dürfen wohl annehmen, dass die 
§ 220 besprochenen Assimilationserscheinungen eingetreten sind, 
bevor die Wirkungen des { sich geltend machten. Es ist also z. B. 
nupita erst zu nuttia geworden u. s. w. Bei den Labialen nach Kon- 
sonanten unterbleibt natürlich die Dehnung, daher alveus zu albio 
wird^). Di weicht am stärksten ab, sofern es nämlich zu i; wird, 
Ygl, pranzo, arzo, arzente [ardiente], manzo (*mandiumIAthl, germ, 
rom. phil. 1885, S. 156], verza. tti ergiebt dagegen regelmässig zz: 
pezzOj'm€tzzOj--anza, gozzo, nozze, woneben caccia^ docda, gaccia 
erst postverbal nach cacdafe u. s. w. gebildet sind, s. § 249. Aber 
sti wird zu s: angosda^ bescio, tcscio, poscia. Am unklarsten ist c%. 
Neben einander stehen lonza, romanzo, calza und lancia, Francia^ 
orcio. Den drei letztern stehen endungsbetonte Ableitungen mit c 
zur Seite, allein von den drei erstem ist das zweite wohl sicher fran- 
zösisches Lehnwort, während allerdings die beiden andern acht zu 
sein scheinen. — Ngi wird natürlich zu n : spugna , sttgna ; rni 
bleibt : farniay ernia u, s. w., ebenso nsi: ansio, wogegen ssi zu s 
wird : roveseiOj sovescio. — Noch ist ebbro aus ebrio zu nennen, wo 
die Dehnung des b dem r zuzuschreiben ist §. 239. 

240. Vor dem Tone erhalten wir wesentlich verschiedene Re- 
sultate. Si und ti zwischen Vokalen werden zu ^, vgl. pigione, prv- 
gione, magione, cagione, pigiare, rugiada, pertugiare, provigione, 
ragione, stagioney pregiare, daher pregio, indugiare und die altital. 
Bildungen auf -agione = -atione Caix, Orig. 160. Nach Konso- 
nanten dagegen wird ti zu cc : cacciare^ stracciare, impacciare^ 8tw- 
ciare^ gocciare, comindare^ conciare, scorciare, squardare^ doc- 
da/re. Das abweichende dirizzare wäre danach von den stammbetonten 
Formen gehalten, lenzuola von lenza (Bündel Leinwand) beeinflusst. 
— Di wird, wie Canello, Arch. Glptt. in 346 Anm. erkannt hat, 
zvL {'. meriare = mertdiare, metä, ajuta, FHano = Frediano^ 



1) Lonza von lumhea Flechia, Arch. Glott. 11 361 ist danach nicht 
toskanisch. 



§249.250.] Konsonantengruppen im Wortinlaut. 143 

sdrajare == 8-radiare, ebenso ffi : rione ; ndi ergiebt fi : vergognard, 
daher vergogna» Ci ergiebt c: arciane, calciare, orduolo, landare. 
Die Entwicklung der Labialen bietet mehr Schwierigkeit. Piccionej 
approeciare, saccente scheinen cc aus pi—y foggiare, leggiero ^^ aus 
vi— zu erweisen. Daneben stehen nun aber lubbione, ahiaticOy gabli- 
ano. Doch ist nicht zu übersehen , dass das Grundwort zu luhbione 
in Berg, lobie erhalten ist und wohl einst auch im Toskanischen be- 
bestanden hat, und dass abiatico kaum volksthümlich ist. So bleibt 
nur gabbiano, das aber wohl auch als jüngere Ableitung von einem 
verlornen gabbia zu betrachten ist und zwar das um so eher, als für 
^^— aus f?j^ noch der Ortsna^ie Caggiole schwer ins Gewicht Mit. — 
Endlich rj- bleibt: maritwlo, ariuoloj scheruolo [scurioltis) y vgl. 
auch arlia [hariolia), ebenso ni : maniato, daher conto vielleicht von 
coniare gebildet ist. 

260. Es giebt nun eine Reihe verschieden gearteter Ausnahmen. 
Von vengo aus venio, vdlgo aus valeo ist Abstand zu nehmen^ da die 
scheinbar hier zu Tage tretende Verhärtung des { zu g sich nur im 
Verbum findet, also erst in der Konjugationslehre zur Behandlung 
kommen wird. Ob ingojare^ dimojare mit Caix, Studi 365 für in- 
gogliare, demogliare stehen, ist zweifelhaft, jedenfalls sind sie dann 
nicht toskanisch ; wie die Endung in vespertillo, farfalla zu vesper- 
tilioy farfalio oder ramarro zu *ramaritis sich verhält, ist nicht klar, 
ramarro könnte neap. sein, vgl. somarro. Nicht toskanisch sind 
auch die Substantiva auf -aro wie marinaro u. s. w., doch kann auch 
der Plural -aro statt -ajo im Singular hervorgerufen haben, s. § 247, 
dann gaggia, poccia, die wie andere Schifferausdrücke aus dem Ge- 
nuesischen, oder g<i/a , das aus dem Süden stammt , ferner accmga 
zu aq){fri (vgl. Rom. Gramm. I 31) aus dem Sizilianischen,' «atJto 
und saggio aus dem Französischen , s. Gböbeb, Arch. Lat. Lex. Y 
458. Von den endungsbetonten Formen (§ 248) sind pregio u. a., 
vom Plural (§ 247) minugia, indugio beeinflusst. Sfrano aus straino 
(§ 105), siramOj oUo neben oglio, pdlio, solio und vielleicht auch conto 
neben cogno sind Buch Wörter, die weit verbreitet sind, s. Rom. 
Gramm. I 432 und 439. Vielleicht ist auch ghiado halbgelehrt; dass 
das i spurlos verschwunden ist , hat wie bei cfiiesa seinen Grund in 
der Dissimilation gegen das erste {. Am unklarsten ist i^ sxis dij 
das in meiiio, raitüiOy roi&Oj mo&iOj schü&o, pruiia, olei&o, orez&o, 
früio, wenn es mit CANEiiLo, Riv. fil. rom. I 274 Anm. 2, Fibohia, 
Arch. Glott. IV 375 zu frigidi^ gehört, vorliegt. Es handelt sich 
in diesen Wörtern wohl um eine jüngere Entwicklung von di. Aus 
rt^is kann rudius entstanden sein, zu einer Zeit, da radius schon 
rajus lautete, dieses jüngere rfi wurde dann behandelt wie dasjenige 



1 44 Lautlehre. [§ 250. 251 . 

in hardium. Ebenso sind *prud%a, schidia jüngere Wörter, und zu 
mozzo, razzo gesellt sich gavia. Merkwürdig ist' mezzo , doch bleibt 
zu beachten, dass medius auch auf der iberischen Halbinsel in Lehn- 
wortform auftritt. — Auf vulglat, pluja gehtpioffffia zurück, s. Born. 
Gramm. 1 426, vgl. aber pobia Rim. Gen. XXXVII 21, abolog./>fat7a, 
ebenso bei Albertano di Brescia 25 und im Tesoretto. — Gegen die 
Regel der Behandlung von vortonig df verstösst ghiaggiuolo, giaggiu- 
olo auff gladiolus, ohne dass der Grund dafür ersichtlich wäre. — =- 
Pajuolo {lus vulglat. pariolum (vgl. Gböbeb, Arch. lat. lex. IV 429] 
kann noch in Italien ein Grunwort pajo neben, sich gehabt haben, 
vgl. savoy. peTy wie denn auch vaiuolq von vaio beeinflüsst ist. — 
Schliesslich ist noch zu erwähnen, dass in Buchwörtem in älterer Zeit 
fi einfach zu r wird: vitupero, purgatoro bei Boccaccio, memoraAlh. 
Bresc. 30, Cavalc, desidero Bocc, lussura Intell. 18, f;2(^t<ra Albert. 
— Dagegen geht Uaciva schon auf vulgärlateinisch Kxwa statt lixwia 
zurück. 

251. Sehen wir uns nun die Weiterentwicklung der |- Verbin- 
dungen in den Mundarten an, so treten uns da zum Theil sehr weit- 
gehende Abweichungen entgegen. Ganz Italien ausser Sardinien ge- 
mein ist zz bezw. z aus nachtonigem ti. Allein dieses zz kann dann 
entweder zu 88 oder aber zu p und f werden. Eine Stelle für sich 
nimmt das Sardische mit tt aus ti ein. Die altsardischen Statuten 
schreiben üokAi fortha, platha^ ispathare^ daraus heute tt: kantone, 
piatta, palattu, 7ui8truttUj puttu^ tittone u. s. w. im Logudoresischen, 
während das Kampidanesische bei zz, z bleibt^). Man kann im 
Zweifel sein, ob das Logudoresische je bis zu z vorgerückt sei oder 
ob. es nicht eher schon auf der Stufe t den Wandel zu t vorgenommen 
hatte. Aus tukkaru == zucchero ist natürlich nichts zu schliessen, 
eher aus tiliba = 8iliqtia, wo 8 zu z, dann zu t geworden wäre. 
Allein auch darauf ist nicht viel zu geben, da der Wandel von 8 zu. z 
in diesem Worte auch unregelmässig ist. Schliesslich könnte man 
sich darauf berufen, dass €% ebenfalls tt ergiebt , vgl. asard. lanthare, 
fathat, heute atta, erittu, Suff, -attu, 8edattu [stacdo) u. s. w., und 
dass auch hier in Camp, zz vorliegt : azza, sedazzu u. s. w. , s. Hof- 
MAN19' S. 43 f. Allein der gemeinsame Ausgangspunkt für tt und zz aus 
ti und aus ci ist ^, an direkten Übergang von cc zu zz ist gar nicht 
zu denken. So wird man also wohl besser thun, im Logudoresischen 
von ^auszugehen. Vgl. noch Ascoli, Studi critici 11 472, der die 
Sache etwas anders auffasst. 



1) Südsard. pou Brunnen ist katalanisches Lehnwort. 



§ 252. 253. 254] Konsonantengruppen im Wortinlaut.. 145 

262. Vom Sardischen abgesehen finden wir also Überall zz, das 
im Norden zu ss wird. Schon in Pisa und Lucca spricht man ss^ bezw. 
s, wie denn Dante, Vulg. Eloqu. Xin den Pisanern Fiorama, den 
Lucchesen gassara vorwirft, vgl. noch dinonsiari Bandi Lucchesi 17, 
sensa 31, gravesse 38, possi 188, condissione 130 u. s. w. Ähnlich 
im Altpisanischen, wogegen heute in Pisa pezza, piazza unter floren- 
tinischem Drucke gesprochen wird. Dann erscheint ss namentlich in 
Oberitalien und zwar in der westlichen Lombardei einerseits , im Pie- 
montesischen andrerseits, vgl. Biond. 6 und 480. Endlich p gehört 
wieder wie^ aus <5 § 175 den Alpengebieten an, so bringt Ascoli, 
Arch. Glott. I 418 aus dem Follinathal ybr^a , gitcstipia, mapar, 
senpa, S. 428 aus dem Rustik-paduanischen desgrapiä u. s. w. ; der 
Text aus Vico Canavese bei Pap. schreibt cunsolaßo , presenfay pa- 
ßeirfa, prinfipiant , senfa. 

253. Die BehancUung von nachtonig diy gi stimmt im Allge- 
meinen zur Schriftsprache, oder besser gesagt, das daraus im Vul- 
gärlateinischen, entstandene Jf wird behandelt wie anlautend j und 
inlautend g § 176, daher hier nicht weiter darauf einzugehen 
ist. Wohl aber ergiebt €% nicht nur im Norden, wo ö zu. z wird, 
sondern auch im Süden zz. Während also z. B. mail. ^azz {ghiaccio), 
brazZj azal, lüzz u. s. w., Saxvioni, Mail. 244, romg. brazz, ^azZy 
stanze MvssAJ^iJL , Romg. § 202^ nicht weiter auffällig sind, über- 
rascht es einigermaassen , im Sizilianischen Formen zu finden, wie 
brazzUy rizzu, lanza, lazzu, sulazzu, azzaru u. s. w. , s. Schnejbi- 
GA27S S. 90, Formen, die dem ganzen Süden und, wie § 251 bemerkt 
wurde , noch dem Sardischen eigen. Wie weit zz aus €% nördlich 
reiche, bedarf noch der Untersuchung. Dass auch der Südosten folgt, 
zeigt lazzu, lizzu in Lecce. Für die Molise bemerkt d'Ovxdio, Arch. 
Glott. IV 172: et si rifiette quasi costantemente per cc, il che forma 
anzi una notevolissima caratteristica sannitica rispetto alla prossima, 

Puglia, dove domina lo z Vero h perö che il c puö sotteatrare 

allo z di f. ant., come si vede mpacciyay muccfk^, cuoppe [zoppo), 
kekoccaa. Man geht wohl kaum fehl mit der Annahme, dass ursprüng- 
lich auch in der Molise zz gesprochen worden sei und dass dann mit 
dem Eindringen des nördlichen cc auch solche zz zu cc geworden 
seien, die nicht auf ci beruhen. 

254. Auch in der Behandlung von si—, ti— weicht der Süden 
ab. Die ältesten toskanischen Texte schreiben cascione u. s. w., so 
der Libro dei Banchieri Fiorentini. Vgl. Caix, Orig. 161 : »Nel tosr_ 
cano la pronuncia dov6 in origine presentare differenze o gradazioni a 
giudicare dalle differenti grafle che prevalgono nei varii luoghi; nel 
dominio fiorentino e nel pisano-lucchese h generale fin da principio 1& 

Meyer- L übke, Ital. Grammatik. 10 



146 Lautlehre.. [§254.255. 

notazione zi] nel pistoiese e nell'aretino-senese zi h raro, «e invece si 
alternano le notazioni sij sei, szi^i .»,.... L'identificazione del suono 
resnltante da ti e da si con quello del ^ d& y, dy o d& ff latino , pare 
essersi compiuta prima nel toscano occidentale, e di lä essersi estesa 
all* Orientale, tal chä nel secolo seguente troviamo il zi da ti in pieno 
U80 neue Croniche Perugine.ff Vgl. noch senesische Beispiele für sc 
bei HrascH, Zs. IX 559. Kistoro d'Arezzo schreibt si und sei: stasione 
5® 30, rasio 5* 27, casione 9® 25, u. s. w. neben cascione 2^ 29, 6* 6, 
stascume 6* 25 ; vgl. noch ascevolmente 2* 27, und für si=s: usira 
37* 2; coriosiare 42' 32, nctsiare 45^ 77 u. s. w. Während also 
Perugia, wie auch die heutige Form des Namens statt des alten Pe- 
ruscia zeigt, der toskanischen Strömung folgt, ist dagegen weiter 
südlich der tonlose Laut überall geblieben. Aus dem Schwanken im 
Toskanischen wird es sich erklären, dass wir noch hevXe^ciliegia, 
cinigiay bragia, ragia neben ccuno § 247 haben. In Lecce tritt dann 
reines s ein : cisu, kasu, kerasu, masune, fasulu, während das sizilia- 
niscbe c bewahrt: kacuni, kamica, faJbanu u. s. w. Das Sardische 
endlich zeigt s\ hasu^fasolu, presone, masone u. s. w. Die nord- 
italienischen Mundarten, denen ^ abgeht, kennen für 8% tir- tönendes 
f , das in den alten Texten oft x geschrieben wird, vielleicht im Mittel- 
alter auch noch palatal war, heute aber rein dental geworden ist, vgl. 
demandaxon Bonvesin B. 436, agen. raxon, saxon u. s. w. Arch. 
Glott. X 150. 

266. Am meisten Abweichungen vom toskanischen Brauche 
zeigt die Entwicklung der Labialen vor i. Im Süden sowohl wie im 
Norden wirkt das i auf J9 und b ebenso assimilirend, wie auf die andern 
Laute, daher dann pi über pc zu cc) f)% über v^ zu ^^ oder über vy zu 
yy, endlich mi über mn zu ü wird. Das sacca-j £a^o-Gebiet umfasst 
ausser Sizilien den ganzen Süden bis an den Ombrone und bis ins 
Aretinische hinein. So also siz. acca^ sicca^ saccu, ra^^a, ga§§a, 
kan^ariy dagegen in Noto raggya, (^ggy^^), vinnifiari\ lecc. accu^ 
secca und der Ortsname Lecce aus I/ypiae^ xc^ja, iiHa, endiüa 
{vendemmia) ; in Campobasso saccf, secSa^ aber rayaj vellefia, Hfia, 
kaüd [cambiare)\ Teramo: raye^ vennefi^j kafie u. s.w. Gerade 
kano findet sich noch im römisch -umbrischen Gebiete in Rieti neben 
kammiu in Arcidosso. — Dieselbe geringe Widerstandsfähigkeit der 
Labialen gegen { zeigt nun auch das Genuesische, vgl. iöjja {jovia), 
gaggia, ra§§a^ kan§a^ karu^^u^ lü^§a^ vendefla, s. Ascoli, Arch. 

1) SCHNEEOANS S. 78 hält y für die reguläre Entwicklimg, da haheo 
zu ayu wird, imd bezeichnet raggia als ein » sizilianisirtes italienisches 
Wort« S. 79. Kaum mit Recht, denn ayu geht auf vulglat. hayo zurück, 
und ggi entpricht völlig dem Hi aus pi. 



§ -255. 256. 257.] Konsonantengrappen im Wortinlaut. ] 47 

Glott. II 121 und ebenso die Mesolcina, vgl. § 190 und Arcli. Glott. 
IX 209, wo rah^Gj sah ja, lob ja belegt sind. Die übrigen norditalie- 
niscben Mundarten dagegen stellen sich zumToskaniscben. — Schliesr*- 
lieh ist noch die Behandlung von sekundärem m% im Emilianischen zu 
berühren. Es entsteht mni: mant. müollo = mi^d^Ua^ imol. mfiule 
= miatdare^ parm. rumüar = rumi{g)fMrey und daraus weiter n : 
com. nolo^ ähnlich tosk. gnaolare^ gnaff& = miaf6. Vgl. Mussafia^ 
Beitrag 101 Anm. 

266. Während ausser im Sardischen ni überall als fi bleibt, ist 
dagegen f vielfachen Umgestaltungen unterworfen. Zunächst mag aber 
das Sardische betrachtet werden , da es in der Behandlung von 1% r% 
ni eine besondere Stellung einnimmt. Es wird nämlich im Logudore- 
sischen das { im y^ worauf / schwindet, während r, n bleiben, 
dann wandelt sich y zwischen Vokalen wie nach r, n zu z. Das Cam- 
pidaiiesische dagegen lässtrt/^i zu rj^ nj werden, assimilirt da- 
gegen l{ zu IL Die ältesten sardischen Texte bieten noch^b^, muyere, 
dann erscheint die Schreibung g%\fig%os bei AroUa A. 1582, seit dem 
1 7. Jahrh. aber ausschliesslich z. So haben wir also aiu^ ktisu^^ foiu^ 
oiiUj btniia^ kun&are^ kalkan&u, bennati^Uj koriiu, -ioriu u. s. w., im 
Campid. aber cälUy ailu, ollu^ mulleri, ßlonju, karkanju, binja, 
jennarjUj kroiu {ctwio)^ aquadroiu u. s. w. 

257. Davon abgesehen kennt, t zwei Weiterentwicklungen : zu 
gg{ und zu y, welch' letzteres dann noch weiter zu j werden kann. 
Di6 Form ^^y ist wieder süditalienisch ^ namentlich sizilianisch. Die 
altsizUianischen Texte bleiben noch bei T, vgl. Pasisexle 27 und 
ScHNEEGANS 134, WO orgogltu, tmigleri, famigla, megluj ogluvL.s^vr, 
angeführt werden. Diese älteste Form hat sich mundartlich noch 
heute gehalten im Innern der Insel, in Girgenti, Caltanisetta und dem 
angrenzenden Theile von Palermo.. Westlich d^egen in Ribera, 
Sciacca, Raffadali, Salaparuta, Corleone tritt ggi auf, ebenso im Norden 
in Polizzi Genero^a, Caltavuturo, Montemaggiore , Castelbuono. An 
der Nordgrenze des f- Gebietes erscheint auch II in Alimena^ Geraci 
und Pollina. Die gewöhnliche Form , die auch die sizilianische Lit- 
terärsprache angenommen hat und die namentlich den Küstenmund- 
arten angehört, ist ggi. Nach Sghneegaks ist sie in Texten erst seit 
dem XVI. Jahrh. zu belegen, sie erscheint in einer Storia popolare 
von 1566 : pighianu neben piglianu u. s. w. — Merkwürdig ist die 
Verhärtung zu ki : fikkyu , vikkyu in Linguaglossa und Mistretta. 
Es zeigt nun aber Tin Sizilien noch zwei andere Entwicklungen, einmal 
zu jj zwischen den Monti Iblei, dem Teilaro, dem Maroglio und dem 
Meere. In den Monti Iblei und jenseits derselben herrscht ggi. Man 
darf wohl annehmen, dass jj aus ggi , nicht aus ?, / entstanden ist. 

10* 



148 Lautlehre. [§167.158. 

Endlich ist noch das höchst merkwürdige n aus f in Noto zu nennen : 
jfiüUj maravinariy vonu, menu u. s. w. Vgl. zu diesem Paragraphen 
Schneegans S. 136 — 139. 

258. Das ffi reicht nun auch auf's Festland hinüber. Apulien 
gehört ihm an, natürlich Calabria TJlteriore bis Castrovillari einschliess- 
lich, und die Capitanata ausser S. Giovanni Rotondo, die Terra di 
Bari , die Terra di Otranto ausser Specchia und Aradeo und ein Theil 
der Basilicata. Ein zweites ^^ Gebiet findet sich in der Toskana: 
Arezzo , Castiglion Fiorentino, Cortona und auch ein Theil der Tos- 
kana gehören ihm ^ji^ßggyo gilt als florentini^ch und pisanisch und 
daran schliesst sich Avenza, Fivizzano, Montignoso, Sülano und Vagli- 
Sotto in Massa Carrara. — Sonst kennt auch der Süden t, so Melfi, 
MolitemOy S. Martino di Agri, Senise, Tito, dann die Calabria Cite- 
riore, das Principato Ulteriore ausser Mercogliano, und dann Neapel 
u. s. w. Endlich die Erleichterung zu y erscheint im Süden vereinzelt 
in Aradeo , ist aber das Gewöhnliche im Centrum , also in Abruzzo 
Citeriore ausser Canossa und Villa S. Maria, in Abruzzo Ulteriore I, 
Bom, Assisi, Costacciaro, Norcia, Orvieto, während Cittä di Castello, 
Perugia , Biet! , Spoleto und Todi bei t bleiben, und Ascoli, Temo, 
Camerino, S. Severino, Treja, Macerata, die Provinz Ancona 
ausser Filotrano , Urbino , nicht aber Urbania , woran sich dann das 
Bomagnolische und die norditali^nischen Mundarten schliessen, y 
sprechen. Interessant sind an der Grenze gegen die Toskana die 
umgekehrten Sprechweisen noTa = noj'aj Tele = reie [re) in 
Camaiore (Lucca), kukhialo^ §QTa = cucchiajo , gioja in den pisto- 
jesischen Bergen. Die Reduktion zu { kennen schon die mittelalter- 
lichen Texte des Nordens, vgl. den Reim moglia : noja im Tesoro dei 
Poveri, pigiare = pigliare Bazz. 9. Juni 1397, piare Lett. Bol. 
33, A. 1201, fameia 36, conseia, recoier Rime Genovesi VI, 90, 
toter YL, 98,>ora XE, 13, meiorXLV, 2, canseggi CXXXYI, 91, 
assagio XIV, 639 u. s. w. , vgl. noch Flechia, Arch. Glott. X 149. 
Ebenso Bonvesin : ßjo, vojo^ voja u. s. w. , Mussafia 40 und die 
verschiedenen altvenezianischen und altpiemontesischen Texte, vgl. 
AscoM, Arch. Glott. III, 244, Tobleb, Arch. Glott. X 239, Cato 15, 
RAPAEii S. 14, Wendbinek S. 26 u. s. w. — Was endlich die wei- 
tere Verschiebung yonj zu ^ betrifft , so ist sie also einmal dem Ge- 
nuesischen eigen schon seit alter Zeit , wie die eben angeführten Bei- 
spiele zeigen, und über das Genuesische hinaus erstreckt sie sich noch 
bis Carrara. Sie erscheint aber auch im Osten in Bassano , Lonigo, 
Meledo (Brianza) und im Veronesischen und Venezianischen :^ agi, 
mego, /rßegi in der Veroneser Passion; Ye7i,pa^a,fame^a, marave^a^ 
fo§a^ Pu^a u. s. w. — Es ist nun aber im Norden noch ein Unter- 



§ 258. 259. 260.] Konsonantengnippen im Wortinlaut. 149 

schied zu machen je nach den Vokalen, die dem ? vorangehen , bezw. 
nach der Accentstellung. Mit betontem i verschmilzt das | im Vener- 
zianischen, vghßa^ßola, mior^ im Mailandischen nur vor dem Tone : 
fio, skaviä (seapigliato)^ postidy pavio, mias [migliaccio) u. s. w., 
aber fniya. Das Piemontesische dagegen verhält sich wie das Vene- 
zianische, vgl. fia^ famia, ßöh Das Genuesische aber behandelt t 
nach i wie ^oiiBt : ß^ju u.s. w. — Im Tefesin herrscht rätisches ? vor, 
daneben fehlt aber auch das lombardische ynieht, vgl.SALVioNi^ Arch. 
Glott. IX 210, wo leider genauere Angaben fehlen. — . Noch bleibt 
zu bemerken, dass S. Fratello in der Behandlung der |- Verbindungen 
sich ganz dem Sizüianischen anschliesst. Bei ci^ pi, i|, mi könnte 
die Übereinstimmung schon von jeher bestehen , vgl. S. 7 , es ist 
aber auch ^zu ggi geworden : ßffffij maravoffffiaj muggier u* s. w., 
was keineswegs in den ursprünglichen Neigungen des Dialekts be- 
gründet ist. Auch Nicosia und Piazza Armerina zeigen in diesem 
Punkte die Sizilianisirung. 

259. Endlich bleibt noch ri übrig. Die Unterdrückung des r 
scheint kaum über die Toskana hinauszureichen. Das j schwindet 
dann im florentinischen nach e und i, vgl. gomea , macia , in Cittä 
di Castello auch nach andern Vokalen, vgl. -eo = -a;*o, paolo=pa- 

Juolo und bei anders entstandenem/: autare^=^ajutare. Im Übrigen 
gilt als Regel für den Süden , dass das { schwindet , daher '•arit$s, 
^aria zu -aro, -ara, corium zu koru, kueru wird, während im Norden 
vielmehr Epenthese des i statt hat, worauf -airUj -aira sich zu ^eru, 
^era wandelt. So findet sich -er, -era im Venezianischen , Lombar- 
dischen und Piemontesisch- Genuesischen als regulärer Vertreter des 
toskanischen -ajo. 

260. Wie das vulgärlateinische Hiatus -t, so kann nun auch 
das auslautende -4 , das auf lateinisch -i beruht , die vorhergehenden 
Konsonanten palatalisiren. Einen Anfang dazu haben wir schon § 1 1 
gesehen. Es findet nun eine weitergehende Infektion des Schluss- 
konsonanten durch i namentlich im Lombardischen statt. Die Unter- 
suchung hierüber wird wesentlich erschwert dadurch , dass die dabei 
in Betracht kommenden Wörter stets Nebenformen haben , in denen 
der reine Konsonant erscheint, von welchen aus dann eine erhaltende 
oder rekonstruirende Wirkung auf die e- Formen ausgehen kann. So 
finden wir im Altmail, bei Bonvesin dingt als Plural von dent, ebenso 
fängt f tangi, ttyi, grangi] auch vengi (venti) , dann 1. Sg. Perf. 
pagi, stigi, crigi u. s. w., heute aber nur noch tanc, fanc, denc, 
tücc, qtcanc, Salvioni, Mail.S. 131. Es ist also im Altmailändischen 
'tt zu et geworden. Femer haben wir f und dann % aus -Zi : kaf)a% 
anima% müi, söi, bi [belli), fradi u.s, w.; afl,pafi, aberpopolu.s.vr. 



150 Lauüehre. [§ 200. 261. 

Damit sclieinen die Beispiele im Mailändischen erschöpft zu sein. — 
Etwas mehr bieten die tessiner Mundarten. X/t , lli wird stets zu -i : 
fradei auch da, wo das alte l\ nur bis X vorschreitet. Es ist mit 
andern Worten das t mächtiger als das \ und dies erklärt sich ohne 
Schwierigkeit daraus, dass eben % vollvokalisch ist. Aus ßlius ent- 
steht ßHu, ßli-Uj ßXu, aus tali dagegen taljiy dann taji, tai^). 
Ebenso wird m zu t : mai^ Flur, zu man^ pai^ pi (pteni) , hui [buoni] 
u. s. w.^ Tgl. Arch. Glott. IX 210, 212, 255. Dagegen scheinen die 
Dentalen l^er fester. Es gehört nun i bezw. ^ aus -li dem ganzen 
Osten bis Padua und Verona an, vgl. kavaggi^ fradieggi bei 
Ruzante, igt, fratigi in der Yeroneser Passion. Am lebendigsten 
scheint die Palatalisirung in Bergamo zu sein, wo noch heute die 
Wörter auf n^ /, t ihren Plural auf n, % c bilden/ ygl. daü, pari, aü, 
köreflj Omen, koi (colli}, bai, kai{cavalli), perikoi^ portac u. s.w. — 
Dass auch der Westen, mindestens das Monferrinische , die Erschei- 
nung kennt, geht aus buai = boni, -auü = osi, denc, vice = vidi 
in S. Fratello hervor. — Ob auch mittel- und süditalienische Mund- 
arten verwandte Erscheinungen aufweisen, ist mir nicht bekannt. — 
Es mögen sich hier nocli die sekundären Palatalisirungen anschliessend 
wie sie vorliegen in aretinisch qtiesKe s= questi , frukke , • quarke, 
cerkcj guarga [guardia), vgl. noch § 1 10, oder in montal. mankenere, 
volenkere u. s. w. 

261 . Stossen mehr als zwei Konsonanten in Folge von Synkope 
oder von Neubildung zusammen , so fällt der mittlere meist. Eine 
Stelle für sich nehmen die Verbindungen nct und xt ein. Jene ist 
schon im Vulgärlateinischen zu nt geworden, diese zu st. Während 
nun dieses st behandelt wird, wie jedes andere, vgl. destro^ sestOj 
auch busta, entsteht aus nt da, wo et zu tt wird, ebenfalls einfach nt^ 
auf dem A^-Gebiete (§ 221) dagegen ikt!, woraus nun entweder int 
oder nc. So haben wir also Santo, unto, tintore, pinto, vinto u. s. w. 
Für M vgl. agen. sainto, zuinta, pointo, cointo Arch. Glott. X 155 
und mail. ponca, onc, pincord] tencüra, tencö, strenc u. a. Salviomi 
Mail. 235 f. — Über str s. § 240. 

262. Sonst bietet das Tpskanische wenig Beispiele. In scarso 



1) Anders Salvioni, Arch. Glott. IX 211 Anm. : alt, aili, aiH, worauf 
zwischen den beiden % das / unterdrückt wird. Kaum mit Recht. Es ist 
die tessinische Erscheinung nicht zu trennen von der lombardischen. Auch 
in (T aus ti gegenüber iz aus H liegt eine stärkere Wirkung des -t auf t 
vor, eine Verschiebung des t nach % hin, während bei z vielmehr eine 
Vermittlung zwischen i und % vorliegt; -ac wird aber Niemand aus ait% 
deuten wollen. Auch die Formen auf -ain, die S. beibringt, beweisen nicht 
fOr ihn, da nach seiner Theorie vielmehr -aini vorkommen müsste. 






261, 262. 263. 264.] Die Doppelkonsonanten. 151 

aus excarpms ist ps nach, r behandelt wie zwischen Vokalen , ebenso 
pt in acaltrire aus scalpturire. aS" zwischen n und g fällt : tranffhi^t- 
tirCj trangolare, tranguffiare, t zwischen 8 und m : biasmare aus 
\alglat. blastimare, asma aus asthma. Von mundartlichen Belegen 
für den Ausfall des mittlem von drei Konsonanten mag erwähnt 
werden bologn. arsui aus armsui = remasuglie , romg. pargir = 
periicarius, peingtdar = pendtctdare y ifios = disdegnosoy zran- 
cinar = *disgranchionare u. s. w. Flechia, Arch. Glott. II 12, 
MussAFiA, Romg. § 116. Ein interessantes Beispiel bringt Salyioni, 
Arch. Glott. IX 205 aus dem Tessinischen, züen aus geminianae. 

6. Die Doppelkonsonanten. 

268. Die lateinischen Doppelkonsonanten bleiben als gedehnte 
Konsonanten im Italienischen bestehen. Vgl. gotta, ghiotto, gotto, 
mettere, matta, lettera, saetta, hattere^fotte^ quattroypoppa^ coppa, 
stoppa, lappa, stroppo, ceppo, bocca, vacca, sacco, becco, pecca, 
ßoccöy maccoloj secco, ecco, gobbo, anno, panno, penna, conno, 
nannoy strenna, vanni, carro, correre, ferro, terra, serra, iorre, 
zavorra, ella, quello, Stella y pelle, bello, -^llo, sella, mille, väla, 
midolla, bidolla, cipolla, satollo, pollo, nullo, grillo, cavallo, folUy 
collo, colle, molle, valle , -asse, -esse, ^üse, basso, grasso, grosso, 
fossa, osso, passoj messo, fesso, spesso, passere, rosso, ßammüf 
gemma, mamma. Auch tutto ist hier zu nennen, da schon im Vulgär- 
lateinischen tottiM neben tott4S sich nachweisen lässt. 

264. Auch die Mundarten weichen nur unwesentlich ab. Am 
Nordabhang des Appeninenkammes und schon im Aretinischen werden 
alle gedehnten Konsonanten gekürzt, man spricht also gota, metere 
U.S.W. Diese Kürzung ist aber erst eingetreten, als die alten f 
schon zu d vorgerückt waren, daher dann die neuen unverändert 
bleiben. Von etwelcher Wichtigkeit ist nur der dem ganzen Süden 
eigene Wandel von II zu d^» Was die Artikulation des 4d betrifft, 
so scheint sie in manchen Gegenden von der des dd wenig ver- 
schieden. Vgl. Schneegans S. 130. J»Die verschiedenen Beobach- 
tungen laufen darauf hinaus, dass dd ^e nach der Mundart wechselt, 
oft sogar zwischen dd und dd kein Unterschied gemacht wird^ In 
Borgetto wird , , , . dd gesprochen .... Auch in Messina sprechen 
einige Leute dd statt dd, aber diese Aussprache ist nicht die gewöhn- 
liche. Anderwärts scheint der Laut vielmehr dr\ Soviel ich sehe, 
wird 44 gesprochen an der Küste der Provinz Palermo, Messina, 
Catania und in dem grössten Theil der Provinz Caltanisetta. Das- 
schon palatal klingende ddr im Westen der Insel , von Castellamare 



152 Lautlehre. [§ 264. 265. 266. 

an, findet sich in Trapani, Marsala, Sciacca ; dann in einigen Ortschaf- 
ten der Provinz Catania, in Caltagirone und Troina. . . . Eine genau- 
ere Abgrenzung dieser Laute ist nicht möglich, da sie zu leicht in ein- 
ander übergehen. Wir fanden auch in Messina den palatalen Laut neben 
dem cerebralen« S. 134. Auch die Texte bei Pap. schwanken zwischen 
dd\xnd 4^, es mag daher genügen, die Grenzen von dd gegen 7/ anzu- 
geben, ohne auf die verschiedenen Spielarten des ersten Lautes näher 
einzugehen. Einmal folgt hier Sizilien nicht nur Sardinien, sondern 
auch Corsica, das sich in dieser merkwürdigen Erscheinung also zum 
Süden stellt, sodann hat dd auch die Monferriner in Sizilien ergriffen, 
wie schon S. 7 gesagt ist; andrerseits freilich ist II westlich Von 
Etna geblieben, Sghneegaks S. 132. Gehen wir aufs Festland über, 
so reicht dd zunächst bis Castro villari, ohne jedoch Bovalino, Nicastro 
und S. Pietro Apostolo zu ergreifen, umfasst dann Apulien ausser 
Oalatone, die Terra di Bari, die Basilicata ausser Melfi, die Capitanata 
ausser Foggia und Lucera di Puglia , wogegen im Principato Citeriore 
nur II vorkommt , im Principato Ulteriore, Mercogliano und Avellino 
Uy Ariano, Montecalvo und Sturno rr (aus dd, drf), Bagnoli, Ca- 
litri, Montella dd, in Benevento, Baselice dd, Morcone rr sprechen. 
Der nördlichste Punkt für dd ist wohl Canossa Sannita. Vereinzelt 
kommt nn vor in Palmi (Calabria Ulteriore I) : nna = lä, innu, quirma 
u. s. w. , ebenso in Noto nach Schneegans S; 131. Femer y in 
Tropea (Calabria Ulteriore 11) : iya, nuya, heya u. s. w. 

265. Von andern abweichenden Erscheinungen ist zu erwähnen, 
dass im Kalabresiscben n -j- Kons, an Stelle der Doppelkonsonanz 
tritt in menzu = mezzo , mentiri = mettere , sunkurriri = soccor- 
rere, yimbu = gibbus, landa = laita. Es könnte freilich in den 
zwei ersten Beispielen der Nasal des Anlautes mit im Spiele sei, da 
in manchen andern Fällen die gedehnten Konsonanten bleiben , vgl. 
ffattUj sikkUj oder gekürzt werden: matinu, katarratu, — Dann ist 
hier noch das lomb. püccana = puttana zu besprechen, in welchem 
tt behandelt ist, wie et. Diese unregelmässige Entwicklung lässt sich 
auf zwei Weisen deuten. Entweder nämlich ist das Wort entlehnt aus 
einer Mundart, die dem lombardischen cc mit t entspricht, worauf 
Lautumsetzung stattgefunden hat nach dem Muster von tosk. (isciutto 
oder piem. cissüt = lomb. süccy oder aber püttana ist in Folge einer 
Scheu, das nicht salonfähige Wort in seiner richtigen Form auszu- 
sprechen, gewaltsam verunstaltet worden. 

266. Vor dem Tone zeigen die gedehnten Konsonanten eine 
Neigung , verkürzt zu Werden , worauf Flechia , Arch. Glott. IE 343 
zuerst hingewiesen hat, vgl. puledro, caratello zu carro, presacchia 
7M pressoj vanellOj canocchia, bulicare, mucÜaggine^ balestra ^ fa- 



§ 266. 267.] Die Doppelkonsonanten. 153 

loppa zufallo^ colui neben quello, favolassa zu *favilla {fallwa), 
catella, nach Caix, Studi 259 zu caput, saraeca eb. 449 zu serra. 
Allein daneben kommen auch zahlreiche Fälle von gedehnten KonBO- 
nanten vor dem Tone vor^ so dass die Ratio für die Vereinfachung 
noch gefunden werden muss. 

267. Es ist überhaupt die Geschichte der Konsonantendehnungen 
sehr verwickelt, zum Theil wohl darum, weil die Orthographie gerade 
hierin selten sorgfältig und nicht ohne eine gewisse Willkür geregelt 
ist, so dass eine genaue Darstellung der gegenwärtigen Verhältnisse 
von einem Eingeborenen sehr erwünscht wäre. Erst seit Salviati ist 
fumo [Jiimtes) die einzige Form der Schriftsprache, während man vor 
seiner Zeit ebenso oii fummo geschrieben hat, vgl. z. B. Sacchetti 41. 
Wenn wir, so weit es möglich ist, uns über die Quellen der italieni- 
schen gedehnten Konsonanten Rechenschaft geben wollen , so finden 
wir, dass sie einmal entsprechen den lateinischen gedehnten, s. §261. 
Sodann sind sie das Ergebniss. der Assimilation zweier Verschlusslaute: 
fatto^ sette , freddo ^ § 220, oder zweier Sonanten : Itdla, donna^ 
vorrd , varrd, § 239, seltener eines Verschluss- und eines Reibe- 
lautes : dozzina. Stets gedehnt ist ^^ in Erbwörtem : leggere^ raggio 
u. s. w., mit einziger Ausnahme des Verbums arogere. Sodann werden 
die Labialen vor i gedehnt: appiOy labbia, scimmia § 247, 
nachtoniges ti: vezzo , €%: laccio , acciale, braccio § 247. Dann 
sämmtliche Konsonanten vor aus l entstandenem { : vecchioj mugghia, 
cappioyßbbia § 241 , endlich b vor r : ebbro § 239 und vor l in dem 
dem Französischen entlehnten obblio; vor ^: battere , acqua u. s. w. 
§ 246. Dazu kommen nun aber noch eine Reihe andrer Gesetze. 
Nach kurzen betonten Vokalen tritt Dehnung ein, daher dämmt, 
dimmi, amollo ; kurz ist nun auch der Vokal in oxytonirten Fremd- 
wörtern, daher Davidde , farabutto aus ^^^.n. fardute. Hierher ge- 
hört sciocco aus Sxmcus, woraus nach vulgärlateinischem Betopüngs- 
gesetze ' exs4ct6S § 152. So scheint es, dass später aufgenommene 
Buchwörter dehnen: cetto, brutto, mecco, orbacca^) , birra. 
— Femer werden mit Vorliebe gedehnt die dem Tonvokal fol- 
genden Konsonanten in Proparoxytonis :y!?mmt7}a, macchinaf dbbaco, 
petroselUno, commodo, collera, bubbola, pittima, legütimo, attimo. 
Aber schon hier begegnen bedeutende Schwierigkeiten. Einmal steht 
die Dehnung in bubbola in merkwürdigem Gegensatz zu der § 212 
aufgestellten Regel von der Erweichung der Tenues in Proparoxytonis. 
Es könnte nun auch bubbola aus buvola durch Assimilation ent- 



1) Die gute lateinische Schreibung ist haca, s. Gböbeb, Arch. lat* 
lex. I 247. 



1 54 Lautlehre. [§ 267. 

standen , das b aber gedehnt worden sein , weil das Italienische in 
Erbwörtem intervokalisches, einfaches b gar nicht kennt; ähnlich ist 
einfaches k zwischen Vokalen unerhört, daher das Buchwort macchina 
sein k dehnt. Sodann aber stehen neben commodo , femmxna eine 
ganze Reihe andrer Fälle, wie amtdo , uomtni, temolo u. s. w., die 
kurzen Konsonanten behalten. Gerne tritt Dehnung ein nach dem 
Nebenaccent (§ 157] : pellegrino^ tollerarej cammtnare, accademia, 
cioccolattej seppeüire^ scellerato, strattagemma, appostolico, Alle- 
magnuy allimbicco, avvoltojo^ babbiloniaj Catterina, coccodrälo, 
coccoveggia, commestibile j effemeride^ faccellina^ fummostemo^ 
pallafreno^ mattematico y Niccold, pelHeano, Haffaele, suppel- 
lettile, tittimaUo u. s. w. Wörter, die mit ad^ subj seltener 
mit tn, con zusammengesetzt sind, assimiliren den Auslaut des Prä- 
fixes dem konsonantischen Anlaut des einfachen Wortes : acoo- 
derCy sollevare, corrispandere. In Folge dessen wird überhaupt 
der Anlaut nach a, co, so verdoppelt, auch in Fällen, wo keine Zu- 
sammensetzung vorliegt, vgl. allodola, allegro, alhro, ctccidia, acco- 
litOy aUume, commedia, immagtney ommettere, correggiay aoddis- 
farCy sofßsticOy rettorica, suggello, sollazzo, rettoricay provvedere, 
proccurare Purg. XXII 72-. Allein auch ausserdem giebt es noch 
viele Beispiele, die der Erklärung warten. In leggo mag leggt, leggere 
von Einfluss gewesen sein, hei pennecchio kann man an penna denken, 
bei bottega an botte, bei hcceto an lecdo (üiceum), bei mammone, 
einem orientalischen Wort, an mamma u. s. w. Schwieriger sind 
seppellire Bocc, meccanicay ippocritOy effimeroy bellico (vgl. tarent. 
m44iku)y graffito, tnellone, tappeto, txissojo, cammellOy dammaseo 
(aher amo8cino]j mannocchia u. a. Mit wenigen Ausnahmen sind es 
Wörter, die erst später in die Sprache aufgenommen worden sind und 
bei denen deshalb Schwanken in der Aussprache möglich war. Ein 
dettaglio aus frz. detail oder ein ginnetto aus span. ginete kann sein 
tt bezw. nn einer von der italienischen abweichenden, intensivem 
Artikulation des französischen t, bezw. spanischen n verdanken. Die 
grosse Masse der Wörter, die den Konsonant der anlautenden Silbe in 
Folge wirklicher oder scheinbarer Zusammensetzung dehnen, kann 
eine Neigung zur intensiven Artikulation dieses Konsonanten aus- 
bilden, eine Neigung, die natürlich bei Fremdwörtern eher und rascher 
zur Geltung kommt, als beim übererbten Sprachschatz. — In Fällen wie 
stradiotto oder gcdeotto Sardo 196, cammello liegt natürlich Suffix- 
vertauschung vor. -!- Vgl. über diesen schwierigen Punkt d'Ovidio, 
Delle voci italiane, che raddoppiano una consonante prima della vocale 
accentata Rom. VI 199 — 211; H. Schuchabdt, Le redoublement 
des consonnes en Italien dans les syllabes protoniques Rom. VI 593 



§ 267. 268. 269.] Die Doppelkonsonanten. 155 

bis 594. C. DE LoLLis, Dei raddoppiamenti postonici, Studi di filol. 
Komanza I 407^424, s. auch B. Bianchi, Prep. A 367. 

268. Aus den Mundarten dürfte kaum etwas nachzutragen sein. 
Über ganz ' Oberitalien findet man vita, vitta, in Bergamo gemäss 
§ 90 vetta, auch das Bätische und das Provenzalische und Altfran- 
zösische kennen die Form. Man wird es mit einem halbgelehrten 
Worte zu thun haben; man bedenke, wie oft vita in der Kirchen- 
sprache vorkommen musste,. Dann aber ist eine, mir allerdings nicht 
völlig klare Erscheinung im Mailändischen zu nennen, über die sich 
Salyioni^ Mail. 156 f. im Anschluss an Rajna folgendermaassen 
äussert : Ogni tenue o nasale e talvolta anche una liquida , raramente 
una media, assume immediatamente dopo la vocale accentata in parola 
parossitona o 'primitivamente tale un suono che Talfabeto italiano 
non ci permette di ben rappresentare n^ con un' n sola (il raggiona- 
mento puö valere per tutte le consonanti che si trovano nelle condi- 
zioni di cui sopra) n^ con due, sebbene in mancanza di meglio , si sia 
pur costretti ad adottare Tuno o l'altro partito. •-. L' ^ di questi casi 
h vibrato come la doppia toscana, ma piü breve e compatta; chh in 
vece di ripartire le sue articolazioni tra la vocale antecedente e la 
seguente, le appoggia per intera alla seguente, quasi fosse scritto bo- 
nna, E nella stessa posizione suonano analogamente per ragioni ana- 
logi , anche altre consonanti : inse-mmay üe-kka, e-kko, Euro-ppa^ 
pre-tta, La vocale che precede questa consonante ä sempre bre- 
vissima«. 

269. Aus dem Süden, wo gedehnte Konsonanten sehr beliebt 
sind, wäre mehr nachzutragen. Ich sehe davon ab, dass da, wo inter- 
vokalisches b zmv, d zjjtd, r wird (§ 202), in der Schriftsprache ent- 
nommenen Wörtern b ela bb^ d als dd gesprochen wird. In campob. 
pemmarole, mammurat^^ in lecc. racimmulu^ Senneru (gener o), 
ommeku, pummece ^ kukummere, tummerUy kammara, ammaru 
{ffambero)y ommere^ßmmenaj taraiuffulUy omminij tarent. cenneriy 
campob. stmm^la, pinnula^ mikkula^ Vommqre sind schon aus dem 
Toskanischen bekannte Gesetze weiter durchgeführt. Aber auch der 
dem Tonvokal unmittelbar vorangehende Konsonant in Wörtern, die auf 
der zweiten Silbe betont sind , erfährt sehr oft Dehnung , nicht nur 
z. B. in lecc. trappita, neap. trappitf, alatr. trappite , das als grie- 
chisches Wort eine Stelle für sich einnimmt, vgl. tappeto , sondern 
auch z. B. lecc. eddanza = bUhnctay wo II alt sein muss, arrofaluy 
kammisaj campob. mellikul^j tremmoya', ammorq. Im Neapolita- 
nischen wird das m im Suffix -ammay -umma = -ame^ -ume stets 
verdoppelt, vgl. auch nsammend = examinare. Die Regel von der 
Verdoppelung des Nachtonkonsonanten führt das Aretinische streng 



1 56 Lautlehre. [§ 269. 270. 27 1 . 

durch, Tgl. strolloffo, söllotoj ärmama, ännetra, feffffete, kuddena. 
Umgekehrt vereinfacht es vor dem Tone viiel stärker als das Floren- 
tinische: alotte, sulievo, gunelta, kanella, capello u. s. w. 

* 

C« Die Konsonanten im Auslaut« 

270. Schon im Vulgärlateinischen ist auslautendes tn in mehr- 
silbigen Wörtern gefallen, daher ital. amij venda^ amava^ amassi. 
Dagegen bleibt es in einsilbigen : sunt , spem. Das Italienische tilgt 
nun entweder das m : so, oder lässt einen Vokal nachklingen : speme^ 
oder wandelt es in n : son , woraus in Folge einer Anlehnung an die 
andern ersten Personen son-o, spene. Ebenso wird non in selbständiger 
Stellung zu no, im Satzinnem aber bleibt non, Ly r bleiben in ein- 
silbigen Wörtern, nehmen aber ebenfalls einen Vokal an : cuore^ßele, 
mieky sale, fallen in mehrsilbigen : suorUy frate, marmo, cece, bac- 
canOf tribuna aus baccanal, tribunal, wie d'Otidio, Arch. Glott. IV 41 
richtig gesehen hat. Schon vulgärlateinisch ist die Umstellung in 
sempre und qt$attro. Auslautend -8 fällt stets, in einsilbigen Wörtern 
mit Zurücklassung eines i : haij daiy sfai, crai, not, voi, altital. piuiy 
poi, sei ; sonst tempo, ami, ital. mano Plur. u. s. w. Wie s wird x 
behandelt : mai neben ma, welch' letzteres in der Stellung im Satz- 
innern sein i nach § 105 verloren hat, sqi. In ^ geht der «-Klang auf, 
daher re (rex) , tre (tres) . Auslautend t schwindet : ama, vendßy amöj 
auch d = e8t, woraus wohl zunächst es. Auch nt verliert sein tj amant 
wird zu aman , woraus nun entweder ama^ also Zusammenfall der 
3. Plur. mit der 3. Sing., oder amano. Wie sich die beiden Gestal- 
tungen auf die Dialekte vertheilen und wie sich das -o erklärt, wird 
die Konjugation lehren. 

271. Von dieser tiefgehenden Abneigung gegen konsonantischen 
Auslaut weichen nun am meisten die sardischen Mundarten ab , wo, 
im direkten Gegensatz zum FesÜande, alle auslautenden Konsonanten 
bewahrt bleiben ausser natürlich dem m. So haben wir also z. B. im 
Logudo r. tempuSj ka^oSj koronas, amtis, times, amasses, amat, 
timet, ses; ebenso in der 3. Plur. amant \ dann nomen u. s. w. 
Immerhin sind einige Einschränkungen zu machen. Das auslautende 
n fällt oft oder aber es wird durch einen Vokal geschützt: nome 
oder nomene, lume oder lumene. Dann ist femer zu merken, dass, 
wie der konsonantische Auslaut im*Satzinnem in sehr hohem Grade 
vom Auslaute des vorhergehenden Wortes abhängig ist, s. § 184, so 
auch der Wortauslaut sich nach dem Anlaut des folgenden Wortes 
richtet. Vgl. Spano, Ort. Sard. 26: »Quando il t viene in fine di 
parola , e la voce seguente principia in consonante , nel parlare il t 



§ ,27 1 . 272.] Die Konsonanten im Auslaut. 1 57 

si elide per eufonia, v. gr. est bennidu, pr. es bennidu, benit prestu, 
pr. beni prestu, Se principierä in vocale , si converte in d come 
benzat ipse^ pr. benzad ipse, siat tsiadu, pr. siad istadu. Se la voce 
h isolata si fa terniinare dolcemente cambiandolo in d facendosi sentire 
appena con la vocale simile a quella che precede v. gr. siad' in vece 
di siat, hapered' in vece di kaperet, Cosi nel pl. amana in vece di 
amant, fagene in vece di fagent, benini in vece di benint. Questo 
specialmente sentese dalla plebe, ed i colti e gli oratori se ne asten- 
gono pronunciandole col sua giustp valore come stanno scritte. Lo 
stesso osserverai in tutti i nomi terminati in consonanti pronunciate 
isolatamente , p. es pectuSy Volumen, lacrimas etc.« Also nt scheint 
zu n geworden zu sein und die Formen amant mehr der Bücher- 
sprache anzugehören. Im Campidanesischen aber finden wir amanta, 
timintij ßninti: hier ist also thatsäohlich nt erhalten, es hat dann 
aber wieder Nachklang eines Vokals stattgefunden. 

272. Sonst weichen die Mundarten des Centrums und des Südens 
nicht ab. Auslautendes t scheint allerdings erhalten in Senise, Pap. 
116, vgl. ebbiti^ fudditi, minaviti, yeriti (era), suikaviti, dissiti, di- 
citi\ ebenso s : suoffrisi, ßdisi (fai) . Dazu die Note : »I Senesi sogli- 
ono appicicare la pronominale vi o ti alle voci di terza persona 
singolare del preterito perfetto o imperfetto dell' indicativo, e ti e si 
alle voci di terza persona num. singolare del presente deir indicativo.tf 
Daneben kommen aber auch 3. Sg. ohne -ti vor. Die Formen sind 
nicht ohne Schwierigkeit. Es überrascht einigermaassen , mitten in 
einem Gebiete, wo t und s sonst schon früh und spurlo» verschwunden 
sind, eine Insel zu treffen, wo sie geblieben wären. Der Mangel einer 
Übersicht über das ganze Flexionasystem der Mundart gestattet nicht 
zu entscheiden, ob thatsächlich die alten Endungen vorliegen oder ob 
nicht etwa irgend eine Neubildung zufällig die Gestalt einer hohen 
Alterthümlichkeit angenommen habe. — Der Nordosten und der Nord- 
westen Italiens^ das Venezianische und das Piemontesische, zeigen bis 
auf einen gewissen Grad das s bewahrt in der 2. Sg. Die Eonjuga- 
tionslehre wird die einzelnen Beispiele bringen. Wir werden nicht 
irre gehen mit der Annahme, dass das Verstununen des s, das südlich 
d^s Apennins bis in die ersten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung 
hinaufreicht, erst bedeutend später über das Gebirge gedrungen sei 
und dort namentlich einsilbige Wörter nicht mehr ergriffen habe. 
Nicht altes s liegt vor in mail. ses, fonz^ wie Asgoli, Arch. Glott. 
I 265 angenommen hat, sondern ses,\iaX sich an des angelehnt, fonz 
geht zxdfungi zurück, hat also z axLS g nach Salvioni's zutreffender 
Deutung Mail. S. 367. Und maH. pos bei Bonvesin entspricht nicht 
ital. poi, sondern poscia oder genauer *poscio. 



158 Lauüehre. [§ 273. 274. 275. 

278.. Eine Stelle für sich nimmt die Endung re des Infinitifs 
ein. Sie wird nicht nur in einem grossen Theile Oberitaliens nament- 
lich bei "Ore^ -ere^ -ir«, seltner bei ~^re abgeworfen ■, sondern auch 
in manchen südöstlichen Mundarten, während -are als Nominal- 
suffix bleibt. Diese verschiedene Behandlung, die sich auch im Ru- 
mänischen findet, ist einigermaassen überraschend. Ist der unbe- 
stimmte, nur den Verbälbegrifi* ausdrückende Infinitiv eher einer Ver- 
kürzung fähig, als das Nomen ^ bei dem man noch Geschlecht und 
Zahl ausdrücken will? Mit andern Worten, hat der Sprechende schon 
bei amd statt amar oder amare der Deutlichkeit Genüge geleistet, 
wogegen acolä seiner flexivischen Unenentschiedenheit und Viel- 
deutigkeit wegen nicht genügt, sondern nur in voller Form: scolare 
oder Scolari oder scolara, gebraucht wird? Es findet sich der Abfall 
des -re im Süden bis in die Basilicata, im Principato, in Neapel, dann 
in der Molise , in den Abruzzen und im Römischen und XJmbrisch- 
Aretinischen. Die Toskana dagegen bewahrt das volle -re und mit 
ihr Grosseto und Genua. In Ancona und im Emilianischen und 
Romagnolischen schwindet r wieder. Bologna, Reggio, Parma 
bleiben bei -r, Piacenza verliert es , darin der westlichen Lombardei 
folgend. Westlich tilgt das Monferrinische , aber noch nicht S. Fra- 
tello, und das TSirinische re, während in Corio und im Canavese über- 
haupt die vollen Formen vorkommen. — Was die Substantiva auf -er, 
-or betrifft, so verlieren sie r im Mailändischen : nodSj mestS, .mome, 
woneben telar und ähnliche der Schriftsprache entstammen, j^e^^d 
(pescatore), masnöj skricö (scrittore) , testo, sartö, muyS, palpe, 
comä, aber rar, car^per^fior und andere einsilbig« Wörter, ebenso 
poder u. s. w., aber off ende u. s.' w. Vgl. Sa^lvioni, Mail. 188. 

274. Sodann ist besonders interessant die Behandlung von -no, 
Ao in Proparoxytonis im Piemontesisch-mcgiferrinischen. Es fällt 
nämUch der Konsonant nicht, sondern wird zum Sonanten, dann zu 
w, vgl. ^uiiu, pentu, anküi^u, kardu, asu, termu, kerpUy frassu, 
nespu, nimi, serpu {serpolo), garofu, auch mt^'in Setu = Septimu, 
vgl. AsGOLi, Arch. Glott. II 119 Anm. Ebenso in S. Fratello : arfu 
{orfano)y kafu^ iesu {asino)^ pieccu, ^avu; diyevu, vinu [ghindolo), 
nespu y äarbUj amäabu, ptisstbu u. s. w. , vgl. Mobosi, Arch. Glott. 
Vin 415. Aus dem Monferrinischen erwähne ich (i&o (asino) , ebo 
{ebulum)j erbOj dann aber auch preve (prete) y ende [indice] , pore 
[pollice] j wo also der Schlusskonsonant abgeworfen ist , wie n im 
Genuesischen : ankize, a&e, verme, karpe. 

276. Davon abgesehen können wir als allgemeine Regel für das 
ganze oberitalienische Gebiet feststellen, dass tönende, auslautende 
Konsonanten tonlos werden und dass n za n wird oder mit dem be- 



§ 275. 276.] Die Konsonanten im Auslaut. 159 

tonten Vokal znm Nasalvokal Tersclimilzt. Was die letztere Erschei- 
nung betrifft, so können wir die verschiedenen Mittelstufen verfolgen. 
Das Mailändische bietet einfach io, mä, sOj und zwar erhalten wir 
j»una vocale nasale molto piü piena e molto piü lunga che non sia la 
vocale nasalizzata dei francesi. Dal vezzo francese si scosta il mila- 
nese anche in ciö che le vocali nasali e ed o bi assordiscono : fö, pi^i<. 
SiLLTioNi, Mail. 206. In den tessiner Mundarten am Lage Maggiore 
hegegnen dagegen ganz andere Formen. Es richtet sich nämlich der 
Nasal nach dem vorhergehenden Vokal, so zwar^ dass er nach 
palatalem Vokal, auch nach üy palatal ist, nach labialem labial, also 
viüy piüjßüy vesifijfen, ben, sarefiy ten, piefi (piano), greü {grano)y 
man, san, tröfl, nssüfi, aber resom, bom, padram, auch vüm, tröm. 
Dieser Wechsel zwischen ü und m tst nur möglich bei einer sehr 
«ngen Verbindung zwischen Vokal und Nasal. Wir finden nun auch 
h in Vallette : bun, prasun, pien, vih, grah , ebenso in Malesco. Es 
ist aber n mit h nahe verwandt, daher in der Riviera d'Orta brikoü, 
paü, balosson, in der Val Leventina ^ro^, piron, karoü, »Sia an- 
cora aggiunto , che nel Novarese e nella Bassa Valsesia h sempre 
molto gagliarda la nasal gutturale, a qualsiasi vocale essa tenga dietro, 
si che addirittura puö passar nella corrispondente esplosiva, media e 
sonora: paek [pane], baek, vik, snik [asinino), lubbiok, vuk {uno)<L 
SALvioiinc, Arch. Qlott. IX 215. Für die übrigen Gegenden fehlen so 
genaue Angaben. In bemerkenswerthem Unterschied zum Französi- 
schen scheint m zu bleiben, vgl. maü. famm, koramm, nomm, fümm 
u. s. w. Dagegen wird im Romagnolischen auslautend m »selbstver- 
ständlich zu nasalem n^ Mussafia, Romg. § 130: aldan, Ugan, Ion, 
vgl. dazu in älterer Zeit : ugoUfn, perfim , Bazam Bazz. 24 , wo die 
Schreibung m statt n die Gleichwerthigkeit von -n und m beweist. 

276. Was das Eintreten der tonlosen Laute an Stelle der tönen- 
den betrifft , so gestattet leider die Ungenauigkeit der Umschreibung 
nicht immer klsiren Einblick. Am wichtigsten ist der Wandel von -t?, 
primärem «owol wie secundärem, in^, obschon, wie auchSALViONi, 
Mail. 211 ausdrücklich bemerkt, meist v geschrieben wird. Wir haben 
also mail. nöf, nef, lef, gref, raf, Plur. zu rava, sef [sebum), bref, 
lof\ tridof% 246 u. s. w. Im Romagnolischen aberscheint es nach 
hellen Vokalen ganz zu schwinden : pi = pieve, $i = sevo. Anders- 
wo aber wird es im Auslaut halbvokalisch wie im Provenzalischen und 
in einzelnen rätischen Mundarten, vgl. Arch. Glott. IX 214,' tess. 
caWj mow , katiw, bew, aber prü {provt), reiku u. dgl. — Ob 
Gbegokio, Arch. Glott. VIII 312 mit nuav, kräv , ddauv wirklich 
denselben Laut meint wie mit kavai u. s. w., muss dahingestellt 
bleiben. 



1 60 Lautiehre. [§ 277. 278. 

277« Der Übergang des auslautenden l in u, wie er aus dem 
Provenzalischen bekannt ist, findet sich auf italienischem Boden nu^ 
ganz selten. Hegel ist er in S. Fratello, vgl. veu , fiu, piu, mieu 
[miele) , sau (sole und solo)j teau [tale) , yeu [gallo) , beu , kahtieu, 
mureu ; ebenso in Nicosia und Piazza Armerina, vgl. Mobosi^ Arch., 
Glott. VIU 416. Sodann wird in der Val Maggia -ölo zu öw : pinöw, 
kairöWf yöw (haediolus), wohl auch ül zu üWy iw : kiw = culo, wäh- 
rend mül wohl lombardisches Lehnwort ist. Wir haben hier also eine 
ähnliche Beeinflussung des / durch die labialen Vokale, wie wir sie 
§ 275 für n gesehen haben. Nach den andern Vokalen fällt es wie 
im Lombardischen ; in Proparoxytonis , wo ihm wieder u vorhergeht, 
kann man zweifeln, ob es einfach falle^ oder zu u geworden sei, vgl. 
debUy iartifUy mariew (merciavolo), niw (nuvolo). Im Lombardischen 
also fällt -/, vgl. mail. mä, sä, so, qud, azä [acciale), boiu, seti^ 
hart, staffi^ hü, padü, albiö, ßö, vgl. schon bei Bonvesin ce, ma, 
Salvioni, Mail. 173 f., Mussafia , Bonv. § 351. Wenn auch im 
Genuesischen sale zu sa, male zu mä, sole zu su, feie zMfe^ mele 
zu me wird , so handelt es sich hier nicht um Abfall des /, sondern 
des r; die altgenuesischen Texte schreiben mar, sor, fer u. s. w., 
vgl. die Beispiele Arch. Qlott. X 150. Das Piemontesische und das 
Emilianische behalten / : vol, pöl, döl, amsl, afel u. s. w. 

278. Die auslautenden Gutturalen endlich werden in der Val 
Maggia palatalisirt, vgl. seH, saJc, strak, bosic, börh, bianU, ßenJc, 
larg, long, lüyeng. Es fragt sich, wie die Palatalisirung zu deuten 
sei. Man könnte annehmen, dass im Femininum der Adjectiva^ also 
z. B. in seKa, wo das K berechtigt ist, eine Übertragung auf das 
Maskulinum stattgefunden habe, und dass dann in Folge lautlicher 
Analogie auch diejenigen -k^ -g gefolgt wären, denen von Haus aus 
kein k, g zur Seite stand. Doch scheint mir diese Auffassung mit 
Rücksicht auf die § 240 genannten Formen nicht wahrscheinlich. 
Vor allen palatalen Vokalen, zu denen in dieser Gegend auch betontes 
a gehört, wird k zu K, vor allen velaren, denen sich tonloses a hinzu- 
gesellt , bleibt k. Wird k weder durch einen hellen noch durch einen 
dunkeln Vokal bestimmt, steht es also vor r oder im Auslaut, so kann 
es entweder bei k bleiben, oder zu k vorrücken. Da nun aber k bei 
Weitem überwiegt, so tritt die letztere Form ein. Vgl. Zs. X 603. 
Eine Stelle für sich nehmen dig, spag, lag ein, wo vor Eintritt des 
vokalischen Auslautgesetzes g einen spirantischen Ansatz bekommen 
hat, also diyo, woraus dann je nach den Mundarten dig oder diy s. 
§ 203. Durch diese Klasse von Wörtern war das Kontingent von 
Palatalen im Auslaut ganz bedeutend verstärkt worden. 



§ 279. 280. 281.] Lautvertauschungen. 161 

279. Noch bleibt zu bemerken, dass re nach st oft fällt, nicht 
nur in den Pronomina nostro , vosiro, die eine Stelle für sich ein- 
nehmen, sondern auch in capestro, maestro u. s. w. So ist Schwund 
des re in dieser Stellung Regel im Neapolitanischen. 

LantTertanschungen. 

280. Die Erscheinungen, die in diesen Abschnitt zusammen- 
gefasst werden sollen , unterscheiden sich von den bisher betrachteten 
namentlich dadurch, dass ihnen das gesetzmässige , das jenen eignet, 
völlig abgeht. Das erklärt sich daraus , dass sie ihrem Wesen nach 
entweder auf Bequemlichkeitsrücksichten , Versprechungen beruhen, 
oder auf mehr psychologische Motive zurückgehen, namentlich 
darauf, dass sich der Sprechende bei der Aussprache eines Wortes 
eines andern, sinnverwandten erinnert, das er dann mit dem ersten 
vermischt, oder dass er eine ungewöhnliche Lautfolge durch eine nur 
wenig verschiedene, aber oft vorkommende umtauscht. Die verschie- 
denen Fälle zerfallen in Assimilation, Dissimilation, Umstellung von 
Lauten, Zusatz, Abfall von Lauten oder Silben, Wechsel von Lauten. 
Die Assimilation, die in diesem Zusammenhang sich nur auf getrennte, 
nicht auf unmittelbar sich berührende Laute erstreckt , ist entweder 
vorwärts- oder rückwärtswirkend. Sie ist eine vollständige oder eine 
theilweise ; sie trifft die Konsonanten, die einen tonlosen Vokal um- 
geben, selten zwei vom betonten getrennte. Dieselben verschiedenen 
Kategorieen sind bei der Dissimilation zu machen. Die Umstellung 
ist eine einfache : ein Konsonant tritt vom Silbenschluss an den Silben- 
anlaut und umgekehrt oder aus einer Silbe in eine andere; oder aber 
sie ist eine gegenseitige , betrifft also zwei Konsonanten , sei es , was 
das seltenere ist , dass sich diese berühren , sei es , dass sie getrennt 
sind. Zu dem Folgenden ist auf Caix, Studi 177 — 203 hinzuweisen, 
der eine Reihe der hierhergehörigen Erscheinungen behandelt hat und 
dem zum Theil die Beispiele entstammen. 

281. Assimilation: 1. Vollständige rückwärtswirkende: 

a) in tonloser Silbe : pipistrello zu vespertilio , bomberaca , berhena^ 
vulglat. berbice, maninconia, fanfaluca (pompholyx) y ducciare 
{mctiare), aital. ctcilia Tesoretto, Intelligenza , aret. zonzello^ siz. 
neap. kirkare = cercare , siz. zuzzirm =k dozzina , com. remiitä ; 

b) in betonter Silbe: bibbio, zezzo, reccacckio = reffocchio Ciljx, 
Studi 475, siz. canciri = piangere , apad. zozzolo Ruz. zu sozzo, 
tess. cöc statt Koc = coctus , aven. zenza Gloss. B. , tar. cecca = 
sepia, 8or§o = sor^o (sorcio)^ tess. harcela für sarcela Arch. Glott. 
1X214. 2. Vorwärtswirkende vollständige: a) in tonloser Silbe: 

Heye r-Lübke, Ital. Grammatik. 11 



1 62 Lautiehre. [§ 281 . 282. 283. 

8tisina=sucina (aber senes. sücinaj marchig. sücena) Caix, Studi 65, 
Yulgtosk. appipüo = appetUo, pistoj. (iffgingare = offffkindare y 
b) in betonter selten, vgl. etwa gangola aus glandula, — Theilweise 
Assimilation üben namentlich Nasale aus. Ein Nasal wandelt einen 
vorhergehenden Dauerlaut oder Sonanten in den diesem homorganen 
Nasalen, also v-n wird zu m-«, w-/zu m-w, vgl. minire (venire), 
minnetta [Vendetta), minnena (vindemia), die sich über ganz Süd- 
italien erstrecken. Bemerkenswerth ist vinge = venio , aber meni in 
Teramo. Vgl. noch siz. addiminare = indovinare, dann tosk. mina = 
hiüa [hisogna § 301} Mussafll, Beitrag 101 Anm. Dann also mun- 
gere aus mulgere, mail. sminz neben smilz, agen. monto Rime Gen. 
I 26, siz. canamu. Auch sanguinente kann man hierher ziehen. 
Sonst ist etwa noch zu nennen lecc. nemaru aus glomere. Besondere 
Fälle bilden pantano neben palta, parm. anven, crem, nuen aus 
lupino über /t?m, Arch. Glott. 11 325 Anm. 1; lomb. cmtana bxx& 
ältana u. s. w. Auch das in vielen Mundarten vorkommende antro 
aus altro wird seinen Ursprung in der Verbindung unaltro haben. 

282. Auch die Dissimilation tritt bei bestimmten Lauten sehr 
oft, bei andern gar nicht ein. Sie erscheint in tonloser Silbe eher als 
in betonter, daher z. B. in älterer Zeit federe neben ferire steht, ist 
aber trotzdem noch viel weniger an die Tonlosigkeit gebunden als die 
Assimilation. Sie tritt femer nicht nur bei Gleichlaut, sondern auch 
bei Ähnlichkeit zweier Laute, z. B. in der Lautfolge n-m, auf und 
kann sich endlich in der Art äussern , dass der eine der beiden Laute 
unterdrückt wird. 

283. Fast stets wird r-r zu l-r dissimiHrt, vgl. albero, albergo, 
celebro, albatro , pellegrino , das scho^ vulgärlateinisch ist, veltro, 
alcipresso, palafreno, polpore Intell. 27, 29, Malghenda Bocc. 
Dec. 1, 10; mail. spiüri (sprurire), siz. kyuriri, mail. Ungera 
[ringhiera) , tolbor, pelgora [pergula) ; lecc. akularu = agorajo, 
suluri = sorores ; amail. agen. aven. meltrix ist schon vulgärlatei- 
nisch. Nicht weit verbreitet, aber doch alt ist glundariu aus grün- 
darin, romg. §under. 

Seltener r-/: mercoledi, aratolo,corsale, mortaletto, remolare, 
tess. lavordan (ricordarsi) , siz. arvulu (nicht alvuru, da Iv im 
Sizilianischen nicht geduldet wird § 233), ruvulu, rasolu, mail. regold, 
tess. rol {robur). Daneben kommt auch r-d und d-r aus r-r vor: 
rado, porfido, armadio, chiedere,ßedere, proda, contradio ; /-/zu 
r-l: fra^ello, urlare, ceramella aus frz. chalemelle, emil. umbri- 
golo (umbiliclus), calabr. rapiddu (lapillm), riepule, kurifietula, 
kurinucula, Yen. pirola; wen, ^iem, perola; II zu l-r: gen. belltM 
ans bellula, *bellura, campob., abruzz. und oberital. , aven. cur- 



§ 283. 284.] Lautrertausohungen. 163 

tetto] l'l zu n-l\ Yulglat. conttcIuSj ital. conocchiay berg. nodola, 
crem, nappel Flechia., Arch. Glott. 11 325 Anm. 1, bennola aus 
hellulla Arch. Glott. 11 47, tess. voncell = olcell [t^elio) , aven. 
honigolo [umbiKculm) Gloss., lomb. nemissel Mvssjlfik, Beitrag 64, 
mail. navel = lavellum, nivell, kalabr. kurinticula, siz. kal. apul. 
lomb. pinnula = pillola, lomg. /ündsel [foliceUus) , simnella = 
semolella, cremon. henmUay piem. benola\ l-lzud-l: lomb. emil. 
fidelin y fideliti z:u,ßlum, crem, udolä^ ferr. ßdell (ßlello) Flechia, 
Arch. Glott. n 345 f. 

n~n zu r-n: äsen, coruno = conuno Zs. IX. 556. 
«-» zu l-n: veleno, Bologna j gonfalone, Pälestrina zu Prae- 
neste, calorMCo, piem. linsola = mtceola , ninsola (§306), emil. 
limar = ninzar (initiare) Flechia, Arch. Glott. 11 257; campob. 
velleüä = mndemiare^ venefiäy tess. linkor^as =lomb. ninkor^as, 
m-m zu »-m ; vembro , svemhrare , neap. vammana = mam- 
mana. 

m-m zu m-o : mot>ß;»to;)eo. 
g-g zu e^-^' : aneap. dengioa Gloss.; digiuno. 
§-•§ zu y-s : lecc. yöia = giostra. 

d-d zu »-e?: in mail. donzenna = dod-zenna {dodicina). 
dr-d zu l-d : in mail. ahedess = ad-sadess , d. i. adess adess 
nach Saltioni^ Mail. 267. 

p-p zu f-p: ven. emil. yi>^, auch tarent. vurpu aus polypm, 
bol. ßoppa aus poplus, 

i'S zu «-if: Val Vez. «tJ^ = ^e^^o. 

Auch neap. reJcyeppa^ repehya (Falte) wird hierher gehören. Aus 
replica erwartet man gemäss § 188 eigentlich rekyeküy es bleibt aber 
die Sprache auf der Stufe reppyeka stehen , worauf nun verschiedene 
Umstellungen statthaben. — Vgl. noch giglio, gioglio § 167. 

284, Dissimilation bei Ähnlichkeit, nicht bei Gleichheit zweier 
Laute zeigt sich seltener. Vgl. 
w-m zu n-v : novero. 

zu d-m : mail. domd = non mtigis. 
zu ?-m : Girolamo, storhmia [astronomia) Tesor. Wiese, 
Zs. Vn 312, romg. limellaj aven. moUmentu Mvssa- 
FiA, Beitr. 81; siz. luminari, romg. lominer^ mail. lü- 
mind, päd. lome^ lombraj lom^ [non magü), limbri 
= membri Ruz. 
zu r-m : marmocchio, siz. armali. 
m-nzam-l: scanmgliato ^ megliacaj temoloy anemolo, apad. 
melestra, scomulegö bei Ruzante Wendbikeb 303. 
zu t?-w : tar. sbinticare. 

II* 



1 64 LauÜehre. [§ 284. 285. 286. 287 . 

m-b zu n-b: com. norbio Mussafia, Beitr. 82 Anm. 1. 

ff-K zu d^fi : siz. dinokhyu , neap. denokye , vgl. endonocchiato 
Loise de Rosa 43. 

^-Ä zu S'U : tessin. serke [cerco) . 

h~c zu Ä-c: tessin. senca = cincta. 

Auch ptmgno aus poscimum (§ 56) wird hierher gehören. Man 
erwartet puMno, es wird aber von den zwei Palatallauten der eine 
durch den entsprechenden Dentalen ersetzt. 

286, Selten findet Konsonantenausfall zur Dissimilation statt; 
am ehesten noch bei r: arato, propio , frate^ deretano, alt drietOf 
Federico, Certo8a\ kalabr. neap. krivu, rasto u. a. — Dann auch 
upiglio für olpiglio, comignolo für colmignolo, battolare [blatte" 
rare), gomitolo znglonms, veron, gomissell, romg.gmimelln. s. w. 
MussAFiA, Beitrag 64. Intervokalische Konsonanten fallen noch 
seltener; Flechia erklärt mod. beola aus b^ll^la auf diese Weise 
Arch. Glott. II 48, ferner piem. biola^ das ebenfalls bellula zu sein 
scheint. Auch anlautende Konsonanten schwinden zuweilen, damit 
Wiederholung vermieden werde. Avello ist schon § 195 genannt. 
Flechia, Arch. Glott. 11 48 Anm. 2 kennt noch ein ital. arzävola = 
querquedula, bresc. armeli = marmeli [*mimmellinus) . 

286. Bei der Umstellung ist, wie schon gesagt ^ zwischen ein- 
facher und gegenseitiger zu unterscheiden. Bei jener kommt nur / 
und r in Betracht. Noch dazu sind manche Beispiele nicht ganz 
sicher oder lassen wenigstens verschiedene Auffassung zu, so kann 
man chioma aus comula, bieta aus betula, biodo aus budula deuten ; 
es kann aber chioma auch unter § 149 fallen und bieta aus einer Ver- 
schränkung von beta und blitum entstanden sein. Andrerseits lässt 
sich aber nicht leugnen, dass / namentlich im Suffix -ulus eine be- 
stimmte Neigung hat, vom Wortschluss an den Wortanfang zu treten, 
eine Neigung , die dadurch nicht wenig bestärkt wird , dass die Zahl 
der mit Kons. 4" ' anlautenden Wörter eine verhältnissmässig grosse 
ist. So haben wir z. B.^aJa, pioppo, sard. ^oba, emil. copa = 
clopa, ^agu = *clagu aus coagulum^ \en, spleco Prov., südsard. 
sprigUy romg. ctfiube = aßbülare, mod. silta = sagittula Mussafia, 
Beitrag 106 Anm., aber auch sonst: piuvicare := publicare ^ agen. 
pluvicOj siz. kyumpiri, lomg. compi^eLMs complere, maXl, confd, emü. 
§unfi aus conßare^ capd aus capulare. 

287. In sehr starkem Maasse findet sich die Umstellung eines r 
namentlich in tonloser Silbe. Es ist dabei aber zu scheiden , ob das r 
an den Sübenanlaut oder an den Auslaut tritt. Die letztere Erschei- 
nung ist die seltenere, sofern sie nämlich unter dem Tone fast nie 
vorkommt, dafür aber allerdings in vortoniger Silbe in manchen 



{§287.288.289.] Lautvertauschungen. 165 

Gegenden mit fast gesetzmässiger Strenge durchgeführt wird. Ihrem 
Wesen nach besteht sie darin, dass der dem r folgende Vokal im 
Stimmton des r aufgeht, zugleich aber diesem seine Klangfarbe mit- 
theilt, so dass also z. B. ra zu einem ara klingenden Laute wird; 
dann verbindet sich das konsonantische Element des r mit dem Schluss» 
konsonant der Silbe, so dass aus ara schliesslich ar wird. Vgl. dazu 
§ 146. Es kann übrigens r auch sonst vom Silbenschluss zum Silben- 
anlaut treten. 

288. Die Verbindung des r mit dem Anlautskonsonant eines 
Wortes ist eine sehr beliebte und erscheint in einigen Wörtern fast 
in ganz Italien. So ist preta aus petra zwar seit Salviati aus der 
Schriftsprache verbannt^ findet sich aber im Lombardischen , Verone- 
sischen, Paduanischen, Genuesischen, Emilianischen, in Mittelitalien 
und in Sizilien, desgleichen ist catreda oder cadrega die Grundform 
für sard. kadrea, siz. kattrida, lomb. kadrega^ päd. kariega. Dem 
ganzen Süden bis in die Abruzzen hinein und dem Sardinischen eignet 
crapa aus capra, crastare aus castrare. Sonst also haben wir in 
der Schriftsprache strupo, drento, capresto Pulci 7, 11 ; 9, 77, wo 
also stets r ursprünglich am Auslaut der zweiten. Silbe gestanden hat. 
Dagegen in attricarsi aus altercari zeigt sich dieselbe Tendenz mit 
Rücksicht auf ein am Silbenschluss stehendes r. Für beide Erschei- 
nungen bieten die Mundarten zählreiche Belege, vgl. z. B. mail. 
krompd =i comprare , drovd=doi>rar [adoprare), intreg^ apad. 
brespa, descmova, frahica^ prego bei Ruzante Wekdbinbb 31 ; 
agen./ret?e, intrego, crovir, romg. adruve, kruvi,Jrudi [foderare]. 
Oder im Süden frehharu , trumpare ( temporare) , tru = ottobre, 
tronitu = tonitru in Lecce , fr au =fabbro in Sardinien. Oder 

fruto =i furto , fremo im Altgenuesischen, mail. trapo aus tarpÖ 
{talpone)j krof, stranüddj romg. trov<^ [turbidus] , oder campob. tre- 
mendd = tormentare, preffereyä l^perfidiare), preulata, abbreoMj 
kravoun§, t&reiit, frafia = farnia , truvoloj siz. kravunty proiri, 
pretda, sbriunata, trumentu, lecc. preuKtu, trubbu, pormintu (perr- 
metto), sard. krovUj krakai (ealcare)yfrumri, so kro^u aus corium, 
'tro^ aus -toritis im Campidanesischen, vgl. Hofmann S. 117. — 
Man beachte, dass unter den Beispielen der zweiten Kategorie die 
meisten in tonloser Silbe stehen. 

289. Was nun die andere Klasse betrifft , so kennt die Schrift- 
sprache nur wenige ihr angehörige Fälle, vgl. eiYi^formento, farne- 
ticOy formaggio aus isz.fromagei zufällig wieder übereinstimmend 
mit der Grundform, madornale. Um so reicher ist die Ausbeute im 
Norden, so im Mailändisehen , wo Salvioni S. 196 tarlis (triliccto), 
farid (frittata), par = prae, kardenza, startay bringt Und über 



166 Lautlehre. [§ 289. 290. 29J . 292. 

Ruzante bemerkt Wekdbikeb S. 30: »Die Metathese der vortonigen 
Gruppe Kons, -f" ^ + Vok. + Kons, zu Kons. + Vok. +/•-+- Kons, 
begegnet so häufig, dass man sie als constante gesetzmässige Erschei- 
nung auffassen muss. Daneben jedoch findet sich in geringer Aus- 
dehnung die entgegengesetzte Tendenz : Kons. -|- Vok. + r -f* Kons, 
zu Kons. + r -|- Vok. + Kons.« Ebenso wird im Romagnolischen 
ra in tonloser Silbe meist zu ar, ru zu ur, also gardella^ ffarni, 
burnij sbrudakle, gurpon [groppone] u. s. w. Mussapia., Romg. 
§ 179. Auch im Süden fehlt es nicht an Beispielen, N^,fersora aus 
*frixora^ permatiu =primitimis in Lecce. 

290. Damit sind aber die vorkommenden Fälle von Umstellung 
des r noch nicht erschöpft. Besonders oft tritt r vor den Konsonanten, 
dem es ursprünglich nachfolgt : ghiottornia aus ghiottonria , leccor- 
nia, mail. kardega aus kadrega, dervi aus devri (aprire), auch 
romg. arvi, tarent. neap. irmice aus imbrice , tarent. assormar aus 
span. asombrar^ beide zur Vermeidung der ungeläufigen Gruppe wr, 
ebenso wird sich lecc. nirmku aus nivriku = negrico »erklären. 
Regel scheint diese Umstellung im Südsardischen, vgl. mardi [matre], 
nurdiai (nutricare) , perda (petra)^ sorgu, manarva, urdi, marga 
(macla). Ebenso in Crassa (Tessin) : fyerva [fehbre)j arve§a aus 
aure^a [orecchia), fervey [fehbrajo). Dann mag hier auch die Um- 
stellung von {r zu ri in Malesco und Onsemone Erwähnung finden : 
peria a,nspeira, pecora, mariu, ariu, neriu aus magro u. s. w., vgl. 
SajjVIONi, Arch. Glott. IX 225. — Das Umgekehrte zeigt Modica mit 
mavra = marva [mcdva § 233), ovra, evra, avra u. s. w. 

291. Eine Stelle für sich nimmt ar aus r« ein § 146. Ich füge 
noch hinzu rubiglia aus ervilia^ mail. rapegäj päd. rovegä=erpicarey 
campob. rape = aprire, ferrar. rutar = urtar, rtidell zu ora, rud- 
lar = orlare , mod. rumela = armeüa [animella] Arch. Glott. 11 
261. Dagegen liegt in ramolaccio aus armortacum Anlehnung an 
ramo vor. Den umgekehrten Vorgang trefi'en wir in aquil. orbesto = 
rubesto Ant. B. 261, romg. orsmarin, mail. aris = rais. 

292. In den bisherigen Beispielen hat ein Laut seine Stelle ver- 
tauscht. Es kann nun aber auch vorkommen, dass ein Laut, speziell 
r oder /, der in der zweiten Worthälfte steht, schon in der ersten ge- 
sprochen wird, ohne doch in der zweiten dann unterdrückt zu werden, 
vgl.^acco/a, neap. celevrielle ^ röm. travertino, triatro, neap. siz. 
krokkyula = *clochlea nach Flechia, Arch. Glott. II 336, während 
in agen. dragron, retrornar, purgra u. a. Arch. Glott. X 156 wohl 
nur Doppelschreibungen zu sehen sind. Das Verhältuiss dieser Er- 
scheinung zu den eben beleuchteten ist nicht völlig klar. Zwischen 
petra und preta könnte eine Form pretra stehen, aus der dann preta 



§ 292. 293. 294. 295. 296.] Lautvertauschungen. 167 

entstanden wäre, wie aus drietro das alte drieto § 285. Allein auf der 
andern Seite ist es doch fraglich, ob wir für alle die § 286 ff. besproche- 
nen Fälle Mittelstufen mit zwei r annehmen müssen. Es ist denkbar, 
dass unter Umständen allerdings die Mittelform vorkommt, dass aber 
meist die Umstellung direkt vor sich gegangen ist. Man beachte auch, 
dass das neue r stets ziemlich weit von dem alten absteht. 

298. Umstellungen andrer Laute sind selten. Aus vespertilio 
entsteht pipistrelloy s tritt also zu t , nachdem r seinen Platz gewech- 
selt hat. Dem toskanischen pispola, Bezeichnung einer Art Ente, 
steht das emilianische spepla gegenüber. Dann mag noch romg. ka- 
lenza = kaligine genannt werden , das man aber auch schon dem 
folgenden Paragraphen zutheilen kann. Die Ujnstellung des 8 in den 
beiden andern Beispielen wird durch den ganzen Bau der bezüglichen 
Wörter sehr begünstigt oder geradezu bedingt. Vgl. auch scalpitare 
aus calpestare. 

294. Was nun die gegenseitige Umstellung betrifft, so hat sie 
sehr verschiedene Ursachen. Es kann durch die Umstellung ein ge- 
läufiges Suffix erreicht werden, vgl. padule aus pahide, ladroneccioj 
die beide übrigens weit verbreitet und alt sind, s.Rom.Qramm. I, S. 483, 
maU. ledeff aus Uquidus, ^lidicus, sard. pidiffu aus *piffidu zn pixj 
gen. rüdeffu=ruffidu8, sard. abtle aus alibe [ddeps]^ siz. vispiku= 
vescovo, sard. kizina aus kinüa, ital. spagero^ mail. marü = ma- 
turus, siz. asimpikdri = syncopare, tarent. mtikä = sequitare^ 
tosk. strulicare, wenn es zu mhd. struhheln gehört, siz. impatiddire 
aus impallidire , Anlehnung an Verba auf -idd-are = -ellare , in 
impulisari = imbossolare an die Verba auf -isare. Auch coUrice 
aus ctdcita gehört hierher, femer S. Fratell. ddarmiyi = lagrime, 
tosk. mezzangherare aus mazzeranffare. — Ebenso gewinnt man 
durch scilivato aus Uadvato (Cadc^ Studi 540) das privative Suffix 
^c-, in emil. arvsaria = aversaria das Präfix ar. 

295. In andern Fällen haben sich zwei Wörter gemischt. In 
atosk. agen. rimedire Arch. Qlott. VIEL 388 ist redimere an rimedio 
angelehnt, in cendralina aus cilandrina wird cenerentola gewirkt 
haben, in sard. kamctsinu aus magazzinu etwa kamara ; senes. parte- 

fice 8t&tt partecipe ist an artefice, tosk, ßlosamia ans ßsolomta = 
fiaionomia nach § 284 an filosofoj siz. nirikatu aus rinegatu an 
niurUj florent. invidia aus endtvia an invidia , higoncia aus ^Mcon- 
gia an oncia (?) u. s. w. angelehnt. Die beiden Fischnamen sargus 
und pagrüs sind namentlich im Binnenlande oft verwechselt , daher 
tosk, parago nach saragOj umgekehrt gen. sagau nsLGh pagau, 

290. Verunstaltungen von Fremdwörtern, für die ein bestimm- 
ter Grund mir nicht ersichtlich ist, sind 'etwa: tosk. ßsolqfo Albert. 



1 68 Lautlehre. [§ 296. 297. 298. 299. 

Brescia 38, 41, nordital. requüia = Teliquia , siz. patalinu au8/>a- 
latinuj siz. krqfassu aus frakassu , emil. tamaraz aus matarazzo, 
aital. calameon bei Chiaro Davanzati Zs. X 292, logud. inkodomare 
= incomodare, /entomare aus mentavare , siz. ülurgenzi = innul-- 
genzi (induigentia) Sghiosega.ks S. 144, log. solinga aus lusingüy 
aret. solengi = lusingare, siz. masuniari aus span. mano^aar, ra- 
^'no aus sireno, sard. istogamu aus stomaco, abruzz. talefrek^, auch 
vulgtosk. telefragOj msSi, ptädei aus piacito, vi^ilatüre=mUeggi€h- 
tura, lecc. Ä^t^rmt^m^a = corm^mu^a u. s. w. Noch andere mir 
ebenfalls unklare Fälle sind: falltva, woher falavesca u. s. w. von 
favilla, vulglat. sudico , woraus sudieio und fradicio , veron. gra- 
mafia aus magrafia Mussafia, Beitrag 76 ; cofaccia nebst siz. kufu- 
larij während SALVioia, Arch. Glott. IX 30 eine andere Umstellung : 
folegä aus dem Tessin nachweist; tnucchiare, das Stosm, Arch. 
Qlott. lY 391 zu cumulus stellt ; rugumare aus rumigare und digru- 
mare aus dirumigare, siz. neap. tar. yiditu aus diyitu, tarent. voteve 
aus vovete (cubittis), soUeticare aus sotelUcare Fleghia, Arch. Glott. 
n 318, recitella aus reticella, emil. ardinzar = recentare Mussafia 
Beitrag 95, neap. nzerretare neben ^i^arra^^ar« , stentine Bagn. Puz. 
= intestine, 

297. Besonders gerne wechseln 2 und r mit einander, vgl. venez. 
lomb, karamal = calamar Mussafia Beitrag 42 , siz. aqualoru und 
so stets -ahm = -ajuoloy siz. lecc. palora, log. loduru := rotultts, 
kal. riepule =s lepore^)j grolia, das einst ganz Italien angehört hat 
und jetzt noch in vielen Mundarten erscheint, die Umstellung aber 
um so leichter erlitt, als die Lautfolge gl ungeläufig war, Tgl. § 186, 
vulgtosk. balire = barile, vicen. lero§o aus orlogto, ähnlich neap. 
alluor^u, siz. lor^u (gehört übrigens auch in § 296), ven. leri^an. 
Auch bei andern Sonanten finden sich Umstellungen, vgl. sard. lorti- 
mu aus lomuru zu glomus, vulgtosk. gralima, lece. ponnula aus pol- 
lina, wenn nicht aus pollrvla § 283, vicenz. ärena = anera^ anitra, 
tosk. naroncolo = ranoncoloj emil. armnar aus numerarej emda 
aus intima, 

298. Schliesslich bleiben noch Umstellungen zu erwähnen wie 
venez. medoto aus metodo, amail. cuhito für cupido bei Bonvesin, 
romg. batella für padella. Vgl. zu 294 — 298 D. Behbens, Über 
reciproke Metathese im Romanischen S. 28 — 48. 

299. Schwund von Konsonanten , von den Syncopirungen zwi- 



1) Nicht hierher ist neap. parpetola aus palpetra zu ziehen, wie Beh- 
BENS reciproke Metathesen S. 37 tiiut. Nach neapolitanischem Lautgesetz 
musste zunächst parpetra entstehen, woraus durch Dissimilation parpetola. 



§ 299. 300. 301.] LautvertauBchungen. 169 

sehen Vokalen und der Stellung im primären oder secundären Auslaut 
abgesehen, begegnet selten. Lero aus ervus ist schon vulgärlateinisch, 
aber allerdings noch unerklärt. Anlautend i in neap. ndennä =s 
t]intinnarey wohl zur Vermeidung der Wiederholung ; d in amoscino 
aus damascintis Stobm , Arch. Glott. IV 387, infolge Verwechslung 
mit dt in der Verbindung prugno damoscino. Dazu kämen noch die 
Verwechslungen mit dem bestimmten und unbestimmten Artikel 
§ 195. 

800. Auch ganze Silben werden abgeworfen, wenn die erste 
Silbe eines Wortes mit dem Artikel verwechselt werden kann : veggio 
aus laveggio , maü. mella aus lamella , oder wenn sie scheinbar ein 
Präfix enthält : nitrire aus innitrire , hinnitire, nestare aus fw^w)^- 
tare^ tondo, fondo \ bilico , mail. spotek (dispotico) , oder wenn Re- 
duplikation vereinfacht wird : vaccio aus vivaccio, stoviglia aus testu- 
üia Caix, Studi 61, vgl. sard. tistiviTa, vulgtosk. tavia =i tuttd- 
via, eigentlich fttavia, delicare aus titillicare, romg. gonber = cu- 
cumer. Auch mail . portacinesa aus porta [ti\ dnesa mag hier genannt 
werden. Seltener sonst: gramanzia, mail. biümm neben albiumm. 
Dann in den Vertretern von bombyXj vulglat. bombacus, bombectss, 
bombictiSf woher tosk. bacOj emil. bekj tosk. bigatto, Diez, Wb. II 8, 
Flechia, Arch. Glott. II 37 ff. 

301. Hier mögen auch noch syntaktische Kürzungen (vgl. Rom. 
Qramm. I 520, 521) Erwähnung finden. Von Substantiven sind es 
hauptsächlich die Titelwörter: signor lautet im Vulgärtoskanischen 
sory in Oberitalien sior, soTj aus madonna entsteht monna^ aus con- 
sobrimis das merkwürdige cugino^ das seines § wegen vielleicht als 
französisches Lehnwort zu betrachten ist. Figlio wird zu^ abgekürzt: 
ß Giovanni, frate zu fra: fra Diavolo. Sodann ist das lombar- 
disch-emilianische ca aus casa zu nennen, das auch Dante Inf. XV 54 
braucht, das übrigens meist beschränkt ist auf adverbiellen oder prae- 
positionellen Gebrauch, während für das j» Voll wort cc Haus die Form 
kc^a, kesa gebräuchlich ist. Von Zeitwörtern kommen, abgesehen 
von den Hülfsverben essere und avere, hauptsächlich bisogna und 
das gleichbedeutende covegna in Betracht : bigna tosk., romg., berg., 
boHa ven., böfia lomb., bsö bol. ; aus mifia § 281 dann mfia regg., 
mia tosk., lomb. ^); aus covegna aven. cona, coüe, Inf. kofier, com. 
kiM, Vgl. MussAFiA, Beitrag 99 — 101. Adverbien sind mail., padu. 
vontera, ontera == volontera, tosk. su, giü aus smo, giuso, ver* aus 



1] Wenn Mussafia, Beitrag 101 Anm. mnd nicht aus m[i]na herleiten 
will wegen des Accentes, so übersieht er, dass das Wort in Proklise völlig 
tonlos ist. 



1 70 Lautlehre. [§ 301. 302* 

verso, agen. tro = troppo, tu = tutto, purme u. s. w. Arch. Glott. 
X 156, auch tosk. me* aus meglio, femer tosk. -^ so, unso == nonso 
u. s. w. Wenn femer aus magis mai, aus satis assai entsteht statt 
maggey assate, so hat man auch hierin schon vulgärlateinische Kür- 
zungen magSf sats zu sehen. Interjectionen : mail. tel ki, das Sal- 
noNi, Mail. 289 zutreffend auf vit el ki = veditu lo qui zurückführt, 
tosk. te = tiene^ vie, guar = guarda. Auch das abruzz.yi? ^=^fe- 
mina mag hier genannt werden. 

802. Vorschlag von Konsonanten ist, sehen wir von den § 196 
angeführten Fällen ab , wo der Artikel mit dem Substantivum ver- 
schmilzt und zu denen z. B. noch leco käme, eine seltene Erschei- 
nung. SAi.yioKi bringt aus dem Lombardischen Beispiele eines vor 
labialen Vokalen vorgeschlagenen v Mail. S. 215: f>ü, vündes, vottj 
votanta, von^ (ungere)^ volzd [alzare] , vüsdy voltra. Es unterliegt 
wohl keinem Zweifel, dass diese Formen zunächst im Satzinnem nach 
vokalisch auslautenden Wörtern gebräuchlich sind , wie man zwar 
orden, ör, ora, aber da vorden, Te vara, a vor a vor sagt. Dagegen 
ist vess == essere ganz anders zu beurtheilen , sofern es sein v von ve 
= avere bezogen hat. — Auch der Vorschlag desy, wie er nament- 
lich im Süden häufig auftritt, dürfte ähnlich zu deuten sein. Für San 
Fratello bemerkt Mobosi, Arch. Glott. VIII 409 ausdrücklich, dass 
nach vokalisch auslautendem Worte einem folgenden a ein y vorge- 
schlagen werde, das dann zu % wird und a in e verwandelt § 81. 
Dazu vergleicht sich Campobasso, wo d'Ovidio, Arch. Glott. IV 183 
zum Paradigma von avere schreibt : »Tralascio di premettere alle voci 
di questo verbo e degli altri comincianti per vooale il y protetico , ele- 
mento mobile di cui la presenza dipende meramente del posto che le 
dette voci occupino nel discorso. Si dirä p. es. : quand' avef abbus- 
katfj ma yavem ahbaskat^i^. So werden auch die ebenda §151 ange- 
führten Formen yereva, yesse, yekke zu verstehen sein. Übrigens 
finden wir gerade in, Campobasso auch voüf {ungere) neben golepa 
{volpe)j yofia (ugna), yoil^ u. s. w. Vorschlag eines 8, z. B. in sbies- 
cio neben biecOy mail. agrei [greggio), skorbutt u. a. findet seine 
Erklärung in der Wortbildungslehre. Auch d tritt zuweilen vor. 
Neben ecco steht im Vulgärtoskanischen decco , in welchem man aber 
vielleicht mit Rücksicht auf altfranzösische Formen ein verkürztes 
ved ecco sehen darf, in mail. derbeta = erpete u. a. Meist erklären 
sich solche Zusätze aus der Vermischung verschiedener Wörter, wie 
denn z. B. brezza wohl zu auritia gehören wird, nicht aber wie Ca.- 
KELLo, Arch. Glott. III 392 annimmt, die Zwischenstufen urezza, 
vrezza durchlaufen hat (was auch gegen die Lautgesetze verstösst, s. 



I 



§ 302. 303. 304. 305.] Lautyertauschungen. 171 

§ 193), sondern den Anlaut von brisa angenommen hat. Vgl. Rom. 
Gramm. T § 589, wo noch andere Beispiele gegeben sind. 

303. Im Wortinnern ist Zutritt eines r sehr gewöhnlich, am 
häufigsten wohl bei auslautend t: albatro, anatra, bctlestra^ inchio^ 
stroj bissestroj celestro, valentri uomini Sacchetti 7, 22 u. s. w., 
siz. yinestra, mail. sostro^ soentre beiBonvesin^ senßvray aven. aver. 
mentre, emil. vespra. Aber auch nach dem anlautenden Konsonan- 
ten: frusUxgnOy frugnare neben fogna^ brettonicuj apaduan. 
stratuto, stroppd, emil. strella , i^iem, strubia, siz. apul. trisorUj 
truniari, mail. strivai (stiviüt^, tronä, tess. skratid [scatola). Oder 
nach einem inlautenden : vetrice , annitrire , apad. calestria , emil. 
kudrefi (cutineus). Seltener sind Fälle wie lomb. marmoria aus me- 
moria, apad. malmuoria Ruz., mail. zanfarüa, letzteres, wie Sal- 
vioNi, Mail. 193 richtig gesehen hat, in Anlehnung an andere 
Bildungen auf -orna^ romg. sarmie = somigliare, campob. sperkye 
[ßpecchio). 

304. Zutritt von / und i in venez., ostlomb ./Ha^^na , belegt von 
MussAFiA, Beitrag 87, erklärt sich aus einer Verschmelzung von pa~ 
tina xmdpiattOy romg. piantofla ist von pianta beeinflusst. Romg. 
sfiosna, mail. frosna, ital. fiodna dürften zu fttscina gehören, obwohl 
die Behandlung des so im Florentinischen auffällig ist. Venez. albeo 
= abete, romg. albanesta = ebanista scheinen trotz der abwei- 
chenden Bedeutung an albus angelehnt. In romg. koltrina Bettvor- 
hang haben sich cor tina und coUrice gemischt, wie MitssAlFIA, Romg. 
§ 177 zutreffend deutet. 

306. Unklar ist in den meisten Fällen die Epenthese eines Na- 
sals. In rendere hat offenbar /^r^^are gewirkt, in andito: andare^ 
in santoreggia: Santo, Aber stramboj vampoj lambrtMca, marangone, 
gambugio Mussafia, Beitrag 6 2 neben capticciOy norditalienisches Wort, 
ancona sind dunkel ; ansima aus asma ist an ansio [anxius) ange- 
lehnt^ angonia an angore ; mail. gen. deslenguä [dileguare) , romg. 
mail. parangon , romg. apunzS, mail. zenzel (zizyphus), umbr. ^en- 
iola und andere Formen dieses Wortes Arch. Qlott. in 172, alttosk. 
epilensiaj ebenso aven., aneap., neap. lan^ella. Aus cubitus entsteht 
gombittis , lomb. gombed^ ital. gomito , etwa in Anlehnung an cum- 
bere. Dunkel sind femer veron. consa Passion 20, ponse 26 ; abol. 
ancidere Bazz 3; lomb. lumbar d, emil. lumberd = allabardo wird 
wohl nicht das m des ursprünglichen helmbert enthalten, sondern 
naeh lombardo gebildet sein. Mail. len§ (leggere) , ren^, korren§ 
werden nach streng gebildet sein, da lecCy recc, strecc übereinstimmen, 
merkwürdig sind aber korenia (correggia), kareni, ronze (rugia)^ 
linder (leggiero), agen. lenger und einige andere von Salvioni 208 f. 



172 Lautlehre. [§305,306.307.308.309. 

angeführte. Man könnte für das Mailändische eine Regel annehmen, 
wonach §§ zu n§ würde, wie denn ein solches Gesetz in der That im 
Tessin herrscht, Arch. Glott. IX. 224. 

306. Häufig tritt n , m nach dem Vokal , dem sie vorangehen, 
nochmals auf, siz. menzu, mentiri, mingrana^ nantari ; mail. nun = 
nü [not] neben nüyalter, minga, das sich noch in Urbino findet, 
ninzä = initiare nach Saltioni, Mail. 219; romg. knunsü {cono- 
sciuto)y ffmincell [fflomicelltcs), mamedga [maggese), imol. anandra^ 
nimola = nueeola. Auch romg. imbinzion wird hierher gehören, 
ferner neap. ansinzio Reg. San. Zusatz von b tritt ein nach m, na- 
mentlich in Proparoxytonis im Südsardischen: lumburu, simbüla 
[similajj kugumberij simbilai {*stmilare), doch auch tumbu = tymum. 
Ähnlich im Kalabresischeii , vgl. kanibera, vuombiku, yyombaru^ 
kakumbarUy vombaru und im Aretinisch-Lukkesischen: cimbece, 
stamboko, sombaio, auch insomba. Da anderwärts m in dieser 
Stellung verdoppelt wird und wir uns auf Grenzgebieten zwischen der 
mm-' und der mi-Gegend befinden, so wird man in diesem mb um- 
gekehrte Sprechweisen sehen dürfen. 

807. Verschieden davon ist es^ wenn im Tessin ein d sich 
zwischen n und { entwickelt: liyendia {lucanica), mandia (manica), 
Dmindia, und ähnlich canav. andta aus ane[d]a [anita]^ vgl. Flechia 
und Salvioki, Arch. Glott. IX 223. Hier handelt es sich um die 
Entwicklung eines homorganen Verschlusslautes zwischen n und |, 
also um dieselbe Erscheinung wie bei ndr aus nr, 

308. Zutritt oder Entwicklung eines Lautes am Ende des Wortes 
findet sich, von madvi, dgl. abgesehen, namentlich in Intragna^ Lo- 
sone und Lavertazzo, wo direkt auslautende, betonte Vokale nasalirt 
oder mit nachfolgendem n gesprochen werden, also taXan (tagliare), 
kintan, folagan [focolare]^ dadan [ditale)^ viden (vedere), poden 
(podere), iien [stai] , krin (credi) , sintifiy dulorij fioh^ sohy kinön^ 
fasön, küUj füh Arch. Glott. IX 224. Dieses n entwickelt sich je- 
doch nur »quando la parola; atta a promuoverla, occupi un posto ben 
rilevato nella proposizione, e specialmente quando chiuda la fräse«. 

309. Zutritt ganzer Silben begegnet selten und ist in seinem 
Wesen unklar. Es mögen zunächst eine Anzahl Beispiele folgen. 
Aus tre entsteht in Lecce trede , tarent. treti^ aus perchh : purcene, 
neap. nonCy mene^ tene, sene, sini = sei^ ene = ^ im Reg. San., 
dine = dt, mone = wo, Kath. n. iTune für tu gilt als römisch; 
reddij aviadi u. s. w« findet sich in der Terra di Bari. Es handelt 
sich meist um Verlängerung einsilbiger oder oxytonirter Wörter. 
Ausgangspunkt für das ne giebt vielleicht die Negationspartikel. Aus 
betontem non konnte entweder no, oder aber none (vgl. ctwre^ßele) 



I 

■^ 



§ 309. 3 1 0. 3 1 1 .] Lautvertauflchungen. 173 

entstehen und das Nebeneinander von no und none konnte dann men€f 
tene u. s. w. hervorrufen. Für das -efe könnte man vielleicht an^Ie 
neben y5?rfe, pie neben piede denken. 

310. Eine besondere Art des Einschubes oder Vorschlages von 
n oder m liegt vor in Wörtern wie invernOy imbriaffo, aven. instae 
(state)j instessOy über die Ascoxi in dem schönen Aufsatz: Le doppie 
figure neolatine del tipo briaco, imbriaco Arch. Glott. III 442 — 452 
Licht verbreitet hat. »Una formola iniziale insolita, come iv-^ a cagi- 
one d'esempiO; se da un lato rende piü agevole lo smarrirsi della vocal 
sottile ed attona, cede facilmente dall* altro all' analogia fonetica 
d'una formola abituale come k, a cagion d*esempio, inv-^n: S. 451. 
Weitere Beispiele sind noch agen. aven. insi (uscire) Arch. Glott. III 
180, kalabr. neap. nzorare =^ uxorare , südsard. insoru [ipsorum], 
romg. inster ^ inserh = acerho, instozia, instre, vgl. noch die agen. 
Beispiele bei Flechia, Arch. Glott. X 157. Es scheint nun, auf den 
Gebieten , wo m-^ zu n wird §144, in ähnlicher Weise der Anlaut 
n Kons, so beliebt geworden zu sein, dass er mehr und mehr an 
Stelle des einfachen Konsonanten tritt, vgl. z. B. siz. neHre^ das 
vielleicht als Verschränkung von 'n&ire und esko zu fassen ist, worauf 
auch das tonlose e statt i weist, nkausari, nkarkarij nkostu = 
accostüy nkapriolu. Dann in Palermo : ntvobbidu , ngranni^ nkan- 
tinUj nkinUy nöili [extUs), nzita, nziru, n/ultu, r^mku Schnee- 
GANS S. 183 ; also namentlich bei s^f^ k. Ganz ähnlich im Kalabre- 
sischen : necire, nzuniia (axungia) , die zu den erstgenannten, vene- 
zianischen Beispielen gehören , dann ngtumtu , mpurra (fodera) , 
mpasature (fascitojo) , mbastu , mbasku (span. basco) , mbivisirej 
mbriga, mpetrata [selciato] u. s. w. — In die Kategorie von invemo 
wird wohl auch paduan. onve , inve bei Buzante gehören , wofür 
Wendbineb ohne Noth Einfluss von onde annimmt. Dann ist etwa 
noch zu nennen ferr. angirola , mod. mant. angirola = aqtuirtola, 
mant. mgera:=aqiiariaj wo wegen in aus a;» § 138 zu vergleichen ist. 

311. Endlich bleiben noch sporadische Lautvertauschungen. 
Wenn an Stelle des vulgärlateinischen incudine mehrfach inctigine 
tritt, vgl. siz. mkuniga, mail. inküien, piem. ankilzu oder an Stelle 
von testudine vielmehr testugine, vgl. neap. cestuneye, so liegt es auf 
der Hand, dass die zahlreichen Bildungen auf -ugine diese zwei auf 
-ndine angezogen haben. Aber auch sonst giebt es noch viele andere 
Fälle, deren Katio meist verborgen bleibt. Zu den häufigsten Ver- 
wechslungen gehört l für r, wie es vorliegt in vulglat. tempia, dann in 
alidoj ciliegia, avolio neben avorio , in mail. zila [cera) neben sira^ 
oder r für /: veruno^ datier o (§219), corcare, rimurchiare^ neap. 
vufaro = bufalo schon im Reg. San. ; Iznd: sedano, woneben senes. 



174 Lautlehre. [§311.312.313. 

senaro ; d zul: cicala, sard. ahile aus altbe [adipe); dznr: mirolla^ 
selbst in der Toskana und im Emilianischen, senes. cecara Zs. IX 562; 
/ zu n : pist. ancipresso , dann mail. ponsa = poha (patisare) und 
so averon. coma, ponsar, reponso bei Giacomino, dann anlautend l 
zu n in der von Flechia, Arch. Glott. 11 325 angeführten Form gen. 
necca = electa^ piem. nüpia = lupia, piem. nitta = mail. ÄVte, 
wo die Form mit n vielleicht in der Verbindung mit dem Artikel 
entstanden ist, also Dissimilation vorläge; nzul: mail. löya = noya. 
Bestimmte Gründe lassen sich kaum angeben. Zu bemerken ist, dass 
franz. r zu / wird: cialtrosaj salvietta, siz. sal§a^ milanosu [meri- 
nos)j salabhä (char-Or-banc)^ kaviali. 

312. Zum Schluss mdgen noch ganz kurz die Eigennamen und 
Kosewörter genannt werden. Als Prin«p gilt: Reduktion auf die be- 
tonte und die folgende Silbe und Angleichung des anlautenden Konso- 
nanten an den inlautenden, vgl. Peppe aus Giuseppe^ Gigi aus Luiffi, 
Cecco aus Francesco, wo die Vereinfachung der inlautenden Gruppe 
noch zu beachten ist, Cencio und Nencio = LaurentitcSj Nanni = 
Griovanni, Totto = Angelotto ^ Momo = Girolamoy Memmo = 
Gufflielmo, Dem tarent. Lele aus Itqffu]ele vergleicht sich neap. 
vavo Grossvater aus avo ; auch tarent. Totonno aus Antonio und 2V- 
tella aus Teresa und neap. zizio = zio verdienen Erwähnung. Bei 
mehrsilbigen wird übrigens auch oft der Anlaut beibehalten , dann 
aber alles, was folgt, bis zum betonten Vokal unterdrückt : Betto aus 
BenedettOy Buto aus Benvenuto, Berri aus Berengheri, Fresco = 
Francesco^ Gaddo= Gherardo, Gianni, Ligo=iLodomgo, Lenzo 
= LorenzOy Dante, Oder endlich es fallen die ersten tonlosen Silben: 
Meo =^ Bartolomeo , CoTa = Nicola, Dino aus Aldobrandino^ 
SandrOj Drea = Andrea ^ Dotto == Guidptto, Bino = Giacobino 
u. s. w. Erleichterung der Aussprache zeigen Bogio statt Brogio = 
Ambrogio , Dea = Drea = Andrea u. s. w. Noch andere Ver- 
stümmelungen kommen' vor, wie man leicht aus dem übrigens nicht 
ganz fehlerfreien Verzeichniss von Kosenamen bei Blaitk, Ital. Gramm. 
S. 165 sehen kann. 



n. FORMENLEHRE. 



AI V 



Nominalflexlon. 

1. Kasus. 

313. 1 Die Frage nach dem Verliflltniss des einzigen italienischen 
Kasus zu den fünf lateinischen ist im Anschluss an F. d^Otxdio's 
Schrift Süll' origine dell' unica forma flessionale del nome italiano t . 

1872 mehrfach erörtert worden, zuletzt von AscoLi,(Arch. Glott. 11 — ^v" 
416 — 438) wo die ganze übrige Litteratur yerzeichnet ist. Die Unter- 
suchung kann nicht innerhalb des Rahmens einer einzigen romani- 
schen Sprache geführt werden, es mag daher hier auf den genannten 
Ascolischen Artikel und auf die gegentheilige Auffassung in Gböbes's 
Grundriss I 368 sowie auf die eingehende Darstellung der Schicksale 
der lateinischen Deklination im 2. Bande der Romanischen Gramma- 
tik verwiesen werden. Hier soll davon ganz abgesehen werden , ob 
cavallo auf dem lateinischen Nominativ oder Dativ oder Accusativ 
oder Ablativ beruhe , dagegen bleibt zu uniersuchen , in wie fern sich 
Spuren verschiedener Kasus im Italienischen gehalten haben. 

314. Der Nominativ. In Betracht kommen nur die ungleich- 
silbigen Masculina und Feminina dritter Deklination, da die Neutra 
in der Regel die Nominativ- Accusativform beibehalten, bei den Wör- 
tern der andern Deklinationsklassen der Nominativ nach dem Ver- 
stummen des 8 mit dem Accusativ zusanunenfiel. Die Zahl der er- 
haltenen Nominative ist, sobald wir uns auf den Erbwörterschatz be- 
schränken, eine ganz geringe. Da wäre zunächst zu nennen uomo und 
aital. moro^ später suora, das jedoch nicht eigentlich Erb wort ist, 
sondern der Kirchensprache ehtstammt. Dann nievo, moglie neben 
nipote^ mogliera, doch ist nievo nur ganz selten belegt, z. B. bei Pulci, 
mogliera zwar bei den Alten bis ins XV. Jahrh. hinein ganz gebräuch- 
lich, heute aber aus der Schriftsprache verschwunden, doch lebt es 
noch in südlichen und nördlichen Mundarten, während moglie in 



176 Formenlehre. [§ 314. 

Dialekten seltener ist, vgl. etwa romg, moy. Auch, nicht Erbwort ist 
re aus rex und prince 9m^ princ^sA Curato führt Toblek, Qött. 
gel. Anz. 1872 S. 190 auf curator zurück, in welchem Falle frz. eure 
ein Lehnwort aus dem Italienischen wäre. Aovogadro scheint vene- 
zianischen Ursprungs zu sein, gioladrOj giularo^ giullare und gioco- 
lare französisch -provenzalischens. 'Etud^iaYi. mezzadro scheint eher 
mediarius (Böhmes^ Jahrbuch X 188, Flechia, Riv. fil. class. II 192) 
zu sein und so bleibt auch die Toskanität von merciadro zweifelhaft. 
Sodann ladro und danach gebildetywro, ghiotto, endlich jpre^ß, sartOy 
orafo. Zweifelhaft bleibt die Zusammenstellung von bocco mit bucco 
Caix, Studi 210. Ausser diesen Personalbezeichnungen haben wir 
dann einige Thiemamen : hibhio , vespertillo , wenn es zu vespertilio 
gehört, serpe^ dem aber vielleicht ein vulgärlateinisches serpes, serpis 
zu Grunde liegt. Sachnamen und Abstracta begegnen noch seltener 
im Nominativ. Tempesta beruht auf Vulglat. Hempesta ; pieta, po- 
dSsta, Dante Inf. VI 96 im Reime, onesta Barberino 67, giaventa 
Caix, Origini 206 , piajesta sind theils Latinismen, theils Gallicis- 
men, sind ja auch alle wieder aus der Sprache geschwunden. Endlich 
soccita geht nicht auf SQcietas zurück , sondern ist Neubildung von 
soccio aus. Auch Abstracta auf -or begegnen kaum im Nominativ. 
Spago stammt nicht vonpavor^ wie Caix, Studi 53 will, sondern ist 
postverbal zu spagare = expacare ; desgleichen erro zu errare ; in 
duolo liegt Verwechslung von dolor mit dolus vor, s. Schuchabdt, 
Vokal d. Vulglat. 135, III 9, oder es ist postverbal zu dolere. Vampo 
stammt nicht von vapor, sondern gehört zu alb. vampa^ lat. vappa. 
So bleibt nur strido der Schrei neben Stridore^ stridto, ein Wort, das 
wohl erst in italienischer Zeit, lange nach Untergang der alten Flexion, 
nach dem sinnverwandten grido gebildet worden ist. — Von den Wör- 
tern auf ~io ist ttzzo nicht direkt mit titio zu verbinden, sondern stammt 
von einem nicht überlieferten vulglat. titium her, vgl. Gböbeb, ' Arch. 
lat. Lex. I 244, dazio ist, wie zi statt zz zeigt, Buchwort, desgleichen 
natürlich prefazio ; docdo stammt nicht, wie Hobning, Lateinisch C 
S. 13 will, von ductioj sondern ist Postverbal zu docciarej wie sich 
aus den Konsonanten ergiebt, s. § 248 ; und selbst an stazzo = stazio 
wird zu zweifeln sein. Das Wort ist nicht toskanisch, wenigstens 
anerkennen es Rigtjtini und Fanfani nicht ; es bedeutet »Halt, Still- 
stand, Aufenthalt«, berührt sich also sehr nahe mit staggio d Standort, 
Aufenthalt, Wohnung cc, dessen Zusammengehörigkeit mit Stadium 
sicher ist. Es bleibt somit immer die Möglichkeit, dass stazzo nord- 
italienisches Lehnwort ist und auf Stadium beruht. So bleibt nur 
noch tenza^ das Canello, Riv. 61. class. 1131 von contentio ableitet, 
das aber vielmehr Postverbal zu tentiare ist, s. Diez, Wb. n® tencer. 



§ 314. 315.] Nominalflexion. 177 

G. Pabis, Rom. IV 480, und was die alten Formen contenza bei 
Giovanni Villani und redenza = redemptio betrifft , so ist zwar ihre 
Abstammung vom lateinischen Nominativ zweifellos, allein die Quali- 
tät der beiden Wörter zeigt wieder, dass sie nicht Erbgut sind. — 
Wiederum ein Ausdruck der Büchersprache ist qicadra = quadrans 
und wohl auch struzzo. Was dann weiter lampa aus lampas und 
mezzedima axLS hebdomas betrifft, so ist für jenes zu bemerken, dass 
das Italienische einen Stamm lamp besitzt, zu dem unter andern lam- 
peggiare, lampo gehören, und von dem auch lampa herstammen 
kann. Und mezzedima scheint auf vulgärlateinisch hebdomaj ae zu 
beruhen , da die Form hebdoma auch im Rätischen und Wallonischen 
sich wieder findet ; übrigens ist bei dem Worte auffällig, dass bd durch 
d statt dd wiedergegeben wird. So bleibt schliesslich noch c^spo 
neben gewöhnlichem c^sto. Man erwartet eigentlich c^spo, s. § 18, 
doch mag c^sto von Einfluss gewesen sein , ja es mag sich fragen, ob 
cespo nicht' erst ein durch cespuglio umgestaltetes cesto sei. Dass 
stipo Schränkchen von stipes Baumstamm herzuleiten sei, ist bei der 
Verschiedenheit der Bedeutungen nicht recht glaublich, man darf viel- 
leicht eher an stipare denken, und gorgo mit gurges zu verbinden 
verbietet das gutturale g des italienischen Wortes. 

So erweisen sich also die meisten Nominative als Buch- und 
Schrift Wörter. Ihre Zahl Hesse sich noch bedeutend vermehren, sobald 
man, wie Canello, Riv. fil. rom. 1131, Wörter wie caligOy voragOy 
cupido, scorpio, splenite, bronchite, deca, sermo, turbOj temo, testtulOy 
lapis u. s. w. aufnimmt. Oder venez. mail. sensia, sensa = ascemio 
MussAFiA, Beitrag 104; neap. tarent. sfaziya = soddisfazione, 
aret. binidizioy tosk. strazio [distr actio Foebsteb, Rom. Stud. IV). 
Sodann würden wohl die Ortsnamen noch manches bieten, ich erwähne 
nur Giannutrij lat. Dianiumy aber wohl eigentlich Diana ajutrix. 

315. Wenden wir uns den Mundarten zu, so begegnet einmal 
im Norden ein Wort, das auf sicciia zurückzugehen scheint : secea im 
Chrysostomus und sessia im heutigen genuesischen Arch. Glott. VIII 
388. Da aber auch das Rätische und das Ostfranzösische diese Form 
siccita kennen, so muss ihre Entstehung in die voritalienische JZeit 
fallen. Ein zweifelhafteres Beispiel ist ^iz.fetu, nesn^.^efu, senes. 
Bxei.ßeto Flechia, Riv. fil. class. I 99 Anm. Papilio erscheint im 
Norden : päd. paeggio bei Ruzante, venez. pave§o, ferner vespertilio 
in ven. barbastre^o. Am meisten Nominative scheint das Sardische 
zu bieten. Wir finden im hog.J^dus, sidisy finis, kudisy im Camp. 
biliSy hudiSy die doch wohl sicher die entsprechenden lateinischen No- 
minative wiedergeben. Aber wesshalb diese Wörter abweichend von 
allen andern nicht in der Form des Accusativs geblieben sind , bleibt 

Heyer-Lübke, Ital. Grammatik. 12 



178 Formenlehre. [§ 315. 316. 317. 318. 

mir völlig dunkel. Das emil. sia Furche verknüpft Flechia. , Arch. 
Glott. III 126 mit lat. seges, wenig wahrscheinlich, da sia sehr wohl 
Postverbal ssu siär = secare sein kann. Eher kann gen. frazzu in 
Betracht kommen, das Flechia, Arch. Glott. Vni 254 von fr actio 
ableitet. Dagegen ist mir tessin. rüm = rumor Arch. Glott. IX 208 
zweifelhaft. Auch hierin sehe ich eher eine postverbale Bildung zu 
rümär oder zu rümor. Sodann ist zu bemerken, dass die Nominative 
auf -adro aus --ator venezianisch zu sein scheinen, dass sie sich hier 
aber aus dem Ratischen erklären, wo eine Flexion •^adro, -atore 
länger bestanden hat, vgl. ven. avogadro^ apad. avogaro bei Ruzante, 
trentinisch tessadro, desmadro, mazadro Arch. Glott. I 107 i). 

316« Eine Stelle für sich nehmen die Eigennamen ein. Schon 
§106 wurde gezeigt, dass Giovanni, Chimenti Axii Johannes , de- 
mentes beruhen. Jüngern Datums sind Tomm^aso , Niccoloso oder 
Davidde, Melchiorre und ähnliche, s. Blajnchi, Arch. Glott. IX 374 
Anm., und S. Tome aus QwfiäQy Turpe aus Turpes, Mamma aus 
Mdfiag u. a., für welch' letztere Bianchi, Arch. Glott. X 347 f. eine 
Erklärung versucht. 

317. Weit geringer sind die Spuren des Genitivs und natürlich 
ist von einem syntaktischen Gefühl für den Kasus keine Rede. Geni- 
tive in Ortsnamen weist Biai^^chi in ziemlich weitem Umfange nach 
Arch. Glott. IX 376, X 305. Sonst haben wir einmal die Wochen- 
tage: lünediy martedl, mercoUdt, giovedi^ venerdi. Dann verein- 
zelte Fälle wie ette, eigentlich reshettae Bianchi, Arch. Glott. IX 404, 
wo noch via porte Sante Marie ^ und fe sante Marie für la [festa] 
S, Jf., terremotOj orpello, piedistallo, salamoja für *salemoja, und 
einige andere, nicht hergehörige erwähnt werden, ferner S. 376 fede 
Dei aus Valdamo, das freilich seines e statt ie wegen nicht ganz un- 
verdächtig ist. Zu den Zusammensetzungen mit Genitiv im ersten 
Gliede gehört auch acquidoccio, acquidotto, das allerdings durch den 
Wandel des e in i sich noch viel mehr als ganzes Wort erweist , als 
terremoto. Ein Genitiv steckt auch in acqtmvite^ ob es nun aqtia 
vitis oder vitae darstelle, und in Ortsnamen wie Monselice, Porto 
Vener e, Mofite Vergine, d'Ovidio Arch. Glott. IX 85. 

318, Spuren des Ablativs kommen nur in Betracht bei den Neu- 
tren der 3 . Deklination, da bei allen andern Wörtern der Ablativ mit 
dem Accusativ ganz oder fast ganz zusammen fiel, so dass eine Scheidung 
fast unmöglich wird. Nicht Erb Wörter sind natürlich die Accusative 



1) Weit mehr Nominative nimmt AscoLl an Arch. Glott. X 90 ff. 
Eine Besprechung seiner Theorie, die sich auf alle romanischen Sprachen 
erstreckt, kann hier nicht vorgenommen werden, vgL Zs. XI 284. 



r 

V 



§318.319.320.] Nonnalflexion. 179 

fragellondei^ regnontuo. Es empfiehlt sich ferner, die Neutra auf 
-er^ -t^r gesondert zu behandelt, und zunächst nur die auf -men und 
-US in Betracht zu ziehen. Von jenen zeigen Doppelf ormen vimine 
neben vime^ addomine^ numine, germine, crimine, regimine, ful- 
mine, culmine^ fahamine, foramine. Es lässt sich leicht nachweisen, 
dass mit Ausnahme des ersten alle diese Wörter der Buchsprache an- 
gehören. Aus ^regimine wäre reimine y aus regtmine *reemine, re- 
mine entstanden, slus fölmine : Jhlmine^ aus culmine: colmine, Nu- 
mine ist seinem Begriff nuch nicht Erb wort, für abdamen braucht das 
Vulgärlateinische pantex, germine ist auf die Büchersprache be- 
schränkt, es kommt z. B. bei Luigi Alamanni vor, dasselbe gilt von 
fahamine und foramine, endlich crimirie ist ein Wort der Gerichts- 
sprache, das ursprünglich dem Vulgärlatein abgeht. So bleibt nur 
vimine. Auch hier hege ich einige Zweifel. Bei Dante findet sich 
nur vime , und vime ist überhaupt die ältere Form , während man 
allerdings zu Gunsten der Volksthümlichkeit von vimine auf ein von 
P. MoNTi verzeichnetes comask. vimni verweisen könnte. Allein ist 
das Wort im Dialekt wirklich zu Hause? Denkbar ist ja allerdings, 
dass gerade bei diesem Worte ein Plural vimina sich länger gehalten 
und später durch vimini einen Singular vimine nach sich gezogen 
hatte , vgl. bologn. vemna [vimina] ; dann liegt aber keine Ablativ- 
form vor. Ein Beispiel für sich ist termine, das wol als Vermischung 
von termino imd '^terme zu fassen ist. Fragt man sich schliess- 
lich, weshalb die Schriftwörter in der Ablativform übernommen 
worden seien, so giebt es zwei Erklärungen. Entweder nämlich haben 
wir thatsächlich Ablative vor uns, die nach dem Musten von cavallo 
= lat. Abi. cavallo, fiore •=^fiore gebildet sind, oder aber crimen 
wird zu crimine , wie David zu Davidde : da der Italiener nach der 
Wirkung des konsonantischen Auslautgesetzes kein Wort in pausa 
auf Vokale endigt, so hängt er dem der Büchersprache entnommenen 
crimen ein e an. Dass die sard. Formen auf -ne sich ähnlich deuten, 
wurde schon § 148 gesagt. — Bei den Neutren auf -tts begegnen 
ebenfalls einige Ablative : genere^ wieder ein Wort der Büchersprache, 
das auch in den Schwesteridiomen nur in unvolksthümlicher Gestalt 
vorkommt, ulcere, ein medizinischer Ausdruck; über die Plurale 
viscere und ruderi undi über mail. sterkol s. § 329. Die Ablative ver- 
schiedener Art, die sich als Adverbien erhalten haben, kommen bei der 
Adverbialbildung zur Sprache. 

319. Der Vokativ ist verschwunden. Nur domineddio geht auf 
domine deus zurück , ist übrigens ein Ausdruck der Kirchensprache. 

320. Schliesslich mag noch der Lokativ berührt werden, der im 
Lateinischen bekanntlich nur bei Städtenamen gebräuchlich war : 

12* 






180 Formenlehre. [§ 320. 321. 322. 323. 324. 

Somae, Corinthi, Carthagini» Im Italienischen sind dann diese Lo- 
kative oft erstarrt und haben die andern Kasusformen verdrängt. So 
beruhen Ascoli, Cinffoli, JRiminij Grirgenti, Otricolij Tivoli auf den 
alten Lokativen, wie schon Diez, Grammatik 11 179 vermutet, Bian- 
CHi, Arch. Glott. IX 378 bestätigt hat. 

821. Der Nominativ pluralis der ersten und zweiten lateinischen 
Deklination ist geblieben : -e kann nur auf -ac, -« auf -a zurückgehen, 
da -as zu -e, -os zu -o geworden wäre, vgl. § 106. In den andern 
Klassen sind Nominativ und Accusativ gleichlautend, kommen also 
nicht weiter in Betracht. 

322. Auch der Genitiv hat Spuren hinterlassen, allerdings nur 
wenig volksthümliche , wie in dem toskanischen Bergnamen Monte- 
latico = Mons Laticum, Lediglich litterarischer Überlieferung ent- 
stammt das regno feminoro Enteil. 277. Andere führt del Pbete zu 
Ajolfo an: lingua angeloro, regno TeutonicorOj Boendoro, Dadoro 
bei Jacopone da Todi, wo sich auch j^ecca^oro, mortfioro finden sollen. 
Es liegt auf der Hand, dass darin dem Sprachgeist wenig angemessene 
Latinismen zu sehen sind. Nicht recht klar ist, ob auch si fattoro 
Sacchetti 8 hieher gehört. Sodann finden sich im Altvenezianischen 
einige : pene infernor Ugu?. 31, tenehror^ contor^ Paradis deli^oro 
1043, woraus Fra Giacomino delicial macht E. 25. 

323. Einige Accusative hat Bianchi, Arch. Glott. IX 354 nach- 
gewiesen aus der toskanischen Volkssprache : per los Deo^ das aller- 
dings seines e wegen nicht ganz echt ist, ferner in dem Sprüchwort 
Ve terras dei, a seminar otto si raccoglie sei, wo der Accusativ in 
nominativischer Function auffällt. Sodann tre vias quattordici^), 
auffälligerweise nur in dieser Verbindung, nicht mit anderen Zahl- 
wörtern, und Ortsnamen wie Antraccoli = inter *aquulas und Pian- 
traigni. Wenn ferner neben hocca die Redensart ybr bocchi steht, 
so dürfte iauch hier ein Genuswechsel schwer zu rechtfertigen sein 
und wird bocchi vielmehr auf buccas beruhen, wie schon § 106 gesagt 
wurde. 

324. Endlich Ablative pluralis stecken wieder in zahlreichen Orts- 
namen auf i. Schon auf lateinischen Inschriften sehen wir, dass Orts- 



1) Wenn aber Bianchi, Arch. Glott. IX 376 Anm. 1 die Herkunft 
dieses vias von lateinisch via leugnet und es mit vice zusammen bringt, 
so ist dagegen manches zu bemerken. Die Bedeutungsentwicklung von 
via »Weg« zu »Mal« ist keineswegs so schwierig und unerhört, liesse sich 
vielmehr durch zahlreiche Entsprechungen aus romanischen Mundarten 
stützen. Der Ausfall von c ist dagegen unmöglich, da piato aus placitum 
durchaus anders gebildet ist. 



§ 324. 325.] . Nominalflexion. 181 

namen, die pluralia tantum sind, den Ablativ zum allgemeinen Kasus 
erheben, vgl. die Belege im Grundriss für rem. Phil. I S. 370 § 44. 
So erklären sich Ortsnamen wie Acquij Casij Celli, Cincelli u. a. 



2. Das Qenus. 

326. Das lateinische Neutrum als besondere grammatikalische 
Form ist im Italienischen verschwunden. Schon im Lateinischen hatte 
der Zersetzungsprocess , der Übergang zum Maskulinum, im Singular 
der o-r und e^-Stämme begonnen, die ja nur im Nominativ sich von 
den entsprechenden Maskulinen unterscheiden. Im Plural dagegen 
und bei den konsonantischen Stämmen blieb das Neutrum zunächst 
noch bestehen. Die Einführung des Artikels und die Reduktion auf 
einen Kasus brachte dann aber den völligen Untergang des dritten 
Geschlechts in der Einzahl mit sich. So lange man noch Nom. servos, 
paniSj Abi. servo, pane unterschied, nahmen tempue, nomen eine 
Stellung für sich ein, sobald man aber nur noch il oder lo servo, il 
oder lo pane, il oder lo tempo[s)j il oder lo nome{n) sprach, war der 
Übergang zu den Maskulinen geboten. Dieser Übergang hat sich dann 
auch allerdings sehr allmählich vollzogen und ist zu Beginn der Lite- 
ratur abgeschlossen. Er ist für die einzelnen Wörter nachgewiesen 
bei Affeii, De neutro genere intereunte in lingua latina, Erlangen 
1883 und von mir in meiner Untersuchung : Die Schicksale des latei* 
nischen Neutrums im Romanischen, Halle 1883. Es gilt also als 
Regel : die lateinischen Neutra werden in der Form des Nominativ- 
Accusativ Singularis zu Maskulinen. So haben wir corpo, lato, Udo, 
pegno^ petto ^ pondo, sterco, tempo, uopo, vqllo {velltcs Föbsteb, Zs. 
IV 378) ; friffo A. Buccio 469; gieno Tomm., pav. riid, regg. hol. 
rud (letame) 3= rudus. Endlich ffhiomo, dem sich ven. ^emo, ferr. 
mant. ^emb anschliessen, während der Süden eine längere Form vor- 
zieht: siz. ffyommarUj ]siJ8lBhT. fff/ombiru, nea,i^. luommerf, tarent. 
fiummiru und auch tosk. gnommero. Das durchgehende' verbietet, 
an Ablativform zu denken, ausserdem müsste der Ablativ doch irgend 
einen Grund haben. Man wird daher mit mehr Recht annehmen 
können, dass das fast gleichgebaute votner^ vomeris neben dem Neu- 
trum glonmSj glomeris auch ein Maskulinum glomer hervorgerufen 
habe , das dann in die zweite Deklination hinüberglitt. Weshalb nun 
aber der Süden die längere , der Norden die kürzere Form zeigt, das 
ist schwer zu sagen. Im Süden ist "S und -r im Allgemeinen früher 
gefallen, als im Norden, daher darf man vielleicht die Umbiegung in 
die Zeit setzen, wo vorne, glomo gesprochen wurde. Im Norden, wo 
damals vomer, glomus noch bestand, wäre dagegen die Umbiegung 



1 82 Formenlehre. [§ 325. 326. 327. 328. 

ainterblieben. Vgl. dazu § 327 und 344. Im Sardischen bleibt das s 
bestehen, daher diese Wörter eine Klasse für sich bilden, vgl. korpuSy 
/riuSj ladtis , ohus^ p^ff^s, temptAS, Doch kommen auch die 
Formen Iddu u. dgl. vor in Anlehnung offenbar an die zahlreichen 
Maskulina auf -u. 

326. Die 72~Stämme verlieren ihr n und treten dadurch zu den 
Maskulinen auf -e über, vgl. nome, lume, seme, sdame, strame, 

ßume, vime, auch carme^ crime, gertne, die nicht Erbwörter sind, und 
die Neubildungen auf -ama, -ime, -ume. Über crimine u. s. w. s. 
§ 318. Bei den Stämmen auf -r und -l ist zwischen ein- und mehr- 
silbigen zu scheiden. Jene nehmen -e an, diese verlieren den Auslaut^ 
daher cuore, fiele, miele, sah aber tribuna, das nun seinem Auslaut 
folgend weiblich wird, und haccano aus haccana, das sein Geschlecht 
beibehaltend den Auslaut ändert. Für latte wird der Nominativ lacte 
zu Grunde zu legen sein. Endlich caput , das ganz vereinzelt steht ^ 
wird lautgesetzlich zu capo, und tritt nothgedrungen zu den Maskulinen 
über; sard. kabudu, kabude neben kabu erklärt sich wie nomene neben 
nome § 318. 

327. Eine besondere Betrachtung erheischen die neutralen -r* 
Stämme. Neben cece, zolfo, marmo, pepe stehen acero, sovero, 
yolgore, rovere; dazu tar. siz. ctcru, neap. cicere, campob. lecc. 
cicere; solfore, siz. surfaru neben tarent. zur/u, mant. solfer; mar- 
more, siz. marmuru, lecc. neap. marmura, emil. mermur, lomb. 
marmor, agen. marmore Prose Gern 20, 11, cors. mermeru; pevere, 
und so in ganz Oberitalien. Schon im Lateinischen begegnet ein 
Schwanken zwischen Neutrum und Maskulinum gerade bei diesen 
Wörtern, weil die Zahl der daneben stehenden Maskulina und Femi- 
nina auf -er, -or, -ur eine verhältnissmässig grosse ist. Dieses 
Schwanken spiegelt sich im Italienischen wieder in den Doppelformen» 
Kein Wort scheint ausschliesslich in der neutralen Form zu bleiben^ 
eine ganze Keihe aber in der männlichen. Bei den schwankenden 
Formen zeigt cicer — cicere dieselbe geographische Vertheilung wie 
fflomus — glomerOj wogegen hei pipere die längere Form dem Norden 
angehört, bei marmor die kurze auf den Süden beschränkt ist, sofern 
man für romg. merum Anlehnung an das Toskanische annehmen 
darf. Endlich solfore neben zolfo ist wohl sicher Latinismus, mail. 
zoffreg erst vom Verbum zoffrega = *8ulfuricare gewonnen. 

328. Es giebt nun eine Anzahl Neutra, die zu Femininen ge- 
worden sind. Die Gründe sind zum Theil dieselben , die den Über- 
gang von Maskulinen zu Femininen bewirkt haben, daher die be-. 
treffenden Wörter besser § 332 besprochen werden. Nur ein Paar 
Einzelheiten mögen hier schon ihren Platz finden. Die Neutra auf 



§328.329.] Normalflexion. 183 

"fnen sind im Sizilianischen , Neapolitanischen und Tarentinischen 
Feminina. Nicht alle zwar , nach den Wörterbüchern zu urtheilen, 
doch mag Einfluss der Litterärsprache das männliche Geschlecht oft 
wieder hergestellt haben. Schon im Reg. San. liest man legume als 
Femininum, la alhume steht beiRusio \hl, la bestiameCton.^iQ, 54 ; 
heute haben wir kanimi, kanumi, kyantimi, kristallami, fattumiy 
fraskami^ figgyulami^ dintami^ kurdamij kuraddami, friskamiy 
fruttamij fuggyami, lifiami^ nigrumi, pampmami, pükami, stir- 
pamiy tilatni, purcit^dami u. s. w. , ferner mancacumi, karnacumi, 
yalacumi, wo -acumi für -aziane zu stehen scheint. Im Tarentinischen 
und Neapolitanischen ist auch die JSndung weiblich. Also tar. kga- 
pma, lattima, saima, neap. korriamma, fracitumma, frantumma^ 
taXummay tenerumma, marcumma, perimma, sudamma und su- 
dimmaj verdumey lotamey verdame. Wie weit diese Feminina nach 
Norden reichen, ist noch zu untersuchen, Finamore verzeichnet für die 
Abruzzen buldime, pelima, luma und ssama (examen). Der Genus- 
wechsel ist schwer zu erklären. Er findet sich wieder im Spanischen 
und Rumänischen , doch ist damit wenig geholfen, da die Gründe, die 
ihn im Spanischen veranlasst haben, andere sind als im Rumänischen^ 
keine von beiden aber auf das Süditalienische anwendbar sind, s. lat. 
Neutr. 8.-78 und 88. Immerhin würde sich fragen, ob nicht wie im 
Rumänischen das Suffix in seiner Funktion verwandt sei mit andern 
weiblichen. In einigen Fällen berührt sich, wie wir gesehen haben, -wmt 
mit -aziuniy in andern wol mit ~ura. Da nun namentlich Adjektiv- 
abstrakta fast stets weiblich sind [-ore kommt neben -ura, -ezza und 
-lade kaum in Betracht), so könnte der Genuswechsel beginnen da 
wo -me Adjektivabstrakta bildet — eine Auffassung, die dadurch be- 
stätigt wird, dass nichtabgeleitete Wörter, wie nonien^ lumen fast 
stets männlich zu bleiben scheinen. Doch gestehe ich, dass das mir 
zugängliche Material zu wenig verlässlich und vollständig ist, als dass 
ich die Erklärung als sicher hinstellen möchte. 

329. Der Plural der Neutra. Sofern der Plural der Neutra in 
seiner Funktion sich gehalten hat, wird er § 341 zu besprechen sein; 
hier kommen nur die Fälle in Betracht, wo ein Neutrum plurale zum 
Femininum singulare geworden ist. Als allgemeine Regel können 
wir aufstellen: der Übergang des Neutrum zum Femininum vom 
Plural aus tritt nur dann ein, wenn der Plural kollektiven Sinn ange- 
nommen hat. Wenn sonach an Stelle eines lateinischen Neutrums im 
Italienischen das Femininum erscheint, so kann der Geschlechtswechsel 
ebenso gut vom Singular ausgegangen sein, fSXLt also unter § 332. 
Die Konsonantenstämme bieten wenig. Schon vulgärlateinisch ist 
tempora oder besser tempola^ woraus ital. tempia die Schläfe. Der 



1S4 Fonnenlehre. [§ 329. 

vorwiegende Qebrauch des Wortes im Plural, der ja auch im Deut* 
sehen neben »Schlaf« den neuen Singular j)Schläfe(( schaffen liess, hatte 
zur Folge, dass die Form tempus völlig verschwand und dafür ent- 
weder templu gesagt wurde, so bei Rusio 97, oder aber tempia ein- 
trat und für den Plural tempie neugebildet wurde. Sodann pecora, 
das ursprünglich die Schafheerde bezeichnet, dann aber auch für das 
einzelne Thier verwandt wurde. Das Wort ist über ganz Italien ver- 
breitet, aber im Florentinischen nicht ursprünglich, da es hier pegora 
lauten sollte, s. § 212. Ähnlich wie mit tempia verhält es sich mit 
rtidera und viscera, deren Bedeutung vorwiegenden Gebrauch des Plu- 
rals mit sich brachte. Vgl. noch alomb. stercora AxqYl. Glott. IX 7, 5 
und mail. sterkol. Auch tdcera wird ursprünglich pluralisch gebraucht 
sein, hier konnte sich der Übergang zum Singular um so leichter voll- 
ziehen, als das Wort der lateinischen Sprache der Mediziner angehört 
und von da nur halb verstanden ins Volk drang. Endlich cantero 
soll von einem Plural cantora zu canto stammen, doch ist die Sache 
zweifelhaft, vgl. § 119. Von r- Stämmen ist vielleicht /br^ora und 
BiciieT prima^v er a zu nennen. Furfur konnte schon in lateinischer 
Zeit nach dem Muster yonfulgur zum Neutrum geworden sein, daher 
Plur. furfuraj der nun, wie die Bedeutung leicht erklärt^ zum Femi- 
nin wird. Doch kann ein forfore m. auch nach canicchia und 
brenna in seinem Geschlecht bestimmt worden sein. Weshalb vera 
über ver den Sieg davon getragen hat, ist unklar. — Von ^Stämmen 
zeigt rete Doppelformen, vgl. rezza neben rete, siz. rizza^ neap. rezza, 
woraus tar. lecc. rezza entlehnt sind, sard. rezza neben retej rite, ritt. 
Die Wörterbücher geben den Unterschied zwischen rete und rezza 
nicht genau an , doch wird letzteres ursprünglich nicht ein einzelnes, 
sondern eine Gesammtheit ausgeworfener Netze bezeichnet haben. So- 
dann scheint animalia wie pecora zum Kollektivum geworden, dann 
wieder zur Bezeichnung des Einzelnen verwandt worden zu sein^ vgl. 
Varmalia als Übersetzung von equxAB bei Rusio 143. Ähnlich erklärt 
sich sard. cabida de bestiatnen »capo di bestiame«. Am meisten 
bieten natürlich die o- Stämme, vgl. legna Brennholz, also noch Kol- 
lektiv, t>ela Segel werk, Segel, grana, spoglia^ minugia, foglia, dann 
rama, dem ein vulglat. Neutrum ramum zu Grunde liegt, arma. 
Auch canistra ist im Lateinischen fast nur im Plural gebraucht, 
daher ital. canestra. Zu fungtcs scheint ein Plural funga bestanden 
zu haben, daher la funga der Schimmel. Fraglich ist, ohßla vom lat. 
fila stamme, oder aber postverbal zu filare sei. Die Bedeutung 
spricht wohl eher für die zweite Auffassung. Aus Mundarten ist zu 
nennen sard. o^«a Gebeine, /ara Lippe, auch bergam. hxora'^ über den 
Bedeutungsunterschied zwischen log. karve4du und harvedda giebt 



§329.330.] Nominalflexion. Ig5 

Spano keine Auskunft. — Über das Suffix- aglia aus lat. nilia siehe 
die Wortbildungslehre. Auf dem Punkte überzutreten v^t f Omentum^ 
im Plural kommt neh&n. f Omenta ^okon fomente vor und im Singular 
nur noch yb»i6W<o ^) . 

880. Die beiden andern Geschlechter haben im grossen Ganzen 
ihren Besitzstand bewahrt. Beispiele dafür zu geben ist unnöthig , es 
sollen nur die Abweichungen von der Regel besprochen werden. In 
weitaus den meisten Fällen ist die äussere Form am Genuswandel 
schuld, nur in verschwindend geringen Ausnahmen die Bedeutung. 
Das Alter der einzelnen Beispiele ist natürlich ein sehr verschiedenes : 
einzelne reichen in vulgärlateinische Zeit hinauf , manche andere sind 
dagegen viel Jüngern Datums. Betrachten wir die italienischen Mas- 
kulina^ die lateinischen Femininen entsprechen, so begegnet uns zu- 
nächst die ganze Masse der Baumnamen nebst arboVy ital. alhero 
selber. Also alno^ ebbio, ebanOj perOj ßco^ frassino, allorOj meh, 
moro u. s. w. , deren lateinische Vertreter alle weiblich sind. Der 
Übertritt ins männliche Geschlecht mochte veranlasst worden sein 
durch die Endung -o, die fast ausschliesslich männlich ist ; den Einzel- 
namen folgte dann auch der Gattungsbegriff. Diese Erklärung wird 
noch dadurch bestätigt, dass auch die andern Feminina der II. und 
IV. Deklination zu Maskulinen werden mit einziger Ausnahme von 
mant48, das weiblich bleibt, vgl. affo (doch sard. affu f. und s. 
§ 335) , duomo, portico, vanno, smeraldo. Doch bleibt domu im 
Sardischen , Jiku im Sardischen und Kalabresischen dem alten Ge- 
schlecht treu. Die Dialekte sind übrigens bei den Baumnamen nicht 
so konsequent. In den Abruzzen bleibt Iwa [oKvo], mdnela, nucella^ 
und für den Feigenbaum tritt der ursprüngliche Plural^Awra (§ 346) 
ein, umgekehrt bezeichnen die Maskulina maile, paire, cerase, pre-- 
koke die Früchte. In Kalabrien werden die Baumnamen meist auf 

o 

-ara gebildet .fikara^ oUvara, pinara, und cerasu, prunu dienen für 
die Früchte ; Chiabrera braucht olmOy pioppo und platano als Femi- 
nina. VereüiBelte andere Beispiele sind : madiere, aus materies, männ- 
lich im Anschluss an die zahlreichen andern Bildungen auf -iere = 
-aritiSj -ariumj das aus dem Französischen entlehnte tosone a.n Wörter 
auf-owe. Sodann Bnchwörter vrie il dazioj eco^passiOjprefazio, Im 
Sizilianischen werden Abstrakta mit dem Augmentativ suffix -uni 
gebildet, die natürlich männlich sind. Ihnen schliesst sich kaccuni 
= occasione an. Im Sardischen folgen yi^me^ und grando den Mas- 
kulinen auf 'ine, daher m famine^ grandine, wie auch kalabr. gran^ 
dinUy ebenso mforrage [fomax] nach andern Wörtern auf -a^em. 



1) Nicht klar ist das Verhältniss zwischen ^9.xd,peU6rra und lat. p^ctora. 



1 86 FonneDlehre. [§ 330. 331. 332. 

Das griechische TtaQayidvr] wird ins Italienische hinübergenommen alS' 
paragone Tobleb, Zs. IV 373, und schliesst sich nun im Geschlecht 
an die Maskulina auf --one an. Larice und saKce werden dagegen 
eher ihrer Bedeutung wegen als Baumnamen männlich geworden sein, 
da die Zahl der Maskulina auf -ice eine sehr unbedeutende i^t. 
Im bÜe wird im Sizilianischen zu abbüi^ das nun männlich ist im 
Anschluss an die Wörter auf -t7«. — Keimen zwei Wörter mit einan- 
der , so können sie dasselbe Geschlecht annehmen , daher wird fönte 
mitunter als Maskulin gebraucht nach ponte ^ montej ebensa 
^^xdi. frunte m.y auch^ron^ bei Alamanni, siz. mentim. ridich. denti. 

331. Der Bedeutung wegen sind Maskulina geworden einmal 
ursprüngliche Abstrakta , die dann zur Bezeichnung männlicher Per- 
sonen gebraucht werden, wie cam^ato (Genosse], cametta, guardia 
(Feldhüter), trombetta. Ähnlich siz. lu bruttu bestia der Teufel Arch. 
Trad. Pop. 1418, sard. su bestia ; dann altital. il pode$tä Zs. X 498; 
sard. kura. Auch prtgione aus prensione gehört hierher« — Sodann 
nehmen synonyme Wörter das gleiche Geschlecht an : ßne Zweck wird 
Maskulinum nach scopo , femer gegensätzliche : sard. sidis m. nach 
famine, das nach § 330 männlich ist, ayen., aver., lomb. istao nach 
inf>emo Prov. 38. — Manche andere Fälle sind nicht recht klar,. 
so z. B. ein männliches j9a/ttö , vgl. % paludi aven. Exemp. 662, auch 
bei Dante Purg. 5, 82 ; sterpo aus stirpSy üsud. pige, nie\ lo incude 
Ariost Orl. 117; XXII 67, Steve Ruz. Gloss. 

382. Der Übergang vom Maskulinum zum Femininum ist etwas 
häufiger. Die Gründe sind natürlich dieselben. Also zunächst äussere,, 
formale in Wörtern wie la carcere fem. (und mask.) , da polvere^ 
cenere weiblich sind; vielleicht gehört auch neap. oira hierher und 
sicher log. bentre ; la parete , schon im Vulgärlateinischen , wohl weil 
auch die Substantiva auf -ate, -ute Feminina sind, vgl. übrigens doch 
lo parete y Cola di Rienzi 401. La tribuna aus tribumü, la cometa, 
woneben ilpianeta auffällig ist. AUein man beachte, dass die Pla- 
neten im Grunde nur den Gelehrten , nicht dem Volke bekannt sind, 
wogegen die nur selten auftretenden , aber dafür um so auffälligeren 
Kometen von Jedermann wahrgenommen werden , daher cometa ein 
volksthümlicherer Begriff ist als pianeta. Dann la solfa die Ton- 
leiter, eigentlich «o/, ^, also von rechtswegen Maskidinum wie ab- 
bicciy la nefa^ la tagliacarta das Papiermesser neben il tagliacarte^ 
wo der Auslaut -e nicht weibliches Geschlecht verlangte, tritapagliay 
sottocoda u. s. w. , altital. la dia bei Cola di Rienzi, bei den Ly- 
rikern, vgl. Gasfabi, La scuola poetica siciliana S. 253, im aven. 
Exempelbuch 758, 138 u. s. w. — Die griechischen Neutra auf -ma 
werden, soweit sie wirklich volksthümlich sind, ihrer Endung folgend 



§ 332. 333. 334.] Nominalilexion. 187 

zu Femininen, la teina, la idioma u. a. belegt Nannucgi, Nomi 674, 
la diadema brancht selbst Ariost, Sat. IV. Schwieriger sind Fälle 
vfiefely mel, sal, die in Norditalien weiblich sind. Xam^/ findet 
sich in den venezianischen Glossaren, im Cremonesischen, Bergamas- 
kischen und in der Umgegend von Mailand, lafel auch im Emiliani- 
schen und fürs Genuesische und Piemontesische dürfte das vorge- 
schlagene a (piem. amel, (rf^h gen. ame, arfe) für weibliches 
Geschlecht in früherer Zeit sprechen. Der Grund dieses Gesclechts- 
wechseis ist nicht recht klar. Wir finden auch im Spanischen weib- 
liches kiel und miel, hier, weil überhaupt die einsilbigen Wörter eine 
Tendenz haben, weiblich zu werden. Soll man dieselbe Erklärung 
auch auf das Norditalienische anwenden? Sali, ist enger begrenzt, 
es findet sich im Venezianischen und Paduanischen , femer la latte 
ebenda. Sodann la nome bei Fra Paolino, Gloss. B, Buzante. 
Gleichklang des Stames bewirkt Geschlechtswechsel in log. dente f. 
nach gente, mente, 

333. Von Beispielen, wo ein Femininum ein gleichbedeutendes 
Maskulinum nach sich zieht, mag zunächst la Ittme nach la hez ge- 
nannt werden , das wieder dem venezianischen, lombardischen und 
emilianischen Sprachgebiete angehört. Meist hat es als Femininum die 
Bedeutung Laterne, könnte also auch durch lucema bestimmt worden 
sein. Auch bergam. la de das licht neben al de = giorno gehört 
hierher. Über das westliche Oberitalien erstreckt sich ein weibliches 

ßore, es findet sich in den Rime Genovesi, bei Bonvesin N 182, bei 
Fra Giacomino F 11 5 , ursprünglich Kollektiv nach folia f Einfluss 
durch ein gegensätzliches Wort zeigt sich in sard. die fem. Etwas 
anders geartet ist tarent. santa notfe santa dia, sofern nämlich hier 
die Beeinflussung nicht über diese Formel hinausgeht, in allen andern 
Verbindungen also die tu. , bleibt; in aven. la mare Exemp. 712, 
■Ügu9 478, 716, aver. Kath. I 120, amail. bei Bonvesin. Auch piem. 
gen. matin f. wird durch sera bedingt sein. Merkwürdig ist bolog. 
la sonn, kalabr. siz. acca aus apium, ital. pulce (dochkalabr., sard.m.) 
cimice, kalabr. pedukhya u. s. w. 

3. Der Numerus* 

334. Das Italienische zeigt vier Arten, den Plural zu bilden : es 
ersetzt den auslautenden Vokal des Singulars durch e oder i oder a 
oder ora. Und zwar ist die Verteilung die folgende , wobei zugleich 
das Geschlecht angegeben wird. 

I. Sing, a Plur. e Fem. 

II. » a oder o » i Mask. 



ISS Formenlehre. [§334.335. 

in. Sing, e Plur. i Mask. u. Fem. 

' I Sing. Mask. 

,«. I Plur. Fem. 

VI. HO » ö I 

Vn. n e y> e Fem. 

Dazu kommt als 8. Klasse die Pluralbildung durch' Umlaut oder 
Konsonanten Veränderung, als 9. die Indeklinabilia. Damit sind alle 
Typen erschöpft, sehen wir vom Sardischen ab , das infolge der Be- 
wahrung des auslautenden s eine Stelle für sich einnimmt. Der Lit- 
terärsprache gehört heute nur I — ^IV an , V — VU sind auf die ältere 
Zeit und auf die Mundarten beschränkt , wo sich übrigens noch ein- 
zelne weitere Formationen finden . Mit dem Lateinischen verglichen deckt 
sich I im Ganzen mit der ersten Deklination, IP entspricht ebenfalls 
der ersten, 11^ der zweiten und vierten , III der dritten und fünften, 
IV enthält die Neutra der zweiten und vierten , V die neutralen «- 
Stämme , VI ist eine besondere Entwickelung von IV, VII von UI. 
Zu Vin gehören fast nur Maskulina, zu IX die oxytonirten Wörter, 
diejenigen auf -i und im Altitalienischen sowie noch heute im Süden 
die Feminina auf -o. 

336. Die erste Klasse, Singular -a, Plur. -6, entstanden aus 
lat. -a, -ae^ umfasst ausser den Femininen der lateinischen ersten 
Deklination auch solche der dritten, vierten und fünften. So haben wir 
ntwra und stwcera, deren Grundlagen nura, socra statt nurtiSy socrus 
übrigens schon auf lateinischen Inschriften sehr oft auftreten, dann 
rabbia , scabbia , faccia , ghiacda , altital. dia. Namentlich treten 
zahlreiche Feminina aus der dritten über : suora , moglief a^ grata^ 
ghianda, Uta, fasda, pancia, Jrana, ferrana, cespita, greggia, 
poppa, fronda j lenta^ scura, siepa, pesta, vesta, apa, coia Sacch. 51, 
ossa, canzona, sementa, pasctona, falcia Pulci 27, 66, lapida 2, 30, 
tossa 4, 88, sieda Bocc. Am. Vis. 17, grua. Dann sala die Achse, aus 
VaMole, woraus zunächst la sah. ferner einige Neutra pluralis § 329, 
trtbuna, die griechischen Wörter auf -ma § 332, und andere griechische 
Wörter wie madia, ancona^ lampana, domada. Vereinzelt und nicht 
recht klar ist reda aus heres, Loda und froda sind wol eher als Post- 
verbalia zu fassen , sorta ist französisches , fusta griechisches Lehn- 
wort. Weit mehr bieten die Mundarten. La mana ist vulgärtoskanisch, 
vgl. le mane Pulci 7, 64, apa für apis siz., kalabr., emil., aven.; ega 
die Nadel aretinisch, aga, aha abruzzesisch, zu rabbia gesellt sich sard. 
sanga; im Eomagnolischen wird die ausdrucksvolle Endung a für 
Feminina der indifferenten -e sehr häufig vorgezogen : bota^ burazna, 
feha, felza (falce), furnesa, lenta, pesta, polsa, pomsa, radisa, 
fr&oa MussÄFiA, Romg. § 236. Das Lombardische, namentlich das 



§ 335. 336. 337.} Nominalflexion. 189 

Stadt -Mailändiscbie, geht weniger weit^ vielleicht etwas gehemmt 
durch den Einflnss der Schriftsprache, vgl. übrigens vertesa, wohl 
aber zeigen die tessiner Mundarten wieder zahlreiche Beispiele, so 
führt Salvioni, Arch. Glott. IX 227 an: tossa, tora, süra [scure), 
fela, fornasa, larza^ sarza, Spiena, pessa (pece) , nosa (noce) , und 
S.259Ä;a/a, frosa (/orbice), dann das genues. serventa, dota^popay 
tosa, Arch. Glott. X 157, aven. hota, fornasa, rvusa^ osta, pernisa, 
vida, volpa in den Glossarien, bei Kuzante^^ra, fornasa. Ebenso 
im Süden vgl. reita, peca (pece), senepa, cen§ra, tosa u. s. w. in 
Campobasso, kalabr. ttissa, turra, cinnera u. s. w., karna^ cestunyia 
u. s. w.; varilOj kanala, luma in den Abruzzen, tarent. pedda, pilu- 
sina {fuligine)y pitüina (impetigine) , Von besonderem Interesse 
sind emil. lomb. pulga^ pluga und ital. rddica, wo also das a schon 
in einer Periode eingetreten wäre, wo c vor e noch gutturale Geltung 
hatte. Während die weite Verbreitung eines Typus rädica, nament- 
lich auch in germanischen Sprachen , das hohe Alter des Wortes zu 
sichern scheint, ist für pulica die Annahme einer jüngeren Entstehung 
schon darum nötig, weil das Wort sich auf engerem Gebiete findet 
und weil es im Lateinischen noch Masculinum ist. Etwas anders ge- 
artet ist ven. piera pomega, wo pumex adjektivisch gebraucht wurde: 
pumicus, pumica. Auch die griechischen Wörter auf tj treten zu- 
weilen in diese Klasse hinüber , sp gebraucht Varchi sincopa Erc. 3, 
vgl. sirofa, pentecosta. 

336. Das Altitalienische zeigt nun mehrfach -i als Plural der 
Feminina auf -a. Am häufigsten findet man wohl leporti, das selbst 
Boccaccio 3, 2 gebraucht, das Hibsgh, Zs. X 58 aus dem Senesischen 
belegt, das sich bei dem Pisaner Sardo 176, 134, 143, 150, 164u.s. w. 
findet, dann aber sMoh festij veni, spalli, erbt, le calendi Bocc. 3, 8, 
veni 7, h^pagini^ vgl. Nannxjcoi S. 259 ff. In den einen und andern 
Beispielen darf man wohl Accusative sehen, so ist z. B. bei calendae 
das Überwiegen des Accusativs über den Nominativ ganz natürlich. 
Inporfi scheint porto mit porta verwechselt, in festi hat vielleicht 
giorniy in pagini die Subsatntiva auf Higgini Einfiuss geübt, bei erbi 
ist ein vulglat. Neutrum ervus, vgl. erborare, in Betracht zu ziehen : 
neben Plur. auf -ora stehen sonst solche auf -/, nicht auf ~e. Einige 
der von Hibsch, Zs. X 58 angeführten dürften auf blossen Schreib- 
fehlern beruhen 1). 

337. Die Klasse II* Singular -a Plural -i umfasst die Masculina 



1) Anders d'Ovidio, Arch. Glott. IX 90, der darin Einfluss der Fe- 
minina der 3. Dekl. sieht. Es strebt aber im Gegentheil die Sprache da- 
nach, die Endung der. Fem. I auf III zu übertragen, s. § 347. 



190 Formenlehre. [§ 337. 338. 

auf -a. Wir sehen hier die Tendenz , allen männlichen Substantiven 
im Plural dieselbe Endung zu geben , auch im Toskanischen durch- 
geführt, während eine ähnliche Kegel für die' Feminina sich zwar in 
manchen Dialekten und in der älteren Schriftsprache findet, nicht 
aber zum Durchbruch gekommen ist, s. § 347. Übrigens ist zu be- 
merken, dass die alte Sprache oft noch e zeigt, so eresiarche Dante 
Inf. IX 127, omicide Inf. XI 37, pirate Inf. XXVIII 83 u. s. w. oder 
aber die betreffenden Wörter gar nicht flektirt : K papa Sardo 115, 
li dtica Intell. 240, 253, 262 und äsen. U omicida Zs. X 58, aneap. 
li poeta Kat. n 409^ und noch heute im Mailändischen Salyioni 
116. Dass das i erst spät angetreten ist, ergiebt sich auch daraus, 
dass die Gutturalen unverändert bleiben: collega, colleffht, duca, 
duchi, woneben collegi bei Sacchetti einigermaassen überrascht. — 
Zu dieser Klasse schlagen sich auch die griechischen Neutra auf ma^ 
wie drammaj tema, epigramma u. s. w., sofern sie nicht Feminina 
geworden sind § 332. . 

388. Die Klasse 11^ Sg. -o, Plur. -e = lat. -us, -um, -i umfasst 
die Maskulina und den grössten Theil der Neutra der lateinischen 
zweiten. Ebenso hat sich* die vierte zu ihr geschlagen. Mit Ausnahme 
von la mano, le mani sind alle ihr zugehörigen Substantiva männlich. 
Aus der dritten lateinischen sind einmal die neutralen 5- Stämme zu 
ihr übergetreten: tempo, tempi^ ,lato , /a^t u. s. w. § 325. Dann 
haccano aus baccana[l)^ capo, marmo aus marmo{r) , zolfo, sastro, 
ladro und andere Nominative, s. § 314, dann alber o, vielleicht aus 
dlbore umgestellt , j^a^^^o, assero, fascio , pescio , comito, consolo, 
erinOy otro, fusto, saldo, tralcio, codico, sorcio, ghirOj consorto, 
vermo bei Dante, collo ebenda, sorco Inf. XXII 58, alfabeto, fantas- 
mo, piratOj piloto. Auch in den Mundarten, die -o bezw. -w be- 
wahren, treten Maskulina der dritten häufig in die zweite über, vgLlecc. 
apu, kalabr. prisiepUj travu, carcerUj assu und sogar nominu, wäh- 
rend sangu aus sangue vielleicht lautlich zu erklären ist, vgl. § 128. 
Sodann im Genuesischen ^ wo Flechia , Arch. Glott. X 1 5 7 aus alter 
Zeit anführt arborOj grezo (gregge) ^ marmaro, martiro , pontißco, 
principOf pexo, setembro, sorfaro^ vermo ^ sacerdoto^ bei Bonvesin 
prencepOjßumo, consolo. Auch die Glossare bieten manches Beispiel: 
azalo, erpego^ fradOj cano, principo , sacerdoto u. a. Mussafia 18. 
Principo begegnet auch bei Fra Paolino , Ugucon und in den Prov. 
Ani abadho u. a. bei Ugu9on Toblek, S. 20 ist wenig Gewicht zu 
legen, da o wahrscheinlich gar nicht gesprochen wurde, allerdings 
findet sich gerside abhado auch in der Cron. Imp. — Beachtenswerth 
ist der Stammauslaut in sorco, das wol erst von sorci nach dem Muster 
porco : porci gewonnen ist, dann aven. pontißco Cron. Imp., codego 



1338.339.] Nominalflexion. 191 

Fra Paol. ; in nofdital. erpeg = erpice Arch. Glott. n 9 Anm. 
wird das Verbum erpegar von Einfluss gewesen sein. 

339. Unter den Besonderheiten dieser Deklination ist zunächst 
hervorzuheben der Vokalunterschied zwischen dio und dei, der sich 
aus der Lautlehre erklärt, s. § 96. Femer die Stammverschiedehheit 
in uomo, Plur. uomintj der aber die Mundarten theils. ein^n Singular 
uomine, theils einen Plural uomi entgegenstellen, so im Chrysostomus, 
in Piazza Armerina und ihi Altgenuesischen Arch. Glott. I 158. Im 
Weiteren dann die Flexion Sing, -ato, Plur. ari : notaio, Band. Lucc. 
175, 203, 22S, notari 179, 220, 228, denaio 228, danari22iy 222, 
milUaio 215, portonari 218, massari 217, ccdzolaio Graz. 236, ge- 
nau), febraio 236, calzolari 239, tegolari n, a. 240, aus der sich 
wohl auch Romeri zu Romeo Intelligenza , Giuderi zu Griudeo XIV 
Scritt. 27 erklärt. Im Weitem sind zu besprechen die Plurale auf -ae, 
-ei statt -alt, -eilt. Aus den sorgfältigen Untersuchungen von 
Oaix, Orig. 208 ergiebt sich, dass die auch heute nur der Dichter- 
sprache erlaubten Formen cavai, capei, animai, ßgliuoi der ältesten 
toskanischei^ Prosa und selbst Francesco da Barberino noch fehlen, 
dass nur in der Tavola Rotonda cavagli, capegli u. dgl. erscheinen 
und dass diese Formen mit / allerdings in senesischen , vorab aber in 
umbrischen Texten zu finden sind (vgl. dazu § 110). Erst Guittone 
d'Arezzo und der Verfasser der Intelligenza führen sie dann in die 
Litterärsprache ein und ihnen folgen andere Dichter, selbst Dante, 
vgl. animai Inf. II 2, ßgliuoi Inf. XXIII 48, augei Purg. XXIV 
26 u. a., Zehle S. 42. Endlich was den stammauslautenden Guttural 
betrifft, so kann wohl als Regel gelten, dass er vor dem i des Plurals 
durch den Palatal ersetzt wird, vgl. amico, amici, porco, porci, men- 
dico, mendici, monaco, monaci u. s. w. Es giebt nun aber eine Reihe 
Ausnahmen zu der Regel. Antico bildet antichi, doch erklärt sich das 
ohne Weiteres aus lat. anticus, antiqui, vgl. übrigens aven. antisi na.ch. 
amisi Fa,ol, XLV 4, Pass. Ver; 36, ferner ßchi zaßco, erst jüngerer 
Plural an Stelle des alten ^co =ßcüs s. § 352 , fuochi an Stelle des 
älteren ywocora, luoghi für luogora, laghi für lagora, giuochi, cuochi 
richten sich nB,e\i fuochi, Carico ist erst ein jüngeres, romanisches 
Wort, palatalisirt deshalb sein c auch nicht, also carichi, desgleichen 
manico, fondaco. Ebenso wenig die Buchwörter grechi, maghi^ 
neben welchen die alten festen Verbindungen vini greci, i tre re magi 
bemerkenswerth sind. Die Mundarten führen die Ausgleichung zwi- 
schen Singular und Plural weiter durch, so lautet der Plural zu amig 
wieder amigiin Lugo. Andrerseits verschleppen, vor wiegend im Plural 
gebrauchte Wörter den Palatal in den Singular , vgl. mail. fon^ und 
sparg ^=^fungo^ sparago, deren Entstehung aus dem Plural Salvioni, 



192 Formenlehre. [§ 339. 340. 

Mail. 252 richtig erkannt hat. Spareso findet sich auch im Venezia- 
nischen, fun§o^ funco im Süden. Auch abruzz. hufwke = hifoho 
wird c vom Plured bezogen haben, ebenso yun^ej porce. Zweifelhafter 
bleibt lomb. amiSj paduan. amiso, die man zwar auch von atnici her- 
leiten könnte y obschon gerade bei diesem Worte eine Umgestaltung 
des Singulars nach dem Plural auffällig wäre. Dazu kommt, dass auch 
das Prov. und Afrz. amis mit festem $ kennt, eine Herleitung dieses 
amis aus amici aber fürs Provenzalische au'sgeschlossen ist. Die Er- 
klärung bleibt noch zu finden ^) . 

840. Die dritte Klasse enthält die Substantiva der lateinischen 
dritten Deklination und diejenigen der fünften, die sich nicht zur 
ersten geschlagen haben, slBofede, meriffffie, madiere u. a. Ausser- 
dem hat sie aber auch von der ersten und zweiten Zuwachs bekommen. 
Aus der ersten übergetreten sind ala, redina^ arma. Bei Sacchetti liest 
man noch le arme 119. Der Deklinations Wechsel hat in diesen Wör- 
tern auf dieselbe Weise stattgefunden, wie in den § 329 besprochenen 
Fällen derjenige vom Neutrum pluralis zum Femininum singularis, die 
Plurale alej arme werden in kollektivem Sinne zu Singularen. Aus 
der zweiten sind zeitweilig übergetreten pomo , vgl. tl pame Dante^ 
Purg. XXV 47, Pulci 2; 8; 8, S9;/ume nehen fumo und das Buch- 
wort^me xiebenßmo. Der Übergang wurde hervorgerufen durch die 
zahlreichen Wörter auf -ame, -ume^ -wwe, ebenso schliesst sich pa- 
tronus an die vielen Bildungen auf -one an, daher padrone. Dann im 
Suffix -iere = arius, das aber allerdings nur indirekt hierhergehört, 
da es nämlich aus dem Französischen stammt. Von unregelmäesigen 
Bildungen ist bite, PI. buoi nach § 96 zu nennen. Suffixvertausehung 
liegt vor in carpine aus carpintes, das sich an andere Wörter auf -ine 
angeschlossen hat, vgl. auch modine neben modano und venez. päd. 
frassine. Dagegen entsprechen dem iisl,folice rmäfolaffa schon im 
Lateinischen die Doppelformen y^fea; VLndfulica, Nicht recht klar ist 
macine aus macina. Es könnte sich wie redine erklären oder aber 
wie carpine, Aven. zenere [zenero) Arch. Glott. IV 262 dagegen 
dürfte zener lauten. Auffällig sind la sore^ la mane im altvenezia- 
nischen Exempelbuch 999, 563, m^zne auch Paol. Nicht recht klar 
ist la tempre bei Alamanni im Reime, aste Pulci XVIII 66. laportCj 
z. B.porte S, Piero, porte del Duomo, portisan Brancazio e porte 
Santa Maria ViUani III 2 mag eigentlich Plural vorliegen. 

1) Ich kann auch AscoLi's Auffassung, Arch. Glott. II 423 Anm. nicht 
beistimmen; wonach amis ein alter Nominativ sei. Gesetzt, der Ausfall des 
o sei in Norditalien wie in Frankreich älter als der Schwund des 8, so 
bleibt doch immer merkwürdig einmal, dass der Nominativ geblieben ist 
und dann, dass in Frankreich amis neben am%{c) als Accusativ dient. 



§ 341.] NomiDalflexion. 193 

• 
341. In die vierte Klasse gehören die lateinischen Neutra der 2. 
Deklination. Es ist aber zu bemerken, dass bei Weitem nicht alle 
ihren Plural behalten haben , sondern dass sich nur eine kleine Zahl 
gerettet hat, meist solche, deren Plural auf -a kollektive Bedeutung 
hat. In vielen Fällen stehen Flurale auf -t und -a neben einander, 
wobei dann meist jener eine Mehrheit von Einzelheiten , dieser eine 
Gesammtheit ausdrückt, vgl. os&i Knochen, ossa Gebeine. Es gehen 
übrigens die Dialekte hier ziemlich stark auseinander, denn während 
der Norden und Sardinien die Bildung auf -a fast gar nicht kennt, 
nimmt sie überhand, je weiter man nach Süden kommt. Den Grund 
für diesen wesentlichen Unterschied zwischen den Mundarten diesseits 
und jenseits des Apennins, sowie dafür, dass die a-Plurale mit weib- 
lichem Artikel und Adjektiven verbunden werden, wird § 344 bringen. 
Eine Materialsammlung giebt L. L. Bokafabte, On neuter neo-latin 
substantives. Transact. philolog. Society 1880 — 1881, 15* — 64*. 
In erster Linie mögen die von der heutigen Schriftsprache anerkannten 
verzeichnet werden. Es sind einmal paarweis vorkommende Körper- 
theile : braccia, cdlcagna, ciglia, corna, ginocchia, labbra, nebst 
membra und ossa. Ihnen schliessen sich zwei alte Maskulina an: 
gomita und dita. Da so die Endung -a bei Körpertheilen meist 
kollektiv ist, so wird auch orecchia als Plural gefasst, vgl. le orecchia 
.Ditam. IV 11 und erhält den Singular orecchio, vgl. gli orecchi Bocc. 
3, 3. Desgleichen sagt man h unghia, le mascella, le nocca; guan- 
dttj wozu allerdings ein Singular unghto, nacco noch nicht geschaffen 
scheint. Weiter ist die Kollektivbedeutung klar in legna Brennholz, 
frutta Obst, uova,ßla Charpie, auch no6kfondamenta^ in risa Ge- 
lächter, wonach gridoy weniger in castella, fastelluy lenzuola^ nach 
welchem lecoltra gebildet wird, und in mura und sacca, die im La- 
teinischen noch Maskulina waren. Endlich bleibt noch das Buchwort 
gesta Heldenthaten, das zwar von dem modernen Sprachgefühl oder 
wenigstens von den Grammatikern als Plural zu gejsto = gesttcs ge- 
fasst wird, aber im Grunde ein ganz anderes Wort ist. Für sich stehen 
Zahlbezeichnungen: paja ^ miglia, centinaja, migliaja. Volks- 
sprache und Schriftsteller aber kennen noch sehr viel mehr Beispiele 
und zwar geht die ursprüngliche Bedeutung des -a meist verloren. 
Auf lateinischen Neutren heruAyen ferravecchie, y^, ferra InteUi- 
genza 167, letta Sacchetta 48, Bocc. 2, 7, tetta Sacch. Sßjßla Pulci 
5, 44, multna, mascella bei Bemi und Pulci 2, 23, quadrella Pulci 
8, 8, suola, das noch mit zu den Körpertheilen gerechnet werden 
kann, auf Maskulinen yi/sa, passa Ariost Cass. 21 , cogna Sacch. 53, 
grada, coltella Bocc. 2 7, Sacch. 98, martella Celleni, pugna Faust- 
schläge Bocc. 21, Sacch. 24, tona Intell. 109. Dann ist noch terga 

Hey er -Lfiibke, Ital. Grammatik. 13 



194 Formenlehre. [§341.342. 

• 
zu nennen bei Monti,ya«cVa, femer italienische Neubildungen yneforo, 
das Loch, Plur. fora Dante Purg. XXI 83, dondola Ohrring bei Buo- 
narroti Fierall 1,13, wieder Bezeichnung eines paarweise vorkommen- 
den Gegenstandes, le grida ed urla Guicciardini IX, ffuscia. Aus der 
dritten Deklination wüsste ich nur le crina bei Ristoro d'Arezzo an- 
zuführen, der damit ein le coma verbindet, das übrigens auf ein vul- 
gärlateinisches crina, das Haar in kollektivem Sinne zurückgeht , da- 
her jetzt bologn. la kreina. Bei dem Pisaner Sardo finden sich mu- 
relkt 243, quadrella 143, balesfra 102, 132, carra 118, mulina^l, 
istaca 117, paramenta 79. Das heutige Montalese kennt dagegen 
nach Neäucci nur prata, dita, frutta. — Sonst mag aus ScTirift- 
stellem noch erwähnt werden: son sette le mortäl peccata bei Cecco 
de Angiolieri (Nuova Antol. XXV 24), le letta 26, cogna 23, cuma 
28; bei Guido Cavalcanti steht le cammina 41, 12 ; in den Seneser 
Statuten liest man commandamenta , usda, ordinamenta. Dagegen 
wird fata bei Dante Inf. IX 97 Latinismus sein und dem Reime zu 
Liebe scheint le sepoltura Intell. 103 zu stehen. 

342. Gehen wir nach dem Süden, so sind wie gesagt die Formen 
noch häufiger. So in den Croniche Aquiline: castella 59, 77, pro- 
verbta 104, balestra 423, manchanellal 424, 11 117, forna 532, 
letta 722, poma 778, monestera 795, baca 775, cancella 598. In 
bist. Rom. frg. vestimenta 1,9, fonnamenta 1,8, adornamenta 1,9; 
castella 1, 9, vasella 1, 8,palazza 1, 9, carra 1, 9, cortella 1, 10, 
valestra 1, 12, santuaria 1, 10, vescovata 1, 11. Bei Cola di Rienzi 
horniddia^ll^ adulteria 399, omamenta 405, casamenta 489, vesti- 
menta 417, castella 415, tavolata 427, steccata 427, demonia 433, 
oliteta 507. Bei Rusio sttidia 5, signa 13, 81, cannella 69, merita 
13,/rena 79, principia 85, rimegia 85, 153, vitra 91, nara 125, 
nasa 133, solar a 197, 6, intestina 191 u. s. w. Einige dieser Wörter 
können Latinismen sein, doch zeigt ein Blick auf die. heutigen Mund- 
arten, dass in der That a sehr an Ausdehnung gewinnt. L. Bokjlfabte 
führt aus dem Neapolitanischen an: annella, harhana^ karra, cer- 
vella, cellevrellaj cetrola, comecella, kotofla, hresommola, koyera 
(cuoia) , koma, denohhya^ detella^ deta^ forna, fosa, grana^ goveta, 
lenzola, leüa, mi^ara, miFa, mela, moga, mura, nereva, nespola, 
nodeka, palara, para^ pedamenta, perkoka, pertosa, pedeta, pera, 
pruna, ponia, stentina, sorva, telara, telleka, tommola. Aus Süd- 
kalabrien: kuktidda,ferra,ßletta, tumara,mustazzola, magametta^), 
appartamenta, ßkata^ granara^ grupuna^ peramenta^ stentina^ orta, 



1) Als Bedeutung vird Teufel angegeben; das Wort stanimt selbst- 
redend von dem Eigennamen Mahomed» 



§ 342. 343. 344.] . Nominalflexion. 195 

vestita u. s. w. AusserordenÜich zahlreich sind die Plurale im Sizili- 
anischen. Da hier -e und -i zusammenfallen, so war eine Möglichkeit, 
die beiden Geschlechter formell au trennen, ausgeschlossen. Da nun 
aber ein Theü der Substantiva (Maskulina) auf -u den Plural auf -a 
bilden, so wurde nach und nach a überhaupt zum Suffix der Masku- 
lina verwandt. Der Process ist ein allmählicher und heute noch nicht 
abgeschlossen. Die alten Texte bieten noch wenig Beispiele : yoma^ 
muraj Uffna, omamenta, vestimenta, fundamenta, vgl. auch Pabi- 
SELLE S. 38. Heute aber hat a gewaltig um sich gegriffen, wie das fol- 
gende Verzeichnisa zeigt', dem Pitr6*s Glossar zu den Sprüchwörtern 
zu Grunde liegt. Es bilden den Plural auf a die Nomina actoris auf 
-turi: muscaturi, tinciiuri, auf -arw: mulinaru, vurdunaru, mmu- 
nnizzaru, cirkittaru, pasttzzaru , auf -m: rigatteri^ ffucceri, Bil- 
dungen auf -wm : skupunif skirpiuni, skaluni, hudduruni [foccac- 
da), timpuluni, garzuni, K^i -olu. ßrriolu^ mariolu, femer qucLggya- 
reddu (ventricolo degli animali ruminanti), rinoleddu, carrateddu, 
munzeddu, quasaru [calzare), rinali {orinale) , sdiruhbu, citroluy 
Jcaskavaddu [cddocavaUo], kyumazzu, krivu, tammurUy lebbru {le- 
ptcs)y strunzu, kurtiggyu, tumazzu (Art Käse), vapurij paggyahru, 
oggyaloru, peditUj pinninu (pendto), spitu, niggyu, tümminu u. s. w. 
Nach Norden reicht -a nicht. Sardinien fehlt es völlig und für das 
südliche Korsika bringt Falcucci bei Pap. 579 li preta, Kpecura^ U 
fiora, li gona »e simili<r und es dürfte allerdings die Qualität der Bei- 
spiele für ziemlich starke Ausdehnung des a sprechen. Im Bologne- 
sischen finden wir karra, dida^ßla^ leüa, meya, imRomg. hrazza^ 
kara^ kozza^ dida, ßla, ftisa^ mella, nUera [migliaja), s. Mussafia, 
Bomg. § 245. Bonvesin kennt nur milia und paira, dazu neumail. 
Sra^^sa = Ellen, dida, karra, wogegen im Venezianischen und im 
Genuesisch -piemontesischen die Beispiele völlig fehlen, maria bei 
Buzante ist Latinismus , dea bei Calmo ist als Maassangabe zu be- 
trachten. . 

343. Um noch mal darauf zurückzukommen, dass im Toskani- 
sehen die Plurale auf -a Kollektivbedeutung haben, so ist noch zu be- 
merken, dass die alte Sprache zuweilen bei demselben Worte ohne 
Verschiedenheit der Bedeutung mit -a den Plural, mit -i die Mehrzahl 
von Einzelheiten angiebt. So sagt Sacchetti 48 /& letta aber uno di 
quei lettiy ähnlich Boccaccio uno dei diu 2, 1, der Dichter der Intelli- 
g^nza le demonia 151 aber dei demoni 152, 153, 154. 

344. Der Norden hat dafür Plurale auf -e, mit andern Worten, 

der Übergang vom Neutrum plurale zum Femininum plurale, der 

im Centrum und Süden nur bei Artikel^ Pronomen und Adjektivum 

c stattgefunden hat, ergreift hier auch das Substantivum. Ob auch die 

13* 



196 Formenlehre. [§344. 

Toskana solche Formen kennt , ist fraglich. Qiuliani yerzeichnet in 
seinen Delizie del volgar Toscano I 398 lefusa aber il votaftMie, von 
ßlacdo lAißlacda unäßlacce gebräuchlich. Auf membre bei Dante 
Inf. XXIX 51 im Reime, le lodelle Intell. 279 ist nichts zu geben, 
ebenso wenig auf einige Beispiele bei den alten Lyrikern, Caix, Origini 
207, eher auf vestiffie bei Dante und Cellini. Trotzdem kann man sie 
wohl der Toskana absprechen. Wohl aber erscheinen sie südlich in 
Rom, wenigstens bezeichnet Bonapaste bracce, hudelle, ^mokkye, 
lahre als römisch, femer nördlich anelle, kome, dinokye, dite, labre, 
lamente, stride, membre u. s. w. als nordkorsisch. Dann also finden 
sich solche Formen in allen norditalienischen Mundarten , vgl. romg. 
088, koren, ov, die auf 088e, kome, ove, nicht auf 08sa, koma, ova 
beruhen, ^.vlqYl znocc ^ amail. &racß, membre, 088e, ove, castelle, 
carre, die, gomedhe bei Bonvesin, Mussapia. § 86, ydole bei 
Bescap^ 142, apaduan. brazze, buelle , cegie beiRuzante, aven. 
braze, ydole, btidele, dede, 088e bei Fra PaoÜno und in der Cronica; 
ve8ttmentey pradhe, brage Ugu9. ; agen. membre, pecae^ rame, idole^ 
done, cdlcagne, ove, auch reme, nie [nidi] u. a. Arch. Qlott. X 158. 
Aus seiner ferraresischen Muttersprache führt ArioE^ le ginocchie in 
die Litteratur ein Cass. 5, 1, Sat. IV, ebenso membre Ariost Sat. YII. 
Wenn schliesslich Dante f rotte Inf. XX XTTT 119, membre Inf. 
XXIX 51, Purg. VI 147, calc(igne^^X!L 21 braucht, so beachte man, 
dass alle diese "Formen im Reime stehen. — Der Grund nun für diesen 
wesentlichen Unterschied in der Behandlung des Neutrum pluralis 
zwischen Nord und Süd ist wohl zu suchen in der verschiedenen Be- 
handlung des -8. Die Entwicklungsgeschichte des Plurals auf italie- 
nischem Boden stellt sich in Kürze folgendermaassen dar : 

I. Periode Nom. iUi cavalli illae coronae üla membra 

Acc. illos cavällo8 illa8 corona8 iUa membra 
II. Periode. Das 8 des Accusativ pluralis tritt im Artikel und im 
Adjektivum und Pronomen auch an das Neutrum, und diQ daraus re- 
sultirende Gleichheit des Neutrums mit dem Femininum zieht auch 
im Nominativ gleiche Formen nach sich : 

Nom. Uli cavalli ülae coronae Ulae membra 

Acc. illo8 cavallos illa8 Coronas illa8 membra, 
III. Periode. Das s verstummt im Süden und Centrum, der Accu- 
sativ geht verloren. Im Norden bleibt 8 bestehen, der Ausgleichungs- 
process schreitet weiter, die neutralen Substantiva nehmen die Form 
des Artikels an. Also 

Süden : Uli cavalli illae coronae illae membra 
Norden : Uli cavalli ülae coronae illae membrae 
illo8 cavallo8 illa8 corona8 üla8 membras. 



§ 344. 345. 346.] Nominalflexion. 197 

• 

Dann tritt hier Abfall des $ und Verlust des Accusativs ein. Im 
Sardischen, wo -^ stets bleibt, verschwinden dann die Neutra völlig. 
Diese Auffassung wird durch einen Vergleich mit den andern roma- 
nischen Sprachen bestätigt, was hier allerdings nicht weiter ausgeführt 
werden kann. 

346. Schon § 341 ist orecchio aus orecchia durch die Vermitt- 
lung der Kollektivform auf -a erklärt worden. Es scheint nun , dass 
eine Reihe von Femininen auf demselben Weg zu Maskulinen ge- 
worden sind und dann die ursprüngliche Form entweder ganz ver- 
schwunden oder in EoUektivbedeutung geblieben ist. Ein schönes 
Beispiel ist namentlich massa Haufen neben masso Felsstück. Einen 
Plural le midolla zitirt die Crusca, daher dann il midollo. Femer 
mirmgio Darmsaite, vgl. h mintyia Dante Inf. XXVIII 25. Mit 
orecchio vergleicht sich coscio. Da ferner das KoUektivum im Ver- 
gleich zum Einzelwesen das grössere ist, so kann das Femininum 
scheinbar augmentativ werden, y^, fiasca neben ^a^oo, huca neben 
huco^ hugnolo neben hugnola, banca neben banco, coppo neben coppa, 
vielleicht aven. scorgo Exemp. 869. 

346. Die 6. Klasse beruht auf den lateinischen $- Stämmen. 
Sie scheint im Norden wie in Sardinien gatiz unbekannt zu sein^ ist. 
im heutigen Toskanischen nahezu ausgestorben, hat aber im Süden 
ziemlich stark um sich gegriffen. Die Schriftsprache anerkennt nur 
noch donora die Ausstattung, im Montalesischen haben sioii pratoraj 
ramora^ pugnora, arcola erhalten. Aus älterer Zeit dagegen bieten 
z. B. die Ricette fiorentine latora 1293, 1290, die Statuti senesi or- 
tora 33, 48, luogora 148, pegnora 172, horgora 294 neben borghi 
92, hoscora 300. In den Statuten von S. Maria del Carmine 42 findet 
sich auch nomora. Sodann ist staiora Plur. von staio = sextarius 
zu nennen, ein Wort, das eine Zeit lang ausser Gebrauch gekommen, 
dann irrthümlich als staiora ^ Sing, staioro, stiöro wieder in die 
Sprache aufgenommen wurde. Ferner findet man luogora bei Sac- 
chetti, pratora Intell. 1, 38, cantora 95, fornora bei Giovanni 
ViUani, gradora in den Cento novelle antiche, ferner digiunora^ cor^ 
pora, latora, lidoraj granora, pratora, tettora, campora, agora, 
arcora, fruttora, elmora, fuocora, lagora, nerhora, nodora, ortora, 
palcora, pianora, pannora, sensora, sestora, suonora. Aus dem 
Senesischen bringt HntscH, Zs. X 59 noch cambiora, sestora, bustora 
u. a. bei. In den peruginischen, aquilinischen und römischen Denk- 
mälern des Mittelalters begegnen sodann sehr viele Beispiele, vgl. 
nomore Doc.Perug. Arch. Stör. XVI 2 ; focora Chron. Aqu. 187, co/- 
pora 311, quartora 309, locora 11 507, nomoraH 683; locora Hist. 
.Rom. frg. 1, 1, arcora 1, 3, pecora 1, 3, corpora 1, 3 ; 1, ^,ßcora 



198 Formenlehre. [§346. 

.1,5, capora 1, 9, coratora 1^12 ; Cola diRienzi capora 419, sonnora 
A3\,focoraAbb, ventoraA37, corpora ^^1 ^ ßcora 455, cKnoraiSdj 
Bei Rusio coratora 3, adiutora 3, corpora 5, tempora 29, latora 59, 
flancora 9, 129, cotora 45, locora 17, 29, cihora\^^ficora 53, ca- 
j»orö 89 , maiora 101, ammura le pulzura 181, ^iom^ra 211. Aus den 
heutigen^ Mundarten vgl. t?w^öra in Teramo, payesera, ßcura, mare- 
tera, nerrera (nidi), dann auch casera von ca«a in Campobasso Arch. 
Glott. IV 82. In tronela aus tronera ist das r der Endung durch 
•Dissimilation zu ? geworden. Femer in den Abruzzen luper e^ tett^rq^ 
detere, lehumere und auch hier von einem Femininum viyeyyere^ in 
Terra di Lavoro lettore , tokkor^, kator^, tronole Mnd faccerCy in 
Cerignola deSetere, okyere, osserCj kapere, Senokyere; okyere auch 
in Bari; neap. okera, ortora, in Bagn. Puzz. bagnora; in der Katha- 
rina gayora, lenguayoray lumora Mussafia § 84 ; siz. korpur a, yo- 
kurajfokuraj voskura, sonnura, sangura. Vor allem aber sind sie 
zahlreich im Tarentinischen und damit ist der Anschluss ans Ru- 
mänische, wo sie noch gewöhnlicher sind, gewonnen. Das Suffix 
lautet nun aber hier -tri. Zunächst scheint -a durch das -e der übrigen 
Stämme verdrängt, dann das tonlose -u- dem Auslaut angeglichen zu 
. sein. Wir haben also: aceddiri (uccelli), kappeddiri, muleddirij 
muntonirij moskiri, panared^irij pirtosiri, pioniri, stozziri, stanka- 
reddiriy tutiri, vankri (sie!), varkoniri, vasareddiri, zazareddiri^ 
lezziri, kuverkiri, und von einem Adjektivum tignosiri. — Auch die 
Plurale auf -ora fehlen Oberitalien und Sardinien und auch dies wird 
wieder in dem späteren Verstummen des s seinen Grund haben. Wir 
erhalten im Süden : 



^ 


[. 


II. 


loco 


loci 


tempo tempora 


loco 


loco 


tempo tempora 


im Norden dagen ; 






locos 


loci 


tempos tempora 


loco 


locos 


tempos tempora 



Ein Übergriff von II auf I war somit, da der Nom. Singular bald 
verloren ging, ausgeschlossen und die wenigen alten Plurale auf -ora 
verschwanden ^) . 



1) Hier mag noch eine nicht recht klare Behandlung des Singulars 
dieser «-Stämme erwähnt werden. Mtjssafia, Beitrag 18 verzeichnet lati 
aus latus und bemerkt dazu^ dass sich diese Form neben lai auch sonst 
" im Altvenezianischen finde, femer im Tristan und Bovo pefti, nnd im Glossar 
das Adjektivum fundi, »Alle drei angeführten Nomina sind nun solche, 
welche von Präpositionen begleitet, leicht adverbielle Lokutionen ergeben«. 



§ 346. 347. 248.] Nominalflexioiu 199 

« 

Anhangsweise mag hier caput erwähnt werden; den Plural capeta 
braucht Ristoro d'Arezzo oft 3b 32; 19b 16; 32b 25 u. s. w., auch 
elimata 39 a 35 ; 46 c 20 u. s. w. 

347. Die 7. Klasse endlich gehört ebenfalls der alten Litterär- 
spräche und manchen Mundarten noch heute an , während das spätere 
Florentinische sie verschmäht. Sie verdankt ihre Entstehung dem Be- 
streben, die Deklinationen nach Geschlechtern zu ordnen, also wie 
sämmtliche Maskulina auf lautlichem Wege -e als Pluralzeichen erhalten, 
so sämmtlichen Femininen das e zu geben , das schon in der über- 
wiegenden Mehrzahl vorlag. Beispiele aus altern töskanischen Texten 
sind h mane Chron. Pis. 65, le chiave 52, le parte 50, le coiidan- 
nagione 65, fe torre 59, le conditione 54; le conßne Sardo 147, le 
nave 85, le parte 87, le valle 97, 187, le mane 112, le gente 119, 
le nomtade 107 und selbst im Tesoretto: vertute, parte , gente ^ vgl. 
Zs. YHjfauce Intell. 17, veste und bei Dante : prece^ consorte, /ace, 
dape, Concorde im Reime, märce im Innern des Verses, Zehlb, S. 67. 
Auch Cellini braucht sie noch, s. Flechia, Riv. fil. class. 191. Fürs 
Senesische bringt HntscH, Zs. X 60 eine Reihe von Beispielen: boce^ 
falce^ dote^fune^ gente, nuhe, parte, vergine, lape u. a. Auch nörd- 
liche Mundarten zeigen e in älterer Zeit, so das Altgenuesische, vgl. 
ihave, nave, messe Arch. Glott. X 157, das Mailändische, vgl. le 
nave, doe parte, voce u. a. bei Bonvesin, MrssAFiA § 85 und das 
Altvenezianische, vgl. conßne, vertude, veste, rede, parte, ymagine 
in der Cronica degli imperadori Arch. Glott. DI 260, parte, pene, 
carcere, virtude u. a. und auch le mane, lefighe im Exempelbuch, 
Don ATI 28, in der Hamiltonhandschrift, vgl. Tobleb, Ugü9on 19, 
Cato 20, Arch. Glott. X 241, Rafael 25, die Cronica; die altvero- 
nesischen Texte, wie die Passion, Fra Giacomino. Unter lebenden 
Mundarten, die die Regel streng durchführen, ist das Kalabresische 
zu nennen, für welches Scebbo 8. 51 ausdrücklich bemerkt: »i femi- 
nili in e non cangiano desinenza«, und nach Nannttcci Teorica dei 
nomi 248 wären le rene, vite, botte, parte, gente, chiave u. s. w. die 
vulgärtoskanischen Formen. 

348. In vielen südlichen und nördlichen Mundarten wird der 
Plural gemäss den § 32 u. 45 besprochenen Lautgesetzen durch Umlaut, 



Es wäre also das t das adverbielle. Dazu vergleicht sich das von Nannucci 
S. 183 belegte aguadi, wofür man, sich auf afrz. gtiez mit festem z berufen^ 
ein Neutrum vadus annehmen könnte. Allein das afrz. feste z erklärt sifch 
ganz anders, s. Rom. Gramm. I § 557 und da wir somit auch von eihem o-Stamme 
eine Bildung auf -i in adverbieller Funktion haben, so wird dadurch 
Müssafia's Auffassung gesichert. 



200 .Formenlehre. [§348.349. 

d. h. durch Wandel des betonten Vokals gebildet. Je nach dem Um- 
fang der betroffenen Vokale sind verschiedene Gebiete zu unterscheiden. 
Wfihrend » und u überall unverändert bleiben j bilden die Abruzzen- 
dialekte die Flurale der Maskulina nach folgendem Schema : 

Singidar a ^ ^ o q 
Plural € i ie u uo 
BÜsopaneypene, auir^y eutr^,kap^lle, kapillf, orze,urz§, forn§t fur- 
nfj porke, purke^ okkyq^ uohkyq. Die Wörter mit % und u als Stamm- 
vokal, die demgemäss die beiden Zahlen nicht unterscheiden können, 
behelfen sich mit der Endung -fTf, mdere^ mariterfj lupere,, vgl. 
§ 346 und Finamobe, Voc. Abruzz. S. 2. Ganz ähnlich in Teramo, 
nur dass der Umlaut zu a und ^ hier ebenfalls % ist : inne = anniy 
pitte, zu g ebenfalls u : sunf, und dass die Wörter mit ^ , 6 und aus- 
lautend u indeklinabel bleiben, da ihr Stammvokal gemäss § 32 auch 
im Singular zu ij u geworden ist. 

849. Im Norden haben wir nur ^ : t, in alter Zeit auch g : u, 
bezw. t^ § 68. Es ist aber der Umlaut o : u ganz verschwunden, wäh- 
rend e : i nicht nur geblieben, sondern sich noch ausgedehnt hat : nach 
qu^ll, cav^Uy Flur, qui, cavt, wo ^ aus älterem ^.entsanden ist, fol- 
gen im Mailändischen alle Substäntiva auf ^U. Wie wir hier die Aus- 
dehnung des innem Plurals über seine Grenzen sehen, so in noch viel 
höherm Grade im Tessin. Salvioni hat diesem Punkte ganz beson- 
dere Aufmerksamkeit gewidmet in einem Artikel: Effetti delF i sulla 
tonica Arch. Glott. IX 235 ff. Es ergeben sich für die Mundarten in 
der Val Maggia folgende Regeln. Die Maskulina mit a im Stamme 
lauten im Plural a zu e um : ht^ru ledri, mar mer, fnxssan fressan, 
auch panza {pancia) als Übername bildet i pema. Von Femininen 
folgen nur solche der 3. Konj. : vcd, veljfaUjfeU, Das e schwankt 
zwischen ^ und ^. Die Maskulina mit e lauten zu i um, ohne Rück- 
sicht darauf, ob altes q oder ^ vorliegt, also nicht nur verd vird, tec 
tiCy lefi lin, Sep iip u. s. w., sondern auch nerb nirb, lec Uc, Sterin 
{sterilü) itirli, her Hr und mit e aus a : Ker Kir, cer cir, Held liüd, 
Tcemp Tümp u. s. w. Die Maskulina mit o lauten zu ö' um : om ömen, 
kor kör, sort sört, korp körp, mol möl, povar pövar, coss [clausa) 
cö88y diejenigen mit g dagegen u\ fiorfiur^ sarto aar tu, spos ipm^ 
ro8S rtiss in Loco und Losone, ü in den übrigen Gegenden : fio fiü, 
sarto sartii, poz püz, kros krüs. Es liegt auf der Hand, dass nicht 
alle Beispiele gleichaltrig sind, sondern dass der fast ständige Umlaut 
die Folge eines mehr und mehr um sich greifenden Ausgleichungs- 
processes ist. Salvioni weist S. 244 darauf hin, dass eine nicht un- 
beträchtliche Zahl der Wörter mit ^ noch heute im Plural ihr e be- 
halten. Ferner ist pövar erst nach dem Muster von kor kör gebildet 



§ 349, 350. 351. 352.] Nominalflexion. 201 

zu einer Zeit, da au mit q identisch geworden war. Vgl. noch Rom. 
Gramm. I § 323. — Wie der Umlaut zu erklären sei, mag fraglich er- 
scheinen. Bei e : i, : u mag die Verengerung des Mundkanals , die 
für die Artikulation des -i nötig ist , schon bei der Bildung des Ton- 
vokals stattgefunden haben. Der Wandel von q zu ö hängt dagegen 
mit dem von q-u zu ö-u zusammen , § 43 und Rom. Gramm. I § 186. 
Endlich der von a zu ^ dürfte anf Epenthese des ^ beruhen. Wir 
haben nämlich in Vatallo-Sesia caf, caif, gaty gaity gran, grain 
u. s. w., hier nun aber auch net, neit, pok, poik, gross y grotsSy nöf, 
nöifj rabioSy rabiois, colo, coloi, lufy luif Arch. Glott. IX 235 ff. 
Auch hier wird z. Th. sekundäre Ausbreitung des i vorliegen , jeden- 
falls aber haben wir hier ein Gebiet, wo i in den Stamm tritt. Das ai 
wurde zu^ und breitet sich nun weiter aus im ö : i-, o : w- Gebiet, 
während ei^ oi in diesem Gebiete nicht aufgenommen werden. — So- 
dann ist das Romagnolische zu nennen, wo »im Plural der Stamm- 
vokal um eine Nuance mehr geschlossen ausgesprochen wird, als im 
Singularer. Es wird also Q zu o: qcc, gcc y g zvlu: dsordiriy dsurdiny 
^ zu ö : p^tan , petaUy ö zu ^ : brev [bravo) br^v, § zu i : pely pil, 
ferner a zu e: ram rem, gabb gebb, fatt fett u. s. w., vgl. Mussa- 
FiA, Romg. § 238 ff. Noch mag hier erwähnt werden, dass aus dem 
Ablaut au (= ö) : w in S. Fratello zu dem Plural kunfus ein Singular 
kunfau& geschaffen wird. 

350* Im Süden haben wir einmal den Umlaut § liy g : u bei den 
Substantiven dritter Deklination, also einerseits -tisOy -usiy andrerseits 
yV<>rö,yVwri in Neapel, sodann ^:t&, u:uo ebenfalls nur bei den 
Substantiven dritter in Lecce, Neapel, Kaläbrien und.Noto: pede 
piede u. s. w. s. § 37. 

361. Eine andere Art innem Plurals zeigt das Bergamaskische 
und mit ihm andere norditalienische Mundarten: das i palatalisirt 
den auslautenden Konsonanten, s. § 260. • Hier mag nur noch hinzu- 
gefügt werden, dass in Airolo nicht nur -ani zu -at, -ei wird, sondern 
auch -ane; rei Plur zu ranay tusei zu tosa (§ 353). Die Formen sind 
nicht ohne Schwierigkeit. Wir sind hier auf der Grenze zun\ rätischen 
Gebiete ; sollte daher im Femininum die A-ccusativform -i aus -as sich 
erhalten haben? Analogie nach den Maskulinen ist schwer anzu- 
nehmen, und dafür, dass ~e wie -i wirke, fehlen Anhaltspunkte. — 
Sodann ist aus dem Mailändischen noch zu erwähnen der Unterschied 
zwischen don Plur. Mask. und donn Plur. Fem. (vgl. über w« § 268), 
zwischen tosan Mask. und tosann Fem. 

362; Indeklinabel sind in der Schriftsprache alle diejenigen 
Wörter, die auf einen betonten Vokal oder auf einen Konsonanten 
oder auf tonloses -i und -ie auslauten, also cittäy pidy re, viriü^ l^piSy 



202 Fonnenlehre. [§352.353. 

crisif specie. Dazu kommen nun aber ans den Mundarten noch andere. 
Im Altitalienischen lantet der Plnral zm mano ebenfalls mano^ so noch 
bei Bojardo I 18, 15, und diese Form findet sich noch im Süden, 
▼gL auch lavamano. Wie nun im Kalabresischen die Feminina auf 
^e unflektirbar sind, so auch die Feminina auf -41, also le fnanu, das 
wohl mit den Anstoss gab, lejiku, le suoru und le capu, letzteres wird 
also auch als Feminin behandelt. So alle südlichen Mundarten, vgl. 
^co Reg. San. 187. Auch im Altsenesischen bildet la stwro nach dem 
Muster von la' mano^ le mano den Plural le stwro Zs. X ^9. Im 
Weiteren sind natürlich unflektirbar die pisanisch-lucchesischen und 
die kalabresischen Maskulina auf -tm = tosk. -^ere. Dann wären 
noch die Maskulina auf -a zu nennen im Alttoskanischen und im Mai- 
ländischen § 337. — Sodann sind einige einzelne Wörter anzufCLhren. 
Maassangaben, die vorwiegend oder stets mit einem Zahlwort verbun- 
den werden, können einer besonderen Bezeichnung des Numerus um 
so leichter entrathen, als die Zahl eben durch das vorangehende Nu- 
merale ausgedrückt ist. So finden wir -fiata erstarrt im Venezianischen, 
Paduanischen und Lombardischen. Mussafia. hat quatroßada in den 
Glossaren nachgewiesen, Beitrag 54, und dort schon bemerkt, dass 
die Erscheinung bei Fra Paolino, im venezianischen Tristan, bei Bon- 
vesin, in der Passion zu Como und im Süden bei Rusio vorkomme. 
Weitere Belege giebt die Cronica degli Imperadori Arch. Qlott. TU 
261. Sodann tanto : sete tanto Prov. 57 b, Fra Gial. A 191, mile 
cotanto Panf. 144, cento milta tanto Uguc., trea volta Chrys. 46, 7. 
Natürlich kann auch das Umgekehrte vorkommen, Verallgemeinerung 
der Pluralform: unafie bei Ruzante, Wendkineb S. 48. — Hierher ist 
vielleicht auch mall, cent Ura zu rechnen, doch mag hier die Fimktion 
der auf -a lautenden Form auch im Plural erleichtert worden sein 
durch die Plurale hrazza, dida , wie Saxvioni Mail. 98 annimmt. 
Dann aber an para = un pajo in Lodi , Como , Grosio , doa via im 
Altgenuesischen Arch. Glott. X 158. Beispiele aus dem Süden sind 
spessaßata Rusio 35, malte ßata 31. 

858. Das Wichtigste aus den Mundarten ist schon gelegentlich 
in den vorhergehenden Paragraphen mitgetheilt. Immerhin bleibt 
noch Einiges nachzutragen. Im altvenezianischen Exempelbuch 
scheinen noch einige andere Beispiele von ungleichsilbiger Flexion 
ausser owo zu bestehen: laro 86 neben laroni 437 , 441 , und, was 
merkwürdig ist, sore 999, 1018, aber Acc. «orore 994. — Sodann haben 
wir Reste einer Deklination a, anis, für Bezeichnungen weiblicher oder 
männlicher Personen, vgl. Litbl. 1885 S. 455, in scrivano, barbano, 
puttana, in tarent. ziana und danach zianu, noch heute im Kalabre- 
sischen Nom. ziuy Acc. zianu, vgl. Scerbo S. 63 und im Mailän- 



§ 353. 354. 355. 356.] Nominaflexion. 203 

dischen tosa, Flur, tosann. Weiter ist aus dem Mailändischen die 
eigenthümliche Pluralbildung zu nennen, die vorliegt in anelltt, Plural 
zu anelltt , ganz ebenso bilden folgende Wörter ihren Plural auf -itt : 
ceppin, fassinin^ ho^^in^ pentin, skaüin, pomin, ^anin, hambin 
u. s. w. 

854. Verschieden von dem § 347 besprochenen Plural auf -e 
der Feminina auf -e ist ein Schwanken zwischen -ö und -i im Plural 
überhaupt, wie es namentlich dem nordöstlichen Italien in alter Zeit 
eignet. Ascoli hat aus der Cron. Imp. Formen hervorgehoben wie 
li fiume, doe zovene, ire mese, K honore u. a. Arch. Glott. IE 260 
und sie mit Recht daraus erklärt, dass »un antico strato idiomatico qui 
andava spoglio anche delV e^ e il 'rivestimento' delle antiche forme 
poteva perciö portar seco e incertezze ed intrecci d'ogni manera«. Auch 
die endungslosen Formen finden sich in der Cronica bei Wörtern, die 
auf r, /, n ausgehen (§ 114): U canton, lefin, lifrarmenor^ li quäl 
u. s. w. Vorab zeigt sich dies bei Calmo und bei dem Paduaner Ru- 
zante, aus welchem Wendbineb S. 49 Formen anführt wie % hestiame, 
if irrte ^ ipesce, i dente, vendaore, ordene, dann ohne Endung capon^ 
can, spontan u. s. w. Da der Abfall, bezw. das e auf die Substantiva 
der lateinischen dritten beschränkt ist, so haben wir zweifelsohne in 
dem e den lautlichen Reflex des lateinischen -es zu sehen , eine • An- 
nahme, zu der auch die Konjugationsformen passen. Wir haben also 
hier im Nordosten ein Gebiet, wo -es nicht wie im übrigen Italien zu 
-e, sondern nur bis zu ~e vorrückt. Nur die Substantiva auf -anus, 
päd. -an gleiten wohl in diese Klasse hinüber, bilden also Plural auf 
-an, Wendbineb 49, Anm. 3, umgekehrt flektiren diejenigen smf-one 
nach § 338. Es erklärt sich dies ohne Weiteres daraus, dass im Sin- 
gular -anu und -one gleichmässig zu -aw, -on geworden sind. 

355. Das Romagnolische bildet den Plural der Feminina auf -i 
bei Substantiven, die auf Doppelkonsonanz ausgehen: fotti, surelli, 
zokij Suff, -azztj rohi, und stets bei den Adjektiven : parule dolzi, 
nos mos&edif veü vindmedi u. s. w., Mxjssafia, Romg. § 244. Auch 
einzelne Maskulina folgen : haff% mezzi § 243. Bei den Substantiven 
handelt es sich wohl durchaus um Lehnwörter, die nach italienischer 
Art im Plural eine Endung annehmen , und zwar ist diese Endung 
auch im Femininum -t, weil das Romagnolische jedes tonlose e zu i 
wandelt, § 123. 

356. Eine Behandlung für sich verlangt das Sardische, das in- 
folge der Bewahrung des auslautenden s einen ganz anderen Typus 
zeigt. Wir haben hier 4 Klassfen : 

I. Singular a Plural as: fiza, fizas 
II. » w ■ » OS : fizu, fizos 






204 Formenlehre. [§ 356. 357. 368. 359. 

in. Singular e Plural es : page, pages 
IV. » U8 ^ U8: tempus temptM 

Die Substantiva auf o: koro^ oro, tesoro, domo bilden den Plural 
auf 08, 

Das Adjektivmn. 

357. Die Schicksale der Adjektivdeklination sind natürlich die- 
selben wie bei der substantivischen , nur mit dem Unterschiede , dass 
das Neutrum pluräle ganz verloren gegangen ist. Denn auf so verein- 
zelte Spuren wie le lahbra verrhiglia Tesor. III 258 ist kein Gewicht 
zu legen, sie sind vielmehr als baare Latinismen zu betrachten. Der 
Untergang des Neutrum hat zur Folge , dass an Stelle der drei latei- 
nischen Klassen : eingeschlechtliche ,. zweigeschlechtliche und drei- 
geschlechtliche Adjektiva nun nur zwei treten, die geschlechtlichen 
und ungeschlechtlichen, oder wie man besser sagen kann, die wandel- 
baren und unwandelbaren. Als Typen für jene mag buono, für diese 
grande dienen. Wir haben demnach : 

I. Klasse : n. Klasse : 

buono buona grande 

huoni btwne grandi 

Im Qanzen ist der Besitzstand der zwei Klassen gegenüber dem 
Lateinischen wenig verändert , doch ist- eine Strömung zu bemerken, 
die n. mehr und mehr nach I. hinüberzuziehen, während der Übergang 
von I. zu n. ganz selten ist. Die Adjektiva der dritten lateinischen 
Klasse treten meist zur zweiten über. Eine Sonderstellung nimmt 
vettis ein, das vom Nominativ aus in die erste Klasse übertritt : vieto^ 
Fem. f>ieta. Der Norden , der -s länger behält , hat dagegen vetere 
gerettet, vgl. vedre Bonvesin, Katharina, Bescap^, freilich stets in der 
Verbindung mit testamento, was dem Wort einigermaassen die Be- 
weiskraft raubt. Vgl. noch § 362 über majus. — Über die Plural- 
bildung ist kaum etwas zu sagen. Die AdjektWa auf co haben ci : 
critici u. s. w. 

358. Umgestaltung des Singulars nach dem Plural ist selten. 
NachD'OviDiOj Grundrissl 508 wäre ifom zu Ji^ÄCt, Jfeci geworden 
und hätte den Singular hieco bekommen , und auch dolco dürfte so 
von dold gewonnen sein. -^ Dass mit Anlehnung an folgende Wörter 
bei, gran, buon, san gesagt wird und dass die Adjektiva auf -ali die 
Nebenform auf -ai haben, ist schon § 108 und 389 gesagt. 

369. Übertritt aus der I. in die 11. Klasse ist wie gesagt sehr 
selten. K. Nybop, der der Geschlechtsbildung der Adjektiva eine 
besondere Abhandlung gewidmet hat : Adjektivemes K0nsb0Jning i de 



§ 359. 360. 361.] Nominalflexion. 205 

romanske sprog 1886 vermag S. 152 — 154 nur wenige anzuführen, 
noch dazu %mdi fine^ woneben ^no gebräuchlicher ist, und gente^ das 
heute gar nicht mehr vorkommt, Lehnwörter aus dem Französischen, 
let%te, macillente, sonnolente, Jrodolente hahen sich den Participien 
auf -ente angeschlossen oder den Auslaut dem Tonvokal angeglichen, 
wie duracine neben duracino sich den Substantiven auf -ine an- 
schliesst, malefice an die Substantiva auf -fice = -fex u. s. w. Von 
den vielen von Nannucci verzeichneten^ wie altre, chiare, fiere 
werden die meisten theils als Gallicismen, theils als Dialektformen aus 
Gegenden, wo ~e und -u zusammenfallen, zu betrachten sein, kommen 
also nicht weiter in Betracht. 

860. Etwas grösser ist der umgekehrte Übergang. In einzelnen 
Fällen gehört er schon dem Vulgärlateinischen an, so in povero, 
allegro. Meist aber ist er allerdings erst im Italienischen eingetreten 
und war dadurch erleichtert, dass im Plural des Maskulins die beiden 
Klassen zusammenfielen und auch im Plural des Feminins da , wo die 
Tendenz, -e auf alle Feminina als Zeichen der Mehrzahl zu übertragen 
(§ ^^^)^ ^^™^ Durchbruch kam. Ausser dem schon genannten dolco^ 
das jedoch ein Exemplum sui generis ist, haben wir noch tristo neben 
triste, heute auch in der Bedeutung von letzterem verschieden , dann 
eine Anzahl Adjektiva auf -estre, vgl. affresto, alpestro, campestro, 
cilestrOj equestro, silvestro in Anlehnung an rubesto , onesto , Jic- 
nesto, foresto ; rubello nach novello u. a. Früher war auch comuno 
ganz gebräuchlich, offenbar im Anschluss an uno, Dante braucht Par. 
XX 6 1 im Reime das lateinische declivis in der Form declivo, ferner 
turpa XV 145 ; auch rudOy ruda, sublimOy suhlima ist bei den Alten 
nicht selten. Man sieht, es sind vorwiegend Lehnwörter , nicht Erb- 
wörter, die ausgleichen. Auch das französische Suffix -iere ist jetzt 
meist geschlechtlich, vgl. leggier o. Eine besondere Stellung nimmt 
praegnans ein, woraus schon im Vulgärlateinischen pregnis (Gböbeb, 
Arch. lat. lex. IV 448). Seiner Bedeutung nach nur im Feminin ge- 
braucht, nimmt es auch die weibliche Endung an : pregna^ wozu nun 
in übertragenem Sinne auch ein Maskulinum pregno gebildet wird. 
Aus den Mundarten ist etwas mehr zu nennen. Im Altvenezianischen 
findet man grando, granda Paol., und im Westen in der Lament., wo 
auch doxa vorkommt. Sodann dehnen die Mundarten, die -a auf die 
Substantiva übertragen § 335, natürlich das -a auch auf die Adjektiva 
aus, daher z.B. romg. dolzüj/azila, forta, granda, -anta, Mussafia, 
Romg. § 237. Ähnlich im Kalabresischen. 

361. Noch bleibt zu erwähnen, dass gewisse Adjektiva auch ihr 
-a verlieren können. Una sol volta gebraucht Berni Orl. inn. 28, 38 ; 
una sol voce Bembo AsoL III 226, una sol cosa Castiglione Cortig, 



206 Fonnenlehre. [§ 361. 362. 363. 

I 121 u. 8. w. , vgl. zahlreiche Beispiele aus verschiedenen Schrift- 
stellern bei Nanntjcci, Nomi 365 ff., auch picciol kommt, freilich 
bedeutend seltener, vor, S. 317. Bei sola ist zu beachten, dass das Wort 
nie -mit dem Substantivum allein steht, sondern fast stets mit t<;^a ver- 
bunden. Infolge dessen verliert es seine adjektivische Geltung. Ge- 
nus und Numerus sind an una und am Substantiv ausgedrückt, sola 
ist gewissermaassen adverbielle und zugleich tonlose Verstärkung von 
unUf daher es in ähnlicher Weise verkürzt wird wie die Adverbien 
ora u. 8. w. § 108. 

Die Komperation. 

862. Von organischen Komperativen haben sich mir maggiote^ 
minore^ megliore, peggiore gehalten. Die zugehörigen Neutra 
dienen als Adverbien: maggio, meno, meglio, peggio. Für minore 
wird auch manco gebraucht, sia manco error e Cellini. Bemerkens- 
werth ist nun, dass die Neutra mehr und mehr an Stelle der ge- 
schlechtlichen Formen treten. Schon bei Cavalcanti 5, 13 findet mau 
maggio cura. Dann kennt Brunetto Latini maggio cura XVI 205, 
und Manzoni führt die Formen in die Litterärsprache ein,, vgl. d'Ovi- 
Dio, Saggi Critici 576, wo z. B. zitirt sind: peggio imbrogli, una 
giornata peggio, piü ne conoscOj peggio li tröto, alla peggio dei 
peggi u.a. Desgleichen findet man auf Schritt und Tritt Belege in 
GiuiiiANfs Delizie, z. B. I 4 1 la peggio son io, quest occhio che era 
il meglio 1 12 . Auch in Mundarten findet sich diese Übertragung, 
so aven. im Ugu^one Tobleb 19. Sodann namentlich im Süden, so 
in Teramo, Lecce, Sizilien, wo die alten Texte noch die längeren 
Formen haben: minuri Cron. Sic. 110, 129, während heute die kurzen 
gebräuchlich sind. Dass es sich dabei nicht um die alten Nominative 
masculini, sondern um die Neutralform handelt , beweist sard. sa 
mezzus kamera, sas mezzus kameras. Sonst finden sich wenig Reste 
der alten Steigerung. Das Adverbium setius wird zum Adjektivum 
sezzOj viva^us zum Adverbium txaccio. 

863. Was sodann den Superlativ betrifft, so ist -issimo, so be- 
liebt es im heutigen Italienischen ist, doch nicht volksthümlich , da 
das i im Lateinischen kurz ist, die Form also -essimo lauten müsste ^). 



1) In altneapolitanischen Texten, z. B. den Bagn. Puzz. findet sich 
-essema. Da aber nur das Fem. vorkommt, so scheint es mir nicht zu- 
treffend, wenn D'Ovmio, Miscell. fil. lingu. 403 Anm. 2 darin die erbwört- 
liche Gestalt von lat. -issimus sieht. Ich denke vielmehr, das schriftwört- 
liche -issimo hat ein Fem. -essema bekommen nach dem Muster sikko, 
Fem. Bekka. 



§ 363. 364. 365.] Nominalflexion. 207 

Es sind nun aber einige auffällige Formen aus Oberitalien zu nennen. 
Im Glossar B. weist Mussafia beletissimo nach und dazu bringt er 
nun Beitrag 33 noch neap. helledissemo y und helletissimo aus Ru- 
zante, aus der tosk. Leggenda della croce cattivitissimo, honettissimo, 
dann mit anderen Erweiterungen grandenissima aus der veroneser 
Passion^ maletinissima aus Ruzante. Bellüissimo findet sieb noch 
in der Cron. Imp. und in andern venez. Texten. — Von den unregel- 
mässigen Superlativen des Lateinischen ist menomo geblieben , die 
andern ebenfalls, aber nur als Buchwörter, dann natürlich sommo, 
primOj die jedoch nicht als Superlative gefühlt werden. Wie das Ita- . 
lienische einen hohen oder höchsten Grad der Steigerung ausdrückt, 
ist eine Frage der Syntax, nur die organische Steigerungsart des Mai- 
ländischen mag hier noch erwähnt werden. Um den Superlativ aus- 
zudrücken, wird das Adjektivum mit angehängtem ~ent wiederholt: 
nöf noventj pur pürent, sogar tird tirent u. a. Salvioni, Mail. 59. 

Das Zahlwort« 

364. Die Flexion der Zahlwörter ist im Schriftitalienischen fast 
völlig erloschen. Nur uno bildet ein Feminin una, müle einen Flur. 
mÜa, Auch ambo ist unflektirt. Die ältere Sprache zeigt einen grössern 
Formenreichthum. Für due kennt sie duo^ dui^ dua^ dtce. Ohne 
Zweifel war dua ursprünglich Neutralform, dui männliche, due weib- 
liche, duo vielleicht Latinismus. Allein schon die ältesten Texte 
machen keinen Unterschied mehr. Bei Sacchetti liest man z,B, le dua 
novelle 33, dica compagni 91 u. s. w. und noch Machiavelli, Ariost 
u. s. w. brauchen alle Formen neben einander. Der Sieg von due 
mag, wie d'Oyidio, Arch. Glott. X 39 Anm. 1 bemerkt, durch den 
•Auslaut von cinque, sette, nove veranlasst sein. Es kann aber auch 
dt^e gewählt worden sein, weil es die einzige in Bezug auf Geschlecht 
\ind Zahl indifferente Form war. 

365. In den Mundarten werden die Zwei- und die Dreizahl meist 
flektirt. Das Mailändische saheidet zwischen du und doe, tri und tre, 
das Piemontesische zwischen doi und doe. Das Neutrum trea findet 
sich bei Bonvesin, Bescapä und im Chrysost. Im aven. Exempelbuch 
begegnen dui 198, rfoe 307, doa 203, <n 413, in den Proverbien 
aber schon tre ani 45 d, in der Cronica tri und tre als Maskidina, im 
altgen. doi, doe, doa, trei, tree^ trea Arch. Glott. X 158, trea tanta 
in den Lett. Bol. 12. Endlich im Komagnolischen du, do, tri, tre. 
Aus dem Süden kann ich nur neap. dut/§, doye nennen. Dazu alt- 
sardisch duos, duas, dua aber nur tres und auch bei der Zweizahl 
heute nur duxis, vgl. Belege für die alten Formen bei Hofmann S.127. 



208 Formenlehre. [§ 366. 367. 

Die Pronomina. 

1. Personali a. 
a. Betont. 

366. Die ungeschlechtlichen Pronomina bieten zu keinen Bemer-^ 
kungen Anlass. Wir haben dem Lateinischen entsprechend io y me, 
tu, te^ noij voi\ der Ausfall des ^ in der ersten Person ist schon vul- 
gärlateinisch , für die zweite findet sich bei Albertano durchweg tuo 
nach, io. Für die dritte Person tritt effli , lui, ella, leiy eglino^ loro, 
elleno , loro , ein , Formen , die zum Theil der Erklärung Schwierig- * 
keiten bereiten. L/ui i^nd lei sind schon vulgärlateinisch und zwar ist 
jenes nach hut{c), cui gebildet, nach dem Muster von lui tritt dann 
illae-i an Stelle von lei. Es fragt sich nun, wie egli zu erklären sei. 
Das -i geht auf lateinisch t odet e zurück; d& ill^ kurzen Auslaut hat, 
so ist damit nicht auszukommen, vielmehr werden wir auch hier un- 
sere Zuflucht zu m nehmen müssen, das nach ki(c) , qui gebüdet ist. 
Auch dieses illt ist schon eine vulgärlateinische Form. Dagegen ge- 
hört die Weiterentwicklung zu egli erst dem Italienischen an. In den 
ältesten toskanischen Handschriften findet sich dieses egli neben elli, 
das noch Dante kennt. Nach Gböbeb, Zs. II 595 ist die Form Tor 
vokalisch anlautenden Wörtern entstanden, man hätte also gesagt : 
elli^iene, aber egli ama, und es scheint, dass dieser Unterschied von 
den ältesten Handschriften noch zum Theil beobachtet wird, wie 
Gböbeb zeigt, allerdings nicht in den Lyrikern, s. Caix, Orig. 211. 
Laro ist der alte Genitiv pluralis illorum , der ebenfalls -schon im 
Vulgärlateinischen die Funktion des Dativs und des betonten Accu- 
sativs übernommen hat, Endlich eglino , elleno haben ihr no von der 
dritten Pluralis des Yerbums bezogen : eglino amano statt egli amano. 
Für den Aceusativ singularis findet sich bei Dante auch ello , eine 
mehr südliche, aber im Aceusativ durchaus berechtigte Form, die 
Dante nur zweimal nominativisch braucht, Zs. II 598 Anm. Vgl. zu 
cui Tobleb, Zs. HI 159, über egli G. Gböbeb, Zs. II 594 — 600. 
d'Ovidio, Arch. Glott. IX 80 ff. Abweichende Auffassungen von egliy 
lui, lei können nur mit Berücksichtigung der andern Sprachen zurück- 
gewiesen werden, daher ihre Besprechung nicht hierher gehört. 

867. Wenden wir uns nun den Mundarten zu, so treffen wir für 
io die lautgesetzlichen Formen iu im Süden, eo im Norden , yeU in 
Apulien und Sizilien, e im Genuesischen. Der Süden kennt auch be- 
tontes i, während im Toskanischen i nur tonlos ist. Vgl. d'Ovidio, 
Arch. Glott. IX 28 ff. Nicht klar sind sardisch deo, §eo, ieOy zeo. 
In Bitti (Sardinien) bleibt dego, also die klassisch - lateinische Form, 



5 367. 368.] Pronominalflexion. 209 

vgl. Spano, Ortogr. Sarda 173. Oberitalien von Venedig bis Piemont 
Txnd bis an den Apennin hat übrigens ego aufgegeben und durch miy 
die Accusativform, ersetzt. — Auch tu erscheint überall, im Norden 
natürlich als tü^ im Sardischen mit angehängtem e^ ttce, bezw. iuii 
Dann bleibt noch tune in Kalabrien und Terra di Bari, vgl. § 309. Der 
Obliquus der Personalia lautet ebenfalls im Centrum me, te , in Sizi- 
lien mi, ti, im Südosten mai u. s. w. nach den Lautgesetzen. Da- 
neben giebt es aber nun noch andere Formen. Im Norden treffen wir 
mi^ ti im Emilianischen, Lombardischen und Piemontesischen. An 
eine lautliche Entwicklung aus me , te ist dabei nicht zu denken , es 
wird vielmehr mi auf mihi zurückgehen, ti danach gebildet sein, vgl. 
d'Ovidio, Arch. Glott. IX 64. Weshalb im Norden der Dativ, im 
Centrum der Accusativ allein geblieben sei, ist eine Frage der Syntax. 
— Im Süden treffen wir meve, teve, seve, zunächst in den alten. 
Denkmälern, wie im Ritmo Cassinese, bei Cielo Dalcamo^ bei Rusio, 
im Reg. San. und selbst in den sdten Liederhandschriften, vgl. Caix, 
Orig. 210, d'Ovidio, Arch. Glott. IX 58, ferner heute in Altamura, 
Molfetta, Cisternino u. s. w. Hier ist also die erste Person nach der 
zweiten und nach dem Reflexivum umgestaltet. — Eine dritte Form 
ist mek, tek, bezw. maikj taik in Altamura, Terlizzi, Matera, als deren 
Grundlage mecum^ tecum zu betrachten sind. Endlich als vierte und 
letzte ist mia, tia zu nennen , die sich von Appulien über Kalabrien 
und Sizilien erstreckt, östlich ans Rumänische anknüpft und westlich 
noch dem Korsischen angehört. Auch in ihnen sieht d'Ovidio, Arch. 
Glott. IX 57 ff. entweder Accusative mit angehängtem e, a, oder 
Dative: mÄt, mii^ mie, mia. Beide Auffassungen haben aber ihr Be- 
denkliches, weil sie zwar ein e, nicht aber ein a, das auch im Rumä- 
nischen die Grundlage bildet, 'erklären. Die Grundlage dürfte, nach 
der syntaktischen Verwendung im Rumänischen zu schliessen, der 
Dativ sein, eine befriedigende Erklärung des a aber bleibt noch abzu- 
warten: man könnte denken, dass nach dem Muster von mecu auch 
mead gebildet worden sei. — Das Sardische zeigt Dativ und Accusativ 
getrennt: m^, a mie, te, a tie, im Campidanesischen me, mei, te, tei, 
wohl aus mii, tii durch Dissimilation oder unter Einfluss von me, te. 
368. Bei den Pluralpronomina tritt zunächst als rein jlautliche 
Differenz das venez. nui neben noi, veron. päd. nui, nUj lomb. nü, 
vü entgegen. Nil wird dann gemäss § 306 zu nun. Gewöhnlicher ist 
aber im Norden die Zusammensetzung mit alter, also lomb. noter , 
voter oder vüyolter, piemont. noac, voac. Weniger im Süden , doch 
vgl. nosaturtcs, bosatuncs im Campidanesischen neben nosu, während 
das Logudor. nois, vois bietet, wohl die Vertreter des alten Dativs, 
da b schwinden muss § 204. 

Meyer-Ltbke, Ital. Ghrammatik. 14 



210 Formenlehre. [§ 369. 370. 371. 

b. Unbetont. 

360. Im Toskanischen kennt von Subjektivpronomina nur io eine 
proklitische Form : t , die in alter Zeit auch in der Litteratur gebräuch- 
lich war, s. Caix, Orig. 210. 

370. Die tonlosen Objektspronomina lauten für den Singular 
der zwei ersten Personen mi, ti, si, streng nach den Lautregeln, wo- 
nach tonloses ß zu i wird § 123. In der dritten Person wird zwischen 
Dativ und Accusativ geschieden^ der Dativ gli entspricht lat. illiy le 
einem nach der Nominaldeklination gebildeten illaej lo dem Accusativ 
illum , la : illam. In der Proklise ist die tonlose erste Silbe verloren 
gegangen. Im Plural dienen heute ci für die erste Person, vi für die 
zweite, gli für den Dativ der dritten in beiden Geschlechtem , K für 
den Accusativ masculini, le feminini. Der Zusammenhang von gli 
mit Ulis liegt auf der Hand , li dagegen und le stammen nicht von 
illos^ illas, sondern sind erst nach dem Artikel umgestaltet, vgl. § 380. 
Schwierigkeiten machen ci und vi. Eine Herleitung des letzteren aus 
V08 über voi ist lautlich unmöglich, da aus tonlosem voi nur vo 
hätte entstehen können, wie döpo aus depoi beweist. Und ci 
klingt an^gar keine lateinische Pronominalform an. Es unterliegt nun 
keinem Zweifel und ist auch nie bezweifelt worden , dass ci das Ad- 
verbium »hier« sei und ganz ebenso werden wir in dem vi das Orts- 
adverbium »dort« zu sehen haben, wie d'Otxdio, Arch. Glott. IX 77 
gegen Caix , Origin. 212 mit vollem Recht annimmt. Neben oder 
besser statt ci haben wir im Alttoskanischen ne, das die Dichtersprache 
bis heute bewahrt. Auch hier verstösst die Annahme, dass ne aus noi 
entstanden sei , gegen sichere Lautgesetze, wogegen nichts im Wege 
steht , das ne mit dem ne aus inde zu identifiziren ; und dass 
diese Erklärung richtig sei, beweist die Form ^nd' bei Guido Caval- 
canti 19, 3 : 

Possiamo ringraziar un ser costui 
Che 'nd^ apartiti, sapete da cui? 

wo nd der Bedeutung nach nur nos sein kann , der Form nach aber 
nothwendig inde ist. — Noch bleibt zu bemerken, dass für den Dativ 
Plur. ^K jetzt loro gebraucht wird. 

871« Zahlreich sind auch hier die Abweichungen der alten 
Sprache und der Mundarten. Für gli in jeder Funktion kann Re- 
duktion zu i eintreten: Cortese i fu Dante Inf. X 17 , fate i saper 
Inf. X 113, no ifosse a noia Cavalc. 6, 14 u. s. w. Man hat hierin 
nicht einen streng lautgesetzlichen Vorgang zu sehen , sondern eine 
jener durch die Bedeutungslosigkeit des Wortes hervorgerufenen Kür- 
zungen, wie sie § 301 besprochen worden sind. 'Als älter ist die Form 



§371.372,] Pronominalflexion. 211 

et zu merken, die z. B. in den Conti di antichi CavaÜeri erscheint: 
la terra ei diede 198^ 199, dann auch ei saria = ci sarei 199. Die 
Accusatiyformen stimmen m^t dem Artikel völlig überein und haben 
dieselben Nebenformen, Tgl. darüber § 380. Dann ist zu bemerken, 
dass der Unterschied zwischen li und le als Dativ singularis nicht 
ganz streng durchgeführt wird, in den Handschriften der alten Lyriker 
begegnen oft Unsicherheiten und die heutige toskanische Vulgär- 
sprache kennt nur li , s. Caix, Origini 213. Unter den dialektischen 
Formen mag zuerst no, vo erwähnt werden, die in altsenesischen Denk- 
mälern vorkommen, vgl. Caix, Orig. 212 und Hibsch, Zs. X 65, und 
dass wohl danach loro im Senesischen und Umbrischen zu einfachem ro 
abgekürzt ist, vgl. Zs. X 66 u. XIV scritt. 29. In den Proverbiaund anders- 
wo steht lero für hro, Rafael § 41 , wohl infolge von Dissimilation. 
Sodann finden wir gerade in den Mundarten noch mehrfach Adverbien 
an Stelle der Pronomina oder es findet sich d in andrer Funktion als 
in der Schriftsprache. So erwähnt d'Ovidio, Arch. Glott. IX, 78, dass 
ci im ganzen Süden und andrerseits in der oberitalienischen Litterär- 
Sprache für ffli, le, loro gebraucht werde. Hierher gehört weiter das 
lombardische und venezianische ge^ in der Funktion des Dativs der 
3. Person. Es scheint dieses ffe auf qui zu beruhen, das hier als ton- 
loses Adverbium gebraucht in tonloser Stellung q zu g gewandelt 
hatte, vgl. seguire. Ganz entsprechend verwendet das Sardische bi : 
dahilo^^daglielOj wo it aus ^i entstanden ist, wie bindigi aus quin- 
decim^ 185. So Mabghesini, Studi fil. rom. 11 15^). Bei dieser 
Vertretung der Personalpronomina durch Ortsadverbien ist besonders 
beachtenswerth der Gebrauch, den Campobasso von ce macht. Im All- 
gemeinen bleibt c^ beschränkt auf die erste Pluralis. Treten aber 
zwei Objektpronomina zusammen, so kann c^ auch für die dritte 
Person Singular und Plural dienen. Also^acc« '==^facci^ dibexfaccelle 
= faglielo, fticoilo, fallo loro. Endlich bleibt fi^ in Teramo, das 
nur bei der Negation vorkommt : ne ne lu dice, durch Assimilation 
entstanden. 

372. Beachtenswerth sind sodann die Reduktionen auf das voka- 
lische Element, die die Personalpronomina im Emilianischen und 
Piemontesischen erleiden, namentlich auch, wenn sie als Subjekt mit 



1) Flechia, Ascoli und d'Otidio sehen in dem ge imd hi viehnehx 
das italienische vi= ibi Arch. Glott. IX 79 Anm. Allein der Übergang von 
V zu g hat im Lombardischen nur in der Umgebung von labialen Vokalen 
statt, man müsste also voraussetzen, dass z. B. ga^s: ci ha erst nach go s= ci 
ho gebildet sei, was wenig wahrscheinlich ist. Und im Sardischen hätte aus 
ibi nur i, nicht bi werden können. 

14* 



212 Fonnenlehre. [§ 373. 

dem Yerbuin yerbunden sind. Bioia)ELLi giebt S. 2 1 4 als Paradigma 

fürs Bolognesische : 

me a port 

tet port 

lu alport 

nu a purtein 

vu a purtä 

lourporten 

und bemerkt dazu S. 221 : »La vocale eufonica a h comune a quasi tutti 
i dialetti emiliani in quasi tutte le voci«. Er findet sich denn auch in der 
That noch in Firenzuola, Modigliano und in Forli. Dieses euphonische 
a ist nun nichts anderes als ein verschrumpftes Fronomen. Aus io 
port wurde, da das io nach und nach jeden syntaktischen Ton verlor, 
i port, a port mit dem indifferenten Vokal, ebenso wurde tu zu t, at, 
das BioNDELLi für Parma angiebt, il zu /, al. Das a der ersten Plu- 
ralis liesse sich vielleicht auch noch aus n erklären , doch wird man 
wohl besser Übertragung aus dem Singular annehmen, und sicher muss 
man das für das a der zweiten Pluralis. Auch in der Frage finden 
sich ähnliche Reduktionen, vgl. bologn. purtaroja, wo im 'tonlosen 
Auslaut io zu ia abgeschwächt wird. Dazu als 1. Plur. purtarenia 
wohl slub purtarenij d. i. purtarer^ni mit einem von der ersten Sin- 
gularis Übertragenen a. Dem bolognesischen a entspricht in Reggio e, 
vgl. e port, et port, dann auch e purtem, e purtä, e porten, dagegen 
al porta. Ähnliche Formen begegnen im Piemontesischen, a port ist 
alessandrinisch , sonst allerdings ist i das gewöhnliche für die erste 
Person, in Mondovi u für die dritte, i bezw. a für die erste Pluralis, 
i für die zweite, a oder * für die dritte. Etwelche Schwierigkeit be- 
reitet hier die zweite Pluralis. Das i könnte aus einem adverbiellen vi 
abgekürzt sein, doch müsste eigentlich in dieser Gegend ve dem toska- 
nischen vi entsprechen. In älterer Zeit findet man o, so in den Sta- 
tuten von Chieri. Die zweite Singularis wird einfach zu ^, ebenso kommt 
n bezw. v vor für noi, voi vor, ferner giebt Pipino it -fUr die 2. an: sit 
/u8se. In der Frage wird ne von der 1. Pluralis auf die 1. Sg. über- 
tragen : kant ne und auf die 3. : kantune. Im Osten wird eo zu e bei 
Calmo, zu a bei Ruzante : a 8on u. s. w. , während in der Frage jo, 
gewöhnlicher ^o und die Abschwächung -§e eintritt, Wendbineb 
S. 58. Sodann wird dieses e, a auch in den Plural übertragen : a 
voggiom und in die Frage : com farongio ; für die zweite Singularis 
dient te, in der Frage to, das vielleicht o statt u von der ersten be- 
zogen hat, im Plural a bezw. -vo, -o, für die dritte el oder al, Plur. 
e\ ^i. Auch im Lombardischen finden sich die enklitischen Formen 
in der Frage: sontia und im Venezianischen: son^o und dann gavem-§o. 



i 



§373.374.375.] Pronominalflexion. 213 

Als eine Keduktion von el^ l ist schliesslich das romagnolische u zu 
fassen : e tel u si trova = il tale ei $i trova n. s. w. Mussafia § 250, 
sonst haben wir hier als enklitische Formen des Obliquus m oder ^m, t 
oder H, z = ci, v, für die dritte Person % im Dativ, e, /, Plur. i im 
Accusativ. 

374. Tritt ne oder ein Pronomen der dritten Person mit einem 
Pronomen der ersten oder zweiten oder mit dem Reflexlvum zu- 
sammen, so behalten sie ihren anlautenden Vokal bei, also meloy telo, 
sehj mene u. s. w., eigentlich m'elo, telo u. s. w. Dass dies die 
richtige Erklärung ist und nicht etwa von den zwei tonlosen Wörtern 
das erste nun den Ton empfängt, also me-lo zu trennen wäre, hat 
ebenfalls d'Ovidio erkannt, Arch. Glott. IX 71 Anm. , vgl. nament- 
lich ^/ie/o, d. i. glirelo und die südlichen Formen : vatt-^nne^ portam- 
ille, portam-elia, wo die Doppelkonsonanz nur etymologisch sein 
kann, nicht durch dehnenden Einfluss des e von me entstanden ist. 
Entscheidend sind femer Formen yrie pürtitille = portatelo u. s. w. 
in Campobasso, Arch. Glott. IV 182. 

Die FoBBesBiva. 

375. Die italienische Schriftsprache anerkennt nur betonte Pos- 
sessiva, deren Formen gemäss den Lautgesetzen aus den lateinischen 
entstanden sind, vgl. 

mio mia tue tua suo ma 
miei mie tuoi ttie suoi sue 

nostro nostra vostro vostra 

nostri nostre vostri vostre. 

Für eine Mehrzahl von Besitzern in der dritten Person dient der 
Genitiv pluralis des Personalpronomens loro, der bis heute unverän- 
dert geblieben ist. Eine tonlose Form erscheint nur in madonna. 
Nicht zu allen Zeiten ist aber das Paradigma so einfach gewesen, wie 
heute. Bei den älteren Florentinern finden wir eine Form mia für 
alle Geschlechter im Plural, vgl. li fatti mia Sacchetti 39, dite ma 
cavalliSi, lipannimiaßi, deiffiovani mia pari ^i, li mia avversieri 
44, eile non pajono le mia 83 u. s. w. Auch noch Cellini schreibt 
i mia antichi, i casi mia, ißgliuoli tua e mia, le mia Jmone sorelle, 
i ttm disegniy le mani mia u. s. w., ähnlich Machiavelli u. a. Woher 
diese Formen? Am nächsten liegt es, sie auf das alte Neutrum plurale 
zurückzuführen . Auf eine Verwirrung der Geschlechter im Plural deutet 
auch suoi fürs Feminin, wie es sich bei dem Pisaner Sardo findet, vgL 
tutte le suoi entrate e tutte le suoi castella 86, delle suoi genti 94, 
stun spese 95 u. s. w. Doch lassen sich diese Formen auch anders 



2 1 4 Formenlehre. [§ 375. 376. 377. 

deuten. In Proklise kann miei, tuoi gemäss § 105 zu mie\ iuS 
werden^ die nun ihrer indifferenten Form wegen auch für das Femi- 
ninum gebraucht werden, vgl. die Belege aus senesischen Texten Zs. 
X 67. Dann tritt die volle Form miei^ tuoi ebenfalls für beide Ge- 
schlechter ein. Ähnlich könnte es sich mit mia verhalten. Wie näm- 
lich auch in toskanischen Mundarten lei zu Ua wird, so könnte mia 
aus mei auf lautlichem Wege entstanden sein und wäre im XIV. bis 
XYI. Jahrh. auch in die Litterärsprache, wenigstens in die Prosa, ge- 
drungen. Genaue Untersuchungen über die Verbreitung von mia in 
alter und neuer Zeit werden darüber Auskunft geben. Aber auch im 
Singular sind allerlei Verwirrungen zu merken. Im Cantare di Cardu- 
ino z. B. liest man la stio corte 2, 11, la mie porta 2, 11, la mie 
madre 2, 25, la tuo hontade 2, 40. Ähnlich steht mie für den Sin- 
gular beider Geschlechter in den von Cabdttcgi, Studi Letterari 415 
publizirten Madrigalen, ebenda auch suo^ tuo. 

876. Unter den Mundarten zeigen die nördlichen wenig Ab- 
weichungen. Im Altvenezianischen finden wir meo und mio, mia, tOj 
toij toa, toe im Exempelbuch u. s. w. Auffällig sind die Fem. plur. 
mei^ toi, «oibeiPaolino und in der Hamiltonhandschrift, vgl. Tobleb 
Cato 20, Ugu9on 19, Rafael 25 u. s. w. ; vielleicht ist darin ein 
lautlicher Vorgang zu sehen, Wandel des tonlosen e im Hiatus zu i. 
Dialektisch wird tuus, suus an meus angeglichen, vgl. teo Rain. Bucc. 
170, tea 349, tio S. Francesca Romana 22, tea 27, sio Cola di Rienzi 
399, sea 399, siei 405, sia 429 u. s. w. ; sio Hist. Rom. firg. 1, 2, 
1, 3, tio 1, 2, sia 1, 3; sio Laud. Aquü. 4, 9 ; teo 4, 5, teu 9, 10. 
Loro scheint zuweilen als Adjektiv behandelt und flektirt worden zu 
sein, vgl. lora intenzione Let. Bol. 10. 

877. Das Vulgärlateinische besass auch tonlose Possessiva. In 
der italienischen Schriftsprache sind nur wenige geblieben^ vgl. das 
schon genannte madonna. Mehr kennt die ältere Zeit. Cavalcanti z. B. 
sagt: lmecore3^,2; lo tu valor 11 ^S; del su disdegno 14,2; nelmi 
core 14, 12. Aus den Mundarten mag erwähnt werden apad. mej to, so 
neben betontem meaj toa,soa bei Ruzante. Deutlicher im Romagno- 
lischen miy tu, su neben meya, tova, sova, im Altnep. to, so für beide 
Geschlechter neben tou, tuo, toa, tua im Reg. San. Mussapia § 89. 
Sodann sind die enklitischen Formen von Wichtigkeit. In den Ric. 
Sen. steht /ratelma 34, 35, cognatoma 44, und damit vei^leicht sich 
kalabr. patretta, ziusa, teram. patrete, mammetq, wogegen Campo- 
basso scheidet zwischen patr^e MvAßt^ma. Nicht recht klar ist m^, 
t^y s^ in Gessopalena. Es scheint mio resp. meo in der Proklise zu 
m^ geworden zu &ein, vgl. teram. mi, to, PI. tu, so, PI. su. Eine 
sorgfältige Untersuchung wäre wünschenswerth. -^ Vgl. zu § 366 



§ 377. 378. 379.] 



Fronominalflexion. 



215 



bis 377 d'Otibio Ricerche sui pronomi personal! e possessiv! neo-latin! 
Arch. Glott. IX 95—127. 

Die Demonstrativa. 

878. Von den lateinischen Demonstrativen ist nur ille als Per- 
sonalpronomen und als Artikel geblieben.; sonst sind Zusammen- 
setzungen eingetreten mit qu, vgl. quello, questo, femer ist das Iden- 
titätspronomen ipse zum Demonstrativum geworden : esscr. Genaueres 
hat darüber die Wortbildungslehre zu sagen. Hier beschäftigt uns 
nur die Flexion. Die Pronomina qtiello, qtiesto und auch altro be- 
sitzen eine doppelte Deklination, je nachdem sie adjektivisch oder 
substantivisch gebraucht werden. Adjektivisch flektiren sie regel- 
mässig, substantivifiich wird zwischen Nominativ und Obliquus unter- 
schieden. Der Nom. sing. masc. hat die Endung t, der Obliquus uiy 
der Obliquus feminini 4i, der Obliquus des Plurals -oro, es sind also 
genau dieselben Endungen , wie beim Personalpronomen der dritten 
Person. Wir haben somit folgendes Doppelparadigma : 



quellt 
colui 



quello 



questi 
costui 



qtiesto 



altri 
dltrui 



altro 



gtcella „ 

^ 7 . quella 

com ^ 



questa 
costei 



questa 



altro 
^altrei 



altra 



quellt 
coloro 



quellt 



questi 
costoro 



questi 



altri 
*altroro 



altri 



quelle „ 

7 - qtielle 

coloro ^ 



queste 
costoro 



queste 



altre 
*altroro 



altre 



In tonloser Stellung verschmilzt das i des ursprünglichen Anlauts 
von ille, iste mit dem u 2m o, vgl. § 128. Von altro ist bloss altrui 
belegt, die andern Formen sind wohl gar nicht gebildet worden. Auch 
stessi kommt vor, z. B. Dante Inf. IX 58. ' 

870. In den Dialekten ist einmal das Verhältniss der Stämme cost 
und qtiest ein anderes. In den Abruzzen stehen nach Finamobe, Voc. 
Abruzz. 3 nebeneinander quist^, kuste^ kustti und kestS, und ent- 
sprechend quissf, kussfj kusü, quille, kullq, kulü aber kessS, kelle. 
Offenbar ist kust^ erst nach kustü gebildet, bei diesem aber kann man 
im Zweifel sein , ob . sein u dejn italienischen e entspreche , folglich 
J^este den tonlosen Vokal nach dem betonten gerichtet habe, oder ob 
nicht vielmehr das auslautende ti sich ein früheres e angeglichen habe* 



216 * Formenlehre. [§ 379. 380. 38 k 

Für Teramo giebt Savini S. 62 ktdtf, Fem. Aeite, Plur kiste für 
beide Geschlechter und Sing, kustü, husti u. s. w. In der altneapoli- 
tanischen Katherina stehen quiste u.s. w. neben colloro und quellorOy 
was also vielleicht für o-o aus e~ö durch Assimilation spricht. Sodann 
zeigt der Norden durchwegs Formen mit u : kul, kula, ktcst, kusta 
im Piemontesischen, worin aber wohl Wandel von que zu ku zu sehen 
ist infolge der proklitischen Stellung. Ganz dasselbe gilt vom Sar- 
dischen, vgL kustu, kusia, kuddu, kudda, kussu, kmsa, in alter Zeit 
noch kmte, kudda, kudde. Im Lombardisch-emilianischen ist sodann 
qtie zu ke geworden^ also kest, kel u. s. w. Die endungsbetonten 
Formen behalten auch im Venezianischen ihr que^ vgl. qtiestui 
Exemp. 144, quelui 142, letzteres auch im Cato. Für den Süden 
sind dann noch die vom Maskulinum verschiedenen Neutralformen zu 
nennen: queste, quellf neben Mask. qm$t§, quill^j vgl. § 32. 

Der Artikel. 

880. Der Artikel hat sich aus dem lateinischen Üle entwickelt.. 
Abweichend von den Pronomina aber in Übereinstimmung mit den 
Nomina entbehrt er einer eigentlichen Kasusflektion. Während das 
Feminin die zweite Silbe des lateinischen Pronomens bewahrt : la, le, 
zeigt das Maskulinum verschiedene Form: il oder lo im Singular, i 
oder gli im Plural^ und zwar stehen il, i vor konsonantischem Anlaut, 
Zo, gli vor gedecktem «, also ursprünglich vor vokalischem , s. § 144. 
Vor Vokalen wird lo zu V apostrophirt , gli nur vor i. Für Dante und 
die gleichzeitigen Dichter dagegen stellt Gböbeb, Zs. I 108 — 110 
nach den ältesten Dantehandschriften folgende Regel auf : »/o, li stehen 
vor beliebigem Anlaut und hinter beliebigem Auslaut , «7, i vor ein- 
fachem Konsonanten und nur hinter vokalischem Auslaut, oder il, i 
sind unsyllabische , enklitisch gebrauchte Formen. Also lo giorno 
Inf. n 1, ö il mio maestro Purg. IV 31«. In der Prosa überwuchert 
il, i seit dem letzten Viertel des Xin. Jahrh. Femer ergiebt sich aus 
Caix' Untersuchungen im Giomale Fil. Rom. II 1 — 8, dass lo in den 
ältesten lyrischen Dichtem fast ausnahmslos vorkommt, weil es die 
Form des Südens ist, während im eigentlichen Florentinischen lo und 
il gleichberechtigt neben einander stehen. 

881. Mit Präpositionen verwächst der Artikel zum Theil. Stets 
mit di, a, da : del, dl, dal, della, alla, dalla, dei oder de\ ai oder 
a', dai oder dd u. s. w. gemäss § 105. d'Oyidio hat zuerst und mit 
Recht ausgesprochen, Arch. Glott. IX 41 Anm., dass (/e/ zu' zerlegen 
sei in d^el. Auffallend bleibt auf den ersten Blick der Gegensatz im 
Vokal zwischen il und deh Er erklärt sich aber ohne Schwierigkeit 



§ 381. 382. 383. 384. 385.] Der Artikel. 217 

aus der Verwendung von ü in ältester Zeit, s. § 366. Dello ist halb 
betont, bewahrt daher e. Auch nel^ das nur aus in-el entstanden sein 
kann, findet sich von Anfang an , ebenso colj während $ül und pel 
jünger sind ^). Dem Süden fehlt netto ^ wie er überhaupt der Verbin- 
dung eher abgeneigt ist. Eine merkwürdige Form nutto verzeichnet 
MussAFiA aus der neapolitanischen Katharinenlegende und vergleicht 
damit das aquilinische nül^ ntyulj das Finamobe Voc. Abr. 98 an- 
führt : es scheint das tonlose oder halbbetonte e unter Einfiuss des l 
zu u geworden zu sein. 

382. Bemerkenswerth sind die Formen des Feminins im Pie- 
montesischen und Maüändischen. Im Piem. nämlich steht le fumme 
neben iy uriye , es wird also le vor vokalischem Anlaut zu 1% T^ iy. 
Dasselbe muss einst der Fall gewesen sein im Lombardischen , es ist 
dann aber das vorkonsonantische le durch i ersetzt worden , so dass 
man heute nicht nur iy orecc, sondern auch i donn sagt. So Salyioni, 
Lament. S. 13 Anm. 5. — Ob li für beide Geschlechter in Teramo 
(Satini S. 54) ebenso zu erklären ist, weiss ich nicht. 

383. Sodann erscheint im Römischen Tu, das südlich bis Cerreto 
Sannita, Castelluccio di Sora und Formia reicht, in Palena yu lautet, 
sich auch in Alatri, Ajiagni, Guarcino, S. Vito Romano, Veroli findet. 
Vom Plural Ti ist t auch auf den Singular übertragen. 

384. Häufig geht der Artikel seines / verlustig, worin wieder eine 
Kurzform zu sehen ist (§301). So finden wir u, d im Neapolitanischen, 
Kalabresischen, auf Sizilien in Castrogiovanni, Vallelunga, Sirakus, in 
der Terra di Bari, in Senise, Saponara di Grumento, im Principato, 
Benevent, aber nicht mehr in Cerreto Sannita, wo tu beginnt. Die 
nördlichsten Punkte scheinen Nola und Palombara zu sein. Dieselbe 
Reduktion findet sich wieder in Apiro und Cingoli (Macerata] . 

385. Während der Süden durchaus lu sagt, zieht der Norden el, 
l vor. Es ist dies die gewöhnliche Form im Emilianischen, Lombar- 
dischen und Venezianischen, aus der im Bergamaskischen und auch 
zum Theil in der Brianza weiter o/, im Emilianischen und in Rovigo 
mehrfach al entsteht. Im Gegensatz dazu zeigen die altvenezianischen 
und altmailändischen Denkmäler durchaus lo^ was heute noch in Bu- 
rano geblieben ist,, während el schon im Mittelalter die veronesisch- 
paduanische Form ist, so zwar, dass Fra Giacomino el und lo, Ruzante 



1) Caix meinte Origini S. 201 ff., das toskanische nel sei aus in de el 
entstanden, da sich in den Handschriften der alten Lyriker in delo findet 
Was das de sei, sagt er nicht. Das in del ist eine spezifisch sizilianische 
Form, die in ind-el zu zerlegen ist und mit dem toskanischen in-el nichts 
zu thun hat, s. die Präpositionsbildung. 



218 Formenlehre. [§385.386.387. 

nur el gebraucht. Sonst ist wenig zu bemerken. Im Venezianisch- 
veronesischen wird Uli zu igi^ vgl. ig^ igi Ugu9. Prov., Giacom. 

386. Abweichend vom Italienischen und den meisten roma- 
nischen Sprachen bildet das Sardische den Artikel von ipse^ also su^ 
8a j 808 j 808 im Logudoresischen , su, 8a, 18 im Campidanesischen. 
Diese letztere Form, statt deren man eigentlich 8U8, 8a8 erwartet, ist 
auffällig, man sieht nicht recht, wesshalb die erste Worthälfte be- 
halten, die zweite, flektirte, verloren ist. Nach konsonantisch auslau- 
tenden Wörtern erscheint im Logudoresischen die volle Form : per 
18808 i8trada8 u. s. w. 

Indefinita und Belativa. 

387. Nur Weniges ist zu bemerken. Die Quantitätspronomina 
ianto, offni, nullo zeigen zum Theil merkwürdige Formen. Das 
Neutrum plur. tanta, quanta hat sich im Süden d'Ovidio^ Arch. Glott. 
IV 172 Anm. und im Norden erhalten, z. B. aven. doa tanta Exemp. 
205, abol. Baz. 1, ja selbst in der Toskana tanta Boco. Dec. I 6, bei 
Ristoro d^Arezzo u. s. w. Ebenso findet sich neben ognt auch offna. 
Was offni betrifft, so zeigt es zunächst die Nebenform onne : onne 
hontä Conti Ant. Cav. 200, onne argomento 200, onni homo 200, 
dann aber auch früh ongne, so ongne anno S. Mar. Carm. 14, ongne 
altro 20 , ebenso stets bei Brunetto Latini. Das gn wird man mit 
Rücksicht auf die eben genannten Formen mit nn besser von ogna = 
omnia herleiten, als aus der Verbindung omni anno. Das Schwanken 
zwischen i und e dürfte auf verschiedener Grundlage : omne8 bezw. 
omne beruhen, vgl. .für omne8 noch § 183. Ogna wurde früh auch 
mit Mask. verbunden, vgl. ogna 8trame Bandi Lucch. 203. Sodann 
behandelt das Altvenezianische ogna als Fem. und bildet ein Mask. 
ogno Prov. 4, ähnlich Ruzante Wendbinee S. 61. Nach ogna wird 
im Venezianischen und Veronesischen nullja geschaffen und dazu nun 
auch nuio Prov. 11, bei Ugu9. , vgl. Ascoli, Arch. Glott. VII 441, 
596. Sodann bilden tantu8f qtiantu8 in Oberitalien den Plural tanc, 
qtcanc § 260. — Von den Relativen sind chi, che indeklinabel, cui dient 
für den Casus obliquuff. In Mundarten findet man cui auch als No- 
minativ, so im Norden bei Paol. LXm 31, LX 26 und im Süden in 
Sizilien. Indeklinabel sind sodann die auf che auslautenden qtidlche^ 
chiunche, nur im Plural gebräuchlich parecchi, parecchie. Vgl. noch 
die Wortbildungslehre : Pronominalbildung. 



i 388. 389.] Verbalflexion. 219 

Yerbalflexion. 

1. Übersicht der Verbalformen. 

388. Gegenüber dem Lateinischen hat das Schriftitalienische 
eine grosse Menge von Formen eingebüsst: das ganze Passiv mit 
Ausnahme des Participiums, im Aktiv die beiden Futura , das Imper- 
fektum und Perfektimi conjunktivi, das Plusquamperfektum indika- 
tivi, den emphatischen Imperativ, den Infinitiv des Perfekts, die 
beiden Supina, das Gerundivum. Dafür hat es neu geschaffen das 
Futurum : amer-d = amare ho und das Condizionale : amer-ei aus 
amare-ebbi. Die Einbussen sowohl wie die Neubildungen gehören 
grösstentheils dem Vulgärlatein an. Doch besass dieses und mit ihm 
noch manche italienische Mundarten noch das Plusquamperfektum 
indikativi, femer eine Zeitform, die entweder vom Perfektum con- 
junktivi oder vom Futurum exaktum stammt. Endlich im Bardischen 
hat sich auch das Imperfektum conjunktivi erhalten. 

2. Die Endungen. 

389. Im Präsens indikativi ist das lateinische -o den Lautgesetzen 
gemäss behandelt j also im Mittelitalienii^hen geblieben , im Süden 
zu u geworden , in den Abruzzen und im Neapolitanischen zu f , im 
Norden verstummt, vgl. § 111 ff. Die einzige abweichende Form, 
lat. sum, vulglat. son, nimmt das o ebenfalls an : sono. Dass im Satz- 
innem das o nach /, r, n, m auch im Toskanischen schwinden kann, 
ist § 108 gesagt. — Im Maüändischen und in der Val Maggia tritt 
f an Stelle von o: kanti, im Bergamaskischen -e, in der Verzasca 
bei den Verben der a- und t- Klasse -a, in Turin und Jvrea -o, 
während in allen diesen Mundarten -o fallen, sollte. Der Ursprung 
dieser Elemente ist ein verschiedener. In dem -e, das Bonvesin 
noch nicht kennt, wird man mit Gabtnes, Raetor. Gram. 111, 
SiLLYiONi, Arch. Glott. IX 228 Anm. 2 das angehängte Pronomen 
der ersten Person: io zu sehen haben. In dem -a in der Verzasca 
scheint eine Übertragung der Endung der 3. Sing, vorzuliegen, die 
veranlasst ist durch die Gleichheit der Endungen des Imperfekts. 
Endlich das turinische o, das sich noch in Fossano, Cuneo, Lanzo, 
Corio, Limone, im Massathale, in Vercelli, Pavone, Vistrobio und 
wohl fast im ganzen Canavese ausser Biella, Azeglio und dem 
Adomothale findet, dürfte das lateinische -o, aber nur indirekt, 
sein. Die Lament. schreibt recomand, arecord, neben trovo, possOj 
wo freilich def Vers trov, po88 erfordert. Noch heute bewahrt das 
Piemontesische das o in den Substantiven orlo^ merlo, und dies 
sind die letzten Reste eines Zustandes, wo das -o in lateinischen Pro- 



220 Fonnenlehre. [§ 389. 390. 

paroxytonis geblieben war, eines Zustandes, der sich in Savoyen, Val 
Soana und dann im ganzen südöstlichen Frankreich wieder findet, vgl. 
NiGBA, Archl Glott. III 23 und Kom. Gramm. 1313. Auf dem Ge- 
biete, wo -o in Proparoxytonis blieb, in Paroxytonis- fiel, standen 
neben einander am aber tremlo, bezw. tremhyo. Später wurde dann 
die Endung von der 2. Klasse auf die erste übertragen. Heute er- 
streckt sich nun freilich das awo-Gebiet viel weiter als das tendro- 
Gebiet, allein es ist entweder jenes später weiter ausgedehnt oder 
dieses verengert worden. — Das e in Bergamo ist wohl weitere Ab- 
schwächung des -i, doch ist auffällig, dass auch das Altpaduanische 
häufig -e zeigt, Wbndbineb 69. 

890. Die 2. Person lautet auf -f aus, das nach § 106 der laüt- 
gesetzliche Vertreter von -a«, -es, -is ist, während t?ewrfts eigentlich 
vende lauten sollte. Dass diese eine Form dem Drucke der übrigen 
gewichen ist, begreift sich leicht. Übrigens zeigen die alten Texte 
noch mehrfach -e , auch für altes -f, was vielleicht auf zeitweiliges 
Schwanken schliessen lässt. Dante braucht abbracce Inf. XVH 93, 
affonde Par. XXVII 121 u. s. w. nur im Keime, Zehle 72, wodurch 
die Existenz dieser Formen in der gesprochenen Sprache noch zweifel- 
hafter wird; schon häufiget sind sie bei Brunetto Latini Zs. VII 429. 
Anders verhält es sich natürlich, wenn im Nordosten e sich oft zeigte 
z. B. in UgU9on, Tobler S. 26, bei Fra Giacomino, hier liegt wohl 
ein lautlicher Vorgang vor, s. § 354. — Im Lombardischen, aber noch 
nicht bei Bonvesin, tritt das Personalpronomen an: portet, wodurch 
Zusammenfall mit der 1. Sg. vermieden wird, wie er im Emilianischen 
und einem Theile des Tessin vorliegt. In die Val Maggia ist, wie be- 
merkt wurde, das lombardische i in die 1 . Sg. eingedrungen, hat dann 
aber, da seine Bedeutung nicht verstanden wurde , auch die 2. Person 
ergrifien. Im Piemontesischen ausser Mondovi lautet die Endung -Cy 
was wol, da auch im Imperf. -e erscheint, als lautliche Entwicklung 
zu fassen ist. — Im Altvenezianischen ist das s zum Theil noch er- 
halten. Aus dem Exempelbuch führt Donati S. 36 an: favelis, tra- 
pasis, rendtSj dibis, venis, oferis^ turbidis neben seltenern Fällen 
ohne s, Fra Paolino kennt amis, posis , fosis, voravtSj der Tristan 
ebis, Cato pekes, castiges, comenges, entendeSj diges Tobleb S. 24, 
während sonst die Hamiltonhandschrift nur in einsilbigen das s be- 
wahrt. Vgl. noch AscoLi, Arch. Glott. I 462, der feststellt, dass in 
den mehrsilbigen Verben, also in tonloser Silbe , s am Ende des XHI. 
Jahrh. schwindet, während es in einsilbigen, also in betonter, während 
des ganzen XIV. Jahrh. und in der Frage bis heute bl^bt. Vgl. noch 
§ 454. -^ Die dritte Pers. Singular lautet regelrecht auf a, e aus. 
Aus den Mundarten ist nichts zu bemerken. 



§ 391.] . Verbalflexion. 221 

391. Die 1. Pluralis hat merkwürdige Schicksale, in der Schrift- 
sprache sowohl wie in den Mundarten. Die ältesten Formen sind 
-amo, -emOj -imo. An Stelle von vendimus ist frühzeitig vendemtis 
getreten. Heute ist nun aber für alle Konj. -iamo gebräuchlich. 
Am frühesten scheint -imo verschwunden zu sein , obschon Ariost, 
wohl durch seinen Dialekt verleitet, es noch braucht. Etnp hält sich 
länger, vgl. poten, aven, semo bei Brun. Lat. Wiese, Zs. VH 330, 
avamo Cavalc. Son. 24, 3, Ric. Jac. 25, fademo 28, contamo 2, 
devemo Alb. 28, avemo 20, Ariost Cass. 4, 2, komperamo Ric. Fior. 
1273, aven \2bh jabbiamo 1290, --afno belegt HmscH, Zs. X 412 aus 
dem Senesischen, Caix, Orig. 223 aus dem Altpistoj. Zuletzt weicht 
-amo] Castiglione gebraucht zwar noch speramo, aber doch scheint 
seit Mitte des XIV. Jahrh. -iatno im Centraltoskanischen fast allein 
herrschend. Ausgangspunkt für dieses -iamo ist siamo , das von 
jeher für Indikativ und Konjunktiv galt § 447 und die Konjunktive 
wie abbiamOj sappiamo u. s. w. Der Gebrauch von siamo als Kon- 
junktiv und Indikativ führt zunächst bei den Verben auf "imo und 
-emo, deren 1. Plur. conj. auf -iamo ausging, -iamo auch in den In- 
dikativ ein. Die nach sia umgestalteten stia , dia bewirkten siamo y 
diamo statt *stemo, *demOy und nun, immer unter dem Druck von 
siamo j auch im Indikativ stiamOj diamo. Zunächst folgte dann wohl 
andiamo, dessen Konjunktiv als Imperativ gebraucht leicht den Indi- 
kativ verdrängen konnte. — Eine zweite toskanische Form ist '•ian(o) . 
Schon in den Ric. fiorent. findet sich aven ; bei Cavalcanti dician 24, 4, 
sian 24, 1, 6, nicht bei Dante, der nur Vulg. Eloqu. XLV facciäno 
den Florentinern vorwirft, wohl aber bei Brun. Lat., namentlich 
oft bei Barberino : vedreno IV 4, 25; preghian, possian 11, 12, 
dician II 2, 25 und'noch Pulci sagt dimoriano 1, 75; vgl. 3, 30; 
4, 35, ähnlich Ariost und Boiardo. Der Ausgangspunkt dafür ist zu 
finden in Verbindungen wie repentianci Bocc. Dec. Int., andianne 
Bocc. Dec. II 5 ; andiancene Sacch. 81 u. s. w. Während das Floren- 
tinische diese Endung, die also aus einer Vermischung der vorkonso- 
nantischen und Satzinlautformen mit den Pausaformen entstanden ist, 
später völlig aufgiebt, bewahrt sie das Aretinische , vgl. Cittä di Ca- 
stello -ewo = -amo und Ascoli, Arch. Qlott. n 452 f. — Endlich ist 
noch eine mehr syntaktische Art, die 3. Plur. zu bilden, zu erwähnen: 
das Vulgärtoskanische und manche neuere Schriftsteller bedienen sich 
der unpersönlichen Form des Verbums, verbunden mit dem Pronomen 
der 1. Person : noi siama. — Diese drei Erscheinungen: Übertragung 
des Vokals, Wandel von m zu n und Ersatz durch die unbestimmte 
Form, treffen wir nun auch in den Mundarten wieder. Die erste Plu- 
ralis des Verbum substantivum schwankt zwischen somo und semo : 



\ 



\ 



222 Fonnenlehre. • [§391. 

jenes gehört dem Piemontesisclien iind Paduanischen, dieses dem Ve- 
nezdanischen und Emilianischen an. Ganz entsprechend haben wir dort 
als 1. Flur, aller Verba -ofno, hier-^mo. Vgl. im Chrysost. adaromo 
118, 31, parlomo 20, 31, volomo 3, 18, neben gewöhnlichem -emOy 
und heute in Turin, Jvrea, Alessandria^or^t^ma, tnuma, uma (avemo). 
Die Ausbreitung geht nur allmählich vor sich, die Lamentazion& 
kennt devetna und devSna. Die Grenzen des -timo-Gebiets kann ich 
nicht bestimmen; vgl. noch S. Fratello amomaj tnuamaj fnuoma^ 
Fürs östliche Oberitalien hat Ascoli ^om nachgewiesen , vgl. Arch. 
Glott. I, S. 542b. Ein Charakteristikum des Mittelrätischen greift 
es von da ins Venedische hinein, findet sich noch heute im Rustik- 
paduanischen , man§um in Cremona, von = andiamo giebt Boerio 
als venezianisch an, endlich bei Ruzante, wo -om im Präsens indika- 
tivi aller Konjugationen Regel ist, Wendbineb S. 64. Auch Reggio 
zeigt 'Om neben -em, — Sodann im Emilanischen : sem, sen und 
entsprechend kanten, venen u^ s. w. und im Altvenezianischen semo 
und so consideremo Ex. 880, demandemo Cron. Imp. 72 b, par- 
lemo Panf. 173 u. s. w. Im Süden scheint dagegen -amo zu bleiben, 
vgl. mandame in Campobasso, ebenso vfd^me und danach nun dur~ 
m^^j ähnlich in Neapel, Kalabrien und Sizilien. Anderswo in den 
Abruzzen aber hat wieder die Umgestaltung nach essere stattgefunden, 
vgl. kantaime nach saimf bei Finamobe, Voc. Abr. 5, hand^me 
wie s^me in Teramo. Sonst fehlen mir die Paradigmen. Der Wandel 
von -m zu -n ist specifisch senesisch-aretihisch-emilianisch, vgl. 
HiBSCH, Zs. X 411. Im Emilianischen kann der Überg^ang rein 
lautlich sein, vgl. § 275, übrigens erstreckt er sich nicht über 
Bologna hinaus, vgl. portem in Reggio und Parma, und vom Emilia- 
nischen her wird sich das oben genannte -eno im Aretinischen deuten. 
Auch im Piemont findet sich ~en wohl mit lautgesetzlichem Wandel 
von m zun und daraus -ena, vgl. Salvioni, Lament. 15. Der Ge- 
brauch von hämo canta statt cantamus ist lombardisch , und zwar 
namentlich bergamaskisch , wo man also z. B. noier am porta^ noter- 
m^ardess u. s. w. sagt. Auch hier sind die Grenzen noch zu be- 
stimmen. Salvioni weist om kanta für die Verzasca und Lavizzara 
nach Arch. Glott. IX 227, Formen, die Fleohia's Ansicht, dass wirk- 
lich h<mio canta die Grundlage bilde, bestätigen, vgl. Intomo ad una 
pecularietä di flessione verbale in alcuni dialetti lombardi Rom 1876. 
Die ältesten Beispiele finden sich bei Bonvesin, aus welchem Mvssa- 
FiA, Bonv. § 95 anführt: um se, um era, um fe, um siaj um venia, 
um devesse, um fosse, um poesse neben speram, lezem, Boffrimo, 
predicdvamo u. s. w. Mussafia sieht darin das auslautende m , das 
in der Form um dem Verbum vorangehe, ähnlich Diez II 144 Anm.>. 



§ 391. 392. 393.] Verbalflexion. 223 

ScHucHABDT, Zs. IV 1 53, Und 68 könnte um se für diese Auffassung ins 
Gewicht fallen. Allein andererseits ist eine derartige Ablösung der 
Endung zu merkwürdig und entbehrt so völlig jeder Analogie, dass 
man die erste, durch das Toskanische bestätigte Erklärung vorziehen 
wird. Unter dem Drucke von um mända ist dann an Stelle von 
mandäm im Mailändisch-bergamaskischen mändem getreten. End- 
lich bleibt noch der Auslautvokal im Piemontesischen zu besprechen. 
Lautgesetzlich sollte man -m erwarten ; statt dessen erscheint schon in 
der Lamentazione na, was vielleicht ursprünglich bloss Frageform mit 
dem § 372 besprochenen -a ist. Aus portüma oder portema entsteht 
dann weiter in Mondo\i partmd, vgl. § 92 und Rom. Gramm. I § 597. 

392. Die zweite Pluralis lautet korrekt -ate, -etCj -ite, bei Bo- 
jardo auch Hiti 1, 2, 3, 51 u. s. w. Bemerkens werth ist andä = an- 
date und ptglidve = pigliateve Sacch. 82. Aus den Mundarten ist 
der ziemlich weitgreifende Zusammenfall von -ete und -4te zu er- 
wähnen. Er scheint fast dem ganzen Norden anzugehören^ vgl. cre- 
diti Bon. Lidf. 128 nnd so heute im mail. -e, aven. vediti Exemp. 444, 
voU 140, avi 982, ebenso in den andern Texten und im Neumailändi- 
sehen, dann auch im Emilianischen, wogegen dasPiemontesisch-genue- 
sische scheiden. Es fragt sich, ob hierin lautliche Entwicklung zu 
sehen sei, ob also -etis über -ete zu -ee^ -ü oder über -eti zu -iti (§ 68) , 
ii geworden sei oder ob Übertragung stattgefunden habe. Die laut- 
liche Erklärung ist wohl vorzuziehen ; von de;n zwei Möglichkeiten 
aber scheint mir die zweite wiederum die zutreffendere, da parete 
nicht zu/?ar» wird. Es würde daraus weiter folgen, dass -ts wie z.B. 
im Rumänischen zu -i, nicht wie im Italienischen zu -e wird. Im 
Sizilianischen fallen -ete und -ite gemäss § 26 unter -iti zusammen. 
Im Weitem finden wir in Campobasso -ete für die 2. und 3. Konju- 
gation und in den Abruzzen, da wo -f»i^ alle drei Verbalklassen er- 
greift, auch -ete für alle, also kantete, senkte in Gessopalena, kan- 
tete y sentqte in Teramo u. s. w. Auch bei den Monferrinern in Sizi- 
lien ist infolge der Gleichheit der ersten Person auch Gleichheit der 
zweiten eingetreten : man^e, bve, fni in Piazza Armerina, amai^ tnai 
dibet ßni in S. Fratello. Das Piemontesische zeigt stammbetonte For- 
men: parte ^ tene, in welchen man wohl Übertragung der 2. Sing, auf 
den Plural zu sehen hat, trotz eve = habetis, vgl. § 410. 

893. Die dritte Pluralis sollte zunächst aman, senton lauten. Da 
aber das Italienische keine konsonantische Ausgänge duldet, so bildet 
es son zu sono um nach dem Muster des andern sono = son § 389, 
femer vendon zu vendono und nun auch amano. So haben wir heute 
'Ono auch für die alten -^-Verba. In der florentinischen Vulgär- 
sprache tritt gemäss § 119 -ano für -ono ein. Umgekehrt zeigt das 



\ 



224 Formenlehre. [§ 393. 394. 

Senesische Übergriff von -ono neben -ano Zs. X 4 1 5 . In den Mund- 
arten treffen wir nun ein Gebiet, das mit dem Toskanischen überein- 
stimmt ^ ein zweites, wo n im Auslaut bleib! , ein drittes , wo es fällt, 
somit die dritte Pluralis mit der dritten Singularis identisch ist. Dem 
ersten Gebiete gehört der ganze Süden an. In den Abruzzen sinkt 
-awo, -ono zu -ene herab, die einstige Vokalverschiedenheit prägt sich 
aber aus in portene neben videne § 32. Das zweite Gebiet umfasst 
das Emilianische von Bologna an westlich, vgl. porten in Bologna, 
Keggio, Parma, das Westlombardische, das Genuesische und im Grunde 
auch das Piemontesische, nur dass hier nach §274 -an, -on zu u wird: 
portu u. s. w. Dem dritten endlich gehört einmal das Lombardisch- 
venezianische , sodann das Romagnolisch-umbrische an. Schon im 
aven. Exempelbuch liest man U demoni clama 82, Uli si disecca 378, 
vene VI laroni 437 u. s. w., woneben aber Formen auf -^^o noch vor- 
kommen. In der Hamiltonhandschrift haben die Prov. Doppelformen, 
während die andern Texte -no fast gar nicht kennen, ebensowenig 
die Cronica und Paolino. Dann westlich bei Ruzante Wendeinee 
S. 63, Fra Giacomino und noch in Bergamo : porta^ und im Tessin, 
wogegen in Mailand porten beginnt. Sodann also braucht das Bo- 
magnolische porta für beide Numeri und mit ihm Ancona, Ascoli 
Piceno, Teramo, Atessa, Bucchianico. Doch scheinen mehrfach In- 
seln mit ^en vorzukommen , so die Provinz Pesaro Urbino , wo nur 
S. Agata Feltria Gleichheit der beiden Personen zeigt. Interessant ist 
der Unterschied, den die altneap. Katharina macht: i^nt fällt, wenn 
der Flezionsvokal in den zwei Numeri verschieden ist ; bleibt als -wo, 
wenn er identisch ist, wodurch bei Abfall von -^t Singular und Plu- 
ral zusammenfielen(f. — Noch bleibt ein Wort über den Vokal der 
Endung zu sagen. In Norditalien und in Pisa, Lucca einerseits, 
Arezzo andrerseits und im Südwesten in der Terra di Otranto und 
Terra di Bari greift -eno über und gehört zunächst der 2. und 3 . Konj . 
an, woneben aret. -ono wie -unu in Noto sich nach § 121 erklärt. 
Im Lombardischen ergreift ~en auch die 1. Konj., doch handelt es 
sich da vielleicht um lautliche Abschwächung. 

894. Im Konjunktiv erwartet man für den Singular e, i, e bezw. 
a, i, a, und diese Formen finden sich z. B. noch im Altmailändischen, 
im Altneapolitanischen und Altvenezianischen, vgl. Mussafia, Bonv. 
20, DoNATi, Exemp. 41. Im Toskanischen aber haben frühzeitig 
Ausgleichungen st«ttgefunden nach zwei Seiten hin. In der 2. und 3. 
Konj. wird i bald durch a verdrängt. Bis heute haben sich die als 
Imperativ fungirenden sappi, abbi, sii gehalten und bei den alten 
findet man venghi Bocc. Dec. 3, 5, riconoschi 2, 10, rimanghi 3, 3 
und selbst noch bei AjA.o^i facci Cass. 2, 3. Daneben war aber auch 



§ 394. 395. 396.] Verbalflexion. 225 

schon vada Bocc. 3, 4, prometta Sacch. 22, nasconda 84 u. s. w. 
Entsprechend wird umgekehrt i in der ersten Konjugation durch- 
geführt. Zuweilen erscheint auch 3. Sg. auf -f statt -ea , vgl. debbi 
Pulci 10, 105, sappi II 48, 137, facd IH 29, IV 21, vegni IV 12, 
ardi IV 8 1 , possi VI 2 1 . Ausgangspunkt sind wohl die zwei ersten, 
wo -ia sein a abgeworfen hat. Ähnlich im Altaretinischen , Bianchi, 
Gastello 50. Die Dialekte schlagen vielfach andere- Wege ein. Im 
Norden sollte -e, -e fällen. Im Mailändischen wird dann das a der 
II. u. ni. Konjugation auf die erste übertragen: porta^ portet, porta. 
Dasselbe gilt für das Piemontesische, Emilianische und das Paduanisch- 
venezianische. Nicht recht klar ist bergam. -e, -etj -e in allen Konj u- 
gationen. Nur die 2. Singular ist ihrem ursprünglichen Typus treu 
geblieben, vgl. -piexn., parte j emil. port. Umgekehrt zeigt die Val 
Maggia -i von der I. Konj. auf die andern übertragen. In altvene- 
zianischen Denkmälern findet sich natürlich -$ in der 2. Sing., ferner 
-e, -e für die I. Konj.: demostri Exemp, 100, torni 730, done, befe^ 
porte im Cato,. mitege in der Cronica, aber bei Calmo schon durchaus 
-ö, Ruzante ~e und -a, dann auch -e und -a in der II. und III. Konj., 
vgl. Wendbiner S. 71. In den Abruzzen und im ganzen Süden fehlt 
der Konjunktiv präsentis überhaupt. 

395. Die 1. Plür. lautet für alle Konjugationen -iamo, die 2. 
-täte, Ausgangspunkt sind siamo, State, abbiamOj abbiate, teniamo, 
teniate, veniamo, verdate ^ moriamo, moriate und andere Verba der 
€- und z-Konj. , die ihr i in den endungsbetonten Formen behalten 
haben. Den Weg in die a-Konj. vermitteln rfiamo, stiamOj andiamo: 
Im Norden zeigt das Lombardische völlige Übereinstimmung mit dem 
Indikativ, also portem, porte y tenem^ tent, doch weicht das Berga- 
maskische mit portegef, tenigef ab und ihm folgen die tessiner Mund- 
arten, Arch. Glott. IX 230. Das ^ö ist mit dem g von § 371 zu- 
sammen zu bringen, daran ist das Pronomen der zweiten Pluralis 
angehängt. Das Piemontesische dagegen stimmt in der 2. Plur. eben- 
falls zum Indikativ, in der ersten aber betont es den. Stamm : portemUj 
woraus nun nach § 274 pörtu. Vgl. darüber § 410. Im Bolognesi- 
schen lautet die 1 . Person portdmen, die 2 . portädtj ebenso ten^men, 
ten^di, worin man die alten Indikativformen mit angehängtem Per- 
sonalpronomen zu sehen hat. Auch regg. purtemm neben indik. 
purtem, psLvm. portema, romg, purten/a erklären sich ebenso, und 
noch deutlicher ist die 2. Plut. romg. -eva. Die 3. Plur. lautet im 
Toskanischen -onOj bezw. -ano. Im Norden stimmt sie mit dem In- 
dikativ überein. 

396. Eine besondere Art, den Konjunktiv präsentis zu bilden, 
weist Salvioni, Arch. Glott. IX 229 und Anm. in tessiner Mund- 

Meyer-Lübke, Ital. Grammatik. 15 



226 Fonnenlehre. [§ 396. 397. 398. 399. 

arten nach. Zwischen Stamm und Endung tritt ig: portiga in So- 
nogno, mändiga in Soazzo, vgl. auch S. 259 für MalescO; eine Bil- 
dung, die ihre Parallelen in vielen andern romanischen Dialekten 
hat, vgl. Mtjssafia, Zur Präsensbildung, Schuchabdt, Litbl. 1884, 
Sp. 65 ff. 

397. Der Imperativ stimmt im Ganzen zum Lateinischen : amay 
senti, tieni, danach auch vendi u. s. w., Plural -ute^ -ete, -ite. Hier 
sind die norditalienischen Formen der 1. Plur. von Wichtigkeit. Im 
Lomb. lauten %\e portem^ tefiem, worin man vielleicht den alten Kon- 
junktiv der I. Konj. übertragen auch auf die andern sehen kann. Das 
Piemontesische bedient sich der Indikativformen, und behält die 2. 
Plur. porte aus porta[d]e. Das Bolognesische bleibt ebenfalls beim 
Indikativ, das Parmigianische beim Konjunktiv. Im Senesischen, wo 
^i die Neigung hat, in -e überzugehen, lautet der Imperativ II., III. 
meist -e, Zs. X 414. 

398. Das Imperfektum indicativi zeigt in der Schriftsprache die 
regelmässigen Endungen: -a, -e, -a, -umo, -ate, -ano. Doch ist 
schon frühzeitig das -o des Präsens eingedrungen. Von den Mund- 
arten folgt Foggia mit avevu, während sonst von Rom ab südwärts 
wie im Norden -a bleibt. In der Val Maggia erobert das -i des Prä- 
s.ens § 389 auch das Imperfektum. Die 2. Plur. wird oft durch die 

2. Sing, ersetzt : voi aspettam Cell, und so in der toskanischen Volks- 
sprache. In den Mundarten sind als wichtigste Erscheinung die Zurück- 
ziehung des Tones in 1. und 2. Plur.: dvamo, dvate und die damit 
im Zusammhang stehenden Veränderungen zu erwähnen. Im Lom- 
bardischen vf ird portdvate zu portave, das nun, zum Unterschied von 
der 2. Sg. , mit dem Personalpronomen versehen wird: portavef 
gegenüber portavet; ebenso in Reggio purtävev ^ in Bologna aber 
purtavi, entsprechend dem konjunktivischen puriadi § 395. Ebenso 
im äussersten Süden : kalabr. siz. amavevUy amavivu. Von andern 
Einzelheiten ist etwa zu erwähnen bergam. portae 1 . Sg. neben porta 

3. Sg., auch mail. portavi. Das-e ist wohl aus dem starken Perfekt 
übertragen. — Das Kalabresische flektirt -ava, -ave, -avUj wo das -e 
der lautgesetzliche Repräsentant von -as ist § 112. 

399. Im Konjunktiv imperfecti erwartet man -asse, -asstj -asse^ 
dann mit Tonverschiebung § 410 -dssemo^ -aste aus -assete § 120, 
während Lucca bei -assite bleibt. Diese Formen finden sich auch nock 
bei den Alten, doch tritt im Singular bald ein gewisses Schwanken 
ein, sofern vom starken Perfektum aus -i in die erste' Singularis. 
dringt : amassi. Eine Zeit lang herrschte auch in der dritten Un- 
sicherheit, vgl. avessi Sardo 134, -issi i2Sj fussi 129, ardessi 139 
nehen fasse 129, -esse 129, undHinscH, Zs. X 413 für das Sene- 



r ■ 



§399.400.401.] Verbalflexion. 227 

Bische, fussi Tulc^i II 12, 13, 65, auch Cellini. Dieselbe Anlehnung 
ans starke Perfekt zeigt die 3. Plur. mit -ero statt -eno, -ono^ vgl. 
fosserO) trovassero Bocc. 1, 6, während allerdings -no bei Weitem 
überwiegt, rimanessero Sacch. 15, scrivessero 31. Die 2. Sg. dient 
auch als 2. Flur.: noi fosse Sacch. 86, voi credisst Bogc. 3, 6, voi 
campassi Pulci III 39, voi venissi IV 99. Von mundartlichen 
Formen ist -sset für die 2. Sg., -ssef für die 2. Pluralis im Lombar- 
dischen, dann -ssev in Reggio, -m in Bologna und Siena Zs. X 413" 
für die 2. Plur., -ssevu, -ssivü oder -ssuvu im Kalabresisch-sizi- 
lianischen selbstverständlich. Aus dem Piemontesischen ist die Aus- 
dehnung des a vom Präsens conjunctivi auf das Imperfekt : porieissa 
• bemerkenswerth , eine Ausdehnung, die durch die Gleichheit der 
Pluralformen 1.3. porto : porteisso möglich wurde. Die 2. Plur. 
lautet hieir selbstverständlich porteisse. Ähnliches findet sich im 
Tessin Arch. Glott. IX 230. 

400. Das Perfektum. Die schriftsprachlichen Formen -öi, -asti, 
-o, 'ammOj -aste, -aro entsprechen genau den vulgärlateinischen. 
Ebenso -w, -isti>, -e, -immo, -tstt, •'iro. Nebenformen zeigt die 3 . Sg. mit 
äo, wie Brunetto Latini stets schreibt, Wiese, Zs. VTI 286, nach süd- 
italienischem -au gebildet, und io. Die 2. Plur. wird zuweilen mit der 
2. Sing, gleichgebildet: -asti, la?zciasii SKGch. 113, vgl. averesti voi 
50. Am vielgestaltigsten ist die 3. Plur. Zu -aro, -iro, die Dante 
vorwiegend braucht, tritt früh das -no der übrigen Tempora: -arono 
und -irono, und dann kann das mittlere o synkopirt werden : -arnOj 
-irno schon Dante Par. XI, 108, Inf. XIII 148, Pulci 4, 77 u. s. w.* 
Dichterisch bleibt -aro bei Pulci 4, 91 ; 3, 35. Da ferner -irono den- 
selben Vokal wie -^ zeigt, so tritt zu -d auch -orono, -ornOj -or auf: le- 
vorsi Dante Inf. XXVI 26, tirorno Sacch. 70, riportorono 78, arri- 
vomo Pulci 1, 62. Endlich wie zu da der Plur. danno lautet, so zu 
amd amonno, vgl. terminonno und entsprechend diennOj apparinno, 
uscincij fermo bei Dante Zehle 75 und in den starken Perf. promi- 
songli Bocc. Dec. 2, 7, rimasono 2, 3, misono ^ diedono 2 , 7; 
misson Pulci 1, 64; corsono Cellini. Die Formen sind die fast allein 
gebräuchlichen bei Sardo. Als Latinismen sind erste Personen wie 
audivi Dante Inf. XXVI 78 zu betrachten. 

401. Das Perfektum der II. Konjugation baut sich auf-^Ä^e, -este, 
-$mmo auf, wozu nun, dem Vorbild der III. folgend, -^i, -^ , -^rono 
geschaffen werden. Die Nebenform auf -ettiy -ette, -ettero hat ihren 
Ausgangspunkt in Verben wie vendidi, vulglat. vendedi, woraus zu- 
nächst vendiedi, dann , als diedi nach stetH zu detti umgebildet wurde, * 
vendetti. Die Entstehung und Ausbreitung des -dedi- Perfekts gehört 
dem Vulgärlateinischen an, lässt sich übrigens Schritt für Schritt ver- 

15* 



22 S Fonnenlehre. [§401. 

folgen /vgl. Qrundriss I S. 367 und § 420. Im starken Perfekt zeigen 
die 1. und 3. Singular regelrecht -», -e, die 1. Plur nimmt schwache 
Form an, die dritte lautet auf -cro. Die Mundarten bieten eine Reihe - 
nicht immer ganz klarer Abweichungen. No für ro in der dritten 
Pluralis reicht über fast ganz Oberitalien. Wenn in Beggio -ärn oder 
-ör^J* gesprochen wird, so kann man füglich an der .Echtheit der Form 
zweifeln,, da die übrigen emilianischen Mundarten nur n kennen. 
Schon Bonvesin sagt negon^ odin. Das Piemontesische hat die Zeit- 
form ganz aufgegeben , aber fürs Monferrinische bezeugen purtäan^ 
fnin in S. Fratello, man^anu, fhinu in Piazza Armerina die Über^ 
einstimmung mit dem Osten. Auch das Paduanisch - venezianische 
folgt in seinen ältesten Denkmälern :- m^^^;}<? Exemp. 224, sentino- 
870, dann aber fällt -no und es dient wie im Präsens die 3. Sing, 
auch als 3. Plur. Dem Norden schliesst sich Pisa an : jectano Hist. 
Pis. 65, rimxiseno 46, istetteno 46, andonno ^^, fugginno 56 u. s. w. 
Im Süden aber, soweit nicht die 3. Sing, eintritt,. § 393, scheint r zu 
bleiben und zwar -arne im Neapolitanischen und der Molise, --am im 
Kalabresisch'Sizilianischen. — Für die erste Singularis is.t wenig .zu 
bemerken. In den Umlautgebieten wird -ei zu -ii, -esti zu -isti. Ai 
wandelt sich im Norden zu e, in den Abruzzen zu i. In der 2. Sing, 
ist ziemlich weit -ssi statt -sti anzutreffen. Schon die alten Denk- 
mäler des Nordens zeigen diese Fojrm fast ausschliesslich, vgl. aven. 
formassi Uguc. 44, cr^a^Äe J504, faissi 219 neben levasti 505 u. s. w. 
Tobleb S. 96 ; apad. mandiessi, portiessi bei Ruzante, Wendbineb 
•S. 74,. averon. castigasi bei Giacomino Mussafia^ Mon. Ant. 14, 
amail. bei Bonvesin Mijssafia, Bonv. 28. Auch die emilianischen 
Mundarten folgen noch, nicht aber das Genuesische. Die Erleich- 
terung von est zu ss ist begreiflich im Emilianischen, wo -i fällt, vgl. 
auch bei Ugu9.yb/7wa5, joerrfomi«, lassäSj es scheint aber bedenk- 
lich, fürs Altmailändische und Altveronesische das -i bloss für ety- 
mologisirende Schreibung zu halten, während allerdings venez. ssi 
sich leicht aus einer Verquickung eines altern -sti und eines vom 
Festlande her eindringenden -ss erklären liesse. — In der dritten 
Singularis ist ein weitgehender Übergriff der -Ue- in die i- und auch 
in die a-Klasse zu bemerken, doch ist davon besser § 420 zu handeln. 
In der ersten Plural zeigt das Altmailändische den Schematismus,, den 
das Florentinische in -orono statt -arono anbahnt, noch weiter durch- 
geführt, Bonvesin schreibt sgivomo [schivammo] , eb^so bologn. por- 
tonn, wo auslautend mm behandelt ist wie m § 275. Sonst wird auf 
emilianischem Gebiete und auch im Paduanischen die 1 . Plur. auf die 
2. aufgebaut, zu -^ssev bildet man -^ssem, vgl. § 420. In Rom und 
Siena ist die 1. Plur. der starken Verba noch stammbetont §410. 



J 



§ 401. 402. 403.1 . . • Verbalflexian. * 229 

Die 2. Pluralis folgt in ihrer Form der 2. Sing., lautet also im Norden 
a,ut -ssi, sse. Um sie von der 2. Sing, zu scheiden, tritt das Pron. 
an, vgl. betg. emil. ~8sef, bologn. -ssi, — Am meisten Verschieden- 
heiten zeigt die 3. Sg. , doch wird auch darüber besser § 420 ge- 
sprochen. — Zum starken Perfekt ist kaum etwas zu sagen. Wenn 
Frezzi und Bojardo in der 1. Sg. mehrfach -e statt -i brauchen, so 
werden sie dazu durch ihren Dialekt verleitet. 

402. Das Futurum wird auf gemeinromanische Weise gebildet, 
daher seine Endungen mit deni Präsens von habere übereinstimmen, 
mit der bemerkenswerthen Ausnahme, dass in der ersten Pluralis das 
alte -emo. bewahrt ist. Wir haben also -o, -af, -a, -emo, -etey -anno. 
Daneben auch -aggio u. s. w. § 454. Damit stimmen die Mundarten 
nach Maassgabe ihrer lautlichen Entwicklung überein. Immerhin 
mit etwelchen Einschränkungen. Im Piemontesischen stehen neben- 
einander amröund amraiin der ersten Person, entsprechend übrigens 
auch Ö und ai von habere. Es scheint-, dass Ö eine Entlehnung aus 
dem Sohriftitalienischen mit Lautumsetzung ist nach dem Muster 
tosk. notte = piem. not- Die 2. Sing, lautet natürlich auf -as, die 1. 
Plur. auf 'Oma, Im Alt venezianischen findet man ebenfalls -öä : re- 
co7*daras, Exemp. 128, recevarm 814, stets in Cato, Tobleb S. 24, 
Ugucon ToBLER S. 26 u. s. w. und noch in der Cronica : troveras 
69^, seras 72^ neben gewöhnlicherem -a, Dann aber ist namentlich 
zu bemerken , dass in den altern Texten die Verbindung noch nicht 
fest ist, es wird vielmehr das Verbum habere dem Infinitiv vorgestellt : 
he vence = vencerS bei Bonvesin, vgl. zahlreiche Beispiele bei Mus- 
SA7IA, Beitr. z. Geschichte d. rom. Sprach. 18 flF., Tobleb, Ugu?. 31, 
wo auch avre scondir u. dgl. belegt werden, Mussafia, Mon. ant. 15 
Anm., wo auch Belege aus den Bandi Lucchesi gegeben werden. 
Ebenso Chrysost. aran beneexir 10, 27, haravan arder 16, 21, ara 
corrompe 43' 40 u. s. w. Dem ganzen Süden scheint das Futurum 
zu fehlen nach den Zeugnissen von Savini, Teramo 63, d'Ovidio, 
Arch. Glott. IV 183, Soebbo, Calabr. 53. In Sonogno (Tessin) ver- 
bindet sich ba mit dem Futurum : saroba^ seriba u. d. w., desgleichen 
mit dem Eondizional. Der Ursprung dieser Bildung ist noch zu 
suchen, vgl. Salvioni, Arch. Glott. IX 233 f. 

403. Etwas mehr Abweichungen und Umgestaltungen des ur- 
sprünglichen Typus zeigt das Kondizionale. Es wird im Italienischen 
aus dem Infinitiv und den Perfektendungen gebildet, also -estty -ebbe, 
-emmo, -este, -ebber o. In der ersten Singularis tritt -ei statt -ebbi 
ein nach dem Muster der schwachen Perfekta. Die dritte Pluralis 
schwankt natürlich zwischen -ono und --ero. In der dritten Singularis 
erscheint gelegentlich auch e, vgl. pis. sar^ Sardo 135, potr^ Pulci 



230 Fennenlehre. - [§403.404.405. 

Xn 13, äre XIII 13, dar^ Buonarr. Tancia II u. s. w., umgekehrt 
-eiWBoj. 19, 15 ; farebbe (1, Sing. vgl. § 401} n 10, 42 u. s. w. 
Die enge Beziehung zum Imperfektum conjunctivi schafft * sodann zu 
2. PI. -e^te eine 2. PL -essimOj vgl. anderessimo Ariost Cass. 4, 2, 
avressimo 4, 6. Auch Trissino giebt 'die Form an. Mundarten gehen 
noch weiter, sofern sie auch die stammbetonten Formen nach der 
2. Sg. 2. PI. ausbilden, so mail. portaress 3. Sg., -essen 3. PL, und 
aven. schon im Panf. 2. devresse, %. ßaresse, \,V\ux.poresamo^ 
ToBLBB, Arch, Glott. X 247, 3. vores Ugu^. — Wo das Perfekt 
von habui ave lautet , da wird natürlich auch das Kondizionale ent- 
sprechend geformt, also aven. poram Exemp. 1008 u. s. w., 2. Sg. 
entweder vor ist 73 oder devravi 172. Erwähnung verdient -rft?cmo 
Gloss. Merkwürdig ist endlich das tessinische Kondizionale auf -üsSj 
wo oflFenbar Anlehnung a.nföss vorliegt Arch. Glott. IX 200. 

404. Es findet sich nun. aber auch das Kondizionale wie in den 
andern Sprachen mit den Imperfektendungen gebildet. Trissino stellt als 
Paradigma auf: -*'«, ^esti, -ta, ^essimOj -esti, -^tano. Diese Vertheilung 
findet sich noch heute mehrfachem Süden, so in Teramo : •^it/fj -üte, 
4, -essqme^ •'este, -«, in Campobasso : -«y«, -ise^ -ij/c^, imme, isevf^ 
-iyerey und weiter nördlich in S. Angelo in Vado: -m, -istij -iaj 
-imm^ -^sty -ien. Ob -ia dem eigentlich Toskanischen angehört , ist 
fraglich. Für die älteste Litterärsprache kommt Caix, Orig. 234 zu 
dem Resultat : »mentre nei poeti merid. la composizione coli' imperf . 
di havere era quasi la sola in uso nella 1® e 3® pers. sing, e nella 3® 
plur., con Guittone e coi poeti toscani divennero sempre piü frequenti 
le forme composte col perfetto che troviamo poi in pleno uso nel Tesor., 
in Dante ecc.« In florentinisch- senesischer ^). Prosa scheint -ia ganz 
zu fehlen, so dass also in Trissinos Paradigma eine Koncession an die 
Mundarten zu sehen wäre. Ristoro d'Arezzo aber kennt -ea: sarea 
portarea. Wir finden nun auch -ia durch flektirt, vgl. neumail. -ia, 
-it, ia, -dem, -ief, -eW, während Bonvesin nur 1. 3. -ia kennt; im 
aven. Exempelbuch nur -m, aber in den Prov. devriate 61 d.. Noch 
bleibt zu erwähnen , dass die 1 . Sg. in Petritoli ( Ascoli Piceno) auf 
-io ausgeht. 

405. Das lateinische Plusquamperfektum hat sich im ganzen 
Süden gehalten. Die Endungen sind die lateinischen , der Ton ruht 
in der 1. und 2. Plur. auf der Antepaenultima § 410, der dem r vor- 
angehende Vokal ist der der 3. Plur. Perf. Die Grenzen sind noch zu 
untersuchen. Hauptgebiet ist der Süden, das Kalabresische, vgl. 



1) Die wenigen Beispiele, die Hirsch, Zs. X 425 bringt, dürfte 
nicht echt senesisch sein. Auch von -ieno ib. gilt dasselbe. 



§ 405. 406. 407.] Verbalflexion. 231 

kalabr. amerra, -6 -a, -erramu^ -erreve, -erranu; im Reg. San. ybra, 
balceraj potefa, imCampöbasso maüäraj wulera u. s. w. Arch. Glott. 
IV 409, und bis nach Aquila und Umbrien hinein, vgl. Ascoli, Arch. 
Glott. VUI 119. Nicht recht klar ist das e und das rr in Kalabrien. 
Fora gehört auch der Schriftsprache an» 

406. Sodann mag im Anschluss hieran ein neues Tempus prae- 
teritum in Sonogno (Tessin) erwähnt werden, das von habere lautet: 
oba, eba, aba, omaba, iba^ aba, von esse: somba, seba^ eba^ seba, 
siba, eba, von cantare : kantoba^ kentobaj kantoba, kantoba^ han- 
teba^ kantobaj . Mit andern Worten, an die flektirten Präsensformen 
tritt -ba. In dieser wie in vielen andern Mundarten lautet das um- 
schriebene Perfektum von esse nicht *sum Status, sondern *sum ha-- 
butus. »n bü di som bü, 6 bü, sarä divenuto enclitico : *s6mbü, obü, 
e Vü poteva allora volgere ad -a, onde somba, seba, oba, eba, Otte- 
nutosi cosi questo perfetto univoce nei due ausiliari e continuandovi 
pur sempre perspicua la voce del presente aumentata di ^bä, il tipo si 
sarä primo accomunato a certi verbi che come save, giä coincidevano 
in alcune voci con oba o con somba^ e indi ad ogni verbo.« SaIiVIONI, 
Arch. Glott. IX 233. 

407. Über das Partizipium ist wenig zu sagen. Die schwachen 
Formen -ato^ -ito, -^io entsprechen den volgärlateinischen ; über die 
Vertheilung von -tto und -uto und über das Verhältniss der starken 
zu den schwachen Formen wird bei den einzelnen Konjugationen zu 
handeln sein. Hier mag nur erwähnt werden, dass in Norditalien nach 

factum sich zunächst die Partizipien von dare, stare und andare 
richten und dass dann im Tessin alle -a-Verba folgen, also nicht nur 
dac^ stac, sondern portac, mandac u. s. w. , vgl. Saxvioni, Arch. 
Glott. IX 233. Ähnlich in Piazza Armerina : man^ait und danach 
BMdYißnuit. Femer ist das venezianische Particip auf ^esto zu nennen, 
über das Ascoli Licht verbreitet hat Arch. Glott. IV 393 — 391, vgl. 
III 467. Als das starke Perf. vide durch das schwache vede ersetzt 
wurde, da trat infolge des engen Zusammenhangs, der zwischen Per- 
fekt und Partizip besteht, auch an Stelle von visto ein schwaches Par- 
tizip : vedestOy ebenso traX ponesto an die Stelle Yon posio, rimanesto 
von rimasto und danach bilden nun überhaupt die e-Verba ihr Parti- 
zip : tasesto, savesto, credesto. Auf dem venezianischen Festland 
und in Istrien aber ergreift -sto auch die f-Konjugation: vefiisto. Die 
ausserordentliche Verbreitung auf dem Festlande zeigen disest^ per- 
destj sentest, proponest in Montebelluna (Treviso), piovestOj dormistoj 
prevedestOj podesto im Vicenza u. s. w., moesto, volesto, poestOy 
paresto , valesto , riesto und risesto , corresto , caisto bei Ru- 
zante, Wendkineb S. 79. — Im Toskanischen können endlich Ad- 



232 Formenlehre. [§ 407. 408. 40^, 

jektiva die Stelle der Partizipien von ö -Verben übernehmen. Den 
Ausgangspunkt bilden Fälle wie albus : albatus, dictus : dietatvs 
u. 8. w. DiEZ, Gramm. II 153. Während nun die Schriftsprache 
genau vorschreibt, welche Verba das Participium suffixlos bilden 
können, z. B. trovo, trovato, ist die Volkssprache völlig zwanglos 
hierin, vgl. Asgoli, Arch. Glott. II 451, Mussafia , Homg. § 256, 
Wendrineb; Ruz. 80 Anm. u. s. w. 

408. Während die Schriftsprache im Gerundium ' mit -ando, 
-endo die ursprünglichen Verhältnisse genau wiedergiebt, zeigen die 
Mundarten eine starke Neigung zur Verallgemeinerung sei es von 
-ando oder von -endo, . Ando auch bei den Verben der n. und ni. 
Konjugation gehört dem ganzen Norden an, vgl. aven. temando schon 
im Exempelbuch 44, digando 104, morando 778 und so in allen 
folgenden Texten *), desgleichen bei Fra Giacomino, Bonvesin , Chry- 
sostomus, in den Eime Genovesi. Auch Bologna und Reggio zeigen 
die Ausgleichung, nicht aber, wie es scheint, Parma. Das Romagno- 
lische dagegen überträgt -end auf die I. Konjugation, Mussafia, Romg. 
§ 10, ebenso Camerino, Cingoli, Macerata, Mogliano, Recanati, Tö- 
len tino, Treja, nicht aber Apiro, Civitanova Marche, dann aber 
wieder Alatri, Albano, Anagni, Ariccia, Guarcino und Veroli- Aus 
dem Paduanisch-vieronesischen ist zu erwähnen, dass nach Abfall 
des -0 das ^ zu ^ wird und dass dann in der Schrift gelegentlich 
Formen auf -anto vorkommen, so dormanto Giacom. G. 60, faganto 
bei Ruzante Wendkiner S. 78, ploranto Ugu9. u. s. w.' Über das 
Partizipium präsentis s. die Wortbildungslehre. 

409. In nördlichen Mundarten zeigen die Verbalformen in der 
Frage, also in Verbindung mit dem Personalpronomen, oft eine be- 
sondere Form. Aus dem Toskanischen ist nur amästu = amastitu 
zu nennen. Am wichtigsten ist, dass im Venezianischen ^ das s der 
2. Sing, bleibt : amastUj credistu u. s. w., wozu mail. sistü = sei tu 
zu vergleichen ist. Aus dem Emilianischen führt Biondelli S. 221 
als Frageformen des Futurums an : partaroya^ -ät, -alj -enia, -et>, 
ani^ Formell, deren Ursprung t)hne Weiteres einleuchtet. 

Aeeent und Verbalstamm. 

410. Die Tonstellung beeinflusst gemäss dem in der Lautlehre 
Beobachteten die Gestalt des Vokals wie der. Konsonanten des Verbal- 
stamms. Femer wird der Vokal zum Theil durch auslautend f, w, der 
Kons, durch das ableitende i in seiner Entwicklung bestimmt. Diese 



1) Ausser in den Proverbien Rafael S. 32. 



§410.] Accent und Verbalstamm. 533 

Erscheinungen und namentlich auch die Störungen der lautlichen Ent- 
wicklung sind nun im Folgenden zu betrachten. Zunächst aber handelt 
es sich clarum, zu untersuchen, ob die Accentstelle überall dieselbe ge- 
blieben ist, wie im Lateinischen. Es lässt sich nicht leugnen, dass 
auch im Verbum der lateinische Accent im grossen Ganzen sich gehalten 
hat, allein es sind doch auf der andern Seite recht viele Ausnahmen zu 
verzeichnen. Im Präsens ist der Unterschied zwischen den 4 stamm- 
betonten und den 2 endnngsbetonten Formen nicht nur geblieben, 
sondern auch auf die lateinische 3 . Konj . Übertragen worden : ven- 
diamo , vendete. '^wcfate, dite sind die letzten Reste der lateinischen 
Betonung. Von der allgemeinen Regel weichen das Lombardische 
mit pörtem und das Piemontesische mit porte ab. Letzteres scheint 
die 2. Sing, in Plur.- Funktion zu sein, ersteres unter dem Drucke von 
om porta zu stehen. Im Imperfektum indikativi bleibt die Schrift- 
sprache dem Lateinischen treu, im Konjunktiv dagegen führt sie 
gleichmässige Betonung aller Personen durch, vielleicht in Anlehnung 
an das Kondizionale, also -ässimo, -aste. Darin folgen die nördlichen 
Mundarten, wogegen die südlichen den lateinischen Accent festhalten, 
vgl. -assimej -assite in Campobasso, -asseme, -asseste in Teramo, aber 
amässemUj amässeru in Kalabrien. Wenn auch in Chioggia und 
Burano assemo erscheint^ AScoli, Arch. Glott. I 454 Anm., so knüpft 
das ans Rätische an. In den nördlichen Mundarten folgt dann auch 
das Imperfektum indikativi, also emil. purtaeen, pUrtävij lomb. por- 
tdvem^portdvefj piem. portävo, portdve, venez. portdvamo, portd- 
vate. Auch das Vulgärtoskanische kennt diese Betonung und in der 
Schriftsprache findet sie sich bei Sannazaro , Are. Gel. 6 anddvamo, 
eantdvamo, ja Buomattei bezeichnet sie geradezu als die richtige. 
Sodann in Lucca : ffriddvimo, -avite, credevtmo^ -evite, sentwimo, 
'ivite. Von südlichen Dialekten kann ich nur kalabr. purtavamu, 
purtavevUy notig. amavumu, amautu^), TLQ^^.purtdvame, portävate 
nennen. Die Tonzurückziehung in der ersten Pluralis war wohl be- 
günstigt, wenn nicht geradezu bedingt, durch die 1 . Plur. des starken 
Perfekts; in der Schriftsprache, wo dissimo durch diöemmo ersetzt 
wurde, konnte dann auch -dvamo nicht bleiben. ; — Ganz vereinzelt 
steht im Piemontesischen 1. Plur. Konj. porto^ Soll man annehmen, 
dass die Gleichheit zwischen 1, porte ^ S.porto und 2,porteisse, 3,por- 
teisso im Präsens auch 1 * porto zu 1 . portetsso statt purtein hervorge- 



1) Aus Nocera wird mir amavdmm§, amaväd§ aber sendev§m§, 8end4- 
v§v§, ßoriv§m§, ßorivfde mitgetheilt. Also ursprünglich -avdmo aber - ^amoy 
-iamo (vgl. § 443) und dann zum Theil Übertragung der Stammbetonung auf 
die a- Konjugation. 



234 Formenletare. [§ 410. 411. 412. 

rufen habe? — Im Perfekt endlich ist dixim/us auf weitem Gebiete ge- 
blieben. Cellini braucht proparoxytonirte Formen und Gigli bezeugt 
fürs Senesische lessimo , stiedemo u. a., Voc. Cat. II 246 f. Der 
ganze Süden, soweit er überhaupt starke Perfekta besitzt, bleibt dabei 
bestehen und im Norden giebt mindestens das Bolognesische noch 
indirekt Zeugniss mit teinsem, 

411. Bei den im Lateinischen auf der drittletzten Silbe betonten 
Verben ist in vielen Fällen der tonlose Mittelvokal gefallen : desto aus 
deexcito, cuopre a.nscoperitj risca aus resecat u. s. w. Bleibt er 
bestehen , so erhält er in zusammengesetzten Verben wie riceve den 
Ton, sonst bleibt er unbetont. Nur Lehnwörter zeigen Schwanken, 
vgl. aggregüy alleva^ eleva, concita, intima, imita^ umgekehrt oisse- 
Vera, edtica neben edücay evita, investiga, mendica, soffoca u. s. w. , 
in Val d'Arno meggyoro. 

412. Die nach § 15 zu erwartende Diphthongirung von aunda 
tritt ein in anniego, chiedo, criepo (und crepo nach § 88), ßedo^ 
mietOy niego, priemo (und premo), riedo, siedo, sieguo, triemo (und 
tr&mo), tiene, viene, vieto ; cuoco, cuopro, duole, giuoco, muojo, 
muovoy nuoco, nuoto (§ 51), percuoto, pruovo {and provo), suole^ 
mono, truovOy tuono, vuoto, vuole. Der Ablaut au-u ist nur erhalten 
in odo, udire. Dann sind noch zu nennen getto gittare bei Pulci, vgl. 
gittarti VTH 78, gittiam 81, getta VHI 84, X 44, gittö X 51 , devo 
dovere nach § 128 ;. aiuto : aitare, digiuno desinare nach § 130 und 
danach manüco manicare. Die drei letztern sind heute ausgeglichen 
und zwar <i/uto zu Gunsten der stammbetonten Form, offenbar unter 
Einfluss von ajuta, die andern zu Gunsten der endungsbetonten ; vgl. 
Caes, Giornale fil. rom. II 10 — 18. Von parölo : parlare zeigt aven. 
paröla Panf., Pateg Spuren. Sonst ist Verallgemeinerung theils der 
stamm-, theils der endungsbetonten Form eingetreten. Der Ablaut 
e-i nach § 123 fehlt vollständig, e ist von- Anfang an den endungs- 
betonten Formen eigen und dringt dann in die stammbetonten : pr^go, 
vgl. prigo in Rovigno, s^go, vgl. agen. seiga\ dann gigco u. s. w. 
Ebenso ^w^ar^, cusare, rubarey chiudere, aber lodare wegen lode. 
Neuere Schriftsteller führen mitunter ie, tio auch in die endungsbetonten 
Formen ein, namentlich bei nuotare, offenbar in bewusster Dissimi- 
lirung gegen notare. Dass der Zusammenfall von ^ und ^, o und q 
vor dem Tone dann auch Verwirrung unter denselben nach sich zieht, 
ist schon § 58 bemerkt, vgl. affoßa von affullat, sqsta yon sub- 
stat. Noch utuscire neben esco zu nennen § 140. Die Mundarten 
sind im Ganzen konservativer, so bemerkt Salvioni , Arch. Glott. IX 
227 für die tessiner Mundarten: »II normale atteggiamento della vo- 
cale secondochä • sia tonica od atona^ h ben mantenuta per tutta la 



1 



§ 412. 413. 414.]. Accent und Verbalstamm. 235 

fiessione del verbo: la quäle cosi resiste^ per questo rispetto, a ogni 
• impulso livellatore«. Immerhin fehlt es auch nicht an. Verallgemeine- 
ruixgen,- vgl. tessin. s6mna = seminat, lova = deliquaty lomb.tarent. 
siz. tdnta = tentat y mdAl. ^üffa =jocat, sära = serratj masärra 
= macerat, — Von besonderen Erscheinungen ist zu nennen 
tarent. ukkoj tiSki, tcika, abquami, asquate, uhkano {bruciare) aus 
ustolare und esso^ yissij essa, assimij asstti, essini. 

4X8. Was den Konsonantenwechsel betrifft, so hat stets Aus- 
gleichung stattgefunden und zwar bald nach den endungsbetonten 
Formen, \gl. pregarey seguire, und bei andern Verben auf -A, bald 
nach den stammbetonten : vetarCj notare und bei den andern auf -t. 
Bei mehrfacher Konsonanz : ca^ciarey gocciarCy cenciarey cominciarey 
riscare [risecare], incischiare, Doppelformen zeigt prezzare neben 
pregiare'y Verallgemeinerung der stammbetonten Formen dirizzarey 
aguzzare, alzßre. Neben -e^^iüre nach -eggia (vgl. § 417) stehen 
sdraja nach sdrajarCy meria nach meriäre (und meriggiare nach 
meriggiay beachte aber das Substantiv meriggio] . In den Mundarten 
kommen noch andere Abstufungen vor : viti = videt aber vidiriy vi- 
riri im Süden § 202. Eine Ausnahme zeigt Tarent mit 3. Sg. vmy 
neben 2. Sg. viti. Der Infinitiv lautet verre y es ist also der Kon- 
jügationswechsel jünger als der Wandel von -^ zu — ^, und es scheint, 
dass die 3. Sg. sich an den Infinitiv angeschlossen hsbt. 

414. Was die Verba auf Gutturale betrifft, so gilt als Regel, 
dass in der a-Konj. der Guttural auch vor e, i bleibt, alsp nieghiy 
neghiamOy wogegen die übrigen regelmässig in 2., 3. Sg. Palatal ver- 
langen, also dico y dici, dicßy dicono, leggo, leggiy legge y leggonoy 
dann auch diciatnOy diciatey leggiate, Verallgemeinerung des Pala- 
tals zeigt cuociOy dann natürlich cuciOy wo nie ein Guttural vorgelegen 
hat. Die Mundarten verallgemeinern nach der einen oder nach der 
andern Seite hin. An Stelle von -eskOy -ist sagt man heute in Cittä di 
Castello -iskOy -iski. In Rom lautet die 2. Sing, von direy dikiy im 
Vulgärfiorentinischen ist dikyate gebräuchlich. Gewöhnlicher ist das 
umgekehrt, vgl. ardiscio bei Buonarr. Tancia 909, dicu in Ariccia, 
kal. su^.ßncUy kanusUy mail.^;^m, venez. kresso, strenzOy vgl. en- 
fenga Uguc., cognoso Panf. Prov. Ruzante, planzo Paol. , legOy lega 
Prov., volzo, cognoso Rim. Gen. Selten sind solche Ausgleichungen 
in der Schriftsprache. Eine Stelle für sich mmmt fugire ein, das bei 
Dante ganz korrekt fuggio yfuggia bildet. Dann aber haben wir auch 
reggia Inf. XXIV 30, distruggia Pucci Centü. LXXII 42, leggia 
Dittam. V, 24, wo sich freilich auch ^o^cea 1, 26, increßcia 3, 3, 
naseia V, 21 findet. — Endlich nach conosco y conosciy conosce, co- 
noscono treten zu esciy esce auch escoy escono statt escioy esciöno. 



236 Formenlehre. [§ 414. 315. 416. 417. * 

Wenn im Norden in venez. Ex. 68 tnd lomb. und im Süden Reg. 
San. und Taren t escio erscheint, so kann man im Zweifel bleiben, • 
ob darin die ursprüngliche oder wieder eine jüngere Form vorlieget 

415. Endlich mag das in der Lautlehre Bemerkte wiederholend 
auf den Umlaut in den stammbetonten Formen nochmals hingewiesen 
werden, gemäss welchem man in Neapel flektirt preko^ prieki, preka, 
prekene, vengo {v^do)j vinne^ venne, vennene, sendo, siendej sende, 
sendene, in KalsihTienprie ff u, priegi, pre ff a, pre ff anu, sienti u. s. w., 
oder in Teramo kande , kinde , "oete , vite vete. Im Romagnolischen 
ist der Vokal des Konjunktivs der a-Verba um eine Stufe heller als 
der des Indikativs: selva Ind., selvaKon}., arm^rta ; armirta u. s. w., 
was sich daraus erklärt, dass einst der Konjunktiv auf -i auslautete, 
8. MirssAFiA, Romg. § 259 f. Sodann also amail. 2. Sg. ofßndi, 
prindi neben gewöhnlicherem- m^^^ö, recevi u. s. w. Mitssafia, Bon- 
vesin, ähnlich Ruzante Wendriner S. 81 u. s. w. , vgl. § 68. 
Dann tessin. 1. pari, 2,peri^ pari, perl u. s. w. Bemerkenswert ist, 
dass in einem Theile des Gebietes das e geschlossener ist als im Plu- 
ral der Substantiva, was sich ohne Weiteres daraus erklärt , dass das 
-i der Verba noch besteht,- während dasjenige der Substantiva ge- 
schwunden ist, vgl. Salvioni, Arch. Glott. IX 236, 248. 



Die Konjugationen. 

4ie, Das Italienische besitzt im Grunde fünf Konjugationen: die 
vier lateinischen auf -ärej -ire, -ere .und -^ere, dazu dann noch die 
Inchoativflexion, die nur in den stammbetonten Formen der Verba 
axd -ire zum Ausdruck kommt :^on5C^, und entsprechend im Kon- 
junktiv und Imperativ. Die Entstehung der Inchoativflexion gehört 
dem Vulgärlateinischen an, das Italienische bewahrt den reinsten Zu- 
stand. Allein es ist zu bemerken, dass die Volkssprache schon danach 
strebt, das Infix sc in die 1. und. 2. Plür. des Konjunktivs einzuführen, 
slso ßnischiamo u. s. w. sagt, Bhnhch meriscamo bei Bon vesin. Das 
Verhalten der Mundarten ist nun ein sehr merkwüteiges. Sardinien 
und der Süden kennen die Flexion überhaupt nicht, sondern bilden 
Verba auf -isere, kalabr. addprmisire, mhiviSire, partwUire, spedi- 
Ure u. s. w., wogegen der Norden dem Toskanischen folgt. Es scheint 
neben -isco auch -esco vorzukommen, so im Senesischen Zs. IX 444, 
dann namentlich im Süden: peresce, develesce, maoresceB.eg. San. 
S. 44, wenn es sich damit nicht verhält, wie mit -esseme § 363. 

417, Sodann ist eine ähnliche Stammerweiterung, die ursprüng- 
lich ebenfalls nur die stammbetonten Formen betraf, aus dem Vene- 
zianischen , dem Korsischen und den Abruzzen zu nennen , auf die 



§ 417. 418.] Die Konjugationen. 237 

MussAJ'iA, Zur Präsensbildung im Romanischen 1883 zuerst auf- 
merksam gemacht hat und deren Ursprung Schuchakdt, Litbl. 1884 
Sp. 62 in griechisch -ICo) findet. Es handelt sich auch hier um eine 
vulgärlateinisch-gemeinromanische Erscheinung, deren letzte Gründe 
ausserhalb des Italienischen liegen, daher hier nur der Umfang des 
Infixes zur Darstellung kommen soll. . Die ältesten Belege bietet wohl 
der Cato mit nudriffea, consumea, vendegea, Tobleb S. 26, die Ve- 
roneser Passion mit nomia^ aprosimia, Biadene, Stud. fil. rom. I 232, 
wo in der Anmerkung Beispiele aus Villa d'Asolo (Treviso) gegeben 
werden ; weit zahlreicher sind sie im Panfilo, Tobleb, Arch. Glott. X 
248. Sonst bringt Mussafia aus Rovigo -eo, -ii, -tUy -emOj -iäcy -ia 
und aus Capodistria -eo^ -ei, -m, -ewo, -e, -ea. Man mag zweifeln, 
ob es sich hier um rätischen oder um dalmatinischen Einfiuss handle, 
da nämlich auch das Yegliotische die Bildung kennt. Sodann folgen 
einige Beispiele aus den Abruzzen, endlich das Korsische mit dissi- 
peyya u. s. w. Bemerkens werth ist, dass ^vie isk gelegentlich in 
den Plural des Konjunktivs dringt, so auch ey: \. Plur. skandulizey- 
yamu. Wie fernen das Süditalienische . den Inchoativverben Infinitive 
auf -isere entgegenstellt, so das Gemeinitalienische diesen dialekti- 
schen Präsentien die Bildungen auf -eggiare. Noch ist zu bemerken, 
dass diese Stammerweiterung ausschliesslich Verba der «-Konjugation 
ergreift. 

I. 

418. Die italienische ö- Konjugation entspricht im Ganzen der 
lateinischen : Übertritt aus einer der andern Klassen in die erste hat 
fast gar nicht stattgefunden, da zwar/are 2m.^ fajere, facere (§ 212) 
im Infinitiv, nicht aber in den übrigen Verbalformen mit amare u. s. w. 
übereinstimmt. Nicht völlig klar ist ein veraltetes spegnäre, das Caix, 
Orig. 205 aus Alb.Bresc. belegt. Nur wenige Lehnwörter treten 
sonst aus der lat. IV. über, vgl. consumare. Da spegnere aus senes. 
spefia/re entlehnt ist (§ 69) , so mag der Konjugationswechsel bei der 
Entlehnung vor sich gegangen, aber nicht zum Durchbruch gekommen 
zu sein. Vgl. noch tremare. Sonst ist zum Präsens nichts zu bemer- 
ken, es lautet gemäss § 389 flf. porto, porti, porta^ portiamo, portate, 
portano; Kony porti, porti, portij portiamoyportiate, portano\ Impt. 
porta, portate . Auch das Imperfektum ist regelmässig: portava, -avi, 
-ava, -avämo , -avate, -avano. Ebenso der Konjunktiv: portassi, -assi, 
-asse, -assimOy -aste, -assero.. Im Perfektum ist schon im Vulgär- 
lateinischen avtt nach § 97 zu äut geworden, daraus ital. ö, diso por tat, 
-asti, -0, ^ammOj -aste^ -arono. Im Futurum wird das a des Infini- 
tivs gemäss § 129 zu e: porter 6, -aif -a, -emo, -ete, -anno. Geht 



238 ' Fonnenlehre. [§ 418. 419. 420. 

der Stamm des Verbums auf r aus , so kann im Altitalienischen das 
zwischen zwei f stehendem synkopirt werden , vgl. misurrebbe Dante 
Purg. X 24, dimorrö^ perse^errö, deliberrd Bocc. I 10, adoperrä 
Pulci 2, 66, dann auch enterrö Bocc. Dec. II 5. Merkwürdiger sind 
presterrd Bocc. Dec. HI 6, griderrä II 10, troverrä II 1, III 5, Pulci 
X ^2, proverrä X 102, Sacch. 84, 110. Die Verdoppelung des r ist 
schwer zu deuten. Gemeinsam allen vier Beispielen ist r in der an- 
lautenden Silbe, so dass man nach § 292 MitteKormen trovrerä an- 
nehmen könnte, woraus nun troverrä wie enterrä aus entrerä. Das 
Kondizionale ist regelmässig: porterei, -estCy -ebbe, -emmo, -este, 
-ebbero. Das Partioipium lautet portato. Es ist auch auf diejenigen 
Verba übertragen, die im Lateinischen das Participium auf -itus 
bilden, also crepato, segato, vietato u. s. w. Das Gerundium ist 
regelmässig : portando, 

419. In den Mundarten giebt das Präsens zu keinen Bemer- 
kungen Anlass, Konj. auf -a : indovma Boj. 15^ 66 , dona I 3, SO 
erklären sich aus § 394. Im Imperfekt dagegen ist aus Teramo der 
Übergang in die 6 -Konjugation zu bemerken: .-^^, -«t?^, -ftJö, 
-ahäme, ^ahate, -^ve, Den Ausgangspunkt bildet die 2. Singul, , wo 
nach § 68 -avi sowohl wie -evi zu -ivi werden musste. Dass gerade 
I nach n, m umgestaltet wurde, mag seinen Grund darin haben, dass 
der Ablaut ^-i auch sonst sehr häufig war , oder darin , dass die Zahl 
der Verba II. III grösser ist als diejenige von I. Dazu kommen noch 
die Formen des Perfekts, die ebenfalls kein a mehr zeigen. Über das 
h in den endungsbetonten Formen wage ich kein Urteil. Auch römische 
Mundarten, Anagni, Ariccia, Veroli und andere Abruzzendialekte 
zeigen die Übertragung , so giebt Finamobe für Gessopalena e, we, e 
an, Formen, die, von dem v der 2. Pers. abgesehen, nur in der ö-Konj. 
ihre Berechtigung haben. Sodann findet sich in nördlichen Mund- 
arten eine entsprechende Erscheinung, vgl. porteva in Lodi und Como 
Biond. 8 f., Val Maggia, Codogno (Milan), portaiva in Mondovi. Zu 
bemerken ist, dass hier wie auch in den Abruzzen das Imperfektum 
Konjunktivi mehrfach den Anstoss wird gegeben haben , dieses selber 
aber erst vom Perfektum abhängig ist. Es mag daher erst das Perfekt 
besprochen werden. 

420. Im Perfekt sind ' die Neubildungen und Umgestaltungen 
besonders mannigfach. Beginnen wir im Norden, so zeigen die alt- 
venezianischen Texte ein doppeltes Paradigma für 1. u. 3., nämlich-a«, 
-0 un.d -ö, -a. Ai scheint die gewöhnliche Form zu sein, wofür a sich 
nur im Exempelbuch neben ai und im Apollonio SAiiyioNi-40 findet, 
wogegen die Hamiltonhandschrift , die Cronica und die andern alt- 
venezianischen Texte nur-m kennen. Es mag in dem a eine durch die 



§ 420.] Die Konjugationen. 239 

Gleichheit der 1. und 3. Person in II, III hervorgerufene Übertragung 
aus der 3. Sing, liegen, die freilich nicht zum Durchbruch gekommen 
ist. Für die 3. Sing, kennt das Exempelbuch -o und -a, ebenso der 
ApoUonius, die Cronica kennt zwei Beispiele für o\ »di certo per 
alterazione d'amanuense« Ascoli, Arch. Glott. III 268 Anm. 2, die 
Proverbia ao und a, während Cato , Ugucon , Pateg , Fra Paolino nur 
a kennen. Das a gehört auf dem .Festlande noch dem Paduanisch- 
veronesischen an, vgl. Wendriner 73, Mussaeia:, Mon. ant. 14, 
Kat. I 12, BiADiBNE, Stud. fil. rom. I 233. Es scheint, dass o die 
rein venezianische, a eine mehr rätische Form ist. Im spätern Vene- 
zianischen bei Calmo und übrigens schon im ApoUonius und im Pa- 
duanischen bei Ruzante treffen wir nun aber ganz andere Formen : 

1. «V, /, 2. iessi^ 3..^, 1. Plur. -asimo in den Glossaren, Mussafia, 
Beitrag 20, wo auch schon die zutreffende Erklärung, Anbildung an 
die 2. Plur. -dsi^ gegeben ist, ebenso bei Calmo, am Lido Maggiore 
Arch. Glott. I 466, dagegen bei Ruzante -iessimo. Die 2. und 3. 
Pluralis stimmen mit der 2 . und 3 . Singularis überein, mit Ausnahme 
von -orono bei ApoUonius. Der Ausgangspunkt für den Übertritt der 
a-Konj. zur «-Konj. ist zu suchen in dem Perfektum von dare : 
dedi , das form gleich geworden war mit den Perfekten II. , dann 
zunächst Stare und andare nach sich riss, worauf der Macht dieser 
drei sehr gebräuchlichen Verben alle andern folgten. Dieser selbe 
Vorgang erscheint nun noch in vielen andern Gebieten. Zunächst im 
Bergamaskischen, hier vielleicht dadurch erleichtert, dass ai laut- 
gesetzlich zu e geworden ist, vgl. porte^ esset ^ e, essenij essef, e, 
Salvioni, Mail. S. 57 kennt auch mail. kante. Im Emüianischen ist 
zunächst überall, von Bologna abgesehen, die 1. Plur. auf die 2. auf- 
gebaut. Sodann zeigt Parma als Charaktervokal i, Reggio e , ebenso 
die Romagna. Altes ai muss hier zu e werden. Es wird nun zunächst 
nach dem Muster der t-Konj . dieses e übertragen worden sein auf die 

2. Singularis, worauf die 2. Plur., dann nach dieser die 1. Plur., 
schUesslich die 3. Sing, folgte. Für die 3. Plur. in Reggio giebt 
Biond. 'ärn, also die ursprüngliche Form oder -orn , und dass o am 
längsten Widerstand geleistet hat, geht daraus hervor, dass in Reggio 
auch in der ersten 'Person e und o neben einanderstehen. Über die 
parmigianischen Formen wage ich kein Urtheil. Bologna steht für 
sich : es behält 3. Sg. o, dehnt es, wie schon § 401 gesagt ist, auf 1. 

3. Plur. aus und lässt nun auch 1. Sing, folgen, also portOj -ast, -o, 
-onn, -assi, -onn, — Gehen wir weiter südlich, so bildet das Areti- 
nische 3. Sg. fondette u. s. w. Piero, Mise. fil. lingu. 307, wieder- 
um in Anlehnung an dette, steite und die 2. Konjugation und damit 
ist ein weit verbreiteter Typus gewonnen. Seine nördlichsten Aus- 



240 . Formenlehre. [§420. 

Läufer dürfte er in Genua haben. Sodann am adriatischen Meer in 
Offida, Petritoli, Ripa Transone, Ascoli Piceno, Agnone und ^um Theil 
in den Abruzzen, mehrfach neben -d. Was sonst die Abruzzen be- 
trifft, so ist in Teramo und Gessopalena die I. Konj. von der II. und 
m. angezogen worden. Die Endungen lauten in Teramo : -ivf, -iste, 
-0, -esseme, -este, -o. Lautgesetzlich ist der Singular: -i aus -qi § 103, 
"Ute aus -dsti § 68. Dagegen sollte die 2. Flur, -aste lauten, es ist 
also auch hier der Ablaut i : a nach dem Vorgang von 11 , III zu 
i : e abgeändert. Die 1. Fiuralis ist zur 2. nach dem Muster des 
Konj . Imp. gebildet, unterstützt durch die starken Ferfekta : disseme 
§ 410. Die Molise und Neapel bleiben dagegen bei a, ersetzen aber 
3. Sg. durch -a^^, vgl. campob. -ave^ -aitfy-attey-amme^ -astevej-arnej 
auch neap.-a^^f neben -ay^. Dieses -a^^e gehört hauptsächlich der Molise, 
ausserhalb derselben noch Cassino an. In Agnone steht neben d auch 
Uj und a scheint das lautliche Resultat von -au in der Molise zu sein. 
An dieses a trat dann das tte von II. Noch bleibt auf diesem ganzen 
Gebiete das v der 1 . Sg. zu besprechen. Dass es das lateinische sei^ 
ist mit Rücksicht auf alle andern Dialekte nicht wahrscheinlich, viel- 
mehr ist das V erst vom Imperfekt aus übertragen worden , vgl. Zs. 
IX 231. Es giebt nun aber im Süden noch weitere Typen. Zunächst 
findet sich in Gessopalena auch in der 1. Sg. -yietle, also völlige 
Gleichbeit mit diette, stiette, .Sodann zeigt das Neapolitanische in 
1 . und 3. Sg. -aye, dann auch 1. Flur. -aimOj und -aje in der 3. Fers, 
kennt die Basilicata, z. B. S. Martino d'Agri, Melfi, Foggia, Lucera 
di Fuglia , S. Giovanni Rotondo und sogar Chieti : hier handelt es 
sich um eine Ausdehnung der 1. Fers, auf die dritte, weil bei den t- 
Verben die 1. und 3. gleichlautend waren. Zu der ersten Fluralis auf 
-assemo ist noch nachzuholen , dass sie auch römisch ist : annassemo 
= andammo. Es ist nun in den Abruzzen von -sseme eine dritte 
Sing, -se gebildet worden, auch bei schwachen Verben und zwar in 
der Art, dass -se einfach an die alte Ferfektform trat, also -ose bezw. 
-esßy -ise. Die Formen gehören hauptsächlich den Abruzzen an, 
reichen aber noch bis Benevent. Endlich in Melfi , wo Is zu /;; wird, 
bildet man nach volze voze, valze vaze auch rammarikaze ^ vgl. in 
Teramo kandizze, vedizze, sendizze Savini 70. Ob auch die 1. Sg. 
dieses s kennt, vermag ich nicht zu sagen. Damit sind die Neubil- 
dungen im Perfekt noch nicht erschöpft. Müssafia bringt Romg. 
§271 Anm. aus Forli als 3. Sg. andep^ mandep, camep, und Ascoli 
führt Arch. Glott. II 401 dieses p zutreffend auf epp = ital. ebbi 
zurück. Dieselbe Anlehnung findet sich in den Marken : acca- 
devve, dtcevve u. s. w. Zs. IX 259. — Endlich im altern . Piemon- 
tesischren findet sich nach Salvioni's freundlichen Mittheilungen Perf.. 



I 



§ 420. 421. 422.] Die Konjugationen. 241 

-m, -m, -er, -eroj -eri, -ero^ Formen, die auf die 3. Pluralis auf- 
gebaut sind, wo a vor r zu e wurde § 86. Vgl. über ähnliche Bildungen 
im Provenzalischen Zs. IX S. 240. • 

421. Über das Imperfektum konjunktivi ist nur wenig nach- 
zutragen. Fast überall folgt es dem Perfektum, lautet also im Lomb. 
-ess u. 8. w. Eine Verschiedenheit habe ich nur bemerkt in Parma : 
purtass neben Perf. purti, und in Reggio: purtass und purtess ueben 
Perf. auf -e. Beim Futurum und Kondizional bleibt das a in den 
Mundarten. Im Süden wird das r verdoppelt ; schon in Siena, vgl. 
die Beispiele bei HmscH, Zs. X 426, die allerdings dieselben Be- 
dingungen zeigen, wie die florentinischen § 418, doch führt er auch 
aus Gigli an amerrd, beverrd, scriverrd, sentirrd, dann in Campob., 
Gessopalena, Neapel schon Reg. San,, Mussafia S. 46. Der Grund 
ist unklar. 

n. 

422. Da die lateinische II. und ILI. Konj. nur im Infinitiv sich 
unterscheiden, so mögen sie zusammen behandelt werden. Auch diese 
beiden Klassen haben fast gar keinen Zuwachs bekommen , wohl aber 
manches an die ital. i-Konj. abgegeben. Hinzugekommen sind arro- 
gere und avmncere. Beides sind aber Buch Wörter. Arrogere ist auf- 
gebaut auf das in der mittelalterlichen Gerichtssprache oft gebrauchte 
Partizip adrogitus und avvincere gehört ausschliesslich der Bücher- 
sprache an Und hat vielleicht in Anlehnung an cingere seine Konju- 
gation gewechselt. Stark ist nun aber der Wechsel zwischen -ere und 
-ere. Im Allgemeinen überwiegt einer schon vulgärlateinischen 
Neigung gemäss -^re, vgl. alger e, folgere, muovere, mungere, ris- 
pondere, mordere, splendere, rilucere. Der umgekehrte Vorgang ist 
selten. Schon vulgärlateinisch sind saper e und cader e, ital. saper e, 
cadere^ woneben pisan.' cddere wohl erst wieder jüngere Umbildung 
ist. Der Ableitungsvokal e der e -Verba geht meist verloren , vgl. 
vedo, Konj. veda. Über seine Spuren im Alt- und Neuitalienischen 
s. § 463. Die Flexion des Präsens und Imperfekts ist regelmässig, 
also: vendoj vendi, vende, vendtamo, vendete, vendono\ venda, venda, 
venda, vendtamo, vendiate, vendano ; vendi, vendete ; vendevo, -evi, 
"evaf'evamOj-evatej-evano; '•esst, -esst, -esse, -essimOy -este, -essero. 
Aus dem Altitalienischen ist nur die Vokalassimilation zu merken, 
wie sie vorliegt in y-avdmo , -aväte aus "evamo , -evate : avavamo 
Bocc. Dec. II 5, avavate I 4, dovavate, faciavate, paravate, sapa- 
vate n 10, potavate HL 7 u. s. w. Das Perfektum ist eine specifisch 
italienische Schöpfung, die ihren Ausgangspunkt nimmt von den 2. 
Sing. Plur. Hier lag -^sti, -este von jeher vor. Als sodann —imo den 

Meyer-Lübke , Ital. Grammatik. 16 



242 Fonneiüehre. [§442.443. 

Accent verschob, war -emmo mit mm nach § 267 die zunächst ge- 
gebene Form, und von hieraus waren ^*, f , ^ono bald gefunden. 
Daneben findet sich auch der dfe^^t- Typus: veridetti, vendette, ven^ 
dettero nur in den ursprünglich stammbetonten Formen^ vgl. § 469, 
nach den Vorschriften der Grammatiker bei asciohere, assistere, c^sol^ 
verej bevere, cedere, cemere, coincidere, credere, relinquere, de- 
volvere, dissolvere, dovere, eludere, esigere, fendere, fervere, 
fremere, gemere, godere , pendere , per der e, persistere, premere, 
riceverey seder Cj temere, tendere, — Das o der I. Konj. wird zu- 
weilen übertragen, vgl. godeo Sacch. 11, poteo 12. Altitalienisch 
findet sich auch 3. vendiSj 3. Plur. vendiero, offenbar an die = diede 
diero = dederunt angelehnt; vgl. noch § 444. Das Futurum ist 
regelmässig : -erd u. s. w. Verdoppelung des r erscheint in cre^ 
derrd Bocc. , also wiederum in einem Verbiim mit r in der ersten 
Silbe. Leicht fällt hier das e aus nach /: vorrd, varrd, n: terrd^ 
porrd , rimarrd , t : potrö , d: vedrd ( aber crederd ) , j» : saprd, 
V : avrd, r : parrd. 

448. In den Mundarten hat die 11. Konj. zum Theil sehr starken 
Zuzug von der dritten bekommen. Im Sizilianischen und Südsardi- 
schen scheint -ire sammt und sonders zu ^ere hinübergezogen zu 
sein : veniri, sentiri, pärtiri u. s. w. — Sodann ist von einzelnen 
Verben sentere zu merken in Ealabrien, den Abruzzen, Lodi,yorwere 
selbst vulgärtoskanisch, vedere venez. lomb., krövar (coprire), serve 
abr., segner di\en,, Cato, Paol., vgl. seguette Dante, veüer päd., 
morrere, teuere, vestere log., vestere auch kalabr., te% in Bergamo 
u. s. w. Auch das Verhältniss von -ere und -äre ist ein anderes. Im 
Sizilianisch-kalabresischen würde -ere gemäss § 26 mit -ire zu- 
sammenfallen , doch da ^ire zu —(sre übergetreten ist, so geht natür- 
lich auch -ere mit. Von einzelnen Verben ist zu merken pisan. accd- 
dere, ferner göde in Oomo, Parma, Borgotaro, Ferrara, Bologna, 
Pistoja; vulgtosk. pistoj. diäcere u. s. w. ^ Umgekehrt sind aber auch 
in den Mundarten sehr viele ^- und e-Verba zu III. übergetreten, vgl. 
§ 446. — Zur Präsensfiexion ist zu dem § 389 Gesagten wenig hinzu- 
zufügen. Im Senesischen greift^ wohl von 2. Sg. aus, das i der I. Konj. 
in die 1. 3. Pers. Sg. Konj. hinüber, Hirsch, Zs. X 417. Wohl aber 
zeigt das Imperfektum wichtige Abweichungen. Wie im Französischen 
und Spanischen so schwindet nämlich auch in einem grossen Theile 
Italiens das t?, es liegt also zu Grunde -eam u. s. w. Im Norden ge- 
hören einerseits Turin und Jvrea aber nicht mehr Alessandria und 
Mondovi zum ^a- Gebiet; andrerseits zeigt das Venezianische -ea und 
-et?a nebeneinander : t?o/«a Exemp. 1002, disevaK^^^, desgleichen 
Ugu9on, Panfilo, die Cronica u. s. w. Ein zweites ^a- Gebiet zeigt 



§ 443. 444.] Die Konjugationen. 243 

sich in Mittelitalien von Orvieto, Todi, Spoleto, Ascoli bis an den 
Esimo und bis in die Toskana hinein, findet sich bei Dante Zehle 73, 
allerdings, wie es scheint, nur wo der Vers es verlangt, im Senesi- 
schen Hirsch Zs. X 429, in Pisa tenea Sardo 46, avea 78, in Lucca, 
und so zieht sich -ea längs dem Meere bis über Spezia hinaus. Da- 
gegen behält das Aretinisch-Senesische t?, vgl. Bianchi, Cittä di 
Castello 48. Südlich scheint das 6t7a- Gebiet bei Atessa, Melfi und 
Matera zu beginnen, doch tritt ea noch in Matera auf. Endlich ist 
noch Kalabrien und Sizilien zu nennen. Wenn wir heute in Sizilien 
mehrfach -eva, -iva finden, so sind darin An,lehnungen an die Schrift- 
sprache zu sehen, da »das Imperfekt an und für sich als Tempus in 
Sizilien nicht volksthümlicha ist, Schneeqans S. 37, wo auch Belege 
für die Doppelformen und der Nachweis gegeben ist , dass die alten 
Texte nur -^a kennen. In Messina haben wir heute -^ia, -ivi, -ia, 
da« V in der 2. Sg. ofienbar übertragen von der a- Konjugation, um 
eine Verschmelzung der zwei i zu verhüten. Es scheint nun aber, 
dass verschiedentlich da, wo heute -eva herrscht, erst wieder eine 
Rückwirkung von der a-Konj. stattgefunden habe, so sicher in der 
Schriftsprache und in Teramo, wo die Endungen heute völlig überein- 
stimmen mit denen von I. Vergleichen wir nämlich die Formen mit 
denen von Gessopalena und Campobasso , so ergiebt sich , dass für 
diese ganze Gruppe -^^ anzusetzen ist , woraus dann in Campobasso 
-eyaj in Gessopalena -ö. Die 2. Sg. laute -n, woraus in Campobasso -^^, 
-ty'f , in den beiden andern Mundarten -t. Hier greift nun die I. Konj. 
über, i wird zu ive, wobei Gessopalena stehen bleibt, während Teramo 
das "Ve nun auch auf die übrigen Formen ausdehnt. Also : campob. 
-eya, -iye, -eya, -eyene, Gessopalena -e, -ive, -e, Teramo -eve, -ive^ 
-fve. Im Plural haben wir dagegen überall -avdmf, -aväte, — Im 
Weitern ist noch Übertragung von -ia auf -ea zu bemerken, die dem 
Piemontesischen, Bergamaskischen , Aretinischen und den Abruzzen 
angehört. — In der 3. iPlur. findet sich ^eno für -eano bei Dante, 
Eistor o d'Arezzo u. a. Caix, Orig. 226: es handelt sich um Ver- 
schmelzung des tonlosen nicht im direkten Auslaxit stehenden a mit 
dem betonten e. 

A4A, Im Perfektum stimmen die Mundarten im Ganzen zur 
Schriftsprache, sofern sie theils von der 2. Sg. Plur. , theils von ven- 
dedi aus sich ein neues Paradigma schaffen. Zu erwähnen ist hier 
hauptsächlich die weit verbreitete 3. Plur. auf -^ö, die im Sizilia- 
nischen, in Campobasso, im Kömischen erscheint urd auch der Tos- 
kana nicht unbekannt ist, vgl. sedier o Dante, Purg. 11 43 n. s. w., 
worin man wohl eine Anlehnung an -d^derunt, das nach -destts aus 
''d[e]destis zu -^^unt wird, zu sehen hat. Über -< u. -Ä-Perf. s. §^ 420. 

16* 



244 Formenlehre. [§ 445. 



m. 

446. Die italienische t -Konjugation enthält ausser Verben der 
lateinischen IV. und Neubildungen auch eine nicht unbedeutende 
Zahl von Verben aus der lat. 11. und III. Zunächst sind zum Theil 
schon in lateinischer Zeit die Verba III. mit Präsens auf -io über- 
getreten, daher fuggire, morire; auch consuo wird zunächst zu 
consio, daher cucire. In seguire ist vielleicht -re direkt an sequi ge- 
treten, vgl. essere § 447. Anders erklären sich offrire ^ soffrire. In 
1. Sg., 3. Plur. und in allen endungsbetonten Formen waren offero, 
soffero identisch mit oper{t)Oj coper[{)Oy daher auch die Infinitive 
folgen, vgl. aber noch offerrere, proferrere bei Dante Zehle 7 1 . 
Sodann treteä gelehrte Verba meist in die i-Konj. über, daher ca- 
pirej concepire neben ricevere, rapire^ gemire, applatulire, annuire^ 
convertire, fallire^ digerire^ ripire. Von ^-Verben sind wenige zu 
nennen :^onre, compire aus complere, compiere, pentirst, wofür 
aber Dante und Boccaccio nur pentere kennen. Wie schon bemerkt,' 
zerfallen die t -Verba in zwei Erlassen, je nachdem die stammbetonten 
Formen mit oder ohne das Infix -4sc fiektiren. Die einfache Klasse 
ist die bei Weitem weniger stark vertretene, nach den Grammatikern 
gehören ihr an sentire, dormire^ fuggire, partire, servire, aprire, 
avvertire, bollire, convertire, consentire, coprire, divertire, offrire, 
pentire, ricoprire, scoprire, seguire, soffrire, vertire, während ah- 
borrire, assorbire, applaudire, apparire, mentire, nuirire, muggire, 
ruggire, tossire schwanken. Über die Flexion des Präsens und Im- 
perfekts ist nichts zu bemerken, ausser dass im Altflorentinischen 
neben -iva auch -ia vorkommt, vgl. § 443. Im Übrigen sind die Formen 
regelmässig, \^. sento, senti, sente, sentiamo, sentite, sentono; 
senta, senta, senta, sentiamo, sentiate, sentano; senti, sentite; sen- 
tivo, sentisse. Auch das Perfektum ist regelmässig sentii, sentisti, 
senti, sentimmo, sentiste, sentirono. Doch sind hier ein paar alt- 
italienische Nebenformen zu nennen. Dante braucht audivi Inf. 
XXVI 78, ebenso Brun. Lat. Tes. 11 53, VII 142, ein reiner Latinis- 
mus^ wie auch d|is au zeigt; auch auf givi Purg. XII 69 im Keime 
ist nichts zu geben. Andere Beispiele aus den lyrischen Dichtern sind 
bei Caix, Orig. 226 als Sizilianismen zu betrachten. Bei Brunetto 
liesst man auch uscio, vgl. Wiese, Zs. VII 330, doch ist darin wohl 
ein von 3. Sg. verschlepptes o zu sehen, in 3. Sing., wo Wiese eben- 
falls -tb belegt, vgl. auch Zehle S. 74 für Dante, liegt sizilianische 
Form oder Übertragung des o der I. Konj . vor. Das Futurum ist regel- 
mässig: sentira, Kondiz. sentirei, Part, sentito, Gerund, sentendo. 



§ 445. 446. 447.] Die Konjugationen. 245 

Das Part, venuto ist schon vulgärlateinisch und erklärt sich aus 
dem vidglat. Perf. venui. 

446. In den Dialekten greift die «-Konj., wie schon § 443 gesagt 
ist, mehr um sich, namentlich in Norditalien, vgl. amail. lusir, re-~ 
manir, merir, monir^ parir, ridir, tenir^ henedixir, parcir, querir, 
sternir, trairu. a. bei Bonvesin, Mussafia., Bonv. § 92, veron. ca^ir, 
medir, parir, preveir, savir, volir bei Fra Giac. , apad. tegnire^ ro- 
magnirej caire, cognoscire, nascire bei Ruzante Wendbine» 83, 
aven. teüir, lusir, delinquir, querir vl. s. w. , agen. corir, rompir, 
cair, szhoir [schiudere)^ querir, luxir, sen. currire. Vor allem in 
Noto, vgl. Avoiiio S. 19 : »Questo popolo ha il vezzo di portare in 

-tW tutti i verbi che finiscono in iri. Dice liggiri, mintiri, hrisiri 

siri^. Über das Imperfektum ist zu dem § 443 gesagten nichts hin- 
zuzufügen. Dajs Perfektum aber zeigt eine Keihe wichtiger Neben- 
formen. Einmal lautet die 1. Sg. im Sizilianischen auf -it?t, die 3. auf 
"iu aus» Das iu kann der Fortsetzer von -ivit sein , dagegen wird 
-im kaum auf klassisch-lateinisch -ivi beruhen. Aus -ii war wohl -i 
entstanden und da in Folge dessen die Personalendung mit dem 
Tempuscharakter zusammenfiel , so wurde von -m aus -iui, -ivi ge- 
schaffen. Die 3. Sg. lautet nicht nur in Campobasso auf -itie , son- 
dern auf viel weiterem Gebiete, z. B. noch in Pisa, vgl. traditte 
Sardo 105, fornitte 113, patitteno 113, won^fe 85, 104, j^m^^e 
103, udith 103 (odi 120) yfugitte 86 u. s. w., vgl. auch smaritte 
Boj.in 8, bh,feritte2i, 18, moritte 12,44u. s.w., im aven. morietUy 
despartiette u. s. w. ApoUon, wo -ette an t angetreten ist. Sodann 
findet sich neben iu in Lipari iü und dann einfach u\ pariüy murü, 
nasü; ähnlich wird me^^o, decOy sentö in Cittä. S. Angelo, Castelli, 
Pratola Peligna u. s. w. auf -tö, r-iö beruhen. Die 3. Plural, lautet 
im Sizilianischen auf -eru. Das Perf. U musste im Sizilianischen, wo 
^ zu i wird, im Plural -fm«^, ~i$tij -eru lauten, das vom ÜI. -imu, -isii^ 
"iru. Später trat Vermischung ein: -eru verdrängt -iru, und da femer 
bei den i-Verben ^-imu auch die Endung des Präsens ist , so dringt 
das e auch in die 1 . Plur. : -emu, — Das ^-Perfekt bei den t -Verben 
zeigt auch das Piemontesische, y^\, usit, ferit^ ubrit, saglit, scurit 
Lament. — Das Partizip lautet im ganzen Süden und in den Abruzzen 
-uto. 

Unregelmässige Verba. 
1. essere. 

447. Schon im Vulgärläteinischen ist an esse das re der übrigen 
Infinitive getreten: essere, und so lautet die Form in ganz Italien. 



246. Fonnenlehre. [§ 447. 

Im Präsens ist ^s statt es anzusetzen und wie schon bemerkt simus 
für sumus gebraucht worden. Von den italienischen Formen sono, 
s^j d, siamOy siete, sono zeigt s^ das s der 1. Sg., siamo statt semo 
stammt vom Konjunktiv, siete stat este ist auf die alte 2. Sg. siei 
aufgebaut. Altitalienisch ünden wir noch das enklitische so , das im 
Senesischen vorwiegend gebraucht wird, Zs. X 430. Dann semo 
Dante Inf. XVII 34, auch noch Ariost Orl. Für. XX 1 , 23, und bei 
Guittone d*Arezzo in Anlehnung an siete auch siemo , 2. PI. sete 
Ariost. Orl. 33, 62, endlich in der 3. Plur. enno, von ^ aus gebildet, 
eine Form, die noch vulgärtoskanisch ist und sich schon Inf. V 38, 
Par. XIII 97 u. s. w. findet. Die Abweichungen in den Mundarten 
sind ziemlich mannigfaltige. Zunächst bei der ersten Person zeigt der 
Norden sont, der Süden sufiu. Sont reicht westlich bis nach Mailand, 
es findet sich bei Bonvesin und im Neumail., gehört übrigens mehr dem 
veronesischen Gebiete an, vgl. sonto bei Fra Giacomino, sont-io 
Gloss. B., ist sehr häufig im avqn. Exempelbuoh, Dokati 35. Die 
Form , die sich im Rätischen wiederfindet , ist in ihrem Ursprünge 
nicht völlig klar, doch wird man am ehesten annehmen dürfen, dass 
es sich um eine Übertragung des t der 3. Plur. handelt^ vgl. 3. Plur. 
sunto Kath. I 432, eine Übertragung, die um so leichter möglich war, 
weil im Satzinnern vor Konsonanten son[t) und son identisch waren. 
Sunu gehört Kalabrien und Sizilien an ; ihm vergleicht sich songo in 
Neapel und im Principato Ulteriore und Citeriore ; man hat darin An- 
bildungen an die l.Pers. von dare und stare zu sehen, die wiederum an 
vengo, vefiu angeglichen sind, s. § 457. Endlich sipio in Mestre geht 
vom Konj. aus. Die zweite Singularis lautet im Piemontesischen seSj 
im Altmail, ei^ desgleichen im Altveron. und Altpaduan. , im Altven. 
stehen nebeneinander es Exemp. 125, e 595, se 867, im Cato ei und 
siSy bei Ugu9. es und ei. Später hat auch hier s übergegriffen, vgl. 
neumail. sistü = sei-tu mit auffälligem Vokal. In der 3. Sing, ist 
die Nebenform este Prov. zu bemerken. Die erste Pluralis lautet semo 
bezw. simOf selten siemo Exemp. 902, im ganzen Süden, in Grosseto 
und im Norden mit Ausnahme des Piemontesischen , wo somo sich 
gehalten hat. In der 2. Pluralis ist auf dem ganzen Gebiete, also 
auch im Piemont, setis für estis anzusetzen, woraus dann im Lom- 
bardisch-venezianischen si. Endlich die dritte Pluralis lautet enno in 
Pisa und im Emilianischen und Lombardischen und auch noch im 
ältesten Venezianischen, z. B. Exemp. Donati 35. Südlich trifft man 
die Form noch in Osimo,. Arch. Trad. Pop. 11 83. Unklar in der 
Vokalisation ist mail. inno. Endlich senes. sonno ist an danno u. s. w. 
§457 angelehnt. 



§ 448. 449. 450.] Unregelmässige Verba. 247 

448. Der Konjunktiv sta erklärt sich aus älterem sim durch An- 
fügung des Konjunktiv -a. Die Bildung ist schon vulgärlateinisch. 
Im Norden erscheint natürlich sea. Bemerkenswerth ist sipiaj An- 
lehnung an apia (habeam) im Emilianischen und im Paduanisch- 
venezianischen, schon bei Ruzante Wendbineb S. 81 und heute z. B. 
auch in Mestre^). — Nicht recht klar ist it, semSj sete in Teramo. 
Die Pluralformen werden auf simtcs zurückgehen und ü könnte aus 
Sias, sids, siäi, sii sich erklären. 

449. Das Imperfekt era und erOy eri, era, eravamo, eravate, 
erano hat sich in den endungsbetonten Formen den übrigen Imper- 
fekten angeschlossen. Das e statt ie in den stammbetonten erklärt 
sich aus der Enklise. Aber altital. findet sich iera im Libro de' Banch. 
fiorent., und im Tesoretto, Wiese Zs. VII 257. Auch eramOj erate 
kennt die alte Sprache, Dante,' Inf. XXXIII 34 u. s. w. Desgleichen die 
Mundarten, natürlich zum Theil (s. § 410) mit Accent auf der ersten 
Silbe, daher piem. ero, päd. ffieremo, veron. eremo, kalabr. eramu. 
Von besonderen Bildungen sind zu nennen eva , evamf in Campo- 
basso, Qessopalena, Bari. Es könnte eravdmo zM^ravamOy avamo 
gekürzt, dann eva darauf gebaut seih, vielleicht ist aber auch einfach 
era direkt durch eva ersetzt worden. In Teramo flektirt man dagegen 
aher^f sahämq statt eraham^. Auch hier stehen zwei Möglichkeiten 
offen : es ist entweder erahame zu ahatnf geworden und hat dann das 
s des Präsens übernommen, oder saham^ ist direkt von s^me aus ge- 
bildet. Ähnliche Formen finden sich bei Pulci X 72 savamy ebenso 
XIII 52, XIV 14, savate V 31 , XX 112, savano XX 37, und das 
ganze Imperfekt geht von es^sere aus in Santa Fiora : sevo, sevi, seva, 
sevamOj sevate, sevano, 

450. Das Imperfektum konjunktivi fossi u. s. w. lehnt sich 
streng ans Perfektum an. Dieses lautet heute fut, foste, fu, fummo, 
foste, furono nach Castelvetro's Vorschrift. Früher herrschte ein 
starkes Schwanken zwischen den u- und o - Formen. Dante braucht 

fmtilnt Xin 137 nnd fostilnf. VI 42, aber nur faste, furono, 
furo, für xuidforo, aber letzteres nur im Reime, vgl. Zehle S. 78. 
Die 3. Plur. lautet altital. j^oro S. Mar. Carm. 47 Hist. Rom. frag. 
XrV Scritt. u. s. w., wohl aus füärunt, ft^Srunt mit Ausbiegung des 
sonst nicht vorkommenden üe in das gewöhnliche tio. Ein Vergleich 
mit den Schwestersprachen lehrt, dass das u ursprünglich nur in 1 . Sg. 
berechtigt gewesen ist. — Hier zeigen die Mundarten nun gar mannig- 
fache Abweichungen. Nach epp bildet man in Forliybp, in Neapel 
fung§ nach songe, für Teramo giebt Savini neben fuv^ auch fuzze. 



1) 2. Sg. «M im Exempelbuch Donau S. 36 ist Latinismus. 



248 Formenlehre. [§ 450. 451. 452. 353. 454. 

offenbar nach vo-zze, xxxrzze^ wogegen Gessopalena . nur die Erwei- 
terung yW^^^iTt^ 1. Flur, kennt, für 1. Sg. das Imperfekt setzte Cam- 
pobasso mit fosq^ f^^te^ fose, foseme, fosene die stammbetonten 
Formen ganz in die «-Flexion hinüberführt. Ein schwaches Perfekt 
zeigt Lodi rsnXfiide =fuit^ wo altes fü umgestaltet ist etwa nach 
vede aus vi. — Von Formen des Konjunktiv ist zu erwähnen der 
Flur, füssiga in Sonogno Arch. Glott. IX 231. — Ein schwaches 
Perfekt kennt Santa Fiora: setti, sestij setie. 

461. Endlich, das Futurum sard aus es]serd hat sein a Youfarö, 
dard, stard erhalten. Ln XIV. Jahrb. aber besteht noch serdj so 
ausnahmslos bei Brun. Lat., im Senes. u. s. w. Ganz vereinzelt steht 
er = erit Pateg 54. 

452. Das Partizipium zeigt neben stato , das eigentlich zu stare 
gehört, auch die Form suto und essuto von essere , so schon Brun. 
Lat. Tes. XX 96 , wo Wiese kaum mit Hecht ütato ändert, essuto 
Villani VII 18, MachiaveUi. Das Gerundium lautet essende y im 
Norden aber Stande (vgl. § 40S), so aven. Exemp. 30, seando Panf. 
u. s. w. 

468. Hier mag sich noch^ere anschliessen, das im Toskanischen 
nur ein kümmerliches Leben führt, sofern einzig ^a und allenfaUs^a- 
no,ßeno vorkommt in der Bedeutung von sarä^ saranno. Eine ziem- 
lich weit ausgedehnte Flexion zeigt nur der Norden, namentlich das 
Mailändische. Mussaeia bringt aus Bonvesin^o yxndißzo^ ßs\ ß, 
ßn ; ßci, ßt>a, fevano^ Perf. fi und fite, Fut. ßrö^ Cond. firave^ 
Konj. VtSij&.ßa^ßzijßa xm^ßza^ßan xmdßzan; ßssi,ßssej Ini.ßr, 
Man bemerkt etwelche Anlehnung an fare. Das Imperf. Konj. ßdes 
bei Pateg vergleicht «if^ fildes § 450. 

2. Habere, 

464. Schon fürs Vulgärlateinische ist anzusetzen q/jo y as, aty 
avemtis, avetis, avunt, woraus nach § 97 aunt Die vollen Formen 
aves, avet können daneben bestanden haben. Daraus entwickelt sieb 
nun im Ital. affffio, ai, a, avemo^ avete, *onno. Neben ojfffio Brun. 
Lat. V 119, VII 242 u. s. w. findet sich frühzeitig nach dOj dai, da, 
sto, stai, sta auch ho, schon bei Dante^ Zehle S. 75, und dies wird 
dann die reguläre Form. An Stelle von *onno tritt femer anno und 
ahbiamo verdrängt avemo, vgl. § 391. Den Einfluss von dare zeigt 
Sante Fiora mit Plur. amo , ate. Die Form aye ist im Südfen ge- 
blieben in den Abruzzen, Campobasso, Neapel, Kalabrien, Sizilien, 
daher aio bei Dante und Brun. Lat., wogegen der Norden gleich der 
Toskana o sagt und Jvrea un, dessen n wohl von dun = dono über- 
nommen wurde, als dieses das alte do verdrängte. Eine sizilianische 



§ 454. 455.] Unregelmässige Verba. 249 

Nebenform eyu erklärt Schneegans S. 8 zutreffend aus der Pro- 
klise, wo ay^a sintire zu ea geworden ist. Toskanisch findet sich auch 
ahho Dante Inf. XXX 115 nach debbo. — Die zweite, Singularis 
geht überall auf *<zs zurück. Im Piemontesischen ist das s bis heute 
geblieben, im Venezianischen bis ins XIV. Jahrh., vgl. as Prov., tro- 
vereis Cron. , wo aber schon tu a daneben steht, Arch. Glott. III 
266, as und dis^ fas Panf. — In der ersten Pluralis ist die nord- 
italienische Kürzung zu merken, mail. berg. em , piemont. uma^ in 
Mondovi amä. Auch die 2. Plur. ist im Piemont. nicht ganz regel- 
mässig : tur. eve aus ave, eve zeigt Rückziehung des Tones, während 
et in Alessandria, Jvrea und Mondovi auf av]ßte beruht. In der dritten 
Pluralis zeigt der Süden wieder seine besondern Formen. In der 
aneap. Kath. liest man ao Mussafia. § 99 ,, und es liegt im Grunde 
nichts im Wege, dieses ao direkt auf habunt, aunt zurückzuführen, 
vgl, ao = -avit in demselben Denkmal. Diese Formen sind über den 
ganzen Süden und bis nach Rom und die Macerata verbreitet. Sie 
finden sich in Muro Leccesse, Martina Franca, Galatone und nördlich 
bis Accumoli, Assisi, Orvieto, Todi und Perugia. Davon wohl zu 
unterscheiden ist haöme in Cittä S. Angelo (Abr. Ult. I) , das Pap. 
mit hanno übersetzt, das aber natürlich habet homo entspricht und 
die Bedeutung von frz. on a hat. — Eine Neubildung ist haco in 
Zagarolo nach dico^ f<^<^0, vgl* dazu § 457. 

455. Das Präsens konjunkti vi abbia, das Imperfektum avevo^ 
avessi sind überall regelmässig, abgesehen davon, dass das tonlose av 
in Mondovi, Alessandria, dann wieder in Bergamo schwindet, während 
senes. ävamo, avate sich aus avavamo, avavate nach § 143 erklären, 
und dass im Bolognesischen im Konjunktiv neben apa auch ava ge- 
bräuchlich ist, während aven. aiba Prov., romg. eva Epenthese zeigt. 
Das Perfekt ist um so wichtiger. Das toskanische qbbe mit q wohl 
aus älterem §bbe findet sich noch in Lecce als ippe neben appe, in Bari, 
in der Basilicata und längs dem Adriatischen Meere bis nach Ravenna, 
während Sizilien, Kalabrien, Neapel, Rom, Arezzo und der Norden 
bei appCj abbe bleibt. Das § ist schwer zu erklären. An eine Anleh- 
nung an dette^ stette zu denken, verbietet der fast überall geschlossene 
Vokal ; nur im Florentinischen mag fbbe unter dem Drucke von dqtte^ 
statte zu ^bbe geworden sein. Für ^55^ aber bliebe nur die Analogie 
von f§ce übrig, doch bleibt noch genauer festzustellen, wo diese 
Analogie eingegriffen habe. — Der Norden, der Konsonanten- 
dehnungen meidet, scheint b^ nicht zu bb gewandelt, sondern y^ unter- 
drückt zu haben, vgl. bei Bonvesin heve^ havissi, have, fidvem, ha- 
vissij hdveny Mttssafia., Bonvesin § 130. Die Beschränkung des 
e auf die erste Person, die sich auch im Kondizional wiederfindet. 



250 Formenlehre. [§ 455. 456. 457. 

zeigt, dass wir es hier nicht mit dem toskanischen e, sondern mit 
einer Art Umlaut oder Ablaut zu thun haben, der durch den Ablaut 
fu^foj stigi, stete u. s. w. hervorgerufen ist. Auch das Venezianische 
zeigt ave u. s. w., so Cron. Imp. Arch. Glott. III 268. Ganz schwache 
Formen zeigt Neapel mit aviette, Santa Fiora mit etti^ estij ette, 
emmOy este^ ettono. Gelegentlich begegnet auch Attraktion des u: 
apiem. ö/", sop^ vgl. sope Bonv., saup Prov., Panf., sope Carus. Im 
Futurum und Kondizional ist die Ausstossung des e bemerkenswerth : 
avrdj avrebbi. Auch ard^ arebbi bei Sacch. 77, 83, aria Alb. 8, 
arai Cellini, Pulci, Barbieri, ard S. M. Carm. 10 u. s. w. Zum 
Partizip avendo, avuto , dann auch auto Barberino, Machiavelli ist 
nichts zu bemerken. 

3. Einsilbige Präsentia. 

456. Durch die starken Perfekta und Partizipien werden nicht 
selten die Präsensformen bestimmt. So wird nach struxi, structus 
ein strugere^ ital. struggere geschaffen, eine Form, die der Süden 
noch nicht kennt, da neap. strudere, siz. strudiri vielmehr direkt 
aus struere mit hiatusfüllendem d (§ 142) entsanden sind. Ebenso 
bildet man zu adrogitus das Präsens arrogere ^ zu volsi^ volto: fol- 
gere, zu svelsi: svegliere, zu tolsi, tolto : togliere^ für welch letzteres 
aber tollere noch im Senesischen bleibt Zs. X 442, zu posi, 
posto: pongo und nach dUesi: desengo bei Rusio 165, 219, im Um- 
brischen und Neapolitanischen, hier sogar vengo = vendo und sengo 
= sento. Zu intritum bildet man intrirere statt interere und daraus 
intriderej desgleichen yiWere, chiedere, prüdere, deren nur im In- 
finitiv berechtigtes d dann in das Präsens und die übrigen Formen 
dringt. 'Nehenßedere besteht y*mre und nun &viQhfodire Sacch. 70; 
vgl. noch fere Cavalc. 9, 4 und ßere 14, 10, fedito und ferito 
Sacch. 1^, fedito Cavalc. 26, IZ, ferito 7, 11 u. s. w. 

457. Es giebt eine Anzahl von Präsentien, die in der 2. und 3. 
Singularis einsilbig sind und die dann auch in den übrigen Formen 
sich gegenseitig beeinflussen. Es sind dies die Verba dare y stare, 
gire, fare, dire^ avere, saper e. Für gire tritt in den stammbetonten 
Formen vadere ein, das schon im Vulgärlateinischen flektirt vao, 
vas, vat. Habere ist schon § 454 besprochen, trotzdem mögen die 
Formen nochmals Platz finden. Ursprünglich haben wir : 

sto do vo faccio dico (^gffio sappio 

stai dai vai fad dici ai sapi 

sta da va face dice a sape 

stiamo diamo giamo facciamo dicciamo abbiamo sappiamo 



§ 457.] Unregelmässige Verba. 251 

State date ite fate dite avete savete 

stanno danno vadono facdono dicono auno sappiono. 

Die beiden ersten Verba bleiben ihrem ursprünglichen Typus zunächst 
getreu, nur kürzen sie unter Einfluss des Singulars den Vokal der 
3. Plur. und verdoppeln infolge dessen das n § 267. An Stelle von 
vadono tritt vanno, an Stelle von ite nach der 1. Plur. ffite, Fate = 
State zieht yäi, da.nn J^a^ J^anno undfo nach sich. Bei Dante finden 
wir noGh/accio Inf. II 70, Purg. IX 31 , faci Inf. X 16, aber im 
Paradies nur yb, J'at, fa MxAface IaIliell-e. 76. Auch vado ist.der Um- 
gangssprache nicht fremd. Von dite wird di gebildet, doch ist. das 
selten. Dass hai^ ha = sta% sta einerseits o andrerseits hanno nach 
sich ziehen, ist gesagt. Die Gleichheit von avete und savete, die 
später wieder zerstört wird § 209, führt so^ sai, sa^ sanno herbei, vgl. 
aber sape bei Dante nur im Reime Zehle 77. Die Mundarten aber 
bringen noch eine Reihe anderer Entwickelungen. Im Süden bleibt 
aii^ö] § 454, und dem entsprechend findet sich neap. fau^ saOj vao 
Kath. n und daher wird Dantes nur im Reime Par. XXVIII 103 
gebrauchtes vonno stammen. Nach aggio, das im Süden am, ayu 
lautet, richtet sich siz. vayu, lecc. vaSu, röm. vayu, — Im- Norden 
wird do von don{o) abgelöst, daher auah ston^ von, fon bei Caimo, 
von^ don Gloss. und bei Ruzante. Es kann nun aber auch dico, dicono 
den Ausschlag geben und so finden wir denn in der That im Süden 
3. Plur. faco, haco in Zagarolo (Rom), staco Hist. rom. frg. 1, 6, 
faco 1, 3, dann auch soco 1, 1 und puoco 1, 13 und im Norden 
romg. degj veg, stag, gen. dago^ vago, stago nebst vego, aven. stago 
Panf. 514, vego 265, dago, stago, vago, anago, fago, vego^ dego, 
rigo bei Ruzante, piem. dag^ stag, lomb. diga, daga, staga u. s. w., 
und selbst ybya und in Gerra sogar sigo^ soga, oga Arch. Glott. IX 
229. Damit sind die Bildungen aber noch nicht erschöpft. Im Alt- 
neap. finden wir als 3. Sg. stai, fai^ dai, poi und eine 1. Plur. 
daimo Reg. San. und Kath., staite Land. Aqu. IV 20, faite VII 92, 
daite XIV Scritt. 64. Vielleicht sind darin Anlehnungen ans Per- 
fekt zu sehen. Wie nämlich im Perfekt altes -a durch -ae verdrängt 
wurde, so auch im Präsens. Dagegen wird aven. 3. Sg. J^ai Prov. 
Cato, Panf., Pateg, Uguc., sich besser aus *yae mit dem -e der übrigen 
Verba und Wandel von tonlosem Hiatus -e zu i (§ 376) erklären. 
Endlich ist noch zu erwähnen der Einfluss von vengo auf sto, der 
lediglich durch die Bedeutung veranlasst ist^ vgl. campob. Stenge , und 
natürlich entsprechend denge, während bei dinge, stinge in Teramo 
die Gleichheit von vi = vai (§ 103) und vi = vieni noch mit in 
Rechnung zu ziehen ist. 



252 Formenlehre. [§ 458. 459. 

468. Für die endungsbe tonten Formen ist zu merken im Norden 
ein weitgehender Einfluss von dic-^, f<^i^ auf die übrigen Verba, 
daher nach digando ^ fagando auch stagando, dagando Cron. Imp., 
stagando, dagando A^oW. y dagando und segandoj vegando Paol., 
bol. 3. Plur. stagano Baz. 9, VI 1397 und sogar neubol. tnagänd = 
tenendo. Sodann im Imperfekt: stasevaj daseva nach fasevia im 
Emilianischen, Cron. Imp. , Ruzante, 1. Plur. dazömo, staiömo in 
Piazza Armer. ^ aven. dase Qloss., apiem.^^6t?a Chrys. 24, 27, da- 
seva 27, 8, saxeva 27, 9 und neupiem. sogar andasia, venisia^ te- 
nisia Fleghia, Arch. Glott. X 161 Anm. Daneben sind noch sen. 
staendo, daendo zu nennen, femer senes. daesse Cron. Ivcl^,^ faeva^ 
staeva aver. Kath., lomb. staeva Laud. Aqu. VI 17, stateva VI 64, 
stagendo IX 29, wo man am liebsten an Einfluss von traeva denken 
möchte, wenn nicht etwa dava -^-faceva ein daeva hervorgerufen haben. 
Daneben kommen nun auch steva u. s. w. vor, vgl. a.yeTL. fose Apoll. 
Prov., Cron., desse Cron., deto, andevo, stevo in Lucca und Pistoja. 
Ganz nach stava ist yava in Fayisl, J^ava und sogar pava = poteva 
in Mondovi gebildet. Ganz andere Wege gehen speciell mit stare 
Teramo und Kalabrien. In Teramo nämlich tritt ein Stamm stat ein: 
stateme, statete, stative u. s. w. , der wohl vom Perfektum her be- 
zogen ist. Und Kalabrien zeigt stapimUj stapia , auch stapivi neben 
stiettt, ebenso Modica stapimu und selbst 3. Sg. stapi, während Noto 
mit stacia dieselbe Bildung wie der Norden zeigt. Es unterliegt wohl 
keinem Zweifel, dass das p von sapiri ausgeht, doch ist, da das 
Paradigma dieses Verbums fehlt, der genaue formale Anknüpfungs- 
punkt (ein begriflflicher fehlt), nicht anzugeben. 

469. Auch im Perfekt treten die mannigfaltigsten Angleichungen 
ein, speciell zwischen dedi^ *stetuiy feci^ während sapui im Vokal 
habui folgt § 455 und seinen Konsonanten beibehält. Im Toskani- 
schen ist dette nach siette und stiede, stie nach diede , die frühzeitig 
im Gebrauch. Ihnen folgt andette, andiede. Die schwachen Formen 
desti aus dedisti u. s. w. bringen auch 1. Sg. efet, 3. Sg. de hervor 
und daran schliesst sich das der Dichtersprache angehörige, schon 
von Dante und Petrarca gebrauchte fei^ fe\ natürlich kommen 
auch denno, /enno, demmo, femmo vor, Zehlb S. 76. Dem tos- 
kanisehen fqi vergleicht sich mail.^, während amail. stigi Aui Statut, 
steti beruht. Wo ^-i zu i-i wurde , da war der Vokal der 1 . Sg. in 
8t§tuiy cr^di [credidi) und vidi gleich, daher wir im Norden neben 
de, stey stete auch vete finden, Exemp. Donati 39 ; 1. viti im Cato, 
3. vete in Panfllo \uid bei Paolino, viti, criti bei Ruzante, crigi bei 
Bonvesin. Bei Chrysostomus folgt auch trarre : trete 28, 35; 61, 20 
u. s. w. 



§ 460. 461.462.] Unregelmässige Yerba. 253 

460. Endlich im Participium ziehen im Norden factum und 
dictum zunächst statum^ datum und *andatum an, gen. piem. aless. 
datt, statt, andaity amail. dacc, stacc, andacc ; auch lassacc folgt in 
Bellinzona und nach nee [andato] richtet sich in der Yal Maggia nie 
(venuto), 

461. Von für sich stehenden Formen mag der Konj. vadi bei 
Pulci II 6, vadia Sacch, 53 genannt werden, Cellini^ deren erstere 
wohl aus der letzteren entstanden ist. Vadia aber mag an abMa, 
sappia angelehnt sein. Sonst sind die Konjunktive regelmässig. Stea 
wird schon vor Dante' s Zeit in stia umgebogen nach sia^ ebenso dea. 
In Teramo haben wir für die 2. Sg. dikf, stikf, vikf , letzteres 
wieder für Kommen und Gehen, aber 1. Sg. vake wie auch im Ind. 
vake = vado : also wieder Anlehnung an dieo, 

4. Ire. 

Das Wichtigste über die Flexion dieses Verbums ist schon im 
Vorhergehenden angedeutet. Ursprünglich dient es in den endungs- 
betönten Formen zur Ergänzung von vadere , und da nun manche 
dieser Formen , so namentlich das als Imperativ sehr gebräuchliche 
eamus , lautgesetzlich mit §- anlauteten , so wurde allmählich ^ über 
das ganze Verbum verbreitet. Die ursprüngliche Flexion war also : 
vo\ vaij va, ffiamo, ffite, vanno; vada, giamo, «reu. s.* w. Es hat 
sich nun im Norden und im Toskanischen, kaum im Süden, ein an- 
deres Verbum, andare, vermuthlich von ambitare^ an Stelle von ire 
. gedrängt und dieses wechselt heute in der Schriftsprache mit vad- ab. 
Im Vulgärflorentinischen ist auch andi im Sing. Konj. gebräuch- 
lich. Im Aretinischen findet sich auch vire, vette, so in Arezzo und 
Cortona, wo also, wie es scheint, das v von vadere übertragen ist, 
wenn nicht etwa das Perf. vette direkt von va nach dem Muster von 
do, sto : dette, stette gebildet ist. 

5. Potere, 

462. An Stelle Yon passe ist nach dem Feriekt potui der Infini- 
tiv j90^ere schon im Vulgärlateinischen getreten. Wenn daneben im 
Emil, pusseir steht ^ so ist darin eine jüngere Anlehnung an die erste 
PluraliSj nicht lat. posse-re zu sehen. Die Präsensformen sind ziem- 
lich verwickelt. Zwar posso kann direkt auf possum beruhen und 
possa ist offenbar nach posso gebildet. Aus potes erwartet man puoti, 
das sich auch findet, aber früh durch puoi ersetzt wird ; ebenso lautet 
^e 3. Sing, puo, seltener puote. Es mag puoi eine Kurzform sein, 
vgl. assai, pud wäre dann danach gebildet. Possiamo, potete^ pos-- 



254 Formenlehre. [§ 462. 463. 

8ono sind klar, endlich ponno ist von pud ausgebildet nach da : danno 
u. 8. w. Die übrigen Formen gehen von pote- aus. In den Mund- 
arten herrscht dagegen der Stamm po88~ vor, vgl. schon im Sene- 
sischen poheva, passet, passere, passuia Zs. X 441, dann im ganzen 
Norden, vgl. emil. bsetTj und passessena schon let. Bol. 16. Daher 
bei Ariost passuta Cass. 1,4; übrigens possette auch bei Cellini, 
dann passeva Cron. Imp. — Vereinzelt steht das Imperf. pava in 
Mondovl. — Im Mailändischen lautet die 1. Pluralis natürlich ^oiTi. 
Weit verbreitet ist eine durch die formelle Gleichheit von 2. Sg. und 
die begriffliche Verwandtschaft zu erklärende Anlehnung an valere. 
Puale ist vulgärtoskanisch und von Cellini in der Schriftsprache ge- 
braucht, es findet sich aber auch im Süden bei Rusio , im Norden bei 
Huzante, und S. Fratello schafft sich sogar einen Inf. ptilair, vgl. 
auch 2. pöli, 3. pÖlj Plur. pöla in Turin. — Endlich der ganze Süden 
spricht in der 1. Sg. pazzu, was sndpotsum zu beruhen scheint. 

6. Die i-Präsentia. 

463. Das tonlose lateinische e, i der lat. 11. und IV. Konj..hat 
nicht unbeträchtliche Spuren hinterlassen, mehr allerdings in der altern 
als in der neuen Sprache, wo meist nach den Formen, die kein -i- 
hatten, wieder ausgeglichen worden ist. Die Behandlung der dem i 
vorangehenden Laute entspricht im Ganzen den § 247 besprochenen 
Gesetzen. Wir haben hi zu hbij pi zuppi: abbia, sappia; alt 
debbio, wofür aber früh entweder devo oder debbo eintritt; ci zu cc: 
faccio,taccio, ffiacciajpiacciaj alt naccio; idr ffi liegt nur das ver- 
altete fuggio vor ; für di ebenfalls nur veraltete Beispiele : veggia^ 
seggia^ caggio, aber cado Brun. Lat. 333 und danach auch creggia 
und selbst chieggio zu chiedere und ßeggia zu ßedere , während 
audire nur Formen ohne i kennt, vgl. aber mail. olza Bonv., ry. 
muoja^ pajo^ !{: voglioy sogliOy vaglio , vgl. vaglia postalej caglia. 
Die ni" und /j-Verba wandeln scheinbar i in g, vgl. venga , tenga, 
rimango Bocc. 2, 1 , an letzteres schliesst sich ponga an ; scdgo^ 
vdlga^ calga^ tolga\ auch e?j[ folgt : vegga, caggo, segga^ chiegga, 
fiegga^ chitcggo. Am frühesten stellt sich das g bei den ;j -Verben 
ein und zwar erklärt es sich hier aus dem Plural, wo tegniamo, 
tegniate gleichlautend %md roxi fr agniamo^ fragniate und den andern 
Verben auf -gere, deren stammbetonte Formen auf -nga^ -nga aus- 
gehen. Erst etwas später folgen die /-Verba, für welche z. B. Dante 
und Brunetto Latini noch durchaus die lautgerechten Formen haben, 
vgl. Zehle S. 42 und Wiese, Zs. VII 332. Hier wird colga, calga, 
cagliama , cogliate das Vorbild gegeben haben. Vaglio als viel7 
gebrauchtes Wort und wegen der Konkurrenz mit volgo bleibt. 



§ 463. 464. 465. 466.] Unregellmässige Verba. 255 

Schwerer sind t>eggo u. s. w. zu deuten. Die ältesten Belege geben 
senesische Quellen Zs. X 435 fT. cMego, chieggo^ auch corgo [corro), 
letzteres auch bei Guittone d'Arezzo, dann bei Pulci, der veggio nur 
noch im Reime braucht 7, 80, chiego scheint schon Alb. 23 zu stehen. 
Es ist denkbar, dass, als das berechtigte fuggio^ f^ggi<^ durch fuggo, 
fugga nach leggOy legga verdrängt wurde, dann auch die andern g^^ 
Präsentia durch ^jr- Präsentia ersetzt wurden. — Vgl. A. Mussafia, 
Beiträge zur Geschichte der romanischen Sprachen 1862. — Im Norden 
ist namentlich die Ausdehnung von De^o auch auf creQO zu merken ^ 
aven. Prov. 26, Ugu^. , Cron. u. s. w., apad. Ruzante, creggio Boj. 
120, 1., 5, 61; 8, 3, ebenso kalabr. krigu. Sonst zeigen die Dia- 
lekte die lautgesetzlichen Formen, es wird also z. B. sappio im Süden 
zu saccu, das mit der sizilianischen Dichtung auch in die Toskana 
dringt, und selbst in Prosa von Sacchetti 71 angewandt wird, wenn 
nicht etwa Anlehnung an faccio vorliegt. 

464. Fragen wir nun noch, in welchen Formen das { erscheine, 
so erhalten wir zunächst natürlich 1. Sg. Ind. und das ganze Präsens 
konjunktivi, folglich auch die 1 . Plur. Indikativi. Dazu kommt die 
3. Plur. da, wo. sie auf -ono lautet, wogegen im Norden, wo -ew Regel 
ist, das t nicht erscheint, vgl. voyemo aber voleno bei Bonvesih. 
Endlich zeigt es sich im Gerundium, da wo dieses auf -ando lautet, 
also abiandoj creg^andoj veggando^ toiando und oldiando, persegui- 
ando, vestiando u. a. im ApoUonio und so in den andern norditalie- 
nischen Denkmälern, vgl. z. B. Ascoli, Arch. Glott. III 267, Wen- 
DBiNEB, Ruzante § 126, Mussafia, Bonvesin § 123, Flechia, Arch. 
Glott. X 162 u. s. w. 

466. Es dringt aber hier das i dann auch ins Partizipium prä- 
teriti, so aven. revegnudo Exemp. 320, romagnudo 913, dazu vegua 
retegnuda in Cato, voiü bei Ugu^on, satpuda Prov., dbituio Prov., 
oder apad. vogiü, possciü, vegnü^ romagnü^ crezü, vezü, cazü bei Ru- 
zante, wo auch caze vorkommt Wendbiner 30, amail. kabiudho, des- 
teniudho ; voyudho bei Bonvesin, Mussafia §113; creguo Bescap^ 
46, caguo 56, vegua 74, dann auch olgudo 31, resprenguo 92, ren- 
guo 138, venguo 91, respongu 113. — In einzelnen Verben scheint 
der erweichte Verbalstamm ganz durchzudringen : tefiir, vefiir finden 
sich im Lombardischen. 

466. Noch bleibt für das Präsens der ?- Verba zu bemerken, dass 
das l in der 2. Sg. verschwinden kann, vgl. vuot, duoi Pulci 3, 59, 
suot bei Alamanni, sai bei Machiavelli, tot bei Petrarca, sce^ bei 
Varchi, co^ Buonarrotti Tancia 3, 10; racco^ 5, 3. Diese im Nomen 
kaum bekannte, mindestens untoskanische Behandlung von -U mag 
bei vuoi und einigen andern sich aus der Sucht nach Kurzformen er- 



256 Formenlehre. [§ 466. 466. 467. 468. 469. 470. 

klären, worauf das Nebeneinander von vuoU und Dxioi u. s. w. überall 
Doppelformen hervorrief. 

467. Einzelne Verba geben noch zu besondem Bemerkungen 
Anlass. Debere verliert sein v in der S. Sg.: dee nach § 206. Darauf 
baut sich dei^ und 3. plur. denno schon bei Dante und de.a anstatt 
debba. Dieses dea wird dann auch indikativisch gebraucht, wandelt 
sich im Senesischen zu dia, woraus weiter die, die und nun wieder in 
Anlehnung an den Inf. dieve. Belege für diese senesischen Formen 
bei HiBCH Zs. X 437. Sodann aven. agen. do, don = debeo Paol., 
Uguc., Gloss., Brim. Gen., offenbar weil di = debes mit si = sei 
identisch ist. — Von volere bildet das mail. vöbbia nach abbia^ deb- 
bia. Eine andere merkwürdige Form ist apad. vuoxi + vy^i bei Ru- 
zante, Wendbinek 63 Anm. , in der wohl vuos aus volis versehen 
wird mit dem i der übrigen Personen. Im Bomagnolischen ist vo 
nach po gebildet. 

468. Auch tollere mag hier besprochen werden. Die ursprüng- 
liche Flexion tollo, tolli u. s. w. wird, wie § 456 bemerkt, nach dem 
Partizip und Perfekt zu tolgo^ togli oder tuoi umgestaltet. Dadurch 
ist die 2. Sg. mit der von volere Mndpotere gleichlautend und so kann 
denn im Romg. die 3. tö lauten. Nicht anders wird sich die 2. Plur. 
todi in Piacenza erklären. 

7. Die starken Perfökta. 

469. Das Italienische kennt drei Klassen starker Perfekta, 1. ab- 
lautende, d. h. solche die einen andern Vokal zeigen als das Präsens ; 
2. dehnende, d. h. solche, die den Konsonant des Präsens dehnen, 3. s- 
Perfekta, d. h. solche, die den auslautenden Konsonant des Präsens 
durch 8 ersetzen. Allen gemeinsam ist, dass der starke Stamm nur 
in den stammbetonten Verbalformen auftritt. Das wird sich daraus 
erklären, dass in den lateinischen u - Perfekten vor ieia Tone das u 
spurlos verschwunden ist. Ein Perfekt wie habui flektirte also in einer 
frühitalienischen Epoche abbi, avesti, abbe, abbimo oder avemmo, 
aveste, abbero; ähnlich pottij podestij caddi, cadesti u. s. w., und 
danach richten sich alle übrigen starken Verba. — Auch die Mund- 
arten halten im ganzen diesen Grundsatz fest, doch sind einzelne Aus- 
nahmen zu konstatiren, vgl. z. B. ebbi, ebbeste, ebbe, 2. PL ebbesse 
im Montalese. 

470. Die Zahl der ablautenden Verba ist sehr gering. Feci, diedi, 
fui sind schon § 457 besprochen. Dazu kommt noch vidi^ genau ent- 
sprechend lateinisch vidi, Zugleich in die 2. Klasse gehören ebbi^ 
seppi, ruppi, zugleich in die 3. misi, fusi, puosi, so Dante ZehIiE 
S. 13, aven. Arch. Glott. III 249, heute aber nach dem Präsens: posi. 



§ 471. 472.] Unregelmässige Verba. - 257 

471. Die .2. Klasse beruht auf den lateinischen «/-Perfekten und 
auf einsilbigen t?- Perfekten wie 'crevi, wofür schon im Vulgärlateini- 
schen crevui eingetreten ist. Wir haben also ebbt, seppij piovve 
und nun auch bevvi und ricevvi; conobbi, crebbi; tacqui, giacqui, 
piacquij und diesen schliesst sich nun das einzige Präsens mit a an, 
dem im Lateinischen ein Perfekt fehlt : nacqui zu nascere. Sodann 
caddt schoiL Yulglat. cadui^ tenni und. danach venni, slt potii, heute 
aber durchaus schwach, femer viddi Dante, wohl auch schon vulg. 
lat., endlich vollt und das halbgelehrte dolß, bei Dante dalve Inf. 
n .51. Von alten Formen mag noch erwähnt werden vedde Sacch. 
77, Cell., vidde Pulci 1, 78, Dante Inf. Vn 50, veddimo CeU., 
volle neben volse Cellin., roppe Cellini, vicque von vivere wohl 
nach nacque Ant. BucCt 577. Neben senesisoh bebbe, piobbe steht 
flor. bevve^ piovve , beide offenbar unter Einfluss des Präsens, vgl. 
auch siz. vippi. 

472. Die 5-Perfekta dehnen sich im Vergleich zum Lateinischen 
bedeutend aus. Vom italienischen Standpunkt aus teilen sie sich ein 
in folgende Klassen 1. Verba *-^erö: re8si,ßssi,fris8ij alt co^^' Sacch. 
36, strussi (daher Präsens struggo), trassi (daher Präsens traggo) 
und diesen folgend les8i\ alst,.indulsi; mersi, tersi, sparst und da- 
nach accorsi; piansi und danach yrawse; spensi, cinsi,ßnsi, pinsi, 
giunsij unst imd daneLGh. punsij munstj stinsi, strinst, tinsi; dann auf 
ncy rc: vinsi, torsi, 2. Verba auf Dentale. Ist der Vokal im Latei- 
nischen lang, so wird das ursprünglich doppelte s vereinfacht, also 
risij misi, ist er kurz, so bleibt ss : cessL Also rasi, perstcasi, misi, 
risi, uccisi, divisi, rosi, chiusi, illtisi, intrtisi. Daran schliessen 
sich dann chiedere, intridere aus. qtiaerere , intrirere^),, ferner 
crese" Dante Pg. XXXII 32. Die Verba, die im Lateinischen ein Perf. 
auf nd^ Part, auf ns bilden, wie prehendoy prehendi, prehensum, ver- 
lieren im Vulgärlatein ihxn vor s : prehesum, presum, so dass nun ihr 
Partizipium auf einer Stufe steht mit rasum, clausumyTtsum u. s. w. In 
Folge dessen bilden sie auch ihr Perfekt auf s : (wcesi, presij offesi^ 
risposij nascosij jfusu 3. Verba auf Labiale: scrtssi, vissi und da- 
nach mossi, 4. Verba auf n: nur rimasi, posi und pressi; 5. die 
Verba auf ?: scelsi, colsi^ sciolsij tolsi, valsi, offenbar, weil diese 
Verba in^ Präsens zum Theil mit den Ig^ Verben zusammenfallen, 
§ 463; 6. Verba auf r: com und parsi von Partizip aus; endlich 
7. die Verba mit verkürztem Infinitiv: dissi, dussi und danach licssi, 



\) AscOLl erklärt initridere von intriso aus, Arch. Glott. X 86 Anm» 
Allein es fragt sich, von woher der Anstoss, intrito in intriso umzuändern, 
gekommen wäre, da doch -ito ein ganz gewöhnlicher Participialausgang ist. 

Meyer-Liibke, Ital. Grammatik. 17 



258 Fonnenlehre. [j 4"2. 473. 474» 

während altes cossi wegen cuocere durch cocqui verdrängt wird. Vgl. 
Masch£8II7I Studi fil. rom. II 17. ' Die «-Perfekta dehnen sich in 
der Vülgärsprache z. T. sehr aus und greifen über die w-Perfekta hin- 
über, viensij tiensi gehören dem Vulgärflorentinischen an, f>olsij calsi 
braucht auch Dante, Zehle S. 77, vgl. vohero Pulci VII 72 u. s. w* 
Es scheint sich auch hier um einen Vorgang zu handeln, dessen An- 
fänge ins früheste Vulgärlatein hinauf reichen : neben leguiy vulgl. 
statt legi, steht leoci. Dagegen erklärt sich mo55« durch Anbildung 
an vissi, 

473. Die Ä-Perfekta mit Ablaut gleichen meist den Vokal aus. 
Neben puösero Boc. Dec. Int. und danach gebildetem rispuosi Dec. 
I 1, rispuosero Cavalc. 28, 11, 34, 4 Dec. I 2 steht rispose Dec. 1,5 
und heute nur posi. Ebenso tritt zu mtsi auch messt vom Partizip aus, 
Cellini und senesisch Zs. X 439, und daraus entsteht dann die Misch- 
form misse Sacch. 98, Pulci HI 38. Endlich ist noch das Perf. vist 
zu nennen, das wieder offenbar vom Partizip ausgeht, in der altpiem. 
Lament., im Emilianischen und in Noto. In den nördlichen Mundarten 
werden die starken Perfekta mehr und mehr durch schwache ersetzt, 
— Da nun aber die 2. Sg. perf. auf dem Umlautsgebiet für die Ü. u. 
in. Konj . gleichlautet, so schlägt sich das neue darauf aufgebaute Per- 
fekt bald zu der einen, bald zu der andern Klasse, vgl. nasci, cognosi, 
bevi, romani, venzi, rendi, recevi, combati, cazi n, s. w. Cron. Imp., 
aven. vigni Exemp. 267, posse, reponello, solve, rispondi, riduce, 
t?«W, movey mefe, voUj tene 'Do^k.n ^. 10, nose, desplase^ pro- 
meUj Panf . , gösse, nasce, cognosce , cresce , plove ^ vl, a.. Cron. 
. Imp. AscoLi Arch. Glott. HI 28 f.; und selbst Dante gebraucht vi- 
vette, rompeo, tacette, compiacemmi Zehle S. 71. — Auch der 
Süden zeigt die Neigung, die starken Formen aufzugeben, vgl. faco 
in Terano. Und neu sizilianisch sind kuggyiu^ kridiu, kyuviu, puiiu, 
stinniUy viniu, vuliu u. s* w. gewöhnlich neben appi, kosi, krett% 
kyoppif pottij stisi, vinni, vosi, vgl. Avolio Introd. 110. 

8. Die starken Partizipien. 

474. Die lateinischen ^-Partizipia sind im Italienischen stark be- 
schränkt. Wir haben noch von Verben BMi -gere und -cere: retto, 
letto, strutto, tratto,ßtto, afflitto, fritto, fatto, cotto, detto, con- 
dottOy dann mit dem n des Präsens und Perfekts j^'an^o, pianto, cinto, 
iintOy stinto, strintOj pento, giunto, unto, punto, munto: es hat also 
das Italienische die im Lateinischen erst angebahnte Ausgleichung 
zwischen Partizipium und Verbalstamm streng durchgeführt. Den 
Verben smI -ngere schliessen sich diejenigen axii ^gere an; accortOy 



i 



^ 474. 475. 476. 477. 478. 479'] Unregelmässige Verba. 250 

erto, sortOjportOj und diejenigen auf F: coHo, asctolto, sveliOj scelto. 
Weiter haben wir noch scritto, rotto, ricetto Dante, morto, nato^ 
aperto, coperto^ und danach offerto^ sofferto] toltOj voKoj spanto, 
die ein vulglat. ^tollitus, valvitus, expanditus wiedergeben. Gelehrt 
sind redentOj essento. Lat. positus wird zu posto mit dem o des 
Präsens, daran schliesseh sich risposto, nascosto und rimasto ; schon 
vulglat. ist ferner quaesitus ital. chiesto und vtsitus : visto, — End- 
lich bleibt noch aroto aus vulglat. adrogittcs. 

475. In den Mundarten sind noch einzelne Partizipien 2Lui -itus 
nachweisbar. Venez. ist crelo , Cato, Panf., Ugus., aus cred[i)tus, 
Spanto kennt das Amail., futo aus fugitus das Genuesische, Ar eh. 
Glott. VIII 254. Im Süden aber ist -Mo noch lebendig, vgl. piövete 
in Teramo, corseto R. Bucc. 65, resseto 367, chioppeto Loise de Rosa 
22, tolleto 39, mossito 44, liessito 52. Von besondem mundartlichen 
Formen ist noch mail. ven. colle^o, colleto zu nennen, an das sich 
tollegio Bonv., tolleto Exemp. schliesst. 

476. Das ^-Partizip bleibt zunächst in seinem alten Umfange bei 
Verben auf Dentalen : raso, riso, rosOj chiuso, imd danach intriso 
von intridere § 472, preso bms prehenstis und teso,fusOj sceso, rimaso 
dann auch nascoso; messOj arsOj morso und d.aLna.ch.perso; conversOj 
cor so ^ mersOy spar so, tersö, Fisso wird znßso, wohl deshalb, weil 
sonst nur Part, auf -iso, nicht auf -isso vorhanden waren. Purere bil- 
det jpar^o neben parutOj \gl. parsi neben parvi ^ 472, vorso Arch. 
Glott. IV 206, volso Buonarr. Tancia 924. Von mossi aus § 472 
wird mosso gebildet. 

477. Nach posto, chiesto bildet Bonvesin commosto vgl., auch 
mosto Chrys. 2, 10, cresto 79, 36 neben creto 9, 8 und § 407. 
Umgekehrt aber findet man vom Perfekt aus conquiso Laud. Aquil., 
composo, desposo agen. Arch. Glott. VIII 320 proposo Chrys. 2, 10; 
aven. respuoso Cron. Imp., conqueso Intell. 274. Endlich ist noch 
mesto = messo -{-posto in Jesi (Arch. Trad Pop. II 82) zu erwähnen. 

478. Was noch die Vokalisation des Partizipiums betrifft, so 
bleibt die Schriftsprache im Ganzen den lateinischen Typen getreu ^ 
abgesehen etwa von posto. Sonst vgl. namentlich detto, messo u. a.. 
Die Mundarten aber gleichen meist aus, so ist detto schon senesisch 
Zs. X 436 und allgemein norditalienisch, desgleichen findet m2in duto 
im Norden, miso bei Dante und Brunetto Latini und im Norden. 

479. Auch hier zeigen nördliche wie südliche Mundarten einen 
sehr stark ausgeprägten Hang nach schwachen Partizipien, vgl. ro- 
magnttdo, metudo, depunibdo, ascundicto, revegnudo, nasudo ixA 
Exempelbuch, Donati S. 38, tasudoj legudo, cognosudo, metuo im 
Cato, ToBLBR S. 25, respondutOj cognosuOj renduo^ vencuo u. s. bei 

17* 



260 



FormeDlehre. 



[§ 478. 



Ugugon^ToBLEsS. 27, aldü, pormdo, vivu u. a. Cron. Imp., Ascoli, 
Arch. Glott. in 268. Ähnlich bei Ruzante, Bonvesin u. s. w. 'In- 
teressant sind vohuto bei Cellini, ,ms$utö, wo also das schwache Suffix 
unmittelbar an das starke Partizip getreten ist. 

• 

Die Bardische Konjugation. 

Die durchaus andere Gestaltung des konsonantischen Auslautes 
im Sardischen und die frühe Trennung der Insel von der Sprach- 
entwicklung des Festlandes geben der sardischen Konjugation ein so 
eigenthümliches Geprftge, dass sie besser für sich dargestellt wird. Im 
Ganzen hat die meisten sie betreffenden Fragen Hofmakn, Log. 
Mundart 132—151 zutreffend gelöst, vgl. auch Litbl. 1886 Sp. 71 f. 
Zunächst mag ein Paradigma fürs Logudor. folgen. 



afJto 


ame 


time 


tima 


amcts 


ames 


times 


timas 


antat 


amet 


timet 


timat 


amamus 


^ amemus 


timimus 


iimamtis 


amades 


amedes 


timides 


timedas 


amant 


ament 


timent 


timant 


amai 


amere 


timia 


timere 


amatas 


ameres 


iimias 


timeres 


amaia 


ameret 


timia 


timeret 


amaiamus 


ameremuB 


timiamtcs 


timeremus 


amauxzis 


amerezis 


timiazis 


timerezis 


amatant 


amerent 


timiaht 


timerent 



amesi amesti amesit amemus amezis amezint. 

Die -f-Konj. unterscheidet sich bloss in 2. 3. Sg. 3. PI. ixdt Jinis, 
finit,finint und im Imperativem von der a-Konj. Es scheint aber, 
als ob der Unterschied von Spano und andern in etwelcher Latini- 
sirungssucht gemacht wäre, da vendimtcs, vendidis doch wohl Gleich- 
heit der stammbetonten Formen voraussetzt. Sonst giebt der Indikativ 
des Präsens kaum zu Bemerkungen Anlass. Im Imperfekt ist die Bei- 
behaltung des alten Konjunktivs höchst beachtenswerth. Der Indika- 
tiv in der I. Konj. lautet ursprünglich -^va, dann (§204) -aa, -oo«, 
^aat, und mit Kontraktion -a, -a^, -a^, Formen, die Hofmanit be- 
legt. An dies -a, und namentlich an den Plural -amuSy --ades, der mit 
dem Präsens zusammenfiel, trat die Endung der II., III. Konj. a-ia, 



4 



§ 479. 480.} Die Bardische Konjugationen. 261 

a-«a-« u. s. w. ^). Schwierigkeit bereitet das z der 2. Plur., das auch 
im Präsens von esse und im Perf. erscheint. Wahrscheinlich ist,, da 
amades sowohl Präsens wie Imperfekt war , das Perfekt amästes an 
die Stelle des Imperfekts gerückt, im Perfekt aber erklärt sich das z 
statt st aus der Umformung von eStis § 481. Das Perfektum ist neu 
gebildet« Im Altsard. haben wir 1. Sg. ai, 3. Sg. ait, 3. Plur. arunt, 
woraus ei, et. Als nun die alten Ä-Perfekta, z, B. risi, durch schwache 
Formen ersetzt wurden : ri-esi, trat auch zu ante : amesi und das e 
wurde dann oder yielleicht schon früher verallgemeinert. Die e- und 
^Konj. zeigen dieselben Endungen. Im Präsens konjunktivi ist die 
Umstellung -e-a zu a-e in 2. Hur. höchst auffällig. Das Imperf. 1. 
lautet altsardisch noch auf -ar^^ nimmt dann aber den Vokal des 
Perfekts an. 

480. Im Campidanesischen ist als wichtigste Erscheinung der 
Mangel des m in der 1. Plur., des d in der 2. und die. Bildung des 
Imperfekts zu nennen. Die 4-Konj. ist, vom Inf. abgesehen, ganz 
geschwunden, die ursprünglichen «-Verba bilden 1 . Plur. -eus, 2. Plur, 
-eis. Der Ausfall nun des 2! in 2. Plur. erinnert ans Spanische. Der 
Schwund des m in der 1 . Plur. mag indirekt damit zusammenhängen, 
man vergleiche namentlich in der -6-Konj. die Gleichungen : 

1 . Sg. -w 1 . Plur. -emus 

2. Sg. "ts 12. Plur. -eis. 

' Es unterschied sich also 2. Plur. von 2. Sing, durch das Plus von e, 
1. Plur. von 1. Sing, von em: es konnte daher m schwinden. Im 
Präteritum, wo kein derartiges Verhältniss zwischen 2. Sg. und Plur. 
besteht, bleibt das m. Das Präteritum nun lautet : 

amamu timemu 

amasta timiasta 

amat timiat 

amamus timemtcs 

amastis. timestis 

amanta timianta. 

Man sieht ohne Weiteres, dass äas lateinische Perfektum einen be- 
deutenden Antheil an dieser Bildung hat : ihm gehören die 1 . u. die 2. 
Person Plur. an. Da nun aber die 1. Plur. zugleich diejenige des 
Imperfekts ist, so war die Möglichkeit einer Verschmelzung gegeben, 
es fragt sich nur , weshalb das Campidanesische hier weiter geht als 



1) Hofmann meint S. 143, das % sei »hiatustilgend«, dem widerstrebt 
aber der Accent. 



N 



262 Formenlehre. [§ 480.48 1. 482, 

der Schwesterdialekt. Die 1 . Sg. lautete amd ^), die nun mit dem mu 
des Flurais versehen wurde , wodurch zwischen Singular und Plural 
dasselbe Verhältniss hergestellt wurde wie im Präsens, und nun wird 
auch nach der 2. Plur^die 2. Sg. amdSf timias um ta erweitert 
amodta, timiasta. — Bas Partizipium lautet amäu, ttmiu vgl. § 214. 
Das Futurum wird mit habere + a. + Inf. gebildet, das Kondizionale 
mit debere + a + Inf. ; es handelt sich also um eine ganz junge 
Schöpfung, die erst aus der Zeit stammt, wo habere nicht mehr einen 
präpositionslosen Infinitiv regieren konnte. 

4:81. Essere flektirt so, $es, est, semtis, sezis, sunt, camp, seu^ 
ses, esti, seus, seis, sunti. Nur die 2. Plur. im Log. bedarf einer 
Bemerkung. Es scheint, als ob die Endung is an die 2. Sing, ge- 
treten und s zwischen Vokalen zu z geworden sei. Semus hat den 
Vokal vou sezis übernommen. Das Imperfektum^a geht vom Perfekt 
ym aus. Auch das camp. Präteritum zeigt ganz die Endungen des 
Imperf. II. Kon],: femu,ßasta und der Kon), f esst, im Log. essere. 
Habere lautet apo, as at, amus bezw. ei^y azis bezw. eis, ant, 

482. Von starken Präsentien findet sich noch tenzo, benzo, dolzo 
oder dolgo oder mit dem Stamm des Perfekts dolfo und valzo, valfo, 
parzo undparfo, ponzo und kurzo, querzo und quer/o, nerza aus 
narze von narrere, abberzo, morzo, ferzo, abbizo. Starke Perfekta 
fehlen, überall ist -est, -estt eingeführt, doch* zeigt sich zum Theil 
noch der starke Stamm, vgl. balzest, abberzesi, benzesi, cretesi von 
creere, apparzesi, depesi^ dolfesi, ferzesi u. s. w. , ganz wie im 
Präsens. Dasselbe gilt vom Partizipium, vgl. apparßdu, balfidu, 
dann ebenfalls mit dem Perfektstamme cretidu, depidu, cunbennidu, 
dolßdu u. s. w., wo also, von ^-Perf., Ä-Part. ausgehend, der Perfekt- 
stamm auch aufs Partizip ausgedehnt ist. Hier erklärt sich nun die 
Flexion yonfacere : Verf.fattesi. Das Präsens ya^^o kann BMifaccio 
beruhen § 251 ; es stimmte so miifattu Part, überein und vermochte 
infolge dessen das Perfekt umzugestalten. Nach fagere richtet sich 
yugere (ducere) mit yuto u. s. w. 



1) Die Annahme, das lateinische -m sei im Sardischen geblieben bis 
nach Schwund des b und Zusammenziehung von dam zu dm, worauf m 
überhaupt nicht mehr fallen konnte (§ 270), die Zs. IX 146 mit Rück- 
sicht auf rum. Formen aufgestellt ist, ziehe ich zurück. Die nun. Formen 
erklären sich anders, und der Verbleib des m bis nach Ausfall des v ist 
wenig wahrscheinlich. 



in. WORTBILDUNGSLEHRE. 



483. Die Lehre von der Wortableitung und Wortzusammen- 
setzung soU im Folgenden lediglich vom Standpunkt der Bedeutungs- 
lehre aus betrachtet werden , die Funktion der Suffixe soll jin erster 
Linie zur Darstellung kommen, daher nicht aUe und jede, sondern 
nur die im Italienischen noch produktiven besprochen werden. An 
Vorarbeiten fehlt es hier noch gänzlich. Diez hat in dem meister- 
haften zweiten Theile vom zweiten Bande seiner Grammatik den for- 
malen Ghesichtspunkt ins Auge gefasst, und alle andern Darstellungen 
sind von ihm abhängig. Auch Babmeteb^ Die Nominalcomposition 
im Italienischen, Lüneburg 1886, ist lediglich eine übrigens sehr 
dankenswerthe Materialsammlung. Die Plaudereien von de Amicis 
über einzelne Suffixe, Pagine Sparse S. 111, wollen natürlich nicht 
wissenschaftlich sein. Allerdings ist für den Ausländer eine derartige 
Behandlung schwierig, da es sich sehr oft um die genaue Ausschei- 
dung fast gleichbedeutender Wörter handelt, deren sichere Einreihung 
nur das Sprachgefühl vornehmen kann. Es muss also in diesem Ab- 
schnitte mehr noch als in den vorhergehenden ein feinerer Ausbau 
durch die Eingeborenen abgewartet werden. Auch eine historische 
Entwicklung innerhalb des Italienischen zu geben , ist mir , da noch 
jede Untersuchung nach dieser Seite hin fehlt, nicht möglich. — Wie 
sich die Wortbildungslehre gestaltet und darstellt, wenn man vom 
Vulgärlatein ausgeht, wird Rom. Gramm. 11 zeigen. 

I. Wortableitnng, 

A. Substantiva. 

484. Die Substantiva zerfallen in Personalbezeichnungen, Sach- 
bezeichnungen und Abstrakta. An die ersten schliesst sich die Fe- 
mininbildung an. Unter den zweiten stehen voran die Werkzeug- 



264 Wortbildungsichre.' .[§484.485. 

benennungen, die sich an die Personalnamen anschliessen und hin- 
überführen zu den Ortsbezeichnungen. - Mit diesen berühren sich so- 
dann einerseits die Ausdrücke für Behfiltnisse und umhüllende 
Kleidungsstücke, sofern diese den Ort angeben,, wohin ein Gegenstand 
gebracht; in welchen er gestellt wird, andrerseits die KoUektiva , so- 
fern nämlich nicht im Allgemeinen der Ort, wo ein Ding sich findet, 
in Betracht gezogen wird, sondern derjenige, wo es sich in grossen 
Mengen findet. Bei den Abstrakten ist zu scheiden zwischen Adjektiv-, 
Substantiv- und Yerbalabstrakten. Den Schluss bilden vereinzelte 
Klassen, wie Pflanzenbenennungen, Krankheitsbenennungen, die Bil- 
dung von Sachbezeichnungen aus Substantiven durch verschiedene 
Endungen oder durch Geschlechtswechsel, aus Adjektiven und aus 
andern Redetheilen. 

485. Zur Bezeichnung der handelnden Person dient im Latei- 
nischen wie im Italienischen zu allen Zeiten -tor, töris, ital. -tore,, 
bezw. -Äor, söriSj ital. -sore. Die beiden Formen sind vertheilt, wie 
die Partizipien auf -ttcs und -^2tö § 474, die Form des Verbalstamms 
dieselbe, wie dort. Seiner Bedeutung nach kann sich -iore nur mit 
Verben verbinden. Das Suffix tritt unmittelbar an den Stamm : amo- 
re : ama-tore^ impera-^e : impera-tore, tedi-re : udi-tore, nutri-re : 
nutrirtore. Die Bildungen vom starken Partizip aus können heute 
als erstarrt bezeichnet werden : faitore^ dotiere^ scrittore, sie halten 
sich namentlich, wenn das Verbum verloren gegangen ist, wie ausser 
dottore noch pastore, pistore, oder wenn das Substantiv sich in seiner 
Bedeutung vom Verbum entfernt hat, vgl. testore der Schriftsteller, 
Verfasser, fattore der Verwalter , motore , divisorej ferner lettorey 
pittore, bei denen die Verbalidee nicht als einmalige Handlung, 
sondern als wesentliche Eigenschaft erscheint. Die neue Sprache 
knüpft, abweichend vom Lateinischen, stets an den Verbalstamm an-: 
von muovere Part, moto o.der mosso bildet" sie movir-tore, so vendi- 
tare, creditore, conoscitore, leggitore^ fadtore » Anfertiger «r, hevi- 
torCy vincttore, ricevitore neben älterem ricettore, tessitore, dicitorey 
chiuditore, chieditore, dividitore u. s. w. Wie namentlich der 
Gegensatz zwischen lettare und leggitore zeigt, bezeichnet -tore 
als produktives Suffix diejenige Person , die die Handlung des Ver- 
bums irgend einmal ausführt. Diese seine ursprüngliche Funktion 
hat es kaum ausgedehnt. Nur mag erwähnt werden, dass zu- 
weilen Werkzeuge, mit denen eine Handlung geschieht, persönlich, 
gefasst werden : foUatore Walker und Walkstock, Weinpresse, fora- 
tore Bohrer, calcatore Wischer, hattitore Klöpfel, femer j»luogo dove 
hatte vasi la lana« Stat. Sen. 137, 272, aven. sayador Schloss u. a. 
Es greift hier -tore hinüber in das Gebiet von -iojo § 498. — In 



§ 485. 486. 487.] Substantivbildung. . 265 

• 

einem Falle scheint -tore sich unmittelbar mit einem Substantiv zu 
yBT\}m^&n.\ ßonda-ßondatore , v^roneben ein N&ihwai ßondare nicht 
angegeben wird. Eine eigenthümliche Bildung ist tessandora Giu- 
liani Delizie I 5, wo -^ra an Stelle von -aja getreten ist, y^.ßlan- 
daja § 486. Noch sind in formeller Hinsicht barattore Weichen- 
steller und battadore Drescher zu nennen, deren ersteres für baratta-* 
tore steht § 143, das zweite aus battidore durch Angleichung des 
tonlosen Mittel vokals an den vorhergehenden, halbbetonten ent- 
standen ist. 

486. Mit Substantiven zur Bezeichnung der Person, die sich 
irgenwie mit dem Primitiv beschäftigt, verbindet sich -q/o, -aro, -are, 
"iere. Über das formelle Verhältniss von ^(i/o und -aro s. § 247 ; 
-are geht auf lat. aris zurück, -iere ist französischen Ursprungs. Die 
Substantiva auf -aj'o geben also Verfertiger, Bearbeiter, Verkäufer, 
Aufseher u. s. w. an. Vgl. calzolajo Schuster, ferrajo Schmied, 
barcajo Schiffbauer, lattajo Klempner, librajo Buchhändler, fantoc- 
ciajo schlechter Maler i), favolajo Märchenerzähler, fettucciajo 
Bandfabrikant, ßammiferajo Streichholzverkäufer, filatojajo\ for- 
zerinajo Koffermacher, farsettajo Schneider, fandlajo Thurmwäch- 
ter, pecoraio Schafhirt, cavdlajoy cavallaro reitender Bote, capraj'o^ 
porcajoy asinajo Eseltreiber, ^/iaccAerq/b Kutscher, Hier tritt schon 
mehr die Beschäftigung mit den Primitivum hervor und so haben 
wir denn auch fomajo Bäcker, macellajo Schlächter u. s. w. — 
In einigen Fällen zeigt sich Berührung mit -^tore^ wonfapola wird. 
favolajOy yonf avolare: favolatore gebildet: jenes nach der Crusca 

= compositore, raccontatore di favola^ beide übrigens von Rigu- 
tini und Fanfani nicht mehr anerkannt. Auch filandaja, füatojajo 
und filatore sind in ihrem gegenseitigen Verhältniss instruktiv: 
ßlandajä ist die in der Spinnerei beschäftigte Frau, füatojajo = 
cht lavora al filatojOy filatore aber ganz einfach der Spinner. Nicht 
minder scharf ist der Unterschied zwischen maceüaro und macella" 
tore, vgl. Petrocchi unter macellatore : H macellaro non sempre 
macella, e al macello c*e il macellatore. Also macellatore bezeichnet 
den Schlächter, der zugleich am macello steht, macellajo dagegen in 
erster Linie. den Fleischverkäufer. 

487. iere. Wie eben bemerkt, ist iere nicht ursprünglich 
italienisch, sondern stammt aus Frankreich. Es scheint dann aber 
auf italienischem Gebiete noch produktiv geworden zu sein, wenn e& 
auch neben dem gleichbedeutenden und etymologisch gleichwerthigen 



1) Die Übersetzungen zumeist nach H. Michaelis' italienisch - deut- 
schem Wörterbuch. 



266 Wortbildungslehre. [§ 487. 488. 

-mo nicht recht aufzukommen vermochte. Oft stehen Bildungen auf 
-aio und -^ere nebeneinander : cavalliere Kitter neben cavallaio, 
cassiere Kassierer neben ca««au> ; carro^^ierc Kutscher, carrozzaio, 
Wagner, gabbiere Mastwächter, gahhiaio Käfigmacher, fondachiere 
und fondacaio ; fontaniere und fontanaio ; selten forniere neben 
fornaio u. a. Lehnwort aus dem Französischen ist palmiere. Sonst 
erscheint es namentlich bei Ausdrücken des Militärwesens, die ja 
mehrfach aus dem Französischen entlehnt sind ; ausser cavallierey das 
auch anderswohin gehören kann, faciliere^ bracchierey foraggierej 
baccettiere, foriere^ fromboliere^ hersagliere^ ferrofDiere, frumen- 
tiere, picchiere, baracchiere, batiagliere, picconiere^ fazioniere 
Aufwiegler, yW*miVr6y das auch französisch sein kann, und danach 
das gleichbedeutende finanziere und casiere ; bei andern Kulturbe- 
griffeUj wie falconiere^ finanziere^ und in allen den Fällen, wo es 
gilt, den Eindruck des Feinen, Fremdländischen,* Aussergewöhnlichen 
zu erwecken im Gegensatz zum Landläufigen, Alltäglichen : faccen- 
diere , fabbrichiere^ femminierej magoniere^ faitucchiere, bagatel- 
liere Zauberer und fraschiere Possenreisser, auch straniero und 
forestiere\ von dem Fremdworte magazzino wird gebildet magaz- 
zinierey so von fazione, fazioniere ; der gondoliere und battelliere 
dürften neben dem marinaio und barcajuolo zunächst die Fremden- 
führer gewesen sein. Nach cavaliere Bitter, der den Damen den Arm 
giebt, ist wohl bracciere geformt. — Scheinbar deverbal ist parliere, 
doch wird man darin eher eine Umbildung von parleur als eine Bil- 
dung von parlare mittelst -iere zu sehen haben. Der Bedeutung wegen 
erwähne ich noch f radiere Zollbeamter. 

488. Denominal und de verbal zugleich ist -(me. Seine ur- 
sprüngliche Aufgabe ist, ?u individualisiren und zwar diejenige Eigen- 
schaft oder Handlung einer Person hervorzuheben, die am meisten ins 
Auge fjlllt. Während also -tore mehr verbal, die Handlurg bezeich- 
nend, fast einem Partizipium activi gleich ist, erscheint -one vielmehr 
adjektivisch : bei ciarlone tritt mehr der Mensch, das Individuum, 
bei ciarlatore mehr die Handlung ins Bewusstsein. Dadurch aber, 
dass die Bildungen auf -one etwas persönliches haben, verbindet sich 
zumeist auch der Begriff des Tadelnden mit ihnen. Wir finden in der 
That fast nur Bildungen von solchen Verben, die schpn an sich eine 
mehr oder weniger tadelnswerthe Handlung ausdrücken, vgl. arruf- 
fone der Raufbold , leticone Händelsucher , impiccione der Zänker, 
imbroglione Störenfried, scioperone Müssiggänger, borbottone Brumm- 
bär, affannone Hitzkopf, cahalone Intrigant, soffione Ohrenbläser. 
Ähnlich von Substantiven : faccendone Ränkeschmied , ciabattone 
Pfuscher, favolone Prahler, tatticone Schlaukopf. Aach fanntdlone 



{ 

A 

*. 



§488.489,490.] Substantivbildung. 267 

Nichtsnutz ist hier zu nennen. Zuweilen stehen ohne Unterschied der 
Bedeutung Bildungen a\if ^atore daneben, so horhottatore : ähnlich 
steht neben faccendone auch faccendiere, aber mehr im Sinne von 
Agent, Aufseher, Unternehmer u. s. w. 

480. -ano tritt an Substantiva^ um die Zugehörigkeit, und den 
Ursprung anzuzeigen : ^a^^ß/Za^ao ist derjenige, der sich stets im 
castello aufhält, dem die Zugehörigkeit zum castello im höherm 
Masse anhaftet^ als irgend einem andern, daher der Schlosshauptmann ; 
so pievanOy piovano Pfarrer. Das Possessi vverhältniss zwischen Pri- 
mitiv und Ableitung ist in dem zweiten Falle umgekehrt , die Person 
ist die besitzende ; der Gegenstand das Besessene : pievano ist der, 
dem die pieve gehört. Vgl. noch cappellano. Den Ursprung giebt 
^ano an,, wenn es den Einwohner eines Landes oder einer Stadt 
bezeichnet ; romano , paesano , . villano ; in dieser Funktion ist es 
seltener. Ursprung und Zugehörigkeit zugleich giebt die Verbindung 
-esiantts, ital. -iffiano bjo.: parmigianOy cortiffiano, artigianOy parti- 
ffiano, auch torrigicmö Thurmwächter. Pianigiano ist vielleicht mit 
Diez qm{ plamti-anus zurückzuführen, wenigstefns sprechen die Laut- 
gesetze nicht dagegen vgl. § 249, es hätte dann das Vorbild gegeben 
für valligiano. Vgl. Fxeeohia Arch. Glott. 11 12 — 17. Vereinzelt 
Bind scrivano und guardiano, denen sich harbano zugesellt: die drei 
Wörter gehen auf alte Substantiva auf -a zurück : scriba, gtiardtOj 
barba, deren Akkusativ scribane , guardane , barbane gelautet hat 
§ 351. Dann .wurden die Substantiva hinübergezogen in die Klasse 
auf -ano, 

490. Verwandt mit -ano und -07%e ist -ino. Gleich diesem ver- 
bindet es sich mit Substantiven und Adjektiven, gleich jenem bezeich- 
net es ursprünglich adjektivisch die Zugehörigkeit : vetturino der zur 
vetturay zum Wagen gehörige, der Fuhrmann ; scalpellino der Stein- 
metz. Es entwickelt dann aber seine Bedeutung in andrer Richtung als 
-ano und -one. Da ihm nämlich auch diminutive Kraft zukommt 
(§ 558) so wird es ähnlich wie -wo/o § 491 in der Anrede als Freund- 
lichkeitsform gebraucht, um die Beschäftigung auszudrücken. Vgl. 
focarino der Heizer , botieghi?io = rivendugliolo ambulante, und 
ähnlich piazzmo, ballerino Tänzer, canterino Sänger, die vielleicht 
jünger sind als die zugehörigen Feminina und denen sich weiter als 
Ausdruck der Bühne pertichino der Statist anschliesst. Auch nacche- 
rino der Kastagnettenspieler gehört in denselben Begriffskreis. Dann 
ist etwa noch zu nennen accattino der Almosensammler in der 
Kirche, gabellino der. Zollbeamte. Eine euphemistische Freundlich- 
keit erklärt becchino Todtengräbejr. Häufig enthalten auch die Wörter 
auf "ino einen tadelnden Nebenbegriff, vgl. frticchino xmdficchino 



268 Wortbildungslehre, [§ 490. 491. 492. 493. 

TTopfgucker, taccolino Schwätzer, aUaccfdno Händelsucher und sogar 
strozzino Wucherer, chiesino Heuchler u. s. w. 

491. Weiter sind hier ~u6lo und -^olOj jenes auf lateinisch -eolus^ 
dieses auf -ulus beruhend, zu nennen. Beide geben zunächst den Ver- 
käufer an, dieses bei Wörtern, die mit dem den verkaufbaren Gegen- 
stand' bezeichnenden Begriffe und dem Stamm vend zusammengesetzt 
sind: lattwendolo , pescivendolo , alt lanovendolo ^ ffrecovendolo, 
ciancivendolo , femer panicuocolo ; jenes in Verbindung mit dem 
Suffix -ajo: lattajuolo, pescui/tcolo^ pennajttolo, farinq/uolOyferra- 
juolOy acquajuoloy affittajuolo Vermiether, Verpächter, jpertmcyaofo 
Kammmacher, picicajuolo Viktualienhändler, crtiscajuolo , hracia-- 

Juolo Kohlenbrenner, sttdcciajuolo Trödler, marrajuolo Pionier, 
mezzajuolo Pachter, toppajtwlo Schlosser, grecajuolo Verkäufer von 
griechischen Weinen, kyxf^ campagfmolo und montagnuolo gehören 
hierher, femer mit -olo und -agno statt -ajo : peitinagnolo^ spizzi-» 
cagnolo. Die Bedeutung, die das Suffix uolo, oh in allen diesen Fällen 
hat, ist erst eine aus der ursprünglichen Verkleinerung abgeleitete, 
der Begriff des Verkäufers liegt eigentlich in dem -ajo bezw. vend. 
In der Anwendung des Diminutivsuffixes drückt sich eine Freund- 
lichkeit aus, die der Käufer dem Verkäufer, der Städter dem Land- 
und Bergbewohner entgegenbringt. Nach montagrmolo ist erst das iix 
den toskanischen Bergen gebräuchliche pianajuolo gebildet. — Auch 
oliandolo Ölhändler mag hier genannt werden, ob auch die Bildung 
nicht völlig klar ist, man erwartet eigentlich olwendola, 

492. ista bezeichnet ebenfalls die Beschäftigung. Das Suffix ist 
griechischen Ursprungs, wird zunächst von den Kirchenschriftstellern 
eingeführt, und bürgert sich allmählig ein, namentlich in gebildeten 
Kreisen. Im Italienischen hat es sich weit ausgebreitet, ohne jedoch 
wirklich volksthümlich zu sein. Entsprechend den Kreisen, in denen 
es gebraucht wird, haftet ihm fast stets der Nebensinn an, dass die Er-^ 
lemung der betreffenden Beschäftigung mit einer gewissen geistigen 
Anstrengung oder mit einer hohem sozialen Stellung verbunden sei, 
vgl. artista, criminalista , legista, precettista, macchintsta, dann 
dantista, dentista, petrarchistay ßautüta u. s. w.; auch cambista ist 
hier zu nennen. So bezeichnet ebanista den Kunsttischler. Erklär- 
lich ist, dass "ista dann auch den Parteigänger bezeichnet : papüta, 
da das Parteiergreifen ja auch die Folge einer geistigen Thätigkeit ist.. 

498* Ebenfalls fremden Ursprungs ist -ardoy sofern es nämlich 
abstrahirt ist aus germanischen Eigennamen wie JRiccardo. Meist 
enthält es einen leichten Tadel, vgl. testar^o Trotzkopf, heffardo 
Spieler, leccardo^ bugiardo Lügner, linguardo der Schwätzer, ca- 
efare/o Feigling, vecchiardo. Gewöhnlich werden diese Wörter auch als 



§ 493. 494. 495J Substantivbildung. 269 . 

Adjektiva gebraucht. Die pejorative Bedeutung erklärt sich wohl 
filmlich wie bei -one aus der individualisirenden. JRicco ist jeder, 
riccardo nur ein einzelner, dessen Reichthum auffällt und zwar in 
irgendwie tadelswerther , unangenehmer Art. Mehrfach steht ^ardo 
auch neben -ar«ö, vgl. falsardo, Ungucerdo und linguajo^ leccardo^ 
leggiardo und leggierOy papardo. In diesem Falle ist dann noch die 
Nebenform -adro zu erwähnen: bugiadro, linguadro , mevciadro^ 
gioladro u. s. w., daher auch mezzadro neben mezzajuolo hier zu 
nennen ist. Das gegenseitige Yerhältniss dieser Formen ist unklar. 
An einen lautlichen Übergang von -ario in -ardo ist nicht zu denken , 
so leicht er auch physiologisch möglich ist, da er ja sonst im Italie- 
nischen nicht vorkommt. Bei mezzadro muss man freilich mit in 
Betfacht ziehen, dass das Wort kaum dem Erbschatz angehört, son- 
dern der lateinischen Rechtsprache entstammt. Es giebt nun aber 
noch eine Möglichkeit. Aris und ^ard fallen im Provenzalischen und 
im Südpstfranzösischen zusammen unter -ar , ferner kann -aris die 
Stelle von -arius übernehmen, auf alle Fälle konnten Lehnwörter auf 
-ar und -ard im Italienischen ebenso gut auf -ardo wie auf -aro, 
-aj.o ausgehen. Es wClrde sich also bei. den schwankenden Fällen um 
Entlehnungen aus dem Nordwesten handeln. Damit erklärt sich dann 
auch das Schwanken zwischen -adro und -ardo. Adro nämlich. ist 
wieder ein Suffix, das nicht italienisch, sondern entweder rätisch oder 
französisch, bezw. provenzalisch ist. Es lag nun nichts näher, als 
Lehnwörter auf -ard auch mit dem entlehnten Suffix -adro statt mit 
dem entlehnten -ardo zu versehen. 

494. Endlich ist noch -ante, das lateinische Partizipium prä- 
sentis, zu nennen, das fast nur in substantivischem oder adjektivischem 
Sinne vorkommt , vgl. frescante Freskomaler, mercante, wohl ein* 
Lehnwort aus dem Französischen an Stelle des alten mercadante, und 
einige andere, vgl. § 553. 

495. Es mag sich hieran die Bildung des Femininums aus dem 
Maskulinum bei lebenden Wesen schliessen. Fälle wie uomo, femina 
kommen dabei natürlich nicht in Betracht, sie gehören der Wort- 
geschichte an. Sonst also haben wir als einfachstes Mittel wie schon 
im Lateinischen Ersatz des auslautenden -o durch -a: ßglioj figlia^ 
zioj zia, sfiocero, suocera, daino, daina, cavallo, cavalla u. s. w. 
Das a erscheint nun in weiterem Umfange als im Lateinischen. Dass 
zu majordomo ein majordoma gebildet wird, begreift sich ohne Wei- 
teres, es folgen aber auch Substantiva auf e^ wie signora, majala^ 
tigra^ giganta, sogar marchesa, wohl weil das Wort zum Titel ge- 
worden ist, da sonst die Adjekt. auf -ese im Fem. unverändert bleiben. 
Von besonderem Interesse ist die Femininbildung bei den § 485 u. 488 



270 Wortbildungslehre. . . [§ 495. 496, 

besprochenen Sufüxen -tore und -one. Zu -tor bildet das Lateinische 
'trixy und auch das Italienische kennt -trice, vgl. imperatrice, ai- 
baiatricej abitatrice, cuicecatrice, accelleratricej accogliirice, accon- 
ciatrice, cantatrice u. s. w. Nach den Wörterbüchern zu urtheilen 
kann fast jedem Mask. auf -tore ein Fem. auf -trice zur Seite gestellt 
werden. Allein es ist doch zweifelhaft ^ ob diese Bildungen wirklich 
volksthümlich sind, ob sie nicht vielmehr nur der feinem Bücher- 
sprache und den Wörterbüchern angehören. Daneben kommt nun 
aber auch ~ora vor und zwar, so scheint es , namentlich dann , wenn 
das zu Grunde liegende Verbum eine Handlung bezeichnet, die haupt- 
sächlich von Frauen betrieben wird, so cucitora, stiratora, filaiora^ 
tessitora, avviaiora, »quella donna che striga iL filo e prepara 
il lavoro alla tessitora vi, das § 485 genannte tessandora^ femer sar- 
tora ; auch sonst zuweilen, wenn auch nicht gerade häufig: atventora, 
dipintaraj cantora, croci/issora, adulatoraj anteccessora, priora u. a. 
Etwas zahlreicher sind Fenunina auf -ona : affannona^ hdcchettona, 
hacchillonay hadalona^ diavolona. ciabattona, ciaciona, cialtrona, 
darlonaj cicalona, ciondolona^ ganz abgesehen von camerierona^ das 
Augmentativ zu cameriera ist, und von padrona. Man kann wohl 
geradezu behaupten, dass alle die Bildungen auf -one von § 488 ein 
Feminin auf -ona neben sich haben können. 

496. Aus dem Griechischen dringt -issa ins spätere Vulgärlatein 
und ins Romanische. Wie -ista so behält es einen gelehrten oder 
wenigstens einen vornehmeren Anstrich bei. Es verbindet sich zu- 
nächst mit Substantiven, die einen Stand bezeichnen, also : dtLchessOj 
deessüj contessa, poetessa, pittoressa, dottoressa^ medichessa, fatto- 
ressa, avvocatessa, abbatessa, principessay ostessa^ sacerdotessa, 
diavolessa, podestessay cocchineressaj generalessa^ gitidicessa, ffi- 
gantessa, mercantessay eroessa, papessa, cantimbanchessa, boiessa. 
Sodann an Thiemamen, aber fast nur an fremde, wie elefantessa, leo- 
nessa, pavonessa^ dragonessa. Betreffs btiessa bemerkt die Crusca 
»non trovasi detto che per ischemo a feminina, ed h modo bassoc. Es 
verbindet sich also nur mit Maskulinen auf a und e. Gegenüber dem 
einfachen -a tritt in dem längern -essa der Gegensatz zwischen Fe- 
mininum und Maskulinum stärker ins Bewusstsein, die Idee des weib- 
lichen Wesens herrscht vor derjenigen des im Stamme liegenden Be- 
griffes vor , fattoressa ist die Frau des fattore , fattora die Ver- 
walterin, daher letzteres im übertragenen Sinne gebraucht wird als 
»ragazza addetta al servizio d'una bottega, d'un traffico, d'una casa e 
simili«. Der edlere Sinn, der dem Suffix -essa anhaftet, macht es er-^ 
klärlich , dass dipintoressa neben dtpintora scherzhaft klingt. Von 
vereinzelten Bildungen mag noch erwähnt werden cotnpagnessa neben 



§496. 497 J Substantivbildung. 271 

compagna, ebenfalls scherzhaft, nipotessa, predicatöressa neben jorc- 
dicatora, und dogare^sa^ die Frau des venetianischen Dogen. Was 
das r in dem letzten Worte betrifft, so erklärt es sich daraus, dass im. 
Friaulisch -Venezianischen oft -^nce durch -^msa ersetzt wird, wa& 
dadurch ermöglicht wurde, dass c zu ^ geworden war § 175. Da nun. 
femer t vor r schwindet, so war dieses neue Doppelsuffix -trissa zu 
-rissä oder richtiger -ressa geworden , das nun mit seinem r weiter 
übertragen worden ist. "Was die Umbildung von -trice zu -trissa be- 
trifft, so findet sich das älteste Beispiel im Panfilo mit raviressa, dann 
folgt serviressa, menaressa, vgl. darüber Ascoli, Di -trissa che prenda 
il posto di -trice Arch. Glott. X 256^ — 260. — Auch andere Suffixe 
werden zuweilen zur Femininbildung verwandt, aber meist nur zu- 
fällig , nur in einzelnen Wörtern. So lautet das Fem. zu marchese 
gewöhnlich marchesana, ebenso aldiana zu aldio ; mit dem zweitea 
dieser Wörter und vielleicht auch mit dem ersteren verhält es «ich 
aber ähnlich wie mit scrivano § 489. Wie neben aldio auch aldione 
als Spur einer Flexion aldio ^ aldionis vorkommt, so lautete zu 
aldia der Genitiv aldianis, vgl. mail. tosann § 353. Der Akk. *al- 
diane erhielt nun das Feminin -a, gerade wie ein älteres *puttane^ 
vgl. frz. puttain, znputtana erweitert wurde. — Ganz anders ist daa 
Verhältniss von procaccina zu procaccio. Letzteres lautete Ursprung- 
lieh procaccia und gehört zu jener Klasse von Personalbezeichnungen^ 
die ursprünglich Verbalabstrakta waren, wie guida, guardia u. s. w. 
Als Feminin zu procaccia war nun procaccessa nicht geeignet, da ea 
zu vornehm gewesen wäre, man greift daher zu dem in diesem Falle 
ganz passenden diminutiv-kosenden -ina. Erst später wurde dann. 
procaccia in procaccio umgewandelt, vgl. § 331. 

497. Gehen wir nun weiter zu den Sachbezeichnungen und. zwar 
zunächst zu den Nomina instrumenti , so ist hier als fruchtbarste» 
Suffix -tojo zu nennen aus lateinisch -torium, vgl. armaffiatojo' 
Giesskanne , appiccatojo Hacken, asciugatojo Handtuch , dipanna- 
tojo Haspel, ßlatojo Spinnrad, fenditojo Pfropfmesser, forbitoja 
Wischtuch, yraw^ö/'o Ölpresse, acc?eca^o;b Metallbohrer, accenditoja 
Zündstock, acchiappatojo Fallstrick, attingitojo Schöpfeimer, calza- 
tojo Schuhanzieher. Auch abbeveratojo und beccatojo Sauftrog^ 
mangiatojo Krippe kann man hier nennen , ob sie auch fast eher als 
Ortsbezeichnungen zu fassen sind. Sie zeigen uns übrigens sehr 
schön, wie eng die Kategorie des Werkzeuges und des Ortes sich be- 
rühren, wie das Werkzeug, mit welchem etwas ausgeführt wird, 
das Mittel und dann den Ort bezeichnen kann, wo die Handlung' 
stattfindet. In die Kategorie der Ortsbezeichnungen gehören amtnaz- 
zatojo Schlachthaus, imbiancatojo Bleiche, ballatojo Gallerie, abbo- 



272 Wortbildungslehre. [§497.498. 

ccatojo Mündung, appajatojo Taubenschlag, feritojo Schiessscharte, 
während appoggiatojo Lehne und piomtojo wieder in der Mitte stehen 
zwischen beiden Klassen. DsLan piombatojo Wurfloch, cacatojo Ab- 
tritt, comrfö/b Flur, das scherzhafte dimenticatojo Ort der Vergessen- 
heit, ^cca^q;b Schlammloch, macinatojo Ölmühle ,. passeggiatojp 
Spazierweg u. s. w. — Meist tritt, wie dies sich aus den Beispielen 
ergiebt, das Suffix an den Verbalstamm ^) , nur wenige vom starken 
Partizip aus gebildete haben sich aus lateinischer Zeit erhalten , wie 
fatiojo Ölpresse, orsojo Aufzug zu ordirej cottoja Siedepfanne, 
vgl. das gleichbedeutende yen.fersora, cisoje Soheeie y pastoje Spann- 
riemen u. a. Was das Geschlecht betrifft, so findet sich neben -tojo 
auch -toja, oft ohne Bedeutungsunterschied, z.' B. catzatojo und cal- 
zatojay cansatojo und cansatoja, oft mit etwelcher Verschiedenheit : 
nettatojo Wischlappen aber nettatoja Maurermulde, battitojo Klöpfel 
und battitoja Klopfholz der Buchbinder, calcatojo Walkholz und 
cakatoja Wischkolben, strettojo Presse, strettoja Binde u. a. Da 
das Suffix im Lateinischen Adjektiva bildete, so kann bei den Femi- 
ninen ein weibliches Substantiv zu ergänzen sein, bei strettoja z. B. 
fasda ; bei cottoja : patella oder scutella : es bedürfte einer genauen 
bis ins Vulgärlateinische hinaufreichenden Geschichte jedes einzelnen 
Wortes^ um den jedesmaligen Grund zu finden. 

498. Daran mag sich -tore schliessen. Auf Grund einer oft 
eintretenden Metapher kann das Werkzeug , mit welchem eine Hand- 
lung ausgeführt wird, als der Träger oder als der Ausführende, 
also persönlich gedacht werden, und so können mit den Suffixen, die 
eigentlich lebenden Personen zukommen, auch Sachbezeichnungen 
geschaffen werden. So finden wir neben battitojo auch battitore, femer 
calcatore , foratorey follatore u. s. w. § 485. Dasselbe gilt von -t»o, 
vgl. frulUno Quirl, abbruschino und tostino Kaffeemaschine, abbaino 
Dachfenster, badino Geländer, dütendino Spannstock, profummo 
Räucherbecken, ff abellino Steuersimt, comunichino Ahendmahltach, 
ffrattino Kratzeisen, grappino Feuerhaken, gradino Meissel. Allein 
ganz sicher ist die Sache hier nicht mehr, da -inus ursprünglich ad-, 
jektivisch ist, also ein substantivirtes Neutrum, oder aber, da es auch 
verkleinernd ist, Diminutiva vorliegen könnten, wie z. B. chiusino 
Deckel doch nur von chiuso, nicht von chiudere stammen kann. Bei 
soffione Blasebalg , frugone Stöckehen zum Durchsuchen , fruUone 



1) Unter Verbalstamm ist im Folgenden der Stamm zu verstehen, wie 
et nach Ablösung des Infinitiv -re erscheint, nur dass das e der 11. Konj. 
nach § 123 als t erscheint. 



/ 



' § 498. 499. 500. 501.] Substantivbildung. 273 

/ Mehlkasten wird man mit grösserer Sicherheit das Suffix -one von 
§ 488 wiedererkennen. 

499. Ziemlich zahlreich sind die Bildungen auf —o/o und -uolo, 
vgl. trappola die Falle^ segolo die. Hippe, aratolo der Pflug, giran- 
dola das Feuerrad, aÄjt?er^oZo Weihwedel , pungolo Dolch, intingolo 
Tunke, manitengolo Griff u. s. w. , femer mit dem Infix -agn- die 
beiden gleichbedeutenden attaccagnolo und ahbricagnolo Haken. 
Dann aco«Vg;wo/o Feuerstatl, heviruolo Trinknapf, potaj'uolo Baum- 
messer, crogiuolo Kochtiegel , pennajuolo Federbüchse, bracciajuolo 
Armschiene, pesciajuolo Fischschüssel, moÄca/'wo/o Fliegenschrank, 
• gattajuola Eatzenloch,- manajuola Reisbündel j pestaruola Wiege- 
messer^ bagneruola Badewanne, diese also fast ausnahmslos mit -q/'- 
an den Stamm geknüpft , .d. h! eigentlich Wörter auf -ß/b, um -uolo 
erweitert. Allen diesen Bildungen anf -oh und -uolo ist der Begriff 
des Werkzeuges und Ortes gemein, dagegen sind sie ihrem Ursprünge 
nach sehr verschiedenartig, Während z. B. segolo alt ist, hat aratolo 
erst auf Umwegen sein Suffix -^/o bekommen.- In aratro waren die 
zwei r störend, infolge dessen das zweite ent^C^eder einfach abgeworfen 
wurde, arato, oder sich in l wandelte, womit die Entwicklung eines o 
vor dem l verbunden war. In irampoli, zipolo dürfte das Suffix schon 
dem Germanischen, woher diese Wörter . stammen , angehört haben.. 
In girand-ola hat -ola ursprünglich ohne Zweifel Diminutivbedeutung^ 
ebenso in a^ciajuolo ; desgleichen miag in pennajuolo die Bedeutung 
des Behälters ursprünglich in -ajo gelegen , sich dann aber später auf 
das im Grunde verkleinernde -uolo verschoben haben. So kamen ver- 
schiedene Momente dazu, -olo und -uolo allmählich einen Sinn zu 
geben, der ihnen von Haus aus ganz oder fast ganz fremd ist. 

600. Sehr beliebt im Lateinischen, aber heute durchaus erstarrt, 
zur Bezeichnung des Werkzeugs ist -clum^ itdl, -cchio oder -glio (§242), 
im Italienischen auch bei Verben der n. und III. Konj. mit dem Vokal 
a: spauracchio, spaventacchio , presacchio Stiel ^ batacchio Prügel, 
battaglio Glockenschwengel , fermaglio Schloss, ßbbiaglio Schliess- 
haken, miraglio Spiegel, wohl ein Lehnwort aus dem Provenzali- 
schen, sonaglio Schelle, spiraglio Mauerspalte, ventaglio Fächer, 
das wohl auch erst aus dem Französischen stammt. Der Wörter sind 
wenige und sie reduziren sich im Grunde noch mehr dadurch, dass 
mehrfach je zwei zusammengehören, spaventacchio und spauracchio, 
fermaglio nnd ßbbiaglio ü. s. w., wo also das eine das andere her- 
vorgerufen haben kann, ohne dass daraus wirkliche Produktionsfähig-^ 
keit hervorginge, vgl. § 532. 

501. Während in den bisher betrachteten Suffixen der Begriff 
des Ortes der seltenere , der des Werkzeuges der gewöhnlichere war^ 

M e y e r - L ü 1) k e , Ital. Grammatilf . 1 8 



274 Wortbüdungslehre. [§ 501. 502. 503. 

kehrt sicli das Verhältniss um bei -ajo^ -aja. Zwar haben wir auch 
hier noch z. B. mannaja das Beil^ doch liegen die Verhältnisse hier 
insofern etwas eigenartig, als der Zusammenhang mit dem Grundwort 
mano vollständig vergessen ist. Weitaus die meisten Beispiele be- 
zeichnen den Ort, wo sich etwas befindet, daher Behältniss, Stall, 
Pflanzung u. s. w. Die Verschiedenheit zwischen -o/b und -tojo er- 
klärt sich wie diejenige zwischen -ajo und -tore ganz einfach daraus, 
dass -ajo denominal ist. Die Konkurrenz mit -ö/'ö § 486 erklärt es, 
dass die Femininform -q;a unendlich viel häufiger ist als die männliche, 
die dem lateinischen Neutrum entsprach. Wir haben also : ahetaja 
Tannengehölz, j!>«opj»(yä5, cavolaja, cardofaja^ poponaja, fungaja^ 
fragolaja, ßenaja Heuboden, prugnolaja^ piantonaja Baumschule, 
pisellaja u. s. w., capraja Ziegenstall, anguillaja Aalteich, colom- 
baja Taubenhaus, gallinaja, granocchiaja Sumpf, cornacchiaja 
eigentlich wohl Krähennest, Krähenschaar , dann aber übertragen 
Geschwätz, ya^ia^o/a, puledraja, sorciaja Mäusenest u. s. w. ; fari- 
najo Mehlkasten , ghiacciaja Eiskeller , carbonaja Kohlenkammer, 
cadajo Käsekammer, öcchiaja Augenhöhle, ordaja Aufbewahrungs- 
ort für ölkrüge, ovaja Eierstock u. s. w. Daraus entwickelt sich 
dann leicht die Kollektivbedeutung § 506. 

502, Etymologisch identisch mit -aj'a ist -iera, stammt aber wie 
-iere § 487 aus Frankreich. Die beiden Süffixe berühren sich daher 
auch in der Bedeutung, doch besteht die Hauptfunktion von -iera 
darin, Gefässe, Kleidungsstücke, Schutzwaffen anzugeben, mit andern 
Worten, künstlich hergestellte Kulturbegriffe, die zum Theil wenig- 
stens wohl erst aus Frankreich herübergekommen sind, wie confetttera, 
caffetieray insalaüera^ pettiniera Kammtasche, prqfumiera , for- 
che f Hera Gabelfutteral, fruttiera Fruchtschale, salsiera, saliera, 
senapiera, avancier a u. s.w.; balestriera, bigattiera^ pettiera Brust- 
panzer, panciera, cervelliera Sturmhaube, gambiera Beinhamisch, 
schiniera u, s. w. , argentiera SÜbermine, allumiera. Interessant 
sind namentlich ttccellaja der Vogelherd neben uccelliera Vogel- 
haus. Hierher gehört auch bubboliera, eigentlich Glockenträger, 
Halsband mit Glöckchen. Auffällig ist neviera Schneegrube, wo man 
eher nevaja erwartet. Der kollektive Sinn, der sich bei -<i/a oft ein- 
stellt, scheint bei -tera völlig zu fehlen, da z. B. femminiera Weiber- 
gesellschaft zunächst Weiberzimmer bedeutet. 

603. Lokal mit fast ausschliesslicher Beschränkung auf das 
Pflanzenreich ist -eto, reta^ beide Formen ohne Unterschied. Die 
Bildungen sind zahlreich, aber haben leicht einen litterarischen Bei- 
geschmack, während ^aia § 501 mehr volksthümlich ist. Arboreto^ 
-a, agrumetOy cannetOj carpineto, corileto, cupresseto^ßceto, elceto 



§ 503. 504. 505. 506. 507.] Substantivbildung. 275 

und leccetOj giuncheto, giglieto^ ginepreto, noceio, paglteto, pal- 
metOj scopetOy mncheto. Beaclitenswertli ist forteto Gestrüpp , wo 
also die spezielle Beziehung, die forte in diesem Falle hat, durch das 
Suffix ausgedrückt wird. — Nicht von Pfianzennamen sind gebildet : 
ghiareto, greto, grasceta, macereto\ fontaneto, pantaneto, endlich 
donneto. 

604. Ile bezeichnet den Stall von Thieren, vgl. canile^ bovile, 
caprile, porcile^ mosckile, nebst dem allgemeinen Begriff Gomle\ 
seltener verbindet es sich mit Sachnamen : y<?7}i?ß^ campanile, carbo- 
nile, vangkile, deren letzteres um so auffälliger ist, als es in seiner 
Bedeutung »^chaufelstütze« sich ganz entfernt von den übrigen, ähnlich 
wie hadile aus hatillum und barile, wenn es von barra abgeleitet ist. 

505 • Mit -ile verwandt scheint ~ale, sofern es ebenfalls eine um- 
hüllende Decke angiebt, mit dem Unterschiede jedoch^ dass es sich 
nur mit Bezeichnungen von Körpertheilen verbindet, vgl. bracciale 
Armschiene, ditale Fingerhut, dossale Rücklehne , yrontofo Stirn- 
band, gambale Beinschiene, gtmnciale Kopfkissen, pettordle Brust- 
riemen, schienale Rücklehne. 

506. Kollektiva werden gebildet mit dem schon § 501 besproche- 
nen Suffix -a;*a, vgl. fanciullaja Einderschaar, civaja Hülsenfrüchte, 
ladronaja Diebsbande, nevaja Schneesturm gebraucht Giuliani De- 
lizie I 304, mazzocchiaja Menge Büschel, fangaja Schmutz, steppaja 
Busch von Schösslingen, giogaja Bergkette. Die Bedeutungsvermitt- 
lung mit -flp;a § 501 geben concimaja Düngergrube, Düngerhaufen, 
und ähnliche Ausdrücke, in welchen nicht überhaupt der Ort, wo sich 
ein Gegenstand findet, sondern wo er sich in Masse findet, angegeben 
wird. Hierher gehört auch cagnaja Hundegebell, spronaja Sporn- 
stich, ruotaja Geleise u. s. w. 

607, Während bei -aja einfach die Masse, die Schaar in Be- 
tracht kommt, verbindet sich mit -aglia der Nebenbegriff des unge- 
ordneten , daher die Wörter auf -aglia leicht einen tadelnden Bei- 
geschmack haben, vgl. anticaglia alter Plunder, bestiaglia Vieh^ 
birr aglia und berrovaglia Häscherschaar, bruciaglia Holzabfälle, bru- 
taglia Gesindel, bruzzaglia Pöbel, canaglia^ ciurmagliay ferraglia 
altes Eisen, frattaglia Qekrö8e,ßlo$qf aglia ^ ladronaglia, soldatag- 
lia, ribaldaglia u. s. w. Nur die Menge ist ausgedrückt mfrataglia 
Schaar von Mönchen, giovanaglia, granaglia, nuvolaglia dichtes 
Gewölk, ortaglia Küchengewächse, siepaglia dichtes Gebüsch u. s. w. 
Bemerkenswerth sind hier noch brucamaglia Gewürm von bruco und 
razzamaglia von razza, wo -aglia an das ebenfalls kollektive -ante 
tritt. Zuweilen berührt sich -aglia mit Abstrakten, vgl. mucidaglia 
Schleimigkeit, moccicaglia schleimige Substanz, doch ist auch hier 

18*' 



276 Wortbildungslelire. [§507, 508. 509. 510. 

der Kollektivbegriff nocli offenkundig. Und nicht weniger, wenn das 
Suffix an Verba tritt: incominciafflia , avvisaglta das Treffen, divi- 
woyKa. Wahrsagerei u. s. w. 

508. Sodann ist -ame mit seinen Varianten -ume und -ime zu 
nennen'. Arne ist rein kollektiv, es giebt eine Menge an ohne den 
tadelnden Nebenbegriff, den -aglia enthält, vgl. hestiame Vieh, 
cor.ame Lederwaaren, funame Tauwerk, ferrame Eisenwaaren, ossame 
Gebein, midollame Mark, mattöname GebrOckel von Ziegelsteinen, 
nctstrame B&ndei , mjpo^am^ Enkelschaar, .nt/t?o/am^ Gewölke, mol- 
lame die fieischigen Theile des Körpers , ottoname Messinggeschirr ^ 
pecoramej pelame Haar, Haarfarbe, pellame Felle, pellicciame Pelz- 
werk, pollamej pietrame^ joc^^ame Flickwerk , porcheUame, pru- 
name, ciarpame, corbame Schiffsgerippe, vaselläme, putridame^ 
minutame, minuzzame^ deren drei letztere, von Adjektiven abgeleitet, 
sich den Adjektivabstrakten nähern. Seltener sind Ableitungen von 
Verben, vgl. cascame Abfall, BrosaiQen, gettame Wegwurf, Abfall, 
hrulicame Ameisenhaufen, eigentlich Gewimmel, mescolame Gemisch^ 
serrame Schloss, Kasse ^. alle, vielleicht das letzte ausgenommen, 
wieder im Grunde KoUektiva, nicht Verbalabstrakta. Pejorativen 
Sinn hat marame von tnare angenommen , das Auswurf des Meeres, 
Brachgut, auch Gaunerei bedeutet. Reines Verbalabstraktum scheint 
macellame zu sein. Noch mag hier mosciama gesalzener Meerfisch 
erwähnt werden, das nach Ausweis- der Bedeutung und des Geschlechts 
(§ 328) aus dem Süden stammt. .Presame Lab von presso scheint 
auch hierher zu gehören. 

609. Weit seltener ist -tVwö. Wir haben einmsX concime, go- 
vemime, grasstme und marcimey die alle Dünger bezeichnen und 
offenbar der gleichen Bedeutung wegen das^ gleiche Suffix haben, 
doch ist schwer zu sagen, von wo -ime ausgegangen ist, da man das 
nach Ausweis des i = lat. l nicht volksthümliche ^me nicht wohl 
wird verantwortlich machen können. Sodann schliesst sich an diese 
fondime Hefe, Bodensatz und lettime Streu an. Wiederum hängen 
mangime Futter für die Hausthiere, pastime Weide, hecchime Vogel- 
futter unter einander zusammen. Nehmen wir noch dazu deverbal 
postime das Umsetzen von Pflanzen, so ergiebt sich, dass -ime haupt- 
sächlich der Bauernsprache angehört, und man begreift, dass auch das 
frz. gtia-in zu guaime^ allevin zu allevime und sain zu sa-ime um- 
gebildet worden sind. 

510. Urne hat seine Stelle hauptsächlich an Adjektiven und be- 
zeichnet dann die Gesammtheit der Dinge , die an der im Adjektiv 
liegenden Eigenschaft Theil haben, vgl. addufne in Säure Ein- 
gemachtes, amarume, bittere Sachen, bitterer Geschmack, selvaggiume 



§510.511.512.] Substantivbüdung. 277 

Wildpret, tenerume Knorpel, junger Trieb, frittume Gebackenes, 
vanume leeres Getreide. Auch mit Substantiven verbindet es sich : 
ücß^t/ma in Essig Eingemachtes, ^a/t^ma neben sa^am^ Pökelfleisch, 
pastume Mehlspeise, itWt/ma Getreidis, pa^/et/m^ Strohhaufen, dar- 
pume, pattume, pacciume neben pucciame , alle in der Bedeutung 
Dünger.. * Auch hier also handelt es sich hauptsächlich um Ausdrücke 
der Landwirthschaft und der Küche, als deren Prototyp sich leicht 
legumen darbietet. Mitunter artet -ume auch zu pejorativer Bedeu- 
tung aus : pecorume Schweineschaar, Schweinerei, bagagliume Ge- 
päck, mendicume, cianume Bettelei, cendume (und cendame) Plunder, 
ciandume Geschwätz, pettegolume, militarume Militärdienst. , Nicht 
selten endlich bildet es Adjektivabstrakta, vgl. § 511. Nicht klar 
sind cocchiume Spund und pannume Häutchen des Eis. 

511. Abstrakte Substantiva werden von Adjektiven und von 
Verben gebildet, jene um eine Eigenschaft, diese um eine Handlung 
auszudrücken. Mit dem Abstraktum berührt sich das Kollektivum, 
sofern, es Abstand nimmt von der Begrenzung in der Zahl und die 
Gesammtheit aller gleichgearteten Wesen umfasst. Daher zeigt sich 
auch in den Suffixen ein Herübergleiten aus einer Kategorie in die 
andere. Zur Bildung von Adjektivabstrakten besitzt das Italienische 
vom Lateinischen her zunächst das Suffix -tä^ lat. -tat^ -tatis. Sodann 
-ezzaj -igia aus -itia (vgl. § 247). Dazu gesellen sich -ore, im Latei- 
nischen zu Adjektiven auf -idus gehörig : frigor^ frigidm ; -wra,. das 
erst im Romanischen aus dem Yerbalabstrakta bildenden -iura (§ 522) 
abstrahirt wird ; das ursprünglich griechische %a\ endlich -aggine, das 
aber verhältnissmässig stark eingeschränkt ist; Was das gegenseitige 
Yerhältniss dieser verschiedenen Suffixe zu einander betrifft^ so ist 
eine scharfe Grenze nicht immer zu ziehen , doch kann man als all- 
gemeine Regel aufstellen^ dass -ezza^ -ia und -aggine heute noch 
lebenskräftig, produktiv, rove^ -ura und -tä dagegen erstarrt sind. 
Von den Kollektivsuffixen, die mitunter auch Adjektivabstrakta bilden, 
kommt nur -ume in Betracht, vgl. pallidume, largume^ molluma, 
nßrume, nobilumej pettegolume, putridume, sozzume, laidume, die 
alle zwischen Kollektiv- und Abstraktbegriff stehen. So ist z. B. 
nerume gleichbedeutend mit nerezza , und putridume nebst putri- 
dame unterscheiden sich kaum vo^ putridore^ wobei übrigens zu 
bemerken ist, dass auch putridore kollektiv sein, also Moder bedeuten 

kann. 

512. Von den eigentlich Abstrakte bildenden ißt wie gesagt 

-ezza das bei weitem lebenskräftigste Suffix, es tritt fast ohne Be- 
schränkung ein: amarezza, bellezza, gentilezza^ ricchezza^ gran- 
dezza, tenerezza, sottilezza, -evolezza, a/rezza, acconcezza, accor- 



278 Wortbildungslehre. [§ 512. 513. 541. 

tezza, accuratezza, acerbezza, acutezza, adornezza, affettatezzay 
fervidezzüj ferventezza^ vaghezza, poUtezza , Jioritezza und zahl- 
lose andere. Merkwürdig seiner Bildung nach ist das aus dem 
Ottimo commento della divina commedia ziiirte fervezza , das, wenn 
es nicht etwa einfach inj^ervenza zu corrigiren ist, wohl nur als Ver- 
mischung von fervore wid fervidezza aufgefasst werden kamn. Für 
sich steht popolezza niedrige Abstammung, also eine Ableitung von 
einem Substantiv. 

613. An -ezza schliesst sich gleich -igia und -izia an. Jene» 
ist in alter Zeit und heute seltener, vgl. eiyfBL franchigia^ guarenügiay, 
comandigia, die Hobnino, Lateinisch C. S. 126 aus den Seneser Sta- 
tuten belegt, cupidigia, contigia bei Caix, Origini 250, ferner gran- 
digia, alterigia Stolz, codardigia, gentiligia. Man wird kaum fehl 
gehen mit Caix und Hobning in dem -igia Entlehnung aus frz. -ise 
zu sehen. Bemerkenswerth ist namentlich alterigia j wo das fremde 
Suffix sich mit dem fremden altiero verbunden hat. Ganz ver- 
schieden davon ist carbonigia Kohlenstaub; das an cinigia ange- 
lehnt ist. Izia ist die schrift wörtliche , lateinische Form , die auf 
Schriftwörter beschränkt ist, vgl. avarizia, gitcstizia^ pigrizia^ le- 
tizia u. s. w. Bemerkenswerth sind die Doppelformen giuatezza 
Richtigkeit : gitistizia Gerechtigkeit in Hinsicht auf die Bedeutung^^ 
letiziaviad lietezza in Bezug auf den Vokal des Stammes: letizia ist 
reiner Latinismus (man müsste lidezza erwarten) , lietezza Nisubildung^ 
mittelst -ezza von lieto aus. 

514. Tä oder -tade (§ 206) ist dagegen ziemlich erstarrt. E& 
findet sich zunächst bei den Adjektiven auf -aJe, -ehy -ile: lealtä^ 
fedeltäy crudeltä, civiltä, viltä, abiltä, accessibiltä, acddentalitäy 
nobiltäf ieTner bontä, beltä, libertä, sanitä, santitä, acerbitä und 
in einigen andern,- die jedoch meist gelehrtes Aussehen und andere 
Bildungen neben sich haben, wie vanitä und vanezza] cedtäund 
cechezza. Auch beltä mit den Nebenformen bieltä, biltä Caix, Orig. 
S. 67 scheint in der alten Dichtersprache hauptsächlich durch da» 
prov. beitat y afr. bialte gehalten und dann in der Litterärsprache 
fortgeführt zu sein, wogegen die wirklich italienische Bildung bellezza 
ist. Sonst ist -tä fast nur bei gelehrten Adjektiven gebräuchlich, 
daher -abiltä aber -evolezza, piacibiltä aber piacevolezza , ferner 
ausser den oben genannten acerbitä, affinitä^ agilitä^ aviditä, assi- 
duitä, mendicitä und -chitäj atrocitä, pighertä, aciditäj asinitä 
neben gewöhnlicherem asinaggine, poveriä neben poverezza, und 
stets -ositä : acqtwsitäy acetositä , obschon das Suffix -oso durchaus 
volksthümlich ist. In metä ist in Folge der Veränderungen der Laute 
der Zusammenhang mit mezzo verloren gegangen. 



J515J Substantivbildung. 279 

516. Auch 'Ore und -um sind kaum mehr lebenskräftig. Schon 
aus dem Lateinischen lagen vor albore Morgendämmerung, chiarore 
Glanz, oloreyardare, ptidorey onore, fragorey pallor,e,fervore vt. a., 
die aber zum Theil ihre abstrakte Natur, zum Mindesten ihre Be- 
ziehung zu Adjektiven, längst eingebüsst hatten. Sollte -ore lebens-. 
kräftig bleiben, so musste es vor allem an Adjektivstämme treten 
können, da ein Verhältniss wie frigid-us : friff-or dem vulgärlatei- 
nisch-romanischen Sprachgefühl widerstrebt. Dieser Schritt ist denn 
auch- frühzeitig geschehen und so haben wir (tfrore, altdore, asctut- 
tare, malore, 9lt neffrore, mollorej follore^/ellore, amarore, fortorOj 
huior'e, grandore^ gelore^ gravore^ riccorej tristere j verdore und 
manche andere, Caix, Origini 249; heute noch chiarore y hiancore, 
huiore und einige andere. Da häufig neben diesen Substantiven 
transitive und intransitive Verba standen, so wird ^ore auch ohne 
Vermittlung eines Adjektivs direkt an den Verbalstamm gefügt, nach 
calore bildet man hruciore und cuociore, iemex frizzore zm frizzare 
udLa^i freddorCf bollore nsLch/ervarej ahbagliore und bagliore nach 
ehiarore, und nach abbagliore auch fallore. Die Ausdrücke für 
Hitze rufen dann noaYißammore herbei. Deverbal ist noch crepore^ 
increporej und forzore neben fortore hat mindestens sein z von for- 
zare oder yonforza bezogen. Etwas häufiger als -ore ist -«ra. Den 
Ausgangspunkt bilden Partizipien, die zu Adjektiven geworden sind: 
strictus, strictura zu stringere gehen als stretto , strettura ins Ita- 
lienische hinüber. Dann wird stretto Adjektivum, als Partizip tritt 
strinto ein, s. §474, und entsprechend wird strettura nun nicht 
mehr zum Verbum stringere ^ sondern zum Adjektivum stretto be- 
zogen, -^ra nicht -tura wird als Suffiix gefasst und Adjektiva, nicht 
Verba Weiterbildungen zu Grunde gelegt. So haben wir nun zunächst 
largura, dann altura', bassura, longura, pianura, wonach vcdlura 
und veraltet fondura, pesantt^a, verdura, gialluray /rescura, fred- 
dura, catdura, sozzura, bruttura, puzzura, rancura, lindura^ auch 
ybr^t^ra bei Jac. Todi. Wie man sieht, handelt es sich fast aus- 
schliesslich um Bildungen vor Adjektiven, die eine körperliche Eigen- 
schaft ausdrücken, während Fälle wie bravura seltener sind. Dirittura 
wird als unmittelbarer Fortsetzer von l&t. directura zu fassen sein. 
Von besonders eigenthümlichen Fällen führe ich noch an frondura, 
eine Anbildung an verdura, dann brividura von dem Substantiv bri- 
vidi^ erklärt als »accesso di brividiv, im Gegensatz zu brividore : »stato 
di chi k preso da brividocr. — Das Nebeneinander zahlreicher Adjektiv- 
abstrakta auf ^ore und -ura lässt dann ~ura auch in solchen Fällen 
erscheinen, wo kein Adjektuin vorliegt, vgl. calura im XIV. Jahrh. 
ganz gebräuchlich, neben calore, fßllura und fallore^ langura und 



280 Wortbildungslehre. [§515.516. 

languore , prudura und prudore , puntura und .puntore. Was das 
gegenseitige Verhältniss von ^are und -ura betrifft, so scheint- -ura 
ächter italienisch, zu sein, aber allerdings sich ursprünglich wie gesagt 
auf körperliche Adjektiva zu beschränken , wogegen -ore seine Be- 
liebtheit in älterer Zeit mehr einem französisch - provenzalischen 
Einfluss verdankt, wie denn z. B. die alten dohore und lausore ihre 
Herkunft aus. dem Provenzalischön auf der Stime tragen. Auch die 
heutige toskanische Umgangssprache dürfte nicht zuviel dieser Ab- 
stri^kta auf -ore bewahrt haben. 

516. Die reichste Bedeutungsentwicklung weist -ia auf. Es ver- 
bindet sich zunächst gleich -ezza mit Adjektiven : cdlegriaj cortesia, 
pazzia, malia^ gelosia, faUia^ codardia, insaniuy bramosia und 
einige wenige andere. Die Hauptstellung hat -ia vielmehr an Adjek- 
tiven und Substantiven auf -ajo aus -aritcs. Die beiden i verschmelzen 
und -arta wird gemäss § 129 zu -eria. Da nun die Wörter auf -aj'o 
hauptsächlich handelnde Personen bezeichnen, so giebt -ia entsprechend 
nicht sowohl die abstrakte Idee des Wesens einer Person, an , sondern 
die mehr konkrete eines Zustandes , oder eines Standes , einer Be- 
schäftigung und tritt in diesem Sinne auch an andere Adjektiva und 
persönliche Substantiva, vgl. assessoi'ia Amt eines Assessors, borghe- 
sia Bürgerstand, cappellarda^ castellania, cavalleria^ baronia^ signo- 
ria, maestria, cantoria u. s. w. E» kann nun weiter mit Rücksicht 
auf den Thätigkeitsbegriff, der in -ajo liegt, -eria nicht sowohl den 
Stand -bezeichnen, sondern vielmehr den Ort, wo die Thätigkeit aus- 
geführt wird, bezw. wo die von ihr betroffenen Gegenstände sich be- 
finden, aufbewahrt werden, und schliesslich wird es rein kollektiv, 
vgl. argenteria Silbergeschirr. Indem nun argenteria direkt zu 
argento bezogen und das ursprünglich dazwischen liegende argentajo 
übersprungen wird,- kann -eria als Suffix gefasst werden und in 
kollektivem Sinne an beliebig« Substantiva treten: prateria. Oder es 
wird in einem Falle wie prederia Räuberei von preda -eria direkt 
zum Verbum bezogen und so kann zu f andere ein Subst. fonderia 
die Giesserei treten. Em Weitern entwickelt sich aus der Kollektiv- 
bedeutung die pejorative, vgl. § 507 , da wieder bei -eria mehr die 
Idee der grossen, ungeordneten Masse als die rein abstrakte der Menge 
vorherrscht, und in diesem Sinne tritt es nun wieder zu Adjek- 
tiven und Substantiven in tadelnder Bedeutung und berührt sich so 
mit -aggine. So haben wir also lokal : alber gheria Herberge, allog- 
geria, JarJma Barbierstube, calzoleria, ferreria, Mirena Biblio- 
thek, armeriaj pescheria Fischerei, Fischfang, fattoria Faktorei, 
sartoria Schneiderwerkstatt. Daran schliessen sich arazzeria Wir- 
kerei, biancheria Wäsche , und ebenso rein kollektiv braccheria 



§516.517.] Substantivbildung. 281 

•Koppel, cenceria Haufen Lumpen, archibuseria Menge Schü-sse, und 
sogar mit einfachem -ia : abetia das Tannengehölz. Hieran mag 
sich noch schliessen arwö^^ma Turnier, batteria, bifolcheria Aa^ßx- 
wjrthschaft, malfattoria Zauberei. Vor . all^m aber ist -eria für 
pejorative Adjektivabstrakta beliebt. Interessant ist baronia Stand 
eines Barons neben baroneria Schurkenstreich. Sonst also : arulleria 
Dummheit, besseria Thorheit, ribalderia Schlechtigkeit, birbanteria, 
hahrderia, astruseria, allocheria, bambineria und bamboneria^ 
baratteria, das direkt von barattiere gebildet sein kann, braveria 
Prahlerei neben bravezza Tüchtigkeit, bricconeria, furberia^ ghiot- 
teriä und ghiottornia aus ghiottoneria , ebenso leccomia aus lecco- 
neria, darleria (vgl. ciarliere) , castroneria Dummheit , caponeria 
Eigensinn, cäcchioneria Launenhaftigkeit, bareria Betrügerei, bindo- 
leritty cinguetteria Geschwätz (vgl. cinguettiera) , ästneria, animaU- 
ria, bizzarriaj wohl statt bizarreria, gemiteria (Seufzerei) ; angheria 
Quälerei von angore ^ petrarcheria^ capestreria Ausschweifung, 
fiorentineria : »modo dei fiorentini male adoperato«. 

517. Mit dieser letzten Bedeutung you -eria berührt sich die- 
jenige von -agginej das nur dann gebraucht wird, wenn körperliche 
oder geistige Gebrechen bezeichnet werden sollen, namentlich geistige. 
Es verbindet sich aber in diesem Falle nicht nur mit Adjektiven, son- 
dern namentlich auch mit Thiernamen, die ate Schimpf worte dienen. 
Also balördaggme,ßocaggifie, goffaggine, haloccäggine , avventa- 
taggine, astrusaggine, astrattaggine , odiosaggine, piccosaggine, 
lungaggine Weitläufigkeit, storditaggine, neghittaggine, tristaggine, 
mendicaggine, dann also asinaggine, buaggine, capponaggine, mu- 
laggine,'eastronaggine, pecoraggine; ferner fanciullaggine , bam-- 
bt'naggine, buffonaggine^ cervellinaggine, auch dottöraggine ; dab- 
benaggine, dappocaggine, fintaggine, bastardaggine , ßsicaggine^ 
cervellaggine u. s. w. Zuweilen scheint -aggine auch deverbal zu sein, 
vgl. abbägltaggine, asciugaggine Trockenheit, Gluth, seccaggine, 
affogaggine^ ca^ca^^i/^e Hinfälligkeit, dimenticaggine, disperaggine, 
divoraggine^ doch mögen di^ verkürzten Partizipien § 407 die Verr 
mittlung bilden oder doch wenigstens den Anstoss gegeben haben. 
Noch bleibt der Bedeutung wegen comaggine Eigensinn zu nennen, 
der Form wegen bietolaggine zu bietolonCy wo das Suffix also' an den 
Stamm, nicht an das individualisirende und eigentlich erst die Be- 
ziehung zur Perdon ausdrückende -one tritt. Was den Ursprung von 
^aggine betrifft, so wird man ihn in dem schon im Lateinischen und 
dann auch im Italienischen Krankheiten bezeichnenden Suffix -ago 
§ 533 zu suchen haben. Man beachte namentlich Wörter, wie* ce~ 
caggine Blindheit, die gewissermaassen zwischen beiden Klassen 



\ 



282 Wortbildungglehre. [§517,518.519. 

stehen. -Eine merkwürdige und im Grunde kaum berechtigte Bildung 
ist dnquennagffinej das die.Crusca aus Davanzati anführt als »forma 
awilitiva per spazio di cinque anniff. 

618. Endlich mag hier noch -isfno sich anschliessend das ähn- 
lich wie -tsta § 492 auf schriftlichem Wege aus dem Griechischen 
ins Romanische gelangt ist und nur in höhern , gebildeten Kreisen 
Verbreitung hat. Die volksthümliche Form von -Ismo wäre -^simo, 
vgl. gentüesimo und paganesimo, chrtstianesimo, die alle unter ein- 
ander zusammenhängen und ihrer Bedeutung nach am ehesten noch 
auf Volksthümlichkeit Anspruch machen können. Sonst alsoßoren- 
tinismo , petrarchismo , gällicismo , germanismo und zahlreiche 
andere meist auch dem Deutschen bekannte. Das Suffix giebt eine 
Ähnlichkeit an mit dem Primitiv, die aus einer bewussten Nach- 
ahmung auf geistigem Gebiete beruht. Es ist durchaus lobend, daher 
der Gegensatz zyji'ach&Ti ßorentinismo xindßorentineria in.§ 516 sehr 
lehrreich ist. 

519. Auch zur Bildung von Verbalabstrakten besitzt die Sprache 
mehrere Suffixe : -tura^ bezw. -suraj -agione, -anza, -mentOy -ata. 
Dazu kommt' noch die grosse Masse der Postverbalia und einige nur 
selten in diesem Sinne gebrauchte Endungen, Mehr vielleicht als bei 
den Adjektivabstrakten geht bei den verbalen der ursprüngliche Sinn 
verloren und findet ein Übertritt ins konkrete Gebiet statt , ein Über- 
tritt, der freilich nicht bestimmten Gesetzen unterliegt, sondern in 
jedem einzelnen Falle seine besonderen Gründe hat, welchem nach- 
zugehen die Aufgabe der Bedeutungslehre im Allgemeinen , nicht der 
Suffixlehre im Speziellen zukommt. Es kann daher, von besonders 
interessanten Fällen abgesehen, im Folgenden davon Abstand ge- 
nommen werden. Vergleichen wir die oben genannten Endungen mit 
den lateinischen, so bemerkt man zunächst, dass die Bildungen auf 
-uSy -US fehlen. An ihre Stelle sind die Postverbalia getreten. Bei 
sehr vielen Verben nämlich stand neben dem Abstraktum auf -tus 
ein abgeleitetes Verbum auf -tare: canere : cantus : cantare. Da 
Aun die Sprache im Ganzen die abgeleiteten Verba den einfachen vor- 
zog, nicht aber ohne weiteres von den abgeleiteten wieder Abstrakta 
auf -tus bildete, so trat cantus in direkte Beziehung zu cantare und 
nach dem Vorbild dieser und vieler anderer ähnlicher Paare werden 
schon im Vulgärlateinischen von Verben der -a, seltener der e- und 
i-Klasse männliche Verbalabstrakta gebildet. Wie femer neben 
pugnare auph pugna steht, so waren weitere weibliche Verbalabstrakta 
möglich von abgeleiteten. Verben. Man pfiegt diese Substantiva Ver- 
balsubstantiva oder besser nach dem Vorschlage von Bbj^ai. , Post- 
verbalia zu nennen. 






§ 520. 521. 522.] Substantivbildung. 283 

620, Agione, -iffione, die lautgesetzlichen Vertreter von -atione, 
-itione (§ 249), sind in älterer Zeit ziemlich beliebt, heute aber nur 
mehr erstarrt. Ygh accommodagione, accomunagionej acqtuiffione, 
cacciagione, fortißcagione ^ francagione , fatagione ^ ßdagione^ 
fdllagione^ mendicagione j mancagione^ marcagione, menagione, 
liberagione, piantagionej pensagione, perdigione, ombragione, mu- 
dagione, pigliagione, perseguüagionej pescagione u. s. w. Man sieht 
ai diesen, heute fast durchweg veralteten, aber im XIV. und XV. 
Jahrhundert gebräuchlichen Beispielen, welch starker Fruchtbarkeit 
sich einst das Suffix erfreut haben muss. Erwähnenswerth sind carna- 
gione xmdpellagionej beide Hautfarbe bezeichnend, die ohne Vermitt- 
.lung eines Verbums direkt von Substantiven gewonnen sind. Wohl 
seines frühen Absterbens wegen bleibt das Suffix im Ganzen in seiner 
Sphäre. — Die gelehrte Gestalt -azione ist heute bedeutend häufiger, 
ja sie kann wohl fast an jedes a - Verbum treten , namentlich wieder 
an schriftsprachliche, sie gehört aber doch hauptsächlich der Litteratur 
an und ist im Ganzen wenig volksthümlich. Vgl. abbreviazione, 
aberraztone, abitazione, abominazione , abrogazione, accecazionej 
accettctzione y acclamaztone , acctcsazione, accumulazione , adatta- 
zione u. s. w. 

521« Anza bildet ursprünglich die Abstrakta zu den Partizipien 
prägen tis. Es ist heute auch fast erstorben, hat sich aber doch, wie 
es scheint, in mehr Fällen erhalten als -agione^ vgl. speranza, abbon- 
danza, accordanza, amanza, pesanza, prestanza, abbaglianza, ac- 
costumanza, abominanza, abitanza, adunanza, cdlegranza, ontanzUy 
festinanzajfallanzüj permutanza, fervenza, aborrenza, dccoglienza, 
accrescenza, fetenza. Mitunter greift -anza über -enza hinüber, vgl. 
possanza, während fallanza zu fallare^ ßdanza zu ßdare gehört 
neben fidenza zu ßdere. Noch bleibt frondescenza Zeit des Be- 
laubens und acescenza Neigung zum Sauerwerden, opalescenza Opal- 
glanz und das alte offesanza, das wohl zu offesa gebildet ist nach 
dem Muster von onta : ontanza, possa : possanza und ähnlichen. 
Gemeinsam diesen Wörtern ist eine starke Neigung zum Konkreten, 
vgl. abitanza, Wohnung, abbondanza dier Überfluss , accoglienza 
Empfang, Aufnahme u. s. w., und dies beweist mit, dass das Suffix 
nicht mehr lebenskräftig ist, dass die wenigen ihm noch zukom- 
menden Bildungen nach und nach in einen * anderen Begriffskreis 
hinübergleiten. 

522. Sodann ist -iura zu nennen, das auch als -sura erscheint 
bei den Verben mit «-Partizip. Bei Verben der IL Konj. wird der 
Verbalstamm zu Grunde gelegt, vgl. didtura, tessitura neben älterem 
testura, cocitura und cottura, factiura und fattura. Die Zahl der 



284 Wortbüdungslehre. [§ 522. 523. 524. 

erhaltenen starken Bildungen ist grösser als bei -tore , wohl weil die 
Bedeutung eine vielfältigere ist, doch ist bei natura, coltura, miaura 
u. a. das Verbum verloren oder wenigstens der Zusammenhang mit 
demselben nicht mehr fühlbar. Sonst also haben wir abbaiaturaj 
abbellituraj abbtgliatura, abbozzatura, abbreviatura, abbrustatura, 
accapigliätara und zahlreiche andere , aus denen der besondem Be- 
deutungsentwicklung wegen hervorzuheben miAferratura Eisenwerk, 
filatur.a Spinnstube, catatura Fundrecht (wohl ein spanisches Lehn- 
wort), sportatura Trägerlohn, nunziatura Statthalterschaft, abbocca- 
tura Mündung. Ohne Vermittlung eines Verbums und in kollektivem 
Sinne sind gebildet : nervatura Nervensystem , ossatura Knochen- 
gerüst, capellatura Haar, als deren Vorbild vielleicht armatura 
gelten darf. Eine beachtenswerthe Bildung ist premura die Eile neben 
pressura Druck. Eigentlich erwartet man premitura, wenn von pre- 
mere aus ein Abstraktum aiif -tura gebildet werden sollte. Ed ist 
daher premura wohl nicht eine eigentliche Nebenschöpfung, son- 
dern eine Uroprägung von pressura unter dem Einfluss Yonpre- 
mere, 

523. Weit fruchtbarer noch als -türa ist zu allen Zeiten -mento 
gewesen, vgl. abbaiamentOy abbandonamento , abbarbagliamento, 
abbarruffamentOj abbassamentOj abbattimento, abbigliamento, ab- 
boccamentOj abbonamento, abbreviamentOy abbruciamento, accagio- 
namenfOj accapigliamento, accasamento^ accattamento , accenna- 
m^nto, accheiamento j accostamento , accompagnatfiento , acconcia- 
mento, acquistamento, accordamento, accorrimento, accrescimento, 
acconsentimento und zahlreiche andere, die alle meist noch die ur- 
sprüngliche Bedeutung mit leichter Neigung zum Konkreten haben. 
Häufig nimmt das Suffix Kollektivbedeutung an, vgl. calzamento, 
ferramento, abbigtidmento Kleidung, vestimento Kleidung u. a. 

624. Sodann also die Fostverbalia. Wie schon gesagt , sind sie 
bald Maskulina, bald. Feminina; sie stammen vorwiegend von Verben 
der I. Konji, doch giebt es auch Fälle aus den andern, so voglia, 
tema, possa, beva, doglia, convegna, contegna, Jvtta ^ also nur Fe- 
minina mit Ausnahme von contegno und convegno und zwar mit dem 
Ableitungs-i' (§ 464). Aus der t- Konjugation y*a//o zm fallire, 
assento zu assentire, basta zu bastire, cerna. Im Übrigen ist schwer 
zu sagen, wann das eine, wann das andere Geschlecht gebraucht wird, 
ausserdem liegen gerade die Anfänge dieser Bildung noch in der 
frühesten vulgärlateinischen Zeit , also vor dem Italienischen. Eine 
Liste mag die Üppigkeit dieser Formationen zeigen. Feminina : bada 
Zögern, batosta Schlag, beffa^ boria Stolz, botta Stoss, brama 
Wunsch, buffa Posse, cacca, caccia (vgl. § 248), cafca Gedränge, 



§ 524. 525.] Subßtantivbildung. 285 

carica, ahjura Abschwörung, acöomanda Aufbewahrung, ac(m8a 
Anklage, aita und aiuta (vgl. § 412) die Hülfe, ascolta das Horchen, 
btisca d&s Suchen , hussa Schlag, cört?e<^a, ursprünglich t^Vatto del 
corvettarea, später auch konkret, cova das Brüten, crcpa Bruch, 
hazarra Tausch, crocchia der Stoss, diffalta Fehler, divisa Einthei- 
lung, disfida die Herausforderung, brilla Aushülsungsmaschine (bril- 
lare reinigen, aushülsen), cerca Suche, piscia, cerchia der Umkreis, 
chiama Ruf, chiappa der Fang, chiocca Schlag, concia Gerberei, 
copula Begattung", compra der Kauf, confisca Beschlagnahme, con- 
giura Beschwörung, consegna Zeichen, conserva Vorrathskammer, 
pigia das Gedränge, protesta Betheuerung, provoca Herausforderung, • 
pesta Fährte, yr^^a Begierde u. s. w. Daneben finden sich nun aber 
die Maskulina noch zahlreicher. Einmal selbst da, wo auchf Feminina 
gebildet werden, vgl. Jo^^o Schlag, Hieb, Stoss, huffo Windstoss, 
cMocco Knall, htcsso Lärm, condo Vergleich, Schmuck, pigio Qe- 
dxSLiige,frego Federstrich, Narbe, carico Last, bazarro Tausch, Be- 
trug, /?wciö u. s. w. Aber auch sonst: biasimo Tadel, ä^/ö Blöken, 
calo das Herabsteigen, caroggio das -Fahren , . carteggio Briefwechsel, 
corteggio Geleit, conteggio Abrechnung, pareggio Gleichstellung, 
motteggio Spott und andere auf -eggio von -eggiare § 571; com- 
penso Belohnung, concerto Übereinkunft, comporto Nachsicht, con- 
fronto Vergleich, convifo Einladung , corredo Ausrüstung, perdono 
Verzeihung, niego Verweigerung, oblio Vergessenheit, piglio, 
appello^ appalto, affronto Beleidigung, agghiado, perseguito Ver- 
folgung, aguaio Unterhalt, accordo Übereinkunft , ammasso Anhäu- 
fung, annunzo Ankündigung, pregio Schätzung, frodo Betrug, 
innesto Pfropfen, mwa;^o Begie88en,.c?me^o Verbot, mico Gefahr, 
und zahlreiche andere, ja man kann wohl mit ziemlicher Sicherheit 
sagen, dass fast von jedem Verbum ein postverbales Abstraktum auf 
-ö-, etwas seltener auf -a gebildet werden kann. Abgeleitete und 
fremde Verba zeigen dazu grössere Neigung als Stammverba , daher 
die II. und III. Konjugation so wenig abgiebt. Oft werden- beide 
Formen gebildet. So schuf man erst von condare das Maskulinum 
concia. Als aber dieses die Bedeutung Dünger angenommen hatte, 
trat als Verbalabstraktum concia auf. Ober aber zu einem von einem 
Maskulinum gebildeten Verbum tritt ein feminines postvisrbales Ab- 
straktum : governo — govemare — governa^ letzteres in der Bedeutung 
Viehfutter, eigentlich Fütterung u. s. w. 

525. Fast ebenso beliebt wie die zwei letzgeuannten ist die Bil- 
dung von Verbalabstrakten auf -ata^ bezw. -uta, -ita^ -ta^ -sa, also 
in einer mit dem Femininum des Partizips gleichlautenden Gestalt. 
Die Anfänge dieser Formationen, die übrigens ins Vulgärlateinische 



286 .Wortbildungslehrc. '[§525.. 

hinaufreichen, sind in der That zu suchen im Fetmninum singularis 
oder im Neutrum pluralis des Partizipiums präteriti, vielleicht häufiger 
im erstem, mit Ergänzung von res oder causa. Der Sinn ist dem- 
gemäss ursprünglich der rein passivische : veduta das Gesehene. Bei 
intransitiven Verben, denen die Idee des Passivums fehlt, giebt das 
Partizipium präteriti und entsprechend das Substantivum auf -^ta die 
vollendete Handlung an: venuta »gekommen« im Sinne von »ge- 
kommen sein«. Nach einer beim Partizip auch sonst vorkommenden 
Zeitverschiebung kann veduta auch bezeichnen » das , was gesehen 
wird«, sofern also die Zeitidee zurücktritt vor der passivischen des 
Betroffenseins. Infolge einer weitem Verschiebung der Auffassung 
geht auch der eigentlich passivische, objektive Sinn verloren und wird 
durch den subjektiven, aktivischen ersetzt, la veduta bedeutet nicht 
nur die Aussicht, d. h. das, was gesehen wird, sondern auch das Ge- 
sicht, d. h. zunächst die Art, wie man sieht und schliesslich die 
Thätigkeit des Sehens. Dieser letzte Schritt vollzieht sich bei den in- 
transitiven Verben viel rascher, er besteht hier lediglich darin, dass 
eine ursprünglich als vergangen oder als abgeschlossen bezeichnete 
Handlung als. gegenwärtig gedacht wird: venuta die Ankunft. Der 
Umstand nun, dass 'dieses Suffix nicht von Anfang an bestimmt war, 
sondern nach einer ziemlich langen Entwicklungsreihe dazu gekommen 
ist, Verbalabstrakta zu bilden, erklärt es wohl, dass seine Funktionen 
sehr mannigfaltige sind. Vor allem dient es auch dazu , Substantiv - 
abstrakta in verschiedenem Sinne zu bilden. Tam ferro tritt ein Verbum 
f errare mit Eisen beschlagen , und davon gewinnt man nun wieder 
ferrata der Eisenbeschlag. Die passive Idee herrscht also hier noch 
vor und sie bleibt auch, ^enn ferrata statt z\xf errare direkt zo. ferro 
bezögen wird: im Verhältniss zm ferro v&i ferrata das vom Eisen um- 
fasste. Unter dieser Grundidee vereinigen sich die zum Theil ziem- 
lich auseinandergehenden Bedeutungen der Substantivabstrakta auf 
-ata. — Die Zahl der hierhergehörigen Bildungen ist wieder eine 
a,usserordentlich grosse, sodass nur eine kleine Auswahl von Bei- 
spielen gegeben werden kann. Verbalabstrakta sind veduta und vista^ 
venuta ^ arrivata, offesa, fregata Reibung, fregiata Verzierung, 
bevuta, fuggita, gelata, caduta, andata, salita, fasciata Um- 
wickeln, fermata Aufenthalt, ßorita Blühtezeit, ßschiata Gepfeife, 
ßutata Beriechen, fonduta Guss, forata Bohrung, fracassata Knall, 
fraruita Bergsturz , frastagliata Auszacken , frugata Durchstöbern 
u. s. w. Ein Unterschied zwischen -ata^ -agione, -amento u. s. w. 
wird selten angegeben, doch ist piantata »la piantagione d^una voltaa 
bemerkenswerth : der passive Sinn kommt darin noch zum Ausdruck, 
dass -ata eine einmalige Handlung , nicht die Handlung überhaupt 



§ 525. 526.] Substantivbildung. 287 

angiebt. Bei den Substantivabstrakten sind zunächst einige zu nennen, 
die noch eine Handlung ausdrücken^ yjie fantocciata Kinderei, fan- . 
faronata Prahlerei, fagiolata Dummheit, piazzata Posse. Auch 
fratata Mönchspredigt wird hierher zu rechnen sein. Sodann also 
bezeichnet -ata namentlich das umfasste : anno das Jahr, aber annata 
der Jahrgang, die Dauer eines Jahres , so noch giornata , mattinatay 
serata, mesata ; dann hoccata Mund voll, bracciata, fenestrata di 
sole eigentlich ein Fenster voll Sonne , daher plötzlicher Sonnenblick, 
fornataj fornadata Ofenladung, funatd eine Reihe Gefangener an 
einem Seile, manata Hand voll, Bündel, manciata, ,madiata u. s. w. 
Auch fucinata Haufen, Schwall yotl Jiccina Schmiede gehört hierher, 
ierner facciata die Vorderseite, eigentlich alles von der yaccia nm- 
fasste. Wie denn ahßv J^acciata eine bestimmte kx\, facda bezeichnet, 
so ^vs^fiorata Schaum, fruttata Obstspeise, frittata Eierkuchen, 
fumata Rauchwolke, frumentata Mischfutter u. s. w. — Eine be- 
sondere Bedeutungsentwicklung zeigt -ata noch in Fällen wie coltel- 
lata Hieb mit demi Messer, eigentlich auch wieder das vom Messer 
umfasste, getroffene, ebenso stocata, faldata^ficata Wurf mit Feigen, 
forbiciata, forcata, frecdata^ frustata^ fucilata, funata^ hucciata 
Wurf mit Schaalen. Es kann nun auch der getroffene Theil zu Grunde 
gelegt werden, vgl. ^t/a/»cta^a Backenstreich, ^a;2C(2^a Spornstich, wo 
die passive Idee noch viel deutlicher vorliegt. 

626. Auch -ato dient zur Bildung von Substantivabstraktea und 
zwar einmal im Sinne des lateinischen -atus zur Bezeichnung eines 
Amtes, nicht gerade häufig und mit gelehrtem Anstrich , vgl; ducatOj 
consolatOj baliatOy marchesatOy padronato und mit -ado (§ 205) 
contado, vescovado. Sodann aber findet sich -ato auch fast gleich- 
bedeutend mit -ata, \gl. fonestrato , die sämmtlichen Fenster eines 
Gebäudes, costato Gerippe, nuvolato Gewölk, dann von Verben yer- 
mato t!rbereinkunft , ßlato Qespinnst , fiorato das Blühen , fossato 
Graben, frappeggiato Baumschlag, frascato Laube, accordellato ^ 
Abmachung, accorciato Abkürzung, ahitato Wohnung, adomato 
Putz, ahbeverato Neige, arricciato Bewurf, arginato Abdämmung, 
bucato Wäsche u. a., ganz abgesehen von den altüberlieferten Sub- 
stantiven der IV. Deklination- wie assenso, congressoy contatto u. s. w., 
macinato Mehl, cotognato Gel6e, moscado und ähnliche. Wenn man 
Infenestrato wohl eine Umbildung von fenestrata sehen möchte, so 
ist doch für weitaus die Mehrzahl der übrigen Beispiele eine derartige 
Auffassung ausgeschlossen und wird es sich vielmehr darum handeln, 
ob das Neutrum des Partizipiums oder ein Substantivum der lateini- 
schen t^ - Deklination vorliege , richtiger gesagt, in welcher von den 
beiden Formationen der Ausgangspunkt für Nachbildungen zu suchen 



288 Wortbilbungslehre. [§ 526. 527. 528. 529. 

sei. Die Antwort wird sein in beiden, da z. 'R, ßorato seiner Be— 
, deutung nach eher ein Verbalsubstantiv , macinato ein Partizip ist. 
Wie aber Partizip und Verbalabstraktum in einander übergehen, eine 
strenge Scheidung also unmöglich ist, zeigt schon § 525. - 

527. Verwandt mit -ato im ersten Sinne ist das dem Franzö- 
sischen entlehnte -aggio. Es hat die Aufgabe zu abstrahiren, welche 
Funktion ihm namentlich in Verbindung mit Sachnamen noch zu- 
kommt ; mit Personenbezeichnungen dagegen giebt es den Stand , mit 
Sachnamen auch speziell eine Abgabe an. Direkt französischen Ur- 
sprungs sind Wörter wie fromaggio, forraggioy omaggio, avvan- 
taggioy ^retaggio, appannaggioj wohl auch vasallctggio , baronaggio 
und an sie angebildet padronaggio ; maritag gio Stand des Gatten, 
Heirath, baliaggio, brigantaggio ^ malandrinaagio Landstreicherei, 
dann romitaggio Einsiedelei, accattonaggio Bettelei, arbitraggio 
Schiedsspruch. Der abstrakte Sinn liegt, deutlich vor in personaggio 
Persönlichkeit neben persona , Ungtiaggio Sprechart neben linguay 
messaggio neheii tnessOy carnaggio das essbare Fleisch neben carne, 
coraggio neben cuore, cortinaggio Bettvorhang neben cortina^ wo der 
abstrakte Begriff ^ in den kollektiven hinüb er Schiller t , ßgliolaggio 
Nachkommenschaft, yarc^^^to Gepäck, fruttaggio Obstwaaren (vgl. 
fmttaglia § 507), beüeraggiö, villaggio neben vüla^ viaggio neben 
via , fallaggio Fehler , filaggio Gespinnst , fortunaggio Seesturm 
u. s. w. Eine Abgabe bezeichnet -aggio itx facchinaggio WaarenzoU, 
rnagazzinaggio Lagergeld, ancoraggio Ankergeld, pilotaggiö Lootöen- 
geld, pedaggio Zoll u. s. w. ' 

628. In ähnlichem Sinne ündet sich auch die echt italienische 

Form -atico. Lehrreich ist auch hier baliatico Ammenlohn neben 

• baliaggio Amtei, sonst vgl. palancatico GehegiB neben palanca 

Vf&hlj' stallatico Mist-zu stallare neben stalläggio Stallung, terratico 

Grundsteuer u. s. w. 

529. Weiter dient zur Bildung von Verbalabstrakten -io, das nun 
aber seine ganz streng ausgeprägte Bedeutung hat , es ist intensiv, 
giebt eine oft wiederholte , emsig , geschäftig ausgeführte Arbeit an, 
vgl. lavorio emsige Arbeit , formicolio Gekriebel, chiachierio Ge- 
schwätz, cigolio Gekreisch, borbottio Gemurmel, bisbiglio Geflüster, 
ingombrio, abballattio Herumhüpfen, abbarruffio Rauferei, acciar- 
pio Gepfusche, armeggio Wirrwarr, battio Geklopfe , brividio Frost- 
schauder (ohne Verbum) , acciotoUo Klappern , annitrio Gewieher, 
belio Geblöcke , bollichio Sprudeln , borboglio Gemurmel , brontolio 
Gebrumme, brulichio Gewimmel, calpestio Getrampel, indiavolio 
Teufelei, malmenio Quälerei, distendio Weitschweifigkeit, fracassio 
Gekrachj jötccÄto QieWo^i^ favelUo Geplauder u. s. w. Bei der Frage 



§ 529. 530. 531.] Substantivbildung. 289 

nach dem Ursprung dieses io wird man zunächst im Auge behalten 
müssen, dass dem tosk. lavoriOy diavolio im Mailändischen lavoreri, 
diavoleri entspricht, vgl. Salvioni, Mail. 60. Gemeinschaftliche 
Grundform wäre -erium, woraus im Toskanischen -eo , vgl. macia 
aus maceria. Da auch die Sprachen Galliens Yerbalabstrakta auf 
-ier kennen, so müssen die Anfänge dieser Bildungen auf -erium 
weit hinter den Anfängen der italienischen Sprache noch im Vulg&r- 
lateinischen liegen. 

530. Endlich sind noch die Bildungen auf -twüj -siva zu nennen, 
wie narrativa Erzählung, negativa Verneinung, interrogativa Frage, 
affermativa Bejahung, allettativa Anlockung, alternativa Abwechs- 
lung, aspettativa Erwartung, annunziativa Anmeldung, attrativa 
Anziehung , informativa^ espressiva Ausdruck , defensiva Verthei- 
digung, prospettiva Perspektive, distintiva Unterscheicjung, inventiva 
Erfindung, intellettiva Denkvermögen, corsiva u. s. w. Wie die 
Existenz der Mehrzahl dieser Wörter auch im Deutschen zeigt, handelt 
es sich hier wieder um eine Schöpfung der Gelehrten- und Bücher- 
sprache, die sich, wie es scheint, in Italien ziemlich grosser Beliebt- 
heit erfreut. Der Ausgangspunkt ist zu suchen im Neutrum pluralis 
der im spätem Schriftlatein beliebten Adjektivbildung auf ^ativtis, 
-a, -um. 

581. Manche andere Suffixe können mitunter dazu dienen, 
Verbal- oder Substantivabstrakta zu bilden, so z. B. -ino, vgl. con- 
tentino Zugabe beim Verkauf, spuntino der Imbiss und ritocchino 
Naschen, Nachtisch. Es liegt aber die Abstraktidee hier nicht sowohl 
in -ino^ sondern in einem nur in Gedanken gebildeten *contentOy 
*spantOj *ritocco, mit denen sich dann aber sogleich das verkleinernde 
-ino verbindet zum Zeichen , dass es sich dabei nur um etwas Unbe- 
deutendes, Scherzhaftes handle. Allein da bei diesen wie bei manchen 
andern Wörtern, die heute als Verbalabstrakta erscheinen, nicht mehr 
durchgreifende Kegeln zu geben sind, vielmehr jeder einzelne Fall 
für sich studirt werden müsste , so kann hier nicht weiter darauf ein- 
gegangen werden. Wie mitunter KoUektiva zu Abstrakten sich ent- 
wickeln, zeigen unter andern auch einzelne Beispiele in § 511. 

582. Nach diesen allgemeinern Klassen sind noch eine Reihe 
einzelner Wörter zu nennen, die unter ein und denselben Begriffs 
kreis fallen und in Folge dessen gleiche Suffixe haben. Es ist über- 
haupt ein weit verbreiteter Zug in der Wortbildung, zusammen- 
gehörige Begriffe mit dem nämlichen Suffix zu versehen. Caix hat 
Studi S. XXIX schon eine Beihe solcher Paare zusammengestellt : 
pizzuga nach tartaruga, manignoni nach pedignoni, lembrugio nach 
leccugioj sparacdato nach spettoracciato, furneccio nach ladro- 

Hey e T -L tlb k e, Ital. Grammatik. 19 



290 Wortbildungslehre. [§ 531. 532. 533. 

n&cciOf frignisteo n&ch. piagnisteo u. a. Ferner lucema nacli lan- 
temaj lucemiere nach lantemiere, canea nach aasembha, gragno- 
Kschio nach nevischio , Sff/Umbescio nach ravescio, bambinea nach 
droffffea und manche andere zum Theil schon früher genannte. 

633* Von Wortkategorieen mögen genannt werden : Krankheiten 
mittelst ^aggine : bohaggine Herzschlächtigkeit , pisaggine pisa- 
nische Krankheit, forfor(tggine Grind, cascaggme Alterschwäche 
und daran schliesst sich das -aggine von §517. Das Lateinische 
kennt nur -^o in diesem Sinne : vertigo, impeiigo, dazu seheint nun 
-ago getreten zu sein , vgl. -ame neben -ime. Ebenfalls -aggine 
dient zur Bildung von Pflanzennamen, vgl. lateinisch tussÜago und 
it&L, fusaggine Spindelbaum, borraggine Ochsenz.unge , axpraggine 
Qeissraute, K^^safarrctggine Mischkraut , favaggine^ tarent. mentct- 
Sine = mentastro. Sodann -nggine: peruggine wilder Birnbaum, 
meluggine wilder Apfelbaum. — Substantivirte Adjektiva -ina mit 
Ergänzung von caro bezw. merda dienen dazu, das Fleisch, bezw. die 
Excremente von Thieren zu bezeichnen, vgl. pecorina Schaffleisch^ 
porcina, salvaggina, vaccina, pollina Hühnerdreck, pecorina, bovina, 
cavallina. 

534. Damit ist die Zahl der Suffixe, die Substantiva bilden, 
noch lange nicht erschöpft, nur ist es nicht mehr möglich, die ver- 
schiedenen mit derselben Endung versehenen Wörter unter einen 
Begriff zu bringen. Das hat seinen Grund darin, dass die meisten 
dieser Wörter ursprünglich Adjektiva sind, die dann in der Neutral- 
form oder unter Ergänzung eines Substantivs in geschlechtlicher 
substantivirt werden. Sehr oft bezeichnet die Ableitung nur irgend 
eine Modifikation des Primitivums. Dies gilt z.B. von den Bildungen 
auf -ana, wie ein kurzes Verzeichniss zeigt: altana Schauthurm, 
balzana Falbel {balzo Rand), buiana leichtes Gewölk zu buio (Caix, 
Studi 277], campana Glocke, collana Halsband, fiumana Fluss, 

fontana Quelle, fumana Ausdünstung, furlana friaulischer Tanz, 
giogana Bergkette, tramontana Nordwind, giosana Ebbe, mattana 
Schwermut von maito , mezzana Backstein , pedana Tritt u. s. w. 
Dazu kommt noch, dass lateinisch Higin-a zu -ana wird : ferrana aus 

farrago, borrana neben borraggine und borrana Absturz, also das- 
selbe wie frana und wohl wie dieses auf *voragina beruhend, aber in 

' seinem Anlaut von borro beeinflusst. — Dieser Art von Bildungen 
giebt es noch eine grosse Zahl, man vgl. canniccio Matte, camiccio 
Fleischseite, oder manche Wörter auf -ale wie portale y ospedale, 
canocckiale, und -ule wie grembiule^ gambule Beinhamisch, canapule 
Hanf Stengel, biadule Stoppel. 



§ 534. 535.] Substantivbildung, 291 

535. So werden mit grosser Leichtigkeit Substantiva aus Adjek- 
tiven gebildet; ohne dass sich da jedoch irgend eine Regel geben Hesse. 
Es handelt sich dabei vielmehr um eine Erscheinung der Wort- 
geschichte und Bedeutungslehre. Daher mögen v^enige Beispiele 
genügen. Acqtierecdo Wasserkrug, barcherecdo eine Anzahl von 
Barken^ cicaleccio Geschwätz, costereccio Kippenstück, caprarecdo 
Ziegenstall, ferrarecdo Eisenwerk ; brivido Schauer, rubbio, Kom- 
maass, sovatto Leder, sporto Vorsprung, tondo Teller, t^cy'o Busch- 
werk, affuio Nagel, arabesco, <?orra;j^6 Strömung, ^Amra Eiweiss, 
Cava Höhle, bionda Laugenwasser, iomi^cta. Windstille, faccenda^ 
rotonda Eotunde, w«ot?a Neuigkeit, petrosa steiniger Erdboden, ^^^a 
Sumpfboden, molla Sprungfeder, manzina Weide, stretta Druck, 
m^^^a Einsatz, bianca der erste Schlaf der Seidenwürmer u. s. w., 
die Zahl Hesse sich bis ins UnendHche vermehren. Von einzelnen 
Klassen mögen noch erwähnt werden die aus ursprünglichen Gerun- 
diven entsprungenen wie vianda Wegekost, von via, vgl. provianda, 
das bevanda neben bevenda nach sich zieht, molenda, wonach polenda 
Bteitt polenta, ^landa, leggenda^ lavanda, locanda, prevenda und 
einige andere , die alle sich leicht als ursprüngHche Neutra pluralis 
erkennen lassen. 

537. Ein ebenso beliebtes Mittel, neue Sachnamen zu schaffen, 
ist die Umbiegung vom MaskuUnum zum Femininum und umgekehrt. 
Schon § 344 und § 345 ist darauf hingewiesen worden, vde das Mas- 
kulinum über das Neutrum pluralis zum Feminin und das- Feminin auf 
demselben Wege zum Maskulin werden kann. Es giebt nun noch 
eine grosse Zahl mehr oder weniger verwandter Fälle, von denen jeder 
einzelne seine Geschichte hat. Es möge genügen, ein Yerzeichniss 
zu geben, das jedoch weit entfernt davon ist, vollständig sein zu 
wollen. Coppa Becher, Schale, coppo Ölkrug, wohl ursprünglich auch 
due coppa u. s. w. als Plural gefasst, canestra Korb mit 2 Henkeln, 
canestro mit einem, arringa Rede, wohl Postverbal zu arringare 
neben arringo Ort, wo die Turniere abgehalten werden, baccetta Rute, 
baccetto »baccetta un po' grossa«,und umgekehrt cavicchio Pflock und 
cavicchia »cavicchio un po grosso«^ wo also das ursprüngliche Femi- 
nin zum Augmentativ geworden ist ; berretta Kopfbedeckung der 
Frauen und Priester, berretto der Männer, also ähnliches Verhältniss 
wie bei cavicchia] branca Klaue, branco Herde, vgl. als Vermittlung 
der Bedeutung frz. branche Arm ; broda »acqua dove son State cotti 
maccheroni«, brodo »acqua dove h stata cotta della camef, offenbar 
ein künstlicher Unterschied, bucda Rinde, Schaale von Pflanzen, 
bticcio die äusserste Haut der gegerbten FeUe, buca grosse Öffnung, 
bi^o Loch; bugnola Korb, »piü grande che bugnolod, und dieses 

19* 



292 Wortbildungsichre. [§ 535. 536. 

selbe Yerbältaiss zeigt sich noch bei capanna : capanno, funga 
Schimmel neben fungo Schwamm, ^ewco ißasco^ orezza : orezzo, 
cerchio : cerchia, das umgekehrte in bigoncto ibigoncia. Sodann 
cocda Schneckenhaus, coccio Scherbe; ceppa »la parte sotterrata del- 
l'albero«, ceppo »il pedale dell' albero«; ^o<7ca Spann des Fusses, 
ßocco Trödel, paniccio Teig, paniccia Kleister, manica Ärmel, 
manico Heft, pezzo Stück, pezza Lappen, gamho Stiel, gamha Bein 
u. s. w. Oft besteht kaum ein Unterschied, Yghßstolay -o, antiporta, 
-0, baccara, -o, balestra^ -o, btoscia, -o, brida, -o, ombrella, -o, 
burchitty -o, festuca^ -o^fodera, -o u. s. w. 

587. Zum Schluss bleibt noch ein Wort über die Substanti- 
virung andrer Wortklassen als der Adjektiva übrig. Abgesehen von 
den Fällen der Zusammensetzung kann von VerbaKormen jeder In- 
finitiv zum Substantivum erhoben werden durch Vorsetzung des Ar- 
tikels : il venire^ il cantare^ lo strillare u. s'. w. Das Verbum finitum 
giebt sich seltener dazu her. 11 credo bildet einen besonderen Fall, 
aggio erklärt Tobleb, Zs. IV 183 als »das zum Substantiv gewordene 
Verbum aggio (habeo) , das der Wechsler in seiner Berechnung neben 
den Betrag setzte, der als sein Guthaben von der auszuzahlenden 
Summe in Abzug kam a ^) , ferner devey vaglia Anweisung , vaglia 
postalCy eigentlich es soll gelten, 3.Sg. Konj. von valere, also wohl zu 
unterscheiden von vaglia Tapferkeit, Postverbale zu vdlere § 524, wie 
mit absoluter Sicherheit das Geschlecht zeigt: das erste vaglia ist männ- 
lich, das zweite weiblich ; pagherb der Schuldschein, ricevo Quittung; 
dann mag metter in non cale hier genannt werden, da non edle gleich 
einem Subst. gebraucht ist. Weniger überzeugend ist die Herleitung 
von redine aus dem Imperat. retine ^ die d'Ovidio, Grundriss f. rom. 
phil. I 512 vorträgt. Auch Adverbia können zu Substantiven werden: 
il 81, il nOy oder Konjunktionen: il perchd u. s. w. , zum Unterschied 
aber von vaglia u. s. w. steht hier die eigentliche, ursprangliche 
Funktion des Wortes noch völlig im Bewusstsein ; es handelt sich nur 



1) Dagegen dürfte kaum richtig sein, wenn Tob LEB, Zs. IV 182 be- 
treffs der DiEz'schen Herleitung von ammainare aus frz. ammhne bemerkt: 
»afrz. amaine, der Imperativ, ist eine für das Kommando ammaina annehm- 
bare Form«. Abgesehen von dem doch nicht ganz leichten Bedeutungswandel 
ist die Möglichkeit, dass die Italiener sich einen Schiffsausdruck aus Nord- 
frankreich geholt haben, wenig wahrscheinlich, während das umgekehrte 
öfter vorkommt, vgl. proue aus gen. proua, chiourme aus ciurma, goumhne aus 
neap. gdmena u. s. w. Man wird daher bei der Deutung von ammainare 
und amener vielmehr von ammainare auszugehen haben, dieses aber lautet 
neapolitanisch mmay^ndre und entspricht Laut für Laut einem lat. inva- 
ginare, wie Flechia, Arch. Glott. IV 372 zutreffend nachweist. 



§ 536. 537. 538.] Substantivbildung. 293 

um eine augenblickliche, durch den Zusammenhang der Rede hervor- 
gerufene Gebrauchsverschiebung, also vielmehr um eine Thatsache 
der Wortfügung als der Wortbildung. 

Adjektdva. 

538. Adjektiva werden aus Substantiven und aus Verben, letzteres 
jedoch selten, gebildet. Sie drücken das Begabtsein, die Zugehörig- 
keit, den Zustand, die Ähnlichkeit, die Möglichkeit, diese in Ver- 
bindung mit Verben, aus. Die Suffixe sind zum Theil dieselben wie 
im Lateinischen^ doch sind manche wie -idus kaum produktiv, ja es 
wird gerade diese Endung in vielen Fällen, z. B. in sozzo , ranciOj 
marcio, piem. miirs u. a. überhaupt nicht mehr erkannt. Von Neu- 
bildungen wären etwa holßdo herzschlächtig, shiancido verblichen, 
ripido steil, vinctdoj spurcido u. a., aus den Mundarten sdird. aspido = 
asprOy pidiffu eLMspiffidu zxipix u. s. w. zu nennen. 

639. Auch post verbale Adjektiva sind selten. In Fällen wie 
chino gebeugt, gonfio aufgeblasen, scarno mager kann man schwanken, 
ob ein Adjektiv oder nicht richtiger ein Partizipium nach der § 407 
besprochenen Bildung von chinare^ gonßare^ scarnare vorliege. Eher 
ist manso zahm zu nennen, eine schon vulgärlateinische Rückbildung 
aus mansuetus ^] . 

540. Das Begabtsein drückt -oso lat. -osus aus und zwar ver- 
bindet es sich vorwiegend mit Substantiven, die geistige Eigenschaften 
angeben, vgl. amoroso, geloso j coraggiosoy giojoso, vergognoso^ 
bontadosOy maestoso , forzosOj vantaggioso, dannoso, valoroso, 
timoroso^ nojoso, freUoloso, prezioso, costoso, gustosOy glorioso, 
spirituoso , famoso , neghittoso , mgoroso und zahlreiche andere. 
Auch linguoso schwatzhaft gehört im Grunde hierher. An einem 
Sachnamen finde ich -oso in noderoso, nodoso, wofür die alte Sprache 
aber noderuto sagt, so dass also wohl nodoso als Latinismus und 
noderoso als eine Verschränkung von noderuto und nodoso zu fassen 
ist. Latinismus ist auch acquoso. Wo in volksthümlichen Wörtern 
'OSO sich mit Sachnamen verbindet, bezeichnet es meist ein Begabtsein 
in hohem Grade, vgl. vinoso weinreich, lattoso milchreich, sassoso, 
ierroso mit Erde vermischt, erboso grasreich, ranoso, calcinoso, 
ceroso, nerboso, JkimosOj Jrondoso, carnaccioso u. s. w. Auch an 
Adjektive tritt -oso und bezeichnet auch hier das Begabtsein, d. h. 
also eine Steigerung des ursprünglichen Begriffs, vgl. freddoso frostig, 



1 ) Damit hat aber manio Rind nichts zu thun, wie schon da3 z zeigt. 
Manzo geht vielmehr auf ein wohl illyrisch-keltisches mandium zurück, s. 
Litbl. 1885 Sp 156. und Rom. Gram. I § 22. 



294 WortbUdungslehre. [§ 538. 539. 540. 

frescoso frisch, munter, sdruccioloso schlüpfrig u. s. w. Wo wie im 
letzten Falle Adjektivum und Verbum nebeneinander stehen, da kann 
neben dem Adjektiv auf -05ö auch eines Aut-evole stehen (vgl. § 552), 
und so begreift sich, dass mitunter -oso an Stelle von -evole tritt, wo 
dem, dem letzteren zu Grunde liegendenVerbum kein Substantivum oder 
Adjektivum zur Seite steht, vgl. rincrescioso neben rincrescevole . 
Man beachte aber, dass rincrescere wieder eine geistige Thätigkeit 
ausdrückt, dass also wenigstens im Gedanken dem rincrescioso ein 
abstraktes Substantiv zu Grunde liegt. Endlich aven. iremoso , da» 
MussATiA, Beitrag 115 bringt, mag durch tremoloso (= tremoroso 
mit Dissimilation) bestimmt sein, sofern nämlich das als ebenfalls- 
ableitend gefasste "ol- {vgl, Jrett'ol-oso neben frett^oso) unter- 
drückt ist. . 

641. Ebenfalls das Begabtsein bezeichnet -uto. Den Ausgangs- 
punkt hat dieses Suffix an Fällen wie comutus, es ist also ursprüng- 
lich beschränkt auf t^-Stämme. Als aber die alten t^-Stämme mit den 
o-Stämmen zusammengefallen waren, fiel natürlich diese Beschränkung 
weg, "Uto trat an jedes beliebige Substantivum. Gleich -oso bezeich- 
net es ein Begabtsein in hohem Grade, unterscheidet sich aber von 
diesem einmal dadurch, dass es nur an konkrete Substantiva tritt und 
sodann, dass es nicht wie jenes pluralisirend, sondern vielmehr inten- 
siv ist : es giebt an, dass der betrefiende Gegenstand nicht in grosser 
Menge sondern in grosser Gestalt vorkomme, so heisst also z. B. na- 
suto nicht reich an Nasen, sondern mit einer grossen Nase versehen.^ 
Wir finden so zunächst -uto verbunden mit Körpertheilen: comutOy 
corputo, membrutOy orecchiuto^ occhiuto, haffuto^ chericuto mit der 
Tonsur versehen , crestuto, crinuto j gambuto, barbuto, palcuto mit 
einem Geweih versehen, linguacduto schwatzhaft, vgl. linfftcacda 
Lästermaul, neben linguto in demselben Sinne. Dann auch carnac- 
ciuto fleischig, nerbuto und nerboruto kräftig, ramoruto astig, can- 
teruio eckig, fronduto dicht helamhi ^ forzuto , crostuto rindig, /or- 
cuto und jforcelluto gabelförmig, lanuto wollig, fioruto u. s. w. In 
den letzten Beispielen ist der Begriff der Grösse zum Theil über- 
gegangen in den der Menge, so dass also -uto mit -oso gleichbedeu- 
tend wird, und in der That stehen fast stets gleichbedeutende Bildungen 
auf 'OSO daneben, vgl. die Beispiele § 540. In den erstgenannten 
Wörtern hat -uto meist eine leicht erklärliche tadelnde Bedeutung. 

642. Eng verwandt mit -uto ist -a^o. Wie jenes so berührt sich 
dieses mit dem Partizipium präteriti, ja es kann sogar direkt von 
diesem stammen. Es drückt ebenfalls das Begabtsein aus, aber mehr 
mit Hinsicht darauf, dass der im Grundwort enthaltene Begriff an den 
Betroffenen herantritt, nicht ihm inhaerent ist. So heisst ^ora^o nicht 



§. 540. 541. 542. 543.] Adjektivbildung. 295 

blumenreich, sondern mit Blumen gewirkt , ramaio mit Ästen ver- 
sehen, gegenüber ramoso verzweigt, erbato- mit Gras bewachsen, aber 
erboso grasreich. Natürlich geht aber auch da der ursprüngliche 
Unterschied leicht verloren. Vgl. stellato gestirnt, fcUcato sichel- 
förmig, ^iSrafe iajoerigyßKffffinato rassig , fbcaio feuerfarbig, fines- 
trato mit Fenstern versehen, faldato u. s. w. Dann auch spensie^ 
rata gedankenlos. Dazu kämen ferner eine Reihe wirklicher Parti- 
zipien wie appassionaio leidenschaftlich, garbato anständig,^amma^o 
geflammt, scordato uneingedenk u. s. w. 

648. Zugehörigkeit oder Abstammung giebt vor allem -ese an, 
das sich wie schon im Lateinischen mit Völker- und Städtenamen 
verbindet: Bolognese , Calabrese, Inglese , Francese, Milanese, 
Pugliesej Senese, Torinese u. s. w. Daran schliesst sich dann 
borghe^e und dessen beide Gegensätze forese und cortese, femer 
marchese; auch lattdese jd confratemitä laica nata nell' umbria che 
cantava le laudi« und santese Küster. 

644. Ebenso häufig ist aber wie schon im Lateinischen -ano in 
diesem Sinne: Italiano, Romano, Padovano, PisanOj Sicüiano, 
Siracusano , Palermitano, Mantovano, und mit -ese verknüpft 
(§ 489) Lodigiano^ Marchigiano. Sodann villäno. Es ist wohl kaum 
inöglich, die beiden Suffixe gegeneinander abzugrenzen, es scheint 
vielmehr, dass die Willkür der Sprechenden entscheidet, wann das 
eine, wann das andere zur Verwendung kommen soll. Echt volks- 
thümlich sind sie beide nicht, da der Volkssprache vielmehr Ausdrucks- 
weisen wie quel di Milano u. s. w. entsprechen. Ano individualisirt 
wohl mehr als -ese, daher es auch gebraucht wird , um aus Adverbien 
Adjektiva zu bilden, vgl. anziano, sovrano, sottano, tostano, me- 
diano, prossimano^ dann lontano. Auch certano ein Gewisser gehört 
hierher. 

646. Neben -ano steht -ino, das theils die Herkunft, theils 
den Stoff, woraus ein Gegenstand besteht, angiebt, vgl. cittadino 
städtisch, c(>/2^a(fm(> ländlich, /emo^/2(>,^(>re^^mo u. s. w. , sodann 
quercino, faggino, abetino, cedrino, sorbino, cristalUnOj cenerino, 
argentino, asinino, pecorinoy cavalUno, polUno, canino, vaccino, 
bovino, felino u. s. w. In den letztgenannten von Thiernamen ab- 
geleiteten Adjektiven verschiebt sich die Bedeutung des Suffixes nach 
der Richtung der Zugehörigkeit hin. Übrigens scheinen diese Bil- 
dungen nicht echt volksthümlich zu sein. Vaccino statt vacchino 
erweist sich als altes Wort, nicht als Neuschöpfung, dass gattino 
nicht vorkommt , sondern das lateinische felino , scheint dafür zu 
sprechen, Üass -ino mehr den Gebildeten und Gelehrten angehört, 



/■ 



296 Wortbfldungslehre. J 543. 544. 545. 546. 547. 

und eben daraufhin weist auch der Mangel von ferrino , piambino, 
oder Ton melino, perino u. s. w. 

546. In etwas anderm Sinne giebt -ereccio die Zngeböiigkeit 
an, Tgl. casereccio häuslich, camporeccioy vülerecdo ländlich, 
porcherecciOj sposereccio hochzeitlich, vemereccio winterlich, feste- 
reccio festlich, ßttereccio zur Pracht gehörig. Wenn man bei den 
zwei letztem schon im Zweifel sein kann, ob nicht das Suffix als de- 
verbal zu fassen sei, so ist mit Gewissheit das Verbum als Ausgangs- 
punkt zu nehmen hei ßgliereccio trächtig, venderecdo verkäuflich, 
godereccio ergötzlich, pugnereccio. Das Suffix berührt sich mit -icdo, 
vgl. nB.mejiiilchßgld<Uiccio , das mit ßgliereccio gleichbedeutend ist, 
massiccio massig u. s. w. 

547. Weit gewöhnlicher aber tritt -iccio an Adjektiva und Parti- 
zipia. In diesem Falle liegt in der Zugehörigkeit die Idee der nicht 
völligen Gleichheit, der blossen Ähnlichkeit, daher dann -iccio 
geradezu verkleinernd wirken kann. Vgl. accogliticcio rasch zu- 
sammengerafft, addormentaticcio schlaftrunken, albiccio weisslich, 
passiccio halbverwelkt, ammalaticcio kränklich, cascaticcio, forticcio 
sSMerMek, ßacchiccio matt, alticcio, adirattccio, abbruciaticcio, afa- 
ticcio, abbronzaticcioj fracidiccioj freddiccio, pallidiccio, rossiccio 
röthlich, bianchiccio yveisslich, fuggiticcio flüchtig, vergänglich u. s. w. 

648. Den Zustand, die Art und Weise giebt -ale an : celestiale 
himmlisch, estivale sommerhaft, eternale, fatale verhängnissvoll, 
reale^ leale^ materiale^ maternaley padronale, madornale herrschaft- 
lich, ducale herzoglich, naturale natürlich, mortale^ divinale, mona- 
cahf maestrale, piramidale^ macchtnale, fenomenale, comunale, 
murale f postale^ßnale, giornale, settimanale, corporate ^ temporale^ 
coronale u. s. w. Trotz der vielen Beispiele wird man das Suffix 
mehr der Büchersprache zuweisen, da weitaus die Mehrzahl der an- 
geführten Wörter nicht volksthümlich sind, oder wenigstens solche 
Begriffe bezeichnen, von denen die Volkssprache nicht ein Adjektiv 
zu bilden pflegt. Die schon lateinischen Fälle, soweit sie der Vulgär- 
sprache angehörten und ins Italienische hinübergekommen sind, haben 
meist substantivische Bedeutung angenommen, vgl. die Beispiele 
in § 534. 

649. Eng verwandt mit -ale ist -tlej das aber fast nur an Wörter 
tritt, die lebende Wesen bezeichnen, vgl. signorile, fratile , fantile, 
maschile u. a. Schon lateinisch sind cwile, servile und giovanile, 
deren zwei letztere offenbar den Anstoss gegeben haben zu den Neu- 
bildungen. Kaum gebräuchlich sind pecorile, das wohl nach lat. ovile 
gebildet ist, und asinile. Ein reiner Latinismus ist fabbrile. Übrigens 
ist noch zu bemerken, dass asinile nndfeminile durch Dissimilation 



\ 



§ 547. 548, 549. 550.] . Adjektivbildung. 297 

&vLa asinino vind/emimno entstanden sein können (vgl. §.283) und 
dass sich maschile in diesem Falle dann besser als Anbildung an 
feminile erklärt. 

560. Ähnlichkeit drücken -ogno, -ognolo und -igno aus, in 
Verbindung jenes mehr mit Farbenbezeichnungen, dieses mit Stoffen. 
Vgl. giallogno und giallognolo gelblich, verdognolo grünlich., hige- 
rognolo graulich, cenerognolo aschfarbig, aber auch amarogno^ ama- 
rognolo bitter. Dann asprigno etwas herbe, ferrigno eisenhaltig, 
terrigno erdhaltig, sterpigno voll Gestrüpp, fortigno säuerlich, ner- 
vigno nervig, und auch verdigno grünlieh, rossigno röthlich, nerigno 
schwärzlich, vgl. bacigno schattiger Ort. Das Suffix berührt sich also 
mit -iccio § 547. 

561. Endlich mag noch -eo, -ivo Erwähnung finden. Aus latei- 
nisch -^vus entstand schon im Viügärlateinischen -eW , während ^iva 
blieb. Die Verschiedenheit zwischen den beiden Geschlechtern wurde 
dann zu Gunsten bald des einen, bald des andern ausgeglichen , also 
entweder -io, -ia oder -ivo, -iva. Der Adjektiva auf -to sind wenige, 
noch dazu hängen sie meist durch die Bedeutung des Stammes unter 
einander zusammen, vgl. bacio [opacivics) gegen Norden gelegen, äo- 
latio nach Süden gelegen ; restio statisch , cavdllo stallio im Stalle 
gestandenes, steifes Pferd, stantio abgestanden. Mehr bietet -ivo : 
atientivo, pensivoj semitivo, tardivoj fuggitivo, aß'ermatwOj nega- 
tiva , purgaiivo , pungitivo , provocattvo, provativo ii. s. w. Die 
letztgenannten Adjektiva, abgeleitet von Partizipien präteriti, nehmen 
fast den Sinn eines Partizipium präsentis an, ein Sinn , der sich wohl 
aus demjenigen der Zugehörigkeit entwickelt. Auch attentivo gehört 
in dieselbe Klasse , tardivo ist schon lateinisch , und pemwo dürfte 
eine Entlehnung aus airz. penseif , nhz. pensif sein , da es sonst als 
Ableitung direkt vom Verbalstamm ganz vereinzelt dastände. Übrigens 
sind auch diese Bildungen nicht recht volksthümlich. Aus ihnen ent- 
wickelt sich das gelehrte -ativa § 530. 

562. Während die bisher behandelten Suffixe, auch im Grunde 
das letztbesprochene -ivOy sich ausschliesslich oder doch vorwiegend 
mit Substantiven oder Adjektiven verbanden, haben wir nun auch 
solche, die an Verbalstämme treten und dann entweder die Möglich- 
keit oder das Geschehen der Handlung ausdrücken. Dass sich die 
ursprüngliche Bedeutung mitunter- ziemlich stark verschoben hat, 
braucht nicht erst bemerkt zu werden. In Betracht kommt für die 
erste Funktion -evoley für die zweite -anfej das alte Partizipium 
präsentis. Evole entspricht lautlich dem lateinischen -ibilis, hat 
aber auch die Stelle von -abilis übernommen, vgl. agevole, battevQle^ 
godevole, cadevohy fallevole^ pieghevole, giochevole spasshaft, gio- 



298 Wortbüdungslehre. [§ 550. 551. 552. 

vevole nützlich, girevole drehbar, credevole glaublich, affffradevole, 
fftistevole schmackhaft, loffrimevole, lodevole, manchevole mangel- 
haft, nocevole schädlich, piacevole, bastevole hinreichend u. s. w. 
Nach lagrima : lagrimare : loffrimevole kann -evole dann auch de- 
nominal werden, vgl. amorevole, favorevole, fatichevole, fcUtevole, 
/accendevole geschäftig, frattellevole , selbst nmestevole u. s. w. 
Der Grund, wesshalb -evole auch an Stelle von -abüis getreten ist, 
mag der folgende sein. Wie aus aticay parabula schon im Vulgär- 
lateinischen auca , paraula entstanden ist, so hätte auch -(ibilis zu 
^andiSj plicahiUs also zu piegole werden müssen , während piacevole 
u. s. w. bestehen blieb. In dem o in piegole aber trat ein Element in 
das Suffix, das sonst ganz unbekannt war, da, von den Augmentativen 
und Diminutiven abgesehen, sonst nur a, e, i, u als Suffixvokale be- 
kannt waren. Nun gab es zwei Möglichkeiten, das Ungewohnte 
durch Gewöhnliches zu ersetzen : entweder indem unter Einfluss des 
Kennvokals *piegole in piegale umgestaltet wurde, oder aber indem 
von piacevole u. s. w. ^evole übertragen wurde. Man wählte die 
zweite, weil -afe eine ganz andere Funktion hatte , wogegen die Be- 
deutung von ^evole dieselbe war wie die von -ole, — Neben ^evole 
kommt selbstverständlich auch das lateinische -^biley -ibile vor: can- 
tabile, dimostrabüe, disperabile, dispregiabile neben spregevole^ 
distendibile und distendevole y fattibile und fatieDole j frangibilej 
probabile und provevole u. s. w. 

558. Ante, -ente ist nicht gerade sehr fruchtbar, auch sind 
manche dieser Bildungen schon zu Substantiven geworden, vgl. § 494, 
doch haben wir noch volante, voltante^ cantante, impartante ; tagli- 
ente scharf, das auffälligerweise -ante gegen ^ente vertauscht hat. 
Diese Suffixvertauschung ist zur Regel geworden im Norditalienischen^ 
namentlich- im Veronesischen bei Giacomino, im Paduanischen, z. B. 
laorentey parlente, scottente u. s. w. bei Ruzante, Wenbeineb, 8.78, 
im Mailändischen : someliente bei Bescapä, und heute ttrent, buyent^ 
sbroyent, palpiüent u. s. w. SaiiVioni, Mail. 49, agen. parlente^ 
semeiente, pesentey aregordente, brilente, sonente u. s. w., Flechia, 
Arch. Glott. X 162. 

554. Adjektiva können endlich auch direkt aus Substantiven 
ohne besonderes Suffix gebildet werden. Man sagt zunächsa homo est 
bestia^ dann geht, wenn die Verbindung sich oft wiederholt, die 
eigentliche Bedeutung von bestia verloren, es bleibt nur die allgemeine 
Idee einer Eigenschaft. Infolge dessen nimmt bestia das Geschlecht 
von homo an, also bestius und rückt so völlig in die Adjektiva ein, 
ital. bescio, bescia. Ähnliche Bildungen sind cupo hohl von cupa 
Fass, capocchio dumm , eigentlich caputlum , colmo voll , eigentlich 



§552.553.554.] Adjektivbildung. 299 

Gipfel, lustro glänzend, eigentlich Glanz, yielleiclit fondo , wenn es 
nicht ans profondo mit Wegfall des bedeutungslosen Präfixes ent- 
standen ist, ladro und furo diebisch , venniglio roth von vermiclics 
u. a. Etwas anders geartet ist affondo tief, für welches Wort auszu- 
gehen ist von essere, stare a fondo j also von einem mit der Präpo- 
sition a verbundenen Substantiv. Der Übergang von a fondo (mit 
gedehntem^ zu sprechen, s. § 182] zu dem Adjektiv affondo ist dann 
aber wieder derselbe wie der von" capocchio Substantiv zu capocchio 
Adjektiv. Bei genauer Durchsicht des Wortschatzes Hessen sich wohl 
noch mehr Beispiele finden, doch ist im Ganzen diese Art der Neu- 
schöpfung nicht beliebt und bei den vielen andern Mitteln, die der 
Sprache zu Gebote stehen, auch nicht nöthig. 

Diminutiva und Augmentativa. 

566. Das Italienische ist ausserordentlich reich an Verkleine- 
rungssuf fixen und zwar namentlich an solchen , die noch nicht oder 
kaum lateinisch sind. Während -eolus , -ulus nur in beschränktem 
Maasse verkleinern, und auch -ellus nicht mehr an jedes Substantiv 
oder Adjektiv treten kann, erscheinen dafür -ettOy -atto, -otto, -inOj 
-uccio u. a. in um so viel freierer Verwendung. Meist kann sich jede 
dieser Endungen mit jedem Substantiv verbinden und es ist bis auf einen 
gewissen Grad Sache des Sprachgeistes zu bestimmen, welche jedesmal 
gebraucht wird. Häufig bestehen übrigens mehr oder weniger grosse 
Schattirungen zwischen den einzelnen Suffixen. Eine Stelle für sich 
nehmen diejenigen ein, welche das Junge von Thieren bezeichnen. 

656. An erster Stelle mag ^ello stehen. Es ist noch ziemlich oft 
verkleinernd, vgl. mbhiello neben subbio, horsello scherzhafter Aus- 
druck , fomello der kleine Ofen , ßnestrella Fensterchen , formella 
kleine 'Form, forcella kleine Gabel, fontanella kleiner Springbrunneu, 
arella kleiner Stall ; mehr das feine, ausgesuchte als das kleine liegt 
iafegatelU, tagliatelli, frittella Pfannkuchen, crespello , ßlelK, 
maccatelle, animella, wonach lattimelle, acetella u. s. w. Gewöhn- 
licher aber hat sich zu der Verschiedenheit der Grösse auch noch eine 
Verschiedenheit der Art gesellt, so bezeichnet formella nicht nur 
überhaupt eine kleine Form, sondern speciell die Knopfform, frenello 
nichteinen kleinen Zügel, sondern den Maulkorb, cappello nicht 
einen kleinen Mantel, sondern den Hut, vgl. femer ßlello das Zungen- 
band, macinella die Kaffeemühle^ faldello die Strähne, massello 
Schutt, festello das Gehänge, frassinella Eschwurz, forcella Stütz- 
pfahl, ombrello Sonnenschirm, gangherello Häkchen zum Zuhaken 
der Kleider, bardella Sattelkissen, cartello u. s.w. — Mit Adjektiven 



300 Wortbildungslehre. [§ 554. 

verbindet sich -ello kaum , da zi B. cattivello wobl von Anfang an 
substantivisch ist, ruvello nicht die Diminutivendung -ello enthält, 
s. § 128. An Substantiven sind noch durchaus verkleinernd -reih 
und -cello : fatterello, osserellOy aquerello, /averello, focherello^ 
acchiapperelloj asserelloj ajuterellOj caccherello u. s. w. ; letticellOj 
fosncello, ßumicelloy fanticello, valKcella, grotticella, hotticellaj 
navicellaj funicello, furbicello, bastoncelloy banconcello, furon^ 
cello, huffoncello , burroncello u. s. w. Wann die eine, wann die 
andere Form eintritt, lässt sich nicht sagen, doch scheint sich mit 
-one nur -cello zu verbinden. Auch -atello findet sich gelegentlich : 
campatello = campicello^ ceppatello zu ceppo, chiassatello zu 
chiassoj chiappatello , pesciatelloj ßffliatello, während borgatello 
wohl eher an borgato^ car atello an ca/rrata anknüpft. Die beiden 
letztgenannten zeigen zugleich, woher das -at- stammt : borg-at-ello 
wird direkt zu borgo gezogen und so ein Suffix -atello gewonnen. 
Uolo und -olo stehen in sehr vielen Fällen nebeneinander : jenes geht 
auf -eglus (§12), dieses auf -ulus zurück. Da das erstere vor dem Ton- 
vokal /hat, so ergiebt sich gemäss § 247 ff., dass heute dem. -uolo zu- 
nächst ?, fl, Cj ^, Sy z vorangehen sollten, und in der That tritt es jetzt 
vorwiegend an Wörter, deren Stamm auf einen dieser Laute endet : 
gagltuolo, gramignuola, calcagnuolaj bracciuolo, barbicciuola, ghiag- 
giuolo, gazzuola, grasciuola^ bisduolo, rotazzuola u. s. w. Ausser- 
dem erscheint es nach r im Suffix -aio, da -areolus nach § 249 nur 
-eriuoloj -eruolo ergeben kann, also auch gamberuola, banderuoloj 
aber unter dem Drucke des Primitivs : ramaiuolo. Ferner auffälliger- 
weise auch stets ettuolo : civettuola, furbettuola, fra^chettuola^ 
gazzetttwla, aber nur -attolo, -ottolo. Umgekehrt erscheint —olo auch 
bei palatalisirtem Stammauslaut : -agnolo, -ignolo, -uzzolo. Beach- 
tenswerth aber bleibt, dass wo -olo an auslautend n tritt, dieses stets 
palatalisiit wird : tarpano : tarpagnolo , pretino : pretignolo. Noch 
heute sind beide Suffixe vorwiegend diminutiv und sehr oft kosend, 
daher -ajtcolo und -olo zur Bezeichnung von Personen § 491. Sonst 
also bugliolo kleiner Tragekorb, bigonciolo, bicchiertwlo, besticciuola, 
tovagliola, /ornuolo, battagliuola, albuolo, bracciuoloj (i/uolaYogel~ 
herd von a/a, poggiuolo ; bagnuolo, costola, bruciolo Räupchen und 
auch Hobelspahn, pignolo Pinienkem, beruzzolo Fruchtstück neben 
beruzzo; nomignolo Beiname, comignolo First, gricciolo Einfall, 
capezzolo Brustwarze. Es haben also die Wörter auf -uolo, -olo ein 
ähnliches Schicksal wie diejenigen auf -ello § 556. Auch hier bleibt 
die ursprüngliche Bedeutung eher, wenn sich mehrere Suffixe ver- 
binden , so -^colo : mercantucolo , pagliucola , peirucolo , poderu- 
coloj poetucolo, oder -icolo: bollicoh, barbicoloj oder -attolo^ -ottolo: 



§ 554. 555. 556.] Diminutiva. 301 

focattolOy librattoloj picchiattolo ^ manicottolOj piagnerottoloy 
boUiciattolOj linguattolo^ colottolo, vioitolo, hancherottolo^ bor- 
sottolo , aucli giocattoli Spiel waaren , endlich --iciattolo : 'febri- 
ciattolo ; -icciuolo , -acciuolo : genticciuolo , ffuerricciuola^ bes- 
ticciuola, graticciuola, domicciuola, barbicciuola , borghicciuolo, 
und vinacciuolo Kernchen der Weintraube, bottacciuolo u. s. w. 
Das Doppelsuffix tritt namentlich auch an Adjektiva: gravicciuolOy 
grossicciuolo, grandicciuolo, magricciuolo, dann grossacciuolo, gra- 
vacciuolo u. s. w. 

557. Weitaus das verbreitetste Verkleinerungssuffix ist -etto, 
-etta, das dem klassischen Latein noch fremd ist , das sich aber auf 
lateinischen Inschriften findet und ausser in Italien namentlich in 
Frankreich sich grosser Verbreitung erfreut. Noch jetzt ist es in 
Italien durchaus produktiv in seinem ursprünglichen Sinne, ohne dass 
freilich die Bildungen auf -etto dem Schicksale derjenigen auf -ello 
und -olo § 556 völlig entgehen könnten. Wir haben also z. B. ab- 
bondanzetta, accetta, acciughetta, acquetta, bacinetta, bariletta, 
faccetta Seitenfa9ade, ßaschetta^ faglieUa, fossetta^ bracchetta, 
braccetto Ärmchen und Henkel, barchetta, calzetta, cappuccefta, 
cassettüy corsaletto Brustharnisch, colletto kleines Halsband, falcetto, 
forchettajßlettOjßoretto, ßschietto^ ybro^^^^o Bauernbursche, pu- 
gnetto Stachel, folletto Poltergeist u. s. w. An fegatello u. s. w. 
§ 556 erinnert favette Bohnengericht. Adjektiva werden ebenfalls 
TDii-etto gebildet: agretto^ bassetto, molletto, aspretto, btanchettOy 
biadetto himmelblau von biado, aber wohl mit Bezug auf die Korn- 
blumen, biondetto u. s. w. 

558. Nicht minder beliebt ist -two, das seine verkleinernde Be- 
deutung aus der adjektivischen entwickelt. Villinus heisst ursprüng- 
lich zur Villa, zum Landgut gehörig und bezeichnet dann in der 
Neutralform speziell das Landhaus, ital. villino. Nach villino bildet 
man zunächst casino^ wo also das Suffix von villino bleibt, im Stamme 
aber das speziell ein Haus bezeichnende Wort eintritt. Im Verhält- 
niss zu co^a nun ist casino das kleinere. Von solchen Fällen aus 
wird dann das diminutive -ino abstrahirt, das wohl so ziemlich an 
jedes Nomen treten kann. Vgl. barbina, botteghina, chiesino, cdl- 
zino und calzina, bullettino, catenina^ libraino , codino und danach 

ßntino falscher Zopf, porrina, ßaccellina, nottolino, fordnUy finoc- 
china, appuntino, piombino Loth, polsino Pulswärmer, paglino 
Strohgeflecht, madonnina, madrina Pathin, bastina, fiorellino, fo- 
rellino u. s. w. Auch zur Benennung des Jungen von Menschen und 
Thieren ist es gerne gebraucht : bambinOf principinOj fantinOj signo- 
rino, aquilino, cicognino^ allodolino, beccaccino, calandrino u. s. w. 



302 Wortbildungslehre. [§ 556. 557. 558. 559. 

Sodann erscheint es an Adjektiven : bellino, pümino, galantino, no- 
vellino , piccoUno , vgl. Auch picctno u. s. w. Vgl. über -ino noch 
§ 490. — Die Form -cino tritt auf bei ^»-Stämmen : canzondna^ la- 
droncino u. a., auch comicino u. a. 

669. Verkleinernd, aber häufig mit dem Nebenbegriff des 
Schwächlichen, Elenden, Gebrechlichen ist -ticcio, -uzzo, vgl. castic- 
da "HSxL&chejiyCartuccia Stückchen Papier, accidentuccio^ bucatucctaj 
lanzticcia, capelluccio Härchen, boccuccia Mündchen, cappuccio, 
abituccio ein schlechtes Kleidchen , predicucda erbärmliche Predigt, 
premiicccia kleine Belohnung, predelltwcia. Namentlich oft tritt 
-t/^cio an Eigennamen : Carluccio, Mariuccia, wo es also verklei- 
nernd-kosend wirkt. Für -uzzo vgl. abbagliuzzo, affannatuzzo, 
feruzzoj fettuzza und fettuccia, maluzzo und mcdtdccio, peluzzo 
Härchen und peluzza Pferdebürste u. s. w. 

. 660. Zur Bezeichnung des Jungen vpn Thieren dient -atto, vgl. 
lupattOj orsatto, cerbiatto, ocatto, aven. /oa^^o Lerchlein , mignatto 
eigentlich junger, kleiner Eöthling. Selten ist das Suffix diminutiv : 
usattOf vgl. culatto. Häufiger und in seinen Bedeutungen reicher 
entwickelt ist -Otto. Es giebt zunächst auch das Junge von Thieren 
an: aquilottOj balenotto, fagianotto^ rondinottOj pcisserotto, bufor- 
lotto, avanotto, dann auch giovanotto und vecchiotto, der an der 
Schwelle des Qreisenalters stehende Qreis. Mit dem Begriff der 
Jugend verbindet sich dann derjenige des Kräftigen, Starken, daher 
bracciotto. Beachtenswerthe Übertragung von -otto auf Verba und 
Substantiva, um die handelnde Person zu bezeichnen, zeigen bardotto 
Stalljunge, picchiotto Specht, farlingotto Sprachverderber. Mitunter 
ist 'Otto rein verkleinernd : casotto Schijiderhäuschen , aliotto kleiner 
Flügel, pagnotto Laib Brot, agnelotto FleischklOschen, candelotto, 
cappotto, bussolotto^ biasdotto gekautes Brot, visotto, camiciotto 
u. s. w. Dieselbe Funktion verrichtet auch -acchio , vgl. biracchio, 
cornacchiu die junge Krähe, volpacchio, reccacchio nach Caix, Studi 
475 von deutschem Reh, abbacchio zu ovicula gehörig, Caix, Studi 
127, orsiicchio und orsachiotto, dann lupacchino u. s. w. Nur ver- 
kleinernd ist 'Otto an Adjektiven : grandotto, gravottOj bassotto, 

661. Augmentativa und Pejorativa berühren sich meist sehr 
nahe, das Grosse gilt zugleich als das Formlose , Hässliche. Als be- 
liebtestes Suffix ist -accio zu nennen : acquacda abgestandenes 
Wasser, corpaccio grosser Körper, ßguraccia, affaraccio^ abitaccio 
abtisacoio, afaccia^ ferraccio altes Eisen, fogliacdo, fondaccio Hefe, 
tempacdoy pagliacdo Streu, omacdOy fattacdo Unfall , abatacdo, 
facdacda^ filacda u. s. w. ; motacdo schlammige Erde, fantacda 
faule Magd^ fortunacda^ bacacdo schlechter Seiden wurm. Dann mit 



§ 559. 560. 561. 562. 563. 564. 565.] Augmentativa und Pejorativa. 303 

'Ucdo (§ 559) verbunden: casucdaccia , ct^arucciaccio ^ acciden- 
tucciaccio, 

502. Neben ^accio findet sich BMßk --azzo: acquazzo Platzregen, 
andazzo Seuche, codazza, frettazza^ popolazzo Pöbel und einige 
andere. Das Verliältniss von -^zzo zu -accio ist nicht völlig klar. 
Accio erklärt sich ohne weiteres aus lat. -ncius, während ein dem 
-02^0 gerechtes -atius fehlt, so dass es sich fragt, ob -azzo nicht dia- 
lektisch sei, nord- oder süditalienisch, s. § 253. 

663. Verwandt ist -occio, -ozzOy das speziell die Derbheit &ub~ 
dxVickt:Jratoccto,festoccta, bamboccio Flippe, /antoccio, capocda, 
cartoccio. Mehr verkleinernd-kosend istßglioccio Täufling. Predi- 
cozza Strafpredigt, foreaozza Bauemdime, baciozzo derber Kuss, 
brigUozzo Strafpredigt u. a. Dann nach Adjektiven: grassoccio etwas 
fett, belloccio kräftig schön, frescoccio =/re8coso § 540. 

664. Auch das § 488 genannte -one wirkt vergrössemd. Men- 
tone bedeutet eigentlich der mit einem grossen Kinn Begabte , kann 
dann aber auch zur Bezeichnung eines grossen Elnnes verwandt werden, 
und so haben wir acquazzone, casone, domone, yalcione, lumacone, 
pescione, botieffone,/orcone, tnahone die wilde Malve, formicane, 
pretaccAiane u. s. w. One ist wohl dasjenige Augmentativsuffix , das 
am fruchtbarsten ist und das noch heute so ziemlich an jedes Sub- 
stantiv und auch an Adjektiva und Adverbien treten kann , vgl. be~ 
none, und das nur selten mit dem augmentativen auch den pejorativen 
Begriff verbindet. 

665. Pejorativ kann femer das Kollektivum werden, vgl. § 507. 
Durchaus diese abgeleitete Bedeutung zeigt das zu -aglia im Ablaut 
stehende -tigUo: rinmsuglio, avanzuglio, misctiglio, cespuglio , fre- 
guglio u. s. w. 

666. Endlich -astro an Personenbezeichnungen drückt die Ähn- 
lichkeit aus mit pejorativem Nebenbegriffe : ßgliastro , poetastro, 
medicastrOy BMch päastro. An Thiemamen bezeichnet es das Junge, 
Kleine : polastrOj porcastro und wenige andere. 

567. Was das Geschlecht der Diminutiva bekifft, so erwartet 
man bei den Bildungen auf -ino stets das Maskulinum, bei den 
übrigen Übereinstimmung mit dem Grundwort. Diese Regel , die in 
der Mehrzahl der Fälle wohl zutrifft, erleidet doch eine nicht unbe- 
trächtliche Zahl von Ausnahmen. Es tritt nämlich zunächst -ina an 
Stelle von -mo bei weiblichem Grundwort in den Fällen , wo die Ab- 
leitung auf -mo nicht die diminutive, sondern irgend eine andere Be- 
deutung hat, vgl. easino Landhaus, casina Häuschen, carozzino Ein- 
ftpänner für zwei Personen , carozzina kleiner Wagen, codino Zopf, 
codina Schwänzchen, bilancino Vorspannpf erd , bilancina kleine 



304 Wortbildungslehre. [§ 565. 566. 567. 

Waage, buUettino Billet, htdlettina kleiner Zettel u. 8. w. So ist 
hocchino ein Kosewort, während bocchina einfach einen kleinen Mund 
bedeutet; chiesina soll eine kleinere Kirche bedeuten als chiesino. 
Oft aber scheint kein Unterschied zu bestehen: hotteghino und -a, 
cenino und cenina u. s. w. Auch sonst giebt es manche Ausnahmen. 
Yon pafflia bildet mtin poffltccio klein gehacktes Stroh, wieder wohl 
ursprünglich das Neutrum eines Adjektivums , aber auch paglietto 
Matte, pagliuolo Raff neben pagliola StrohhSlmchen ; von nave neben 
navicella auch navtcello, von crusca : cruschello Kleienmehl, von 
cuffia\ cuffioito Männeihaube, wozu man berretto § 536 vergleichen 
kann, von pania neben paniuzza auch paniuzzo, von panca : pan- 
caccio vLnd panchetto neben panchetta , von manna: manella und 
manelloy letzteres sogar das gewöhnlichere, von acqua: acquerella 
und acquerelloj letzteres vielleicht nach vtnello, von colonna: colon- 
nello und colonnetto neben den entsprechenden Femininen u. s. w. 
Dagegen dürfte coscetto eher zu coscio gehören. Das Umgekehrte ist 
selten, doch vgl. collina neben colle. 

568. Ähnlich verhält es sich mit dem Geschlecht der Augmen- 
tativa. Diejenigen auf -one sollten Maskulina sein und sie sind es 
auch in der That meist, vgl. casone , donnone^ forconef malvone, 
falcione u. s. w. Es kann aber auch -ona eintreten, wenn die ur- 
sprüngliche Bildung auf -one eine besondere Bedeutung angenommen 
hat, vgl. bullettone Sophanagel neben bullettona Augmentativ zu 
bullettüy faccione hässliches , facdona grosses Qesicht , casone ge- 
räumiges, casona grosses Haus, oder in Fällen wie famigliona, da 
famiglione znfamigKo bezogen wird, bracona, da bracone Tagedieb 
bedeutet, bigonciona Augm. zu bigoncia neben bigoncione zu bigon- 
cio, cerona »faccia assai piena e coloritaa. Die andern Augmentativ- 
Suffixe sind alle aus Adjektiven entstanden und zwar zunächst aus 
in der Neutralform substantivirten, daher sie von Haus aus ebenfalls 
männlich sein sollten, ohne Rücksicht auf das Geschlecht des Grund- 
wortes. Es kann aber auch hier dann letzteres einwirken, so dass 
die Wörter auf -accto u. s. w. oft Femininform annehmen. Beispiele 
zu geben ist kaum nöthig, sie finden sich in hinreichender Anzahl in 
den vorhergehenden Paragraphen. 

Die Verba. 

660. Die Eintheilung der Verba in transitive und intransitive 
gehört in die Syntax, nicht in die Wortbildungs- und in die Bedeu- 
tungslehre. Dagegen lassen sich nach Art der Ableitung unter- 
scheiden: unmittelbar abgeleitete und mittelbar abgeleitete, um die von 
DiEz, Grammatik II 391 gewählte Bezeichnungsweise beizubehalten; 



§ 569. 570. 571.] Verbalbildung. 305 

bei jenen tritt die Yerbalendung unmittelbar an den Stamm; bei diesen 
wird sie mittelst eines Suffixes mit dem Stamm verbunden. Zu 
Ghrunde liegen in beiden Fällen nicht nur Nomina , sondern aucb Ad- 
verbien , vgl. dietreggiare^ oder zusammengesetzte Redensarten, wie 
das von Dante Parad. XIH 1, 7 gebrauchte und wohl von ihm selber 
gebildete intrearsi sich zu dreien vereinigen, oder arrivare nicht aus 
a und rivare, sondern direkt von a riva (wegen rr vgl. § 182), insu- 
sarsi sich erheben von in suso u. s. w. Ihrer Bedeutung nach zer- 
fallen die unmittelbar gebildeten Verba in drei Klassen , je nach der 
Rolle, die das Grundwort im Verbalbegriff einnimmt. Es kann näm- 
lich entweder Subjekt sein : facetare scherzen = esserefaceto^ nimi" 
care hassen = esser nimico, oder Objekt : fagianare fasanartig zu- 
bereiten, ya^ctware Reisbündel machen, ybtJe Ware sprechen, ybooröre 
Qunst erweisen, solare salzen u. s. w. , oder endlich adverbielle Be- 
stimmung: faldare eine Handlung ausführen mit der Sichel, d. h. 
mähen, ähnlich j^tomiar^ mit dem Lot messen, ferrare beschlagen, 
ßbbiare zuschnallen, ßlettare mit Goldfäden durchziehen u. s. w. 
Die dritte Klasse ist wohl die bei weitem zahlreichste, die erste die 
ärmste. 

570. Unmittelbare Verbalbüdung ist auch von abgeleiteten Sub- 
stantiven möglich, vgl. hastonare, ragionare^ avventurare. Immer- 
hin ist dabei etwelche Einschränkung zu machen. Wenn sich ein Sub- 
stantiv ganz klar als Ableitung zu erkennen giebt, wenn also das 
Grundwort noch besteht und das Suffix noch lebenskräftig ist, eine 
bestimmte Bedeutung hat, pflegen von dem abgeleiteten Substantiv kaum 
Verba gebildet zu werden. So sind die drei ebengenannten möglich, 
weil in bastone , ragtone , avventura die ursprüngliche Bedeutung der 
Suffixe "One, ^agione, -tura verloren gegangen ist und die drei Wör- 
ter für das italienische Sprachgefühl einfache, nicht abgeleitete sind. 

571. Nur die a- und «-Konjugation geben sich zu Neubildungen 
her, noch dazu kommt die letztere verhältnissmässig selten zur Ver- 
wendung. Am ehesten noch scheinen Ableitimgen von Adjektiven 
auf "ire gebildet zu werden, vgl. rinverdire, smagrire, sbiadire, 
shaldire, aridire, imbianchire, imbiondirey gradire, doch auchyiitJö- 
nre, colorire, impianttre, grantre, sgomentire, sbaldanzire, singhi- 
ozzire, foglire, rinvigorire, intiepidire, intimidire, intizzonire, in- 
timorire. Meist sind aber die Formen auf -are ebenso gebräuchlich, 
wenn nicht geradezu heute allein in Verwendung, vgl. smagrare, 
imbiancJiare ^ imbiondare, impiantare^ colorare^ favorarey granare^ 
sgomentare, singMozzare^ fogliare u. s. w. Selten scheiden sich 
--are und -ire nach Faktitiv und Inchoativ wie in ingrossare dick 
machen und ingrossire dick werden, intorbidare trüben, intorbidire 

Meyer-Lübke ,Ital. Grammatik. 20 



306 Wortbüdungslehre. [§ 571. 672. 573. 

trüb werden, invetrare yerglasen, invetrire zu Qlas werden u. a. Im 
AJlgemeinen scheint allerdings den t-Verben ursprünglicb der inchoa- 
tive Sinn beigewohnt zu haben ; bei der Leichtigkeit, mit der dieser 
aber mit dem faktativen wechselt, ist der ehemalige Unterschied völlig 
verwischt. Doch schimmert die eigentliche Funktion der Verba auf 
-ire noch mehrfach durch, vgl. z. B. invedovire Wittwer werden, in^ 
valorire kräftig werden, invanire verschwinden, selbst mvecchiuzzire 
etwas altem, inverminire wurmstichig werden, invietire nach Schim- 
mel riechen, inmllanire verbauern, inviperire zornig werden, ingio- 
venire jung werden u. s. w. Eine historische Untersuchung würde 
zweifelsohne für eine ältere Sprachperiode noch reinlichere Verhält- 
nisse nachweisen können. — Von dieser einen Funktion der Verba auf 
"ire und von der angegebenen Dreitheilung abgesehen lassen sich die 
unmittelbar abgeleiteten Verba nach ihrer Bedeutung kaum in ver- 
schiedene Klassen theilen, ebenso wenig lässt sich sagen, von welchen 
Substantiven Ableitungen möj^lich sind, da es auch hier wieder mehr 
Sache des allgemeinen Usus ist, zu entscheiden, was bleiben soll, was 
nicht. 

572. Bei der mittelbaren Ableitung ist |zu scheiden zwischen 
solchen Suffixen, die an Nomina und solchen, die an Verba treten. 
Die erstem berühren sich mit den unmittelbaren Ableitungen und es 
fragt sich bloss, wenn statt der direkten Ableitung ein Suffix vorge- 
zogen wird. In Betracht kommen •4care, -eggiare, -izzare. Icare 
ist ziemlich selten, vgl. etwa amaricare, bianckicare^ rossicarej 
fehhricare^ wo aber heute -eggiare vorgezogen wird, barbicare Wur- 
zeln fassen neben barbare, smozzicare verstümmeln, cavalcare reiten 
und andere. Das häufige Nebeneinander von unmittelbaren Verben 
und solchen auf '■icare hatte zur Folge , dass -icare schliesslich de- 
verbal wurde und zwar in intensivem Sinne, s. § 575, wogegen das 
denominale -icare zu einer bestimmten Bedeutung sich nicht zu ent- 
wickeln vermochte, vielmehr der Konkurrenz von -eggiare bald erlag. 

678. Dieses -eggiare nun ist bei weitem das beliebteste Suffix. 
Was seinen Ursprung betrifft, so ist seine Zusammengehörigkeit mit 
span. -ear, frz. -oger ebenso sicher, wie es unstatthaft ist, lat. -icdre 
zu Grunde zu legen^ welcher Typus zum Nothfall dem Französischen, 
aber nie und nimmer dem* Italienischen gerecht wird. Für alle 
Sprachen passt vielmehr -idjare, das fürs spätere Latein gelegentlich 
belegt ist und in dem Schughabdt, Litbl. 1884, 62 das griechische 
-/^w erblickt^) . Die Verba auf -eggiare haben alle die Bedeutungen, 



1) Ausserdem noch Ableitungen von Substantiven auf -^a (§516) und' 
-<o (§ 529). Letzteres ist, wenn die von mir gegebene Erklärung von -io 



5 573.] Verbalbildung. 307 

die die unmittelbaren Ableitungen aufweisen, vgl. fiammeggiare 
flimmern, flammen, ancoreggiare ankern, maneggiare befühlen, cor- 
teggiare den Hof machen, costeggiare längs der Küste fahren , cw- 
leggiare schwänzeln, dameggiare, donneggiare »far da donna«, wo- 
neben donneare bei Dante Par. XXIV 118 und sonst gelegentlich bei 
den Alten im Sinne von corteggiare, amoreggiare zwar lautlich 
ebenfalls 2^\ii -idjare zurückgehen könnte, vgl. § 249 , jedoch wohl 
eher als provenzalisches Lehnwort zu fassen ist, doppieggiare doppel- 
sinnig sein, dottoreggiare den Gelehrten spielen, ebenso dottri^ 
neggiare , drappeggiare drappiren (neben drappare) , echeggiare 
wiederhallen, erbeggiare grünen (und erbire) , facchineggiare ar- 
beiten wie ein Lastträger, fdlseggiare (undyb&ar^), fandulleggiare 
Kinderei treiben, fanfaroneggiare prahlen, fanteggiare den Diener 
spielen, favoleggiare Fabeln erzählen (und favolare), favoreggiare 
he^ns^tigen (xm^favorire)^ festeggiare Feste ge^eii, ßancheggiare 
in die Seite stechen {neben Jiancare die Seiten decken) , frascheggiare 
den Wein flaschenw^eise kaufen, unbeständig sein, ßgureggiare in 
Bildern sprechen (neben ßgurare bilden) , filosofeggiare (und filo-- 
sofare) philosophiren,^öre^^2are in der Blüte stehen neben ßorire 
Blüten ixeiibevLy ßscaleggiare die Rechte des Fiskus vertreten, folgo- 
reggiare (neben folgorare) und lampeggiare blitzen, folleggiare 
unbesonnen handeln und folleare , das Tommaseo aus einem alten 
Lyriker anführt, und das wohl wieder provenzalischen Ursprungs ist ; 
fondeggiare vor Anker legen, forcheggiare gabelförmig theilen, for- 
tuneggiare sich dem Glück anvertrauen, franceseggiare französische 
Wörter gebrauchen, francheg giare sicher stellen, befreien (neben 
francare)j frappeggiare kleinschneiden, Baumschlag zeichnen neben 
frappare ausschneiden, frascheggiare rauschen, fraseggiare Phrasen 
machen, frondeggiare Laub bekommen , sich mit Laub schmücken, 
fronteggiare die Front bilden, fulmineggiare nndi fulminare ^ fur- 
meggiare verdunsten (fumare rauchen) , für fanteggiare (und für-- 
fantare] Spitzbübereien treiben, galleggiare flott sein, gangheggiare 
die Maulsperre haben, garbeggiare (und garbare) anstehen, anmuthig 
sein, gareg giare wetteifern , gatteg giare schillern wie Katzenaugen, 
generaleggiare verallgemeinern, gesteggiare gestikuliren , ghiotto- 
neggiare leckerhaft sein, giacobineg giare , gialleggiare gelblich sein, 
giambeggiare verspotten, giganteggiare riesenhaft sein, giovaneg- 
giare, goffeggiare tölpelhaft sein, goleg giare (und golare) lüstern 
sein, gor gheg giare trillern, grandeg giare gross erscheinen, grecheg- 



richtig ist; unmöglich , auch ersteres bleibt mir zweifelhaft, doch lässt sich 
die Frage nicht innerhalb des Italienischen lösen. 

20* 



308 Wortbildungslehre. [§ 573. 574. 

ffiare, grondeggiare [\mdi grondare] traufen, grosseggiare gross thun, 
gufeggiare Schreien wie ein Uhu, lahhreggiare die Lippen bewegen, 
leise beten, Ictconeggiare ^ ladroneggiare ^ lappeggiare schlürfen, 
lappoleggiare (und lappolare) die Augenlider auf und zumachen, 
lumeggiare abschattiren , amareggiare verbittern, älbeggiare däm- 
mern, signoreggiare herrschen, vaneggiare und vaneare irren, villa- 
neggiare schmähen, eigentlich von der Art eines mllano sein , mot- 
ieggiare spotten, dardeggiare schiessen, f>eleggiare segeln neben 
Velare verschleiern, gtierreggiare (und guerriare)^ corteseggiare Höf- 
lichkeitsbezeugungen machen. Was nun den Untei schied betrifft zwi- 
schen der unmittelbaren Verbalableitung und derjenigen mittelst 
-eggiare, so tritt er am deutlichsten entgegen in Fällen wie fumare 
myA fumeggxare ^ doppiare verdoppeln und doppieggiare , ßgurare 
und ßgureggiare^ frappare und frappeggiare, aggrandire gross 
werden und grandeggiare, ingrossare dick machen und grosseggiare. 
In allen diesen Fällen haftet der langem Form der Nebensinn der 
überlegten, geistigen Handlung an ; während doppiare einfach doppelt 
machen bedeutet, ist doppieggiare ein auf das moralische Gebiet 
übertragenes doppiare ; während frappare ausschneiden heisst ohne 
nähere Beziehung , ist frappeggiare ein Eunstausdruck der Malerei 
u. s. w. Danach wird -eggiare in all den Fällen verwandt, wo ent- 
weder von Anfang an eine übertragene Bedeutung des Yerbums aus- 
gedrückt werden soÜ, z. B. gatteggiare ^ oder in Verbindung mit 
Ausdrücken, die mehr den gebildeten Gesellschaftskreisen angehören: 
corteseggiare, giacobineggiare, um auszudrücken, dass die betreffende 
Handlung einen gewissen Grad von Bildung voraussetze. — Für sich 
stehen folgoreggiare^ fulmineggiare und lampeggiare. Die Flexion 
auf -eya (§ 417) findet sich gerade bei den Verben, die Naturerschei- 
nungen ausdrücken ; speziell bei lampeggia, das möglicherweise durch 
Suffixwechsel aus *lafnpadiat entstanden ist, und an lampeggia sind 
dann die beiden andern angebildet i). 

574. Was von -eggiare gesagt ist, gilt in noch höherem Grade 
von der in ihren Lauten noch rein erhaltenen Form -izzare. Sie ent- 
spricht in ihrem Gebrauche ziemlich unserem derselben Quelle ent- 
stammenden -isiren, vgl. scandalizzare, macadamizzare, luterizzare, 
scrupolizzare, poemizzare^ poetizzare, latinizzare (uiid ^eggiare) , 



1) Ein seltenes -ezzare, wie z. B. amarezzare, orezzare, ist nicht sowohl 
dialektische Umgestaltung von -eggiare, sondern beruht auf unmittelbarer Ab- 
leitung von Substantiven auf -ezza^ -ezzo. Seltener ist es als eine Verquickung 
von 'izzare (§ 574) und --eggiare zu betrachten : profetezzaref poetezzare, bat- 
tezzare. 



§ 574. 575. 576. 577.] Verbalbildung. 309 

prologhizzare (und -eggiare), moralizzare {und -eggtare) , aromor- 
tizzarej fertüizzare, fraiemizzare ^ patrizzare (dem Vater nach- 
arten), evangelizzarcy egualizzare u. s. w. Das Nebeneinander von 
-izzare und -eggiare ist lehrreich. Wie die Substantiya auf -ista 
(§ 492], so gehören auch die Verba axd -izzare zunächst lediglich der 
Sprache der Gelehrten und der Bücher an und haben auch jetzt noch 
diesen Kreis kaum verlassen. Dringen sie aber doch aus dem einen 
oder andern Gründe weiter in die eigentliche Volksprache , so muss 
das ungewohnte -izzare den Platz dem mit ihm ursprünglich iden- 
tischen, aber der Volkssprache schon viel länger angehörigen -eggiare 
räumen. 

575. Treten Suffize unmittelbar an Verbalstämme, so drücken 
8ie eine Modifikation der. Ausführung einer Handlung aus. Das Ita- 
lienische bedient sich jedoch dieser Art, den Ausdruck zu modifiziren, 

^ nur in verhältnissmässig geringem Maasse. Die Intensität der Hand- 
lung bringt das schon § 572 genannte -icare zum Ausdruck, vgl. 
hollire aber bulicare aufwallen, sprudeln, arpare packen, arpicare 
anfassen, klettern, rampare festklammern, rampicare klettern, gemere 
tropfen, gemicare tröpfeln u. s. w. Häufig ist allerdings der Unter- 
schied ganz verwischt, vgl. afiutnicare, dimenticare neben den heute 
kaum mehr gebräuchlichen affumare^ dimentare, biasdcare und 
biasdarey sbarhare und sbarbicare. 

576. Ziemlich zahlreich ist dagegen die Klasse der Diminutiva. 
Mit der Kleinheit verbindet sich im Verbum sehr häufig der Begriff 
der Raschheit und Wiederholung. Wir finden zunächst als Suffix 
-olare, wie schon im Lateinischen, vgl. brancare packen : branco- 
lare tappen, venez. cigare^ tosk. cigolare knarren, 'kMrien^), Jrugare 
duiGhsucheHy frugolare durchstöbern, mescere und mescolare, pian- 
gere klagen und piangolare wimmern, vgL auch piagnucolarej sven- 
tare fliegen, sventolare flattern, gocciare tropfen, gocciolare tröpfeln, 
tombolare kopfüber fallen, tremare^ tremolare^ voUolare, crepolare 
bersten, scricchiolare knistern, sfregacciolare leicht reiben, sgrigio- 
lare klingen, grufare und grufolare wühlen, smammolarsi sich 
ergötzen. 

577. Ebenso ist -ettare sehr gebräuchlich: bombare trinken, 
bombettare nippen, zappare hacken, zappettare leicht behacken. 



1) Die Zusammenstellung mit sibtlare, die von Ferrari herrührt und 
von DiEZ, Wb. Ha, Flechia, Arch. Glott. HE 154 gebilligt wird, dürfte 
rücksichtüch der venezianischen Form in Frage gestellt werden, um so 
mehr, als lautlich das c nicht passt und der Begriff des lateinischen Wortes 
sich nur unvollkommen mit demjenigen des Italienischen deckt. Eher wird 
man an ein auf cic-ada gebautes *cicare denken dürfen. 



310 Wortbildungslehre. [§ 577. 578. 579. 580. 581. 

macchiare beflecken, macchiettare s^revikBhi j ffambettare zsii^^ehxj 
Unguettare stottern, sculettare schwänzeln, gamhettare trippeln, 
picchiettare tüpfeln, schizzettare he^^xitzen , scoppiettare knittern, 
krachen n. a. Seltener ist -ottare : ptgiottare, parlottare leise reden, 
flüstern, zischeln, horhottare murmeln vgl. borb-ogliare und Rom, 
Gramm. I 48 1) ; auch cingottare neben cinguettare mag hier ge- 
nannt werden. 

578. Rein verkleinernd ist -ellare: hdlzellare, sarchiellare 
etwas jäten, obenhin jäten, saltellare und salterellare hüpfen, pun- 
zellare tüpfeln, dentellare benagen, lardellare leicht spicken u. s. w. 
In canterellare mag das zwischen Stamm und Suffix tretende -er- 
sieh aus einem Streben nach Lautmalerei erklären. Femer mögen 
noch in ähnlichem Sinne genannt werden: -icchiare: salticchiare 
hüpfen, cucicchiare langsam nähen, rosicchiare und denttcchiare 
benagen, componicchiare mühsam zusammen schreiben; -ecchiare'. . 
sonnecchiare schlummern, morsecchiare anfressen ; -ucchiare : hev- 
ucchiare nippen, haciucchiare schnäbeln, j^e^wccÄiare, affatucchiare 
bezaubern u. s. w. 

579. Augmentativ und zum Theil pejorativ ist -acchiare: sha- 
dacchiare laut gähnen, batacchiare prügeln, tiracchiare zerren, scri- 
vacchiare schmieren, lavoracchiare pfuschen, fuggiacchiare oft die 
Flucht ergreifen, frugacchiare eifrig durchstöbern, rubacchiare 
mausen, sbevaccäiare, innamoracchiare, 

580. Nur intensiv sohmni -azzare: ÄCorra««are umherschwär- 
men, schiamazzare schreien, screpazzare bersten, scacazzare, sbe- 
vazzare nippen (eigentlich wohl oft trinken) , svolazzare flattern, spe-- 
lazzare Wolle lesen, ghignazzare laut lachen, innamorazzare u. a» 

n. Wortzusammensetzung. 

581. Bei der Bildung von neuen Wörtern durch Zusammen- 
setzung ist zu unterscheiden, ob der erste Bestandtheil des neuen Ge- 
bildes ein Präfix oder ein Vollwort sei. Die Präfixe, entstanden meist 
aus alten Präpositionen oder Adverbien, haben mit den Suffixen das 
gemeinsam, dass ihnen selbständiger Werth fast stets fehlt und dass 
sie an alle oder doch an die meisten Vertreter ganzer Wortklassen 
treten, um die Bedeutung der letztern nach bestimmter Richtung hin 
zu modifiziren. Bei der Zusammensetzung von VoUwörten dagegen, 
handelt es sich um die Schöpfung ganz neuer Begrifl'e, die allerdings 



1) DiEZ; Gramm. II 404 führt harhottare unter harha an, doch ist das 
Wort von horhottare nicht zu trennen, vielmehr aus diesem entweder durch 
Dissimilation oder durch Anlehnung an harha entstanden. 



§ 581. 582. 583.] Wortzusammensetzung. 311 

eine gewisse Beziehung haben zu den Begriffen, aus deren Bezeich- 
nungen die neuen Wörter gebildet werden. Der ersten Klasse gehören 
hauptsächlich Verba , selten Nomina an , der letzteren hauptsächlich 
Nomina. 

582. Die Zahl der fürs Italienische in Betracht kommenden Präfixe 
ist eine ziemlich grosse. Sie sind alle aus Präpositionen entstanden , 
die zum Theil noch in Gebrauch, zum Theil aber auch allerdings 
längst verschwunden sind. Die wichtigsten sind s aus lat. ex oder diSj 
iUj con, a, dij ri, dann so, tra, stra ; seltener zweisilbige wie 
contra, antij sotto u. s. w. Die jungen Präpositionen wie dopo, 
avanti u. s. w. sind dagegen zur Zusammensetzung noch kaum ge- 
bräuchlich. 

683. Vielleicht am deutlichsten ausgeprägt ist die Funktion Ton 
ri-. Wie im Lateinischen, so giebt es im Italienischen die Wieder- 
holung einer Handlung an : riavere wieder bekommen , ribattere 
wiederschlagen, riappisolarsi wieder einschlafen, ribagnare wieder 
baden, ribucare wieder durchlöchern, ricombattere von Neuem be- 
kämpfen. Die Wiederholung kann nun aber in anderem Sinne gefasst 
werden, entweder nämlich so , dass die Handlung durch eine zweite 
Person hinwiederum geschieht , oder dass sich mit ihr die Bedeutung 
eines Zurückkommens, Zurücknehmens an einen früheren Ausgangs- 
punkt verbindet. So haben wir für den erstem Fall riburlare den 
Spass erwiedern, riadulare 4ie Schmeicheleien zurückgeben, ria- 
mare die Liebe erwiedern, ricredere andern Sinnes werden, eigent- 
lich »hinwiederum glauben, seinerseits glauben, was der andere sagt«; 
auch rincontrare wird hierher gehören. Für den zweiten FaU : rian- 
dare, ritornare, rivenire, ribalzare zurückprallen, ribandire zu- 
rückrufen, ricacciare zurückjagen, ricadere zurückfallen, richiamare 
zurückrufen, riducerej rißutare zurückweisen, eigentlich zurück- 
blasen u. s. w. Oft scheint ri ganz bedeutungslos, namentlich bei mit 
in oder ad gebildeten Verben, vgl. rimbambire kindisch werden, 
rimbecülire dumm werden, rimbellire verschönern, rimbiancare über- 
tünchen, rimbiondire blond machen, rimbruttire hässlich werden, 
rimbuire verdummen, rimpiccolire verkleinem, rimpinzqre voll- 
stopfen, rimpoltronire faul werden, rincagnarsi böse werden, rin- 
carare vertheuem, rincerconire kahnig werden, rindvilire bilden, 
nwcorare ermuthigen, nWoWar« versüssen , rabbassare den Preis 
herabsetzen, rabbattere herunterlassen, rabbonacciare beruhigen, 
rabbonire besänftigen, rabbrividire schaudern, rabbruscare verdun- 
keln, rabbujare dunkler machen, raccertare vergewissern, raddiriz- 
zare gerade richten, raddolcire versüssen, raddoppiare verdoppeln, 
ra^(9rmare bestätigen , raffinare verfeinern, raffreddare abkühlen, 



\ 



312 WortbflduBgalehre. [§ 583. 584. 

railargare erweitem u. s. w. Wie man sieht, sind es fast ausschliess- 
licli solche Verba, die das Herübergehen Ton einem Zustand in einen 
andern angeben, Faktitiva oder Kausativa. Die Funktion von rt , wie 
sie hier erscheint, erklärt sich aus derjenigen in rwenire u. s. w. In 
letzterm nämlich drückt ri ebenfalls den Übergang von einem Ort zu 
einem andern, allerdings noch mit dem spezieUen Nebengedanken, 
dass es sich dabei um eine Rückkehr zum ursprünglichen Zustande 
handle. Es kann nun aber diese Rückkehr bloss ideell sein, oder sie 
kann schliesslich ganz wegfallen, und ri giebt dann nur noch die Ver- 
änderung überhaupt an. — Selten verbindet sich ri- mit andern Rede- 
theilen. In riecco ist ecco wie auch sonst als Verbum betrachtet. 
Auffällig ist rifallo, dem kein Verbum zur Seite steht. In dem Ad- 
Terbium di rimpetto entspricht ri dem ri in riburlare , in ridosso ist 
mit dem Ausdruck, der Rücken bezeichnet, die Partikel, die das » Zu- 
rück« ausdrückt^ verbunden u. s. w. 

584. Das italienische s- entspricht lateinischen dis und ex. 
Häufig stehen Bildungen mit dis und s nebeneinander, vgl. dishrigare 
heraushelfen und sbrigare befördern, disbadire und sbadire, disban- 
dire und sbandire, dibbarazzare aus der Verlegenheit bringen und 
sbarazzare wegräumen, disbarcare und sbarcare u. s. w., meist 
ohne Unterschied der Bedeutung, doch so, dass die Bildungen mit dis 
die jüngeren sind. Entsprechend seinem Ursprung ist die Bedeutung 
des s zunächst eine rein lokale, es giebt die Bewegung aus etwas 
heraus, oder auch das Auseinander an. In diesem Sinne tritt s häufig 
an Substantiva, um abgeleitete Verba zu bilden, vgl. sgabbiare aus 
dem Käfig befreien, das direkt von s und gabbia gebildet ist, nicht 
von *gabbiare. Ebenso scatenare, sfornare, sf ossäre^ sguainare, 
sfasciare u. s. w. Sodann sgranare auskörnen, spopülare entvöl- 
•kem, wo das Substantivum das Objekt der Handlung ist, ferner sfa^- 
fnare den Hunger stillen, sf errare die Eisen wegnehmen, sbandare 
zerstreuen. Aus dieser privativen Bedeutung entwickelt sich dann die 
der Umkehning ins Gegentheil : sfelice unglücklich , sfocato kalt, 
sbadato unbedacht, sbiadato verblichen, sconsiderato , scostumatOf 
sfwoorire schaden, sfermare und schiudere öffnen, sßttare lockern, 
sbalestrare ie\l whiQ^^QTijSberciare ^ scolorire entfärben, scomodare 
lästig fallen. Das Herauskommen liegt vor in scolare, schiarire^ 
schiarare, das Herausnehmen in scavare, scacciare, sfuggire, scor- 
rere, sfiatare ausathmen, sfondare\ das Ausschliessen in sbarrare\ 
das Auseinanderreissen in scollegare^ sfaldare^ scolpare entschul- 
digen, scombinare durcheinanderbringen, scotnmezzare halbiren, 
scompagnare trennen, scomporre zerlegen, scomunare veruneinigen, 
«cowcorrfe uneinig , sconsigliare dihx^iYi&n, ÄCOW«e»fore missbilligen, 



§ 584. 585. 586.] Wortzusammensetzung. 3^3 

sconvenire, scoprire^ scordare, screscere, sdegnare, aßgurare ent- 
stellen, sgominare u. s. w. Sehr oft ist 8 verstärkend zunächst bei 
solchen Verben, die die in 8 liegende Bedeutung schon an sich aus- 
drücken wie 8fendere =^fendere^ s/iondare schleudern, sbandire 
verbannen, 8calvare kahl machen. Hierher gehört spauperarsi sich 
ärmer machen um etwas, sfolgorare^ ^foggiare, sfinire, sfavillare 
sprühen, 8guaTdare eigentlich hinausblicken ; 8haciucchiare , 81)01" 
deggiare sich erkühnen, sccdmarsij 8campanare , sconfermare, sha- 
tacchiare, shattere schütteln, sheoacchiare, sconßggere^ scacazzare, 
scaldare erwärmen. Auch bei Adjektiven : biescio und 8bie8ciOy 8bU'- 
Kmo heisshungrig, sfdccendare und selbst bei Substantiven: 8baldore 
Heiterkeit. Zuweilen ist gar kein Unterschied zu merken , vgl. sbia^ 
sire und basire^ sbavare, 8beffare^ sbiasciare , sbufonchiare und Jo- 
fbnckiare, 8camuffare, scommeitere. Noch bleibt zu erwähnen, dass 
8 auch dem frz. mes-, span. meno8~y lat. mmu8 entsprechen kann: 
spregiare, scontento, 8conoscere,[ scredere neben müavvenire, mts- 
cadere, fni8cono8cere, miscrederey misdire, mi8fare, misprendere, 

685. Den Gegensatz von 8 bilden in und con. Jenes bildet 
Verba aus Verben und Substantiven, um die Bewegung in etwas 
hinein anzugeben; vgl. imboccare in den Mund nehmen, imbisacdare^ 
impostare, incarrozzare^ imbarcare, imbcdsamare, imbaulare, im- 
beccare, importare^ indurre, imbattersiy incacciare antreiben, in- 
cadere, impiantare, impiagare, immischiare. Sodann werden von 
Adjektiven und Substantiven Faktitiva mit in gebüdet, das Versehen 
mit einer Eigenschaft wird aufgefasst als ein Versetzen in dieselbe 
hinein, vgl. inaridire austrocknen, ingrandire vergrössem, inpaHi- 
4ire erbleichen, illeggiadrire verschönem, illanguidire schwächen, 
imbellire verschönem, imbiancare weissen, illaidire hässlich machen, 
imbianchire weissen, immagrire mager werden, immegliare ver- 
bessern, impiccolire verkleinern, intristire böse werden, imboschire 
ver wildem, impecorire. Auch Adjektiva werden bisweilen so ge- 
bildet : illetarghito, imbisognato beschäftigt, immusito ärgerlich, im- 
pagliolata Wöchnerin, imparolato geschwätzig, imperversato hitzig, 
impettito steif (vielleicht zunächst Partizip zu impettire) u. s. w. 

686. Auch die Zusammensetzungen mit con zeigen meist noch 
ganz deutlich den ursprünglichen Sinn der Präposition, sie geben also 
die Vereinigung, die gemeinschaftliche Handlung, die Begleitung an. 
So haben wir Vereinigung in comporre, ,coHocare, collegare zu- 
sammen binden, combinare^ wohl auch congelarCj dann concatenare 
verketten, concentrare zusammendrängen, concorporare, wo der Aus- 
gangspunkt ein Substantiv ist; die gemeinschaftliche Handlung in 
condolere, compatire, collaborare^ collacrimare^compiangere^collu- 



314 Wortbildimgslehre. [§ 586. 587. 588. 

dere, auch collaudare eigentlich gemeinschaftlich loben, concreare, 
collitnare ursprünglich zwei Gegenstände gleichzeitig feilen, com- 
battere, confrontare, coabitare, coUaborare, concordare, concreare^ 
condurre begleiten , conreffnare, cooperare^ cosptrare. Diese Verba 
sind dann gerne reflexiv : concredersi sich verständigen, confarsi an- 
gemessen sein, condirsi, corifasttdiarsi. Häufig ist con einfach ver- 
stärkend: commescere, commescolare, conchrndere, convincere, conr- 
guagliare^ conseffuire, contorcere, confermare, consomigliare, con- 
cuocere, verdauen, comprovare, compunffere, confringere^ conquidere, 
convalidarej corrispondere, — Con kann nun auch an Substantiva 
treten und giebt in diesem Falle die Mitbetheiligung an : condttadino, 
coacctcsatOj condebitorej coaccademico, consuoceroj concatisa Neben- 
ursache, confossa Nebengraben, Böschung; combibbiay commensale^ 
compare, compatto, endlich condegno passend, coegiuile völlig gleich, 
coevo gleichaltig, concolore u. s. w. 

687. Auch bei di liegt die lokale Bedeutung der Entfernung, 
Trennung noch ziemlich oft vor: diboccare aus dem Munde nehmen, 
diroccare herunter stürzen, digradare herabsetzen, dibastare ab- 
satteln, diboscare entwalden, dibrucare die Bäume reinigen, dibtic- 
ciare ausschälen, diffaldare abblättern, difformare entstellen, dibar- 
bare entwurzeln, dibrancare ausmerzen, difrenare den Zügel ab- 
nehmen, digranare entfetten, dilacciare aufschnüren, dimembrare 
zergliedern, dinodare aufknoten, dipellare die Haut abziehen , diz- 
zaccherare von Klumpen reinigen , dann dilungare verlängern, di- 
largare verbreiten, dimagrare abnehmen, diradare verdünnen u. s. w. 
Mit Zeitwörtern : ditrarre wegreissen , dirubare rauben , dilavare 
auswaschen, dipascere abweiden, dimeitere ablassen, dann auch di- 
numerare einzeln zählen, diffondere vergiessen, dipartire abreissen, 
dichinare herabneigen, diffaltare mangeln u. a. , digiudicare abur- 
theilen. Es ist nun aber gerade bei diesen letztern nicht ganz leicht 
zu scheiden, ob wirklich di- oder nicht vielmehr die- vorliege. Vor 
l, nij nj bj g, d, f ist im Lateinischen dis zu di geworden , das nun 
natürlich im Italienischen mit de zusammenfällt. Eine Scheidung ist 
um so schwieriger, als die beiden Präfixe sich auch in der Bedeutung 
berühren, doch kann z. B. in diffidarej diffaltare dis stecken, 
ebenso in dimentire Lügen strafen neben smentire, dimembrare zer- 
gliedern, digiungere zertheilen. — Noch mag dirozzare an demBiohen 
arbeiten genannt werden. 

688. Am unbestimmtesten sind endlich die Zusammensetzungen 
mit a» Der ursprünglich lokale Sinn, der Annäherung macht sich 
zwar noch oft geltend : accorrere herzulaufen, addurre herzuführen, 
aggiungere hinzuführen, auch in accadere, avvenire, apportare 



§ 588.] "Wortzusammensetzung. 315 

hinzutragen, apporre, accasare verheirathen, accasermare in Kaser- 
nen unterbringen, accopptare. Dann aber wird a aucb in übertragenem 
Sinne gebraucht. Zunächst bildet es von Adjektiven und Substan- 
tiven Faktitiva: abbrunare zum Schwarzen machen, abbellire ver- 
schönem, abbonire beruhigen, abbassare niedriger machen, abbonare 
verbessern, abbreviare abkürzen, abbronzare bräunen, abbrutire 
verdummen, abbujare verdunkeln, accecare blenden, abballare ein- 
ballen, aüicar« zu Haufen machen , abbinare paaren, abbocconare 
zerstückeln, äbbottarsi sich aufblähen^ abbrancare zusammen treiben, 
accagliare gerinnen, accalorare erhitzen, accapponare kastriren, 
accestire Büschel bilden. Die Richtung auf etwas hin dürfte auch 
vorliegen in abbadare achtgeben neben badare^ acchiappare erwischen, 
addarsi gewahr werden, adocchiare anblicken, affibbiare anschnallen, 
affig g er e anheften, agguardare ansehen. Mehr instrumentalen Sinn 
hat a in abbacinare blenden, abbambagiare wattiren, abban,care mit 
Bänken versehen, abbertescare befestigen, abbastonare prügeln, 
abbendare verbinden, abbiellare verkeilen, abboccare anbeissen, ab- 
boracdare und abborrare mit ScheerwoUe füllen , abbracciare um- 
armen, abbrigliare zäumen, accappiare mit der Schlinge befestigen, 
accastellare mit Kastellen versehen, accerchiare umschliessen , acd- 
t(^r^ beim Schopf nehmen, accollare aufbürden, accostumare ge- 
wöhnen, addentare packen, additare hinweisen, addossare auf- 
bürden, addrappare^ adescare ködern, affunare aufhängen, alletar- 
mare düngen u. s. w. Es können nun in dem Sinne dieser letztern 
Beispiele auch Verba ohne a- direkt von Substantiven abgeleitet 
werden, vgl. § 569. Die Folge davon ist, dass auch in sehr vielen 
andern Fällen a- fast ohne jede Bedeutungsänderung vorgeschlagen 
werden kann, vgl. z. B. acconsentire und consentire, accontare 
zählen, accontentare befriedigen , accurare besorgen , addimandarej 
addimenticare, addimorare, addimostrare, addipannare, addirizzare, 
addisciplinare, addivenire, addiventare, adempiere^ also namentlich 
bei mit di zusammengesetzten Verben. Verschieden von den bis- 
herigen ist abbisognare, das erst aus ha bisogna infolge falscher Auf- 
fassung des ha entstanden ist (A. Tobleb, Zs. vgl. Sprachforsch. 
XXm 421). Die Zusammensetzungen mit a berühren sich vielfach 
mit denen mit in und nicht immer ist der Unterschied, der ursprüng- 
lich zwischen a und in besteht, festgehalten. In einzelnen Fällen 
freilich tritt er noch ziemlich deutlich zu Tage, so in abbracciare 
umarmen neben imbracciare an den Arm binden, abboccare an- 
beissen neben imboccare in den Mund stecken , appoggiare stützen 
neben impoggiare Berge besteigen. In sehr vielen andern Zusammen- 
setzungen scheinen a und in völlig gleichbedeutend zu sein, vgl. 



\ 



316 Wortbüdungslehre. [§ 588. 589. 590. 59t, 592. 

irricchire und arrichire, imigginire und arruggimre^ ctlUvidtre 
illividire, imbelUre und ahbellire u. s. w. 

689. Per giebt den Raum an, über welchen hin, oder quer 
durch welchen sich die Handlung erstreckt : percorrere durchlaufen, 
percacciare verfolgen, perdurare dauern, perdurre hindurchführen, 
perforare durchbohren, perhistrare erspähen, permanere bleiben, 
pemottare übernachten, pemoverare durchzählen, perseguttare ver- 
folgen, pervagare durchstreifen, pervenire. Zuweilen ist per ver- 
stärkend : perfricare tüchtig reiben, permischiare mischen, permuo-' 
vere, persohere erfüllen, perfrequentare oft besuchen, und mit Ad- 
jektiven : percaro, permaloso. 

590. Noch weniger fruchtbar als per ist pro, das in seiner 
Grundbedeutung unserm vor entspricht, daher procedere vorwärts 
gehen, produrre vorführen , professare öffentlich bekennen , profon- 
dere vor sich hingiessen, ausgiessen, progettare vorschlagen, pro- 
muovere vorwärts bewegen, proporre vorschlagen, prorompere her- 
YOThiecheiLy proseguire j prostendere ausstrecken, protrarre hervor- 
ziehen, provenire hervorkommen. Seltener ist die Bedeutung des In- 
teresses : procacciare verschaffen, procurare Fürsorge treffen, prov- 
vedere. — Zuweilen steht j^ro für per : profumare, prolungare, 

591. Auch so- = lat. suh- ist ziemlich selten. Die lokale Be- 
deutung, wie sie noch vorliegt in soccavare unterhöhlen, sofforare 
von unten durchbohren, soccidere unten wegschneiden, soggiogare 
unterwerfen, sopporre, soppiantare, soppannare, soppozzare, sos- 
crivere u. s. w., hat sich meist in geistigem Sinne weiterentwickelt: 
etwas unten hindurch, unter der Hand, d. h. heimlich, allmählich tun: 
socchiudere halb schliessen, socchiamare leise rufen, sorridere lächeln, 
sohhollire eivfBÄ eieren , soccrescere j sojffreddare MsJ^ihlen^ soffre- 
gare leicht reiben , soffriggere leicht rösten, sogghignare heimlich 
lachen^ sogguardare anblinzeln u. s. w. 

592. Antir-, ante-, avanti- behalten überall ihre Grundbedeu- 
tung, vgl. anticorrere voranlaufen, anticonoscere vorher erkennen, 
anticoncepire, antidire voraussagen , antidatare, antigtistare einen 
Vorgeschmack haben, antigitcdicare , antiprendere vorweg nehmen, 
antimettere, antivedere, antigtcardare voraussehen, antiandare vor- 
angehen, antimandare u. s. w. Dann bei Substantiven: antihecco 
Eisbrecher, antibraccio Vorderarm, anticamera Vorzimmer, anticorte 
Vorhof, antibasa, antiporta, antisdla\ antenato, antepassato, ante- 
porta, anteserraglia Vorlegeschloss ; avambr accio YordeiaTm, avam- 
porto Vorhafen, avamposto Vorposten, avancarica, avancorpo Vor- 
bau, avangtmrdia Vortrab, avantreno Protze. 



§593.494.] WoTtzusammensetzung. 317 

698. Dasselbe gilt von contra^ , vgl. contrabattere eine Gegen- 
batterie errichten, contrabillanciare das Gleichgewicht halten, con-- 
iraccambiare gegen tauschen , contraccicalare dagegen schwatzen, 
contrctddire widersprechen, contraffare nachäfifen, contrammandare 
Gegenbefehl geben, contrappassare, contrapensare auf Gegenmittel 
sinnen, contrappesare aufwiegen, contrapporre entgegensetzen, con-' 
trappunteggiare steppen , contrarrüpondere u. a. ; contrabbailata 
Gegenstrophe, contraccambiale Gegenwechsel, contraccanta Gegen- 
gesang, contraccarico Gegengewicht, contraccava Gegenmine, con-- 
tracchiave Nachschlüssel , contraccolpo Gegenschlag , contraccritica 
Gegenkritik , contraddanza , contraddote Gegengabe, contraffodera 
Doppelfutter, contrafforte Stutzpfeiler, contrafforza Gegengewalt^ 
contraffosso Vorgraben, contrdgguardia Bollwerkswehr, coniral" 
lume Gegenlicht, contrammarea Gegenflut, conirammina Gegenmine,^ 
contrammuro Gegenmauer, contramore Gegenliebe, contrapparte 
Gegenstimme u. s. w. 

594. Tra- und Jra^ berühren sich sehr nahe. Jenes entspricht 
lat trcms- oder intra-, dieses lat. infra-, Trans- bedeutet ursprüng- 
lich durch hindurch, intror- zwischen, infror- unter, sie bezeichnen 
also Lokalbegriffe, die sehr leicht in einander übergehen. In der 
That kann man z. B. bei tralasciare im Zweifel sein , ob man es als 
durchlassen oder unterlassen auffassen soll. Die lokale Bedeutung ist, 
meist noch klar, Ygh frammescolare und tramescolare dazwischen 
mengen, frammettere , tramettere und frammezzare dazwischen, 
legen, ^a;j^e7M?ere missverstehen, yrajG(pore und ^röp/)orre dazwischen 
stellen, frastagliare auszacken, frastenere hinhalten, frastomare 
abbringen 1). Mit tra-\ trascegliere y tr(ifiggere äxachbohieiiy tra- 
colare durchtränken, tralignare, tramontare untergehen, traboccare 
austreten, ^raeforr« hinüberführen, trasportare, tramutare , trasan- 
dare über die Zeit hinausgehen, trabastare übergenug sein, trabere 
und tracannar6 zu viel trinken, tracolpire über das Ziel schiessen, 
^raj9a^ara zu viel bezahlen, tracotare übermüthig sein, trafare zu 
viel thun ; trafugare heimlich flüchten, traguardare verstohlen sehen, 
iravedere flüchtig sehen u. s. w. Die Bedeutung des Übermaasses,. 
die mehrere der letzten Verba zeigen, eignet tra dann namentlich bei 
Adjektiven: traantico , tra^varOy trabasso, trabello, trabeato, tra*- 
buono, tracarcioj tracaro, tracattivoy tracontento, tracortese^ tra- 
cottoj trafermoy trafreddo, tragrande^ tramiserabile u. s. w. 



1) Dagegen wird fracassare .vielmehr /ra-«fo, fra-ngere im ersten 
Theile enthalten, da, wie die obigen Beispiele zeigen, der Konsonant nach 
fra stets verdoppelt wird. 



318 Wortbildungslehre. [§ 595. 596. 597. 598. 

695. Daran mag sich stra = extra schliessen, das mit Adjek- 
tiven und Verben das Übermaass angiebt: stragrande, strabello, 
strdbene, strabuono, stracaro , stracontento , stradoppio, straßno^ 
sirafoggiato , stragrave u. s. w. , stradolore , straora ungewohnte 
Stunde; strahere^ 5^racamj5m sich abarbeiten , stracantare schlecht 
singen, stracuocere zu sehr kochen, stracorrere^ straf are zu viel 
thun, stragodere^ stra^/onfiare , strapagare über bezahlen, stra- 
parlare u. s. w. Seltener zeigt sich die räumliche Bedeutung von 
extra, vgl. strahalzar'e hin und her schaukeln , straboccare heraus- 
Btürzen, strafalciare nachlässig mähen, stralignare , stranaturare 
4iie Natur ändern, Ä^ran]parö austreten, stravalcare, stravasare aus- 
treten u.a. Zuweilen tritt stra- ganz an die Stelle von tra- : stra- 
ßgurare, straf or are , strapiantare j straportare, stravestire u. s. w. 

506. Zur Steigerung dient ferner das dem Griechischen ent- 
stammende ard-^ nicht nur in arciduca, arcidiacono und andern 
Titelwörtern, sondern auch in arcibriccone Erzschelm , arcifanfano 
Aufschneider, arcigiullare Erzgaukler, arctmatto Erznarr ; dann bei 
Adjektiven : arcicontento, arcibestiale und selbst bei Verben : arci- 
ballare sich müde tanzen, und bei Sachnamen arcispedale. Die Ver- 
bindung mit Adjektiven und Personalbezeichnungen ist eine unbe- 
grenzte. 

597. Die Negation eines Adjektivs wird ausser durch s meist 
wie im Lateinischen durch iw- ausgedrückt: infelice, ingitcstOj ine- 
gttale, illegale, illegittimo, illeso, illecito, tmmantfesto, immansueto, 
immaturOj immemorej inamabile, mappellabile ^ inameno, inatto, 
inavveduto , inavvertito , inavvezzo , incauto , inestimato , inerrabile 
u. s. w. Die Zahl der Beispiele ist eine grosse, allein bei näherer 
Betrachtung ergiebt sich, dass es hauptsächlich die gelehrten Adjektiva 
sind, die eine Negirung ihres Begriffes mittelst in- erlauben, während 
die eigentlich volksthümlichen sich kaum dazu hergeben. 

598. Zuweilen nimmt male die Stelle von in ein: malsano, mal" 
^icurOj malavvedutOj malabile, malaccorto unvorsichtig, malagiato 
unbequem, malcauto unvorsichtig, malconoscente undankbar, mal- 
contento, malcreato ungezogen, malcredente ungläubig u. s. w., 
während in manchen andern mal noch mehr seine ursprüngliche Be- 
deutung bewahrt: malaccondo übel zugerichtet, malaffetto übel ge- 
sinnt, malagevole unbequem, malarrivato ungelegen , malassettato 
unordentlich, malcoperto schlecht bedeckt, malinteso missverstanden, 
malimpiegato übel angebracht, malvissuto von schlechtem Lebens- 
wandel, malvisto ungern gesehen, malvivo halbtodt, und zahlreiche 
andere. Mit Verben verbindet sich mal seltener: malconsigliare 
schlecht berathen , malgiudicare ungerecht beurtheilen , malmenare 



-^ 



§ 598. 599. 600. 601.] Wortzusammengetzung. 319 

schlecht behandeln, malmeitere vergeuden , maltrattare, malvolerej 
mdlvedere und das schon lateinische maledire. 

699. Auch bene tritt mit manchen Adjektiven zur festen Ver- 
bindung zusammen. Die Schriftsprache ist sich hier übrigens ziem- 
lich inconsequent. Im Grunde kann bene zu jedem Verbum oder 
Adjektivum in lobendem Sinne treten, aber in manchen Fällen wird 
es noch als selbständiges Wort betrachtet, in manchen nicht. Vgl. 
etwa bencreatOy benvenutOj benamato, benaffetto (aber bene affettato), 
benarrivato, benaugurato, benavventurato ^ beneviso gern gesehen, 
benj^acente, benfatto wohlgestaltet, beninteso kunstreich angeordnet, 
bennato, bentenuto, benvedutOj benvoluto u. s. w. Dann also auch 
hier benedire. 

600. Mittelst Zusammensetzung zweier im Italienischen noch 
selbständig vorkommender Wörter werden fast nur Sachnamen ge- 
bildet. Die Eintheilung kann daher nicht nach Begriffskategorien 
gemacht werden, sondern nach dem VerhSltniss, in welchem die 
beiden Grt/ndwÖrter zu einander stehen. Da haben wir zunächst bei 
Bildungen aus zwei Substantiven den Fall, dass das zweite vom ersten 
abhängig ist, aber das erste näher bestimmt, wie acqtiavite, capel- 
vener e^ in welchen beiden offenbar lateinische Genitive stecken (vgl. 
§ 317), dann aber auch caposcuola Meister einer Schule, caposta- 
zione Stationsvorsteher, capoposta Postenchef, capoparte Parteichef, 
capocaccia Oberjägermeister, capobanda u. a. , nach deren Vorbild 
capo-artißdere^capocuoco^caportolanoyjL, a. gebildet sind; capopagina 
Arabeske, capolavoro Meisterwerk, woneben capodopera eine Über- 
tragung des französischen chef cPoeuvre ist, capoletto Kopfstück^ 
capomese u. s. w. ; acquaragia Terpentinöl, cannamele Zuckerrohr, 

fwöomele Honigwabe , mnomele Apfelwein , welche drei Bildungen 
allerdings nicht erbwörtlich sein können, da man entweder miele oder 
melle (= mellts) im zweiten Gliede erwartet; madreperla, madreselva 
Gaisblatt, madrevite Schraubenmutter, madrebranca Hauptzweig, 
madrefamiglia, madreforma, sogar madrepatria u. a. 

601. Auch die umgekehrte Stellung der beiden Glieder kommt 
vor, YglJinseme Leinsamen, merlticdo [maris Iticius), dt nottetempore 
zur Nachtzeit, orbacca [lauribacca , vgl. § 195), terremoto, acque- 
dotto j ragnatela Spinnengewebe, capocenso Kopfsteuer, capogiro 
Schwindel u. a., ferner die Bezeichnungen der Wochentage. Was das 
gegenseitige Verhältniss der beiden Bildungsweisen betrifft, so ist die an 
zweiter Stelle erwähnte die ältere. Die ihr angehörigen Wörter tragen 
mit wenigen Ausnahmen das Gepräge höheren Alters, sie sind erstarrt 
und werden zum Theil kaum mehr als Zusammensetzungen gefühlt. 
Die Wortfolge, Genitiv-Nominativ, ist die lateinische, wogegen die in 



320 ' Wortbildungfllehre. [§ 601. 602. 603. 604. 

caposcuola vorliegende, Nominativ'Qenitiy, vielmehr die romanische 
ist. Derselbe Altersunterschied lässt sich historisch nachweisen an 
Ortsnamen, vgl. B. Bianchi, Arch. Qlott IX 418. 

602. Es giebt nun noch eine dritte , nahe verwandte Klasse, die 
durch Beispiele wie cavolfiore Blumenkohl, ^orcoßpwccto Rittersporn, 
ßorvelluto Tausendschön, piantanimale charakterisirt wird. Hier 
stehen die beiden Substantiva auf einer Stufe und zwar bestimmt das 
zweite das erste näher , ohne doch von ihm abhängig zu sein , wie bei 
den Beispielen von § 600. Vgl. noch grülotalpa Maulwurfsgrille, 
toparagno Spitzmaus, cassamadta Kasten in Form eines Backtrogs, 
cartamoneta Papiergeld. Bei letzteren kann man übrigens zweifeln, 
ob carta durch moneta oder moneta durch carta näher bestimmt sei 
und so leitet das Wort hinüber zu andern, in denen das zweite Glied 
näher bestimmt ist, wie J^erravta Eisenbahn, crocevia Kreuzweg, 
ragnolocusta Fangheuschrecke. Die drei Beispiele sind et^as auf- 
fällig, sofern ihre Bildung dem italienischen System kaum entspricht, 
so dass die Frage offen bleibt, ob sie nicht von Gelehrten in falscher 
Analogie zu griechischen Vorbildern (man denke an piroscafo) ge- 
schaffen seien. 

608. Zusammensetzungen aus Subsantiv und Ac^ektiv sind nicht 
gerade selten, gehören aber in ihrer überwiegenden Mehrzahl der 
dichterischen Sprache an. Andere wie cutretta aus cattdatrejnda 
werden nicht mehr in ihren zwei Bestandtheilen gefühlt. Sonst haben 
wir codatremola neben latinisirendem coditremola, codirosso Roth- 
schwanz, codihmgo Schwanzmeise, pettirosso Rothkehlchen, capinero 
Grasmücke, capirossOj also ausnahmslos Thierbezeichnungen. Häu- 
figer werden Adjektiva auf diese Weise gebildet : codimozzo mit abge- 
stumpftem Schwänze, bocchiduro hartmäulig, cornomozzo stumpf- 
hornig, das wieder mehr italienischen Anstrich hat, giritondo, mar- 
rittOy oricrinito u. a. Echt italienisch sind daneben Zusammen- 
fügungen wie beccostorto Krummschnabel, beccocomuto Hahnrei, 
culbianco, cervelbalzano, barbarossa u. s. w. Die Zahl dieser letz- 
teren Bildungen lässt sich nicht angeben, da es sich mit ihnen verhält 
wie mit den § 599 besprochenen Znsammensetzungen mit bene\ 

604. Nicht anders verhält es sich, wenn das Adjektiv vorangeht« 
Ein festes Wort ist buontempone, sofern hier die eigenthümliche Be- 
deutung und das Zusammenwachsen der beiden Wörter durch ein 
ihnen sonst nicht zukommendes Suffix ausgedrückt wird. Aber gran- 
cancelliere Grosskanzler, granbestia Elenthier, granducay gran- 
maestro Grossmeister, sind noch lose Zusammenfügungen, ebenso 
belvedere, bellosgtuirdOj J^^ore Wucherblume, bellimbuato^ belloc- 
cMo, mezzobusto Brustbild , mezzocerchio Halbkreis , mezzogiomOy 



§ 604. 605. 606.]. Wortzusammensetzung. 321 

mezzanottej mezzombraj mezzoscuro, mezzalunaj mezzamosca, 
mezzatinta u. s. w. Beachtenswerth ist mezzolana, wo die Verschmel- 
zung der beiden Glieder schon soweit vorgerückt ist, dass das erste 
seinen ursprünglichen Auslaut aufgegeben hat. 

605. Substantiva mit Verben oder Partizipien sind selten, vor 
allem kann man in Fällen wie colportare, mallevare , mantenere, 
calpestare u. s. w. nicht von lebenskräftigen Bildungen sprechen, 
und vollends rarefare, dolcificare oder Adjektiva auf -ßce sind reine 
Latinismen, deren hier nicht weiter gedacht werden soll. 

606. Wohl aber ist eine andere äusserst fruchtbare Bildungs- 
weise aus Verben und Substantiven zu nennen , diejenige aus einem 
Verbum im Imperativ mit abhängigem Objekt : dccatta-panej eigent- 
lich »bettle Brodff als Bezeichnung des Bettlers. Das Lateinische 
kennt diese Bildungen nicht, auch dem Rumänischen scheinen sie 
noch fremd, dafür aber haben sie die andern Sprachen um so reicher 
ausgebildet. Es bilden diese Wörter also ursprünglich »im Einklang 
mit der lebhaften Ausdrucksweise der Volkssprache einen Zuruf ge- 
wöhnlich an den damit gemeinten Gegenstand« Diez, Gr. 11438. 
Anfangs auf Personenbezeichnungen und zwar wie unser deutsches 
»Springinsfeld« in scherzhaftem Sinne beschränkt, wird diese Art 
der Wortschöpfung bald benutzt zur Bezeichnug aller möglicher 
Gegenstände. Eine kleine Auswahl mag genügen, um die Fruchtbar- 
keit zu zeigen. Materialsammlungen sind auch von Ba:kmeteb S. 10 
und von Osthoff, Das Verbum in der Nominalkomposition im Deut- 
sehen, Griechischen, Slavischen und Romanischen gegeben. Die ab- 
weichende Erklärungsweise des letztern kann innerhalb des Italieni- 
schen nicht zurückgewiesen werden, vgl. dagegen A. Toblek, Ver- 
mischte Beiträge zur französischen Grammatik S. 62. Wir haben 
also z. B. mit portare : portahacchetta Ladstockträger, portahandiera 
Fahnenträger, portabichiere Trinkglas teller eben, portabilancie W&ge- 
hsilken,portabtti Kleiderrechen, portabotttfflteFisLSohengestell, porta- 
cappe Felleisen , portachicche Bonbonschachtel , portacqua Wasser- 
träger, portacroce Kreuzträger , portadolce Naschdose , portaßaschi 
Flaschenkorb, jöor^o/b^K Brieftasche, jöor^o/woco Zündruthe, porta- 
giberne Patrontaschenriemen, portainsegna Fahnenträger, portalapis 
Reisfeder, portalettere Briefträger, portalime Messerfeile, porta- 
luminello Stollen, portamantello Felleisen, portamocchette ^JAdhi-^ 
putzscheerenteller , portamonete Geldtäschchen , portamorso Riemen 
am Pf erdegebiss , portampoUe Ölflaschenständer , portanastri Buch- 
zeichen />orfao?*o undportolio ÖlgefS,B8jportapenne Federhalter, porta- 
sedile Sänftenträger, portasigari Cigarrenständer,^or<aÄpa€?a Schwert- 
träger, portastecchi Zahnstocherträger, portastendardo Fahnen- 

11 eyer-Lftlke, Ital. Grammatilr. 21 



322 WortbQdungglehre. [§ 606. 607. 

Junker, portavaliffia Packriemen , portavento Windrölire , porta- 
vivande Speisenträger, portavoce Stimmrolir; mit guardare: fftiarda- 
Batterie Batterieaufseher, guardahoschi Waldhüter, gtiardacanna 
Halsstück, guarddcapre Ziegenhirt, guardacartocd Feuerschirm, 
^Fwarefaca«a Hausverwalter, ^warefoceware Ofenvorsetzer, guardiicorde 
Federhaus, guardacoste Strandwache, guardacuore Mieder, guarda- 
efowmj Wärterin, gtiardagote'iA9i%\iG, ywarefafo^t Flankier, gtmrda- 
macchie Feldhüter, guardamagazztno Magazinaufseher, guarda- 
mcdati Krankenwärter, guardamandrie Schäfer, guardamano Über- 
ärmel, guardamuniztoni Munitionsaufseher, guardanappo Handtuch, 
guardanaso Nasenmaske, guardanatiche Beinkleider, gtmrdanidio 
Nestei, guardaparco Parkaufseher, gteardapetto Bohrbrett, guarda- 
piedi Fusssack, gtmrdapolli Wärter des Federviehs, guardaporto 
WeLGhschiSj guardaportone Thürhüter^, guardaposto Wachtposten, 
guardareni Nierenschiene, gtiardaroba, gtmrddsigiUi Siegelbewahrer, 
^2^arc^«j9en«a Yorrathskammer, guardastvoa Bootsmann, guardaterra 
Feldhüter, guardwöia Bahnwärter, guardavivande Speiseschrank ; mit 
parare : parabordo Ankerfütterung , paracadute Fallschirm , para- 
calci ein Theil am Pferdegeschirr, paracamino Schieber am Kamin, 
paracarro Grenzstein, paraeenere Ofenvorsatz, paracqua Regen- 
schirm, parafalde Vorstoss, parafango Schmutzleder , parafulmine 
Blitzableiter, parafuoco Ofenscldrm, paragrandine Hagelabieiter, 
paraytmnto Trinkgeld^ paraluce und paralume Lichtschirm, para- 
manOj paramosche Fliegenwedel, paraocchi Scheuleder, parapalle 
Kugelfang, parapetto Brustwehr, parapioggia Regenschirm, par<isole 
Sonnenschirm, paravento Bettschirm, paraviso Gesichtschirm; mit 
andern Verben : conciabroccke Kesselflicker , condacaizette Schuh- 
flicker, concialaveggi Kesselflicker, concta^^^^e Dachdecker, accon- 
ciapadelle Topf flicker u. s. w. Wie sich aus den Beispielen ergiebt, 
kann das abhängige Substantiv je nach der Bedeutung, die ihm an- 
haftet, im Singular oder Plural stehen. Zuweilen erscheint es auch 
mit dem Artikel, doch nur, wenn es vokalisch anlautet, vgl. hevü- 
acqua Wasserträger, tiraloro xmd^laloro Golddrahtzieher, battiloro 
Goldschläger, fuggilozio Zeitvertreib. Es kann ferner das abhängige 
Substantiv abverbiale Bestimmung, also mittelst einer Präposition 
mit dem Verbum verbunden sein, vgl. saltimbanco Bänkelsänger, 
saltanseccia Feldlerche (vgl. seccia Stoppelfeld), saltinselle Fliegen- 

1 ) Dagegen ist guardacorpo seiner Bedeutung wegen als französisches 
Lehnwort: gar de de corps zu fassen, also ganz andrer Bildung. 

2) Da partone Thorweg vorkommt, so wird man nicht annehmen 
müssen, guardaportone sei eine Weiterbildung aus guardaporta mittelst des 
individucdisirenden -one (§ 488). 



i 



§ 606.607.608.] Numeralbildung. 323 

Schnepper, tomasole und girasole Sonnenblume, hatt-in-zecca 
Münzer, cant-all-^scio Strassensänger u. s. w. Auch das syntak- 
tische Verhältniss, in welchem die beiden Bestandtheile der Kompo- 
sition zu einander stehen , kann ein anderes sein als in den zuerst 
betrachteten Fällen. Das Substantivum erscheint nämlich mitunter 
als Subjekt: tremacoda Bachstelze, hatticuore Herzklopfen, scoppia- 
ctcore Beklemmung u. s. w. — Statt eines Substantivs steht ein Ad- 
jektiv oder ein Adverbium oder gar ein Pronomen , vgl. butt(ifuorij 
facimale imd /acibene y ygh facidanno ^) j gridalto, lasciamisfare, 
fattibello Stutzer, endlich zwei Imperative: andirwiem Irrgänge, 
saliscendi Thürklinke u. s. w. 

TTT. Numeralbildung. 

607. Neubildung der Kardinalzahlwörter beginnt erst von 17 an, 
während von 1 — 16 die dem Lateinischen entsprechenden Formen ge- 
blieben sind: unOy due, tre^ qtcattrOj cinque, sei, sette^ otto, nove, 
dteci, undici, dodici, tredid, quattordici, quindid^ sediciy aber di- 
ciasette^ diciotto, dicianove ; ventuno u. s. w. Die Zehner entsprechen 
wieder den lateinischen : venti , trenta , quaranta , cinquanta , ses- 
Santa, settanta, ottanta, novanta. Die Hunderter sind durch Zu- 
sammensetzung der Einer mit cento neugebildet : cento, dtwento, tre- 
centOy quattrocento , Cinquecento, seicento, settecento, ottocento, 
novecentOy, Bei den Tausendern werden die beiden Elemente nicht 
zusammengeschrieben : mille, due mila, tre mila u. s. w. Mit diesen 
Formen stimmen auch die Mundarten überein, bis auf eine Abwei- 
chung. Aroiiio erwähnt für Noto eine Zählung nach dem Vigesi- 
malsystem: ru vintini := 40, tri bintini = ßO , entsprechend ru 
vintini rici = 50 u. s. w. Und dieselbe Erscheinung weist Teramo 
auf, vgl. Sayini 60: e^ vendine, tre vendinq u, s. w. Wie weit sich 
diese Zählmethode erstreckt, weiss ich nicht. 

608. Bei den Ordinalzahl Wörtern begegnen ebenfalls nur in ge- 
ringem Umfang Neubildungen, die ersten 12 bleiben ganz unverändert, 
Ygl, primoy secondo, terzo, quarto, quinto, sesto, settimo, ottavOy 
nonOj decimOy undecimo , dodecimo und so bis sedecimo ; oder aber 
von 13 an wird zerlegt: decimo terzo. Von diciasette an kann -esimo 
angehängt werden: deciasettesimo und so bei allen Zehnern: ventesimo 
trentesimo u. s. w. Auch hiervon entfernen sich die Mundarten nur 



1] In dem et könnte man das Pronomen sehen wollen, doch erwartet 
man dann facci. — Da bei der Mehrzahl der Verba der Imperativ dem 
Verbalstamm gleich ist, so wird auch hier der Verbalstamm statt des Im- 
perativs gesetzt. 

21* 



324 Wortbildungslehre. [§ 608. 609. 610. 611. 

wenig. Von Wichtigkeit sind die norditalienischen Formen auf -eno, 
aven. vinteno^ der 20., Exemp. 410, amail. cinquen, sexen, seteUj 
offien, novefiy dexen n. s. w. , Mussafia. Bonvesin § 132, agen. 
septen, oiten, noven, dexem^ centem, millem Arch. Qlott. X 159. An 
Stelle von primo tritt hier meist primariteSj mail. gen. piem. 
prümer, primer. 

609. Die Distributiva werden mittelst -ina gebildet: ctnquina, 
Bettina j decina, dozzina^ ventina u. s. w. , während das Piemonte- 
sische -ena wählt: ventena, sinkena u. s. w. — Die Multiplikativa 
kommen nur in Bachform vor: semplice, duplice u. s. w. Merk- 
würdig ist ein von Mussafia, Beitrag 83 aus dem Venezianischen und 
Toskanischen nachgewiesenes ugnolo einfach. Auf die verschiedenen 
Umschreibungen zur Bildung der Zahladverbien einzugehen ist hier 
nicht der Ort. 

rv. Fronominalbildang. 

610. Von einer noch lebenskräftigen Bildung der Pronomina 
kann man im Italienischen kaum mehr reden, immerhin mag ein spe- 
ziell die Indefinita betreffender Zug angemerkt werden. Die meisten 
dieser Pronomina enthalten -^no im zweiten Theile : alcuno, ciascuno, 
und ciasckedunOj qualcheduno, alt auch cadauno, ognuno, nissuno 
und niunOj veruno, selbst alquantuno, taltmo, certuno. Dieses -uno 
wird mundartlich gelegentlich gegen homo vertauscht, vgl. agen. 
ognomo Arch. Glott. X 159. 

V. Adverbialbildung. 

611. Nur die Bildung von Adverbien aus Adjektiven kann hier 
untersucht werden, da sie allein heute noch wirkliches Leben hat. Wie 
in den Schwestersprachen ausser dem Rumänischen, so dient auch im 
Italienischen in erster Linie und hauptsächlich mente, d. h. der Ablativ 
des lateinischen Substantivums mens. Das Adjektivum nimmt natür- 
lich weibliche Form an, da mens Femininum ist. Also allegramente, 
bellamente, aspramente, chiaramente, grandemente u. s. w. Bei den 
Adjektiven auf /, r fällt das e nach § 108: generalmente , maggior- 
mente, crudelmente, vümente u. s. w. Parimenti hat allein das alte 
Ablativ e bewahrt und altrimente nach sich gezogen, s. § 107. Von 
besonders bemerkenswerthen Bildungen ist etwa noch zu nennen im- 
punemente, insiememente Bocc. Dec. Intr., quasimente, guarimente^ 
wo -mente an Adverbien tritt. Von fellone lautet das Adverbium 

fellonessamente , ^2i zu fellone das Yeminm fellonessa lautet, vgl. 
§ 496. Die lateinischen Adverbia auf -e und -o haben sich nur in 
geringer Zahl erhalten , vgl. hene, male, pure, lungi, tardi, voluntieri 



§611.] Die Adverbialbilgung. 325 

und leggieriy pianOj sicuroj basso, vistOj troppo u. s. w. Die Aus- 
scheidung dieser letztem gegenüber denjenigen auf -mente gehört 
der Syntax an. Beachtenswerther sind die Bildungen auf -om. 
Erstere gehen von Substantiven oder Verben aus, verbinden sich 
übrigens oft mit der Präposition a, vgl. a hoccone^ a traversone, a 
ßdrajone^ a barcollone, a spenzollouCj brancone tappend, carpone 
auf allen Vieren, ginocchione auf den Knieen, gomitone auf den 
Ellbogen, bdlzellone hüpfend, ciondolone baumelnd, rotolone rollend, 
saltellone hüpfend, sdrucciolone gleitend, tastone tastend, traversone, 
baloccone tölpelmässig , j^e^^c^Z/om jungfernmässig , cavalcone ritt- 
lings, tentone tastend u. s. w. Die Entstehung dieser Ausdrucksweise 
ist nicht völlig klar. Neben -one findet sich meist auch -om, so gi~ 
nocchioni, boccom\x. s. w. Es ist denkbar, dass in ginocchiont das 
-e den Plural andeutet, und dass es dann weiter übertragen wurde. 
Es fragt sich nun weiter, ob die Verbindung mit der Präposition den 
altem oder den Jüngern Zustand darstelle. Die Vergleichung mit dem 
Französischen und ProvenzaUschen (vgl. Diez , Gramm, n 258) lässt 
die erstere Auffassung vorziehen, man sagte zunächst a bocca, in gi- 
nocchij a branca. Das angefügte -one aber dürfte nicht das augmen- 
tative (§ 564) sein, wie Diez annahm, sondern vielmehr das die han- 
delnde Person ausdrückende (§ 488) und zwar liegt hier in dem -one 
in Verbindung mit a der spezielle Sinn der Bewegung. Die Bildung 
von adverbiellen Redensarten mittelst Präpositionan wie dirado , a 
certOj dappie u, s. w. gehört in die Syntax. 



SACHREGISTER. 



Aocent 90—93, im Yerbum 232—234. Sein Einfluss.auf die Entwicklung 
der ihm vorhergehenden Konsonanten 122—124, 130, 131, 135, 137, 
138, 140, 142—143, 149, 152. — Nebenaccent 92, 154. 

Adjektiva, Flexion 204—206. Bildung 293 — 299; aus Substantiven ent- 
standen 298, aus Adverbien 206. Im Satzinnem verkürzt 61, 205. 

Adverbia» Bildung 324; in Pronominalfunktion 210. 

Analogie, 1. einfache: eine seltene Lautgruppe wird von einer wenig ver- 
schiedenen, häufigen angezogen: vendica, tetto 38, gr^gge, 
scendere 43, m^trcy sov^nie 38, i§ aus ie 38, anlautend cJ^io 
fair CO 89, in- für an- 83, ast- für ist- 184, sce- für se- 97, a, 
80 mit nachfolgendem Doppelkonsonant statt einfachem 154, 
vgl. ucceüo 123; av- statt ev- 82, ins, inv- statt is- iv- 173, 
ieatuggine, incuggine 73, pome, ßme 60, e rre 105, VgL noch 
§ 278. 

2. proportionale: a. ned^ mad, sed neben ne, ma, ae nach e ed, 

o od 85; hiatustilgende Konsonanten 85; 
tune, trede 172, luglio 98. 

b. in Substantiven: «orco 190, rovereQS, neap. 
yod^^, poll§^§ 37, maiL li vice 45, tarent. 
capu 202, glomer 181. 

c. bei Adj ektiven: aven. antisi 191 ; S. Frat. 
kunfatiz 201, dolco, bieco 204. 

d. bei Verben: sgjffre 41, f^nde, vfnde ann^sta, 
38, vgl. ni^e 39 ; vgla, divgra 44. In En- 
dungen i in 2. Sg. 200; o in 1. Imperf. 226, 
a in 1. Präs. im Tessin 219, -o in 1. Sg. im 
Piemont. 219, 3. Plur. -ano 222, 3. Plur. 
perf. -onno 227, ven. Partizip auf -esto 231 ; 
esco = exeo 235, oßrire 244 , 3. Plur. perf. 
-eru im Siz. 245, 3. Plur. enno 246; piem. 
un s= Ao 248, j^uo^ 254, nordital. don 256 ; 
risposto, rimasto 259 u. s. w., vgl. noch § 457, 
und Umprägung. 

Anbildung 1. sinnverwandter "Wörter: Im Geschlecht: forfora nach brenna, 
crtMca 134, arbore nach den Baumbezeichnungen 185. 

In Suffixen § 6i9,ßammore 279, carbonigia 278; femer polenda 291, 
bracciere 266, bevanda 291, cor<e«6 295, ßntino 301, /öre«e 295, ia«*- 
m«;^ 299, maschile 297, pianajuolo 268, m/^mo 301. Vgl § 500, 509, 
518, 532, 551. 



Sachregister. 327 

2. formverwandter Wörter: Im Suffix: paragone 186; par-eU 186, 
padrone 192, caretto, AS, pome Jhne, fume 192, carpiney frMsine 192, 
pagini 189, veron. deliciaf ISO; vel. noch § 294: -cha 60, pruovo 61, 
ftiora 61, ^rta 61, poscio 61, tnercoledi 61, aUrimenti 61. 

Angleichung gegensätzlicher Begriffe: ^tWo = ^tWo + «imo 42, ^(>i7tti s= 
^gmu + w()<<» 41. ^reve = ^at^e -|- leve 35, nuora = ntirus -f- socrua 41, 
oprc sss apre + coprc 35, rendere = re<Were + «renrf«re 171, suocera = 
nuora -\- sgcera 44. VgL Verschränkung; Volksetymologie. 

Artikel Flexion 216 — 218; verwächst mit dem Substantivum : 115, leco 170, 
/, la, n, im Sardischen 8 als Artikel gefasst, fallen 114, 169, 170. 

AsBimilation von Vokalen § 121, 135, ferner parimmti 61, tvt 61, »>rt 60, 
hestefnmia 79, segreto, penello, cesello 72, at^avamo 242, battadore 265, 
sard. pasare, sar agare 75 ; von verbundenen Konsonanten § 220, 226, 
229, 235, von getrennten 281 ; femer gubbia, gridare, gastigare, galigare, 
gobbola, pomberare, gomito, qombina, maü. Jord 96, zezzo, guagheggiare 
97, bibbtOf berbice, berbena, öombero 98, bubbola 153. VgL noch § 194. 

Buchvrörter 9; Lautbehandlung: gr. t? = » 16, lat. e 37, t 39, ö 40, u 41, 
^42, o 43, au zu al, av 58, tonloses au 75, c/ 109, 111, l vor Kons. 
135, intervokalische Verschlusslaute 154, di 143, n 1^- Vgl. § 296, 
314, 411, das Imperfektum im Sizilianischen 243, Gen. plur. auf -oro 180; 
Suffixe : -ak 296, -ese 295, -azione 283, -izia 278, -üta 268, -tsmo 282 ; 
-mme 178, -issimo 20Q, -tä 278; a6»a<tco 143, acquoso 29S, appendice^l, 
aquila 140, avvincere 241, druca 121, 6ru^^o 143, butirro 16, ce^^o 153, cAra- 
t7tca 57, conaumare 337, contenza 177, cur&o 131, (fazto 176, 185, debito 
70, damineddio 179, £?w*t^o 69, £?»re«o 39, eco 185, fabbrüe 297, /ac»fe 68, 
festuca 121, genere 179, ghieido 143, tvt 61, ^rtce 69, merito 69, TnaecAma 
154, macola 125, ma9««^a 176, mtirtce 69, noit/e 68, nodoso 293, o/to 143, 
omero 41, /^a/tb 14^, passio 185, patena 91, /»i^to 176, prefazio 176, 185, 
quadra 177, reo 56, redenza 177, «o^a^o 70, secondo 123, «ert;o 131, 
solfore 182, «j^o/Zs 132, ttrano 143, päd. strepola 49, «^rwzzo 177, u^ere 
179, «<•/« 60. 

Deutsche Kolonien in Oberitalien 3. 

Dissimilation von getrennten Vokalen § 134, ferner leticare 36, nemtco* 
72, sperone, serocchia 78, canoscere 82; von sich berührenden Vokalen 
50; von Konsonanten § 282, saggio 131, giglioy aioglio, mail. na&e/, 
bergam. nodola 98, ctn^t«« 93, bertovello 98, -?aäe 121, farchetolüf farke- 
duno 109. Unterdrückung von Lauten zur Dissimilation: § 285 und 
ehiesa, ghiado 143, avello, usignuolo 114. 

Eigennamen 174. 

Funktionsverschiebungen: Plurale werden durch Vermittlung des Kol- 
lektivs zu Singularen: die Neutra 183. Singulare auf -a als KoUek- 
tivplurale gefasst 197; Adverbia vertreten Pronomina 210. Obliquus 
als Nominativ 209; ai ama oder uomo ama = amiamo 220, 221; zweite 
Person Sing, als Plur. 223, 226, 227. Adjektiva an Stelle von Parti- 
zipien 232, Adverbia von Adjektiven 206. 

Gallo -italische Kolonien in Sizilien 6. 

Geschlecht wird durch die äussere Form, seltener durch die Bedeutung 
bestimmt: 185 ff.; vel. noch /e«^t 189; beeinflusst die Form: »wora 175, 
mana, aga 188; beeinflusst die Flexion 190, 199, 202. Vgl. noch § 537. 

Oriechische Kolonien in Italien 4. Griechische Wörter im Italienischen 
melo 34, J^tuta 138, dttca 121, siz. deda 96, itria 42, ital. talanto 43, 
lecc. nasaia, nakiru 74; Behandlung von e 43, ij 39, i 36, o 44, v 15, 
Accent 92, anlautende tonlose Verschlusslaute 96. 



328 Sachregister. 

Katalanen in Sardinien 3. 

Keltische Einflüsse in den oberitalienischen Mundarten 128. 

liautumsetzung : südsard. lindiri 40, aret. puoko, kuosa, muota 57, liyom. 
^Kons. statt r-Kons. 136, camppb. pacciya 145, lucc. pist. nota, gato 
148, maSi, piiJlcana 152, piem. arcede 25, aret. mh ss mm 172, piem. 
ö 229. 

Iiehnwörter, lautliche Verhältnisse: frz. r zm l 174. Ital. e, o im Süden 
zu ie, uo 38, 41. Einzelne Wörter: 

1. Französisch-provenzalische : acchitarsi 40, allevitne 276, assem- 
bra 37, hialtä 84, burro 16, 70, chiero 35, clero 35, dettaglio 
154, dispitto 43, ßoscio 125, formaggio 165, friert 35, ^»m 62, 
giolhdro 176, gioventa 178, giumella 77, guaime 276, guarda- 
corpo 322, incom«;zza 47, /dato 59, levriere 137, malvestä 84, 
mandorla 16, medesimo 37, miraglio 273, mo^^o 41, neWo 37, 
not 62, wo/a 44, oi?ra 70, pareglio 47, pensivo 297, prence 36, 
proßtto 43, ^tft^^o 40, rispitto 43, rt/^/o 44, «atm« 276, sargia 40, 
saggio 143, «avt'o 143, «or^a 188, «oi^^n^e 38, ^urno 44, t^mtVe 91, 
ventaglio 273. — Suffixe: 'oggio 288, -tere 265. 

2. Aus dem Spanischen : ca^a^ura 2S4, farahutto 153, ginetto 154, 
sard. kadira 40, meschino 72, regalo 72. 

3. Aus Mundarten : acott^^a 143, ammmnar^ 292, arieni^o 141, a/tce 
39, brugola 173, oarefia 36, cavolo 57, citrullo 40, ciucco 42, 
CO 57, eruna 122, doaaressa 271, €?o^e 41, fanciullo 40, fogno 84, 

folaga 41, gaggia 14ä, ^q/a 143, ^tot?o 122, giucco 42, gubhia 42, 
lebbra 137, /tao 121, merciadro 176, moscado 121, mo^ctama 276, 
mo^a 57, navolo 57, poccia 143, j?nia 42, ramarro 143, segugio 
72, scoglio 138, spegnere 46, spegnare 237, «^az2o 176, ^opa 57, 
<w/o 76. 

Fostverbalia § 519 und 524, femer coccta 176, «foccto 176, emil. cr/?ßpr 191, 
/^a 184, /rorfa 188, /o<fa 188, «t« 178, <c7?«a 176, maiL zo^re^ 182. 

Präfixe 338; die erste Silbe wird gegen ein ähnlich lautendes Präfix 
umgetauscht: dimeatico 81, soddurrej soddisfare 82, südsard. ^erciai^t/, 
log. peraula 84. >S, als Präfix gefasst, fällt 115. Per und j?ro ver- 
tauscht 83. 

Frovenzalen in Süditalien 6. 

Bätisohe Elemente im Venezianischen: «o aus mo 27, »e, uo aus ^, (> 29> 
«atW 51, p; 112, -orfro 178, -aasemo 233, 3. Perf. -d 239; 

im Tessin: ^ aus (> 28, / aus e 101, ka aus ca 98, Bewahrung Ton 
l 126; 

im Lombardischen: £ 102, / aus c 101, /?/ 112. 

Bückbildungen: mamo 293, ^z»o 37, päd. mielle 36, tess. rt^'m 178, vgl. 
Postverbalia. 

Bumänen in Istrien 6. 

Sabellische Einflüsse im Italienischen 103, 132, 133. 

Satzphonetik: Anlaut bedingt durch das vorhergehend Wort § 182 — 184 ; 
Auslaut § 108, 380, 382; Verallgemeinerung der Satzinlautform mit 
Bücksicht auf den Anlaut: gostare 96, südital. kkyu 114, sard. bennarzu 
107, mail. volzd, vüsd, voltra, vong, votanta 170, Mit Rücksicht auf 
den Auslaut: antif avanti 61, ottre, come 60, pure 61. Tonlose 
"Wörter : conte 69, ogni 44, siz. korkt 50, lomb. on 48, 8§i 32 ; era 32, 
bene 32, avale 141, forse 44, forsi 61, nd 43, nordital. mo 50. Vgl. noch 
§ 301, 369—374, 377. 



Sachregister. 329 

Schriftsprache enthält namentlich in den ersten Jahrhunderten sizüia- 
nische Formen: i aus e 22, u aus p 23, f statt ie 42, g statt uo 43, 
au aus tonlosem o 81, Neutra plur. auf -e 196, 3. Ferf. auf -io 244. 

Slngrularformen als Kollektivplurale gefasst 194; nach Zahlwörtern er- 
starrt 202. 

Slaven in Italien 6. 

Sprachmischung : Beeinflussung des Katalanischen durch das Sardische 3, 
des Deutschen durch das Italienische 3, des Griechischen, des Istro- 
Riunänischen durch das Slavische 6, des Monferrinischen in Sizilien 
durch das Sizilianische 7, 104. Vgl. nach Kätisch, Keltisch, Sabellisch, 
Lautlimsetzung. 

Substanitiva : Flexion 174—204, Bildung 263—293, aus Adjektiven ent- 
standen 290, aus andern Kedetheilen 292, zu Adjektiven geworden 298, 
vgl. auch ven. pom'ega 189. 

Suffixe 338. Französischen Ursprungs: -iere 265, -aggio 288; Sufflxver- 
tretung: -tore für -tojo 264, -ora für -aja 265; -ente für -ante 298. 
Sufßxvertauschung : -xno statt -eno 39; -icchio statt -ecchio 39; -§llo 
st&U'ello 205; -ice statt -tce 91; -{no statt -mo 91; paura 42. Anglei- 
chung einer ursprünglich zum Stamm gehörigen Sube an ein Sumx; 
-etto aus -§tto 43; gtto aus gto 154, malato 69, lomb. somes 91, Tnani- 
care, scomeneeare 84, scalterire 78. 

Umprägung: I. Innerhalb desselben Wortes. 

a. beim Nomen: 

1 . Singular nach Plural -aro 191, abruz. yung^y porc§, hu - 
fuc^ 191 ; lomb. fon&j südital. fun^o, lomb. sparg 

19], südital. uomine 191; luogo, leigo, ago 121, 
mail. grüpp, püy 45, minugia, tndugio 143. 

2. Plural nach Singular: -aji 191, gen omi 191. 

3. Maskulinum nach Femininum: suocero 44, spigo 
121, lovo 121, campob. httq 31. 

4. Femininum nach Maskulinum: siz. miu 56, antica 
141, amica 120. 

b. beim Pronomen: 

1. Singular nach Plural: röm. Vu 217. 

2. Maskulinimi nach Neutrum: ogni, ven. nu^^a 218. 

3. 3. Fers, nach 1. Fers.: sen. ro 211, röm. sio 214. 

c. bei Zahlwörtern: died 60, lomb. ses 157. 

d. beim Verbum: 

1. Stammbetonte Formen nach den endungsbetonten: 
ammucchia 42, chiude 74, corruccia 42, cuce 42, 
ßuta 74, gitta 43, letica 36, pisola 39, risica 39, 

Sega 43, vgl. noch 243; tess. k4nti 98, meria, 
saraja 143. 

2. Endungsbetonte Formen nach den stammbetonten : 
giucare 73, dirizzare 142, vgl. noch 234. 

3. Präsens nach Perfekt und Partizip; arogere 241, 
fuggire 42, vgl. 250, 

4. Imperfekt nach Perfekt 223, 226. 

5. Perfekt nach Partizip und umgekehrt: 245. 

6. Perfekt nach Präsens: posi 44. 

7. Imperfektum konjunktivi nach Imperfektum prä- 
sentis 227. 

8. Infinitiv nach Präsens: saper e^ poiere 123. 



330 Sachregister. 

9. Einzelne Yerba sind maasBgebend f&r ganxe Typen : 
Storno für alle 1. Flnr. 221; /Km f&r das Imperf. 
conj. im Teasin 230 ; das Perfät yon stare, dare für 
die n. nnd zum Theil die I. und m. Konj. 227, 
239; das Perfekt von habere 240; der Konjunktiv 
yon habere 247, 256; das Partizipium nach /a^«m 
231 ; nach posto, rimasto 231. 

10. Bei den einzelnen Personen in der Endung: 

a. 1. Sg. Imperf. ind. nach Präs. 226; 1. Sg. 
Impm. koni., 3. Plur. Imperf. konj. nadi 
Perf. 226; Perf. nach Imperf- konj. 240; 3. 
Plur. Perf. nach 3. Plur. Präs. 227. 

b. 1. Sg. yon essere nach 3. Plur. 219; 1. Sg.nach 
2. Sg. 241, nach 3. Sg. 219; 1. Plur nach 2. 
Plur. 228, 230, 239, 240; 2. Sg. nach 1. Sg. 
220, 3. Plur. nach 3. Sg. 227, 238 ; 3. Sg. nach 
1. Plur. 240. Das ganze Perfekt nach 3. 
Plur. 241; im Stamme: leggo nach leggi 154 
cuocio nach cuoci 235. 

11. Innerhalb der yerschiedenen Klassen: 

amo nach tremolo 219; I. Konj. nach 11.: 2. Plur. 
Prfts. 223, Präs. konj. a 224, Perfekt 240, endo 232, 
im Partizip sard. amau 126 ; U. nach IQ. ; -ono statt 
-eno 224, -ia statt -ea 243; IL nach L, m.: 2. Sg. 
Präs. 220; n., lU. nach L: Imperf. ind. 243, Konj. 
präs. -» 225, -ando 232 ; III. nach 11. : -ero stett 
'iro 245; -uto statt -ito 245. 

II. Innerhalb derselben Wortart: 

Grundform nach Ableitung: bQSSO 41, scudo 121, ritto 
39, Upra 70, norditaL prüm 49, päd. ßme 37, yen. 
gemo 44. Ableitung nach Grundwort: vajuolo 144 
lenzuolo 142. 

lU. Innerhalb yerschiedener Wortarten: 

a. Substantiy nach Verbum, ygl. Postyerbalia und nord- 
Ital. bula 96, norditaL romol 43, vergogna 47, irapano 
16, tremuoto 41, aret. kyovela 49, pregio 143. 

b. Substantiy nach Adjektiy: uggia 44. 

c. Adjektiy: 

1. nach Substantiy: fedele 72. 

2. nach Adyerbium: megliore, peggiore 72, peggiore 
123, lungo 44. 

3. nach Yerbum: saldo 44. 

d« Pronomen: nach Verbiun 280. 

Umstellung yon Vokalen § 150 und deritto 39, albero 190, rinnina 42, 
luccherino 78, gnocco 98, yon Konsonanten § 286—298; femer romg. 
hatella ^ padeÜa 97. 

Verschränkung. 

yen. albeo = aheo + €i1ho 171. bruire «= ruire + hragire 115. 

avyincere = avvincire + cingere 241. cespo acs cespuglio -j- cesto 177. 

bieta «= beta + blitum 164. sen. diebile = </ed»^ -{-ßevile 39. 

Jorrawa = vorragina + 6orro 290. freddo s= frtgidus + rigidus 35. 

brezza = &ma -f- auritia 115. ghiova = ^^oa -j- ghmus 40. 

mail. bronka «= iranca + ronca 35. grosso ss= crasso ■+• grosso 96. 



Sachregister. 



331 



gremho *= gr^tnio + i^*nho 43. 
tnsieme ^ simul + semel 39. 
romg. koUrina = kortina + koltrice 
171. 



o^nt^omo a= ognuno -j- wowo 37. 

piatena = patena + piatto 171. 

mir. pto^ ^ piona + piaüa 35. 

l>or<t s= ^or^e -|- |»or^» 189. 

sard. quxrka = qtuieritat + ctrcff^ 40. 

ricQvero = rtcpvero + euopro 41 . 

«onno s= «^nno + «o^no 44. 
»ensa = »»7»»ea -f- »c;7»»o 00. sordido = sQrd^o -|- sordo 44. 

licomo = t#]nt>omo + o\lifante 198. streßlia = strigUa -+- stregghia 47. 
mesehia =» mMcAta + tnestola 46. strtdo =: Stridore ■+• grido 176. 

i— ^_ I j_ Aef\ <enntw« ^ <«n»e -f- ^«rmfno 179. 

irebbio ss tribulum -|- trihtUa 36. 

veschta &s vischia -\- veseo 46. 
YgL noch § 140. 



1 ii. 
lecc. kuntrtestu == contestor + <^<>^' 

^ra«^o 35. 
lecceto SS ^ce^o + ^ccto 154. 
^2a s= lintea + ^«n^o 36. 



umbr. me9^o &= me««o + po^^o 259. 
monco e= nuinco + tronco 35. 
ntmo B= nemo + ntt^tio 39. 
noderoso &= noderuto -j- nodose 293. 



Volksetymologie. 



angonia = agonia + angosda 171. 
a/mma =s a«tma + an«to 171. 
apparienere = appertenere -\- parte 7 8. 
hoccale = hocede + ^ocea 74. 
bottega = botega -}- 5o^0 154. 
brugnä s== prugna -{- bruno 97. 
capeUi «= cavelii -\- capo 123. 
chiodo a= cÄire + c^e^ 35. 
chiosa = glossa -h clausa 97. 
Jwo/o c= ao^ti« + c^o^r 176. 
nordital./fiw^t«cfto ss fastidio + studio 

37. 
mail. ^o^r s co//ar + ^o^ 96. 
gomito = govito -j- «ccwmÄ^re 171. 
granocchia ss ranocchia + gracida^ 

115. 
graspo = ra«po + grappo 115. 
grosta sk cru«^a + grosso 96. 



r« 



lumacda = limaccia + ^t«''^ "77. 
9iuxmmone = mamone -|- mamma 154. 
in^a s= mora 4- m^o 41. 
nicchio = micchio -j- ^tV/o 98. 
nozze =s nwp^ta + ^^vta 41. 
penneechio c= penecchio '■\-penna 154. 
pentola = pinctula + pendere 47. 
mail. perkotd = pergotta + ä^^äct 97. 
piantojla = pantofla -\- pianta 171. 
rovisttco s=s ligusttctts + rcwo 98. 
rubaldOf rubellare = riÄ. + rwftöre 

77. 
scialiva »= «a/tva + scialare 97. 
^Office = soppice + «p^e 41. 
sporco = spurcus -f- porcus 41. 
sücidus SS sücidus + «im 37. 
«11^0 = «uctM + sugare 121. 
uscire = e«ctre + w«c»o 295. 



WORTREGISTER. 



Die Zahlen weisen auf die Seiten, 



abbacchio 302. 
abbiaccare 61. 
abbisognare 315. 
aberinto 114. 
sard.abilel67,174. 
abreo 82. 
accapiglia 46. 
accendere 257. 
acchitarsi 40. 
accidia 39. 
acciuga 143. 
accorgere 257, 258. 
acquavite 178. 
sard. addu 108. 
affliggere 258. 
affogare 82. 
affondo 299. 
aggio 292. 
agunanza 124. 
agosto 74. 
nordital. aiga 59. 
aitare 234. 
ajuola 300. 
ala 192. 
ven. albeo 171. 
albero 190. 
aldiana 271. 
allere 257. 
alice 39. 
alleggere 82. 
allegro 34. 
allor 62. 
alloro 87 
alluda 120. 
altrimenti 61. 
romg. alyedga 115. 
ambrofitolo 114. 
amendue 131. 
amido 127. 
mail. amis 192. 
ammainare 292. 



amoscino 39, 91. 

169. 
ammucchia 42. 
anare 87. 
anchino 114. 
ancor 62. 
ancudine 87, 131. 
andare 250, 253. 
anemolo 127 
dial. angirola 173. 
anguinagla 87. 
annestare 38, 82. 
annojare 82. 
ansima 87. 
lomb. antana 162. 
antenna 43. 
anti 61. 
antico 141. 
dial. antro 162. 
aprire 259 
appartenere 78 
appendice 91. 
approcciare 143. 
arancia 114 
piem. ar6ede 25. 
ardere 259. 
mail. aris 166. 
arlia 143. 
anna 192. 
emil. armnar 168. 
arrogere 241, 250. 

259. 
südital. arrustu 44. 
bolog. arsui 151. 
emil. arvsaria 167. 
arzavola 164. 
asciolvere 44, 259. 
ascoltare 74. 
asma 151. 
aspettare 82. 
tar. asquare 235. 



assai 170. 
assedio 82. 
assembra 37. 
assillo 82. 
audire 81. 
auliva 81. 
aulore 81. 
aunora 81. 
auriente 81. 
avale 141. 
avamiotto 141. 
avello 114, 164. 
avere248,250, 251, 

254, 257. 
siz. avolio 40. 
avorio 82. 
awincere 241. 
awogadro 76. 
avvolgo 81. 

baccano 82, 156. 
beclo 86. 
baco 169. 
nordital. baffa 8. 
baggiolo 125. 
bafestra 54, 152. 
baUo 125. 
bambinea 290. 
barattore 86, 265. 
barbano 202. 
ven. barbastrego 
177. 

barbigi 142. 
barbottare 310. 
battadore 265. 
romg. batella 168. 
sard. battia 108. 
battolare 164. 
gen. bellua 162. 
bene 42. 



sard. bennarzu 107. 
sard. b^nneru 107. 
sard. bentale 107. 
sard. bentore 108. 
mod. beola 164. 
berbena 161. 
berbice 98, 132, 

161. 
bertovello 68. 
bescio 298. 
sard. bessire 107. 
bevere 257. 
sard. bi 210. 
biante 98. 
biasmare 151. 
bibbio 161. 
bieco 109, 204. 
bieltd 84. 
bieta 38, 164. 
bifolco 8. 
bigatto 169. 
bigna 169. 
bigoncio 167. 
sard. bikka 40. 
bilenco 47. 
bilico 169. 
sard. binestra 107. 
biodo 164. 
piem. biola 164. 
oioscia 61. 
bioccolo 61. 
sard. birare 107. 
birra 153. 
birichino 87. 
biscio 40. 
sard. bistrale 107. 
boccale 74. 
bocchi 60, 180. 
bocco 176.. 
sard. bokkire 107. 
bolgia 41. 



Wortregister. 



333 



bolso 96. 
bomberaca 161. 
bono 41. 
bonte 61. 
borchia 41. 
borrana 290. 
borrascoso 92. 
bossola 41. 
mail. botia 39. 
botro 4,3. 
bove 43. 
breve 54. 
brezza 115, 170. 
bricco 91. 
brina 97. 
mail. bronka 35. 
br9ntola 47. 
bronzo 47. 
bruciare 60. 
brugna 97. 
bru^ola 113. 
bruire 115. 
brunice 91. 
brutto 153. 
bubbola 153. 
bucine 61. 
bue 56. 
bufolo 8. 
buiana 290. 
bologn. bula 96. 
mail. büla 96. 
bulicare 152. 
sard. bulteddu 108. 
buontempone 320. 
burchio 42. 
burro 16, 70. 
butirro 16. 
sen. buttiga 39. 

ca 169. 
cacchio 138. 
caccia 142. 
cacio 146. 
cadere 254, 257. 
cafo 8. 

calabrone 87. 
calere 254, 258. 
calma 5S. 
calterire 114. 
amail. candira 40. 
canea 290. 
canella 37. 
can^stro 54. 
canocchia 152. 
cantero 68, 184. 
capo 298. 
capQBtro 54. 



caratello 152. 
carena 36. 
carettQ 43. 
carpine 192. 
catella 153. 
caunoBcere 81. 
cavicchia 39. 
cavielia 39. 
cavolo 57. 
cadere 37. 
cedro 137. 
cendralina 167. 
centina 46. 
cespo 177. 
chiavica 91. 
chiedere 250. 254. 
chieppa 42. 
chiero 35. 
chiesa.143. 
chiodo 35. 
chioma 52. 89. 
chiosa 97. 
chiovo 35. 
chiudere 257. 259. 
chiunque 47. 
ci 210. 

cialtrosa 174. 
ciascheduno 85. 
ciascuiio 94, 108. 
cibo 39. 

ven. cicare 309. 
ciccia 90. 
cicerchia 43 
ciciliano 97. 
ciera 38. 
ciglio 46. 
eignere 257, 258. 
cigolare 309. 
ciliegio 34. 
cingbia 46. 
cinghiale 97. 
cingo 46. 
cinquanta 108. 
cinque 108. 
ci6 44. 
citrullo 40. 
ciucciare 161. 
ciueo 42. 

nordital. co 57, 58. 
codice 40. 
cofaccia 168. 
cogliere 257, 259. 
cofera 42. 
colpo 44. 
coltrice 167. 
cometa 186. 
comincia 46. 



cpmignolo 46, 146. 
compera 47. 
compie 47. 
compire 244. 
completo 37. 
computa 47. 
conca 47. 

• 

confessore 40. 
conio 41, 143. 
conoccliia 41. 
conoscere 257. 
aver. consa 174. 
consumare 237. 
CQnte 47. 
contentino 289. 
contenza 177. 
conto 47. 
cpntra 47. 
convertere 259. 
coppa 36, 41. 
comacchia 8. 
cornice 92. 
correre 257. 259. 
corryocio 42. 
C08cia.l31. 
coBcio 197. 
coto 125. 
cova 50. 
covone 35. 
credere 254, 257. 
crescere 257. 
crepa 54. 
cresima 36. 
crosta 41. 
cruccia 42. 
crud^le 37. 
cruna 8, 42, 85. 
cucchiajo 83. 
cucire 42, 244. 
cugino 169. 
cumula 41. 
cuocere 257, 258. 
cupo 298. 
amail cupido 168. 
curato 176. 
agen. curto 42. 
curvo 41. 
ciitretta43;69.128. 
siz. 6anciri 161. 
lecc. 6efalu 52. 
siz. cerka 38. 
neap. cestuneye 

173. 
gen. cuna 35. 

dalmagio 75. 
dare 25,0. 



dattero 127. 
dazio 176. 
d^bba 38. 
decco 170. 
siz. deda 96. 
delicare 169. 
mail. .derbeta 170. 
desinare 234. 
destare 69. 
- dettaglio J54. 
devoto 40, 
diaccio 98. 
diacere 98. 
dicidotto 85. 
sen. diebile 39. 
dieci 6o. 
digiunare 234. 
digiuno 163. 
disrumsure 168. 
dileguare 140. 
dimestico 81. 
dimoiare 143. 
siz. dinokkyu 164. 
dire 250, 257, 258. 
diretto 39. 
diritto 39. 
disco 39. 
päd. discolze 53. 
dispitto 43. 
ditello 38, 96. 
dito 39, 125. 
ditto 39. 
dividere 257. 
doccio 176. 
doglia 41. 
doge 41. 
dolere 257. 
domineddib 179. 
siz. donu 40. i 
donneare 307. 
dopo 40. < 
dote 40, 77, 92. 
dovere77,234,254, 

256. 
dreto 54. 
dubbio 41. 
duca 121. 
dunque 47. 
duolo 176. 
kalabr. duoppu 41. 
dürre 257, 258. 

ebano 42. 
eco 37. 
effimero 39. 
nordital. ega 59. 
mail. elbor 35. 



334 



Wortregister. 



elce 36. 

gen. embriägu 51. 
emiL emda 168. 
siz. empio 38. 
sard. enna 35. 
^pa 37. 
lecc. erde 38. 
ergere 259. 
emil. erpeg 191. 
erpice 37. 
erro 176. 
esco 235. 
esile 91. 
essere 245. 
estremo 37. 
ette 60, 178. 

Ben. faccenda 43. 
falavesca 168. 
faloppa 152. 
fami^ia 46. 
fanciullo 40. 
fanfaluca 161. 
farabutto 153. 
farchetola 109. 
fare 250, 254. 258. 
far&Ila 143. 
nordital. fastudio 
36. 

favolassa 153. 
fedele 37. 
fegato 36, 91. 
fendere 38. 
ven. fenti 51. 
ferale 78. 
siz. fermu 38. 
ferrana 78. 
feto 37. 
fia 248. 
fiaro 137. 
fiata 202. 
fiedere 162, 250, 
254. 

fiera 38. 

südital. fietu 177. 
figgere 257, 258, 

259. 
fila 184. 
flliggine 88. 
filosomia 167. 
filtro 39. 
filuffello 123. 
apad. fime 37. 
fingere 257. 
fingo 46. 
finocchio 41. 



fiocina 171. 
bol. fioppa 163. 
fiorrancia 86. 
Yen. fiuba 49. 
fiutare 74. 
floscio 125. 
foga 41. 
foeno 84. 
f9laga 41. 
folleare 307. 
Yen. folp 163. 
nordital. fom 49. 

» fomna 49. 
fondere 257, 259. 
fondo 169. 
fönte 47. 
mail. fonz 157. 
forfora 184. 
formaggio 165. 
formento 83. 
foro 43. 
forosetto 81. 
forse 44. 
fracassare 317, 
fradicio 168. 
frale 78. 
frana 113, 125. 
frangere 257, 258. 
firasca 113. 
frazzo 69. 
freccia 111. 
freddo 35. 
Mggere 257, 258. 
frignisteo 290. 
firinguello 37. 
Mzzo 143. 
froda 188. 
fromba 47. 
fronda 47. 
fronte 47. 
frugnare 171. 
gen. fiiä 50. 
piem. fubbia 49. 
mcina 77. 
fugge 42. 
fuggire 244, 254. 
fuia 141. 
fiumine 41. 
funga 184. 
fungo 47. 
fiimeccio 289. 
fiiro 176. 
fiista 187. 

gabbia 42, 96. 
gabbiano 143. 
gaggia 143. 



gaja 143. 
gambugio 171. 
gangola 162. 
garaYana 96. 
gaYia 144. 
nordital. ge 210. 
gela 52. 
gerne 52. 
genere 42. 
gettare 55. 
ghiado 143. 
ghiomo 52. 
ghiotto 36. 
ghiottomia 166. 
ghioYa 20. 
giacere 257. 
gigHo 98. 
gignore 79. 
ginebro 137. 
gin^stra 54. 
ginnetto 154. 
ginocchio 41. 
gioglio 98. 
gioso 42. 
giostra 54. 
gioYa 50. 
gioYane 50. 
gioYe 43. 
gioYenco 43. 
gioYenta 176. 
gioYO 122. 
gira 253. 
gitta 43. 
gittare 234. 
giü 169. 
giucare 73. 
giucco 42. 
giumella 77. 
giungere 47. 257. 

258. 
giuso 42. 
gloria 40. 
gnaff6 147. 
gnaolare 147. 
gnaresta 137. 
gnocco 90, 98. 
gnommero 181. 
gnudo 98. 
gobbo 41. 
goccia 142. 
gogno 96. 
golfo 44. 
gombina 96. 
gomea 141, 149. 
gomito 50, 171. 
gomitolo 164. 
gonfiare 96. 



gorgo 177. 
gostare 96. 
gotto 41. 
gracidare 84. 
gracimolo 115. 
gradella 96. 
gragnolischio 290. 
gramigna 46. 
granocchia 115. 
graspo 115. 
grasso 96. 
gregee 43. 
grembo 43. 
greto 275. 
greve 35. 54. 
griccia 42. 
gridare 96. 
grogo 54. 
siz. groi 57. 
piem. grola 57. 
grolia 168. 
gronga 44. 
grosük 96. 
groYiera 85. 
gruccia 42. 
mau. ^rüpp 45. 
guancia (pl.) 193. 
gubbia 141. 
gucchia 42. 
Yen. gemo 44. 
romg. genda 52. 
südital. gomu 41. 

ülndere 257. 
sard. imbena 40. 
imbriago 173. 
impero 42. 
inchiostro 89. 
incischiare 85. 
incomenza 47. 
indi 61. 
indulgere 257. 
ingegno 47. 
mant. ingera 173. 
ingojare 143. 
mail. inküzen 173. 
insieme 30. 
Yen. instae 173. 
Yen. instesso 173. 
intero 43. 
intridere 250. 257. 

259. 
intrudere 257. 
inYerno 173. 
Ischia 10, 138. 
ischio 46. 
sard. iskulzu 53. 



Wortregister. 



335 



isola 10. 
sard. ispiju 40. 
siz. itria 42. 
ivi 61. 



sard. kadira 40. 
nordital. kaste&a 
35. 

gard. kiliru 40. 
siz. kirkare 161. 
siz. kolobra 41. 
sard. kolora 41. 
romg. koltrina 171. 
Yen. koner 169. 
siz. korki 50. 
sard. krosta 41. 
kalabr. kuluonna 
41. 

siz. kumenza 38. 
lecc. kuntriestu 35. 
kalabr. kuomu 41. 
sen. kyoka 57. 
aret. kypvela 49. 



ladroneccio 167. 
lago 121. 

Yen. laimentare 84. 
lamicare 115. 
lampa 177. 
lampone 114. 
lasca 114. 
lasciare 131. 
laYamano 201." 
laYeggio 84. 
lazzaruola 115. 
lazzo 69. 
lebbra 43. 137. 
lecceto 275. 
leccornia 166. 
mail. ledeg 167. 
leggere 257, 258. 
lei 43. 

lembrugio 289. 
lene 37. 
lenticchia 39. 
lentiglia 39. 
lenza 36. 
lepre 42. 
lero 114, 169. 
leticare 36, 80. 
l^ttera 38. 
leva 42. 
leYriere 137. 
lezia 37. 
licomo 98. 



Yen. ligoro 43. 
bol. li^ur 43. 
sard. lindiri 40. 
lingua 46. 

ßiem. linsola 163. 
AciYa 144. 
loame 84. 
locusta 41. 
loda 188. 
loja 141. 
lombrico 91. 
aital. lome 36. 
loppio 1 1 5. 
lordo 36. 
siz. loru 40. 
losco 41. 
lotta 41. 
tess. loYar 235. 
maü. löya 174. 
lubbione 143. 
lucema 290. 
lucertola 84. 
lucherino 78. 
lucignolo 46. 
lugherino 90. 
luglio 98. 
lumaccia 77. 
lungo 44. 
lupo 41, 



ma 156. 
macchia 10. 
macia 149. 
macola 10. 
madia 59. 125. 
madiere 185. 
ma^stro 54. 
mai 156, 170. 
nordital.maitino86. 
aital. maiure 42. 
malato 69. 
maligno 39. 
malinconia 84. 
malYestd 84. 
mammone 154. 
mandorla 16. 
manicare 84. 234. 
manignoni 289. 
nmnna 140. 
maninconia 161. 
mantile 39. 
manucare 131. 
manzo 142. 
marame 276. 
mascella (pl.) 193. 
masso 197. 



sen. lucc. knatello 

38. 
mattino 85. 
mattone 135. 
me' 170. 
mecco 153. 
lomb. meda 92. 
medesimo 37. 
medico 42. 
Yen. medoto 168. 
megliaca 163. 
aYen. päd. meio 36. 
melo 34. 

südital. mene 172. 
menno 140. 
menomo 37. 
mensa 37. 
menta 38. 
m^nto 43. 
mentre 38. 
siz. menu 38. 
mercoledf 91. 
sen. mer^nda 43. 
mergere 257, 259. 
mero 42. 
meriare 142. 235. 
meschia 46. 
meschino 72. 
Messina 39. 
mestica 37. 
meta 37. 
mQtro 42. 
mattere 38, 257, 

258, 259. 
mezzan^herare 167. 
mezzedima 177. 
mezzo 36. 
midollo 197. 
ferr. mieda 39. 
Yen. päd. miella 36. 
südital. mierku 35. 
mignolo 46. 
minchia 46. 
minQStra 54. 
minga 172. 
mirolla 174. 
mischia 46. 
mist^ro 37. 
misto 39. 
mo 44. 

nordital. mo 50. 
mpbile 40. 
mocciolo 41. 
moccolo 41. 
modine 192. 
modo 43. 
moglie 175. 



siz. mogye 41. 
monco 35. 
monna 169. 
monte 47. 
m9ra 41. 
morchia 41. 
mordere 259. 
morire 244 , 254. 

259. 
mosciama 276. 
mosto 41. 
mota 131. 
motto 41. 
mozzo 69, 143. 
gen. muä 50. 
gen. muän 50. 
mucchiare 168. 
mueilaggine 152. 
muggine 127. 
mungere 162, 257, 

258. 
kalabr. muokku 41 . 

» muortu 41. 
muoYere 257, 258, 

259. 
muzzo 69. 

nabisso 115. 
siz. mantari 135. 
nascere 257, 259. 
nascondere267,2$9. 
lecc. nassia 74. 
naYolo 57. 
neap. ndenni 169. 
siz. nkuniya 173. 
neap.nzerretare 168 

» nzorare 173. 
-ne 131,^210. 
gen. ne6ca 174. 
ned 85. 

romg. nenka 52. 
SIZ. nesin 173. 
nestare 169. 
nicchio 61. 
nicciuola 84. 
nicYO 175. 
ninfemo 115. 
Yen. niola 50. 
lecc. nirYiku 166. 
niscire 115. 
niscondere 84. 
nitrire 169. 
piem. nitta 174. 
lomb. niYol 50. 
piem. niYu 50. 
no 156. 
nocca (pl.) 193.