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Full text of "Jahrbücher des Nassauischen Vereins für Naturkunde"

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JAHRBÜCHER 

DES 

NASSAUISCHEN  VEREINS 

FÜE 

NATURKUNDE. 


JAHRBÜCHER 


DES 


NASSAUISCHEN  VEREINS 


FÜR 


NATURKUNDE. 


HERAUSGEGEBEN 

VON 

DR-  ARNOLD  PAGENSTECHER, 

KÖNIGL.  SANITÄTSRATH,   INSPECTOR   DES  NATURHISTORISCHEN  MUSEUMS  UND 
8ECRETÄR  DES  NASSAUISCHEN  VEREINS  FÜR  NATURKUNDE. 


JAHRGANG  43. 

MIT    DKEI    TAFELN. 

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WIESBADEN. 

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VERLAG   VON  J.   F.  BERGMANN. 

Lj  L\Bn  A ;'. 

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1890. 

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Buchdruckerei  von  Carl  Ritter  in  Wiesbaden 


Inhalt. 


Seite. 

I.  Vereins-Nachrichteii. 

Protokoll  der  Generalversammlung  und  Feier  des  GOj äh- 
rigen Bestehens  des  Nassauischen  Vereins  für  Natur- 
kunde am  6.  October  1889 IH 

Bericht,  vorgetragen  in  der  Generalversammlung  und 
Feier  des  60jährigen  Bestehens  des  Nassauischen 
Vereins  für  Naturkunde  am  6.  October  1889.  Von 
Dr.  Arnold  Pagenstecher V 

Nekrologe:     Lothar   von   Wurmb.    —    Georg   Lehr.    —    Max 

Saalmüller XVII 

Verzeichniss  der  Mitglied  er  des  Nassauisch  en  Verein  s  für 

Naturkundeim  November  1890 XXIII 


II.  Abhandlungen. 

Die  Entwicklung  der  Chemie  in  den  letzten  sechzig  Jahren, 
mit  specieller  Berücksichtigung  unseres  Vereins- 
gebietes. Vortrag,  gehalten  in  der  60.  Generalver- 
sammlung desNassaui  sehen  Vereins  für  Naturkunde 
am  6.  October  1889  von  Professor  Dr.  H.  Fresenius   .     .  1 

DieTher  malquellen  Wiesbadens  in  chemischerBeziehung. 

Von  Dr.  R.  Fresenius,  Geh.  Hofrathe  und  Professor      .         17 

Das  Bohrloch  im  NeuenWiesbadener  Schlachthause.     Von 

A.  von  Reinach  (Frankfurt  a.  M.) 33 

Die  Heliozoen  der  Umgegend  von  Wiesbaden.    Von  Dr.  phil. 

Eugen  Penard  (Genf).    Hierzu  Tafel  I,  II 39 


^3-9^^ 


Catalog    der   nackten    und    schalen  tragenden   Ehizopoden 

von  Wiesbaden.    Von  Dr.  phil.  Eugen  Penard  (Genf)      .        67 

Ueber   einige  neue   oder  wenig  bekannte  Protozoen.     Von 

Dr.  phil.  Eugen  Penard  (Genf).    Hierzu  Tafel  III    ..     .        73 

Beiträge  zur  Lepidopteren -Fauna  des  Malayischen  Ar- 
chipels. (VI.)  Ueber  Schmetterlinge  von  Ost-Java. 
Von  Dr.  Arnold  Pagenstecher  (Wiesbaden) 93 

Ergebnisse  der  meteorologischen  Beobachtungen  der 
Station  zu  Wiesbaden  im  Jahre  1889.  Von  Aug.  Bömer, 
Stationsvorstand     109 


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Ai, 


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Yereins -Nachrichten. 


Jahrb.  d.  nass.  Ver.  f.  Nat.     43. 


Protokoll 

der 

Generalversammlung  imd  Feier  des  60jährigen  Bestehens  des 

Nassaiiischen  Vereins  für  Naturkunde 

am  Sonntag  den  6.  October  1889  Vormittags  11  Uhr 

im  Museumsaale. 


Der  Vereinsdirector,  Herr  Regierungspräsident  von  Wurmb,  er- 
öffnete die  Versammlung,  indem  er  die  von  hier  und  auswärts  erschienenen 
Mitglieder  und  Freunde  des  Vereins  warm  begrüsste  und  für  das  zahl- 
reiche Erscheinen  dankte.  Darauf  erstattete  der  Vereinssecretär,  Sanitäts- 
rath  Dr.  A.  Pagen  Stecher,  Bericht  über  das  Vereinsleben  der  ver- 
gangenen Zeit  und  insbesondere  über  das  verflossene  Jahr  (s.  S.  V). 

Herr  Gymnasialdirector  a.  D.  Spiess  brachte  als  Vorsitzender 
des  Alterthumsvereins  dem  »Schwesterverein«  die  herzlichsten  Glück- 
und  Segensw^ünsche.  Weiter  sprachen  Herr  Dr.  Richters  von  Frank- 
furt a.  M.  Namens  der  »Senckenbergischen  Naturforschenden  Gesellschaft« 
und  Herr  Dr.  Bode  Namens  des  »Vereins  für  naturwissenschaftliche 
Unterhaltung«  warme  Worte  der  Theilnahme  an  dem  Jubiläum  des 
Vereins,  in  dessen  Namen  der  frühere  Vereinsdirector,  Herr  Geh.  Hof- 
rath  Dr.  Fresenius,  für  die  dargebrachten  Glückwünsche  dankte. 
Schriftliche  Glückwünsche  der  naturwissenschaftlichen  Vereine  zu  Cassel 
und  Oifenbach,  sowie  einiger  dem  Vereine  nahestehender  Männer  der 
Wissenschaft  gelangten  zur  Verlesung. 

In  Anerkennung  ihrer  erspriesslichen  Thätigkeit  für  den  Verein 
und  wissenschaftlichen  Verdienste  wurden  zu  Ehrenmitgliedern 
ernannt  die  Herren: 

Reg.-Präsident  von  Wurmb  zu  Wiesbaden, 
Geh.  Hofrath  Dr.  R.  Fresenius  zu  Wiesbaden, 
Geheimrath  Dr.  R.  Leuckart  zu  Leipzig, 


—     IV     — 

und  zu  correspondire  nden  Mitgliedern  die  Herren: 
Professor  Dr.  F.  H  u  e  p  p  e  zu  Prag, 
Oberstlieutenant  z.  D.  Saalmüller  zu  Bockenheim, 
Oberstlieutenant  von  Schön feld  zu  Weimar, 
Professor  Dr.  Kaysser  zu  Marburg  a.  d.  Lahn. 
Bei   der    hierauf  folgenden   Vorstandswahl   wurden   die   bisherigen 
Mitglieder  durch  Acclamation  wiedergewählt,    so  dass  der  Vorstand  für 
die  nächsten  zwei  Jahre  besteht  aus  den  Herren: 

Regierungspräsident  von  Wurmb,  Director, 

Sanitätsrath    Dr.  A.  Pagenstecher,    Museumsinspector   und 

Vereinssecretär, 
Hofrath  Lehr,  öconomischer  Commissär, 
Rentner  Duderstadt,  Cassirer, 
Professor  Dr.  H.  Fresenius, 
Rentner  Dr.  H.  Weidenbusch, 
Apotheker  Vi  gener   in  Biebrich,    Vorsteher  der  botanischen 

Section, 
Rentner  Dr.  L.  Dreyfus,  Vorsteher  der  zoologischen  Section. 
Anträge  oder  Wünsche  wurden  von  Seiten  der  Versammlung  nicht 
vorgebracht. 

Herr  Professor  Dr.  H.  Fresenius  hielt  sodann  einen  Vortrag: 
:*Ueber  die  Entwicklung  der  Chemie  in  den  letzten  60  Jahren  mit 
besonderer  Berücksichtigung  des  Vereinsgebietes«  (s.  S.  1).  Hierauf 
Schluss  der  Versammlung. 

Ein  gemeinsames  Festmahl  vereinte  um  2  Uhr  in  den  Räumen  des 
Casinos  Mitglieder  und  Freunde  des  Vereins  in  der  heitersten  Geselligkeit. 

Der  Vereinssecretär: 
Dr.    A.    Pagenstecher. 


B  e  r  i  c  li  t 

vorgetragen  in  der 

Generalversammlung  und  Feier  des  60jährigen  Bestehens  des 
Nassauischen  Vereins  für  Naturkunde  am  6.  October  1889. 

Von 

Dr.  Arnold  Pagenstecher, 

Vereinssecretär. 


Hochzuverehrende  Anwesende ! 

Die  heutige  Generalversammlung  gilt  zugleich  der  Feier  des  60jährigen 
Bestehens  des  Nass.  Vereins  für  Naturkunde.  In  eifriger  und  selbstloser, 
von  dem  Wechsel  der  Zeit  und  der  Personen  unberührt  gebliebener 
Arbeit  hat  sich  der  Verein  in  diesem  Zeitraum  sowohl  innerhalb,  wie 
ausserhalb  der  Mauern  dieser  schönen  Stadt  Anerkennung  und  Erfolge 
verschafft.  Das  zarte,  von  sorgsamen  Händen  in  fruchtbares  Erdreich 
gepflanzte  Reis  hat  sich  zu  einem  starken  Baume  entwickelt,  der  reiche 
Blüthen  und  Früchte  getragen.  Wir  sehen  freudig  auf  die  Mehrung 
des  materiellen  Besitzes  unserer  in  vielfacher  Mühewaltung  zusammen- 
gebrachten Sammlungen,  wie  auf  den  geistigen  Schatz,  der  in  unseren 
Jahrbüchern  niedergelegt  ist,  oder  in  thätiger,  wechselnder  Belehrung 
in  fruchtbringender  Weise  weiter  wirkt. 

In  den  zwei  Menschenaltern  des  Bestehens  unseres  Vereins  haben 
sich  neben  einem  ungeahnten  Umschwung  im  politischen  Leben  auch 
die  grossartigsten  Umgestaltungen  des  Wissens  und  Könnens  gebildet. 
Gestatten  Sie  mir,  dass  ich  in  einem  kurzen  Rückblick  auf  die  ver- 
gangenen Jahre  in  allgemeinen  Zügen  einige  wenige  Hauptpunkte  aus 
dem  gewaltigen  Aufschwung  in  Ihr  Gedächtniss  zurückrufe,  welche  die 
Naturwissenschaften  seit  jener  Zeit  genommen  haben,  in  welcher  die 
Pathen  unseres  Vereins  das  lebensfrische  Kind  zur  Taufe  brachten,  und 


—      VI     — 

Ihnen  damit  die  Grundlage  skizzire,  auf  welcher  sich  die  steigende 
Thätigkeit  unseres  Vereins  aufbaute. 

Es  fällt  die  erste  Jugend  unseres  Vereins  in  die  Zeit,  in  welcher 
es  nicht  wenig  dem  Einflüsse  des  grössten  Naturforschers  unseres  Jahr- 
hundertSj  Alexander  von  Humboldt,  zuzuschreiben  war,  dass  ein 
neuer  Geist  in  die  Naturwissenschaften  einzog.  Wie  er  durch  seine  hin- 
reissenden Naturschilderungen  das  ganze  gebildete  Publikum  zu  begeistern 
wusste,  so  hatte  auch  sein  universeller  Geist  und  die  Macht  seiner 
Persönlichkeit  auf  jener  denkwürdigen  Naturforscherversammlung  zu 
Berlin  im  Jahre  1828  zündend  auf  alle  Gebiete  der  Naturwissenschaft 
eingewirkt.  Ein  neuer  Born  des  Wissens  ergoss  sich  und  die  dumpfe 
Schwüle  der  Naturphilosophie  musste  der  Morgenröthe  einer  besseren 
Erkenntniss  weichen  und  dem  frischen  Hauche  der  in  Erfahrung 
gestählten  V\^issenschaft. 

Gedenken  wir  zunächst  der  bedeutenden  Ereignisse  im  Gebiete  der 
Astronomie  innerhalb  der  sechzig  Jahre,  die  uns  beschäftigen,  so  können 
wir  den  grossartigen  Entdeckungen  früherer  Jahrhunderte  und  den 
Arbeiten  eines  Copernicus,  Keppler,  Newton  und  Herrschet 
eine  nicht  minder  bedeutende  Errungenschaft  entgegenstellen,  die  durch 
Kirchhoff  und  Bunsen  1859  erfundene  Spectralanalyse,  wodurch, 
uns   eine    chemische  Bestimmung  der  V^eltkörper  möglich  geworden  ist. 

Wie  Dubois-Reymond  sagt,  ist  »der  Glanz  der  Sterne  und  die 
Gluth  der  Sonne  zurückgeführt  auf  Verbrennungsvorgänge  von  Gasen, 
welche  in  glühende  Dämpfe  verwandelt  sind  und  deren  Glanz  der  schwin- 
gende Aether  aus  unermesslicher  Ferne  in  unsere  Instrumente  wirft.  Ja, 
diese  Flammenbilder  sind  ganz  dieselben,  wie  sie  auch  in  unseren  irdischen 
Gasen  und  Metallen  hervorgebracht  werden.  So  hat  man  erkannt,  dass 
selbst  jene  ferne  Sternen  weit  nicht  unwandelbar  ist,  dass  auch  sie  ein 
Werden  und  Vergehen  hat.« 

Es  war  1842,  als  Robert  von  Meyer  aus  Heilbronn  in  Liebig's 
Annalen  der  Chemie  in  einem  denkwürdigen  Aufsatze  die  Idee  des 
Princips  der  Erhaltung  der  Kraft  zunächst  in  grösster  Allgemeinheit 
erfasste.  Wohl  fehlte  ihm  die  sofortige  Anerkennung,  aber  schon  1847 
analysirte  Helmholtz  das  Gesetz  mathematisch,  das  jetzt  die  mechanisch- 
physikalische Erkenntniss  beherrscht. 

Ebenso  hatte  die  angewandte  Physik  zur  Zeit  der  Gründung 
unseres  Vereins  einen  gewaltigen  Schritt  vorwärts  gethan,  dessen  uner- 
messlichen  Einfluss  wir  erst  in  der  Neuzeit  zu  würdigen  wissen. 


—     VII     — 

Nach  den  Entdeckungen  Oerstedt's  und  Faraday's  war  mit 
der  Construirung  des  ersten  elektrischen  Telegraphen  durch  Gauss  und 
Weber  1823  der  Grundstein  gelegt  zu  einem  riesigen  Fortschritt  der 
Menschheit  durch  die  Benutzung  der  Elektricität  für  das  praktiche  Leben. 
Um  das  Jahr  1852  fielen  die  ersten  Versuche  von  Reis  über  das 
Telephon,  die  im  Jahre  1861  zuerst  veröffentlicht,  bald  zu  den  gross- 
artigen Erfolgen  von  Bell  und  Edison  führen,  denen  wir  jetzt  jene 
wunderbare  Lichtquelle  verdanken,  die  bereits  über  den  ganzen  Erd- 
ball verbreitet  ist,  nachdem  1881  die  erste  Ausstellung  ihrer  Erzeug- 
nisse stattgefunden  hatte.  Und  noch  vor  wenig  Tagen  hat  der  wunder- 
bare Phonograph  auch  in  Deutschland  das  Erstaunen  der  höchsten 
Kreise  der  Gesellschaft  hervorgerufen. 

Wie  hat  die  Dampfmaschine  in  alle  Verhältnisse  eingegriffen! 
Im  Jahre  1819  durchfurchte  die  »Savannah«  als  erstes  Dampfschiff  den 
atlantischen  Ocean;  die  erste  Eisenbahn  wurde  in  England  im  Jahr  1830, 
ein  Jahr  nach  Gründung  unseres  Vereins,  eröffnet,  in  Deutschland  1835, 
in  der  Schweiz  1837.  Jetzt  hat  der  Dampf  Länder  genähert  und  Völker 
durcheinander  gewürfelt,  Handel,  Bildung  und  Wohlstand  in  ungeahnter 
Weise  vermehrt,  freilich  auch  unser  sociales  Leben  in  eine  Gährung 
gebracht,  die  den  Kampf  um's  Dasein  erschwert  und  uns  gewaltige  Um- 
wälzungen zu  fürchten  gelehrt  hat. 

Fünfzig  Jahre  sind  es  weiter  in  diesem  Jahre  gewesen,  dass  jene 
schöne  Erfindung  des  Lichtdruckes  durch  Daguerre  gemacht  wurde, 
der  wir  jetzt  so  wunderbare  Leistungen  verdanken ! 

Durch  Alexander  von  Humboldt  wurde  auch  die  Meteoro- 
logie in  die  Wissenschaft  eingeführt,  da  er  durch  seine  weiterreichende 
Erfahrung  in  den  Stand  gesetzt  war,  die  Witterungsverhältnisse  der 
einzelnen  Länder  in  ihrer  Abhängigkeit  von  denselben  allgemeinen  Gesetzen 
darzustellen.  Ihm  folgte  Leopold  von  Buch  mit  seinen  Studien  über 
die  Vertheilung  des  Luftdruckes  und  vornehmlich  D  o  v  e  in  der  Förderung 
der  bereits  von  Humboldt  angeregten  meteorologischen  Stationen, 
deren  grosse  wissenschaftliche  und  praktische  Bedeutung  wir  mehr  und 
mehr  schätzen  lernen. 

Ganz  besondere  Fortschritte  hat  neben  der  Physik  auch  die  Chemie 
in  den  60  Jahren,  welche  uns  beschäftigen,  gemacht!  Zunächst  die 
analytische  Chemie  im  Gebiet  des  Anorganischen,  dann  aber  ganz 
besonders  die  Chemie  der  organischen  Verbindungen,  welche  früher, 
als  zu  den  Geheimnissen  der  Natur  gehörig,  durch  Liebig 's  gewaltigen 


—     VIII     — 

Einfluss  seit  1840  aufgeklärt  wurden.  Er  lehrte  zuerst  das  thierische 
und  pflanzliche  Leben  in  seinem  chemischen  Vorgange  begreifen  und  Hess 
die  Wissenschaft  hinaustreten  in  die  übrigen  Disciplinen,  in  die  Werk- 
stätten, in  die  Fabriken,  an  das  Krankenbett.  Wie  die  Chemie  zersetzen 
lehrte,  so  fand  sie  auch  den  Weg,  organische  Stoffe  neu  zu  gruppiren 
und  durch  einfache  Substitution  von  Atomgruppen  neue  Substanzen  mit 
neuen  Eigenschaften  entstehen  zu  lassen.  Es  war  zur  Zeit  der  Gründung 
unseres  Vereins,  1828,  als  Wo  hl  er  das  Dogma  von  der  Unmöglichkeit 
der  Herstellung  organischer  Verbindungen  zerstörte  und  auch  ohne  die 
mystische  Lebenskraft  auf  künstlichem  Wege  den  organischen  »Harn- 
stoff« darstellte.  Jetzt  ist  die  synthetische  Chemie  der  Stolz  der  Wissen- 
schaft und  zugleich  die  Quelle  des  Reichthums .  geworden,  indem  sie 
die  Zusammensetzung  der  Farben  fand  und  aus  dem  bis  1856  nutzlosen 
Steinkohlen-Theer  die  glänzenden  Anilinfarben  hervorzauberte,  ganze 
Industrieen  entwickelte  und  die  wichtigsten  Medicamente  aus  dem  gleichen 
Material  herstellte. 

Die  beschreibenden  Naturwissenschaften  nahmen  in  der 
Zeit  des  Entstehens  unseres  Vereins  einen  nicht  minder  bedeutenden 
Aufschwung.  Cuvier,  der  Begründer  des  natürlichen  Systems  in  der 
Zoologie,  hatte  vorher  für  lange  Zeit  die  Führung  übernommen.  Unter 
seiner  Leitung  schlug  die  Biologie  vorwiegend  die  Richtung  ein  auf  die 
Erkenntniss  der  Arten,  Formen  und  Bildungsgesetze  der  Lebewesen. 
Aber  sie  verfiel  bald  einem  seichten  Vitalismus,  zu  dem  sich  die  Natur- 
philosophie gesellte.  Der  Umschlag  blieb  nicht  aus.  Man  kam  zur 
Erkenntniss  der  Nothwendigkeit  embryologischer  Forschung ;  das  Mikroskop 
eröffnete  ein  grossartiges  Feld  und  Chemie  und  Physik  gaben  ihrerseits 
neuen  Anstoss  zur  Induction.  1828  entdeckte  von  Baer  das  Säuge- 
thierei  und  gab  1837  seine  berühmte  Entwicklungsgeschichte  heraus; 
1838  erschien  das  grosse  Infusorienwerk  Ehrenberg 's.  Schwann 
hatte  1837  seine  Untersuchungen  über  Gährungen  begonnen,  welchen 
sich  die  von  Helmholtz  und  Pasteur  1840  anschlössen.  Im  Jahre  1838 
begann  die  Schi  ei  den- Schwann 'sehe  Zellenlehre  eine  neue  Welt 
aufzuschliessen.  Es  entstand  die  Lehre  von  der  Einheit  der  organischen 
Lebensformen  und  mit  Sc  hl  ei  den  und  Schwann  begründeten  von 
M  0  h  1 ,  K  ö  1 1  i  c  k  e  r  und  V  i  r  c  h  o  w  die  Atomistik  des  Lebendigen,  die 
schon  Aristoteles  geahnt  hatte. 

Mit  der  neuen  Waffe  des  Mikroskops  an  der  Hand  erhielt  die 
Wissenschaft   ungeahnte  Aufschlüsse    über  Leben   und  Kranksein,  deren 


—     IX     — 

Tragweite  wir  ganz  besonders  in  den  letzten  Jahren  zu  bewundern  ge- 
lernt haben.  Die  Naturwissenschaften,  namentlich  auch  Physik  und 
Chemie,  gaben  der  Medicin  die  neue  Richtung  der  angewandten  Natur- 
wissenschaft. Robita nsky  und  Virchow  begründeten  die  neuere 
pathologische  Anatomie,  Au enbrugg er,  Corvisart  und  Skoda  die 
Auscultation  und  Percussion ;  Wunderlich  wies  dem  Thermometer  seine 
Aufgabe  am  Krankenbette  zu,  Helmholtz  erfand  den  Augenspiegel, 
Czermak  den  Kehlkopfspiegel.  —  Lister's  auf  dem  Boden  der 
Naturwissenschaften  fussende  Untersuchungen  gaben  Anlass  zu  einem 
eminenten  Fortschritt  in  der  Chirurgie,  welche  schon  durch  Simpson 's 
Chloroform  und  Esmarch's  Blutleere  wesentliche  Verbesserungen  er- 
haltenhat. Auch  das  Lieblingskind  der  neueren  Medicin,  die  Hygiene, 
konnte  sich  nur  entwickeln  durch  die  eminenten  Fortschritte  der  Natur- 
wissenschaften und  dass  sie  nach  neuer  naturwissenschaftlicher  Methode 
arbeitete,  wie  sie  besonders  Robert  Koch  einführte. 

Während  sich  bei  dem  Naturphilosophen  0  k  e  n  Deduction  und  In- 
duction  noch  die  Waage  hielten,  senkte  sie  sich  bald  zu  Gunsten  der 
letzteren  und  durch  Johannes  Müller,  der  freilich  in  seiner  um  die 
vierziger  Jahre  erschienenen  Physiologie  noch  die  Lebenskraft  annahm, 
ward  unter  Mitwirkung  seiner  Schüler,  Helmholtz  und  Dubois- 
Reymond,  die  vergleichende  Anatomie  und  Physiologie  umgewandelt. 
Cu  vi  er 's  Lehre  von  den  wiederholten  Schöpfungen,  welche  wiederholten 
Umwälzungen  unterliegen,  verlor  ihre  Berechtigung,  seitdem  Lyell,  der 
grosse  Geologe,  zeigte,  dass  die  Geologie  ohne  solche  Catastrophen  aus- 
kommt, als  man  das  stille  ununterbrochen  und  allmählich  in  langen  Zeit- 
räumen thätige  Wirken  der  Naturkräfte  zu  würdigen  lernte  und  Darwin 
endlich  hinzufügte,  dass  die  Spezies  sich  umwandelt.  Darwin  gab  1859. 
wenige  Tage  nach  Alexander  von  Humboldt 's  Tode,  sein  berühmtes 
Werk  über  die  »Entstehung  der  Arten«  heraus  und  damit  den  Anstoss 
zu  einem  gewaltigen  Fortschritt  der  Wissenschaft.  Durch  Darwin 
wurde  das  Gegentheil  der  Linne'schen  Lehre  von  der  Constanz  der 
Art  als  Grundsatz  hingestellt  und  die  Veränderlichkeit  der  Spezies  und 
ihre  Fortentwickelung  durch  die  natürliche  Zuchtwahl  eingeführt.  Freilich 
hatten  schon  vor  Darwin  die  französischen  Gelehrten  L  a  m  a  r  c  k  (1801), 
Geoffroy  (1831;  und  Isidore  St.  Hilaire  (1850)  und  fast  gleich- 
zeitig mit  ihm  Alfred  Russell  Wallace  (1858)  ähnliche  Ideen 
über  die  Veränderlichkeit  der  Art  der  wissenschaftlichen  Welt  unter- 
breitet. 


Das  Darwin 'sehe  Buch,  das  1886  von  Virchow  als  ein  »welt- 
erschütterndes Ereigniss«  bezeichnet  wurde,  verdankt  seine  Wirkung 
hauptsächlich  der  grossen  Zahl  wichtiger  Thatsachen,  die  in  ihm  nieder- 
gelegt sind,  und  der  Menge  von  genauen  Untersuchungen  und  Beob- 
achtungen, welche  die  Speculation  mit  der  Erfahrung  verknüpfen.  Wir 
sind  zwar  jetzt  in  Bezug  auf  diese  »wissenschaftliche  That  ohne  Gleichen« 
etwas  ruhiger  geworden.  Wir  fühlen  den  Umfang  und  die  Bedeutung 
der  Darwin  'sehen  Lehre  und  ihren  Widerhall  in  den  fernsten  Kreisen 
menschlicher  Erkenntniss,  wenn  sich  auch  die  durch  sie  erregten  Wogen 
längst  geglättet  haben.  Ein  grosser  Theil  der  lebenden  Naturforscher 
gehört  zu  den  Anhängern  der  Descendenztheorie,  freilich  ohne  deshalb 
immer  zugleich  der  Selectionstheorie  zuzustimmen. 

So  haben  sich  die  Naturwissenschaften  in  ganz  eigenartiger  Weise 
zu  der  Höhe  entwickelt,  in  der  wir  sie  jetzt  sehen.  Wir  stehen  mitten 
in  der  engsten  Forschungsthätigkeit,  welche  hier  die  Tiefen  des  Oceans, 
dort  die  entlegensten  Gebiete  der  Erde  untersucht  und  auch  die  geo- 
graphische Wissenschaft  mit  Hülfe  der  Naturwissenschaften  auf  eine  un- 
geahnte Höhe  gehoben  hat. 

Aber  der  Geist  unserer  Zeit,  wie  er  sich  besonders  seit  den  Dar- 
win'sehen  Entdeckungen  gebildet  hat,  hat  keinesweg  bei  seinem  Forschen 
nach  der  Entstehung  des  Lebens  und  bei  seinem  Suchen  nach  immer 
niedrigeren  Organismen,  sein  lebendiges  Zweckbewusstsein  verloren,  wie 
der  slavische  Rousseau  der  Neuzeit  behauptet.  Wie  nach  der  Ent- 
stehung des  Lebens,  so  forschen  wir  auch  nach  dem  Sinne  des 
Lebens ;  das  geistige  Gesammtvermögen  der  Menschheit  ist  in  einer  früher 
nie  geahnten  Weise  gesteigert,  und  die  Wissenschaft  ist  auch  das  Glück 
der  Menschheit. 

Kehren  wir  nun  zu  unserem  Verein  und  seinem  Wirken  zurück! 

Es  ist  besonders  wohlthuend  und  darin  besteht  das  Schöne  unserer 
Vereinsthätigkeit,  dass  sie  eine  freiwillig  gebotene  ist,  dass  sie  aus  Liebe 
zur  Wissenschaft  arbeitet  und  ihre  Erfolge  selbst  erwirbt  im  friedlichen 
harmonischen  Zusammenwirken  verschiedenartiger  Kräfte.  Was  der  erste 
Secretär  unseres  Vereins,  der  verstorbene  Professor  Dr.  Thomae,  im 
Jahre  1843  schon  hervorhob,  das  gilt  auch  heute  noch,  wenn  er  sagt: 
»Grössere  Kräfte  mögen  immerhin  Grösseres  und  Erspriesslicheres  zu 
Tage  fördern,  reicher  dotirte  Anstalten  mögen  den  Fortsehritten  der 
Naturkunde  ausgiebigere  Wege  eröffnen.  Legen  wir  aber  den  Erfolg 
mit  den  gebotenen  Hülfsmitteln  vergleichend  in  die  Wagschale,  so  werden 


—     XI     — 

wir  uns  sagen  dürfen,  dass  seit  Gründung  unseres  Vereins  die  durch 
denselben  erzielten  Resultate  in  der  Tliat  nicht  unbefriedigende  sind, 
vielleicht  so  befriedigend,  dass  unsere  Anstalt  mit  vielen  ähnlichen,  die 
ihr  mit  gleichen  Absichten  in  anderen  Staaten  gefolgt  und  voraufge- 
gangen sind,  ohne  Ruhmrede  sich  messen  darf.« 

Die  Geschichte  unseres  Vereins  in  den  ersten  Jahren  seines  Be- 
stehens ist  in  treuen  Zügen  von  Professor  Thomae  geschildert  worden. 
Ich  kann  auf  diese  ausführlichen,  die  allgemeinen,  wie  die  speciellen 
Verhältnisse  des  Vereins  berührenden,  auch  in  einer  besonderen  Brochüre 
erschienenen  Mittheilungen  verweisen,  in  welcher  auch  namentlich  der 
um  die  Gründung  des  Vereins  hochverdienten  Männer  von  B  r  e  i  d  b  a  c  h- 
Bürresheim,  von  Arnoldi  nnd  Dr.  Fritze  in  pietätvoller  Weise 
gedacht  wird.  Darauf  hat  Professor  Kirschbaum  bei  dem  50jährigen 
Jubiläum  des  Vereins  noch  weitere  Daten  gegeben,  so  dass  ein  Jeder, 
welcher  sich  für  das  allmähliche  Wachsen  und  Gedeihen  unserer  wissen- 
schaftlichen Vereinigung  interessirt,  in  der  genannten  Ausführung  wie  in 
den  jeweiligen  Jahresberichten  sich  genügend  informiren  kann.  —  Aus- 
gezeichnet durch  die  Huld  eines  hochsinnigen  Fürsten,  begünstigt  von 
dem  regelmässigen  Räderwerk  eines  zwar  kleinen,  aber  wohlgefügten 
Staatswesens  und  getragen  von  dem  Wohlwollen  der  Behörden,  waren 
bereits  die  ersten  Bestrebungen  des  A'ereins  überall  mit  offenen  Armen 
und  Herzen  aufgenommen  worden.  Diese  Sympathieen  blieben  dauernde, 
und  so  konnte  es  nicht  fehlen,  dass  sich  heute  sowohl  unser  Vereins- 
gebiet zu  dem  nach  allen  Richtungen  hin  bestdurchforschten  gesellt,  als 
auch  dass  unsere  wissenschaftlichen  Jahrbücher  eine  Reihenfolge  der  ge- 
diegensten Arbeiten  enthalten.  Es  sei  mir  gestattet,  hier  einige  der 
verdientesten  Namen  aufzuführen. 

Für  die  Geologie  und  Paläontologie  waren  besonders  thätig:  Stifft, 
Thomae,  Sandberger,  von  Meyer  und  Koch,  für  die  Minera- 
logie Sa ndb erger,  Giebeler,  Stein,  Grandjean,  Wencken- 
bach,  für  die  Botanik  Rudio,  Fuckel,  Beyrhoffer,  Vigener, 
Geisenheyner.  Das  Gebiet  der  Zoologie  fand  Bearbeiter  fast  in  allen 
Zweigen.  Die  Wirbelthiere  wurden  von  Koch,  Kirschbaum,  S  n  e  1 1 , 
Römer,  v o n  H o m e y e r ,  die  Mollusken  von  Kobelt,  Sandberger, 
Koch  und  Böttger  erforscht  und  beschrieben.  Dem  bunten  Heere 
der  Insecten  widmeten  sich  zahlreiche  Forscher :  die  Insecten  im  Allge- 
meinen und  besonders  die  Hymenopteren  und  Hemipteren  bearbeiteten 
S  c  h  e  n  c  k   und  Kirschbaum,    die   Käfer   von   Hey  den,    Budde- 


—     XII     — 

berg,  von  Schönfeldt,  die  Schmetterlinge  Vigelius,  Alexander 
Schenck,  Rössler,  Fuchs,  Pagenstecher.  Wie  viel  aber  noch 
auf  einem  anscheinend  bekannten  Gebiete  zu  leisten  ist,  das  haben  erst 
in  jüngster  Zeit  die  eifrigen  Untersuchungen  unseres  Vorstandsmitgliedes, 
Dr.  Dreyfus,  gezeigt,  indem  sie  die  überraschendsten  Resultate  über 
das  biologische  Verhalten  der  Phylloxeriden  zur  wissenschaftlichen  Geltung 
brachten.  —  Selbst  die  kleinsten  der  Lebenswesen,  die  Infusorien,  wurden 
von  Schultz  und  P  e  n  a  r  d  erforscht,  und  nur  wenige  Abtheilungen  des 
Thierreiches  warten  noch  des  forschenden  Auges.  —  Ganz  besonders 
wichtig  sind  die  mustergiltigen  Untersuchungen  der  Mineralwässer  unseres 
hierin  so  reichen  Vereinsgebietes  durch  Herrn  Geh.  Hofrath  Dr.  Fre- 
senius, Herrn  Prof.  Dr.  H.  Fresenius  und  ihre  Schüler,  welche  so 
manche  Bände  unserer  Jahrbücher  zieren. 

Neben  den  Arbeiten  über  die  in  unserem  Vereinsgebiet  heimischen 
Mineralien,  Pflanzen  und  Thiere  wurden  auch  solche  aus  entfernten 
Gebieten  in  den  Kreis  der  Betrachtung  gezogen,  ja  es  fand  ein  ganzer 
Welttheil,  Australien,  auf  Grund  langjährigen  Aufenthaltes  daselbst  eine 
vortreffliche  Bearbeitung  in  dem  um  unseren  Verein  und  sein  Museum  so 
hochverdienten  früheren  Vorstandsmitgliede,  Herrn  Oberbergrath  Odern- 
heim er. 

Wie  die  Untersuchungen  über  die  Vorkommnisse  in  unserem  Vereins- 
gebiet allmählich  zu  einer  grossen  Vollständigkeit  in  der  Erkenntniss 
geführt  haben,  so  ist  auch  unser  Museum,  das  bei  seiner  Gründung 
aus  einigen  fossilen  Knochen  und  der  v.  G er ning 'sehen  Insectensamm- 
lung  bestand,  mehr  und  mehr  und  in  einzelnen  Gebieten  selbst  zu  grosser 
Bedeutung  herangewachsen,  trotz  der  bescheidenen  Mittel,  über  welche  wir 
theils  aus  den  Beiträgen  der  Mitglieder,  theils  aus  dem  Staatszuschusse 
verfügen  konnten.  Ein  Rundgang  durch  dasselbe  wird  Ihnen  am  Besten 
ein  Urtheil  gewähren.  Es  ist  zum  bescheiden  gefassten  Werthe  von 
257,000  Mark  gegen  Feuersgefahr  versichert  und  stellt  ein  höchst  werth- 
volles  Staatseigenthum  dar,  welches  statutengemäss  dauernd  in  Wiesbaden 
zu  verbleiben  hat.  —  Unser  Vereinsgebiet  ist  in  demselben  aufs  Beste 
vertreten.  Namentlich  erreicht  es  in  den  Insecten  eine  grosse  Voll- 
ständigkeit, indem  zu  der  ursprünglichen  v.  Gerning 'sehen  Sammlung 
vielfache  Geschenke  und  durch  Ankauf  die  Kirschbaum 'sehe  Insecten- 
sammlung  und  die  Rössler 'sehe  Mikropterensammlung  getreten  ist. 
Auch  unsere  paläontologischen  Sammlungen  sind  von  seltenen  Reichthum 
in  Beziehung  auf  unsere  nächste  Umgebung,  indem  sich  hier  die  Sand- 


—     XIII     — 

b  e  r  g  e  r  'sehe  und  die  neuerdings  acquirirte  Römer  'sehe  Sammlung  er- 
gänzen. Ebenso  wie  die  erstere  einem  umfassenden  Werke  zu  Grunde 
liegt,  ist  aueh  die  letztere  bereits  von  sachkundiger  Hand  in  Bearbeitung 
genommen. 

Neben  unserem  Museum  ist  aueh  unsere  Bibliothek  fast  täglieh 
gewachsen.  Sie  umfasst  jetzt  mehr  als  12,000  Schriften,  darunter  viele 
werthvolle  Kupferwerke.  Wir  haben  nur  zu  beklagen,  dass  auch  hier, 
wie  in  unserem  Museum,  der  Raummangel  uns  aufs  Störendste  entgegen- 
tritt. Es  sind  besonders  unsere  bewährten  Verbindungen  mit  anderen 
wissenschaftliehen  Corporationen,  welche  uns  diese  werthvolle  Bibliothek 
im  Tauseh  gegen  unsere  Jahrbücher  geschaffen  haben.  Wir  legen  auf 
diesen  Verkehr,  wie  überhaupt  auf  die  Verbindungen  mit  näheren  und 
entfernteren  wissenschaftliehen  Vereinen  einen  ganz  besonderen  Werth 
und  freuen  uns,  dass  uns  auch  heute  bei  unserer  Feier  die  Freude  zu 
Theil  wird,  hervorragende  Vertreter  unserer  Nachbarvereine  in  unserer 
Mitte  zu  sehen  und  auf's  Herzlichste  begrüssen  zu  dürfen.  —  Es  ist  hier 
der  Platz,  mit  einigen  Worten  aueh  an  die  Männer  zu  erinnern,  welche 
sich  in  anderer  Weise,  namentlich  auch  um  unsere  Sammlungen  verdient 
gemacht  haben.  Wir  gedenken  dankbar  aller  der  zahlreichen  Herren, 
welche  uns  Objeete  oft  von  bedeutendem  Werthe  zum  Geschenk  über- 
geben und  zwar  nicht  hlos  Erzeugnisse  unserer  engeren  Heimath,  sondern 
aueh  Produete  ferner  Zonen.  Es  ist  begreiflieh  nicht  möglich,  hier  alle 
die  Namen  der  gütigen  Geber  aufzuführen,  sie  sind  statutengemäss  auf 
ihren  Gaben  verzeichnet.  Aber  doch  müssen  wir  hier  ganz  besonders  die 
Namen  einiger  Männer  hervorheben,  welche  unser  Museum  mit  um- 
fassenden Sammlungen  bedacht  haben,  der  Herren  Dr.  Fritze,  Grafen 
Mons,  Odernheimer,  Beyrhoffer,  Koch  aus  älteren  Zeiten  und 
aus  jüngeren  der  Herren  de  Bruyn  und  Machik. 

Fast  alle  die  Gaben,  welche  uns  in  den  letzten  fünfzig  Jahren  ge- 
worden sind,  sind  nebst  den  sonstigen  Erwerbungen  von  der  kunstfertigen 
Hand  unseres  Conservators,  Herrn  Römer,  aufgestellt  und  ich  verfehle 
desshalb  nicht,  auch  seiner,  der  in  stiller  Thätigkeit  abseits  von  dem 
Lärme  des  Tages,  an  den  stummen  Zeugen  einer  stetig  schaffenden  Natur 
gearbeitet  hat,  hier  anerkennend  zu  gedenken. 

Unser  Andenken  gilt  ferner  den  Directoren  des  Vereins,  die  in 
hohen  Staatsstellungen  oder  als  Zierden  der  Wissenschaft  ihre  Kraft  dem 
Vereine  widmeten,  den  verstorbenen  Herren  v.  Arnoldi,  von  Dungern, 
von  Wintzingerode,  Faber  und  den  hier  Anwesenden  Fresenius 


—     XIV     — 

und  von  Wurm b.  —  Ebenso  den  Secretären  unseres  Vereins,  von  denen 
Herr  Sandberger  uns  in  treuer  Anhänglichkeit  und  frischer  Arbeits- 
lust mit  einer  ausführlichen  Arbeit  im  Jahrbuche  erfreut  hat,  während 
wir  den  dahingegangenen  Herren,  Thomae,  Kirschbaum  und  Koch, 
hier  nur  in  treuer  Anhänglichkeit  unsere  Erinnerung  widmen  können. 

Des  Weiteren  gebührt  unser  Dank  den  eifrigen  Vorstandsmitgliedern, 
aus  deren  langen  Reihe  ich  hier  nur  der  Verstorbenen,  V  i  g  e  1  i  u  s , 
Odernheimer,  Neubauer,  Giebeler,  anerkennend  gedenke.  Herr 
Hofrath  Lehr,  der  als  Nestor  unserem  Vorstand  angehört,  bewahrt 
unserm  Verein  trotz  seines  hohen  Alters  als  unser  Ehrenmitglied  sein 
wärmstes  Interesse.  Auch  allen  unseren  Vereinsmitgliedern,  die  sich  viel- 
fach verdient  gemacht  haben  zur  Förderung  unserer  Zwecke,  sei  hier 
unser  Dank  gebracht.  Möge  uns  Ihre  fortdauernde  werkthätige  Zu- 
neigung erhalten  bleiben ! 

Wenn  ich  Ihnen  nun  noch  zum  Schlüsse  einige  Mittheilungen  über 
das  vergangene  Jahr  machen  darf,  so  kann  ich  mich  kurz  fassen.  Unsere 
Verhältnisse  haben  sich  in  gewohnter  Weise  fortentwickelt.  Unsere 
wissen  sc  haftlichen  Abendunterhaltungen,  wie  die  von  unserem 
unermüdlichen  Vorstandsmitgliede,  Herrn  Vigener,  in  diesem  Sommer 
in  ganz  besonders  grosser  Zahl  geleiteten  botanischen  Excursionen 
haben  sich  in  gleicher  Weise  wie  in  früheren  Jahren  bewährt.  Es 
dürfte  Sie  interessiren  zu  hören,  dass  Herr  Vigener  in  diesem  Jahre 
seine  hundertste  Excursion  mit  den  Vereinsmitgliedern  gemacht  hat.  — 
Unsere  Sectionsversammlung  in  Eltville,  welche  mit  der  Besichtigung  der  neu 
angelegten  Kiedricher  Quelle  verbunden  war,  war  eine  höchst  lohnende. 
Unser  Museum  hat  keine  bedeutende  Erwerbungen  zu  verzeichnen, 
da  unsere  Mittel  noch  durch  die  Restschuld  für  die  Römer'sche  Samm- 
lung in  Anspruch  genommen  werden.  Wir  haben  uns  bestrebt,  das 
Bestehende  zu  erhalten  und  zu  verbessern,  insbesondere  auch  in  ge- 
eigneterer Weise  aufzustellen.  An  Geschenken  erhielt  das  Museum: 
Myodes  lemmus  Pall.  Lemming.  N.-Europa.  Von  Herrn  Rentner  Seyd. 
Psittacus   amazonicus   L.      Amazonen-Papagei.     Von   Herrn   Bergrath 

Dr.  Römer. 
Psittacus  pularis  L.   Rothköpfiger  Zwergpapagei.  Von  Herrn  Reichard. 
Ardea  comata  Pall.    Rallenreiher  und  Larus  ridibundus  L.    Lachmöve, 
beide    von    Schierstein.      Von    Herrn    Geh.    Regierungsrath    von 
Reichenau. 


—     XV     — 

Cygiius  plutonia  Sli.  juv.     Schwarzer  Schwan.     Von    der   Curhaus- 

Direction. 
Alligator  sclerops  juv.     Junger  Alligator.    Von  Herrn  Garten-Director 

Aug.  S  i e b  e  r  t  in  Frankfurt  a.  M. 
Nest  eines  Zaunkönigs  und  eines  Buchiinkes.    Eier  der  kalifornischen 
Schopfwachtel.    Backenzahn  eines  Mammuth.     Yon  Herrn  Zimmer- 
meister Jacob. 

Der  Besuch  des  Museums  war  auch  in  diesem  Jahr  ein  ausserordent- 
lich reger:  im  Monat  September  wurden  liber  1000  Personen  verzeichnet, 
während  durchschnittlich  fünfzig  täglich  erschienen.  Wir  freuen  uns, 
dass  auch  von  Seiten  der  Schulen  das  im  Museum  gebotene  Bildungs- 
mittel fleissig  benutzt  wurde. 

Unser  diesjähriges  Jahrbuch  ist  bereits  in  Ihren  Händen.  Es 
wird  mit  seinem  reichen  Inhalt  nicht  verfehlen,  Ihnen  den  Beweis  des 
freudigen  geistigen  Schaffens  zu  geben,  welcher  innerhalb  unseres  Vereins 
herrscht.  Ganz  besonders  dürften  die  bedeutenden  Arbeiten  unseres 
Ehrenmitgliedes  und  früheren  Vereinssecretär,  Herrn  Prof.  von  Sand- 
berger,  wie  die  unseres  correspondirenden  Mitgliedes,  Herrn  Dr. 
0.  Böttger,  den  Fachgelehrten  willkommen  sein. 

Unsere  Mitgliederzahl  hat  sich  leider,  hauptsächlich  durch  Tod 
und  durch  Wegzug,  in  unliebsamer  Weise  verringert  und  der  Zuwachs 
an  jungen  Kräften  ist,  wie  dies  eine  gemeinsame  Klage  aller  verwandten 
Vereine  ist,  nicht  entsprechend  gewesen. 

Von  unseren  Ehrenmitgliedern  starb  in  hohem  Alter  Se.  Excellenz, 
Herr  Oberberghauptmann  Geh.  Rath  von  D  e  c  h  e  n  in  Bonn,  ein  lang- 
jähriger Freund  und  Gönner  unseres  Vereins,  ferner  Herr  Professor 
Dr.  Pagenstecher,  Director  des  Museums  in  Hamburg,  der  unseren 
Bestrebungen  stets  auf's  Eifrigste  fördernd  zur  Seite  stand.  Von  ordent- 
lichen Mitgliedern  verloren  wir  durch  den  Tod  die  Herren:  Geh.  Rath 
Dr.  Orth  in  Ems,  Dr.  Schirm,  Dr.  von  Sander,  Dr.  Lange  und 
Rentner  Forstmann  in  Wiesbaden,  Herrn  Pfeiffer  in  Diez.  Wir 
werden  den  Heimgegangenen  ein  freundliches  Andenken  bewahren,  zu 
dessen  Zeugniss  Sie  sich  von  Ihren  Sitzen  erheben  w^ollen.  Ihren  Aus- 
tritt aus  dem  Verein  nahmen  die  Herren:  Trapp,  Travers,  von 
Langendorff,  Lenders,  Hart  mann,  Vanselow,  Poths- 
Wegener,  Dr.  Droysen,  Dr.  Sommer,  Rothes,  Schaffner, 
Prof.  Dr.  H  ü  p  p  e.    Eingetreten  sind  die  Herren :  L  a  d  s  c  h ,  Dr.  Flor- 


—     XVI     — 

schütz,  Dr.  Penard,  Wunderly,  Dr.  Lossen,  Dr.  Frank,  stud. 
Lugenbühl  zu  Wiesbaden,  Dr.  Schaaf  zu  Eltville  und  Apotheker 
Steffen  zu  Homburg  v.  d.  Höhe. 

Unsere  Rechnung  für  1888/89  liegt  noch  der  Königl.  Ober- 
Rechnungskammer  zu  Potsdam  vor. 

Der  Vorstand  legt  nach  zweijähriger  Amtsführung  statutengemäss 
sein  Amt  in  Ihre  Hände  zurück.  Sie  werden  demselben  die  Anerkennung 
nicht  versagen  können,  dass  er  seines  Amtes  treu  gewaltet  hat. 

Unser  Verein,  m.  H.,  gleicht  den  Bäumen  des  Waldes,  die  im 
Herbst  ihre  Blätter  verlieren  und  sich  im  Frühjahr  mit  frischem  Grün 
schmücken.  Wir  erneuern  uns  stetig,  indem  wir  stets  neue  Nahrung 
aus  dem  gemeinsamen  Boden  der  Liebe  zur  Wissenschaft  schöpfen.  Wir 
Averden  uns  bestreben,  auf  dem  gewohnten  Wege  vorwärts  zu  schreiten. 
Wir  wissen  ja,  nicht  im  Besitze,  sondern  im  Erwerben,  in  der  schaffenden 
Arbeit  liegt  das  Glück  des  Lebens  und  der  Reiz  der  Naturforschung. 
Umfang  aber,  wie  Inhalt  der  Wissenschaft  kann  stetig  erweitert  w^erden. 
Doch  der  Einzelne  genügt  nicht  und  nur  vereinte  Kräfte  können  dem 
hohen  Ziele  näher  kommen.  So  lassen  Sie  uns  denn  am  heutigen  Tage, 
wo  unser  Verein  seinen  60 jährigen  Geburtstag  und  damit  seine  diamantene 
Hochzeit  mit  der  Naturwissenschaft  feiert,  hoffnungsfreudig  in  die  ver- 
schleierte Zukunft  schauen!  Möge  der  Verein  fortdauernd  wachsen, 
blühen  und  gedeihen  und  unterstützt  von  dem  Wohlwollen  einsichtsvoller 
Behörden,  als  bescheidenes  dienendes  Glied  mitwirken  an  der  fortschrei- 
tenden Entwicklung  des  Menschengeschlechtes!  Damit  er  dies  könne, 
wollen  wir  von  ganzem  Herzen  wünschen,  dass  unserem  geliebten  Vater- 
lande die  Segnungen  des  Friedens  erhalten  bleiben  mögen  und  dass 
Gottes  Hand  schützend  und  schirmend  walten  möge  über 
Kaiser   und   Reich! 


Lothar  Yon  Wurmb  f 

Nekrolog. 

Am  27.  Juli  1890  starb  zu  Wiesbaden  an  den  Folgen  eines  langen 
Lungenleidens  der  Königliche  Regierungspräsident  Herr  Lothar  von 
Wurmb,  Ehrenmitglied  und  langjähriger  Direktor  des  Nassauischen 
Vereins  für  Naturkunde. 

Der  Verstorbene  gehörte  seit  dem  Jahre  1874  dem  Verein  als 
Mitglied  an,  zu  dessen  Direktor  er  am  19.  Dezember  1874  gewählt 
wurde.  In  dieser  Stellung  hat  er  stets  das  lebhafteste  Interesse  für  die 
Bestrebungen  des  Vereins  gezeigt  und  diesen  nicht  allein  vermöge  seiner 
hohen  Stellung  auf  das  Kräftigste  unterstützt,  sondern  er  hat  auch  bei 
der  persönlichen  Leitung  der  Sitzungen  des  Vereinsvorstandes  und  der 
Generalversammlungen,  wie  auch  der  häufigen  Theilnabme  an  den  wissen- 
schaftlichen Abenden  durch  die  ihm  eigene  wohlwollende  und  liebens- 
würdige Art  sich  stets  die  allgemeine  Verehrung  und  Liebe  der  Vereins- 
mitglieder zu  erw^erben  und  zu  erhalten  gewusst.   — 

Wir  geben  über  den  Lebensgang  des  Verstorbenen  den  nachstehend 
im  »Rh.  Kurier*  vom  28.  Juli,  No.  207,  erschienenen  Artikel  im  Ab- 
druck wieder: 

Lothar  von  Wurmb  war  am  30.  Januar  1824  zu  Cölleda  im  Reg.- 
Bezirke  Merseburg  geboren  als  der  Sohn  des  damaligen  Rittmeisters 
beim  12.  Husarenregiment  v.  W.,  besuchte  die  Landesschule  zu  Schul- 
pforta,  studirte  später  an  den  Universitäten  Heidelberg,  Berlin  und  Halle, 
war  Referendar  an  der  K.  Regierung  zu  Erfurt,  Assessor  in  Potsdam, 
Regierungsrath  in  Merseburg,  Landrath  in  Weissenfeis,  1866  (während 
der  Okkupation)  preussischer  Civilkommissar  im  Königreiche  Sachsen, 
von  1867  bis  1872  Polizeipräsident  von  Berlin  und  wurde  am  10.  Juli 
1872  zum  Regierungs-Präsident  in  Wiesbaden  ernannt,  v.  Wurmb  war 
Mitglied  des  Abgeordnetenhauses  (für  Biedenkopf),  des  deutschen  Reichs- 

Jahrb.  d.  nass.  Ver.  f.  Nat.    43.  II 


-     XVIII     — 

tages  und  des  Herrenhauses  und  wurde  vor  mehreren  Jahren  von  Sr.  Maj. 
dem  Kaiser  Wilhelm  I.  zum  Domdechanten  von  Merseburg  ernannt.  Herr 
V.  Wurmb  hatte  sich  durch  sein  humanes,  freundliches  Wesen,  mit  dem 
er  allen  ohne  Unterschied  des  Standes  entgegenkam ,  durch  sein  Ver- 
ständniss  unserer  nassauischen  Art  und  Weise  die  Verehrung  und  Zu- 
neigung der  Bevölkerung  des  Regierungs-Bezirks,  deren  Interessen  er 
eifrig  förderte,  rasch  erworben.  Durch  die  praktische  x\rt,  mit  welcher 
er  alle  Verwaltungsfragen  zu  behandeln  verstand,  durch  seinen  klaren 
Verstand  und  durch  die  Anwendung  der  in  langjähriger  Verwaltungs- 
thätigkeit  erworbenen  reichen  Kenntnisse  hat  er  bis  kurz  vor  seinem 
Tode  erfolg-  und  segensreich  gewirkt.  Seinen  Untergebenen  war  er  stets 
ein  wohlwollender  Vorgesetzter.  So  wird  sein  Andenken  bei  allen,  die 
ihn  kannten,  unvergesslich  bleiben. 


Georg  Lelir  f 

Nekrolog. 

Hofrath  Georg  Lehr  wurde  am  14.  November  1807  als  Sohn 
des  damaligen  He;:*zogl.  nassauischen  Leibarztes,  späteren  Oberstabsarztes 
Friedrich  Lehr  zu  Biebrich  geboren,  absolvirte  das  ehemalige  Päda- 
gogium zu-  Wiesbaden,  sowie  das  Gymnasium  zu  Weilburg  und  studirte 
auf  den  Universitäten  Göttiugen,  Heidelberg  und  München  Jurisprudenz. 

Nach  abgelegtem  Staatsexamen  wurde  er  zunächst  als  Accessist  bei 
dem  Herzogl.  Amt  zu  Höchst  angestellt,  später  in  gleicher  Eigenschaft 
nach  Eltville  versetzt,  wo  er  bald  zum  Amtssekretär  befördert  wurde 
und  sich  mit  Luise  Vigelius  aus  Frankfurt  am  Main  verheirathete. 
Auf  seinen  durch  persönliche  Verhältnisse  bestimmten  Wunsch  kam  L. 
einige  Jahre  später  als  Registrator  an  die  Herzogliche  Landesregierung 
zu  Wiesbaden,  erhielt  1859  von  Sr.  Hoheit  dem  Herzog  den  Titel 
»Hofrath«  verliehen  und  wurde  im  Jahre  1861  zum  Archivar  bei  der 
genannten  Behörde  ernannt.  In  dieser  Stellung  verblieb  er,  bis  zu  der 
mit  der  Einverleibung  Nassau's  in  das  Königreich  Preussen  verbundenen, 
anderweiten  Organisation  der  Verwaltungsbehörde  im  Jahre  1867,  welche 


—     XIX     — 

ihn  veranlasste,  seinen  Abschied  zu  nehmen,  der  ihm  unter  Anerkennung 
der  langjährigen  und  namentlich  der  neuerdings  bei  Neuordnung  der 
Verhältnisse  geleisteten  Dienste  und  unter  Verleihung  des  Rothen  Adler- 
ordens 4.  Klasse  gewährt  wurde. 

Schon  in  jungen  Jahren  zeigte  L.  eine  Vorliebe  für  die  Beschäftigung 
mit  Naturwissenschaften  und  zwar  vornehmlich  mit  Botanik,  bis  ihn  im 
Jahre  1849  ein  zufälliges  Ereigniss  —  eines  seiner  Kinder  erhielt  von 
einem  Freunde  des  Hauses  eine  Cypraea  zum  Geschenk  —  auf  die  Con- 
chylien  aufmerksam  werden  liess.  Mit  ausserordentlichem  Eifer  Avandte 
er  sich  nun  dem  Studium  derselben  zu,  indem  er  zunächst,  unterstützt 
von  seinem  Freunde,  dem  damaligen  Sekretär  des  naturhistorischen  Ver- 
eins, Sandb erger,  und  in  lebhaftem  Schriftverkehr  mit  Rossmässler, 
sich  der  Erforschung  der  nassauischen  Arten  hingab.  Hand  in  Hand 
damit  ging  die  Anlegung  einer  auch  die  ausländischen  Arten  umfassen- 
den eigenen  Conchyliensammlung,  welche  bald  einen  derartigen  Umfang 
und  Bedeutung  erlangte,  dass,  als  in  den  50  er  Jahren  die  Versammlung 
deutscher  Naturforscher  und  Aerzte  zum  ersten  Male  in  Wiesbaden  tagte, 
in  dem  den  Theilnehmern  dieser  Versammlung  übergebenen  gedruckten 
Führer  durch  Wiesbaden  L.'s  Conchyliensammlung  unter  den  Sehens- 
würdigkeiten der  Stadt  ganz  besonders  hervorgehoben  wurde. 

Hofrath  Lehr  gehört  dem  Verein  seit  seiner  Gründung  als  Mit- 
glied an  und  trat  im  Jahre  1859  als  öconomischer  Commissar  in  den 
Vorstand  ein.  Dies  brachte  ihn  in  immer  mehr  sich  vertiefende  Be- 
ziehungen zu  den  Naturwissenschaften,  in  denen  er  sich  die  weitgehendsten 
Kenntnisse  auf  allen  Gebieten  erwarb,  namentlich  seit  ihm  der  Austritt 
aus  dem  Staatsdienste  eine  vollkommene  Müsse  gestattete,  die  er  mit 
der  Ordnung,  Aufstellung  und  Catalogisirung  der  reichhaltigen  Conchylien- 
sammlung und  der  Bestimmung  einzelner  Exemplare  derselben  auszu- 
füllen wusste. 

lieber  dreissig  Jahre  ist  L.  als  Vorstandsmitglied  mit  dem  grössten 
Eifer  für  die  Zwecke  des  Vereins  in  je^ler  Richtung  förderlich  gewesen. 
Als  Professor  Dr.  Kirschbaum  gestorben  war,  übernahm  er  provisorisch 
die  Führung  der  Geschäfte  des  Vereinssekretairs  und  Museumsinspektors 
und  gab  die  Hefte  31  und  32  der  Jahrbücher  heraus.  Auch  nachdem 
zunehmendes  Alter  und  Kränklichkeit  ihn  nöthigteu,  aus  der  activen 
Thätigkeit  für  den  Verein  mehr  und  mehr  auszuscheiden,  erhielt  er  als 
Ehrenmitglied  demselben  sein  stetiges  warmes  Interesse. 

II* 


—     XX     — 

L.  war  unter  Anderm  auch  Ehrenmitglied  des  Gartenbau-Vereins 
zu  Wiesbaden  und  correspondirendes  Mitglied  der  naturforschenden  Ge- 
sellschaft zu  Jassy. 

L.  starb  am  25.  Dezember  1889  im  Kreise  seiner  ihn  tief  betrauern- 
den Familie  im  Hause  seines  jüngsten  Sohnes,  des  Direktors  der  Heil- 
anstalt Nerothal,  Dr.  Gustav  Lehr. 

Seine  sterbliche  Hülle  ward  unter  der  grössten  Theilnahme  vieler 
Freunde  und  Verehrer  in  Wiesbaden  zur  ewigen  Ruhe  bestattet.  Sein 
Andenken  bleibt  in  unserem  Verein  in  Ehren ! 


Max  Saalmüller  f 

Nekrolog. 

Am  12.  October  1890  verschied  in  seinem  Landhause  in  Bockenheim 
nahe  dem  Frankfurter  Palmengarten  der  königliche  Obristlieutenant  a.  D. 
Herr  Max  Saalmüller,  langjähriges  ordentliches  und  seit  dem  60 jäh- 
rigen Jubiläum  des  Vereins  correspondirendes  Mitglied  des  Nassauischen 
Vereins  für  Naturkunde. 

Der  Verstorbene,  einer  der  bedeutendsten  Lepidopterologen  der 
Jetztzeit,  war  geboren  am  26.  November  1832  in  Römhild  im  Herzog- 
thum  Sachsen-Meiningen.  Er  diente  stets  in  der  preussischen  Artillerie, 
stand  1861  bis  1862  in  Frankfurt  am  Main  als  Premierlieutenant  in 
Garnison, "  wo  er  mit  den  dortigen  Entomologen  Senator  Dr.  L.  von 
Heyden,  Anton  Schmid  und  M u h  1  i g  in  regem  Verkehr  stand  und 
im  Senckenbergianum  die  Section  der  Lepidoptera  übernahm.  1863  bis 
1865  stand  er  in  Luxemburg,  nach  dem  Feldzug  1866  als  Major  in 
Hannover.  Als  solcher  machte  er  1870/71  den  Feldzug  im  Feld- Artillerie- 
Regiment  No.  8  mit  und  zeichnete  sich  in  vielen  Gefechten  und  Schlachten 
mit  seiner  Batterie  so  aus,  dass  er  das  eiserne  Kreuz  IL  und  I.  Classe 
erhielt,  sowie  den  Sachs.  Ernest.  Hausorden  mit  Schwertern.  Nach  dem 
Feldzuge  war  er  Abtheilungskommandeur  in  Strassburg,  nahm  dann  seinen 
Abschied  und  zog  1877  nach  Frankfurt  a.  M.,  wo  er  wiederum  als 
Sectionär  im  Senckenbergianum  eintrat  und  sich  als  eines  der  eifrigsten 


—     XXI     — 

Mitglieder  des  naturhistorisclien  Vereins  zeigte.  Von  da  an  begann  auch 
seine  schriftstellerische  Thätigkeit  in  der  Entomologie,  welche  in  dem 
von  der  Senckenbergischen  naturforschenden  Gesellschaft  herausgegebenen 
Prachtwerke  über  die  Lepidopteren  Madagaskars  gipfelte,  mit  welchem 
sich  S.  ein  hervorragendes  Denkmal  seines  Fleisses  und  seiner  Begabung 
setzte.  In  regem  Schaffen  an  dem  zweiten  Theile  desselben,  der  nahezu 
vollendet  ist  und  von  seinem  treuen  Freunde  Dr.  L.  von  Hey  den, 
(dessen  Güte  ich  die  vorstehenden  Mittheilungen  über  S.'s  Lebensgaug 
verdanke),  herausgegeben  werden  wird,  wurde  der  kräftige  Mann  in 
Folge  einer  Lungenentzündung  nach  fast  schmerzlosem  Krankenlager 
durch  einen  sanften  Tod  unerwartet  schnell  seinen  zahlreichen  Freunden 
entrissen. 

Saalmüller,  dem  ein  reiches  Wissen  in  den  verschiedensten 
Zweigen  der  Naturkunde  zu  Gebote  stand,  war  einer  der  gründlichsten 
Kenner  der  Lepidoptera,  namentlich  auch  der  so  schwierigen  Gruppe 
der  Microlepidoptera  und  der  Exoten.  Sein  Tod  verursacht  eine  grosse 
Lücke,  da  nur  Wenige  im  Stande  sind,  eine  gleiche  Müsse  mit  solchem 
Eifer  und  Erfolge  einer  Spezialwissenschaft  zu  widmen,  wie  es  der  Ver- 
storbene verstanden  hatte.  Für  seine  Freunde  ist  sein  Verlust  um  so 
grösser,  als  S.  stets  in  der  liebenswürdigsten  Weise  bestrebt  war.  Andern 
mit  seinem  Wissen  und  seiner  reichen  Erfahrung  und  Literaturkenntniss 
gefällig  zu  sein.  Ihn  zeichnete  eine  ganz  besondere  Gründlichkeit  und 
Gewissenhaftigkeit  aus,  entsprechend  seinem  lauteren,  jedem  unwahren 
Wesen  und  äusseren  Schein  abholden  Charakter.  Er  war  nicht'  ver- 
heirathet:  den  Mangel  der  Familie  ersetzten  ihm  sein  trauliches,  von 
ihm  selbst  geschaffenes  Heim  mit  dem  wohlgepflegten  Garten,  seine  wissen- 
schaftlichen Bestrebungen  und  der  Verkehr  mit  gleichgesinnten  Freunden, 
die  ihm  ein  warmes,  weit  über  das  Grab  hinaus  reichendes  Andenken 
bewahren  werden. 

Dr.  A.  Pagenstecher. 


Verzeiclmiss  der  Mitglieder 


des 


Nassamschen  Vereins  für  Naturkunde   im  November   1890."^) 


I.  Yorstand. 

Herr  Regierungspräsident  von  Tepper-Laski,  Director. 

«  Sanitätsratli  Dr.  Arnold  Pagenstecher,  Museums-Inspector  und 
Yereinssecretär. 

«  Rentner  Dud  er  Stadt,  Rechnungsführer  und  Vorsteher  der  mine- 
ralogischen Section. 

«     Apotheker  A.  Yigener,  Vorsteher  der  botanischen  Section. 

«     Rentner  Dr.  L.  Dreyfus,  Vorsteher  der  zoologischen  Section. 

«     Garteninspector  Dr.  L.  Cavet,  "i 

«     Professor  Dr.  Heinrich  Fresenius,   >  Beiräthe. 

«     Rentner  Dr.  H.  Weidenbusch,  J 

II.  Ehrenmitglieder. 

Herr  v.  Baumbach,  Landforstmeister  a.  D.,  in  Arolsen. 

«     Graf  Brune  de  Mons,  in  Wiesbaden. 

«     Dr.  B  u  n  s  e  n  ,  Geheimerath,  in  Heidelberg! 

«     Dr.  Erlenmeyer,  Professor,  in  Frankfurt  a.  M. 

«     Dr.  V.  Ettinghausen,  Professor,  in  Wien. 

«  Graf  zu  Eulenburg,  Ober-Präsident  der  Provinz  Hessen-Nassau 
und  Staatsminister,  Excellenz,  in  Cassel. 

«     Dr.  Fresenius,  R.,  Geh.  Hofrath  und  Professor,  Wiesbaden. 

«     Dr.  Geinitz,  Geh.  Hofrath,  in  Dresden. 

«  Dr.  Ritter  v.  Hauer,  K.  K.  Hofrath  und  Director  der  geolo- 
gischen Reichsanstalt,  in  Wien. 

«     Alexander  v.  Homeyer,  Major  z.  D.,  in  Greifswald. 

«     Dr.  v.  Kölliker,  Professor,  in  Würzburg. 

«     Dr.  R.  Leuckart,  Geh.  Rath  in  Leipzig. 

«     Dr.  F.  V.  Sand  berger,  Professor,  in  Würzburg. 


*)  Um  Mittheilung   vorgekommener  Aenderungen  im  Personenstand  wird 
freundlichst  gebeten. 


XXIV     — 


in.  Correspondirende  Mitglieder. 

Herr  Dr.   0.  Böttger,  in  Frankfurt  a.  M. 

«  Dr.  Buchner,  Professor,  in  Giessen. 

«  Dr.  Buddeberg,  Rector,  in  Nassau  a.  Lahn. 

«  Dr.  V.  Canstein,    Königl.  Oeconomierath   und   General-Secretär, 

in  Berlin. 

«  Freudenberg,  General-Consul,  in  Colombo. 

«  Ernst  Herborn,  Bergdirector,  in  Sidney. 

«  Dr.  L.  V.  Hey  den,  Königl.  Major  z.  D.,  in  Bockenheim  bei  Frank- 
furt a.  M. 

«  Dr.  Hueppe,  Professor  der  Hygiene,   in  Prag. 

«  Dr.  Kays  er,  Professor  der  Geologie,  in  Marburg. 

«  Dr.  F.  Kinkelin,  in  Frankfurt  a.  M. 

«  Dr.  C.  List,  in  Hagen. 

«  Dr.  Ludwig,  Professor,  in  Bonn. 

«  J.  Machi'k,  pens.  Kgl.  niederl.  Oberstabsarzt  I.  Gl.,  in  Buda-Pesth. 

«  Dr.  F.  Noll,  Professor,  in  Frfinkfurt  a.  M. 

«  Th.  Passavant,  in  Frankfurt  a.  M. 

«  Dr.  R  e  i  c  h  e  n  b  a  c  h ,  in  Frankfurt  a.  M. 

«  V.  Schönfei  dt,  Oberstlieutenant,  in  Weimar. 

«  P.  T.  C.  Sn eilen,  in  Rotterdam. 

«  Dr.  Strauch,  Professor  und  Museums-Director,  in  St.  Petersburg. 

IV.  Ordentliche  Mitglieder. 

Ä.     Wohnhaft  in  Wiesbaden  und  7tächster   Umgehimg. 

Herr  Albrecht,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt. 
«     Ähren s,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt. 
«     Aschendorf,  Dr.,  Sanitätsrath. 
«     Ausfeld,  Dr.  phil.,  Archivar. 
«     V.  Aweyden,  Ober-Reg.-Rath. 

«  Berle,  Ferd.,  Dr.,  Banquier. 

«  Becker,  Dr.  med.,  prakt.   Arzt. 

«  Bergmann,  J.  F.,  Verlagsbuchhändler. 

«  Bertram,  Dr.,  Appellationsgerichts-Vicepräsident  a.  D. 

«  Bischof,  Dr.,  Chemiker. 

«  Borgmann,  Dr.,  Chemiker. 

«  V.  Born,  W.,  Rentner. 

«  Brauns,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt. 

«  Brömme,  Ad.,  Tonkünstler. 

«  Brüning,  Ober-Bergrath. 


V, 


—     XXY     — 

Herr  Cavet,  Dr.,  Königl.  Garteninspector. 

«  Charlie r,  A..  Kentner. 

«  Clouth,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt. 

«  V.  Cohausen,  Oberst  a.  D. 

«  Colin,  Dr.,  Geh.  Sanitätsrath. 

«  Cramer,  C,  Gutsbesitzer. 

«  Cramer,  Dr.  med. 

«  de  la  Croix,  Consistorialpräsident. 

«  Cropp,  W.,  Rentner. 

«  Cuntz,  Wilhelm,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt. 

«  Cuntz,  Friedrich,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt. 

«  Cuntz,  Adam,   Kaufmann. 

«  V.  Dewitz,  Oberstlieutenant  z.  D.  ^  R  Yj 

«  Dihm,  Hugo,  Baumeister. 

«  Dö bring,  Rechnungsrath  a.  D. 

«  Dreyfus,  L.,  Dr.  phil.,  Rentner.  ^"^ 

«  Duderstadt.  C,  Rentner. 

«  V.  Eck,  Justizrath. 

«  Eiffert,  Oberlandesgerichtsrath  a.  D. 

^  Esch,  Carl,  Rentner. 

«  Flach,  Geheimeratb. 

«  Fleischer,  Dr.  phil.,  Rentner. 

«  Fleischer,  Dr.  med.,  Sanitätsrath. 

*  Florschütz,  Dr.,  Sanitätsrath. 

«  Frank,  Dr.,    Dozent  und   Abth.-Vorst.    am   ehem.  Laboratorium 

von  Fresenius. 

«  Freinsheim,  F.,  Rentner. 

«  Fresenius,  H.,  Dr.,  Professor. 

«  Fresenius,  W.,  Dr.,  Dozent. 

«  Freu dent heil,  Dr.,   Sanitätsrath. 

«  Frey  tag,  Otto,  Hotelbesitzer. 

«  Frey  tag,  G.,  Dr.,  Geh.  Hofrath. 

«  Freitag,  0.,  Rentner, 

«c  Fuchs,   Landgerichtsrath. 

«  Fü  SS  mann,  E.,  Rentner. 

«  Gärtner,  Martin,  stud.  math. 

«  Gebauer,  F.  A.,  Generallieutenant  z.  D.,  Excellenz. 

<'  G  e  c  k  s  ,  Buchhändler. 

«  Gessert,  Th.,  Rentner. 

«  G 1  a  d  e  ,  Consul. 

«  Gräber,  Commerzienrath. 

«  Gräff,  A.,  Regierungsrath. 


—     XXVI     — 

Herr  Gräser,  Oberst  z.  D. 

«     Groschwitz,  C,  Buchbinder. 

«     Gr  0  seh  Witz,  G.,  Lithograph. 

«     Gull,  Lehrer. 

«     Gygas,  Dr.  med.,  Oberstabsarzt  a.  D. 

«c  Hammacher,  G.,  Kentner. 

«  Hartman  11,  Julius,  Maler  und  Lackirer. 

«  Hecker,  J.,  Schreiner. 

«  Heimerdinge'r,  M.,  Juwelier. 

«  H e int z mann,  Dr.  jur.,  Kentner.      . 

«  Hensel,  C,  Buchhändler. 

«  Herber,  Hauptmann  a.  D. 

«  Herrfahrdt,  Oberstlieutenant  z.  D. 

«  Hertz,  H.,  Kaufmann. 

«  Hessenberg,  G.,  Rentner. 

«  Hintz,  Dr.  phil.,  Dozent. 

«  Hirsch,  Franz,  Schlosser. 

«  Hirsch,  Heinrich,  Schreiner. 

«  Hopmann,  Landgerichts-Präsident. 

«  Jacob,  Bernhard,  Zimmermeister. 

«  V.  Ibell,  Dr.,  Ober-Bürgermeister. 

«  Jessnitzer,  Rentner. 

«  Jung,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt. 

«  K alle.  F.,  Rentner. 

«  Keier,  Rentner. 

«  Kempner,  Dr.  med.,  Augenarzt. 

«  Kessler,  Landesbank-Directionsrath. 

*  Kessler,  Dr.,  Director  a.  D. 

«  Kind,  Dr.,  Gewerberath. 

«  Kirchmair,  Rentner. 

«  Kirchner,  Apotheker. 

«  Klau,  J.,  Gymnasiallehrer. 

«  Knauer,  F.,  Rentner. 

«  V.  Knoop,  Rentner,  Freiherr. 

<K  Kobbe,  F.,  Kaufmann. 

«  Koch,  G.,  Dr.  med.,  Hofrath. 

«  Kögel,  Rentner. 

«  Kopp,  Rudolf,  Fabrikbesitzer. 

«  Koettschau,  Oberstlieutenant  z.  D. 

«  V.  Kraatz-Koschlau,  General  der  Infanterie,  Excellenz. 

«  Kühne,  Dr.  med.,  Hofrath. 


—     XXVII     — 

Heri:  Lacisch,  Grubendirector  a.  D. 

«  Lauer,  Rentner. 

*<  Lautz,  Reallehrer  an  der  höheren  Töchterschule. 

«  Leo,  Rentner. 

«  Lehr,  G.,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt. 

«  Lenz,  Dr.,  Oberstabs-Apotheker  im  Kriegsministerium  a.  D. 

«  Leisler,  Dr.  jur.,  Rechtsanwalt. 

«  L  e  0  n  h  a  r  d ,  Lehrer. 

«  Letzerich,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt. 

«  Levi,  Carl,  Buchhändler. 

«  Lex,  Rechnungsrath. 

«  Limbarth,  Chr.,  Buchhändler. 

«  L  ö  b  n  i  t  z ,  Rentner. 

«  Lossen,  Dr.  phil.,  Rentner. 

«  Lugenbühl,  stud.  med. 

«  L  ü  d  i  c  k  e  ,   Rentner. 

*  Magdeburg,  Rentmeister  a.  D. 

<  V.  Malapert-Neufville,  Freiherr  R.,  Dr.  phil. 
«  Marburg,  F.,  Rentner. 

«  Marcus,  Otto,  Hauptagent. 

«  Maus,  W.,  Postsecretär. 

«  Matthiessen,  Dr.  med.,  Rentner. 

«  Medicus,  Dr.,  Professor,  Director  a.  D. 

«  Meineke,  Dr.,  Abth. -Director  a.  d.  Untersuchungsamt. 

«=  Menny,  Steuerinspector  a.  D. 

«  Meurer,  Carl,  sen.,  Dr.  med.,  Augenarzt. 

«  Michaelis,  Fr.,  Schlachthausdirector. 

«  Mordhorst,   Dr.  med.,  prakt.  Arzt. 

«  Mouchall,  Ingenieur. 

«  Mühl,  Forstmeister. 

«  V.  Mützschefahl,  A.,  Generallieutenant  z.  D.,  Excellenz. 

«  Napp,  Jacob,  Rentner. 

«  Neuss,  Chr.,  Apotheker. 

«  Nötzel,  Rentner. 

«  V.  Normann,  Oberst  a.  D. 

«  de  Ondarza,  Rentner. 

-<  Opitz,  H.,  Geh.  Regierungsrath. 

<  Paehler,  Dr.  R.,  Director  des  Kgl.  Gelehrten-Gymnasiums. 
«  Pagen  Stecher,  Arnold,  Dr.  med.,  Sanitätsrath. 

«  Pagenstecher,  Dr.  H.,  Augenarzt. 

<K  V.  Pelser-Berensberg,   Dr.  med.,  Freiherr. 


—     XXVIII     — 

Herr  Petmecky,  H.,  Lithograph, 

«  Pfeiffer,  Emil,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt. 

«  Pfeiffer,  August,   Dr.  med.,  Kreisphysikus. 

«  Polack,  Rector  a.  D. 

«  Prob  still  g,  A.,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt. 

«  Rabe  neck,  Rentner. 

«  Reichard,  C.  A.,  Rentner. 

«  V.  Reichen  au,  Geh.  Regierungsrath. 

«  V.  Reich enau.  Major  z.  D. 

«  Rehorst,  Ingenieur. 

«  V.  R  h  e  i  n  b  a  b  e  n ,  Polizei-Präsident. 

«  Ricker,  Dr.  med.,  Sanitätsrath. 

«  Ritter,  C,  sen.,  Buchdruckereibesitzer. 

«  Ritter,  C,  jun.,  Buchdrucker. 

«  Röder,  Ad.,  Hof-Conditor. 

«=  Römer,  August,  Conservator  am  Museum. 

«  Römer,  Bergrath. 

«  Romeiss,  Otto,  Dr.,  Rechtsanwalt. 

«  Rossbach,  ordentlicher  Lehrer  am  Real-Gymnasium. 

«  Rospatt,  Regierungsrath. 

«  Roth,   Ad.,  Rentner. 

«  Rühl,  Georg,  Kaufmann. 

«  Sartorius,   Landes-Director. 

«  Schalk,  Dr.  jur.,  Bibliothekar. 

«  V.  Scheliha,  Oberst  a.  D. 

«  Seh  eile  nberg,  Apotheker. 

«  Schelle  nberg,  Hof-Buchdruckereibesitzer. 

«  Schelle  nberg.   Geh.  Regierungsrath. 

«  Schlichter,  Ad.,  Rentner. 

«  Schlieben,  Major  a.  D. 

«  Schmidt,  Adam,  Rentner. 

«  Schmitt,  Conr.,  Dr.,  Director  des  Lebensmittel-Untersuchungsamt. 

«  Schmitt,  Heinrich,  Lehrer  am  Kgl.  Hum.  Gymnasium. 

«  Schmitthenner ,  Dr.,  Oberlehrer. 

«  Schnabel,  Rentner. 

«  Scholle,  Musiklehrer. 

«  Schreiber,  Geh.  Regierungsrath. 

«  Schulte,  Rentner. 

*■  Schwartze,  Zahlmeister. 

«  Seip,  Gymnasiallehrer. 

«  Seyberth,   Apotheker. 

«  Seyd,  Rentner. 

«  Siebert,  Oberlehrer. 


—     XXIX     — 

Herr  Sjö ström,  M.,  Rentner. 

«  Sommer,  Major  a.  D. 

«=  Spamer,  Gymnasiallehrer. 

«  Spieseke,  Dr.,  Oberstabsarzt  a.  D. 

«  Stamm,   Dr.  jur.,  Justizratli. 

«  Stamm,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt. 

«  Staffel,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt. 

«  Stein  kauler.  Guido,  Rentner. 

«  Stödtke,  Dr.,  Kgl.  niederl.  Generalarzt  a.  D. 

«  Strempel,  Apotheker. 

«  von  Tepper-Laski,  Regierungspräsident. 

«  Thiel,  Major  z.  D. 

«  Thilenius,  Moritz,  Dr.  med.,   prakt.  Arzt. 

«  Thönges,  H.,  Dr.,  Justizrath. 

«  Thomae,  C,  Dr.  phil.,  Gjmnasiallehrer. 

«  T  i  1  m  a  n  n  ,  Oberforstmeister. 

«  Tölke,  Rentner. 

«  Touton,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt. 

«  Treusch  v.  Butlar-Brandenf eis,  Oberstlieutenaut  z.  D. 

«  T  r  ü  s  t  e  d  t ,  Oberstlieutenant  z.  D. 

«  Vogel,  Wilhelm,  Rentner. 

«  Voigt,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt. 

«  Vollmar,  Rentner. 

«  Wächter,  Rentner. 

«  Wagner,  Photograph. 

«  Wangenheini,  Major  z.  D. 

«  Weber,  Oberst  a.  D. 

«  de  Weerth,  Arthur,  Rentner. 

«  Weidenbusch,  Dr.  H.,  Rentner. 

«  Weiler,  Rentner. 

«  Werz,  Carl,  Glaser. 

«  Westberg,  Coll.-Rath. 

«  Westphalen,  Regierungsrath. 

«  Wibel,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt. 

«  Wieg  and,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt. 

«  Winter,  Kgl.  niederl.  Oberstlieutenant  a.  D. 

«  Winter,  Ernst,  Director  des  städtischen  Gas-  und  Wasserwerks. 

«  W  u  n  d  e  r  1  y  ,  Rentner. 

«  Zais,  W.,  Hotelbesitzer. 

«  Zimmermann,  Fabrikbesitzer. 

«  Z  in  SS  er,  Dr.  med. 


—     XXX      - 


B.    Äusserhalh  Wiesbaden  (im  Regierungsbezirk). 

Herr  Albert,  Fabrikbesitzer,  in  Biebrich. 

«  Alefeld,  Dr.  phil.,  in  Soden. 

«  Baltzer,  Dr.,  Keallehrer,  in  Diez. 

«  Beck,  Dr.,  Rheinhütte  in  Biebrich. 

«  Beyer,  Gräfl.  Kielmannsegge'scher  Bentmeister,  in  Nassau. 

«  Biegen,  Carl,  in  Oestrich. 

«:  Blum,  J.,  Oberlehrer,  in  Frankfurt  a.  M. 

«  Caspari,  Eealgymnasiallehrer,  in  Oberlahnstein. 

«  Dahlen,  G-eneralsecretär,  in  Oeisenheim. 

«:  Dilthey,  Theodor,  in  Rüdesheim. 

«  Döring,  Dr.  med.,  Sanitätsrath,  in  Ems. 

«  Dyckerhoff,  R.,  Fabrikant,  in  Biebrich. 

«  Ebertz,  Dr.  med.,  Kreisphysikus,  Sanitätsrath,  in  Weilburg. 

«  Esau,  Reallehrer,  in  Biedenkopf. 

«  F  0  n  k  ,  Geh.  Regierungsrath,  in  Rüdesheim. 

«  Frank,  Hüttenbesitzer,  zur  Nieverner  Hütte  bei  Ems. 

«  Fresenius,  Dr.,  prakt.  Arzt,  in  Soden. 

«  Frickhöffer,  Dr.  med.,  Hofrath,  in  Langenschwalbach. 

«  Froh  wein,  Grubendirector,  in  Diez. 

«  Fuchs,  Oberförster,  in  Montabaur. 

«  Fuchs,  Pfarrer,  in  Bornich. 

«  Geis,  Bürgermeister,  in  Diez. 

«  Goethe,  Director  des  Königl.  Instituts  für  Obst-  und  Weinbau  in 
Geisenheim. 

«  Haas,  Rudolph,  Hüttenbesitzer,  zu  Neuhoffnungshütte  bei  Herborn. 

«  Heberle,  Bergdirector,  Grube  Friedrichsegen  bei  Oberlalmstein. 

«  Herget,  Bergdirector,  in  Diez. 

«  Hilf,  Justizrath,  in  Limburg. 

«  Höchst,  Bergrath,  in  Weilburg. 

«  V.  Hüne,  Oberförster,  in  Homburg  v.  d.  H. 

«  V.  Ib eil,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt,  in  Ems. 

«  Keller,  Ad.,  in  Bockenheim. 

«  Keller,  Oberförster,  in  Driedorf. 

«  Kirch  berger,  Buchhändler,  in  Ems. 


XXXI 


Herr  Kobelt,  "W.,  Dr.  med.,  in  Scliwanheim. 
«     Krayer,  Joseph,  in  Johannisberg. 
«     Kr e ekel,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt,  in  Eppstein. 
«     Krücke,  Pfarrer,  in  Limburg. 
«     Kuhn,  A.,  Kaufmann,  in  Nassau. 

TT"  „  ,^  r,        nVv«         T  <^l,^^«       i^     TT'^-.o 


Kunz,  Chr.,  Lehrer,  in  Ems. 
Künzler,  L.,  in  Freiendiez. 

V.  Lade,  Eduard,  in  Geisenheim. 

V.  Lade,  Friedrich,   in  Geisenheim. 

Lew  alt  er,  Dr.  med.,  Hofmedicus,  in  Biebrich. 

Leyendecker,  Professor,  in  Weilburg. 

Linkenbach,  Bergverwalter,  in  Ems. 

Lotichius,  Eduard,  Dr.,  in  St.  Goarshausen. 

V.  Matuschka-Greiffenclau,  Hugo,  Graf,  auf  Schloss  Vollrat h. 
Müller,  Oberlehrer  und  Li stituts Vorsteher,  in  St.  Goarshausen. 
MüUer-Thurgau,  Dr.,  Professor,  in  Geisenheim. 

Neub ronner,  Apotheker,  in  Cronberg. 

Oppermann,  Dr.,  Reallehrer,  in  Frankfurt  a.  M. 

ftuehl,  Director,  in  Ems. 

V.  Rein  ach,  A.,  Baron,  Frankfurt  a.  M. 
Reuss,  Ad.,  Grubenbesitzer,  in  Geisenheim. 
V.  Rössler,  Rechtsanwalt,  in  Limburg. 

Schaaf,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt,  in  Eltville. 
Schenk,  Professor,  in  Hadamar. 
Schmidt,  Ludwig,  stud.  rer.  nat.,  in  Sachsenhausen. 
Schröter,  Dr.,  Director  der  Irrenanstalt  Eichberg. 
Schüssler,  Seminar-Oberlehrer,  in  Dillenburg. 
Seeligmüller,  Obergärtner,  in  Geisenheim. 
Siebert,  Garten-Director,  in  Frankfurt  a.  M. 
Siegfried,  Dr.,  Fabrikant,  in  Herborn. 
Speck,  Dr.  med.,  Sauitätsrath,  in  Dillenburg. 
Spiess,  Director  der  Christianshütte  bei  Seelbach. 
Steeg,  W.,  Dr.,  Optiker,  in  Homburg  v.  d.  H. 
Stippler,  Grubenbesitzer,  in  Limburg. 
Stritter,  Reallehrer,  in  Biebrich. 
Sturm,  Ed.,  in  Rüdesheim. 

Thilenius,  Otto,  Dr.  med.,  Sauitätsrath,  in  Soden. 
Tille,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt,  Nassau  a.  d.  Lahn. 


—     XXXII     — 

Herr  Vigener,  Apotheker,  in  Biebrich. 
•K     Vogelsberge r,  Weinhändler,  in  Ems. 

«     Waterloo,  Oberlandesgerichtsrath,  in  Montabaur 
«     Winter,  Lithograph,  in  Frankfurt  a.  M. 
«     Winter,  Präsident  a.  D.,  in  Elmshausen. 


C.    Atisserhalh  des  Regierungsbezirks  Wiesbaden. 

Herr  Bertkau,  Dr.,  Professor,  in  Bonn. 
Bibliothek,  König!.,  in  Berlin. 
«     V.  Bismark,  C,  Graf,  Kammerherr,  Thurnau  in  Oberfranken. 

«     Dodel,  Consul,  in  Leipzig. 

«     Dünkelberg,  Dr.,  Geh.  Rath,  in  Poppeisdorf. 

«     Frey,  L.,  Ingenieur,  in  Worms. 

«     Geisenheyner,  Gymnasiallehrer,  in  Kreuznach. 
«     Giebeler,  W.,  Hauptmann,  in  Oels. 

«     Knüttel,  S.,  in  Stuttgart. 

«     Löbbeke,  Hauptmann  a.  D.,  in  Hamm  (Westfalen). 

«     Maurer,  Fr.,  Rentner,  in  Darmstadt. 
«     Meyer,  H.,  Dr.,  Professor,  in  Marburg. 

Königliches  Oberbergamt,  in  Bonn. 

Herr  Penard,  Dr.  phiL,  in  Genf. 

«c  Schlüter,  Senatspräsident,   in  Hamm. 

«  Schneider,  Professor  an  der  Bergacademie  in  Berlin. 

«  Schreiber,  Carl,  Zoologe,  in  Würzburg. 

«  Steffen,  Apotheker,  in  Homburg  v.  d.  H. 


-«^•x-^- 


ir. 


Abhandlungen. 


DIE 


ENTWICKLUNG   DER  CHEMIE 


IN  DEN 


LETZTEN  SECHZIG  JAHREN, 


MIT  SPECIELLER 


BERÜCKSICHTIGUNG  UNSERES  VEREINSGEBIETES. 


VOETEAG, 

GEHALTEN  ZU  WIESBADEN  AM   6.   OCTOBER    1889 


60.  GENERALVERSAMMLUNG  DES  NASSAUISCHEN  VEREINS 
FÜR  NATURKUNDE 


VON 


PROFESSOR  DR.  H.  FRESENIUS. 


Jahrb.  d.  nass.  Ver.  f.  Nat.     43. 


Hochansehiiliche  Versammlung ! 


Heute,  wo  der  nassauische  Verein  für  Naturkunde  seit  2  Menschen- 
altern besteht,  hat  unser  verehrter  Secretär  gelegentlich  der  Erstattung 
seines  Jahresberichtes  einen  Rückblick  auf  die  verflossenen  60  Jahre 
geworfen.  Er  hat  uns  in  beredten  Worten  ein  Bild  der  Entwicklung 
der  Naturwissenschaften  in  diesem  Zeiträume  vor  Augen  geführt. 

Wenn  ich  Sie  jetzt  auffordere,  Ihre  Aufmerksamkeit  einer  von 
den  Naturwissenschaften  zuzuwenden  und  mit  mir  die  Entwicklung 
der  Chemie  in  den  letzten  60  Jahren  zu  betrachten,  so  recht- 
fertigt sich  dies  dadurch,  dass  gerade  die  Chemie  in  dieser  Zeit  ganz 
bedeutende  Fortschritte  gemacht  hat,  besonders  aber  dadurch,  dass  sie  in 
ähnlicher  Weise  wie  ihre  ältere  Schwester,  die  Physik, 
einen  mächtigen  Einfluss  ausgeübt  hat  auf  alle  übrigen  Naturwissen- 
schaften und  auf  das  practische  Leben,  insbesondere  auf  fast  alle  Zweige 
der  Industrie  und  auf  die  Landwirthschaft. 

Zu  der  Zeit  als  unser  nassauischer  Verein  für  Naturkunde  ge- 
gründet wurde,  stand  die  Chemie  hauptsächlich  unter  dem  Einfluss  des 
grossen  schwedischen  Forschers  Berzelius. 

Sein  berühmtes  Lehrbuch  der  Chemie  war  bereits  in  schwedischer 
Sprache  veröffentlicht.  Die  von  W  ö  h  1  e  r  besorgte  deutsche  Uebersetzung 
war  gerade  damals  im  Erscheinen  begriffen. 

Die  Chemie    ist    einer    der  jüngsten  Zweige  der  Naturwissenschaft. 

Auf  die  dunklen  Zeiten  der  Alchemie  im  Mittelalter  war  etwa  gleich- 
zeitig mit  der  Reformation,  also  mit  dem  Anfange  der  neueren  Zeit  in 
der  Weltgeschichte,  die  Jatrochemie  gefolgt.  Dieses  Zeitalter  der 
m  e  d  i  c  i  n  i  s  c  h  e  n  Chemie  bereitete  den  Boden  vor  für  die  Entwicklung 
der  Chemie  zu  einer  selbstständigen  Wissenschaft. 

Es  folgte  von  Robert  Boyle  an  das  Zeitalter  der  Phlogiston- 
theorie,  die  Zeit  von  1650  — 1775  umfassend. 

1* 


—     4     — 

Lavoisier's  epocliemachende  Entdeckungen  führten  zur  anti- 
phlogistischen Chemie,  welche,  von  einer  neuen,  noch  heute  als 
richtig  anerkannten  Auffassung  des  Verbrennungsprocesses  ausgehend, 
eine  vollständige  Umwälzung  in  den  Grundanschauungen  herbeiführte. 

Dieser  Sturm-  und  Drangperiode,  in  welcher  zuerst  die  Lehre  von 
den  chemischen  Proportionen  und  dann  insbesondere  durch 
Dalton  die  Atomtheorie  entwickelt  wurde,  folgte  die  Abklärung 
und  systematische  Ausbildung  durch  Berzelius. 

Wichtige  Dienste  hatte  die  Elektricität  der  chemischen  Forschung 
geleistet,  ich  erinnere  nur  an  die  Entdeckung  der  Alkalimetalle  durch 
Davy.  Es  ist  also  leicht  erklärlich,  dass  Berzelius  in  dieser  wunder- 
baren Naturkraft,  welche  auch  heute  wieder  im  Vordergrunde  des  Interesses 
steht,  die  Ursache  aller  chemischen  Vorgänge  erblickte.  Auf  seine 
elektrochemische  Theorie  baute  er  das  dualistische  System  auf  und  be- 
schenkte so  zum  ersten  Male  die  chemische  Wissenschaft  mit  einem 
vollständigen  systematischen  Lehrgebäude. 

Hier  nur  die  Grundzüge. 

Die  ganze  Körperwelt  besteht  aus  chemisch  nicht  weiter  zerlegbaren. 
Grundstoffen  oder  Elementen  und  den  durch  Vereinigung  der  Elemente 
entstehenden  Verbindungen. 

Die  Atome  der  Elemente  besitzen  ausser  verschiedenen,  für  jedes 
Element  charakteristischen  Gewichten  eine  elektrische  Polarität,  und  zw^ar 
haben  dieselben  mindestens  zwei  Pole,  deren  Elektricitätsmengen  meist 
verschieden  sind,  so  dass  entweder  die  positive  oder  die  negative 
Elektricität  überwiegt.  Die  chemische  Vereinigung  erfolgt  dem- 
gemäss  nach  festen  unabänderlichen  Gewichtsverhältnissen  und  kommt 
zu  Stande  durch  die  Anziehung  der  ungleichnamigen  Pole  kleinster  Theil- 
chen  und  durch  den  nachfolgenden  Ausgleich  der  verschiedenen  Elektri- 
citäten.  Vereinigen  sich  zwei  Elemente,  so  entsteht  eine  Verbindung 
erster  Ordnung.  Aber  auch  diese  Verbindungen  erster  Ordnung  können 
bei  Einwirkung  auf  einander  verschiedenartig  elektrisch  werden  und 
können  sich  dann  zu  Verbindungen  zweiter  und  höherer  Ordnungen  ver- 
einigen, wie  z.  B.  die  elektronegativen  Säuren  mit  den  elektropositiven 
Basen  zu  Salzen. 

Zur  Veranschaulichung  der  chemischen  Vorgänge  führte  Berzelius 
eine  chemische  Zeichensprache  ein,  welche  mit  nur  geringen  Verände- 
rungen noch  heute  im  Gebrauch  ist. 


Auf  diesen  Grundlagen  baute  Berzelius  sein  dualistisches 
System  auf  und  führte  es  consequent  für  das  ganze  Gebiet  der  Chemie 
durch,  also  nicht  bloss  für  die  schon  gut  entwickelte  anorganische  Chemie, 
sondern  auch  für  die  damals  erst  in  Anfängen  vorhandene  organische 
Chemie. 

Bis  zu  Berzelius  Zeiten  war  man  gewohnt,  die  Chemie,  ent- 
sprechend den  3  Reichen  der  Natur,  einzutheilen  in  Mineral-Chemie, 
vegetabilische  Chemie  und  animalische  Chemie. 

Dann  folgte  die  Zusammenfassung  der  beiden  letzten  Gruppen  in 
die  organische  Chemie,  nachdem  Lavoisier  als  Hauptbestand- 
theile  der  im  Thier-  und  Pflanzenkörper  vorkommenden  Verbindungen 
Kohlenstoff,  Wasserstoff  und  Sauerstoff,  zuweilen  Stickstoff,  seltener  Phos- 
phor und  Schwefel  nachgewiesen  hatte.  Aber  auch  jetzt  noch  nahm  man 
€ine  trennende  Schranke  zwischen  dieser  und  der  Chemie  des  Mineral- 
reiches, der  anorganischen  Chemie  an.  Nur  durch  die  Lebens- 
kraft, so  meinte  man,  könnten  die  im  Pflanzen-  und  Thierleib  vorge- 
fundenen chemischen  Verbindungen  gebildet  werden,  der  Chemiker  könne 
sie  daher  wohl  zerlegen  und  ihre  Zusammensetzung  erforschen,  niemals 
aber  aus  den  Grundstoffen  künstlich  aufbauen. 

Da  gelang  Wo  hl  er  im  Jahre  1828  die  künstliche  Darstellung  des 
Harnstoffes,  also  die  erste  Synthese  einer  organischen  Ver- 
bindung, für  deren  Bildung  man  bis  dahin  die  Mitwirkung  der  Lebens- 
kraft für  unbedingt  nothwendig  gehalten  hatte. 

Das  Epochemachende  von  Wöhler's  Entdeckung  liegt  nicht 
nur  darin,  dass  sie  die  Schranke  [zwischen  anorganischer  und  organischer 
Chemie  niederriss,  sondern  fast  mehr  noch  darin,  dass  sie  den  practischen 
Beweis  dafür  lieferte,  dass  auch  auf  die  organische  Chemie  nicht  nur 
die  Analyse,  sondern  auch  die  Synthese  anwendbar  sei,  eine  Forschungs- 
methode, welche  sich  bekanntlich  gerade  auf  dem  Gebiete  der  organischen 
Chemie  als  ausserordentlich  fruchtbringend  erwiesen  hat.  Ich  erinnere 
nur  an  die  künstliche  Darstellung  des  Alizarins  und  des  Indigofarbstoffes. 

Kurz  vorher,  in  den  Jahren  1822  und  1823,  war  durch  L^nter- 
suchungen  von  Wo  hl  er  und  Liebig  über  die  cyansauren  und  knall- 
sauren Salze  eine  Thatsache  festgestellt  worden,  welche  ebenfalls  für  die 
Entwicklung  der  Chemie,  besonders  der  organischen,  von  der  aller- 
grössten  Bedeutung  geworden  ist,  nämlich  die  Thatsache  von  der  Existenz 
isomerer  Verbindungen. 


—     6     — 

Bis  dahin  galt  der  Lehrsatz,  dass  Körper  von  gleicher  qualitativer 
und  quantitativer  Zusammensetzung  auch  die  gleichen  Eigenschaften  be- 
sitzen müssen.  Durch  die  erwähnten  Untersuchungen  Wo  hl  er 's  und 
L  i  e  b  i  g  's  aber  wurde  festgestellt,  dass  zwei  Körper  von  genau  gleicher 
chemischer  Zusammensetzung  existirten,  welche  in  ihren  Eigenschaften 
im  höchsten  Grade  verschieden  sind.  Während  die  Salze  der  Cyansäure 
sehr  beständig  sind  und  sich  theilweise  sogar  beim  Glühen  nicht  ver- 
ändern, sind  die  knallsauren  äusserst  explosiv,  und  doch  sind  beide 
Verbindungen  qualitativ  und  quantitativ  ganz  gleich  zu- 
sammengesetzt. 

Die  hohe  Bedeutung  dieser  Feststellungen  wurde  von  den  hervor- 
ragendsten Vertretern  der  Chemie  sofort  erkannt,  sowohl  von  Berzeliu» 
als  auch  von  Liebig's  Lehrer,  dem  berühmten  französischen  Natur- 
forscher Gay-Lussac.  Letzterer  hatte  sich  besonders  ausgezeichnet 
durch  die  Entdeckung,  dass  bei  der  Vereinigung  von  Gasen  zu  gas- 
förmigen Verbindungen  Gesetzmässigkeiten  hinsichtlich  der  Volumver- 
hältnisse bestehen. 

Auch  bezüglich  der  von  Wohl  er  und  Lieb  ig  aufgefundenen 
Isomerie  traf  er  sofort  das  Richtige,  indem  er  aussprach,  die  Verschieden- 
heit der  beiden  gleich  zusammengesetzten  Verbindungen  sei  darauf  zurück- 
zuführen, dass  in  ihnen  die  Elemente  verschiedenartig  mit  einander  ver- 
bunden seien. 

Wohl  er  und  Lieb  ig  sind  uns  hier  auf  der  Schwelle  der  neuesten 
Zeit  entgegen  getreten  als  Bahnbrecher  auf  dem  Gebiete  der  Chemie, 
Wie  in  der  Forschung,  so  waren  die  nahezu  Gleichaltrigen  auch  im 
Leben  durch  innige  Bande  der  Freundschaft  vereinigt,  ein  glänzendes 
Doppelgestirn,  welches  in  der  Chemie  allen  voranleuchtet  in  den  ver- 
flossenen beiden  Menschenaltern.  Vereint  sehen  wir  sie  rastlos  thätig 
in  der  Auffindung  neuer  Forschungsmethoden  und  der  Entwicklung  neuer 
Theorieen.  Sie  ergänzen  sich  in  wunderbarer  Weise  und  die  Früchte 
ihrer  gemeinsamen  Arbeit  gehören  zu  den  edelsten  und  besten,  welche 
die  chemische  Forschung  bis  auf  den  heutigen  Tag  gezeitigt  hat. 

Dabei  aber  gehen  die  beiden  Männer  nicht  völlig  in  einander  auf,, 
sondern  jeder  behält  seine  Selbstständigkeit  auch  in  der  Forschung. 

Wo  hier,  der  Schüler  von  Berzelius,  bewahrt  sich  eine  gewisse 
Vorliebe  für  die  anorganische  Chemie,  er  bildet  die  Mineral analyse 
weiter  aus,  er  ist  der  Entdecker  des  Aluminiums,  er  bereichert  durch. 


—     7     — 

wichtige,  zum  Tlieil  mit  Deville  gemeinschaftlich  ausgeführte  Unter- 
suchungen unsere  Kenntniss  der  Elemente  Bor,  Silicium  und  Titan. 

L  i  e  b  i  g  ist  mit  Vorliebe  auf  dem  Gebiete  der  organischen  Chemie 
thätig.  Vor  allem  bildet  er  eine  exacteMethode  derElementar- 
analyse  organischer  Substanzen  aus,  die  ihm,  seinen  Schülern 
und  Nachfolgern  ein  treffliches  Werkzeug  wird  zur  Ausführung  zahl- 
reicher bedeutender  Forschungen,  die  hier  nicht  einmal  angedeutet 
werden  können.  Aber  ein  Feuergeist  sonder  gleichen  begnügt  er  sich 
nicht  mit  der  Thätigkeit  eines  Forschers  auf  dem  Gebiete  einer  Wissen- 
schaft; die  Wichtigkeit  der  Chemie  für  die  Erklärung  des  Pflanzen-  und 
Thierlebens  erkennend,  erwirbt  er  sich  ein  unsterbliches  Verdienst 
um  das  ganze  Menschengeschlecht  durch  die  Anwendung 
der  Chemie  auf  Agricultur  und  Physiologie. 

Die  Bedeutung  der  beiden  Männer  mag  es  entschuldigen,  dass  ich 
vorgreifend  etwas  länger  bei  ihnen  verweilt  habe. 

Kehren  wir  nun  zur  Entwicklung  der  Chemie  zurück.  Fürchten 
Sie  aber  nicht,  dass  ich  Ihnen  alle  die  Theorieen,  welche  aufgetaucht 
und  nach  kürzerer  oder  längerer  Zeit  wieder  verschwunden  sind,  vor- 
führen werde.  Dazu  würden  so  viel  Stunden,  als  mir  Minuten  zu  Gebote 
stehen,  kaum  ausreichen  und  zudem  würde  eine  solche  Schilderung  nur 
vor  einer  lediglich  aus  Chemikern  bestehenden  Zuhörerschaft  am  Platze 
sein. 

Es  ist  vorwiegend  die  organische  Chemie,  welche  sich 
rapid  entwickelt  und  während  früher  die  auf  anorganischem  Gebiete 
gewonnenen  theoretischen  Erkenntnisse  auf  das  organische  Gebiet  über- 
tragen Avurden,  sehen  wir  in  der  neueren  Zeit  vielfach  das  Umgekehrte 
sich  vollziehen. 

Zumal  die  Erklärung  der  Isomerieen,  w^elche  nach  Wohl  er  und 
Lieb  ig 's  erster,  vorhin  erw^ähnter  Entdeckung  gar  bald  in  grosser 
Fülle  festgestellt  wurden,  nahm  das  Interesse  der  Forscher  in  Anspruch. 

Der  erste  Versuch,  die  Isomerieen  zu  erklären,  wurde  mit  der 
Radical-Theorie  gemacht,  um  deren  Ausbildung  sich  insbesondere 
Liebig,  Wöhler,  Berzelius  und  Dumas  verdient  gemacht  haben. 

Der  Kernpunkt  derselben  besteht  darin,  dass  man  in  den  organischen 
Verbindungen  Atomgruppen  annimmt,  welche  dieselbe  Rolle  spielen,  wie 
die  Elementaratome  in  den  einfachen  anorganischen  Verbindungen.  Diese 
Atomgruppen  werden  E,  a  d i  c  al  e  genannt.    Enthalten  nun  isomere  Körper 


verschiedene  Radicale,  so  erklärt  sich  daraus  die  Verschiedenheit  ihrer 
Eigenschaften.     Ein  Beispiel  möge  zur  Erläuterung  dienen. 

Ameisensäureäthyläther  und  Essigsäuremethyläther  sind  beide  nach 
der  gleichen  empirischen  Formel  CgHgOg  zusammengesetzt. 

Die  Formeln  HCOOCgH^  und  CH3COOCH3  lassen  für  den  in  der 
chemischen  Zeichensprache  Bewanderten  die  Verschiedenheit  beider  Ver- 
bindungen sofort  erkennen. 

Der  Radicaltheorie  stellten  sich  übrigens  sehr  bald  unita- 
rische Anschauungsweisen  entgegen,  welche  sich  auf  die  von 
Dumas  und  anderen  französischen  Chemikern  gemachte  Beobachtung 
stützten,  dass  in  organischen  Verbindungen  ein  oder  mehrere  Atome  eines 
Elementes  durch  ein  oder  mehrere  Atome  anderer  Elemente  ersetzt 
werden  können,  ohne  dass  Charakter  und  Eigenschaften  der  Verbindung 
wesentlich  verändert  werden.  Der  Radicaltheorie  trat  entgegen 
die  S u b s t i t u t i 0 n s t h e 0 r i e ,  welche  von  Laurent  zur  K e rntheorie 
und  von  Dumas  zur  Typentheorie  ausgebaut  wurde. 

Doch  ich  darf  bei  diesen  Phasen  der  Entwicklung  nicht  zu  lange 
verweilen,  ich  darf  nicht  sprechen  von  der  Verschmelzung  der 
Typenlehre  mit  der  Radicaltheorie  durch  Laurent  und  Ger- 
hardt, von  den  Umwandlungen,  welche  die  Typentheorie  durch  Wtirtz, 
A.  W.  Hofmann  und  Williamson,  der  Weiterentwicklung,  welche 
die  Radicaltheorie  durch  K  0 1  b  e  und  F  r  a  n  k  1  a  n  d  erfuhr. 

Alle  diese  in  rascher  Reihenfolge  auftretenden  Theorieen  sind  nur 
Etappen  in  der  Entwicklung  der  Wissenschaft,  eine  jede  reichte  für  eine 
gewisse  Zeit  aus  zur  Erklärung  der  Thatsachen,  dann  musste  sie  einer 
neuen  Platz  machen. 

Aus  dem  wogenden  Kampf  der  Geister  und  Anschauungen  war  aber 
eines  klar  hervorgegangen,  was  seiner  Zeit  schon  Gay-Lussac  mit 
prophetischem  Blicke  vorausgesagt  hatte,  dass  die  Isomerieen,  dass  über- 
haupt die  Gesammtheit  der  Eigenschaften  der  Verbindungen  wesentlich 
bedingt  werden  durch  die  Eigenschaften  der  Elementar-Atome  und  die 
Art  und  Weise  ihrer  Verbindung  mit  einander. 

Lizwischen  waren  besonders  durch  Frankland  Untersuchungen 
über  die  Sättigungscapacität  der  Elemente  angestellt  worden.  Diese  ent- 
wickelten sich  unter  Mitwirkung  anderer  Chemiker,  insbesondere  Od- 
ling,  Williamson,  Würtz,  Kolbe  und  K e k u  1  e  zur  Lehre  von 
der  Valenz  der  Elemente. 


Und  so  war  denn  der  Boden  vorbereitet  für  die  neueste  Entwicklung 
der  theoretischen  Chemie,  für  die  Strukturlehre. 

Aus  der  Annahme,  dass  jedem  Atom  eines  Elementes  eine  gewisse 
Valenz,  eine  gewisse  atombindende  Kraft  zukomme,  leitete  sich  weiter 
die  Vorstellung  ab,  dass  die  elementaren  Atome  unter  einander  in  ver- 
schiedenem Grade  gebunden  und  dass  hierbei  ein  Austausch  und  in  Folge 
davon  ein  Verschwinden  einzelner  Affinitäten  eingetreten  sei. 

Kekule  zuerst   und  dann  Coup  er    entwickelten  diese  Ansichten. 

Kekule  erkannte  weiter,  dass  der  Kohlenstoff  ein  v i e r werthiges 
Element  ist  und  dass  seine  Atome  die  Fähigkeit  haben,  sich  gegenseitig 
zu  binden.  Ich  will  es  nicht  versuchen,  auch  nur  die  Grundzüge  der 
sich  daraus  ergebenden  Lehre  von  der  Verkettung  der  Atome  hier 
vorzutragen.  Wir  Chemiker  kennen  die  Strukturlehre  und  wissen,  was 
wir  ihr,  ganz  besonders  hinsichtlich  der  Erforschung  der  aromatischen 
Reihe,  zu  verdanken  haben,  dem  Nichtchemiker  pflegt  aber,  wie  ich  aus 
Erfahrung  weiss,  schon  ein  einfacher  Benzolring  ein  gelindes  Gruseln  zu 
erwecken. 

Die  Strukturformeln  geben  uns  ein  Bild  der  Aneinanderlagerung  der 
Atome  in  dem  Molecül  einer  Verbindung.  Von  da  bis  zu  dem  kühnen 
Unterfangen,  die  räumliche  Anordnung  der  Atome  im  Molecül  erforschen 
zu  wollen,  ist  nur  ein  Schritt.  Diesen  zu  thun,  ist  man  jetzt 
im  Begriff.  Ich  muss  davon  Abstand  nehmen,  Ihnen  die  bisherigen 
Anfänge  dieser  Lehre,  die  heuligen  Anschauungen  über  geometrische 
Isomer ieen  und  über  Stereochemie  vorzuführen,  wie  sie  zuerst  von 
van  t'Hoff  und  dann  namentlich  von  J.  Wislicenus  entwickelt 
worden  sind.  Vorläufig,  bis  zur  weiteren  Herausbildung  der  Lehre, 
können  derartige  Erörterungen  lediglich  in  einer  Fachversammlung  von 
Chemikern  die  richtige  Würdigung  finden. 

Wir  sind  bis  zum  heutigen  Tage  gelangt  und  fast  möchte  es  scheinen, 
als  habe  in  den  letzten  Jahrzehnten  die  weitere  Entwicklung  der  an- 
organischen Chemie  geruht.  Doch  dem  ist  nicht  so.  Wohl  hat  sich 
die  theoretische  Forschung  in  der  neueren  Zeit  mit  Vorliebe,  weil  mit 
besonderem  Erfolge,  auf  dem  Gebiete  der  organischen  Chemie  bewegt, 
aber  darum  sind  doch  wesentliche  Fortschritte  auch  in  der  anorganischen 
Chemie  gemacht  worden. 

Zum  Ausbau  der  seit  Dalton  und  besonders  Berzelius  und 
Avogadro  herrschenden  atomistischen  Theorie  gehört  vor  Allem 
die  genaue  Feststellung  der  Atomgewichte  der  Elemente.     Schon  Ber- 


—     10     — 

z e  1  i u s  hatte  sich  durch  Feststellung  einer  grossen  Anzahl  von 
Atomgewichten  ein  hervorragendes  Verdienst  erworben.  Noch  heute 
bewundern  wir  die  Genauigkeit  der  von  ihm  ermittelten  Zahlen,  zumal 
w^enn  wir  uns  erinnern,  mit  welch'  verhältnissmässig  unvollkommenen 
Hülfsmitteln  er  seine  Bestimmungen  ausführen  musste.  In  den  letzten 
60  Jahren  ist  die  Erforschung  der  Atomgewichte  stetig  und  unablässig 
von  einer  grossen  Zahl  geistvoller  Forscher  in  allen  Ländern  gefördert 
worden.  Unmöglich,  alle  verdienstvollen  Namen  zu  nennen,  es  sei  nur 
Stas  als  der  Hervorragendste  auf  diesem  Gebiete  erwähnt. 

Durch  die  Rückwirkung  der  auf  organischem  Gebiete  gemachten 
Fortschritte  auf  die  anorganische  und  allgemeine  Chemie  ergab  sich  die 
Fortbildung  der  Atomlehre  zur  atomistischenMoleculartheorie, 
wobei  namentlich  an  die  in  früherer  Zeit  ausgesprochenen,  aber  damals 
nicht  zur  Geltung  gelangten  Ansichten  Avogadro 's  angeknüpft  wurde. 

Im  engen  Anschluss  an  die  Studien  über  die  Atome  und  ihre 
Gewichte  ist  hervorzuheben  die  Ausbildung  des  sogenannten  periodi- 
schen Gesetzes  der  chemischen  Elemente,  nach  welchem  die 
chemischen  Eigenschaften  der  Grundstoffe  als  eine  periodische 
Function  der  Atomgewichte  aufzufassen  sind. 

Ausgehend  von  der  an  und  für  sich  für  die  Chemie  ziemlich  un- 
fruchtbaren, hier  nicht  genauer  zu  erörternden  P  r  o  u  t  'sehen  Hjqjothese 
haben  insbesondere  Newlands,  Lothar  Meyer  und  Mendel ejeff 
diese  auch  für  die  weitere  Forschung  fruchtbringende  Lehre  entwickelt. 

Erheblich  sind  auch  unsere  Kenntnisse  über  die  Natur  und  die 
Eigenschaften  der  seit  lange  und,  wie  man  glauben  durfte,  gut  bekannten 
Elemente  und  vieler  ihrer  anorganischen  Verbindungen  erweitert  worden. 
Ich  erinnere  beispielsweise  an  die  Entdeckung  des  rothen,  nicht  giftigen 
Phosphors  durch  Schrötter  1845,  an  die  Verdichtung  der  bis  dahin 
als  permanent  bezeichneten  Gase  durch  Cailletet  und  Pictet  Ende 
1877. 

Wie  in  den  exacten  Naturwissenschaften  überhaupt  das  Experiment, 
so  ist  speciell  in  der  Chemie  die  Analyse  die  Grundlage  aller  Forschung. 

Unmöglich  hätten  daher  auf  dem  Gebiete  der  theoretischen  und 
allgemeinen  Chemie  die  dargelegten  Fortschritte  gemacht  werden  können, 
wenn  sich  nicht  vorher  und  gleichzeitig  die  analytische  Chemie 
in  bedeutungsvoller  Weise  entwickelt  hätte. 

Ausser  Wo  hl  er  und  Lieb  ig  sind  es  besonders  Heinrich  R  ose^ 
Bunsen,  R.  Fresenius,  Gay-Lussac,  FriedrichMohr,  Rani- 


—    11    — 

m  e  1  s  b  e  r  g ,  V  o  1  h  a  r  d ,  Clemens  W  i  n  k  1  e  r  und  viele  Andere,  welche 
sich  auf  diesem  Gebiete  ausgezeichnet  haben. 

R.  Fresenius  gab  zuerst  1841  einen  vollständigen  systematischen 
Gang  zur  qualitativen  chemischen  Analyse  in  der  ersten  Auf- 
lage seines  rasch  berühmt  gewordenen  Lehrbuches. 

Gay-Lussac  und  Mohr  entwickelten  die  Maassanalyse,  B u n s e n 
die  gasometrischen  Methoden.     Doch   wer  könnte  Alles  anführen. 

Nur  eines  lassen  Sie  mich  speciell  hervorheben,  die  durch  Bunsen 
und  Kirchhoff  bewirkte  Einführung  der  Spectralanalyse, 
dieses  gewaltigen  Hülfsmittels  der  modernen  Naturwissenschaft,  welches 
nicht  nur  zur  Entdeckung  zahlreicher  neuer  Elemente  auf  unserer  Erde 
geführt  hat,  sondern  es  uns  auch  ermöglicht,  die  Chemie  der  Gestirne  zu 
erforschen,    welchen  bis  dahin    der  Chemiker  machtlos  gegenüber  stand. 

Aber  die  Spectralanalyse  ist  noch  in  anderer  Hinsicht  von  grund- 
legender Wichtigkeit,  sie  inaugurirt  die  Zeit,  in  der  wir  jetzt  stehen, 
die  Zeit  der  physikalisch-chemischen  Forschung. 

Vorbereitet  war  der  Boden  dafür  speciell  durch  die  mechanische 
Wärmetheorie,  welche  Robert  Mayer,  Clausius  und  Helmholtz 
entwickelt  hatten. 

Auch  hier  kann  ich  nur  das  Wichtigste  hervorheben,  die  Entwicklung 
der  Thermochemie,  der  Photochemie,  der  Elektrolyse,  die 
Benutzung  der  optischen  Eigenschaften  der  Körper  (Polari-. 
sation  und  Lichtbrechungsvermögen)  für  die  chemische  Forschung, 
die  neueren  Studien  über  die  Dampfdichten  und  deren  Yer- 
w^erthung  für  die  theoretische  Chemie. 

Aber  noch  ein  Anderes  haben  uns  die  verflossenen  beiden  Menschen- 
alter gebracht,  die  Entwicklung  der  chemischen  Lehrmethode. 
Um  diese  hat  sich  vor  allen  Anderen  insbesondere  L  i  e  b  i  g  die  grössten 
Verdienste  erworben. 

Erst  dadurch  wurde  es  möglich,  dass  die  Chemie  den  mächtigen 
Einfluss  auf  das  gewerbliche  Leben  derMenschheit,  auf  L  a  n  d  - 
w  i  r  t  h  s  c  h  a  f t  und  Industrie  gewinnen  konnte. 

Und  gewaltige  Umwälzungen  haben  sich  gerade  in  dieser  Beziehung 
vollzogen,  auf  allen  Gebieten,  wohin  wir  auch  blicken  mögen. 

Lassen  Sie  mich  nur  Einiges  hervorheben. 

Wie  mit  einem  Zauberstab  hat  die  Chemie  den  schwarzen  vorher 
fast  werthlosen  Steinkohlentheer  berührt   und   aus    ihm  nicht  bloss  eine 


—     12     — 

Fülle  der  herrlichsten  Farben,  sondern  in  neuester  Zeit  werthyolle  Heil- 
mittel geschaffen. 

Mächtig  haben  sich  die  Zuckerfabrikation  und  die  Gährungsgewerbe 
unter  dem  Einfluss  der  Chemie  entwickelt. 

Der  sogenannte  anorganische  Grossbetrieb ,  die  Fabrikation  von 
Schwefelsäure,  Soda,  Chlorkalk  u.  s.  w.  umfassend,  hat  ebenfalls  wichtige 
Fortschritte  aufzuweisen,  ich  erinnere  nur  an  die  neuen  Methoden  der 
Sodafabrikation  und  der  Chlorbereitung, 

Auch  auf  die  Metallurgie  und  das  Hüttenwesen  hat  die  Chemie 
umgestaltend  und  bessernd  eingewirkt.  Ein  Beispiel  aus  der  neuesten 
Zeit  möge  genügen,  das  Thomasverfahren  der  Roheisenerzeugung.  Es 
ermöglicht  durch  die  Anwendung  basischen  Futters  die  Verhüttung  auch 
phosphorhaltiger.  bis  dahin  minderwerthiger  Erze  und  liefert  in  seinen 
Abfällen,  den  Thomasschlacken,  der  Landwirthschaft  ein  wirksames  und 
billiges  Düngemittel. 

Ja  sogar  mit  dem  Kriegsgott  sehen  wir  unsere  \\'issenschaft  im 
Bunde.  Sie  wagt  es ,  den  Donner  zu  verbannen ,  der  bis  jetzt  die 
Schlachten  beherrscht,  und  die  bessernde  Hand  zu  legen  an  die  Be- 
reitung des  männermordenden  Schiesspulvers. 

Aber  eben  so  willig  stellt  sich  die  Chemie  in  den  Dienst  der  Justiz 
und  neuerdings,  besonders  im  Verein  mit  der  Bakteriologie, 
in  den  Dienst  der  Gesundheitspflege. 

Gerade  in  den  letzten  60  Jahren  ist  die  Chemie  herausgetreten  aus 
den  Studierstuben,  aus  den  Laboratorien  und  hat  einen  mächtigen  Ein- 
fluss ausgeübt  auf  allen  Gebieten  unserer  Culturentwicklung. 


Nun  zu  unserem  Vereinsgebiete. 

Die  Geschichte  der  Chemie  in  unserem  Vereinsgebiete  beginnt  mit 
dem  Eintritt  meines  Vaters  in  dasselbe  vor  nunmehr  44  Jahren.  Es 
steht  mir.  dem  Sohne,  nicht  zu,  Hmen  darzulegen,  was  er  geleistet  hat 
für  die  Entwicklung  der  Chemie,  zumal  der  analytischen  Chemie,  was 
er  geleistet  hat  als  Lehrer.  Zeugniss  davon  geben  seine  in  fast  alle 
lebenden  Sprachen  übersetzten,  in  vielen  Auflagen  erschienenen  Werke, 
Zeugniss  davon  giebt  die  Verehrung,  welche  ihm  von  einer  zahlreichen 
Schaar  dankbarer  Schüler  gezollt  wird,  Zeugniss  davon  giebt  das  Blühen 
und  Gedeihen  des  von  ihm  in's  Leben  gerufenen  und  geleiteten  chemischen 
Laboratoriums. 


—     13     — 

Ich  könnte  einzelne  Daten  aus  der  Geschichte  dieser  Anstalt  hervor- 
heben, z.  B.  die  Gründung  der  Zeitschrift  für  analytische  Chemie  im 
Jahre  1862,  die  Errichtung  der  agriculturchemischen  Versuchsstation  im 
Jahre  1868,  die  Errichtung  der  hygienisch-bakteriologischen  Abtheilung 
im  Jahre  1884,  ich  könnte  Ihnen  sprechen  von  den  aus  dem  Labora- 
torium hervorgegangenen  wissenschaftlichen  Arbeiten,  zumal  von  denen, 
welche  die  Erforschung  der  reichen  Bodenschätze  unseres  Vereinsgebietes 
an  nutzbaren  Erzen  und  Gesteinen,  sowie  insbesondere  an  Mineralwassern 
zum  Gegenstande  haben;  doch  ich  sehe  davon  ab,  weil  wenigstens  bis 
zum  Jahre  1873  eine  zur  Feier  des  25jährigen  Bestehens  von  meinem 
Vater  geschriebene  Geschichte  des  Laboratoriums  vorliegt  und  weil  das, 
was  die  letzten  Jahre  gebracht  haben,  uns,  die  wir  sie  mit  durchlebt, 
hinreichend  bekannt  ist. 

Gar  bald,  nachdem  mein  Vater  sein  chemisches  Laboratorium  er- 
richtet hatte,  zeigte  sich  dessen  fi'uchtbarer  Einfluss  auch  in  dem  Auf- 
blühen der  chemischen  Industrie  in  unserem  Vereinsgebiete.  Die  meisten 
unserer  hervorragenden  chemischen  Fabriken  sind  bereits  im  sechsten 
und  siebenten  Jahrzehnt  unseres  Jahrhunderts  errichtet  worden,  nicht 
wenige  davon  speciell  von  Schülern  meines  Vaters. 

Bis  zum  Ende  der  siebziger  Jahre  fällt  die  Entwicklung  der 
Chemie  in  unserem  Vereinsgebiete  im  Wesentlichen  zusammen  mit  der 
Entwicklung  des  chemischen  Laboratoriums  meines  Vaters.  Von  da 
an  aber  mehren  sich  die  Heimstätten  unserer  Wissenschaft,  zumal  in 
Wiesbaden.  Heute  zählt  Wiesbaden  mehrere  chemische  Laboratorien, 
von  welchen  ich  insbesondere  hervorhebe  das  speciell  der  Keramik  ge- 
widmete von  Dr.  C.  Bischof,  dem  verdienstvollen  Verfasser  eines  be- 
kannten Lehrbuches  über  die  feuerfesten  Thone,  und  die  im  Jahre  1880 
von  Biebrich  hierher  verlegte  und  von  dem  jetzigen  Director ,  Dr. 
C.  Schmitt  vollständig  reorganisirte  Lebensmitteluntersuchungsanstalt, 
an  welcher  zahlreiche  wissenschaftliche  Kräfte  thätig  sind. 

Ausserhalb  Wiesbadens  ist  hier  speciell  die  Kgl.  Lehranstalt  für 
Obst-  und  Weinbau  mit  ihrer  önologischen  Versuchsstation  zu  nennen, 
in  welcher  besonders  die  rationelle  Hebung  des  für  unsere  Gegend  so 
wichtigen  Weinbaues  gepflegt  wird. 

Auch  in  den  höheren  Schulen,  zumal  in  den  beiden  landwirthschaft- 
lichen  unseres  Bezirkes,  der  Kgl.  Landwirthschaftschule  zu  Weil  bürg  und 
dem  landwirthschaftlichen  Institute  zu  Hof  Geisberg  bei  Wiesbaden  findet 
die  Chemie  gebührende  Berücksichtigung. 


—     U     — 

Ehe  wir  nun  unseren  Blick  hinlenken  zu  dem  emsigen  und  geräusch- 
vollen, rasch  pulsirenden  und  glühenden  Leben  in  den  Werkstätten  der 
chemischen  Industrie,  lassen  Sie  uns  der  heimgegangenen  Vertreter  unserer 
Wissenschaft  gedenken,  die  in  unserer  Mitte  gelebt  und  gewirkt  haben. 

1872  starb  Wilhelm  Casselmann,  welcher  seit  1845  als  Pro- 
fessor der  Chemie  und  Technologie  am  hiesigen  Realgymnasium  eine 
überaus  erspriessliche  Lehrthätigkeit  entfaltet  hatte.  Als  Schriftsteller 
ist  er  thätig  gewesen  durch  Herausgabe  eines  trefflichen,  in  mehreren 
Auflagen  erschienenen  Leitfadens  für  den  Unterricht  in  der  Chemie  und 
als  ständiger  Mitarbeiter  an  der  Zeitschrift  für  analytische  Chemie.  Von 
seinen  wissenschaftlichen  Arbeiten,  welche  sich  auf  die  Erforschung  des 
Vereinsgebietes  beziehen,  ist  besonders  seine  Untersuchung  der  Sodener 
Mineralquellen  zu  erwähnen. 

1879  raffte  eine  tückische  Krankheit  Carl  Neubauer  hinweg, 
dessen  Name  durch  seine  bedeutenden  wissenschaftlichen  Arbeiten  be- 
rühmt ist.  Seit  1853  war  er,  zuerst  als  Assistent,  dann  als  Professor, 
am  hiesigen  chemischen  Laboratorium  thätig,  von  1855  bis  1874  auch 
am  damaligen  Kgl.  landwirthschaftlichen  Institute.  Seit  Gründung  der 
Zeitschrift  für  analytische  Chemie  im  Jahre  1862  war  er  ihr  ständiger 
Mitarbeiter  und  schrieb  für  dieselbe  ausser  zahlreichen  wichtigen  Original- 
abhandlungen die  fortlaufenden  Berichte  über  die  Fortschritte  der 
chemischen  Analyse  organischer  Substanzen  und  über  die  auf  Physiologie 
und  Pathologie  bezüglichen  Methoden,  bis  ihm  der  Tod  die  Feder  aus 
der  Hand  nahm. 

Als  1868  die  agriculturchemische,  insbesondere  önologisclie  Versuchs- 
station dahier  in's  Leben  trat,  wurde  Neubauer  mit  deren  Leitung 
betraut  und  ihm  so  Veranlassung  gegeben  zu  seinen  hervorragenden 
Arbeiten  über  die  Chemie  des  Weines. 

Neubauer 's  Anleitung  zur  Analyse  des  Harns,  in  mehr  als  7  Auf- 
lagen erschienen  und  in's  Russische,  Französische  und  Englische  über- 
setzt, ist  Ihnen  Allen  bekannt,  zumal  den  Aerzten. 

Doch  es  ist  nicht  möglich,  Neubauer 's  Bedeutung  hier  eingehend 
zu  würdigen.  Nur  erinnern  wollte  ich  an  ihn,  den  geistvollen  Forscher, 
den  beredten  Lehrer. 

Stets  werden  wir  ihm  ein  treues  Gedenken  bewahren,  zumal  die- 
jenigen unter  uns,  welche  als  Schüler  zu  seinen  Füssen  gesessen  haben, 
welche  ihn  auch  als  liebenswürdigen  Menschen  näher  kennen  gelernt 
oder  durch  Bande  der  Freundschaft  mit  ihm  vereinigt  waren. 


-     15     — 

Und  nun,  meine  Herren,  folgen  Sie  mir  mitten  zu  den  Stätten 
sprühenden  Lebens,  wo  tausende  fleissiger  Hände,  unterstützt  durch  sinn- 
reich construirte  Maschinen  beschäftigt  sind,  die  Chemie  dem  practischen 
Leben  nutzbar  zu  machen.  —  Doch  wie  kann  ich  es  wagen,  Ihnen 
diese  grossartigen  Fabrikanlagen  hier  zu  schildern,  —  das  will  mit 
eigenen  Augen  geschaut  sein. 

Wer  es  durchreist  unser  schönes  Nassauer  Land,  der  wird  finden, 
dass  ausser  dem  Ackerbau,  der  Viehzucht,  dem  Weinbau,  der  Forst- 
wirthschaft,  dem  Bergbau  und  den  übrigen  Zweigen  gewerblicher  Thätig- 
keit  sich  auch  die  Industrie  in  mächtiger  Weise  entwickelt  hat,  ganz 
besonders  die  chemische  Industrie.  Die  bedeutendsten  Anlagen 
dieser  Art  haben  sich  namentlich  an  den  grossen  Wasserstrassen  ange- 
siedelt. Fahren  wir  z.  B.  von  Frankfurt  kommend  auf  Main  und  Rhein 
hinunter  von  dem  Anfang  bis  zum  Ende  unseres  Yereinsgebietes,  so 
erblicken  wir  gar  bald  die  hohen  Schornsteine  der  Griesheimer  Fabriken, 
welche  theils  dem  anorganischen  Grossbetrieb,  theils  der  Theerfarben- 
fabrikation  dienen. 

Wir  kommen  nach  Höchst  und  finden  dort  eine  wahre  Fabrikstadt, 
hauptsächlich  entstanden  in  Folge  der  Gründung  und  staunenswerthen 
Entwicklung  der  weltbekannten  Farbwerke,  vormals  Meister,  Lucius 
und  Brüning.  Daneben  sind  übrigens  noch  andere  chemische  Fabriken 
verschiedener  Art  vorhanden.  Auf  der  w^eiteren  Fahrt  den  Main  hinab 
erblicken  wir  insbesondere  noch  bei  Hattersheim  die  Zuckerfabrik  M  a  i  n  - 
g  a  u  und  die  B  e  y  e  r  b  a  c  h  'sehe  Farbenfabrik. 

Am  Rhein  ist  Biebrich  ein  Centrum  der  chemischen  Industrie.  Ich 
hebe  besonders  hervor  die  ausgedehnten  Portlandcementfabriken  von 
Dyckerhoff  &  Söhne,  die  Fabrik  für  künstliche  Düngemittel  von 
H.  &  E.  Albert,  die  Anilinfarbenfabriken  von  Kalle  &  Co.  und  von 
Lembach  &  Schleicher. 

Fahren  wir  weiter,  so  finden  wir  in  Oestrich  die  Oxalsäurefabrik 
von  Koepp  &  Co.,  in  Winkel  die  Weinsteinsäurefabrik  von  Golden- 
berg, Geromont  &  Co.,  in  Lorch  die  Fabrik  für  Producte  der 
trockenen  Destillation  des  Holzes,  in  Braubach  das  Blei-  und  Silberwerk, 
in  Lahnstein  die  Farbenfabrik  von  Schröder  &  Stadel  mann. 

Diese  Fahrt  und  was  wir  auf  derselben  gesehen,  mag  ausreichen, 
uns  einen  Begrift'  zu  geben  von  der  Entwicklung  der  chemischen  Industrie 
in  unserem  Vereinsgebiete.  Alle  genannten  Fabriken  leisten  Hervor- 
ragendes in  ihrem  speciellen  Fabrikationszweig,  viele  erfreuen  sich  eines 


-     16     — 

Weltrufes  und  gehören  zu  den  bedeutendsten   ihrer  Art,    nicht  bloss  in 
Deutschland,  sondern  überhaupt. 

Ich  bin  am  Schlüsse.  Werfen  wir  nun  noch  einen  Blick  in  die  Zukunft. 
Was  wird  sie  bringen?  Weitere  Entwicklung.  Noch  hat  sich  die  junge 
Wissenschaft  der  Chemie  nicht  zu  einem  festgefügten,  in  allen  Theilen 
fertig  ausgebildeten  Lehrgebäude  durchgerungen.  Das,  was  nur  ein  Ent- 
wicklungsstadium bezeichnet,  in  unseren  heutigen  Anschauungen,  wird 
vergehen  und  Anderem  Platz  machen.  Aber  was  schadet  es.  Aus 
den  Trümmern  einer  dahinsinkenden  Theorie  erhebt  sich,  wie  der  Vogel 
Phönix  aus  der  Asche,  die  chemische  Wissenschaft  strahlender  und  reiner, 
die  gewerbliche  Thätigkeit  der  Menschen  befruchtend  und  in  sieghafter 
Kraft  zustrebend  dem  höchsten  Ziele  aller  Naturforschung, 

der   Erkennt niss   der  Wahrheit. 


DIE 


THERMALQUELLEN 

WIESBADENS 


IN 


CHEMISCHER  BEZIEHUNG. 


VON 


DR-  R.  FRESENIUS, 

Geheimem  Hofrathe  und  Professor. 


Jahrb.  d.  nass.  Ver.  f.  Nat.    43. 


Vi  ie  bekannt,  tritt  in  Wiesbaden  eine  ganze  Reihe  heiseer  und 
warmer  Mineralquellen  zu  Tage.  Die  bedeutendsten  derselben  sind  in 
dem  Zeiträume  von  1849  bis  1886  theils  von  mir  selbst,  theils  von 
meinem  Sohne,  Professor  Dr.  Heinrich  Fresenius,  theils  von  Schü- 
lern meines  Laboratoriums  analysirt  worden,  und  finden  sich  die  Er- 
gebnisse der  Untersuchungen  ohne  Ausnahme  in  den  Jahrbüchern  des 
Vereins  für  Naturkunde  im  Herzogthum  Nassau,  beziehungsweise  den 
Jahrbüchern  des  Nassauischen  Vereins  für  Naturkunde. 

Wenn  ich  nun  die  Resultate  der  Analj^sen  hier  nochmals  zusam- 
menstelle und  kurz  bespreche,  so  geschieht  dies,  weil  sich  im  Laufe 
der  37  Jahre  die  Ansichten ,  in  welcher  Weise  man  die  direct  ge- 
fundenen Zahlen  verwerthet ,  das  heisst  in  welcher  Art  man  Basen  und 
Säuren  zu  Salzen  verbindet,  etwas  geändert  haben,  so  dass  sich  die 
früher  ausgeführten  Analysen  mit  denen  der  neueren  Zeit  nicht  direct 
vergleichen  lassen.  Die  Möglichkeit  directer  Vergleichung  ist  aber 
nicht  allein  im  Hinblicke  auf  den  therapeutischen  Werth  der  Quellen 
erwünscht,  sondern  auch  unerlässliche  Bedingung,  wenn  man  der  Frage 
nach  dem  Ursprung  der  Thermen  näher  treten  will. 

Es  sind  daher  alle  Analysen  nach  den  Grundsätzen,  welche  bei 
der  Berechnung  der  in  neuerer  Zeit  untersuchten  Quellen  mafsgebend 
waren,  und  die  man  gegenwärtig  für  die  richtigsten  hält,  neu  berechnet 
worden,  so  dass  die  Ergebnisse  der  Analysen  nunmehr  direct  verglichen 
werden  können. 

In  den  folgenden  Tabellen  I  und  H  sind  die  so  erhaltenen  Re- 
sultate übersichtlich  zusammengestellt.  Sämmtliche  Salze  sind  ohne 
Krystallwasser  berechnet.  In  der  ersten  Tabelle  sind  die  kohlensauren 
Salze  als  wasserfreie  Bicarbonate,  in  der  zweiten  als  einfache  Carbouate 
aufgeführt,  damit  die  Bestandtheile  der  Wiesbadener  Thermen  auf 
leichte  Art  mit  denen  anderer  Mineralquellen  verglichen  werden  können, 
mögen  diese  in  der  einen  oder  der  anderen  Art  zusammengestellt  sein. 

Was  die  Reihenfolge  der  in  die  Tabelle  aufgenommenen  Thermal- 
quellen betrifft,  so  sind  dieselben  nach  ihrem  Gehalte  an  Chlornatrium 
geordnet. 

Die  Bedeutung  der  Tabellen  III— VI  ergibt  sich  aus  deren  Ueber- 
schriften. 


20     - 


Tabelle  I. 

Bestandtheile  der  duellen  in  1000  Gewichtstheilen  Wasser, 


K  0  c  h  - 
brunnen. 

R.  Frese- 
nius 
1885 

Mineral- 
wasser im 
Badhause  zu 
den  Vier 
Jahres- 
zeiten. 

C.Hjeltund 

R.  Röhr 

1859 

Quelle  im 
Bddhaus 

Zum 

Spiegel. 

G.  Kern  er 

185(3 

Temperatur  der  Quelle 

68,750  c. 

57,50  c.**) 

66,20  c. 

Specifisches  Gewicht 

1;006627  bei 
150  c. 

1,006265  bei 
150c. 

1,00628 

barer  Menge   vorhandene  Bestand- 


a)   In   wäg 

Chlornatrium 

Chlorkalium 

Chlorlithium 

Chlorammonium 

Chlorcalcium 

Bromnatrium 

Jodnatrium 

Schwefelsaurer  Kalk 

„         „         Strontian       .... 

Baryt 

Doppelt  kohlensaurer  Kalk  .... 

„  kohlensaure  Magnesia  .  . 
Doppelt  kohlensaures  Eisenoxydul     . 

„  „  Manganoxydul 

Arsensaurer  Kalk 

Phosphorsaurer  Kalk 

Borsaurer  Kalk 

Kieselsaure  Thonerde 

Phosphorsaure  Thonerde 

Kieselsäure 

Summe  .  . 
Kohlensäure,  völlig  freie  .... 
Stickgas 

Summe  aller  Bestandtheile     . 

b)   In   unwägbarer   Menge   vorhandene   Bestandtheile. 
Rubidium,    Caesium,    Salpetersäure,    Titansäure,    Kupfer,    Schwefelwasserstoff, 
organische   Substanzen,   sämmtliche   in  sehr   geringen  Spuren.     Diese   Bestand- 

*)  Infolge  eines  Versehens  bei  der  Berechnung  der  Analysen  ist  in  der 
in  Band  39  der  Jahrbücher  des  Nassauischen  Vereins  für  Naturkunde  mit- 
getheilten  Zusammenstellung  der  Bestandtheile  des  Kochbrunnens  und  bei  der 
im  Band  40  aufgeführten  der  Bestandtheile  der  kleinen  Schützenhofquelle  der 
doppelt  kohlensaure  Kalk  zu  hoch  und  die  freie  Kohlensäure  zu  niedrig  ange- 
geben, was  ich  hiermit  berichtigend  bemerke. 


6,828976 

6,819447 

6,806703 

0,182392 

0,227291 

0,142098 

0,023104 

nicht  bestimmt 

nicht  bestimmt 

0,017073 

0,016739 

0,020589 

0,627303 

0,618707 

0,638000 

0,004351 

0,002109 

0,003231 

0,000017 

nicht  bestimmt 

nicht  bestimmt 

0,072480 

0,089532 

0,082958 

0,021929 

Spur 

Spur 

0,001272 

Spur 

Spur 

0,306979*) 

0,389674 

0,301150 

0,270650 

0,288144 

0,259504 

0,009283 

0,001946**) 

0,010109 

0,001236 

0,000989***) 

0,000905 

0,000225 

nicht  bestimmt 

— 

0,000028 

n 

— 

0,001039 

!_ 



0,062714 

0,058341 

0,060965 

8,431051 

8,512919 

8,326212 

0,296600*) 

0,206024 

0,407303 

0,005958 

— 

— 

8,733609 

8,718943 

8,733415 

—     21 


Tabelle  I. 
die  kohlensauren  Salze  als  wasserfreie  Bicarbonate  berechnet. 


Quelle  in  der 
Wilhelms- 
Heil- 
anstalt. 
E.  Frese- 
nius 
1871 


!    Quelle  im 

j      Badhaus 

I        Zum 

I  goldenen  I      ^^^^^^^^^ 

Brunne  n  .f)  j   Kupferschmied 
-DO         1  I         WÖrner,) 

E.  Suchs-  I 
land  undW.'R-  Wilden 


Quelle  im    | 
Hause  Gold-jSchützen- 
gasseNo.e.liiofquelle. 


Valentin 
1857 


40,14  0  C. 


1,006429  bei 
160  C. 


64,00  C. 


1,006451  bei 
150  C. 


stein 
1850 


51  bis  520  C. 


1,0064  bei 
150  C. 


H. 


Frese- 
nius 
1879 


49,20  C. 


1,004964  bei 
14,50  C. 


Kleine 
Schütze n- 
hofquelle. 
E.  Frese- 
nius 
1886 


45,20  C. 


1,004827  bei 
190  C. 


Faul- 

brun  nen. 

W.d'Orvill( 

und 

W.  Kalle 

1858 


14,00  C. 


1,00349 


theile  in    1000   Ge wichtstheilen   Wasser. 


6,730694   I 

0,227765   j 

0,009752 

0,015870 

0,580907 

0,001431 

0.000024 

0,092769 

0,000024 

0,000213 

0,421365 

0,254922 

0,007608 

0,001325 

Spur 
0,000245 

Spur 

0,000193 
0,063167 


6,725822 
0,134832 

0.015651 
0,745341 
0,003215 

0,095990 

Spur 

Spur 
0,217934 
0,301181 
0,006418 
0,001386 


0,066571 


8,408274 
0.334423 


8,314341 
0,369115 


8,742697 


8,683456 


6,70501 
0,07699 

0,01329 
0,56797 


0,09724 


0,43637 

0,26346 

0,00847 

nicht  bestimmt 

nicht  bestimmt 


0,04539 


5,154046 
0,157510 
0,025228 
0,012340 
0.585858 
0,002534 
0,000028 
0,134366 
0,020362 
0,000010 
0,200873 
0,189695 
0,003005 
0,000928 
0,000060 

Spur 
0.000401 
0,000334 
0,050907 


5,138331 
0.155925 
0,026319 
0,014521 
0,591311 
0,004010 
0,000013 
0,137989 
0,017933 
0.000431 
0.166415*) 
0,142967 
0,002844 
0,001164 
0,000184 
0;000035 
Spur 


0,051467 


3,227340 
0,087316 

0,009942 
0,458501 
0,001708 

0,100967 


0.135586 
0,217642 
0.002691 


0,050416 


8,21419 
0,25213 


6,538485 

0,308144 

Spur 


6.451859 
0,291557*) 
Spur 


4,292109 
0,328089 


8,46632 


6,846629 


6,743416 


4,620198 


theile  sind  im  Wasser  des  Kochbrunnens  und  —  abgesehen  von  Titansäure  — 
m  dem  der  Schützenhofquelle  nachgewiesen  worden,  dürften  sich  aber  wohl 
auch  m  den  anderen  Wiesbadener  Thermen  finden. 

**)  Diese  Temperatur  und  diesen  Gehalt  an  doppelt  kohlensaurem  Eisen- 
oxydul zeigt  das  Wasser  am  Abflussrohre  im  Badhaus.  Die  nicht  gut  zuo-äno-- 
liehe  Quelle  liegt  etwa  300  Schritte  von  dem  Badhause  entfernt  "^     ° 

***)  Von  Vollpracht   1857  bestimmt, 
t)  Dieselbe  speist  die  Bäder  im  Adler,   goldenen  Brunnen,   in   der  Krone 
und  im  schwarzen  Bären. 


22     — 


Tabelle  II. 

Bestandtheile  der  Quellen  in  1000  Gewichtstheilen  Wasser, 


# 

Koch- 
brunnen. 

R.  Frese- 
nius 

1885 

Mineral- 
wasser im 
Badhause  zu 
den  Vier 
Jahres- 
zeiten. 

C.Hjeltund 
R.  Röhr 

1859 

Quelle  im 
Badhaus 

Zum 

Spiegel. 

G.  Kerner 

1856 

Temperatur  der  Quelle 

68,750  C. 

57,50  c.*) 

66,20  c. 

Specifisches  Gewicht 

1,006627  bei 
15  OC. 

1,006265  bei 
150c. 

1,00628 

a)  In  wägb 

Chlor  natrium 

Chlorkalium 

Chlorlithium 

Chlorammonium 

Chlorcalcium 

Bromnatrium 

Jodnatrium 

Schwefelsaurer  Kalk 

„         „        Strontian      .... 

Baryt 

Kohlensaurer  Kalk 

Kohlensaure  Ma,^nesia 

Kohlensaures  Eisenoxydul    .... 
„         „        Manganoxydul     .     .    . 

Arsensaurer  Kalk 

Phosphorsaurer  Kalk 

Borsaurer  Kalk 

Kieselsaure  Thonerde 

Phosphorsaure  Thonerde 

Kieselsäure 

Summe     .     . 
Kohlensäure,  freie  und  halbgebundene 

Stickgas 

Summe  aller  Bestandtheile    . 

b)  In  unwägbarer  Menge  vorhandene  Bestandtheile. 
Siehe  Tabelle  I. 


)arer  Menge 

vorhandene 

Bestand- 

6,828976 

6,819447 

6,806703 

0,182392 

0,227291 

0,142098 

0,023104 

nicht  bestimmt 

nicht  bestimmt 

0,017073 

0,016739 

0,020589 

0,627303 

0,618707 

0,638000 

0,004351 

0,002109 

0,003231 

0,000017 

nicht  bestimmt 

nicht  bestimmt 

0,072480 

0,089532 

0,082958 

0,021929 

Spur 

Spur 

0,001272 

Spur 

Spur 

0,213180*) 

0,270607 

0,209132 

0,177614 

0,189095 

0,170300 

0,006730 

0,001411 

0,007329 

0,000894 

0,000715 

0,000655 

0,000225 

nicht  bestimmt 

— 

0,000028 

n 

— 

0,001089 

» 

~— 

0,062714 

0,058341 

0,060965 

8,241321 

8,293994 

8,141960 

0,486330*) 

0,424949 

0,591455 

0,005958 

— 

8,733609 

8,718943 

8,733415 

*)  In  Betreff  dieser  Zahlen  vergleiche  die  betreffenden  Anmerkungen  zur 
Tabelle  I. 


23 


Tabelle  II. 
die  kohlensauren  Salze  als  einfache  Garbonate  berechnet. 


Quelle  in  der 
Wilhelms- 
Heil- 
anstalt. 
R.  Frese- 
nius 
1871 

Quelle  im 

Badhaus 

Zum 

goldenen 

Brunnen. 

R.  Suchs- 
land und  W. 
Valentin 
1857 

Quelle  im 
Hause  G  o  1  d  - 

gasse  No.  6. 

(Ehemals 

Kupferschmied 

Wörner.) 

R.Wilden- 
Stein 
1850 

Schützen- 
hofquelle. 

H.  Frese- 
nius 

1879 

Kleine 
Schützen- 
hofquelle. 
R.  Frese- 
nius 
1886 

Faul- 
brunnen. 

W.d'Orville 

und 

W.  Kalle 

1858 

40,140  C. 

64,00  C. 

51  bis  520  C. 

49,20  C. 

45,20  C. 

14,00  C. 

1,006429  bei 
160  C. 

1,006451  bei 
150  C. 

1,0064  bei 
150  C. 

1,004964  bei 
14,50  C. 

1,004827  bei 
190  C. 

1,00349 

theile  in   1000   Gewichtstheilen  Wasser. 


6,730694 

6,725822 

6,70501 

5,154046 

5,138331 

3,227340 

0,227765 

0.134832 

0,07699 

0,157510 

0,155925 

0,087316 

0,009752 

— 

— 

0,025228 

0,026319 

— 

0,015870 

0,015651 

0,01329 

0,012340 

0,014521 

0,009942 

0.580907 

0,745341 

0,56797 

0,585858 

0,591311 

0.458501 

0,001431 

0,003215 

— 

0,002534 

0,004010 

0,001708 

0,000024 

— 

— 

0,000028 

0,000013 

— 

0,092769 

0,095990 

0,09724 

0,134366 

0,137989 

0,100967 

0,000024 

Spur 

— 

0,020362 

0,017933 

— 

0,000213 

Spur 

— 

0,000010 

0,000431 

— 

0,292615 

0,151343 

0,30303 

0,139495 

0,115566*) 

0,094157 

0,167293 

0,197650 

0,17290 

0,124487 

0,093822 

0,142828 

0,005516 

0,004653 

0,00614 

0,002179 

0,002062 

0,001951 

0,000958 

0,001003 

— 

0,000671 

0,000842 

— 

Spur 

— 

— 

0,000060 

0,000184 

— 

0,000245 

— 

— 

— 

0,000035 

— 

Spur 

— 

— 

Spur 

Spur 

— 

— 

— 

— 

0,000401 

— 

— 

0,000193 

— 

— 

0,000334 

— 

— 

0,063167 

0,066571 

0,04539 

0,050907 

0,051467 

0,050416 

8,189436 

8,142071 

7,98796 

6,410816 

6,350761 

4,175126 

0,553261 

0,541385 

0,47836 

0,435813 

0,392655*) 

0,445072 

— 

— 

— 

Spur 

Spur 

— 

8,742697 

8,683456 

8,46632 

6,846629 

6,743416 

4,620198 

—     24     — 

Tabelle  III. 

Beihenfdlge  der  Quellen,  wenn  dieselben  nacli  ihren  Gehalten  an  den 
einseinen  Haupilestandtheilen  geordnet  iverden. 

1.    Nach   ihrem    Gehalte   an   Chlor natrium. 

in  1000  Gewichtstheilen 
Wasser. 

1.  Kochbrunnen 6,828976 

2.  Vier  Jahreszeiten 6,819447 

3.  Spiegel      ...'.....  6,806703 

4.  Wilhelmsheilanstalt       ....  6,730694 

5.  Goldener  Brunnen 6,725822 

6.  Goldgasse 6,705010 

7.  Schützenhof 5,154046    - 

8.  Kleine  Schützenhofquelle  .     .     .  5,138331 

9.  Faulbrunnen 3,227340 

2.    Nach  ihrem  Gehalte  an  Chlorcalcium. 

1.  Goldener  Brunnen 0,745341 

2.  Spiegel 0,638000 

3.  Kochbrunnen 0,627303 

4.  Vier  Jahreszeiten 0,618707 

5.  Kleine  Schützenhof  quelle  .     .     .  0,591311 

6.  Schützenhof 0,585858 

7.  Wilhelmsheilanstalt      ....  0,580907 

8.  Goldgasse 0,567970 

9.  Faulbrunnen 0,458501 

3.    Nach  ihrem  Gehalte   an  schwefelsaurem  Kalk. 

1.  Kleine  Schützenhof  quelle  .     .     .  0,137989 

2.  Schützenhof 0,134366 

3.  Faulbrunnen 0,100967 

4.  Goldgasse 0,097240 

5.  Goldener  Brunnen 0,095990 

6.  Wilhelmsheilanstalt      ....  0,092769 

7.  Vier  Jahreszeiten 0,089532 

8.  Spiegel 0,082958 

9.  Kochbrunnen 0,072480 


25 


4.  Nach  ihrem  Gehalte  an  doppelt  kohlensaurem 

Kalk. 

in  1000  Gewichtstheilen 
Wasser. 

1.  Goldgasse 0,436370 

2.  Wilhelmsheilanstalt       .     .     .     '.  0,421365 

3.  Vier  Jahreszeiten 0,389674 

4.  Kochbrunnen 0,306979 

5.  Spiegel 0,301150 

6.  Goldener  Brunnen 0,217934 

7.  Schützenhof 0,200873 

8.  Kleine  Schützenhofquelle  .     .     .  0,166415 

9.  Faulbrunnen 0,135586 

5.  Nach  ihrem  Gehalte   an  doppelt  kohlensaurer 

Magnesia. 

1.  Goldener  Brunnen 0,301181 

2.  Yier  Jahreszeiten    .     .     .     .     .  0,288144 

3.  Kochbrunnen 0,270650 

4.  Goldgasse .  0,263460 

5.  Spiegel 0,259504 

6.  Wilhelmsheilanstalt       ....  0,254922 

7.  Faulbrunnen 0,217642 

8.  Schützenhof 0,189695    ^ 

9.  Kleine  Schützenhofquelle  .     .     .  0,142967 

6.  Nach  ihrem  Gehalte  an  doppelt  kohlensaurem 

Eisenoxydul. 

1.  Spiegel 0,010109 

2.  Kochbrunnen 0,009283 

3.  Goldgasse       ........  0,008470 

4.  Wilhelmsheilanstalt       ....  0,007608 

5.  Goldener  Brunnen 0,006418 

6.  Schützenhof 0,003005 

7.  Kleine  Schützenhofquelle  .     .     .  0,002844 

8.  Faulbrunnen 0,002691 

9.  Tier  Jahreszeiten 0,001946 


—     26     — 

Nach  ihrem  Gehalte  an  völlig  freier  Kohlensäure. 

in  1000  Gewichtstheilen 
Wasser. 

1.  Spiegel 0,407203 

2.  Goldener  Brunnen 0,369115 

3.  Wilhelmsheilanstalt    '  .     .     .     .  0,334423 

4.  Faulbrunnen 0,328089 

5.  Schützenhof 0,308144 

6.  Kochbrunnen 0,296600 

7.  Kleine  Schützenhofquelle  .     .     .  0,291557 

8.  Goldgasse 0,252130 

9.  Vier  Jahreszeiten    .     .     .     .     .  0,206024 


Tabelle  IV. 

Aus   derselben  ergibt   sich   die  Stelle,   welche  jede  Quelle    in  Betreff  der 
absoluten  Menge  jedes  Hauptbestandtheils  einnimmt. 


1 
1 

7-1 

CO 
i-s 

U 

> 

t 

1—1     CO 

Ä  __cö 

O) 
Ö 

W 

g 

'o 

o 

i 

«4-4 

o 

S 

ü 

m 

st 

II 

w. 

1 

Chlornatrium    .... 

1 

1 
1    1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

9 

Chlorcalcium     .... 

3 

4 

2 

7 

1 

8 

6 

5 

9 

Schwefelsaurer  Kalk  . 

9 

7 

8 

6 

5 

4 

2 

1 

3 

Doppelt  kohlensaurer 

Kalk 

4 

3 

5 

2 

6 

1 

7 

8 

9 

Doppelt     kohlensaure 

! 

Magnesia   ...... 

i    3 

2 

5 

6 

1 

4 

8 

9 

7 

Doppelt  kohlensaures 

1 
1 

Eisenoxydul .... 

2 

9 

1 

4 

5 

3 

6 

7 

8 

27     — 


Tabelle  V. 

Verhälfniss,  in  tvelchem  die  Haupfbcsfandfheile  der  Quellen  zum  Cldornatrium 
stehen,  dessen  Menge  zu  dem  Behufe  hei  allen  Quellen  gleich  1000  gesetzt  ist. 


c 

«• 

ö 

-2 

c: 

O) 

'S 

1  -M 

22 '73 

<6 

0 

0^ 

i=l  0 

P3 

C3 
,0 

'?n 

1^ 

<D 

1 

31 

,£3 

^ 

TJ 

:|=! 

■■7^ 

^ 

w 

2 

> 

¥§ 

0 
0 

0 
0 

'S 

i3 

CO 

1 

Chlornatrium      .     . 

1000 

1000 

1000 

1000 

1000 

1000 

1000 

1000 

1000 

Chlorcalcium .     .     . 

191,86 

90,73 

93.73 

86,31 

110,82 

84,71 

113,67 

115,08 

142,10 

Schwefelsaurer  Kalk 

jl0,61 

13,13 

12,19 

13,78 

14,27 

14,50 

26,07 

26,85 

31,29 

Doppelt  kohlensau- 

1 

rer  Kalk     .     .     . 

44,95 

57,14 

44,24 

62,59 

32,40 

65,08 

38,97 

32,39 

42,01 

Doppelt  kohlensaure 

Magnesia    .     .     . 

39,63 

42,25 

38,12 

37,87 

44,76 

39,29 

36,81 

27,82 

67,44 

Doppelt  kohlensau- 

res Eisenoxydul  . 

1,36 

0,29 

1,49 

1,13 

0,95 

1,26 

0,58 

0,55 

0,83 

Völlig  freie  Kohlen- 

säure     .... 

43,43 

30,21 

59,82 

49,69 

54,88 

3V,60 

59,79 

56,74 

101,66 

Tabelle  VI. 

Aus  derselben  ergibt  sich,  ivelche  Stelle  jede  Quelle  einnimmt,  ivenn  man  das 
Verhältniss  Je  eines  Hauptbestandtheils  zum  Kochsalz  als  Mafsstab  nimmt. 


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1 

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0 

0 

0 
0 

1 

1 

1 

Chlorcalcium:  Chlornatrium    . 

6 

7 

5 

8 

4 

9 

3 

2 

1 

Schwefelsaurer   Kalk :    Chlor- 

- 

natrium      

9 

7 

8 

6 

0 

4 

3 

2 

1 

Doppelt    kohlensaurer    Kalk: 

Chlornatrium      ..... 

4 

3 

5 

2 

8 

1 

V 

9 

6 

Doppelt  kohlensaure  Magnesia : 
Chlornatrium 

4 

3 

6 

7 

2 

5 

8 

9 

1 

Doppelt    kohlensaures    Eisen- 

oxydul: Chlornatrium     .     . 

2 

9 

1 

4 

5 

3 

7 

8 

6. 

~     28     — 


Schliissfolgeriingen. 


Die  mitgetlieilten  Tabellen  gestatten,  wie  man  leicht  erkennt,  die 
Beantwortung  aller  Fragen,  welche  man  hinsichtlich  der  chemischen 
Beschaffenheit  und  des  gegenseitigen  Verhältnisses  der  Wiesbadener 
Thermen  stellen  kann. 

Vor  Allem  erkennt  man,  wenn  man  zunächst  die  absoluten  Mengen 
der  Bestandtheile  in's  Auge  fasst,  dass  die  Schützenhofquelle  und  die 
kleine  Schützenhofquelle  sich  wesentlich  von  den  anderen  heissen  Quellen 
unterscheiden,  und  zwar  sowohl  durch  den  verminderten  Gehalt  an  Chlor- 
natrium, an  doppelt  kohlensaurem  Kalk,  doppelt  kohlensaurer  Magnesia 
und  doppelt  kohlensaurem  Eisenoxydul,  wie  durch  den  vermehrten  an 
schwefelsaurem  Kalk.  —  Der  Faulbrunnen,  wenn  auch  den  Schützenhof- 
quellen im  Chlornatriumgehalte  weit  nachstehend,  schliesst  sich  doch  in 
seinem  Gesammtverhalten  mehr  diesen  als  den  anderen  Thermen  an. 

Wenn  auch  im  Ganzen  sich  nur  wenige  Regelmäfsigkeiten  in  der 
Zusammensetzung  der  verschiedenen  Quellen  erkennen  lassen,  so  tritt 
eine  doch  mit  aller  Bestimmtheit  hervor.  Ein  Blick  auf  die  Tabelle 
V  und  VI  lehrt  nämlich,  dass  die  Quellen  einen  im  Verhältniss  zum 
Chlornatrium  um  so  höheren  Gehalt  an  schwefelsaurem  Kalk  haben,  je 
geringer  ihr  Chlornatriumgehalt  ist.  Diese  Regel  würde  keine  Aus- 
nahme zeigen ,  wenn  der  Gehalt  der  Spiegelquelle  an  schwefelsaurem 
Kalk  um  ein  Geringes  höher  wäre. 

Weniger  hervortretend  sind  die  Regelmäfsigkeiten  in  dem  Ver- 
hältnisse zwischen  Chlornatrium  und  Chlorcalcium ;  doch  zeigt  auch  hier 
ein  Blick  auf  die  Tabellen  V  und  VI,  dass  der  Faulbrunnen,  die 
kleine  Schützenhofquelle  und  die  Schützenhofquelle,  welche  geringere 
Gehalte  an  Chlornatrium  haben  als  die  anderen  Quellen,  im  Verhältnisse 
zum  Chlornatrium  höhere  Chlorcalciumgehalte  zeigen  als  diese. 

Am  meisten  Interesse  aber  bietet  offenbar  die  Frage,  wie  die  Ver- 
schiedenheit der  auf  so  eng  begrenztem  Räume  zu  Tage  tretenden 
Wiesbadener  Thermen  aufzufassen  sei.  Bei  einer  sich  nicht  auf  Zahlen 
stützenden  Betrachtung  liegt  die  Erklärung  nahe,  in  der  Tiefe  sei  ein 
Reservoir  vorhanden,  aus  welchem  alle  Quellen  gespeist  würden,  und 
die  Verschiedenheit  derselben  beruhe  darauf,  dass  die  eine  Quelle,  also 
der  an  Chlornatrium   reichste  Kochbrunnen,    das  Wasser   dieses  Reser- 


-     29     — 

voirs  unverdünnt  liefere,  die  anderen  aber  Mischungen  dieses  Wassers 
mit  grösseren  oder  kleineren  Mengen  gewöhnlichen  süssen  Wassers. 

Der  Beweis,  ob  diese  Erklärung  zutreffend  oder  falsch  ist,  würde 
sich  aus  der  Tabelle  IV  ohne  Weiteres  ergeben,  wenn  man  annehmen 
könnte,  das  zutretende  süsse  Wasser  sei  vollkommen  frei  von  gelösten 
mineralischen  Bestandtheilen,  denn  in  diesem  Falle  mtissten  die  Zahlen 
in  den  folgenden  Keihen  dieselben  sein  ,  wie  in  der  ersten  auf  Chlor- 
natrium  bezüglichen  Reihe ,  w'as  aber,  wie  man  ersieht,  durchaus  nicht 
der  Fall  ist. 

Da  aber  die  erwähnte  Annahme  nicht  gemacht  werden  kann ,  so 
ist  zu  untersuchen,  welche  Beschaffenheit  ein  zutretendes  Wasser  haben 
müsste,  um  aus  Kochbrunnenwasser  ein  Wasser  von  der  Beschaffenheit 
je  einer  der  anderen  Quellen  zu  liefern. 

Ich  wähle  zur  Beantwortung  dieser  Frage  drei  Beispiele,  indem 
ich  zuerst  das  dem  Kochbrunnenwasser  ziemlich  nahe  stehende  Wasser 
der  Wilhelmsheilanstalt,  sodann  die  sich  von  ersterem  mehr  unterschei- 
dende Schützenhofquelle  und  endlich  das  Faulbrunnenwasser  betrachte, 
dessen  Chlornatriumgehalt  nur  47,2  ^/^  des  im  Kochbrunnen  enthaltenen 
beträgt. 

I.    Wasser  der  Wilhelmslieilanstalt. 

Da  985,61  Th.  Kochbrunnenw-asser  so  viel  Chlornatrium  enthalten 
als  1000  Th.  Wasser  der  Wilhelmsheilanstalt,  so  müsste  man  sich  dieses 
entstanden  denken  durch  Hinzutreten  von  14,39  Th.  Mischwasser  zu 
985,61  Th.  Kochbrunnenwasser. 

Untersuchen  wir  nun,  w^elche  Beschaffenheit  das  Mischwasser  haben 
müsste,  um  in  Betreff  der  anderen  Bestandtheile  der  Beschaffenheit  des 
Wassers  der  Wilhelmsheilanstalt  zu  entsprechen. 

a)    In   Betreff   des    Chlor  calci  ums. 

985,61  Th.  Kochbrunnenwasser  enthalten  0,6183  Th.  Chlorcalcium, 
1000  Th.  Wasser  der  Wilhelmsheilanstalt^  aber  nur  0,5809.  Es  müssten 
sich  also  beim  Vermischen  0,6183  —  0,5809  =  0,0374  Th.  Chlorcalcium 
ausgeschieden  haben. 

b)    In   Betreff   des   schwefelsauren   Kalks. 

985,61  Th.  Kochbrunnenwasser  enthalten  0,07144  Th.  schwefel- 
sauren Kalk,   1000  Th.  Wasser  der  Wilhelmsheilanstalt  0,09277.     Also 


—     30     — 

müssten  durch  14,39  Th.  des  Misch wassers  zugeführt  worden  sein 
0,09277  —  0,07144  =  0,02133  Th.  und  somit  müssten  1000  Th.  des 
Mischwassers   1,482  Th.  schwefelsauren  Kalk  enthalten. 

c)    In   Betreff  des   doppelt   kohhlen sauren    Kalks. 

985,61  Th.  Kochbrunnenwasser  enthalten  0,3026  Th.  doppeltkohlen- 
sauren Kalk,  1000  Th.  Wasser  der  Wilhelmsheilansalt  0,4214.  Somit 
müssten  durch  die  14,39  Th.  Mischwasser  zugeführt  worden  sein 
0,4214  —  0,3026  =  0,1188  Th.  und  somit  hätten  1000  Th.  des  Misch- 
wassers enthalten  müssen  8,255  Th.  doppelt  kohlensauren  Kalk. 

d)    In   Betreff  der  doppelt   kohlensauren   Magnesia. 

985,61  Th.  Kochbrunnenwasser  enthalten  0,2668  Th.  doppelt 
kohlensaure  Magnesia,  1000  Th.  Wasser  der  Wilhelmsheilanstalt  aber 
nur  0,2549  Th. ,  somit  hätten  sich  beim  Zutritt  des  Mischwassers  aus- 
scheiden müssen  0,2668  —  0,2549  =  0,0119  Th.  doppelt  kohlensaure 
Magnesia. 

II.    Wasser  der  Scliützenhof quelle. 

Stellt  man  bei  dem  Wasser  der  Schützenhofquelle  eine  der  eben 
betrachteten  analoge  Berechnung  au,  so  ergibt  sich  zunächst,  dass  —  um  ein 
Wasser  vom  Chlornatriumgehalt  dieser  Quelle  zu  erhalten  —  zu  754,73  Th. 
Kochbrunnenwasser  245,27  Th.  eines  von  Chlornatrium  freien  Misch- 
wassers getreten  sein  müssten,  und  dass  dieses  in  1000  Th.  enthalten 
haben  müsste  0,3250  Th.  schwefelsauren  Kalk  und  0,4587  Th.  Chlor- 
calcium,  während  sich  bei  der  Zumischung  0,0308  Th.  doppelt  kohlen- 
saurer Kalk  und  0,0146  Th.  doppelt  kohlensaure  Magnesia  hätten  aus- 
scheiden müssen. 

III.   Wasser  des  Faulbriiiinens. 

Um  ein  Wasser  vom  Chlornatriumgehalte  des  Faulbrunnens  zu 
liefern,  hätten  zu  472,6  Th.  Kochbrunnenwasser  527,4  Th.  eines  von 
Chlornatrium  freien  Wassers  treten  und  dieses  hätte  in  1000  Th.  ent- 
halten müssen  0,3072  Th.  Chlorcalcium,  0,1264  Th.  schwefelsauren  Kalk 
und  0,1701  Th.  doppelt  kohlensaure  Magnesia,  Avährend  sich  beim 
Vermischen  0,0095  Th.  doppelt  kohlensaurer  Kalk  hätten  ausscheiden 
müssen. 


-     31     — 

Bei  den  drei  Beispielen  ergeben  sich  somit  für  die  Mischwasser 
unzulässige  Annahmen,  denn  die  Ausscheidung  von  Chlorcalcium 
beim  Zutreten  süssen  Wassers  zu  Kochbrunnenwasser  kann  nicht  statt- 
finden, die  Ausscheidung  doppelt  kohlensaurer  alkalischer  Erden  ist 
ganz  unwahrscheinlich  und  gewöhnliche  Wasser,  welche  grössere  Mengen 
Chlorcalciums  und  in  1000  Th.  8  Thl.  doppelt  kohlensauren  Kalk  ent- 
halten, kommen  nicht  vor. 

Zu  ganz  ähnlichen  Resultaten  gelangt  man  auch,  wenn  man  bei 
den  anderen  Thermen  analoge  Berechnungen  ausführt. 

Die  einzelnen  Thermalquellen  Wiesbadens,  oder  mindestens  nicht 
wenige  derselben,  sind  somit  als  verschiedene  Auslaugungsproducte  Chlor- 
natrium und  die  anderen  Bestandtheile  enthaltender  Gebirgsschichten  zu 
betrachten,  welche  man  sich  über  oder  neben  einander  gelagert  denken 
kann.  Dass  diese  Auslaugungsprocesse  in  grosser  Tiefe  erfolgen,  er- 
gibt sich  aus  der  hohen  Temperatur  der  Quellen,  und  dass  sie  sich  in 
grossartigem  Maisstabe  vollziehen ,  muss  aus  der  Thatsache  abgeleitet 
werden,  dass  die  Quellen  seit  Jahrtausenden  zu  Tage  treten  und  ihren 
Gehalt  —  wenigstens  im  Zeiträume  von  Decennien  —  nicht  wesentlich 
ändern*). 

Ob  sich  in  der  Tiefe  Reservoirs  gebildet  haben,  auf  welche  die 
Constanz  in  der  Ergiebigkeit  der  Quellen  hindeutet  **) ,  lässt  sich  aus 
der  chemischen  Beschaffenheit  derselben  nicht  wohl  feststellen. 


*)  Vergl.  meine  Abhandlung  „Neue  chemische  Untersuchung  des  Koch- 
brunnens zu  Wiesbaden  und  Vergleichung  der  Resultate  mit  den  1849  von  mir 
erhaltenen",  diese  Jahrbücher  39,  1  ff.,  sowie  die  von  Professor  Dr.  Heinrich 
Fresenius  „Chemische  Untersuchung  der  Schützenhofquelle  zu  Wiesbaden", 
diese  Jahrbücher  39,  21  ff. 

**)   Yergl.   die   Thermalquellen  Wiesbadens  in  technischer  Beziehung  von 
E.  Winter,  München  bei  Tlieod.  Ackermann,  1880,  S.  12. 


l;  ^  '^ 


DAS  BOHRLOCH 


IM 


NEUEN  WIESBADENER  SCHLACHTHAUSE. 


VON 

A.   VON   REINACH 

(FRANKFURT  A.  M.) 


Jahrb.  d.  nass.  Ver.  f.  Nat.    48. 


In  Wiesbaden  wurde  im  Jahre  1889  ca.  800  Meter  südlich  des 
Bahnhofs,  zur  Wasserversorgung  des  neuen  Schlachthauses,  ein  Bohrloch 
auf  236  Meter  Tiefe  niedergebracht.  Dank  der  Sachkenntniss  des  Herrn 
Stadtbaumeisters  Winter  sind  Bohrproben  in  bester  Ordnung  im  Wies- 
badener Stadthause  aufgestellt.  Von  dem  mir  mit  freundlicher  Bereit- 
willigkeit zur  Verfügung  gestellten  Materiale  wurden  folgende  Bestim- 
mungen ausgeführt: 


/  bei 

4     Meter 

Tiefe  Kalke  mit  viel  Dreissensia  Brardi. 

« 

5/7 

<c 

id.       <^    HydrobiaventrosaundCor- 
bicula. 

« 

11 

« 

id.        «    HydrobiaventrosaundCor- 
bicula,  auch  etwas  Hydr. 

untere 
Hydrobien-  - 
schichten. 

<3C 
<C 

13/17   * 
24        - 

inflata. 
id.       «                       id. 
Letten    <=    Petrefacten  wie  oben  und 
etwas  Braunkohlen. 

« 

28        * 

« 

id.       «    Hydr.  ventrosa  und  inflata, 

• 

Cypris,Planorbis,  Holzreste 
und  Schwefelkies. 

<« 

48        « 

« 

sandiger  Letten  mit  Hydr.  ventrosa, 

. 

inflata  und  Paludina. 

69 

« 

Anfang    der    petrefactenleeren    gelb- 
lichen Quarzsande  mit  Thonen.     Der 
Sand  ist  theilweise  scharfkantig  und 
enthält  Quarzstücke  bis  zu  1  cm  Grösse. 

Cerithien- 

« 

72        « 

« 

petrefactenleere  weisse  Sande  mit  Kies, 

schichten. 

oft  scharfkantig. 

85        « 

« 

etwas  gerundeter  Sand  mit  oft  scharf- 
kantigem Kies  nebst  Thon  und  Braun- 
kohlenspuren. 

^          « 

102 

« 

wie  vorher,   nur  mehr  Kohlen. 
3* 

—     36     - 


Cyrenen- 
mergel. 


Rupelthon. 


bei 


Meeressand. 


Liegendes 
Sericitgneiss. 


120  Meter  Tiefe  dunkelgrauer  Letten  mit  einigen  ge- 
rollten Quarzstücken,  viel  Braunkohle 
und  einem  unbestimmbaren  Knoclien- 
rest,  vielleicht  Fussknochen  eines 
Vogels. 

«  grauer  Letten  mit  etwas  Braunkohle 
und  2  Bruchstücken  von  Baianus. 

«  grauer  Letten  mit  viel  Schwefelkies, 
etwas  Kohle,  Bruchstück  von  Cyrena 
und  kleinen  Concretionen. 

«  dunkelgrauer  Letten  mit  etwas  Kohlen- 
resten und  Bruchstück  von  Baianus. 

«  dunkelgrauer  Letten  mit  viel  unbe- 
stimmbaren Muschelresten  und  etwas 
anthracitischer  Kohle. 

«  grauer  Letten  mit  viel  Sand  und  ge- 
rollten Quarzkieseln,  unbestimmbaren 
dünnschaligen  Muschelresten  nnd  an- 
thracitischen  Kohlen. 

«  wie  vorher,  nur  weniger  Sande  und 
Kiesel,  etwas  unbestimmbare  Fisch- 
reste. 

«  grauer  Letten  mit  unbestimmbaren 
Conchylien  und  Fischresten. 

«  bräunlichgrauer  Letten  mit  Viel  Fora- 
miniferen  (Aufzeichnung  unten). 

«  Rollstücke  von  Sericitgneiss  mit  Sanden 
und  vielen  abgeschlissenen  Muschel- 
bruchstücken, von  denen  nur  Ostrea 
(callifera  Lam.  ?)   bestimmbar. 

«  zertrümmerter  Sericitgneiss  in  fein- 
körnigen Saud  verwandelt,  darin  einige 
Bruchstücke  von  Ostrea. 


140 


150 


170 


190 


210 


211/12 


218 


224/25  « 


227/29 


230/32  « 


236 


anstehender  Sericitgneiss. 


Ob  die  Schichten^  bis  zu  7  Meter  Tiefe  noch  den  oberen  Hydrobien- 
kalken  zuzurechnen  sind,   ist   fraglich.     Interessant   ist   der  allmähliche 


i 


—     37     — 

Uebergang  in  sandige  Schichten,  bis  bei  69  Meter  die  Cerithiensande 
beginnen.  Nach  102  Meter  ändert  sich  plötzlich  das  Aussehen  der  Bohr- 
proben, die  Saude  verschwinden,  Letten  mit  Braunkohlen  treten  an  deren 
Stelle.  Der  in  den  Proben  enthaltene  Sand  und  Kies  dürfte  noch  von 
oberen  Schichten  stammen  und  zufällig  hineingelangt  sein.  Offenbar 
fangen  hier  die  Cyrenenmergel  an,  welche  bei  140  Meter  schon  Bruch- 
stücke eines  der  Leitpetrefacten :  Baianus  enthalten.  Auffällig  ist  das 
erneute  Auftreten  von  vielem  Sand  und  Kies  bei  210  Meter,  welches 
Vorkommen  jedoch  sofort  wieder  verschwindet.  Der  untere  Cyrenenmergel 
enthielt  absolut  keine  Foraminiferen,  während  der  bei  224  und  225  Meter 
untersuchte  Rupelthon  nach  der  freundlichen  Bestimmung  des  Herrn 
Prof.  Achilles  Andreae  in  Heidelberg  nachfolgende  15  Arten  enthält. 

1 .  Bolivina  Beyrichi  Rss.  Typ.  und  Yar.  häufig. 

2.  Bolivina  melettica  Andr. 

3.  Lagena  striata  d'Obg.  Typ. 

4.  Nodosaria  sp.  (Fragmente). 

5.  Cristellaria  simplex  d'Obg. 

6.  Polymorphina  sororia  Bss. 

7.  Globigerina  bulloides  d'Obg.  selten. 

8.  Planorbulina  mediterranensis  d'Obg. 

9.  Discorbina  rugosa  d'Obg.  sp. 

10.  Discorbina  villardeboana  d'Obg.  sp. 

11.  Discorbina  sp.  indet. 

12.  Truncatulina  amphisyliensis  Andr. 

13.  Truncatulina  lobatula  Wlk.  und  J. 

14.  Anomalina  ammonoides  Rss.  sp. 

15.  Rotalia  Soldanii  d'Obg.  Typ.  häufig. 

Nach  diesen  Foraminiferen  dürfte  wohl  der  Rupelthon  den  Amphisyle- 
Schichten  dieses  Complexes  angehören,  welche  in  der  Gegend  auch  bei 
Flörsheim  vorkommen  und  durch  Verfasser  an  der  Mainlay  oberhalb 
Frankfurt,  aufgefunden  wurden.  Bezeichnend  dafür  sind  Bolivina  Beyrichi 
und  melettica,  sowie  Truncatulina  amphysiliensis. 

Die  grossen  stark  gerollten  Stücke  Sericitschiefer  nebst  den  ab- 
geschlissenen Austernschalen  in  den  darunter  liegenden  Schichten  des 
sogenannten  Meeressandes,  lassen  auf  Strandbildung  schliessen,  da  der 
Sericitgneiss  in  Wiesbaden  selbst  ansteht.  Die  tertiären  Meeressande, 
durch  Petrefacten  bestimmbar,   liegen  bei  Hallgarten  in  ca.   180  Meter 


—     38     — 

Höhe,  bei  Medenbacli  von  Rupelthon  überlagert  in  ca.  220  Meter  Höhe, 
in  Rheinhessen  sogar  bei  250 — 300  Meter  Höhe.  Der  Rupelthon  liegt 
bei  Medenbach  in  ca.  220  Meter  Höhe,  bei  Breckenheim  in  180  Meter 
Höhe;  der  Cyrenenmergel  bei  Wicker,  Wallau,  Eltville  in  ca.  150  Meter 
Höhe.     Am  Schlachthausbohrloch  in  Wiesbaden  ist  dagegen 

Ansatzpunkt  ca.   110  Meter  über  Amsterd.  Pegel  Hydrobienschicht, 
bei  «         6      «         «  «  «      Anfang  der  Cyrenen- 

mergel. 
«  «110      «      unter        «  «      Rupelthon. 

«  «     120      «         «  «  «      Meeressand. 

Es  liegt  also  Wiesbaden  auf  einer  sowohl  gegen  Osten  als  gegen 
Westen  stark  gesunkenen  Scholle,  deren  genauere  Bestimmung  einer 
späteren  Arbeit  vorbehalten  bleibt. 

Nebenbei  sei  noch  bemerkt,  dass  das  aus  dem  Bohrloche  reichlich 
ausströmende  Wasser  eine  Wärme  von  19^  Celsius  hat,  bei  geringem 
Gehalt  an  Alkalien.  Diese  Wärme  entstammt  wohl  den  heissen  Wies- 
badener Mineral-Quellen. 


DIE  HELIOZOEN 


DER 


UMGEGEND   VON  WIESBADEN. 


VON 

Dr.  PHIL.  EUGEN  PENARD 

(GENF.) 


MIT    ZWEI    TAFELN. 


Aus  dem  Französischen  auf  Wunsch  des  Verfassers  übersetzt  von 
Dr.  A.  Pagenstecher. 


Vorwort. 


7 


Vergangenes  Jahr  gab  ich  in  den  Jahrbüchern  des  Nassauischen 
Vereins  für  Naturkunde  eine  kurze  Uebersicht  über  die  von  mir  in  der 
Umgegend  von  Wiesbaden  beobachteten  Heliozoen. 

Seit  dieser  Zeit  habe  ich  meine  Beobachtungen  erweitert  und 
wünsche  diesen  interessanten  kleinen  Organismen  einige  Seiten  zu  wid- 
men. Ich  beabsichtige  hier  nicht  in  ausführlicherer  Weise  auf  die 
Physiologie  und  die  Struktur  der  Heliozoen  einzugehen,  denn  diese 
Arbeit  wäre  nur  eine  Wiederholung  dessen,  was  ich  anderswo  (Archives 
Beiges  de  Biologie  1889,  Archives  de  la  Societe  de  Physique  d'Hist.  na- 
turelle de  Geneve,  1889)  veröffentlicht  habe,  sondern  will  vielmehr 
eine  kurze  Beschreibung  der  Arten  geben,  welche  man  um  Wiesbaden 
antriff't,  und  insbesondere  solcher,  welche  bisher  noch  nicht  beschrieben 
W'Urden. 

Diese  Arten  sind  verschiedenartig  und  zahlreich,  so  dass  man  die 
Provinz  Nassau  als  eine  der  reichsten  betrachten  kann,  die  man 
hinsichtlich  der  Heliozoen  kennt.  Ich  habe  hier  eine  ansehnliche 
Zahr bereits  beschriebener  Typen  gefunden  neben  anderen,  die  bisher 
unbekannt  waren ,  und  ich  glaube ,  dass  man  ohne  viele  Mühe  noch 
mehrere  wird  auffinden  können,  denn  die  von  mir  verwandte  Zeit  war 
nur  eine  gelegentliche,  da  der  grössere  Theil  meiner  Untersuchungen 
sich  auf  ein  anderes  Gebiet  erstreckte  (die  Rhizopoden  als  solche).  Es 
ist  z.  B.  sicher,  dass  Clathrulina  elegans,  Cienkowsky  sich  in  der  Um- 
gegend von  Wiesbaden  findet,  da  ich  zuweilen  ihr  Skelett  gefunden 
habe,  ebenso  habe  ich  zwei  oder  drei  sehr  kleine  und  sicher  neue 
Arten  gefunden,  die  ich  aber  nicht  genügend  untersuchen  konnte,  um 
sie  hier  aufzuführen. 

Wenn  es  nun  auch  meine  Absicht  nicht  ist,  hier  eine  ausführ- 
liche physiologische  Studie  über  die  Heliozoen  zu  geben,  so  scheint 
es  mir  doch  w^ünschenswerth ,  diesen  Thieren  ein  Capitel  zu  widmen, 
welches  eine  allgemeine  Idee   über   ihre  Struktur   und  Funktionen  gibt. 


-      42 


I.  Allgemeine  Bemerkungen. 


Im  Allgemeinen  stellt  der  Körper  der  Heliozoen  eine  sphärische 
Protoplasma-Anhäufung  dar,  welche  meistens  nicht  homogen  ist,  sondern 
sich  in  zwei  Zonen  begrenzen  kann ;  die  äussere  Zone  (Rindenschicht  A .  H  e  r  t- 
wig),  welche  gewöhnlich  aus  einem  grauen,  granulirten  Plasma  gebildet 
wird,  wurde  Ectoplasma  genannt  im  Gegensatze  zu  der  inneren,  mehr 
homogenen  und  flüssigen  Zone,  welche  das  Endoplasma  (Marksubstanz) 
darstellt ;  dieses  letztere,  bei  einigen  Arten  central,  ist  bei  der  grösseren 
Zahl  der  Heliozoen  excentrisch  ebenso  wie  der  Kern,  welchen  es  immer 
einschliesst. 

Der  Hauptkörper  der  Heliozoen  bleibt  nicht  immer  und  vollständig 
nackt;  bei  der  Mehrzahl  der  Arten  umgibt  er  sich  mit  einer  schützen- 
den Umhüllung,  welche  in  wechselndem  Typus  variirt  und  von  ganz 
besonderer  Wichtigkeit  für  das  Thier  selbst  ist,  auch  einen  besonderen 
Werth  für  die  Bestimmung  der  Arten  hat. 

Das  Genus  Nuclearia  (Cilioyphrys  i.  p.  ?)  hat  keine  Umhüllung  oder 
umhüllt  sich  nur  zu  einer  bestimmten  Zeit  mit  einer  dicken  Lage 
hyalinen  Schleims;  bei  Lithocolla  trägt  dieser  Schleim  immer  an  seiner 
Oberfläche  eine  Lage  von  Steinchen  oder  von  Kieseltrümmern,  welche 
in  ihm  eingebettet  sind.  Bei  Actinophrys  sol  und  Actinosphaerium 
Eichhorni  bedeckt  sich  das  Ectoplasma  mit  Yacuolen,  wird  schaumig 
und  diese  vacuolenhaltige  Lage  dient  als  schützende  Umhüllung.  Aber 
bei  dem  grössten  Theile  der  Heliozoen  finden  wir  einen  förmlichen 
Panzer,  gebildet  aus  Kieselschalen,  welche  sich  berührend  in  der 
grössten  Ordnung  aneinander  gereiht  sind  und  den  Körper  mit  einer 
continuirlichen  Umhüllung  umgeben.  Diese  Schalen,  welche  manchmal 
mehrere  Lagen  bilden,  sind  eingebettet  in  ein  hyalines  Plasma,  welches 
man  gewöhnlich  als  von  schleimiger  Beschaifenheit  und  als  ein  Er- 
gebniss  des  Secretes  des  Thieres  ansieht,  welches  aber  vielleicht  einen 
wichtigeren  Charakter  trägt  und  das  wirkliche  Ectoplasma  darstellt. 

Ausser  diesen  sich  berührenden  Schalen  gibt  es  noch  recht  häufig 
andere,  radiär  verlaufende,  in  der  Form  spitzer  Nadeln,  welche  den 
ganzen  Körper  mit  einer  Defensivbewaffnung  umgeben. 

Diese  Nadeln,  ebenfalls  kieseliger  Natur,  vergrössern  sich  mit  dem 
Thiere    selbst    und    scheinen    sich    nur    im    Schutze    eines    schleimigen 


—     43     — 

Ueberzuges  zu  bilden,  der  sie  immer,  wenigstens  im  jugendlichen  Alter 
bedeckt. 

Alle  wirklichen  Heliozoen  besitzen  einen  Kern,  immer  im  Endo- 
sark,  aber  bei  den  meisten  Arten  excentrisch  und  seine  Struktur  ist 
dem  Kerne  der  Rliizopoden  analog;  d.  h.  er  ist  aus  einer  dünnen  und 
durchscheinenden  Membran  (Kernmembran)  gebildet,  in  dessen  Innern 
ein  Nucleolus  (Kernkörperchen)  getrennt  ist  von  der  Membran  durch 
ein  sehr  klares,  beinahe  flüssiges  Plasma  (Kernsaft),  welches  sehr  reich- 
lich sein  kann. 

Der  Kern  ist  gewöhnlich  einfach;  indessen  besitzen  einige  Arten 
mehrere  und  besonders  Actinosphaerium  Eichhorni  kann  deren  eine  an- 
sehnliche Zahl  einschliessen  (100  und  mehr). 

Ausser  dem  Kern  findet  man  bei  allen  Heliozoen  eine  contractile 
Blase  und  öfters  zwei  oder  mehrere,  sogar  bei  den  Arten,  wo  die  Ein- 
heit die  Regel;  diese  Blase,  welche  denen  der  Amöben  ähnlich,  aber 
gewöhnlich  weniger  klar  ist,  gehört  dem  Ectosack  an  und  sehr  häufig 
sieht  man  sie  zwischen  dem  wirklichen  Plasma  und  der  äusseren  Um- 
hüllung hervortreten. 

Sie  Avird  belebt  durch  rhythmische  Pulsationen,  welche  sich  plötzlich 
bilden,  um  bald  aufs  Neue  an  der  nämlichen  Stelle  zu  erscheinen  und 
welche  im  Allgemeinen  um  so  lebendiger  und  regelmälsiger  sich  zeigen, 
je  kräftiger  und  beweglicher  das  Thier  selbst  ist. 

Ausserdem  sieht  man  nicht  selten  in  dem  Plasma  gewöhnliche 
Vacuolen,  welche  keine  rhythmischen  Erscheinungen  zeigen  und  überall 
erscheinen  können,  um  allmählich  zu  verschwinden. 

Das  Plasma  ist  häufig  von  körnigen  Elementen  verschiedener  Art 
erfüllt,  welche  bald  Nahrungsballen,  bald  Stärkemehlkörner,  Fetttropfen, 
oder  kleine  glänzende  Körner  darstellen,  die  man  als  Excretkörner  be- 
zeichnet und  welche  Bütschli  mit  oxalsaurem  Kalk  in  Verbindung 
bringen  zu  sollen  glaubt,  endlich  öfters  grüne  Körner  von  Pseudo- 
chlorophyll ,  welche  denen  ähnlich  sind ,  die  man  bei  verschiedenen 
Rhizopoden  findet  und  welche  eine  Art  von  Symbiose  darstellen  sollen. 
Man  findet  diese  verschiedenen  Elemente  fast  ausschliesslich  im  Ecto- 
plasma;  das  Endoplasma  entbehrt  derselben  und  höchstens  findet  man 
in  demselben  kleine  Excretkörner. 

Die  Pseudopodien  der  Heliozoen  gruppiren  sich  im  Gegensatze  zu  denen 
der  Rhizopoden,  welche  alle  in  einer  Gegend  entspringen,  um  den  ganzen 
Körper ;  sie  stellen  sehr  lange  Fäden  dar,  welche  bei  einzelnen  Arten  den 


—     44     — 

Durchmesser  des  Körpers  um  das  Drei-  und  Yierfaclie  erreichen  oder  noch 
mehr;  sie  sind  in  der  Regel  sehr  fein  und  für  gewöhnlich  aus  einem 
hyalinen  Achsencyliuder  gebildet,  welcher  von  einer  feinen  Protoplasma- 
schicht umhüllt  wird,  auf  welcher  man  helle  Granulationen  bemerkt,  welche 
an  Grösse  längs  den  Pseudopodien  allmählich  zu-  und  abnehmen.  Wir  wer- 
den später  sehen,  dass  diese  Pseudopodien  nicht  bei  allen  Arten  identisch 
sind;  bei  den  Formen,  welche  ich  unter  dem  Namen  von  Ciliophrys 
beschreiben  werde ,  sind  sie  von  derselben  Natur ,  wie  die  gewisser 
nackten  oder  schalentragenden  Rhizopoden;  bei  Actinophrys  und  Acti- 
nosphaerium  ist  der  relativ  sehr  breite  Achsenfaden  von  einer  ziemlich 
starken  Lage  von  Protoplasma  bedeckt ;  Actinolophus  hat  Pseudopodien, 
welche  mit  einem  kleinen  hyalinen  Kopf  versehen  sind,  ähnlich  dem 
der  Acineten.  Bei  der  grossen  Familie  der  Acanthocystiden  sind  die 
Pseudopodien  am  charakteristischsten  und  erlauben  am  besten  die  Be- 
wegungen des  Thieres  zu  studiren. 

Die  Erscheinungen  der  Bewegung  sind  sehr  interessant  bei  den 
Heliozoen.  Man  kann  dieselben  dahin  zusammenfassen,  dass  das 
Thier  einige  seiner  Fäden  von  sich  streckt,  welche  momentan  ihre 
Starre  verlieren,  dann  erstarren  und  den  Körper  nach  sich  ziehen, 
indem  sie  ihn  ein  wenig  von  oben  nach  unten  wenden;  andere  Fäden 
ersetzen  die  ersten  und  ziehen  ihrerseits ,  so  dass  im  Verlaufe  des 
Phänomens  das  Thier  wie  ein  Ball  auf  der  Tafel  rollt  und  dies  zu- 
weilen so  schnell,  dass  es  wie  eine  Spinne  zu  laufen  scheint.  Es  finden 
sich  in  dieser  Hinsicht  grosse  Verschiedenheiten  von  Art  zu  Art,  und 
während  Ciliophrys  sicher  amöboid  ist,  und  Actinophrys  sich  nur  sehr 
langsam  fortbewegt,  können  die  Acanthocystiden  in  einer  Minute  einen 
Weg  durchlaufen,  welcher  das  Zwölffache  ihres  Durchmessers  beträgt. 
Bei  Artodiscus  saltans  habe  ich  die  Bewegungen  am  lebhaftesten  ge- 
funden ;  dieses  kleine  Wesen  tanzt  zur  Rechten  und  zur  Linken ,  vor- 
wärts und  zurück  mit  einer  ausserordentlichen  Beweglichkeit  und  um 
ihm  zu  folgen,  muss  man  beständig  die  Stellung  des  Mikroskopes 
verändern. 

Man  glaubt  gewöhnlich,  dass  die  Pseudopodien  eine  sehr  active 
Rolle  bei  der  Ergreifung  der  Beute  spielten;  indessen  kann  man  sagen, 
dass  diese  Rolle  nur  eine  secundäre  ist.  Sobald  ein  kleiner  Organis- 
mus mit  den  Pseudopodien  verklebt  ist,  ziehen  sich  die  letzteren  in 
Wirklichkeit  zusammen  und  nähern  so  die  Beute  dem  Körper;  indess 
nähert  sich  die  Beute  meist  von  selbst  dem  Ectosark,  und  dieser  sendet 


—     45     — 

dann  eine  amöboide  Verlängerung  aus,  öfters  in  Form  eines  Kegels, 
welcher  nach  und  nach  die  Beute  umgibt,  sie  in  eine  grosse  Nahrungs- 
vacuole  einschliesst  und  in  das  Innere  des  Körpers  einzieht. 

Bei  den  Arten ,  welche  mit  einem  Panzer  umschlossen  sind,  ver- 
breiten sich  die  verschiedenen  Schalen,  welche  diese  Umhüllung  bilden, 
unter  der  Beute,  dann  kommen  sie  wieder  um  die  Nahrungsvacuole 
hervor  und  vereinigen  sich  schliesslich  über  dem  gefangenen  Objekt, 
ihre  gewöhnliche  Anordnung  wieder  einnehmend.  Bei  diesem  Prozesse 
spielt  die  schleimige  Hülle ,  in  welcher  die  Schalen  eingelagert  sind, 
eine  völlig  active  Rolle,  ja  ich  möchte  behaupten  (wie  Maggi  und 
Cattaneo),  dass  dieser  Schleim  das  wahre  Ectosark  darstellt  und 
dass  man  es  mit  der  hyalinen  Bekleidung  der  Amöben  zusammenstellen 
kann,  oder  mit  der  vacuolenhaltigen  Umhüllung  von  Actinophrys. 

Die  Erscheinungen  der  Reproduction  und  Multiplication  gehören 
bei  den  Heliozoen  zu  den  interessantesten,  sind  aber  auch  am  schwie- 
rigsten zu  erklären  und  ihre  Kenntniss  lässt  noch  viel  zu  wünschen 
übrig.  Ich  will  mich  hier  darauf  beschränken,  einige  kurze  Erläute- 
rungen über  diese  Erscheinungen  zu  geben,  welche  einige  Beziehung  zu 
der  Verjüngung  und  Erhaltung  des  Individuums  haben  können. 

a)  Conjugation.  Die  Conjugation  ist  bei  den  Heliozoen  eine 
häufige  Erscheinung,  besonders  bei  Actinophrys  kann  man  sie  leicht 
beobachten:  zwei  Thiere  nähern  sich,  vereinigen  sich  zuerst  mit  ihren 
Pseudopodien,  welche  ihren  Achsenfaden  verlieren  und  werden  amöboid, 
dann  treten  sie  in  ihrem  vacuolenhaltigen  Ectosark  zusammen  und  ver- 
mischen sich  endlich  mit  ihrem  Endosark ,  um  bald  nur  ein  Individuum 
zu  bilden,  während  ich  nie  die  Kerne  an  der  Vereinigung  Theil  nehmen 
sah.  Bei  den  Acanthocystiden ,  bei  welchen  das  Phänomen  übrigens 
weit  seltener  ist,  lassen  die  beiden  sich  nähernden  Individuen  zunächst 
ihre  Schalen  auseinandertreten  und  vereinigen  sich  wieder  über  dem 
neuen  Individuum. 

b)  Colonieen.  Wenn  an  der  Stelle  von  zwei  Individuen  die 
Vereinigung  drei  oder  mehrere  betrifft^  so  bildet  sich  eine  wirkliche 
Colonie;  bei  Actinophrys  sind  solche  Colonieen  häufig  und  können 
10  —  15—20  Individuen  darstellen.  Indessen  behält  jedes  Individuum, 
obwohl  in  der  Masse  vollkommen  aufgegangen,  seine  Selbstständigkeit; 
wenn  die  Colonie,  was  häufig  vorkommt,  ihren  Ort  verändert,  so  gehen 
alle  Individuen,  jedes  für  sich  vor,  von  einer  weit  schnelleren  Be- 
wegung beseelt,  als  man  solche  für  gewöhnlich  bei  dieser  Art  beobachtet. 


—     46     — 

Nur  bei  Actinoplirys  habe  ich  die  Existenz  wirklicher  Colonieen 
beobachtet;  indess  kennt  man  die  Erscheinung  auch  bei  anderen  He- 
liozoen  (Sphaerastrum  conglobatum ,  Greeff,  Monobia  confluens, 
Schneider,  Raphidiophrys  elegans,  Hartwig  und  Cesser). 

c)  Theilung.  Diese  Erscheinung  ist  recht  häufig,  aber  in  der 
Mehrzahl  der  Fälle  ist  es  kaum  möglich,  mit  Sicherheit  zu  erkennen, 
ob  man  eine  wirkliche  Theilung  vor  Augen  hat  oder  zwei  Individuen, 
welche  nach  einiger  Zeit  der  Vereinigung  sich  wieder  trennen.  Bei  den 
Acanthocystiden  nimmt  jedes  neue  Individuum  die  Hälfte  der  Umhüllung  der 
Mutter  mit  sich.  Im  Moment,  wo  das  Thier  sich  ausstreckt,  um  die  Biscuit- 
form  anzunehmen  und  sich  immer  mehr  zu  verengen,  besitzt  es  bereits  stets 
zwei  Kerne,  welche  sicher  aus  einer  vorgängigen  Theilung  eines  einzigen 
Kernes  entstehen.  Diese  Theilung  wurde  schon  in  gewisser  Weise  bei 
einigen  seltenen  Gelegenheiten  verfolgt  (G  r  u  b  e  r ,  Actinosphaerium)  und 
kann  mit  derjenigen  verglichen  werden,  die  man  in  gleicher  Weise  bei 
einigen  Rhizopoden  (Euglypha,  Gruber,  Schewiakoff)  beobachtet 
hat ;  der  Kern  theilt  sich  in  einzelne  Theile,  welche  sich  in  zwei  äqua- 
torialen Haufen  sammeln:  dann  theilt  sich  jeder  Haufen,  die  einzelnen 
Fragmente  vereinigen  sich  wieder  (indem  sie  karyolitische  Figuren 
bilden)  und  jeder  der  zwei  neuen  Kerne  bedeckt  sich  allmählich  mit 
einer  Kernmembran. 

d)  Knospenbildung.  Wenn  an  Stelle  der  Theilung  in  zwei 
gleiche  Theile  sich  nur  ein  kleiner  Theil  der  Oberfläche  des  Körpers 
abschnürt,  so  bildet  sich  eine  wirkliche  Knospenbildung.  Ich  habe  ein- 
oder  zweimal  (bei  Acanthocystis  erinaceus  und  Acanth.  turfacea)  das 
Freiwerden  dieser  Knospen  beobachtet,  welche  einen  Theil  des  Skeletts 
der  Mutter  mit  sich  nahmen.  Vor  der  Loslösung  sind  diese  Knospen, 
in  welchen  man  manchmal  schon  einen  kleinen  Kern  und  eine  con- 
tractile  Blase  sieht,  schon  ganz  ausgebildet,  aber  nackt,  unter  der  Um- 
hüllung der  Mutter,  so  dass  sie  das  Aussehen  einer  mehr  oder  weniger 
ausgebildeten  Beule  haben. 

e)  Embryonen.  Man  hat  bei  einigen  Heliozoeen  (Clathrulina 
Cienk.,  Acanthocystis  spinifera,  Hertwig)  die  Bildung  innerer  Embryo- 
nen beschrieben ,  welche  aus  dem  Körper  der  Mutter ,  ohne  von  einer 
Umhüllung  bedeckt  zu  sein,,  ausschlüpfen,  und  bisweilen  sich  zuerst  mit 
Hilfe  von  einer  oder  mehreren  Geissein  bewegen,  um  amöboid  zu  werden 
und  sich  zuletzt  mit  einer  Membran  zu  bedecken.     Ich  habe  diese  Er- 


-     47     — 

scheiuung  allerdings  auf  eine  etwas  zweifelhafte  Weise  constatiren  können, 
bei  Actinophrys  sol,  Acauthocystis  eriuaceus  und  Acanth.  pectinata.  Es  ist 
ebenwohl  sehr  möglich,  dass  die  sehr  kleinen  und  von  einer  neuen  sicht- 
baren Kieselschale  umgebenen  Individuen,  welche  sich  indess  augen- 
scheinlich an  bekannte  Spezies  anschliessen  (Acanth.  erinaceus,  A.  pec- 
tinata), welche  ich  zuweilen  beobachtete  und  welche  manchmal  plötzlich 
in  grosser  Zahl  erscheinen,  mit  Embryonen  in  wachsendem  Zustande 
zusammenhängen. 

fjExuvation  oder  Wechseln  der  Membran.  Es  kommt 
zuweilen  vor  und  besonders  zu  bestimmten  Zeiten,  dass  die  Individuen 
ihre  Schale  zerstören,  um  sie  ganz  zu  verlieren ;  ich  habe  dies  bei  ver- 
schiedenen Acanthocystiden  (Ac.  pectinata,  erinaceus,  turfacea)  beob- 
achtet. Dieses  Phänomen  hat  vielleicht  nicht  allein  eine  Beziehung  zur 
Verjüngung  des  Individuums,  sondern  auch  zu  einer  Art  der  Copulation, 
denn  ich  habe  bei  Acant.  pectinata  beobachtet,  dass  die  ihrer  um- 
hüllenden Membran  beraubten  Individuen  diejenigen  mit  Begierde  auf- 
nahmen, welche  sich  ihrer  Umhüllung  eben  entledigt  hatten  und  dass 
sie  mit  ihnen  einen  einzigen  Organismus  bildeten. 

g)  Einkapselung.  Eie  Einkapselung  ist  ohne  Zweifel  eine  all- 
gemeine Erscheinung  bei  allen  Heliozoen;  die  Cysten,  welche  beinahe 
immer  eine  doppelte  Umhüllung  haben,  deren  äussere  kieselhaltig  ist, 
sind  bei  mehreren  Arten  beschrieben  worden.  Ich  selbst  habe  nur  bei 
Actinophrys  sol  die  Bildung  dieser  Cysten  beobachten  können.  Actino- 
phrys zieht  sich,  wenn  die  Umstände  für  sein  actives  Leben  ungünstig 
werden,  in  eine  doppelte  Cyste  zurück,  von  denen  die  äussere 
warzig,  von  kieselhaltigen  Plättchen  gebildet  wird,  während  die  innere 
frei  und  membranös  ist.  Im  Frühjahre  füllt  sich  das  junge  Thier  mit 
Wasser  und  mit  Vacuolen,  und  indem  es  sich  aufbläht,  lässt  es  die 
äussere  Schale  aufbrechen,  welche  es  langsam  verlässt,  nachdem  es  ebenso 
die  innere  Umhüllung  durchbrochen  hat.  Sein  Ectoplasma  stellt  zuerst 
nur  eine  hyaline  Zone  ohne  Vacuolen  dar,  aber  bald  bilden  sich  diese 
Vacuolen  auf  der  ganzen  Peripherie  zugleich  mit  den  Pseudopodien; 
diese  letzteren  sind  im  Anfange  sehr  fein  und  denen  der  Acanthocystiden 
analog,  dann  verdicken  sie  sich;  die  contractile  Blase  erscheint  auch 
sehr  bald  und  hat  keinen  anderen  Ursprung  als  die  gewöhnlichen  Va- 
cuolen des  Ectosarkes. 


—     48     — 

In  den  meisten  Fällen  ist  die  Einkapselung  nichts  anderes  als  die 
Erscheinung  der  Erhaltung  des  Individuums ,  aber  es  ist  unzweifelhaft, 
dass  sich  das  Thier  bisweilen  innerhalb  der  Cyste  theilt  und  zur  Bil- 
dung mehrerer  jungen  Actinophrys  Gelegenheit  gibt. 

Die  Heliozoen  bewohnen  Bäche ,  Sümpfe,  überschwemmte  Wiesen 
u.  s.  w.,  wo  sie  sich  zwischen  den  Algen  und  Wasserpflanzen  umher- 
treiben ;  wiewohl  sie  nicht  sehr  Avählerisch  in  der  Qualität  des  Wassers 
sind,  so  .ziehen  sie  doch  die  relativ  klaren  Wasser  vor  und  ertragen 
nicht  so  leicht  wie  die  Amöben  längeren  Aufenthalt  in  verdorbenem 
Wasser.  Wie  die  schalentragenden  Rhizopoden  lieben  sie  die  Kiesel- 
säure und  sind  nicht  zahreich  in  den  ausschliesslich  kalkigen  Gegenden. 
Ihre  Nahrung  besteht  entweder  in  kleinen  Algen  und  Wasserpflanzen, 
oder  in  kleinen  Thieren,  Infusorien,  Monaden  u.  s.  w.  Sie  scheinen  im 
Allgemeinen  der  thierischen  Nahrung  den  Vorzug  zu  geben,  indess  glaube 
ich  nicht,  dass  irgend  eine  als  ausschliesslich  carnivor  betrachtet  werden 
kann,  nicht  einmal  Actinophrys  und  Actinosphaerium,  welche  trotz  dem 
unglaublichen  Verzehren  von  kleinen  Infusorien  und  selbst  von  Botiferen, 
manchmal  ebenwohl  vollgestopft  sind  mit  Diatomeen,  Desmidiaceen  und 
anderen  Elementen  vegetabilischer  Natur. 


IL   Systematik. 

Cilioplirys  hyalina^  spec.  nova. 

Fig.  1  bis  3. 

Körper  klein,  ungefärbt,  nackt,  abgerundet,  aber  zu  Abänderungen 
geneigt,  welche  ihn  mehr  oder  weniger  oval  oder  verlängert  er- 
scheinen lassen,  ohne  jemals  Lappenbildung  oder  amöboide  Verzweigungen 
hervorzurufen;  er  ist  im  Allgemeinen  sphärisch,  kann  sich  aber  erheb- 
lich abplatten  während  der  Bewegung.  Man  unterscheidet  an  ihm  eine 
äussere  hellere  Zone  (Ectosark),  welche  allmählich  und  ohne  bestimmte 
Begrenzung  in  ein  granulirtes  Endosark  übergeht,  welches  im  Allge- 
meinen Excretionskörner  und  verdaute  Nahrung  enthält.  Dieses  Endo- 
sark selbst  ist  im  Centrum  heller  und  hat  hier  ein  mehr  flüssiges  Plasma, 
welches  den  Kern  umgibt. 


—     49     — 

Kern  ziemlich  gross,  grauweiss,  gewöhnlich  wenig  sichtbar,  normaler 
Weise  central,  aber  zuweilen  nach  rechts  oder  links  verdrängt  durch  die  von 
dem  Thiere  aufgenommene  Beute  (z.  B.  Diatomeen,  Desmidiacen  u.  s.  w.j. 
Contractile  Blase  gewöhnlich  einfach,  auf  dem  Ectosark  vorstehend, 
welche  es  herausdrängen  kann ;  sie  ist  träge  in  ihren  Bewegungen ; 
selten  kommen  zwei  vor.  Pseudopodien  fadenförmig,  hyalin,  kaum  gra- 
nulirt,  relativ  kurz,  das  Thier  umgebend,  aber  auch  öfters  nur  in  einer 
horizontalen  Ebene  und  wie  die  Pseudopodien  der  Amöben  functionirend. 
Im  Allgemeinen  sind  sie  sehr  gerade,  manchmal  wellenförmig  und  können 
schnell  ihren  Platz  w'echseln ,  aber  ohne  wie  Geissein  zu  schlagen. 
Zuweilen  verlängert  sich  eine  oder  mehrere  der  Pseudopodien  und  ver- 
dicken sich  etwas,  um  das  Individuum  an  einem  vegetabilischen  Halm 
oder  einem  anderen  Halt  zu  befestigen. 

Das  Thier  nährt  sich  hauptsächlich  von  kleinen  vegetabilischen 
Organismen  und  von  oft  recht  grossen  Diatomeen,  w^elche  es  in  der 
Art  der  Amöben  ergreift,  indem  es  sie  in  eine  Vacuole  einschliesst. 
Durchmesser:  0,015  —  0,020mm.  Diese  Art,  welche  ich  in  grosser 
Anzahl  in  stehendem  klaren  Wasser  gefunden  habe,  schien  mir  zum 
Genus  Ciliophrys  von  Cienkow^sky  zu  gehören,  aber  unterscheidet 
sich  davon,  dass  sie  keinen  Geisselzustand  zeigt,  wo  die  Pseudopodien 
verschwinden,  um  einer  oder  zwei  ausgebildeten  Geissein  Platz  zu 
machen.  Da  es  indessen  nicht  unmöglich  ist,  dass  dieser  Flagellaten- 
zustand  von  der  Jahreszeit  abhängt  oder  von  Umständen,  welche  Be- 
ziehungen zum  umgebenden  Medium  haben,  so  habe  ich  sie  unter  keinem 
anderen  Namen  als  der  einer  Ciliophrys  beschreiben  zu  sollen  geglaubt, 
wenn  ich  auch  zugebe,  dass  dieser  Name  nur  als  ein  provisorischer  be- 
trachtet werden  darf. 

Jedenfalls  ist  diese  Form  nicht  identisch  mit  Cyliophrys  infusorium 
von  Cienkowsky,  welche  vielmehr  einem  kleineren  Organismus  ent- 
sprechen würde,  welchen  ich  in  einer  anderen  Wasserlache  beobachtet 
habe,  wo  die  amöboiden  Individuen  gemischt  waren  mit  solchen,  welche 
mit  wirklichen  Geissein  versehen  waren;  ich  habe  sie  aber  zu  wenig 
studirt,  um  sie  hier  beschreiben  zu  können. 

Ciliophrys  hyalina  scheint  ebenso  sehr  grosse  Verwandtschaft  mit 
dem  Genus  Nuclearia  zu  haben,  indess  hindern  mich  der  immer  cen- 
trale und  einfache  Kern,  die  kaum  granulirten  Pseudopodien,  ebenso 
wie  die  ganze  Lebensweise,  sie  mit  dieser  Gruppe  zu  vereinigen. 

Jabrb.  d,  nass.  Ver.  f.  Nat.     4?.  4 


—     50     — 
Cilioplirys  coerulea^  mihi.*) 

Fig.  4  und  5. 
Körper  klein,  abgerundet,  nackt,  immer  mit  Körnclien  erfüllt,  welche 
dem  Thiere    eine   bläuliche   Färbung   geben,    ohne   dass   sich  Ectosark 
und  Endosark  deutlich  differenziren ;  indess  umgeben  von  einer  dünnen 
Lage  von  nicht  granulirtem  Plasma. 

Kern  stets  central,  umgeben  von  einem  Kranz  von  klarem  Plasma. 
Contractile  Blase  gewöhnlich  einfach,  träge,  zuweilen  deren  zwei  oder 
drei;  öfters  auch  kleine  Vacuolen  im  Plasma. 

Pseudopodien  verlängert,  sehr  fein  granulirt,  indess  weniger  als  bei 
den  Acanthocystiden;    sie   functioniren   vielmehr   wie   die   der   Amöben 
und  ziehen  das  Thier  an  sich  heran,  erhebliche  Veränderungen  hervor- 
bringend, y 
Durchmesser:  0,012  bis  0,015mm. 

Ich  habe  diese  kleine  Art  zu  Tausenden  angetroffen  und  sie  wäh- 
rend ganzer  Monate  verfolgt.  Die  Thiere,  welche  meine  Gefässe  füllten, 
schienen  mehr  oder  weniger  parasitisch  zu  leben  und  erfüllten  öfters 
den  Körper  der  Rotiferen,  aus  deren  Mund  oder  After  man  sie  aus- 
treten sah,  nachdem  sie  den  Inhalt  des  Thieres  geleert  hatten.  Oft 
waren  sie  in  erheblicher  Anzahl  darin  eingeschlossen  und  von  einander 
durch  eine  Lage  von  an  der  Peripherie  erhärtetem  Schleim  getrennt; 
beim  Austreten  verloren  sie  diesen  Schleim  und  sie  krochen  hinweg, 
indem  sie  sich  wie  Amöben  abplatteten. 

Andermal  habe  ich  welche  beobachtet,  die  frei  geworden,  von  einer 
festen  Lage  von  Schleim  umgeben  waren,  der  von  glänzenden  Strahlen 
durchzogen  war.  Oefters  habe  ich  auch  die  Bildung  von  Cysten  vor 
sich  gehen  sehen,  welche  nur  durch  Erhärtung  der  vom  Ectosark  secer- 
nirten  schleimigen  Öüile  entstehen;  das  Thier  verliert  seine  Cyste,  indem 
es  sie  einfach  resorbirt  oder  indem  es  sie  in  eine  unbegrenzte  Zahl  von 
feinen  Schalen  zerfallen  lässt,  welche  den  Körper  wie  mit  einem  aschen- 
farbigen Ueberzug  bedeckt  erscheinen  lassen.  Ich  habe  bei  dieser  Art 
auch  Erscheinungen  der  Conjugation  und  Spaltung  gesehen,  aber  ohne 
sie  im  Detail  verfolgen  zu  können. 


*)  Ick  habe  diese  Art  ausführlich  in  den  Arc-hives  de  Biologie  (1889,  T.  IX) 
ebenso  wie  die  folgenden  beschrieben:  Actionophrys  sol.,  Acanthocystis  pectmata, 
Aeant.  turfacea,  Acant.  erinaceus,  Acant.  albida. 


—     51     — 

Cilioplirys  coerulea  unterscheidet  sich  von  der  vorhergehenden  Art 
durch  geringere  Grösse,  wie  auch  durch  die  blaue  Farbe,  welche  auf 
den  glänzenden  Körnern  beruht,  von  denen  der  Körper  stets  erfüllt  ist. 
Ich  glaubte  lange,  dass  Ciliophrj's  coerulea  eine  embryonale  Form  wie 
Acanthocystis  pectinata  darstellen  könne,  erst  seit  der  Veröffentlichung  der 
Arbeit ,  in  welcher  ich  diese  Art  beschrieb ,  habe  ich  mich  über- 
zeugt, dass  diese  beiden  Thiere  in  Wirklichkeit  nichts  mit  einander 
gemein  haben. 

Actinoplirys  sol,  Ebrenberg. 

Fig.  6  und  7. 

Körper  sphärisch,  ungefärbt,  ohne  bedeckendes  Skelett,  aber  an  der 
Oberfläche  bedeckt  von  einer  Lage  von  Yacuolen  (Ectosark),  welche 
durch  gegenseitige  Pressung  hexagonale  Alveolen  bilden.  Unter  dem 
vacuolenhaltigen  Ectosark  findet  sich  ein  grauweisses ,  fein  granulirtes 
Endosark. 

Kern  sehr  gross,  central,  mit  einer  hyalinen  dicken  und  soliden 
Kernmembran  und  mit  einem  einfachen  oder  getheilten  Kernkörperchen, 
welches  in  einem  reichlichen  Kernsaft  schwimmt.  Contractile  Blase  sehr 
gross,  hervorspringend  aus  dem  Ectosark  und  zuweilen  ein  beträcht- 
liches Volumen  (V3 — ^'2  des  Durchmessers  des  Thieres)  erreichend. 
Oefters  gibt  es  deren  zwei  oder  mehr.  Pseusopodien  gerade,  nach  allen 
Richtungen  des  Raumes  ausstrahlend,  linear,  selten  mehr  als  die  dopppelte 
Grösse  des  Körpers  selbst  erreichend;  sie  enthalten  im  Innern  einen 
starren,  breiten  durchscheinenden  Achsenfaden,  welcher  in  die  Yacuolen 
des  Ectosarks  eindringt  und  den  durchscheinenden  Körper  durchsetzt 
bis  auf  die  Kernkapsel,  ohne  aber  in  diese  letztere  einzudringen ;  dieser 
Achsenfaden  erscheint  oder  verschwindet  je  nach  Umständen  und  wenn 
er  fehlt,  können  die  Pseudopodien  amöboid  werden.  Das  Plasma,  welches 
den  Achsenfaden  bedeckt,  trägt  zahlreiche  Granulationen,  welche  längs 
der  Pseudopodien  sehr  langsam  zu-  und  abnehmen. 

Durchmesser  0,040 — 0,050  bei  dem  erwachsenen  Thiere,  sehr  viel 
kleiner  bei  den  jugendlichen,  von  denen  man  sehr  wohl  entwickelte 
Individuen  finden  kann,  welche  nicht  mehr  als  0,010 — 0,015  messen. 

Ich  habe  diese  Art  längere  Zeit  studirt  und  anderswo  eine  aus- 
führliche Beschreibung  gegeben.  Sie  ist  eine  der  am  längsten  be- 
kannten Heliozoen,  denn  in  der  zweiten  Hälfte  des  vorigen  Jahrhun- 
derts erwähnen  sie  schon  Joblot  und  später  0.  F.  Müller.    Ich  habe 


—     52     — 

bei  Actiiioplirys  Erscheinungen  der  Conjugation,  Theilung,  Einkapselung^ 
■wahrscheinlich  der  Knospenbildung,  und  der  Bildung  cilientragender 
Embryonen  beobachtet.  Man  bemerkt  auch  das  häufige  Vorkommen 
von  Colonieen ,  aus  3  bis  15  Individuen  und  noch  mehr  zusammenge- 
setzt, Colonieen,  in  welchen  sich  die  Thiere  ineinander  bilden,  aber  doch 
mehr  oder  weniger  ihre  Selbstständigkeit  bewahren.  Actinophrys  be- 
vorzugt hauptsächlich  animale  Nahrung;  es  fängt  mit  grosser  Schnellig- 
kdeit  Monaden  und  Infusorien  oder  Rotiferen,  indessen  auch  Algen  und 
Diatomeen,  welche  es  öfters  in  eine  ansehnliche  Vacuole  einschliesst 
(Fig.  7). 

Sobald  sich  ungünstige  Umstände  für  seine  Entwickelung  bilden^ 
bildet  es  sich  Cysten  mit  doppelter  Umhüllung ,  deren  Aeusseres  kiesel- 
haltig ist  und  tritt  aus  diesen  im  Frühjahre  aus,  nachdem  es  dieselben 
ganz  zerstört  hat.  Uebrigens  kann  Actinophrys  sehr  lebendig  bleiben 
bei  einer  sehr  niedrigen  Temperatur  und  ich  habe  es  in  Wasser  von 
0^  oft  sehr  wohl  angetroifen. 

Actinospliaerium  Eicliliorni,  Ehrenberg. 
Fig.  8  bis  10. 

Körper  sehr  gross,  sphärisch,  durchscheinend,  mit  einem  Ectosark^ 
welches  in  eine  breite  und  wohlbegrenzte  Lage  von  Yacuolen  umgebildet 
ist,  welche  gegen  einander  gepresst  eine  alveolare  Begrenzung  bilden. 
Endosark  grauweiss,  fein  gekörnt,  in  sich  eine  ansehnliche  Zahl  (bis 
60,  100  und  mehr)  Kerne,  ähnlich  denen  von  Actinophrys  ein- 
schliessend. 

Contractile  Blasen  wie  bei  dieser  letzten  Art,  aber  immer  ziemlich 
zahlreich.  Im  Allgemeinen  auch  eine  grosse  Zahl  von  gewöhnlichen 
Yacuolen,  welche  (wie  die  alveolaren  Vacuolen  des  Endosarks)  kleine 
Körner  mit  Molecularbewegung  einschliessen. 

Die  aufgenommene  Nahrung  wird  in  Vacuolen  eingeschlossen  und 
meistens  ist  eine  mehr  oder  weniger  bedeutende  Menge  der  Beute  in 
Verdauung  in  einem  Knäuel  in  einer  gemeinsamen  Vacuole  vereinigt, 
welche  endlich  nach  aussen  berstet  und  ihren  Inhalt  entleert. 

Pseudopodien,  ähnlich  denen  von  Actinophrys,  relativ  kleiner  als 
bei  dieser  letzten  Art ;  der  Achsenfaden  geht  durch  das  Ectosark,  aber 
verbleibt  in  den  äusseren  Lagen  des  Endosarks,  ohne  in  das  Innere 
des  Körpers  einzudringen. 


—     53     — 

Durchmesser  0,150—0,300  mm. 

Diese  schöne  Art  ist  nicht  häufig  bei  Wiesbaden ;  ich  habe  sie  an 
zwei  Localitäten  aufgefunden,  bei  Beausite  und  bei  Schwalbach. 

Was  bei  Actinophaerium  beim  ersten  Anblick  auffällt,  ist  seine 
grosse  Aehulichkeit  mit  Actinophrys  sol,  eine  Aehnlichkeit ,  welche  so 
gross  ist,  dass  man  diese  Art  leicht  als  eine  normaler  Weise  coloniale  Form 
dieser  letzteren  ansehen  könnte.  Die  Gründe ,  welche  für  diese  An- 
sicht sprechen,  wären  die  folgenden: 

1.  Die  Pseudopodien  von  Actinosphaerium,  welche  völlig  ähnlich 
sind  denen  von  Actinophrys,  sind  ebenwohl  von  fast  gleicher 
wirklicher  Grösse,  das  heisst  einer  relativ  viel  geringeren  Grösse 
im  Yerhältniss  zum  Volumen  des  Thieres;  sie  treten  nicht  bis 
in's  Innere  des  Körpers,  was  natürlich  ist,  da  das  innere  Plasma 
alle  Glieder  der  Colonie  in  einem  einzigen,  sehr  voluminösen 
Endosark  vereinigt. 

2.  Die  Kerne,  von  derselben  Grösse  und  Gestalt  wie  bei  Actinophrys, 
sind  immer  zahlreich ,  was  schon  ein  normales  Vorkommen  bei 
Heliozoen  ist,  und  ihre  Zahl  ist  um  so  beträchtlicher,  je  nach- 
dem das  Thier  selbst  an  Grösse  wächst. 

3.  Die  contractilen  Blasen  sind  immer  recht  zahlreich,  wenn  auch 
weniger  als  die  Kerne. 

4.  Ich  habe  bei  Actinophrys  beobachtet,  dass,  wenn  ein  Keagenz 
(vielleicht  Carmintinctur)  das  Thier  zu  tödten  im  Begriff  steht, 
das  Endosark  sich  plötzlich  zu  einer  zusammenhängenden  Kugel 
zusammenzieht,  vollständig  geschieden  vom  Ectosark,  welches  sich 
seinerseits  loslöst,  und  wenn  man  an  zwei  vereinigten  Indivi- 
duen operirt,  bilden  sich  zwei  solcher  Kugeln,  welche  deutlich 
getrennt  sind;  das  nämliche  tritt  bei  Actinosphaerium  ein,  aber 
an  Stelle  einer  einzigen  Kugel  bildet  sich  eine  beträchtliche 
Anzahl  wohl  von  einander  geschiedener. 

Auf  der  anderen  Seite  ergibt  sich  als  einzige  auffallende  Ver- 
schiedenheit zwischen  Actinosphaerium  und  den  Colonieen  von  Acti- 
nophrys, dass,  während  die  letzteren  in  ihren  Umrissen  ungleich  sind 
und  die  Thiere  regellos  aneinander  geheftet  sind,  indem  man  jedes 
Thier  für  sich  äusserlich  hervortreten  sieht,  bei  Actinosphaerium  die  ganze 
Masse  gleichmäfsig  sphärisch  erscheint  und  dass  das  vacuolenhaltige 
Ectosark  eine  weit  grössere  Regelmäfsigkeit  zeigt,   als  bei  Actinophrys. 


—     54     - 

Da  es  auf  der  anderen  Seite  bekannt  ist,  dass  Actinospliaerium 
allmählich  wächst  und  dass  seine  Kerne  sich  langsam  in  Folge  eines 
Theilungsvorganges  an  Zahl  vermehren,  so  darf  man  die  Eigenthümlich- 
keit  von  Actinospliaerium  nicht  in  der  einfachen  Vereinigung  von  Indi- 
viduen suchen,  welche  vorher  getrennt  gelebt  haben,  sondern  man  kann 
sich  vielmehr  die  Sache  so  erklären,  dass  Actinosphaerium  Eichhorni 
eine  selbstständige  Species  ist,  indess  von  Actinophrys  herstammend  und 
vielzellig,  das  heisst  eine  X^olonieform  darstellend,  die  in  ihrer  Ent- 
Wickelung  fixirt  ist  und  bei  welcher  jedes  Individuum,  welches  aus 
einer  Theilung  entsteht,  ein  integrirender  Bestandtheil  des  mütterlichen 
Thieres  bleibt. 

Wenn  diese  Hypothese  der  Wirklichkeit  entspräche,  so  hätten  wir 
hier  eine  ähnliche  Erscheinung,  wie  sie  bei  einigen  Colonieen-bildenden 
Radiolarien  (Collozoum ,  Sphaerozoum)  vorkommt ,  wo  die  Functionen 
eines  jeden  Individuums  im  Besonderen  die  ganze  Allgemeinheit  an- 
gehen und  welche  in  gewisser  Art  vielzellige  Organismen  darstellen. 

Actiiiolophus  capitatus,   spec.  nov. 
Fig.  11. 

Körper  sphärisch  oder  leicht  ellipsoid ,  blaugrün ,  erfüllt  mit 
runden  glänzenden  Kugeln  und  von  einer  sehr  dicken  schleimigen  und 
vollkommen  hyalinen  Hülle  umgeben.  Das  Thier  sitzt  auf  einem  hellen 
chitinösen  Stil,  welcher  zwei-  bis  dreimal  so  lang  ist  als  der  Körper 
und  sich  mit  einer  seiner  Enden  auf  einer  Unterlage  stützt,  mit  der 
anderen  auf  der  Oberfläche  der  schleimigen  Hülle,  in  welche  er  nicht 
eindringt. 

Pseudopodien  lang,  nicht  sehr  zahlreich  (10  bis  15),  leicht 
granulirt,  gerade,  oder  im  Gegentheil  gelenkig  und  sich  nach  Belieben 
zurück-  und  einziehend;  sie  sind  an  ihrer  Spitze  mit  einem  kleinen 
abgerundeten  hyalinen  Köpfchen  versehen  und  treten  mit  dem  anderen 
Ende  in  das  Innere  des  Körpers  ein,  nachdem  sie  die  schleimige  Hülle 
durchbrochen  haben.     Sie  scheinen  des  Achsenfadens  zu  entbehren. 

Kern  exentrisch,  rund,  beim  lebenden  Thiere  unsichtbar,  auf  Ein- 
wirkung von  Carmin  hervortretend;  er  ist  in  einen  helleren  Endosark 
eingebettet.  Contractile  Blase  ziemlich  gross,  sehr  träge,  aber  regel- 
mäfsig  schlagend  unter  der  schleimigen  Hülle. 

Durchmesser:  0,030mm  ohne  den  Stil. 


—        DO       

Ich  habe  nur  ein  Exemplar  dieser  Art  in  einem  Bache  l)ei  Schwal- 
bach aufgefunden,  aber  ich  habe  es  lange  genug  beobachten  können. 
Der  Stil  ist  durchsichtig  oder  leicht  grünlich,  fest  und  widersteht  lange 
der  Einwirkung  von  Schwefelsäure ,  die  schleimige,  vollständig  durch- 
sichtige Zone  würde  unsichtbar  sein  ohne  die  Anwesenheit  von  Staub- 
theilchen,  die  ihr  anliegen,  und  des  Stils,  welcher  sich  plötzlich  an  sie 
ansetzt,  ohne  einzudringen.  Die  Pseudopodien  erinnern  sonderbarer 
Weise  an  die  der  Acineten  und  sind  die  Ursache,  dass  ich  lange  Be- 
denken getragen  habe,  dieses  Thier  als  eine  Heliozoe  zu  betrachten; 
indessen  der  Stil,  welcher  dem  von  Clathrulina  elegans  analog  ist,  dann 
der  excentrische  Kern  und  endlich  die  Thatsache,  dass  F.  E.  Schulze 
unter  dem  Namen  von  Actinolophus  einen  Organismus  beschrieben  hat, 
welcher  die  grösste  Verwandtschaft  mit  dem  vorhergehenden  hat,  das 
Alles  bestimmte  mich,  hier  von  der  Art  zu  sprechen,  w-elche  ich  selbst 
aufgefunden  habe ,  obwohl  ich  zu  der  Ansicht  neige ,  sie  als  eine  Art 
sehr  merkwürdigen  Ueberganges  zwischen  den  Heliozoeen  auf  der  einen 
und  den  Acineten  auf  der  anderen  Seite  zu  betrachten.  Keinenfalls  ist 
sie  Actinolophus  pedunculatus  von  Schulze,  welche  birnförmig,  mit 
einem  weit  dickeren  Stil  versehen  ist  und  im  Einklänge  mit  ihrem 
marinen  Leben  keine'  contractile  Blase  besitzt. 

Litliocolla  globosa^  F.  E.  Schulze. 
Fig.  12. 

Körper  klein,  eingehüllt  in  eine  Lage  von '  Scbleim ,  welche  auf 
ihrer  Oberfläche  eine  Umhüllung  von  kleinen  Quarztheilchen  trägt. 

Contractile  Blase  normal.  Lnieres  Plasma  öfters  erfüllt  mit  Nah- 
rungstheilchen  und  vielleicht  mit  Pseudochlorophj-ll.  Pseudopodien  hyalin, 
ein  wenig  körnig,  relativ  kurz,  zahlreich,  mittelst  deren  das  Thier  sich 
rasch  vorwärts  bewegt,  indem  es  wie  eine  Kugel  sich  dreht. 

Durchmesser:  0,025 — 0,035  mm. 

Diese  kleine  Form  ist  selten;  ichjiabe  sie  bei  verschiedenen  Ge- 
legenheiten gesehen  und  jedesmal  in  wenig  zahlreichen  Individuen.  In 
einer  der  Lachen  waren  die  Individuen  an  Stelle  der  eckigen  Quarz- 
fragmente mit  dicken,  glänzenden  und  amorphen,  aber  nicht  eckigen 
Schüppchen  besetzt,  welche  vom  Thiere  selbst  gebildet  zu  sein  schienen. 

Unter  den  Individuen,  w^elche  in  dieser  letzteren  Form  erschienen^ 
beobachtete  ich  eines,  welches  seine  Umhüllung  ganz  verloren  hatte. 


—     56     — 

Lithocolla  globosa  wurde  von  F.  E.  Schulze  in  der  Ostsee  ge- 
funden; Bütscbli  citirt  sie  unter  den  Arten,  deren  Stellung  unter  den 
Heliozoeen  zweifelhaft  ist.  Möglicher  Weise  ist  die  von  mir  gefundene 
Form  nicht  völlig  identisch  mit  der  von  Schulze,  indess  habe  ich 
keinen  genügenden  Grund  zur  Trennung  gefunden. 


Heterophrys  teuella,  spec.  nov. 

Fig.  13  und  14. 

Körper  sehr  klein,  hellbläulich,  mit  zarter  Umhüllung,  bedeckt  von 
einer  Lage  von  sehr  feinen  Flittern  und  Körnern,  unter  welchen  zahl- 
reiche radiäre  Fäden   hervortreten,    die   in   die  Masse  eingesenkt  sind. 

Pseudopodien  lang,  fein,  punktirt.  Der  Körper  zeigt  eine  wohl 
ausgeprägte  Differenzirung  und  ein  Ectosark  voll  von  Körnern  und  ein 
exentrisches  helleres  Entosark,  welches  einen  blassen  Kern  umschliesst. 

Contractile  Blase  normal,  öfters  zwei  im  Ectosark. 

Durchmesser:   0,015 — 0,020mm. 

Man  ist  noch  nicht  ganz  im  Reinen  über  die  Natur  der  Umhüllung 
bei  dem  Genus  Heterophrys,  eine  Umhüllung,  die  einen  sehr  feinen 
Filz  darstellt,  welcher  mit  Fäden  und  Punkten  durchsetzt  ist.  Obwohl 
ich  hierüber  keine  völlig  abschliessenden  Untersuchungen  gemacht  habe, 
so  bin  ich  doch,  wie  vor  mir  schon  Hertwig  und  Lesser,  der  Ansicht, 
dass  die  Bekleidung  von  Heterophrys  kieselhaltiger  Natur  ist. 

Man  hat  zwei  Arten  von  Heterophrys  beschrieben ;  Het.  myriopoda, 
Archer  und  Het.  marina,  Hertwig  und  Lesser,  welche  beide  viel 
grösser  als  die  von  mir  gefundene  Art  sind. 


Pompliolyxoplirys  exigiia^  Hertwig  und  Lesser. 

Fig.  15. 

Körper  klein,  kugelig,  aber  zu  grossen  Veränderungen  geneigt,  be- 
deckt mit  einer  Umhüllung  von  abgerundeten,  kieselhaltigen,  ausserordent- 
lich kleinen  Körnern  (0,0005  mm?),  welche  auf  verschiedene  Lagen  ver- 
theilt,  aber  von  einander  frei  sind  und  manchmal  um  die  Basis  der 
Pseudopodien   aufsteigen.     Pseudopodien  lang  und  frei,  punktirt. 

Contractile  Blase  normal ,  gross ;  zuweilen  existiren  deren  zwei. 
Trennung  von  Ectosark  und  Endosark  undeutlich.     Kern  (?) 


—     57     — 

Ich  habe  von  dieser  Art  nur  ein  einziges  Individuum  beobachten 
können,  welches  indess  recht  wohl  mit  Pomi)holyxophrys  exigua  von 
Hertwig  und  Lesser  übereinstimmt;  der  Körper  war  ausgefüllt  mit 
Nahrung  in  Verdauung,  welche  verhinderte,  den  Kern  zu  sehen. 

ßapliidioplirys  pallidii,  F.  E.  Schulze. 
Fig.  16  bis  18. 

Körper  gross ,  blass  mit  grauweissem ,  granulirtem  Plasma ,  ohne 
bestimmte  Abgrenzung  in  Endosark  und  Ectosark.  Die  Bekleidung 
besteht  in  grossen  kieseligen  Nadeln,  welche  an  beiden  Enden  zuge- 
spitzt, zahlreich,  tangential  zur  Membran  gelegen  und  mit  der  Con- 
vexität  ihrer  Krümmung  immer  gegen  das  Centrum  des  Thieres  ge- 
richtet sind,  oder  in  Abständen  sich  auf  einer  Verlängerung  des  Plasma's 
erheben,  so  dass  sie  der  Umhüllung  eine  Sternform  geben. 

Pseudopodien  sehr  lang,  starr,  granulirt. 

Contractile  Blase  gross;  zuweilen  sieht  man  eine  zweite. 

Durchmesser:  0,050 — 0,060  mm  ohne  die  sternförmigen  Verlän- 
gerungen. 

Ich  habe  auch  von  dieser  Art  nur  ein  einziges  Individuum  beob- 
achtet, welches  ich  im  grossen  Weiher  des  Curhauses  gefunden  habe; 
sein  Plasma  war  bedeckt  mit  glänzenden  Körnern  (Excretkörner,  amj'lum) 
und  Nahrungskörnern,  welche  den  Kern  zu  sehen  verhinderten.  Nach 
Einwirkung  von  Carmin  auf  das  Thier  sah  ich  vier  oder  fünf  kleine 
Kerne,  welche  sich  sofort  färbten,  in  dem  Plasma  von  einer  Seite  zur 
anderen  vertheilt  erscheinen,  die  gewöhnliche  Erscheinung  derjenigen  der 
Heliozoen  darstellend. 

Die  Nadeln  sind  sehr  gross  (10 — 15  Mikromillimeter  und  mehr); 
in  bestimmten  Entfernungen  sammeln  sie  sich  zu  regulären  Bündeln, 
welche  um  das  Thier  Strahlen  bilden,  deren  Länge  die  des  ganzen 
Körpers  übertreffen  kann ;  es  schien  mir ,  als  ob  diese  Strahlen  nichts 
zu  thun  hätten  mit  den  gewöhnlichen  Pseudopodien,  um  welche  die 
Nadeln  sich  angesammelt  hätten. 

Da  es  bekannt  ist,  dass  die  Nadeln  bei  dem  Genus  Raphidiophrys 
unter  sich  verschiedene  Anordnungen  je  nach  den  Individuen  und  viel- 
leicht von  einem  Augenblick  zum  anderen  bei  demselben  Exemplare 
bilden  können,  so  glaube  ich  das  von  mir  beobachtete  Thier  nicht  von 
Raphidiophrys  pallida  von  Schulze  trennen  zu  dürfen,  wenn  auch  das 


—     58     — 

letztere  keine  eben  so  lange  sternförmige  Verlängerungen  hat  und  die 
von  Schulze  gegebene  Figur  nur  einen  Kern  zeigt;  indess  ist  es  sehr 
wahrscheinlich,  dass  bei  dem  Individuum,  welches  ich  selbst  gesehen 
habe,  die  kleinen  Kerne  aus  einer  Theilung  eines  einzelnen  Kernes 
hervorgingen,  wie  dies  sich  öfters  bei  den  Rhizopoden  im  Allgemeinen  zeigt. 
Ich  glaube  nicht,  dass  bei  dem  Genus  Rhaphidiophrys,  ebenso  wie 
bei  Heterophrys  und  anderen  Heliozoen  (Pompholyxophrys ,  Diplo- 
cystis  u.  s.  w.)  die  Nadeln  in  eine  völlig  schleimige  Masse  versenkt 
sind,  wie  dies  Archer  behauptet,  sondern  ich  möchte  mich  der  An- 
sicht Schulze 's  anschliessen,  welcher  annimmt,  dass  die  Nadeln  durch 
ein  sehr  zartes  Plasma  vereinigt  werden,  welches  durch  die  Substanz 
der  Basis  der  Pseudopodien  gebildet  wird,  das  sich  nach  rechts  und 
links  ausbreitet. 

Rhaphidiophrys  elegans^  Hartwig  und  Lesser. 
Fig.  19. 

Körper  sphärisch,  hell,  mit  deutlicher  Trennung  in  ein  gewöhnlich 
von  Körnern  und  Nahrungsballen  erfülltes  Ectosark  und  ein  mehr 
flüssiges  excentrisches  Endosark.  Die  Bekleidung  besteht  in  gebogenen, 
feinen,  kieseligen  Nadeln,  welche  viel  kleiner  sind  als  bei  der  vorher- 
gehenden Art,  und  welche  auf  einander  regellos  oder  in  gewisser  Ord- 
nung folgen,  aber  ohne  regelmäfsige  Verlängerungen  zu  bilden. 

Pseudopodien  sehr  lang,  starr,  granulirt  mit  Achsenfäden,  Avelche 
oft  bis  in  die  Mitte  des  Körpers  sichtbar  sind,  wo  sie  sich  vereinigen, 
einen  kleinen  hellen  Fleck  bildend. 

Kern  gross,  excentrisch,  im  Endosark.  Contractile  Blase  normal, 
im  Ectosark ;  oft  sieht  man  deren  zwei. 

Durchmesser:  0,025  —  0,040mm. 

Diese  Art  ist  viel  kleiner  als  die  vorhergehende,  ich  habe  sie  ver- 
schiedentlich aufgefunden ,  aber  sie  ist  im  Ganzen  selten.  L  e  i  d  y  hat 
sie  als  gewöhnlich  in  Colonieen  lebend  beschrieben ,  ich  habe  nur  Einzel- 
individuen gesehen. 

Piiiacocystis  ruMcimda,  Hertwig  und  Lesser. 

Fig.  20  und  21. 

Körper  röthlich,  völlig  sphärisch,  indess  im  Stande  sich  leicht  gegen 
ein  Hinderniss  abzuplatten,  um  sehr  schnell  die  rundliche  Gestalt  wieder 
anzunehmen.      Membran  wird   gebildet   von   sich   berührenden   Schupp- 


—     59     — 

chen,  welche  kurz,  linsenförmig  und  in  einander  geschachtelt  sind  in 
vollkommener  Ordnung  (die  aufsteigende  Parthie  einer  Schuppe  ist  regel- 
mäfsig  zwischen  die  zugespitzten  Enden  von  zwei  anderen  eingefügt), 
so  dass  eine  continuirlich  erscheinende  Umhüllung  gebildet  wird. 

Keine  radiären  Nadeln,  aber  die  Umhüllung  ist  bedeckt  mit  einer 
feinen  Lage  von  hellem,  gezacktem  Plasma. 

Pseudopodien  sehr  lang,  ein  wenig  granulirt  und  sehr  zahlreich, 
sehr  lebendig  in  ihren  Bewegungen.  Plasma  sehr  bestimmt  differenzirt 
in  ein  Ectosark  von  ziegelrother  Farbe ,  welches  gewöhnlich  mit  Kör- 
nern und  Nahrungsballen  erfüllt  ist,  und  in  ein  Endosark,  welches  hell 
und  excentrisch  ist  und  einen  blassen  Kern  enthält*). 

Contractile  Blase  gross  im  Ectosark.  Durchmesser  0,035  mm.  Ich 
habe  nur  einige  Exemplare  dieser  Art  im  grossen  Curhausweiher  ge- 
funden. Die  Bewegungen  des  Thieres  w^aren  die  raschesten,  die  ich  bei 
irgend  welchen  Heliozoen  (ausser  Artodiscus  saltans)  beobachtet  habe 
und  vollzogen  sich  in  der  gewöhnlichen  Weise,  indem  das  Thier  wie 
eine  Kugel  rollte. 

Acanthocystis  turfacea,  Carter. 

Fig.  22  bis  26. 

Körper  rund,  grünlich  oder  bläulich,  umgeben  von  einer  aus  sich 
berührenden  kleinen,  dicken,  linsenförmigen,  kieselhaltigen  Schüppchen 
bestehenden  Umhüllung,  welche  in  regelmäfsiger  Ordnung  aufgereiht 
sind,  so  dass  sie  eine  zusammenhängende  Membran  darstellen :  zwischen 
diese  Schüppchen  treten  Nadeln  von  zweierlei  Art  ein,  von  denen  die 
einen  stark,  lang,  ausgehöhlt  und  an  der  Spitze  mit  einer  Furche  oder 
Gabel,  am  Grunde  mit  einer  abgeplatteten  Verdickung  in  Form  eines 
Nagels  versehen,  die  anderen  sehr  fein,  relativ  kurz  und  der  Spitze  breit 
gegabelt  s\nd. 

Das  Plasma  ist  gewöhnlich  deutlich  in  ein  dickes,  granulirtes, 
öfters  mit  Excretionskörnern  oder  Stärkemehl  und  manchmal  mit  Pseudo- 
chlorophyll  erfülltes  Ectosark  und  in  ein  excentrisches ,  helleres,  einen 
grossen  Kern  einschliessendes  Endosark  getheilt. 

Contractile  Blase  gross,  im  Ectosark,  bisweilen  mehrere.  Pseudo- 
podien sehr  lang,   granulirt,    mit  Achsenfäden,    welche    bis  in's  Innere 


*)  Dieser  Kern    selbst   ist   excentrisch   im  Endosark,    wie    dies   bei  allen 
Heliozoen  der  Fall  ist,  wo  das  Endosark  nicht  central  ist. 


—     Co- 
des Körpers   gehen;    Bewegungen   gewöhnlich   schnell.  —  Durchmesser 
0,030—0,040  mm,  ohne  die  Nadeln. 

Diese  schöne  Art  ist  in  der  Umgebung  von  Wiesbaden  nicht  selten; 
ihre  schalige  Umhüllung  ist  sehr  verschieden  und  die  Beschreibung, 
welche  ich  davon  gegeben  habe,  bezieht  sich  nur  auf  die  tjq^ische  Form. 
Bald  trifft  man  nur  eine  Sorte  von  sehr  zahlreichen  Nadeln,  welche  an 
der  Spitze  gegabelt  sind,  bald  sind  die  grossen  Nadeln  sehr  fein,  und 
breit  gegabelt  wie  die  kleinen ,  bald  ist  der  Körper  mit  Nadeln  der 
letzteren  Art  bedeckt,  aber  in  sehr  wechselnder  Länge,  oder  aber  man 
trifft  hier  sehr  grosse  Verschiedenheiten,  lange,  mäfsig  grosse  und  kurze ; 
endlich  mangelt  die  Gabelung  den  grossen  Nadeln  oder  ist  im  Gegen- 
theil  sehr  deutlich,  aber  dick,  von  einem  matten  Blau  und  scheint  an 
das  Ende  eines  glänzenden  cylindrischen  Stengels  angeheftet.  Setzt  man 
ein  Skelett  von  Acanthocystis  surfacea  der  Glühhitze  aus,  so  bleibt  der  Stengel 
vollständig  bestehen  und  man  sieht  ihn  von  einer  braunen  Achsenlinie 
durchsetzt,  aber  der  Kopf,  ebenso  wie  die  Basis  in  der  Form  eines 
Nagelkopfes,  sind  verschwunden,  als  wenn  die  Kieselsäure  sich  noch 
nicht  genügend  abgesetzt  hätte,  um  die  Enden  solide  zu  machen. 

Die  allgemeine  Färbung  des  Thieres  ist  von  einem  bläulichen 
Grün,  namentlich  wenn  es  von  vegetabilischer  Nahrung  erfüllt  ist,  öfters 
ist  die  innere  Schleimzone  von  einem  schönen  Gelb ;  es  ist  möglich, 
dass  die  Brechung,  welche  von  den  Schüppchen  und  den  Kieselnadeln 
hervorgebracht  wird,  eine  gewisse  Bolle  bei  der  Färbung  bildet. 

Manchmal  sind  einige  Individuen  sehr  blass ;  andere  Male  schliessen 
sie  im  Gegentheil  Körper  eines  schönen  Saftgrüns  in  sich  ein,  welche 
den  Kugeln  von  Pseudochlorophyll  ähnlich  sind,  die  man  bei  Diffiugia 
und  bei  anderen  Bhizopoden  findet  und  welche  vielleicht  niedere  Algen 
darstellen,  die  mit  Acanthocystis  in  einer  Art  Symbiose  zusammenleben. 

Acaiitliocjstis  aculeata^  Hertwig  und  Besser. 

Fig.  27  bis  29. 

Körper  vollkommen  kugelig ,  sich  selten  verändernd,  eingehüllt  in 
eine  Hülle  von  discoidalen  Schuppen,  welche  sehr  regelmäfsig  angeordnet 
sind  und  öfters  in  mehreren  Lagen,  so  dass  sie  eine  mehr  oder  weniger 
dicke  gleichmäfsige  Membran  darstellen,  gewöhnlich  in  grünlicher  Farbe. 

Diese  Umhüllung  ist  von  starken,  radiären  Nadeln  durchsetzt,  die 
nicht  sehr  lang  (^/.  —  ^/g  des  Körperdurchmessers)  sind,    gerade,   zuge- 


—     61     — 

spitzt,  am  Grunde  steckiiadelkopfartig ,  und  welche  durch  ihre  Vereini- 
gung eine  sehr  feste  Bewaffnung  von  Stachehi  bilden. 

Das  Plasma  ist  deutlich  in  ein  Ectosark  und  Endosark  getheilt; 
das  erstere  enthält  Körnchen  von  jeder  Art,  wie  auch  eine  oder  zwei 
contractile  Blasen  oder  noch  mehrere ;  das  zweite  ist  excentrisch,  heller 
und  enthält  einen  grossen  und  gewöhnlich  leicht  sichtbaren  Kern.  — 
Pseudopodien  sehr  lang,  granulirt,  Bewegungen  rasch.  —  Durchmesser : 
0,025—0,030  mm. 

Diese  Form  ist  in  der  Umgebung  von  Wiesbaden  nicht  selten; 
sie  scheint  Acanthocystis  aculeata,  Hertwig  und  Lesser  wohl  dar- 
zustellen, wiewohl  diese  Autoren  nicht  die  Verdickung  des  Grundes 
der  radiären  Nadeln  beobachtet  haben ,  welche  allerdings  sehr  häufig 
unter  den  sich  berührenden  Schüppchen  dem  Blick  verborgen  bleibt 
und  welche  man  nur  sieht,  wenn  das  Skelett  sich  loslöst.  Es  ist  mög- 
lich, dass  diese  Form  auch  derjenigen  entspricht,  welche  Leidy  auf 
den  Tafeln  seines  grossen  Werkes  (Freshwater  Khizopoda  of  North 
America)  abgebildet  hat,  ohne  ihr  einen  speciellen  Namen  zu  geben. 
(Acanthocystis  —  ?  with  short  pinlike  spines.) 

Acanthocystis  niyriospina^  spec.  nov. 

Fig.  30  bis  32. 

Kleine  Species,  mit  einer  Membran,  welche  aus  sich  berührenden 
Schüppchen  gebildet  wird,  denen  der  vorigen  Art  ähnlich,  indess  weniger 
stark,  gewöhnlich  in  zwei  oder  drei  Lagen  auf  einander  geschichtet  und 
mit  sehr  zahlreichen,  sehr  langen  (^/g  des  Körperdurchmessers,  öfters 
mehr),  sehr  feinen,  geraden  oder  auch  zuweilen  gewellten  radiären  Nadeln, 
um  die  Membran  eine  Art  gezackten  Strahlenkranzes  bildend.  Der  innere 
Körper  und  die  Pseudopodien  sind  denen  der  vorhergehenden  Art  ähnlich. 

Durchmesser:  0,020— 0,030  mm. 

Diese  Art  entspricht  vielleicht  derjenigen,  welche  Leidy  ohne 
speciellen  Namen  (Acanth.  —  ?  with  simple  spines)  in  seinen  Tafeln 
abgebildet  hat.  Sie  unterscheidet  sich  sehr  leicht  von  der  vorhergehen- 
den durch  ihre  langen,  sehr  feinen  und  Beträchtlich  zahlreichen  Nadeln, 
und  hat  nichts  zu  thun  mit  den  Arten,  deren  Beschreibung  folgen  wird. 
Ich  habe  sie  in  zahlreichen  Exemplaren  nahe  bei  Wiesbaden  in  ver- 
schiedenen stehenden  Wassern  gefunden.  Einige  Male  habe  ich  Exem- 
plare beobachtet,  welche  grossentheils  oder  im  Ganzen  ihre  Membran 
verloren  hatten  und  sich  nunmehr  nackt  befanden. 


—     62     — 

Acaiitliocystis  pectinata^  mihi. 

Fig.  33. 

Sehr  kleine  Art,  hedeckt  mit  einer  Umhüllung,  gehildet  von  ausser- 
ordentlich feinen  Schüppchen  oder  Flitterchen,  die  sich  herühren  und 
die  man  eher  erräth ,  als  .sieht  und  mit  radiären ,  sehr  kurzen  Nadeln 
(^/^  des  Durchmessers  des  Thieres  ungefähr),  welche  sehr  zahlreich  sind 
und  an  ihrer  Spitze  mit  einer  kleinen  Verdickung  oder  manchmal  mit 
einer  sehr  kurzen  Gahel  endigen,  regelmäfsig  eingepflanzt  sind  in  die 
Umhüllung  und  alle  zur  nämlichen  Höhe  gelangen.  Plasma  in  zwei, 
hisAveilen  sehr  deutliche  Lagen  getrennt,  öfters  undeutlich.  Kern  ex- 
centrisch,  im  Endosark.  Contractile  Blase  normal;  öfters  mehrere. 
Pseudopodien  lang,  granulirt,  sehr  fein. 

Durchmesser:  0,015 — 0,020  mm. 

Ich  habe  über  diese  Art  besondere  Studien  angestellt,  deren  Re- 
sultate ich  anderswo  veröffentlicht  habe;  ich  habe  bei  ihr  die  Erschei- 
nungen der  Conjugation,  Theilung,  Häutung  und  wahrscheinlich  innere 
Knospenbildung  beobachtet.  Die  Individuen,  welche  ich  beobachtet, 
fanden  sich  zu  Tausenden  in  einer  Flasche,  die  mit  Wasser  aus  einem 
Weiher  bei  der  Dietenmühle  im  Parke  von  Wiesbaden  gefüllt  war,  im 
Jahre  1888.  In  diesem  Jahre  habe  ich  nur  von  Zeit  zu  Zeit  ein  oder 
zwei  isolirte  Individuen  wiederfinden  können. 

Acantlioeystis  erinaceus,  mihi. 

Fig.  34. 

Kleine  Art,  von  bläulicher  Färbung ,  mit  einer  Membran ,  welche 
aus  sich  berührenden  Schüppchen  oder  kurzen  Stäbchen  gebildet  werden, 
die  in  einer  oder  mehreren  Lagen  vertheilt  sind  und  mit  feinen,  nicht 
sehr  langen  (^/^  des  Körperdurchmessers),  radiären  Nadeln,  welche 
pfriemenförmig  an  ihrer  Spitze  zurückgekrümmt  sind  und  an  ihrer  Basis 
in  Stecknadelkopfform  endigen. 

Plasma  und  Pseudopodien  wie  bei  den  vorhergehenden  Arten;  con- 
tractile Blase  öfters  mehrfach,  wenig  sichtbar.  Durchmesser:  0,015  bis 
0,025  mm.  Seitdem  ich  diese  Art  beschrieben  habe,  hatte  ich  Ge- 
legenheit, die  Figur,  welche  Perty  von  seiner  Acanthocystis  brevi- 
cirrhis  beschrieben,  zu  sehen,  Avelche  vielleicht  identisch  mit  Ac.  erinaceus 
ist;  indess  ist  diese  Figur  nicht  deutlich  genug,  um  daraus  bestimmte 
Sshlüsse  ziehen  zu  können. 


—     03     — 
Ac«iiitliocystis  albida,  mihi. 

Fig.  35. 

Diese  Art  zeigt  die  grösste  Verwandtschaft  mit  der  vorhergehenden, 
aber  statt  dass  jene  immer  eine  deutlich  bläuliche  Färbung  zeigt,  ist 
diese  weiss  oder  kaum  grauweiss;  ausserdem  sind  die  Nadeln  viel 
länger  (^/g  oder  noch  mehr  des  Körperdurchmessers) ,  sehr  gekrümmt 
und  ohne  jegliche  Ordnung  angeordnet,  wenn  auch  immer  in  die 
Membran  durch  eine  aufgequollene  Basis  eingeheftet. 

Das  Plasma,  die  contractile  Blase  und  die  Pseudopodien  sind  wie 
bei  der  vorhergehenden  Art ;  ich  habe  indess  nur  einmal  die  Achsen- 
fäden der  Pseudopodien  bis  in's  Centrum  des  Körpers  des  Thieres  ein- 
dringen sehen. 

Durchmesser:  0,020  — 0,025  mm. 

Diplocystis  gractlis,  gen.  nov.,  spec.  nov. 

Fig.  36  und  37. 

Körper  kugelig,  hell,  klein,  umgeben  von  einer  aschfarbenen  Um- 
liüllung,  in  w^elcher  eingebettet  sind:  1)  sich  berührende  Schüppchen, 
welche  fein,  halbmondförmig  und  mit  der  Convexität  nach  aussen  ge- 
richtet sind,  sehr  zahlreich  in  zwei  oder  drei  Lagen  vertheilt ;  2)  glän- 
zende, sehr  kleine  Kügelchen,  welche  zu  Tausenden  auf  der  Aussenseite 
der  weissen  Umhüllung  verbreitet,  w^ohl  von  einander  getrennt  sind  und 
zuweilen,  indess  sehr  wenig  hoch,  längs  der  Basis  der  Pseudopodien  aufstei- 
gend. Plasma  deutlich  getrennt  in  ein  granulirtes  Ectosark,  erfüllt  mit  glän- 
zenden Körnern,  Nahrungsballen  und  Chlorophyll  (Algen?)  und  einen 
ziemlich  grossen,  blassen,  bei  dem  lebenden  Thiere  schwer  sichtbaren 
Kern  einschliessend.  Pseudopodien  sehr  lang,  granulirt,  mit  Achsen- 
fäden, welche  durch  den  Körper  gehen  und  sich  in  einem  gemeinsamen 
Centrum  vereinigen.   —  Durchmesser:  0,030 — 0,035  mm. 

Ich  habe  leider  nur  ein  Individuum  dieser  Art  in  einer  Pfütze  bei 
Frauenstein  gefunden,  aber  ich  habe  es  lange  genug  verfolgt,  um  eine 
ausreichende  Diagnose  davon  zu  geben. 

Die  ganz  besondere  Natur  der  Membran  hindert  mich,  diese  Form 
mit  irgend  einer  der  bekannten  Genera  zu  vereinen;  ich  war  genöthigt, 
sie  auf  die  Acanthocystiden  unter  dem  Namen  eines  neuen  Genus  folgen 
zu  lassen. 


—     64     — 

Artodiscus  saltans,  gen.  nov.,  spec.  nov. 
Fig.  38  bis  42. 

Körper  röthlicli ,  sehr  klein  ,  sehr  plastisch ,  gewöhnlich  kugelig, 
aber  während  der  Vorwärtsbewegung  schnellen  und  continuirlichen  Ver- 
änderungen ausgesetzt,  welche  indess  niemals  so  weit  gehen,  als  bei 
den  Amöben.  Man  unterscheidet  ein  granulirtes,  mit  kleinen,  rothen 
Körnchen  erfülltes  Ectosark  und  ein  helleres,  excentrisches ,  nicht  sehr 
deutlich  differenzirtes  Entosark,  welches  einen  ebenfalls  excentrischen 
Kern  einschliesst ,  w^elcher  sehr  bleich  und  bei  der  Mehrzahl  der  Indi- 
viduen unsichtbar,  bisweilen  aber  sehr  deutlich  ist.  Contractile  Blase 
im  Ectosark,  klein. 

Das  Ectosark  ist  umhüllt  von  einer  Lage  eines  im  Allgemeinen  sehr 
feinen  und  bisweilen  -undeutlichen  Schleimes,  welcher  eine  Lage  sich  be- 
rührender, verlängerter  und  sehr  kleiner  Schüppchen  trägt,  die  sich 
öfters  dem  Blick  entziehen;  radiäre  Nadeln  finden  sich  nicht. 

Pseudopodien  sehr  wenig  zahlreich,  lang,  wenig  granulirt,  an  solche 
der  Amöben  erinnernd  (Amoeba  radiosa),  sehr  fein  an  der  Spitze  und 
ein  wenig  erweitert  an  der  Basis,  sehr  beweglich,  sich  rasch  von  rechts 
nach  links  wendend  und  die  Flüssigkeit  in  Bewegung  setzend  und  den 
Körper  des  Thieres  während  der  Bewegung  verlängernd,  indem  es  ihn 
alle  Artender  Veränderungen  eingehen  lässt.  Durchmesser:  0,015  bis 
0,020  mm. 

Icn  habe  diese  Art  im  Frühjahre  dieses  Jahres  bei  verschiedeneu 
Gelegenheiten  gefunden,  aber  immer  an  einer  und  derselben  Stelle 
(einer  überschwemmten  Wiese  nahe  der  Leichtweisshöhle).  Sie  ist  eine 
der  interessantesten  Arten,  die  ich  untersucht  habe;  die  Pseudopodien, 
welche  zu  gleicher  Zeit  an  die  der  Heliozoen  und  der  Amöben  erinnern 
und  selbst  an  wirkliche  Geissein  (mit  welchen  sie  indess  in  Wirklich- 
keit nichts  gemein  haben),  sind  von  einer  ausserordentlichen  Beweglich- 
keit und  vermöge  ihrer  läuft  das  Thier  mehr  als  es  kriecht,  tanzt 
lebendig  nach  allen  Seiten  hin  und  scheint  zuweilen  wirklich  zu  schwim- 
men in  eben  so  schneller  Weise  als  eine  Flagellate. 

Der  ausserordentlich  plastische  Körper  gleicht  einem  Stück  Teig, 
was  mich  bewogen  hat,  dem  Genus  den  Namen  zu  geben  (I^qioq,  Brod). 


—     65     — 

Tafel-Erklärung. 

Taf.  I  und  IL 


g.    1.     Ciliophrys  hyalina,  spec.  nova. 

2.  id.  Centraler  Kern  und  zwei  contractile  Blasen.    Eine  leere 

Diatomee  ist  ausgestossen.  Unten  amöboide  Verlängerung 
in  Form  einer  Pseudopodie. 

3.  id.  eine  grosse  Diatomee  gefangen  habend. 

4.  Ciliophrys  coerulea,  mihi. 

5.  id.  in  Bewegung.     Man  sieht  den  centralen  Kern,  eine  con- 

tractile Blase  und  eine  Vacuole,  Nahrungskörner  ent- 
haltend. 

6.  Actinophrys  sol,  Ehrenberg. 

7.  id.  Das  Thier  hat  eine  grosse  Diatomee  gefangen,  welche  es 

in  eine  sehr  grosse  Vacuole  eingeschlossen  hat. 

8.  Actinosphaerium  Eichhorni,  Ehrenberg.     Zahlreiche  Kerne;  zwei  Nah- 

rungsvacuolen,  von  denen  die  eine  Körner,  die  andere 
Diatomeen  enthält.  Man  sieht  5  contractile  Blasen,  4  an 
den  Eändern,  eine  nahe  der  Mitte  zur  Kechten. 

9.  id.  Zusammensetzung   einer  Pseudopodie,   mit  Achsenfaden 

und  Körnern,  welche  längs  der  Pseudopodie  wandern. 
Unten  einige  Vacuolen  mit  kleinen  Körnern  in  Molecular- 
bewegung. 

10.  id.  Plötzliches  Zurückziehen  der  Pseudopodien,  mit  Bildung 

von  Tröpfchen,  bei  Annäherung  eines  Reagenz. 

11.  Actinophrys  capitatus,  spec.  nov.    Das  Thier  ist  fixirt  auf  einem  Faden 

von  Spirogyra,  Das  Plasma,  erfüllt  von  grossen  glänzen- 
den Körnern,  zeigt  eine  contractile  Blase  und  einen  wenig 
entwickelten  Kern ;  zwei  der  Pseudopodien  sind  zurück- 
gezogen und  auf  der  äusseren  Schleimhülle  liegend. 

12.  Lithocolla   globosa,   F.  E.  Schulze.    Der  Körper  ist  voll   von  grüner 

Nahrung;  man  sieht  eine  contractile  Blase. 

13.  Heterophrys  tenella,  spec.  nov.    Hat  soeben  eine  runde  Alge  ergriffen. 

14.  id.  Dasselbe  Thier,  eine  zweite  Beute  ergreifend. 

15.  Pompholyxophrj^s  exigua  (?)  Hertwig  und  Besser.    Der  Körper  ist  von 

grüner  Nahrung  erfüllt.    Links  eine  contractile  Blase. 

16.  Piaphidiophrys  pallida,  F.  E.  Schulze. 

17.  id.  Theil     des    nämlichen    Lidividiums;     man     sieht    zwei 

Kerne. 

18.  id.  Nadeln  desselben  Lidividiums. 

Jahrb.  d.  nass.  Ver.  f.  Nat.    43.  5 


I 

Fig.  19.    Raphidiophrys  elegans  (?)  Hertwig  und  Lesser.    Em  Kern  und  zwei  ' 
contractile  Blasen.    Die  Achsenfäden  der  Pseudopodien 
sind  im  Begriff,  sich  im  Centrura  zu  vereinigen. 
„     20.     Pinacocystis  rubicunda.  Hertwig  und  Lesser. 

21.  id.  Detail    der   Umhüllung,    mit    einer    feinen   Lage    von 

zackigem  Plasma,  welches  die  Plättchen  bedeckt. 
„     22.    Acanthocystis  turfacea,  Carter.    Voll  von  glänzenden  Körnern.    Kern 
und  contractile  Blase. 

23.  id.  Details  (schematisch)  der  Umhüllung. 

24.  id.  Membran  einer  anderen,  mit  sehr  ähnlichen  Nadeln  und 

in  sehr  verschiedener  Grösse.  | 

25.  id.  Grosse  radiäre  Nadel  eines   erwachsenen  Individiums.  ' 

26.  id.  Grosse  Nadel  nach  Einwirkung  der  Glühhitze. 

„     27.  Acanthocystis  aculeata,   Hertwig  und  Lesser.    Thier,   eine  Beute   er- 
greifend. 

2S.  id.  Details  der  Umhüllung. 

29,  id.  Eine  der  radiären  Nadeln. 

„     30.  Acanthocystis  myriospina,  spec.  nov. 

31.  id.  Varietät  mit  radiären  gestreiften  Nadeln. 

32.  id.  Theil  eines  leeren  Skeletts,   dessen  Elemente  sich  ver- 

theilen. 

33.  Acanthocystis  pectinata,  mihi.     Kern,   contractile  Blase  und  Vacuole, 

Nahrungskörner  einschliessend. 

,     34.    Acanthocystis  erinaceus,  mihi. 

35.  Acanthocystis  albida,  mihi.    Ectosark,  erfüllt  mit  Stärkmehlkörnern. 

36.  Diplocystis  gracilis,  gen.  nov.  und  spec.  nov.     Man  sieht  die  Pseudo- 

podien  im  Centrum  zusammenfliessen.    Kern,  contractile 
Blase,  unten  zwei  grüne  Algen. 

37.  id.  Details  der  Umhüllung. 

„     38.     Artodiscus  saltans,  gen.  nov.,  spec.  nov. 

39,40,41.  id.  Veränderungen  desselben  Individiums  in  ungefähr  einer 

Minute. 
42.  id.  Pseudopodie,  wie  eine  Geissei  schlagend. 


CATALOG 


DER 


NACKTEN   UND   SCHALENTMGENDEN 
ßHIZOPODEN  VON  WIESBADEN. 


VON 


Dr.  PHIL.  EUGEN  PENARD 

(GENF). 


Aus  dem  Französischen  auf  Wunsch  des  Verfassers  übersetzt  von 
Dr.  A.  Pagenstecher. 


Vergangenes  Jahr  gab  ich  in  den  Jahrbüchern  des  Nassauischen 
Vereins  für  Naturkunde  eine  provisorische  und  kurze  Liste  der  Rhizo- 
poden,  welche  ich  in  der  Umgebung  von  Wiesbaden  gefunden  hatte. 
Nachdem  ich  mich  mit  den  gleichen  Studien  länger  abgegeben  und 
die  Literatur  sorgfältig  studirt  habe,  kann  ich  nunmehr  einen  vollständigen 
Catalog  geben,  welcher  vielleicht  in  diesem  Jahrbuche  einen  passenden 
Platz  erhält. 

Diese  Liste  umfasst  88  Arten  und  9  Varietäten,  was  einen  Begriff 
von  dem  Reichthum  der  Gegend  an  Rhizopoden  geben  kann.  Unter 
diesen  Arten  ist  ungefähr  die  Hälfte  neu ;  ein  übrigens  wenig  beträcht- 
licher Theil  der  letzteren  ist  bereits  von  verschiedenen  Beobachtern 
gesehen  und  zu  anderen  Formen  gestellt  worden,  von  denen  sie  meiner 
Ansicht  nach  absolut  zu  trennen  sind. 

Alle  diese  Rhizopoden  sind  in  -einer  Arbeit  beschrieben,  welche  im 
Laufe  dieses  Sommers  erscheinen  und  eine  Abtheilung  der  Memoires  de 
la  Societe  de  Physique  et  d'Histoire  Naturelle  de  Geneve   bilden  wird. 

Nackte  Rhizopoden. 

Vampirella  spirogyrae,  Cienkowsky. 

—  vorax,  id. 

—  radiosa,  mihi. 

—  agilis,  mihi. 
Gloidium  granuliferum,  mihi. 
Amoeba  proteus,  Leidy.  ^ 

—  Umax,  Dujardin. 

—  luteola,  mihi. 

—  undosa,  mihi. 

—  geminata,  mihi. 

—  angulata?  Mereschkowsky. 

—  striata,  mihi. 


—     70     — 

Amoeba  verrucosa,  Ehrenberg. 

—  spatula,  mihi. 

—  radiosa,  Ehrenberg. 

—  guttula,  Duj ardin. 

—  gracilis,  mihi. 

—  vestita,  mihi. 
Amphigonella  violacea,   Greeff. 


Schalentragende  RMzopoden. 

Cochliopodium  bilimbosum,  Leidy. 

—  granulatum,  mihi. 

—  obscurum,  mihi. 
Difflugia  pyriformis,  Perty. 

—  id.         var.  nodosa,  Leidy. 

—  id.         var.  vas,  Leidy. 

—  id.         var.  linearis,  mihi. 

—  id.         var.  tenuis,  mihi. 

—  saxicola,  mihi. 

—  acuminata,  Ehrenberg. 

—  amphora,  Leidy. 

—  id.       var.  minor,  mihi. 

—  elegans,  mihi. 

—  bicornis,  mihi. 

—  Corona,  Wallich. 

—  globulosa,  Dujardin. 

—  marsupiformis,  Wallich. 

—  platystoma,  mihi. 

—  avellana,  mihi. 

—  fallax,  mihi. 

—  lucida,  mihi. 

—  lobostoma,  Leidy. 

—  arcula,  Leidy. 

—  constricta,  Ehrenberg. 
Centropyxis  aculeata.  Stein. 

—  id.       var.  ecornis,  Leidy. 

—  laevigata,  mihi. 


71 


Aredia  vulgaris,  Ehrenberg. 

—  id.       var.  aiigulosa,  Leidy. 

—  discoides,  Ehrenberg.  Leidy. 

—  hemisphaerica,  Perty. 

—  microstoma,  mihi. 

—  catinus  mihi. 
Nebela  collaris,  Leidy. 

—  longicollis,  mihi. 

—  lageniformis,  mihi. 

—  flabellutum,  Leidy. 

—  bigobbosa,  mihi. 

—  dentistoma,  mihi. 

—  bursella,  Vedjowsky. 
Hyalospheuia  papilio,  Leidy. 
Quadrula  symmetrica,  Schulze. 
Heleopera  rosea,  mihi. 

—  sylvatica,  mihi. 
Cryptodifflugia  oviformis,  mihi. 
Pseudodifflugia  hemisphaerica,  mihi. 

—  amphitrematoides,  Archer. 

Pamphagus  hyalinus,  Leidy. 

—  mutabilis,  Bailey. 
Plagiophrys  scutiformis,  Hertwig  und  Lesser. 

—  cylindrica  (?)  Claparede  und  Lachmann. 

—  gracilis,  mihi. 
Platomia  .  .  .  .  ? 

Cyphoderia  margaritacea,  Schlumberger. 

—  id.  var.  major,  mihi. 
Assulina  semilunum,  Leidy. 

'—       minor,  mihi. 
Euglypha  alveolata,  Dujardin. 

—  ciliata,  Leidy. 

—  strigosa,  Leidy. 

—  filifera,  mihi. 

—  cristata,   Leidy. 

—  compressa,  Carter. 

—  laevis,  Perty. 

—  id.      var.  minor,  mihi. 


72 


Euglypha  minima,  Perty. 
Sphenoderia  lenta,  Schlumberger. 

—  fissirostris,  mihi. 

—  dentata,  mihi. 
Trinema  enchelys,   Leidy. 

—  spinosum,  mihi. 

—  complanatum,  mihi. 

—  lineare,  mihi. 
Corythion  dubium,  Taranach. 

—  pulchellum,  mihi. 
Diplophrys  Archeri,  Barker. 
Pseudochlamys  patella  (?)  Clap.  und  Lachmann. 


ÜBER  EINIGE 


NEUE  ODER  WENIG   BEKANNTE 
PROTOZOEN. 


VON 


Dr.  PHIL  EUGEN  PENARD 

(GENF). 


HIERZU    TAFEL    III. 


\ 


J'  ♦  h 


Aus  dem  Französischen  auf  Wunsch  des  Verfassers  übersetzt  von 
Dr.  A.  Pagen  stech  er. 


Uie  Beobachtungen,  deren  Resultat  ich  nachstehend  geben  will, 
datireu  zum  Theil  aus  dem  Jahre  1889,  zum  Theil  aus  diesem;  sie 
betreffen  hauptsächlich  Flagellaten,  stets  sehr  kleine  Organismen,  welche 
verdienten,  besser  bekannt  zu  sein,  so  dass  jede  Erweiterung  unserer 
Kenntnisse  über  ihre  Physiologie  einige  Bedeutung  hat.  Unter  den  von 
mir  studirten  Arten  sind  einige  neue,  über  welche  ich  länger  sprechen 
will,  andere  sind  noch  wenig  bekannt  und  ich  werde  sie  erwähnen,  in- 
dem ich  einige  Details  zufüge,  welche  entweder  neu  oder  geeignet  sind, 
die  zweifelhaften  Punkte  ihrer  Organisation  zu  ergänzen;  noch  andere 
sind  besser  oder  vollständiger  studirt  und  ich  will  sie  nur  anführen. 
Bevor  ich  indess  die  Flagellaten  betrachte,  will  ich  wenige  Worte  über 
eine  Amöbe  sagen,  welche  ich  im  Mai  dieses  Jahres  bei  Wiesbaden 
gefunden  habe  und  welche  als  eine  der  interessantesten  dieses  Geschlechtes 
betrachtet  werden  darf. 

Anioeba  ambulacralis,  spec.  nov.*) 

Taf.  3.    Fig.  1  bis  4. 

Diese  Art  ist  klein,  sie  variirt  von  einem  Augenblick  zum  andern 
zwischen  0,020  und  0,030  mm;  die  Pseudopodien  nicht  mit  begriffen. 
Im  Zustand  der  Ruhe  ist  das  Thier  ziemlich  abgerundet,  in  Bewegung 
nimmt  es  beträchtliche  Veränderungen  an,^  indem  es  sich  auf  dem  Boden 
ausstreckt.  Das  Plasma  ist  klar,  sehr  fein  granulirt  und  von  einer  bläu- 
lich aschfarbenen  Färbung,  wie  bei  der  Mehrzahl  der  Rhizopoden. 

Dieses  Plasma  umschliesst  zahlreiche  kleine  und  glänzende  Excret- 
körner,  dann  einen  Kern,  welcher  dem  der  Rhizopoden  im  Allgemeinen 


*)  Ich  habe  nur  ein  Exemplar  dieser  n.  sp.  beobachten  können,  indess  sehr 
lange,  so  dass  ich  über  meine  Beobachtungen  sicher  sein  kann. 


—     76     — 

ähnlich  und  ziemlich  gross  mit  einem  grossen  blassen  Kernkörperchen 
ist ;  während  der  Bewegung  bleibt  der  Kern  relativ  unbeweglich,  indem 
er  stets  eine  fast  centrale  Lage  einhält.  Die  contractile  Blase,  welche 
recht  gross  werden  kann,  befindet  sich  wie  bei  allen  Amöben  vor- 
wiegend am  hinteren  Ende  des  Thieres ;  man  sieht  auch  oft  eine  zweite, 
bald  vor,  bald  hinter  dem  Kern ;  ausserdem  enthält  das  Plasma  eine 
grosse  Zahl  von  Vacuolen,  welche  immerwährend  an  Grösse  variiren, 
plötzlich  sich  dem  Blick  entziehen  und  sich  bald  wieder  bilden,  indem 
sie  die  Rolle  von  contractilen  Blasen  bilden. 

Bis  hierher  zeigt  Amoeba  ambulacralis  keine  besonderen  Eigen- 
schaften. Was  sie  aber  von  allen  anderen  Amöben  unterscheidet,  das 
sind  die  Pseudopodien.  Diese  letzteren,  linienförmig,  beinahe  fadenförmig, 
umschliessen  im  Allgemeinen  das  ganze  Thier,  aber  ohne  die  regel- 
mäfsige  strahlige  Anordnung  zu  zeigen,  wie  die  der  Heliozoen;  während 
der  Bewegung  pflegen  sie  sich  an  den  zwei  Enden  des  Körpers  zu  ver- 
einigen und  den  centralen  Theil  des  Thieres  nackt  zu  lassen.  Diese 
Pseudopodien,  von  gleicher  Breite  auf  der  ganzen  Länge,  sind  von 
mattem  aschfarbenem  Blau  und  zeigen  sich  bei  starker  Vergrösserung 
auf  ihrer  ganzen  Länge  mit  abwechselnden  wenig  ausgeprägten  Erweite- 
rungen und  Verengerungen  besetzt,  die  ihnen  einige  Aehnlichkeit  mit 
einer  Perlschnur  geben;  öfters  sind  sie  zweitheilig  und  anastomosiren 
zuweilen  an  ihrem  Grunde.  In  ihren  Bewegungen  zeigen  sie  sich  sehr 
eigenthümlich.  Sie  verändern  ihren  Platz  stets  im  umgebenden  Medium 
ganz  plötzlich  und  indem  sie  sich  um  ihren  Fixationspunkt  drehen,  und 
dies  so  schnell,  dass  sie  in  einer  halben  Secunde  einen  Kreisbogen  von 
100 — 120  Grad  (Fig.  la  bis  a')  beschreiben  können;  ausserdem  können 
sie  sich  mit  einer  ausserordentlichen  Geschwindigkeit  in  sich  selbst  zurück- 
ziehen und  in  dem  Plasma  verschwinden,  oder  im  Gegentheil  man  sieht 
sie  sich  nicht  weniger  rasch  (Fig.  3)  bilden,  indem  sie  sich  am  Ende 
verlängern.  Da  bei  der  in  Bewegung  befindlichen  Amöbe  eine  grosse 
Zahl  von  Pseudopodien  in  derselben  Zeit  in  Bewegung  sind,  so  ist  der 
Anblick  des  Thieres  im  Allgemeinen  der  eines  Seeigels,  welchen  man  über 
den  Boden  eines  Aquariumglases  kriechen  sieht,  und  dessen  Ambulacren 
sich  beständig  von  einem  Punkt  zum  andern  bewegen;  indess  sind  die 
Bewegungen  bei  den  Amöben  relativ  viel  schneller,  als  bei  dem  Seeigel. 

Ich  habe  nur  bei  dieser  Art  eine  so  ausgesprochene  Bewegung  der 
Pseudopodien  beobachtet;    sie    erinnert   an   das,    was   man   bei   einigen 


—     77     — 

Vampyrellen  sieht,  indess  zeigen  uns  der  charakteristische  Kern  und 
die  contractile  Blase,  dass  wir  es  hier  mit  einer  ausgesprochenen  Amöbe 
zu  thun  haben.  *) 

Mastigamoeba  siniplex,  S.  Kent. 

Fig.  5. 

Ich  habe  diese  Art  verschiedentlich  aufgefunden ;  sie  ist  eine  wirk- 
liche  Flagellate,    bemerkenswerth    durch   die   Gegenwart   einer   Geissei, 
welche  bei  der  Bewegung  stets  vorne  ist,  und  an  deren  Grund  sich  eine 
kleine  Vacuole  befindet,  welche  contractu  ist;  die  in  Bewegung  befind- 
liche Geissei  bewegt   sich  häufig  hinter  kleinen  Kügelchen  (Bacterien?) 
her,  welche  in  der  Vacuole  verschwinden,  die  dann  als  Schlund  functio- 
nirt,  von  wo  aus  sie  in  den  Körper  des  Thieres  verbracht  werden,  um 
dort  verdaut  zu  werden.     Ausserdem  kann  sie  sich  an  einer  beliebigen 
Stelle   des   Körpers    bilden,    wie   ich    bei   zwei    Gelegenheiten  Verlänge- 
rungen  in  der  Form  von   zwei  Pseudopodien  gesehen  habe,    welche  die 
in   ihrer   Nähe   befindliche   Beute   erfassten.      Die    hintere  Parthie    des 
Körpers   ist   beständig    in   beträchtlichen  Veränderungen   begriffen,    und 
beinahe   immer   in  Falten   und   abgeplatteten  Lappen    des  Protoplasmas 
ausgezogen,   zuweilen  werden   einer  oder  mehrere  dieser  Lappen  faden- 
förmig und  verändern  ihre  Lage  plötzlich  in  der  Flüssigkeit,  indess  ohne 
in  der  Art  eines  Flagellums  zu  schlagen.     Ausser  der  Vacuole  an  dem 
Grunde  der  Geissei  kann  sich  eine  contractile  Blase  bilden,  gewöhnlich 
vor  dem  Schwänze;    der  Kern   ist  relativ  central,    blass   und   dem   der 
Amöben   ähnlich.     Das  Plasma    enthält   häufig  Excretionskörner  in  Be- 
wegung, welche  indess  niemals  in  die  hinteren  Verlängerungen  eingehen. 
Die  Länge  des  Thieres  ist  ohne  die  Lappen  0,015—0,025  Millimeter. 

Dimorpha  mutans,  Gruber.**) 

Fig.  6  bis  9. 

Im  Jahre  1881   hat  Grub  er   die  Beschreibung   eines  Organismus 
gegeben,  der  dadurch  bemerkenswerth  ist,  dass  er  mit  dem  Besitz  zweier 

*)  Nach  zwei  oder  drei  Stunden  zog   das  beobachtete  Thier  alle  Pseudo- 
podien ein,  rollte  sich  in  eine  völlig  glatte  Kugel  zusammen  und  blieb  in  diesem 
Zustand  bis  zum  andern  Tage,  wo  ich  es  aus  dem  Auge  verlor. 
**)  Zeitschrift  f.  wissenschaftl.  Zoologie  Vol.  XXXVI. 


—     78     — 

Geissein  die  eines  Kranzes  von  Pseudopodien  vereinigt,  welche  denen 
der  Heliozoen  ähnlich  ist.  Dieser  Organismus,  welcher  seitdem  nicht 
wieder  gesehen  worden  war,  wurde  von  Bütschli  in  die  Familie  der 
Rhizomastigina  gestellt  und  an  die  Seite  des  Genus  Ciliophrys,  mit  welchem 
der  letzte  Autor  ihn  zu  identificiren  versucht  hatte. 

Ich  habe  diesen  selben  Organismus  zu  Wiesbaden  im  Frühling 
des  letzten  Jahres,  in  einer  überschwemmten  Wiese,  in  zahlreichen 
Exemplaren  gefunden;  indessen  habe  ich  sie  nur  kurze  Zeit  studiren 
können,  da  die  Thiere,  welche  meine  Gefässe  enthielten,  nach  einigen 
Tagen  abstarben  und  die  Wiese  (Schlittschuhweiher  im  Nerothal)  sehr 
rasch  austrocknete.  Meine  Beobachtungen  sind  indess  ausreichend,  um 
mir  die  Behauptung  zu  erlauben,  dass  Dimorpha  nichts  mit  dem  Genus 
Ciliophrys  zu  thun  hat  und  sie  bestätigen  zu  gleicher  Zeit  die  von 
Grub  er.  Wiewohl  nun  dieser  letzte  Beobachter  eine  viel  vollständigere 
Beschreibung  gegeben  hat,  als  die,  welche  ich  selbst  bieten  kann,  so 
wird  es  doch  nicht  ohne  Werth  sein,  diesem  Organismus  hier  einige 
Zeilen  zu  widmen. 

Der  Körper  der  Dimorpha  mutans  ist  im  Zustande  der  Ruhe  ge- 
wöhnlich sphärisch,  und  mit  einem  hyalinen  Ectosark  umgeben  mit  freier 
Contour,  welche  letztere  sogar  verdickt  zu  sein  scheint  zu  einer  doppelt 
contourirten  Membran;  im  Innern  dieser  hellen  Umhüllung  findet  sich 
gewöhnlich  eine  Zone,  welche  mit  hellen  glänzenden  blauen  kleinen 
Körnern  (Excretkörnern)  erfüllt  ist  und  welche  auch  Nahrungspartikel 
enthält;  man  sieht  in  ihr  gleicherweise  eine  contractile  Blase,  welche 
aus  der  Zone  der  Körner  in  das  hyaline  Ectosark  hineinragt,  aber  das 
letztere  nicht  heraustreibt.  Weiter  findet  sich  innerhalb  dieser  Zone 
ein  helles  Plasma  (Endosark),  gewöhnlich  von  Körnern  frei,  welches 
einen  centralen,  ziemlich  grossen,  fast  immer  sehr  klaren  und  schwierig 
sichtbaren  centralen  Kern  einschliesst,  welcher  das  characteristische  vesi- 
culäre  Aussehen  der  Kerne  der  Rhizopoden  und  der  Flagellaten  im  All- 
gememen  zeigt. 

Zwei  hyaline,  nicht  granulirte  Geissein  erheben  sich  an  der  Ober- 
fläche, welche  von  einem  Punkte  entspringen  und  sich  von  einander 
trennen.  Bei  der  Mehrzahl  der  von  mir  untersuchten  Individuen  habe 
ich  am  Grunde  der  Geissein  die  Gegenwart  einer  kleinen  Vacuole  nach- 
weisen können,  ähnlich  der,  welche  man  gewöhnlich  am  geichen  Platze 
bei  den  nackten  Flagellaten  (Oikomonas,  Mastigamoeba  etc.)  beobachtet, 


—     79     — 

welche  contractu  sein  kann  und  in  ^Yelclle  die  Geissein  wahrscheinlich 
kleine  Nahrungskörner  hinleiten.*) 

Weiter  ist  im  Zustande  der  Ruhe  der  ganze  Körper  bedeckt  mit 
einem  Kranze  von  pseudopodienähnlichen  Fäden,  welche  nach  allen 
Gegenden  des  Raumes  ausstrahlen,  ähnlich  denen  der  Heliozoen,  sehr 
fein  und  starr  sind  und  von  einer  sehr  verschiedenartigen  Länge,  welche 
das  4-  bis  5  fache  des  Durchmessers  des  Körpers  erreichen  kann,  und 
welche  auf  ihrer  ganzen  Länge  mit  hyalinen,  grösseren  und  glänzenderen 
Tröpfchen  bedeckt  sind,  wie  man  sie  an  den  Pseudopodien  der  Heliozoen 
beobachtet.  Diese  Tröpfchen  erschienen  mir  immer  um  so  grösser 
und  einander  genäherter,  als  die  Pseudopodien  weniger  lang  waren, 
was,  im  Hinblick  auf  ihr  schleimiges  Aussehen,  anzuzeigen  scheint,  dass 
sie  keine  festen  Granulationen  darstellen,  welche  auf  den  Pseudopodien 
sitzen,  sondern  Verdickungen,  welche  von  der  Substanz  der  Fäden  selbst 
gebildet  werden  und  deren  Verlängerung  oder  Verkürzung  zu  reguliren 
bestimmt  sind. 

Wie  ich  oben  gesagt  habe,  ist  es  wahrscheinlich,  dass  die  Geissein 
der  am  Grunde  gelegenen  Vacuole  kleine  Xahrungskörner  zuführen  (ich 
habe  es  nicht  direct  bewahrheiten  können,  aber  ich  habe  eine  dieser 
Vacuolen  Nahrungstheilchen  einschliessen  sehen) ;  aber  im  Uebrigen  kann 
das  Thier  durch  seine  ganze  Oberfläche  Beute  erfassen,  nach  der  Art 
der  Heliozoen,  indem  es  die  an  einen  Theil  des  Ectosarks  gelangte  Beute 
mit  einem  Lappen  von  einem  klaren  Plasma  umschliesst  und  es  in  das 
Innere,  in  eine  Nahrungsvacuole  eingeschlossen,  heranzieht.  Dies  habe 
ich  bei  verschiedenen  Untersuchungen  nachweisen  können  und  ich  habe 
ausserdem  gefunden,  dass  das  Thier  sehr  gefrässig  war,  indem  es  rasch 
eine  Beute  nach  der  andern  fasste. 

Die  Bewegung  kann  auf  zwei  Arten  vor  sich  gehen;  bald  ziehen 
die  radiären  Pseudopodien  das  Thier  langsam  an,  indem  sie  wie  die  der 
Heliozoen  functioniren,  bald  bewegen  es  die  Geissein  schneller,  indem 
sie  vor  dem  Körper  schlagen  (vielleicht  ist  alsdann  eine  einzige  Geissei 
der  bewegende  Theil?);  bei  dieser  letzteren  Art  der  Bewegung  zieht 
die  Dimorpha  vorher  allmählich  ihre  Pseudopodien  zurück;  ihr  Körper 
verlängert  sich  und  das  Thier  wird  einer  gewöhnlichen  Flagellate 
ähnlich. 


*)  Die  Gegenwart  dieser  Vacuole  am  Grunde  der  Geissein  ist  von  einiger 
Wichtigkeit;  Grub  er  scheint  sie  nicht  beobachtet  zu  haben. 


—     80     — 

Es  war  mir  niclit  möglich,  Beobachtung  über  Vermehrung  und 
Encystirung  bei  Dimorpha  zu  machen.  Die  Art  ist  sehr  klein,  indem 
sie  gewöhnlich  0,015—0,020  misst,  selten  mehr  und  oft  weniger. 

Peranema  graniilifera^  spec.  nov. 

Fig.  10  bis  13. 

Bei  mehreren  meiner  Streifzüge  und  zwar  wie  im  vergangenen  Jahre, 
so  im  letzten  Frühjahr,  hatte  ich  Gelegenheit  gehabt,  eine  Flagellate 
zu  Studiren,  welche  in  die  Familie  der  Peranemina  von  Bütschli  ge- 
hört und  welche  man  auch  sicher  als  eine  wahre  Parenema  betrachten 
kann;  indess  ist  sie  bedeutend  kleiner  als  Peranema  trichophorum, 
welche  nach  Bütschli  bis  jetzt  die  einzige  sichere  Repräsentantin 
dieses  Genus  ist  und  sich  in  gleicher  Weise  durch  andere  Charaktere 
unterscheidet,  welche  seine  Beschreibung  einbezieht.  Indess  habe  ich 
nicht  geglaubt,  sie  davon  trennen  zu  sollen,  da  die  systematische  Ein- 
theilung  der  Flagellaten  vereinfacht  zu  werden  verlangt.*) 

Dieses  Thier,  dessen  Länge,  die  Geissei  nicht  mitbegriffen,  kaum 
0,008—0,015  Millimeter  übersteigt,  besitzt  im  Allgemeinen  einen  1^2 
bis  2  mal  so  langen  als  breiten  Körper,  welcher  öfters  hinten  abgerundet 
und  vornen  zugespitzt  oder  schräg  abgestutzt  ist,  übrigens  ausserordent- 
lich wechselnd,  je  nach  den  Individuen  und  selten  beinahe  absolut  kuglig. 
Es  ist  auf  seiner  ganzen  Peripherie  mit  Granulationen  und  kleinen 
Theilchen  fremden  Ursprungs  bedeckt,*  welche  am  Ectosark  angeheftet 
sind.  Diese  Granulationen  sind  sehr  wechselnd  an  Grösse  je  nach  den 
Individuen,  indess  gewöhnlich  von  gleichem  Volumen  bei  einem  und 
demselben  Exemplar;  bald  sind  es  sehr  kleine,  hyaline,  aneinanderge- 
kettete  Körner,  bald  grössere,  grünliche  und  glänzende  Fragmente,  bald 
amorphe  Flecke  ohne  Ordnung  dem  Ectosark  eingepflanzt ;  nur  bei  zwei 
oder  drei  Individuen  unter  den  Hunderten,  welche  mir  vor  Augen  kamen, 
war  die  Membran  absolut  frei  von  Granulationen,  und  dieser  Fall  kann 
als  völlig  abnormal  gedeutet  werden. 

Wenn  diese  Granulationen  fehlen  oder  hell  genug  sind,  um  das 
Innere  des  Körpers  durchscheinen   zu  lassen,   so   kann   man  die  Gegen- 


*)  Die  200  Species,  welche  man  ungefähr  kennt,  sind  in  110  Genera  ein- 
getheilt,  und  da  sie  Bütschli  hier  unter  richtigem  Titel  aufführt,  wird  man 
wohl  thun,  nur  mit  der  äussersten  Vorsicht  an  die  Aufstellung  neuer  Genera 
zu  gehen. 


—     81     — 

wart  eines  Schlundes  constatiren,  welcher  am  Grunde  der  Geissei  sich  be- 
findet, einer  contractilen  Blase,  welche  dem  Schlünde  anliegt  und  sich  öfters 
mit  ihm  vereinigt,  glänzender  Excretkörner  und  eines  kleinen  Kernes, 
welcher  mehr  oder  weniger  central  oder  im  Gegentheil  ganz  hinten  liegt ; 
manchmal  existirt  eine  zweite  contractile  Blase  an  irgend  einem  Punkte 
des  Plasma;  aber  meistens  sind  alle  diese  Elemente  unsichtbar  durch 
die  Undurchsichtigkeit  der  granulösen  Umhüllung. 

Die  Geissei,  welche  immer  eine  einzige  ist,  hat  ungefähr  2^2  bis 
3  mal  die  Länge  des  Körpers,  und  ist  entsprechend  dick  im  Verhältniss 
zu  ihrer  Länge;  sie  ist  immer  voraus  bei  der  Bewegung,  und  schlägt 
dann  nur  an  ihrem  Ende,  ungefähr  vom  Beginn  ihres  vordem  Drittels, 
während  der  Rest  unbeweglich  bleibt ;  wenn  indess  der  Organismus  seine 
Richtung  ändern  will,  so  gibt  er  seiner  ganzen  Geissei  eine  vibrirende 
Bewegung  in  der  Längsrichtung,  welche  sich  schleichend  von  einem 
Ende  dieses  Fortsatzes  zum  andern  fortsetzt.  Fast  immer  kann  man 
an  der  Geissei,  und  besonders  nahe  ihrer  Basis,  und  auf  einer  Seite, 
die  Gegenwart  von  sehr  kleinen  Granulationen  bemerken,  welche  an  ihr 
befestigt  sind,  und  welche  mir  Bacterien  (?)  zu  repräsentiren  scheinen, 
welche  von  dem  Thier  während  seiner  Fortbewegung  ergriffen  wurden; 
indess  konnte  ich  diese  Granulationen  niemals  längs  der  Geissei  in  der 
Richtung  des  Mundes  gleiten  sehen. 

Der  Körper  ist  mehr  oder  weniger  ausgesprochenen  Veränderungen 
unterworfen,  welche  indess  immer  weniger  beträchtlich  sind,  als  bei 
Perauema  trichophorum,  einer  sehr  grossen  Art,  welche  beim  ersten 
Anblicke,  wie  ich  oben  sagte,  sehr  wenig  Verwandtschaft  mit  der  vor- 
hergehenden zeigt. 

Urceoliis  Alenitzini,  Mereschkowsky. 
Syn.   Phialoiiema  Cyclostomiim,   Stein. 

Fig.  14  bis  17. 

Ich  werde  diese  Art  nur  vorübergehend  erwähnen,  da  ich  nur  wenig 
von  ihr  zu  sagen  habe;  sie  ist  unter  den-Flagellaten  eine  der  grössten 
und  zeichnet  sich  durch  eine  sehr  beträchtliche  Contractilität  des  Körpers 
und  besonders  der  Mundregion  aus.  Bei  allen  von  mir  beobachteten 
Individuen  (30  bis  40)  war  bis  auf  eine,  deren  Cuticula  nackt  und 
deutlich  spiralig  gestrichelt  war  (Phialonema,  Stein),  die  Membran  auf 
ihrer  ganzen  Oberfläche  bis  auf  den  Hals  und  am  Munde,  mit  Plättchen 

Jahrb.  d.  nass.  Ver.  f.  Nat.    43.  g 


—     82     - 

und  Körnern  fremden  Ursprungs  bedeckt,  unter  welchen  ich  oft  Körner 
von  indigoblauer  Farbe  fand,  ähnlich  andern,  welche  zuweilen  frei  in 
der  Flüssigkeit  vorkommen.*) 

Innerhalb  dieser  Membran  habe  ich  manchmal  eine  klare  Linie  ge- 
sehen, welche  diese  Umhüllung  vom  inneren  Plasma  trennt ;  das  Plasma  ist 
öfters  vollgestopft  mit  glänzenden  Körnern  und  Nahrungsballen,  welche 
oft  grosse  Diatomeen  enthalten ;  es  existirt  auch  ein  grosser  Schlundkopf, 
eine  contractile  Blase  und  ein  grosser  meist  hinten  gelegener  Kern; 
indess  ist  es  selten,  dass  man  diese  Elemente  durch  die  Umhüllung 
gut  sieht. 

Petalomoiias  quadrilineata^  spec.  nov. 

Fig.  18  bis  21. 

Diese  Art  erinnert  beim  ersten  Anblick  ganz  besonders  an  Spheno- 
monas  quadrangularis  von  Stein,  da  sie  aber  an  Stelle  von  zwei 
Geissein  immer  nur  eine  besitzt  und  da  ausserdem  die  Vertheilung  der 
Leisten  nicht  mit  dem  übereinstimmt,  was  man  von  ihr  beschrieben  hat, 
so  muss  man  aus  ihr  eine  neue  Art  machen,  welche  sich  ohne  grosse 
Schwierigkeit  dem  Genus  Petalomonas  von  Stein  anschliessen  kann. 

Der  spindelförmige  Körper  ist  sehr  durchscheinend  und  zeichnet  sich 
besonders  durch  die  vier  vorspringenden  Leisten  aus,  welche  ihn  auf 
ganzer  Länge  durchziehen.  Die  Anordnung  dieser  Leisten  ist  sehr  schwer 
wohl  darzustellen;  nach  zahlreichen  Beobachtungen  bin  ich  dazu  ge- 
kommen, sie  auf  folgende  Weise  zu  erklären.  Wenn  man  sich  die  Figur 
eines  sehr  verlängerten  Achters  (8)  vorstellt,  mit  einer  Hälfte,  die  ein 
wenig  länger  ist  als  die  andere,  und  den  einen  seiner  Arme  in  einem 
volleren  S  und  auch  ein  wenig  grösser  als  den  anderen;  und  wenn 
man  sich  diese  Figur  dargestellt  denkt  durch  ein  eisernes  Band,  das 
am  Vereinigungspunkt  der  beiden  Hälften  beweglicher  ist  als  sonst  irgend- 
wo, und  wenn  man  nun  dieses  Band  umdreht,  so  dass  die  beiden  Ex- 
tremitäten sich  einander  nähern,  so  würde  man  eine  Art  spindelförmigen 
Käfigs  haben,  dessen  eines  freies  Ende  etwas  das  ihm  gegenüberliegende 
überragen  würde  und  so  eine  Art  Lippe  bilden  würde. 


*)  Weder  Kent  nochBütschli  erwähnen  diese  Bedeckung  mit  Körnern; 
die  Zeichnungen  dieser  Autoren  sind  ähnlich  meiner  Figur  17.  Vielleicht  ist 
dies  eine  besondere  Varietät. 


—     83     — 

Weiter  würde  dieser  Käfig  von  vier  Stielen  gebildet,  von  welchen 
zwei,  wechselnd  untereinander,  grösser  sein  würden  als  die  zwei  andern 
(wie  hervorgegangen  aus  der  grösseren  Parthie  das  S  im  ursprünglichen  8). 
A'on  der  Spitze  gesehen  würden  diese  Stiele  sich  wie  in  einem  Punkte 
sich  vereinigend  und  ein  Kreuz  bildend  darstellen. 

Diese  Leisten  der  Petalomonas  quadrilineata  sind  völlig  einem  so 
gebildeten  Käfig  vergleichbar ;  zwei  von  ihnen  sind  wechselsweise  dicker 
als  die  beiden  andern,  und  eins  der  freien  Enden  formt  eine  Lippe  vor 
der  andern ;  hinten  kreuzen  sich  die  vier  Leisten  mit  einander ;  da  aber 
der  Körper  ein  wenig  zusammengedrückt  ist,  so  sind  die  Winkel,  welche 
die  Arme  des  Kreuzes  trennen,  nicht  gerade,  sondern  abwechselnd  ab- 
gestumpft und  zugespitzt. 

Zwischen  den  beiden  Lippen  ist  gewöhnlich  ein  wohl  ausgeprägter, 
langer  Pharynx,  welcher  von  einer  characteristischen  contractilen  Blase 
begleitet  wird ;  weiter  hinten  im  Mittelpunkte  des  Kreuzes  findet  sich 
ein  blasser  Kern,  der  häufig  von  kleinen  Excretkörnern  umgeben  ist. 
Der  Rest  des  Plasmas  ist  sehr  klar,  fast  hyalin.  Die  beinahe  das 
Doppelte  des  Körpers  erreichende  Geissei  ist  sehr  fein,  und  immer  wäh- 
rend der  Bewegung  vorne,  welche  gewöhnlich  eine  schnelle  ist. 

Die  Länge  des  Körpers,  ohne  die  Geissei,  beträgt  ungefähr  0,012 
bis  0,015  Millimeter. 

Heteroma  .  .  .  .  ? 

Fig.  22  bis  24. 

Der  unter  den  Figuren  22  bis  24  dargestellte  Organismus  schliesst 
sich  ohne  Zweifel  dem  Genus  Heteronema  an  und  zeigt  grosse  Aehnlich- 
keit  mit  Heter.  globuliferum  von  Ehre nb  erg;  unterscheidet  sich  aber 
von  ihr  durch  eine  constante  Bekleidung  von  glänzenden,  abgerundeten 
oder  eckigen  Körperchen,  welche  in  der  Cuticula  selbst  eingesenkt  sind 
oder  zuweilen  die  innere  Wand  davon  zu  bekleiden  scheinen.  Ebenso 
wie  Heteronema  globuliferum  ist  das  Thier  sehr  veränderlich,  indem  es 
unaufhörlich  aus  der  Form  eines  Apfels  oder  einer  Birne  in  die  einer 
Spindel  übergeht;  die  vordere  Parthie,  \^=^elche  die  zwei  Geissein  trägt 
(von  denen  die  eine  längere  während  der  Bewegung  activ  ist,  die  andere 
kürzere  zurückhält),  ist  heller,  als  der  übrige  Theil  des  Körpers  und 
frei  von  Granulationen. 

Wenn  ich  hier  diese  Form  erwähne,  w^elche  ich  nur  wenig  studiren 
konnte,  so  geschieht  es,  weil  ich  an  ihr  ein  interessantes  Phänomen  beob- 

6* 


—     84     - 

achtet  habe :  Ein  Individium,  welches  an  einer  grossen  Diatomee  vorbei 
kam,  öffnete  sich  an  seinem  hinteren  Theile,  um  eine  breite  und  lange 
Pseudopodie  austreten  zu  lassen,  welche  sich  einen  Augenblick  an  der  Alge 
befestigte,  wie  um  sie  anzufühlen,  dann  zog  sie  sich  allmählich  zurück. 
Bei  dieser  Gelegenheit  konnte  ich  sehr  deutlich  sehen,  dass  die  doppelt- 
contourirte  Membran,  welche  das  Thier  einschliesst,  sich  geöffnet  hatte 
oder  zerrissen  war,  wie  die  der  Heliozoen ;  nachdem  einmal  die  Pseudo- 
podie sich  zurückgezogen  hatte,  schloss  sie  sich  vollständig  und  das  Thier 
bewegte  sich  durch  seine  vordere  Geissei  weiter.  Wir  haben  hier  ein 
Beispiel  der  Eigenschaft  einiger  Flagellaten,  Pseudopodien  zu  entwickeln 
und  in  diesem  besonderen  Falle  ist  es  bemerkenswerth,  dass  die  Membran 
nicht  immer  ein  unübersteigliches  Hinderniss  ist  zur  Hervorbringung 
dieser  Pseudopodie. 

Pseiidospora  volvocis,  Cienkowsky. 

Fig.  25  bis  28. 

Ich  habe  diese  Art  in  zahlreichen  Individuen  angetroffen,  aber  nur 
in  einer  Lache ;  das  Thier  hat  zwei  Geissein,  mit  einer  Vacuole  an  ihrem 
Grunde;  es  besitzt  gleicher  Weise  einen  mehr  oder  weniger  centralen 
Kern,  und  gewöhnlich  eine  contractile  Blase,  welche  verschieden  ist  von 
der  soeben  erwähnten  Vacuole ;  meist  zeigt  es  keine  Membran,  aber  man 
sieht  häufig  eine  feine  sehr  freie  und  hyaline  Begrenzung,  welche  von 
schleimiger  Beschaffenheit  scheint.  In  der  Ruhe  kann  sich  das  Thier 
an  einen  vegetabilischen  Stengel  stützen  oder  an  irgend  einen  andern 
sonstigen  Halt  vermittelst  eines  langen  und  sehr  feinen  hinteren  Fadens, 
welcher  nur  vorübergehend  ist  und  nach  Belieben  verschwindet.  Es  ist 
sehr  gefrässig  und  man  sieht  es  oft  voll  von  grüner  Nahrung;  bei 
mehreren  Untersuchungen  habe  ich  nahe  dem  Grunde  der  Geissein  sich 
lange  Pseudopodien  entwickeln  sehen,  welche  bestimmt  waren,  die  Beute 
auszusaugen,  an  welcher  es  sich  festsetzt;  Figur  26  stellt  zwei  Individuen 
dar,  welche  damit  beschäftigt  sind,  eine  Heliozoe  auszusaugen ;  die  Pseudo- 
podien der  Flagellaten  befestigten  sich  auf  dem  Skelett  der  letzteren 
und  erzwangen  den  Eintritt ;  dann  näherten  sich  die  zwei  Individuen  dem 
Heliozoon,  indem  sie  sich  auf  den  Pseudopodien^heranzogen,  und  allmählich 
ging  der  ganze  Inhalt  der  Beute  in  das  Innere  ihres  Körpers  über; 
darauf  rundete  sich  jedes  wieder  von  Neuem  ab  und  zog  sich  zurück, 
indem  es  von  dem  Heliozoon  nichts  weiter  übrig  liess,  als  kleine  Schüpp- 
chen und  Stacheln  des  Skeletts. 


-     85     — 

Ebenso  habe  ich  eines  Tages  ein  Individuum  im  Begriff  sich  zu 
verdoppehi  aufgefunden,  welches  die  characteristische  verlängerte  Biscuit- 
form  hatte ;  man  sah  darauf  zwischen  den  zwei  neuen  Individuen  eine 
Art  von  grauem  Band,  durchsetzt  von  longitudinalen  Streifen,  w^elches 
ohne  Zweifel  den  Kern  darstellte  (Fig.  27). 

Allmählich  trennten  sich  die  Individuen,  und  sie  waren  nur  noch 
durch  einen  sehr  feinen  Faden  vereinigt,  darauf  schieden  sie  sich  voll- 
kommen undgingen  weiter,  jedes  mit  zwei  Geissein  versehen,  von  denen 
die  eine  starr,  die  andere  undulirend,  sowie  mit  einer  grossen  contrac- 
tilen  Blase  am  Grunde  der  Geissei  und  einem  abgerundeten  deutlichen  Kern. 

Pteridomonas  pulex^  gen.  nov.,  spec.  nov. 

Fig.  '29  bis  36. 

Man  kennt  ein  halbes  Dutzend  von  Flagellaten,  welche  ausser  einer 
oder  zwei  characteristischen  Geissein  bemerkenswerth  sind  durch  den 
Besitz  von  Hülfscilien ;  dies  sind  die  Cilien,  welche  S.  K  e  n  t ,  indess 
mit  Unrecht,  dazu  geführt  haben,  alle  diese  Arten  unter  die  Gruppe 
der  Cilioflagellaten  (Dinoflagellaten  Bütschli)  zu  bringen.  Bei  drei  dieser 
Arten  (Trichonema  hirsuta  From.,  Mitophora  dubia  Perty  und  Mallo- 
monas  Plosslii  Perty)  sind  die  Cilien  fast  über  die  ganze  Oberfläche  des 
Körpers  vertheilt;  zwei  andere,  Stephanomonas  ciliaris  Fromental  und 
Asthmatos  ciliaris  Salisbury,  tragen  sie  wie  eine  Krone  um  die  einzige 
Geissei ;  bei  Asthmatos  ciliaris,  welche  nach  Salisbury  sich  im  schlei- 
migen Secret  der  Augen,  der  Nase  und  des  Halses  des  Menschen  findet 
und  w^elche  der  Grund  der  unter  dem  Namen  des  Heufiebers  (hay  fever) 
bekannten  Krankheit  sein  soll,  hat  Leidy  nur  epitheliale  Zellen,  die 
von  der  Schleimhaut  losgestossen  waren,  erkannt;  Salisbury  hätte 
dann  irrthümlicherweise  eine  lange  centrale  Geissei  da  gesehen,  wo  sich 
keine  befindet. 

Eine  sechste  Form  wird  von  Heteromastix  proteiformis  gebildet, 
welche  J.  Clark  in  Amerika  gefunden  hat;  diese  spindelförmige,  mit 
einem  zugespitzten  vorderen  Ende  und  einem  i^othen  Augenflecke  ver- 
sehene Art  besitzt  zwei  Geissein,  von  welchen  die  eine  vordere  activ  ist 
und  die  andere  während  der  Bewegung  zurückhält;  sie  zeigt  ausserdem 
Hülfscilien,  welche  längs  einer  longitudalen  Rinne  sitzen,  w^elche  sich 
nach  hinten  über  die  Bauchfläche  des  Thieres  fortsetzt;  nach  S.  Kent, 
w^elcher    nach  J.  Clark   eine    detaillirte  Beschreibung  dieser  Art  gibt. 


—     So- 
list diese  Art  eine  der  interessantesten  Repräsentanten  der  Gruppe  der 
Cilioflagellaten« ;  indess  ist  sie  in  ihren  Details  wenig  bekannt,  und  man 
weiss  z.  B.  nichts  von  einer  contractilen  Blase  oder  einem  Kern.  Bütschli 
hat  diese  Art  unter  die  Familie  der  Anitonemina  gesetzt. 

Der  Organismus,  welchen  ich  im  Frühjahr  des  letzten  Jahres  in 
zahlreichen  Individuen  indess  nur  an  einer  Localität  (Eisweiher  im 
Nerothal)  gefunden  habe,  ist  ebenso  interessant  durch  die  Gegenwart 
von  Hülfscilien,  indess  entfernt  er  sich  bedeutend  von  allen  denen, 
welche  man  bisher  beschrieben  hat,  und  zeigt  ganz  besonders  bemerkens- 
werthe  Erscheinungen. 

Der  sehr  kleine  (im  Allgemeinen  0,006 — 0,12  Millimeter)  Körper 
hat  die  Form  eines  Kreisels,  d.  h.  von  oben  gesehen  ist  er  abgerundet, 
von  der  Seite  ist  er  herzförmig  oder  selbst  nierenförmig  ausgehöhlt  an 
der  Stelle,  wo  sich  die  Geissei  inserirt;  seine  Breite  ist  ebenso  fast 
immer  grösser  als  seine  Länge  (wenn  man  annimmt,  dass  diese  letztere 
die  Achse  als  Geissei  fortsetzt).  Dieser  Körper  stellt  eine  kleine  Menge 
eines  hellblauen  Plasmas  dar,  ohne  sichtbare  Membran;  der  oberfläch- 
liche innere  Theil  ist  beinahe  immer,  namentlich  vornen  am  Körper  in 
einer  Gegend,  welche  man  die  Herzohren  nennen  könnte,  mit  grünen, 
gelben  oder  braunen  Nahrungstheilchen  erfüllt,  welche  manchmal  in 
Vacuolen  eingeschlossen  sind,  dann  mit  glänzenden  und  bläulichen  kleinen 
Excretkörnern ;  man  bemerkt  in  dieser  selben  Zone  und  in  je  nach  den 
Individuen  verschiedenen  Stellen  eine  contractile  Blase,  welche  regel- 
mäfsig  functionirt,  manchmal  sind  es  deren  zwei,  besonders  bei  jungen 
Exemplaren. 

Die  Mitte  des  Körpers  ist  von  einem  hellen  oder  fein  granulirten 
Plasma  eingenommen,  in  welchem  sich  der  selbst  centrale,  gewöhnlich 
wenig  sichtbare,  anderemal  wohl  ausgeprägte  und  die  characteristische 
Blasenform  zeigende  Kern  sich  findet. 

Das  Thier  besitzt  eine  einzige  Geissei,  welche  durchsichtig,  dick, 
glatt,  drei  oder  viermal  so  lang  als  der  Körper  ist  und  deren  Basis  in 
der  vorderen  Depression  sich  findet.  Sie  setzt  sich  in  einer  Pharynx 
fort,  welcher  gewöhnlich  nur  als  ein  hellerer  Flecken  sichtbar  ist,  dessen. 
Existenz  ich  aber  bei  einigen  Individuen  sicher  nachweisen  konnte. 

Ausserdem  existirt  rings  um  den  Mund  ein  Kranz  von  Cilien,  Iri 
der  Zahl  von  ungefähr  12  bis  18,  welche  beinahe  ebenso  lang  sein 
können,  wie  die  Geissei,  aber  immer  viel  feiner  sind.  Dies  sind  die 
Cilien,   welche   die   interessantesten    Charaktere   dieser  Art   bilden;   sie 


—     87     — 

nehmen  ihren  Ursprung  an  der  vorderen  Depression,  biegen  sich  längs 
dieser  Depression  um  und  vertheilen  sich,  aussen  angekommen,  in  ge- 
rader Linie  nach  allen  Richtungen,  indem  sie  mit  der  centralen  Geissei 
einen  ganz  offenen  Winkel  bilden,  der  einen  rechten  darstellen  kann. 
Sie  sind  dann  vollkommen  gerade  und  starr  und  können  so  lange  unbe- 
Aveglich  bleiben ;  zuweilen,  indess  sehr  selten,  sieht  man  einige  in  Wellen- 
bewegung hin-  und  hergehen  (Fig.  29),  andermal  sind  sie  zurückge- 
schlagen, besonders  bei  einer  langsamen  Bewegung,  wo  sie  auf  dem 
Grund  hinzuziehen  scheinen. 

Indess  sieht  man  auch  sehr  oft,  besonders  wenn  das  Thier  in  der 
Nähe  ist,  diese  Cilien  ganz  zusammengefaltet  und  gekrümmt  wie  die 
Blätter  der  Farrenkräuter,  aber  nach  aussen  gerollt  und  nicht  nach 
innen  wie  meist  bei  diesen  Pflanzen,  eine  dicke  Krone  um  die  Geissei 
herum  bildend.  In  diesem  Zustand  stehen  sie  einem  der  interessantesten 
Phänomene  vor :  man  sieht  sie  plötzlich  alle  sich  ausbreiten  und  so  dem 
Thiere  einen  heftigen  Anstoss  geben,  welcher  es  in  einem  Anlaufe  in 
einer  der  6  bis  10  fachen  Länge  des  Körpers  gleichen  Entfernung  zurück- 
weichen lässt.  Indess  ist  diese  Erscheinung  des  Rückstosses,  welche  den 
Organismus  in  der  Weise  eines  Flohs  springen  lässt,  nur  gelegentlich 
und  dient  nicht  der  wirklichen  Bewegung;  letztere  geschieht  durch 
die  vordere  Geissei.  Zuweilen  ist  die  Bewegung  oder  vielmehr  das 
Schwimmen  sehr  schnell,  gleich  derjenigen  der  am  besten  sich  bewegenden 
Flagellaten,  und  dann  habe  ich  mich  überzeugen  können,  dass  die  Hülfs- 
cilien  ebenso  in  Bewegung  waren  und  der  Geissei  zu  Hülfe  kamen. 

Indess  haben  diese  Mundcilien  noch  einen  andern  Nutzen:  sie  er- 
greifen Beute.  Bei  verschiedenen  Untersuchungen  habe  ich  eine  ent- 
faltete Cilie  gelegentlich  einen  sehr  kleinen  Organismus  auflialten  und 
ihn  dem  Körper  nach  dem  Munde  zuführen,  sehen,  indem  sie  sich 
schneckenförmig  wand;  w^ar  die  Beute  in  Berührung  mit  dem  Körper, 
so  wurde  sie  in  eine  grosse  Nahrungsvacuole  aufgenommen  und  ver- 
schwand dann  allmählich  im  Plasma. 

Wenn  indess  diese  Mundcilien  unzweifelhaft  dazu  dienen,  die  Nah- 
rung in  Berührung  mit  dem  Körper  zu  bringen,  so  habe  ich  auch  Fälle 
gesehen,  w^elche  es  mir  sehr  wahrscheinlich  machen,  dass  eine  Beute, 
welche  direct  mit  dem  Körper  in  Berührung  gekommen  ist  ohne  Ver- 
mittlung der  Cilien,  sofort  ergriffen  und  in  eine  Yacuole  eingeschlossen 
wird,  wie  bei  den  Heliozoen.  Auch  ist  die  Annahme  natürlich,  dass 
die  Geissei,    welche   man   oft   in  der  Flüssigkeit   hin   und  her  schlagen 


sieht,  während  das  Thier  ruhig  ist,  kleine  Körnchen  in  das  Innere  des 
Körpers  hinleiten  kann. 

Einigemal  habe  ich  besonders  bei  jungen  Individuen,  beobachten 
können,  dass  unter  den  Hülfscilien  zwei  waren,  eine  zur  Rechten,  die 
andere  zur  Linken  der  Geissei,  welche  sich  von  den  übrigen  durch 
stärkere  Dicke  auszeichneten. 

Ebenso  wie  viele  Flagellaten,  kann  sich  Pteridomonas  an  irgend 
einen  Halt  durch  einen  hintern  langen  und  sehr  feinen  Faden,  welcher 
indess  nur  vorübergehend  ist,  festsetzen  und  lange  in  diesem  Zustand 
verweilen,  während  die  Geissei  schlägt  und  die  Mundcilien  starr  und 
ausgestreckt  sind  wie  ein  Spinnennetz ;  das  Thier  ist  dann  ohne  Zweifel 
auf  dem  Fang.  Gewöhnlich  bleibt  die  schlagende  Geissei  in  diesem 
Zustand  gerade  und  beschreibt  in  ihrer  Bewegung  die  Figur  eines  Kegels 
(Fig.  30),  zuweilen  sieht  man  sie  sich  wellenförmig  bewegen  und  diese 
Bewegung  setzt  sich  dann  von  dem  Grund  bis  zum  freien  Ende  fort, 
wie  ein  Strick,    den  man  durch  einen  Stock   in  Erschütterung  versetzt. 

Unter  den  von  mir  beobachteten  Thieren  war  eine  grosse  Zahl  sehr 
klein  und  stellten  ohne  Zweifel  junge  Individuen  dar;  diese  Individuen 
waren  den  übrigen  grösseren  ganz  ähnlich,  aber  gewöhnlich  runder  und 
man  sah  an  ihnen  keine  Einbuchtung  für  den  Mund;  öfters  schlössen 
sie  kleine  Vacuolen  ein.  Diese  kleinen  Individuen  waren  noch  gefrässiger 
als  die  grossen,  welche  bereits  einen  grossen  Nahrungsverbrauch  haben. 
Es  war  mir  bei  dieser  Art  nicht  möglich  irgend  eine  Erscheinung  zu 
beobachten,  welche  mit  der  Vermehrung  oder  Einkapselung  in  Verbin- 
dung steht. 

Ausser  den  Flagellaten,  welche  ich  soeben  beschrieben  habe,  habe 
ich  noch  verschiedene  andere  studirt  (Oicomonas  mutabilis  *),  Atractonema 


*)  Bei  Oicomonas  mutabilis  beobachtete  ich  ein  bemerkenswerthes  Phä- 
nomen :  Ein  Individium,  welches  an  einen  vegetabilischen  Stiel  durch  einen  hin- 
teren Faden  befestigt  war,  blieb  mehrere  Stunden  am  nämlichen  Platze,  indem 
es  mit  der  Nahrungsaufnahme  beschäftigt  war,  welche  die  umgebenden  Verhält- 
nisse (kleine  zu  Tausenden  in  der  Flüssigkeit  verbreitete  Organismen)  sehr 
fruchtbringend  machten ;  seine  Fanggeissel  bewegte  sich  sehr  gerade  und  schnell, 
wie  um  einen  sehr  verlängerten  ideellen  Kegel.  Jeden  Augenblick  wurde  eine 
kleine  Beute,  welche  der  Wirbelstrom  angezogen  hatte,  nach  dem  Grunde  der 
Geissei  hingeleitet,  wo  sich  alsbald  eine  grosse  Vacuole  bildete,  welche  die 
Beute  umschloss  und  sie  in  den  Körper  hineinzog,  indem  sie  allmählich  an 
Volumen  abnahm.  So  sah  ich  das  Thier  in  kaum  einer  halben  Stunde  ein 
Dutzend  Beute  aufnehmen  und,  was  dabei  am  interessantesten  zu  erwähnen  ist, 


—     89     — 

teres,  Peranema  trichophorum,  Petalomones  mediocanellata,  Heteronema 
globiferum,  Anisonema  granda,  Anisonema  ludibundum,  Heteromita  ovata  (?), 
Cercomonas  crassicanda,  Monas  vivipera*),  welche  Gelegenheit  zu  inter- 
essanten Beobachtungen  gaben,  über  welche  ich  aber  hier  nicht  handeln 
kann.  Im  Allgemeinen  habe  ich  indess  bei  allen  diesen  Flagellaten  wie 
bei  den  eben  beschriebenen,  nachfolgende  Facta  beobachten  können, 
welche  man  mit  Nutzen  erwähnen  kann : 

1.  Die  wirklichen  Geissein  sind  immer  von  der  nämlichen  Dicke 
von  der  Basis  bis  zur  Spitze. 

2.  Sie  endigen  nicht  in  feiner  Spitze,  sondern  mit  abgerundetem 
Ende. 

3.  Sie  sind  hyalin,  mit  freier  Begrenzung,  und  nicht  körnig,  wie 
die  der  Rhizopoden. 

4.  Bei  den  Arten  mit  1  Geissei  ist  dieser  Anhang  immer  bei  der 
Bewegung  vorne  an  (verschieden  von  der  der  Bacterien,  bei  denen 
sie  anscheinend  im  Allgemeinen  hinten  ist ;  bei  den  Dinoflagellaten, 
z.  B.  Ceratima,  ist  die  Geissei  in  gleicher  Weise  am  hinteren 
Ende,  indess  dient  sie  bei  dieser  Gruppe  nur  als  Steuer;  sie 
entspricht  der  Geissei,  welche  bei  dem  Genus  Anisonema  etc. 
zurückhält  und  die  wahre  Locomotion  beruht  auf  einer  feinen 
Cilie  oder  einem  Bande,  welches  in  der  Querrinne  der  Membran 
gelegen  ist. 

5.  Die  Geissein  wechseln  niemals  in  ihrer  Länge  von  einem  Augen- 
blick  zum  andern,    wie  dies  der  Fall  ist  bei  den  Pseudopodien. 


habe  ich  jedes  Mal  beobachtet,  dass,  sobald  ein  Beutestück  am  Körper 
sein  Ziel  erreicht  hatte,  die  bis  dahin  starre  Geissei  für  einen 
sehr  kurzen  Augenblick  (etwa  1/2  Seeunde)  ihre  Bewegung  ein- 
stellte und  sich  in  ihrer  ganzen  Länge  einer  longitudinalen 
Wellenbewegung  hingab,  was  sie  einem  Stopfenzieher  ähnlich  machte; 
nachdem  die  Wellenbewegung  einmal  vollendet  war,  nahm  die  Geissei  ihre  Starr- 
heit und  regelmäfsige  Bewegung  wieder  an.  Vielleicht  müsste  man  annehmen, 
dass  diese  Bewegung,  welche  doch  jedenfalls  einen  Grund  haben  muss,  dazu 
dient,  die  Beute  gegen  den  Körper  zu  befestigen?  Bei  einigen  anderen  Flagellaten 
gelang  es  mir  bei  zwei  oder  drei  Versuchen  eine  Wellenbewegung  zu  beobachten, 
welche  an  die  erinnerte,  welche  ich  soeben  beschrieben. 

*)  Ich  spreche  hier  nur  von  solchen  Arten,  welche  ich  sicher  als  animalischer 
Natur  betrachten  kann;  ich  fand  ebenso  bei  Wiesbaden  eine  ansehnliche  Zahl 
von  Formen,  welche  zu  den  vegetabilischen  Flagellaten  gehören,  und  mit  welchen 
ich  mich  in  dieser  Arbeit  nicht  beschäftigt  habe. 


—     90     — 

6.  Wenn  es  möglich  ist,  die  Geissein  von  den  Pseudopodien  ab- 
zuleiten, und  wenn  man  einige  Uebergänge  zwischen  diesen 
beiden  Elementen  findet  (Cercomonas,  Oicomonas  etc.),  so  sind 
diese  Uebergänge  noch  nicht  sehr  prägnant,  und  der  Unterschied 
zwischen  einer  wirklichen  Geissei  und  einer  fadenförmigen  Pseudo- 
podie  ist  immer  ein  beträchtlicher. 


Tafel-Erklärung. 

Tafel  III. 


Fig.  1.  Amoeba  ambulacralis,  spec.  nov.  Verlängertes  Individuum,  in  Bewegung. 
Centraler  Kern,  Vacuolen,  Excretionskörner ;  contractile 
Blase  verlängert,  hinten.  Von  a  zu  a',  Veränderung  einer 
Pseudopodie  in  1/2  Secunde. 

„  2.  Dasselbe  Individuum,  abgerundet,  hat  sich  mit  fremden  Trümmern  um- 
kleidet; die  contractile  sehr  grosse  Blase  ist  in  Ausdehnung. 

„     8.    Eine  Pseudopodie;  von  a  zu  a',  Verlängerung  in  1/2  Secunde. 

„  4.  Das  gleiche  Individuum,  in  Kugelform,  nachdem  es  seine  Pseudopodien 
zurückgezogen. 

„    .^.     Mastigamoeba  simplex  S.  Kent,  in  Bewegung. 

.  6.  Dimorpha  mutans  Gruber.  Man  sieht  die  zwei  Geissein,  mit  einer 
kleinen  Vacuole  an  ihrem  Grunde.  Centraler  Kern,  in 
einem  hellen  Eaum  (Endosark) ;  contractile  Blase  zur 
Kechten;  Nahrungsvacuole  höher  links,  nahe  am  Auf- 
brechen.    Zahlreiche  Excretkörner. 

„  7.  Dimorpha  mutans,  seine  Pseudopodien  einziehend;  Geissein  unsichtbar 
oder  verborgen. 

„    8.  id.  in  Bewegung,  im  Flagellaten-Zustand,  nachdem  es  seine 

Pseudopodien  beinahe  vollständig  zurückgezogen  hat. 

„     9.  id.  Details  einer  Pseudopodie,  mit  ihren  hyalinen  Granulationen. 

„  10.  Peraneraa  granulifera,  spec.  nova.  Mit  einigen  hellen  Granulationen 
mit  der  Pseudopodie  verklebt. 

„11.  id.  Die  punktirten  Linien  zeigen  den  Platz,  von  wo  die  Geissei 

schwingt. 
„  12.  id  abgerundetes  Exemplar,  bedeckt  mit  wenig  zahlreichen 

Körnern.  I 

„  13.  id.  Die  Geissei  schwingt  in  ihrer  ganzen  Länge,   um  plötz- 

lieh  die  Richtung  des  Thieres  zu  ändern. 


—     91 


Fig.  14.  Ureolus  Aletzini  Mereschkowsky ;  die  contractile  Blase  und  der  Kern 
sind  durch  die  Umhüllung  sichtbar;  a.  kleine  blaue  Körner 
(Indigo),  Theile  der  Membran  bildend. 

„     15.  id.  mit  ausgestrecktem  Hals  und  Mund. 

„     16.  id.  Theil  der  Membran,  mit  verklebten  Körnern;  im  Innern 

sieht  man  eine  helle  Linie,   welche   die  Membran   vom 
inneren  Plasma  trennt. 
.  „     17.  id.  Exemplar    mit    nackter    Membran,     spiralig    gestreift 

(Phialonema  cyclostomum  Stein). 

.,     18.     Petalomonas  quadrilineata,  spec.  nov.,  Individuum  von  der  Seite  gesehen. 

,,     19,  20.     id.  zwei  andere,  in  verschiedenen  Positionen. 

„     21.  id.  hintere  Hälfte  eines  anderen,  von  oben  gesehen. 

„     22.     Heteronema  .  .  .  .  ? 

„    23.  id.  nachdem   es  seine  Membran  durchbrochen  hat,   um   eine 

Pseudopodie  zu  entfalten. 

„     24.  id.  dasselbe   Individuum;  Pseudopodie  in   den  Körper  sich 

zurückziehend. 

„  25.  Pseudospora  volvocis  Cienkowsky;  Individuum  durch  ein  temporäres 
Band  an  einen  Stengel  befestigt ;  die  zwei  Cilien  schlagen ; 
links  ein  Kern,  eine  Nahrungsvacuole. 

,.     26.  id.  Zwei  Individuen  fallen  eine  kleine  Heliozoe  an,  jede  der- 

selben hat  eine  grosse  Pseudopodie  entfaltet,  welche  den 
Inhalt  der  Beute  aussaugen  soll. 

„     27.  id.  verdoppelt;    man    sieht  die   Spuren   des   Kerns,    der   in 

Spindelform   ausgezogen  ist;   in   einer  der  Hälften  sind 
die  Geissein  unsichtbar. 

,,     28.  id.  das  gleiche  Individuum  einen  Augenblick  später;  die  bei- 

den Hälften   sind   schon  vollkommen  selbstständig,   und 
sind   nur   noch  durch  einen  sehr  feinen  Faden  gehalten. 

„  29.  Pteridomonas  pulex,  gen.  nov.,  spec.  nov.,  Individuum  an  einen  Stengel 
befestigt  durch  einen  temporären  hinteren  Faden;  zwei 
der  Cilien  bewegen  sich;  zur  rechten  und  zur  linken 
grüne,  gelbe  und  braune  Nahrung. 

„     30.  id.  ein  anderes,  sehr  stark  vergrössert;  die  punktirten  Linien 

zeigen  die  Zone  des  Schiagens  der  Geissei.     Der  Körper 
ist  voll  von  Nahrung  und  Excretionskörnern. 
Individuum  eine  Beute  fassend. 

Kleines  Individuum,  welches  in  einer  grossen  Vacuole  eine 
Beute  umschliesst,  die  es  soeben  gefangen. 
Zwei  weitere,  mit  Cilien,  in  Krummstabform. 
Von  a  bis  e,  plötzliche  Veränderung  eine  der  Cilien,  wo- 
durch das  Thier  zurückspringt. 
36.  id.  Sehr  junges   Individuum ,    mit   einem   kaum    sichtbaren 

Faden  an  einen  Stengel  fixirt. 


31. 

id. 

32. 

id. 

33,  34. 

id. 

35. 

id. 

BEITRÄGE 


ZUR 


LEPIDOPTEREN-FAUNA 


DES 


MALAIISCHEN  APtCHIPELS, 

(VI.) 


ÜBER 

SCHMETTEELINGE  VON  OST-JAVA. 

VON 

DR.  ARNOLD  PAGENSTECHER 

(WIESBADEN). 


Im  Nachstellenden  gebe  ich  eine  summarische  Aufzeichnung  der  von 
meinem  Freunde  Herrn  Hauptmann  Holz  in  der  Umgebung  von  Malang 
und  Lawang  auf  Ost-Java  gesammelten  Schmetterlinge  nebst  Angabe  der 
Erscheinungszeit,  soweit  dieselbe  mir  bekannt  wurde. 

Dieselben  repräsentiren  eine  ansehnliche  Zahl  von  Arten,  welche 
im  Beginne  dieses  Jahrhunderts  von  Horsfield  bereits  auf  Java  ge- 
sammelt und  in  seinem  eigenen,  sowie  in  dem  von  ihm  und  Moore 
herausgegebenen  Cataloge  aufgeführt  wurden.  Ihnen  schliessen  sich  eine 
Reihe  solcher  an,  welche  von  benachbarten  Gegenden  bekannt  sind,  so- 
wie solche,  welche  in  bemerkenswerthen  Varietäten  erscheinen  oder  auch 
neu  sind,  von  denen  ich  einige  beschreibe.  Eine  ausführlichere  Bear- 
beitung des  in  thiergeographischer  Beziehung  recht  interessanten  Materials 
muss  ich  mir  für  eine  spätere  Zeit  vorbehalten,  zumal  ich  eine  nicht 
unbeträchtliche  Zahl  von  Arten  noch  vorläufig  unbestimmt  lassen  musste. 
Wenn  auch  ein  Theil  derselben  jedenfalls  noch  unbeschrieben  ist,  so 
könnten  doch  mehrere  derselben  namentlich  von  britischen  Autoren  bereits 
namhaft  gemacht  worden  sein.  In  einiger  Zeit  hoffe  ich  hierüber  mehr 
Klarheit  erhalten  zu  haben. 


I.   RHOPALOCEKA. 


1.    Ideopsis  Gaura,  Horsfield. 


2.  Danais  melissa,  Gramer. 

3.  Euploea  Gore,  Gramer. 

4.  —       Sepulchralis,  Butler.     (Februar.) 

5.  —       Leucostictos,  Linne.     (December.) 
E.  Eunice,  Godart. 

E.  Vestigiata,  Butler. 


—     96     — 

6.  Euploea   Eleusina,  Gramer.     (Juni.) 

7.  —      Mazares,  Moore. 
E.  Ledereri,  Felder. 

8.  Euploea  Midamus,  Linne. 

Trepsichrois  Linnaeii,  Moore. 

9.  Lethe  Europa,  Fabricius.     (Februar.) 

10.  —     Mekara,  Moore.     (Juni). 

11.  Melanitis  Leda,  Linne.     (Mai.) 

12.  Neorina  Chrlshna,  Westwood. 

13.  Mycalesis  Perseus,  Fabricius. 

14.  —         Naia,  Felder. 

15.  Erites  IVIedura,  Horsfield. 

16.  Yphthjma  Hübneri,  Kirby. 

17.  Elymnias  Undularis,  Drury.    (August.) 

18.  —        Panthera,  Fabr. 

19.  —         Casiphone,  Hübner.     (Juni.) 

20.  Amathusia  Phidippus,  Linne. 

21.  Discophora  Gelinde,  Stoll.    (Juni,  Juli.) 

22.  —         Sondaica,  Boisduval.     (Juli.) 

23.  Acraea  Vesta,  Fabr. 

24.  Cethosla  Cyane,  Drury. 

25.  Cirrochroa  Clagia,  Godart.     (Juli.), 

26.  iViessaras  Erymanthis,  Drury. 

27.  Atella  Egista,  Gramer.     (Februar.) 

28.  Argynnis  Niphe,  Linne.    (Juli.) 

29.  Symbrenthia  Hjppocius,  Gramer. 

30.  —  Hypatia,  Wallace. 

31.  —  Hypselis,  Godart.     (Mai.) 

32.  Vanessa  Perakana,  Distant. 

33.  Pyrameis  Dejeanii,  Godart. 

34.  Junonia  Erigone,  Gramer.     (Juni.) 

35.  Kallima  Paralecta,  Horsfield.     (April.) 

36.  Doleschallia  Bisaltide,  Gramer. 

37.  Ergolis  Ariadne,  Linne.     (Juni.) 

38.  Cyrestis  nivea,  Zincken.     (April,  Juni.) 

39.  —        lutea,  Zincken.     (Mai,  Juni,  Juli.) 

40.  Hypolimnas  bollna,  Linne.     (Januar,  Juni.) 

41.  —  Misippus,  Linne. 


—     97     — 

42.  Hypolimnas  Anomala,  Wallace.     (Juni.) 

43.  Hestina  Nama,  Doubleday. 

44.  Euripus  Halitherses,  Doubl. 

E.  cinnammomeus,  Wood  Mason. 

45.  Parthenos  Sylvia,  Gramer. 

46.  Limenitis  Procris,  Gramer.     (Juni.) 

47.  Neptis  Hordonia,  Stoll. 

48.  ~     Vikasi,  Horsfield.     (Februar.) 

49.  —     Aceris,  Lepechin.     (November,  Februar.) 

50.  Athyma  Perlus,  Linne.     (Januar,  August.) 

Leucothoe,  Linne. 

51.  Athyma  Nefte,  Gramer.     (September.) 

52.  —       Selenophora,  Kollar.     (Juli.) 

53.  —      Subrata,  Moore.     (September.) 

54.  —       Pravara,  Moore.     (Januar.) 

55.  Euthalia  Evelina,  Stoll. 

var.  Sikandi,  Moore. 
Ad.  Derma,  Kollar. 

56.  Euthalia  Anosia,  Moore.     (Juli.) 

57.  —       SalJa,  Moore.     (Juni,  Juli.) 

58.  Tanaecia  Trigerta,  Moore.     (Juni.) 

59.  —         Pelea,  Fabricius.     (Juli.) 

60.  Dichorrhagia  Nesimachus,  Boisduval. 

61.  Nymphalis  Schreiber!,  Godart. 

62.  —  Athamas,  Drury.     (Juli.) 

63.  —  Moorei,  Distant. 

64.  —  Baya,  Moore. 

65.  —  Polyxena,  Gramer.     (Juli.) 

66.  Libythea  Myrrha,  Godart.     (November,  Februar.) 

67.  Zemeros  Flegyas,  Gramer. 

68.  Miletus  Symethus,  Gramer.    (Februar,  August,  September.) 

69.  —       Boisduvalil,  Moore.     (Februar.) 

70.  Spalgis  s'"bstrigata,  Snellen: 

71.  Cupido  macrophthalma,  Felder.     (Februar.) 

72.  —       Roxus,  Godart.     (November,  December.) 

73.  —      Rosimon,  Fabr. 

74.  —      Beroe,  Felder. 
Prominens,  Moore. 

.Jahrb.  d.  nass.  Ver.  f.  Nat.     43.  7 


—     98     — 

75.  Cupido  Piinius,  Fabr.     (November,  December.) 

76.  —      Kandarpa,  Horsf.     (November.) 

77.  —       Bochus,  Gramer.     (October.) 

Astraptes  Felder;   Plato,  Fabricius. 

78.  —       Aeiianus,  Fabr.     (November,  December.) 

Alexis,  Stoll. 

79.  —       Celeno,  Gramer.     (Februar.) 

80.  —       Parrhasius,  Fabr.     (December.) 

81.  —       Baetica,  Linne.     (November,  Februar.) 

82.  —       Lysizone,  Snellen.     (Februar.) 
Otis,  Fabr. 

83.  —      IVlalaya,  Horsf. 

Strongyle,  Felder. 

84.  —       Nora,  Felder.     (November,  December.) 

85.  —      Akasa,  Horsfield.     (December.) 

86.  —       Puspa,  Horsfield.     (December,  Januar,  Februar.) 
L.  Gagaya,  Felder. 

L.  Lambi,  Distant. 

87.  Aphnaeus  Syama,  Horsfield.    (October,  December,  Februar.) 

88.  Ilerda  Epicles,  Godart.     (October,  November.) 

89.  Hypolycaena  Etolus,  Fabr.     (Juni.) 

90.  Pseudodipsas  Erycinoides,  Felder.    (Mai.) 

91.  Jolaus  Ister,  Hewitson.     (Juli.) 

92.  —      Longinus,  Fabricius.     (Juli.) 

93.  Sithon  IVlariina,  Hewitson.     (Juli.) 

S.  Hypoleuca,  Hew. 

94.  Sithon  Freya,  Fabr.     (Juli.) 

95.  —      Ravindra,  Horsf.     (April,  Mai,  Juli.) 

96.  —      Onyx,  Moore.     (April,  Mai,  Juni.) 

var.  Onycliina,  Staudinger. 

97.  —      WestermannI,  Felder.     (Juli.) 

98.  Myrina  Atymnus,  Gramer. 

99.  Deudorix  Epijarbas,  Moore. 

100.  —  PetoTsiris,  Hewitson.     (April.) 

101.  —  Melampus,  Gramer.     (Februar,  Juli,  October.) 

102.  —  Xenophon,  Fabr.     (Juni.) 

103.  —  Varuna,  Horsfield.     (November,  December.) 

104.  —  Manea,  Hewitson. 


99 


105.  Deudorix  Deliochus,  Hewitson.     (November.) 

106.  —       Timoleon,  Stoll.     (Juli.) 
Iraota  Boswelliana,  Distant. 

107.  Curetis  Thetis,  Drury. 

108.  —       Bulis.  Doubl.,  Hewitson. 

109.  Amblypodia  Apidanus,  Gramer. 

110.  —  Horsfieldl,  nov.  spec. 

111.  —  Diardi,  Hewitson. 

112.  —  Amazona,  Staudinger  in  literis. 

113.  —  Vivarna,  Horsfield.     (Juli.) 

114.  —  Muta.  Hewitson. 

115.  Pontia  Xiphia,  Fabricius. 

P.  Nina,  Fabr. 

116.  Pieris  Rachel,  Boisduval. 

117.  —     Nerissa,  Fabr. 
var.  Corva,  \Yall. 

118.  Tachyris  Lyncida,  Gramer.     (Februar.) 

119.  —        Panda,   Godart.     (Januar.) 

120.  —        Leptis,  Felder.     (Juni.) 

121.  —       Nero.  Fabr. 

122.  —        Pandione,  Hübner. 

123.  Deüas  Crlthoe,  Boisduval. 

124.  —      Beüsama.  Gramer. 

125.  —      Hyparete.  Linne. 

126.  —      Periboea.  Godart. 

127.  Prioneris  Autothisbe,  Hübner. 

128.  —         Philonome,  Boisduval. 

129.  Eronia  Valeria,  Gramer. 

130.  Catopsiliä  Crocale,  Gramer. 

131.  —         Scylla,  Linne. 

132.  Hebomoia  Glaucippe,  Linne. 

133.  Ornithoptera  Pompeus,  Gramer. 

134.  —  Pompeus  var.  Holzi,  Pagenstecher. 

135.  —  Rjtsemae,  Snelien. 

136.  Papilio  Priapus,  Boisduval. 

137.  —      Ärjuna.  Horsfield. 

138.  —      Arjstolochiae,  Fabricius. 

139.  —      Demolion,  Gramer. 

7* 


—     100     — 

140.  Papilio  Polytes,  Linne.     (August.) 

141.  —  Helenus,  Linne.     (Januar.) 

142.  —  Memnon,  Linne. 
var.  Androgcos,  Gramer, 
var.  Laomedon,   Gramer, 
var.  Agenor,   Gramer. 

143.  Papilio  Nox,  Swainson. 

144.  —     Antiphates,  Gramer. 

145.  —     Agamemnon,  Linne. 

146.  Casyapa  Thyrsis,  Fabr. 

(Gangara  Thyrsis.) 

147.  Ismene  Badra,  Moore. 

148.  —      Exciamationis,  Fabr. 

149.  —      (Choaspes)  Crawfurdi,  Distant.     (Juni.) 

150.  —      (Ch.)  Harisa,  Moore  var.     (Juni.) 

151.  Satarupa  affinis,  Drury.     (Juli,  August.) 

152.  Carystus  Irava,  Moore. 

153.  Pamphila  Druna,  Moore. 

154.  —         Verruca,  Mabille. 

155.  Astictopterus  Diocies,  Moore. 

156.  —  Xanites,   Butler,     var.  Javanites,   Staudinger. 

157.  Tagiades  Atticus,  var.  Galiguna,  Dist. 

158.  —        Phaenicis,  Hewitson. 

159.  —        trichoneura,  Felder. 

160.  Abaratha  sura,  Moore. 

161.  —         pygala,  Hewitson.     (Juni.) 

162.  Plesioneura  Folus,  Gramer. 

163.  —  Leucocera,  KoUar. 

164.  —  Alysos,  Moore.    (October,  December,  Februar.) 

165.  Plastingia  Callineura,  Felder. 

166.  —        Tessellata,  Hewitson.     (Juni.) 

167.  —        Baturi,  Hewitson.     (October.) 

168.  Hesperia  Conjuncta,  Herrich  Schäffer.     (December.) 

169.  —        Dan,  Fabricius.    (December.) 

170.  Heteropterus  Cataleucos,  Staudinger. 


101 


II.   HETEROCEM. 


171.  Lophura  hyas,  Boisduval.     (November.) 

172.  Macroglossa  spec. 

173.  Pergesa  Acteus,  Gramer. 

174.  Panacra  vigil,  Guerin. 

175.  Chaerocampa  Thyelia,  Linne. 

176.  —  Alecto,  Linue. 

177.  —  Oldenlandiae,  Fabr.     (Juni.) 

178.  —  Lucasi,  Walker.     (Mai.) 

179.  —  Nessus,  Drury.     (April.) 
(equestris,  Fabr.) 

180.  Daphnis  angustans,  Felder.     (Mai.) 

181.  Leucophlebia  lineata,  Westwood.     (Juli.) 

182.  Syntomis  Hübneri,  Boisduval. 

183.  —         acuminata,  Snellen. 

184.  —  Godarti,  Boisduval. 

185.  —         tenuis,  Walker.     (December.) 

186.  Eusemia  proxima,  Walker. 

187.  —        vetula,  Hübner. 

188.  —       bisma,  Moore.     (Februar.) 

189.  Seudyra  transiens,  Walker. 

(Agarista  aegoceroides,  Felder.) 

190.  Chalcosia  metachloros,  Walker. 

191.  Gynautocera  phalenaria,  Guerin. 

(Chalc.  pulchella,  Kollar.) 

192.  —         vacillans,  Walker.     (November.) 

193.  —  selene,  Kollar.     (April.) 
(Histia  vacillans,  Walker.) 

194.  —         marginata,  Gueriil.  (März,  September,  October.) 
(Het.  acrocyanea,  de  Haan.) 

195.  Nycthemera  assimile,  Snellen  van  Yollenhoven. 

196.  —  COleta,  Gramer. 

197.  —  trita,  Walker. 

198.  Neochera  Eugenia,  Gramer. 

199.  Hypsa  intacta,  Walker. 


102 


200.  Hypsa  egens,  Walker.     (Januar.) 

201.  —     aiciphron,  Gramer, 
(caricae,  Fabr.) 

202.  Teinopyga  hamata,  Snellen. 

203.  Lithosia  chryseola,  Snellen. 

204.  Bizone  Puella,  Drmy. 

205.  Deiopeia  pulchella,  Linne. 

206.  Argina  Argus,  Kollar. 

207.  —      cribraria,  Clerck. 

208.  Polytela  chrysospila,  Walker.     (October.) 

209.  Spilosoma  maculifascia,  Walker. 

210.  Ardia  Horsfieldi,  Saunders.     (November.) 

211.  Phissama  vacillans,  Walker. 

212.  Creatonotus  interruptus,  Linne. 

213.  Rajendra  tripartita,  Butler. 

214.  Cypra  visum,  Hübner. 

215.  Orgyia  Ludekingi,  Snellen. 

216.  Meianothrix  pulchricolor,  Felder. 

217.  LaeÜa  subrufa,  Snellen.     (Januar.) 

218.  Euproctis  fumosa,  Snellen. 

219.  —        flavata,  Gramer. 

220.  —       atomaria,  Walker. 

221.  —       virguncula,  Snellen. 

222.  Dasychira  misana,  Moore.     (Juni.) 

223.  Lymantria  asaetria,  Hübner. 

224.  —  beatrix,  Walker, 
(marginata,  Butler.) 
(nigra,  Butler.) 

225.  Redoa  submarginata,  Walker.     (Mai.) 

226.  Pantana  baswana,  Moore.     (Februar.) 

227.  Prosodeca  adara,  Moore.     (April,  Juli.) 

228.  Psalis  securis,  Hübner. 
229..  Leucoma  impressa,  Snellen. 

230.  Gargetta  costigera,  Walker. 

231.  Anticyra  combusta,  Walker.     (März.) 

232.  Antheua  discalis,  Walker.     (Februar.) 

233.  Oreta  extensa,  Moore. 

234.  Drapetodes  mitaria,  Guenee. 


-     103     — 

235.  Parasa  pastoralis,  Butler. 

236.  —      trima,  Moore. 

237.  Narosa  adala,  Moore. 

238.  Narosa  Sabana,  Snellen. 

239.  Ganisa  plana,  Walker. 

240.  Cricula  trifenestrata,  Herr.  Scliäffer. 

241.  Tagora  pallida,  Walker.     (November.) 

(Spliingomorpha  asclepiades,  Felder.) 

242.  Dreata  petola,  Moore.     (November.) 

243.  Rosama  strigosa,  Walker.     (April.) 

244.  Gastropacha  Vishnu,  Lefebre. 

245.  Suana  bimaculata,  Walker. 

246.  Lebeda  plagifera,  Walker.     (Juli.) 

247.  Estigmene  pardala,  Moore. 

248.  Adias  Maenas,  Doublday. 

249.  Attacus  Cynthia,  Drury.     (März.) 

250.  Hepialus  taprobana,  Moore. 

251.  Leucania  extenuata,  Guenee. 

252.  —        extranea,  Guenee. 

253.  Spodoptera  pecten,  Guenee. 

254.  Apamea  modestissima,  Snellen. 

255.  Amyna  selenampha,  Guenee. 

256.  Caradrina  bipuncta,  Snellen.     (October.) 

257.  Agrotis  interjectionis,  Guenee. 

258.  Heliothis  armigera,  Hübner. 

259.  —         violacea,  Pagenstecher. 

260.  Xanthodes  flava,  Fabr. 

(Xanth.  transversa,   Guenee.) 

261.  Homodes  crocea,  Guenee. 

262.  Homodes  thermesioides,  Snellen. 

263.  Eriopus  reticulata,  Pagenstecher. 

264.  Plusia  litterata,  Pagenstecher.     (März.) 

265.  —     chalcytes.  Esper. 

266.  —     chrysitis.  Linne. 

267.  Gonitis  editrix,  Guenee. 

268.  Pantidia  sparsa,  Guenee.     (Juli.) 

269.  Polydesma  umbricola,  Guenee. 

270.  Alamis  ligilla,  Guenee. 


—     104     — 

271.  Arcte  coerulea,   Guenee.     (Mai.) 

272.  Anophia  leucomelas,  Clerck. 

273.  Cremnodes  macrocera,  Snellen.     (April.) 

274.  Ophideres  fullonica,  Linne. 

275.  —       salaminia,  Fabr. 

276.  —         cocalus,  Gramer  rf. 
Hypermnestra,  Gramer. 

277.  Phyllodes  conspicillator,  Gramer. 

278.  Potamophora  manlia,  Gramer. 

279.  Lygniodes  endoleuca,  Guenee.     (April.) 

280.  Nyctipao  crepuscularis,  Linne. 

281.  Argiva  hieroglyphica,  Drury. 

282.  —      caprimulgus,  Guenee. 

283.  Spirama  retorta,  Linne. 

284.  —       triloba,  Guenee.     (Juli.) 

285.  Hypopyra  vespertilio,  Fabr.    (Mai.) 

286.  Hulodes  eriophora,  Guenee. 

287.  —       caranea,  Gramer. 

288.  Achaea  quadrilunata,  n.  sp. 

289.  Naxia  onelia^  Guenee.     (Januar.) 

290.  Calesia  gastropachoides,  Guenee.    (April.) 

291.  Athyma  tripunctata,  Pagenstecher. 

292.  Ophiusa  arcuata,  Moore.     (October.) 

293.  —       Crameri,  Moore.     (October.) 

294.  Grammodes  ammonia,  Gramer.    (April.) 

295.  Trigonodes  hyppasia,  Gramer. 

296.  Remigia  archesia,  Gramer.     (April.) 

297.  Zethes  sondaicus,  Snellen.     (April.) 

298.  Sympis  rufibasis,  Guenee. 

299.  Thermesia  duplexa,  Moore. 

300.  —        rubricans,  Boisduval. 

301.  Trigonia  cydonia,  Gramer.     (April.) 

302.  Dichromia  trigonalis,  Guenee. 

303.  Hypena  iconicalis,  Walker.     (April.) 

304.  Ophiuche  conscitalis,  Walker. 

305.  Hydrillodes  lentalis,  Guenee. 

306.  Epizeuxis  pupillalis,  Snellen.     (Mai.) 

307.  Pangrapha  gilvagaüs,  Snellen. 


—     105     — 

308.  PJnacia  pupillalis,  Snellen.     (April.) 

309.  —      albolineata,  Snellen.     (November.) 

310.  —      molybdenalis,  Hübner.     (März.) 

311.  Pachythiris  siculoides,  Felder. 

312.  Siculodes  argentalis,  Walker.     (December.) 

313.  Urapteryx  crocopterata,  Kollar.     (Mai.) 

314.  —         podaliriata,  Guenee.     (Juni.) 

315.  —         columbicola,  Walker. 

316.  Idiodes  simplaria,  Pagenstecher.     (December.) 

317.  Hyperythra  lutea,  Gramer. 

318.  Entomopteryx  amputata,  Guenee. 

319.  Elphos  hymenaria,  Gramer. 

320.  Boarmia  concentraria,  Snellen. 

321.  —       cornarla,  Guenee.     (April.) 

322.  —        crepuscularia,  Hübner. 

323.  Hypochroma  crenaria,  Guenee.     (Juni.) 

324.  —  rugenaria,  Guenee.     (Juni.) 

325.  Thalassodes  quadraria,  Guenee. 

326.  Micronia  oppositata,  Snellen. 

327.  —        sondaicata,  Guenee.     (März.) 

328.  —        cascata,  Guenee. 

329.  IVIacaria  Eleonora,  Gramer.     (März.) 

330.  —       sufflata,   Guenee.     (März.) 

331.  Hyposidra  janiaria,   Guenee.     (November,  December,  Mai.) 

332.  Milionia  fulgida,  Hagenbach. 

333.  Euschema  miiitaris,  Linne. 

(Hazis  miiitaris.) 

334.  Pachynoa  Walkeri,  Lederer. 

335.  Botyodes  asialis,  Guenee. 

336.  Cydalima  conchylalis,  Guenee. 

337.  Margarodes  glauculaljs,  Guenee. 

338.  Enchocnemidia  squamopedalis,  Guenee. 

339.  Glyphodes  bivitralis,  Guenee. 

340.  Terastia  proceralis,  Lederer.     (März.)  -   o'^ 

341.  Stenurges  designalis,  Guenee.  1"^  ^    ^ 

342.  Pycnarmon  jaguaralis,  Guenee.     (April.)  '  ^ 


%^u 


—     106     — 

BeschreiMiig  einiger  neuer  Arten,  bezw.  Varietäten. 


1.    Amblypodia  Horsfieldi,  nov.  spec. 

Diese  eigenthümliche  Art,  welche  der  A.  aurea  und  A.  eumolplius 
nahe  verwandt,  aber  von  beiden  sowohl  auf  der  Ober-  wie  Unterseite 
verschieden  ist,  erhielt  ich  von  Herrn  Holz  zahlreich  zugesandt.  Sie 
kommt  auch  in  Südostborneo  vor,  woher  ich  sie  durch  Herrn  von 
Schön berg   erhielt. 

35  mm  Ausmafs. 

Palpen  und  Antennen  sind  bei  beiden  Geschlechtern  schwärzlich, 
die  Fühlerkolben  röthlichbraun.  Brust  dunkelbraun,  beim  cf  mit  einzelnen 
grünen,  beim  9  mit  blauen  Schüppchen  bekleidet.  Die  Unterseite  der 
Brust  und  des  Hinterleibs  heller  braun,  ebenso  die  Beine;  die  Augen 
weisslich  eingefasst. 

Der  (^  ist  auf  der  Oberseite  tief  sammtschwarz,  der  Flügelgrund 
der  Oberflügel  bis  über  den  Discus  smaragdgrün,  metallisch  schimmernd. 
Diese  Färbung  setzt  sich  auch  auf  den  Grund  der  Unterflügel  fort. 

Das  9  ist  auf  der  Oberseite  ebenfalls  tief  sammtschwarz,  der  Flügel- 
grund der  Ober-  und  Unterflügel  tief  dunkelblau  schimmernd.  Die  Spitze 
des  schwarzen  Schwänzchens  ist  bei  beiden  Geschlechtern  weiss,  ebenso 
sind  die  Fransen  des  Analläppchens  weiss. 

Die  Zeichnungen  der  rauchbraunen  Unterseite  der  Ober-  und  Unter- 
flügel sind  bei  beiden  Geschlechtern  dieselben  und  bestehen  in  dunkleren, 
hell  eingefassten  Fleckenbinden,  schwärzlicher  Färbung  des  Analläppchens 
mit  metallisch  grüner  Umrahmung  desselben. 

Am  Aussenrande  des  Oberflügels  zeigt  sich  zunächst  eine  verloschene 
dunkle  Fleckenbinde,  welcher  sich  eine  deutlichere,  helleingefasste  nach 
innen  anschliesst.  Diese  wird  gebildet  aus  vier  rundlichen,  dunkel- 
braunen, helleingefassten  Flecken,  welche  vom  Yorderrande  in  etwas 
schiefer  Richtung  nach  dem  Aussenrande  ziehen.  Diesen  schliesscn 
sich  in  stumpfem,  nach  Aussen  offenem  Winkel  drei  ebenfalls  hellein- 
gefasste dunkelbraune  Flecken  an,  welche  nach  dem  Innenrande  in  fast 
gerade  absteigender  Richtung  streben  und  sich  im  helleren  Innenrand 
verlieren.  Auf  sie  folgt  nach  innen  eine  dritte  unterbrochene  Flecken- 
reihe, welche  aus  einem  ganz  kleinen  rundlichen  am  Yorderrande  stehen- 
den, einem  viereckigen  länglichen  und  einem  fast  dreieckigen  schief 
gestellten  dunkelbraunen,  weisslich  eingefassten  Flecken  besteht.     Nach 


—     107     — 

innen  von  diesen  folgen  zwei  ebenfalls  von  einander  getrennte  dunkel- 
braune, weisslicli  eingefasste  Flecke,  von  denen  der  obere  rundlich  scharf 
begrenzt  ist,  der  untere  längliche  sich  im  helleren  Innenrande  verliert. 
Im  Flügelgrunde  steht  noch  ein  weiterer  kleiner  rundlicher,  dunkel- 
brauner, hell  eingefasster  Fleck. 

Auf  den  Unterflügeln  sind  die  Fleckenbinden  weniger  deutlich.  Die 
äusserste,  mit  dem  Aussenrande  parallel  laufende,  ist  verloschener,  die 
beiden  inneren  aus  dunklen,  zusammenhängenden,  weisslich  eingefassten 
Flecken  gebildet,  welche  Flecken  namentlich  am  Yorderrande  deutlicher 
sind.  Am  Innenrande  zeigen  sich  die  w^eisslichen  Einfassungen  als  parallel 
laufende  weissliche  Streifchen.  Im  Flügelgrunde  stehen  zwei  Reihen  von 
drei  isolirten  dunkeln  eingefassten  Punkten.  Analläppchen  tief  sammt- 
schwarz,  von  metallisch  grünen  Schüppchen  nach  innen  umlagert. 

2.    Amblypodia  Amazona,  Staudinger  in  lit. 

Herr  Dr.  Staudinger  hatte  die  Güte,  mir  diese  schöne  in  mehr- 
fachen Exemplaren  vorliegende  Art  mit  diesem  Namen  zu  bezeichnen. 
Sie  steht  der  A.  centaurus,  Fabr.  (nakula,  Felder)  sehr  nahe,  ist  aber 
etw^as  grösser  und  es  sind  die  Zeichnungen  der  Unterseite,  wie  die  Fär- 
bung derselben  ungleich  lebhafter,  als  bei  der  continentalen  Form. 

46  mm  Ausmafs.  Antennen  oben  schwärzlich,  unten  bräunlich.  Kopf, 
Brust  und  Rücken  oben  bräunlichschwarz  mit  bläulich  glänzenden  Schüpp- 
chen, unten  heller  braun,  ebenso  Palpen  und  Beine. 

Oberseite  der  Flügel  des  q^  tief  dunkel  violettblau,  glänzend,  mit 
schmaler  schw^arzer  Limballinie ;  Oberseite  des  Q  glänzend  blauviolett 
mit  breitem  schAvarzem  Rande  sämmtlicher  Flügel,  insbesondere  des 
Vorder-  und  Aussenrandes  und  des  Apicaltheils  der  Oberflügel.  Hinter- 
flügel mit  schw^arzem  Schwänzchen.  Unterseite  der  Oberflügel  lebhaft 
violettgrau  schimmernd  mit  dunkelbraunem  Rande,  centraler  hell  ab- 
gegrenzter brauner  unterbrochener  Kettenbinde  und  silbergrau  umfassten 
braunen  Flecken  im  Mittelfelde.  Innere  Flügelhälfte  dunkelbraun.  Unter- 
seite der  Unterflügel  mit  abwechselnden,  violettgrau  und  dunkelbraun 
gewellten  Kettenbinden  und  Flecken  und  drei  schwarzen  metallischgrün 
umzogenen  Randflecken  am  Analtheil  zur  Seite  des  schw  arzen  Schwänzchens. 

Die  Zeichnungen  der  Unterseite  sind  bei  den  meisten  Exemplaren 
sehr  lebhaft,  nur  bei  einigen  auf  den  Unterflügeln  weniger  hervortretend. 
Auf  den  Oberflügeln  zeichnen  sich  in  dem  dunkelbraunen  Flügelgrund, 
der   die  Mittelzelle   und   den   inneren  Vorderrand   einnimmt,    drei  hell- 


—     108     — 

silberglänzend  umzogene  Flecken  besonders  aus.  Der  innerste  ist  klein 
und  rundlich,  der  zweite  grösser  mehr  ovale,  bleibt  nach  der  Costa  hin 
offen,  der  äussere  rautenförmige  Fleck  ist  nur  nach  innen  und  aussen 
von  einem  schmalen  hellen  Streifen  umgeben.  Nach  aussen  von  diesen 
Flecken  ist  der  Flügel  hell  violettgrau  gefärbt  und  wird  durchzogen  von 
einer  schrägen,  dunkelbraunen,  weisslich  umzogenen  Binde,  welche  nach 
aussen  gewellt,  nach  innen  mehr  gerade  ist  und  sich  am  dritten  Medien- 
ast absetzt.  An  ihrer  Innenseite  liegt  eine  bis  zur  Dorsalis  reichende 
braune,  aus  zwei  Flecken  bestehende  Verlängerung.  Nach  dem  Innen- 
rande zu  steht  in  der  Flügelmitte  ein  keilförmiger  brauner  Fleck  im 
Flügelgrund,  welcher  bei  einzelnen  Exemplaren  mit  der  eben  erwähnten 
Verlängerung  der  Querbinde  in  Verbindung  tritt  und  dessen  Spitze  nach 
dem  Aussenrand  gerichtet  ist.  Darunter  ein  rundlicher,  hell  umzogener 
Fleck.  Der  Aussenrand  ist  bräunlich,  ihm  parallel  läuft  eine  verloschene 
braune  Binde  in  hellem  Grunde. 

Die  Unterseite  der  Unterflügel  ist  ausgezeichnet  durch  abw^echselnd 
dunkelbraun  und  violettgrau  erscheinende  parallele  gewellte  Fleckenbinden, 
welche  sich  im  Flügelgrunde  zu  rundlichen  Flecken  gestalten,  von  denen 
man  drei  innere  kleine  und  drei  grössere  äussere  unterscheidet.  Zu- 
meist zeichnet  sich  eine  dunkelbraune,  die  Flügelmitte  durchziehende 
Querbinde  innerhalb  veilgrauer  Umgebung  deutlicher  aus.  Der  Aussen- 
rand ist  etwas  heller  braun.  Am  Analwinkel  stehen  drei  schwarze  Stricli- 
flecke,  welche  metallischgrün  umzogen  sind  und  vom  schwarzen  Schwänz- 
chen durch  eine  hellere  Linie  abgegrenzt  sind.  Von  der  Abbildung  der 
A.  nakula,  Felder  (Nov.  Lep.  T.  XXIX  f.  14),  welche  als  identisch  mit 
Centaurus  angesehen  wird,  ist  unsere  Art  durch  den  Verlauf  der  Quer- 
binde verschieden,  von  der  überhaupt  nicht  sehr  gelungenen  Abbildung 
Distant's  von  A.  Centaurus  (Rhop.  Malay.  T.  29  f.  4,  5)  auch  durch  die 
viel  lebhaftere  Färbung  der  Unterseite.  Die  Doubleday 'sehe  Beschrei- 
bung des  javanischen  A.  pseudocentaurus  ist  mir  nicht  zugänglich.  Wenn 
nicht  als  specifisch  verschieden,  so  ist  A.  Amazona  jedenfalls  als 
charakteristische  Lokalvarietät  von  A.  Centaurus  zu  betrachten. 

3.    Ornithoptera  Pompeus,  var.  Holzi. 

Ausser  zahlreichen  Ornithopteren,  welche  dem  von  S  n  e  1 1  e  n  (Notes 
from  the  Leyden  Mus.  Vol.  XI  p.  153)  beschriebenen  Ornith.  Ritsemae 
völlig  entsprechen,  erhielt  ich  eine  stattliche  Zahl  von  solchen,  welche 
als  Pompeus  in  Anspruch  zu  nehmen  sind,    wenn   sie  auch,    namentlich 


—     109     — 

die  99i  vo^  ^^^^  ^^^  Gramer  T.  25  abgebildeten  Typus  etwas  ab- 
weichen. Zwei  cfcf  aber,  deren  näherer  Fundort  leider  nicht  angegeben 
ist,  die  aber  in  der  Nähe  von  Lawang  gesammelt  sind,  stellen  eine 
höchst  bemerkenswerthe  Varietät  vor. 

Dieselben  haben  die  durchschnittliche  Grösse  der  übrigen  Pompeus 
CJ^rf .  Antennen  schwarz,  Kopf  sammtschwarz.  Der  Halskragen  ist  schmal 
röthlich  gefärbt.  Die  auf  der  Oberseite  schwarze  Brust  ist  auf  der  Unter- 
seite mit  einzelnen  ziegelrothen  Haaren  besetzt,  welche  bei  beiden  Exem- 
plaren sich  fast  bis  zur  Hälfte  des  unten  gelben,  oben  schwarzen  Hinter- 
leibs erstrecken.    Die  Haare  des  Innenrandes  der  Hinterflügel  braungelb. 

Auf  der  Oberseite  sind  die  Oberflügel  tiefsammtschwarz  mit  dünner 
weisser  Bestäubung  zu  beiden  Seiten  der  Adern  bei  dem  einen  Exemplare 
und  mit  weisslichen  Fransen  bei  beiden.  Die  Unterflügel  haben  eine 
rothgoldene  Färbung.  Die  schwarze  Färbung  des  Innenrandes  und  die 
sonstigen  schwarzen  Punkte  und  die  keilförmige  einspringende  Umran- 
dung ist  wie  bei  den  übrigen  Pompeus,  aber  der  in  schwarzer  Vorder- 
randsfärbung stehende  Fleck  ist  völlig  ziegelroth.  Die  Unterseite  zeigt 
auf  den  Oberflügeln  dichte  weisse  Bestäubung  längs  der  Adern,  bei  dem 
einen  Exemplar  zieht  sich  diese  bis  in  den  Flügelgrund.  Der  ziegelrothe 
Fleck  am  Vorderrande  ist  auf  den  Unterflügeln  sehr  deutlich  ausgeprägt. 

Bei  dem  einen  Exemplare  sind  die  schwarzen  keilförmigen  Flecke 
des  Aussenrandes  stark  weisslich  angeflogen.  Auch  zeigt  sich  hier  die 
ziegelrothe  Färbung  nicht  blos  an  dem  Vorderrandsflecke,  sondern  er- 
giesst  sich  über  die  äussere  Parthie  des  goldrothen  Grundes,  sowie  über 
einen  Theil  des  Innenrandes  an  der  Analfalte. 

4.    Achaea  quadrilunata,  Pag.  nov.  spec. 

Die  vorliegende  Art  dürfte  noch  unbeschrieben  sein. 

Der  Achaea  Radama,  F.  u.  R.  (Felder  und  Rogenhofer,  Reise  Novara, 
Lepidopteren  T.  116,  t  17)  nahe  verwandt  und  in  Zeichnungsanlage 
ähnlich,  doch  bedeutend  kleiner,  ^f  40  mm.  Palpen  mit  spitzem  End- 
glied vorragend,  zweites  Glied  dicht  beschuppt.  Fühler  lang,  kurz  be- 
wimpert. Vorderbeine  braun,  hellbraun  geringelt,  Mittel-  und  Hinter- 
schienen gelblichbrauu,  oberseits  dicht  dunkelbraun  behaart,  gespornt. 
Tarsen  gelblich  geringelt.  Kopf,  Halskragen,  Brust  und  Hinterleib 
schwärzlichbraun,  auf  der  Unterseite  etwas  heller. 

Vorderflügel  dunkelbraun,  violett  schimmernd,  mit  schwärzlichem 
Mittelpunkt   und   schwach   angelegten   dunklen  Quer-  und  Wellenlinien. 


—     110     — 

Am  Vorderrande  nahe  der  Flügelspitze  ein  grosser  halbmondförmiger 
fleischfarbener  Fleck,  bis  zu  ^/g  des  Vorderrandes  reichend,  mit  dunkel 
umrahmter  Convexität  in  den  Flügel  sich  erstreckend.  Fransen  des 
convexen  abgerundeten  Aussenrandes  dunkelbraun. 

Unterflügel  mit  abgerundetem  Saume  schwärzlich,  der  halbe  Aussen- 
rand  und  ^/g  des  Vorderrandes  wird  von  einem  goldgelben,  halbmond- 
förmigen Flecken  eingenommen,  der  in  der  Mitte  etwas  vorspringt  und 
die  Fransen  mit  einbegreift,  die  von  hier  aus  schwärzlich  sind. 

Unterseite  der  Oberflügel  schwärzlich  braun,  heller  als  auf  der 
Oberseite,  mit  einem  gelblichen  verwischten  Flecken  zu  ^/g  des  Vorder- 
randes, dunklem  Mittelpunkte  und  verloschener  schwärzlicher  Mittellinie. 
Hinterflügel  schwärzlich  braun  mit  hellgelblicher  Färbung  des  Aussen- 
randes und  Vorderrandes,  wie  auf  der  Oberseite,  und  verloschener 
Mittellinie. 


Ergebnisse 

der 


meteorologischen  Beobachtungeu  der  Station  zu  Wiesbaden 

im    Jalire   ISS  9. 


Von 

Aug.  Römer, 

S  t  a  t  i  0  n  s  V  0  r  s  t  a  n  d. 


Die  beigefügte  Tabelle  ergiebt  folgende 

Jahres -Uet)  er  sieht. 

3Iittlere.r  Luftdruck 751,8  mm 

Höchster  beobachteter  Luftdruck  am  20.   ISTovember   .  770,8    « 

Niedrigster          «                    «           «9.  Februar      .  729,9    « 

Mittlere  Lufttemperatur 8,8'^C. 

Höchste  beobachtete  Lufttemperatur  am    2.  Juni    .     .  30,4    « 

Niedrigste         «                       «                «13.  Februar  .  —  16,9    « 

Höchstes  Tagesmittel  der  Lufttemperatur  a'ni  10.  Juli.     .  23,1    « 

Niedrigstes         «           «                «               «   13.  Februar  —  13,3    « 

Mittlere  absolute  Feuchtigkeit 7,2  mm 


relative 


7Q0 


0 

Höhensumme  der  atmosphärischen  Niederschläge     .     .       505,5  mm 
Grösste  ßegenhöhe  innerhalb  24  Stunden     .     .     .     .         22,0    « 


—     112     — 


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«       «       «       «     Schnee 43 

«       «       «       «     Hagel,  Graupeln 8 

«     Thau 39 

«     Reif 33 

«     Nebel 27 

«     Gewitter 24 

«       «       «       «     Wetterleuchten .  7 

«     Sturm 2 

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NE.-    <        175 

E.-       -        84 

SE.-     «        42 

S.-        <        23 

SW.-    -        •    ...  205 

W.-      «        115 

NW.-  «        130 

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MSSAÜISCHEN  VEREINS 


FÜR 


NATURKÜNDE. 


HERAUSGEGEBEN 

VON 


DK.  ARNOLD  PAGENSTECHER, 

KÖNIGL.  SANITÄTSRATIT,    INSPECTOIl    DKS  NATUIUIISTOUISCHEN  MUSEUMS  UND 
SECRETÄU  DES  NASSAÜISCHEX  VEREINS  FÜR  NATURKUNDE. 


JAHROANO  43. 


MIT  DREI  TAFELN. 


WIESBADEN. 

VERLAG   VON  J.   F.  BERGMANN. 

1890. 


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C.  W.  Kreidel's  Verlag  in  Wiesbaden. 

Durch  jede  Bii  chhaiidlung-  des  In-  und  Auslandes  zu  beziehen. 

Seleilka^  Dr.  Emil^  Studien  über  die  Entwickelungsgeschichte  der 
Thiere.  1.  Heft:  Keimblätter  und  Priniitivorgane  der  Maus,  Mit  4  Tafeln 
in  Farbendruck.  Preis  12  Mark.  II.  Heft :  Die  Keimblätter  der  Echmo- 
dermen.  Mit  G  Tafeln  in  Farbendruck.  Preis  15  Mark,  III.  Heft:  Die 
Blätterumkehrung  im  Ei  der  Nagethiere.  Mit  6  Tafeln  im  Farbendruck. 
Preis  15  Mark,  IV.  Heft:  Das' Opossum  (Didelphys  Virginiana).  Mit 
14  Tafeln  in  Farbendruck  und  3  Holzschnitten.     Preis  40  Mark. 


Seleilka,    Dr.  Emil,    Ein  Streifzug  durch  Indien.     Mit  29  Abbildung 
im  Text.    Preis  2  Mark. 


Semper,   Georg,     Die    Schmetterlinge     der    Philippinischen    Inseln. 

Beitfag  zur  indo-nialayischen  Lepidopteren-Fauna.  Erster  Band:  Die 
Tagfalter  (Rhopalocera).  Erstes  bis  fünftes  Heft.  Mit  Adernetzen  im 
Texte  und  41  Farbentafeln.     Preis  ä  Heft  24  M. 


Sarasin,  Dr.  Paul,  und  Sarasiu,  Dr.  Fritz,  ErgeT>nisse  naturwissen- 
schaftlicher  Forschungen   auf  Ceylon.     In   den   Jahren    1884— 80. 

Erster  Band,  Heft  I^  „lieber  das  Auge  und  das  Integument  der  Diade- 
matiden",  mit  3  Tafeln,  „Ueber  zwei  parasitische  Schnecken",  mit  2  Tafeln, 
Preis  M.  14,  Heft  II:  „Aus  der  Entwicklungsgeschichte  der  Helix  Waltoni 
R  e  e  V  e  " ,  „Knospenbildung  bei  Linckia  Multifora  L  a  m  a r  c  k" .  Mit 
4  Tafeln.  Preis  M.  14.  Heft  III:  „Ueber  die  Anatomie  der  Echino- 
thuriden  und  die  Phylogenie  der  Echinodermen".  Mit  8  Tafeln.  Preis  M.  18. 

Zweiter  Band,  Heft  I:  „Zur  Entwicklungsgeschichte  und  Anatomie 
der  ceylonesischen  Blindwühle  Ichthyophis  glutinosus"  (Epicrium  gluti- 
nosum  aut.).  I.  Ei,  Brutpflege,  Entwicklung  der  äusseren  Körperform 
und  vergleichende  Bemerkungen. '  Mit  5  Tafeln.  Preis  M.  14.  Heft  II: 
Dasselbe.  II.  Die  Seitenorgane  der  Larve;  Die  letzten  Endigungen  der 
Blutcapillaren  in  den  Intercellularräumen  der  Epidermis;  Becherzellen 
und  Cuticularborsten ;  Körperringel  und  Schuppen ;  Bau  und  Entwicklung 
der  Cutisdrüsen.  Mit  6  Tafeln.  Preis  M.  14.  Heft  III^  Dasselbe.  III.  Das 
Schicksal  des  Dotters ;  Ueber  die  Homologie  der  Keimblätter  im  Thier- 
reiche  auf  Grund  des  Satzes,  dass  die  beiden  Keimschichten  der  Gastrula 
nicht  dem  Ektoderm  und  Entoderm,  sondern  dem  Blastoderm  und  Dotter 
der  Vertebraten  entsprechen ;  Der  Enddarm  der  Embryonen.  Mit  3  Tafeln. 
Preis  M.  10.  Heft  IV:  Dasselbe.  IV.  Der  Schädel;  Nase.  Jacobson'sches 
Organ  und  Thränennasengang;  Der  Tentakel;  Das  Gehörorgan;  Eine 
Notiz  über  das  Gehirn  von  Ichthyophis;  Drüsen  der  Mundhöhle;  Be- 
merkungen über  das  Gefässsystem ;  Kiemenkorb,  Zunge,  äussere  Kiemen, 
Kiemenspalten;  Die  Spermatozoen ;  Schlussbemerkungen;  Nachtrag;  Ver- 
zeichniss  der  Originalliteratur  über  die  Caeciliiden.  Mit  10  Tafeln. 
Preis  M.  22. 


Druck  von  Carl  Ritter  in  Wiesbaden. 


MBI.  WHOI   LIBRARY 

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