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JAHRBÜCHER
DES
NASSAUISCHEN VEREINS
FÜE
NATURKUNDE.
JAHRBÜCHER
DES
NASSAUISCHEN VEREINS
FÜR
NATURKUNDE.
HERAUSGEGEBEN
VON
DR- ARNOLD PAGENSTECHER,
KÖNIGL. SANITÄTSRATH, INSPECTOR DES NATURHISTORISCHEN MUSEUMS UND
8ECRETÄR DES NASSAUISCHEN VEREINS FÜR NATURKUNDE.
JAHRGANG 43.
MIT DKEI TAFELN.
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WIESBADEN.
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VERLAG VON J. F. BERGMANN.
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1890.
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Buchdruckerei von Carl Ritter in Wiesbaden
Inhalt.
Seite.
I. Vereins-Nachrichteii.
Protokoll der Generalversammlung und Feier des GOj äh-
rigen Bestehens des Nassauischen Vereins für Natur-
kunde am 6. October 1889 IH
Bericht, vorgetragen in der Generalversammlung und
Feier des 60jährigen Bestehens des Nassauischen
Vereins für Naturkunde am 6. October 1889. Von
Dr. Arnold Pagenstecher V
Nekrologe: Lothar von Wurmb. — Georg Lehr. — Max
Saalmüller XVII
Verzeichniss der Mitglied er des Nassauisch en Verein s für
Naturkundeim November 1890 XXIII
II. Abhandlungen.
Die Entwicklung der Chemie in den letzten sechzig Jahren,
mit specieller Berücksichtigung unseres Vereins-
gebietes. Vortrag, gehalten in der 60. Generalver-
sammlung desNassaui sehen Vereins für Naturkunde
am 6. October 1889 von Professor Dr. H. Fresenius . . 1
DieTher malquellen Wiesbadens in chemischerBeziehung.
Von Dr. R. Fresenius, Geh. Hofrathe und Professor . 17
Das Bohrloch im NeuenWiesbadener Schlachthause. Von
A. von Reinach (Frankfurt a. M.) 33
Die Heliozoen der Umgegend von Wiesbaden. Von Dr. phil.
Eugen Penard (Genf). Hierzu Tafel I, II 39
^3-9^^
Catalog der nackten und schalen tragenden Ehizopoden
von Wiesbaden. Von Dr. phil. Eugen Penard (Genf) . 67
Ueber einige neue oder wenig bekannte Protozoen. Von
Dr. phil. Eugen Penard (Genf). Hierzu Tafel III .. . 73
Beiträge zur Lepidopteren -Fauna des Malayischen Ar-
chipels. (VI.) Ueber Schmetterlinge von Ost-Java.
Von Dr. Arnold Pagenstecher (Wiesbaden) 93
Ergebnisse der meteorologischen Beobachtungen der
Station zu Wiesbaden im Jahre 1889. Von Aug. Bömer,
Stationsvorstand 109
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Ai,
* K^^
Yereins -Nachrichten.
Jahrb. d. nass. Ver. f. Nat. 43.
Protokoll
der
Generalversammlung imd Feier des 60jährigen Bestehens des
Nassaiiischen Vereins für Naturkunde
am Sonntag den 6. October 1889 Vormittags 11 Uhr
im Museumsaale.
Der Vereinsdirector, Herr Regierungspräsident von Wurmb, er-
öffnete die Versammlung, indem er die von hier und auswärts erschienenen
Mitglieder und Freunde des Vereins warm begrüsste und für das zahl-
reiche Erscheinen dankte. Darauf erstattete der Vereinssecretär, Sanitäts-
rath Dr. A. Pagen Stecher, Bericht über das Vereinsleben der ver-
gangenen Zeit und insbesondere über das verflossene Jahr (s. S. V).
Herr Gymnasialdirector a. D. Spiess brachte als Vorsitzender
des Alterthumsvereins dem »Schwesterverein« die herzlichsten Glück-
und Segensw^ünsche. Weiter sprachen Herr Dr. Richters von Frank-
furt a. M. Namens der »Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft«
und Herr Dr. Bode Namens des »Vereins für naturwissenschaftliche
Unterhaltung« warme Worte der Theilnahme an dem Jubiläum des
Vereins, in dessen Namen der frühere Vereinsdirector, Herr Geh. Hof-
rath Dr. Fresenius, für die dargebrachten Glückwünsche dankte.
Schriftliche Glückwünsche der naturwissenschaftlichen Vereine zu Cassel
und Oifenbach, sowie einiger dem Vereine nahestehender Männer der
Wissenschaft gelangten zur Verlesung.
In Anerkennung ihrer erspriesslichen Thätigkeit für den Verein
und wissenschaftlichen Verdienste wurden zu Ehrenmitgliedern
ernannt die Herren:
Reg.-Präsident von Wurmb zu Wiesbaden,
Geh. Hofrath Dr. R. Fresenius zu Wiesbaden,
Geheimrath Dr. R. Leuckart zu Leipzig,
— IV —
und zu correspondire nden Mitgliedern die Herren:
Professor Dr. F. H u e p p e zu Prag,
Oberstlieutenant z. D. Saalmüller zu Bockenheim,
Oberstlieutenant von Schön feld zu Weimar,
Professor Dr. Kaysser zu Marburg a. d. Lahn.
Bei der hierauf folgenden Vorstandswahl wurden die bisherigen
Mitglieder durch Acclamation wiedergewählt, so dass der Vorstand für
die nächsten zwei Jahre besteht aus den Herren:
Regierungspräsident von Wurmb, Director,
Sanitätsrath Dr. A. Pagenstecher, Museumsinspector und
Vereinssecretär,
Hofrath Lehr, öconomischer Commissär,
Rentner Duderstadt, Cassirer,
Professor Dr. H. Fresenius,
Rentner Dr. H. Weidenbusch,
Apotheker Vi gener in Biebrich, Vorsteher der botanischen
Section,
Rentner Dr. L. Dreyfus, Vorsteher der zoologischen Section.
Anträge oder Wünsche wurden von Seiten der Versammlung nicht
vorgebracht.
Herr Professor Dr. H. Fresenius hielt sodann einen Vortrag:
:*Ueber die Entwicklung der Chemie in den letzten 60 Jahren mit
besonderer Berücksichtigung des Vereinsgebietes« (s. S. 1). Hierauf
Schluss der Versammlung.
Ein gemeinsames Festmahl vereinte um 2 Uhr in den Räumen des
Casinos Mitglieder und Freunde des Vereins in der heitersten Geselligkeit.
Der Vereinssecretär:
Dr. A. Pagenstecher.
B e r i c li t
vorgetragen in der
Generalversammlung und Feier des 60jährigen Bestehens des
Nassauischen Vereins für Naturkunde am 6. October 1889.
Von
Dr. Arnold Pagenstecher,
Vereinssecretär.
Hochzuverehrende Anwesende !
Die heutige Generalversammlung gilt zugleich der Feier des 60jährigen
Bestehens des Nass. Vereins für Naturkunde. In eifriger und selbstloser,
von dem Wechsel der Zeit und der Personen unberührt gebliebener
Arbeit hat sich der Verein in diesem Zeitraum sowohl innerhalb, wie
ausserhalb der Mauern dieser schönen Stadt Anerkennung und Erfolge
verschafft. Das zarte, von sorgsamen Händen in fruchtbares Erdreich
gepflanzte Reis hat sich zu einem starken Baume entwickelt, der reiche
Blüthen und Früchte getragen. Wir sehen freudig auf die Mehrung
des materiellen Besitzes unserer in vielfacher Mühewaltung zusammen-
gebrachten Sammlungen, wie auf den geistigen Schatz, der in unseren
Jahrbüchern niedergelegt ist, oder in thätiger, wechselnder Belehrung
in fruchtbringender Weise weiter wirkt.
In den zwei Menschenaltern des Bestehens unseres Vereins haben
sich neben einem ungeahnten Umschwung im politischen Leben auch
die grossartigsten Umgestaltungen des Wissens und Könnens gebildet.
Gestatten Sie mir, dass ich in einem kurzen Rückblick auf die ver-
gangenen Jahre in allgemeinen Zügen einige wenige Hauptpunkte aus
dem gewaltigen Aufschwung in Ihr Gedächtniss zurückrufe, welche die
Naturwissenschaften seit jener Zeit genommen haben, in welcher die
Pathen unseres Vereins das lebensfrische Kind zur Taufe brachten, und
— VI —
Ihnen damit die Grundlage skizzire, auf welcher sich die steigende
Thätigkeit unseres Vereins aufbaute.
Es fällt die erste Jugend unseres Vereins in die Zeit, in welcher
es nicht wenig dem Einflüsse des grössten Naturforschers unseres Jahr-
hundertSj Alexander von Humboldt, zuzuschreiben war, dass ein
neuer Geist in die Naturwissenschaften einzog. Wie er durch seine hin-
reissenden Naturschilderungen das ganze gebildete Publikum zu begeistern
wusste, so hatte auch sein universeller Geist und die Macht seiner
Persönlichkeit auf jener denkwürdigen Naturforscherversammlung zu
Berlin im Jahre 1828 zündend auf alle Gebiete der Naturwissenschaft
eingewirkt. Ein neuer Born des Wissens ergoss sich und die dumpfe
Schwüle der Naturphilosophie musste der Morgenröthe einer besseren
Erkenntniss weichen und dem frischen Hauche der in Erfahrung
gestählten V\^issenschaft.
Gedenken wir zunächst der bedeutenden Ereignisse im Gebiete der
Astronomie innerhalb der sechzig Jahre, die uns beschäftigen, so können
wir den grossartigen Entdeckungen früherer Jahrhunderte und den
Arbeiten eines Copernicus, Keppler, Newton und Herrschet
eine nicht minder bedeutende Errungenschaft entgegenstellen, die durch
Kirchhoff und Bunsen 1859 erfundene Spectralanalyse, wodurch,
uns eine chemische Bestimmung der V^eltkörper möglich geworden ist.
Wie Dubois-Reymond sagt, ist »der Glanz der Sterne und die
Gluth der Sonne zurückgeführt auf Verbrennungsvorgänge von Gasen,
welche in glühende Dämpfe verwandelt sind und deren Glanz der schwin-
gende Aether aus unermesslicher Ferne in unsere Instrumente wirft. Ja,
diese Flammenbilder sind ganz dieselben, wie sie auch in unseren irdischen
Gasen und Metallen hervorgebracht werden. So hat man erkannt, dass
selbst jene ferne Sternen weit nicht unwandelbar ist, dass auch sie ein
Werden und Vergehen hat.«
Es war 1842, als Robert von Meyer aus Heilbronn in Liebig's
Annalen der Chemie in einem denkwürdigen Aufsatze die Idee des
Princips der Erhaltung der Kraft zunächst in grösster Allgemeinheit
erfasste. Wohl fehlte ihm die sofortige Anerkennung, aber schon 1847
analysirte Helmholtz das Gesetz mathematisch, das jetzt die mechanisch-
physikalische Erkenntniss beherrscht.
Ebenso hatte die angewandte Physik zur Zeit der Gründung
unseres Vereins einen gewaltigen Schritt vorwärts gethan, dessen uner-
messlichen Einfluss wir erst in der Neuzeit zu würdigen wissen.
— VII —
Nach den Entdeckungen Oerstedt's und Faraday's war mit
der Construirung des ersten elektrischen Telegraphen durch Gauss und
Weber 1823 der Grundstein gelegt zu einem riesigen Fortschritt der
Menschheit durch die Benutzung der Elektricität für das praktiche Leben.
Um das Jahr 1852 fielen die ersten Versuche von Reis über das
Telephon, die im Jahre 1861 zuerst veröffentlicht, bald zu den gross-
artigen Erfolgen von Bell und Edison führen, denen wir jetzt jene
wunderbare Lichtquelle verdanken, die bereits über den ganzen Erd-
ball verbreitet ist, nachdem 1881 die erste Ausstellung ihrer Erzeug-
nisse stattgefunden hatte. Und noch vor wenig Tagen hat der wunder-
bare Phonograph auch in Deutschland das Erstaunen der höchsten
Kreise der Gesellschaft hervorgerufen.
Wie hat die Dampfmaschine in alle Verhältnisse eingegriffen!
Im Jahre 1819 durchfurchte die »Savannah« als erstes Dampfschiff den
atlantischen Ocean; die erste Eisenbahn wurde in England im Jahr 1830,
ein Jahr nach Gründung unseres Vereins, eröffnet, in Deutschland 1835,
in der Schweiz 1837. Jetzt hat der Dampf Länder genähert und Völker
durcheinander gewürfelt, Handel, Bildung und Wohlstand in ungeahnter
Weise vermehrt, freilich auch unser sociales Leben in eine Gährung
gebracht, die den Kampf um's Dasein erschwert und uns gewaltige Um-
wälzungen zu fürchten gelehrt hat.
Fünfzig Jahre sind es weiter in diesem Jahre gewesen, dass jene
schöne Erfindung des Lichtdruckes durch Daguerre gemacht wurde,
der wir jetzt so wunderbare Leistungen verdanken !
Durch Alexander von Humboldt wurde auch die Meteoro-
logie in die Wissenschaft eingeführt, da er durch seine weiterreichende
Erfahrung in den Stand gesetzt war, die Witterungsverhältnisse der
einzelnen Länder in ihrer Abhängigkeit von denselben allgemeinen Gesetzen
darzustellen. Ihm folgte Leopold von Buch mit seinen Studien über
die Vertheilung des Luftdruckes und vornehmlich D o v e in der Förderung
der bereits von Humboldt angeregten meteorologischen Stationen,
deren grosse wissenschaftliche und praktische Bedeutung wir mehr und
mehr schätzen lernen.
Ganz besondere Fortschritte hat neben der Physik auch die Chemie
in den 60 Jahren, welche uns beschäftigen, gemacht! Zunächst die
analytische Chemie im Gebiet des Anorganischen, dann aber ganz
besonders die Chemie der organischen Verbindungen, welche früher,
als zu den Geheimnissen der Natur gehörig, durch Liebig 's gewaltigen
— VIII —
Einfluss seit 1840 aufgeklärt wurden. Er lehrte zuerst das thierische
und pflanzliche Leben in seinem chemischen Vorgange begreifen und Hess
die Wissenschaft hinaustreten in die übrigen Disciplinen, in die Werk-
stätten, in die Fabriken, an das Krankenbett. Wie die Chemie zersetzen
lehrte, so fand sie auch den Weg, organische Stoffe neu zu gruppiren
und durch einfache Substitution von Atomgruppen neue Substanzen mit
neuen Eigenschaften entstehen zu lassen. Es war zur Zeit der Gründung
unseres Vereins, 1828, als Wo hl er das Dogma von der Unmöglichkeit
der Herstellung organischer Verbindungen zerstörte und auch ohne die
mystische Lebenskraft auf künstlichem Wege den organischen »Harn-
stoff« darstellte. Jetzt ist die synthetische Chemie der Stolz der Wissen-
schaft und zugleich die Quelle des Reichthums . geworden, indem sie
die Zusammensetzung der Farben fand und aus dem bis 1856 nutzlosen
Steinkohlen-Theer die glänzenden Anilinfarben hervorzauberte, ganze
Industrieen entwickelte und die wichtigsten Medicamente aus dem gleichen
Material herstellte.
Die beschreibenden Naturwissenschaften nahmen in der
Zeit des Entstehens unseres Vereins einen nicht minder bedeutenden
Aufschwung. Cuvier, der Begründer des natürlichen Systems in der
Zoologie, hatte vorher für lange Zeit die Führung übernommen. Unter
seiner Leitung schlug die Biologie vorwiegend die Richtung ein auf die
Erkenntniss der Arten, Formen und Bildungsgesetze der Lebewesen.
Aber sie verfiel bald einem seichten Vitalismus, zu dem sich die Natur-
philosophie gesellte. Der Umschlag blieb nicht aus. Man kam zur
Erkenntniss der Nothwendigkeit embryologischer Forschung ; das Mikroskop
eröffnete ein grossartiges Feld und Chemie und Physik gaben ihrerseits
neuen Anstoss zur Induction. 1828 entdeckte von Baer das Säuge-
thierei und gab 1837 seine berühmte Entwicklungsgeschichte heraus;
1838 erschien das grosse Infusorienwerk Ehrenberg 's. Schwann
hatte 1837 seine Untersuchungen über Gährungen begonnen, welchen
sich die von Helmholtz und Pasteur 1840 anschlössen. Im Jahre 1838
begann die Schi ei den- Schwann 'sehe Zellenlehre eine neue Welt
aufzuschliessen. Es entstand die Lehre von der Einheit der organischen
Lebensformen und mit Sc hl ei den und Schwann begründeten von
M 0 h 1 , K ö 1 1 i c k e r und V i r c h o w die Atomistik des Lebendigen, die
schon Aristoteles geahnt hatte.
Mit der neuen Waffe des Mikroskops an der Hand erhielt die
Wissenschaft ungeahnte Aufschlüsse über Leben und Kranksein, deren
— IX —
Tragweite wir ganz besonders in den letzten Jahren zu bewundern ge-
lernt haben. Die Naturwissenschaften, namentlich auch Physik und
Chemie, gaben der Medicin die neue Richtung der angewandten Natur-
wissenschaft. Robita nsky und Virchow begründeten die neuere
pathologische Anatomie, Au enbrugg er, Corvisart und Skoda die
Auscultation und Percussion ; Wunderlich wies dem Thermometer seine
Aufgabe am Krankenbette zu, Helmholtz erfand den Augenspiegel,
Czermak den Kehlkopfspiegel. — Lister's auf dem Boden der
Naturwissenschaften fussende Untersuchungen gaben Anlass zu einem
eminenten Fortschritt in der Chirurgie, welche schon durch Simpson 's
Chloroform und Esmarch's Blutleere wesentliche Verbesserungen er-
haltenhat. Auch das Lieblingskind der neueren Medicin, die Hygiene,
konnte sich nur entwickeln durch die eminenten Fortschritte der Natur-
wissenschaften und dass sie nach neuer naturwissenschaftlicher Methode
arbeitete, wie sie besonders Robert Koch einführte.
Während sich bei dem Naturphilosophen 0 k e n Deduction und In-
duction noch die Waage hielten, senkte sie sich bald zu Gunsten der
letzteren und durch Johannes Müller, der freilich in seiner um die
vierziger Jahre erschienenen Physiologie noch die Lebenskraft annahm,
ward unter Mitwirkung seiner Schüler, Helmholtz und Dubois-
Reymond, die vergleichende Anatomie und Physiologie umgewandelt.
Cu vi er 's Lehre von den wiederholten Schöpfungen, welche wiederholten
Umwälzungen unterliegen, verlor ihre Berechtigung, seitdem Lyell, der
grosse Geologe, zeigte, dass die Geologie ohne solche Catastrophen aus-
kommt, als man das stille ununterbrochen und allmählich in langen Zeit-
räumen thätige Wirken der Naturkräfte zu würdigen lernte und Darwin
endlich hinzufügte, dass die Spezies sich umwandelt. Darwin gab 1859.
wenige Tage nach Alexander von Humboldt 's Tode, sein berühmtes
Werk über die »Entstehung der Arten« heraus und damit den Anstoss
zu einem gewaltigen Fortschritt der Wissenschaft. Durch Darwin
wurde das Gegentheil der Linne'schen Lehre von der Constanz der
Art als Grundsatz hingestellt und die Veränderlichkeit der Spezies und
ihre Fortentwickelung durch die natürliche Zuchtwahl eingeführt. Freilich
hatten schon vor Darwin die französischen Gelehrten L a m a r c k (1801),
Geoffroy (1831; und Isidore St. Hilaire (1850) und fast gleich-
zeitig mit ihm Alfred Russell Wallace (1858) ähnliche Ideen
über die Veränderlichkeit der Art der wissenschaftlichen Welt unter-
breitet.
Das Darwin 'sehe Buch, das 1886 von Virchow als ein »welt-
erschütterndes Ereigniss« bezeichnet wurde, verdankt seine Wirkung
hauptsächlich der grossen Zahl wichtiger Thatsachen, die in ihm nieder-
gelegt sind, und der Menge von genauen Untersuchungen und Beob-
achtungen, welche die Speculation mit der Erfahrung verknüpfen. Wir
sind zwar jetzt in Bezug auf diese »wissenschaftliche That ohne Gleichen«
etwas ruhiger geworden. Wir fühlen den Umfang und die Bedeutung
der Darwin 'sehen Lehre und ihren Widerhall in den fernsten Kreisen
menschlicher Erkenntniss, wenn sich auch die durch sie erregten Wogen
längst geglättet haben. Ein grosser Theil der lebenden Naturforscher
gehört zu den Anhängern der Descendenztheorie, freilich ohne deshalb
immer zugleich der Selectionstheorie zuzustimmen.
So haben sich die Naturwissenschaften in ganz eigenartiger Weise
zu der Höhe entwickelt, in der wir sie jetzt sehen. Wir stehen mitten
in der engsten Forschungsthätigkeit, welche hier die Tiefen des Oceans,
dort die entlegensten Gebiete der Erde untersucht und auch die geo-
graphische Wissenschaft mit Hülfe der Naturwissenschaften auf eine un-
geahnte Höhe gehoben hat.
Aber der Geist unserer Zeit, wie er sich besonders seit den Dar-
win'sehen Entdeckungen gebildet hat, hat keinesweg bei seinem Forschen
nach der Entstehung des Lebens und bei seinem Suchen nach immer
niedrigeren Organismen, sein lebendiges Zweckbewusstsein verloren, wie
der slavische Rousseau der Neuzeit behauptet. Wie nach der Ent-
stehung des Lebens, so forschen wir auch nach dem Sinne des
Lebens ; das geistige Gesammtvermögen der Menschheit ist in einer früher
nie geahnten Weise gesteigert, und die Wissenschaft ist auch das Glück
der Menschheit.
Kehren wir nun zu unserem Verein und seinem Wirken zurück!
Es ist besonders wohlthuend und darin besteht das Schöne unserer
Vereinsthätigkeit, dass sie eine freiwillig gebotene ist, dass sie aus Liebe
zur Wissenschaft arbeitet und ihre Erfolge selbst erwirbt im friedlichen
harmonischen Zusammenwirken verschiedenartiger Kräfte. Was der erste
Secretär unseres Vereins, der verstorbene Professor Dr. Thomae, im
Jahre 1843 schon hervorhob, das gilt auch heute noch, wenn er sagt:
»Grössere Kräfte mögen immerhin Grösseres und Erspriesslicheres zu
Tage fördern, reicher dotirte Anstalten mögen den Fortsehritten der
Naturkunde ausgiebigere Wege eröffnen. Legen wir aber den Erfolg
mit den gebotenen Hülfsmitteln vergleichend in die Wagschale, so werden
— XI —
wir uns sagen dürfen, dass seit Gründung unseres Vereins die durch
denselben erzielten Resultate in der Tliat nicht unbefriedigende sind,
vielleicht so befriedigend, dass unsere Anstalt mit vielen ähnlichen, die
ihr mit gleichen Absichten in anderen Staaten gefolgt und voraufge-
gangen sind, ohne Ruhmrede sich messen darf.«
Die Geschichte unseres Vereins in den ersten Jahren seines Be-
stehens ist in treuen Zügen von Professor Thomae geschildert worden.
Ich kann auf diese ausführlichen, die allgemeinen, wie die speciellen
Verhältnisse des Vereins berührenden, auch in einer besonderen Brochüre
erschienenen Mittheilungen verweisen, in welcher auch namentlich der
um die Gründung des Vereins hochverdienten Männer von B r e i d b a c h-
Bürresheim, von Arnoldi nnd Dr. Fritze in pietätvoller Weise
gedacht wird. Darauf hat Professor Kirschbaum bei dem 50jährigen
Jubiläum des Vereins noch weitere Daten gegeben, so dass ein Jeder,
welcher sich für das allmähliche Wachsen und Gedeihen unserer wissen-
schaftlichen Vereinigung interessirt, in der genannten Ausführung wie in
den jeweiligen Jahresberichten sich genügend informiren kann. — Aus-
gezeichnet durch die Huld eines hochsinnigen Fürsten, begünstigt von
dem regelmässigen Räderwerk eines zwar kleinen, aber wohlgefügten
Staatswesens und getragen von dem Wohlwollen der Behörden, waren
bereits die ersten Bestrebungen des A'ereins überall mit offenen Armen
und Herzen aufgenommen worden. Diese Sympathieen blieben dauernde,
und so konnte es nicht fehlen, dass sich heute sowohl unser Vereins-
gebiet zu dem nach allen Richtungen hin bestdurchforschten gesellt, als
auch dass unsere wissenschaftlichen Jahrbücher eine Reihenfolge der ge-
diegensten Arbeiten enthalten. Es sei mir gestattet, hier einige der
verdientesten Namen aufzuführen.
Für die Geologie und Paläontologie waren besonders thätig: Stifft,
Thomae, Sandberger, von Meyer und Koch, für die Minera-
logie Sa ndb erger, Giebeler, Stein, Grandjean, Wencken-
bach, für die Botanik Rudio, Fuckel, Beyrhoffer, Vigener,
Geisenheyner. Das Gebiet der Zoologie fand Bearbeiter fast in allen
Zweigen. Die Wirbelthiere wurden von Koch, Kirschbaum, S n e 1 1 ,
Römer, v o n H o m e y e r , die Mollusken von Kobelt, Sandberger,
Koch und Böttger erforscht und beschrieben. Dem bunten Heere
der Insecten widmeten sich zahlreiche Forscher : die Insecten im Allge-
meinen und besonders die Hymenopteren und Hemipteren bearbeiteten
S c h e n c k und Kirschbaum, die Käfer von Hey den, Budde-
— XII —
berg, von Schönfeldt, die Schmetterlinge Vigelius, Alexander
Schenck, Rössler, Fuchs, Pagenstecher. Wie viel aber noch
auf einem anscheinend bekannten Gebiete zu leisten ist, das haben erst
in jüngster Zeit die eifrigen Untersuchungen unseres Vorstandsmitgliedes,
Dr. Dreyfus, gezeigt, indem sie die überraschendsten Resultate über
das biologische Verhalten der Phylloxeriden zur wissenschaftlichen Geltung
brachten. — Selbst die kleinsten der Lebenswesen, die Infusorien, wurden
von Schultz und P e n a r d erforscht, und nur wenige Abtheilungen des
Thierreiches warten noch des forschenden Auges. — Ganz besonders
wichtig sind die mustergiltigen Untersuchungen der Mineralwässer unseres
hierin so reichen Vereinsgebietes durch Herrn Geh. Hofrath Dr. Fre-
senius, Herrn Prof. Dr. H. Fresenius und ihre Schüler, welche so
manche Bände unserer Jahrbücher zieren.
Neben den Arbeiten über die in unserem Vereinsgebiet heimischen
Mineralien, Pflanzen und Thiere wurden auch solche aus entfernten
Gebieten in den Kreis der Betrachtung gezogen, ja es fand ein ganzer
Welttheil, Australien, auf Grund langjährigen Aufenthaltes daselbst eine
vortreffliche Bearbeitung in dem um unseren Verein und sein Museum so
hochverdienten früheren Vorstandsmitgliede, Herrn Oberbergrath Odern-
heim er.
Wie die Untersuchungen über die Vorkommnisse in unserem Vereins-
gebiet allmählich zu einer grossen Vollständigkeit in der Erkenntniss
geführt haben, so ist auch unser Museum, das bei seiner Gründung
aus einigen fossilen Knochen und der v. G er ning 'sehen Insectensamm-
lung bestand, mehr und mehr und in einzelnen Gebieten selbst zu grosser
Bedeutung herangewachsen, trotz der bescheidenen Mittel, über welche wir
theils aus den Beiträgen der Mitglieder, theils aus dem Staatszuschusse
verfügen konnten. Ein Rundgang durch dasselbe wird Ihnen am Besten
ein Urtheil gewähren. Es ist zum bescheiden gefassten Werthe von
257,000 Mark gegen Feuersgefahr versichert und stellt ein höchst werth-
volles Staatseigenthum dar, welches statutengemäss dauernd in Wiesbaden
zu verbleiben hat. — Unser Vereinsgebiet ist in demselben aufs Beste
vertreten. Namentlich erreicht es in den Insecten eine grosse Voll-
ständigkeit, indem zu der ursprünglichen v. Gerning 'sehen Sammlung
vielfache Geschenke und durch Ankauf die Kirschbaum 'sehe Insecten-
sammlung und die Rössler 'sehe Mikropterensammlung getreten ist.
Auch unsere paläontologischen Sammlungen sind von seltenen Reichthum
in Beziehung auf unsere nächste Umgebung, indem sich hier die Sand-
— XIII —
b e r g e r 'sehe und die neuerdings acquirirte Römer 'sehe Sammlung er-
gänzen. Ebenso wie die erstere einem umfassenden Werke zu Grunde
liegt, ist aueh die letztere bereits von sachkundiger Hand in Bearbeitung
genommen.
Neben unserem Museum ist aueh unsere Bibliothek fast täglieh
gewachsen. Sie umfasst jetzt mehr als 12,000 Schriften, darunter viele
werthvolle Kupferwerke. Wir haben nur zu beklagen, dass auch hier,
wie in unserem Museum, der Raummangel uns aufs Störendste entgegen-
tritt. Es sind besonders unsere bewährten Verbindungen mit anderen
wissenschaftliehen Corporationen, welche uns diese werthvolle Bibliothek
im Tauseh gegen unsere Jahrbücher geschaffen haben. Wir legen auf
diesen Verkehr, wie überhaupt auf die Verbindungen mit näheren und
entfernteren wissenschaftliehen Vereinen einen ganz besonderen Werth
und freuen uns, dass uns auch heute bei unserer Feier die Freude zu
Theil wird, hervorragende Vertreter unserer Nachbarvereine in unserer
Mitte zu sehen und auf's Herzlichste begrüssen zu dürfen. — Es ist hier
der Platz, mit einigen Worten aueh an die Männer zu erinnern, welche
sich in anderer Weise, namentlich auch um unsere Sammlungen verdient
gemacht haben. Wir gedenken dankbar aller der zahlreichen Herren,
welche uns Objeete oft von bedeutendem Werthe zum Geschenk über-
geben und zwar nicht hlos Erzeugnisse unserer engeren Heimath, sondern
aueh Produete ferner Zonen. Es ist begreiflieh nicht möglich, hier alle
die Namen der gütigen Geber aufzuführen, sie sind statutengemäss auf
ihren Gaben verzeichnet. Aber doch müssen wir hier ganz besonders die
Namen einiger Männer hervorheben, welche unser Museum mit um-
fassenden Sammlungen bedacht haben, der Herren Dr. Fritze, Grafen
Mons, Odernheimer, Beyrhoffer, Koch aus älteren Zeiten und
aus jüngeren der Herren de Bruyn und Machik.
Fast alle die Gaben, welche uns in den letzten fünfzig Jahren ge-
worden sind, sind nebst den sonstigen Erwerbungen von der kunstfertigen
Hand unseres Conservators, Herrn Römer, aufgestellt und ich verfehle
desshalb nicht, auch seiner, der in stiller Thätigkeit abseits von dem
Lärme des Tages, an den stummen Zeugen einer stetig schaffenden Natur
gearbeitet hat, hier anerkennend zu gedenken.
Unser Andenken gilt ferner den Directoren des Vereins, die in
hohen Staatsstellungen oder als Zierden der Wissenschaft ihre Kraft dem
Vereine widmeten, den verstorbenen Herren v. Arnoldi, von Dungern,
von Wintzingerode, Faber und den hier Anwesenden Fresenius
— XIV —
und von Wurm b. — Ebenso den Secretären unseres Vereins, von denen
Herr Sandberger uns in treuer Anhänglichkeit und frischer Arbeits-
lust mit einer ausführlichen Arbeit im Jahrbuche erfreut hat, während
wir den dahingegangenen Herren, Thomae, Kirschbaum und Koch,
hier nur in treuer Anhänglichkeit unsere Erinnerung widmen können.
Des Weiteren gebührt unser Dank den eifrigen Vorstandsmitgliedern,
aus deren langen Reihe ich hier nur der Verstorbenen, V i g e 1 i u s ,
Odernheimer, Neubauer, Giebeler, anerkennend gedenke. Herr
Hofrath Lehr, der als Nestor unserem Vorstand angehört, bewahrt
unserm Verein trotz seines hohen Alters als unser Ehrenmitglied sein
wärmstes Interesse. Auch allen unseren Vereinsmitgliedern, die sich viel-
fach verdient gemacht haben zur Förderung unserer Zwecke, sei hier
unser Dank gebracht. Möge uns Ihre fortdauernde werkthätige Zu-
neigung erhalten bleiben !
Wenn ich Ihnen nun noch zum Schlüsse einige Mittheilungen über
das vergangene Jahr machen darf, so kann ich mich kurz fassen. Unsere
Verhältnisse haben sich in gewohnter Weise fortentwickelt. Unsere
wissen sc haftlichen Abendunterhaltungen, wie die von unserem
unermüdlichen Vorstandsmitgliede, Herrn Vigener, in diesem Sommer
in ganz besonders grosser Zahl geleiteten botanischen Excursionen
haben sich in gleicher Weise wie in früheren Jahren bewährt. Es
dürfte Sie interessiren zu hören, dass Herr Vigener in diesem Jahre
seine hundertste Excursion mit den Vereinsmitgliedern gemacht hat. —
Unsere Sectionsversammlung in Eltville, welche mit der Besichtigung der neu
angelegten Kiedricher Quelle verbunden war, war eine höchst lohnende.
Unser Museum hat keine bedeutende Erwerbungen zu verzeichnen,
da unsere Mittel noch durch die Restschuld für die Römer'sche Samm-
lung in Anspruch genommen werden. Wir haben uns bestrebt, das
Bestehende zu erhalten und zu verbessern, insbesondere auch in ge-
eigneterer Weise aufzustellen. An Geschenken erhielt das Museum:
Myodes lemmus Pall. Lemming. N.-Europa. Von Herrn Rentner Seyd.
Psittacus amazonicus L. Amazonen-Papagei. Von Herrn Bergrath
Dr. Römer.
Psittacus pularis L. Rothköpfiger Zwergpapagei. Von Herrn Reichard.
Ardea comata Pall. Rallenreiher und Larus ridibundus L. Lachmöve,
beide von Schierstein. Von Herrn Geh. Regierungsrath von
Reichenau.
— XV —
Cygiius plutonia Sli. juv. Schwarzer Schwan. Von der Curhaus-
Direction.
Alligator sclerops juv. Junger Alligator. Von Herrn Garten-Director
Aug. S i e b e r t in Frankfurt a. M.
Nest eines Zaunkönigs und eines Buchiinkes. Eier der kalifornischen
Schopfwachtel. Backenzahn eines Mammuth. Yon Herrn Zimmer-
meister Jacob.
Der Besuch des Museums war auch in diesem Jahr ein ausserordent-
lich reger: im Monat September wurden liber 1000 Personen verzeichnet,
während durchschnittlich fünfzig täglich erschienen. Wir freuen uns,
dass auch von Seiten der Schulen das im Museum gebotene Bildungs-
mittel fleissig benutzt wurde.
Unser diesjähriges Jahrbuch ist bereits in Ihren Händen. Es
wird mit seinem reichen Inhalt nicht verfehlen, Ihnen den Beweis des
freudigen geistigen Schaffens zu geben, welcher innerhalb unseres Vereins
herrscht. Ganz besonders dürften die bedeutenden Arbeiten unseres
Ehrenmitgliedes und früheren Vereinssecretär, Herrn Prof. von Sand-
berger, wie die unseres correspondirenden Mitgliedes, Herrn Dr.
0. Böttger, den Fachgelehrten willkommen sein.
Unsere Mitgliederzahl hat sich leider, hauptsächlich durch Tod
und durch Wegzug, in unliebsamer Weise verringert und der Zuwachs
an jungen Kräften ist, wie dies eine gemeinsame Klage aller verwandten
Vereine ist, nicht entsprechend gewesen.
Von unseren Ehrenmitgliedern starb in hohem Alter Se. Excellenz,
Herr Oberberghauptmann Geh. Rath von D e c h e n in Bonn, ein lang-
jähriger Freund und Gönner unseres Vereins, ferner Herr Professor
Dr. Pagenstecher, Director des Museums in Hamburg, der unseren
Bestrebungen stets auf's Eifrigste fördernd zur Seite stand. Von ordent-
lichen Mitgliedern verloren wir durch den Tod die Herren: Geh. Rath
Dr. Orth in Ems, Dr. Schirm, Dr. von Sander, Dr. Lange und
Rentner Forstmann in Wiesbaden, Herrn Pfeiffer in Diez. Wir
werden den Heimgegangenen ein freundliches Andenken bewahren, zu
dessen Zeugniss Sie sich von Ihren Sitzen erheben w^ollen. Ihren Aus-
tritt aus dem Verein nahmen die Herren: Trapp, Travers, von
Langendorff, Lenders, Hart mann, Vanselow, Poths-
Wegener, Dr. Droysen, Dr. Sommer, Rothes, Schaffner,
Prof. Dr. H ü p p e. Eingetreten sind die Herren : L a d s c h , Dr. Flor-
— XVI —
schütz, Dr. Penard, Wunderly, Dr. Lossen, Dr. Frank, stud.
Lugenbühl zu Wiesbaden, Dr. Schaaf zu Eltville und Apotheker
Steffen zu Homburg v. d. Höhe.
Unsere Rechnung für 1888/89 liegt noch der Königl. Ober-
Rechnungskammer zu Potsdam vor.
Der Vorstand legt nach zweijähriger Amtsführung statutengemäss
sein Amt in Ihre Hände zurück. Sie werden demselben die Anerkennung
nicht versagen können, dass er seines Amtes treu gewaltet hat.
Unser Verein, m. H., gleicht den Bäumen des Waldes, die im
Herbst ihre Blätter verlieren und sich im Frühjahr mit frischem Grün
schmücken. Wir erneuern uns stetig, indem wir stets neue Nahrung
aus dem gemeinsamen Boden der Liebe zur Wissenschaft schöpfen. Wir
Averden uns bestreben, auf dem gewohnten Wege vorwärts zu schreiten.
Wir wissen ja, nicht im Besitze, sondern im Erwerben, in der schaffenden
Arbeit liegt das Glück des Lebens und der Reiz der Naturforschung.
Umfang aber, wie Inhalt der Wissenschaft kann stetig erweitert w^erden.
Doch der Einzelne genügt nicht und nur vereinte Kräfte können dem
hohen Ziele näher kommen. So lassen Sie uns denn am heutigen Tage,
wo unser Verein seinen 60 jährigen Geburtstag und damit seine diamantene
Hochzeit mit der Naturwissenschaft feiert, hoffnungsfreudig in die ver-
schleierte Zukunft schauen! Möge der Verein fortdauernd wachsen,
blühen und gedeihen und unterstützt von dem Wohlwollen einsichtsvoller
Behörden, als bescheidenes dienendes Glied mitwirken an der fortschrei-
tenden Entwicklung des Menschengeschlechtes! Damit er dies könne,
wollen wir von ganzem Herzen wünschen, dass unserem geliebten Vater-
lande die Segnungen des Friedens erhalten bleiben mögen und dass
Gottes Hand schützend und schirmend walten möge über
Kaiser und Reich!
Lothar Yon Wurmb f
Nekrolog.
Am 27. Juli 1890 starb zu Wiesbaden an den Folgen eines langen
Lungenleidens der Königliche Regierungspräsident Herr Lothar von
Wurmb, Ehrenmitglied und langjähriger Direktor des Nassauischen
Vereins für Naturkunde.
Der Verstorbene gehörte seit dem Jahre 1874 dem Verein als
Mitglied an, zu dessen Direktor er am 19. Dezember 1874 gewählt
wurde. In dieser Stellung hat er stets das lebhafteste Interesse für die
Bestrebungen des Vereins gezeigt und diesen nicht allein vermöge seiner
hohen Stellung auf das Kräftigste unterstützt, sondern er hat auch bei
der persönlichen Leitung der Sitzungen des Vereinsvorstandes und der
Generalversammlungen, wie auch der häufigen Theilnabme an den wissen-
schaftlichen Abenden durch die ihm eigene wohlwollende und liebens-
würdige Art sich stets die allgemeine Verehrung und Liebe der Vereins-
mitglieder zu erw^erben und zu erhalten gewusst. —
Wir geben über den Lebensgang des Verstorbenen den nachstehend
im »Rh. Kurier* vom 28. Juli, No. 207, erschienenen Artikel im Ab-
druck wieder:
Lothar von Wurmb war am 30. Januar 1824 zu Cölleda im Reg.-
Bezirke Merseburg geboren als der Sohn des damaligen Rittmeisters
beim 12. Husarenregiment v. W., besuchte die Landesschule zu Schul-
pforta, studirte später an den Universitäten Heidelberg, Berlin und Halle,
war Referendar an der K. Regierung zu Erfurt, Assessor in Potsdam,
Regierungsrath in Merseburg, Landrath in Weissenfeis, 1866 (während
der Okkupation) preussischer Civilkommissar im Königreiche Sachsen,
von 1867 bis 1872 Polizeipräsident von Berlin und wurde am 10. Juli
1872 zum Regierungs-Präsident in Wiesbaden ernannt, v. Wurmb war
Mitglied des Abgeordnetenhauses (für Biedenkopf), des deutschen Reichs-
Jahrb. d. nass. Ver. f. Nat. 43. II
- XVIII —
tages und des Herrenhauses und wurde vor mehreren Jahren von Sr. Maj.
dem Kaiser Wilhelm I. zum Domdechanten von Merseburg ernannt. Herr
V. Wurmb hatte sich durch sein humanes, freundliches Wesen, mit dem
er allen ohne Unterschied des Standes entgegenkam , durch sein Ver-
ständniss unserer nassauischen Art und Weise die Verehrung und Zu-
neigung der Bevölkerung des Regierungs-Bezirks, deren Interessen er
eifrig förderte, rasch erworben. Durch die praktische x\rt, mit welcher
er alle Verwaltungsfragen zu behandeln verstand, durch seinen klaren
Verstand und durch die Anwendung der in langjähriger Verwaltungs-
thätigkeit erworbenen reichen Kenntnisse hat er bis kurz vor seinem
Tode erfolg- und segensreich gewirkt. Seinen Untergebenen war er stets
ein wohlwollender Vorgesetzter. So wird sein Andenken bei allen, die
ihn kannten, unvergesslich bleiben.
Georg Lelir f
Nekrolog.
Hofrath Georg Lehr wurde am 14. November 1807 als Sohn
des damaligen He;:*zogl. nassauischen Leibarztes, späteren Oberstabsarztes
Friedrich Lehr zu Biebrich geboren, absolvirte das ehemalige Päda-
gogium zu- Wiesbaden, sowie das Gymnasium zu Weilburg und studirte
auf den Universitäten Göttiugen, Heidelberg und München Jurisprudenz.
Nach abgelegtem Staatsexamen wurde er zunächst als Accessist bei
dem Herzogl. Amt zu Höchst angestellt, später in gleicher Eigenschaft
nach Eltville versetzt, wo er bald zum Amtssekretär befördert wurde
und sich mit Luise Vigelius aus Frankfurt am Main verheirathete.
Auf seinen durch persönliche Verhältnisse bestimmten Wunsch kam L.
einige Jahre später als Registrator an die Herzogliche Landesregierung
zu Wiesbaden, erhielt 1859 von Sr. Hoheit dem Herzog den Titel
»Hofrath« verliehen und wurde im Jahre 1861 zum Archivar bei der
genannten Behörde ernannt. In dieser Stellung verblieb er, bis zu der
mit der Einverleibung Nassau's in das Königreich Preussen verbundenen,
anderweiten Organisation der Verwaltungsbehörde im Jahre 1867, welche
— XIX —
ihn veranlasste, seinen Abschied zu nehmen, der ihm unter Anerkennung
der langjährigen und namentlich der neuerdings bei Neuordnung der
Verhältnisse geleisteten Dienste und unter Verleihung des Rothen Adler-
ordens 4. Klasse gewährt wurde.
Schon in jungen Jahren zeigte L. eine Vorliebe für die Beschäftigung
mit Naturwissenschaften und zwar vornehmlich mit Botanik, bis ihn im
Jahre 1849 ein zufälliges Ereigniss — eines seiner Kinder erhielt von
einem Freunde des Hauses eine Cypraea zum Geschenk — auf die Con-
chylien aufmerksam werden liess. Mit ausserordentlichem Eifer Avandte
er sich nun dem Studium derselben zu, indem er zunächst, unterstützt
von seinem Freunde, dem damaligen Sekretär des naturhistorischen Ver-
eins, Sandb erger, und in lebhaftem Schriftverkehr mit Rossmässler,
sich der Erforschung der nassauischen Arten hingab. Hand in Hand
damit ging die Anlegung einer auch die ausländischen Arten umfassen-
den eigenen Conchyliensammlung, welche bald einen derartigen Umfang
und Bedeutung erlangte, dass, als in den 50 er Jahren die Versammlung
deutscher Naturforscher und Aerzte zum ersten Male in Wiesbaden tagte,
in dem den Theilnehmern dieser Versammlung übergebenen gedruckten
Führer durch Wiesbaden L.'s Conchyliensammlung unter den Sehens-
würdigkeiten der Stadt ganz besonders hervorgehoben wurde.
Hofrath Lehr gehört dem Verein seit seiner Gründung als Mit-
glied an und trat im Jahre 1859 als öconomischer Commissar in den
Vorstand ein. Dies brachte ihn in immer mehr sich vertiefende Be-
ziehungen zu den Naturwissenschaften, in denen er sich die weitgehendsten
Kenntnisse auf allen Gebieten erwarb, namentlich seit ihm der Austritt
aus dem Staatsdienste eine vollkommene Müsse gestattete, die er mit
der Ordnung, Aufstellung und Catalogisirung der reichhaltigen Conchylien-
sammlung und der Bestimmung einzelner Exemplare derselben auszu-
füllen wusste.
lieber dreissig Jahre ist L. als Vorstandsmitglied mit dem grössten
Eifer für die Zwecke des Vereins in je^ler Richtung förderlich gewesen.
Als Professor Dr. Kirschbaum gestorben war, übernahm er provisorisch
die Führung der Geschäfte des Vereinssekretairs und Museumsinspektors
und gab die Hefte 31 und 32 der Jahrbücher heraus. Auch nachdem
zunehmendes Alter und Kränklichkeit ihn nöthigteu, aus der activen
Thätigkeit für den Verein mehr und mehr auszuscheiden, erhielt er als
Ehrenmitglied demselben sein stetiges warmes Interesse.
II*
— XX —
L. war unter Anderm auch Ehrenmitglied des Gartenbau-Vereins
zu Wiesbaden und correspondirendes Mitglied der naturforschenden Ge-
sellschaft zu Jassy.
L. starb am 25. Dezember 1889 im Kreise seiner ihn tief betrauern-
den Familie im Hause seines jüngsten Sohnes, des Direktors der Heil-
anstalt Nerothal, Dr. Gustav Lehr.
Seine sterbliche Hülle ward unter der grössten Theilnahme vieler
Freunde und Verehrer in Wiesbaden zur ewigen Ruhe bestattet. Sein
Andenken bleibt in unserem Verein in Ehren !
Max Saalmüller f
Nekrolog.
Am 12. October 1890 verschied in seinem Landhause in Bockenheim
nahe dem Frankfurter Palmengarten der königliche Obristlieutenant a. D.
Herr Max Saalmüller, langjähriges ordentliches und seit dem 60 jäh-
rigen Jubiläum des Vereins correspondirendes Mitglied des Nassauischen
Vereins für Naturkunde.
Der Verstorbene, einer der bedeutendsten Lepidopterologen der
Jetztzeit, war geboren am 26. November 1832 in Römhild im Herzog-
thum Sachsen-Meiningen. Er diente stets in der preussischen Artillerie,
stand 1861 bis 1862 in Frankfurt am Main als Premierlieutenant in
Garnison, " wo er mit den dortigen Entomologen Senator Dr. L. von
Heyden, Anton Schmid und M u h 1 i g in regem Verkehr stand und
im Senckenbergianum die Section der Lepidoptera übernahm. 1863 bis
1865 stand er in Luxemburg, nach dem Feldzug 1866 als Major in
Hannover. Als solcher machte er 1870/71 den Feldzug im Feld- Artillerie-
Regiment No. 8 mit und zeichnete sich in vielen Gefechten und Schlachten
mit seiner Batterie so aus, dass er das eiserne Kreuz IL und I. Classe
erhielt, sowie den Sachs. Ernest. Hausorden mit Schwertern. Nach dem
Feldzuge war er Abtheilungskommandeur in Strassburg, nahm dann seinen
Abschied und zog 1877 nach Frankfurt a. M., wo er wiederum als
Sectionär im Senckenbergianum eintrat und sich als eines der eifrigsten
— XXI —
Mitglieder des naturhistorisclien Vereins zeigte. Von da an begann auch
seine schriftstellerische Thätigkeit in der Entomologie, welche in dem
von der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft herausgegebenen
Prachtwerke über die Lepidopteren Madagaskars gipfelte, mit welchem
sich S. ein hervorragendes Denkmal seines Fleisses und seiner Begabung
setzte. In regem Schaffen an dem zweiten Theile desselben, der nahezu
vollendet ist und von seinem treuen Freunde Dr. L. von Hey den,
(dessen Güte ich die vorstehenden Mittheilungen über S.'s Lebensgaug
verdanke), herausgegeben werden wird, wurde der kräftige Mann in
Folge einer Lungenentzündung nach fast schmerzlosem Krankenlager
durch einen sanften Tod unerwartet schnell seinen zahlreichen Freunden
entrissen.
Saalmüller, dem ein reiches Wissen in den verschiedensten
Zweigen der Naturkunde zu Gebote stand, war einer der gründlichsten
Kenner der Lepidoptera, namentlich auch der so schwierigen Gruppe
der Microlepidoptera und der Exoten. Sein Tod verursacht eine grosse
Lücke, da nur Wenige im Stande sind, eine gleiche Müsse mit solchem
Eifer und Erfolge einer Spezialwissenschaft zu widmen, wie es der Ver-
storbene verstanden hatte. Für seine Freunde ist sein Verlust um so
grösser, als S. stets in der liebenswürdigsten Weise bestrebt war. Andern
mit seinem Wissen und seiner reichen Erfahrung und Literaturkenntniss
gefällig zu sein. Ihn zeichnete eine ganz besondere Gründlichkeit und
Gewissenhaftigkeit aus, entsprechend seinem lauteren, jedem unwahren
Wesen und äusseren Schein abholden Charakter. Er war nicht' ver-
heirathet: den Mangel der Familie ersetzten ihm sein trauliches, von
ihm selbst geschaffenes Heim mit dem wohlgepflegten Garten, seine wissen-
schaftlichen Bestrebungen und der Verkehr mit gleichgesinnten Freunden,
die ihm ein warmes, weit über das Grab hinaus reichendes Andenken
bewahren werden.
Dr. A. Pagenstecher.
Verzeiclmiss der Mitglieder
des
Nassamschen Vereins für Naturkunde im November 1890."^)
I. Yorstand.
Herr Regierungspräsident von Tepper-Laski, Director.
« Sanitätsratli Dr. Arnold Pagenstecher, Museums-Inspector und
Yereinssecretär.
« Rentner Dud er Stadt, Rechnungsführer und Vorsteher der mine-
ralogischen Section.
« Apotheker A. Yigener, Vorsteher der botanischen Section.
« Rentner Dr. L. Dreyfus, Vorsteher der zoologischen Section.
« Garteninspector Dr. L. Cavet, "i
« Professor Dr. Heinrich Fresenius, > Beiräthe.
« Rentner Dr. H. Weidenbusch, J
II. Ehrenmitglieder.
Herr v. Baumbach, Landforstmeister a. D., in Arolsen.
« Graf Brune de Mons, in Wiesbaden.
« Dr. B u n s e n , Geheimerath, in Heidelberg!
« Dr. Erlenmeyer, Professor, in Frankfurt a. M.
« Dr. V. Ettinghausen, Professor, in Wien.
« Graf zu Eulenburg, Ober-Präsident der Provinz Hessen-Nassau
und Staatsminister, Excellenz, in Cassel.
« Dr. Fresenius, R., Geh. Hofrath und Professor, Wiesbaden.
« Dr. Geinitz, Geh. Hofrath, in Dresden.
« Dr. Ritter v. Hauer, K. K. Hofrath und Director der geolo-
gischen Reichsanstalt, in Wien.
« Alexander v. Homeyer, Major z. D., in Greifswald.
« Dr. v. Kölliker, Professor, in Würzburg.
« Dr. R. Leuckart, Geh. Rath in Leipzig.
« Dr. F. V. Sand berger, Professor, in Würzburg.
*) Um Mittheilung vorgekommener Aenderungen im Personenstand wird
freundlichst gebeten.
XXIV —
in. Correspondirende Mitglieder.
Herr Dr. 0. Böttger, in Frankfurt a. M.
« Dr. Buchner, Professor, in Giessen.
« Dr. Buddeberg, Rector, in Nassau a. Lahn.
« Dr. V. Canstein, Königl. Oeconomierath und General-Secretär,
in Berlin.
« Freudenberg, General-Consul, in Colombo.
« Ernst Herborn, Bergdirector, in Sidney.
« Dr. L. V. Hey den, Königl. Major z. D., in Bockenheim bei Frank-
furt a. M.
« Dr. Hueppe, Professor der Hygiene, in Prag.
« Dr. Kays er, Professor der Geologie, in Marburg.
« Dr. F. Kinkelin, in Frankfurt a. M.
« Dr. C. List, in Hagen.
« Dr. Ludwig, Professor, in Bonn.
« J. Machi'k, pens. Kgl. niederl. Oberstabsarzt I. Gl., in Buda-Pesth.
« Dr. F. Noll, Professor, in Frfinkfurt a. M.
« Th. Passavant, in Frankfurt a. M.
« Dr. R e i c h e n b a c h , in Frankfurt a. M.
« V. Schönfei dt, Oberstlieutenant, in Weimar.
« P. T. C. Sn eilen, in Rotterdam.
« Dr. Strauch, Professor und Museums-Director, in St. Petersburg.
IV. Ordentliche Mitglieder.
Ä. Wohnhaft in Wiesbaden und 7tächster Umgehimg.
Herr Albrecht, Dr. med., prakt. Arzt.
« Ähren s, Dr. med., prakt. Arzt.
« Aschendorf, Dr., Sanitätsrath.
« Ausfeld, Dr. phil., Archivar.
« V. Aweyden, Ober-Reg.-Rath.
« Berle, Ferd., Dr., Banquier.
« Becker, Dr. med., prakt. Arzt.
« Bergmann, J. F., Verlagsbuchhändler.
« Bertram, Dr., Appellationsgerichts-Vicepräsident a. D.
« Bischof, Dr., Chemiker.
« Borgmann, Dr., Chemiker.
« V. Born, W., Rentner.
« Brauns, Dr. med., prakt. Arzt.
« Brömme, Ad., Tonkünstler.
« Brüning, Ober-Bergrath.
V,
— XXY —
Herr Cavet, Dr., Königl. Garteninspector.
« Charlie r, A.. Kentner.
« Clouth, Dr. med., prakt. Arzt.
« V. Cohausen, Oberst a. D.
« Colin, Dr., Geh. Sanitätsrath.
« Cramer, C, Gutsbesitzer.
« Cramer, Dr. med.
« de la Croix, Consistorialpräsident.
« Cropp, W., Rentner.
« Cuntz, Wilhelm, Dr. med., prakt. Arzt.
« Cuntz, Friedrich, Dr. med., prakt. Arzt.
« Cuntz, Adam, Kaufmann.
« V. Dewitz, Oberstlieutenant z. D. ^ R Yj
« Dihm, Hugo, Baumeister.
« Dö bring, Rechnungsrath a. D.
« Dreyfus, L., Dr. phil., Rentner. ^"^
« Duderstadt. C, Rentner.
« V. Eck, Justizrath.
« Eiffert, Oberlandesgerichtsrath a. D.
^ Esch, Carl, Rentner.
« Flach, Geheimeratb.
« Fleischer, Dr. phil., Rentner.
« Fleischer, Dr. med., Sanitätsrath.
* Florschütz, Dr., Sanitätsrath.
« Frank, Dr., Dozent und Abth.-Vorst. am ehem. Laboratorium
von Fresenius.
« Freinsheim, F., Rentner.
« Fresenius, H., Dr., Professor.
« Fresenius, W., Dr., Dozent.
« Freu dent heil, Dr., Sanitätsrath.
« Frey tag, Otto, Hotelbesitzer.
« Frey tag, G., Dr., Geh. Hofrath.
« Freitag, 0., Rentner,
«c Fuchs, Landgerichtsrath.
« Fü SS mann, E., Rentner.
« Gärtner, Martin, stud. math.
« Gebauer, F. A., Generallieutenant z. D., Excellenz.
<' G e c k s , Buchhändler.
« Gessert, Th., Rentner.
« G 1 a d e , Consul.
« Gräber, Commerzienrath.
« Gräff, A., Regierungsrath.
— XXVI —
Herr Gräser, Oberst z. D.
« Groschwitz, C, Buchbinder.
« Gr 0 seh Witz, G., Lithograph.
« Gull, Lehrer.
« Gygas, Dr. med., Oberstabsarzt a. D.
«c Hammacher, G., Kentner.
« Hartman 11, Julius, Maler und Lackirer.
« Hecker, J., Schreiner.
« Heimerdinge'r, M., Juwelier.
« H e int z mann, Dr. jur., Kentner. .
« Hensel, C, Buchhändler.
« Herber, Hauptmann a. D.
« Herrfahrdt, Oberstlieutenant z. D.
« Hertz, H., Kaufmann.
« Hessenberg, G., Rentner.
« Hintz, Dr. phil., Dozent.
« Hirsch, Franz, Schlosser.
« Hirsch, Heinrich, Schreiner.
« Hopmann, Landgerichts-Präsident.
« Jacob, Bernhard, Zimmermeister.
« V. Ibell, Dr., Ober-Bürgermeister.
« Jessnitzer, Rentner.
« Jung, Dr. med., prakt. Arzt.
« K alle. F., Rentner.
« Keier, Rentner.
« Kempner, Dr. med., Augenarzt.
« Kessler, Landesbank-Directionsrath.
* Kessler, Dr., Director a. D.
« Kind, Dr., Gewerberath.
« Kirchmair, Rentner.
« Kirchner, Apotheker.
« Klau, J., Gymnasiallehrer.
« Knauer, F., Rentner.
« V. Knoop, Rentner, Freiherr.
<K Kobbe, F., Kaufmann.
« Koch, G., Dr. med., Hofrath.
« Kögel, Rentner.
« Kopp, Rudolf, Fabrikbesitzer.
« Koettschau, Oberstlieutenant z. D.
« V. Kraatz-Koschlau, General der Infanterie, Excellenz.
« Kühne, Dr. med., Hofrath.
— XXVII —
Heri: Lacisch, Grubendirector a. D.
« Lauer, Rentner.
*< Lautz, Reallehrer an der höheren Töchterschule.
« Leo, Rentner.
« Lehr, G., Dr. med., prakt. Arzt.
« Lenz, Dr., Oberstabs-Apotheker im Kriegsministerium a. D.
« Leisler, Dr. jur., Rechtsanwalt.
« L e 0 n h a r d , Lehrer.
« Letzerich, Dr. med., prakt. Arzt.
« Levi, Carl, Buchhändler.
« Lex, Rechnungsrath.
« Limbarth, Chr., Buchhändler.
« L ö b n i t z , Rentner.
« Lossen, Dr. phil., Rentner.
« Lugenbühl, stud. med.
« L ü d i c k e , Rentner.
* Magdeburg, Rentmeister a. D.
< V. Malapert-Neufville, Freiherr R., Dr. phil.
« Marburg, F., Rentner.
« Marcus, Otto, Hauptagent.
« Maus, W., Postsecretär.
« Matthiessen, Dr. med., Rentner.
« Medicus, Dr., Professor, Director a. D.
« Meineke, Dr., Abth. -Director a. d. Untersuchungsamt.
«= Menny, Steuerinspector a. D.
« Meurer, Carl, sen., Dr. med., Augenarzt.
« Michaelis, Fr., Schlachthausdirector.
« Mordhorst, Dr. med., prakt. Arzt.
« Mouchall, Ingenieur.
« Mühl, Forstmeister.
« V. Mützschefahl, A., Generallieutenant z. D., Excellenz.
« Napp, Jacob, Rentner.
« Neuss, Chr., Apotheker.
« Nötzel, Rentner.
« V. Normann, Oberst a. D.
« de Ondarza, Rentner.
-< Opitz, H., Geh. Regierungsrath.
< Paehler, Dr. R., Director des Kgl. Gelehrten-Gymnasiums.
« Pagen Stecher, Arnold, Dr. med., Sanitätsrath.
« Pagenstecher, Dr. H., Augenarzt.
<K V. Pelser-Berensberg, Dr. med., Freiherr.
— XXVIII —
Herr Petmecky, H., Lithograph,
« Pfeiffer, Emil, Dr. med., prakt. Arzt.
« Pfeiffer, August, Dr. med., Kreisphysikus.
« Polack, Rector a. D.
« Prob still g, A., Dr. med., prakt. Arzt.
« Rabe neck, Rentner.
« Reichard, C. A., Rentner.
« V. Reichen au, Geh. Regierungsrath.
« V. Reich enau. Major z. D.
« Rehorst, Ingenieur.
« V. R h e i n b a b e n , Polizei-Präsident.
« Ricker, Dr. med., Sanitätsrath.
« Ritter, C, sen., Buchdruckereibesitzer.
« Ritter, C, jun., Buchdrucker.
« Röder, Ad., Hof-Conditor.
«= Römer, August, Conservator am Museum.
« Römer, Bergrath.
« Romeiss, Otto, Dr., Rechtsanwalt.
« Rossbach, ordentlicher Lehrer am Real-Gymnasium.
« Rospatt, Regierungsrath.
« Roth, Ad., Rentner.
« Rühl, Georg, Kaufmann.
« Sartorius, Landes-Director.
« Schalk, Dr. jur., Bibliothekar.
« V. Scheliha, Oberst a. D.
« Seh eile nberg, Apotheker.
« Schelle nberg, Hof-Buchdruckereibesitzer.
« Schelle nberg. Geh. Regierungsrath.
« Schlichter, Ad., Rentner.
« Schlieben, Major a. D.
« Schmidt, Adam, Rentner.
« Schmitt, Conr., Dr., Director des Lebensmittel-Untersuchungsamt.
« Schmitt, Heinrich, Lehrer am Kgl. Hum. Gymnasium.
« Schmitthenner , Dr., Oberlehrer.
« Schnabel, Rentner.
« Scholle, Musiklehrer.
« Schreiber, Geh. Regierungsrath.
« Schulte, Rentner.
*■ Schwartze, Zahlmeister.
« Seip, Gymnasiallehrer.
« Seyberth, Apotheker.
« Seyd, Rentner.
« Siebert, Oberlehrer.
— XXIX —
Herr Sjö ström, M., Rentner.
« Sommer, Major a. D.
«= Spamer, Gymnasiallehrer.
« Spieseke, Dr., Oberstabsarzt a. D.
« Stamm, Dr. jur., Justizratli.
« Stamm, Dr. med., prakt. Arzt.
« Staffel, Dr. med., prakt. Arzt.
« Stein kauler. Guido, Rentner.
« Stödtke, Dr., Kgl. niederl. Generalarzt a. D.
« Strempel, Apotheker.
« von Tepper-Laski, Regierungspräsident.
« Thiel, Major z. D.
« Thilenius, Moritz, Dr. med., prakt. Arzt.
« Thönges, H., Dr., Justizrath.
« Thomae, C, Dr. phil., Gjmnasiallehrer.
« T i 1 m a n n , Oberforstmeister.
« Tölke, Rentner.
« Touton, Dr. med., prakt. Arzt.
« Treusch v. Butlar-Brandenf eis, Oberstlieutenaut z. D.
« T r ü s t e d t , Oberstlieutenant z. D.
« Vogel, Wilhelm, Rentner.
« Voigt, Dr. med., prakt. Arzt.
« Vollmar, Rentner.
« Wächter, Rentner.
« Wagner, Photograph.
« Wangenheini, Major z. D.
« Weber, Oberst a. D.
« de Weerth, Arthur, Rentner.
« Weidenbusch, Dr. H., Rentner.
« Weiler, Rentner.
« Werz, Carl, Glaser.
« Westberg, Coll.-Rath.
« Westphalen, Regierungsrath.
« Wibel, Dr. med., prakt. Arzt.
« Wieg and, Dr. med., prakt. Arzt.
« Winter, Kgl. niederl. Oberstlieutenant a. D.
« Winter, Ernst, Director des städtischen Gas- und Wasserwerks.
« W u n d e r 1 y , Rentner.
« Zais, W., Hotelbesitzer.
« Zimmermann, Fabrikbesitzer.
« Z in SS er, Dr. med.
— XXX -
B. Äusserhalh Wiesbaden (im Regierungsbezirk).
Herr Albert, Fabrikbesitzer, in Biebrich.
« Alefeld, Dr. phil., in Soden.
« Baltzer, Dr., Keallehrer, in Diez.
« Beck, Dr., Rheinhütte in Biebrich.
« Beyer, Gräfl. Kielmannsegge'scher Bentmeister, in Nassau.
« Biegen, Carl, in Oestrich.
«: Blum, J., Oberlehrer, in Frankfurt a. M.
« Caspari, Eealgymnasiallehrer, in Oberlahnstein.
« Dahlen, G-eneralsecretär, in Oeisenheim.
«: Dilthey, Theodor, in Rüdesheim.
« Döring, Dr. med., Sanitätsrath, in Ems.
« Dyckerhoff, R., Fabrikant, in Biebrich.
« Ebertz, Dr. med., Kreisphysikus, Sanitätsrath, in Weilburg.
« Esau, Reallehrer, in Biedenkopf.
« F 0 n k , Geh. Regierungsrath, in Rüdesheim.
« Frank, Hüttenbesitzer, zur Nieverner Hütte bei Ems.
« Fresenius, Dr., prakt. Arzt, in Soden.
« Frickhöffer, Dr. med., Hofrath, in Langenschwalbach.
« Froh wein, Grubendirector, in Diez.
« Fuchs, Oberförster, in Montabaur.
« Fuchs, Pfarrer, in Bornich.
« Geis, Bürgermeister, in Diez.
« Goethe, Director des Königl. Instituts für Obst- und Weinbau in
Geisenheim.
« Haas, Rudolph, Hüttenbesitzer, zu Neuhoffnungshütte bei Herborn.
« Heberle, Bergdirector, Grube Friedrichsegen bei Oberlalmstein.
« Herget, Bergdirector, in Diez.
« Hilf, Justizrath, in Limburg.
« Höchst, Bergrath, in Weilburg.
« V. Hüne, Oberförster, in Homburg v. d. H.
« V. Ib eil, Dr. med., prakt. Arzt, in Ems.
« Keller, Ad., in Bockenheim.
« Keller, Oberförster, in Driedorf.
« Kirch berger, Buchhändler, in Ems.
XXXI
Herr Kobelt, "W., Dr. med., in Scliwanheim.
« Krayer, Joseph, in Johannisberg.
« Kr e ekel, Dr. med., prakt. Arzt, in Eppstein.
« Krücke, Pfarrer, in Limburg.
« Kuhn, A., Kaufmann, in Nassau.
TT" „ ,^ r, nVv« T <^l,^^« i^ TT'^-.o
Kunz, Chr., Lehrer, in Ems.
Künzler, L., in Freiendiez.
V. Lade, Eduard, in Geisenheim.
V. Lade, Friedrich, in Geisenheim.
Lew alt er, Dr. med., Hofmedicus, in Biebrich.
Leyendecker, Professor, in Weilburg.
Linkenbach, Bergverwalter, in Ems.
Lotichius, Eduard, Dr., in St. Goarshausen.
V. Matuschka-Greiffenclau, Hugo, Graf, auf Schloss Vollrat h.
Müller, Oberlehrer und Li stituts Vorsteher, in St. Goarshausen.
MüUer-Thurgau, Dr., Professor, in Geisenheim.
Neub ronner, Apotheker, in Cronberg.
Oppermann, Dr., Reallehrer, in Frankfurt a. M.
ftuehl, Director, in Ems.
V. Rein ach, A., Baron, Frankfurt a. M.
Reuss, Ad., Grubenbesitzer, in Geisenheim.
V. Rössler, Rechtsanwalt, in Limburg.
Schaaf, Dr. med., prakt. Arzt, in Eltville.
Schenk, Professor, in Hadamar.
Schmidt, Ludwig, stud. rer. nat., in Sachsenhausen.
Schröter, Dr., Director der Irrenanstalt Eichberg.
Schüssler, Seminar-Oberlehrer, in Dillenburg.
Seeligmüller, Obergärtner, in Geisenheim.
Siebert, Garten-Director, in Frankfurt a. M.
Siegfried, Dr., Fabrikant, in Herborn.
Speck, Dr. med., Sauitätsrath, in Dillenburg.
Spiess, Director der Christianshütte bei Seelbach.
Steeg, W., Dr., Optiker, in Homburg v. d. H.
Stippler, Grubenbesitzer, in Limburg.
Stritter, Reallehrer, in Biebrich.
Sturm, Ed., in Rüdesheim.
Thilenius, Otto, Dr. med., Sauitätsrath, in Soden.
Tille, Dr. med., prakt. Arzt, Nassau a. d. Lahn.
— XXXII —
Herr Vigener, Apotheker, in Biebrich.
•K Vogelsberge r, Weinhändler, in Ems.
« Waterloo, Oberlandesgerichtsrath, in Montabaur
« Winter, Lithograph, in Frankfurt a. M.
« Winter, Präsident a. D., in Elmshausen.
C. Atisserhalh des Regierungsbezirks Wiesbaden.
Herr Bertkau, Dr., Professor, in Bonn.
Bibliothek, König!., in Berlin.
« V. Bismark, C, Graf, Kammerherr, Thurnau in Oberfranken.
« Dodel, Consul, in Leipzig.
« Dünkelberg, Dr., Geh. Rath, in Poppeisdorf.
« Frey, L., Ingenieur, in Worms.
« Geisenheyner, Gymnasiallehrer, in Kreuznach.
« Giebeler, W., Hauptmann, in Oels.
« Knüttel, S., in Stuttgart.
« Löbbeke, Hauptmann a. D., in Hamm (Westfalen).
« Maurer, Fr., Rentner, in Darmstadt.
« Meyer, H., Dr., Professor, in Marburg.
Königliches Oberbergamt, in Bonn.
Herr Penard, Dr. phiL, in Genf.
«c Schlüter, Senatspräsident, in Hamm.
« Schneider, Professor an der Bergacademie in Berlin.
« Schreiber, Carl, Zoologe, in Würzburg.
« Steffen, Apotheker, in Homburg v. d. H.
-«^•x-^-
ir.
Abhandlungen.
DIE
ENTWICKLUNG DER CHEMIE
IN DEN
LETZTEN SECHZIG JAHREN,
MIT SPECIELLER
BERÜCKSICHTIGUNG UNSERES VEREINSGEBIETES.
VOETEAG,
GEHALTEN ZU WIESBADEN AM 6. OCTOBER 1889
60. GENERALVERSAMMLUNG DES NASSAUISCHEN VEREINS
FÜR NATURKUNDE
VON
PROFESSOR DR. H. FRESENIUS.
Jahrb. d. nass. Ver. f. Nat. 43.
Hochansehiiliche Versammlung !
Heute, wo der nassauische Verein für Naturkunde seit 2 Menschen-
altern besteht, hat unser verehrter Secretär gelegentlich der Erstattung
seines Jahresberichtes einen Rückblick auf die verflossenen 60 Jahre
geworfen. Er hat uns in beredten Worten ein Bild der Entwicklung
der Naturwissenschaften in diesem Zeiträume vor Augen geführt.
Wenn ich Sie jetzt auffordere, Ihre Aufmerksamkeit einer von
den Naturwissenschaften zuzuwenden und mit mir die Entwicklung
der Chemie in den letzten 60 Jahren zu betrachten, so recht-
fertigt sich dies dadurch, dass gerade die Chemie in dieser Zeit ganz
bedeutende Fortschritte gemacht hat, besonders aber dadurch, dass sie in
ähnlicher Weise wie ihre ältere Schwester, die Physik,
einen mächtigen Einfluss ausgeübt hat auf alle übrigen Naturwissen-
schaften und auf das practische Leben, insbesondere auf fast alle Zweige
der Industrie und auf die Landwirthschaft.
Zu der Zeit als unser nassauischer Verein für Naturkunde ge-
gründet wurde, stand die Chemie hauptsächlich unter dem Einfluss des
grossen schwedischen Forschers Berzelius.
Sein berühmtes Lehrbuch der Chemie war bereits in schwedischer
Sprache veröffentlicht. Die von W ö h 1 e r besorgte deutsche Uebersetzung
war gerade damals im Erscheinen begriffen.
Die Chemie ist einer der jüngsten Zweige der Naturwissenschaft.
Auf die dunklen Zeiten der Alchemie im Mittelalter war etwa gleich-
zeitig mit der Reformation, also mit dem Anfange der neueren Zeit in
der Weltgeschichte, die Jatrochemie gefolgt. Dieses Zeitalter der
m e d i c i n i s c h e n Chemie bereitete den Boden vor für die Entwicklung
der Chemie zu einer selbstständigen Wissenschaft.
Es folgte von Robert Boyle an das Zeitalter der Phlogiston-
theorie, die Zeit von 1650 — 1775 umfassend.
1*
— 4 —
Lavoisier's epocliemachende Entdeckungen führten zur anti-
phlogistischen Chemie, welche, von einer neuen, noch heute als
richtig anerkannten Auffassung des Verbrennungsprocesses ausgehend,
eine vollständige Umwälzung in den Grundanschauungen herbeiführte.
Dieser Sturm- und Drangperiode, in welcher zuerst die Lehre von
den chemischen Proportionen und dann insbesondere durch
Dalton die Atomtheorie entwickelt wurde, folgte die Abklärung
und systematische Ausbildung durch Berzelius.
Wichtige Dienste hatte die Elektricität der chemischen Forschung
geleistet, ich erinnere nur an die Entdeckung der Alkalimetalle durch
Davy. Es ist also leicht erklärlich, dass Berzelius in dieser wunder-
baren Naturkraft, welche auch heute wieder im Vordergrunde des Interesses
steht, die Ursache aller chemischen Vorgänge erblickte. Auf seine
elektrochemische Theorie baute er das dualistische System auf und be-
schenkte so zum ersten Male die chemische Wissenschaft mit einem
vollständigen systematischen Lehrgebäude.
Hier nur die Grundzüge.
Die ganze Körperwelt besteht aus chemisch nicht weiter zerlegbaren.
Grundstoffen oder Elementen und den durch Vereinigung der Elemente
entstehenden Verbindungen.
Die Atome der Elemente besitzen ausser verschiedenen, für jedes
Element charakteristischen Gewichten eine elektrische Polarität, und zw^ar
haben dieselben mindestens zwei Pole, deren Elektricitätsmengen meist
verschieden sind, so dass entweder die positive oder die negative
Elektricität überwiegt. Die chemische Vereinigung erfolgt dem-
gemäss nach festen unabänderlichen Gewichtsverhältnissen und kommt
zu Stande durch die Anziehung der ungleichnamigen Pole kleinster Theil-
chen und durch den nachfolgenden Ausgleich der verschiedenen Elektri-
citäten. Vereinigen sich zwei Elemente, so entsteht eine Verbindung
erster Ordnung. Aber auch diese Verbindungen erster Ordnung können
bei Einwirkung auf einander verschiedenartig elektrisch werden und
können sich dann zu Verbindungen zweiter und höherer Ordnungen ver-
einigen, wie z. B. die elektronegativen Säuren mit den elektropositiven
Basen zu Salzen.
Zur Veranschaulichung der chemischen Vorgänge führte Berzelius
eine chemische Zeichensprache ein, welche mit nur geringen Verände-
rungen noch heute im Gebrauch ist.
Auf diesen Grundlagen baute Berzelius sein dualistisches
System auf und führte es consequent für das ganze Gebiet der Chemie
durch, also nicht bloss für die schon gut entwickelte anorganische Chemie,
sondern auch für die damals erst in Anfängen vorhandene organische
Chemie.
Bis zu Berzelius Zeiten war man gewohnt, die Chemie, ent-
sprechend den 3 Reichen der Natur, einzutheilen in Mineral-Chemie,
vegetabilische Chemie und animalische Chemie.
Dann folgte die Zusammenfassung der beiden letzten Gruppen in
die organische Chemie, nachdem Lavoisier als Hauptbestand-
theile der im Thier- und Pflanzenkörper vorkommenden Verbindungen
Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff, zuweilen Stickstoff, seltener Phos-
phor und Schwefel nachgewiesen hatte. Aber auch jetzt noch nahm man
€ine trennende Schranke zwischen dieser und der Chemie des Mineral-
reiches, der anorganischen Chemie an. Nur durch die Lebens-
kraft, so meinte man, könnten die im Pflanzen- und Thierleib vorge-
fundenen chemischen Verbindungen gebildet werden, der Chemiker könne
sie daher wohl zerlegen und ihre Zusammensetzung erforschen, niemals
aber aus den Grundstoffen künstlich aufbauen.
Da gelang Wo hl er im Jahre 1828 die künstliche Darstellung des
Harnstoffes, also die erste Synthese einer organischen Ver-
bindung, für deren Bildung man bis dahin die Mitwirkung der Lebens-
kraft für unbedingt nothwendig gehalten hatte.
Das Epochemachende von Wöhler's Entdeckung liegt nicht
nur darin, dass sie die Schranke [zwischen anorganischer und organischer
Chemie niederriss, sondern fast mehr noch darin, dass sie den practischen
Beweis dafür lieferte, dass auch auf die organische Chemie nicht nur
die Analyse, sondern auch die Synthese anwendbar sei, eine Forschungs-
methode, welche sich bekanntlich gerade auf dem Gebiete der organischen
Chemie als ausserordentlich fruchtbringend erwiesen hat. Ich erinnere
nur an die künstliche Darstellung des Alizarins und des Indigofarbstoffes.
Kurz vorher, in den Jahren 1822 und 1823, war durch L^nter-
suchungen von Wo hl er und Liebig über die cyansauren und knall-
sauren Salze eine Thatsache festgestellt worden, welche ebenfalls für die
Entwicklung der Chemie, besonders der organischen, von der aller-
grössten Bedeutung geworden ist, nämlich die Thatsache von der Existenz
isomerer Verbindungen.
— 6 —
Bis dahin galt der Lehrsatz, dass Körper von gleicher qualitativer
und quantitativer Zusammensetzung auch die gleichen Eigenschaften be-
sitzen müssen. Durch die erwähnten Untersuchungen Wo hl er 's und
L i e b i g 's aber wurde festgestellt, dass zwei Körper von genau gleicher
chemischer Zusammensetzung existirten, welche in ihren Eigenschaften
im höchsten Grade verschieden sind. Während die Salze der Cyansäure
sehr beständig sind und sich theilweise sogar beim Glühen nicht ver-
ändern, sind die knallsauren äusserst explosiv, und doch sind beide
Verbindungen qualitativ und quantitativ ganz gleich zu-
sammengesetzt.
Die hohe Bedeutung dieser Feststellungen wurde von den hervor-
ragendsten Vertretern der Chemie sofort erkannt, sowohl von Berzeliu»
als auch von Liebig's Lehrer, dem berühmten französischen Natur-
forscher Gay-Lussac. Letzterer hatte sich besonders ausgezeichnet
durch die Entdeckung, dass bei der Vereinigung von Gasen zu gas-
förmigen Verbindungen Gesetzmässigkeiten hinsichtlich der Volumver-
hältnisse bestehen.
Auch bezüglich der von Wohl er und Lieb ig aufgefundenen
Isomerie traf er sofort das Richtige, indem er aussprach, die Verschieden-
heit der beiden gleich zusammengesetzten Verbindungen sei darauf zurück-
zuführen, dass in ihnen die Elemente verschiedenartig mit einander ver-
bunden seien.
Wohl er und Lieb ig sind uns hier auf der Schwelle der neuesten
Zeit entgegen getreten als Bahnbrecher auf dem Gebiete der Chemie,
Wie in der Forschung, so waren die nahezu Gleichaltrigen auch im
Leben durch innige Bande der Freundschaft vereinigt, ein glänzendes
Doppelgestirn, welches in der Chemie allen voranleuchtet in den ver-
flossenen beiden Menschenaltern. Vereint sehen wir sie rastlos thätig
in der Auffindung neuer Forschungsmethoden und der Entwicklung neuer
Theorieen. Sie ergänzen sich in wunderbarer Weise und die Früchte
ihrer gemeinsamen Arbeit gehören zu den edelsten und besten, welche
die chemische Forschung bis auf den heutigen Tag gezeitigt hat.
Dabei aber gehen die beiden Männer nicht völlig in einander auf,,
sondern jeder behält seine Selbstständigkeit auch in der Forschung.
Wo hier, der Schüler von Berzelius, bewahrt sich eine gewisse
Vorliebe für die anorganische Chemie, er bildet die Mineral analyse
weiter aus, er ist der Entdecker des Aluminiums, er bereichert durch.
— 7 —
wichtige, zum Tlieil mit Deville gemeinschaftlich ausgeführte Unter-
suchungen unsere Kenntniss der Elemente Bor, Silicium und Titan.
L i e b i g ist mit Vorliebe auf dem Gebiete der organischen Chemie
thätig. Vor allem bildet er eine exacteMethode derElementar-
analyse organischer Substanzen aus, die ihm, seinen Schülern
und Nachfolgern ein treffliches Werkzeug wird zur Ausführung zahl-
reicher bedeutender Forschungen, die hier nicht einmal angedeutet
werden können. Aber ein Feuergeist sonder gleichen begnügt er sich
nicht mit der Thätigkeit eines Forschers auf dem Gebiete einer Wissen-
schaft; die Wichtigkeit der Chemie für die Erklärung des Pflanzen- und
Thierlebens erkennend, erwirbt er sich ein unsterbliches Verdienst
um das ganze Menschengeschlecht durch die Anwendung
der Chemie auf Agricultur und Physiologie.
Die Bedeutung der beiden Männer mag es entschuldigen, dass ich
vorgreifend etwas länger bei ihnen verweilt habe.
Kehren wir nun zur Entwicklung der Chemie zurück. Fürchten
Sie aber nicht, dass ich Ihnen alle die Theorieen, welche aufgetaucht
und nach kürzerer oder längerer Zeit wieder verschwunden sind, vor-
führen werde. Dazu würden so viel Stunden, als mir Minuten zu Gebote
stehen, kaum ausreichen und zudem würde eine solche Schilderung nur
vor einer lediglich aus Chemikern bestehenden Zuhörerschaft am Platze
sein.
Es ist vorwiegend die organische Chemie, welche sich
rapid entwickelt und während früher die auf anorganischem Gebiete
gewonnenen theoretischen Erkenntnisse auf das organische Gebiet über-
tragen Avurden, sehen wir in der neueren Zeit vielfach das Umgekehrte
sich vollziehen.
Zumal die Erklärung der Isomerieen, w^elche nach Wohl er und
Lieb ig 's erster, vorhin erw^ähnter Entdeckung gar bald in grosser
Fülle festgestellt wurden, nahm das Interesse der Forscher in Anspruch.
Der erste Versuch, die Isomerieen zu erklären, wurde mit der
Radical-Theorie gemacht, um deren Ausbildung sich insbesondere
Liebig, Wöhler, Berzelius und Dumas verdient gemacht haben.
Der Kernpunkt derselben besteht darin, dass man in den organischen
Verbindungen Atomgruppen annimmt, welche dieselbe Rolle spielen, wie
die Elementaratome in den einfachen anorganischen Verbindungen. Diese
Atomgruppen werden E, a d i c al e genannt. Enthalten nun isomere Körper
verschiedene Radicale, so erklärt sich daraus die Verschiedenheit ihrer
Eigenschaften. Ein Beispiel möge zur Erläuterung dienen.
Ameisensäureäthyläther und Essigsäuremethyläther sind beide nach
der gleichen empirischen Formel CgHgOg zusammengesetzt.
Die Formeln HCOOCgH^ und CH3COOCH3 lassen für den in der
chemischen Zeichensprache Bewanderten die Verschiedenheit beider Ver-
bindungen sofort erkennen.
Der Radicaltheorie stellten sich übrigens sehr bald unita-
rische Anschauungsweisen entgegen, welche sich auf die von
Dumas und anderen französischen Chemikern gemachte Beobachtung
stützten, dass in organischen Verbindungen ein oder mehrere Atome eines
Elementes durch ein oder mehrere Atome anderer Elemente ersetzt
werden können, ohne dass Charakter und Eigenschaften der Verbindung
wesentlich verändert werden. Der Radicaltheorie trat entgegen
die S u b s t i t u t i 0 n s t h e 0 r i e , welche von Laurent zur K e rntheorie
und von Dumas zur Typentheorie ausgebaut wurde.
Doch ich darf bei diesen Phasen der Entwicklung nicht zu lange
verweilen, ich darf nicht sprechen von der Verschmelzung der
Typenlehre mit der Radicaltheorie durch Laurent und Ger-
hardt, von den Umwandlungen, welche die Typentheorie durch Wtirtz,
A. W. Hofmann und Williamson, der Weiterentwicklung, welche
die Radicaltheorie durch K 0 1 b e und F r a n k 1 a n d erfuhr.
Alle diese in rascher Reihenfolge auftretenden Theorieen sind nur
Etappen in der Entwicklung der Wissenschaft, eine jede reichte für eine
gewisse Zeit aus zur Erklärung der Thatsachen, dann musste sie einer
neuen Platz machen.
Aus dem wogenden Kampf der Geister und Anschauungen war aber
eines klar hervorgegangen, was seiner Zeit schon Gay-Lussac mit
prophetischem Blicke vorausgesagt hatte, dass die Isomerieen, dass über-
haupt die Gesammtheit der Eigenschaften der Verbindungen wesentlich
bedingt werden durch die Eigenschaften der Elementar-Atome und die
Art und Weise ihrer Verbindung mit einander.
Lizwischen waren besonders durch Frankland Untersuchungen
über die Sättigungscapacität der Elemente angestellt worden. Diese ent-
wickelten sich unter Mitwirkung anderer Chemiker, insbesondere Od-
ling, Williamson, Würtz, Kolbe und K e k u 1 e zur Lehre von
der Valenz der Elemente.
Und so war denn der Boden vorbereitet für die neueste Entwicklung
der theoretischen Chemie, für die Strukturlehre.
Aus der Annahme, dass jedem Atom eines Elementes eine gewisse
Valenz, eine gewisse atombindende Kraft zukomme, leitete sich weiter
die Vorstellung ab, dass die elementaren Atome unter einander in ver-
schiedenem Grade gebunden und dass hierbei ein Austausch und in Folge
davon ein Verschwinden einzelner Affinitäten eingetreten sei.
Kekule zuerst und dann Coup er entwickelten diese Ansichten.
Kekule erkannte weiter, dass der Kohlenstoff ein v i e r werthiges
Element ist und dass seine Atome die Fähigkeit haben, sich gegenseitig
zu binden. Ich will es nicht versuchen, auch nur die Grundzüge der
sich daraus ergebenden Lehre von der Verkettung der Atome hier
vorzutragen. Wir Chemiker kennen die Strukturlehre und wissen, was
wir ihr, ganz besonders hinsichtlich der Erforschung der aromatischen
Reihe, zu verdanken haben, dem Nichtchemiker pflegt aber, wie ich aus
Erfahrung weiss, schon ein einfacher Benzolring ein gelindes Gruseln zu
erwecken.
Die Strukturformeln geben uns ein Bild der Aneinanderlagerung der
Atome in dem Molecül einer Verbindung. Von da bis zu dem kühnen
Unterfangen, die räumliche Anordnung der Atome im Molecül erforschen
zu wollen, ist nur ein Schritt. Diesen zu thun, ist man jetzt
im Begriff. Ich muss davon Abstand nehmen, Ihnen die bisherigen
Anfänge dieser Lehre, die heuligen Anschauungen über geometrische
Isomer ieen und über Stereochemie vorzuführen, wie sie zuerst von
van t'Hoff und dann namentlich von J. Wislicenus entwickelt
worden sind. Vorläufig, bis zur weiteren Herausbildung der Lehre,
können derartige Erörterungen lediglich in einer Fachversammlung von
Chemikern die richtige Würdigung finden.
Wir sind bis zum heutigen Tage gelangt und fast möchte es scheinen,
als habe in den letzten Jahrzehnten die weitere Entwicklung der an-
organischen Chemie geruht. Doch dem ist nicht so. Wohl hat sich
die theoretische Forschung in der neueren Zeit mit Vorliebe, weil mit
besonderem Erfolge, auf dem Gebiete der organischen Chemie bewegt,
aber darum sind doch wesentliche Fortschritte auch in der anorganischen
Chemie gemacht worden.
Zum Ausbau der seit Dalton und besonders Berzelius und
Avogadro herrschenden atomistischen Theorie gehört vor Allem
die genaue Feststellung der Atomgewichte der Elemente. Schon Ber-
— 10 —
z e 1 i u s hatte sich durch Feststellung einer grossen Anzahl von
Atomgewichten ein hervorragendes Verdienst erworben. Noch heute
bewundern wir die Genauigkeit der von ihm ermittelten Zahlen, zumal
w^enn wir uns erinnern, mit welch' verhältnissmässig unvollkommenen
Hülfsmitteln er seine Bestimmungen ausführen musste. In den letzten
60 Jahren ist die Erforschung der Atomgewichte stetig und unablässig
von einer grossen Zahl geistvoller Forscher in allen Ländern gefördert
worden. Unmöglich, alle verdienstvollen Namen zu nennen, es sei nur
Stas als der Hervorragendste auf diesem Gebiete erwähnt.
Durch die Rückwirkung der auf organischem Gebiete gemachten
Fortschritte auf die anorganische und allgemeine Chemie ergab sich die
Fortbildung der Atomlehre zur atomistischenMoleculartheorie,
wobei namentlich an die in früherer Zeit ausgesprochenen, aber damals
nicht zur Geltung gelangten Ansichten Avogadro 's angeknüpft wurde.
Im engen Anschluss an die Studien über die Atome und ihre
Gewichte ist hervorzuheben die Ausbildung des sogenannten periodi-
schen Gesetzes der chemischen Elemente, nach welchem die
chemischen Eigenschaften der Grundstoffe als eine periodische
Function der Atomgewichte aufzufassen sind.
Ausgehend von der an und für sich für die Chemie ziemlich un-
fruchtbaren, hier nicht genauer zu erörternden P r o u t 'sehen Hjqjothese
haben insbesondere Newlands, Lothar Meyer und Mendel ejeff
diese auch für die weitere Forschung fruchtbringende Lehre entwickelt.
Erheblich sind auch unsere Kenntnisse über die Natur und die
Eigenschaften der seit lange und, wie man glauben durfte, gut bekannten
Elemente und vieler ihrer anorganischen Verbindungen erweitert worden.
Ich erinnere beispielsweise an die Entdeckung des rothen, nicht giftigen
Phosphors durch Schrötter 1845, an die Verdichtung der bis dahin
als permanent bezeichneten Gase durch Cailletet und Pictet Ende
1877.
Wie in den exacten Naturwissenschaften überhaupt das Experiment,
so ist speciell in der Chemie die Analyse die Grundlage aller Forschung.
Unmöglich hätten daher auf dem Gebiete der theoretischen und
allgemeinen Chemie die dargelegten Fortschritte gemacht werden können,
wenn sich nicht vorher und gleichzeitig die analytische Chemie
in bedeutungsvoller Weise entwickelt hätte.
Ausser Wo hl er und Lieb ig sind es besonders Heinrich R ose^
Bunsen, R. Fresenius, Gay-Lussac, FriedrichMohr, Rani-
— 11 —
m e 1 s b e r g , V o 1 h a r d , Clemens W i n k 1 e r und viele Andere, welche
sich auf diesem Gebiete ausgezeichnet haben.
R. Fresenius gab zuerst 1841 einen vollständigen systematischen
Gang zur qualitativen chemischen Analyse in der ersten Auf-
lage seines rasch berühmt gewordenen Lehrbuches.
Gay-Lussac und Mohr entwickelten die Maassanalyse, B u n s e n
die gasometrischen Methoden. Doch wer könnte Alles anführen.
Nur eines lassen Sie mich speciell hervorheben, die durch Bunsen
und Kirchhoff bewirkte Einführung der Spectralanalyse,
dieses gewaltigen Hülfsmittels der modernen Naturwissenschaft, welches
nicht nur zur Entdeckung zahlreicher neuer Elemente auf unserer Erde
geführt hat, sondern es uns auch ermöglicht, die Chemie der Gestirne zu
erforschen, welchen bis dahin der Chemiker machtlos gegenüber stand.
Aber die Spectralanalyse ist noch in anderer Hinsicht von grund-
legender Wichtigkeit, sie inaugurirt die Zeit, in der wir jetzt stehen,
die Zeit der physikalisch-chemischen Forschung.
Vorbereitet war der Boden dafür speciell durch die mechanische
Wärmetheorie, welche Robert Mayer, Clausius und Helmholtz
entwickelt hatten.
Auch hier kann ich nur das Wichtigste hervorheben, die Entwicklung
der Thermochemie, der Photochemie, der Elektrolyse, die
Benutzung der optischen Eigenschaften der Körper (Polari-.
sation und Lichtbrechungsvermögen) für die chemische Forschung,
die neueren Studien über die Dampfdichten und deren Yer-
w^erthung für die theoretische Chemie.
Aber noch ein Anderes haben uns die verflossenen beiden Menschen-
alter gebracht, die Entwicklung der chemischen Lehrmethode.
Um diese hat sich vor allen Anderen insbesondere L i e b i g die grössten
Verdienste erworben.
Erst dadurch wurde es möglich, dass die Chemie den mächtigen
Einfluss auf das gewerbliche Leben derMenschheit, auf L a n d -
w i r t h s c h a f t und Industrie gewinnen konnte.
Und gewaltige Umwälzungen haben sich gerade in dieser Beziehung
vollzogen, auf allen Gebieten, wohin wir auch blicken mögen.
Lassen Sie mich nur Einiges hervorheben.
Wie mit einem Zauberstab hat die Chemie den schwarzen vorher
fast werthlosen Steinkohlentheer berührt und aus ihm nicht bloss eine
— 12 —
Fülle der herrlichsten Farben, sondern in neuester Zeit werthyolle Heil-
mittel geschaffen.
Mächtig haben sich die Zuckerfabrikation und die Gährungsgewerbe
unter dem Einfluss der Chemie entwickelt.
Der sogenannte anorganische Grossbetrieb , die Fabrikation von
Schwefelsäure, Soda, Chlorkalk u. s. w. umfassend, hat ebenfalls wichtige
Fortschritte aufzuweisen, ich erinnere nur an die neuen Methoden der
Sodafabrikation und der Chlorbereitung,
Auch auf die Metallurgie und das Hüttenwesen hat die Chemie
umgestaltend und bessernd eingewirkt. Ein Beispiel aus der neuesten
Zeit möge genügen, das Thomasverfahren der Roheisenerzeugung. Es
ermöglicht durch die Anwendung basischen Futters die Verhüttung auch
phosphorhaltiger. bis dahin minderwerthiger Erze und liefert in seinen
Abfällen, den Thomasschlacken, der Landwirthschaft ein wirksames und
billiges Düngemittel.
Ja sogar mit dem Kriegsgott sehen wir unsere \\'issenschaft im
Bunde. Sie wagt es , den Donner zu verbannen , der bis jetzt die
Schlachten beherrscht, und die bessernde Hand zu legen an die Be-
reitung des männermordenden Schiesspulvers.
Aber eben so willig stellt sich die Chemie in den Dienst der Justiz
und neuerdings, besonders im Verein mit der Bakteriologie,
in den Dienst der Gesundheitspflege.
Gerade in den letzten 60 Jahren ist die Chemie herausgetreten aus
den Studierstuben, aus den Laboratorien und hat einen mächtigen Ein-
fluss ausgeübt auf allen Gebieten unserer Culturentwicklung.
Nun zu unserem Vereinsgebiete.
Die Geschichte der Chemie in unserem Vereinsgebiete beginnt mit
dem Eintritt meines Vaters in dasselbe vor nunmehr 44 Jahren. Es
steht mir. dem Sohne, nicht zu, Hmen darzulegen, was er geleistet hat
für die Entwicklung der Chemie, zumal der analytischen Chemie, was
er geleistet hat als Lehrer. Zeugniss davon geben seine in fast alle
lebenden Sprachen übersetzten, in vielen Auflagen erschienenen Werke,
Zeugniss davon giebt die Verehrung, welche ihm von einer zahlreichen
Schaar dankbarer Schüler gezollt wird, Zeugniss davon giebt das Blühen
und Gedeihen des von ihm in's Leben gerufenen und geleiteten chemischen
Laboratoriums.
— 13 —
Ich könnte einzelne Daten aus der Geschichte dieser Anstalt hervor-
heben, z. B. die Gründung der Zeitschrift für analytische Chemie im
Jahre 1862, die Errichtung der agriculturchemischen Versuchsstation im
Jahre 1868, die Errichtung der hygienisch-bakteriologischen Abtheilung
im Jahre 1884, ich könnte Ihnen sprechen von den aus dem Labora-
torium hervorgegangenen wissenschaftlichen Arbeiten, zumal von denen,
welche die Erforschung der reichen Bodenschätze unseres Vereinsgebietes
an nutzbaren Erzen und Gesteinen, sowie insbesondere an Mineralwassern
zum Gegenstande haben; doch ich sehe davon ab, weil wenigstens bis
zum Jahre 1873 eine zur Feier des 25jährigen Bestehens von meinem
Vater geschriebene Geschichte des Laboratoriums vorliegt und weil das,
was die letzten Jahre gebracht haben, uns, die wir sie mit durchlebt,
hinreichend bekannt ist.
Gar bald, nachdem mein Vater sein chemisches Laboratorium er-
richtet hatte, zeigte sich dessen fi'uchtbarer Einfluss auch in dem Auf-
blühen der chemischen Industrie in unserem Vereinsgebiete. Die meisten
unserer hervorragenden chemischen Fabriken sind bereits im sechsten
und siebenten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts errichtet worden, nicht
wenige davon speciell von Schülern meines Vaters.
Bis zum Ende der siebziger Jahre fällt die Entwicklung der
Chemie in unserem Vereinsgebiete im Wesentlichen zusammen mit der
Entwicklung des chemischen Laboratoriums meines Vaters. Von da
an aber mehren sich die Heimstätten unserer Wissenschaft, zumal in
Wiesbaden. Heute zählt Wiesbaden mehrere chemische Laboratorien,
von welchen ich insbesondere hervorhebe das speciell der Keramik ge-
widmete von Dr. C. Bischof, dem verdienstvollen Verfasser eines be-
kannten Lehrbuches über die feuerfesten Thone, und die im Jahre 1880
von Biebrich hierher verlegte und von dem jetzigen Director , Dr.
C. Schmitt vollständig reorganisirte Lebensmitteluntersuchungsanstalt,
an welcher zahlreiche wissenschaftliche Kräfte thätig sind.
Ausserhalb Wiesbadens ist hier speciell die Kgl. Lehranstalt für
Obst- und Weinbau mit ihrer önologischen Versuchsstation zu nennen,
in welcher besonders die rationelle Hebung des für unsere Gegend so
wichtigen Weinbaues gepflegt wird.
Auch in den höheren Schulen, zumal in den beiden landwirthschaft-
lichen unseres Bezirkes, der Kgl. Landwirthschaftschule zu Weil bürg und
dem landwirthschaftlichen Institute zu Hof Geisberg bei Wiesbaden findet
die Chemie gebührende Berücksichtigung.
— U —
Ehe wir nun unseren Blick hinlenken zu dem emsigen und geräusch-
vollen, rasch pulsirenden und glühenden Leben in den Werkstätten der
chemischen Industrie, lassen Sie uns der heimgegangenen Vertreter unserer
Wissenschaft gedenken, die in unserer Mitte gelebt und gewirkt haben.
1872 starb Wilhelm Casselmann, welcher seit 1845 als Pro-
fessor der Chemie und Technologie am hiesigen Realgymnasium eine
überaus erspriessliche Lehrthätigkeit entfaltet hatte. Als Schriftsteller
ist er thätig gewesen durch Herausgabe eines trefflichen, in mehreren
Auflagen erschienenen Leitfadens für den Unterricht in der Chemie und
als ständiger Mitarbeiter an der Zeitschrift für analytische Chemie. Von
seinen wissenschaftlichen Arbeiten, welche sich auf die Erforschung des
Vereinsgebietes beziehen, ist besonders seine Untersuchung der Sodener
Mineralquellen zu erwähnen.
1879 raffte eine tückische Krankheit Carl Neubauer hinweg,
dessen Name durch seine bedeutenden wissenschaftlichen Arbeiten be-
rühmt ist. Seit 1853 war er, zuerst als Assistent, dann als Professor,
am hiesigen chemischen Laboratorium thätig, von 1855 bis 1874 auch
am damaligen Kgl. landwirthschaftlichen Institute. Seit Gründung der
Zeitschrift für analytische Chemie im Jahre 1862 war er ihr ständiger
Mitarbeiter und schrieb für dieselbe ausser zahlreichen wichtigen Original-
abhandlungen die fortlaufenden Berichte über die Fortschritte der
chemischen Analyse organischer Substanzen und über die auf Physiologie
und Pathologie bezüglichen Methoden, bis ihm der Tod die Feder aus
der Hand nahm.
Als 1868 die agriculturchemische, insbesondere önologisclie Versuchs-
station dahier in's Leben trat, wurde Neubauer mit deren Leitung
betraut und ihm so Veranlassung gegeben zu seinen hervorragenden
Arbeiten über die Chemie des Weines.
Neubauer 's Anleitung zur Analyse des Harns, in mehr als 7 Auf-
lagen erschienen und in's Russische, Französische und Englische über-
setzt, ist Ihnen Allen bekannt, zumal den Aerzten.
Doch es ist nicht möglich, Neubauer 's Bedeutung hier eingehend
zu würdigen. Nur erinnern wollte ich an ihn, den geistvollen Forscher,
den beredten Lehrer.
Stets werden wir ihm ein treues Gedenken bewahren, zumal die-
jenigen unter uns, welche als Schüler zu seinen Füssen gesessen haben,
welche ihn auch als liebenswürdigen Menschen näher kennen gelernt
oder durch Bande der Freundschaft mit ihm vereinigt waren.
- 15 —
Und nun, meine Herren, folgen Sie mir mitten zu den Stätten
sprühenden Lebens, wo tausende fleissiger Hände, unterstützt durch sinn-
reich construirte Maschinen beschäftigt sind, die Chemie dem practischen
Leben nutzbar zu machen. — Doch wie kann ich es wagen, Ihnen
diese grossartigen Fabrikanlagen hier zu schildern, — das will mit
eigenen Augen geschaut sein.
Wer es durchreist unser schönes Nassauer Land, der wird finden,
dass ausser dem Ackerbau, der Viehzucht, dem Weinbau, der Forst-
wirthschaft, dem Bergbau und den übrigen Zweigen gewerblicher Thätig-
keit sich auch die Industrie in mächtiger Weise entwickelt hat, ganz
besonders die chemische Industrie. Die bedeutendsten Anlagen
dieser Art haben sich namentlich an den grossen Wasserstrassen ange-
siedelt. Fahren wir z. B. von Frankfurt kommend auf Main und Rhein
hinunter von dem Anfang bis zum Ende unseres Yereinsgebietes, so
erblicken wir gar bald die hohen Schornsteine der Griesheimer Fabriken,
welche theils dem anorganischen Grossbetrieb, theils der Theerfarben-
fabrikation dienen.
Wir kommen nach Höchst und finden dort eine wahre Fabrikstadt,
hauptsächlich entstanden in Folge der Gründung und staunenswerthen
Entwicklung der weltbekannten Farbwerke, vormals Meister, Lucius
und Brüning. Daneben sind übrigens noch andere chemische Fabriken
verschiedener Art vorhanden. Auf der w^eiteren Fahrt den Main hinab
erblicken wir insbesondere noch bei Hattersheim die Zuckerfabrik M a i n -
g a u und die B e y e r b a c h 'sehe Farbenfabrik.
Am Rhein ist Biebrich ein Centrum der chemischen Industrie. Ich
hebe besonders hervor die ausgedehnten Portlandcementfabriken von
Dyckerhoff & Söhne, die Fabrik für künstliche Düngemittel von
H. & E. Albert, die Anilinfarbenfabriken von Kalle & Co. und von
Lembach & Schleicher.
Fahren wir weiter, so finden wir in Oestrich die Oxalsäurefabrik
von Koepp & Co., in Winkel die Weinsteinsäurefabrik von Golden-
berg, Geromont & Co., in Lorch die Fabrik für Producte der
trockenen Destillation des Holzes, in Braubach das Blei- und Silberwerk,
in Lahnstein die Farbenfabrik von Schröder & Stadel mann.
Diese Fahrt und was wir auf derselben gesehen, mag ausreichen,
uns einen Begrift' zu geben von der Entwicklung der chemischen Industrie
in unserem Vereinsgebiete. Alle genannten Fabriken leisten Hervor-
ragendes in ihrem speciellen Fabrikationszweig, viele erfreuen sich eines
- 16 —
Weltrufes und gehören zu den bedeutendsten ihrer Art, nicht bloss in
Deutschland, sondern überhaupt.
Ich bin am Schlüsse. Werfen wir nun noch einen Blick in die Zukunft.
Was wird sie bringen? Weitere Entwicklung. Noch hat sich die junge
Wissenschaft der Chemie nicht zu einem festgefügten, in allen Theilen
fertig ausgebildeten Lehrgebäude durchgerungen. Das, was nur ein Ent-
wicklungsstadium bezeichnet, in unseren heutigen Anschauungen, wird
vergehen und Anderem Platz machen. Aber was schadet es. Aus
den Trümmern einer dahinsinkenden Theorie erhebt sich, wie der Vogel
Phönix aus der Asche, die chemische Wissenschaft strahlender und reiner,
die gewerbliche Thätigkeit der Menschen befruchtend und in sieghafter
Kraft zustrebend dem höchsten Ziele aller Naturforschung,
der Erkennt niss der Wahrheit.
DIE
THERMALQUELLEN
WIESBADENS
IN
CHEMISCHER BEZIEHUNG.
VON
DR- R. FRESENIUS,
Geheimem Hofrathe und Professor.
Jahrb. d. nass. Ver. f. Nat. 43.
Vi ie bekannt, tritt in Wiesbaden eine ganze Reihe heiseer und
warmer Mineralquellen zu Tage. Die bedeutendsten derselben sind in
dem Zeiträume von 1849 bis 1886 theils von mir selbst, theils von
meinem Sohne, Professor Dr. Heinrich Fresenius, theils von Schü-
lern meines Laboratoriums analysirt worden, und finden sich die Er-
gebnisse der Untersuchungen ohne Ausnahme in den Jahrbüchern des
Vereins für Naturkunde im Herzogthum Nassau, beziehungsweise den
Jahrbüchern des Nassauischen Vereins für Naturkunde.
Wenn ich nun die Resultate der Analj^sen hier nochmals zusam-
menstelle und kurz bespreche, so geschieht dies, weil sich im Laufe
der 37 Jahre die Ansichten , in welcher Weise man die direct ge-
fundenen Zahlen verwerthet , das heisst in welcher Art man Basen und
Säuren zu Salzen verbindet, etwas geändert haben, so dass sich die
früher ausgeführten Analysen mit denen der neueren Zeit nicht direct
vergleichen lassen. Die Möglichkeit directer Vergleichung ist aber
nicht allein im Hinblicke auf den therapeutischen Werth der Quellen
erwünscht, sondern auch unerlässliche Bedingung, wenn man der Frage
nach dem Ursprung der Thermen näher treten will.
Es sind daher alle Analysen nach den Grundsätzen, welche bei
der Berechnung der in neuerer Zeit untersuchten Quellen mafsgebend
waren, und die man gegenwärtig für die richtigsten hält, neu berechnet
worden, so dass die Ergebnisse der Analysen nunmehr direct verglichen
werden können.
In den folgenden Tabellen I und H sind die so erhaltenen Re-
sultate übersichtlich zusammengestellt. Sämmtliche Salze sind ohne
Krystallwasser berechnet. In der ersten Tabelle sind die kohlensauren
Salze als wasserfreie Bicarbonate, in der zweiten als einfache Carbouate
aufgeführt, damit die Bestandtheile der Wiesbadener Thermen auf
leichte Art mit denen anderer Mineralquellen verglichen werden können,
mögen diese in der einen oder der anderen Art zusammengestellt sein.
Was die Reihenfolge der in die Tabelle aufgenommenen Thermal-
quellen betrifft, so sind dieselben nach ihrem Gehalte an Chlornatrium
geordnet.
Die Bedeutung der Tabellen III— VI ergibt sich aus deren Ueber-
schriften.
20 -
Tabelle I.
Bestandtheile der duellen in 1000 Gewichtstheilen Wasser,
K 0 c h -
brunnen.
R. Frese-
nius
1885
Mineral-
wasser im
Badhause zu
den Vier
Jahres-
zeiten.
C.Hjeltund
R. Röhr
1859
Quelle im
Bddhaus
Zum
Spiegel.
G. Kern er
185(3
Temperatur der Quelle
68,750 c.
57,50 c.**)
66,20 c.
Specifisches Gewicht
1;006627 bei
150 c.
1,006265 bei
150c.
1,00628
barer Menge vorhandene Bestand-
a) In wäg
Chlornatrium
Chlorkalium
Chlorlithium
Chlorammonium
Chlorcalcium
Bromnatrium
Jodnatrium
Schwefelsaurer Kalk
„ „ Strontian ....
Baryt
Doppelt kohlensaurer Kalk ....
„ kohlensaure Magnesia . .
Doppelt kohlensaures Eisenoxydul .
„ „ Manganoxydul
Arsensaurer Kalk
Phosphorsaurer Kalk
Borsaurer Kalk
Kieselsaure Thonerde
Phosphorsaure Thonerde
Kieselsäure
Summe . .
Kohlensäure, völlig freie ....
Stickgas
Summe aller Bestandtheile .
b) In unwägbarer Menge vorhandene Bestandtheile.
Rubidium, Caesium, Salpetersäure, Titansäure, Kupfer, Schwefelwasserstoff,
organische Substanzen, sämmtliche in sehr geringen Spuren. Diese Bestand-
*) Infolge eines Versehens bei der Berechnung der Analysen ist in der
in Band 39 der Jahrbücher des Nassauischen Vereins für Naturkunde mit-
getheilten Zusammenstellung der Bestandtheile des Kochbrunnens und bei der
im Band 40 aufgeführten der Bestandtheile der kleinen Schützenhofquelle der
doppelt kohlensaure Kalk zu hoch und die freie Kohlensäure zu niedrig ange-
geben, was ich hiermit berichtigend bemerke.
6,828976
6,819447
6,806703
0,182392
0,227291
0,142098
0,023104
nicht bestimmt
nicht bestimmt
0,017073
0,016739
0,020589
0,627303
0,618707
0,638000
0,004351
0,002109
0,003231
0,000017
nicht bestimmt
nicht bestimmt
0,072480
0,089532
0,082958
0,021929
Spur
Spur
0,001272
Spur
Spur
0,306979*)
0,389674
0,301150
0,270650
0,288144
0,259504
0,009283
0,001946**)
0,010109
0,001236
0,000989***)
0,000905
0,000225
nicht bestimmt
—
0,000028
n
—
0,001039
!_
0,062714
0,058341
0,060965
8,431051
8,512919
8,326212
0,296600*)
0,206024
0,407303
0,005958
—
—
8,733609
8,718943
8,733415
— 21
Tabelle I.
die kohlensauren Salze als wasserfreie Bicarbonate berechnet.
Quelle in der
Wilhelms-
Heil-
anstalt.
E. Frese-
nius
1871
! Quelle im
j Badhaus
I Zum
I goldenen I ^^^^^^^^^
Brunne n .f) j Kupferschmied
-DO 1 I WÖrner,)
E. Suchs- I
land undW.'R- Wilden
Quelle im |
Hause Gold-jSchützen-
gasseNo.e.liiofquelle.
Valentin
1857
40,14 0 C.
1,006429 bei
160 C.
64,00 C.
1,006451 bei
150 C.
stein
1850
51 bis 520 C.
1,0064 bei
150 C.
H.
Frese-
nius
1879
49,20 C.
1,004964 bei
14,50 C.
Kleine
Schütze n-
hofquelle.
E. Frese-
nius
1886
45,20 C.
1,004827 bei
190 C.
Faul-
brun nen.
W.d'Orvill(
und
W. Kalle
1858
14,00 C.
1,00349
theile in 1000 Ge wichtstheilen Wasser.
6,730694 I
0,227765 j
0,009752
0,015870
0,580907
0,001431
0.000024
0,092769
0,000024
0,000213
0,421365
0,254922
0,007608
0,001325
Spur
0,000245
Spur
0,000193
0,063167
6,725822
0,134832
0.015651
0,745341
0,003215
0,095990
Spur
Spur
0,217934
0,301181
0,006418
0,001386
0,066571
8,408274
0.334423
8,314341
0,369115
8,742697
8,683456
6,70501
0,07699
0,01329
0,56797
0,09724
0,43637
0,26346
0,00847
nicht bestimmt
nicht bestimmt
0,04539
5,154046
0,157510
0,025228
0,012340
0.585858
0,002534
0,000028
0,134366
0,020362
0,000010
0,200873
0,189695
0,003005
0,000928
0,000060
Spur
0.000401
0,000334
0,050907
5,138331
0.155925
0,026319
0,014521
0,591311
0,004010
0,000013
0,137989
0,017933
0.000431
0.166415*)
0,142967
0,002844
0,001164
0,000184
0;000035
Spur
0,051467
3,227340
0,087316
0,009942
0,458501
0,001708
0,100967
0.135586
0,217642
0.002691
0,050416
8,21419
0,25213
6,538485
0,308144
Spur
6.451859
0,291557*)
Spur
4,292109
0,328089
8,46632
6,846629
6,743416
4,620198
theile sind im Wasser des Kochbrunnens und — abgesehen von Titansäure —
m dem der Schützenhofquelle nachgewiesen worden, dürften sich aber wohl
auch m den anderen Wiesbadener Thermen finden.
**) Diese Temperatur und diesen Gehalt an doppelt kohlensaurem Eisen-
oxydul zeigt das Wasser am Abflussrohre im Badhaus. Die nicht gut zuo-äno--
liehe Quelle liegt etwa 300 Schritte von dem Badhause entfernt "^ °
***) Von Vollpracht 1857 bestimmt,
t) Dieselbe speist die Bäder im Adler, goldenen Brunnen, in der Krone
und im schwarzen Bären.
22 —
Tabelle II.
Bestandtheile der Quellen in 1000 Gewichtstheilen Wasser,
#
Koch-
brunnen.
R. Frese-
nius
1885
Mineral-
wasser im
Badhause zu
den Vier
Jahres-
zeiten.
C.Hjeltund
R. Röhr
1859
Quelle im
Badhaus
Zum
Spiegel.
G. Kerner
1856
Temperatur der Quelle
68,750 C.
57,50 c.*)
66,20 c.
Specifisches Gewicht
1,006627 bei
15 OC.
1,006265 bei
150c.
1,00628
a) In wägb
Chlor natrium
Chlorkalium
Chlorlithium
Chlorammonium
Chlorcalcium
Bromnatrium
Jodnatrium
Schwefelsaurer Kalk
„ „ Strontian ....
Baryt
Kohlensaurer Kalk
Kohlensaure Ma,^nesia
Kohlensaures Eisenoxydul ....
„ „ Manganoxydul . . .
Arsensaurer Kalk
Phosphorsaurer Kalk
Borsaurer Kalk
Kieselsaure Thonerde
Phosphorsaure Thonerde
Kieselsäure
Summe . .
Kohlensäure, freie und halbgebundene
Stickgas
Summe aller Bestandtheile .
b) In unwägbarer Menge vorhandene Bestandtheile.
Siehe Tabelle I.
)arer Menge
vorhandene
Bestand-
6,828976
6,819447
6,806703
0,182392
0,227291
0,142098
0,023104
nicht bestimmt
nicht bestimmt
0,017073
0,016739
0,020589
0,627303
0,618707
0,638000
0,004351
0,002109
0,003231
0,000017
nicht bestimmt
nicht bestimmt
0,072480
0,089532
0,082958
0,021929
Spur
Spur
0,001272
Spur
Spur
0,213180*)
0,270607
0,209132
0,177614
0,189095
0,170300
0,006730
0,001411
0,007329
0,000894
0,000715
0,000655
0,000225
nicht bestimmt
—
0,000028
n
—
0,001089
»
~—
0,062714
0,058341
0,060965
8,241321
8,293994
8,141960
0,486330*)
0,424949
0,591455
0,005958
—
8,733609
8,718943
8,733415
*) In Betreff dieser Zahlen vergleiche die betreffenden Anmerkungen zur
Tabelle I.
23
Tabelle II.
die kohlensauren Salze als einfache Garbonate berechnet.
Quelle in der
Wilhelms-
Heil-
anstalt.
R. Frese-
nius
1871
Quelle im
Badhaus
Zum
goldenen
Brunnen.
R. Suchs-
land und W.
Valentin
1857
Quelle im
Hause G o 1 d -
gasse No. 6.
(Ehemals
Kupferschmied
Wörner.)
R.Wilden-
Stein
1850
Schützen-
hofquelle.
H. Frese-
nius
1879
Kleine
Schützen-
hofquelle.
R. Frese-
nius
1886
Faul-
brunnen.
W.d'Orville
und
W. Kalle
1858
40,140 C.
64,00 C.
51 bis 520 C.
49,20 C.
45,20 C.
14,00 C.
1,006429 bei
160 C.
1,006451 bei
150 C.
1,0064 bei
150 C.
1,004964 bei
14,50 C.
1,004827 bei
190 C.
1,00349
theile in 1000 Gewichtstheilen Wasser.
6,730694
6,725822
6,70501
5,154046
5,138331
3,227340
0,227765
0.134832
0,07699
0,157510
0,155925
0,087316
0,009752
—
—
0,025228
0,026319
—
0,015870
0,015651
0,01329
0,012340
0,014521
0,009942
0.580907
0,745341
0,56797
0,585858
0,591311
0.458501
0,001431
0,003215
—
0,002534
0,004010
0,001708
0,000024
—
—
0,000028
0,000013
—
0,092769
0,095990
0,09724
0,134366
0,137989
0,100967
0,000024
Spur
—
0,020362
0,017933
—
0,000213
Spur
—
0,000010
0,000431
—
0,292615
0,151343
0,30303
0,139495
0,115566*)
0,094157
0,167293
0,197650
0,17290
0,124487
0,093822
0,142828
0,005516
0,004653
0,00614
0,002179
0,002062
0,001951
0,000958
0,001003
—
0,000671
0,000842
—
Spur
—
—
0,000060
0,000184
—
0,000245
—
—
—
0,000035
—
Spur
—
—
Spur
Spur
—
—
—
—
0,000401
—
—
0,000193
—
—
0,000334
—
—
0,063167
0,066571
0,04539
0,050907
0,051467
0,050416
8,189436
8,142071
7,98796
6,410816
6,350761
4,175126
0,553261
0,541385
0,47836
0,435813
0,392655*)
0,445072
—
—
—
Spur
Spur
—
8,742697
8,683456
8,46632
6,846629
6,743416
4,620198
— 24 —
Tabelle III.
Beihenfdlge der Quellen, wenn dieselben nacli ihren Gehalten an den
einseinen Haupilestandtheilen geordnet iverden.
1. Nach ihrem Gehalte an Chlor natrium.
in 1000 Gewichtstheilen
Wasser.
1. Kochbrunnen 6,828976
2. Vier Jahreszeiten 6,819447
3. Spiegel ...'..... 6,806703
4. Wilhelmsheilanstalt .... 6,730694
5. Goldener Brunnen 6,725822
6. Goldgasse 6,705010
7. Schützenhof 5,154046 -
8. Kleine Schützenhofquelle . . . 5,138331
9. Faulbrunnen 3,227340
2. Nach ihrem Gehalte an Chlorcalcium.
1. Goldener Brunnen 0,745341
2. Spiegel 0,638000
3. Kochbrunnen 0,627303
4. Vier Jahreszeiten 0,618707
5. Kleine Schützenhof quelle . . . 0,591311
6. Schützenhof 0,585858
7. Wilhelmsheilanstalt .... 0,580907
8. Goldgasse 0,567970
9. Faulbrunnen 0,458501
3. Nach ihrem Gehalte an schwefelsaurem Kalk.
1. Kleine Schützenhof quelle . . . 0,137989
2. Schützenhof 0,134366
3. Faulbrunnen 0,100967
4. Goldgasse 0,097240
5. Goldener Brunnen 0,095990
6. Wilhelmsheilanstalt .... 0,092769
7. Vier Jahreszeiten 0,089532
8. Spiegel 0,082958
9. Kochbrunnen 0,072480
25
4. Nach ihrem Gehalte an doppelt kohlensaurem
Kalk.
in 1000 Gewichtstheilen
Wasser.
1. Goldgasse 0,436370
2. Wilhelmsheilanstalt . . . '. 0,421365
3. Vier Jahreszeiten 0,389674
4. Kochbrunnen 0,306979
5. Spiegel 0,301150
6. Goldener Brunnen 0,217934
7. Schützenhof 0,200873
8. Kleine Schützenhofquelle . . . 0,166415
9. Faulbrunnen 0,135586
5. Nach ihrem Gehalte an doppelt kohlensaurer
Magnesia.
1. Goldener Brunnen 0,301181
2. Yier Jahreszeiten . . . . . 0,288144
3. Kochbrunnen 0,270650
4. Goldgasse . 0,263460
5. Spiegel 0,259504
6. Wilhelmsheilanstalt .... 0,254922
7. Faulbrunnen 0,217642
8. Schützenhof 0,189695 ^
9. Kleine Schützenhofquelle . . . 0,142967
6. Nach ihrem Gehalte an doppelt kohlensaurem
Eisenoxydul.
1. Spiegel 0,010109
2. Kochbrunnen 0,009283
3. Goldgasse ........ 0,008470
4. Wilhelmsheilanstalt .... 0,007608
5. Goldener Brunnen 0,006418
6. Schützenhof 0,003005
7. Kleine Schützenhofquelle . . . 0,002844
8. Faulbrunnen 0,002691
9. Tier Jahreszeiten 0,001946
— 26 —
Nach ihrem Gehalte an völlig freier Kohlensäure.
in 1000 Gewichtstheilen
Wasser.
1. Spiegel 0,407203
2. Goldener Brunnen 0,369115
3. Wilhelmsheilanstalt ' . . . . 0,334423
4. Faulbrunnen 0,328089
5. Schützenhof 0,308144
6. Kochbrunnen 0,296600
7. Kleine Schützenhofquelle . . . 0,291557
8. Goldgasse 0,252130
9. Vier Jahreszeiten . . . . . 0,206024
Tabelle IV.
Aus derselben ergibt sich die Stelle, welche jede Quelle in Betreff der
absoluten Menge jedes Hauptbestandtheils einnimmt.
1
1
7-1
CO
i-s
U
>
t
1—1 CO
Ä __cö
O)
Ö
W
g
'o
o
i
«4-4
o
S
ü
m
st
II
w.
1
Chlornatrium ....
1
1
1 1
2
3
4
5
6
7
8
9
Chlorcalcium ....
3
4
2
7
1
8
6
5
9
Schwefelsaurer Kalk .
9
7
8
6
5
4
2
1
3
Doppelt kohlensaurer
Kalk
4
3
5
2
6
1
7
8
9
Doppelt kohlensaure
!
Magnesia ......
i 3
2
5
6
1
4
8
9
7
Doppelt kohlensaures
1
1
Eisenoxydul ....
2
9
1
4
5
3
6
7
8
27 —
Tabelle V.
Verhälfniss, in tvelchem die Haupfbcsfandfheile der Quellen zum Cldornatrium
stehen, dessen Menge zu dem Behufe hei allen Quellen gleich 1000 gesetzt ist.
c
«•
ö
-2
c:
O)
'S
1 -M
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^
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2
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¥§
0
0
0
0
'S
i3
CO
1
Chlornatrium . .
1000
1000
1000
1000
1000
1000
1000
1000
1000
Chlorcalcium . . .
191,86
90,73
93.73
86,31
110,82
84,71
113,67
115,08
142,10
Schwefelsaurer Kalk
jl0,61
13,13
12,19
13,78
14,27
14,50
26,07
26,85
31,29
Doppelt kohlensau-
1
rer Kalk . . .
44,95
57,14
44,24
62,59
32,40
65,08
38,97
32,39
42,01
Doppelt kohlensaure
Magnesia . . .
39,63
42,25
38,12
37,87
44,76
39,29
36,81
27,82
67,44
Doppelt kohlensau-
res Eisenoxydul .
1,36
0,29
1,49
1,13
0,95
1,26
0,58
0,55
0,83
Völlig freie Kohlen-
säure ....
43,43
30,21
59,82
49,69
54,88
3V,60
59,79
56,74
101,66
Tabelle VI.
Aus derselben ergibt sich, ivelche Stelle jede Quelle einnimmt, ivenn man das
Verhältniss Je eines Hauptbestandtheils zum Kochsalz als Mafsstab nimmt.
d
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-2
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0
0
0
0
1
1
1
Chlorcalcium: Chlornatrium .
6
7
5
8
4
9
3
2
1
Schwefelsaurer Kalk : Chlor-
-
natrium
9
7
8
6
0
4
3
2
1
Doppelt kohlensaurer Kalk:
Chlornatrium .....
4
3
5
2
8
1
V
9
6
Doppelt kohlensaure Magnesia :
Chlornatrium
4
3
6
7
2
5
8
9
1
Doppelt kohlensaures Eisen-
oxydul: Chlornatrium . .
2
9
1
4
5
3
7
8
6.
~ 28 —
Schliissfolgeriingen.
Die mitgetlieilten Tabellen gestatten, wie man leicht erkennt, die
Beantwortung aller Fragen, welche man hinsichtlich der chemischen
Beschaffenheit und des gegenseitigen Verhältnisses der Wiesbadener
Thermen stellen kann.
Vor Allem erkennt man, wenn man zunächst die absoluten Mengen
der Bestandtheile in's Auge fasst, dass die Schützenhofquelle und die
kleine Schützenhofquelle sich wesentlich von den anderen heissen Quellen
unterscheiden, und zwar sowohl durch den verminderten Gehalt an Chlor-
natrium, an doppelt kohlensaurem Kalk, doppelt kohlensaurer Magnesia
und doppelt kohlensaurem Eisenoxydul, wie durch den vermehrten an
schwefelsaurem Kalk. — Der Faulbrunnen, wenn auch den Schützenhof-
quellen im Chlornatriumgehalte weit nachstehend, schliesst sich doch in
seinem Gesammtverhalten mehr diesen als den anderen Thermen an.
Wenn auch im Ganzen sich nur wenige Regelmäfsigkeiten in der
Zusammensetzung der verschiedenen Quellen erkennen lassen, so tritt
eine doch mit aller Bestimmtheit hervor. Ein Blick auf die Tabelle
V und VI lehrt nämlich, dass die Quellen einen im Verhältniss zum
Chlornatrium um so höheren Gehalt an schwefelsaurem Kalk haben, je
geringer ihr Chlornatriumgehalt ist. Diese Regel würde keine Aus-
nahme zeigen , wenn der Gehalt der Spiegelquelle an schwefelsaurem
Kalk um ein Geringes höher wäre.
Weniger hervortretend sind die Regelmäfsigkeiten in dem Ver-
hältnisse zwischen Chlornatrium und Chlorcalcium ; doch zeigt auch hier
ein Blick auf die Tabellen V und VI, dass der Faulbrunnen, die
kleine Schützenhofquelle und die Schützenhofquelle, welche geringere
Gehalte an Chlornatrium haben als die anderen Quellen, im Verhältnisse
zum Chlornatrium höhere Chlorcalciumgehalte zeigen als diese.
Am meisten Interesse aber bietet offenbar die Frage, wie die Ver-
schiedenheit der auf so eng begrenztem Räume zu Tage tretenden
Wiesbadener Thermen aufzufassen sei. Bei einer sich nicht auf Zahlen
stützenden Betrachtung liegt die Erklärung nahe, in der Tiefe sei ein
Reservoir vorhanden, aus welchem alle Quellen gespeist würden, und
die Verschiedenheit derselben beruhe darauf, dass die eine Quelle, also
der an Chlornatrium reichste Kochbrunnen, das Wasser dieses Reser-
- 29 —
voirs unverdünnt liefere, die anderen aber Mischungen dieses Wassers
mit grösseren oder kleineren Mengen gewöhnlichen süssen Wassers.
Der Beweis, ob diese Erklärung zutreffend oder falsch ist, würde
sich aus der Tabelle IV ohne Weiteres ergeben, wenn man annehmen
könnte, das zutretende süsse Wasser sei vollkommen frei von gelösten
mineralischen Bestandtheilen, denn in diesem Falle mtissten die Zahlen
in den folgenden Keihen dieselben sein , wie in der ersten auf Chlor-
natrium bezüglichen Reihe , w'as aber, wie man ersieht, durchaus nicht
der Fall ist.
Da aber die erwähnte Annahme nicht gemacht werden kann , so
ist zu untersuchen, welche Beschaffenheit ein zutretendes Wasser haben
müsste, um aus Kochbrunnenwasser ein Wasser von der Beschaffenheit
je einer der anderen Quellen zu liefern.
Ich wähle zur Beantwortung dieser Frage drei Beispiele, indem
ich zuerst das dem Kochbrunnenwasser ziemlich nahe stehende Wasser
der Wilhelmsheilanstalt, sodann die sich von ersterem mehr unterschei-
dende Schützenhofquelle und endlich das Faulbrunnenwasser betrachte,
dessen Chlornatriumgehalt nur 47,2 ^/^ des im Kochbrunnen enthaltenen
beträgt.
I. Wasser der Wilhelmslieilanstalt.
Da 985,61 Th. Kochbrunnenw-asser so viel Chlornatrium enthalten
als 1000 Th. Wasser der Wilhelmsheilanstalt, so müsste man sich dieses
entstanden denken durch Hinzutreten von 14,39 Th. Mischwasser zu
985,61 Th. Kochbrunnenwasser.
Untersuchen wir nun, w^elche Beschaffenheit das Mischwasser haben
müsste, um in Betreff der anderen Bestandtheile der Beschaffenheit des
Wassers der Wilhelmsheilanstalt zu entsprechen.
a) In Betreff des Chlor calci ums.
985,61 Th. Kochbrunnenwasser enthalten 0,6183 Th. Chlorcalcium,
1000 Th. Wasser der Wilhelmsheilanstalt^ aber nur 0,5809. Es müssten
sich also beim Vermischen 0,6183 — 0,5809 = 0,0374 Th. Chlorcalcium
ausgeschieden haben.
b) In Betreff des schwefelsauren Kalks.
985,61 Th. Kochbrunnenwasser enthalten 0,07144 Th. schwefel-
sauren Kalk, 1000 Th. Wasser der Wilhelmsheilanstalt 0,09277. Also
— 30 —
müssten durch 14,39 Th. des Misch wassers zugeführt worden sein
0,09277 — 0,07144 = 0,02133 Th. und somit müssten 1000 Th. des
Mischwassers 1,482 Th. schwefelsauren Kalk enthalten.
c) In Betreff des doppelt kohhlen sauren Kalks.
985,61 Th. Kochbrunnenwasser enthalten 0,3026 Th. doppeltkohlen-
sauren Kalk, 1000 Th. Wasser der Wilhelmsheilansalt 0,4214. Somit
müssten durch die 14,39 Th. Mischwasser zugeführt worden sein
0,4214 — 0,3026 = 0,1188 Th. und somit hätten 1000 Th. des Misch-
wassers enthalten müssen 8,255 Th. doppelt kohlensauren Kalk.
d) In Betreff der doppelt kohlensauren Magnesia.
985,61 Th. Kochbrunnenwasser enthalten 0,2668 Th. doppelt
kohlensaure Magnesia, 1000 Th. Wasser der Wilhelmsheilanstalt aber
nur 0,2549 Th. , somit hätten sich beim Zutritt des Mischwassers aus-
scheiden müssen 0,2668 — 0,2549 = 0,0119 Th. doppelt kohlensaure
Magnesia.
II. Wasser der Scliützenhof quelle.
Stellt man bei dem Wasser der Schützenhofquelle eine der eben
betrachteten analoge Berechnung au, so ergibt sich zunächst, dass — um ein
Wasser vom Chlornatriumgehalt dieser Quelle zu erhalten — zu 754,73 Th.
Kochbrunnenwasser 245,27 Th. eines von Chlornatrium freien Misch-
wassers getreten sein müssten, und dass dieses in 1000 Th. enthalten
haben müsste 0,3250 Th. schwefelsauren Kalk und 0,4587 Th. Chlor-
calcium, während sich bei der Zumischung 0,0308 Th. doppelt kohlen-
saurer Kalk und 0,0146 Th. doppelt kohlensaure Magnesia hätten aus-
scheiden müssen.
III. Wasser des Faulbriiiinens.
Um ein Wasser vom Chlornatriumgehalte des Faulbrunnens zu
liefern, hätten zu 472,6 Th. Kochbrunnenwasser 527,4 Th. eines von
Chlornatrium freien Wassers treten und dieses hätte in 1000 Th. ent-
halten müssen 0,3072 Th. Chlorcalcium, 0,1264 Th. schwefelsauren Kalk
und 0,1701 Th. doppelt kohlensaure Magnesia, Avährend sich beim
Vermischen 0,0095 Th. doppelt kohlensaurer Kalk hätten ausscheiden
müssen.
- 31 —
Bei den drei Beispielen ergeben sich somit für die Mischwasser
unzulässige Annahmen, denn die Ausscheidung von Chlorcalcium
beim Zutreten süssen Wassers zu Kochbrunnenwasser kann nicht statt-
finden, die Ausscheidung doppelt kohlensaurer alkalischer Erden ist
ganz unwahrscheinlich und gewöhnliche Wasser, welche grössere Mengen
Chlorcalciums und in 1000 Th. 8 Thl. doppelt kohlensauren Kalk ent-
halten, kommen nicht vor.
Zu ganz ähnlichen Resultaten gelangt man auch, wenn man bei
den anderen Thermen analoge Berechnungen ausführt.
Die einzelnen Thermalquellen Wiesbadens, oder mindestens nicht
wenige derselben, sind somit als verschiedene Auslaugungsproducte Chlor-
natrium und die anderen Bestandtheile enthaltender Gebirgsschichten zu
betrachten, welche man sich über oder neben einander gelagert denken
kann. Dass diese Auslaugungsprocesse in grosser Tiefe erfolgen, er-
gibt sich aus der hohen Temperatur der Quellen, und dass sie sich in
grossartigem Maisstabe vollziehen , muss aus der Thatsache abgeleitet
werden, dass die Quellen seit Jahrtausenden zu Tage treten und ihren
Gehalt — wenigstens im Zeiträume von Decennien — nicht wesentlich
ändern*).
Ob sich in der Tiefe Reservoirs gebildet haben, auf welche die
Constanz in der Ergiebigkeit der Quellen hindeutet **) , lässt sich aus
der chemischen Beschaffenheit derselben nicht wohl feststellen.
*) Vergl. meine Abhandlung „Neue chemische Untersuchung des Koch-
brunnens zu Wiesbaden und Vergleichung der Resultate mit den 1849 von mir
erhaltenen", diese Jahrbücher 39, 1 ff., sowie die von Professor Dr. Heinrich
Fresenius „Chemische Untersuchung der Schützenhofquelle zu Wiesbaden",
diese Jahrbücher 39, 21 ff.
**) Yergl. die Thermalquellen Wiesbadens in technischer Beziehung von
E. Winter, München bei Tlieod. Ackermann, 1880, S. 12.
l; ^ '^
DAS BOHRLOCH
IM
NEUEN WIESBADENER SCHLACHTHAUSE.
VON
A. VON REINACH
(FRANKFURT A. M.)
Jahrb. d. nass. Ver. f. Nat. 48.
In Wiesbaden wurde im Jahre 1889 ca. 800 Meter südlich des
Bahnhofs, zur Wasserversorgung des neuen Schlachthauses, ein Bohrloch
auf 236 Meter Tiefe niedergebracht. Dank der Sachkenntniss des Herrn
Stadtbaumeisters Winter sind Bohrproben in bester Ordnung im Wies-
badener Stadthause aufgestellt. Von dem mir mit freundlicher Bereit-
willigkeit zur Verfügung gestellten Materiale wurden folgende Bestim-
mungen ausgeführt:
/ bei
4 Meter
Tiefe Kalke mit viel Dreissensia Brardi.
«
5/7
<c
id. <^ HydrobiaventrosaundCor-
bicula.
«
11
«
id. « HydrobiaventrosaundCor-
bicula, auch etwas Hydr.
untere
Hydrobien- -
schichten.
<3C
<C
13/17 *
24 -
inflata.
id. « id.
Letten <= Petrefacten wie oben und
etwas Braunkohlen.
«
28 *
«
id. « Hydr. ventrosa und inflata,
•
Cypris,Planorbis, Holzreste
und Schwefelkies.
<«
48 «
«
sandiger Letten mit Hydr. ventrosa,
.
inflata und Paludina.
69
«
Anfang der petrefactenleeren gelb-
lichen Quarzsande mit Thonen. Der
Sand ist theilweise scharfkantig und
enthält Quarzstücke bis zu 1 cm Grösse.
Cerithien-
«
72 «
«
petrefactenleere weisse Sande mit Kies,
schichten.
oft scharfkantig.
85 «
«
etwas gerundeter Sand mit oft scharf-
kantigem Kies nebst Thon und Braun-
kohlenspuren.
^ «
102
«
wie vorher, nur mehr Kohlen.
3*
— 36 -
Cyrenen-
mergel.
Rupelthon.
bei
Meeressand.
Liegendes
Sericitgneiss.
120 Meter Tiefe dunkelgrauer Letten mit einigen ge-
rollten Quarzstücken, viel Braunkohle
und einem unbestimmbaren Knoclien-
rest, vielleicht Fussknochen eines
Vogels.
« grauer Letten mit etwas Braunkohle
und 2 Bruchstücken von Baianus.
« grauer Letten mit viel Schwefelkies,
etwas Kohle, Bruchstück von Cyrena
und kleinen Concretionen.
« dunkelgrauer Letten mit etwas Kohlen-
resten und Bruchstück von Baianus.
« dunkelgrauer Letten mit viel unbe-
stimmbaren Muschelresten und etwas
anthracitischer Kohle.
« grauer Letten mit viel Sand und ge-
rollten Quarzkieseln, unbestimmbaren
dünnschaligen Muschelresten nnd an-
thracitischen Kohlen.
« wie vorher, nur weniger Sande und
Kiesel, etwas unbestimmbare Fisch-
reste.
« grauer Letten mit unbestimmbaren
Conchylien und Fischresten.
« bräunlichgrauer Letten mit Viel Fora-
miniferen (Aufzeichnung unten).
« Rollstücke von Sericitgneiss mit Sanden
und vielen abgeschlissenen Muschel-
bruchstücken, von denen nur Ostrea
(callifera Lam. ?) bestimmbar.
« zertrümmerter Sericitgneiss in fein-
körnigen Saud verwandelt, darin einige
Bruchstücke von Ostrea.
140
150
170
190
210
211/12
218
224/25 «
227/29
230/32 «
236
anstehender Sericitgneiss.
Ob die Schichten^ bis zu 7 Meter Tiefe noch den oberen Hydrobien-
kalken zuzurechnen sind, ist fraglich. Interessant ist der allmähliche
i
— 37 —
Uebergang in sandige Schichten, bis bei 69 Meter die Cerithiensande
beginnen. Nach 102 Meter ändert sich plötzlich das Aussehen der Bohr-
proben, die Saude verschwinden, Letten mit Braunkohlen treten an deren
Stelle. Der in den Proben enthaltene Sand und Kies dürfte noch von
oberen Schichten stammen und zufällig hineingelangt sein. Offenbar
fangen hier die Cyrenenmergel an, welche bei 140 Meter schon Bruch-
stücke eines der Leitpetrefacten : Baianus enthalten. Auffällig ist das
erneute Auftreten von vielem Sand und Kies bei 210 Meter, welches
Vorkommen jedoch sofort wieder verschwindet. Der untere Cyrenenmergel
enthielt absolut keine Foraminiferen, während der bei 224 und 225 Meter
untersuchte Rupelthon nach der freundlichen Bestimmung des Herrn
Prof. Achilles Andreae in Heidelberg nachfolgende 15 Arten enthält.
1 . Bolivina Beyrichi Rss. Typ. und Yar. häufig.
2. Bolivina melettica Andr.
3. Lagena striata d'Obg. Typ.
4. Nodosaria sp. (Fragmente).
5. Cristellaria simplex d'Obg.
6. Polymorphina sororia Bss.
7. Globigerina bulloides d'Obg. selten.
8. Planorbulina mediterranensis d'Obg.
9. Discorbina rugosa d'Obg. sp.
10. Discorbina villardeboana d'Obg. sp.
11. Discorbina sp. indet.
12. Truncatulina amphisyliensis Andr.
13. Truncatulina lobatula Wlk. und J.
14. Anomalina ammonoides Rss. sp.
15. Rotalia Soldanii d'Obg. Typ. häufig.
Nach diesen Foraminiferen dürfte wohl der Rupelthon den Amphisyle-
Schichten dieses Complexes angehören, welche in der Gegend auch bei
Flörsheim vorkommen und durch Verfasser an der Mainlay oberhalb
Frankfurt, aufgefunden wurden. Bezeichnend dafür sind Bolivina Beyrichi
und melettica, sowie Truncatulina amphysiliensis.
Die grossen stark gerollten Stücke Sericitschiefer nebst den ab-
geschlissenen Austernschalen in den darunter liegenden Schichten des
sogenannten Meeressandes, lassen auf Strandbildung schliessen, da der
Sericitgneiss in Wiesbaden selbst ansteht. Die tertiären Meeressande,
durch Petrefacten bestimmbar, liegen bei Hallgarten in ca. 180 Meter
— 38 —
Höhe, bei Medenbacli von Rupelthon überlagert in ca. 220 Meter Höhe,
in Rheinhessen sogar bei 250 — 300 Meter Höhe. Der Rupelthon liegt
bei Medenbach in ca. 220 Meter Höhe, bei Breckenheim in 180 Meter
Höhe; der Cyrenenmergel bei Wicker, Wallau, Eltville in ca. 150 Meter
Höhe. Am Schlachthausbohrloch in Wiesbaden ist dagegen
Ansatzpunkt ca. 110 Meter über Amsterd. Pegel Hydrobienschicht,
bei « 6 « « « « Anfang der Cyrenen-
mergel.
« «110 « unter « « Rupelthon.
« « 120 « « « « Meeressand.
Es liegt also Wiesbaden auf einer sowohl gegen Osten als gegen
Westen stark gesunkenen Scholle, deren genauere Bestimmung einer
späteren Arbeit vorbehalten bleibt.
Nebenbei sei noch bemerkt, dass das aus dem Bohrloche reichlich
ausströmende Wasser eine Wärme von 19^ Celsius hat, bei geringem
Gehalt an Alkalien. Diese Wärme entstammt wohl den heissen Wies-
badener Mineral-Quellen.
DIE HELIOZOEN
DER
UMGEGEND VON WIESBADEN.
VON
Dr. PHIL. EUGEN PENARD
(GENF.)
MIT ZWEI TAFELN.
Aus dem Französischen auf Wunsch des Verfassers übersetzt von
Dr. A. Pagenstecher.
Vorwort.
7
Vergangenes Jahr gab ich in den Jahrbüchern des Nassauischen
Vereins für Naturkunde eine kurze Uebersicht über die von mir in der
Umgegend von Wiesbaden beobachteten Heliozoen.
Seit dieser Zeit habe ich meine Beobachtungen erweitert und
wünsche diesen interessanten kleinen Organismen einige Seiten zu wid-
men. Ich beabsichtige hier nicht in ausführlicherer Weise auf die
Physiologie und die Struktur der Heliozoen einzugehen, denn diese
Arbeit wäre nur eine Wiederholung dessen, was ich anderswo (Archives
Beiges de Biologie 1889, Archives de la Societe de Physique d'Hist. na-
turelle de Geneve, 1889) veröffentlicht habe, sondern will vielmehr
eine kurze Beschreibung der Arten geben, welche man um Wiesbaden
antriff't, und insbesondere solcher, welche bisher noch nicht beschrieben
W'Urden.
Diese Arten sind verschiedenartig und zahlreich, so dass man die
Provinz Nassau als eine der reichsten betrachten kann, die man
hinsichtlich der Heliozoen kennt. Ich habe hier eine ansehnliche
Zahr bereits beschriebener Typen gefunden neben anderen, die bisher
unbekannt waren , und ich glaube , dass man ohne viele Mühe noch
mehrere wird auffinden können, denn die von mir verwandte Zeit war
nur eine gelegentliche, da der grössere Theil meiner Untersuchungen
sich auf ein anderes Gebiet erstreckte (die Rhizopoden als solche). Es
ist z. B. sicher, dass Clathrulina elegans, Cienkowsky sich in der Um-
gegend von Wiesbaden findet, da ich zuweilen ihr Skelett gefunden
habe, ebenso habe ich zwei oder drei sehr kleine und sicher neue
Arten gefunden, die ich aber nicht genügend untersuchen konnte, um
sie hier aufzuführen.
Wenn es nun auch meine Absicht nicht ist, hier eine ausführ-
liche physiologische Studie über die Heliozoen zu geben, so scheint
es mir doch w^ünschenswerth , diesen Thieren ein Capitel zu widmen,
welches eine allgemeine Idee über ihre Struktur und Funktionen gibt.
- 42
I. Allgemeine Bemerkungen.
Im Allgemeinen stellt der Körper der Heliozoen eine sphärische
Protoplasma-Anhäufung dar, welche meistens nicht homogen ist, sondern
sich in zwei Zonen begrenzen kann ; die äussere Zone (Rindenschicht A . H e r t-
wig), welche gewöhnlich aus einem grauen, granulirten Plasma gebildet
wird, wurde Ectoplasma genannt im Gegensatze zu der inneren, mehr
homogenen und flüssigen Zone, welche das Endoplasma (Marksubstanz)
darstellt ; dieses letztere, bei einigen Arten central, ist bei der grösseren
Zahl der Heliozoen excentrisch ebenso wie der Kern, welchen es immer
einschliesst.
Der Hauptkörper der Heliozoen bleibt nicht immer und vollständig
nackt; bei der Mehrzahl der Arten umgibt er sich mit einer schützen-
den Umhüllung, welche in wechselndem Typus variirt und von ganz
besonderer Wichtigkeit für das Thier selbst ist, auch einen besonderen
Werth für die Bestimmung der Arten hat.
Das Genus Nuclearia (Cilioyphrys i. p. ?) hat keine Umhüllung oder
umhüllt sich nur zu einer bestimmten Zeit mit einer dicken Lage
hyalinen Schleims; bei Lithocolla trägt dieser Schleim immer an seiner
Oberfläche eine Lage von Steinchen oder von Kieseltrümmern, welche
in ihm eingebettet sind. Bei Actinophrys sol und Actinosphaerium
Eichhorni bedeckt sich das Ectoplasma mit Yacuolen, wird schaumig
und diese vacuolenhaltige Lage dient als schützende Umhüllung. Aber
bei dem grössten Theile der Heliozoen finden wir einen förmlichen
Panzer, gebildet aus Kieselschalen, welche sich berührend in der
grössten Ordnung aneinander gereiht sind und den Körper mit einer
continuirlichen Umhüllung umgeben. Diese Schalen, welche manchmal
mehrere Lagen bilden, sind eingebettet in ein hyalines Plasma, welches
man gewöhnlich als von schleimiger Beschaifenheit und als ein Er-
gebniss des Secretes des Thieres ansieht, welches aber vielleicht einen
wichtigeren Charakter trägt und das wirkliche Ectoplasma darstellt.
Ausser diesen sich berührenden Schalen gibt es noch recht häufig
andere, radiär verlaufende, in der Form spitzer Nadeln, welche den
ganzen Körper mit einer Defensivbewaffnung umgeben.
Diese Nadeln, ebenfalls kieseliger Natur, vergrössern sich mit dem
Thiere selbst und scheinen sich nur im Schutze eines schleimigen
— 43 —
Ueberzuges zu bilden, der sie immer, wenigstens im jugendlichen Alter
bedeckt.
Alle wirklichen Heliozoen besitzen einen Kern, immer im Endo-
sark, aber bei den meisten Arten excentrisch und seine Struktur ist
dem Kerne der Rliizopoden analog; d. h. er ist aus einer dünnen und
durchscheinenden Membran (Kernmembran) gebildet, in dessen Innern
ein Nucleolus (Kernkörperchen) getrennt ist von der Membran durch
ein sehr klares, beinahe flüssiges Plasma (Kernsaft), welches sehr reich-
lich sein kann.
Der Kern ist gewöhnlich einfach; indessen besitzen einige Arten
mehrere und besonders Actinosphaerium Eichhorni kann deren eine an-
sehnliche Zahl einschliessen (100 und mehr).
Ausser dem Kern findet man bei allen Heliozoen eine contractile
Blase und öfters zwei oder mehrere, sogar bei den Arten, wo die Ein-
heit die Regel; diese Blase, welche denen der Amöben ähnlich, aber
gewöhnlich weniger klar ist, gehört dem Ectosack an und sehr häufig
sieht man sie zwischen dem wirklichen Plasma und der äusseren Um-
hüllung hervortreten.
Sie Avird belebt durch rhythmische Pulsationen, welche sich plötzlich
bilden, um bald aufs Neue an der nämlichen Stelle zu erscheinen und
welche im Allgemeinen um so lebendiger und regelmälsiger sich zeigen,
je kräftiger und beweglicher das Thier selbst ist.
Ausserdem sieht man nicht selten in dem Plasma gewöhnliche
Vacuolen, welche keine rhythmischen Erscheinungen zeigen und überall
erscheinen können, um allmählich zu verschwinden.
Das Plasma ist häufig von körnigen Elementen verschiedener Art
erfüllt, welche bald Nahrungsballen, bald Stärkemehlkörner, Fetttropfen,
oder kleine glänzende Körner darstellen, die man als Excretkörner be-
zeichnet und welche Bütschli mit oxalsaurem Kalk in Verbindung
bringen zu sollen glaubt, endlich öfters grüne Körner von Pseudo-
chlorophyll , welche denen ähnlich sind , die man bei verschiedenen
Rhizopoden findet und welche eine Art von Symbiose darstellen sollen.
Man findet diese verschiedenen Elemente fast ausschliesslich im Ecto-
plasma; das Endoplasma entbehrt derselben und höchstens findet man
in demselben kleine Excretkörner.
Die Pseudopodien der Heliozoen gruppiren sich im Gegensatze zu denen
der Rhizopoden, welche alle in einer Gegend entspringen, um den ganzen
Körper ; sie stellen sehr lange Fäden dar, welche bei einzelnen Arten den
— 44 —
Durchmesser des Körpers um das Drei- und Yierfaclie erreichen oder noch
mehr; sie sind in der Regel sehr fein und für gewöhnlich aus einem
hyalinen Achsencyliuder gebildet, welcher von einer feinen Protoplasma-
schicht umhüllt wird, auf welcher man helle Granulationen bemerkt, welche
an Grösse längs den Pseudopodien allmählich zu- und abnehmen. Wir wer-
den später sehen, dass diese Pseudopodien nicht bei allen Arten identisch
sind; bei den Formen, welche ich unter dem Namen von Ciliophrys
beschreiben werde , sind sie von derselben Natur , wie die gewisser
nackten oder schalentragenden Rhizopoden; bei Actinophrys und Acti-
nosphaerium ist der relativ sehr breite Achsenfaden von einer ziemlich
starken Lage von Protoplasma bedeckt ; Actinolophus hat Pseudopodien,
welche mit einem kleinen hyalinen Kopf versehen sind, ähnlich dem
der Acineten. Bei der grossen Familie der Acanthocystiden sind die
Pseudopodien am charakteristischsten und erlauben am besten die Be-
wegungen des Thieres zu studiren.
Die Erscheinungen der Bewegung sind sehr interessant bei den
Heliozoen. Man kann dieselben dahin zusammenfassen, dass das
Thier einige seiner Fäden von sich streckt, welche momentan ihre
Starre verlieren, dann erstarren und den Körper nach sich ziehen,
indem sie ihn ein wenig von oben nach unten wenden; andere Fäden
ersetzen die ersten und ziehen ihrerseits , so dass im Verlaufe des
Phänomens das Thier wie ein Ball auf der Tafel rollt und dies zu-
weilen so schnell, dass es wie eine Spinne zu laufen scheint. Es finden
sich in dieser Hinsicht grosse Verschiedenheiten von Art zu Art, und
während Ciliophrys sicher amöboid ist, und Actinophrys sich nur sehr
langsam fortbewegt, können die Acanthocystiden in einer Minute einen
Weg durchlaufen, welcher das Zwölffache ihres Durchmessers beträgt.
Bei Artodiscus saltans habe ich die Bewegungen am lebhaftesten ge-
funden ; dieses kleine Wesen tanzt zur Rechten und zur Linken , vor-
wärts und zurück mit einer ausserordentlichen Beweglichkeit und um
ihm zu folgen, muss man beständig die Stellung des Mikroskopes
verändern.
Man glaubt gewöhnlich, dass die Pseudopodien eine sehr active
Rolle bei der Ergreifung der Beute spielten; indessen kann man sagen,
dass diese Rolle nur eine secundäre ist. Sobald ein kleiner Organis-
mus mit den Pseudopodien verklebt ist, ziehen sich die letzteren in
Wirklichkeit zusammen und nähern so die Beute dem Körper; indess
nähert sich die Beute meist von selbst dem Ectosark, und dieser sendet
— 45 —
dann eine amöboide Verlängerung aus, öfters in Form eines Kegels,
welcher nach und nach die Beute umgibt, sie in eine grosse Nahrungs-
vacuole einschliesst und in das Innere des Körpers einzieht.
Bei den Arten , welche mit einem Panzer umschlossen sind, ver-
breiten sich die verschiedenen Schalen, welche diese Umhüllung bilden,
unter der Beute, dann kommen sie wieder um die Nahrungsvacuole
hervor und vereinigen sich schliesslich über dem gefangenen Objekt,
ihre gewöhnliche Anordnung wieder einnehmend. Bei diesem Prozesse
spielt die schleimige Hülle , in welcher die Schalen eingelagert sind,
eine völlig active Rolle, ja ich möchte behaupten (wie Maggi und
Cattaneo), dass dieser Schleim das wahre Ectosark darstellt und
dass man es mit der hyalinen Bekleidung der Amöben zusammenstellen
kann, oder mit der vacuolenhaltigen Umhüllung von Actinophrys.
Die Erscheinungen der Reproduction und Multiplication gehören
bei den Heliozoen zu den interessantesten, sind aber auch am schwie-
rigsten zu erklären und ihre Kenntniss lässt noch viel zu wünschen
übrig. Ich will mich hier darauf beschränken, einige kurze Erläute-
rungen über diese Erscheinungen zu geben, welche einige Beziehung zu
der Verjüngung und Erhaltung des Individuums haben können.
a) Conjugation. Die Conjugation ist bei den Heliozoen eine
häufige Erscheinung, besonders bei Actinophrys kann man sie leicht
beobachten: zwei Thiere nähern sich, vereinigen sich zuerst mit ihren
Pseudopodien, welche ihren Achsenfaden verlieren und werden amöboid,
dann treten sie in ihrem vacuolenhaltigen Ectosark zusammen und ver-
mischen sich endlich mit ihrem Endosark , um bald nur ein Individuum
zu bilden, während ich nie die Kerne an der Vereinigung Theil nehmen
sah. Bei den Acanthocystiden , bei welchen das Phänomen übrigens
weit seltener ist, lassen die beiden sich nähernden Individuen zunächst
ihre Schalen auseinandertreten und vereinigen sich wieder über dem
neuen Individuum.
b) Colonieen. Wenn an der Stelle von zwei Individuen die
Vereinigung drei oder mehrere betrifft^ so bildet sich eine wirkliche
Colonie; bei Actinophrys sind solche Colonieen häufig und können
10 — 15—20 Individuen darstellen. Indessen behält jedes Individuum,
obwohl in der Masse vollkommen aufgegangen, seine Selbstständigkeit;
wenn die Colonie, was häufig vorkommt, ihren Ort verändert, so gehen
alle Individuen, jedes für sich vor, von einer weit schnelleren Be-
wegung beseelt, als man solche für gewöhnlich bei dieser Art beobachtet.
— 46 —
Nur bei Actinoplirys habe ich die Existenz wirklicher Colonieen
beobachtet; indess kennt man die Erscheinung auch bei anderen He-
liozoen (Sphaerastrum conglobatum , Greeff, Monobia confluens,
Schneider, Raphidiophrys elegans, Hartwig und Cesser).
c) Theilung. Diese Erscheinung ist recht häufig, aber in der
Mehrzahl der Fälle ist es kaum möglich, mit Sicherheit zu erkennen,
ob man eine wirkliche Theilung vor Augen hat oder zwei Individuen,
welche nach einiger Zeit der Vereinigung sich wieder trennen. Bei den
Acanthocystiden nimmt jedes neue Individuum die Hälfte der Umhüllung der
Mutter mit sich. Im Moment, wo das Thier sich ausstreckt, um die Biscuit-
form anzunehmen und sich immer mehr zu verengen, besitzt es bereits stets
zwei Kerne, welche sicher aus einer vorgängigen Theilung eines einzigen
Kernes entstehen. Diese Theilung wurde schon in gewisser Weise bei
einigen seltenen Gelegenheiten verfolgt (G r u b e r , Actinosphaerium) und
kann mit derjenigen verglichen werden, die man in gleicher Weise bei
einigen Rhizopoden (Euglypha, Gruber, Schewiakoff) beobachtet
hat ; der Kern theilt sich in einzelne Theile, welche sich in zwei äqua-
torialen Haufen sammeln: dann theilt sich jeder Haufen, die einzelnen
Fragmente vereinigen sich wieder (indem sie karyolitische Figuren
bilden) und jeder der zwei neuen Kerne bedeckt sich allmählich mit
einer Kernmembran.
d) Knospenbildung. Wenn an Stelle der Theilung in zwei
gleiche Theile sich nur ein kleiner Theil der Oberfläche des Körpers
abschnürt, so bildet sich eine wirkliche Knospenbildung. Ich habe ein-
oder zweimal (bei Acanthocystis erinaceus und Acanth. turfacea) das
Freiwerden dieser Knospen beobachtet, welche einen Theil des Skeletts
der Mutter mit sich nahmen. Vor der Loslösung sind diese Knospen,
in welchen man manchmal schon einen kleinen Kern und eine con-
tractile Blase sieht, schon ganz ausgebildet, aber nackt, unter der Um-
hüllung der Mutter, so dass sie das Aussehen einer mehr oder weniger
ausgebildeten Beule haben.
e) Embryonen. Man hat bei einigen Heliozoeen (Clathrulina
Cienk., Acanthocystis spinifera, Hertwig) die Bildung innerer Embryo-
nen beschrieben , welche aus dem Körper der Mutter , ohne von einer
Umhüllung bedeckt zu sein,, ausschlüpfen, und bisweilen sich zuerst mit
Hilfe von einer oder mehreren Geissein bewegen, um amöboid zu werden
und sich zuletzt mit einer Membran zu bedecken. Ich habe diese Er-
- 47 —
scheiuung allerdings auf eine etwas zweifelhafte Weise constatiren können,
bei Actinophrys sol, Acauthocystis eriuaceus und Acanth. pectinata. Es ist
ebenwohl sehr möglich, dass die sehr kleinen und von einer neuen sicht-
baren Kieselschale umgebenen Individuen, welche sich indess augen-
scheinlich an bekannte Spezies anschliessen (Acanth. erinaceus, A. pec-
tinata), welche ich zuweilen beobachtete und welche manchmal plötzlich
in grosser Zahl erscheinen, mit Embryonen in wachsendem Zustande
zusammenhängen.
fjExuvation oder Wechseln der Membran. Es kommt
zuweilen vor und besonders zu bestimmten Zeiten, dass die Individuen
ihre Schale zerstören, um sie ganz zu verlieren ; ich habe dies bei ver-
schiedenen Acanthocystiden (Ac. pectinata, erinaceus, turfacea) beob-
achtet. Dieses Phänomen hat vielleicht nicht allein eine Beziehung zur
Verjüngung des Individuums, sondern auch zu einer Art der Copulation,
denn ich habe bei Acant. pectinata beobachtet, dass die ihrer um-
hüllenden Membran beraubten Individuen diejenigen mit Begierde auf-
nahmen, welche sich ihrer Umhüllung eben entledigt hatten und dass
sie mit ihnen einen einzigen Organismus bildeten.
g) Einkapselung. Eie Einkapselung ist ohne Zweifel eine all-
gemeine Erscheinung bei allen Heliozoen; die Cysten, welche beinahe
immer eine doppelte Umhüllung haben, deren äussere kieselhaltig ist,
sind bei mehreren Arten beschrieben worden. Ich selbst habe nur bei
Actinophrys sol die Bildung dieser Cysten beobachten können. Actino-
phrys zieht sich, wenn die Umstände für sein actives Leben ungünstig
werden, in eine doppelte Cyste zurück, von denen die äussere
warzig, von kieselhaltigen Plättchen gebildet wird, während die innere
frei und membranös ist. Im Frühjahre füllt sich das junge Thier mit
Wasser und mit Vacuolen, und indem es sich aufbläht, lässt es die
äussere Schale aufbrechen, welche es langsam verlässt, nachdem es ebenso
die innere Umhüllung durchbrochen hat. Sein Ectoplasma stellt zuerst
nur eine hyaline Zone ohne Vacuolen dar, aber bald bilden sich diese
Vacuolen auf der ganzen Peripherie zugleich mit den Pseudopodien;
diese letzteren sind im Anfange sehr fein und denen der Acanthocystiden
analog, dann verdicken sie sich; die contractile Blase erscheint auch
sehr bald und hat keinen anderen Ursprung als die gewöhnlichen Va-
cuolen des Ectosarkes.
— 48 —
In den meisten Fällen ist die Einkapselung nichts anderes als die
Erscheinung der Erhaltung des Individuums , aber es ist unzweifelhaft,
dass sich das Thier bisweilen innerhalb der Cyste theilt und zur Bil-
dung mehrerer jungen Actinophrys Gelegenheit gibt.
Die Heliozoen bewohnen Bäche , Sümpfe, überschwemmte Wiesen
u. s. w., wo sie sich zwischen den Algen und Wasserpflanzen umher-
treiben ; wiewohl sie nicht sehr Avählerisch in der Qualität des Wassers
sind, so .ziehen sie doch die relativ klaren Wasser vor und ertragen
nicht so leicht wie die Amöben längeren Aufenthalt in verdorbenem
Wasser. Wie die schalentragenden Rhizopoden lieben sie die Kiesel-
säure und sind nicht zahreich in den ausschliesslich kalkigen Gegenden.
Ihre Nahrung besteht entweder in kleinen Algen und Wasserpflanzen,
oder in kleinen Thieren, Infusorien, Monaden u. s. w. Sie scheinen im
Allgemeinen der thierischen Nahrung den Vorzug zu geben, indess glaube
ich nicht, dass irgend eine als ausschliesslich carnivor betrachtet werden
kann, nicht einmal Actinophrys und Actinosphaerium, welche trotz dem
unglaublichen Verzehren von kleinen Infusorien und selbst von Botiferen,
manchmal ebenwohl vollgestopft sind mit Diatomeen, Desmidiaceen und
anderen Elementen vegetabilischer Natur.
IL Systematik.
Cilioplirys hyalina^ spec. nova.
Fig. 1 bis 3.
Körper klein, ungefärbt, nackt, abgerundet, aber zu Abänderungen
geneigt, welche ihn mehr oder weniger oval oder verlängert er-
scheinen lassen, ohne jemals Lappenbildung oder amöboide Verzweigungen
hervorzurufen; er ist im Allgemeinen sphärisch, kann sich aber erheb-
lich abplatten während der Bewegung. Man unterscheidet an ihm eine
äussere hellere Zone (Ectosark), welche allmählich und ohne bestimmte
Begrenzung in ein granulirtes Endosark übergeht, welches im Allge-
meinen Excretionskörner und verdaute Nahrung enthält. Dieses Endo-
sark selbst ist im Centrum heller und hat hier ein mehr flüssiges Plasma,
welches den Kern umgibt.
— 49 —
Kern ziemlich gross, grauweiss, gewöhnlich wenig sichtbar, normaler
Weise central, aber zuweilen nach rechts oder links verdrängt durch die von
dem Thiere aufgenommene Beute (z. B. Diatomeen, Desmidiacen u. s. w.j.
Contractile Blase gewöhnlich einfach, auf dem Ectosark vorstehend,
welche es herausdrängen kann ; sie ist träge in ihren Bewegungen ;
selten kommen zwei vor. Pseudopodien fadenförmig, hyalin, kaum gra-
nulirt, relativ kurz, das Thier umgebend, aber auch öfters nur in einer
horizontalen Ebene und wie die Pseudopodien der Amöben functionirend.
Im Allgemeinen sind sie sehr gerade, manchmal wellenförmig und können
schnell ihren Platz w'echseln , aber ohne wie Geissein zu schlagen.
Zuweilen verlängert sich eine oder mehrere der Pseudopodien und ver-
dicken sich etwas, um das Individuum an einem vegetabilischen Halm
oder einem anderen Halt zu befestigen.
Das Thier nährt sich hauptsächlich von kleinen vegetabilischen
Organismen und von oft recht grossen Diatomeen, w^elche es in der
Art der Amöben ergreift, indem es sie in eine Vacuole einschliesst.
Durchmesser: 0,015 — 0,020mm. Diese Art, welche ich in grosser
Anzahl in stehendem klaren Wasser gefunden habe, schien mir zum
Genus Ciliophrys von Cienkow^sky zu gehören, aber unterscheidet
sich davon, dass sie keinen Geisselzustand zeigt, wo die Pseudopodien
verschwinden, um einer oder zwei ausgebildeten Geissein Platz zu
machen. Da es indessen nicht unmöglich ist, dass dieser Flagellaten-
zustand von der Jahreszeit abhängt oder von Umständen, welche Be-
ziehungen zum umgebenden Medium haben, so habe ich sie unter keinem
anderen Namen als der einer Ciliophrys beschreiben zu sollen geglaubt,
wenn ich auch zugebe, dass dieser Name nur als ein provisorischer be-
trachtet werden darf.
Jedenfalls ist diese Form nicht identisch mit Cyliophrys infusorium
von Cienkowsky, welche vielmehr einem kleineren Organismus ent-
sprechen würde, welchen ich in einer anderen Wasserlache beobachtet
habe, wo die amöboiden Individuen gemischt waren mit solchen, welche
mit wirklichen Geissein versehen waren; ich habe sie aber zu wenig
studirt, um sie hier beschreiben zu können.
Ciliophrys hyalina scheint ebenso sehr grosse Verwandtschaft mit
dem Genus Nuclearia zu haben, indess hindern mich der immer cen-
trale und einfache Kern, die kaum granulirten Pseudopodien, ebenso
wie die ganze Lebensweise, sie mit dieser Gruppe zu vereinigen.
Jabrb. d, nass. Ver. f. Nat. 4?. 4
— 50 —
Cilioplirys coerulea^ mihi.*)
Fig. 4 und 5.
Körper klein, abgerundet, nackt, immer mit Körnclien erfüllt, welche
dem Thiere eine bläuliche Färbung geben, ohne dass sich Ectosark
und Endosark deutlich differenziren ; indess umgeben von einer dünnen
Lage von nicht granulirtem Plasma.
Kern stets central, umgeben von einem Kranz von klarem Plasma.
Contractile Blase gewöhnlich einfach, träge, zuweilen deren zwei oder
drei; öfters auch kleine Vacuolen im Plasma.
Pseudopodien verlängert, sehr fein granulirt, indess weniger als bei
den Acanthocystiden; sie functioniren vielmehr wie die der Amöben
und ziehen das Thier an sich heran, erhebliche Veränderungen hervor-
bringend, y
Durchmesser: 0,012 bis 0,015mm.
Ich habe diese kleine Art zu Tausenden angetroffen und sie wäh-
rend ganzer Monate verfolgt. Die Thiere, welche meine Gefässe füllten,
schienen mehr oder weniger parasitisch zu leben und erfüllten öfters
den Körper der Rotiferen, aus deren Mund oder After man sie aus-
treten sah, nachdem sie den Inhalt des Thieres geleert hatten. Oft
waren sie in erheblicher Anzahl darin eingeschlossen und von einander
durch eine Lage von an der Peripherie erhärtetem Schleim getrennt;
beim Austreten verloren sie diesen Schleim und sie krochen hinweg,
indem sie sich wie Amöben abplatteten.
Andermal habe ich welche beobachtet, die frei geworden, von einer
festen Lage von Schleim umgeben waren, der von glänzenden Strahlen
durchzogen war. Oefters habe ich auch die Bildung von Cysten vor
sich gehen sehen, welche nur durch Erhärtung der vom Ectosark secer-
nirten schleimigen Öüile entstehen; das Thier verliert seine Cyste, indem
es sie einfach resorbirt oder indem es sie in eine unbegrenzte Zahl von
feinen Schalen zerfallen lässt, welche den Körper wie mit einem aschen-
farbigen Ueberzug bedeckt erscheinen lassen. Ich habe bei dieser Art
auch Erscheinungen der Conjugation und Spaltung gesehen, aber ohne
sie im Detail verfolgen zu können.
*) Ick habe diese Art ausführlich in den Arc-hives de Biologie (1889, T. IX)
ebenso wie die folgenden beschrieben: Actionophrys sol., Acanthocystis pectmata,
Aeant. turfacea, Acant. erinaceus, Acant. albida.
— 51 —
Cilioplirys coerulea unterscheidet sich von der vorhergehenden Art
durch geringere Grösse, wie auch durch die blaue Farbe, welche auf
den glänzenden Körnern beruht, von denen der Körper stets erfüllt ist.
Ich glaubte lange, dass Ciliophrj's coerulea eine embryonale Form wie
Acanthocystis pectinata darstellen könne, erst seit der Veröffentlichung der
Arbeit , in welcher ich diese Art beschrieb , habe ich mich über-
zeugt, dass diese beiden Thiere in Wirklichkeit nichts mit einander
gemein haben.
Actinoplirys sol, Ebrenberg.
Fig. 6 und 7.
Körper sphärisch, ungefärbt, ohne bedeckendes Skelett, aber an der
Oberfläche bedeckt von einer Lage von Yacuolen (Ectosark), welche
durch gegenseitige Pressung hexagonale Alveolen bilden. Unter dem
vacuolenhaltigen Ectosark findet sich ein grauweisses , fein granulirtes
Endosark.
Kern sehr gross, central, mit einer hyalinen dicken und soliden
Kernmembran und mit einem einfachen oder getheilten Kernkörperchen,
welches in einem reichlichen Kernsaft schwimmt. Contractile Blase sehr
gross, hervorspringend aus dem Ectosark und zuweilen ein beträcht-
liches Volumen (V3 — ^'2 des Durchmessers des Thieres) erreichend.
Oefters gibt es deren zwei oder mehr. Pseusopodien gerade, nach allen
Richtungen des Raumes ausstrahlend, linear, selten mehr als die dopppelte
Grösse des Körpers selbst erreichend; sie enthalten im Innern einen
starren, breiten durchscheinenden Achsenfaden, welcher in die Yacuolen
des Ectosarks eindringt und den durchscheinenden Körper durchsetzt
bis auf die Kernkapsel, ohne aber in diese letztere einzudringen ; dieser
Achsenfaden erscheint oder verschwindet je nach Umständen und wenn
er fehlt, können die Pseudopodien amöboid werden. Das Plasma, welches
den Achsenfaden bedeckt, trägt zahlreiche Granulationen, welche längs
der Pseudopodien sehr langsam zu- und abnehmen.
Durchmesser 0,040 — 0,050 bei dem erwachsenen Thiere, sehr viel
kleiner bei den jugendlichen, von denen man sehr wohl entwickelte
Individuen finden kann, welche nicht mehr als 0,010 — 0,015 messen.
Ich habe diese Art längere Zeit studirt und anderswo eine aus-
führliche Beschreibung gegeben. Sie ist eine der am längsten be-
kannten Heliozoen, denn in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhun-
derts erwähnen sie schon Joblot und später 0. F. Müller. Ich habe
— 52 —
bei Actiiioplirys Erscheinungen der Conjugation, Theilung, Einkapselung^
■wahrscheinlich der Knospenbildung, und der Bildung cilientragender
Embryonen beobachtet. Man bemerkt auch das häufige Vorkommen
von Colonieen , aus 3 bis 15 Individuen und noch mehr zusammenge-
setzt, Colonieen, in welchen sich die Thiere ineinander bilden, aber doch
mehr oder weniger ihre Selbstständigkeit bewahren. Actinophrys be-
vorzugt hauptsächlich animale Nahrung; es fängt mit grosser Schnellig-
kdeit Monaden und Infusorien oder Rotiferen, indessen auch Algen und
Diatomeen, welche es öfters in eine ansehnliche Vacuole einschliesst
(Fig. 7).
Sobald sich ungünstige Umstände für seine Entwickelung bilden^
bildet es sich Cysten mit doppelter Umhüllung , deren Aeusseres kiesel-
haltig ist und tritt aus diesen im Frühjahre aus, nachdem es dieselben
ganz zerstört hat. Uebrigens kann Actinophrys sehr lebendig bleiben
bei einer sehr niedrigen Temperatur und ich habe es in Wasser von
0^ oft sehr wohl angetroifen.
Actinospliaerium Eicliliorni, Ehrenberg.
Fig. 8 bis 10.
Körper sehr gross, sphärisch, durchscheinend, mit einem Ectosark^
welches in eine breite und wohlbegrenzte Lage von Yacuolen umgebildet
ist, welche gegen einander gepresst eine alveolare Begrenzung bilden.
Endosark grauweiss, fein gekörnt, in sich eine ansehnliche Zahl (bis
60, 100 und mehr) Kerne, ähnlich denen von Actinophrys ein-
schliessend.
Contractile Blasen wie bei dieser letzten Art, aber immer ziemlich
zahlreich. Im Allgemeinen auch eine grosse Zahl von gewöhnlichen
Yacuolen, welche (wie die alveolaren Vacuolen des Endosarks) kleine
Körner mit Molecularbewegung einschliessen.
Die aufgenommene Nahrung wird in Vacuolen eingeschlossen und
meistens ist eine mehr oder weniger bedeutende Menge der Beute in
Verdauung in einem Knäuel in einer gemeinsamen Vacuole vereinigt,
welche endlich nach aussen berstet und ihren Inhalt entleert.
Pseudopodien, ähnlich denen von Actinophrys, relativ kleiner als
bei dieser letzten Art ; der Achsenfaden geht durch das Ectosark, aber
verbleibt in den äusseren Lagen des Endosarks, ohne in das Innere
des Körpers einzudringen.
— 53 —
Durchmesser 0,150—0,300 mm.
Diese schöne Art ist nicht häufig bei Wiesbaden ; ich habe sie an
zwei Localitäten aufgefunden, bei Beausite und bei Schwalbach.
Was bei Actinophaerium beim ersten Anblick auffällt, ist seine
grosse Aehulichkeit mit Actinophrys sol, eine Aehnlichkeit , welche so
gross ist, dass man diese Art leicht als eine normaler Weise coloniale Form
dieser letzteren ansehen könnte. Die Gründe , welche für diese An-
sicht sprechen, wären die folgenden:
1. Die Pseudopodien von Actinosphaerium, welche völlig ähnlich
sind denen von Actinophrys, sind ebenwohl von fast gleicher
wirklicher Grösse, das heisst einer relativ viel geringeren Grösse
im Yerhältniss zum Volumen des Thieres; sie treten nicht bis
in's Innere des Körpers, was natürlich ist, da das innere Plasma
alle Glieder der Colonie in einem einzigen, sehr voluminösen
Endosark vereinigt.
2. Die Kerne, von derselben Grösse und Gestalt wie bei Actinophrys,
sind immer zahlreich , was schon ein normales Vorkommen bei
Heliozoen ist, und ihre Zahl ist um so beträchtlicher, je nach-
dem das Thier selbst an Grösse wächst.
3. Die contractilen Blasen sind immer recht zahlreich, wenn auch
weniger als die Kerne.
4. Ich habe bei Actinophrys beobachtet, dass, wenn ein Keagenz
(vielleicht Carmintinctur) das Thier zu tödten im Begriff steht,
das Endosark sich plötzlich zu einer zusammenhängenden Kugel
zusammenzieht, vollständig geschieden vom Ectosark, welches sich
seinerseits loslöst, und wenn man an zwei vereinigten Indivi-
duen operirt, bilden sich zwei solcher Kugeln, welche deutlich
getrennt sind; das nämliche tritt bei Actinosphaerium ein, aber
an Stelle einer einzigen Kugel bildet sich eine beträchtliche
Anzahl wohl von einander geschiedener.
Auf der anderen Seite ergibt sich als einzige auffallende Ver-
schiedenheit zwischen Actinosphaerium und den Colonieen von Acti-
nophrys, dass, während die letzteren in ihren Umrissen ungleich sind
und die Thiere regellos aneinander geheftet sind, indem man jedes
Thier für sich äusserlich hervortreten sieht, bei Actinosphaerium die ganze
Masse gleichmäfsig sphärisch erscheint und dass das vacuolenhaltige
Ectosark eine weit grössere Regelmäfsigkeit zeigt, als bei Actinophrys.
— 54 -
Da es auf der anderen Seite bekannt ist, dass Actinospliaerium
allmählich wächst und dass seine Kerne sich langsam in Folge eines
Theilungsvorganges an Zahl vermehren, so darf man die Eigenthümlich-
keit von Actinospliaerium nicht in der einfachen Vereinigung von Indi-
viduen suchen, welche vorher getrennt gelebt haben, sondern man kann
sich vielmehr die Sache so erklären, dass Actinosphaerium Eichhorni
eine selbstständige Species ist, indess von Actinophrys herstammend und
vielzellig, das heisst eine X^olonieform darstellend, die in ihrer Ent-
Wickelung fixirt ist und bei welcher jedes Individuum, welches aus
einer Theilung entsteht, ein integrirender Bestandtheil des mütterlichen
Thieres bleibt.
Wenn diese Hypothese der Wirklichkeit entspräche, so hätten wir
hier eine ähnliche Erscheinung, wie sie bei einigen Colonieen-bildenden
Radiolarien (Collozoum , Sphaerozoum) vorkommt , wo die Functionen
eines jeden Individuums im Besonderen die ganze Allgemeinheit an-
gehen und welche in gewisser Art vielzellige Organismen darstellen.
Actiiiolophus capitatus, spec. nov.
Fig. 11.
Körper sphärisch oder leicht ellipsoid , blaugrün , erfüllt mit
runden glänzenden Kugeln und von einer sehr dicken schleimigen und
vollkommen hyalinen Hülle umgeben. Das Thier sitzt auf einem hellen
chitinösen Stil, welcher zwei- bis dreimal so lang ist als der Körper
und sich mit einer seiner Enden auf einer Unterlage stützt, mit der
anderen auf der Oberfläche der schleimigen Hülle, in welche er nicht
eindringt.
Pseudopodien lang, nicht sehr zahlreich (10 bis 15), leicht
granulirt, gerade, oder im Gegentheil gelenkig und sich nach Belieben
zurück- und einziehend; sie sind an ihrer Spitze mit einem kleinen
abgerundeten hyalinen Köpfchen versehen und treten mit dem anderen
Ende in das Innere des Körpers ein, nachdem sie die schleimige Hülle
durchbrochen haben. Sie scheinen des Achsenfadens zu entbehren.
Kern exentrisch, rund, beim lebenden Thiere unsichtbar, auf Ein-
wirkung von Carmin hervortretend; er ist in einen helleren Endosark
eingebettet. Contractile Blase ziemlich gross, sehr träge, aber regel-
mäfsig schlagend unter der schleimigen Hülle.
Durchmesser: 0,030mm ohne den Stil.
— DO
Ich habe nur ein Exemplar dieser Art in einem Bache l)ei Schwal-
bach aufgefunden, aber ich habe es lange genug beobachten können.
Der Stil ist durchsichtig oder leicht grünlich, fest und widersteht lange
der Einwirkung von Schwefelsäure , die schleimige, vollständig durch-
sichtige Zone würde unsichtbar sein ohne die Anwesenheit von Staub-
theilchen, die ihr anliegen, und des Stils, welcher sich plötzlich an sie
ansetzt, ohne einzudringen. Die Pseudopodien erinnern sonderbarer
Weise an die der Acineten und sind die Ursache, dass ich lange Be-
denken getragen habe, dieses Thier als eine Heliozoe zu betrachten;
indessen der Stil, welcher dem von Clathrulina elegans analog ist, dann
der excentrische Kern und endlich die Thatsache, dass F. E. Schulze
unter dem Namen von Actinolophus einen Organismus beschrieben hat,
welcher die grösste Verwandtschaft mit dem vorhergehenden hat, das
Alles bestimmte mich, hier von der Art zu sprechen, w-elche ich selbst
aufgefunden habe , obwohl ich zu der Ansicht neige , sie als eine Art
sehr merkwürdigen Ueberganges zwischen den Heliozoeen auf der einen
und den Acineten auf der anderen Seite zu betrachten. Keinenfalls ist
sie Actinolophus pedunculatus von Schulze, welche birnförmig, mit
einem weit dickeren Stil versehen ist und im Einklänge mit ihrem
marinen Leben keine' contractile Blase besitzt.
Litliocolla globosa^ F. E. Schulze.
Fig. 12.
Körper klein, eingehüllt in eine Lage von ' Scbleim , welche auf
ihrer Oberfläche eine Umhüllung von kleinen Quarztheilchen trägt.
Contractile Blase normal. Lnieres Plasma öfters erfüllt mit Nah-
rungstheilchen und vielleicht mit Pseudochlorophj-ll. Pseudopodien hyalin,
ein wenig körnig, relativ kurz, zahlreich, mittelst deren das Thier sich
rasch vorwärts bewegt, indem es wie eine Kugel sich dreht.
Durchmesser: 0,025 — 0,035 mm.
Diese kleine Form ist selten; ichjiabe sie bei verschiedenen Ge-
legenheiten gesehen und jedesmal in wenig zahlreichen Individuen. In
einer der Lachen waren die Individuen an Stelle der eckigen Quarz-
fragmente mit dicken, glänzenden und amorphen, aber nicht eckigen
Schüppchen besetzt, welche vom Thiere selbst gebildet zu sein schienen.
Unter den Individuen, w^elche in dieser letzteren Form erschienen^
beobachtete ich eines, welches seine Umhüllung ganz verloren hatte.
— 56 —
Lithocolla globosa wurde von F. E. Schulze in der Ostsee ge-
funden; Bütscbli citirt sie unter den Arten, deren Stellung unter den
Heliozoeen zweifelhaft ist. Möglicher Weise ist die von mir gefundene
Form nicht völlig identisch mit der von Schulze, indess habe ich
keinen genügenden Grund zur Trennung gefunden.
Heterophrys teuella, spec. nov.
Fig. 13 und 14.
Körper sehr klein, hellbläulich, mit zarter Umhüllung, bedeckt von
einer Lage von sehr feinen Flittern und Körnern, unter welchen zahl-
reiche radiäre Fäden hervortreten, die in die Masse eingesenkt sind.
Pseudopodien lang, fein, punktirt. Der Körper zeigt eine wohl
ausgeprägte Differenzirung und ein Ectosark voll von Körnern und ein
exentrisches helleres Entosark, welches einen blassen Kern umschliesst.
Contractile Blase normal, öfters zwei im Ectosark.
Durchmesser: 0,015 — 0,020mm.
Man ist noch nicht ganz im Reinen über die Natur der Umhüllung
bei dem Genus Heterophrys, eine Umhüllung, die einen sehr feinen
Filz darstellt, welcher mit Fäden und Punkten durchsetzt ist. Obwohl
ich hierüber keine völlig abschliessenden Untersuchungen gemacht habe,
so bin ich doch, wie vor mir schon Hertwig und Lesser, der Ansicht,
dass die Bekleidung von Heterophrys kieselhaltiger Natur ist.
Man hat zwei Arten von Heterophrys beschrieben ; Het. myriopoda,
Archer und Het. marina, Hertwig und Lesser, welche beide viel
grösser als die von mir gefundene Art sind.
Pompliolyxoplirys exigiia^ Hertwig und Lesser.
Fig. 15.
Körper klein, kugelig, aber zu grossen Veränderungen geneigt, be-
deckt mit einer Umhüllung von abgerundeten, kieselhaltigen, ausserordent-
lich kleinen Körnern (0,0005 mm?), welche auf verschiedene Lagen ver-
theilt, aber von einander frei sind und manchmal um die Basis der
Pseudopodien aufsteigen. Pseudopodien lang und frei, punktirt.
Contractile Blase normal , gross ; zuweilen existiren deren zwei.
Trennung von Ectosark und Endosark undeutlich. Kern (?)
— 57 —
Ich habe von dieser Art nur ein einziges Individuum beobachten
können, welches indess recht wohl mit Pomi)holyxophrys exigua von
Hertwig und Lesser übereinstimmt; der Körper war ausgefüllt mit
Nahrung in Verdauung, welche verhinderte, den Kern zu sehen.
ßapliidioplirys pallidii, F. E. Schulze.
Fig. 16 bis 18.
Körper gross , blass mit grauweissem , granulirtem Plasma , ohne
bestimmte Abgrenzung in Endosark und Ectosark. Die Bekleidung
besteht in grossen kieseligen Nadeln, welche an beiden Enden zuge-
spitzt, zahlreich, tangential zur Membran gelegen und mit der Con-
vexität ihrer Krümmung immer gegen das Centrum des Thieres ge-
richtet sind, oder in Abständen sich auf einer Verlängerung des Plasma's
erheben, so dass sie der Umhüllung eine Sternform geben.
Pseudopodien sehr lang, starr, granulirt.
Contractile Blase gross; zuweilen sieht man eine zweite.
Durchmesser: 0,050 — 0,060 mm ohne die sternförmigen Verlän-
gerungen.
Ich habe auch von dieser Art nur ein einziges Individuum beob-
achtet, welches ich im grossen Weiher des Curhauses gefunden habe;
sein Plasma war bedeckt mit glänzenden Körnern (Excretkörner, amj'lum)
und Nahrungskörnern, welche den Kern zu sehen verhinderten. Nach
Einwirkung von Carmin auf das Thier sah ich vier oder fünf kleine
Kerne, welche sich sofort färbten, in dem Plasma von einer Seite zur
anderen vertheilt erscheinen, die gewöhnliche Erscheinung derjenigen der
Heliozoen darstellend.
Die Nadeln sind sehr gross (10 — 15 Mikromillimeter und mehr);
in bestimmten Entfernungen sammeln sie sich zu regulären Bündeln,
welche um das Thier Strahlen bilden, deren Länge die des ganzen
Körpers übertreffen kann ; es schien mir , als ob diese Strahlen nichts
zu thun hätten mit den gewöhnlichen Pseudopodien, um welche die
Nadeln sich angesammelt hätten.
Da es bekannt ist, dass die Nadeln bei dem Genus Raphidiophrys
unter sich verschiedene Anordnungen je nach den Individuen und viel-
leicht von einem Augenblick zum anderen bei demselben Exemplare
bilden können, so glaube ich das von mir beobachtete Thier nicht von
Raphidiophrys pallida von Schulze trennen zu dürfen, wenn auch das
— 58 —
letztere keine eben so lange sternförmige Verlängerungen hat und die
von Schulze gegebene Figur nur einen Kern zeigt; indess ist es sehr
wahrscheinlich, dass bei dem Individuum, welches ich selbst gesehen
habe, die kleinen Kerne aus einer Theilung eines einzelnen Kernes
hervorgingen, wie dies sich öfters bei den Rhizopoden im Allgemeinen zeigt.
Ich glaube nicht, dass bei dem Genus Rhaphidiophrys, ebenso wie
bei Heterophrys und anderen Heliozoen (Pompholyxophrys , Diplo-
cystis u. s. w.) die Nadeln in eine völlig schleimige Masse versenkt
sind, wie dies Archer behauptet, sondern ich möchte mich der An-
sicht Schulze 's anschliessen, welcher annimmt, dass die Nadeln durch
ein sehr zartes Plasma vereinigt werden, welches durch die Substanz
der Basis der Pseudopodien gebildet wird, das sich nach rechts und
links ausbreitet.
Rhaphidiophrys elegans^ Hartwig und Lesser.
Fig. 19.
Körper sphärisch, hell, mit deutlicher Trennung in ein gewöhnlich
von Körnern und Nahrungsballen erfülltes Ectosark und ein mehr
flüssiges excentrisches Endosark. Die Bekleidung besteht in gebogenen,
feinen, kieseligen Nadeln, welche viel kleiner sind als bei der vorher-
gehenden Art, und welche auf einander regellos oder in gewisser Ord-
nung folgen, aber ohne regelmäfsige Verlängerungen zu bilden.
Pseudopodien sehr lang, starr, granulirt mit Achsenfäden, Avelche
oft bis in die Mitte des Körpers sichtbar sind, wo sie sich vereinigen,
einen kleinen hellen Fleck bildend.
Kern gross, excentrisch, im Endosark. Contractile Blase normal,
im Ectosark ; oft sieht man deren zwei.
Durchmesser: 0,025 — 0,040mm.
Diese Art ist viel kleiner als die vorhergehende, ich habe sie ver-
schiedentlich aufgefunden , aber sie ist im Ganzen selten. L e i d y hat
sie als gewöhnlich in Colonieen lebend beschrieben , ich habe nur Einzel-
individuen gesehen.
Piiiacocystis ruMcimda, Hertwig und Lesser.
Fig. 20 und 21.
Körper röthlich, völlig sphärisch, indess im Stande sich leicht gegen
ein Hinderniss abzuplatten, um sehr schnell die rundliche Gestalt wieder
anzunehmen. Membran wird gebildet von sich berührenden Schupp-
— 59 —
chen, welche kurz, linsenförmig und in einander geschachtelt sind in
vollkommener Ordnung (die aufsteigende Parthie einer Schuppe ist regel-
mäfsig zwischen die zugespitzten Enden von zwei anderen eingefügt),
so dass eine continuirlich erscheinende Umhüllung gebildet wird.
Keine radiären Nadeln, aber die Umhüllung ist bedeckt mit einer
feinen Lage von hellem, gezacktem Plasma.
Pseudopodien sehr lang, ein wenig granulirt und sehr zahlreich,
sehr lebendig in ihren Bewegungen. Plasma sehr bestimmt differenzirt
in ein Ectosark von ziegelrother Farbe , welches gewöhnlich mit Kör-
nern und Nahrungsballen erfüllt ist, und in ein Endosark, welches hell
und excentrisch ist und einen blassen Kern enthält*).
Contractile Blase gross im Ectosark. Durchmesser 0,035 mm. Ich
habe nur einige Exemplare dieser Art im grossen Curhausweiher ge-
funden. Die Bewegungen des Thieres w^aren die raschesten, die ich bei
irgend welchen Heliozoen (ausser Artodiscus saltans) beobachtet habe
und vollzogen sich in der gewöhnlichen Weise, indem das Thier wie
eine Kugel rollte.
Acanthocystis turfacea, Carter.
Fig. 22 bis 26.
Körper rund, grünlich oder bläulich, umgeben von einer aus sich
berührenden kleinen, dicken, linsenförmigen, kieselhaltigen Schüppchen
bestehenden Umhüllung, welche in regelmäfsiger Ordnung aufgereiht
sind, so dass sie eine zusammenhängende Membran darstellen : zwischen
diese Schüppchen treten Nadeln von zweierlei Art ein, von denen die
einen stark, lang, ausgehöhlt und an der Spitze mit einer Furche oder
Gabel, am Grunde mit einer abgeplatteten Verdickung in Form eines
Nagels versehen, die anderen sehr fein, relativ kurz und der Spitze breit
gegabelt s\nd.
Das Plasma ist gewöhnlich deutlich in ein dickes, granulirtes,
öfters mit Excretionskörnern oder Stärkemehl und manchmal mit Pseudo-
chlorophyll erfülltes Ectosark und in ein excentrisches , helleres, einen
grossen Kern einschliessendes Endosark getheilt.
Contractile Blase gross, im Ectosark, bisweilen mehrere. Pseudo-
podien sehr lang, granulirt, mit Achsenfäden, welche bis in's Innere
*) Dieser Kern selbst ist excentrisch im Endosark, wie dies bei allen
Heliozoen der Fall ist, wo das Endosark nicht central ist.
— Co-
des Körpers gehen; Bewegungen gewöhnlich schnell. — Durchmesser
0,030—0,040 mm, ohne die Nadeln.
Diese schöne Art ist in der Umgebung von Wiesbaden nicht selten;
ihre schalige Umhüllung ist sehr verschieden und die Beschreibung,
welche ich davon gegeben habe, bezieht sich nur auf die tjq^ische Form.
Bald trifft man nur eine Sorte von sehr zahlreichen Nadeln, welche an
der Spitze gegabelt sind, bald sind die grossen Nadeln sehr fein, und
breit gegabelt wie die kleinen , bald ist der Körper mit Nadeln der
letzteren Art bedeckt, aber in sehr wechselnder Länge, oder aber man
trifft hier sehr grosse Verschiedenheiten, lange, mäfsig grosse und kurze ;
endlich mangelt die Gabelung den grossen Nadeln oder ist im Gegen-
theil sehr deutlich, aber dick, von einem matten Blau und scheint an
das Ende eines glänzenden cylindrischen Stengels angeheftet. Setzt man
ein Skelett von Acanthocystis surfacea der Glühhitze aus, so bleibt der Stengel
vollständig bestehen und man sieht ihn von einer braunen Achsenlinie
durchsetzt, aber der Kopf, ebenso wie die Basis in der Form eines
Nagelkopfes, sind verschwunden, als wenn die Kieselsäure sich noch
nicht genügend abgesetzt hätte, um die Enden solide zu machen.
Die allgemeine Färbung des Thieres ist von einem bläulichen
Grün, namentlich wenn es von vegetabilischer Nahrung erfüllt ist, öfters
ist die innere Schleimzone von einem schönen Gelb ; es ist möglich,
dass die Brechung, welche von den Schüppchen und den Kieselnadeln
hervorgebracht wird, eine gewisse Bolle bei der Färbung bildet.
Manchmal sind einige Individuen sehr blass ; andere Male schliessen
sie im Gegentheil Körper eines schönen Saftgrüns in sich ein, welche
den Kugeln von Pseudochlorophyll ähnlich sind, die man bei Diffiugia
und bei anderen Bhizopoden findet und welche vielleicht niedere Algen
darstellen, die mit Acanthocystis in einer Art Symbiose zusammenleben.
Acaiitliocjstis aculeata^ Hertwig und Besser.
Fig. 27 bis 29.
Körper vollkommen kugelig , sich selten verändernd, eingehüllt in
eine Hülle von discoidalen Schuppen, welche sehr regelmäfsig angeordnet
sind und öfters in mehreren Lagen, so dass sie eine mehr oder weniger
dicke gleichmäfsige Membran darstellen, gewöhnlich in grünlicher Farbe.
Diese Umhüllung ist von starken, radiären Nadeln durchsetzt, die
nicht sehr lang (^/. — ^/g des Körperdurchmessers) sind, gerade, zuge-
— 61 —
spitzt, am Grunde steckiiadelkopfartig , und welche durch ihre Vereini-
gung eine sehr feste Bewaffnung von Stachehi bilden.
Das Plasma ist deutlich in ein Ectosark und Endosark getheilt;
das erstere enthält Körnchen von jeder Art, wie auch eine oder zwei
contractile Blasen oder noch mehrere ; das zweite ist excentrisch, heller
und enthält einen grossen und gewöhnlich leicht sichtbaren Kern. —
Pseudopodien sehr lang, granulirt, Bewegungen rasch. — Durchmesser :
0,025—0,030 mm.
Diese Form ist in der Umgebung von Wiesbaden nicht selten;
sie scheint Acanthocystis aculeata, Hertwig und Lesser wohl dar-
zustellen, wiewohl diese Autoren nicht die Verdickung des Grundes
der radiären Nadeln beobachtet haben , welche allerdings sehr häufig
unter den sich berührenden Schüppchen dem Blick verborgen bleibt
und welche man nur sieht, wenn das Skelett sich loslöst. Es ist mög-
lich, dass diese Form auch derjenigen entspricht, welche Leidy auf
den Tafeln seines grossen Werkes (Freshwater Khizopoda of North
America) abgebildet hat, ohne ihr einen speciellen Namen zu geben.
(Acanthocystis — ? with short pinlike spines.)
Acanthocystis niyriospina^ spec. nov.
Fig. 30 bis 32.
Kleine Species, mit einer Membran, welche aus sich berührenden
Schüppchen gebildet wird, denen der vorigen Art ähnlich, indess weniger
stark, gewöhnlich in zwei oder drei Lagen auf einander geschichtet und
mit sehr zahlreichen, sehr langen (^/g des Körperdurchmessers, öfters
mehr), sehr feinen, geraden oder auch zuweilen gewellten radiären Nadeln,
um die Membran eine Art gezackten Strahlenkranzes bildend. Der innere
Körper und die Pseudopodien sind denen der vorhergehenden Art ähnlich.
Durchmesser: 0,020— 0,030 mm.
Diese Art entspricht vielleicht derjenigen, welche Leidy ohne
speciellen Namen (Acanth. — ? with simple spines) in seinen Tafeln
abgebildet hat. Sie unterscheidet sich sehr leicht von der vorhergehen-
den durch ihre langen, sehr feinen und Beträchtlich zahlreichen Nadeln,
und hat nichts zu thun mit den Arten, deren Beschreibung folgen wird.
Ich habe sie in zahlreichen Exemplaren nahe bei Wiesbaden in ver-
schiedenen stehenden Wassern gefunden. Einige Male habe ich Exem-
plare beobachtet, welche grossentheils oder im Ganzen ihre Membran
verloren hatten und sich nunmehr nackt befanden.
— 62 —
Acaiitliocystis pectinata^ mihi.
Fig. 33.
Sehr kleine Art, hedeckt mit einer Umhüllung, gehildet von ausser-
ordentlich feinen Schüppchen oder Flitterchen, die sich herühren und
die man eher erräth , als .sieht und mit radiären , sehr kurzen Nadeln
(^/^ des Durchmessers des Thieres ungefähr), welche sehr zahlreich sind
und an ihrer Spitze mit einer kleinen Verdickung oder manchmal mit
einer sehr kurzen Gahel endigen, regelmäfsig eingepflanzt sind in die
Umhüllung und alle zur nämlichen Höhe gelangen. Plasma in zwei,
hisAveilen sehr deutliche Lagen getrennt, öfters undeutlich. Kern ex-
centrisch, im Endosark. Contractile Blase normal; öfters mehrere.
Pseudopodien lang, granulirt, sehr fein.
Durchmesser: 0,015 — 0,020 mm.
Ich habe über diese Art besondere Studien angestellt, deren Re-
sultate ich anderswo veröffentlicht habe; ich habe bei ihr die Erschei-
nungen der Conjugation, Theilung, Häutung und wahrscheinlich innere
Knospenbildung beobachtet. Die Individuen, welche ich beobachtet,
fanden sich zu Tausenden in einer Flasche, die mit Wasser aus einem
Weiher bei der Dietenmühle im Parke von Wiesbaden gefüllt war, im
Jahre 1888. In diesem Jahre habe ich nur von Zeit zu Zeit ein oder
zwei isolirte Individuen wiederfinden können.
Acantlioeystis erinaceus, mihi.
Fig. 34.
Kleine Art, von bläulicher Färbung , mit einer Membran , welche
aus sich berührenden Schüppchen oder kurzen Stäbchen gebildet werden,
die in einer oder mehreren Lagen vertheilt sind und mit feinen, nicht
sehr langen (^/^ des Körperdurchmessers), radiären Nadeln, welche
pfriemenförmig an ihrer Spitze zurückgekrümmt sind und an ihrer Basis
in Stecknadelkopfform endigen.
Plasma und Pseudopodien wie bei den vorhergehenden Arten; con-
tractile Blase öfters mehrfach, wenig sichtbar. Durchmesser: 0,015 bis
0,025 mm. Seitdem ich diese Art beschrieben habe, hatte ich Ge-
legenheit, die Figur, welche Perty von seiner Acanthocystis brevi-
cirrhis beschrieben, zu sehen, Avelche vielleicht identisch mit Ac. erinaceus
ist; indess ist diese Figur nicht deutlich genug, um daraus bestimmte
Sshlüsse ziehen zu können.
— 03 —
Ac«iiitliocystis albida, mihi.
Fig. 35.
Diese Art zeigt die grösste Verwandtschaft mit der vorhergehenden,
aber statt dass jene immer eine deutlich bläuliche Färbung zeigt, ist
diese weiss oder kaum grauweiss; ausserdem sind die Nadeln viel
länger (^/g oder noch mehr des Körperdurchmessers) , sehr gekrümmt
und ohne jegliche Ordnung angeordnet, wenn auch immer in die
Membran durch eine aufgequollene Basis eingeheftet.
Das Plasma, die contractile Blase und die Pseudopodien sind wie
bei der vorhergehenden Art ; ich habe indess nur einmal die Achsen-
fäden der Pseudopodien bis in's Centrum des Körpers des Thieres ein-
dringen sehen.
Durchmesser: 0,020 — 0,025 mm.
Diplocystis gractlis, gen. nov., spec. nov.
Fig. 36 und 37.
Körper kugelig, hell, klein, umgeben von einer aschfarbenen Um-
liüllung, in w^elcher eingebettet sind: 1) sich berührende Schüppchen,
welche fein, halbmondförmig und mit der Convexität nach aussen ge-
richtet sind, sehr zahlreich in zwei oder drei Lagen vertheilt ; 2) glän-
zende, sehr kleine Kügelchen, welche zu Tausenden auf der Aussenseite
der weissen Umhüllung verbreitet, w^ohl von einander getrennt sind und
zuweilen, indess sehr wenig hoch, längs der Basis der Pseudopodien aufstei-
gend. Plasma deutlich getrennt in ein granulirtes Ectosark, erfüllt mit glän-
zenden Körnern, Nahrungsballen und Chlorophyll (Algen?) und einen
ziemlich grossen, blassen, bei dem lebenden Thiere schwer sichtbaren
Kern einschliessend. Pseudopodien sehr lang, granulirt, mit Achsen-
fäden, welche durch den Körper gehen und sich in einem gemeinsamen
Centrum vereinigen. — Durchmesser: 0,030 — 0,035 mm.
Ich habe leider nur ein Individuum dieser Art in einer Pfütze bei
Frauenstein gefunden, aber ich habe es lange genug verfolgt, um eine
ausreichende Diagnose davon zu geben.
Die ganz besondere Natur der Membran hindert mich, diese Form
mit irgend einer der bekannten Genera zu vereinen; ich war genöthigt,
sie auf die Acanthocystiden unter dem Namen eines neuen Genus folgen
zu lassen.
— 64 —
Artodiscus saltans, gen. nov., spec. nov.
Fig. 38 bis 42.
Körper röthlicli , sehr klein , sehr plastisch , gewöhnlich kugelig,
aber während der Vorwärtsbewegung schnellen und continuirlichen Ver-
änderungen ausgesetzt, welche indess niemals so weit gehen, als bei
den Amöben. Man unterscheidet ein granulirtes, mit kleinen, rothen
Körnchen erfülltes Ectosark und ein helleres, excentrisches , nicht sehr
deutlich differenzirtes Entosark, welches einen ebenfalls excentrischen
Kern einschliesst , w^elcher sehr bleich und bei der Mehrzahl der Indi-
viduen unsichtbar, bisweilen aber sehr deutlich ist. Contractile Blase
im Ectosark, klein.
Das Ectosark ist umhüllt von einer Lage eines im Allgemeinen sehr
feinen und bisweilen -undeutlichen Schleimes, welcher eine Lage sich be-
rührender, verlängerter und sehr kleiner Schüppchen trägt, die sich
öfters dem Blick entziehen; radiäre Nadeln finden sich nicht.
Pseudopodien sehr wenig zahlreich, lang, wenig granulirt, an solche
der Amöben erinnernd (Amoeba radiosa), sehr fein an der Spitze und
ein wenig erweitert an der Basis, sehr beweglich, sich rasch von rechts
nach links wendend und die Flüssigkeit in Bewegung setzend und den
Körper des Thieres während der Bewegung verlängernd, indem es ihn
alle Artender Veränderungen eingehen lässt. Durchmesser: 0,015 bis
0,020 mm.
Icn habe diese Art im Frühjahre dieses Jahres bei verschiedeneu
Gelegenheiten gefunden, aber immer an einer und derselben Stelle
(einer überschwemmten Wiese nahe der Leichtweisshöhle). Sie ist eine
der interessantesten Arten, die ich untersucht habe; die Pseudopodien,
welche zu gleicher Zeit an die der Heliozoen und der Amöben erinnern
und selbst an wirkliche Geissein (mit welchen sie indess in Wirklich-
keit nichts gemein haben), sind von einer ausserordentlichen Beweglich-
keit und vermöge ihrer läuft das Thier mehr als es kriecht, tanzt
lebendig nach allen Seiten hin und scheint zuweilen wirklich zu schwim-
men in eben so schneller Weise als eine Flagellate.
Der ausserordentlich plastische Körper gleicht einem Stück Teig,
was mich bewogen hat, dem Genus den Namen zu geben (I^qioq, Brod).
— 65 —
Tafel-Erklärung.
Taf. I und IL
g. 1. Ciliophrys hyalina, spec. nova.
2. id. Centraler Kern und zwei contractile Blasen. Eine leere
Diatomee ist ausgestossen. Unten amöboide Verlängerung
in Form einer Pseudopodie.
3. id. eine grosse Diatomee gefangen habend.
4. Ciliophrys coerulea, mihi.
5. id. in Bewegung. Man sieht den centralen Kern, eine con-
tractile Blase und eine Vacuole, Nahrungskörner ent-
haltend.
6. Actinophrys sol, Ehrenberg.
7. id. Das Thier hat eine grosse Diatomee gefangen, welche es
in eine sehr grosse Vacuole eingeschlossen hat.
8. Actinosphaerium Eichhorni, Ehrenberg. Zahlreiche Kerne; zwei Nah-
rungsvacuolen, von denen die eine Körner, die andere
Diatomeen enthält. Man sieht 5 contractile Blasen, 4 an
den Eändern, eine nahe der Mitte zur Kechten.
9. id. Zusammensetzung einer Pseudopodie, mit Achsenfaden
und Körnern, welche längs der Pseudopodie wandern.
Unten einige Vacuolen mit kleinen Körnern in Molecular-
bewegung.
10. id. Plötzliches Zurückziehen der Pseudopodien, mit Bildung
von Tröpfchen, bei Annäherung eines Reagenz.
11. Actinophrys capitatus, spec. nov. Das Thier ist fixirt auf einem Faden
von Spirogyra, Das Plasma, erfüllt von grossen glänzen-
den Körnern, zeigt eine contractile Blase und einen wenig
entwickelten Kern ; zwei der Pseudopodien sind zurück-
gezogen und auf der äusseren Schleimhülle liegend.
12. Lithocolla globosa, F. E. Schulze. Der Körper ist voll von grüner
Nahrung; man sieht eine contractile Blase.
13. Heterophrys tenella, spec. nov. Hat soeben eine runde Alge ergriffen.
14. id. Dasselbe Thier, eine zweite Beute ergreifend.
15. Pompholyxophrj^s exigua (?) Hertwig und Besser. Der Körper ist von
grüner Nahrung erfüllt. Links eine contractile Blase.
16. Piaphidiophrys pallida, F. E. Schulze.
17. id. Theil des nämlichen Lidividiums; man sieht zwei
Kerne.
18. id. Nadeln desselben Lidividiums.
Jahrb. d. nass. Ver. f. Nat. 43. 5
I
Fig. 19. Raphidiophrys elegans (?) Hertwig und Lesser. Em Kern und zwei '
contractile Blasen. Die Achsenfäden der Pseudopodien
sind im Begriff, sich im Centrura zu vereinigen.
„ 20. Pinacocystis rubicunda. Hertwig und Lesser.
21. id. Detail der Umhüllung, mit einer feinen Lage von
zackigem Plasma, welches die Plättchen bedeckt.
„ 22. Acanthocystis turfacea, Carter. Voll von glänzenden Körnern. Kern
und contractile Blase.
23. id. Details (schematisch) der Umhüllung.
24. id. Membran einer anderen, mit sehr ähnlichen Nadeln und
in sehr verschiedener Grösse. |
25. id. Grosse radiäre Nadel eines erwachsenen Individiums. '
26. id. Grosse Nadel nach Einwirkung der Glühhitze.
„ 27. Acanthocystis aculeata, Hertwig und Lesser. Thier, eine Beute er-
greifend.
2S. id. Details der Umhüllung.
29, id. Eine der radiären Nadeln.
„ 30. Acanthocystis myriospina, spec. nov.
31. id. Varietät mit radiären gestreiften Nadeln.
32. id. Theil eines leeren Skeletts, dessen Elemente sich ver-
theilen.
33. Acanthocystis pectinata, mihi. Kern, contractile Blase und Vacuole,
Nahrungskörner einschliessend.
, 34. Acanthocystis erinaceus, mihi.
35. Acanthocystis albida, mihi. Ectosark, erfüllt mit Stärkmehlkörnern.
36. Diplocystis gracilis, gen. nov. und spec. nov. Man sieht die Pseudo-
podien im Centrum zusammenfliessen. Kern, contractile
Blase, unten zwei grüne Algen.
37. id. Details der Umhüllung.
„ 38. Artodiscus saltans, gen. nov., spec. nov.
39,40,41. id. Veränderungen desselben Individiums in ungefähr einer
Minute.
42. id. Pseudopodie, wie eine Geissei schlagend.
CATALOG
DER
NACKTEN UND SCHALENTMGENDEN
ßHIZOPODEN VON WIESBADEN.
VON
Dr. PHIL. EUGEN PENARD
(GENF).
Aus dem Französischen auf Wunsch des Verfassers übersetzt von
Dr. A. Pagenstecher.
Vergangenes Jahr gab ich in den Jahrbüchern des Nassauischen
Vereins für Naturkunde eine provisorische und kurze Liste der Rhizo-
poden, welche ich in der Umgebung von Wiesbaden gefunden hatte.
Nachdem ich mich mit den gleichen Studien länger abgegeben und
die Literatur sorgfältig studirt habe, kann ich nunmehr einen vollständigen
Catalog geben, welcher vielleicht in diesem Jahrbuche einen passenden
Platz erhält.
Diese Liste umfasst 88 Arten und 9 Varietäten, was einen Begriff
von dem Reichthum der Gegend an Rhizopoden geben kann. Unter
diesen Arten ist ungefähr die Hälfte neu ; ein übrigens wenig beträcht-
licher Theil der letzteren ist bereits von verschiedenen Beobachtern
gesehen und zu anderen Formen gestellt worden, von denen sie meiner
Ansicht nach absolut zu trennen sind.
Alle diese Rhizopoden sind in -einer Arbeit beschrieben, welche im
Laufe dieses Sommers erscheinen und eine Abtheilung der Memoires de
la Societe de Physique et d'Histoire Naturelle de Geneve bilden wird.
Nackte Rhizopoden.
Vampirella spirogyrae, Cienkowsky.
— vorax, id.
— radiosa, mihi.
— agilis, mihi.
Gloidium granuliferum, mihi.
Amoeba proteus, Leidy. ^
— Umax, Dujardin.
— luteola, mihi.
— undosa, mihi.
— geminata, mihi.
— angulata? Mereschkowsky.
— striata, mihi.
— 70 —
Amoeba verrucosa, Ehrenberg.
— spatula, mihi.
— radiosa, Ehrenberg.
— guttula, Duj ardin.
— gracilis, mihi.
— vestita, mihi.
Amphigonella violacea, Greeff.
Schalentragende RMzopoden.
Cochliopodium bilimbosum, Leidy.
— granulatum, mihi.
— obscurum, mihi.
Difflugia pyriformis, Perty.
— id. var. nodosa, Leidy.
— id. var. vas, Leidy.
— id. var. linearis, mihi.
— id. var. tenuis, mihi.
— saxicola, mihi.
— acuminata, Ehrenberg.
— amphora, Leidy.
— id. var. minor, mihi.
— elegans, mihi.
— bicornis, mihi.
— Corona, Wallich.
— globulosa, Dujardin.
— marsupiformis, Wallich.
— platystoma, mihi.
— avellana, mihi.
— fallax, mihi.
— lucida, mihi.
— lobostoma, Leidy.
— arcula, Leidy.
— constricta, Ehrenberg.
Centropyxis aculeata. Stein.
— id. var. ecornis, Leidy.
— laevigata, mihi.
71
Aredia vulgaris, Ehrenberg.
— id. var. aiigulosa, Leidy.
— discoides, Ehrenberg. Leidy.
— hemisphaerica, Perty.
— microstoma, mihi.
— catinus mihi.
Nebela collaris, Leidy.
— longicollis, mihi.
— lageniformis, mihi.
— flabellutum, Leidy.
— bigobbosa, mihi.
— dentistoma, mihi.
— bursella, Vedjowsky.
Hyalospheuia papilio, Leidy.
Quadrula symmetrica, Schulze.
Heleopera rosea, mihi.
— sylvatica, mihi.
Cryptodifflugia oviformis, mihi.
Pseudodifflugia hemisphaerica, mihi.
— amphitrematoides, Archer.
Pamphagus hyalinus, Leidy.
— mutabilis, Bailey.
Plagiophrys scutiformis, Hertwig und Lesser.
— cylindrica (?) Claparede und Lachmann.
— gracilis, mihi.
Platomia . . . . ?
Cyphoderia margaritacea, Schlumberger.
— id. var. major, mihi.
Assulina semilunum, Leidy.
'— minor, mihi.
Euglypha alveolata, Dujardin.
— ciliata, Leidy.
— strigosa, Leidy.
— filifera, mihi.
— cristata, Leidy.
— compressa, Carter.
— laevis, Perty.
— id. var. minor, mihi.
72
Euglypha minima, Perty.
Sphenoderia lenta, Schlumberger.
— fissirostris, mihi.
— dentata, mihi.
Trinema enchelys, Leidy.
— spinosum, mihi.
— complanatum, mihi.
— lineare, mihi.
Corythion dubium, Taranach.
— pulchellum, mihi.
Diplophrys Archeri, Barker.
Pseudochlamys patella (?) Clap. und Lachmann.
ÜBER EINIGE
NEUE ODER WENIG BEKANNTE
PROTOZOEN.
VON
Dr. PHIL EUGEN PENARD
(GENF).
HIERZU TAFEL III.
\
J' ♦ h
Aus dem Französischen auf Wunsch des Verfassers übersetzt von
Dr. A. Pagen stech er.
Uie Beobachtungen, deren Resultat ich nachstehend geben will,
datireu zum Theil aus dem Jahre 1889, zum Theil aus diesem; sie
betreffen hauptsächlich Flagellaten, stets sehr kleine Organismen, welche
verdienten, besser bekannt zu sein, so dass jede Erweiterung unserer
Kenntnisse über ihre Physiologie einige Bedeutung hat. Unter den von
mir studirten Arten sind einige neue, über welche ich länger sprechen
will, andere sind noch wenig bekannt und ich werde sie erwähnen, in-
dem ich einige Details zufüge, welche entweder neu oder geeignet sind,
die zweifelhaften Punkte ihrer Organisation zu ergänzen; noch andere
sind besser oder vollständiger studirt und ich will sie nur anführen.
Bevor ich indess die Flagellaten betrachte, will ich wenige Worte über
eine Amöbe sagen, welche ich im Mai dieses Jahres bei Wiesbaden
gefunden habe und welche als eine der interessantesten dieses Geschlechtes
betrachtet werden darf.
Anioeba ambulacralis, spec. nov.*)
Taf. 3. Fig. 1 bis 4.
Diese Art ist klein, sie variirt von einem Augenblick zum andern
zwischen 0,020 und 0,030 mm; die Pseudopodien nicht mit begriffen.
Im Zustand der Ruhe ist das Thier ziemlich abgerundet, in Bewegung
nimmt es beträchtliche Veränderungen an,^ indem es sich auf dem Boden
ausstreckt. Das Plasma ist klar, sehr fein granulirt und von einer bläu-
lich aschfarbenen Färbung, wie bei der Mehrzahl der Rhizopoden.
Dieses Plasma umschliesst zahlreiche kleine und glänzende Excret-
körner, dann einen Kern, welcher dem der Rhizopoden im Allgemeinen
*) Ich habe nur ein Exemplar dieser n. sp. beobachten können, indess sehr
lange, so dass ich über meine Beobachtungen sicher sein kann.
— 76 —
ähnlich und ziemlich gross mit einem grossen blassen Kernkörperchen
ist ; während der Bewegung bleibt der Kern relativ unbeweglich, indem
er stets eine fast centrale Lage einhält. Die contractile Blase, welche
recht gross werden kann, befindet sich wie bei allen Amöben vor-
wiegend am hinteren Ende des Thieres ; man sieht auch oft eine zweite,
bald vor, bald hinter dem Kern ; ausserdem enthält das Plasma eine
grosse Zahl von Vacuolen, welche immerwährend an Grösse variiren,
plötzlich sich dem Blick entziehen und sich bald wieder bilden, indem
sie die Rolle von contractilen Blasen bilden.
Bis hierher zeigt Amoeba ambulacralis keine besonderen Eigen-
schaften. Was sie aber von allen anderen Amöben unterscheidet, das
sind die Pseudopodien. Diese letzteren, linienförmig, beinahe fadenförmig,
umschliessen im Allgemeinen das ganze Thier, aber ohne die regel-
mäfsige strahlige Anordnung zu zeigen, wie die der Heliozoen; während
der Bewegung pflegen sie sich an den zwei Enden des Körpers zu ver-
einigen und den centralen Theil des Thieres nackt zu lassen. Diese
Pseudopodien, von gleicher Breite auf der ganzen Länge, sind von
mattem aschfarbenem Blau und zeigen sich bei starker Vergrösserung
auf ihrer ganzen Länge mit abwechselnden wenig ausgeprägten Erweite-
rungen und Verengerungen besetzt, die ihnen einige Aehnlichkeit mit
einer Perlschnur geben; öfters sind sie zweitheilig und anastomosiren
zuweilen an ihrem Grunde. In ihren Bewegungen zeigen sie sich sehr
eigenthümlich. Sie verändern ihren Platz stets im umgebenden Medium
ganz plötzlich und indem sie sich um ihren Fixationspunkt drehen, und
dies so schnell, dass sie in einer halben Secunde einen Kreisbogen von
100 — 120 Grad (Fig. la bis a') beschreiben können; ausserdem können
sie sich mit einer ausserordentlichen Geschwindigkeit in sich selbst zurück-
ziehen und in dem Plasma verschwinden, oder im Gegentheil man sieht
sie sich nicht weniger rasch (Fig. 3) bilden, indem sie sich am Ende
verlängern. Da bei der in Bewegung befindlichen Amöbe eine grosse
Zahl von Pseudopodien in derselben Zeit in Bewegung sind, so ist der
Anblick des Thieres im Allgemeinen der eines Seeigels, welchen man über
den Boden eines Aquariumglases kriechen sieht, und dessen Ambulacren
sich beständig von einem Punkt zum andern bewegen; indess sind die
Bewegungen bei den Amöben relativ viel schneller, als bei dem Seeigel.
Ich habe nur bei dieser Art eine so ausgesprochene Bewegung der
Pseudopodien beobachtet; sie erinnert an das, was man bei einigen
— 77 —
Vampyrellen sieht, indess zeigen uns der charakteristische Kern und
die contractile Blase, dass wir es hier mit einer ausgesprochenen Amöbe
zu thun haben. *)
Mastigamoeba siniplex, S. Kent.
Fig. 5.
Ich habe diese Art verschiedentlich aufgefunden ; sie ist eine wirk-
liche Flagellate, bemerkenswerth durch die Gegenwart einer Geissei,
welche bei der Bewegung stets vorne ist, und an deren Grund sich eine
kleine Vacuole befindet, welche contractu ist; die in Bewegung befind-
liche Geissei bewegt sich häufig hinter kleinen Kügelchen (Bacterien?)
her, welche in der Vacuole verschwinden, die dann als Schlund functio-
nirt, von wo aus sie in den Körper des Thieres verbracht werden, um
dort verdaut zu werden. Ausserdem kann sie sich an einer beliebigen
Stelle des Körpers bilden, wie ich bei zwei Gelegenheiten Verlänge-
rungen in der Form von zwei Pseudopodien gesehen habe, welche die
in ihrer Nähe befindliche Beute erfassten. Die hintere Parthie des
Körpers ist beständig in beträchtlichen Veränderungen begriffen, und
beinahe immer in Falten und abgeplatteten Lappen des Protoplasmas
ausgezogen, zuweilen werden einer oder mehrere dieser Lappen faden-
förmig und verändern ihre Lage plötzlich in der Flüssigkeit, indess ohne
in der Art eines Flagellums zu schlagen. Ausser der Vacuole an dem
Grunde der Geissei kann sich eine contractile Blase bilden, gewöhnlich
vor dem Schwänze; der Kern ist relativ central, blass und dem der
Amöben ähnlich. Das Plasma enthält häufig Excretionskörner in Be-
wegung, welche indess niemals in die hinteren Verlängerungen eingehen.
Die Länge des Thieres ist ohne die Lappen 0,015—0,025 Millimeter.
Dimorpha mutans, Gruber.**)
Fig. 6 bis 9.
Im Jahre 1881 hat Grub er die Beschreibung eines Organismus
gegeben, der dadurch bemerkenswerth ist, dass er mit dem Besitz zweier
*) Nach zwei oder drei Stunden zog das beobachtete Thier alle Pseudo-
podien ein, rollte sich in eine völlig glatte Kugel zusammen und blieb in diesem
Zustand bis zum andern Tage, wo ich es aus dem Auge verlor.
**) Zeitschrift f. wissenschaftl. Zoologie Vol. XXXVI.
— 78 —
Geissein die eines Kranzes von Pseudopodien vereinigt, welche denen
der Heliozoen ähnlich ist. Dieser Organismus, welcher seitdem nicht
wieder gesehen worden war, wurde von Bütschli in die Familie der
Rhizomastigina gestellt und an die Seite des Genus Ciliophrys, mit welchem
der letzte Autor ihn zu identificiren versucht hatte.
Ich habe diesen selben Organismus zu Wiesbaden im Frühling
des letzten Jahres, in einer überschwemmten Wiese, in zahlreichen
Exemplaren gefunden; indessen habe ich sie nur kurze Zeit studiren
können, da die Thiere, welche meine Gefässe enthielten, nach einigen
Tagen abstarben und die Wiese (Schlittschuhweiher im Nerothal) sehr
rasch austrocknete. Meine Beobachtungen sind indess ausreichend, um
mir die Behauptung zu erlauben, dass Dimorpha nichts mit dem Genus
Ciliophrys zu thun hat und sie bestätigen zu gleicher Zeit die von
Grub er. Wiewohl nun dieser letzte Beobachter eine viel vollständigere
Beschreibung gegeben hat, als die, welche ich selbst bieten kann, so
wird es doch nicht ohne Werth sein, diesem Organismus hier einige
Zeilen zu widmen.
Der Körper der Dimorpha mutans ist im Zustande der Ruhe ge-
wöhnlich sphärisch, und mit einem hyalinen Ectosark umgeben mit freier
Contour, welche letztere sogar verdickt zu sein scheint zu einer doppelt
contourirten Membran; im Innern dieser hellen Umhüllung findet sich
gewöhnlich eine Zone, welche mit hellen glänzenden blauen kleinen
Körnern (Excretkörnern) erfüllt ist und welche auch Nahrungspartikel
enthält; man sieht in ihr gleicherweise eine contractile Blase, welche
aus der Zone der Körner in das hyaline Ectosark hineinragt, aber das
letztere nicht heraustreibt. Weiter findet sich innerhalb dieser Zone
ein helles Plasma (Endosark), gewöhnlich von Körnern frei, welches
einen centralen, ziemlich grossen, fast immer sehr klaren und schwierig
sichtbaren centralen Kern einschliesst, welcher das characteristische vesi-
culäre Aussehen der Kerne der Rhizopoden und der Flagellaten im All-
gememen zeigt.
Zwei hyaline, nicht granulirte Geissein erheben sich an der Ober-
fläche, welche von einem Punkte entspringen und sich von einander
trennen. Bei der Mehrzahl der von mir untersuchten Individuen habe
ich am Grunde der Geissein die Gegenwart einer kleinen Vacuole nach-
weisen können, ähnlich der, welche man gewöhnlich am geichen Platze
bei den nackten Flagellaten (Oikomonas, Mastigamoeba etc.) beobachtet,
— 79 —
welche contractu sein kann und in ^Yelclle die Geissein wahrscheinlich
kleine Nahrungskörner hinleiten.*)
Weiter ist im Zustande der Ruhe der ganze Körper bedeckt mit
einem Kranze von pseudopodienähnlichen Fäden, welche nach allen
Gegenden des Raumes ausstrahlen, ähnlich denen der Heliozoen, sehr
fein und starr sind und von einer sehr verschiedenartigen Länge, welche
das 4- bis 5 fache des Durchmessers des Körpers erreichen kann, und
welche auf ihrer ganzen Länge mit hyalinen, grösseren und glänzenderen
Tröpfchen bedeckt sind, wie man sie an den Pseudopodien der Heliozoen
beobachtet. Diese Tröpfchen erschienen mir immer um so grösser
und einander genäherter, als die Pseudopodien weniger lang waren,
was, im Hinblick auf ihr schleimiges Aussehen, anzuzeigen scheint, dass
sie keine festen Granulationen darstellen, welche auf den Pseudopodien
sitzen, sondern Verdickungen, welche von der Substanz der Fäden selbst
gebildet werden und deren Verlängerung oder Verkürzung zu reguliren
bestimmt sind.
Wie ich oben gesagt habe, ist es wahrscheinlich, dass die Geissein
der am Grunde gelegenen Vacuole kleine Xahrungskörner zuführen (ich
habe es nicht direct bewahrheiten können, aber ich habe eine dieser
Vacuolen Nahrungstheilchen einschliessen sehen) ; aber im Uebrigen kann
das Thier durch seine ganze Oberfläche Beute erfassen, nach der Art
der Heliozoen, indem es die an einen Theil des Ectosarks gelangte Beute
mit einem Lappen von einem klaren Plasma umschliesst und es in das
Innere, in eine Nahrungsvacuole eingeschlossen, heranzieht. Dies habe
ich bei verschiedenen Untersuchungen nachweisen können und ich habe
ausserdem gefunden, dass das Thier sehr gefrässig war, indem es rasch
eine Beute nach der andern fasste.
Die Bewegung kann auf zwei Arten vor sich gehen; bald ziehen
die radiären Pseudopodien das Thier langsam an, indem sie wie die der
Heliozoen functioniren, bald bewegen es die Geissein schneller, indem
sie vor dem Körper schlagen (vielleicht ist alsdann eine einzige Geissei
der bewegende Theil?); bei dieser letzteren Art der Bewegung zieht
die Dimorpha vorher allmählich ihre Pseudopodien zurück; ihr Körper
verlängert sich und das Thier wird einer gewöhnlichen Flagellate
ähnlich.
*) Die Gegenwart dieser Vacuole am Grunde der Geissein ist von einiger
Wichtigkeit; Grub er scheint sie nicht beobachtet zu haben.
— 80 —
Es war mir niclit möglich, Beobachtung über Vermehrung und
Encystirung bei Dimorpha zu machen. Die Art ist sehr klein, indem
sie gewöhnlich 0,015—0,020 misst, selten mehr und oft weniger.
Peranema graniilifera^ spec. nov.
Fig. 10 bis 13.
Bei mehreren meiner Streifzüge und zwar wie im vergangenen Jahre,
so im letzten Frühjahr, hatte ich Gelegenheit gehabt, eine Flagellate
zu Studiren, welche in die Familie der Peranemina von Bütschli ge-
hört und welche man auch sicher als eine wahre Parenema betrachten
kann; indess ist sie bedeutend kleiner als Peranema trichophorum,
welche nach Bütschli bis jetzt die einzige sichere Repräsentantin
dieses Genus ist und sich in gleicher Weise durch andere Charaktere
unterscheidet, welche seine Beschreibung einbezieht. Indess habe ich
nicht geglaubt, sie davon trennen zu sollen, da die systematische Ein-
theilung der Flagellaten vereinfacht zu werden verlangt.*)
Dieses Thier, dessen Länge, die Geissei nicht mitbegriffen, kaum
0,008—0,015 Millimeter übersteigt, besitzt im Allgemeinen einen 1^2
bis 2 mal so langen als breiten Körper, welcher öfters hinten abgerundet
und vornen zugespitzt oder schräg abgestutzt ist, übrigens ausserordent-
lich wechselnd, je nach den Individuen und selten beinahe absolut kuglig.
Es ist auf seiner ganzen Peripherie mit Granulationen und kleinen
Theilchen fremden Ursprungs bedeckt,* welche am Ectosark angeheftet
sind. Diese Granulationen sind sehr wechselnd an Grösse je nach den
Individuen, indess gewöhnlich von gleichem Volumen bei einem und
demselben Exemplar; bald sind es sehr kleine, hyaline, aneinanderge-
kettete Körner, bald grössere, grünliche und glänzende Fragmente, bald
amorphe Flecke ohne Ordnung dem Ectosark eingepflanzt ; nur bei zwei
oder drei Individuen unter den Hunderten, welche mir vor Augen kamen,
war die Membran absolut frei von Granulationen, und dieser Fall kann
als völlig abnormal gedeutet werden.
Wenn diese Granulationen fehlen oder hell genug sind, um das
Innere des Körpers durchscheinen zu lassen, so kann man die Gegen-
*) Die 200 Species, welche man ungefähr kennt, sind in 110 Genera ein-
getheilt, und da sie Bütschli hier unter richtigem Titel aufführt, wird man
wohl thun, nur mit der äussersten Vorsicht an die Aufstellung neuer Genera
zu gehen.
— 81 —
wart eines Schlundes constatiren, welcher am Grunde der Geissei sich be-
findet, einer contractilen Blase, welche dem Schlünde anliegt und sich öfters
mit ihm vereinigt, glänzender Excretkörner und eines kleinen Kernes,
welcher mehr oder weniger central oder im Gegentheil ganz hinten liegt ;
manchmal existirt eine zweite contractile Blase an irgend einem Punkte
des Plasma; aber meistens sind alle diese Elemente unsichtbar durch
die Undurchsichtigkeit der granulösen Umhüllung.
Die Geissei, welche immer eine einzige ist, hat ungefähr 2^2 bis
3 mal die Länge des Körpers, und ist entsprechend dick im Verhältniss
zu ihrer Länge; sie ist immer voraus bei der Bewegung, und schlägt
dann nur an ihrem Ende, ungefähr vom Beginn ihres vordem Drittels,
während der Rest unbeweglich bleibt ; wenn indess der Organismus seine
Richtung ändern will, so gibt er seiner ganzen Geissei eine vibrirende
Bewegung in der Längsrichtung, welche sich schleichend von einem
Ende dieses Fortsatzes zum andern fortsetzt. Fast immer kann man
an der Geissei, und besonders nahe ihrer Basis, und auf einer Seite,
die Gegenwart von sehr kleinen Granulationen bemerken, welche an ihr
befestigt sind, und welche mir Bacterien (?) zu repräsentiren scheinen,
welche von dem Thier während seiner Fortbewegung ergriffen wurden;
indess konnte ich diese Granulationen niemals längs der Geissei in der
Richtung des Mundes gleiten sehen.
Der Körper ist mehr oder weniger ausgesprochenen Veränderungen
unterworfen, welche indess immer weniger beträchtlich sind, als bei
Perauema trichophorum, einer sehr grossen Art, welche beim ersten
Anblicke, wie ich oben sagte, sehr wenig Verwandtschaft mit der vor-
hergehenden zeigt.
Urceoliis Alenitzini, Mereschkowsky.
Syn. Phialoiiema Cyclostomiim, Stein.
Fig. 14 bis 17.
Ich werde diese Art nur vorübergehend erwähnen, da ich nur wenig
von ihr zu sagen habe; sie ist unter den-Flagellaten eine der grössten
und zeichnet sich durch eine sehr beträchtliche Contractilität des Körpers
und besonders der Mundregion aus. Bei allen von mir beobachteten
Individuen (30 bis 40) war bis auf eine, deren Cuticula nackt und
deutlich spiralig gestrichelt war (Phialonema, Stein), die Membran auf
ihrer ganzen Oberfläche bis auf den Hals und am Munde, mit Plättchen
Jahrb. d. nass. Ver. f. Nat. 43. g
— 82 -
und Körnern fremden Ursprungs bedeckt, unter welchen ich oft Körner
von indigoblauer Farbe fand, ähnlich andern, welche zuweilen frei in
der Flüssigkeit vorkommen.*)
Innerhalb dieser Membran habe ich manchmal eine klare Linie ge-
sehen, welche diese Umhüllung vom inneren Plasma trennt ; das Plasma ist
öfters vollgestopft mit glänzenden Körnern und Nahrungsballen, welche
oft grosse Diatomeen enthalten ; es existirt auch ein grosser Schlundkopf,
eine contractile Blase und ein grosser meist hinten gelegener Kern;
indess ist es selten, dass man diese Elemente durch die Umhüllung
gut sieht.
Petalomoiias quadrilineata^ spec. nov.
Fig. 18 bis 21.
Diese Art erinnert beim ersten Anblick ganz besonders an Spheno-
monas quadrangularis von Stein, da sie aber an Stelle von zwei
Geissein immer nur eine besitzt und da ausserdem die Vertheilung der
Leisten nicht mit dem übereinstimmt, was man von ihr beschrieben hat,
so muss man aus ihr eine neue Art machen, welche sich ohne grosse
Schwierigkeit dem Genus Petalomonas von Stein anschliessen kann.
Der spindelförmige Körper ist sehr durchscheinend und zeichnet sich
besonders durch die vier vorspringenden Leisten aus, welche ihn auf
ganzer Länge durchziehen. Die Anordnung dieser Leisten ist sehr schwer
wohl darzustellen; nach zahlreichen Beobachtungen bin ich dazu ge-
kommen, sie auf folgende Weise zu erklären. Wenn man sich die Figur
eines sehr verlängerten Achters (8) vorstellt, mit einer Hälfte, die ein
wenig länger ist als die andere, und den einen seiner Arme in einem
volleren S und auch ein wenig grösser als den anderen; und wenn
man sich diese Figur dargestellt denkt durch ein eisernes Band, das
am Vereinigungspunkt der beiden Hälften beweglicher ist als sonst irgend-
wo, und wenn man nun dieses Band umdreht, so dass die beiden Ex-
tremitäten sich einander nähern, so würde man eine Art spindelförmigen
Käfigs haben, dessen eines freies Ende etwas das ihm gegenüberliegende
überragen würde und so eine Art Lippe bilden würde.
*) Weder Kent nochBütschli erwähnen diese Bedeckung mit Körnern;
die Zeichnungen dieser Autoren sind ähnlich meiner Figur 17. Vielleicht ist
dies eine besondere Varietät.
— 83 —
Weiter würde dieser Käfig von vier Stielen gebildet, von welchen
zwei, wechselnd untereinander, grösser sein würden als die zwei andern
(wie hervorgegangen aus der grösseren Parthie das S im ursprünglichen 8).
A'on der Spitze gesehen würden diese Stiele sich wie in einem Punkte
sich vereinigend und ein Kreuz bildend darstellen.
Diese Leisten der Petalomonas quadrilineata sind völlig einem so
gebildeten Käfig vergleichbar ; zwei von ihnen sind wechselsweise dicker
als die beiden andern, und eins der freien Enden formt eine Lippe vor
der andern ; hinten kreuzen sich die vier Leisten mit einander ; da aber
der Körper ein wenig zusammengedrückt ist, so sind die Winkel, welche
die Arme des Kreuzes trennen, nicht gerade, sondern abwechselnd ab-
gestumpft und zugespitzt.
Zwischen den beiden Lippen ist gewöhnlich ein wohl ausgeprägter,
langer Pharynx, welcher von einer characteristischen contractilen Blase
begleitet wird ; weiter hinten im Mittelpunkte des Kreuzes findet sich
ein blasser Kern, der häufig von kleinen Excretkörnern umgeben ist.
Der Rest des Plasmas ist sehr klar, fast hyalin. Die beinahe das
Doppelte des Körpers erreichende Geissei ist sehr fein, und immer wäh-
rend der Bewegung vorne, welche gewöhnlich eine schnelle ist.
Die Länge des Körpers, ohne die Geissei, beträgt ungefähr 0,012
bis 0,015 Millimeter.
Heteroma . . . . ?
Fig. 22 bis 24.
Der unter den Figuren 22 bis 24 dargestellte Organismus schliesst
sich ohne Zweifel dem Genus Heteronema an und zeigt grosse Aehnlich-
keit mit Heter. globuliferum von Ehre nb erg; unterscheidet sich aber
von ihr durch eine constante Bekleidung von glänzenden, abgerundeten
oder eckigen Körperchen, welche in der Cuticula selbst eingesenkt sind
oder zuweilen die innere Wand davon zu bekleiden scheinen. Ebenso
wie Heteronema globuliferum ist das Thier sehr veränderlich, indem es
unaufhörlich aus der Form eines Apfels oder einer Birne in die einer
Spindel übergeht; die vordere Parthie, \^=^elche die zwei Geissein trägt
(von denen die eine längere während der Bewegung activ ist, die andere
kürzere zurückhält), ist heller, als der übrige Theil des Körpers und
frei von Granulationen.
Wenn ich hier diese Form erwähne, w^elche ich nur wenig studiren
konnte, so geschieht es, weil ich an ihr ein interessantes Phänomen beob-
6*
— 84 -
achtet habe : Ein Individium, welches an einer grossen Diatomee vorbei
kam, öffnete sich an seinem hinteren Theile, um eine breite und lange
Pseudopodie austreten zu lassen, welche sich einen Augenblick an der Alge
befestigte, wie um sie anzufühlen, dann zog sie sich allmählich zurück.
Bei dieser Gelegenheit konnte ich sehr deutlich sehen, dass die doppelt-
contourirte Membran, welche das Thier einschliesst, sich geöffnet hatte
oder zerrissen war, wie die der Heliozoen ; nachdem einmal die Pseudo-
podie sich zurückgezogen hatte, schloss sie sich vollständig und das Thier
bewegte sich durch seine vordere Geissei weiter. Wir haben hier ein
Beispiel der Eigenschaft einiger Flagellaten, Pseudopodien zu entwickeln
und in diesem besonderen Falle ist es bemerkenswerth, dass die Membran
nicht immer ein unübersteigliches Hinderniss ist zur Hervorbringung
dieser Pseudopodie.
Pseiidospora volvocis, Cienkowsky.
Fig. 25 bis 28.
Ich habe diese Art in zahlreichen Individuen angetroffen, aber nur
in einer Lache ; das Thier hat zwei Geissein, mit einer Vacuole an ihrem
Grunde; es besitzt gleicher Weise einen mehr oder weniger centralen
Kern, und gewöhnlich eine contractile Blase, welche verschieden ist von
der soeben erwähnten Vacuole ; meist zeigt es keine Membran, aber man
sieht häufig eine feine sehr freie und hyaline Begrenzung, welche von
schleimiger Beschaffenheit scheint. In der Ruhe kann sich das Thier
an einen vegetabilischen Stengel stützen oder an irgend einen andern
sonstigen Halt vermittelst eines langen und sehr feinen hinteren Fadens,
welcher nur vorübergehend ist und nach Belieben verschwindet. Es ist
sehr gefrässig und man sieht es oft voll von grüner Nahrung; bei
mehreren Untersuchungen habe ich nahe dem Grunde der Geissein sich
lange Pseudopodien entwickeln sehen, welche bestimmt waren, die Beute
auszusaugen, an welcher es sich festsetzt; Figur 26 stellt zwei Individuen
dar, welche damit beschäftigt sind, eine Heliozoe auszusaugen ; die Pseudo-
podien der Flagellaten befestigten sich auf dem Skelett der letzteren
und erzwangen den Eintritt ; dann näherten sich die zwei Individuen dem
Heliozoon, indem sie sich auf den Pseudopodien^heranzogen, und allmählich
ging der ganze Inhalt der Beute in das Innere ihres Körpers über;
darauf rundete sich jedes wieder von Neuem ab und zog sich zurück,
indem es von dem Heliozoon nichts weiter übrig liess, als kleine Schüpp-
chen und Stacheln des Skeletts.
- 85 —
Ebenso habe ich eines Tages ein Individuum im Begriff sich zu
verdoppehi aufgefunden, welches die characteristische verlängerte Biscuit-
form hatte ; man sah darauf zwischen den zwei neuen Individuen eine
Art von grauem Band, durchsetzt von longitudinalen Streifen, w^elches
ohne Zweifel den Kern darstellte (Fig. 27).
Allmählich trennten sich die Individuen, und sie waren nur noch
durch einen sehr feinen Faden vereinigt, darauf schieden sie sich voll-
kommen undgingen weiter, jedes mit zwei Geissein versehen, von denen
die eine starr, die andere undulirend, sowie mit einer grossen contrac-
tilen Blase am Grunde der Geissei und einem abgerundeten deutlichen Kern.
Pteridomonas pulex^ gen. nov., spec. nov.
Fig. '29 bis 36.
Man kennt ein halbes Dutzend von Flagellaten, welche ausser einer
oder zwei characteristischen Geissein bemerkenswerth sind durch den
Besitz von Hülfscilien ; dies sind die Cilien, welche S. K e n t , indess
mit Unrecht, dazu geführt haben, alle diese Arten unter die Gruppe
der Cilioflagellaten (Dinoflagellaten Bütschli) zu bringen. Bei drei dieser
Arten (Trichonema hirsuta From., Mitophora dubia Perty und Mallo-
monas Plosslii Perty) sind die Cilien fast über die ganze Oberfläche des
Körpers vertheilt; zwei andere, Stephanomonas ciliaris Fromental und
Asthmatos ciliaris Salisbury, tragen sie wie eine Krone um die einzige
Geissei ; bei Asthmatos ciliaris, welche nach Salisbury sich im schlei-
migen Secret der Augen, der Nase und des Halses des Menschen findet
und w^elche der Grund der unter dem Namen des Heufiebers (hay fever)
bekannten Krankheit sein soll, hat Leidy nur epitheliale Zellen, die
von der Schleimhaut losgestossen waren, erkannt; Salisbury hätte
dann irrthümlicherweise eine lange centrale Geissei da gesehen, wo sich
keine befindet.
Eine sechste Form wird von Heteromastix proteiformis gebildet,
welche J. Clark in Amerika gefunden hat; diese spindelförmige, mit
einem zugespitzten vorderen Ende und einem i^othen Augenflecke ver-
sehene Art besitzt zwei Geissein, von welchen die eine vordere activ ist
und die andere während der Bewegung zurückhält; sie zeigt ausserdem
Hülfscilien, welche längs einer longitudalen Rinne sitzen, w^elche sich
nach hinten über die Bauchfläche des Thieres fortsetzt; nach S. Kent,
w^elcher nach J. Clark eine detaillirte Beschreibung dieser Art gibt.
— So-
list diese Art eine der interessantesten Repräsentanten der Gruppe der
Cilioflagellaten« ; indess ist sie in ihren Details wenig bekannt, und man
weiss z. B. nichts von einer contractilen Blase oder einem Kern. Bütschli
hat diese Art unter die Familie der Anitonemina gesetzt.
Der Organismus, welchen ich im Frühjahr des letzten Jahres in
zahlreichen Individuen indess nur an einer Localität (Eisweiher im
Nerothal) gefunden habe, ist ebenso interessant durch die Gegenwart
von Hülfscilien, indess entfernt er sich bedeutend von allen denen,
welche man bisher beschrieben hat, und zeigt ganz besonders bemerkens-
werthe Erscheinungen.
Der sehr kleine (im Allgemeinen 0,006 — 0,12 Millimeter) Körper
hat die Form eines Kreisels, d. h. von oben gesehen ist er abgerundet,
von der Seite ist er herzförmig oder selbst nierenförmig ausgehöhlt an
der Stelle, wo sich die Geissei inserirt; seine Breite ist ebenso fast
immer grösser als seine Länge (wenn man annimmt, dass diese letztere
die Achse als Geissei fortsetzt). Dieser Körper stellt eine kleine Menge
eines hellblauen Plasmas dar, ohne sichtbare Membran; der oberfläch-
liche innere Theil ist beinahe immer, namentlich vornen am Körper in
einer Gegend, welche man die Herzohren nennen könnte, mit grünen,
gelben oder braunen Nahrungstheilchen erfüllt, welche manchmal in
Vacuolen eingeschlossen sind, dann mit glänzenden und bläulichen kleinen
Excretkörnern ; man bemerkt in dieser selben Zone und in je nach den
Individuen verschiedenen Stellen eine contractile Blase, welche regel-
mäfsig functionirt, manchmal sind es deren zwei, besonders bei jungen
Exemplaren.
Die Mitte des Körpers ist von einem hellen oder fein granulirten
Plasma eingenommen, in welchem sich der selbst centrale, gewöhnlich
wenig sichtbare, anderemal wohl ausgeprägte und die characteristische
Blasenform zeigende Kern sich findet.
Das Thier besitzt eine einzige Geissei, welche durchsichtig, dick,
glatt, drei oder viermal so lang als der Körper ist und deren Basis in
der vorderen Depression sich findet. Sie setzt sich in einer Pharynx
fort, welcher gewöhnlich nur als ein hellerer Flecken sichtbar ist, dessen.
Existenz ich aber bei einigen Individuen sicher nachweisen konnte.
Ausserdem existirt rings um den Mund ein Kranz von Cilien, Iri
der Zahl von ungefähr 12 bis 18, welche beinahe ebenso lang sein
können, wie die Geissei, aber immer viel feiner sind. Dies sind die
Cilien, welche die interessantesten Charaktere dieser Art bilden; sie
— 87 —
nehmen ihren Ursprung an der vorderen Depression, biegen sich längs
dieser Depression um und vertheilen sich, aussen angekommen, in ge-
rader Linie nach allen Richtungen, indem sie mit der centralen Geissei
einen ganz offenen Winkel bilden, der einen rechten darstellen kann.
Sie sind dann vollkommen gerade und starr und können so lange unbe-
Aveglich bleiben ; zuweilen, indess sehr selten, sieht man einige in Wellen-
bewegung hin- und hergehen (Fig. 29), andermal sind sie zurückge-
schlagen, besonders bei einer langsamen Bewegung, wo sie auf dem
Grund hinzuziehen scheinen.
Indess sieht man auch sehr oft, besonders wenn das Thier in der
Nähe ist, diese Cilien ganz zusammengefaltet und gekrümmt wie die
Blätter der Farrenkräuter, aber nach aussen gerollt und nicht nach
innen wie meist bei diesen Pflanzen, eine dicke Krone um die Geissei
herum bildend. In diesem Zustand stehen sie einem der interessantesten
Phänomene vor : man sieht sie plötzlich alle sich ausbreiten und so dem
Thiere einen heftigen Anstoss geben, welcher es in einem Anlaufe in
einer der 6 bis 10 fachen Länge des Körpers gleichen Entfernung zurück-
weichen lässt. Indess ist diese Erscheinung des Rückstosses, welche den
Organismus in der Weise eines Flohs springen lässt, nur gelegentlich
und dient nicht der wirklichen Bewegung; letztere geschieht durch
die vordere Geissei. Zuweilen ist die Bewegung oder vielmehr das
Schwimmen sehr schnell, gleich derjenigen der am besten sich bewegenden
Flagellaten, und dann habe ich mich überzeugen können, dass die Hülfs-
cilien ebenso in Bewegung waren und der Geissei zu Hülfe kamen.
Indess haben diese Mundcilien noch einen andern Nutzen: sie er-
greifen Beute. Bei verschiedenen Untersuchungen habe ich eine ent-
faltete Cilie gelegentlich einen sehr kleinen Organismus auflialten und
ihn dem Körper nach dem Munde zuführen, sehen, indem sie sich
schneckenförmig wand; w^ar die Beute in Berührung mit dem Körper,
so wurde sie in eine grosse Nahrungsvacuole aufgenommen und ver-
schwand dann allmählich im Plasma.
Wenn indess diese Mundcilien unzweifelhaft dazu dienen, die Nah-
rung in Berührung mit dem Körper zu bringen, so habe ich auch Fälle
gesehen, w^elche es mir sehr wahrscheinlich machen, dass eine Beute,
welche direct mit dem Körper in Berührung gekommen ist ohne Ver-
mittlung der Cilien, sofort ergriffen und in eine Yacuole eingeschlossen
wird, wie bei den Heliozoen. Auch ist die Annahme natürlich, dass
die Geissei, welche man oft in der Flüssigkeit hin und her schlagen
sieht, während das Thier ruhig ist, kleine Körnchen in das Innere des
Körpers hinleiten kann.
Einigemal habe ich besonders bei jungen Individuen, beobachten
können, dass unter den Hülfscilien zwei waren, eine zur Rechten, die
andere zur Linken der Geissei, welche sich von den übrigen durch
stärkere Dicke auszeichneten.
Ebenso wie viele Flagellaten, kann sich Pteridomonas an irgend
einen Halt durch einen hintern langen und sehr feinen Faden, welcher
indess nur vorübergehend ist, festsetzen und lange in diesem Zustand
verweilen, während die Geissei schlägt und die Mundcilien starr und
ausgestreckt sind wie ein Spinnennetz ; das Thier ist dann ohne Zweifel
auf dem Fang. Gewöhnlich bleibt die schlagende Geissei in diesem
Zustand gerade und beschreibt in ihrer Bewegung die Figur eines Kegels
(Fig. 30), zuweilen sieht man sie sich wellenförmig bewegen und diese
Bewegung setzt sich dann von dem Grund bis zum freien Ende fort,
wie ein Strick, den man durch einen Stock in Erschütterung versetzt.
Unter den von mir beobachteten Thieren war eine grosse Zahl sehr
klein und stellten ohne Zweifel junge Individuen dar; diese Individuen
waren den übrigen grösseren ganz ähnlich, aber gewöhnlich runder und
man sah an ihnen keine Einbuchtung für den Mund; öfters schlössen
sie kleine Vacuolen ein. Diese kleinen Individuen waren noch gefrässiger
als die grossen, welche bereits einen grossen Nahrungsverbrauch haben.
Es war mir bei dieser Art nicht möglich irgend eine Erscheinung zu
beobachten, welche mit der Vermehrung oder Einkapselung in Verbin-
dung steht.
Ausser den Flagellaten, welche ich soeben beschrieben habe, habe
ich noch verschiedene andere studirt (Oicomonas mutabilis *), Atractonema
*) Bei Oicomonas mutabilis beobachtete ich ein bemerkenswerthes Phä-
nomen : Ein Individium, welches an einen vegetabilischen Stiel durch einen hin-
teren Faden befestigt war, blieb mehrere Stunden am nämlichen Platze, indem
es mit der Nahrungsaufnahme beschäftigt war, welche die umgebenden Verhält-
nisse (kleine zu Tausenden in der Flüssigkeit verbreitete Organismen) sehr
fruchtbringend machten ; seine Fanggeissel bewegte sich sehr gerade und schnell,
wie um einen sehr verlängerten ideellen Kegel. Jeden Augenblick wurde eine
kleine Beute, welche der Wirbelstrom angezogen hatte, nach dem Grunde der
Geissei hingeleitet, wo sich alsbald eine grosse Vacuole bildete, welche die
Beute umschloss und sie in den Körper hineinzog, indem sie allmählich an
Volumen abnahm. So sah ich das Thier in kaum einer halben Stunde ein
Dutzend Beute aufnehmen und, was dabei am interessantesten zu erwähnen ist,
— 89 —
teres, Peranema trichophorum, Petalomones mediocanellata, Heteronema
globiferum, Anisonema granda, Anisonema ludibundum, Heteromita ovata (?),
Cercomonas crassicanda, Monas vivipera*), welche Gelegenheit zu inter-
essanten Beobachtungen gaben, über welche ich aber hier nicht handeln
kann. Im Allgemeinen habe ich indess bei allen diesen Flagellaten wie
bei den eben beschriebenen, nachfolgende Facta beobachten können,
welche man mit Nutzen erwähnen kann :
1. Die wirklichen Geissein sind immer von der nämlichen Dicke
von der Basis bis zur Spitze.
2. Sie endigen nicht in feiner Spitze, sondern mit abgerundetem
Ende.
3. Sie sind hyalin, mit freier Begrenzung, und nicht körnig, wie
die der Rhizopoden.
4. Bei den Arten mit 1 Geissei ist dieser Anhang immer bei der
Bewegung vorne an (verschieden von der der Bacterien, bei denen
sie anscheinend im Allgemeinen hinten ist ; bei den Dinoflagellaten,
z. B. Ceratima, ist die Geissei in gleicher Weise am hinteren
Ende, indess dient sie bei dieser Gruppe nur als Steuer; sie
entspricht der Geissei, welche bei dem Genus Anisonema etc.
zurückhält und die wahre Locomotion beruht auf einer feinen
Cilie oder einem Bande, welches in der Querrinne der Membran
gelegen ist.
5. Die Geissein wechseln niemals in ihrer Länge von einem Augen-
blick zum andern, wie dies der Fall ist bei den Pseudopodien.
habe ich jedes Mal beobachtet, dass, sobald ein Beutestück am Körper
sein Ziel erreicht hatte, die bis dahin starre Geissei für einen
sehr kurzen Augenblick (etwa 1/2 Seeunde) ihre Bewegung ein-
stellte und sich in ihrer ganzen Länge einer longitudinalen
Wellenbewegung hingab, was sie einem Stopfenzieher ähnlich machte;
nachdem die Wellenbewegung einmal vollendet war, nahm die Geissei ihre Starr-
heit und regelmäfsige Bewegung wieder an. Vielleicht müsste man annehmen,
dass diese Bewegung, welche doch jedenfalls einen Grund haben muss, dazu
dient, die Beute gegen den Körper zu befestigen? Bei einigen anderen Flagellaten
gelang es mir bei zwei oder drei Versuchen eine Wellenbewegung zu beobachten,
welche an die erinnerte, welche ich soeben beschrieben.
*) Ich spreche hier nur von solchen Arten, welche ich sicher als animalischer
Natur betrachten kann; ich fand ebenso bei Wiesbaden eine ansehnliche Zahl
von Formen, welche zu den vegetabilischen Flagellaten gehören, und mit welchen
ich mich in dieser Arbeit nicht beschäftigt habe.
— 90 —
6. Wenn es möglich ist, die Geissein von den Pseudopodien ab-
zuleiten, und wenn man einige Uebergänge zwischen diesen
beiden Elementen findet (Cercomonas, Oicomonas etc.), so sind
diese Uebergänge noch nicht sehr prägnant, und der Unterschied
zwischen einer wirklichen Geissei und einer fadenförmigen Pseudo-
podie ist immer ein beträchtlicher.
Tafel-Erklärung.
Tafel III.
Fig. 1. Amoeba ambulacralis, spec. nov. Verlängertes Individuum, in Bewegung.
Centraler Kern, Vacuolen, Excretionskörner ; contractile
Blase verlängert, hinten. Von a zu a', Veränderung einer
Pseudopodie in 1/2 Secunde.
„ 2. Dasselbe Individuum, abgerundet, hat sich mit fremden Trümmern um-
kleidet; die contractile sehr grosse Blase ist in Ausdehnung.
„ 8. Eine Pseudopodie; von a zu a', Verlängerung in 1/2 Secunde.
„ 4. Das gleiche Individuum, in Kugelform, nachdem es seine Pseudopodien
zurückgezogen.
„ .^. Mastigamoeba simplex S. Kent, in Bewegung.
. 6. Dimorpha mutans Gruber. Man sieht die zwei Geissein, mit einer
kleinen Vacuole an ihrem Grunde. Centraler Kern, in
einem hellen Eaum (Endosark) ; contractile Blase zur
Kechten; Nahrungsvacuole höher links, nahe am Auf-
brechen. Zahlreiche Excretkörner.
„ 7. Dimorpha mutans, seine Pseudopodien einziehend; Geissein unsichtbar
oder verborgen.
„ 8. id. in Bewegung, im Flagellaten-Zustand, nachdem es seine
Pseudopodien beinahe vollständig zurückgezogen hat.
„ 9. id. Details einer Pseudopodie, mit ihren hyalinen Granulationen.
„ 10. Peraneraa granulifera, spec. nova. Mit einigen hellen Granulationen
mit der Pseudopodie verklebt.
„11. id. Die punktirten Linien zeigen den Platz, von wo die Geissei
schwingt.
„ 12. id abgerundetes Exemplar, bedeckt mit wenig zahlreichen
Körnern. I
„ 13. id. Die Geissei schwingt in ihrer ganzen Länge, um plötz-
lieh die Richtung des Thieres zu ändern.
— 91
Fig. 14. Ureolus Aletzini Mereschkowsky ; die contractile Blase und der Kern
sind durch die Umhüllung sichtbar; a. kleine blaue Körner
(Indigo), Theile der Membran bildend.
„ 15. id. mit ausgestrecktem Hals und Mund.
„ 16. id. Theil der Membran, mit verklebten Körnern; im Innern
sieht man eine helle Linie, welche die Membran vom
inneren Plasma trennt.
. „ 17. id. Exemplar mit nackter Membran, spiralig gestreift
(Phialonema cyclostomum Stein).
., 18. Petalomonas quadrilineata, spec. nov., Individuum von der Seite gesehen.
,, 19, 20. id. zwei andere, in verschiedenen Positionen.
„ 21. id. hintere Hälfte eines anderen, von oben gesehen.
„ 22. Heteronema . . . . ?
„ 23. id. nachdem es seine Membran durchbrochen hat, um eine
Pseudopodie zu entfalten.
„ 24. id. dasselbe Individuum; Pseudopodie in den Körper sich
zurückziehend.
„ 25. Pseudospora volvocis Cienkowsky; Individuum durch ein temporäres
Band an einen Stengel befestigt ; die zwei Cilien schlagen ;
links ein Kern, eine Nahrungsvacuole.
,. 26. id. Zwei Individuen fallen eine kleine Heliozoe an, jede der-
selben hat eine grosse Pseudopodie entfaltet, welche den
Inhalt der Beute aussaugen soll.
„ 27. id. verdoppelt; man sieht die Spuren des Kerns, der in
Spindelform ausgezogen ist; in einer der Hälften sind
die Geissein unsichtbar.
,, 28. id. das gleiche Individuum einen Augenblick später; die bei-
den Hälften sind schon vollkommen selbstständig, und
sind nur noch durch einen sehr feinen Faden gehalten.
„ 29. Pteridomonas pulex, gen. nov., spec. nov., Individuum an einen Stengel
befestigt durch einen temporären hinteren Faden; zwei
der Cilien bewegen sich; zur rechten und zur linken
grüne, gelbe und braune Nahrung.
„ 30. id. ein anderes, sehr stark vergrössert; die punktirten Linien
zeigen die Zone des Schiagens der Geissei. Der Körper
ist voll von Nahrung und Excretionskörnern.
Individuum eine Beute fassend.
Kleines Individuum, welches in einer grossen Vacuole eine
Beute umschliesst, die es soeben gefangen.
Zwei weitere, mit Cilien, in Krummstabform.
Von a bis e, plötzliche Veränderung eine der Cilien, wo-
durch das Thier zurückspringt.
36. id. Sehr junges Individuum , mit einem kaum sichtbaren
Faden an einen Stengel fixirt.
31.
id.
32.
id.
33, 34.
id.
35.
id.
BEITRÄGE
ZUR
LEPIDOPTEREN-FAUNA
DES
MALAIISCHEN APtCHIPELS,
(VI.)
ÜBER
SCHMETTEELINGE VON OST-JAVA.
VON
DR. ARNOLD PAGENSTECHER
(WIESBADEN).
Im Nachstellenden gebe ich eine summarische Aufzeichnung der von
meinem Freunde Herrn Hauptmann Holz in der Umgebung von Malang
und Lawang auf Ost-Java gesammelten Schmetterlinge nebst Angabe der
Erscheinungszeit, soweit dieselbe mir bekannt wurde.
Dieselben repräsentiren eine ansehnliche Zahl von Arten, welche
im Beginne dieses Jahrhunderts von Horsfield bereits auf Java ge-
sammelt und in seinem eigenen, sowie in dem von ihm und Moore
herausgegebenen Cataloge aufgeführt wurden. Ihnen schliessen sich eine
Reihe solcher an, welche von benachbarten Gegenden bekannt sind, so-
wie solche, welche in bemerkenswerthen Varietäten erscheinen oder auch
neu sind, von denen ich einige beschreibe. Eine ausführlichere Bear-
beitung des in thiergeographischer Beziehung recht interessanten Materials
muss ich mir für eine spätere Zeit vorbehalten, zumal ich eine nicht
unbeträchtliche Zahl von Arten noch vorläufig unbestimmt lassen musste.
Wenn auch ein Theil derselben jedenfalls noch unbeschrieben ist, so
könnten doch mehrere derselben namentlich von britischen Autoren bereits
namhaft gemacht worden sein. In einiger Zeit hoffe ich hierüber mehr
Klarheit erhalten zu haben.
I. RHOPALOCEKA.
1. Ideopsis Gaura, Horsfield.
2. Danais melissa, Gramer.
3. Euploea Gore, Gramer.
4. — Sepulchralis, Butler. (Februar.)
5. — Leucostictos, Linne. (December.)
E. Eunice, Godart.
E. Vestigiata, Butler.
— 96 —
6. Euploea Eleusina, Gramer. (Juni.)
7. — Mazares, Moore.
E. Ledereri, Felder.
8. Euploea Midamus, Linne.
Trepsichrois Linnaeii, Moore.
9. Lethe Europa, Fabricius. (Februar.)
10. — Mekara, Moore. (Juni).
11. Melanitis Leda, Linne. (Mai.)
12. Neorina Chrlshna, Westwood.
13. Mycalesis Perseus, Fabricius.
14. — Naia, Felder.
15. Erites IVIedura, Horsfield.
16. Yphthjma Hübneri, Kirby.
17. Elymnias Undularis, Drury. (August.)
18. — Panthera, Fabr.
19. — Casiphone, Hübner. (Juni.)
20. Amathusia Phidippus, Linne.
21. Discophora Gelinde, Stoll. (Juni, Juli.)
22. — Sondaica, Boisduval. (Juli.)
23. Acraea Vesta, Fabr.
24. Cethosla Cyane, Drury.
25. Cirrochroa Clagia, Godart. (Juli.),
26. iViessaras Erymanthis, Drury.
27. Atella Egista, Gramer. (Februar.)
28. Argynnis Niphe, Linne. (Juli.)
29. Symbrenthia Hjppocius, Gramer.
30. — Hypatia, Wallace.
31. — Hypselis, Godart. (Mai.)
32. Vanessa Perakana, Distant.
33. Pyrameis Dejeanii, Godart.
34. Junonia Erigone, Gramer. (Juni.)
35. Kallima Paralecta, Horsfield. (April.)
36. Doleschallia Bisaltide, Gramer.
37. Ergolis Ariadne, Linne. (Juni.)
38. Cyrestis nivea, Zincken. (April, Juni.)
39. — lutea, Zincken. (Mai, Juni, Juli.)
40. Hypolimnas bollna, Linne. (Januar, Juni.)
41. — Misippus, Linne.
— 97 —
42. Hypolimnas Anomala, Wallace. (Juni.)
43. Hestina Nama, Doubleday.
44. Euripus Halitherses, Doubl.
E. cinnammomeus, Wood Mason.
45. Parthenos Sylvia, Gramer.
46. Limenitis Procris, Gramer. (Juni.)
47. Neptis Hordonia, Stoll.
48. ~ Vikasi, Horsfield. (Februar.)
49. — Aceris, Lepechin. (November, Februar.)
50. Athyma Perlus, Linne. (Januar, August.)
Leucothoe, Linne.
51. Athyma Nefte, Gramer. (September.)
52. — Selenophora, Kollar. (Juli.)
53. — Subrata, Moore. (September.)
54. — Pravara, Moore. (Januar.)
55. Euthalia Evelina, Stoll.
var. Sikandi, Moore.
Ad. Derma, Kollar.
56. Euthalia Anosia, Moore. (Juli.)
57. — SalJa, Moore. (Juni, Juli.)
58. Tanaecia Trigerta, Moore. (Juni.)
59. — Pelea, Fabricius. (Juli.)
60. Dichorrhagia Nesimachus, Boisduval.
61. Nymphalis Schreiber!, Godart.
62. — Athamas, Drury. (Juli.)
63. — Moorei, Distant.
64. — Baya, Moore.
65. — Polyxena, Gramer. (Juli.)
66. Libythea Myrrha, Godart. (November, Februar.)
67. Zemeros Flegyas, Gramer.
68. Miletus Symethus, Gramer. (Februar, August, September.)
69. — Boisduvalil, Moore. (Februar.)
70. Spalgis s'"bstrigata, Snellen:
71. Cupido macrophthalma, Felder. (Februar.)
72. — Roxus, Godart. (November, December.)
73. — Rosimon, Fabr.
74. — Beroe, Felder.
Prominens, Moore.
.Jahrb. d. nass. Ver. f. Nat. 43. 7
— 98 —
75. Cupido Piinius, Fabr. (November, December.)
76. — Kandarpa, Horsf. (November.)
77. — Bochus, Gramer. (October.)
Astraptes Felder; Plato, Fabricius.
78. — Aeiianus, Fabr. (November, December.)
Alexis, Stoll.
79. — Celeno, Gramer. (Februar.)
80. — Parrhasius, Fabr. (December.)
81. — Baetica, Linne. (November, Februar.)
82. — Lysizone, Snellen. (Februar.)
Otis, Fabr.
83. — IVlalaya, Horsf.
Strongyle, Felder.
84. — Nora, Felder. (November, December.)
85. — Akasa, Horsfield. (December.)
86. — Puspa, Horsfield. (December, Januar, Februar.)
L. Gagaya, Felder.
L. Lambi, Distant.
87. Aphnaeus Syama, Horsfield. (October, December, Februar.)
88. Ilerda Epicles, Godart. (October, November.)
89. Hypolycaena Etolus, Fabr. (Juni.)
90. Pseudodipsas Erycinoides, Felder. (Mai.)
91. Jolaus Ister, Hewitson. (Juli.)
92. — Longinus, Fabricius. (Juli.)
93. Sithon IVlariina, Hewitson. (Juli.)
S. Hypoleuca, Hew.
94. Sithon Freya, Fabr. (Juli.)
95. — Ravindra, Horsf. (April, Mai, Juli.)
96. — Onyx, Moore. (April, Mai, Juni.)
var. Onycliina, Staudinger.
97. — WestermannI, Felder. (Juli.)
98. Myrina Atymnus, Gramer.
99. Deudorix Epijarbas, Moore.
100. — PetoTsiris, Hewitson. (April.)
101. — Melampus, Gramer. (Februar, Juli, October.)
102. — Xenophon, Fabr. (Juni.)
103. — Varuna, Horsfield. (November, December.)
104. — Manea, Hewitson.
99
105. Deudorix Deliochus, Hewitson. (November.)
106. — Timoleon, Stoll. (Juli.)
Iraota Boswelliana, Distant.
107. Curetis Thetis, Drury.
108. — Bulis. Doubl., Hewitson.
109. Amblypodia Apidanus, Gramer.
110. — Horsfieldl, nov. spec.
111. — Diardi, Hewitson.
112. — Amazona, Staudinger in literis.
113. — Vivarna, Horsfield. (Juli.)
114. — Muta. Hewitson.
115. Pontia Xiphia, Fabricius.
P. Nina, Fabr.
116. Pieris Rachel, Boisduval.
117. — Nerissa, Fabr.
var. Corva, \Yall.
118. Tachyris Lyncida, Gramer. (Februar.)
119. — Panda, Godart. (Januar.)
120. — Leptis, Felder. (Juni.)
121. — Nero. Fabr.
122. — Pandione, Hübner.
123. Deüas Crlthoe, Boisduval.
124. — Beüsama. Gramer.
125. — Hyparete. Linne.
126. — Periboea. Godart.
127. Prioneris Autothisbe, Hübner.
128. — Philonome, Boisduval.
129. Eronia Valeria, Gramer.
130. Catopsiliä Crocale, Gramer.
131. — Scylla, Linne.
132. Hebomoia Glaucippe, Linne.
133. Ornithoptera Pompeus, Gramer.
134. — Pompeus var. Holzi, Pagenstecher.
135. — Rjtsemae, Snelien.
136. Papilio Priapus, Boisduval.
137. — Ärjuna. Horsfield.
138. — Arjstolochiae, Fabricius.
139. — Demolion, Gramer.
7*
— 100 —
140. Papilio Polytes, Linne. (August.)
141. — Helenus, Linne. (Januar.)
142. — Memnon, Linne.
var. Androgcos, Gramer,
var. Laomedon, Gramer,
var. Agenor, Gramer.
143. Papilio Nox, Swainson.
144. — Antiphates, Gramer.
145. — Agamemnon, Linne.
146. Casyapa Thyrsis, Fabr.
(Gangara Thyrsis.)
147. Ismene Badra, Moore.
148. — Exciamationis, Fabr.
149. — (Choaspes) Crawfurdi, Distant. (Juni.)
150. — (Ch.) Harisa, Moore var. (Juni.)
151. Satarupa affinis, Drury. (Juli, August.)
152. Carystus Irava, Moore.
153. Pamphila Druna, Moore.
154. — Verruca, Mabille.
155. Astictopterus Diocies, Moore.
156. — Xanites, Butler, var. Javanites, Staudinger.
157. Tagiades Atticus, var. Galiguna, Dist.
158. — Phaenicis, Hewitson.
159. — trichoneura, Felder.
160. Abaratha sura, Moore.
161. — pygala, Hewitson. (Juni.)
162. Plesioneura Folus, Gramer.
163. — Leucocera, KoUar.
164. — Alysos, Moore. (October, December, Februar.)
165. Plastingia Callineura, Felder.
166. — Tessellata, Hewitson. (Juni.)
167. — Baturi, Hewitson. (October.)
168. Hesperia Conjuncta, Herrich Schäffer. (December.)
169. — Dan, Fabricius. (December.)
170. Heteropterus Cataleucos, Staudinger.
101
II. HETEROCEM.
171. Lophura hyas, Boisduval. (November.)
172. Macroglossa spec.
173. Pergesa Acteus, Gramer.
174. Panacra vigil, Guerin.
175. Chaerocampa Thyelia, Linne.
176. — Alecto, Linue.
177. — Oldenlandiae, Fabr. (Juni.)
178. — Lucasi, Walker. (Mai.)
179. — Nessus, Drury. (April.)
(equestris, Fabr.)
180. Daphnis angustans, Felder. (Mai.)
181. Leucophlebia lineata, Westwood. (Juli.)
182. Syntomis Hübneri, Boisduval.
183. — acuminata, Snellen.
184. — Godarti, Boisduval.
185. — tenuis, Walker. (December.)
186. Eusemia proxima, Walker.
187. — vetula, Hübner.
188. — bisma, Moore. (Februar.)
189. Seudyra transiens, Walker.
(Agarista aegoceroides, Felder.)
190. Chalcosia metachloros, Walker.
191. Gynautocera phalenaria, Guerin.
(Chalc. pulchella, Kollar.)
192. — vacillans, Walker. (November.)
193. — selene, Kollar. (April.)
(Histia vacillans, Walker.)
194. — marginata, Gueriil. (März, September, October.)
(Het. acrocyanea, de Haan.)
195. Nycthemera assimile, Snellen van Yollenhoven.
196. — COleta, Gramer.
197. — trita, Walker.
198. Neochera Eugenia, Gramer.
199. Hypsa intacta, Walker.
102
200. Hypsa egens, Walker. (Januar.)
201. — aiciphron, Gramer,
(caricae, Fabr.)
202. Teinopyga hamata, Snellen.
203. Lithosia chryseola, Snellen.
204. Bizone Puella, Drmy.
205. Deiopeia pulchella, Linne.
206. Argina Argus, Kollar.
207. — cribraria, Clerck.
208. Polytela chrysospila, Walker. (October.)
209. Spilosoma maculifascia, Walker.
210. Ardia Horsfieldi, Saunders. (November.)
211. Phissama vacillans, Walker.
212. Creatonotus interruptus, Linne.
213. Rajendra tripartita, Butler.
214. Cypra visum, Hübner.
215. Orgyia Ludekingi, Snellen.
216. Meianothrix pulchricolor, Felder.
217. LaeÜa subrufa, Snellen. (Januar.)
218. Euproctis fumosa, Snellen.
219. — flavata, Gramer.
220. — atomaria, Walker.
221. — virguncula, Snellen.
222. Dasychira misana, Moore. (Juni.)
223. Lymantria asaetria, Hübner.
224. — beatrix, Walker,
(marginata, Butler.)
(nigra, Butler.)
225. Redoa submarginata, Walker. (Mai.)
226. Pantana baswana, Moore. (Februar.)
227. Prosodeca adara, Moore. (April, Juli.)
228. Psalis securis, Hübner.
229.. Leucoma impressa, Snellen.
230. Gargetta costigera, Walker.
231. Anticyra combusta, Walker. (März.)
232. Antheua discalis, Walker. (Februar.)
233. Oreta extensa, Moore.
234. Drapetodes mitaria, Guenee.
- 103 —
235. Parasa pastoralis, Butler.
236. — trima, Moore.
237. Narosa adala, Moore.
238. Narosa Sabana, Snellen.
239. Ganisa plana, Walker.
240. Cricula trifenestrata, Herr. Scliäffer.
241. Tagora pallida, Walker. (November.)
(Spliingomorpha asclepiades, Felder.)
242. Dreata petola, Moore. (November.)
243. Rosama strigosa, Walker. (April.)
244. Gastropacha Vishnu, Lefebre.
245. Suana bimaculata, Walker.
246. Lebeda plagifera, Walker. (Juli.)
247. Estigmene pardala, Moore.
248. Adias Maenas, Doublday.
249. Attacus Cynthia, Drury. (März.)
250. Hepialus taprobana, Moore.
251. Leucania extenuata, Guenee.
252. — extranea, Guenee.
253. Spodoptera pecten, Guenee.
254. Apamea modestissima, Snellen.
255. Amyna selenampha, Guenee.
256. Caradrina bipuncta, Snellen. (October.)
257. Agrotis interjectionis, Guenee.
258. Heliothis armigera, Hübner.
259. — violacea, Pagenstecher.
260. Xanthodes flava, Fabr.
(Xanth. transversa, Guenee.)
261. Homodes crocea, Guenee.
262. Homodes thermesioides, Snellen.
263. Eriopus reticulata, Pagenstecher.
264. Plusia litterata, Pagenstecher. (März.)
265. — chalcytes. Esper.
266. — chrysitis. Linne.
267. Gonitis editrix, Guenee.
268. Pantidia sparsa, Guenee. (Juli.)
269. Polydesma umbricola, Guenee.
270. Alamis ligilla, Guenee.
— 104 —
271. Arcte coerulea, Guenee. (Mai.)
272. Anophia leucomelas, Clerck.
273. Cremnodes macrocera, Snellen. (April.)
274. Ophideres fullonica, Linne.
275. — salaminia, Fabr.
276. — cocalus, Gramer rf.
Hypermnestra, Gramer.
277. Phyllodes conspicillator, Gramer.
278. Potamophora manlia, Gramer.
279. Lygniodes endoleuca, Guenee. (April.)
280. Nyctipao crepuscularis, Linne.
281. Argiva hieroglyphica, Drury.
282. — caprimulgus, Guenee.
283. Spirama retorta, Linne.
284. — triloba, Guenee. (Juli.)
285. Hypopyra vespertilio, Fabr. (Mai.)
286. Hulodes eriophora, Guenee.
287. — caranea, Gramer.
288. Achaea quadrilunata, n. sp.
289. Naxia onelia^ Guenee. (Januar.)
290. Calesia gastropachoides, Guenee. (April.)
291. Athyma tripunctata, Pagenstecher.
292. Ophiusa arcuata, Moore. (October.)
293. — Crameri, Moore. (October.)
294. Grammodes ammonia, Gramer. (April.)
295. Trigonodes hyppasia, Gramer.
296. Remigia archesia, Gramer. (April.)
297. Zethes sondaicus, Snellen. (April.)
298. Sympis rufibasis, Guenee.
299. Thermesia duplexa, Moore.
300. — rubricans, Boisduval.
301. Trigonia cydonia, Gramer. (April.)
302. Dichromia trigonalis, Guenee.
303. Hypena iconicalis, Walker. (April.)
304. Ophiuche conscitalis, Walker.
305. Hydrillodes lentalis, Guenee.
306. Epizeuxis pupillalis, Snellen. (Mai.)
307. Pangrapha gilvagaüs, Snellen.
— 105 —
308. PJnacia pupillalis, Snellen. (April.)
309. — albolineata, Snellen. (November.)
310. — molybdenalis, Hübner. (März.)
311. Pachythiris siculoides, Felder.
312. Siculodes argentalis, Walker. (December.)
313. Urapteryx crocopterata, Kollar. (Mai.)
314. — podaliriata, Guenee. (Juni.)
315. — columbicola, Walker.
316. Idiodes simplaria, Pagenstecher. (December.)
317. Hyperythra lutea, Gramer.
318. Entomopteryx amputata, Guenee.
319. Elphos hymenaria, Gramer.
320. Boarmia concentraria, Snellen.
321. — cornarla, Guenee. (April.)
322. — crepuscularia, Hübner.
323. Hypochroma crenaria, Guenee. (Juni.)
324. — rugenaria, Guenee. (Juni.)
325. Thalassodes quadraria, Guenee.
326. Micronia oppositata, Snellen.
327. — sondaicata, Guenee. (März.)
328. — cascata, Guenee.
329. IVIacaria Eleonora, Gramer. (März.)
330. — sufflata, Guenee. (März.)
331. Hyposidra janiaria, Guenee. (November, December, Mai.)
332. Milionia fulgida, Hagenbach.
333. Euschema miiitaris, Linne.
(Hazis miiitaris.)
334. Pachynoa Walkeri, Lederer.
335. Botyodes asialis, Guenee.
336. Cydalima conchylalis, Guenee.
337. Margarodes glauculaljs, Guenee.
338. Enchocnemidia squamopedalis, Guenee.
339. Glyphodes bivitralis, Guenee.
340. Terastia proceralis, Lederer. (März.) - o'^
341. Stenurges designalis, Guenee. 1"^ ^ ^
342. Pycnarmon jaguaralis, Guenee. (April.) ' ^
%^u
— 106 —
BeschreiMiig einiger neuer Arten, bezw. Varietäten.
1. Amblypodia Horsfieldi, nov. spec.
Diese eigenthümliche Art, welche der A. aurea und A. eumolplius
nahe verwandt, aber von beiden sowohl auf der Ober- wie Unterseite
verschieden ist, erhielt ich von Herrn Holz zahlreich zugesandt. Sie
kommt auch in Südostborneo vor, woher ich sie durch Herrn von
Schön berg erhielt.
35 mm Ausmafs.
Palpen und Antennen sind bei beiden Geschlechtern schwärzlich,
die Fühlerkolben röthlichbraun. Brust dunkelbraun, beim cf mit einzelnen
grünen, beim 9 mit blauen Schüppchen bekleidet. Die Unterseite der
Brust und des Hinterleibs heller braun, ebenso die Beine; die Augen
weisslich eingefasst.
Der (^ ist auf der Oberseite tief sammtschwarz, der Flügelgrund
der Oberflügel bis über den Discus smaragdgrün, metallisch schimmernd.
Diese Färbung setzt sich auch auf den Grund der Unterflügel fort.
Das 9 ist auf der Oberseite ebenfalls tief sammtschwarz, der Flügel-
grund der Ober- und Unterflügel tief dunkelblau schimmernd. Die Spitze
des schwarzen Schwänzchens ist bei beiden Geschlechtern weiss, ebenso
sind die Fransen des Analläppchens weiss.
Die Zeichnungen der rauchbraunen Unterseite der Ober- und Unter-
flügel sind bei beiden Geschlechtern dieselben und bestehen in dunkleren,
hell eingefassten Fleckenbinden, schwärzlicher Färbung des Analläppchens
mit metallisch grüner Umrahmung desselben.
Am Aussenrande des Oberflügels zeigt sich zunächst eine verloschene
dunkle Fleckenbinde, welcher sich eine deutlichere, helleingefasste nach
innen anschliesst. Diese wird gebildet aus vier rundlichen, dunkel-
braunen, helleingefassten Flecken, welche vom Yorderrande in etwas
schiefer Richtung nach dem Aussenrande ziehen. Diesen schliesscn
sich in stumpfem, nach Aussen offenem Winkel drei ebenfalls hellein-
gefasste dunkelbraune Flecken an, welche nach dem Innenrande in fast
gerade absteigender Richtung streben und sich im helleren Innenrand
verlieren. Auf sie folgt nach innen eine dritte unterbrochene Flecken-
reihe, welche aus einem ganz kleinen rundlichen am Yorderrande stehen-
den, einem viereckigen länglichen und einem fast dreieckigen schief
gestellten dunkelbraunen, weisslich eingefassten Flecken besteht. Nach
— 107 —
innen von diesen folgen zwei ebenfalls von einander getrennte dunkel-
braune, weisslicli eingefasste Flecke, von denen der obere rundlich scharf
begrenzt ist, der untere längliche sich im helleren Innenrande verliert.
Im Flügelgrunde steht noch ein weiterer kleiner rundlicher, dunkel-
brauner, hell eingefasster Fleck.
Auf den Unterflügeln sind die Fleckenbinden weniger deutlich. Die
äusserste, mit dem Aussenrande parallel laufende, ist verloschener, die
beiden inneren aus dunklen, zusammenhängenden, weisslich eingefassten
Flecken gebildet, welche Flecken namentlich am Yorderrande deutlicher
sind. Am Innenrande zeigen sich die w^eisslichen Einfassungen als parallel
laufende weissliche Streifchen. Im Flügelgrunde stehen zwei Reihen von
drei isolirten dunkeln eingefassten Punkten. Analläppchen tief sammt-
schwarz, von metallisch grünen Schüppchen nach innen umlagert.
2. Amblypodia Amazona, Staudinger in lit.
Herr Dr. Staudinger hatte die Güte, mir diese schöne in mehr-
fachen Exemplaren vorliegende Art mit diesem Namen zu bezeichnen.
Sie steht der A. centaurus, Fabr. (nakula, Felder) sehr nahe, ist aber
etw^as grösser und es sind die Zeichnungen der Unterseite, wie die Fär-
bung derselben ungleich lebhafter, als bei der continentalen Form.
46 mm Ausmafs. Antennen oben schwärzlich, unten bräunlich. Kopf,
Brust und Rücken oben bräunlichschwarz mit bläulich glänzenden Schüpp-
chen, unten heller braun, ebenso Palpen und Beine.
Oberseite der Flügel des q^ tief dunkel violettblau, glänzend, mit
schmaler schw^arzer Limballinie ; Oberseite des Q glänzend blauviolett
mit breitem schAvarzem Rande sämmtlicher Flügel, insbesondere des
Vorder- und Aussenrandes und des Apicaltheils der Oberflügel. Hinter-
flügel mit schw^arzem Schwänzchen. Unterseite der Oberflügel lebhaft
violettgrau schimmernd mit dunkelbraunem Rande, centraler hell ab-
gegrenzter brauner unterbrochener Kettenbinde und silbergrau umfassten
braunen Flecken im Mittelfelde. Innere Flügelhälfte dunkelbraun. Unter-
seite der Unterflügel mit abwechselnden, violettgrau und dunkelbraun
gewellten Kettenbinden und Flecken und drei schwarzen metallischgrün
umzogenen Randflecken am Analtheil zur Seite des schw arzen Schwänzchens.
Die Zeichnungen der Unterseite sind bei den meisten Exemplaren
sehr lebhaft, nur bei einigen auf den Unterflügeln weniger hervortretend.
Auf den Oberflügeln zeichnen sich in dem dunkelbraunen Flügelgrund,
der die Mittelzelle und den inneren Vorderrand einnimmt, drei hell-
— 108 —
silberglänzend umzogene Flecken besonders aus. Der innerste ist klein
und rundlich, der zweite grösser mehr ovale, bleibt nach der Costa hin
offen, der äussere rautenförmige Fleck ist nur nach innen und aussen
von einem schmalen hellen Streifen umgeben. Nach aussen von diesen
Flecken ist der Flügel hell violettgrau gefärbt und wird durchzogen von
einer schrägen, dunkelbraunen, weisslich umzogenen Binde, welche nach
aussen gewellt, nach innen mehr gerade ist und sich am dritten Medien-
ast absetzt. An ihrer Innenseite liegt eine bis zur Dorsalis reichende
braune, aus zwei Flecken bestehende Verlängerung. Nach dem Innen-
rande zu steht in der Flügelmitte ein keilförmiger brauner Fleck im
Flügelgrund, welcher bei einzelnen Exemplaren mit der eben erwähnten
Verlängerung der Querbinde in Verbindung tritt und dessen Spitze nach
dem Aussenrand gerichtet ist. Darunter ein rundlicher, hell umzogener
Fleck. Der Aussenrand ist bräunlich, ihm parallel läuft eine verloschene
braune Binde in hellem Grunde.
Die Unterseite der Unterflügel ist ausgezeichnet durch abw^echselnd
dunkelbraun und violettgrau erscheinende parallele gewellte Fleckenbinden,
welche sich im Flügelgrunde zu rundlichen Flecken gestalten, von denen
man drei innere kleine und drei grössere äussere unterscheidet. Zu-
meist zeichnet sich eine dunkelbraune, die Flügelmitte durchziehende
Querbinde innerhalb veilgrauer Umgebung deutlicher aus. Der Aussen-
rand ist etwas heller braun. Am Analwinkel stehen drei schwarze Stricli-
flecke, welche metallischgrün umzogen sind und vom schwarzen Schwänz-
chen durch eine hellere Linie abgegrenzt sind. Von der Abbildung der
A. nakula, Felder (Nov. Lep. T. XXIX f. 14), welche als identisch mit
Centaurus angesehen wird, ist unsere Art durch den Verlauf der Quer-
binde verschieden, von der überhaupt nicht sehr gelungenen Abbildung
Distant's von A. Centaurus (Rhop. Malay. T. 29 f. 4, 5) auch durch die
viel lebhaftere Färbung der Unterseite. Die Doubleday 'sehe Beschrei-
bung des javanischen A. pseudocentaurus ist mir nicht zugänglich. Wenn
nicht als specifisch verschieden, so ist A. Amazona jedenfalls als
charakteristische Lokalvarietät von A. Centaurus zu betrachten.
3. Ornithoptera Pompeus, var. Holzi.
Ausser zahlreichen Ornithopteren, welche dem von S n e 1 1 e n (Notes
from the Leyden Mus. Vol. XI p. 153) beschriebenen Ornith. Ritsemae
völlig entsprechen, erhielt ich eine stattliche Zahl von solchen, welche
als Pompeus in Anspruch zu nehmen sind, wenn sie auch, namentlich
— 109 —
die 99i vo^ ^^^^ ^^^ Gramer T. 25 abgebildeten Typus etwas ab-
weichen. Zwei cfcf aber, deren näherer Fundort leider nicht angegeben
ist, die aber in der Nähe von Lawang gesammelt sind, stellen eine
höchst bemerkenswerthe Varietät vor.
Dieselben haben die durchschnittliche Grösse der übrigen Pompeus
CJ^rf . Antennen schwarz, Kopf sammtschwarz. Der Halskragen ist schmal
röthlich gefärbt. Die auf der Oberseite schwarze Brust ist auf der Unter-
seite mit einzelnen ziegelrothen Haaren besetzt, welche bei beiden Exem-
plaren sich fast bis zur Hälfte des unten gelben, oben schwarzen Hinter-
leibs erstrecken. Die Haare des Innenrandes der Hinterflügel braungelb.
Auf der Oberseite sind die Oberflügel tiefsammtschwarz mit dünner
weisser Bestäubung zu beiden Seiten der Adern bei dem einen Exemplare
und mit weisslichen Fransen bei beiden. Die Unterflügel haben eine
rothgoldene Färbung. Die schwarze Färbung des Innenrandes und die
sonstigen schwarzen Punkte und die keilförmige einspringende Umran-
dung ist wie bei den übrigen Pompeus, aber der in schwarzer Vorder-
randsfärbung stehende Fleck ist völlig ziegelroth. Die Unterseite zeigt
auf den Oberflügeln dichte weisse Bestäubung längs der Adern, bei dem
einen Exemplar zieht sich diese bis in den Flügelgrund. Der ziegelrothe
Fleck am Vorderrande ist auf den Unterflügeln sehr deutlich ausgeprägt.
Bei dem einen Exemplare sind die schwarzen keilförmigen Flecke
des Aussenrandes stark weisslich angeflogen. Auch zeigt sich hier die
ziegelrothe Färbung nicht blos an dem Vorderrandsflecke, sondern er-
giesst sich über die äussere Parthie des goldrothen Grundes, sowie über
einen Theil des Innenrandes an der Analfalte.
4. Achaea quadrilunata, Pag. nov. spec.
Die vorliegende Art dürfte noch unbeschrieben sein.
Der Achaea Radama, F. u. R. (Felder und Rogenhofer, Reise Novara,
Lepidopteren T. 116, t 17) nahe verwandt und in Zeichnungsanlage
ähnlich, doch bedeutend kleiner, ^f 40 mm. Palpen mit spitzem End-
glied vorragend, zweites Glied dicht beschuppt. Fühler lang, kurz be-
wimpert. Vorderbeine braun, hellbraun geringelt, Mittel- und Hinter-
schienen gelblichbrauu, oberseits dicht dunkelbraun behaart, gespornt.
Tarsen gelblich geringelt. Kopf, Halskragen, Brust und Hinterleib
schwärzlichbraun, auf der Unterseite etwas heller.
Vorderflügel dunkelbraun, violett schimmernd, mit schwärzlichem
Mittelpunkt und schwach angelegten dunklen Quer- und Wellenlinien.
— 110 —
Am Vorderrande nahe der Flügelspitze ein grosser halbmondförmiger
fleischfarbener Fleck, bis zu ^/g des Vorderrandes reichend, mit dunkel
umrahmter Convexität in den Flügel sich erstreckend. Fransen des
convexen abgerundeten Aussenrandes dunkelbraun.
Unterflügel mit abgerundetem Saume schwärzlich, der halbe Aussen-
rand und ^/g des Vorderrandes wird von einem goldgelben, halbmond-
förmigen Flecken eingenommen, der in der Mitte etwas vorspringt und
die Fransen mit einbegreift, die von hier aus schwärzlich sind.
Unterseite der Oberflügel schwärzlich braun, heller als auf der
Oberseite, mit einem gelblichen verwischten Flecken zu ^/g des Vorder-
randes, dunklem Mittelpunkte und verloschener schwärzlicher Mittellinie.
Hinterflügel schwärzlich braun mit hellgelblicher Färbung des Aussen-
randes und Vorderrandes, wie auf der Oberseite, und verloschener
Mittellinie.
Ergebnisse
der
meteorologischen Beobachtungeu der Station zu Wiesbaden
im Jalire ISS 9.
Von
Aug. Römer,
S t a t i 0 n s V 0 r s t a n d.
Die beigefügte Tabelle ergiebt folgende
Jahres -Uet) er sieht.
3Iittlere.r Luftdruck 751,8 mm
Höchster beobachteter Luftdruck am 20. ISTovember . 770,8 «
Niedrigster « « «9. Februar . 729,9 «
Mittlere Lufttemperatur 8,8'^C.
Höchste beobachtete Lufttemperatur am 2. Juni . . 30,4 «
Niedrigste « « «13. Februar . — 16,9 «
Höchstes Tagesmittel der Lufttemperatur a'ni 10. Juli. . 23,1 «
Niedrigstes « « « « 13. Februar — 13,3 «
Mittlere absolute Feuchtigkeit 7,2 mm
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Höhensumme der atmosphärischen Niederschläge . . 505,5 mm
Grösste ßegenhöhe innerhalb 24 Stunden . . . . 22,0 «
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« Regen ' 152
« « « « Schnee 43
« « « « Hagel, Graupeln 8
« Thau 39
« Reif 33
« Nebel 27
« Gewitter 24
« « « « Wetterleuchten . 7
« Sturm 2
Zahl der beobachteten N.-Winde 106
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E.- - 84
SE.- « 42
S.- < 23
SW.- - • ... 205
W.- « 115
NW.- « 130
Windstillen 215
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matiden", mit 3 Tafeln, „Ueber zwei parasitische Schnecken", mit 2 Tafeln,
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R e e V e " , „Knospenbildung bei Linckia Multifora L a m a r c k" . Mit
4 Tafeln. Preis M. 14. Heft III: „Ueber die Anatomie der Echino-
thuriden und die Phylogenie der Echinodermen". Mit 8 Tafeln. Preis M. 18.
Zweiter Band, Heft I: „Zur Entwicklungsgeschichte und Anatomie
der ceylonesischen Blindwühle Ichthyophis glutinosus" (Epicrium gluti-
nosum aut.). I. Ei, Brutpflege, Entwicklung der äusseren Körperform
und vergleichende Bemerkungen. ' Mit 5 Tafeln. Preis M. 14. Heft II:
Dasselbe. II. Die Seitenorgane der Larve; Die letzten Endigungen der
Blutcapillaren in den Intercellularräumen der Epidermis; Becherzellen
und Cuticularborsten ; Körperringel und Schuppen ; Bau und Entwicklung
der Cutisdrüsen. Mit 6 Tafeln. Preis M. 14. Heft III^ Dasselbe. III. Das
Schicksal des Dotters ; Ueber die Homologie der Keimblätter im Thier-
reiche auf Grund des Satzes, dass die beiden Keimschichten der Gastrula
nicht dem Ektoderm und Entoderm, sondern dem Blastoderm und Dotter
der Vertebraten entsprechen ; Der Enddarm der Embryonen. Mit 3 Tafeln.
Preis M. 10. Heft IV: Dasselbe. IV. Der Schädel; Nase. Jacobson'sches
Organ und Thränennasengang; Der Tentakel; Das Gehörorgan; Eine
Notiz über das Gehirn von Ichthyophis; Drüsen der Mundhöhle; Be-
merkungen über das Gefässsystem ; Kiemenkorb, Zunge, äussere Kiemen,
Kiemenspalten; Die Spermatozoen ; Schlussbemerkungen; Nachtrag; Ver-
zeichniss der Originalliteratur über die Caeciliiden. Mit 10 Tafeln.
Preis M. 22.
Druck von Carl Ritter in Wiesbaden.
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