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Gesellschaft für lothringische Geschichte und
Altertumskunde
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Inhaltsübersicht. — Table des matières.
Die Reunionskammer zu Metz. Oberst a. D. Dr. H. Kaufmann, Queuleu
Le Herapel. E. Huber, Saargemünd
Kleinere Mitteilungen und Fundberichte.
Communications diverses et trouvailles archéologiques.
Une page d'histoire d’un village lorrain. N. Houpert, Metz
Kaminplatten in Diedenhofen. Baurat E. Knitterscheid, Metz
Bauinschrift in Diedenhofen. Baurat E. Knitterscheid, Metz NA
Das alemanisch-fränkische Grabfeld bei Busendorf. P. Schenecker, Busendorf
Römischer Münzfund bei Bentingen. P. Schenecker
Römische Gebäudereste bei Alzingen. P. Schenecker . ARTE
Bericht über die Erwerbungen des städtischen Museums. J, B. Keune
Biicherschau.
Es sind besprochen oder angezeigt:
Ch. Sadoul. Essai historique sur les institutions des duches de Lorraine et
de Bar avant les reformes de Leopold I
C. v. Duncker. Ein Besuch des Herzogs von Lothringen und die Karl ohinz
des Kronprinzen Friedrich (1732). Sitzungsberichte der Kais. Akad. d.
Wissenschaften, Wien, Phil.-hist. Klasse. Bd. 141 . RI ee
L. Stünkel. Ein geschichtlicher Streifzug in die Umgegend von Metz.
(Wissenschaftl. Beil. z. Jahresber. d. Lyceums zu Metz. 1898.
J. Grob. Zur Geschichte der Jahre 1680—1682 (Ons Euch Organ des
Luxemburger Geschichtsvereins, IV, S. 421 ff., V, 5. 30 ff.)
Die alten Territorien des Bezirks Lothringen nach dem Stande vom 1. Ja-
nuar 1648. I. Teil. Herausgeg. von dem Statist. Bureau des Kais. Mi-
nisteriums für Elsass-Lothringen. Strassburg 1893 ee
C. Pfister. Chartes antérieures au 14e siècle, conservées à la bibliothèque
publique de Nancy. (Journal d’archéol. lorraine 1899, p. 54 MT.
P. Marichal. Contribution au catalogue des actes de Mathieu Il. (Journal
d’archéol. lorraine 1899, p. 175 ff. a es R T
F. des Roberts. Les seigneurs de Saulny (Mémoires de l'académie de Metz
1896—97 (éd. 1899), p. 61—166) Te Be EN à
M. Auvray. Notice archéologique sur Chérisey (Mémoires de l'académie de
Metz 1896—97 (éd. 1899), p. 173 f.). RE AN
H. V. Sauerland. Erbauer und Bauzeit des vorigen romanischen Metzer
Doms (Metzer Domblatt 12 u. 13, p.8 {f.). NA LU NC
W. Schmitz. Der mittelalterliche Profanbau in Lothringen. In Abbildung
und kurzer Beschreibung mitgéteill
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E. Martin. Le gouvernement de Leopold et les évêques de Toul (Mémoires
de l'académie de Stanislas) : en PRO in oe Mio
F. J. Poirier. Documents généalogiques d’après en registres des paroisses
1561—1792
Brondex et Mory. Chan Heurlin. Pose palois-messin
M. Stein. La collection Dufresne et les archives lorraines (le ee
moderne, courrier international des archives et des bibliothèques
no 9, 1898 : : HE RE
G. Brand. Die Kürpergrüsse der Wehe 1 Beh late Elsass-
Lothringen (Beiträge zur Anthropologie Elsass-Lothringens)
À. D'Herbomez. Le cartulaire de l'abbaye de Gorze
Goutière-Vernolle. Lorraine artiste
Das Reichsland Elsass-Lothringen. Landes- und Ortsbeschreibung. Heraus-
seg. v. Statist. Bureau des Minist. für Elsass-Lothringen
a Geschichte der ehemaligen Grafschaft Saarbrücken .
J. Levv. Geschichte der Stadt Saarunion seit ihrer Entstehung bis zur
Gegenwart ist 3 5
R. Parisot. Le royaume de ame sous les ne à ;
B. Gumlich. Die Beziehungen der Herzöge von Lothringen zum deutschen
Reiche im 13. Jahrhundert . . à Asset wie
J. Fritz. Strassburger Urkundenbuch. Band VI.
I. Knepper. Nationaler Gedanke und Kaiseridee bei den Elsässer tn ie
J. Cramer. Die Geschichte der Alamannen als Gaugeschichte
K. Weller. Besiedelung des Alamannenlandes
E. Erbrich. Lieder aus dem Metzer Lande
Ders. Metzer Bilder und Lieder.
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Die Reunionskammer zu Metz.
Von Dr, Hermann Kaufmann, Oberst a. D.
BINGELLUNG.
In der deutschen Geschichtschreibung herrscht allgemein die Auf-
fassung vor, dass die Reunionen Ludwigs XIV. ein Werk seiner eigenen
Eingebung seien, oder den Vorschlägen seiner Ratgeber, insbesondere
des Kriegsministers Louvois, ihre Entstehung verdanken. In diesem
Sinne sagt Philippson!), nach Abschluss des Friedens von Nymwegen
habe Louvois eine Theorie aufgestellt, die an abenteuerlicher Keckheit
nimmer ihresgleichen gehabt habe. Auch Erdmannsdörfer hält dafür,
dass die Theorie erst zur Zeit der Einsetzung der Reunionskammern
selbst ausgebildet worden sei, um die widerrechtlichen Besitzergreifungen
im Elsass zu rechtfertigen, und neue Ansprüche, besonders auf Erwei-
terung des Gebietes der drei lothringischen Bistümer, zu erheben ?).
Allerdings hatte schon Ranke, indem er die Vorgeschichte der Reunionen
etwas eingehender behandelt, auf die Zweideutigkeiten des West-
fälischen Friedensvertrages hingewiesen und die Verschiedenheit der
Auffassung hervorgehoben, die hinsichtlich des Umfanges der abgetre-
tenen lothringischen Bistümer und des Verhältnisses ihrer Lehen in den
Verhandlungen zu Nymwegen zu Tage gekommen war; die Reunions-
theorie selbst aber war auch von ihm als ein Werk Ludwigs XIV. be-
zeichnet worden). Ihm folgt von Zwiedineck-Südenhorst ; bei ihm aber
treten — wie auch sonst — die lothringischen Reunionen ganz gegen
die elsässischen zurück f).
Im Gegensatz hierzu finden sich in der französischen Geschicht-
schreibung mannigfache Anhaltspunkte dafür, dass der Gedanke der
Reunionen wesentlich älteren Ursprungs ist und noch in die Zeit vor
dem Westfälischen Frieden zurückverlegt werden muss’). Und in der
That führt ein näheres Eingehen auf diese Andeutungen und die Quellen,
aus denen sie entsprungen sind, zu dem zweifellosen Ergebnis, dass
die Reunionstheorie unmittelbar auf den grössten Staatsmann Frank-
reichs, auf Richelieu, zurückzuführen und als ein Glied in der Kette
der Massnahmen anzusehen ist, durch welche Richelieu eines seiner
1) Philippson, Das Zeitalter Ludwigs XIV. 1879, S. 241.
2) Erdmannsdörffer, Deutsche Geschichte 1892 I, S. 654.
%) Ranke, Sämtliche Werke 1877 X, S. 331 ff.
#) v. Zwiedineck-Südenhorst, Deutsche Geschichte 1890 I, S. 448.
5) Auf diese Thatsache bin ich von Herrn Archiv-Direktor Dr. Wolfram zu
Metz, dem ich auch die Anregung zu der vorliegenden Arbeit verdanke, aufmerksam
gemacht worden.
1
Hauptziele, die Erwerbung des linken Rheinufers für Frankreich zu
verwirklichen trachtete. .Eine bisher nicht hinreichend gewürdigte, von
ihm 1624 eingesetzte Kommission kann sowohl der ihr gestellten Auf-
gabe nach, als insbesondere auch wegen der Art ihrer Thätigkeit als
Vorgängerin und Vorbild der Reunionskammern angesehen werden; die
Einsetzung des Parlaments zu Metz im Jahre 1633, die Unterhandlungen
über den Westfälischen Frieden 1646-1648, die Thätigkeit von Colbert
de Groissy 1657 —1664 — alles das sind Marksteine auf dem Wege,
dessen Endziel 1679 mit der Durchführung der Reunionen erreicht
wurde. Bei der Darstellung der Reunionsbestrebungen von 1624—1679,
die uns im ersten Teile zu beschäftigen haben wird, heben wir aus-
schliesslich das auf Lothringen Bezügliche hervor, denn auf Lothringen
— wenn wir darunter dem gewöhnlichen Sprachgebrauch nach den
ehemaligen ducatus Mosellensis, Oberlothringen, verstehen — ist die
Chambre royale de Metz, deren Geschichte uns im besonderen be-
schäftigen wird, beschränkt gewesen.
Innerhalb dieses Rahmens war in Bezug auf das heranzuziehende
Material insofern eine Begrenzung notwendig, als nur die in Metz selbst
beruhenden Archivalien benutzt werden konnten. Gewiss würden ander-
weite archivalische Forschungen die Geschichte der älteren Reunions-
bestrebungen vertiefen, und die Pariser Collection de Lorraine, über die
Marichals Katalog!) eine Uebersicht gewährt, brauchbare Ergänzungen
auch für die Kammer von 1679 liefern; auch in Nancy und Bar-le-Duc
würden Nachforschungen voraussichtlich nicht vergeblich sein.
Dennoch schien dieser erste Versuch, die Reunionen in selbst-
ständiger Untersuchung zu behandeln, gewagt werden zu dürfen, weil
schon das zur Verfügung stehende Material eine völlige Klärung der
Organisation und Thätigkeit der Metzer Kammer gestattete, sodass von
weiteren Forschungen nennenswerte neue Aufschlüsse kaum zu erwarten
sein dürften. Ganz unbekannt aber waren bisher die nach den Schrift-
stücken des Metzer Archivs festgestellten Reunionen ohne Beschluss
und die Vorbereitungen weiterer beabsichtigter Reunionen. Auch ergab
sich bei dem Eingehen auf den Ursprung der Reunionstheorie ein bis-
her nicht angenommener Zusammenhang des Reunions-Unternehmens
Ludwigs XIV. mit der Politik Heinrichs IV., Richelieus und Mazarins, und
eine von der bisherigen abweichende Beurteilung der auf die loth-
ringischen Verhältnisse bezüglichen Bestimmungen des Westfälischen
Friedens, sodass für die Begründung und damit für die Beurteilung der
eunionen ein neuer Boden gewonnen werden konnte.
') Marichal, Catalogue des manuscrits de la collection de Lorraine 1896,
ERSTER Teir.
Die Reunions-Unternehmungen vor Errichtung der Kammer zu Metz.
L
Die Erwerbung der Städte und Bistümer Metz, Toul und Verdun durch Frankreich.
Der Gewinn des Rheines als der natürlichen Grenze Frankreichs
war seit dem Erstarken des französischen Königstums die Hoffnung
seiner Fürsten und der Traum seiner Gelehrten. Indem Richelieu so-
gleich bei seinem Amtsantritt Vorbereitungen traf, die östlichen Grenzen
Frankreichs vorzurücken, nahm er daher eine Aufgabe in Angriff, die
längst vor ihm den französischen Staatsmännern als Ziel hingestellt
war, wie sie anderseits bis in unsere Tage hinein die französische
Politik beherrscht hat.
So lehrreich und nützlich es sein mag, dem planmässigen Vor-
dringen Frankreichs gegen Osten, insbesondere seit der Mitte des
16. Jahrhunderts im Einzelnen nachzugehen, so kann doch hier dieses
Bestreben nur in grossen Zügen gekennzeichnet werden, wobei im
Wesentlichen die Ausführungen Sorels !) und eine Flugschrift Jansens
die Grundlage abgeben werden ?).
War einst bei dem Zerfall des Karolingerreiches das Elsass und
im 10. Jahrhundert nach heftigen Kämpfen auch das ganze Lothringen
dem deutschen Reiche zugefallen, so glaubten doch die kapetingischen
Könige als die rechtmässigen Nachfolger Karls des Grossen begründete
Ansprüche auf diese (Gebiete erheben zu können. Philipp August, der
zuerst dem französischen Königtum seine Machtstellung schuf, knüpfte
unmittelbar an Karl d. Gr. an, indem er ausrief: »Je pense à une chose,
c'est à savoir, si Dieu accordera à moi ou à un de mes hoirs la grâce
d'élever la France à la hauteur où elle était du temps de Charlemagne. «
Ein Jahrhundert später konnte unter Philipp dem Schönen dieser
Gedanke schon wesentlich bestimmtere Formen annehmen. Sein juri-
stischer Berater Pierre du Bois — der erste der grossen französischen
Rechtsgelehrten, die ihre Wissenschaft in den Dienst der königlichen
Politik stellten — träumte von der Kaiserkrone und verlangte das ganze
linke Rheinufer für Frankreich. Allerdings liess der hundertjährige
1) Sorel, L'Europe et la Révolution 1887 I.
?) Jansen, Frankreichs Rheingelüste 1883.
1*
Kampf, den die Valois um die Existenz des Königreiches gegen England
führen mussten, zunächst die Möglichkeit einer Gebietserweiterung
zurücktreten. Die Ueberlieferung ging aber trotzdem nicht verloren;
dès que la guerre d’independance fut terminée, la guerre des limites
commença: la tradition ne s’en était pas perdue«!). Sobald die Un-
abhängigkeitskriege siegreich durchgefochten waren, begann wieder der
Kampf um die Grenzen, der sich jetzt notwendig gegen Osten, gegen
Deutschland richten musste; denn nur dorthin konnte sich Frankreich
ausdehnen, nachdem es auf allen andern Seiten, an den Pyrenäen, dem
Meere, den Alpen seine natürlichen Grenzen gefunden hatte. Und dort-
hin, nach Austrasien wies die nie erloschene, durch die Sage lebendig
erhaltene Tradition vom Weltreiche des grossen Karl’).
Ein deutscher König selbst ist es gewesen, der den Franzosen
zum ersten Male die Möglichkeit gegeben hat, ihre Ansprüche in die
That umzusetzen. Die Unterstützung von 7000 Mann, die König
Friedrich II. von Karl VII. von Frankreich gegen die Schweizer for-
derte, gab diesem den Vorwand, 1444 ein Heer von 40000 Söldnern
unter seinem Sohne, dem spätern Könige Ludwig XI. zu entsenden,
das nach dem Siege bei St. Jacob an der Birs sich im Elsass festsetzte *).
Gegenüber den Vorstellungen deutscher Gesandten erklärte der Dauphin
zu Altkirch: »er wolle nur etliche Gebiete zurückerobern, die von Alters
her zu Frankreich gehört und sich dem schuldigen Gehorsam wider
xecht entzogen hätten«. Gleichzeitig erliess Karl VIL, den Herzog
Renatus von Lothringen zu Hülfe im Kampfe gegen die Reichsstädte
gerufen hatte, ein Manifest, das seine Ansprüche unzweideutig zum
Ausdruck brachte: »er sei an die Grenzen der Herzogtümer Bar und
Lothringen gekommen, um verschiedene Länder, Herrschaften und Städte
diesseits des Rheines, welche von Alters her zur Krone Frankreichs
gehört hätten und derselben entfremdet worden wären, wieder unter
ihre Botmässigkeit zurückzubringen«e. Wie entschieden damals die
französische Krone diesem Ziel entgegenging, wie skrupellos sie ander-
seits in der Wahl der Mittel war, geht aus einem Schreiben hervor,
welches der damalige Königliche Sekretär Aeneas Sylvius Piccolomini
an den Pronotar Johann Guis richtete: »Postquam Delfinus Bellegardi
Montbeliardi potitus est, famam undique sui adventus publicavit, sed
non uno modo apud omnes; apud aliquos namque se in auxilium no-
1) Sorel I, Seite 253.
*) Die Kämpfe Frankreichs um Flandern bleiben in Rücksicht auf den
besonderen Gegenstand der Arbeit hier unberücksichtigt.
°) v. Kraus, Deutsche Geschichte im Ausgange des Mittelalters 1899 I, S. 133 ff.
— 9) —
bilitatis venisse praedicabat, tamquam si Germani per communitates esset
oppressa; apud alios vero vocatum se dicebat per Romanorum regem
contra Suitenses ; nonnullis autem se velle vindicare jura domus Franciae
asseverabat, quae usque ad Rhenum protendi dicebat. Ex hac causa
urbem Argentinam obsessurum se affırmabat').« Der Erfolg war aber
nur ein vorübergehender. Epinal zwar begrüsste damals den König
von Frankreich als Landesherrn, Toul und Verdun mussten wenigstens
vorläufig, unbeschadet ihrer Stellung zum Reiche, die französische
Schutzherrschaft anerkennen. Der angekündigte Handstreich auf Strass-
burg misslang aber, die berüchtigten Söldnerscharen der Armagnaken
räumten 1445 das Elsass, und Metz wahrte in tapferem Kampfe seine
Unabhängigkeit.
Bedeutungsvoller als das an sich ziemlich ergebnislose Vordringen
Frankreichs ist für uns die Begründung, die es dafür suchte. Jean
Raboteau, der Präsident des Pariser Parlements, erwiderte den Metzern,
die sich auf ihre Privilegien beriefen, er werde ihnen »aus Urkunden
und Chroniken« den Nachweis liefern, dass ihre Stadt von Alters her
unter der Souveränität der Krone Frankreichs gestanden habe ?). So
sing schon damals das Recht jene Verbindung mit der Gewalt ein, die
Lothringen im 17. Jahrhundert durch die Reunionen verhängnisvoll
werden sollte. Und nicht nur das Recht, die Wissenschaften überhaupt
dienten der Förderung der französischen Interessen; im Zeitalter des
Humanismus lieferten Caesar, Strabo, Tacitus, wie Sorel geistvoll aus-
führt, willkommene Belege, den Rhein als die uralte Grenze Galliens
segen die Germanen zu beanspruchen.
Mit Sicherheit war daher zu erwarten, dass die nächste günstige
Gelegenheit zur Wiedergewinnung der alten Grenzen benutzt werden
würde; eine solche bot sich, als Deutschland durch die Religionswirren
und die daraus entstandenen inneren Kriege veruneint und geschwächt
war; allgemein bekannt sind jene Ereignisse des Jahres 1552, bei denen
wiederum deutsche Fürsten dem Könige von Frankreich die Gelegenheit
boten, dem Reiche schweren Schaden zuzufügen *). Die protestantischen
segen Karl V. verbündeten Fürsten mit Kurfürst Moritz an der Spitze
schlossen am 15. Januar 1552 mit Heinrich II. den Vertrag von Cham-
bord, in dem ihm in einer allerdings zweideutigen Form die Schutz-
herrschaft über die Städte Cambrai, Metz, Toul und Verdun überlassen
wurde. Der wichtigste Abschnitt im deutschen Texte des Vertrages
1) Chmel, Geschichte Kaiser Friedrichs IV. 1843 II, S. 284, Anm.
2) Sorel I, S. 256.
3) Ueber Heinrichs II. einsetzende Bemühungen um Toul s. de Pimodan, La
réunion de Toul à la France 1885, S. 13 ff.
BE ie
lautet!): »Es wird für gut erachtet, dass die Königliche Majestät zu
Frankreich auf’s allerförderlichste die Städte, so zum Reiche von Alters
her gehört, und nicht deutscher Sprache sind, als Cambrai, Toul in
Lothringen, Metz, Verdun, und was derselben mehr wären, ohne Verzug
einnehme, und sie als ein Vikarius des heiligen Reiches, zu welchem
Titel wir seine Königliche Majestät zukünftig zu befördern geneigt sind,
innehabe und behalte, doch vorbehalten dem heiligen Reich seine Ge-
rechtigkeit so es auf dieselben Städte hat, damit sie also wieder aus
des Gegenteils Händen gebracht ?).«
Der mehr bekannte französische Text des Vertrages lautet: »On
trouverait aussi bon que ledit Seigneur (Henry II) s'impatronisät le plus
tôt possible qu'il pourrait des villes qui appartiennent d'ancienneté à
l'empire et qui ne sont pas de langue germanique, savoir de Cambrai,
Toul en Lorraine, Metz, Verdun et autres, et qu'il les garde comme
vicaire de l'empire, auquel titre nous sommes prêts de le promouvoir
à l'avenir, en réservant toutefois audit empire les droits qu'il peut avoir
sur lesdites villes ?).
Durch diesen Vertrag erlangte Frankreich dem Reiche gegenüber
gar keinen Rechtstitel, da die Fürsten zu einer derartigen Abmachung in
keiner Weise berechtigt waren; überhaupt ist die Art der französischer-
seits erlangten Herrschaft völlig unklar und war es den Beteiligten
im Reich und in Frankreich selbst. Deutlich geht für uns aus dem
Wortlaute des Vertrages nur das hervor, dass er nur die Reichsstädte,
nicht aber auch die reichsständischen Bistümer betraf, aber, soweit
wir sehen, ist dieser Unterschied damals in Deutschland selbst gegen-
über den französischen Uebergriffen nicht scharf betont worden.
Dem Vertrage war alsbald die Besetzung der Reichsstädte durch
Heinrich II. gefolgt. Am 12. April 1552 hielt er seinen feierlichen Einzug
in Toul, das ihm wie später am 12. Juni Verdun freiwillig die Thore
öffnete; am 18. April betrat er Metz, das durch Ueberrumpelung und
Verrat gewonnen werden musste. Der Versuch Karls V. im folgenden
Winter Metz zurückzuerobern scheiterte vollständig; seitdem ist von
seiten des Reiches ein Unternehmen, mit bewaffneter Macht das Ver-
7) Die angeführten Stellen sind, soweit es nicht auf die angewendeten Aus-
drücke besonders ankommt, in der ganzen Arbeit in die heutige deutsche und
französische Schreibweise übertragen.
*) Urkunde im Dresdener Haupt-Staats-Archiv, abgedruckt bei v. Druffel,
Beiträge zur Reichsgeschichte 1882 III, S. 340.
») Dumont, Corps diplomatique 1726 IV, T. 3, S. 31. Die unfranzösische
Wendung: >On trouverait aussi bon« trägt den Charakter der Uebersetzung, so
dass der deutsche Text der ursprüngliche sein dürfte.
lorene wiederzugewinnen nicht mehr zustande gekommen. Die weit-
verbreitete Erzählung, dass damals auch ein Anschlag auf Strassburg
geplant, aber gescheitert sei, ist von Holländer in das Reich der Legende
verwiesen worden !).
Wie sich in den folgenden Jahrzehnten bis auf Heinrich IV. die
Geschicke jener Gebiete gestaltet haben, ist im einzelnen noch keines-
wegs aufgehellt und kann hier nur in Hauptzügen angedeutet werden.
Sicher ist zunächst, dass Frankreich das Protektorat über die Städte
stillschweigend in ein solches über die Bistümer umzuwandeln suchte?),
und in der Zeit der Reunionen annahm, dass ein solches schon damals
thatsächlich bestanden habe; die Kammer von 1679 entnahm daraus
den Vorwand, alle nach 1552 von den Bischöfen ohne Zustimmung
des französischen Königs als Protektors abgeschlossenen Verträge für
ungültig zu erklären. Schon der Vertrag, durch den der Metzer Bischof
Franz von Beaucaire die thatsächlich längst nicht mehr vom Bistum
ausgeübten weltlichen Hoheitsrechte über Metz 1556 den Franzosen
abtreten musste, liess über die Richtung der französischen Politik keinen
Zweifel?). Eine sehr deutliche Sprache redete ferner die Besetzung
der Festung Marsal 1555 und der Stadt Albesdorf 1564, beide im Fürst-
bistum Metz, durch französische Truppen. Bezeichnend auch für die
zweifelhafte Stellung der Bistümer ist es, dass 1561 bei der Abtretung
der bischöflichen Herrschaft Delme an das Herzogtum Lothringen der
Bischof von Metz es für nötig hielt, die Zustimmung des Königs von
Frankreich einzuholen. Allerdings hat es mit diesen Abtretungen von
seiten der Bistümer an das Herzogtum eine eigne Bewandtnis. Schon
1546 war vom Bistum Verdun ein erheblicher Teil seines Besitzes an
den Herzog abgetreten worden, und 1561 und 1564 fanden erneute
Verhandlungen statt. 1550 war sogar die Abtretung aller Temporalien
geplant, wurde aber vom König Karl IX. in seiner Eigenschaft als
»vicaire du saint empire et protecteur des trois évêchés< untersagt").
In Toul schloss am 6. März 1562 der Bischof Toussaint d'Hocédy ein
Abkommen, durch das alle Temporalien des Bistums mit allen Souve-
ränitätsrechten an Herzog Karl von Lothringen übertragen werden
1) Holländer, Beiträge zur Landes- und Volkeskunde von Elsass-Lothringen
1889 ILb, S. 52.
?) Ritter, Deutsche Geschichte 1889 I, 5. 94.
3) Sauerland im Jahrbuch der Gesellschaft für Lothringische Geschichte u.
Altertumskunde V b, 5. 188 ff.
1) Weiss, Les papiers du cardinal de Granvella 1852 III, 5. 462. Pimodan, 5. 50;
über das Verhalten des Bischofs von Verdun s. Roussel, Histoire ecclésiastique et
civile de Verdun 1844, S. 11 ff.
11, OU
sollten '); und völlig auf das Gleiche lief der Vertrag hinaus, den am
13. September 1571 der Bischof von Metz mit dem Herzog einging.
Nirgends allerdings ist es zu ihrer Ausführung gekommen, jedenfalls
weil Frankreich seinen durch die Macht gestützten Widerspruch dagegen
erhob. Aber auf den Gegensatz der Interessen werfen diese Dinge ein
helles Licht. Auf der einen Seite fürchteten offenbar die Bischöfe,
hülflos dem Vorgehen der Franzosen zum Opfer zu fallen; auf der
andern erkannten die Herzöge, dass sie nach der Erwerbung der Bis-
tümer durch Frankreich ihre Selbständigkeit nicht länger würden wahren
können. Unter diesem Gesichtspunkte sind offenbar ihre Versuche zu
verstehen, ebenso die weltlichen Hoheitsrechte der Bistümer an sich
zu bringen, wie die drei Bischofsstühle durch Mitglieder des Herzogs-
hauses zu besetzen ?). Eine eigentümliche zweideutige Stellung zwischen
der Krone Frankreich, den Herzögen und den Bischöfen haben die
Kardinäle aus dem lothringischen Hause innegehabt. Die Auffassung
der Franzosen sowohl von den oben besprochenen Abtretungen an das
Herzogtum wie von ihrem Protektorat über die Bistümer beleuchtet
ein Schreiben Katharinas von Medici?) vom 13. Oktober 1564, dem-
zufolge aus Metz an den Hof berichtet wird: »que des terres depen-
dantes de l'évêché et territoire du dit Metz et pays Messin ainsi que
de Toul, Verdun et abbaye de Gorzes qui sont toutes en la protection
du roi mon fils, mon cousin le cardinal de Lorraine et les évêques en
ces dits lieux font tous les jours plusieurs démembrements, nouvelles
infeudations et changements qui altèrent la nature des dites terres et
des principaux fiefs et membres de celles auxquels ils font changer de
main au grand préjudice de la dite protection et dommage des villes
que nous y tenons.
Das Reich war, dank seiner inneren Zerrissenheit nicht imstande, in
die Entwicklung der lothringischen Zustände irgend einzugreifen ; wohl
wurde der Verlust der Städte aufs bitterste empfunden, wohl sahen
weiterblickende Männer voraus, dass der Fall der Städte den Uebergang
der Bistümer an Frankreich nach sich ziehen müsse, was den Verlust
um so tiefer empfinden liess. Allenthalben hatte sich in patriotischen
Herzen der Wunsch geregt, diese Lande nicht dauernd aufzugeben *).
So berichtet der kurbrandenburgische Rat Christoph von der Strassen
am 20. April 1553 an seinen Herren: »Der Franzose lässt Metz bauen
1) Pimodan, S. 46 ff.
°) Ritter, Deutsche Geschichte I, S. 443.
3) Lettres de Catherine de Médicis 1885 II, S. 229,
*) Menzel, Wolfgang von Zweibrücken 1893, 5. 198 ff,
BERN... Due
und verproviantieren. Desgleichen lässt er Verdun und Toul auch be-
festigen und etliche Oerter in Lothringen, ohne Zweifel in der Meinung,
sie zu behalten. Was mit der Zeit daraus folgen will, das gebührt Euch
Herren und Säulen des hl. Reichs zu betrachten. Denn, so er diese
Lande behält, so ist er der deutschen Nation mächtig bis an den Rhein,
wann er will: und so er Strasburg einbekäme, so nimmt er den Rhein-
strom bis an Cöln inclusive überhaupt ein; alsdann möget Ihr andern
extra Rhenum auch sehen, was folgen wird !).«
Keine Reichsversammlung verging, ohne dass von irgend einer
Seite die Zurückgabe der Städte ans Reich angeregt wurde ?); immer
aber erhoben sich auch Stimmen, »man solle sich befleissen, Frankreich
nicht vor den Kopf zu stossen« ; und immer fehlte es an Kraft zu einem
entscheidenden Entschlusse. Endlich regte 1559 Kaiser Ferdinand I.
selbst an, Verhandlungen über die drei Städte einzuleiten ; nach manchen
Weiterungen wurde eine Gesandtschaft abgeordnet, die indessen erst
nach Heinrichs II. Tode im Januar 1560 bei seinem Nachfolger Franz II.
in Blois eintraf. Den Gesandten war allerdings in ihrer Instruktion
gesagt, mit aller Entschiedenheit aufzutreten: »man möge nicht glauben,
der Kaiser und die Stände würden es bei Drohungen bewenden lassen ;
im Gegenteil, bei nächster Gelegenheit, dass der Franzose auf seinem
Raube zu beharren Miene mache, an stärkere und entschiedenere Mittel
denken, um die abgedrungenen Stifter und Städte dem Reiche zurück-
zubringen?).«c Der Erfolg entsprach aber keineswegs diesen kühnen
Worten; die Gesandtschaft wurde zwar von dem jungen Könige Franz Il.
ehrenvoll empfangen, musste sich aber mit dem Bescheid begnügen,
dass der König zu dem nächsten Reichstage eine Gesandtschaft ab-
schicken und seine Rechte und Ansprüche auf die lothringischen Reichs-
städte und Bistümer darlegen werde. Wichtig ist, dass in den beider-
seitigen Kundgebungen auch die Stifter als verloren angesehen werden,
Allein man wusste in Frankreich zu gut, dass vom Reiche nichts zu
fürchten sei, so dass jene Gesandtschaft ebenso erfolglos blieb wie eine
Botschaft Ferdinands I. im Februar 1563, deren Bedeutung durch Ge-
rüchte erhöht wurde, dass in Deutschland gerüstet werde, um die Städte
1) v, Druffel-Brandi, Beiträge zur Reichsgeschichte 1896 IV, 5. 121. —
s. ebenda S. 378, 565, 680, über Verhandlungen in den Jahren 1554 und 1555.
?) Kluckhohn, Briefe Friedrichs des Frommen 1868, 5. 55.
3) Scherer, Der Raub der Bistümer Metz, Toul und Verdun in Raumers
Hist. Taschenbuch. Neue Folge III 1842, S. 370. Ueber den Versuch Frankreichs
die Reichsstandschaft zu erhalten s. Goetz, Briefe und Akten zur Geschichte des
16. Jahrh. V, S. 158.
— 10 —
wieder zu erobern') Im Reiche sah man daher schon damals den
Verlust auch der Bistümer als endgültig an, so dass 1566 eingehend
die Frage erörtert wurde, ob die drei lothringischen Bischöfe noch fürder-
hin im Fürstenkollegium zugelassen werden könnten ?). Die schliesslich
im Sinne einer beschränkten Zulassung entschiedene Frage war auch
deshalb wichtig, weil die katholische Curie durch den Ausschluss der
Bischöfe drei Stimmen verloren hätte.
Immer wieder ward auf den Reichstagen von seiten des Kaisers
vorgeschlagen, Schritte zum Wiedererwerb der drei Städte zu thun?);
aber immer waren es die Stände, die, von den verschiedensten Inter-
essen geleitet, ein einheitliches Vorgehen unmöglich machten. Selbst
die Anregungen, die aus den usurpierten Gebieten kamen, blieben nach
dieser Richtung hin erfolglos. Dort hatte zunächst die Geistlichkeit und
die Bürgerschaft zum Teil sich der französischen Schutzherrschaft
freundlich gezeigt; aber als diese mehr und mehr der Rechte ihrer
Selbstverwaltung beraubt wurde, und als jene auf die Vorteile des
germanischen Concordats verzichten sollte, das im Gegensatz zum galli-
kanischen das Wahlrecht der Kapitel gewährleistete, da suchten beide
die Beziehungen zu Deutschland fester zu knüpfen. Doch das Reich
war nicht imstande, ihnen gegen Frankreich Schutz zu gewähren.
Einzelne Fürsten traten dagegen dem Gedanken nahe, die Städte
Frankreich zu entreissen und sie durch Eroberung für sich selbst doch
zugleich Deutschland wieder zu gewinnen. Ein dahin zielender Vorschlag
des. Herzogs Christoph von Würtemberg aus dem Jahre 1559 blieb
ohne Folgen *). Weit ernsthafter waren die Pläne des Pfalzgrafen Wolf-
sang zu Zweibrücken, der mit anderen protestantischen Fürsten, sich
den Hugenotten verbindend, als Preis für ihre Unterstützung die Ueber-
gabe von Metz, Toul und Verdun forderte’). Wie man immer sonst
über Wolfgang urteilen möge, das ist ihm sicher zur Ehre anzurechnen,
dass er die Schmach, die dem Reiche angethan war, bitter empfand
und an seinem Teile darauf ausging, die Städte und Stifter Metz, Toul
") Ritter I, S.251; Lettres de Catherine de Médicis 1885 I, S. 504 f., II, S. 166;
es handelte sich um die unten erwähnten Kriegsvorbereitungen der protestantischen
Fürsten, vor allem des Pfalzgrafen Wolfgang.
2). Scherer, S. 379.
#) Scherer, S. 390 ff.; Nuntiaturberichte, 3. Abteilung II, S. 390.
*) Goetz, Briefe und Akten zur Geschichte des 16. Jahrhunderts 1898 V,
S. 158; über den Plan des Barons von Bollweiler, Metz für den Kaiser zu
erobern, s. Weiss IX.
°) Das wird man mit Ritter I, S. 417 f. in Rücksicht auf Mémoires de Michel
de la Huguerie sicher sagen dürfen.
RL:
und Verdun wieder an das Reich zu bringen'). Die 1563 nach Frank-
reich gemeldeten Rüstungen wurden wieder eingestellt; erst während
des dritten Religionskrieges brach Wolfgang 1563 an der Spitze eines
Heeres in Frankreich ein, doch nur um dort bald den Tod zu finden.
Vergeblich hatte Maximilian II. ihn zurückzuhalten versucht; Wolfgang
wies die Vorstellungen seines Boten Zott von Perneck mit Worten
zurück, aus denen eine Vorahnung der späteren Reunionen zu sprechen
scheint. Er wies darauf hin, welch’ grossen Schaden das Reich und
‘insbesondere die benachbarten Stände erlitten hätten, seit der König
von Frankreich die Bistümer inne habe; »es würden auch die Fran-
zosen gar nicht feiern, je länger je mehr festen Fuss in Deutschland
zu fassen und die diesseits des Rheines gelegenen Länder
mittels solcher drei Stifter und Städte, die stets mit Kriegs-
volk besetzt und gewaltig befestigt wären, unter ihre Gewalt
zu bringen, wofern ihnen nicht in Zeiten begegnet würde«. Man könne
solches auch nicht undeutlich daraus abnehmen, weil der Herzog von
Aumale dem Herzog von Lothringen einen Tausch seiner Herzogtümer
Lothringen und Bar gegen ebensoviel Land in Frankreich angetragen
habe?). Hatte sich Wolfsang trotz aller seiner Irrwege den Sinn für
Deutschlands Ehre gewahrt, so ist davon keine Spur in dem Verhalten
Casimirs, des Sohnes des Kurfürsten Friedrich III. von der Pfalz, in
seinem Vertrage mit den Hugenotten zu finden. Als er sich ihnen 1574
verband), forderte er von Condé im Falle des Sieges die weltlichen
Herrschaften der drei Bistümer*) und die Stelle eines Gouverneurs in
den drei Städten, natürlich unter französischer Hoheit! Im Frieden
allerdings musste er von diesen Forderungen absehen.
Noch einmal hat schliesslich der Herzog von Lothringen in seinem
Kampfe gegen Heinrich IV. 1591 in Deutschland Stimmung dafür zu
machen versucht, dass man ihm, nach der Eroberung der drei Städte,
erlaube, sie im Namen des Reichs in Besitz zu nehmen; er werde be-
reit sein, sie als Lehen vom Reiche zu erkennen); aber die allgemeine
Anerkennung Heinrichs zwang die Guisen und mit ihnen Herzog Karl IH.
zum Frieden, in welchem ihm als französischem Gouverneur die Städte
Toul und Verdun zugestanden wurden.
1) Menzel, S. 316.
?) Menzel, S. 317.
3) Ritter I, S. 442 ff.
#) Der Herzog von Lothringen sollte für die von ihm erhobenen Ansprüche
in Frankreich entschädigt werden. — De la Huguerie I, S. 319.
5) Stieve, Briefe und Akten zur Gesch. des 30jähr. Krieges IV, S. 25 fi.
Se Dr Nee
Mit dem Aufschwunge der französischen Macht unter Heinrich IV.
war endgültig die Zeit verstrichen, wo die unter dem französischen
Schutz stehenden Gebiete dem Reiche wieder hätten gewonnen werden
können. Sehr bezeichnend für die Beurteilung, welche die französische
Politik bei den Zeitgenossen fand, ist der Bericht des päpstlichen Nuntius
Minutio Minucei von 1583, »ogni re di Francia, quando vien incoronato,
siura d’impiegare tutto lo studio e tutte le forze sue per ridurre sotto quella
corona tutta la parte dello tratto Renano, qu'altre volte appartenne al nome
francese«'). Sie endgültig Frankreich zu sichern, that Heinrich IV. einen
entscheidenden Schritt, indem er jetzt ohne jede Rücksicht auf das Reich
die Annexion der Bistümer in Angriff nahm und sich dazu den Beistand
des Papstes sicherte. Als er im Jahre 1593 unter Anwendung des franzö-
sischen Concordates den Herzog Erich zum Bischof von Verdun nominiert
hatte, protestierte das Kapitel und suchte bei Kaiser und Papst sein durch
das deutsche Concordat gewährleistetes Wahlrecht zur Anerkennung zu
bringen. Der Geschicklichkeit des französischen Gesandten in Rom ge-
lang es, einen den geschichtlichen Thatsachen spottenden, die franzö-
sischen Ansprüche in vollem Masse bestätigenden Entscheid zu erwirken.
Die päpstliche Rota entschied im Jahre 1601 — so berichtet der Kar-
dinal d’Ossal am 22. Dezember 1601 — »que le pays Messin n’est point
compris ès concordats d’Alemagne comme aussi les géografes ni la
commune facon de parler d’aujourd’hui ne mettent point les villes de
Metz, Toul et Verdun en Allemagne; ains anciennement, on les mettait
en Gaule, et maintenant en Lorraine«?). Nur soweit hatte man auch
in Rom nicht gehen wollen, dem König die Verleihung sämtlicher Lehen
der drei Bistümer zu gestatten. Immerhin konnte Heinrich 1603 allen
Nicht-Franzosen den Besitz von Lehen in ihnen verbieten und damit
zugleich sämtliche Kanoniker zur Naturalisation zwingen. Unter welchen
Umständen es Heinrich IV. gelungen ist, die Bistümer völlig seinem
Staate einzuverleiben, ist noch nicht hinreichend geklärt. Hier kann
als sicheres Ergebnis nur verzeichnet werden, dass er schon 1601 in
Verdun und Toul von Bischof, Kapitel und Bürgerschaft einen Treueid
forderte und erhielt, der den »Seigneur protecteur« nunmehr alle Rechte
des Souverains geniessen liess. Dieser Eid wurde überall auch
für die Vasallen geleistet, was für die Beurteilung der
Reunionen wichtig ist. Nur der Bischof von Toul verweigerte
Heinrich IV. den Titel »seigneur« und wahrte in seinem Eide seine
') Nuntiaturberichte aus Deutschland 1894, 3. Abt. II, S. 623.
?) Pimodan, S. 239.
Re
Pflichten gegenüber dem Kaiser, aber sein Nachfolger Porcellets konnte
1608 diese Clausel nicht mehr aufrecht erhalten.
In dem Eide, der in Verdun 1601 geleistet wurde, ist die Schutz-
herrschaft Frankreichs bis in die Regierung Ludwigs X. ins Jahr 1314
zurückgeschoben worden'). Bei Metz endlich gab die Erledigung des
bischöflichen Stuhles 1609 erwünschte Gelegenheit zu einem Erlass,
dass die Verwaltung im Namen des Königs zu führen sei. Maria
v. Medici folgte nur dem Wege, den ihr Gatte gewiesen hatte, als sie
sich 1613 von dem jungen Bischof Karl von Lothringen und 1614 von
den Bistumsverwesern den Eid der Treue schwören liess. Die Ver-
waltung des Bistums Metz führte zur Zeit für den minderjährigen
Bischof ein Ausschuss von 6 Mitgliedern des Domkapitels; erst nach
langem Widerstreben, unter Berufung auf ihre Verpflichtung, dem Kaiser
und Reiche die gelobte Treue zu bewahren, leisteten diese dem Gouver-
neur, Herzog von Epernon, den geforderten Treueid. Das Protokoll ist
am 10. Januar 1614 ausgefertigt und nur von 3 Mitgliedern des Dom-
kapitels unterzeichnet?). Das hierbei angewendete Formular ist in der
Hauptsache mit den in Toul und Verdun geleisteten Eiden überein-
stimmend, also nicht wie Sauerland meint, von den Metzern, sondern
in Frankreich aufgesetzt.
Unmittelbar nach Unterzeichnung des Protokolles erhoben jedoch
die Bistums-Verwalter in Paris und Rom Remonstrationen beim Papste
durch Vermittlung des Bischofs von Speier unter der Versicherung,
dass alle Bewohner des Bistums einstimmig gegen die Annexion pro-
testierten »et quod quidem simulac pervenit ad notitiam dominorum
meorum a consiliis intimis, vassallorum, officiatorum et subditorum,
illic omnes unanimi consensu protestati sunt.« Einen Erfolg
konnten diese Schritte naturgemäss nicht haben, ebensowenig wie eine
Eingabe, welche die Bewohner der bischöflichen Haupt- und Residenz-
Stadt Vie in gleichem Sinne bei dem Herzoge Heinrich II. von Loth-
ringen machten. Besonderes Interesse verdient aber die Er-
wähnung der Vasallen des Bistums in obigem Proteste, da
hiernach auch der Uebergang dieser an Frankreich voraus-
gesetzt wird. Für die Auffassung der späteren Reunionen ist dieser
Vorgang von hoher Bedeutung.
Mit dem Verbot der Appellation an das Reichskammergericht nach
Speier hatte Heinrich das letzte äussere Band zerschnitten, das die
Bistümer mit dem Reiche verknüpfte. Thatsächlich war bei seinem
1) Roussel, Preuves, S. 77.
2) Sauerland, S. 191.
— 4 =
Tode die Annexion der Bistümer vollzogen, die Frankreich seit mehr
als einem halben Jahrhundert vorbereitet hatte, wenn sie auch recht-
lich in keiner Weise begründet noch weniger aber anerkannt war und
noch in den folgenden Jahrzehnten gelegentlich von kaiserlicher Seite
Belehnungen der Bischöfe vorgenommen wurden!). Nur zu gut hatte
Herzog Julius von Braunschweig die französische Politik beurteilt, als
er in der kräftigen Sprache seiner Zeit äusserte?): »Metz, Toul, Ver-
dun und andere vornehme Stücke mehr, die dem Reiche abgezwackt
wurden, bezeugten genugsam, dass, was die Krone Frankreich einmal
in die Klubbe bekäme, solches auch bisher behalten habe.«
Die Schutzherrschaft über die Städte hatte bei der Schwäche des
Reiches den Franzosen sofort die Möglichkeit gewährt, sich auch Rechte
über die Bistümer anzumassen; die Erfolge Heinrichs IV. und seine
weitschauende Politik, die auch die Kurie seinen Plänen zu gewinnen
wusste, hatte die thatsächliche Vereinigung der Bistümer mit Frank-
reich erreicht.
IE
Die Gefährdung des Herzogtums Lothringen.
Die Erwerbung der drei Städte Metz, Toul, Verdun und die Aus-
dehnung der Schutzherrschaft auf die Bistümer waren die ersten erfolg-
reichen Versuche Frankreichs, in Lothringen festen Fuss zu fassen.
Aber niemand gab sich einem Zweifel darüber hin, dass sie nur den
Hauptschlag vorbereiten, die Operationsbasis dafür abgeben sollten,
das ganze Herzogtum Lothringen Frankreich einzuverleiben. Das Ver-
halten der lothringischen Herzöge in der zweiten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts zeigt, dass sie die ihnen drohende Gefahr erkannt haben.
Und in der That genügt ein Blick auf die Karte, um die innere Not-
wendigkeit der französischen Politik zu würdigen. Die Bistümer bildeten
ja nichts weniger als in sich abgeschlossene Gebiete; ihr Besitz, ins-
besondere derjenige von Metz war vielmehr manigfach zersplittert
und lag enclavenartig innerhalb des Herzogtums Lothringen. Nicht so-
wohl die Bistümer als vielmehr die herzoglichen Länder bildeten im
Nordosten die Grenze Frankreichs. Die gefährdete Lage des Herzog-
tums nach Erwerbung der Bistümer durch Frankreich lässt sich nicht
besser ausdrücken, als von einem neuern französischen Schriftsteller
1) Scherer, S. 398.
*) Haeberlin, Neueste deutsche Reichsgesch. 1782 XIII, S. XLVI. XLVI.
geschehen: »La conquête des trois &vöches, en réveillant toutes les
ambitions de la France et en lui donnant une base d'opération solide
pour ses entreprises vers l’est, rendit la situation de la Lorraine très
précaire !).«
Werfen wir daher zunächst einen Blick auf die derzeitigen Ver-
hältnisse des Herzogtums.
Man weiss, wie Lothringen — regnum Lotharii, wie es die älteren
Urkunden nennen — erst im Laufe des 10. Jahrhunderts nach heftigem
Ringen mit den westfränkischen Königen dem deutschen Ostreiche zu-
gefallen ist. Seit dem 11. Jahrhundert wurde es endgültig in die beiden
Herzogtümer Ober- und Niederlothringen geschieden; bald blieb aber-
nur jenem, das sich zwischen dem oberen Laufe der Maas und der
Mosel ausdehnte, der Name des Herzogtums Lothringen. Wie überall
in Deutschland, so zersplitterten auch hier die schon durch die Teilung
zerrissenen Landschaften des einstigen Stammes-Herzogtums; vor allem
schieden die drei geistlichen Gebiete aus. Indem den Herzögen hier
nur vereinzelte und nahezu bedeutungslose Ehrenvorrechte blieben,
wurden sie auf ein territoriales Fürstentum beschränkt, das von mäch-
tigen Nachbarn umgeben, eine bedeutendere Rolle in der deutschen
Geschichte nicht zu spielen vermochte. Eine Aenderung hierin trat
erst durch die Vereinigung Lothringens mit dem Herzogtum Bar im
15. Jahrhundert ein; die Grafschaft Bar, wie die Bistümer ‘schon früh
aus dem oberlothringischen Herzogtum ausgeschieden, und wie dieses
unmittelbar dem Reich unterstehend, fiel als Nachbarin der Champagne
zuerst der wachsenden französischen Macht zum Opfer. Graf Heinrich
von Bar war in dem Kampf König Adolfs mit Philipp dem Schönen
von diesem gefangen worden und musste, um die Freiheit zu erlangen,
1301 die westlich der Maas gelegene Hälfte seiner Grafschaft von
Frankreich zu Lehen nehmen. Seitdem wird von den Franzosen dieser
Teil, mit der Hauptstadt Bar-le-Duc, als Barrois mouvant von dem
nicht von Frankreich lehnsrührigen Barrois non mouvant auf dem
rechten Maasufer geschieden. Die Grafen enger dem Reiche zu ver-
knüpfen, wurde 1354 Graf Robert von Bar durch Karl IV.?) zum Reichs-
fürsten und Markgrafen von Pont-à-Mousson erhoben. Seil eben jener
Zeit nennt er sich Herzog von Bar, anscheinend ohne diesen sehr bald
allseitig anerkannten Titel durch besondere Verleihung sei es des
deutschen, sei es des französischen Herrschers erhalten zu haben”).
3) Mathieu, L'ancien régime dans la province de Lorraine et Barrois, S. 19.
2) Böhmer-Huber, Regesta imperii 1677 VII, Nr. 1808.
3) Fitte, in den Beiträgen zur Landes- und Volkeskunde von Elsass-Loth-
ringen 1891 III, Heft 14, 5. 9.
SNA
Der später als »der gute König René< berühmt gewordene Herzog
Renatus I. von Anjou und Bar, ein Prinz des französischen Königs-
hauses, war mit der Prinzessin Isabella, Tochter Herzogs Karl II. von
Lothringen, verheiratet; da dieser keinen Sohn hinterliess, wurde Renatus
1431 unter Zustimmung der Stände und des ganzen Volkes beider
Gebiete zugleich Herzog von Lothringen'). Aber auch sein Geschlecht
starb 1473 mit Herzog Nicolaus aus; die vereinigten Herzogtümer gingen
an den Grafen Renatus von Vaudémont über, der der Ehe des Grafen
Friedrich von Vaudémont mit Prinzessin Jolanthe, Tochter Renatus I.
entsprossen, in männlicher und weiblicher Linie der berechtigte Thron-
folger war. In der Hand dieses Geschlechts sind beide Herzogtümer
bis zu ihrer Abtretung an Stanislas Leszynski im Jahre 1738 geblieben ;
eine Verschmelzung der beiden Gebiete fand aber ebensowenig statt,
wie eine Ablösung des Lehensverhältnisses des Barrois mouvant von
Frankreich.
Es ist hier nicht darauf einzugehen, welche bedeutsame Rolle
Herzog Renatus Il. von Lothringen-Bar in der Zeit der Burgunderkriege
gespielt hat; an den Mauern seiner Hauptstadt Nancy hat Karl seinen
Tod gefunden. Wir dürfen hier auch nicht bei dem interessanten Ab-
schnitt der lothringischen Geschichte verweilen, in dem zu schildern
wäre, wie sich das Land unter der Regierung tüchtiger Fürsten erholte
und im Laufe eines halben Jahrhunderts zu einem Staatswesen ent-
wickelte, dessen Bündnis den Nachbarn im hohen Grade begehrens-
wert erscheinen musste. In jener Zeit ist die Verwaltung des Landes
in der Weise geordnet worden, wie sie uns später in der Zeit der
Reunionen entgegentreten wird, so dass wir auf sie hier einen Blick
werfen müssen. Waren die verschiedenen Teile des Herzogtums, Loth-
ringen, Barrois non mouvant, Barrois mouvant auch nicht miteinander
verschmolzen, so war die Verwaltung in allen doch gleichmässig ge-
ordnet. Ueber die administrative Einteilung Lothringens sind wir durch
das »Denombrement du duché de Lorraine en 1594«?) des Präsidenten
der herzoglichen Rechenkammer Thierry Alix, seigneur de Veroncourt,
gut unterrichtet.
Dieser merkwürdige Mann, auf dessen Arbeiten weiterhin noch
zurückzukommen sein wird, war geboren zu Deneuvre im Jahre 1530,
und brachte es vom Aktuar und Gerichtsschreiber bis zu der genannten
hohen Stellung und Würde. Ausser dem angeführten statistischen Werke
') Näheres über die Vereinigung und zeitweise wieder erfolgte Trennung
beider Herzogtümer s. bei Mourin, Récits lorrains 1895, S. 86 ff.
‘) Gedruckt in Recueil de documents sur l’histoire de Lorraine 1870 XII.
verfasste er noch eine Urkundensammlung für Lothringen (Cartulaire
de Lorraine), ein Kolossalwerk, von dem 86 Bände vorliegen, an dessen
Vollendung er aber ebenso wie an der einer General-Karte des Herzog-
tums Lothringen durch den Tod verhindert wurde !).
Nach dem denombrement de Lorraine zerfiel das Land in 8 pro-
vinces oder bailliages, die gleichzeitig Gerichts- und Verwaltungsbezirke
waren’).
1. Nancy, auch Lorraine propre genannt, etwa das Gebiet der
Meurthe,
2. Vosges mit dem Hauptorte Mirécourt, etwa das heutige dé-
partement des Vosges,
3. Allemagne mit Hauptort Wallerfangen bei Saarlouis, später
Saargemünd, der Nordosten des Herzogtums mit überwiegend
deutscher Bevölkerung.
Zu diesen drei auf die älteren Verwaltungsbezirke
zurückgehenden Oberämtern (bailliages) kamen als jüngere
und weniger bedeutende hinzu:
4, die Grafschaft Vaudemont,
. Epinal,
6. Chätel-sur-Moselle,
7. Hättonchätel,
8. Apremont.
Jedem Oberamt unterstanden eine Reihe von Unterämtern (pré-
vötes), die ihrerseits wieder in Mairies (villications) ähnlich den heutigen
Bürgermeistereien der Rheinprovinz zerfielen, je aus einem oder meh-
reren Dörfern bestehend. Selbständig scheinen neben diesen bailliages
die Grafschaften Blämont, Bitsch und Challigny gestanden zu haben,
aber nur hinsichtlich der Verwaltung, während sie im Gerichtswesen
und lehensrechtlich einer bailliage zugewiesen zu sein scheinen. Als
spätere Erwerbungen und vor allem auch wohl aus militärischen
Gründen waren den bailliages nicht eingeordnet die an den Grenzen
des Herzogtums gegen Norden und Osten gelegenen villes ou chätel-
lenies Blamont, Deneuvre, Bitsch, Saarburg, Saaralben, Homburg,
St. Avold, Pfalzburg, Marsal, Spitzenberg und die im heutigen Elsass
1) Boyé in Annales de l'Est XII, 5. 421; eine eingehende Lebensbeschreibung
findet sich im Bulletin de la Société d'archéologie lorraine 1. Serie VIT, 5. 112,
von Lepage.
?) Darmstädter, Die Befreiung der Leibeigenen in Savoyen, der Schweiz und
Lothringen 1897, S. 113 ff.
[Le
ER Re
belesenen Besitzungen. Dazu kam durch Heirat im 17. Jahrhundert
auch die Hälfte der gefürsteten Grafschaft Salm.
Solche Schlossbezirke (chätellenies) waren auch sonst im Lande
vielfach gebildet worden; es waren kleine Militärgouvernements, die
innerhalb der Verwaltungsbezirke eingerichtet waren, um das Land in
der Nachbarschaft eines Schlosses wie dieses selbst zu bewachen und
im Notfalle zu verteidigen. Die Bewohner eines solchen Bezirkes
hatten dem Schlossherrn bestimmte Dienste zu leisten. Oft fielen pre-
voté und chätellenie zusammen; häufig aber waren auch mehrere
Schlossbezirke in einem Unteramt. e
Das unabhängige Bar zählte die 5 bailliages St. Mihiel, Etain,
Pont-à-Mousson, Clermont, Bassigny, jedes mit einer grösseren Zahl
von Unterämtern; das abhängige Bar dagegen bestand nur aus einem
Verwaltungsbezirk, der bailliage Bar-le-Duc mit 5 Unterämtern und der
selbständigen Herrschaft Commercy ').
Abgesehen von der Durchsetzung durch die Gebiete der drei
Bistümer und einige reichsunmittelbare Herrschaften wie die Grafschaften
Nassau-Saarwerden und Kriechingen bildeten die beiden Herzogtümer
im 17. Jahrhundert ein zusammenhängendes Ganze; einige kleinere
Enklaven lagen innerhalb der Bistums-Gebiete und im Elsass; letztere
waren: die Stadt St. Pilt, die Hälfte des Thales von Markirch, vielleicht
aus diesem Grunde noch heute französischer Zunge, und die Herrschaft
teichshofen?). Innerhalb des Herzogtums aber lagen in bunter Mischung
zwischen den herzoglichen prévôtés eine grosse Zahl geistlicher und
weltlicher Gerichtsherrschaften (seigneuries), die, wenngleich der herzog-
lichen Gesetzgebung und Besteuerung, wie auch der Cour souveraine
in Nancy unterstehend, doch mit Feudalrechten verschiedenster Art
ausgestattet waren?). Ungefähr der dritte Teil dieser Seigneuries war
im Besitz des Landesfürsten selbst, ein anderer Teil gehörte deutschen
Reichsfürsten: so die Herrschaft Forbach dem Hause Leiningen-Harten-
berg, die Herrschaft Püttlingen dem Rheingrafen von Salm-Grumbach
und dem Fürsten von Loewenstein-Wertheim, die Grafschaft Mörchingen
den rheingräflichen und drei anderen Fürstenhäusern gemeinsam, meh-
rere kleinere Herrschaften dem Rheingrafen allein.
Wirtschaftlich waren das Herzogtum und die von ihm um-
schlossenen Gebiete in 2 scharf geschiedene Landschaften zu teilen:
das Gebirgsland der Vogesen und die lothringisch-barische Hochebene;
1) Recueil de documents XV, 5. IX.
2) Darmstädter, S. 122 f.
3) Reuss, l’Alsace au 17me siècle 1897 I, S. 522.
von den Erzeugnissen sind für die Territorial- und Lehens-Verhältnisse
besonders bedeutsam geworden die grossen Salzmengen, welche die
lothringische Hochebene lieferte; 1697 wurden in den 3 Salinen zu
Dieuze, Rozieres und Chäteau-Salins rund 110000 Ctr. Salz gewonnen).
Die Grundlage des staatsrechtlichen Verhältnisses des Herzog-
tums Lothringen-Bar zum Reiche bildete der Nürnberger Vertrag vom
26. August 1542, der aber — wie so oft Abmachungen jener Zeit, durch
die strittige Frage aus der Welt geschafft werden sollte — keineswegs
eine klare Rechtslage schuf?). Wir haben schon gesehen, dass
Karl IV. den Grafen von Bar für das Land rechts der Maas zum
Reichsfürsten und Markgrafen von Pont-à-Mousson ernannt hatte. Für
Lothringen ist das älteste urkundliche Zeugnis, das uns über seine Be-
ziehungen zum Reich erhalten ist, die Urkunde, durch die König Alfons
am 14. März 1259 dem Herzog Friedrich III. das Herzogtum als Lehen
des Reiches übertrug — eine Urkunde, durch welche die Lehenshörig-
keit Lothringens über alle Zweifel sichergestellt wird?). Aus späterer
Zeit sind bisher keine Gesamtbelehnungen bekannt geworden; an der
thatsächlichen und rechtlichen Zugehörigkeit des Herzogtums zum
Reiche ist aber bis ins 16. Jahrhundert hinein niemals gezweifelt worden,
und es fehlt nicht an ausreichenden Belegen hierfür, wenn auch die
Oberhoheit des Kaisers bei der bekannten Schwäche der Centralgewalt
in Deutschland nur selten zur Geltung gekommen ist. Sie wurde recht
eigentlich fühlbar erst am Ausgange des 15. Jahrhunderts durch die
von Maximilian I. durchgeführten Reformen, welche durch die Errich-
tung des Kammergerichts und die Heranziehung der Reichsstände zu
den Steuern auf Grund der Reichsmatrikel das Eingreifen des Reiches
in den Territorien erst ermöglichten. In der That haben die lothrin-
gischen Herzöge zunächst die Zuständigkeit des Reichskammergerichts
und ihre Eintragung in die Reichsmatrikel widerspruchslos anerkannt,
sodass schon daraus ihre Abhängigkeit vom Reiche hervorgeht; erst
unter Karl V. hat Herzog Anton, zuerst auf dem Nürnberger Reichstag
von 1523, versucht die Zahlung der Reichssteuern und die Zuständig-
keit des Kammergerichts zu bestreiten. Ein Rechtsstreit zwischen zwei
lothringischen Vasallen, von denen der eine an das Kammergericht
1) Darmstädter, S. 116.
2?) Das Folgende nach Fitte; s. auch Winkelmann und Wolfram im Lothr.
Jahrb. II, S. 185 ff., S. 214 ff. und »Metzer Zeitung< 1891, No. 241—244.
®) Böhmer, Ficker, Regesta imperii 1881, V., 5501. Jansen im historischen
Jahrbuch 1896 XVII, S. 549 ff. Doch hat er die Bedeutung des primum vexillum
damus tibi pro ducatu in feudum nicht richtig erkannt (S. Wolfram, S. 223).
2*
appellierte, während der andere in Uebereinstimmung mit dem Herzog
und den lothringischen Ständen keine Appellation zulassen wollte, ver-
anlasste den Speierer Reichstag von 1529 und den Regensburger von
1532, sich aufs neue mit der Rechtsstellung Lothringens zu beschäf-
tigen, dessen Gesandte jetzt in ausführlichen Denkschriften und in
seltsamster historischer Begründung die Unabhängigkeit des Herzogtums
behaupteten: »Und das, so seine fürstliche Gnaden also wahrhaftiglich
besitzt und innehat, kommt nicht aus einiger anderer königlicher oder
fürstlicher Investitur oder Empfängniss und auch nicht vom heiligen
Reich, sondern eigener anhängender natürlicher Ehre und Gerechtig-
keit«'). In einer anderen Denkschrift aus damaliger Zeit heisst es:
»Le duché de Lorraine est une monarchie et principauté libre de la
Chrétienté non sujette au Saint-Empire«?). Während der langwierigen
Verhandlungen, die das folgende Jahrhundert hindurch währten, gelang
es dem mit der Führung der Angelegenheit von Seiten des Reiches
beauftragten Erzbischof von Mainz nicht, durch eine Urkunde, wie etwa
die ihm unbekannt gebliebene des Königs Alfons, die Lehensrührigkeit
des ganzen Herzogtums nachzuweisen; wohl aber gelang es, sowohl
die Lehensabhängigkeit einzelner Teilstücke als auch die Beteiligung
des Herzogtums an Reichssteuern urkundlich zu belegen. Offenbar ist
aus diesem Sachverhalt heraus der Nürnberger Vertrag von 1542 ent-
standen. Ein anderes Moment aber wird für sein Zustandekommen
und seine Beurteilung noch ins Auge zu fassen sein, das Verhältnis
Herzog Antons zu Frankreich. Es scheint nämlich, dass Anton in dem
Bestreben, sein Herzogtum in voller Unabhängigkeit zu regieren, im
Barrois mouvant die französische oberste Gerichtsbarkeit nicht aner-
kennen wollte. Ueberhaupt suchte er eine Mittelstellung zwischen
Karl V. und Franz I. innezuhalten und aus ihren Kämpfen für seine
Herrschaft Nutzen zu ziehen. Immerhin mochte ihm die engere Ver-
bindung mit dem Kaiser erwünscht scheinen, jedenfalls war es ein Sieg
der habsburgischen Politik, dass Antons Sohn und einstiger Nachfolger
Franz I. sich 1540 mit Christine von Dänemark, einer Nichte des
Kaisers, vermählte. Der Gegenschlag von französischer Seite blieb
nicht aus: im April 1541 musste Anton mit seinem Sohne die französische
Oberhoheit im Barrois mouvant anerkennen; im November erhielten
zwar beide auf Lebenszeit die dortigen Regalien und Souveränetäts-
rechte, mussten aber dafür an König Franz I. die Festung Stenay ab-
treten, die in dem bevorstehenden Kriege mit Karl V. den Franzosen
1) Winckelmann im Lothr. Jahrb. II, S. 200.
2?) Lepage im Recueil de documents I, S. 195 ff.
ee
den Eintritt in die spanischen Niederlande sicherte. Das gewaltsame
Vorgehen des Königs, gegen das Lothringen für sich allein nicht Wider-
stand leisten konnte, musste dem Herzog den Schutz des Reiches er-
wünscht erscheinen lassen. Durch jene speciellen und diese allgemeinen
Verhältnisse ist der Nürnberger Vertrag vom 26. August 1542 zu er-
klären'). Entsprechend den Verhandlungen auf den Reichstagen wurde
nur die Lehensrührigkeit einzelner Gebietsteile ausgesprochen, die vom
Herzog behauptete und vom Reiche nicht widerlegte Unabhängigkeit
des ganzen Herzogtums aber anerkannt: »quicquid autem duces maiores
et ipse dux Antonius hactenus ab imperio in feudum habuerunt, re-
ceperunt ac tulerunt, idem dux eiusque successores in futurum eodem
modo in feudum recipient et ferent, in hoc tamen excepto Lotharingiae
ducatu qui liber et non incorporabilis ducatus erit et manebit semper.«
In Anerkennung dieses »Freiherzogtums« sollte der Herzog von nun
ab Huldigung und Belehnung nur für die in den früheren Lehnsbriefen
aufgeführten Einzellehen, nicht für das ganze Herzogtum, empfangen.
Trotzdem aber wollte der Herzog selbst, der offenbar den Angriff
Frankreichs fürchtete, dass es in seinem ganzen Umfange — von Bar-
rois mouvant natürlich abgesehen — dem Schutze des Reiches unter-
stehen sollte. Als Endgelt für diese Protektion war er bereit, die
Landfriedensgerichtsbarkeit des Reiches anzuerkennen und an den
Reichssteuern mit ?/3 eines Kurfürstenanschlages teilzunehmen; er gab
hiermit seinerseits den Forderungen des Reiches nach. So erscheint
der Vertrag durchaus als ein unter dem Druck bestimmter politischer
Verhältnisse abgeschlossenes Kompromiss zwischen zwei einander ent-
segenstehenden, ja einander ausschliessenden Rechtsauffassungen. Nur
daraus sind die Widersprüche zu erklären, die unverkennbar in ihm
enthalten sind. Die staatsrechtliche Folge des Vertrages war, dass
Lothringen dem Reiche gegenüber eine ähnliche international-selbstän-
dige Stellung erhielt?), wie etwa die Könige von Dänemark und
Schweden oder die Kurfürsten von Brandenburg, die mit völlig unab-
hängigen Ländern, welche aber, abweichend von Lothringen, einst
ausserhalb der Reichsgrenzen lagen, mehr oder weniger umfangreiche
Reichslehen in ihrer Hand vereinigten. Nur noch mit einer kleinen
Zahl von Lehen gehörte von nun ab der Herzog zum Reiche. : Die
späteren wohl auf einen Lehensbrief vom 9. Juni 1567 zurückgehenden
1) Gedruckt bei Calmet, histoire de Lorraine, 1728, II, preuves, ,D,,318 48,
Im Lothr. Jahrb. S. 192 ist der Widerspruch in den Bestimmungen des, Vertrages
vortrefflich hervorgehoben; s. a. S. 226 daselbst.
2) Fitte, S. 29, |
RC SE
Urkunden nennen als solche!): Die Markgrafschaft Pont-à-Mousson, die
Grafschaft Blamont, die Herrschaften Bellistheim und Clermont, die
Markgrafschaft Hattonchätel, die Reichsvogtei der Stadt Toul und der
Abtei Remiremont, das Geleitsrecht im ganzen Herzogtum, das Münz-
recht in der Stadt Ivoi, endlich die alten Rechte, dass die Zweikämpfe
zwischen Rhein und Maas nur vor ihm ausgefochten werden dürften,
und dass die Priestersöhne des Landes ihm zugehören sollen. Ausser-
dem erwarben die Herzöge in dem Jahrhundert nach dem Nürnberger
Vertrage von Reichslehen noch die Grafschaft Bitsch, die Hälfte der
Grafschaft Salm und die Städte Pfalzburg und Lixheim, aus denen
unter Ferdinand II. für einen Verwandten des herzoglichen Hauses ein
Titular-Reichsfürstentum geschaffen wurde?). Gleichzeitig mit der Er-
hebung Hattonchätels zur Markgrafschaft 1567 wurden die vom Bistum
Metz rechtmässig erworbenen Herrschaften Nomeny und Delme vereinigt
und für den Oheim Herzog Karls Ill. zur Reichsmarkgrafschaft erhoben.
Der Markgraf bewarb sich 1570 um die Reichsstandschaft und vertrat
seitdem die lothringischen Interessen am Reichstag, an dem ja die
Herzöge keine Stimme führten. Wie wir aber vorher bemerkten, dass
in den drei Städten und Stiftern gegenüber den immer entschiedener
auftretenden französischen Behörden der Wunsch nach dem Schutze
der Selbständigkeit durch das Reich immer lebhafter wurde, so schlossen
sich anfangs des 17. Jahrhunderts auch die Herzöge wieder enger an
das Reich, indem sie im Jahre 1612 Nomeny kauften, das sonst durch
Erbgang an einen französischen Prinzen gefallen wäre, und nun selbst
wieder als Markgrafen von Nomeny im Reichstag Sitz und Stimme er-
hielten*). Die Herzöge mochten selbst erkannt haben, dass sie in der
1542 erworbenen staatsrechtlichen Unabhängigkeit von Deutschland
jedem energischen Vorstoss Frankreichs preisgegeben seien; denn der
Reichsschutz, der ihnen damals zugestanden wurde, entsprach nur zu
sehr dem geringen Interesse, das die Herzöge dem Reiche entgegen-
brachten. Wir haben schon oben gesehen, dass der Abschluss des
Nürnberger Vertrages mit der Anknüpfung verwandtschaftlicher Be-
ziehungen zwischen den Häusern Lothringen und Habsburg nahe
zusammenfiel.
. ...) Fitte, 5.31 nach dem Brief von 1609 bei Chifflet, Commentarius Lotha-
riensis 1649, S. 45. In dem Brief von 1567 scheint Bellisthein noch nicht aufgeführt
zu werden. Ob Hattonchätel schon als Markgrafschaft bezeichnet wurde, ist
nicht sicher,
*) Ueber andere Erwerbungen, insbesondere auch die Grafschaft Saarwerden,
s. unten bei den Einzelreunionen.
*) Fitte S. 39 gegen Ficker, Vom Reichsfürstenstande 1861 I, S. 118.
STR RR
Durch ihre Benutzung wusste Karl V. das Herzogtum in seinem
Kampfe gegen Frankreich seinen Interessen zu verbinden), als nach
dem Tode des Herzogs Antons und seines Sohnes Franz I. seit 1545
dessen Gemahlin Christine, die Nichte des Kaisers, für ihren unmündigen
Sohn Karl Ill. die Regentschaft führte. Schon die erste Ehe des Oheims
des Herzogs, Nikolaus, des späteren Markgrafen von Nomeny mit Mar-
garete v. Egmont, wurde durch die Vermittlung des Kaisers geschlossen.
Die Folge davon war, dass Heinrich Il. bei seiner Besetzung von Metz
Toul und Verdun am 14. April 1552 sich der Stadt Nancy bemächtigte,
die Regentin Christine ihrer Stelle enthob und ihrem französisch ge-
sinnten Schwager Nikolaus die Regentschaft übertrug, den jungen Herzog
Karl III. aber nach Frankreich an den Hof nahm, um ihn dort mit
seinen eigenen Kindern erziehen zu lassen. Erst 1559 kehrte der
Herzog in sein Land zurück, um nun selbständig die Regierung zu
übernehmen; durch seine Ehe mit der jüngeren Tochter Heinrich Il.
Claudia schien er dem französischen Königshause eng verbunden zu
sein. Sollte durch diese Ehe die Vereinigung Lothringens mit Frank-
reich angebahnt werden, so gab sie bei dem Absterben des Hauses
Valois mit Heinrich II. (1589) Karl III. vielmehr einen Vorwand, für
seine Söhne als dessen Neffen nach der französischen Krone zu streben ;
er nahm lebhaften Anteil an den Kämpfen der Ligue und liess sogar
1594 durch den Präsidenten Alix eine Denkschrift*) über die loth-
ringischen Ansprüche auf den französischen Thron verfassen. Er selbst
liess darin den Franzosen die Vorteile einer Verbindung mit Lothringen
verkünden. »Der Zutritt der Herzogtümer Lothringen und Bar nebst
anderen Herrschaften zum Königreiche Frankreich werde durch Ver-
bindung der herzoglichen mit der königlichen Würde Frankreich einen
srossen Vorteil und Nutzen wegen der Ausdehnung der Grenzen bis
fast an den Rhein bringen.« Karl Ill. ahnte nicht, dass die hier ge-
priesenen Vorteile seinem Enkel fast das Herzogtum kosten würden.
Zunächst allerdings liessen sich nach dem baldigen Abschluss des
Friedens mit Heinrich IV. die Beziehungen zu Frankreich aufs freund-
lichste an. Der lothringische Thronerbe, der spätere Herzog Heinrich Il.
(1608—1624), ward mit der Schwester des Königs, Prinzessin Katharina
von Bourbon, vermählt, so dass ein gewaltsames Vorgehen gegen Loth-
ringen für die nächste Zeit sich von selbst verbot. Dennoch verlor
Heinrich IV. das Ziel, Lothringen seiner Krone zu gewinnen, nicht aus
1) Calmet III, preuves, S. 416 ff.
?) Abgedruckt in Recueil de documents 1855 I.
> ER
dem Auge. Mag er auch selbst nicht ernsthaft daran gedacht haben,
Frankreichs Grenzen bis zum Rheine vorzurücken'), so erschien ihm
doch die Erwerbung Lothringens als erreichbar. In den Oeconomies
royales seines Ministers Sully heisst es: »Le seul et unique moyen de
remettre la France en son ancienne splendeur et la rendre supérieure
à tout le reste de la chrétienté, ce serait de lui rendre les pays voisins
qui lui ont autrefois appartenu et semblent être de la bienséance de
ses limites, savoir la Savoie, la Franche-Comté, la Lorraine, l’Artois,
le Hainaut, les provinces des Pays-bas, y compris Cleves et Juliers ?).«
Und Heinrich IV. sprach 1601 zu Deputierten der neu gewonnenen
Landschaften la Bresse und Gex die Worte: »Il était raisonnable que
puisque vous parlez actuellement français, vous fussiez sujet au roi de
France. Je veux bien que la langue espagnole demeure à l'Espagnol,
l’allemande à l'Allemand, mais toute la française doit être à moi?).«
Die Erwerbung der drei »welschen« Bistümer Metz, Toul, Verdun
war ihm auf dem friedlichen Wege einer Verwaltungsmassregel gelungen ;
zu Lothringen sollte ihm eine Heirat verhelfen: 1609 liess er seinen Sohn
und Erben, Ludwig XIII, mit der 1'/s jährigen Erbtochter Heinrichs II.,
seiner Nichte Nicole verloben, durch die künftig Lothringen-Bar an
Frankreich gefallen wäre. Wie die andern Pläne Heinrichs IV., so
ward auch dieser durch die Ermordung des Königs im Jahre 1610
zunichte gemacht.
Aber schon war der geniale Mann geboren, der mit unübertreff-
lichem Geschick, mit grösster Energie und Rücksichtslosigkeit diese
Pläne wieder aufnahm, und der französischen Politik bis in unsere
Tage hinein die Signatur aufdrücken sollte, der grösste Staatsmann,
den Frankreich je besessen, der damalige Bischof, spätere Kardinal
Armand Jean Duplessis, Herzog von Richelieu.
Geboren am 5. September 1585 zu Paris, hatte er zunächst der
militärischen, dann der geistlichen Laufbahn sich gewidmet, und war
schon mit 22 Jahren zum Bischof von Lucon ernannt worden. Im
Jahre 1614 als Deputirter zu der Versammlung der Generalstaaten
nach Paris entsendet, wusste er sich bei der Regentin, Maria von Me-
diei, in Gunst zu setzen, und ward 1615 zu deren Almosenier, 1616
zum Mitglied des Staatsrates ernannt, in welchem er als Staatssekretär
das Departement des Krieges und des Auswärtigen versah. Schon
') Wie nach Sorel, S. 271, Sandraz de Courtilz von ihm behauptet.
?) Sorel, S. 208.
3) sorel, SD: zul,
Be. an
1617 jedoch musste er diese Stellung aufgeben, um in sein geistliches
Amt zurückzukehren, in welchem er 1622 zum Kardinal ernannt wurde.
1622 von Neuem in den Staatsrat berufen, ward er nach der
Abdankung und Verbannung Vieuvilles dessen Präsident, und leitete
fortan die französische Regierung und Politik nahezu selbständig bis
zu seinem am 4. Dezember 1642 erfolgten Tode.
Unmittelbar nach seinem Amtsantritte nahm Richelieu die An-
griffs-Politik der früheren Könige gegen das Herzogtum Lothringen wieder
auf; das Vorgehen erfolgte jetzt aber in einer derartig durchdachten
und planmässigen Weise, dass der Kardinal zweifellos schon früher,
also wahrscheinlich während seiner ersten Amtsthätigkeit, das Ziel ins
Auge gefasst und die dahin führenden Wege erkundet haben musste.
Die Lage der Verhältnisse war allerdings zur Zeit die denkbar
günstigste; das Reich, ohnehin wenig geneigt, für Lothringen einzu-
treten, war durch den schweren inneren Krieg an jeder Unternehmung
nach aussen verhindert. Ungesäumt wurde daher ans Werk gegangen.
Il.
Die Vorreunionskammer von 1624.
Im November 1624, also wenige Monate nach seinem Amts-
antritte, sendete Richelieu 3 höhere Beamte zu ausgesprochenen Reunions-
zwecken als königliche Kommissare in die Gebiete der 3 Bistümer
Metz, Toul und Verdun, und zwar die beiden Staatsräte Cardin Lebret
und Pierre Dupuy und den Schatzmeister (trésorier) Jean Cladon De-
lorme. Die Seele dieser Kommission war Dupuy, ein aussergewöhnlich
fruchtbarer Schriftsteller, der, im Alter von 42 Jahren stehend, beson-
ders mit Urkundenwesen sich zu beschäftigen Gelegenheit gehabt hatte).
Nicht weniger ais 69 Schriften werden von ihm verzeichnet, darunter
etwa 25, welche die Rechte des Königs auf angeblich entfremdete Ge-
biete zum Gegenstande haben, zu denen die Königreiche England,
Neapel-Sicilien, Arragonien, Castilien u. s. w. gehören). Eine Zusammen-
stellung der Druckschriften dieser Art aus seinem Nachlasse und unter
seinem Namen ist 1655 veröffentlicht worden; der Titel dieses Werkes
lautet: »Traité touchant les droits du roi, par Monsieur Dupuy, Paris
1) Nouvelle biographie générale 1868 XV, S. 377.
2) Verzeichnet bei Le Long, Bibliothèque historique de la France, 2. Aus-
gabe, von Ferret de Fontette 1778 V, 5. 503.
1655« !); es giebt über Zweck und Ausführung der vorstehend er-
wähnten Sendung genauen Aufschluss. Bei der Abfassung dieser
Zusammenstellung war in hervorragendem Masse ein anderer Archivar,
Theodore Godefroy (»savant diplomatiste«)?), beteiligt, der auch bei der
Verfolgung der Reunionsidee im folgenden Jahrzehnt eine Rolle zu
spielen berufen war.
Das Werk ist ganz im Stile und Geiste der 1632 erschienenen
Schriften von Hersent und Cassan gehalten*), überragt diese aber weit-
aus an Umfang, und nimmt einen grossen Teil der Länder Europas
für die französische Krone in Anspruch. Ein Abschnitt des Werkes,
welcher die Rechte des Königs auf das Herzogtum Lothringen-Bar dar-
zuthun sucht, und etwaigen Zurückforderungen dieses und der 3 Bis-
tümer bei den Friedens-Verhandlungen vorbeugen soll, trägt am Schlusse
den interessanten Vermerk: »fait en février 1637 par ordre de Mon-
sieur le cardinal de Richelieu«*), Aber nicht nur dieser Abschnitt,
sondern das ganze Werk war im Auftrage des Kardinals verfasst; ein
Brief an ihn vom 27. Oktober 1631, unterzeichnet von Dupuy und
Godefroy, beginnt mit den Worten: »Monseigneur, nous avons exécuté
pour la plus part le commandement, qu'il Vous a plü nous faire,
touchant les droits du roi sur quelques royaumes et principautés
voisines«?); im weiteren kündigen die Schreiber die Fortsetzung des
Werkes an, und melden, dass die für 1630 ihnen dafür versprochene
Summe von 4000 Frs. noch nicht ausgezahlt worden sei.
Auch andere Anhaltspunkte ergeben mit Sicherheit, dass Dupuy
in engen Beziehungen zu Richelieu stand, und dass seine schriftstelle-
rische Thätigkeit von dem Kardinal inspiriert wurde. In einem Briefe
vom 15. 2.1631 an beide Schriftsteller bestätigt Richelieu den Empfang
der Abhandlung über Navarra, und ersucht sie um Vollendung der
Arbeit über Lothringen, unter gleichzeitiger Anweisung ihres Honorars
(pension); beide antworten am 18. Februar, und legen einen Teil der
ihnen befohlenen Arbeit über Neapel-Sicilien vor; in einem andern
Briefe Richelieus vom 6. 11. 1631 erkundigte er sich nach dem Fort-
sange ihrer Arbeiten, und kündigt die Befriedigung ihrer Forderungen
an; anscheinend ist der Brief die Antwort auf das ersterwähnte
') Eine zweite Auflage erschien 1670, ein Beweis für die Bedeutung der
Schrift.
2) Digot, Histoire de Lorraine 1856 V, S. 243.
3) 5. hierunter.
1) Dupuy, traité, S. 531.
°) Brief abgedruckt bei Le Long I, S. 866.
Schreiben vom 27. Oktober. Auch die Abhandlungen über Spanien
sind. nach dem Herausgeber der Briefe Richelieus, Avenel, von Dupuy
und Godefroy in dessen Auftrage verfasst: »ainsi il faisait établir, dans
des traités, composés par Dupuy et par Godefroy, la légitimité des
droits du roi sur diverses provinces de la monarchie espagnole«; des-
gleichen eine Schrift: »Comté de Flandres: de la nullité des traités de
Madrid, de Cambray et de Crespy« und mehrere Denkschriften über
die Rechte des Königs auf Lothringen !).
Ein besonderer Abschnitt des erstgenannten Werkes enthält einen
eingehenden Bericht über die Thätigkeit der vorgenannten Kommissare
während ihres Aufenthaltes in den Bistümern; es ergiebt sich daraus,
dass wir es in der That mit einer ersten Reunionskommission zu thun
haben.
Schon der ihnen erteilte Kabinets-Befehl und ihre Dienstanwei-
sung, beide im Wortlaute angeführt, zeigen dies. Der erstere ist für
Lebret und Delorme gemeinsam unter dem 13. November, für Dupuy
besonders unter dem 16. November ausgefertigt, die Dienstanweisung,
für alle 3 gemeinsam, im November ohne Angabe des Tages aufge-
stellt. Schon die Ueberschrift des Kabinets-Befehls lässt hinsichtlich
des vorstehend angegebenen Zweckes der Entsendung keinen Zweifel;
sie lautet: »Commission à Messieurs Lebret et Delorme, pour
informer des usurpations faites sur les terres de la protec-
tion du roi en les évêchés de Metz, Toul et Verdun et autres
entreprises sur les frontières de Champagne«. In dem Texte
selbst wird es als ihre Aufgabe bezeichnet: »informer bien dûment
des usurpations et entreprises sur les terres de notre obéissance, et
celles des évêchés de Metz, Toul et Verdun et des droits qui en dé-
pendent, qui sont en notre protection«?). Zum Schlusse wird dann
gesagt: »Nous mandons et ordonnons à tous nos officiers et sujets,
qu'il appartiendra ce faisant Vous assister et de fournir des titres
nécessaires pour la justification de nos droits sans difficulté!e
Die den Kommissaren mitgegebene Dienstanweisung trägt gleich-
falls die Unterschrift des Königs und enthält eingehende den Zweck
noch deutlicher verratende Ausführungsbestimmungen; nach denselben
sollten die Kommissare sich gut unterrichten, sowohl durch Urkunden
wie durch Zeugen, über die widerrechtlichen Besitzergreifungen von
') Avenel, lettres du cardinal de Richelieu 1861 IV, S. 93, 210; 1879 VII,
S. 666, 680.
?) »protectione war der französischerseits bis zum westfälischen Frieden
fortgeführte Ausdruck für die Herrschaft über die 3 Bistümer.
DE en
Gebieten (terres), Herrschaften und Häusern, über die Beschaffenheit
dieser Besitzungen, ihre Grösse und Einkünfte, wem sie gehörten und
welche Aemter, Lasten und Pfründen damit verbunden seien; des
ferneren sollten sie den Zustand derjenigen Gebiete feststellen, welche
in der Lehenserneuerung rückständig seien (qui sont en surséance)
sowohl diesseits wie jenseits der Flüsse Maas und Mosel, und deren
Eigenschaften, Erträgnisse und gegenwärtige Besitzer ermitteln; sie
sollten endlich durch Urkunden und sonstige Rechtstitel die Ansprüche
des Königs auf solche Besitzungen feststellen, die in Lehensabhängigkeit
zu ihm ständen; nachdem sie volle Kenntnis davon erlangt, sollten sie
dieselben mit Beschlag belegen, bis die Besitzer sich verpflichtet hätten,
die Belehnung seitens des Königs in vorgeschriebener Weise nachzu-
suchen; erforderlichen Falls sollten sie Zusammenkünfte mit Bevoll-
mächtigten der Landesherren von Lothringen, Bouillon, Lüttich und
Flandern vereinbaren; falls hierbei die Lehensabhängigkeit einzelner
Gebiete sich als zweifelhaft und unsicher erweise, seien Vergleiche auf
dem Wege des Austauschs oder der Entschädigung anzustreben.
Wenn schon hiernach kaum noch ein Zweifel möglich ist, dass
diese Anweisungen bereits ganz im Sinne der Reunionstheorie von
1679 gedacht waren, so wird derselbe völlig beseitigt, durch die Art
und Weise, wie die Kommissare ihren Auftrag aufgefasst und ausgeführt
haben. Das Zurückgehen bis in die ältesten Zeiten, durch welches vor
allem die späteren Reunionskammern so berüchtigt geworden sind,
kommt bereits bei den Vorarbeiten dieser Kommissare voll zum Aus-
druck. In einem Briefe Dupuys an Lebret, der kein Datum trägt, aber
nach seinem Inhalte kurz vor Abschluss der Arbeiten für das Bistum
Toul und danach etwa Mitte April 1625 geschrieben sein muss, geht
Dupuy bis auf Karl den Grossen zurück; es heisst darin u.a.: »Je
n'ai rien pour montrer que Charlemagne a donné Vicherei à l’église
de Toul«. (Vicherei ist das heutige Dorf Vicherey, im Departement
Vosges, etwa 30 km südlich Toul gelegen.) Anscheinend war den Kom-
missaren auch rasche Erledigung ihres Auftrages zur Pflicht gemacht
worden, wenn dies auch in der Dienstanweisung nicht ausgesprochen
ist; denn nur so ist es zu erklären, dass schon nach wenigen Monaten
ein vorläufiger Abschluss erzielt wurde; er erfolgte zuerst für Toul am
26. April, demnächst für Verdun am 23. Mai, zuletzt für Metz im
Juli 1625. Für die Berichterstattung an den König wurde die Fiktion
aufgestellt, als wenn die Initiative zu dem Unternehmen in den Händen
des Prokurators gelegen habe, welcher behufs Vorbereitung des später
in Metz zu errichtenden Parlaments hier seinen Sitz hatte; dieser stellte
“IRD TES
Beschwerdebücher (remontrances) über die angeblichen Beeinträchti-
gungen (usurpations) der Rechte des Königs, für die 3 Bistümer ge-
trennt auf, und legte sie, begleitet von Urkunden-Verzeichnissen, die
zur Erhärtung der Ansprüche dienen sollten, den drei Kommissions-
mitgliedern vor. In Wirklichkeit waren die Urkunden-Verzeichnisse von
Dupuy selbst verfasst, was zu bemerken dieser nicht unterliess; am
Schlusse der Aufstellungen für Metz und Verdun wird nämlich in Pa-
renthese hinzugefügt: »Produits par le procureur du roi, faits par
monsieur Dupuy, l’un desdits commissaires.< Dem entspricht auch eine
Aeusserung Dupuys in dem vorstehend erwähnten Briefe, lautend:
» Je desire avec passion de me tirer de ces affaires, de quoi je serai quitte,
ayant achevé l’inventaire de Metz qui est bien avance.« Die Stelle
beweist zugleich, dass der Auftrag Richelieus dem Kommissar wenig
sympathisch war, er also wohl selbst an die Berechtigung der An-
sprüche nicht glaubte. Als Verfasser der Inventarien aber wird auch
in einem kurzen Berichte über die Thätigkeit der Kommission Dupuy
direkt bezeichnet: »Dupuy au retour dressa trois productions, la
première touchant Metz, ville et évêché et l’abbaye de St-Arnoul,
. il fit trois inventaires raisonnés, avec les indications
sur chacune pièce.« In gemeinsamen Sitzungen an den obenge-
nannten Tagen in Toul, Verdun und Metz wurde alsdann das Er-
gebnis der ausgeführten Untersuchungen zusammengestellt, in letzteren
beiden Städten unter Zuziehung des Gerichts-Präsidenten von Metz,
Michel Charpentier !). Die auf Grund dieser Verhandlung erhobenen
Forderungen halten sich zwar in weit engeren Grenzen, als die Be-
schlüsse der Metzer Reunionskammer von 1679, und sind ausschliess-
lich gegen das Herzogtum Lothringen gerichtet; die ganze Art des
Verfahrens aber, die Beweisführung auf Grund von Urkunden ältesten
Datums, ohne Berücksichtigung des inzwischen Vorgefallenen, die
Komödie endlich, die Kommissare gewissermassen als Richter hinzu-
stellen, denen gegenüber andere, hier der Prokurator, ihre Beschwerden
vorbringen, und zu beweisen suchen, entspricht so ganz der Art
der Reunionskammer von 1679, dass die Kommission wohl
als »Vor-Reunionskammer« zu bezeichnen sein dürfte; höchst
eigentümlich ist es dabei, dass der Prokurator in den Verhandlungen
nicht wie die andern Teilnehmer namentlich genannt, und dass der-
1) Die Protokolle über diese Verhandlungen befinden sich im Archiv der
Affaires étrangères, Bd. VII, zu Paris. s. d’Haussonville, La réunion de la Lor-
raine 1854 I, S. 173. Unerklärlicherweise übergeht dieses sonst vortreffliche von
Sybel als klassisch bezeichnete Werk völlig die Reunionskammer von 1679.
ae
selbe verschieden, als Prokurator von Metz, Toul und Verdun bezeichnet
wird, während thatsächlich ein solcher nur für Metz bestand; es ist
daher sehr wahrscheinlich, dass der Prokurator gar nicht an den Ver-
handlungen beteiligt, sondern nur eine in den Berichten vorgeschobene
Strohfigur war. Abgesehen davon aber werden die Einzelbeschlüsse,
die nunmehr in der von der Kammer selbst gewählten Reihenfolge zu
besprechen sein werden, den Beweis liefern, dass diese Reunions-
kammer Richelieus durchaus das Vorbild und Muster für die Reunions-
kammern Ludwigs XIV. abgab, wenn dieses auch an keiner Stelle von
Beteiligten oder Unbeteiligten bisher ausgesprochen worden ist.
1»: Bistum M6onl.
In der Stadt und Grafschaft (>comté+) Toul hatte trotz bischöf-
licher Landeshoheit der Herzog von Lothringen einige Gerechtsame
behalten, die auf seine frühere Stellung als Markgraf (marchis) für
dieses Gebiet zurückgeführt wurden. An den Westgrenzen des Reichs
wurden nämlich einzelne Gebiete auch als Marken bezeichnet, ohne
dass jedoch ein konstanter Gebrauch und eine bestimmte staatsrechtliche
Grundlage dafür nachgewiesen werden kann; infolgedessen führten die
Herzöge von Oberlothringen aus dem elsässischen Hause auch den
markgräflichen Titel (marchis, marquis), dessen Ursprung im Dunkeln
liegt, vielleicht mit ihrer früheren Stellung zusammenhängt); von den
Herzögen selbst wurde diesem Titel eine besondere Bedeutung nicht
beigemessen. Auch Dupuy mass ihm keinen Wert zu; in dem früher
erwähnten Briefe?) heisst es: »pour celle (la remontrance) de Toul,
Jeusse bien désiré que l’on n’eüt point tant exprimé cet office de
marchis, qui n’est qu'une chimere, et non office, mais un titre qui
na nul privilège. Nach den Protokollen aber bestanden die daraus
hervorgehenden Rechte in der Gerichtsbarkeit über alle Rechtsfälle,
die auf den Hauptstrassen und öffentlichen Flüssen vorkamen, in der
Beerbung der unehelichen Kinder von Geistlichen, und in der Legiti-
mirung anderer Bastarde; diese Gerechtsame, welche, wie oben gezeigt,
auf Belehnungen seitens des Reiches zurückzuführen waren, wurden
dem Herzog ohne jede Begründung abgesprochen.
Die Beerbung der Kinder von Geistlichen hatte der Herzog 1420
in einem besondern Kriege, dem »guerre des enfants de prêtrese mit
Glück verteidigt, bz. wieder erstritten. Ausserdem aber übte der Herzog
') Waitz, Deutsche Verfassungsgeschichte 1876 VII, S. 77. Calmet, His-
toire I Su
2) S, 28.
die Landeshoheit über zwei Vorstädte Touls, St. Mansuit und St. Evre,
beide mit Abteien, aus; die Rechtsgültiskeit dieses Territorialbesitzes
wurde seitens der Kammer in Abrede gestellt; zur Begründung wurden
42 Urkunden vorgelegt, welche beweisen sollten, dass die beiden Vor-
städte früher einen integrierenden Teil der Stadt Toul gebildet, und dass
anderseits die Landesherren von Toul auch in den Vorstädten die Sou-
veränität ausgeübt hätten. Die älteste Urkunde ist ein Diplom des
Kaisers Otto I. vom Jahre 9659 '), in welchem er die Wiederherstellung
des verfallenen Kloster St. Mansuit in einer Vorstadt Touls durch den
Bischof Gerhard von Toul bestätigt. Die übrigen Urkunden bestehen
teils in Schutzbriefen französischer Könige aus dem 14., 15., und
16. Jahrhundert, welche auf eine Art Patronats-Verhältnis hinweisen,
teils in dem Nachweis fiskalischer und polizeilicher Massnahmen der
Stadtbehörden von Toul auch für die beiden Vorstädte, wie solche bei
dem engen Zusammenwohnen naturgemäss sich ergeben mussten. In
letzter Linie wurden aber als Rechtstitel eine Reihe von beurkundeten
Massnahmen französischer Behörden gegen die lothringische Landes-
hoheit aus der Zeit der französischen Okkupation vorgebracht, die
letzte aus dem Jahre 1624; in völliger Umkehrung der Verhältnisse
wird hiernach die Anmassung landeshoheitlicher Rechte durch Frank-
reich als ein Beweis für deren Berechtigung hingestellt. Sogar die
mehrfach in den Urkunden vorkommenden Ausdrücke: »l’abbaye de
St-Mansuit de Toul«, und »Saint-Mansuit lez Toul« werden als Beweis
für deren Zugehörigkeit zur Stadt verwertet, da sie bedeuten sollten:
Zur Stadt Toul gehörig und einen Teil derselben bildend (>joignant la
ville de Toul et faisant partie d’elle«)?). Der Nachweis jedoch, wann
und in welcher Weise der Herzog von Lothringen sich in unrecht-
mässiger Weise den Besitz der Vorstädte angeeignet habe, wird nicht
nur nicht geführt, sondern nicht einmal versucht.
Für vollkommen ausreichend scheinen aber die Kommissare diese
Art der Beweisführung doch nicht gehalten zu haben; in der Verhand-
lung vom 26. April werden vielmehr ausser den Urkunden noch eine
Reihe andrer Beweise vorgebracht, darunter als wirksamster folgender:
»mais ce qui confirme très nettement ce qui dessus, est, que si les vil-
lages de Francheville, Bouvron, Jaillon, Villiers, St-Etienne et autres,
qui sont notoirement éloignés de ladite ville de Toul de trois grandes
lieues, sont néanmoins du comté et bailliage de Toul, quelle apparence
1) Mon. Germ. DD. I, Nr. 289.
?) Die wichtigeren der angeführten Urkunden sind abgedruckt bei Calmet,
Histoire I, preuves, S. 301 ff.
en I) ae
y aurait-il de soutenir que les faubourgs appartenant à celle n'en
fussent pas, ains qu'ils seraient d’une seigneurie étrangères ). Solche
Beweisgründe waren naturgemäss unwiderleglich ; in dem Schlussproto-
kolle der Sitzung wird daher verfügt, dass diese Vorstädte »seront
tenus, censés et réputés être de la protection du roi, et que sur ceux
sa dite majesté pourra faire et exercer ses droits appartenants à sa
dite protection. In gleicher Weise wie St. Mansuit und St. Evre wurden
der Krone Frankreich 5 andere innerhalb des Herzogtums Lothringen
gelegene Ortschaften zugesprochen, nämlich: Bouxières, Bulligny, Da-
baucourt, Avoux und Grimonvillers. Die angeblichen Rechte auf
Bouxieres, auch mit dem Zusatze »aux dames« vorkommend, wegen
der hier gelegenen Abtei, und heute Dorf im Departement Meurthe,
5 km östlich Nancy gelegen, werden durch ein Breviarium der Kirche
von Toul vom Jahre 1562 und durch 4 Urkunden nachzuweisen gesucht ;
in ersterem befindet sich nur die Bemerkung, dass Bischof Gauzelin
von Toul die Abtei gegründet habe; eine der Urkunden ist ein Protest
des französischen Prokurators vom Jahre 1621 gegen landeshoheitliche
Handlungen des Herzogs; die übrigen betreffen Beziehungen der Kirche
von Toul zur Abtei. Für die Ortschaft Bulligny, heute Dorf im De-
partement Meurthe, 12 km südlich Toul gelegen, werden 5 Urkunden
vorgebracht, welche die zeitweise Ausübung der Souveränität durch die
Landesherren von Toul in früheren Jahrhunderten nachweisen sollten.
Grimonvillers ist heute gleichfalls ein Dorf des Departements Meurthe,
50 km südlich Toul gelegen; Dabaucourt und Avoux sind dagegen
heute verschwunden und auch auf gleichzeitigen Karten nicht aufzu-
finden. Für diese 3 Ortschaften waren anscheinend selbst Urkunden
vorstehender Art nicht aufzufinden; für ihre Zugehörigkeit zu Toul
werden daher nur die Aussagen von 13 Zeugen, sämtlich Beamte oder
angesehene Bürger der Stadt Toul, angeführt, welche alle Behauptungen
des Prokurators durch mehrere, aber nicht angegebene Beweise aus
ihrer oder ihrer Väter Lebenszeit bestätigten, worauf dann auch diese
Dörfer der Souveränität des französischen Königs zugesprochen wurden.
Dieser Beweis durch lebende Zeugen ist der Vorreunionskammer
eigentümlich und von der Reunionskammer von 1679 nicht nachgeahmt
worden.
2. Bistum Verdun.
Auch hier werden in erster Linie landeshoheitliche Rechte an-
gefochten, welche der Herzog von Lothringen in seiner Eigenschaft als
Landesherr von Bar innerhalb des Bistums sich angemasst haben sollte,
2 Dupuy, Traite, S. 635.
darunter besonders das Salzregal und die Errichtung von Zollstellen
auf der Maas. An Gebietsteilen werden dem Könige zugesprochen das
Oberamt (bailliage) Clermont en Argonne und die Markgrafschaft Hatton-
chatel'). Clermont war von Alters her Hauptort einer Grafschaft von
etwa 10 DM. Umfang, welche wie die Abtretung im Jahre 1632 be-
weist, jedenfalls mit dem derzeitigen Oberamte zusammenfiel; früher
streitig zwischen den Bischöfen von Verdun und den Grafen von Bar ?),
gehörte sie seit dem 13. Jahrhundert zum lehensunabhängigen Bar (Bar-
rois non mouvant) als Lehen von dem Bistum Verdun; 1564 hatte
jedoch der Bischof von Verdun seinen Hoheitsrechten zu Gunsten des
Herzogs Karl III. entsagt, dabei aber den Einspruch des französischen
Königs erfahren, der das Bistum als unter seiner Protektion stehend ansah.
Die Ansprüche der Reunionskammer gründeten sich aber nicht auf
diesen Protest, sondern gingen auf alte Zeiten zurück ; zur Begründung
wurden 24 Urkunden vorgelegt, darunter in erster Linie vier Beschlüsse
des Hofes (arrêts de la cour) zu Gunsten der Abtei Beaulieu, aus den
Jahren 1287, 1288, 1293 und 1318: aus der Thatsache der franzö-
sischen Jurisdiktion folge, dass Beaulieu und somit das Argonner Land
(le pays d’Argonne) zu allen Zeiten innerhalb der Grafschaft Champagne
gelegen habe und daher zu Frankreich gehöre, mit ihr natürlich auch
die Herrschaft (seigneurie) Clermont, zumal diese mehr als 7—8 Stunden
diesseits des Maas-Flusses gelegen sei. Abgesehen von dieser unver-
mittelten und man möchte sagen frivolen Begründung war auch das
Anrecht auf Beaulieu durch die vorgelegten Urkunden keineswegs als
erwiesen anzusehen. Die Abtei hatte von Alters her zur Grafschaft
Bar gehört, war aber 1287 auf Ansuchen ihres gegen den Landesherrn
aufsässigen Abtes von französischen Truppen besetzt und als zu Frank-
reich gehörig erklärt worden. Der Graf Theobald von Bar hatte sich
darauf beschwerdeführend an König Rudolf von Habsburg gewendet,
der durch drei Kommissare eine Untersuchung an Ort und Stelle vor-
nehmen liess. Die Kommissare verhörten 84 Zeugen und erklärten
sich nach deren Aussagen einstimmig zu Gunsten des Grafen und des
Reiches; ihrem Gutachten trat Rudolf 1289 bei; auch seine Nachfolger
Adolf und Albrecht hielten den Anspruch aufrecht; aus der gleich-
zeitigen Wahrnehmung von Hoheitsrechten französischerseits konnte
daher eine Berechtigung der Ansprüche keineswegs abgeleitet werden *).
1) s. Einzel-Reunionen.
?) Liénard, Dictionnaire topographique du département de la Meuse 1872, S. 55.
3) Havet, Œuvres 1896 II, S. 195 ff.
a
Seitens der Vorreunionskammer wurde ausserdem aber ein direkter
Urkundenbeweis für Clermont zu führen versucht; nach diesem sollte
Frankreich aus doppeltem Grunde Anspruch auf die Herrschaft haben,
einmal dadurch, dass Clermont früher lehensabhängig von der Cham-
pagne und also von Frankreich gewesen sei, dann aber dadurch, dass
die Grafschaft im Lehensverhältnisse zu den Bischöfen von Verdun ge-
standen habe; der darin liegende Widerspruch wird nicht weiter be-
rücksichtigt. Zu ersterem Zwecke werden 3 Lehenserneuerungen von
Einwohnern von Clermont bei Grafen der Champagne aus dem 13. Jahr-
hundert, ausserdem 7 Lehenserneuerungen für Besitzungen in Clermont
von Einwohnern der Champagne bei Herzögen von Bar-Lothringen aus
dem 15. und 16. Jahrhundert vorgebracht; die etwas künstliche Her-
leitung geht davon aus, dass durch das Untertanenverhältnis bewiesen
werde, dass es sich nur um Afterlehnsbesitzungen des Herzogs in
Clermont handeln könne, die er selbst als Lehen von Frankreich be-
sessen habe. Als besser geglückt muss der Versuch des direkten
Nachweises angesehen werden, dass Clermont zeitweise zum Bistum
Verdun in Lehensabhängigkeit gestanden habe; aus den Jahren 1296
bis 1549 werden 6 Lehenserneuerungen bei den Bischöfen von Verdun
vorgelegt, die allerdings auch auf Privatbesitz sich beziehen können;
in einem Vertrage zwischen dem Bischof und dem Herzog Anton von
Lothringen, zu Remilly im Jahre 1539 geschlossen, wird indessen die
Lehenszugehörigkeit der Grafschaft zum Bistum Verdun ausdrücklich
anerkannt. Diese Lehensabhängigkeit wurde zwar 1564 durch einen
gleichfalls vorgelegten Kaufvertrag zwischen dem Herzog Karl II. und
dem Bischofe Psaume, in welchem dieser sich aller Rechte auf die
Grafschaft ausdrücklich entäussert, vollständig aufgehoben ; diesen letz-
teren Vertrag erklärte die Kommission aber für ungültig, weil zur Zeit
des Abschlusses bereits die französische Schutzherrschaft bestanden
habe, die Genehmigung des Königs also einzuholen gewesen wäre.
Durch denselben Vertrag hatte der Bischof auch auf seine Rechte
auf Hattonchätel verzichtet, das 30 km südöstlich von Verdun gelegen,
heute ein Dorf des Departements Meuse ist; die zugehörige Herrschaft,
die seit 1567 Markgrafschaft genannt wird, war zwar von Alters her
unbestrittener Teil des Herzogtums, stand aber, wie der Kaufvertrag
beweist, gleichfalls im Lehensverhältnis zum Bistum Verdun; ein
weiterer Beweis für diese Zugehörigkeit wäre hiernach nicht erforder-
lich gewesen, wird aber doch durch eine Reihe von Urkunden zu führen
gesucht, deren älteste die Bestätigung einer Schenkung Kaiser Ottos II.
durch Kaiser Friedrich 1.!) im Jahre 1156 enthielt.
Aus demselben Grunde der Nichtgenehmigung durch den König
von Frankreich wurden auch kleinere Abtretungen von Aebtissinnen
des Klosters St. Maur in Verdun infolge Kaufvertrages vom Jahre
1620 für ungültig erklärt. Von etwaiger Rückgabe der ausgetauschten
Gegenbesitzungen ist dabei nirgends die Rede.
3. Bistum Metz.
Die Ansprüche auf Gebietsteile für das Bistum waren umfang-
reicher, die Beweise für deren Zugehörigkeit aber noch minderwertiger
als die bisherigen; an ihre Stelle werden daher sowohl in der Be-
schwerdeschrift, wie in dem Urkundenverzeichnis Betrachtungen all-
gemeiner Art gesetzt. In ersterer wird behauptet, dass infolge der
häufigen Besetzung des bischöflichen Stuhles in Metz durch Mitglieder
der herzoglichen Familie gerade die festesten Plätze und die ansehn-
lichsten Herrschaften, die früher dem Bistum gehört hätten, jetzt im
Besitz des Herzogs oder seiner Familie sich befänden, darunter 27
namentlich aufgeführte und andere von unschätzbarem Werte. Von
ersteren wurden 10, nämlich Homburg, Marsal, Nomeny, St. Avold,
Epinal, Blamont, Apremont, Condé, Conflans und Lützelburg auch durch
die Kammer von 1679 reuniert; die der letzteren zur Begründung
vorgelegten Urkunden fehlen 1624 noch, wurden also erst später auf-
gefunden. Neben diesen, dem unmittelbaren weltlichen Besitze des
Bistums entzogenen Herrschaften seien, nach Angabe der Beschwerde-
schrift, auch dem Kloster St. Arnulf (St-Arnould) in Metz und dadurch
mittelbar dem Bistum gehörige Gebietsteile widerrechtlich an das Herzog-
tum Lothringen übergegangen ; endlich sei die Abtei Gorze mit den ihr
gehörigen 15 oder 16 Dörfern unrechtmässigerweise vom Herzog der
Primat-Kirche von Nancy zugeteilt; ihre Einkünfte seien für die Uni-
versität zu Pont-A-Mousson verwendet worden. Diesen drei Gruppen
von Ansprüchen gemäss war auch das Urkunden-Verzeichnis in drei
Abteilungen geschieden; doch enthielt es nur für einen kleinen Teil
der beanspruchten Gebiete Beweisversuche, als Ersatz für diesen Mangel
allgemeine geschichtliche Begründungen, die auch bei späteren Reunions-
Unternehmungen mehrfach wiederkehren sollten. Das alte Königreich
Lothringen, heisst es darin, gelegen zwischen den Flüssen Maas, Schelde,
1) Bei Calmet, histoire Il, preuves S. 350, ist die zweite Urkunde abge-
druckt; in derselben ist Hattonchâtel nicht namentlich aufgeführt.
3%
Rhein, dem Meere und den Vogesen, sei dem französischen Reiche zu
Zeiten der Schwäche von den deutschen Kaisern entrissen worden;
die Besitzergreifung der Bistümer durch Heinrich Il. im Jahre 1552
bedeute daher nur den Wiedereintritt des Königs in den Besitz seiner
Vorfahren, der ihm ungerechterweise während schlechter Regierungen
entzogen worden sei — eine Argumentation, welche auch der General-
prokurator der Kammer von 1679 Ravaulx, in mehrfachen Varia-
tionen wiederholt. Seit dieser Besitzergreifung aber habe der König
von Frankreich thatsächlich die Schutzherrschaft über das Bistum Metz
sowohl, wie über das Metzer Land (pays messin) ausgeübt, was durch
Anführung ausgeübter Hoheitsrechte erhärtet wird; zu welchem Zwecke,
ist nicht ersichtlich, da die Schutzherrschaft nur angemasst und für- die
Begründung des Anspruchs ohne jede Bedeutung war. Eine wirkliche
Begründung wurde nur für 2 der beanspruchten 27 Herrschaften vor-
zubringen versucht, für Nomeny und Marsal. Hauptort des ersteren
Gebietes war die gleichnamige Stadt, heute zum Departement Meurthe
gehörig, 20 km nördlich Nancy gelegen; nach vorgelegten Urkunden
war die Herrschaft im Jahre 1537 durch den derzeitigen Bischof Kar-
dinal Johann von Lothringen für 15000 Fr. an den Grafen Wilhelm
von Fürstenberg verpfändet worden, und von diesem in gleichem Wege
zunächst an den Herrn Jean d’Haussonville, dann 1549 an die herzoglich
lothringische Familie gekommen, beide Male mit Genehmigung des
Bischofs, aber unter stetem Vorbehalte des Einlösungsrechtes durch
diesen. Der Vorgang beweise einerseits, wie die Bischöfe von Metz
mit ihrem Besitze umgegangen seien, anderseits, dass die Einlösung
noch jetzt jederzeit erfolgen könne. Wenn diesen Ansprüchen eine
gewisse Berechtigung nicht aberkannt werden darf, so war dagegen
die Begründung des Anspruchs auf Marsal völlig haltlos. Die heute zu
Deutsch-Lothringen, Kreis Chäteau-Salins gehörige, damals bischöfliche
Stadt war 1555, ihres Charakters als Festung halber von den Franzosen
mit einer Besatzung belegt worden; während der Liga-Wirren hatte
der Herzog sich jedoch in den Besitz der Stadt und Festung gesetzt
und durch Kaufvertrag im Jahre 1593 deren Abtretung vom Bistum
erwirkt; durch den zwischen Frankreich und Lothringen 1594 ge-
schlossenen Vertrag zu St. Germain war der Herzog im Besitze der
Festung bestätigt worden, hatte aber die Verpflichtung eingehen müssen,
das Bistum, zu dem Marsal früher gehört habe, dafür anderweitig zu
entschädigen. Diese Verpflichtung nun, so führt die Vorkammer in der
Verhandlung aus, sei nicht in erforderlichem Masse erfüllt, auch sei
107.
die Zustimmung des Domkapitels von Metz zu diesem Vertrage nicht
eingeholt worden. Der Vertrag sei hiernach als hinfällig anzusehen,
Marsal mit dem Bistum zu reunieren. Von den übrigen 25 Herrschaften
wird im Urkundenverzeichnis nur noch eine namentlich angeführt,
St. Avold, Stadt und Abtei, heute gleichfalls zu Deutsch-Lothringen,
Kreis Forbach, gehörig. Beide waren von Alters her im Be-
sitze des Bischofs von Metz gewesen, im Jahre 1572 jedoch durch
Verkauf an den Herzog von Guise, im Jahre 1581 auf gleichem
Wege an den Herzog von Lothringen gekommen !). Die Rechtmässigkeit
des Verkaufes bestritt die Kammer, ohne jedoch Urkunden dafür vor-
zulegen. Dieser Mangel an Unterlagen, selbst für die Führung eines
Scheinbeweises, dürfte nur dadurch zu erklären sein, dass das bischöf-
liche Archiv zu Vic dem Spürsinn der Kommissare noch entgangen
war; hiernach muss also angenommen werden, dass der Bischof von
Metz, der in den Kammerverhandlungen von 1679 in den Vordergrund
geschoben wurde, 1624 nicht ins Vertrauen gezogen war, oder aber
seine Mitwirkung bei dem Reunionswerke versagt hatte. Der Mangel
an Urkunden hinderte aber nicht, dass in der Schlussverhandlung die
Herrschaften Nomeny, Marsal, St. Avold »und andere« dem Herzoge
von Lothringen aberkannt wurden, womit die Reunion der gesamten,
in der Einleitung aufgeführten 27 Herrschaften ausgesprochen war.
Etwas günstiger für die Beweisführung hatten die Verhältnisse
sich hinsichtlich derjenigen Ansprüche gestaltet, welche aus der früheren
Zugehörigkeit zur Abtei St. Arnulf in Metz abgeleitet worden waren,
da hier augenscheinlich die Klosterarchive durchsucht, und die geeignet
erscheinenden Stücke entnommen waren. Auf Grund von solchen Ur-
kunden wurden Ansprüche erhoben auf die vereinigte Herrschaft Mor-
ville-Baudrecourt, das Dorf Champigneulles und das Priorat nebst
Herrschaft Lay.
Durch die widerrechtliche Entziehung dieser Besitzungen sei nach
den Ausführungen der Kammer die Benediktiner-Abtei dermassen ge-
schädigt worden, dass sie zur Zeit nicht mehr den dritten Teil ihrer
früheren Einkünfte habe.
Morville und Baudrecourt sind heute zwei unbedeutende Dörfer,
nahe beieinander, 28 km südöstlich von Metz in Deutsch-Lothringen, Kreis
Chäteau-Salins, gelegen. Für ihre Zugehörigkeit zur Abtei St. Arnulf
wurden 14 Urkunden vorgelegt; die älteste, vom Jahre 965, ist ein
1) Näheres über die Vorgeschichte der hier reunirten Gebiete s. unter den
Einzel-Reunionen der Kammer von 1679.
BA Te
Schenkungs-Akt, durch welchen ein Edelmann Regimbault die Herr-
schaft Morville der Kirche St. Arnulf abtritt. Vom Jahre 1443 wird
ein auch weiterhin mehrfach verwertetes Verzeichnis vorgelegt, in
welchem die beiden Herrschaften als Eigentum der Abtei aufgeführt
werden; von den übrigen Urkunden hat nur eine wenigstens einen
Schein von Beweiskraft; sie enthält ein 1531 geschlossenes Abkommen
zwischen dem Abt und Convent des Klosters einerseits und den Grafen
von Salm andererseits, wonach erstere die Grafen zu ihren Vögten
wählen (seigneurs voués et protecteurs) und ihnen dafür einige Gerecht-
same und Einkünfte übertragen; diese Rechte seien auf die Herzöge
von Lothringen übergegangen, aber auch die einzigen diesen zu-
stehenden. Die Aneignung der vollen Landeshoheit sei daher unbe-
rechtigte Anmassung. Die übrigen Urkunden betreffen Beziehungen,
welche seitens des Klosters mit französischen Behörden angeknüpft
waren, ohne aber das Verhältnis der Landeshoheit zu berühren. Die
Ansprüche auf Champigneulles, heute Dorf des Departement Meurthe,
5 km nördlich Nancy gelegen, wurden durch das vorstehend genannte
Verzeichnis vom Jahre 1443 und durch eine Urkunde ohne Datum,
welche die Schenkung an die Abtei ausspricht, zu erhärten gesucht.
Die in letzter Linie für die Abtei St. Arnulf beanspruchte Herrschaft
Lay mit zugehörigem Benediktinerkloster ist die heutige Ortschaft Lay
St. Christophe, 7 km nördlich Nancy im Departement Meurthe liegend.
Zur Begründung des Anspruches wird in erster Linie der Schenkungs-
Akt einer Gräfin Eva von Chaumontois (Mutter des Bischofs Adalbero
von Rheims) vom Jahre 950 und das Verzeichnis von 1443 vor-
gelegt; weitere Urkunden betreffen thatsächliche Ausübung von Besitz-
rechten durch Aebte von St. Arnulf im 15. und 16. Jahrhundert;
wenn solche danach auch nicht zu bezweifeln sind, so handelt es sich
dabei eben stets nur um privates Eigentum, welches zwar im Besitze
des Klosters sich befand, aber innerhalb des Herzogtums Lothringen
gelegen war. Diese absichtliche Verwechslung von Privatbesitz und
Landeshoheit muss besonders deshalb hervorgehoben werden, weil sie
im grössten Massstabe bei der Kammer von 1679 wiederkehrt.
Wenn schon bei bisher erörterten Ansprüchen auf das 10. Jahr-
hundert zurückgegangen war, so war noch wesentlich älter das Be-
weis-Material, welches die Kammer für die Abtei Gorze hervorgeholt
hatte. Die heutige Stadt des Landkreises Metz, 15 km südwestlich der
Hauptstadt gelegen, war Sitz der berühmt gewordenen Benediktiner-
Abtei, die zwar zum Bistum Metz gehört hatte, aber mit grosser
Selbständigkeit ausgestattet gewesen war. Nach der Beschwerdeschrift
RU Ne
sollte der Herzog von Lothringen unrechtmässiger Weise den Besitz
dieser Abtei sich angeeignet und sie mit der Primat-Kirche von Nancy
verschmolzen haben. Diesen Ausführungen lag der thatsächliche Vor-
gang zu Grunde, dass Kardinal Karl von Lothringen als Bischof von
Metz 1572 die Säkularisation der Abtei beim Papste bewirkt, und ihre
Einkünfte grösstenteils der neu begründeten Universität in Pont-à-
Mousson zugewendet hatte'); einige vorläufig zurückgebliebene Kloster-
geistliche wurden 1609 entfernt; 1621 wurde die Vereinigung der
Abtei mit der Primat-Kirche von Nancy?) bewirkt (église primatiale ist
ein der Kirche Notredame zu Nancy bei ihrer Gründung verliehener
auszeichnender Titel, der sonst nicht wieder vorkommt). Zweifellos
war dieser Vorgang ein Gewaltakt, und nur in Folge der Besetzung
des bischöflichen Stuhles sowohl wie der Abt-Stelle durch Mitglieder
des herzoglichen Hauses zu erklären; die rechtliche und kanonische
Gültigkeit konnte aber trotzdem nicht wohl angefochten werden.
Die Kammer führte daher auch diese Aufhebung der Abtei nur
als ein Zeichen für das gewaltthätige Vorgehen der Herzöge von Loth-
ringen auf Kosten ihrer Nachbarn an; die Berechtigung der französischen
Ansprüche leitete sie dagegen in erster Linie aus uralten Beziehungen
der Abtei zur französischen Krone her. Zu dem Zwecke werden
zunächst 2 Stellen aus Sigebert von Gembloux angeführt, auf die Jahre
758 und 764 bezüglich, nach denen die Abtei im Auftrage des Königs
Pippin von dessen Neffen Bischof Chrodegang gegründet worden sei.
Die Stellen lauten: »Walpertus abbas in Italia, Chrodegangus, Meten-
sium episcopus, Pipini regis ex Landrada sorore nepos, clarent in Gallia,
qui Gorziam coenobium fundavit in Mettensi parocchia«, und: »Chrode-
gangus episcopus corpora martyrum Gorgonii, Naboris et Nazarii Roma
ad Galliam transtulit et Gorgonium quidem in Gorzia reposuit.«< Wäh-
rend die Stellen richtig citiert sind”), ist dagegen der Zusatz: »Cette
abbaye done fondee, non seulement par le dit Chrodegangus, neveu
de Pepin II, mais par Pepin m&me« freie Erfindung Dupuys. Weiterhin
wurden 4 Urkunden vorgelegt, enthaltend Schenkungsakte des Königs
Pippin, des Bischofs Angilram und Bestätigungen dieser Schenkungen
durch Karl den Grossen. Die demnächst vorgebrachten Beweisstücke
waren wesentlich jüngeren Datums und betrafen Gunstbezeugungen
französischer Könige an die Abtei aus dem 15. und 16. Jahrhundert,
sowie fiskalische und municipale Beziehungen der Stadt Metz zur Abtei,
1) Bulle Gregor XIII., abgedruckt bei Calmet III, preuves S. 688.
2?) Chaussier, l’abbaye de Gorze, 1894, S. 349.
5) MG. SS. VI, S. 332.
2-40 =
denen zum Schlusse noch eine Uebertragung von Gerechtsamen seitens
des Bischofs an König Heinrich II. aus dem Jahre 1556, also aus der
Zeit der französischen Okkupation zugefügt wird').
Neben diesen in 3 Gruppen zusammengefassten Ansprüchen wurde
in letzter Linie das Dorf Cherizey, heute zum Landkreise Metz gehörig,
12 km südlich dieser Stadt gelegen, der Krone Frankreich zuerkannt;
in der Begründung wird angeführt, dasselbe habe nur zum vierten Teil
dem Herzoge von Lothringen, im Uebrigen aber den Abteien St. Sym-
phorian und St. Glossinde in Metz gehört, der Herzog habe daher unbe-
rechtigter Weise die Landeshoheit über das Ganze sich angemasst.
Urkunden oder sachliche Beweise wurden aber für diese Behauptung
nicht vorgebracht.
Nach Beendigung des Auftrages erstattete Lebret im Namen der
Kommission der Regierung und dem Parlamente zu Paris Bericht,
worauf die Reunionen im Herzogtum und selbst unter den Mauern von
Nancy in rücksichtslosester Weise bekannt gemacht wurden. Natur-
semäss blieben diese Reunionen ebensowenig wie die spätern umfang-
reicheren nicht ohne Protest seitens der Beteiligten, vor Allem also
des Herzogs von Lothringen. Denkschriften und andere Schriftstücke
(documents) liegen noch heute vor, durch welche die in St. Epvre und
Saint-Mansuy angeschlagene Benennung »Vorstadt von Toul« bekämpft
wird; eine andere Denkschrift führt den Titel: »refutation ou contre-
dit des moyens proposés le 26 avril par le procureur du roi en la
ville, comté et gouvernement de Toul à Messieurs Lebret de Lorme
et Dupuy, commissaires nommés par le roi très chrétien pour la re-
cherche de ses droits dans les trois évêchés”?).
Wie die Uebersicht über die Thätigkeit der Vor-Reunionskammer
von 1624 zeigt, waren die von ihr ausgesprochenen Reunionen nicht
allzugrossen Umfanges; auch fand eine gewaltsame Durchführung der-
selben nicht sogleich statt; der Auffassung d’Haussonvilles?) aber, dass
es sich nur um eine Warnung des Herzogs gehandelt habe, kann nicht
beigetreten werden; eine Verwertung der gewonnenen Resultate bei
späteren, zur Zeit schon geplanten Unternehmungen gegen Lothringen
war wohl die vornehmlichste Absicht bei Einsetzung dieser Kommission.
Ihre grösste Bedeutung liegt aber in dem Vorbilde und Muster, das sie
für die spätere Haupt-Kammer abgegeben hat. Zweifellos haben wir
') Die Urkunden über Gorze sind zum Teil abgedruckt bei Calmet I,
preuves, S. 275 ff.
?) Marichal, S. 47, No. 63.
°) d’Haussonville, Histoire de la réunion de Lorraine 1854 I, 5. 173.
a E
in der ganzen Gewaltthätigkeit und Scrupellosigkeit, mit der diese Ver-
handlungen geführt wurden, den Geist Richelieus zu erblicken, in dessen
Hand die 3 Kommissare sowohl wie die zugezogenen Justizbeamten
nur gefügige Werkzeuge gewesen waren, und der in seinen Memoiren
direkt ausspricht, dass er die Vernichtung Lothringens sich zum Ziel
gesetzt habe!). Hiernach muss es mindestens als fraglich hingestellt
werden, ob ohne diesen Vorgang die Reunionskammer von 1679 über-
haupt eingesetzt worden wäre, und ob ohne das Muster von Dupuy
der Generalprokurator Ravaulx sich zu dem später zu schildernden
Grade von Rechtsverdrehung und Sophistik hätte aufschwingen können.
Berücksichtigen wir dabei, dass Richelieu wenige Monate nach seinem
Amtsantritt mit einem derartig überlegten, zweifellos in seinem Geiste
vorbereiteten Unternehmen vorging, so wird man der Erkenntnis sich
nicht verschliessen dürfen, dass nicht die angeführten geringen Gebiets-
abtretungen das Ziel der Kammer waren, sondern dass dieselbe nur
der erste Schritt zur Erreichung seiner Lebensaufgabe, der Ausdehnung
Frankreichs bis zu seiner »natürlichen Grenze«, dem Rheine, sein
sollte, wie sie, nahezu 200 Jahre früher, durch Karl VII. gefordert
worden war.
Diese Wiederaufnahme der Idee der natürlichen Grenzen soll nach
einer neuern, besonders die Biographie des Pater Joseph berücksichti-
senden Studie?) diesem noch fremd, und von Richelieu selbständig an-
genommen sein; Verfasser sagt weiterhin über die Politik beider:
»Richelieu et le père Joseph représentèrent au pouvoir les deux doc-
trines qui ont constitué la conscience nationale, la doctrine de lhégé-
monie morale, de la primauté chrétienne, et la doctrine des frontières
naturelles, de l'extension territoriale, absorbant ces pays limitrophes,
ces populations sans caractère ethnographique. «
»Der ungeheure Ehrgeiz Richelieus hatte niemals ein anderes Ziel,
als die Macht und Grösse Frankreichs«, sagte Graf Molé in der Aka-
demie-Sitzung zu Paris vom 30. Januar 1846; dafür liefern auch die
vorstehend geschilderten Verhandlungen einen erneuten Beweis.
1) Mémoires du cardinal de Richelieu 1823; über deren Bedeutung
s. weiter unten.
?) Fagnier, Richelieu et l'Allemagne, 1624—1630, in Revue historique, 45. Bd.
S. 1 ff. (jetzt auch bei Fagnier, Le père Joseph et Richelieu, 1894).
IV:
Das Parlament zu Metz.
In planmässiger, zielbewusster Weise erfolgte das weitere Vor-
gehen Richelieus. Zunächst galt es den beabsichtigten Gewaltthaten
im Sinne der Reunions-Beschlüsse den Charakter oder wenigstens den
Schein eines geordneten Rechtsverfahrens zu Grunde zu legen; dazu
war der Spruch eines wirklichen Gerichtshofes erforderlich, eines Par-
laments nach Art der in andern Provinzen Frankreichs bestehenden,
deren Wirkungskreis damals noch ein fast ausschliesslich richterlicher
war und erst unter den Nachfolgern Ludwigs XII. in bedeutsamer
Weise auf Verwaltung und Gesetzgebung ausgedehnt wurde. Die Er-
richtung eines solchen Parlamentes in Metz sollte aber, entgegen der
zumeist herrschenden Auffassung, nicht nur die Rechtsprechung in den
drei Bistümern zentralisieren, und damit die Autorität des Königs in diesen
neu erworbenen Gebieten festigen ; sie sollte vielmehr unmittelbar die
Reunionsbestrebungen des Kardinals unterstützen und fördern. Anläufe
zur Einsetzung eines Metzer Parlaments waren bereits zu wiederholten
Malen gemacht worden, ein kleiner Stamm für ein solches auch in der
Reichsstadt vorhanden). Schon im Jahre 1569 war nämlich die Be-
stallung eines Justiz-Präsidenten mit zwei Notaren, behufs Schlichtung
von Streitigkeiten zwischen Bürgern und Soldaten erfolgt, zu denen
bald nachher ein Prokurator des Königs in Metz mit Stellvertretern in
Toul und Verdun trat, dieselben, welche wir bei der Vor-Reunions-
kammer in angeblicher oder wirklicher Thätigkeit gesehen haben. Die
Zuständigkeit dieser Beamten wurde nach und nach, trotz wiederholter
Beschwerden der städtischen Behörden und Stände, erweitert. Die Er-
sänzung des Kollegiums zu einem wirklichen Parlamente wurde 1602,
1609 und in energischer Weise 1613 versucht, scheiterte aber jedesmal,
in letzterem Jahre hauptsächlich an einem entschiedenen Proteste des
Kaisers Mathias. Auch die drei Kommissare von 1624 hatten den Auf-
trag erhalten, die Errichtung eines Parlaments an Ort und Stelle ein-
zuleiten, kamen aber infolge entschiedenen Widerspruchs aller drei
Stände damit nicht zustande. Im Januar 1633 endlich, zwei Monate
nach der Schlacht bei Lützen, schien die längere Fortdauer des dreissig-
jährigen Krieges, und damit die Schwächung Deutschlands genügend
gewährleistet, um den folgenschweren Schritt thun und nötigenfalls mit
Gewalt die Einsetzung durchführen zu können. »La main puissante
1) Michel, Histoire du Parlement de Metz 1845, S. 11 ff.
la
de Richelieu se fait sentir dans cet acte important«, sagt darüber der
Geschichtsschreiber des Metzer Parlaments ?).
Durch die Errichtung des Parlaments sollte in erster Linie das
letzte Band zerrissen werden, welches die usurpierten Bistümer noch
mit dem Reiche verband. Wenige Jahre vorher, 1628, hatte der
Bischof von Verdun durch eine Reise nach Paris der Befestigung der
französischen Macht in seinem Bistum entgegenzuwirken, und im Be-
sondern den Bau eines Kastells in Verdun zu verhindern gesucht, auch
seinen Wünschen entsprechende Zusagen vom Könige erhalten. » Wir
haben aber bald nach unserer Abreise von Paris ganz schmerzlich
vernommen, wes Maszen diese Königliche Parole hei Seite gesetzt,
vorangeregtes Kastell in unserer Stadt Verdun und dessen Fortifikation
mit noch mehrerem Ernst fertiggestellt, die französischen Garnisonen
daselbst verstärkt, der römische Adler in dieser Stadt zu Schimpf und
Verkleinerung des heiligen römischen Reiches aller Enden ab- und
niedergerissen und die geistlichen Güter daselbst usurpiert worden«
sagt der Bischof in einer Eingabe an den Reichstag zu Regens-
burg 1641 ?).
Zu dieser Errichtung der vollen französischen Landeshoheit trat
jetzt noch als Schlussstein die Unterstellung der 3 Bistümer unter die
Jurisdiktion des Metzer Parlaments und das schon von Heinrich IV.
erlassene, jetzt erneute Verbot der Appellation bei dem Reichskammer-
Gerichte zu Speier. Aber noch weiter gehende Aufgaben politischer
Natur waren dem Parlament gestellt.
Eine Stelle in dem Gründungs-Edikte vom 15. Januar 1633 lässt
darüber keinen Zweifel; das Parlament sollte der Befestigung der
Königlichen Souveränität nicht nur in den bereits besetzten Bistümern
dienen, sondern auch: »dans toutes les autres terres et seigneuries,
comprises dans l’etendue des dites provinces et anciens ressorts, souve-
rainetés et enclaves de celles«®). Der Herausgeber der Akten des
Metzer Parlaments macht zu dieser Stelle im Jahre 1774 die folgende
Bemerkung: »la chambre royale fit en 1680%) le commentaire de ce
texte«. Aehnlich lautete auch die Antrittsrede des Präsidenten, An-
toine de Bretagne, in welcher er hinwies auf »les droits qui apparte-
1) Michel, S. 19.
?) Moser, Teutsches Staatsrecht, 1748, Bd. 35, S. 213.
») Emmery, Recueil des édits pp. enregistrés au Parlement de Metz 1774 I, S.6.
*) Die Reunionskammer wird diesseits immer nach dem Jahre der Ein-
setzung, 1679, benannt.
a ve
naient si légitimement à Sa Majesté en les dits pays qui étaient no-
toirement des anciennes appartenances de son royaumes ).
Wie umsichtig der Kardinal aber hierbei, entsprechend seiner
sanzen staatsmännischen Thätigkeit verfuhr, geht daraus hervor, dass er
gleichzeitig die öffentliche Meinung in und ausserhalb Frankreichs auf die
beabsichtigten Unternehmungen vorbereiten und die Anrechte Frankreichs
auf weitere Gebiete als die 3 Bistümer darlegen liess. Zu dem Zwecke
erschien im Jahre 1632 zu Paris eine Schrift des Paters Charles Her-
sent, bischöflichen Kanzlers, unter dem Titel: de la souverainete du
roi a Metz, pays messin et autres villes et pays circonvoisins?). Ganz
ohne tiefen Gehalt und geschichtlichen Wert, ist das kleine Werk be-
sonders durch die Maszlosigkeit der Forderungen und das Fehlen jeder
rechtlichen Begründung auffällig; in ihm wird unverhüllt das ganze
linke Rheinufer von den Alpen bis zur Nordsee für Frankreich in
Anspruch genommen; das Herzogtum Lothringen sei nach seiner ganzen
Geschichte und den Zeugnissen der Schriftsteller aller Zeiten als ein
Teil Frankreichs anzusehen; die Uebertragungen Lothringens durch
Kaiser Otto I. seien daher ungültig, da dieser nicht über einen Staat
verfügen konnte, der ihm nicht gehörte; und »selon la regle du droit
le cours du temps ne valide point une chose, qui n’a point eu de va-
leur en ses commencements«.
Hinsichtlich des Anspruches auf die Rheingrenze heisst es zum
Schlusse des Buches: »Nach den Zeugnissen von Egesippus, Caesar,
Strabo, Tacitus und Ammianus Marcellinus habe der Rhein mit den
Alpen und dem Meere die Grenze Frankreichs gebildet; demgegenüber
könne die Verschiedenheit der Sprache nicht ins Gewicht fallen«. Aehn-
lichen Charakters, aber noch maszloser in ihren Forderungen ist eine
im gleichen Jahre erschienene Schrift des königlichen Rates Cassan,
betitelt »La recherche des droits du roi . . .«, in welchem der Ver-
fasser auf Grund von Eroberungen, Erbfolgen, Käufen und anderen
zechtstiteln (titres légitimes) Anspruch auf nahezu das ganze mittlere
und südliche Europa macht. Das »alte Königreich Lothringen« wird
dabei von der Maas bis zum Rhein auf Grund der karolingischen
Teilungen für Frankreich gefordert (»la Lorraine donnée en partage
1) Lothr. Jahrb. VI, 1894, S. 282. Sauerland nennt hier diese Aeusserung
die erste amtliche Verkündigung des Reunionsgedankens, was nach Vorstehendem
nicht zutreffend ist.
?) Eine Schrift ähnlichen Titels: Lebret, traité de la souveraineté du roi,
1632, deren Verfasser der genannte Kollege Dupuys sein dürfte, ist mir nicht
zugänglich gewesen.
=" AS “=
aux enfans de France«), wobei auch bereits der Thätigkeit der Vor-
reunionskammer Erwähnung geschieht. Mehr noch als dieses weist
auf die Inspiration durch Richelieu die Vorrede hin, in der das Werk
unter äusserst schwülstigen und byzantinischen Ausdrücken dem Kar-
dinal gewidmet wird. Die Beteiligung Richelieus an der Herausgabe
dieser Schriften dürfte umsoweniger zweifelhaft sein, als sie zusammen-
fällt mit den Vorbereitungen zur aktiven Teilnahme Frankreichs am
dreissigjährigen Kriege, welche die Erreichung der in den Schriften
begründeten Ansprüche einleiten sollte; in einem dem Könige erstatteten
Gutachten vom Anfange des Jahres 1633 spricht Richelieu direkt aus,
dass für thätige Unterstützung der protestantischen Fürsten gegen den
Kaiser diese das ganze linke Rheinufer dem Könige überlassen und
sich verpflichten müssten, ohne seine Zustimmung nicht Frieden zu
schliessen). Die Vorteile seien gross, die Gefahr gering; der König
dehne, ohne einen Schuss zu thun, sein Reich bis zum Rhein aus.«
Diese Denkschrift giebt den Schlüssel für die ganze von Richelieu
während des dreissigjährigen Krieges verfolgte Politik. Denn um den
Weg nach dem Rheine frei zu machen (»ouvrir la route«), musste
man in erster Linie sich des Herzogtums Lothringen bemächtigen ; eine
andere im Auftrage des Kardinals verfasste Denkschrift: »Quel est le
plus sûr moyen pour réunir à la France les duchés de Lorraine et de
Bar« sollte dazu die Wege ebnen. Vorbereitet war das Unternehmen
schon durch die Thätigkeit der Vorreunionskammer von 1624, deren
hohe politische Bedeutung auch hierdurch in die Augen springt, wenn
auch ihren Beschlüssen keine unmittelbare Folge gegeben war. Zu-
gleich mit dem Eingreifen Frankreichs in den dreissigjährigen Krieg
beginnen die planmässigen Uebergriffe und Misshandlungen Lothringens
seitens Frankreichs, durch welche die ganze Regierungszeit Herzogs
Karl IV. und seines Nachfolgers, Herzogs Karl V. gekennzeichnet ist,
und denen die zweifellose Absicht der dauernden Aneignung des ganzen
Herzogtums zu Grunde lag. Nachdem der Herzoÿ veranlasst war, seine
Truppen zur Unterstützung der katholischen Fürsten über den Rhein
zu führen, wird ihm nachher diese Unterstützung vorgeworfen; im
1) Mémoires du cardinal de Richelieu. Paris 1823. VII, S. 272. Zweifellos
dürfte dieses Aktenstück zu den echten Teilen der Mémoires zu rechnen sein
(s. Ranke, Sämtliche Werke XII, S. 137). Fagnier (Le père Joseph et Richelieu
1894 I, S. 12) nimmt übrigens an, dass die ganzen Mémoires Richelieu vorgelegen
haben.
Auf die Bedeutung der Memoiren Richelieus für die Erkennung dieser
seiner Politik bin ich durch den Privatdozenten Dr. Bloch in Strassburg aufmerksam
gemacht worden,
Vertrage von Vie vom 6. Januar 1632 musste er die Festung Marsal
(reuniert 1624 und 1679) für 3 Jahre an Frankreich ausliefern. Trotz
dieses Vertrages erfolgte nach wenigen Monaten die Besetzung Loth-
ringens durch den Marschall Schomberg ohne vorhergegangene Kriegs-
erklärung; für die Befreiung seines Landes musste der Herzog Clermont
en Argonne (reuniert 1624) dauernd, Stenay und Jametz für 4 Jahre
im Vertrage zu Liverdun 1632 abtreten. Neue Kämpfe zwischen Loth-
ringen und Schweden gaben, wenngleich von Frankreich herbeigeführt,
zugleich mit der dem Könige missliebigen Heirat des Herzogs von Orleans
mit der Schwester Karls IV. den Vorwand zu erneuter Besetzung des
Herzogtums. Im September 1633 erfolgte die Besetzung der Haupt-
stadt Nancy; vergebens hatte der Herzog durch Sendung seines Bruders,
des Kardinals Franz von Lothringen an den französischen Hof dieser
Vergewaltigung vorzubeugen gesucht'!). Eine Unterredung, welche der
Kardinal Franz nach einer Audienz beim Könige, am 20. August 1633
zu Chäteau-Thierry mit Richelieu hatte?), ist besonders deshalb be-
merkenswert, weil der Minister in unverhohlener Weise die Pläne
Frankreichs auf den Erwerb Lothringens und des ganzen linken
Rheinufers aussprach. »Richelieu avance ensuite la chose la plus
pitoyable du monde, la pretention la plus frivole, la plus ridicule
qu'on puisse imaginer; le roi prétend que la souveraineté sur la Lor-
raine lui appartient et que l’hommage lui est dû; l’empire l’a depuis
longtemps usurpée à la couronne de France. Dieu ouvre à Sa Majesté
les voies de rétablir la monarchie dans son ancienne grandeur; la
postérité n’aurait-elle pas sujet à blämer le roi, s’il négligeait de rentrer
dans les droits de ses prédécesseurs, et s’il n’employait pas la force
de ses armes pour cet effet« waren die Worte Richelieus dem Kardinal
gegenüber ?). In einer Audienz beim Könige, zu St. Dizier an einem
der folgenden Tage setzte Richelieu noch hinzu, dass der König sich
Nancys bemächtigen müsse, als der »plus forte barriere que Sa Majeste
puisse opposer à la maison d’Autriche; il faut l’avoir, à quelque prix
que ce soit«°). Einen Monat später war die lothringische Hauptstadt
in den Händen der Truppen des Königs. Auch die Abdankung des
Herzogs zu Gunsten seines Bruders vermochte dem Lande nicht die Be-
freiung zu bringen, wie nach obigem erklärlich; mit dem Falle der
Festung La Mothe, im März 1634, war das ganze Herzogtum Lothringen-
Bar im französischen Besitze.
1) d’Haussonville I, S. 280 ff.
?) Mémoires de Richelieu VII, S. 415.
*) Le Vassor, Histoire du règne de Louis XIII 1751, VII, S. 794.
ea
In die letzgenannte Festung hatte Herzog Karl alle wichtigen auf
das Verhältnis zu Frankreich bezüglichen Urkunden bringen lassen;
bei der Einnahme hier vorgefunden, wurden sie nach Nancy gebracht
und dem früher genannten Archivar Theodor Godefroy übergeben.
Dieser erkannte sogleich die hohe Bedeutung der Schriftstücke für die
von Richelieu eingeleiteten Reunionen; er überreichte dem Kardinal
eine Denkschrift, worin er die Hoheitsrechte des Königs auf eine Reihe
von Gebietsteilen des Herzogtums zu beweisen suchte, theils im lehens-
abhängigen Bar, theils, wie Neufchäteau, Epinal, Pont-a-Mousson (alle
reuniert 1679), im übrigen Teile der Herzogtümer gelegen. Aus den
Urkunden wurde eine Auslese genommen und zu eingehendem Studium
nach Paris gebracht. Das vorliegende Inventar dieser Sammlung, ver-
glichen mit den Einzel-Reunionen, zeigt, dass gerade hier die meisten
Urkunden für die Ansprüche auf herzogliche Gebietsteile gefunden
wurden !).
Inzwischen hatte Richelieu auch das neu errichtete Parlament zu
Metz zu Schritten im Sinne seiner Reunions-Absichten veranlasst:
»Seit der Zeit der Errichtung des Parlaments von Metz hatte der Mi-
nister es im Auge gehabt, diejenigen Gebiete und Herrschaften mit der
Krone zu vereinigen, die einstmals vom weltlichen Besitze der Bischöfe
von Metz, Toul und Verdun abhängig, jetzt aber im Besitze der Her-
zöge von Lothringen und mehrerer anderer Fürsten des Reiches waren ?).«
Das Parlament entsprach diesen Erwartungen vollständig, es verlor es
nicht aus dem Auge, seiner Befugnis die ganze Ausdehnung zu geben,
deren es nach den Ausdrücken des Gründungs-Ediktes von 1633 fähig
war; es schickte Kommissare nach Vic, um dort die Archive der
bischöflichen Kanzlei zu untersuchen ; Gillet, Stellvertreter für die Recht-
sprechung in Verdun, und Gillot, der das gleiche Amt in Toul hatte,
gaben sich viele Mühe ihrerseits; Gillot machte so wichtige Entdeckungen,
dass sie ihm eine Pension von 800 Fr. eintrugen *).«< Hiernach be-
wirkte das Parlament eine Ergänzung der Untersuchungen von 1624
durch Ausbeutung des früher anscheinend übersehenen Archivs zu Vie;
wie schon aus der angezogenen Stelle ersichtlich, wollte man zu einer
weit ausgedehnteren Beanspruchung von Gebieten schreiten. Ungesäumt
ging das Parlament mit der Ausnutzung des gefundenen Materials vor;
durch Beschlüsse vom 2. Dezember 1633 und 5. Januar 1634 dehnte
es seine Befugnisse auf eine Reihe herzoglich-lothringischer Gebietsteile
1) Abgedruckt in Recueil de documents IIl.
2) Emmery I, S.6, Anm.
8) Emmery I, S. 260, Anm.
a ess
aus’). Trotz der französischen Okkupation erfolgte Protest des Herzogs
beim König; in einem im Original vorliegenden Briefe?) des Königs
vom 30. Dezember 1633 an das Parlament wird diesem mitgeteilt, dass
der Herzog sich bei ihm über die Entsendung von Justiz-Beamten des
Parlaments nach Epinal, Blamont und St. Nicolas du Port (alle drei
reuniert 1679) beschwert habe; der König verbietet derartige Mass-
nahmen ohne seinen ausdrücklichen Befehl. Das sechs Tage später er-
lassene, vorstehend erwähnte Edikt des Parlaments zeigt, wie diese
Kabinetsordre aufgefasst, vielleicht auch im Geheimen von Richelieu
erläutert war. Aehnliche Schreiben ergingen seitens des Königs an das
Parlament infolge von Klagen des Herzogs über richterliche Uebergriffe
des Parlaments in Marsal, den Vorstädten St. Evre und St. Mansuit und
in Gorze (alle reuniert 1624)*). Ein ferneres Schreiben des Königs vom
2. Juli 1634 untersagt die Ausübung der Gerichtsbarkeit in St. Nicolas,
Epinal, Dieuze (alle reuniert 1679), Champigneulles (reuniert 1624) und
anderswo in der Umgebung von Nancy (ailleurs autour de Nancy),
weil sie ohne Einholung des Willens des Königs erfolgt sei. Doch liess
diese letztere nicht lange auf sich warten; im August 1634 erging ein
Edikt: »portant création de cinq bailliages et de huit prévôtés dans le
ressort du Parlement de Metz«!), welches von dem Herausgeber der
Parlamentsbeschlüsse als die erste Frucht der Arbeiten von Gillet und
Gillot bezeichnet wird, das aber auch den Sprüchen der Vorreunions-
kammer von 1624 Rechnung trug. Denn als Sitze für die fünf Ober-
amts-Gerichte wurden bestimmt:
1. Metz, mit ausdrücklich genannter Ausdehnung seiner Zu-
ständigkeit auf Apremont, Conflans, Marslatour, Courcelles
(alle vier reuniert 1679), Coin und Cherizey (reuniert 1624).
2. Toul, in gleicher Weise auch für die Vorstädte St. Evre und
St. Mansuit, die Herrschaften Bouxières aux Dames und
Bouligny (alle reuniert 1624).
3. Verdun, auch für Dieulouard, Hattonchätel (reuniert 1624
und 1679), Marcheville und Jametz (abgetreten 1641).
4. Vic, auch für St. Avold, Homburg, Marsal (alle reuniert 1624
und 1679).
5. Mouzon.
1) Emmery I, S. 106.
?) Die in der vorliegenden Arbeit benutzten ungedruckten Briefe, Urkunden,
De u. s. w. gehören, soweit nicht anders angegeben, dem Bezirks-Archiv
#) Nur Auszüge ohne Datum liegen vor.
*) Emmery I, S. 229.
EU pus
Die Errichtung der Amtsgerichte (prévôtés, auch mit dem Zusatz
»subalternes« bezeichnet) erfolgte in Gorze, Clermont (beide reuniert
1624), Nomeny (reuniert 1624 und 1679), Chäteau-Renaud, Stenay
(abgetreten 1641), Varennes, Montignon und Vienne-le-Château.
Zwei Jahre später, im Mai 1636, erfolgte die Verlegung des
Parlaments nach Toul, trotz heftigen Protestes seiner Mitglieder, an-
geblich wegen Nähe des Feindes in Diedenhofen und vorgekommener
Streitigkeiten mit den Militär-Behörden von Metz; in Wirklichkeit aber
wohl nur um dasselbe zu den reünierten und noch zu reünierenden
Gebieten, sowie zum ganzen Herzogtum Lothringen in eine mehr cen-
trale Lage zu bringen; denn gleichzeitig wurde die in Nancy 1634 er-
richtete, nach Art und Zusammensetzung dem Parlamente ähnliche
cour souveraine aufgelöst und die Zuständigkeit des Parlaments auf
das ganze Herzogtum ausgedehnt. Ein Versuch, den Herzog zur frei-
willigen Aufgabe Lothringens im Austausche gegen die Auvergne zu
bestimmen, den Richelieu zu dieser Zeit durch einen gefangenen Offi-
zier des Herzogs, Herrn de Salins, machen liess'), scheiterte an der
Weigerung des Herzogs; ebenso die Wiederholung des Angebotes durch
einen Vertrauten des Kardinals Herrn de Fontenoy; der Herzog gab
stets die Antwort, dass er Lothringen und Bar so wiederhaben wolle,
wie sie beim Tode seines Vaters gewesen seien’). Die Thätigkeit des
Parlaments scheint aber nunmehr in Folge der Missstimmung der Mit-
glieder etwas erlahmt zu sein; sie beschränkte sich darauf, die fran-
zösische Herrschaft in den erworbenen Gebieten zu befestigen und die
Berechtigung der Ansprüche durch weitere Urkunden zu erhärten. So
wurden im Jahre 1637 neun Urkunden für die Zugehörigkeit der
Herrschaft Lay (reüniert 1624) zu den Bistümern beigebracht und den
Parlaments-Akten einverleibt. Eine Veränderung der Verhältnisse er-
folgte zwar durch den Vertrag von Paris vom 29. März 1641; dieselbe
war aber nur von kurzer Dauer und anscheinend französischerseits
nicht ernstlich gemeint. Durch diesen Vertrag wurde der Herzog zwar
wieder eingesetzt, musste aber endgültig an Frankreich abtreten: die
Stadt und Grafschaft Clermont en Argonne, die Aemter Stenay und
Jametz und die Stadt Dun, sämtlich im heutigen Departement Meuse
gelegen; ausserdem räumte der Herzog dem Könige das Beselzungs-
recht von Nancy für die Dauer des Krieges ein, und verpflichtete sich,
seine Truppen mit den königlichen zu vereinigen und dem Könige
1) Vergl. den schon 1569 gemachten Vorschlag eines ähnlichen Tausches
oben S. 11.
?) d’Haussonville II, S. 83, ff.
=; 501
schwören zu lassen. In einem geheimen Zusatze zu diesem Friedens-
vertrage war aber festgesetzt worden, dass, falls der Herzog dem
Vertrage zuwider handeln sollte, das ganze ihm zurückgegebene Gebiet
der französischen Krone verfallen sei. Ein solcher Vertragsbruch
wurde bald darauf festgestellt, bezw. konstruiert; der König erklärte
darauf das ganze Herzogtum für einverleibt in Frankreich und liess
aller Orten sich den Eid der Treue schwören.
V.
Der westfälische Frieden und seine Folgen ').
Nach der Besitzergreifung Lothringens trat eine mehrjährige Ruhe-
pause in den Reunions-Bestrebungen ein, wozu der 1642 erfolgte Tod
Richelieus und die Inanspruchnahme Frankreichs durch die aktive Teil-
nahme am 30 jährigen Kriege beigetragen haben mögen. Um so ener-
gischer wurden dieselben aber in den Friedens-Verhandlungen zu
Münster und Osnabrück wieder aufgenommen. Frankreich befand sich,
als der 30 jährige Krieg seinem Ende zuneigte, in einer äusserst vorteil-
haften Lage; überall hatte es seine Machtsphäre in die benachbarten
Länder vorgeschoben, im spanischen Gebiete Roussillon, einen Teil
Flanderns und Luxemburg, in Italien Pignerol, Cassale und andere
Plätze, in Deutschland fast das ganze Elsass und die Festung Philipps-
burg in seinen Besitz gebracht; »elle ne s’etait jamais vue dans un si
haut point de splendeur, et on peut dire, que tant de succès étaient
l'ouvrage du cardinal de Richelieu, qui en avait tracé le plan et dont
le génie semblait encore présider aux conseils de la France et donner
le mouvement à ses entreprises + ?).
Durch den Friedensschluss sollte zunächst der thatsächliche Besitz
der 3 Bistümer in einen staatsrechtlich anerkannten verwandelt werden;
früher, so war anzunehmen, würden die Rückforderungen seitens des
Reiches nicht aufhören. Noch im Jahre 1641 hatte der Bischof von
Verdun eine (früher schon erwähnte)*) Denkschrift an den Reichstag
zu Regensburg gerichtet, um der endgültigen Abtretung seines Bistums
') Das Tatsächliche im Folgenden zumeist nach: von Meiern Acta pacis
Westfalicae 1736 und: Negotiations secrètes, touchant la paix de Munster, 1726;
eine (noch ausstehende) archivalische Bearbeitung der lothringischen Satisfaktions-
Frage liegt ausserhalb des Bereiches der vorliegenden Arbeit.
*) Bougeant, Histoire du traité de Westphalie, 1751, III, S. 40.
*) s. 5. 43 die Denkschrift bei Moser, Bd. 35, S. 213.
an Frankreich entgegenzuwirken; er sagt darin, dass er gegenüber der
französischen Usurpation »des heiligen Reiches Assistenz zu verschie-
denen Malen ganz beweglich implorirt, bei selbiger Zeit Beschaffenheit
aber ein Mehreres nicht habe erhalten können als allergnädigste Trost-
Briefe und eine »Commission zur Berichterstattunge. Die gegenwär-
tige Vorstellung ging dahin, dass »da es der liebe Gott unterdessen
zu den so hoch desiderierten Friedenstraktaten wirklich kommen lassen
sollte, mit der Krone Frankreich einige Handlung nicht gepflogen,
weniger geschlossen werden möge, es seien denn auch wir sammt
unserem jetztbenannten Bisthum und dessen völlige Restitution darinnen
inkludirt und mit einverleibt«. Der für die Stimmung in den Bis-
tümern ca. 100 Jahre nach Beginn der französischen Herrschaft be-
zeichnende Schritt musste natürlich erfolglos bleiben; französischer
Seits wurde die Abtretung als ausser Frage stehend und nicht einmal
eine Satisfaktion für Frankreich bedeutend angesehen; die Absichten
gingen vielmehr von vornherein, abgesehen von der Beanspruchung des
Elsasses auf eine Erweiterung der 3 Bistums-Gebiete, auf Kosten des
benachbarten Reichslandes. Auch hierbei schwebte unverkennbar den
französischen Machthabern, in erster Linie also dem Kardinal-Minister
Mazarin, die Gewinnung der Rheingrenze als Endziel vor.
Am 9. Februar 1645 berichteten die kaiserlichen Bevollmächtigten
zu Osnabrück dem Kaiser »in Frankreich gingen die discursus, als
würde man von Seiten selbiger Krone den Rheinstrom pro termino
imperii begehren«. Eine möglichst weit vorgeschobene Etappe auf
dem Wege dahin zu erreichen, war jedenfalls die Aufgabe, welche
die französchen Gesandten, Herzog von Longueville, Herren d’Avoux
und de Servien, auch für die Verhandlungen über die Abtretung der
drei lothringischen Bistümer mit allen Mitteln durchzusetzen bestrebt
waren.
Ueber diese Verhandlungen und ihr endgültiges Ergebnis im
Friedens - Vertrage von 1648 sind hinsichtlich dieser drei Bistümer
in der neuesten deutschen Geschichtschreibung mehrfach irrtümliche
Auffassungen zu Tage getreten. Wenn darin gesagt wird, die Be-
stimmungen, unter denen das Elsass abgetreten worden, seien minder
klar als die über das bischöflich lothringische Gebiet; oder sogar
die Ablösung der drei Bistümer vom deutschen Reiche sei mit un-
zweideutigem Ausdruck erfolgt, und nur Controversfragen von sekun-
därem Charakter seien hervorgetreten '), so entspricht dieses keineswegs
1) Erdmannsdörffer, Deutsche Geschichte, I, S. 39.
4*
= Ne
den thatsächlichen Verhältnissen ; der Streit um die Ausdehnung der abzu-
tretenden 3 Bistümer war vielmehr ein sehr lebhafter und konnte ohne
orundsätzliche Einigung nur durch die Wahl eines zweideutigen Aus-
drucks im Friedens-Instrumente beendet werden, was verhängnisvolle
Folgen für das Reich haben sollte.
Der Verlauf der Verhandlungen über diese lothringische Satis-
faktionsfrage war im Einzelnen folgender: Im November 1644 hatten
die französischen Bevollmächtigten von Münster aus ihrer Regierung
den Vorschlag gemacht, Frankreich solle auf alle Eroberungen ver-
zichten, falls Oesterreich den Zustand von 1618 wieder herstelle;
damit war Mazarin aber nicht einverstanden; die Bevollmächtigten
schlugen daher nunmehr den Zusatz einer Klausel vor, die eine ange-
messene Entschädigung (»satisfaction honnete«) für die beiden verbün-
deten Kronen verlange. Dem entsprechend einigten sich die Franzosen
und Schweden im Januar 1645 auf die Einbringung von 4 Funda-
mental-Artikeln, deren vierter lautete: ». . . une satisfaction pour les
deux couronnes alliées, proportionnée à leurs progrès et aux dépenses
qu'ils avaient faitese. Die 4 Artikel bildeten die Grundlage der von
den Verbündeten am 11. Juni 1645 den Vermittlern vorgelegten Präli-
minarien-Denkschrift, deren 13. Artikel lautete: »que la satisfaction qui
était due aux deux couronnes pour les fatigues, pertes et dépenses
qu'elles avaient souffertes en cette guerre serait accordée en sorte
qu'elle put contribuer tant à la sûreté particulière des dites couronnes
qu'à celle de leurs alliés et adhérents dans l’empire«.
Schon die Vermittler fanden die Festsetzungen des $ 13 zu unklar,
um als geeignete Grundlage zu dienen; noch mehr aber beklagten die
kaiserlichen Gesandten sich über die Unbestimmtheit der französischen
Satisfaktionsforderung. In den nunmehr folgenden Besprechungen trat
alsbald eine verschiedene Auffassung der kaiserlichen und französischen
Bevollmächtigten über die Ausdehnung der drei lothringischen Bistümer,
die natürlich in erster Linie als Satisfaktion in Aussicht genommen
waren, hervor. Am 1. Juli 1645 wies Mazarin die Gesandten in
seiner Instruktion darauf hin, es müssten die Differenzen über die drei
Bistümer Metz, Toul und Verdun gehoben werden); in ihrer Ant-
wort empfahlen die Gesandten aber, mit dieser Frage möglichst zu-
rückzuhalten, um nicht die sonstigen Ansprüche zu beeinträchtigen und
um zu vermeiden, dass die deutschen Fürsten durchzusetzen suchten,
dass Frankreich die Bistümer vom Reiche zu Lehen nähme?). Dem-
ı) Jacob, die Erwerbung des Elsass 1897, S. 31.
*) Bougeant III, S. 511.
SON Ce et
entsprechend wurde zunächst verfahren; Andeutungen, welche die
Kaiserlichen über die Erledigung dieser Frage im Herbste 1645 fallen
liessen, blieben daher unberücksichtigt. Dass diese Differenzen die
Abtretung der Bistumsgebiete an sich betroffen haben sollten, ist nicht
anzunehmen, da dieselbe von Anfang an ganz ausser Frage stand.
Als die Kaiserlichen in den zwanglosen Besprechungen Andeutungen
über das Recht des Reichs auf die Bistümer machten, wurde ihnen
erwidert, dass der König über sein rechtmässiges Eigentum keine Er-
örterungen dulden könne, und dass er sich für berechtigt halte,
etwas ganz anderes zu erwarten (»quil se croyait en droit d’at-
tendre toute autre chose«').
Um aber Klarheit über die französischen Ansprüche zu ge-
winnen, wurden bald nach dem Eintreffen des Grafen Trautmannsdorf
als Kaiserlichen Haupthevollmächtigten am 11. Dezember 1645 die
Vermittler officiell aufgefordert, im Namen aller drei kaiserlichen Ge-
sandten Frankreich als Satisfaktion für die von ihm gemachten Kriegs-
Aufwendungen im Lothringer Lande die Festung Moyenvie und die Bis-
tümer Metz, Toul und Verdun anzubieten, »obwohl ihre Kaiserliche
Majestät zu einer Satisfaktion sich nicht für verbunden erachte«. Die
französischen Bevollmächtigten, als deren Seele schon jetzt der
scharfe und energische, daher selbst mit seinen Kollegen nicht selten
in Streit geratende Abel Servien hervortritt, verhielten sich auch damals
wieder hinhaltend, unter dem Vorwande, vor der Entscheidung mit
den verbündeten Schweden sich beraten zu müssen. In der Antwort
auf obiges Anerbieten, welche sie am 7. Januar 1646 vorlegten, führen
sie die beanspruchten Gebiete im Elsass und auf dem rechten Rhein-
ufer einzeln auf, sagen aber hinsichtlich der Bistümer: »outre les offres
qu'on a déjà faites aux plénipotentiaires de choses qui déjà depuis
longtemps appartiennent à la France«”). Auch als Trautmannsdorf,
nach längern Verhandlungen über die anderweitigen Landabtretungen,
am 14. April 1646 die Uebertragung aller Rechte auf das ganze Elsass
anbot, erwähnte er der Bistümer nicht. Aber lange konnte dieses
Versteckenspielen naturgemäss nicht mehr dauern; am, 29. Mai 1646
legte Trautmannsdorf eine Denkschrift vor, welche den Charakter von
Friedens-Präliminarien trug, und deren 12. Artikel einfach die Abtre-
tung von »Metz, Toul und Verdun« aussprach. Die Franzosen ant-
worteten schon nach zwei Tagen; an Stelle des Angebotes von Metz,
Toul und Verdun, verlangten sie jetzt »toute l'étendue des villes et
a) Bougeant IV, S. 38.
?) Bougeant IV, S. 141.
Be 0, ES
évêchés de Metz, Toul et Verdun«, und erläuterten diese Forderung
weiterhin dadurch, dass unter Ausdehnung nicht nur das weltliche,
sondern auch das geistliche Gebiet der Bischöfe, also die ganze Aus-
dehnung ihrer Diözesen zu verstehen sei (»tant pour le spirituel que
pour le temporel, c'est-à-dire toute l'étendue de leurs dioceses«). Da-
mit war ein vollständig neues Moment in die Verhandlungen geworfen,
der Unterschied gegenüber dem Angebot ein gewaltiger, wie folgende
Uebersicht darthun wird.
Die für Frankreich verlangte Diözesen-Grenze schloss im Norden
bei Dun an die Erzdiözese Reims und damit zugleich an Frankreich
an; von hier an im allgemeinen nach Osten sich ziehend, und nördlich
stets von der Erzdiözese Trier begleitet, näherte sie sich dem Unter-
amtsorte Norroy-le-Sec, und schlug von hier eine nordöstliche Richtung
ein bis zum Orte Rodemachern, den sie einschloss, und bei dem der
nördlichste Punkt erreicht war. Hier wendete die Grenze sich nach
Südosten, und näherte sich, Busendorf einschliessend, Wallerfangen
(später Saarlouis) aber aussen liegen lassend, der Stadt Saarbrücken,
die zur Diözese Metz gehörig war. Nunmehr eine grosse Schleife in
nordöstlicher Richtung schlagend, erreicht sie die Nähe der Orte Birken-
feld und Tholey, die aber beide ausserhalb blieben. Im weiteren Ver-
laufe grenzte die Diözese Metz auf kurze Strecken an die Diözesen
Mainz, Worms und Speier, wobei die Städte St. Wendel, Ottweiler,
Blieskastel und Zweibrücken eingeschlossen wurden. Bei Pirmasens
ward die Grenze des Bistums Strassburg erreicht, und in südwestlicher
Richtung verfolgt, wobei das Gebiet der Herrschaft Lützelstein so
durchschnitten wurde, dass der Hauptort selbst ausserhalb blieb.
Die Grenze zog sich dann, zwischen Pfalzburg und Lixheim durch-
gehend, bis in die Nähe der Stadt Saarburg, die zur Diözese Metz
gehörte, teilte die Grafschaften Salm und Dagsburg in zwei annähernd
sleiche Hälften und erreichte bei Markirch die Grenze des Bistums
Basel; dieser folgte sie nunmehr bis zum »Welschen Belchen« (Ballon
d’Alsace), auf welchem sie die Erzdiözese Besancon und damit wieder
die alte französische Grenze erreichte. Das derartig umschlossene,
von Frankreich begehrte Gebiet enthielt ausser dem weltlichen Besitze
der 3 Bistümer (districtus temporalis) das ganze Herzogtum Lothringen-
Bar, einige nördliche zur Erzdiözese Trier gehörige Grenzstreifen aus-
senommen; des ferneren einen nicht bedeutenden Teil der spanischen
Niederlande (Unteramt Diedenhofen) und des Kurfürstentums Trier,
sowie ganz oder zum Teil andere reichsunmittelbare Gebiete wie die Graf-
schaften Kriechingen, Saarwerden, Saarbrücken ete., die bei den Einzel-
SER
Reunionen aufzuführen und zu charakterisieren sein werden; im Ganzen
betrug das geforderte Gebiet etwa das Dreifache des angebotenen.
Abgesehen davon war aber das Reich zur Abtretung des herzoglich-
lothringischen und des spanisch-niederländischen Gebietes nicht einmal
berechtigt, wenn auch, trotz der teilweisen Entfremdung vom Reiche,
das gesamte Diözesan-Gebiet noch zur Kirchenprovinz Trier gehörte.
Naturgemäss konnten die Kaiserlichen auf diese maszlose For-
derung nicht eingehen; um aber die Verhandlungen nicht dieser Frage
wegen völlig zum Stocken zu bringen und einer grundsätzlichen Ent-
scheidung aus dem Wege zu gehen, einigte man sich auf Grund eines
unbestimmten und zweideutigen Ausdrucks; statt des Wortes »diocesis«
ward »distrietus« vorgeschlagen und beiderseitig angenommen, so dass
im Sommer 1646 die lothringische Satisfaktionsfrage gelöst schien.
Ein Protest gegen diese Abmachungen erfolgte im Juli durch den
Bischof von Verdun und den Herzog von Lothringen, welcher sich
hiernach durch das Wort districtus in seiner Herrschaft endgültig be-
droht sah; beide reichten bei dem Reichs-Bevollmächtigten zu Münster
eine Beschwerdeschrift ein, in welcher sie verlangten, dass ihnen ihr
Land zurückgegeben werde; »man könne,« führte der Bischof aus,
»das Bistum nicht ohne seine Zustimmung abtreten: die Interessen des
Herzogs von Lothringen, des Kaisers und des Königs von Spanien seien
der Abtretung entgegenstehend« '). Diese Forderung konnte selbst
deutscherseits nicht vertreten werden.
Die Befürchtung des Herzogs über die französische Auffassung des
Wortes districtus scheint aber auch von den reichsständischen Bevoll-
mächtigten geteilt worden zu sein; sie jedenfalls dürften erwirkt haben,
dass am 2. September 1646, also kurz vor Abschluss des Präliminar-
Friedens-Vertrages die kaiserlichen Gesandten die Forderung auf-
stellten, dass die Fürsten, Grafen, Barone und Edlen, welche den
3 Bistümern zu Lehen ständen, namentlich im Friedens-Instrumente
von der Abtretung ausgeschlossen würden. Von den Franzosen ward
diese Forderung entschieden abgelehnt; die Kaiserlichen schlugen darauf
vor, statt »districtuse »distrietus temporalis« zu setzen, drangen aber
natürlich auch mit dieser, dem Verlangen Frankreichs direkt wider-
sprechenden Forderung nicht durch. Die Kaiserlichen gaben nun-
mehr nach; in dem Präliminar-Vertrage vom 13. September 1646 er-
folgte der Abschluss unter Beibehaltung des Wortes »distrietus« ohne
den Zusatz »temporalis«. Nicht, mit Unrecht sahen die Franzosen diese
1) Pimodan, La réunion de Toul à la France 1885, 5. 399 (nach den Akten
der affaires étrangères).
Eee
Fassung als eine Lösung der Frage in ihrem Sinne an; sie machten
zu dem betreffenden Artikel der Präliminarien folgende Randbemerkung,
von der sie eine Abschrift der Königin-Regentin zusandten: »Ce point
a été celui sur lequel il y a eu plus grande difficulté, les commission-
naires de l’empereur voulant excepter les fiefs, les ducs, princes,
comtes, barons et gentilhommes, qui se trouvent enclaves dans les
trois évêchés et qui ont été jusqu'ici en la sujettion immédiate de l’em-
pire, voulant qu'ils y demeurassent. On a eu une autre (?) difficulté
sur le mot distrietus, auquel les impériaux voulaient qu'on ajoutät
»temporalis« ou »temporalis dominis; mais après une longue con-
testation nous avons obtenu qu'il demeurerait comme il est,
ce qui etablit entierement le droit du roi non seulement sur
les dépendances du temporel des évêchés, mais encore sur
les lieux où s'étend leur jurisdiction spirituelle‘).
Die französischen Bevollmächtigten waren ihrer Sache so sicher,
dass sie nunmehr ihrerseits eine klarere Fassung der Vertrags-Bestim-
mungen zu erreichen suchten, dahingehend, dass durch die nachge-
sebene Weglassung des Wortes »temporalis« ausdrücklich zugestanden
sei, dass die Souveränität des Königs sich auf alle jene erstrecken
sollte, die von diesen Bistümern zu Lehen gingen, und deren Lehen
im Bereiche ihrer Diözesen gelegen seien (qui ont leurs fiefs situés
dans l'étendue de leurs diocèses). Die hierdurch bedrohten Reichs-
stände gingen aber nunmehr ihrerseits vor, wobei sie geltend machten,
dass weder der Kaiser noch das Reich das Recht hätten, Staaten des
Reiches an eine fremde Herrschaft abzutreten, zumal sie nicht ge-
fragt, und auch gegen die Abtretung seien. Die Kaiserlichen sahen
sich dadurch genötigt, auf ihre früheren Forderungen zurückzukommen,
und am 19. Juni 1647 das Verlangen zu stellen, dass ihre Auf-
fassung im Friedens-Instrumente in klarer Weise zum Ausdruck ge-
bracht werde. Als daher die Franzosen in ihrem am 20. Juni den
Vermittlern vorgelegten Entwurfe zum Friedens-Instrumente ausser
den drei Bistümern auch die ihnen zu Lehen stehenden Reichsgebiete
ausdrücklich verlangten, erfolgte eine entschiedene Abweisung. Abel
Servien nahm nunmehr das Metzer Parlament zu Hülfe und suchte
aus dessen bisheriger Thätigkeit die Berechtigung seiner Auffassung
nachzuweisen. Unter dem 4. August 1647 schrieb er an dessen Präsi-
denten Claude de Bretagne einen Brief, in welchem er die Streitfrage
') Bougeant, V, S. 375. Der Verfasser fügt hinzu: »Parce qu’en effet le mot
districtus, ainsi non limité comprend également le district temporel et spirituel«.
Dieses war also die franzüsische Auffassung 1646 wie 1751.
LCR
schärfer, als in den bisherigen Verhandlungen geschehen, präzisierte.
Servien unterscheidet darin 3 Klassen von Lehensherrschaften der Bis-
tümer :
1. solche, die nur den Bischöfen gehören und ohne jede un-
mittelbare Beziehung zum Reiche stehen;
2. solche, die den Bischöfen zu Lehen stehen, zugleich aber
reichsunmittelbar sind;
9. solche, die reichsunmittelbar sind und zu den Bistümern
in keiner anderen Beziehung stehen, als dass sie in deren
Diözese liegen.
Die Kaiserlichen wollten nur die erste Klasse abtreten; er ver-
lange aber alle drei, da in den früheren Verhandlungen, durch Weg-
lassung des Wortes »temporalis« zugestanden worden sei, dass die
Abtretung allgemein und ohne Vorbehalt sei (générale et sans réserve);
er frage deshalb an, ob der Nachweis zu führen sei'):
1. dass das Parlament seine Rechtsprechung in der ganzen
Ausdehnung der Bistümer, der geistlichen sowohl wie der
weltlichen, ausgeübt habe;
2. dass das Schutzrecht, welches die französischen Könige
seit vielen Jahren in diesem Lande hätten, sich auf alle
ausgedehnt habe, die ihren Wohnsitz in den 3 Bistümern
hätten;
3. dass die vom Könige eingesetzten Gouverneure diese zur
Anerkennung der Autorität des Königs gezwungen hätten.
Falls dieser Nachweis glücke, könne mit grösserem Rechte ge-
fordert werden, dass die Abtretung des Kaisers ohne Vorbehalt erfolge.
Das Parlament konnte diesem Wunsche nicht entsprechen, die von
ihm gegebenen Aufklärungen bewiesen vielmehr das Gegenteil, dass
nämlich das Schutzrecht des Königs bis 1633 nur auf diejenigen Ge-
biete sich erstreckt hatte, die von 1635 — 1647 unter der Rechtsprechung
des Parlaments standen und dass die Metzer Diözese und die zum
Bistum nur im Lehensverhältnisse stehenden Gebietsteile dazu nicht
gehörten.
Trotz Misslingens dieses Beweises gaben die französischen Be-
vollmächtigten ihre Ansprüche und die Forderung einer ihrer Auffassung
1) s. Michel, S. 100; ein zweiter Brief im gleichen Sinne wurde am 2. De-
zember 1647 an das Parlament gerichtet; s. recueil des arrêts de la chambre
royale, 1681, S. 425; im Wortlaut enthalten ist der Brief in einer handschriftlichen
Denkschrift des Metzer Intendanten Turgot auf der städtischen Bibliothek zu Metz
vom Jahre 1699.
u BER
Rechnung tragenden Fassung der Vertrags-Bestimmungen nicht auf.
Gleichzeitig aber hatte ‘der Kaiser ein Gutachten des Reichstages
zu Regensburg eingefordert, das unter dem 17. August 1647 ab-
gegeben wurde !). Das Reichsgutachten vertrat naturgemäss die
Auffassung der kaiserlichen Bevollmächtigten: »Da es eine gemeine,
durchgehende Observanz im Reiche ist, nudam feudalitatem non tri-
buere Jus supremum territoriale«. Am 22. August 1648 ward ausser-
dem eine sehr bestimmt gehaltene Erklärung der Reichsstände
segen die französischen Ansprüche dem Friedens-Kongress vorgelegt,
dahin gehend, dass die Souveränetät nur in demjenigen Umfange ab-
getreten werden dürfe, in dem sie bisher ausgeübt worden sei, »nec
juris diocesani aut feudalitatis sive ullo alio praetextu extendatur ultra
ipsorum (episcopatuum) proprium territorium, aut in ea feuda, quae
status imperii Romani comprehensa immediata imperii nobilitate a
dictis episcopatibus recognoverunt, et adhuc habent recognoscenda«.
Das Reichsgutachten vom 17. August 1647 wurde durch kaiser-
liche Instruktion vom 14. Oktober 1647 den kaiserlichen Bevollmäch-
tigten als Richtschnur angewiesen; eine grundsätzliche Einigung
war unter diesen Umständen nicht möglich; um das Friedenswerk
überhaupt zu Stande zu bringen, musste deutscherseits die im
März 1646 vereinbarte Fassung nachgegeben und in dem am 11. No-
vember 1647 unterzeichneten Satisfaktions-Instrumente auf den Zusatz
»temporalis« zum zweiten Male verzichtet werden. Auch ein die
Rechte der Lehensträger wahrendes Reichskonklusum vom August
1648 konnte daran nichts mehr ändern; eine entsprechende Eingabe
derselben an den französischen Hof ward von diesem nicht beantwortet.
Eine indirekte Antwort ward aber den Ständen durch Servien zu
Teil?), der in einer Denkschrift vom 27. August an den König hin-
sichtlich der erwähnten Eingabe sagt: » Je me suis aperçu que quelques
états particuliers prétendant, être lésés par la cession qui a été faite au
Roi, de l'Alsace et des trois évêchés, voudraient faire rebrouiller le point
de satisfaction qui a été ajusté en dernier lieu avec les impériaux . ...
quant au droit du roi, puisqu'il n’a pas été possible de le bien éclair-
cir dans la convention qui a été faite, au moins il importe d’en con-
server soigneusement la prétention qui est la plus favorable aux plus
puissants. «
') Abgedruckt in der Druckschrift: »Bericht, was wegen der Metz-Toul und
Verdunschen Lehensachen bisher vorgegangen. Regensburg 1670. S. 42.
?) Annales de l'Est, 1898, XII, S. 470.
7 au
Die Regierung trat diesem Verlangen der Beibehaltung des ver-
einbarten Textes in einem Erlasse vom 4. September bei, und befahl
Servien, gegen die Erklärung der Reichsstände zu protestieren: »afin
de conserver les droits du roi dans leur entier, et que nous puissions,
dans les occasions qui s’en présenteront à l'avenir, interpréter aussi
la convention selon le sens, comme les états prétendront l'interpréter
en leur faveur«. Der Herausgeber dieser Auszüge aus der französischen
Correspondenz, welcher ganz nach den Akten des französischen aus-
wärtigen Amtes arbeitet, fügt hier, augenscheinlich auf Grund amtlicher
Schriftstücke, hinzu: »le plenipotentiaire repoussa cette intimation avec
une hauteur méritoire en un moment où le prestige de son souverain
était si notoirement compromise; die Forderung der Stände sei erfolgt
»avec une arrogance que leur inspiraient les troubles du royaume de
Frances. Es blieb daher bei den früheren Vereinbarungen der Ab-
tretung. der Bistümer. Die Antwort Serviens, welche für die franzö-
sische Auffassung bezeichnend ist, ging dahin), es stehe nicht in seiner
Macht, irgend etwas neues über die Satisfaktion Frankreich anzusinnen :
dieser Artikel sei früher durch allgemeine Uebereinstimmung festgesetzt
worden und habe sogar die Klausel, dass nichts geändert werden dürfe;
es sei ihm daher nicht erlaubt, dieser Uebereinkunft entgegen zu handeln.
Es sei das auch nicht der Weg, den Frieden zu fördern, dass man so
neue Schwierigkeiten über bereits vereinbarte Dinge mache; es sei
seltsam, dass, nachdem so viele umstürzende Anordnungen getroffen
seien, man nur hinsichtlich der Interessen Frankreichs scharf und
streng sein wolle; es sei ungerecht, Abhülfe gegen Bestimmungen, die
der Kaiser bewilligt habe, auf Kosten Frankreichs zu verlangen; sie
möchten sich deshalb an die Kaiserlichen wenden, damit andere Mittel
zu ihrer Entschädigung gefunden würden.
Es blieb daher bei den früheren Vereinbarungen; die Abtretung
der Bistümer erfolgte im Friedens-Instrumente in ebenso unklarer und
zweideutiger Weise, wie die des Elsasses; $ 70 des Münsterschen Ver-
trages lautet:
Primo, quod supremum dominium, iura superioritatis aliaque omnia
in episcopatus Metensem, Tullensem et Virodunensem urbesque cogno-
mines, eorumque episcopatuum distrietus et nominatim Moyen-
vicum eo modo, quo hactenus ad Romanum spectabant imperium in
posterum ad coronam Galliae spectare, eique incorporari debeant
in perpetuum et irrevocabiliter, reservato tamen jure Metropolitano ad
archiepiscopatum Trevirense pertinente.
1) Bougeant VI, S. 113.
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Eigentümlicherweise wird dieser nach langem Kampfe er-
strittene Erfolg auch in der französischen Geschichtschreibung, der
älteren sowohl wie der neueren, zumeist übergangen; La Hode, der
hervorragendste Biograph Ludwigs XIV., übersetzt districtus einfach
mit »dependances«, Cheruel mit »territoire«, beide ohne der vor-
gegangenen Unterhandlungen über die Wahl des Ausdruckes zu
erwähnen. Nur ein neuerer Schriftsteller, der schon genannte
Marquis v. Pimodan hebt den Erfolg der französischen Unterhändler,
als Quelle der späteren Reunionen, ausdrücklich hervor: »Les Fran-
çais obtinrent le simple districtus, ce qui ouvrait la porte
à toutes les réunions. ... . la faiblesse de l’empereur était si
grande que le 13 septembre 1646 les Français obtinrent un acte re-
connaissant toutes leurs prétentions !).«
Es ist nicht zu verkennen, dass diese Fassung einen voll-
ständigen Sieg der französischen Unterhändler oder richtiger viel-
leicht des Kardinal Mazarin bedeutete, von dem La Hode sagt:
» Quelque habiles que fussent les comtes d’Avaux et de Servien, c'était
de la cour que leur venaient leurs plus grandes lumières; rien n’est
plus judicieux, plus adroit, que les mémoires et les lettres que le car-
dinal Mazarin et le comte de Brienne leur écrivaient ?).«
Auch vom unparteiischen Standpunkte aus wird man zu-
geben müssen, dass die Worte »eorumque episcopatuum distrietus«
sanz überflüssig gewesen wären, wenn es sich nur um den welt-
lichen Besitz des Bistums gehandelt hätte, während die Städte als
reichsunmittelbar naturgemäss besonders angeführt werden mussten;
denn nicht mit Unrecht werfen bei den späteren Verwicklungen die
Franzosen wiederholt die Frage auf, was denn überhaupt »episcopa-
tus« bedeute, wenn nicht den weltlichen Besitz; durch den Zusatz
»eorumque episcopatuum distrietus« müsste daher etwas anderes ge-
meint sein als dieser weltliche Besitz. Die an sich schon kaum denk-
bare Auffassung, dass »episcopatus« die geistliche Behörde, also den
bischöflichen Stuhl bedeute, wird durch den Schlusssatz, wonach dieser
dem Erzbistum Trier unterstellt bleibt, ganz unmöglich. Am meisten
aber spricht zu Gunsten der französischen Auffassung, dass gleichfalls
im westfälischen Frieden die Territorial-Gebiete des Erzbistums Bremen
und des Bistums Verden an Schweden durch die blossen Worte
1) Pimodan, S. 397.
?) La Hode, Histoire de la vie et du règne de Louis XIV 1740, I, S. 122.
BT DUR
archiepiscopatus, episcopatus abgetreten wurden, da hier ein Zusatz
für die Diözesen der erfolgten Sekularisation wegen nicht gemacht
werden konnte.
Ganz abzulehnen ist die Auffassung von Froitzheim, mit dem
Worte districtus habe man das ländliche territorium im Gegensatze zu
den besonders aufgeführten Städten gemeint!), da das pays messin
selbstverständlich in dem Worte urbs mit einbegriffen war; auch diese
Nichterwähnung des Territoriums der Städte spricht aber für die
gleichartige Auffassung des Wortes episcopatus. Auch kann hier nicht
von einer Achtlosigkeit der deutschen Unterhändler die Rede sein,
wie sie für die elsässischen Abmachungen durch Zulassung der bekannten
Wendung »ita tamen« bisher wenigstens denselben vorgeworfen wird?);
ebensowenig wie ein Zweifel darüber möglich war, dass Frankreich
bei günstiger Gelegenheit seine Auffassung des Friedens-Instrumentes
zur Geltung bringen werde.
Von Servien, der in Folge Abberufung Longuevilles und d’Avaux
zu Anfang des Jahres 1648 den Abschluss allein vollzogen hatte, liegt
die spätere Aeusserung hinsichtlich der Abmachungen über die elsäs-
sische Dekapolis vor: »que nous aurions toujours assez de droit pour
le faire valoir avec l'épée lorsque quelque occasion favorable s’en pré-
senterait«°). Man wird kaum fehlgehen, wenn man darin auch den
Ausdruck seiner Absichten hinsichtlich der lothringischen Zweideutig-
keiten des Vertrages erblickt. Bei Geltendmachung der darauf ge-
gründeten Ansprüche wurde sogar die Ablehnung des Wortes
»diocesise durch die Kaiserlichen französischerseits dahin ausge-
nutzt, dass auch Gebiete ausserhalb der Diözesen im weitesten Masse
gefordert wurden; gleich die erste Reunion der Kammer von 1679 be-
trifft ein solches Gebiet?). »Enfin les français pouvaient par le moyen
de ces évêchés, dont celui de Metz s’etend proche la rivière du
Rhin, parvenir à de plus grandes conquêtes dans l’Allemagne«, sagt
in dieser Beziehung der mehrerwähnte Marquis Pimodan°). Die
Schwäche des Reiches, der Wunsch, die furchtbaren Kriegsleiden
Deutschlands endlich aufhören zu lassen, hatte daher eine in ihren
1) Froitzheim, Programm, Bischweiler 1876.
?) Jacob, S. 200. Nach mündlicher Mitteilung wird in Kürze eine Arbeit
veröffentlicht werden, welche auch die elsässische Satisfaktions-Frage in einem
Frankreich günstigeren Lichte erscheinen lässt.
#) Ranke, Sämtliche Werke, 1877, X, S. 332, nach Vitriarius illustratus,
II, 1082.
4) s. Einzel-Reunionen.
5) Pimodan, S. 400, nach Akten der affaires étrangères,
Folgen höchst verhängnisvolle Nachgiebigkeit bewirkt. Dagegen wird
man nach Vorstehendem nicht zugeben können, dass die Franzosen
bei der Reunions-Theorie an sich von einem allen Vertragsrechten
hohnsprechenden Satze ausgegangen seien!), wenn auch für die
späteren Ausschreitungen der Kammern diese Bezeichnung durch-
aus zutreffend ist. Die Auslegung des Friedensvertrages im Sinne der
Berechtigung einiger Reunionen wird nicht abzulehnen sein, wenn
man nicht nur den Wortlaut des Friedensvertrages berücksichtigt, son-
dern, wie vorstehend geschehen, auf die Art und Weise zurückgeht,
wie dieser Wortlaut entstanden ist. Anscheinend ist dies auch nicht
in genügendem Masse durch v. Sybel geschehen, wenn er nur der
Unbestimmtheit des Wortes districtus und des Versuchs der Kaiser-
lichen, eine präzisere Fassung zu erreichen, Erwähnung thut?). Die
Unbestimmtheit war in gewissem Sinne eine Bestimmtheit zu Gunsten
der Franzosen. Schliesslich muss zu Gunsten der französischen An-
sprüche noch erwähnt werden, dass die Zurechnung der Lehen
zu den abgetretenen Bistümern als eine für die damalige Zeit unnatür-
liche Auffassung nicht hingestellt werden kann, wenn man berück-
sichtigt, dass im Jahre 1614 die Metzer Vasallen sich dem Proteste
gegen den Uebergang des Bistums an Frankreich anschlossen*); sie
nahmen also ihre gleichzeitige Unterstellung unter die französische
Souveränetät als naturgemässe Folge an, oder sahen zum wenigsten
sich in ihrer Stellung zum Reiche bedroht.
Auf das Herzogtum Lothringen erstreckten diese Abmachungen
sich nicht, wiewohl es innerhalb der Diözesen der Bistümer lag. Sein
(Geschick verblieb laut Vertrag der Zukunft vorbehalten, da Frank-
reich die Zulassung herzoglicher Vertreter zu den Friedens-Verhand-
lungen entschieden abgelehnt und der Kaiser, wenn auch persönlich
dem Herzoge sehr geneigt, doch ein thatkräftiges Eintreten zu seinen
(Gunsten gescheut hatte, »da die Fürsten des lothringischen Hauses
sich von den Interessen des Reiches losgetrennt hätten und es Sache
Spaniens sei, für den Herzog, seinen Verbündeten, einzutreten«%).
Dies geschah denn auch Seitens Spaniens; die Wiederherstellung
des Herzogtums Lothringen war einer der Gründe, die ein Scheitern
der Friedensverhandlungen zwischen Frankreich und Spanien bewirk-
') Erdmannsdörffer, I, S. 654 f.
? v. Sybel, Kl, Hist. Schriften, 1880, III, S. 493.
Ach ler
*) Auch im Friedens-Instrument zum Ausdruck gekommen; die Einzelheiten,
die für den vorliegenden Zweck ohne Bedeutung sind, s. bei Fitte, S. 63 ff.
ten. Eine Vermittlung zwischen ‚beiden Mächten war seitens der
Niederländischen Generalstaaten in dem erklärlichen Wunsche, dass
zugleich mit ihnen auch Frankreich den spanischen Frieden abschliesse,
versucht worden. Der Gesandte Knuyt schlug zu dem Zwecke im
Dezember 1647 sechs Fundamental-Artikel vor, deren letzter das Herzog-
tum Lothringen betraf und dahin ging, Frankreich solle dem Herzog
sein Land zurückgeben, alle Festungen sollten aber binnen 10 Jahren
seschleift, und um Frankreich gegen die unruhige Laune des Fürsten
zu sichern, von den Generalstaaten und dem Könige von Spanien die
Garantie für dessen Wohlverhalten übernommen werden. Die franzö-
sischen Bevollmächtigten waren geteilter Meinung, Longueville und
d’Avaux für, Servien gegen die vorgeschlagene Lösung. Mazarin trat
natürlich dem Letzteren bei und stellte in einer Denkschrift an die
Gesandten vom 27. Januar 1648 unannehmbare Bedingungen '). Danach
sollte:
1. der Herzog zu Gunsten seines Bruders Franz auf die Krone
verzichten ;
2. eine genaue Bezeichnung der Grenzen des sogenannten Loth-
ringens (»de ce qu'on appelait l’ancien duché de Lorraine«,
ein bei den weiteren Reunionsunternehmungen häufig an-
gewendeter Ausdruck) vor Rückgabe vorgenommen werden ;
3. seitens beider Herzöge in die Abtretung der Lehen der Krone
und der Usurpationen, die sie in den drei Bistümern gemacht,
in richtiger Form gewilligt werden;
4. Clermont, Stenay, Jametz Frankreich verbleiben, weil nicht
zum alten Herzogtum gehörig;
5. dem Herzog die völlige Abrüstung auferlegt und ihm ver-
boten werden, unter irgend einem Vorwande die Waffen
ohne Zustimmung des Königs zu ergreifen ;
6. dem Herzog das Recht aberkannt werden, die zu schleifenden
Festungen oder irgend welche andere Orte in Lothringen
jemals wieder zu befestigen.
Wie vorausgesehen, konnte Spanien auf diese Forderungen nicht
eingehen; die Wiederherstellung Lothringens war daher einer der
Punkte, wenn auch anscheinend nicht der entscheidende, an dem die
Friedensverhandlungen scheiterten. Mazarin schob die Schuld dafür
natürlich den Gegnern zu; in einem Briefe des Königs an die General-
staaten vom 14. Februar 1648 heisst es: »Lothringen war nur ein
1) Dies ist auch die Auffassung Bougeants; V, 5.397 {fl
ee
Zwischenfall, den man im Laufe der Verhandlungen entstehen liess, um
diese aufzuhalten. «
Infolge Scheiterns des spanisch-französischen Friedens blieb aber
Lothringen nach wie vor im französischen Besitze, und wurde wie ein
endgültig einverleibtes Land behandelt; die höchste Gerichtsbarkeit übte
das wohl aus diesem Grunde nach Toul verlegte Metzer Parlament aus.
Für die Geltendmachung der Ansprüche auf die in engerer Be-
ziehung zum Reiche stehenden Gebietsteile innerhalb der Diözesen Metz,
Toul und Verdun, und die sonstigen Lehen dieser Bistümer schien aber
die Zeit noch nicht gekommen zu sein; der Krieg mit Spanien dauerte
fort, die Minderjährigkeit des Königs und die Wirren der Fronde liessen
die Vermeidung weiterer auswärtiger Verwicklungen erwünscht er-
scheinen; auch lag es im französischen Interesse, die Frage während
des Nürnberger Friedens-Exekutions-Kongresses nicht anzuregen, da sie
nach dortiger Auffassung völlig entschieden war. Auch auf deutscher
Seite lag ein Grund für Wiederaufnahme des mühsam beschwichtigten,
auf friedlichem Wege unlösbaren Streites nicht vor; die lothringischen
Abtretungen wurden daher weder auf dem Delegierten-Tage zu Nürn-
berg (1649/50), noch auf dem letzten grossen Reichstage zu Regens-
burg (1653/54) zur Erörterung gebracht.
Innerhalb des französischen Gebietes aber kommt die eigene
Auffassung des Friedens-Vertrages wiederholt auch in dieser Zeit zum
Ausdruck. In einer Denkschrift ohne Angabe von Datum und Ver-
fasser, aber vom Herausgeber!) mit Sicherheit auf das Jahr 1649
bestimmt, mit der Ueberschrift: Mémoire concernant l'établissement
d'une cour de justice souveraine en Alsace, wird gesagt: »on doit
aussi se souvenir (après l'établissement de la chambre) qu'il y a
dans la partie de l'Alsace qui n'appartient pas au roi plusieurs fiefs
et arrière-fiefs des évêchés de Metz, Toul et Verdun«.
In noch höherem Grade werden die Ansprüche gewahrt in einem
Briefe des Königs an das Parlament zu Metz, vom 4. Mai 1651?),
in welchem diesem die Befugnis erteilt wird, auch auf Grund der Sou-
veränität, die er über die Lehen (fiefs et mouvances) der drei Bistümer
habe, Urteile zu fällen.
1) Vanhuffel, Documents inédits concernant l’histoire de France 1840, S. 191 ff.
2) Michel, S. 207.
VI.
Der pyrenäische Frieden und seine Folgen.
Eine wesentliche Veränderung der Lage trat ein, als Frank-
reich durch den pvrenäischen Frieden vom 7. November 1659 freie
Hand erhalten und zugleich einen gewaltigen Zuwachs an Macht und
Ansehen zu verzeichnen hatte.
Der pyrenäische Frieden bietet insofern eine Ergänzung zum
westfälischen und im besonderen zu den dortigen Verhandlungen über
die lothringische Satisfaktionsfrage, als jetzt auch die Verhältnisse des
Herzogtums geregelt wurden; Frankreich verstand sich zwar zur
Wiedereinsetzung des Herzogs, gab ihm aber nur die kleinere Hälfte
seines Gebietes zurück.
Die im übrigen durch diesen Frieden und den damit im Zusammen-
hange stehenden Vertrag von Vincennes bewirkten Gebietsveränderungen
stehen nicht in unmittelbarer Beziehung zu der Thätigkeit der
Reunionskammer; sie müssen aber doch, soweit sie lothringische Land-
schaften betreffen, hier angeführt werden, da die bezüglichen Ab-
tretungen zum grossen Teil von der Reunionskammer erneut aus-
gesprochen worden sind, entweder weil sie nicht zur endgültigen
Durchführung gekommen waren, oder nachträgliche Sanktionierung
durch eine Art Rechtsverfahren erwünscht erschien.
Der pyrenäische Frieden brachte Frankreich die vertragsmässige
Erwerbung des ganzen Herzogtums Bar (Barrois mouvant et non mou-
vant) und eine Etappenstrasse durch das Herzogtum Lothringen nach
dem Elsass; ausserdem musste der Herzog, der erst nach langem
Sträuben dem Vertrage beitrat, die 1648 erfolgte Abtretung von
Moyenvie genehmigen und die Schleifung der Festungswerke von Nancy
zugestehen. Von Spanien selbst wurden abgetreten:
Die Aemter Diedenhofen, Montmedy, Damvillers, Chauvanci, [voi
(Carignan) und der luxemburgische Anteil des Amtes Marville.
Die Abtretung von Diedenhofen erfolgte in einer Form, die weniger
unklar als die berührten Bestimmungen des westfälischen Friedens war,
immerhin aber zu Deutungen und Ausnutzungen im Sinne der Reunions-
theorie verwertet werden konnte und sollte'); der bezügliche Absatz
lautet: »la ville et prévôté de Thionville avec ses appartenances et
dependances, et avec les seigneuries.
1) s. weiter unten,
— 66 —
Die 1641 erfolgte Abtretung der Grafschaft Clermont en Argonne
und der Aemter Stenay, Dun, Jametz wurde durch den Friedens-
vertrag bestätigt.
Der Herzog von Lothringen aber, durch diesen Vertrag auf das
Härteste getroffen, konnte den Verlust der grösseren Hälfte seines
(Gebietes nicht verschmerzen; er trat in nähere Beziehungen zum Hofe
Ludwigs XIV., und es gelang ihm in der That, nach wenig mehr als
einem Jahre wesentlich günstigere Bedingungen von Frankreich zuge-
standen zu erhalten. In dem Vertrage von Vincennes vom 28. Fe-
bruar 1661 wird auch das Herzogtum Bar ihm zurückgegeben: dafür
muss er aber an Frankreich abtreten:
1. Die Herrschaft Sierck, mit 30 vom Könige auszuwählenden
Dörfern.
2. die Städte Saarburg, Pfalzburg, Delme mit Nachbardörfern ;
3. den lothringischen Teil des Amtes Marville, dessen luxem-
burgischer Teil im pyrenäischen Frieden von Spanien ab-
getreten war;
4. alle Rechte auf die Abtei Gorze, unter Trennung derselben
von der Primat-Kirche in Nancy, gegen Entschädigung durch
die Abtei. Isle;
5. die Herrschaft Marslatour ;
6. die Dörfer Marcheville, Harville, Labeuville und Maizerey,
zwischen den Bistümern Metz und Verdun gelegen ;
7. die drei Dörfer Sisdorf, Tremesdorf, Montclair, an der Saar
gelegen ;
8. die Salinen von Moyenvic, unter Abfindung des Bischofs
von Metz durch den König für dessen Gerechtsame auf die
Salinen;
9. eine grössere Zahl von Ortschaften in der Nähe von Vie,
Saarburg und Pfalzburg, darunter irrtümlicherweise das
nicht zu Lothringen, sondern zur kurpfälzischen Herrschaft
surscheidt gehörende Dorf Kurzerode ').
Wie ein Blick auf die Karte ergiebt, waren diese Abtretungen
so gewählt, dass dadurch eine Verbindung zwischen Frankreich, den
Bistümern Metz und Verdun und dem Elsass hergestellt wurde. »La
toute« war daher auch die französische Bezeichnung für diesen von
Karl IV. abgetretenen Gebietsstreifen quer durch Lothringen. Der
letzte Teil dieser »Route« wurde durch die weitere Bestimmung des
') Die alten Territorien des Bezirks Lothringen, 1898, S. 247.
— 61 =
Vertrages sichergestellt, dass eine Etappenstrasse, beim östlichsten
Dorfe des Metzer Gebietes beginnend und bis nach Pfalzburg sich er-
streckend, Frankreich gehören sollte; sie sollte eine Breite von einer
halben Stunde haben; innerhalb dieser Zone solle der König nicht
nur die Landeshoheit besitzen, sondern auch persönlich Eigentümer
der dem Herzoge gehörenden Besitzungen, Lehensherr aller übrigen
Ortschaften und Grundstücke werden. Der König verzichtete dagegen
auf alle anderen als Zugehörigkeiten der drei Bistümer reklamierten
lothringischen Gebietsteile, also auch auf die 1624 reünierten Vorstädte
St. Epvre und St. Mansuit, allerdings nur scheinbar, wie es die
nächste Zukunft lehren sollte. Der Herzog aber leistete, nachdem die
guten Beziehungen zu Frankreich so wiederhergestellt waren, am
23. März 1661 in feierlicher Weise dem Könige im Louvre die Hul-
digung für Bar, wobei zu seinem Erstaunen eine neue, sehr unter-
würfige und verbindliche Form verlangt wurde ').
Von diesen Verträgen sagt Ranke, sie zeigten (auf Seiten des
Königs) eine merkwürdige Vereinigung von List und Gewalt, zur
Erreichung eines bestimmt gedachten Zweckes bei allem Wechsel der
Mittel?). Dieses Urteil ist um so zutreffender, als die wahren Ge-
sinnungen und Absichten des Königs hinsichtlich des Herzogtums Loth-
ringen aus einer eigenhändigen Denkschrift für den Dauphin aus dem
folgenden Jahre hervorgehen; darin entwickelt der König die Not-
wendigkeit des Besitzes dieses Landes als einer Passage von Frankreich
nach Deutschland und dem Elsass und eines Einfallsthores für fremde
Mächte, und fährt dann fort: »et s’il fallait ajouter l'honneur à luti-
lité, c'était l'ancien patrimoine de nos pères qu'il était beau de re-
joindre au corps de la monarchie dont il avait été si longtemps
séparé«*). Dass der König sich durch die abgeschlossenen Verträge
in keiner Weise an der Verfolgung dieser Absichten gehindert sah,
geht aus einer anderen Stelle seiner Denkschriften hervor, wo er sagt,
dass es mit Verträgen sich verhalte wie mit Höflichkeitsformen im
Umgange: » compliments absolument nécessaires pour vivre ensemble
mais bien en-dessous de ce qu'ils sonnent.« À
» Dem entsprechend erfolgte eine erste Verletzung des Vertrages
von 1661 noch im gleichen Jahre; wie oben angeführt, war um die
Stadt Pfalzburg nur eine bestimmt bezeichnete Anzahl von Dörfern in
deren Nähe abgetreten worden. Vom Jahre 1618 bis 1660 hatte aber
1) d’Haussonville III, S. 104 ff.
2) Ranke, Sämmtliche Werke, X, 5. 220.
3) Œuvres de Louis XIV. Paris 1806. Ib, S. 161.
Be
eine besondere Herrschaft Pfalzburg als lothringische Sekundogenitur
bestanden '), die 1624 vom Kaiser zur Reichsfürstentum erhoben, 1660,
beim Tode der Fürstin, aber vom Herzogtum wieder eingezogen worden
war. Frankreich liess aber am 24. Oktober 1661 ausser den ab-
oetretenen auch alle übrigen zum ehemaligen Fürstentum gehörigen
Ortschaften besetzen und dergestalt den Umfang der »Route« wider-
rechtlich vergrössern. Die irrtümlicherweise erfolgte Abtretung des
Dorfes Kurzerode aber benutzte Frankreich zur Aneignung der
ganzen Herrschaft Burscheid trotz des Protestes des kurfürstlichen
Lehensträgers.
Weitere Beeinträchtigungen des Herzogtums erfolgten unter Ver-
letzung der oben geschlossenen Verträge mit Hülfe des Parlamentes
zu Metz. Nach der Theorie der Zugehörigkeit der Lehen verfügte
dieses am 4. Januar 1662, dass eine Reihe lothringischer Herrschaften,
und zwar gerade solche, deren Reunion 1624 von der Vorkammer
ausgesprochen worden war, die französische Landeshoheit anzuerkennen,
und das Parlament als höchsten Gerichtshof anzusehen hätten. Da
aber in dem Vertrage von 1661 eine der vorgenannten Reunionen,
Gorze ausdrücklich abgetreten, keine der andern aber dabei erwähnt
war, diese also sämtlich unter die dem Herzog zurückzugebenden
Gebietsteile fielen, so kann nicht geleugnet werden, dass ein gradezu
unwürdiges Lug- und Trugspiel mit dem Herzog aufgeführt wurde,
was allerdings durch dessen unstätes und unzuverlässiges Wesen er-
leichtert wurde. Denn von völliger Direktionslosigkeit desselben zeugt
auch der Vertrag, den er bald nach obigem Parlamentsbeschluss, am
7. Februar 1662 mit Frankreich in der Abtei zu Montmartre schloss,
und worin er die Herzogtümer Lothringen und Bar gegen Anwartschaft
seiner Familie auf den französischen Thron mit seinem Tode ganz an
Frankreich abtrat.
Wie der König diesen Vertrag auffasste, äusserte er in gradezu
cynischer Weise am 2. November desselben Jahres gegenüber dem
Prinzen Condé: »Que croyez-vous que je lui aie donné pour un si
grand état, et qui est si fort à ma convenance et me rend maître
jusqu'au Rhin? J'ai seulement déclaré les princes lorrains habiles et
capables de succéder à la couronne de France après notre famille.
Quand nous serons morts, il arrivera ce qui pourra; Dieu merci, nous
nous portons aussi bien qu’eux«?).
1) Lothr, Terr., S. 215 fr.
*) Vitet, Essais historiques 1862, S. 276, nach einem von der Hand Lyonnes
seschriebenen Berichte.
EN EU
Auch dieser Vertrag kam, wie alle dermaligen französisch-loth-
ringischen, nicht zur Durchführung; er fand nicht nur im Herzogtum
den entschiedensten Widerspruch der Prinzen und des ganzen Landes,
sondern auch der König hatte grossen Widerstand in seinem Hause
und bei dem Parlamente zu Paris zu überwinden, das nach drei-
wöchigem Weigern nur durch Erscheinen des Königs in der Sitzung
(lit de justice) zur Eintragung vermocht werden konnte. Der König gab
daher bald den Vertrag wieder auf und schloss am 1. September 1663
mit dem Herzog den Vertrag von Marsal, den vierten innerhalb von
vier Jahren; darin erhielt der Herzog auch die vom Parlamente bean-
spruchten Gebiete, bei deren Rückgabe »mehrere Schwierigkeiten« sich
‘ergeben haben sollten'), zurück, musste jedoch dafür die Festung
Marsal an Frankreich abtreten; wie später nachzuweisen sein wird,
vermochte er jedoch auch durch dieses Opfer nicht, sich dauernde
Sicherheit gegen die Uebergriffe Frankreichs zu verschaffen, das das
Erreichte immer nur als eine Etappe auf dem Wege zur Erwerbung
des ganzen Herzogtums ansah.
n vl.
Die Vorbereitung der Reunionskammer zu Metz.
1. Das zweite Vor-Reunions-Unternehmen.
Bei der vorstehend erwähnten Auffassung Ludwigs XIV. von dem
Werte der von ihm abgeschlossenen Verträge ist es nicht zu ver-
wundern, dass während der Verhandlungen und nach dem Abschlusse
die Vorbereitungen zu neuen Erwerbungen auf Kosten der östlichen
Nachbarn unentwegt weiter gingen. Um Rechtsgrundlagen, oder rich-
tiger gesagt Vorwände zu solchen zu schaffen, war ähnlich wie früher
Gillet und Gillot?) in den Jahren 1656—1663 Charles Colbert, marquis
de Croissy, Bruder des bekannten Ministers, und selbst im Jahre 1679
Staatssekretär des Auswärtigen, in besonderer Reunions-Mission in
Elsass und Lothringen thätig?). Er erstattete seiner Regierung einen
Bericht*), betitelt: »Rapport fait au roi et à M. le chancelier par
1) Histoire des traités de paix du 17e siècle. Amsterdam 1725. S. 407.
2) s. S. 47.
#) Die Angaben über die Sendung Colberts de Croissy verdanke ich Mit-
teilungen des Privatdozenten Dr. Bloch in Strassburg.
#) Handschrift der National-Bibliothek zu Paris.
BE —
nous, Charles Colbert, conseiller du roi . .. des emplois qu'il a
plû à sa majesté nous confier depuis l'année 1656 jusqu’en 1663 tant
en Alsace, que dans toute l'étendue de la généralité de Metz.« Ein
Auszug aus diesem Bericht, das Bistum Verdun betreffend, ist von
Roussel in seine Bistums-Geschichte aufgenommen ?).
Dass die Mission Reunionszwecken galt, geht schon aus der
Einleitung hervor, in der es heisst, dass er eine besondere Auf-
stellung gemacht habe von den: »usurpations faites par les ducs de
Lorraine et de Bar et autres puissants du Verdunois, non plus que
les grands démembrements, aliénations particulières, entrées dans la
Maison de Lorraine et autres.« Der Bericht beginnt dann mit einer
Beschreibung des Bistums, an die sich die Aufzählung der Lehen (»en-
sagements de l'évêché de Verdun«) schliesst. Unter den Lehen werden
von den durch die Kammer 1679 reunierten Gebieten Hattonchätel,
Sampigny, Rambercourt-aux-Pots, Conflans e. J., Veldents und 4 Dörfer
von Etain?) aufgeführt, daneben eine grössere Zahl von später nicht
namentlich reunierten Orten; auch ein Teil der bei der Reunion ver-
werteten Urkunden wird genannt; endlich heisst es, dass auch Ur-
kunden für Oertlichkeiten in den Gebieten (gouvernements) von Trier
und Mainz aufgefunden seien, darunter solche für die Abtei Tholey aus
den Jahren 1222, 1261 und 1277.
Da der Bericht über das Elsass und die beiden andern Bistümer
ähnlichen Inhaltes gewesen sein wird, so haben wir zweifellos hier
eine der bedeutsamsten Vorbereitungen für die Kammer von 1679 vor
uns, durchgeführt von einem Mann, der bei dieser Kammer als Staats-
sekretär des Auswärtigen eine Rolle zu spielen berufen war. Auch
schon damals wurden seine Ermittelungen ohne weitere Umschweife
auszunutzen versucht.
Denn da Frankreich auch durch keinen auswärtigen Feind mehr
in Anspruch genommen war, hielt Ludwig XIV. die Zeit für gekommen,
den entscheidenden Schlag gegen das deutsche Reich im Sinne seiner
Auffassung des westfälischen Friedens zu thun und die Bistümer Metz,
Toul und Verdun in grösserem Umfange als dem des weltlichen Be-
sitzes zu beanspruchen. Auch dieses Vorgehen erfolgte durch Ver-
mittelung des Parlamentes, das am 15. November 1658 gegen eine
Abgabe von 200000 livres an den König und vielleicht auch von
20000 livres an den Kardinal Mazarin nach Metz zurückverlegt worden
') Roussel, Histoire ecclésiastique et civile de Verdun, 1864, II, Anh. S. 92.
*) s. die Einzel-Reunionen.
war!), und hier seine Reunionsthätigkeit aufgenommen hatte. Auch
das Parlament war seinerseits in Untersuchungen nach Art der von
Colbert de Croissy eingetreten. Durch Beschluss vom 3. November 1660
war nochmals, trotz Protestes des Bischofs, eines der Mitglieder nach
Vie abgesandt worden, um das bischöfliche Archiv nach Urkunden zu
durchforschen: »qui peuvent servir à l’&claireissement des droits du
roi sur toutes les terres mouvantes et dépendantes du dit évêché«?).
Auf Grund der hier vorgefundenen und der schon früher gesammelten
oder von Colbert de Croissy übermittelten Urkunden verfügte das
Parlament unter dem 4. Januar 1662°), dass eine Reihe deutscher
Landesherren, der Graf von Saarwerden und Bouquenom (Bockenheim),
der Graf von Nassau-Saarbrücken, der Graf von Hanau und andere
Vasallen des Bistums diesseits und jenseits der Saar vor das Parlament
zu laden seien, um auf die Forderungen, die der General-Prokurator
des Königs gegen sie vorbringen werde, Rede und Antwort zu stehen.
Durch denselben Beschluss wurde allen Vasallen der Bistümer, die
mittelbar oder unmittelbar Unterthanen des deutschen Reiches zu sein
vorgäben, verboten, eine andere Landeshoheit anzuerkennen, als die
des Königs von Frankreich, und einen anderen höchsten Gerichtshof,
als das Parlament zu Metz, bei Strafe der verletzten Majestät für
schuldig und ihrer Lehen für verlustig erklärt zu werden. Wie die
später vorzuführenden Erkenntnisse der Reunionskammer von 1679
zeigen werden, war der Beschluss selbst im Wortlaute den Endurteilen
dieser Kammer ganz gleichartig. Um aber die Forderung nicht als
eine neue, sondern als eine selbstverständliche, durch die Besitzver-
hältnisse naturgemäss sich ergebende hinzustellen, wurde sie nicht für
sich erhoben, sondern in geschickter, wenn auch durchsichtiger Weise
in die Entscheidung über eine Beschwerde verflochten, welche Unter-
thanen der genannten Fürsten, zugleich mit Einwohnern des eigentlichen
Bistums Metz gegen ihnen auferlegte Steuern erhoben haben sollten,
was wohl auf Bestellung geschehen sein dürfte; die im Schlusssalze
erhobene Forderung der Lehensanerkennung durch die Herren selbst
sollte nur die noch vorkommenden Zweifel über die Landeshoheit be-
heben. Nach französischer Angabe ist dieses, als zweites Vor-Reunions-
unternehmen zu bezeichnende Projekt durch den Intendanten Choisy
und den Parlamentsrat Ravaulx bereits in Metz aufgestellt worden").
1) Michel, S. 138.
?) Emmery Ill, S. 166.
3) Emmery III, S. 566.
') Calmet II, S. 582. Die hier gemachte Angabe, dass die Aufstellung im
Bes
Die vorherige Genehmigung, wenn nicht Anregung dürfte aber zweifel-
los vom Könige erfolgt sein, zumal der Beschluss auch auf lothringische
Gebietsteile sich erstreckte.
Wie der Herzog, so protestierten auch die durch das Vorgehen des
Parlamentes in ihrem Besitzstande bedrohten deutschen Reichsfürsten ;
sie traten zusammen und wendeten sich zunächst an die französische
Regierung mit dem Ersuchen um Aufhebung des Parlaments-Beschlusses;
hier erfuhren sie zwar »gute Vertröstung« !), konnten aber keine Ab-
änderung des (reschehenen erreichen; eine Besetzung der beanspruchten
Gebiete durch französische Truppen erfolgte aber zunächst noch nicht.
Die Reichsfürsten gingen nunmehr den Reichstag zu Regensburg um
Unterstützung an; ehe dieser aber zu einem Entschluss kam, war der
König in rücksichtslosester Weise weiter vorgegangen. Zunächst ord-
nete er durch Kabinetsbefehl vom 10. September 1663?) eine erneute,
eingehendste Untersuchung der Archive an, und bestimmte zur Aus-
führung selbst wieder den Intendanten de Choisy und den Parlaments-
rat Roland Ravaulx; in letzterem, der nunmehr für die Dauer der
ganzen Reunions-Unternehmungen in den Vordergrund tritt, hatte der
König mit der ihm eigenen Menschenkenntnis und glücklichen Wahl
das denkbar geeignetste Werkzeug für seine Pläne zu finden gewusst.
In einer Denkschrift des späteren Metzer Intendanten Turgot, im
Jahre 1699 verfasst?), wird Ravaulx, anscheinend auf Grund persön-
licher Bekanntschaft, als ein unruhiger, ehrgeiziger Mann geschildert,
der, ohne sich um Verträge zu kümmern, alle benachbarten Gebiete
mit den Bistümern zu vereinigen gedenke. Den Kern dieser Beurtei-
lung hat Calmet sich angeeignet, indem er sagt: »Ravaulx etait un
esprit remuant, assez confus, cherchant à se faire valoir«*). Selbst
die hier gerügte Unklarheit dürfte bei der eigenartigen Thätigkeit, mit
der dieser Mann betraut wurde, kaum als eine nachteilige_Eigenschaft
anzusehen sein. Im Uebrigen aber wird das Bild eigenartiger Origi-
nalität etwas verdunkelt durch das Wirken seines Vorgängers und
Gesinnungsgenossen Dupuy”) und des Kardinals Richelieu selbst, dessen
Theorien Ravaulx sich angeeignet hatte und insbesondere hinsichtlich
Jahre 1663 erfolgt sei, bedarf nach Vorstehendem der Berichtigung.
7) Bericht, was wegen der Metz-, Toul- und Verdunschen Lehen-Sachen bis-
her vorgegangen. Regensburg 1670. 8.3 ff.
?) Emmery, IV, S. 137.
°) Handschrift in der städtischen Bibliothek zu Metz.
*) Calmet III, S. 582,
2) 8. 94201,
des Herzogtums Lothringen unter gleicher Begründung wie Richelieu
zur Geltung zu bringen suchte). In den späteren Kammerverhand-
lungen, besonders bei den Massen-Reunionen, ist die Begründung oft
nahezu wörtlich den von Richelieu inspirierten Schriften ?) entlehnt.
Der jetzt erteilte königliche Befehl an die beiden Kommissare ging
dahin, sich an die Sitze aller Aemter und Oberämter, ferner noch aller
Domkirchen, Abteien, Städte, Gemeinden und Landgüter im Bereiche
der drei Bistümer zu begeben, überall die Archive und Akten sich vor-
legen zu lassen, unter strenger Bestrafung jedes Widerstrebenden, und
von allen Urkunden, die sich auf Beeinträchtigungen der Bistümer, oder
ihrer Lehen bezögen (»des usurpations, entreprises, aliénations et
mouvances des biens temporels«) beglaubigte Abschrift zu nehmen;
diese Abschriften seien zu sammeln und an einem noch zu bestim-
menden Orte aufzubewahren). Wie ersichtlich, war der Kabinetsbefehl
eine Erneuerung und Vervollständigung des vom Parlamente selbst-
ständig unter dem 3. November 1660 verfügten. Zu den so gesam-
melten Urkunden wurde auch einer der früher erwähnten Briefe Serviens
an das Parlament zu Metz‘), betreffend die französischerseits verlangte
Fassung des westfälischen Friedens-Vertrages genommen, der in der
Sitzung der Reunionskammer vom 10. September 1663 verwertet
werden sollte’). Nachdem diese erneuten Befehle durchgeführt worden
waren, setzte Ravaulx eine Denkschrift auf, in welcher er mit solcher
Willkür und Uebertreibung den Bistümern fremde Gebiete zusprach,
dass selbst Louvois bei der Vorlage in seiner Gegenwart in Lachen
ausbrach®). In einer dem Wortlaute nach vorliegenden Denkschrift ‘)
schlägt Ravaulx vor, der Bischof von Metz solle an die Bischöfe von
Strassburg, Speier, Worms, Mainz und Trier Schreiben richten, die in
dem Stile der bischöflichen Schreiben der ersten fünf Jahrhunderte ab-
gefasst seien (»d’un style s’approchant à celui des évêques des cinq pre-
miers siecles«) und darin die Behauptung aufstellen, dass ihre Diözesen
unrechtmässigerweise auf Kosten der benachbarten lothringischen ver-
srössert worden seien; denn das ganze Bistum Strassburg sei einst
1) s. S. 46.
2?) s. weiter unten.
8) Wohl aus diesem Grunde sind im Metzer Archiv vorwiegend beglau-
bigte Abschriften der maszgebenden Urkunden vorhanden.
#8. 8.56.
5) s. unter Einzel-Reunionen.
®) Michel, S. 209.
7) Handschriftliches Konzept, vielleicht der Entwurf zu vorstehender Eingabe,
s. Anhang.
1 Es
vom Bistum Metz abgezweigt worden, der Bischof von Trier habe
einige Dekanate des Bistums Verdun sich angemasst, »et les autres
évèques peuvent avoir fait la même chose. Wenn die Bischöfe dem
Gesuche um Rückgabe nicht entsprächen, könne der König Truppen
in Winterquartiere in dem ganzen Bereiche des Landes zwischen Rhein,
Saar und Mosel legen, bei Klagen behaupten, dass alle besetzten Orte
zu Metz, Toul oder Verdun gehörten und sie erst herausziehen, wenn ihm
das Gegenteil bewiesen werde.
Diese Pläne des ebenso gewaltthätigen wie konfusen Mannes
waren dem Könige doch zu weitgehend; er entschied aber dahin,
dass von allem Besitz zu ergreifen sei, was als zu den Bistümern
gehörig angesehen werden könne. -Mit der Ausführung wurde wieder
das Metzer Parlament betraut; der General-Prokurator forderte die
Bischöfe von Metz, Toul und Verdun auf, Verzeichnisse aller ihrer
Lehen einzureichen, und deren Träger zur Huldigung zu veranlassen.
Die Bischöfe konnten dieser Aufforderung nicht nachkommen, da die
Lehensträger zum grossen Teil sich weigerten, Lehensverzeichnisse
vorzulegen und Huldigung zu erstatten, die kleineren unter dem Vor-
wande, dass die Einkommen ihrer Lehen so geringe seien, dass die
Kosten für Lehensverzeichnisse und Huldigung dadurch bei weitem
nicht gedeckt würden. Das Parlament verfügte darauf unter dem
4. Dezember 1666, dass bei Lehen von geringerem Ertrag als 50 livres
die Huldigung vor dem nächsten königlichen Beamten abgestattet
werden könne !).
2. Das Schiedsgericht zu Regensburg’).
Inzwischen hatten die bedrohten deutschen Reichsstände auch
den Reichstag zu Regensburg um Schutz gegen die französischen Usur-
pationen angegangen, und diesen veranlasst, ihre Klagen im Mai 1665
dem französischen Bevollmächtigten, Robert von Gravel, der seit dem
1. September 1662 in Regensburg beglaubigt war, zugleich mit den
elsässischen vorzutragen. Gravel antwortete aber nur mit Ausflüchten
und allgemeinen Redensarten: der Reichstag wendete sich daher in
einem Schreiben vom 19. August 1665 an Ludwig XIV. selbst, und
schlug zur Lösung der entstandenen Schwierigkeiten die Einsetzung
eines Schiedsgerichtes vor, das in Regensburg zusammentreten solle.
1) Emmery V, S. 153.
?) Das Thatsächliche im Folgenden zumeist nach Pachner von Eggenstorff.
Sammlung aller Reichsschlüsse, Regensburg 1740—1777, und nach dem »Bericht
wegen der Metz, Toul, Verdunschen Lehen«.
Schon in diesem Schreiben tritt der unlösbare Widerspruch der beider-
seitigen Auffassung wieder deutlich hervor; der Reichstag beschwert
sich, dass die Königliche Gewalt über den Bezirk und das Gebiet der
drei Bistümer hinaus ausgedehnt werde (»regiam jurisdietionem ultra
episcopatuum distrietum et territorium intendi«), während, wie oben
nachgewiesen, die französische Auffassung dahin ging, dass die Lehen
innerhalb des im Westfälischen Frieden abgetretenen »distrietus« lägen.
Der König, für den der eben ausgebrochene Devolutionskrieg eine
Vertagung der Sache erwünscht machte, antwortete unter dem 18. Sep-
tember desselben Jahres; er stellte sich erstaunt (»un peu surprise)
über den Schritt des Reichstages, da aus den Verhandlungen mit
Gravel schon seine Auffassung zu erkennen und ein Grund zu der-
maligen Klagen daher nicht vorhanden sei; er habe aber seit dem
Abschlusse des Westfälischen Friedens den Reichsständen so viele
Proben und Zeugnisse für seinen Wunsch der Aufrechterhaltung des
Friedens gegeben, dass er auch auf den Antrag der Einsetzung eines
Schiedsgerichts eingehen wolle; denn die Ruhe des Reiches habe ihm
immer am Herzen gelegen (»nous avons toujours aimé son repose«);
er habe deshalb Kur-Mainz, Kur-Köln, Schweden und Hessen-Kassel
zur Vermittlung ausersehen, während sein Gesandter Gravel die könig-
lichen Ansprüche zu vertreten haben werde. Der Reichstag bestimmte
seinerseits erst am 10. April 1666 zu Schiedsrichtern Kurhessen, Kon-
stanz, Regensburg, und nachdem Oesterreich abgelehnt hatte, am
16. Januar 1667 Eichstädt. Dass er hiernach 1!/» Jahre brauchte, um
sich über die von ihm abzuordnenden Vertreter zu einigen, war ganz
im Sinne des französischen Königs, dem es auf Verschleppung und
Versumpfung der Angelegenheit ankommen musste. Diesem Zwecke
entsprechen daher auch die Forderungen, welche er am 23. Januar 1667
für den Geschäftsgang stellen liess, dahin gehend, dass über Einzelheiten
der Verhandlungen erst dann an den Kaiser zu berichten sei, wenn
eine Einigung erfolgt seit); der Gesandte wahrte sich dadurch die
Möglichkeit, jeden Abschluss, auch einen negativen, zu vereiteln und
die Verhandlungen ins Endlose zu verlängern. Gleichzeitig wurde
wieder, nach Richelieuschem Vorbilde, die Publizistik zu Hülfe ge-
nommen. In demselben Jahre erschien zu Paris eine Streitschrift des
Parlaments-Anwaltes Aubery ?), in welcher nachzuweisen gesucht wird,
dass die französischen Könige die rechtmässigen Nachfolger Karls des
') Die auf die elsässischen Verhältnisse bezüglichen Verhandlungen werden
hier übergangen.
?) Aubery, Des justes prétentions du roi sur l'empire. Paris, 1667, S. 90.
ee
Grossen seien und der grössere Teil Deutschlands als Vatersgut und
Erbteil den französischen Fürsten zustehe (le patrimoine et l’ancien
héritage des princes francais). Die Abtretungen im Westfälischen
Frieden seien eine Art Anerkennung der alten und gerechten Ansprüche
der Könige auf Deutschland, innerhalb dessen sie fast nichts neu er-
obern, sondern nur den Rest dessen wiedererwerben könnten, was
ihnen einstmals widerrechtlich entzogen sei.
In Regensburg aber dauerte es wieder nahezu */4 Jahre, ehe die
eigentlichen Verhandlungen begannen; am 23. September 1667 wurde
dem Schiedsgericht die Klage der angegrifienen Reichsstände vorgelegt,
in welcher diese ausführten, dass sie seit Jahrhunderten im Besitze
der angefochtenen Lehen seien, dass sie stets ihre Kreislasten ge-
tragen, auch die Bischöfe sich keinerlei Oberhoheit angemasst, viel-
mehr lediglich die Investitur nach altem Herkommen erteilt hätten;
auch seien während der mehr als 100jährigen Besetzung der Bis-
tümer Seitens Frankreichs niemals Ansprüche an sie gemacht,
auch nicht nach Abschluss des westfälischen Friedens, da sie
ausserhalb des Distriktes der Bistümer gelegen seien;
»das Parlament von Metz habe daher sonder Zweifel aus Mangel ge-
nugsamer Information und ohne Ihrer Königlichen Majestät Vorwissen
und Willen sich angemasst und unterstanden, ein höchst beschwerliches
Edikt oder Arrest' ergehen zu lassen.« Wenngleich nun auch dessen
»thätliche Exequirung« bisher unterblieben, so seien doch weitere In-
vestituren verweigert worden.
Der am 2. Mai des folgenden Jahres abgeschlossene Frieden
zu Aachen war für die vorliegende Streitfrage und die beabsich-
tisten Gebietserweiterungen im Lothringer Lande nicht von direkter
Bedeutung; immerhin aber war durch die Beendigung des Krieges
und die niederländischen Gebietserwerbungen die Macht Frankreichs
gestärkt, seine Stellung eine wesentlich festere und gehobenere ge-
worden. Augenscheinlich war dieser Zeitpunkt zur Beantwortung der
reichsständischen Klage abgewartet worden. Erst nach einem Jahre,
am 10. September 1668, erfolgte daher die französische Entgegnung,
in der Gravel in weitläufiger Ausführung zunächst die Auffassung zu
widerlegen sucht, als bestehe hinsichtlich der Souveränität des Königs
ein Unterschied zwischen den unmittelbar vom Kaiser, und mittelbar
von Reichsfürsten, also den Bischöfen von Metz, Toul und Verdun ab-
hängigen, an Frankreich abgetretenen Lehensgebieten. Wenn die Va-
sallen vor und nach der französischen Besitzergreifung ausschliesslich
zum Reiche Beziehungen gehabt und dessen Lasten getragen hätten,
so sei das von keinem Belang; denn es komme nicht darauf an, was
sie gethan hätten, sondern was sie hätten thun müssen, und jetzt thun
sollten; es sei daher unbegründet, dass sie gegen ein Edikt des Metzer
Parlamentes sich beschwerten, da nach zwei Bestimmungen des West-
fälischen Friedens alle Rechte dem Könige und seinen Organen über-
tragen seien. Die Behauptung aber, dass sie ausserhalb des Distriktes
der Bistümer, in eigenen reichsunmittelbaren Fürstentümern ihre Be-
sitzungen hätten, falle in sich zusammen, da ihr Gebiet einen eigenen
Distrikt nicht bilde. Das Wort »distrietus« sei aber nicht der
Verkleinerung, sondern der Vergrösserung der Bistümer
wegen hinzugefügt worden; auch gäbe es unzählige Beispiele, dass
ein Besitztum im Distrikte eines andern gelegen sei; der einzige Grund
der Verweigerung der Investitur sei daher, dass die Vasallen den Vor-
bedingungen einer solchen sich nicht unterworfen hätten. Die Antwort
der Lehensträger erfolgte am 2. Januar 1669, nachdem inzwischen
durch kaiserliches Rescript vom 8. Dezember 1668 »die von Reichs-
wegen verordneten arbitri nachdrücklich ermahnt worden waren, dass
sie sich des von ihnen übernommenen arbitrii unverlängt unterfangen
wollen«. Die Vasallen führten aus, dass der von Gravel beliebten Aus-
legung schon während der Friedensverhandlungen widersprochen worden
sei, und dass die französischen Ansprüche kaiserlicherseits niemals Zu-
stimmung gefunden hätten; dadurch seien ihre Lehen als ausserhalb
des Distriktes (extra districtum) gelegen anerkannt worden, eine Auf-
fassung von der niemals abgewichen worden sei. Zum Beweis legten
sie in Anlage das Reichsgutachten vom 17. August 1647!) und dessen
kaiserliche Bestätigung bei und gaben eine kurze Schilderung der be-
züglichen Verhandlungen auf dem Friedens-Kongresse selbst.
Der französische Bevollmächtigte antwortete erst nach einem
halben Jahre, am 29. Juni 1669, in noch breiterer Ausführung an seinem
früheren Antwortschreiben festhaltend, aber in den Ausdrücken bereits
schärfer werdend. So nennt er die Ansichten seiner Gegner: »otiosa
insania, et a sano et genuino verborum instrumenti pacis intellectu
eorumque interpretatione congesta et remota«, während nach seiner Auf-
fassung in dem Friedens-Instrumente »nulla in verbis obscuritas, nulla
ambiguitas« gefunden werden könne. Neu ist in dieser Antwort nur das
srosse Gewicht, welches Gravel auf das Wort »que« in dem Ausdrucke
»eorumque episcopatuum distrietus« legt. Da diese Partikel »distine-
tionis nota et ejus nalura« sei, so folge aus deren Anwendung, dass
1178.94 08:
Sr ae
»distrietus« etwas anderes als »episcopatus« und zwar eine Erweiterung
dieses Begriffes sei, eine Auffassung, der eine gewisse Berechtigung
nicht abzusprechen sein wird. Eigentümlich ist dabei aber, dass Gravel
das beste Argument für seine Auffassung, den Vergleich mit Magdeburg,
Bremen und Minden sich entgehen liess!); dieses wurde erst in der
letzten Reunions-Sitzung der Metzer Kammer, am 10. September 1683
von Ravaulx verwerthet ?).
Es folgte hierauf noch am 30. Mai 1670 eine »schliessliche und
sründliche Refutationsschrift« der Gegenpartei, welche trotz grosser
Länge etwas Neues nicht enthielt und nicht wohl enthalten konnte;
das Gleiche gilt naturgemäss von der Erwiderung Gravels vom
1. Februar 1671, trotzdem dieses Schriftstück die vierfache Länge
der schon recht weitschweifigsen Antwort vom 29. Juni 1669 hatte.
Die Verhandlungen bewegten sich, trotz der gegenseitigen Ueber-
bietung in dem Umfange ihrer Ausführungen, eben stets im Kreise,
da nach deutscher Auffassung die Lehen ausserhalb, nach französischer
Auffassung innerhalb des Distrikts der Bistümer liegen sollten. Nur die
eine Absicht des französischen Bevollmächtigten und seines Königs, die
Streitfrage in die Länge ziehen und versumpfen zu lassen, wurde, be-
sünstigt von der schwerfälligen deutschen Reichs-Organisation, voll-
ständig erreicht; ein Schiedsspruch in dieser Angelegenheit ist über-
haupt nicht erfolgt; der ausbrechende Krieg machte schliesslich den
Verhandlungen ein Ende.
Der zur Zeit dieses zweiten Reunions-Unternehmens von 1658 — 1668
bestehende Rheinbund*) scheint weder auf das Vorgehen Frankreichs,
noch auf die Verhandlungen in Regensburg von Einfluss gewesen zu
sein, anscheinend deshalb, weil zu den angegriffenen Reichsständen
Mitglieder des Bundes nicht gehörten. Nicht unwahrscheinlich aber ist
es, dass Frankreich wegen der Vorteile, die es sich von der Aufrecht-
erhaltung des Bundes versprach, damals noch der Beanspruchung von
Gebietsteilen des Kurfürstentums Trier sich enthielt.
3. Die Besetzung des Herzogtums Lothringen.
Ungleich rücksichtsloser, als gegen die deutschen Reichsstände
war inzwischen Louis XIV. gegen das Herzogtum Lothringen vorge-
sangen, dessen völlige Auflösung und Annexion im Beginne des Jahres
1670 ins Werk gesetzt wurde. »Quoique l’on ne püt se plaindre avec
2055,00:
°) s. unter Einzel-Reunionen.
#) Erdmannsdörffer, I, S. 312 ff.
+
te
justice des démarches de Charles IV, ni trouver mauvais qu'il prit
les mesures nécessaires pour mettre la Lorraine à l'abri d’une inva-
sion, Louis résolut de le pousser à un éclat qui devait inévitablement
entrainer sa ruine«; mit diesen Worten ist die Handlungsweise des
Königs gegen das unglückliche Land treffend charakterisiert. Um
möglichst rasch und vollständig zum Ziele zu gelangen, versuchte der
König mitten im Frieden sich der Person des Herzogs zu bemächtigen;
am 26. August 1670 erfolgte der Ueberfall zu Nancy, dem Karl IV.
nur durch eilige Flucht sich entziehen konnte. Ueber seine Absichten
ihm gegenüber äusserte sich der König mit geradezu cynischer Offen-
heit in einem Briefe vom 29. August an den mit der Eroberung Loth-
ringens beauftragten Marschall Crequi?); er sagt darin, er wolle den
Herzog beseitigen, der Marschall solle dies aber niemals aussprechen ;
er wolle vielmehr ihm solche Bedingungen stellen, dass der Herzog sie
nicht annehmen könne, und mit keinen Anerbietungen zufrieden sein,
ausser mit der vollen Aufgabe des Landes; zu dem Zwecke solle der
Marschall ihn völlig aus seinem Lande vertreiben. In 6—7 Wochen
war die Absicht des Königs durchgeführt, das ganze Herzogtum von
den französischen Truppen erobert.
Der Herzog wendete sich nunmehr an den Reichstag zu Regensburg,
wo sein Gesandter Johannes à Monnet-Reinemberg als reichsständischer
Vertreter für das Marquisat Nomeny anwesend war; ihm gegenüber ver
trat die französischen Interessen der von dem Schiedsgerichte her be-
kannte Gesandte des Königs, Robert de Gravel. Zwischen beiden entspann
sich nunmehr ein erbitterter Federkrieg, der von besonderem Interesse
ist, weil dabei in ausführlicher Weise die wahrscheinlich erst bei dieser
Gelegenheit erfundenen Vorwände für die Vertreibung des Herzogs zum
Ausdruck kommen. In seiner ersten Eingabe hatte Monnet den Ueberfall
Ludwigs XIV. als einen Eingriff in das Reichsgebiet, als eine Verletzung
der höchsten Rechte des Reiches dargestellt?), Gravel daraufhin am
17. September 1670 dem Reichstage eine Deklaration vorgelegt, in
welcher er das Vorgehen des Königs zu entschuldigen versuchte.
Monnet antwortete darauf am 15. Oktober u. a.®): »es sei männiglich
bekannt, wie weit sich des Allerchristlichsten Königs Zornmütig-, Ge-
1) Digot, Histoire de Lorraine, 1856, V, S. 397.
?) Der Brief ist im Auszuge abgedruckt bei d’Haussonville, II, 5. 262; nach
Angabe des Verfassers von der Hand Lyonnes geschrieben.
®) Fitte S..82.
4) Das Folgende nach den »Memoriales« der Gesandten, Sonderabdrücke
ohne Datum, in Deutsch und Lateinisch auf der Universitäts-Bibliothek zu Strassburg.
IE Re
walttätig- und Rachgierigkeit wider den Herzog hervorgetan habe«; er
beschwert sich dann weiter, dass das Eigentum des Herzogs nebst
allen Archiven und Geschütz von der Hofstatt zu Nancy nach
Metz geführt, die meisten lothringischen Städte eingenommen, deren
Mauern eingerissen und das ganze Herzogtum mit einer starken Armee
überfallen worden sei.
In der Antwort vom 25. November führte Gravel nunmehr
die Gründe an, welche den König zur Entsetzung des Herzogs be-
wogen hätten. Der Kern seiner sehr weitschweiligen und unklaren
Ausführungen bestand darin, dass der Herzog in mehrfacher Hin-
sicht wider die Traktaten gehandelt und sich geweigert habe, eine
solche Versicherung zu leisten, dass der König sich künftighin darauf
verlassen könne; er habe sich daher gegen des Herzogs unruhige und
wankelbare Leichtsinnigkeit verwehren müssen, zumal auf die Klagen
über Infraktionen der Traktate der Herzog eine höhnische Antwort
mit schimpflicher Verdrehung erteilt habe; ausserdem habe der Herzog
mit Hintansetzung seines Versprechens das Herzogtum Bar mit uner-
träglichen Auflagen beschwert und andere Gesetzwidrigkeiten in diesem
von dem höchsten Gerichtshofe zu Paris dependierenden Herzogtum
begangen; »unterschiedliche Reichsglieder werden daher mit ihrer
eigenen Erfahrung bezeugen können, was diesem so süss redenden Ge-
sandten vor ein Glauben beizumessen sei.«
Monnet antwortet darauf am 19. Dezember, wobei er die vielen
dem Herzoge gemachten Vorwürfe in richtiger Weise in zwei Gruppen
zusammenfasst, die Verletzung der Traktate, und die Gesetzwidrigkeiten
im Herzogtum Bar. In ersterer Hinsicht führt er an, dass er von Zu-
widerhandlungen gegen Verträge und dem Herzoge gestellten Bedingungen
bisher nichts gewusst habe; »es sei dem Herzoge ein Geringstes dar-
über nicht verkündet, kurz vor dem Ueberfall vielmehr Seine Durch-
laucht aller Dienste und Freundlichkeit versichert worden«. (General
Fourville und Marschall Créqui hätten auf Befragung wegen der Gründe
des Ueberfalles keine andere Antwort gegeben, als: »auf königlichen
Befehl«. Eingaben des Herzoges an den König seien unbeachtet ge-
blieben.
Hinsichtlich des zweiten Vorwurfs, dass sein Landesherr in dem
Herzogtum Bar »über die Schnur gehauen habe«, wirft Monet dem
französischen Gesandten vor, dass er nicht Bar mouvant und non mou-
vant unterscheide; letzteres sei das weitaus grössere Gebiet; darin ge-
bühre dem Herzog die volle Souveränität, wie in Lothringen; auch im
Bar mouvant bestehe die Dependenz nur in dem Lehenseid und dem
—
Recht, von den Vögten und Schultheissen an das Parlament zu appel-
lieren. Monnet sucht alle Vorwürfe im Einzelnen zu widerlegen, und
schliesst, jedenfalls ohne Ironie, mit den Worten: »dass des heiligen
Reiches Stände Seine Durchlauchtigkeit als ein getreues und unzertrenn-
liches Mitglied eines so herrlichen Leibes in ihren noch fernern Schutz
nehmen wollene. Die Antwort Gravel’s vom 14. März 1671 enthält
keine neuen Momente, ersetzt aber, ähnlich wie die späteren Eingaben
an das Schiedsgericht, den Mangel an Gründen durch äusserste Schroff-
heit des Tones: erst nach längerer Ueberlegung habe er beschlossen,
zu antworten, und »die Absurdität vorbemeldeter Schrift, die Nullität
der darin angegebenen Gründe, und des Schriftstellers unbedachtsame
Verwegenheit vorzustellen«. Das Vorgeben der von den Herren de
Fourville und de Créqui gegebenen Freundschafts-Bezeugungen habe
keinen einzigen Schein von Wahrheit; dass der König keinen Brief
annahm, habe seinen Grund darin, dass er auch nicht den geringsten
Vertrag oder Schrift eines so wankelmütigen und treubrüchigen Fürsten,
welcher nicht einen einzigen Punkt, weder der Traktate noch seiner
Worte hielte, annehmen könne. »O der grossen Vermessenheit, steigt
ihm nicht die Schamröte ins Gesicht«, sagt schliesslich Gravel von
seinem diplomatischen Gegner.
Ein Ergebnis konnten diese Verhandlungen ebensowenig haben,
wie die des Schiedsgerichts; das ganze Herzogtum blieb während des
im folgenden Jahre beginnenden Krieges unter französischer Herrschaft.
4. Uebergriffe gegen die spanischen Niederlande.
Wie früher angedeutet‘), führten auch die Bestimmungen des
pyrenäischen Friedens über die Abtretung des spanisch-niederländischen
Unteramtes Diedenhofen zu Weiterungen, da auch sie französischer-
seits im Sinne ihrer Reunionstheorien ausgelegt und verwertet wurden.
Zweifellos verlieh der Wortlaut, unter dem die Abtretung erfolgt war,
den Franzosen ein Recht auf die unmittelbar zu Diedenhofen gehörigen
Lehen; bei den Friedens-Exekutions-Verhandlungen zu Metz 1662
wurden daher auch 5 solcher Lehensherrschaften gefordert ?), und von
Spanien ohne weiteres zugestanden, nämlich Blettingen (Buss) und
Neuenburg südlich, Hettingen und Wollmeringen nördlich, Volkringen
westlich Diedenhofen. Anscheinend ermutigt durch diesen leichten Er-
folg forderten aber unmittelbar darauf die Franzosen 20 weitere, dem
Herzogtum Luxemburg unmittelbar zu Lehen stehende Herrschaften,
ra. 00:
?) s. Lothr. Territorien, S. 18 ff.
Be
soweit erkennbar zu Diedenhofen in keiner anderen Beziehung stehend,
als dass sie in nicht zu weitem Umkreise der Hauptstadt gelegen waren,
darunter Rodemachern mit dem Unterlehen Preisch, die seit 1492 dem
Markgrafen von Baden zu Lehen gegeben waren, Püttlingen bei Rode-
machern') und Rüttgen (Roussy). Infolge Widerspruchs von Seiten
Spaniens gaben die Franzosen zwar vorläufig nach, behielten sich aber
in einer Schlusserklärung ihre Rechte vor. »Nous, commissaires du
roi très chrétien avons accepté le delaissement avec la protestation,
que la présente acceptation ne pourra nuire ni préjudicier aux pré-
tentions du procureur du roi très chrétien pour les autres lieux con-
tenus dans les listes par lui communiquées.« Die beigefügte Liste
enthielt aber diese Luxemburger Lehen, mit Ausnahme der drei vor-
stehend namentlich aufgeführten; die übrigen 17 waren daher durch
den eingelegten Protest zu Frankreich in ein ähnliches Verhältnis ge-
treten, wie die Bistumslehen seit dem westfälischen Frieden, blieben
aber, abweichend von diesen, auch nach Beendigung der Friedens-
Exekutions-Verhandlungen in französischer Verwaltung; anscheinend
gab Spanien diese Lehen schon damals verloren. Am 27. Mai 1668
hatte Frankreich aber auch des besonders wichtigen Rodemachern sich
bemächtigt, bald darauf auch die beiden anderen Lehensherrschaften Pütt-
lingen und Rüttgen besetzen lassen, sodass nunmehr alle 20 Lehens-
herrschaften thatsächlich im französischen Besitze waren; eine ein-
undzwanzigste Lehensherrschaft, Beiern, unmittelbar an Püttlingen
grenzend, scheint französischerseits übersehen worden zu sein; sie ist
in der Liste nicht aufgeführt, kommt auch in den späteren Lehens-
huldigungen nicht vor, während für alle anderen genannten Herr-
schaften Lehenshuldigungen im Original vorgefunden sind; Beiern kam
infolgedessen erst 1769 in französischen Besitz. Bei Ausbruch des
Krieges ging aber Rodemachern wieder verloren; der Statthalter von
Luxemburg besetzte die Burg und Ortschaft und liess die Festungs-
werke schleifen; auch während der ganzen Dauer des Krieges blieb
Rodemachern in spanischem Besitze,
5. Der Friede zu Nymwegen.
Der Friedens-Vertrag brachte nach keiner Richtung hin eine Er-
ledigung der zwischen Frankreich und seinen Nachbarmächten in den
Friedensverträgen von 1648 und 1659 offen gebliebenen Streitfragen.
Mit Spanien waren die Friedens-Verhandlungen zuerst, am 17. Sep-
') Nicht zu verwechseln mit zwei gleichnamigen, später zu erörternden
Herrschaften Püttlingen bei Saarbrücken und Püttlingen bei Saaralben.
tember 1678 zum Abschluss gekommen; das Friedens-Instrument ent-
hält nichts über die streitigen Lehen im Umkreise von Diedenhofen.
Aus dieser Uebergehung leitete naturgemäss Frankreich die Berechti-
sung seiner früheren Ansprüche her; schon am 30. Dezember 1678
besetzten die Franzosen von neuem Rodemachern und stellten die Be-
festigungen wieder her ?).
In den Friedens-Verhandlungen zwischen Frankreich und dem
Reiche?), deren Abschluss etwa ein halbes Jahr später, am 5. Fe-
bruar 1679, erfolgte, wurde die Frage der Bistums-Lehen wieder in
gleich streitiger Weise behandelt wie vor dem Regensburger Schieds-
gericht. Die kaiserlichen Gesandten stellten die Forderung, dass
die früher beanspruchten Lehen der Bistümer als ausserhalb des
Distriktes derselben gelegen anerkannt und der französischen Ober-
hoheit entzogen würden; die königlichen Gesandten behaupteten dem
gegenüber, die Lehen seien durch den Westfälischen Frieden zugleich
abgetreten worden. Trotz der völligen Aussichtslosigkeit einer Verein-
barung über diese widersprechende Auffassung wurde deutscherseits
ein neues Schiedsgericht zugleich auch für andere Streitfragen vorge-
schlagen, von den Franzosen jedoch, als gegen die Rechte des Königs
sehend, bestimmt abgelehnt. Am 3. Februar 1679, 2 Tage vor der
Unterzeichnung des Friedens, gaben darauf die kaiserlichen Bevoll-
mächtigten die Erklärung ab, dass sie, um das Friedenswerk zum Ab-
schluss zu bringen, zwar auf die Aufnahme der zu Gunsten der Va-
sallen vorgeschlagenen Bestimmungen verzichteten, dass sie aber durch
diese Unterlassung deren Rechte in keiner Weise beeinträchtigt wissen
wollten (per hanc omissionem nihil praedictarum partium juribus
praeiudicari). Infolgedessen wurde die Streitfrage im Friedens-Instru-
mente ganz übergangen und nur ausgesprochen, dass der Westfälische
Friede voll und ganz aufrecht zu erhalten sei (pax Monasterii West-
falorum restituetur in omnibus et singulis suo pristino vigori).
Diese neue Nachgiebigkeit von Kaiser und Reich musste naturgemäss
die französische Krone als eine Bestätigung ihrer Rechte auf die streitigen
Gebiete im Elsass sowohl wie in Lothringen ansehen; im Juni dessel-
ben Jahres schreibt Louvois, bei Gelegenheit einer Besichtigungs-Reise
im Elsass und der Franche-comté: »j'ai fort entretenu lintendant de
tout ce qu'il y a à faire pour étendre la domination de Votre majesté
autant qu’elle le doit être suivant le véritable sens du traité de
DS OHR
?) Pachner von Eggenstorff, Il, 5. 94 ff.
229 RAP
Munster« '). In den weiteren Verhandlungen wurden die Rechte Frank-
reichs daher stets unter Berufung auf die beiden Friedens-Verträge
seltend zu machen gesucht.
Eine Reihe von Artikeln des Nymwegener Vertrages betrafen das
Herzogtum Lothringen; sie entsprachen den Grundsätzen, welche
Ludwig XIV. in dem Briefe vom 29. August 1670 ausgesprochen
hatte?). Nach dem Friedens-Vertrage sollte der nominell 1675 zur Re-
sierung gekommene Herzog Karl V. seine eigene Hauptstadt Nancy,
die Stadt und das Amt Longwy und 4 von Nancy ausgehende Etappen-
strassen an Frankreich abtreten, dafür von Frankreich die Stadt Toul
nebst Vorstädten und Bann erhalten. Der Herzog lehnte, wie erwartet,
diese Bedingungen ab; das Herzogtum wurde deshalb nach wie vor
als französisches Gebiet behandelt.
Eine grosse Anzahl um diese Zeit erschienener Urkundensamm-
lungen, Flugschriften und Abhandlungen aller Art sollte die Rechts-
sültigkeit der französischen Ansprüche auf Lothringen beweisen’).
Auch in den Verhandlungen, welche nach Abschluss des Friedens zu
Nymwegen über die Ausführungs-Bestimmungen stattfanden, wurde die
Frage, in welchem Umfange die 3 Bistümer durch den Westfälischen
Frieden abgetreten worden seien, wieder erörtert. Kaiserlicherseits
wurde in den Konferenzen mit dem französischen Bevollmächtigten,
welche zu Nymwegen am 1. und 3. Juli gehalten wurden‘), die Räu-
mung der Metzer Lehen verlangt; Colbert erklärte sich dazu bereit,
wenn in dem Protokoll gesagt werde »vorbehaltlich der Souveränität
des Königs«. Kaiserlicherseits wurde statt dessen vorgeschlagen » vor-
behaltlich der beiderseitigen Rechte«. An eine Einigung war natur-
gemäss nicht zu denken; »denn wie wir die französische Prätension
nicht guthiessen, also auch der Colbert dieselbe nicht schwinden lassen
wollte«, heisst es in dem darüber geführten Protokolle. In der »con-
venlio executionis pacis Neomagensis« musste daher wieder ein höchst
zweideuliger Ausdruck über den Streitpunkt hinweghelfen; nach der-
selben »zieht der König seine Truppen aus allen Orten zurück, die
ihm nicht kraft der Friedensschlüsse zu Münster und Nymwegen zu-
stehen«.
') Dareste, Histoire de France, 1875, V, S. 516. Hieraus schliessen zu wollen,
dass Louvois erst jetzt diesen Gedanken dem Könige eingegeben habe, ist natür-
lich jetzt nicht mehr angängig.
2) 3.8. 68.
#) Aufgeführt in Le Long, bibliothèque historique de la France.
*) Pachner von Eggenstorff, II, S. 218.
HA VO ‚De
6. Gewaltthaten nach dem Friedensschluss.
Bei der schwächlichen Haltung des Kaisers und Reiches hielt
Louis XIV. den Zeitpunkt nunmehr für gekommen, seine Auffassung
der beiden Friedensverträge entschieden und nötigenfalls mit Gewalt
zur Geltung zu bringen. Gleichsam als Vorspiel der nun folgenden
Ereignisse, als ein Probepfeil, wie weit Frankreich ungestraft dem
Reiche gegenüber gehen durfte, erfolgte noch im Sommer 1679, mitten
im Frieden, die gewaltsame Wegnahme der Festungen Homburg und
Bitsch, von denen die erstere von kurfürstlich-Trierischen, die zweite
von kurfürstlich-Mainzischen Truppen besetzt war. Die Verhältnisse
hinsichtlich Homburgs, das zur Unterscheidung von dem bei St. Avold
gelegenen Orte auch Gross-Homburg genannt wurde und heute zur
bayerischen Pfalz gehört, waren zur Zeit verwickelter Natur. Ursprüng-
lich dem Bistum Metz gehörig'), war die alte Herrschaft, auch Graf-
schaft genannt, früh infolge Verleihung der Vogtei in den Besitz der
Grafen von Nassau-Saarbrücken übergegangen; 1644 hatte sich jedoch
Herzog Karl IV. von Lothringen, wegen angeblicher Forderungen an
das Reich, dieses wie anderer Plätze bemächtigt. Durch den West-
fälischen Frieden, Artikel »Comitibus Nassau-Sarapontanis«, ward das
Gebiet diesen Grafen zwar wieder zugesprochen, der einschränkende
Zusatz aber beigefügt: »Salvis utrique competentibus juribus«. Der
Herzog von Lothringen erklärte sich daher zur Räumung Homburgs
wie 6 anderer von ihm besetzt gehaltener Plätze nur gegen eine an-
gemessene Abfindung bereit. Nach langen Verhandlungen musste das
Reich 1653 sich zu dem wenig ehrenvollen Abkommen verstehen, für
die Räumung von Homburg, Hammerstein und Landstuhl dem Herzog
300000 Thaler zu zahlen. Diese Entschädigungssumme war aber, wie
gewöhnlich, von den Reichsständen nicht beizubringen; Homburg blieb
daher auch während der Gefangenschaft des Herzogs von lothringischen
Truppen besetzt. Ein Vertrag, den Ludwig XIV. am 5. März 1663 mit
dem Grafen Johann Ludwig von Nassau-Saarbrücken schloss, nach
welchem dem Könige das Recht zustehen sollte, unter dem Grafen als
Befehlshaber (»capitaine et gouverneur pour le roi«) französische
Truppen in den Platz zu legen?), führte keine Aenderung herbei, da
der König zur Zeit augenscheinlich kriegerische Verwicklungen ver-
meiden wollte.
1) s, Calmet, Notice de Lorraine, I, S. 406 ff.
0 » “ _ » r ‘ + æ <
2?) s. Dumont, corps diplomatique, 1728, VI 2., S. 452.
en
Weitere Verhandlungen !) mit dem Herzoge führten endlich 1669 zu
einem neuen Vertrage, nach welchem bis zur vollen Auszahlung der Ent-
schädigungssumme Homburg in Gemeinschaft regiert werden, d. h. unter
der civilen Verwaltung Saarbrückens, der militärischen Lothringens stehen
sollte. Wie leicht erklärlich, führte dieses Verhältnis bald zu Miss-
helligkeiten; Saarbrücken klagte beim Reiche über Lothringen; nach
vergeblichen Versuchen, die Reichsstände zur Zahlung des für die
Räumung von Lothringen zu erstattenden Geldes zu bewegen, entschloss
der Kaiser sich 1671 endlich zur Sequestration zu schreiten; Homburg
erhielt darauf eine kurtrierische Besatzung, womit der Herzog sich
einverstanden erklärte. Diese zur Reunionszeit noch fortdauernde
Lage der Dinge benutzte Ludwig XIV. und stellte unmittelbar vor Er-
ölfnung der Metzer Kammer an das Reich das Ansinnen, die seques-
trierte »lothringische« Festung ihm abzutreten, da von ihr aus im
verflossenen Kriege dem französischen Lande grosser Schaden zugefügt
worden sei; er sei daher um so mehr berechtigt, sich des Platzes zu
bemächtigen, als der Herzog den Frieden von Nymwegen nicht aner-
kannt habe und die Grafschaft Saarbrücken, die gleichfalls Ansprüche
auf die Festung mache, ein Metzer Lehen sei. Gegen diese »unter
allerhand nichtigen Pretexten angeforderte Abtretung und anmassende
Lehensherrlichkeit über die Metzer Vasallen« spricht sich zwar sehr
entschieden ein kaiserliches Kommissionsdekret vom 10. Oktober 1679
aus, unter Einforderung eines Reichsgutachtens darüber; inzwischen
aber war Homburg längst von französischen Truppen besetzt. Mit Weg-
nahme des Platzes war Marschall Humieres beauftragt?), der dazu eine
Truppenmacht von 20 Bataillonen heranführte; »c’&tait beaucoup plus
de monde qu'il ne fallait«. Nach dem von ihm vorgelegten Berichte
war er am 15. September vor der Festung angelangt und hatte den
Gouverneur zur Uebergabe aufgefordert. Dieser lehnte zwar ab, er-
klärte aber nicht schiessen zu wollen, sodass der Marschall ungestört
seine Laufgräben und Batterien bauen könne; am folgenden Tage kapi-
tulierte darauf der Gouverneur unter der Bedingung, dass vor der
Uebergabe 10—12 Schüsse gegen den Platz und 3 Schüsse aus dem-
selben abgegeben würden, welche letzteren er ins Blaue richten lassen
werde. Humieres bewilligte gütigst dieses Verlangen (>eût la bénignité«),
worauf am 17. September die Besetzung französischerseits erfolgte.
') Das Folgende ist den Reichstags-Verhandlungen entnommen; s. Pachner
von Eggenstorff II.
‘) Rousset, Histoire de Louvois 1863, IIL (nach einem Briefe Louvois an
den König),
— SR
Am folgenden Tage ging in ganz ähnlicher Weise die Wegnahme
der Festung Bitsch vor sich, die aber im Zusammenhange mit der
Vorgeschichte und nachherigen Reunion dieses (Gebietes zu erörtern
sein wird !).
Aber nicht nur dem Reiche, sondern auch den spanischen Nieder-
landen gegenüber ging Ludwig XIV. unmittelbar nach dem Nymwegener
Frieden zu Gewaltthaten über ?).
Am 30. Dezember 1678, demselben Tage, an welchem der Friede
in Antwerpen verkündet ward, bemächtigten die Franzosen sich des
Schlosses, der Stadt und Herrschaft Rodemachern. Spanien be-
schränkte sich trotz Drängens der Luxemburger auf einen platonischen
Protest; infolgedessen erschien am 8. Oktober 1679 der französische
Intendant Bazin zu Hesperingen, also unmittelbar vor den Thoren der
Stadt Luxemburg, und zwang die Einwohner dieser Herrschaft dem
Könige von Frankreich den Treueid zu leisten, belegte auch das Schloss
Hesperingen selbst mit einer kleinen französischen Besetzung.
Gegenüber den spanischen Protesten erklärte der König am
20. Oktober, die Besetzung von Rodemachern und Hesperingen sei ge-
schehen unbeschadet der Rechte des spanischen Königs; könne letzterer
seine Rechte beweisen, so würde alles anstandslos zurückgegeben
werden.
!) s. unter Einzel-Reunionen.
?) Das Folgende nach Grob in »Ons Hemecht«, Organ des Luxemburgischen
Geschichtsvereins, IV, S. 420 ff. Verfasser spricht hier gleichfalls die Ansicht aus,
dass der König habe sehen wollen, »wie weit er gehen künnte+.
ZWEITER TEIL.
Die Thätigkeit der Reunionskammer zu Metz 1679.
in
Die Errichtung der Kammer.
Die Eroberung der Festungen Gross-Homburg und Bitsch, die
Besetzung von Rodemachern und Hesperingen, die Motivierung dieser
Gewaltthaten, insbesondere aber die Bezugnahme auf das Lehens-
Verhältnis zu Metz, lassen erkennen, dass der Zeitpunkt zur end-
sültigen Durchführung der Reunionstheorien und zur Verwertung der
langen und mühsamen Vorbereitungen nunmehr gekommen. In der
That hatte zu dieser Zeit bereits das Parlament zu Besancon eine
seiner Kammern mit Reunionen beauftragt; am 1. September 1679
sprach diese Kammer der Krone Frankreich die Gebiete von Clermont,
Chätelet und Blamont, im ganzen mehr als 80 zur Grafschaft Mömpel-
gard gehörige Ortschaften zu.
Durch Erlass des Königs vom 23. Oktober 1679 zu St-Germain !)
wurde die Reunionskammer zu Metz errichtet; im folgenden Januar
begann der Gerichtshof zu Breisach (conseil souverain d’Alsace) mit
den Reunionen im Elsass. Nur in Metz erfolgte hiernach die Einsetzung
einer besonderen Kammer des dortigen Parlamentes zu Reunions-
zwecken; in Besancon und Breisach wurden dagegen die Urteile von
den genannten Gerichtshöfen selbst, ohne Aenderung ihrer Organisation,
abgegeben, sodass von einer Reunionskammer an diesen Orten nicht
gesprochen werden kann.
Die führende Rolle bei allen diesen Reunions-Unternehmungen
war, nach Angabe Roussets ?), am französischen Hofe in Händen Louvois,
nicht Colberts de Croissy, dem sie, als dem Staatssekretär des Aus-
wärtigen, gebührt hätte; von Einsetzung der Metzer Kammer soll sogar
Louvois seinem Kollegen erst drei Monate später Mitteilung gemacht
haben. »Louvois exerce au-dessus de M. de Croissy la dictature po-
litique et lui mesure à lui-même en quelque sorte la part qu'il doit
prendre aux affaires de son propre département.« Auch Gaillardin,
der Biograph Ludwigs XIV.?), äussert sich in diesem Sinne: »Louvois
1) s. Anhang.
2?) Rousset III, S. 21.
°) Gaillardin, Histoire du règne de Louis XIV 1875, V,S. 10.
STIL
était l’inventenr de cette nouvelle diplomatie; il devint des lors le mi-
nistre prépondérant et ruina en partie le crédit de Colbert«. Dieses
Uebergreifen Louvois wird jedoch von anderer französischer Seite!)
bestritten, unter dem Hinweis, dass Colbert de Croissy vom No-
vember 1679 bis zum Frühjahre 1680 in einer besonderen Mission in
Bayern war, das Amt des Auswärtigen aber in dieser Zeit von seinem
Bruder, dem grossen Colbert (de Seignelay), versehen wurde; wenn
daher Louvois damals eine diplomatische Diktatur ausgeübt habe, so
sei dies nicht auf Kosten Croissys, sondern des angesehensten Ministers
Ludwigs XIV. geschehen; der Vertreter der letzteren Auffassung bringt
dann weitere Beweise für seine Behauptung bei, auf welche nicht
weiter einzugehen sein wird, da die Frage von geringerer Bedeutung
ist, als von den französischen Schriftstellern angenommen wird; denn,
wie nachgewiesen, ist die Reunionstheorie nicht erst jetzt aufgekommen,
sondern seit vielen Jahrzehnten planmässig vom französischen Hofe
verfolgt worden; auch handelt es sich, Ravaulx gegenüber, mehr um
einen mässigenden als einen anregenden Einfluss”); wo allerdings im
folgenden ein Eingreifen der Central-Regierung nachzuweisen sein wird,
geschieht es stets durch Louvois, sodass wohl der Ansicht Roussets bei-
zupflichten sein wird, so sehr Croissy auch nach seiner Stellung und
auf Grund seiner früheren Mission für die Thätigkeit geeignet schien °);
Charakter-Eigenschaften werden wohl hier ausschlaggebend gewesen
sein. Dass aber der intellektuelle Urheber und die Seele der gegen-
wärligen Wiederaufnahme des Reunions-Werkes nicht Louvois, sondern
der schon beim zweiten Vor-Unternehmen hervorragend beteiligte Par-
lamentsrath Ravaulx war, nimmt auch Rousset an; »Ravaulx parait
avoir été le premier inventeur de cette revendication ou, comme on
disait au 17° siècle, le donneur d’avis‘)«. Abgesehen davon, dass
Ravaulx nicht der erste Erfinder der Reunionstheorie war, ergiebt sich
die Richtigkeit dieser Auffassung Roussets eben daraus, dass Ravaulx
durchaus auf den Schultern Dupuys und damit des Kardinals Richelieu
steht?°), während ein Zurückgreifen Louvois auf diese früheren Theo-
rien und Machenschaften nirgends erkennbar ist, wenn auch kaum be-
zweifelt werden kann, dass Louvois von den Vorarbeiten Richelieus
Kenntnis gehabt habe.
1) Bourgeois, in der Revue’historique, 34. Bd., S. 413.
EIS. Sr 08)
8) 5, S. 69.
#) Rousset III, .S. 28.
58,28. 4
Zr
Die Urheberschaft Ravaulxs war aber selbst zur Reunionszeit
schon in Deutschland bekannt; in einer in Cüln 1692 anonym erschie-
nenen Flugschrift '), welche der Verfasser allen von der Reunion be-
troffenen Fürsten und Ständen widmet (à tous les princes et états de
la réunion), heisst es: »Tout le monde sait que ça été Monsieur Ro-
land Ravaulx qui a le premier proposé ces visions, et qui au su de
tous ses amis et par son propre dire a été renvoyé avec sa propo-
sition comme un fou«. Aehnlich, aber noch derber drückt ein neuerer
deutscher Historiker sich aus: »Man glaubte erst fabeln zu hören, als
ein halbverrückter Parlamentsrat zu Metz mit seinem unbekannten
Rechte der Reunionen hervortrat« ?).
In einem nur irren sich alle Genannten, Rousset, Gaillardin, der
Anonymus und Häusser, in der Annahme nämlich, dass Ravaulx der
Erfinder der Reunionstheorie gewesen sei.
IL.
Die Organisation der Kammer.
Der Organisation der Kammer lag der Gedanke zu Grunde, der
Geltendmachung der Ansprüche die Form eines Gerichtsverfahrens zu
geben; dazu waren in erster Linie Kläger erforderlich, über deren
Eingaben eine Art von Gerichtshof die Entscheidung zu fällen haben
würde. Als solche Kläger waren einerseits die 3 Bischöfe von Metz,
Toul und Verdun, andererseits ein besonderer General-Prokurator aus-
ersehen. Die Bischöfe waren zur Zeit:
George d’Aubusson de la Feuillade in Metz, Jacques de Fieux in
Toul, Armand de Monchy d’Hoquincourt in Verdun; letzterer starb
jedoch am 29. Oktober 1679, worauf der bischöfliche Stuhl 2 Jahre
lang, also während der Haupt-Verhandlungen der Kammer, unbesetzt blieb.
An diese Bischöfe liess der General-Prokurator des Königs beim
Parlament zu Metz die Aufforderung ergehen, innerhalb eines kurzen
Termins für ihre Besitztümer, sowie deren Lehen und Gerechtsame
Lehenserneuerungen zu bewirken und unter Vorlage eines Lehens-
verzeichnisses Huldigung zu erstatten, widrigenfalls zur Beschlagnahme
aller Einkünfte der Bischöfe sowohl wie der ihnen untergebenen Welt-
und Klostergeistlichkeit geschritten werden würde. Die Bischöfe er-
klärten, zweifellos gemäss ihnen gewordener Instruktionen, dazu ausser
') La dissolution de la réunion. Cologne 1629. S. 11.
*) Häusser, Geschichte der Rheinischen Pfalz 1845, I, S. 639.
I ro
Stande zu sein, da sie und ihre Geistlichkeit bei weitem nicht im Ge-
nusse aller ihrer Besitzungen und Gerechtsame seien; für Wahrung
. derselben hätten ihre Vorgänger so schlecht gesorgt, dass seit nahezu
100 Jahren die Vasallen nicht mehr zur Erfüllung ihrer Pflichten an-
gehalten worden seien; die Lehen dieser Vasallen seien daher sämt-
lich verfallen; die Einziehung könne aber nicht von ihnen selbst vor-
genommen werden, da sie sonst Partei und Richter in gleicher Person
seien; sie bäten daher um Bezeichnung von Richtern, vor welche sie
diese unrechtmässigen Besitzer (detenteurs des biens et droits) laden
könnten, um sie zu veranlassen, die Urkunden vorzulegen, auf welche
sie ihre angeblichen Rechte stützten. Kämen in diesem Falle die Va-
sallen der Aufforderung nicht nach, oder könnten sie den Nachweis
rechtmässigen Besitzes nicht in genügender Weise führen, so sollten
ihre Besitztümer und Gerechtsame ihnen aberkannt und den Kirchen
wieder zugewendet werden. Bis zu dieser richterlichen Entscheidung
möge der König ihnen Aufschub für die Vorlage ihrer Lehens-Bekennt-
nisse und -Verzeichnisse gewähren. Diesen angeblichen Gesuchen der
Bischöfe kam der König durch den erwähnten Erlass vom 23. Oktober 1679
zu St. Germain nach; die dadurch errichtete besondere Kammer des
Metzer Parlaments erhielt somit ihrem Zwecke wie ihrer Organisation
nach den Charakter eines besonderen Gerichtshofes, wie sich auch aus
dem Einsetzungs-Erlasse ergiebt. Die Kammer wird in diesem einfach als
»chambre de Metz« bezeichnet; von den französischen Geschichts-
schreibern wird sie meist kurz »chambre royale« genannt); der deutsche
Ausdruck Reunionskammer ist aus den Beschlüssen derselben abge-
leitet, welche die Bezeichnung: »arrêté de la chambre royale de Metz
pour la réunion de .. .« tragen. In dem erwähnten Erlasse des
Königs wird die Einsetzung der Kammer nahezu wörtlich durch die-
selben Ausführungen begründet, mit denen sie von den Bischöfen er-
beten war; in einem vorliegenden Konzepte zu diesem Entwurfe
finden sich Zusätze von der Hand des früher charakterisierten Parla-
mentsrates Ravaulx, die darauf schliessen lassen, dass er der Verfasser
sowohl des Erlasses wie der Eingabe der Bischöfe war. Andererseits
zeigen diese Konzepte, wie Ravaulx, dem die Hauptrolle bei der Kammer
zugedacht war, selbst, sicher nicht gegen den Willen des Königs, die Aul-
gabe der Kammer auffasste?),. Vor Erwähnung der Versäumnisse der
!) Da nur eine solche Kammer existiert; s. S. 88.
>?) Wenn auch manche der benutzten Konzepte, Notizen und sonstigen Hand-
schriften Ravaulx wohl niemals aus seiner Arbeitsstube herausgekommen sein
werden, so gewähren sie doch einen Einblick in das innere Getriebe der Reunions-
kammer, wie er aus amtlichen Schriftstücken allein nicht zu gewinnen sein würde.
Bo ae
früheren Bischöfe heisst es hier: »obwohl alle Landschaften und Ge-
biete, welche in dem Bereiche ihrer Diözesen oder derer der Bischöfe
von Basel, Strassburg, Speier, Worms, Mainz, Trier, Lüttich und anderer
liegen, von den Kirchen und Bistümern Metz, Toul, Verdun abhängig
(dépendants) sind, mit alleiniger Ausnahme einiger, die zur Pfalz oder
dem weltlichen Besitze der genannten Kirchen gehören, wie durch die
Urkunden-Verzeichnisse der Kirchen von Metz, Toul, Verdun und die
alten Schriftsteller bezeugt wird, so liegt es doch jetzt so, dass sie
nicht im Genusse des zwanzigsten Teiles aller dieser Landschaften und
Gebiete sind.«
Wenn daher ein neuerer französischer Schriftsteller sagt: »Louvois
rédigea lui-même ou fit rédiger sous ses yeux des instructions dé-
taillées pour le procureur du roi de la chambre de réunion de Metze!),
so dürfte eher Ravaulx selbst der Verfasser auch dieser Instruktionen
sein; und wenn auch ein Teil seines Entwurfes in St. Germain ge-
strichen wurde, waren diese Ausführungen doch sicher nicht den Ab-
sichten des Königs widersprechend; dann aber zeigt dieser Entwurf,
in welchem Sinne die Thätigkeit der Reunionskammer gedacht war,
nämlich im Sinne der Wiederaufnahme des Zieles Richelieus, der Er-
werbung des ganzen linken Rheinufers. Denn eben dieser Parlaments-
rat Ravaulx wurde durch königlichen Erlass vom 9. November 1679
zum General-Prokurator der Kammer ernannt?); in demselben Erlasse
wurden als Vorsitzender der erste Präsident des Metzer Parlaments
Thomas de Bragelongue, als Mitglieder 10 Räte desselben Parlaments
bestimmt, auch diese letzteren namentlich vom Könige. Der General-
prokurator erhielt das Recht, Stellvertreter nach Bedarf und eigener
Wahl anzunehmen; zur Beschlussfähigkeit war die Anwesenheit von
nur 5 Mitgliedern erforderlich. Der so gebildete Gerichtshof charakte-
risiert sich hiernach als eine Unterabteilung, eine besondere Kammer
des Metzer Parlaments. Ihre Aufgabe wurde in dem erwähnten Er-
lasse vom 9. November wie folgt, präzisiert: »de juger en dernier
ressort et sans appel tous les procès mus ou à mouvoir par les évêques
et clergés pour raison des droits, terres et seigneuries, faisant partie
des biens temporels des dites églises, évêchés et clergés de Metz Toul
et Verdun, engagés ou usurpés, circonstances et dépendances de ceux
dont la souveraineté Nous appartient à cause des traités de Munster
et Nymègue, en quelques lieux que les dits biens, droits,
1) Dareste, V, S. 517.
?) s. Anhang.
Aus dieser Anweisung geht zunächst hervor, dass die staats-
rechtliche Frage, ob die Lehen der Bistümer zugleich mit diesen im
Westfälischen Frieden abgetreten seien, die Kammer nicht mehr be-
schäftigen sollte; sie galt nach französischer Auffassung als völlig er-
ledigt, ein friedlicher Ausgleich gegenüber der entgegengesetzten deutschen
Auffassung als nicht mehr möglich; die zweite Frage aber, ob alle oder
nur ein Teil dieser Lehen von Frankreich beansprucht werden könnten,
wurde jetzt in einem viel weitergehenden Sinne entschieden, als früher
überhaupt von französischer Seite verlangt worden war. Denn bei den
hierfür massgebenden Verhandlungen zu Münster war als Grenze für
die Abtretungen die Diözese, der »distrietus spiritualis«, gefordert worden;
wäre dieses deutscherseits nachgegeben worden, so hätte der Friedens-
Vertrag eine völlig klare und unanfechtbare Fassung erhalten; in dem
Erlasse vom 9. November 1679 heisst es dagegen: »wo auch immer
diese Lehen gelegen seien«; gleich die erste Reunionssitzung sollte den
deutlichen Kommentar für diese Erweiterung der französischen An-
sprüche liefern.
Zunächst allerdings und noch vor Beginn der Reunionsthätigkeit
sah Louvois sich genötigt, den Eifer seines General-Prokurators zu
mässigen; am 10. Januar 1680 schreibt er ihm), die vorgelegte Denk-
schrift zeige, dass Ravaulx nicht im Sinne des Königs vorgehen wolle;
es komme nicht darauf an, in 1—2 Monaten möglichst viele Gebiete
zu reunieren, sondern es müsse vor Allem der Schein vermieden
werden, als wolle der König seine Ueberlegenheit über alle Fürsten
Europas missbrauchen; er dürfe daher nicht, wie vorgeschlagen, mit
einem Male die ganzen Herzogtümer Lothringen und Bar für reuniert
erklären, sondern müsse (um ein später von Vietor Emanuel für Ita-
lien angewendetes Bild zu gebrauchen) diese Gebiete wie eine Arti-
schoke Blatt für Blatt verspeisen, »moyennant quoi, en peu de temps
l’on aura fait assigner tous les lieux qui ont ci-devant reconnu le duc
de Lorraine, qu'on peut prétendre avoir été autrefois des dits évêchése.
Diese von ungleich höherer staatsmännischer Einsicht zeugenden
Direktiven waren naturgemäss zunächst für die Art des Vorgehens der
Kammer maszsebend; erst im Jahre 1683 konnte Ravaulx zu den von
ihm von vornherein beabsichtigten Massen-Reunionen übergehen.
1) Rousset, III, S. 23.
II.
Die Geschäftsordnung der Kammer. ')
Die erste Thätigkeit der Kammer musste naturgemäss ihrer Kon-
stituierung und der Beschaffung und Ordnung der Unterlagen für ihre
Aufgabe gelten. Ihre erste Sitzung hielt sie am 11. Dezember 1679
in einem Saale des alten Metzer Stadthauses ab; in ihr wurde die Re-
sistrierung und Bekanntmachung des königlichen Einsetzungs-Erlasses
beschlossen. Diese Bekanntmachung sollte danach nicht nur in der
sanzen Ausdehnung der drei Diözesen, sondern auch darüber hinaus
überall da erfolgen, wo es notwendig sei (partout ailleurs où besoin sera).
Die zweite Sitzung, die erst 3 Monate später, am 2. März 1680,
stattfand, fasste Beschluss, in welcher Weise die einzelnen Vasallen
vorzuladen seien; mit der dritten Sitzung am 12. April 1680 begann
erst die eigentliche Reunionsthätigkeit. Die Zwischenzeit wurde ver-
wendet, um das verhandene Urkundenmaterial zu sichten und die
zunächst beabsichtigten Einzel-Reünionen durch besondere Referenten
soweit vorbereiten zu lassen, dass später die Sitzungen in ununter-
brochener Weise einander folgen konnten, »tout le travail fut distribué;
l'on partagea les titres, chacun entreprit la réunion à mesure que les
titres et productions des évêques étaient prets« ?).
Diese Vorbereitungen waren nach 5 Monaten so weit gediehen,
dass in der erwähnten Sitzung vom 2. März der erste Gerichtsvoll-
zieher angewiesen werden konnte, die ihm namhaft zu machenden
Vasallen des Bistums Metz aufzufordern, innerhalb 14 Tagen nach Zu-
stellung vor der Kammer zu erscheinen, um auf die Ansprüche des
Bischofs Rede und Antwort zu stehen; vorher aber war, um Zeitverlust
zu vermeiden, ein Teil der Vasallen bereits zum 1. März von der
Kammer selbst vorgeladen worden. Zugestellt wurden diese Vor-
ladungen in den Hauptorten der zu reunierenden Gebiete, entweder
bei Beamten des Lehensträgers (procureurs fiscaux ete.) oder Mangels
1) Die Hauptgrundlage für die Schilderung der Thätigkeit der Kammer
bildet die Druckschrift: »Recueil des arrêts de la chambre royale, établie à
Metz, pour la réunion des dépendances des trois évêchés de Metz, Toul et Verdun
et autres endroits A l’obeissance du roi. Paris, 1681, chez Frederie Léonard.<
Diese Druckschrift enthält auch die Beschlüsse der Sitzungen nach 1681, ist also
später vervollständigt worden. Daneben wurden in erster Linie eine grosse Zahl
von Handschriften des Metzer Bezirks-Archivs, Inventar, Serie B 5, 6, 7, benützt,
bestehend in Urkunden, Briefen, Lehens-Huldigungen, Konzepten, namentlich
solchen von der Hand Ravaulx etc.
°) Denkschrift von Turgot, Handschrift auf der Stadtbibliothek zu Metz 1699.
A An Me
solcher bei der kommunalen Ortsbehörde daselbst. In den Vorladungen !)
war gesagt, dass das beanspruchte Gebiet ein Lehen des Bistums sei,
welches letztere vor dem Westfälischen Frieden ein unteilbares, un-
veräusserliches und unverfallbares (imprescriptible) geistliches Fürsten-
tum des Reiches gewesen sei. Durch die seit langer Zeit unterlassene
Lehenserneuerung sei das Lehen an das Bistum zurückgefallen; der
Bischof wolle aber nicht von seinem vollen Rechte Gebrauch machen,
sondern den Vasallen nur zwingen, sein Lehensrecht anzuerkennen.
Zu dem Zwecke habe er innerhalb 14 Tagen nach Zustellung
Lehenserneuerung nachzusuchen, und nach einem weiteren von der
Kammer jedesmal besonders zu bestimmenden Zeitraum die Urkunden
und sonstigen Rechtstitel vorzulegen, auf welche die Belehnung sich
sründe, widrigenfalls sein Lehen für verfallen erklärt werden würde.
Eine gleichlautende Vorladung an die Vasallen des Bistums Verdun
erging amtlich erst in der Sitzung vom 16. April; doch war auch hier
schon eine vorläufige Vorladung erfolgt. Vasallen des Bistums Toul
sind überhaupt nicht vor die Kammer geladen worden.
Naturgemäss bezogen diese Aufforderungen sich nur auf den Teil
der Besitzungen der Vasallen, der wirklich oder angeblich zu einem
der Bistümer in Lehensverhältnis gestanden hatte; über die Ausdehnung
dieser Lehen und deren Verhältnis zu dem allodialen oder anderweitig
lehensabhängigen Besitze der Vasallen herrschte aber sowohl bei diesen
wie namentlich bei der Kammer vollste Unklarheit. Die Folge war,
dass vielfach der gesamte Besitz, und sogar etwaige von Alloden lehens-
abhängige Gebiete zugesprochen wurden, wie im einzelnen später nach-
gewiesen werden wird. Als räumliche Grenze, bis zu welcher die An-
sprüche ausgedehnt wurden, wurde erst der Rhein angesehen ; Reunionen
auf dem rechten Rheinufer sind nicht versucht worden, was ein weiterer
Beleg für den den ganzen Reunions-Unternehmungen als Unterlage die-
nenden Grundgedanken sein dürfte.
Gar keine Grenze aber kannte die Kammer hinsichtlich der Ab-
hängigkeit der Beweiskraft der Urkunden von der Zeit, in welcher sie
ausgestellt waren; Urkunden aus dem 8. Jahrhundert werden unbe-
denklich wie solche aus jüngster Zeit verwertet, unbekümmert um
etwaige Besitz-Veränderungen innerhalb der vielen Jahrhunderte, falls
für diese nicht urkundliche Beweise vorgelegt werden können; selbst
in diesem Falle erfahren solche Urkunden entweder eine den franzö-
sischen Ansprüchen günstige Auffassung, richtiger gesagt Verdrehung,
1) Einzelne Konzepte liegen noch vor.
ET
oder werden einfach für ungültig erklärt. Wie Ravaulx selbst diesen
Urkunden-Beweis ansah, geht aus einer vorliegenden eigenhändigen
Aufzeichnung hervor, welche lautet: »Ich habe Pont-à-Mousson noch
nicht reuniren lassen, weil man mir Hoffnung gemacht hat, mich Ur-
kunden finden zu lassen, welche beweisen, dass der auf der Metzer
Seite gelegene Teil der Herrschaft Lehen von Metz, der andere Teil
Lehen von Verdun sei; wenn diese Urkunden ausbleiben, so habe ich
andere, welche darthun, dass die Grafen von Bar für Pont-à-Mousson
bei Kaisern Lehenserneuerung nachgesucht haben«. Bei einer derartig
skrupellosen Ausnutzung kam es nur darauf an, immer neue Urkunden
aufzustöbern; als daher eine grössere Anzahl von Reunionen ausge-
sprochen, und die betreffenden Gebiete von französischen Truppen und
Beamten in Besitz genommen waren, gaben die hier vorgefundenen
Archive Gelegenheit, neue beweiskräftige Urkunden ausfindig zu machen
und das Spiel von neuem zu beginnen. Durch königlichen Erlass vom
17. September 1680 wurde deshalb die Fortsetzung der Nachforschungen
vom Jahre 1663 angeordnet. Die Kammer erhielt die Anweisung, ge-
eignete Personen überall dorthin zu senden, wo es ihr notwendig er-
schien, und nach Investituren, Urkunden und sonstigen Rechtstiteln suchen
zu lassen, die im Besitze von Privatpersonen, Korporationen, Städten,
kirchlichen oder weltlichen Gemeinwesen seien; Widerstrebende sollten
mit allen Mitteln, nötigenfalls durch Verhaftung zur Herausgabe solcher
Schriftstücke gezwungen werden; über die auf solche vorgefundenen
Urkunden neu zu begründenden Ansprüche solle die Kammer in gleicher
Weise, wie über die früheren, erkennen. Noch vorhandene Original-
schriftstücke geben ein Bild davon, in welcher rücksichtlosen Weise
der Auftrag des Königs erfüllt wurde. Unter dem 14. Dezember 1680
beschwert sich ein Justizbeamter zu Meisenheim (südwestlich Creuznach
selegen), dass ein französischer Offizier an alle Akten der Kanzleien
im Schlosse und Stadthause Siegel angelegt habe, so dass die ganze
Gerichtspflege verhindert wurde; unter dem 12. Februar 1681 schreibt
ein Beamter Ravaulx an diesen aus Carignan: »Ich kann Ihnen ver-
sichern, dass ich mein Mösglichstes für den Dienst des Königs gethan
habe, indem ich mich alle Tage mit Sorgsamkeit bemühte, einige alte
Urkunden zu entdecken; ich habe aber nichts von Belang finden
können«. Dass hierbei auch von der Ermächtigung Widerstrebende zu
bestrafen, Gebrauch gemacht wurde, beweist das vorliegende Gesuch
eines abbé Elye (ohne Datum) an den Minister Louvois aus der Ba-
stille zu Paris, in welchem er um Befreiung aus der schon 3 Monate
dauernden Haft bittet, da er seit einiger Zeit die Urkunden, wegen
Ber One
deren Verweigerung er gefangen gesetzt worden sei, an den General-
Prokurator Ravaulx ausgeliefert habe.
Aber selbst dieses Verfahren erschien den französischen Macht-
habern, die augenscheinlich durch die Leichtigkeit der erzielten Erfolge
und den matten Widerstand der Beteiligten immer kühner und rück-
sichtsloser wurden, noch zu langsam und mühselig ; am 17. Oktober 1680
erfolgte der Hauptschlag, indem durch königlichen Erlass summarisch
alle mittelbaren und unmittelbaren Vasallen der drei Bistümer, alle
Städte, kirchliche und weltliche Gemeinwesen, die im Besitze von
Lehens-Gütern oder Gerechtsamen seien, endlich alle Personen, die der
General-Prokurator namhaft machen werde, aufgefordert wurden, inner-
halb zweier Monate Lehenserneuerung nachzusuchen, und in den fol-
senden Tagen Huldigung und Lehensverzeichnis (aveu et denombrement)
zu erstatten, widrigenfalls ihre Lehens-Besitzungen und Gerechtsame
für verfallen erklärt werden würden).
Zu diesem Erlasse des Königs gab Ravaulx die weitestgehenden
Ausführungs-Bestimmungen, die im Konzepte noch vorhanden sind; in
einem an die Kammer gerichteten Schreiben beantragt er, dass der
Befehl des Königs in allen Gerichtsorten und Pfarreien der drei Diö-
zesen durch Anschlag und öffentliches Ausrufen (cris publics) bekannt
zu machen sei; ausserdem sei derselbe zuzustellen allen adligen und
bürgerlichen Geistlichen (ecclésiastiques gentilshommes et roturiers),
den Kapiteln, Aebten, Mönchs- und Nonnenklöstern, den Prioren,
Kaplänen und Patronen derselben; den Vorstehern von Hospitälern und
Kollegien, den Gemeindeverwaltungen, Bürgermeistern, Schöffen, Vor-
stehern der Städte, Dörfer, Flecken und Weiler; Erneuerung sei nach-
zusuchen für alle Güter und Gerechtsame, gleichgültig ob sie Lehen,
Allode oder freie Allode seien, für Wälder, Pfänder (otages), Weiden,
Zehnten, Zölle und alle anderen Besitzungen, Berechtigungen und
Befreiungen.
Durch diesen Erlass bekam die Reunions-Thätigkeit einen wesent-
lich anderen Charakter als vorher; während sie bisher die Landes-
hoheit betroffen hatte, erstreckte sie sich nunmehr auch auf den Einzel-
Besitz, vorwiegend zu dem Zwecke, eine möglichst grosse Zahl von
Korporationen und Unterthanen der Bistümer aus dem reunierten Ge-
biete in unmittelbares Abhängigkeits-Verhältnis zu der französischen
Krone zu bringen, und dadurch die Macht, dann aber wohl auch die
Einkünfte des Königs zu vermehren.
1) s. Anhang.
-]
BER
Auch über den Umfang der infolge der Erlasse stattgehabten
Zustellungen geben noch vorhandene Schriftstücke Aufschluss; so
brauchten zwei in die reunierte Grafschaft Chiny abgeordnete Gerichts-
vollzieher 31/2 Monate, und mussten 134 Orte oder Personen aufsuchen ;
in einem vorliegenden Gesuche beantragen sie eine Entschädigung dafür,
da sie auf eigene Kosten hätten reisen müssen, und an vielen Stellen
gar nichts, an den meisten anderen aber nur 30 Pfennige Gebühren
erhalten hätten !).
Naturgemäss fühlten sich durch diese Forderungen und Drohungen
eine Menge von Besitzern in ihrem Eigentume bedroht, auch wenn
dasselbe in keiner Beziehung zu den Bistümern oder anderen Lehens-
herren stand. Es begannen nunmehr die zahllosen Huldigungen und
Lehensbekenntnisse, von denen die Archive noch heute Kunde geben,
und die manchmal nur ganz minimale Besitzungen oder Gerechtsame,
wie ein Haus oder auch nur den Teil eines Hauses oder einer Rente
umfassten. Nach einer vorliegenden handschriftlichen Zusammenstellung
aus damaliger Zeit gingen in den sieben dem Erlasse folgenden Mo-
naten allein aus den Diözesen Metz und Trier 650 solche Huldigungs-
Akte und Lehensverzeichnisse ein, die natürlich alle von der Kammer
geneigtest entgegengenommen wurden. Ein besonderer Reunions-Be-
schluss wurde für diese Lehen nicht ausgefertigt, das Besitz-Verhältnis
auch, soweit erkennbar, nicht gestört; die Huldigung war nur ein for-
meller, die Souveränität des Königs anerkennender Akt.
Blieb die Vorladung dagegen unbeachtet, so wurde Contumacial-
Verfahren angeordnet, und kurz nach dem versäumten Termin eine
Kammersitzung anberaumt, in welcher regelmässig die beanspruchten
Gebiete oder Besitzungen den Eigentümern aberkannt wurden.
Kamen jedoch die vorgeladenen Lehensträger der Aufforderung
insoweit nach, dass sie selbst oder durch bestellte Sachwalter den
Beweis für die Nichtigkeit der bischöflichen Ansprüche und die Unab-
hängigkeit ihrer Besitzungen anzutreten sich erboten, so wurde zu-
nächst in weitere Verhandlungen mit ihnen eingetreten, denen eventuell
eine zweite begründete Vorladung folgte. Eine solche liegt im Konzept
für den Herzog von Lothringen noch vor; in dieser heisst es, er solle
zwei Monate nach Uebergabe vor der Kammer erscheinen, um über
32 Gebietsteile seines Herzogtums die Entscheidung der Kammer ent-
gegen zu nehmen, und zwar im einzelnen:
') Original des Gesuchs, wie auch gedruckte Zustellungs-Formulare noch
vorhanden. y
1. Um sich verurteilt zu sehen, für den grösseren Teil dieser
Gebiete die Lehenserneuerung nachzusuchen ;
2. um die Angebote des Bischofs, einen anderen Teil dieser
Gebiete, die ihm verpfändet worden, einlösen zu wollen, für
gut und richtig erklärt zu sehen;
3. um von der Anordnung Kenntnis zu nehmen, dass in Folge
seiner früheren Weigerung, die Angebote des Bischofs an-
zunehmen, das Geld bei dem Gerichtsschreiber oder einer
anderen der Kammer genehmen Persönlichkeit hinterlegt
werde;
4. um festgestellt zu sehen, dass mehrere Tauschverträge seiner
Vorgänger mit Bischöfen von Metz für ungültig erklärt
werden würden;
Qt
um festgestellt zu sehen, dass einer dieser Gebietsteile, die
Stadt Saarburg, mit dem Bistum Metz vereinigt werde, da
diese durch Usurpation eines seiner Vorgänger in seinem
Besitze sei.
Diese zweite Vorladung liess der Herzog anscheinend unbeachtet;
infolgedessen erfolgte die Aberkennung der beanspruchten Gebiete im
Wege des Contumacial-Verfahrens in besonderen Kammersitzungen.
Das ganze Verfahren gegenüber dem Herzoge sollte anscheinend nur
die seit 10 Jahren erfolgte Besitzergreifung des Herzogtums recht-
fertigen; eine Herausgabe auch nur von Teilen desselben war, wie
die letzten Reunionsbeschlüsse zeigen werden, keineswegs beabsichtigt.
Die Geschäftsordnung, nach welcher die eigentlichen Reunions-
sitzungen abgehalten wurden, ist aus den sehr ausführlich abgefassten
Einzelurteilen und aus anderen für die Sitzungen verwendeten Schrift-
stücken, die noch vorliegen, mit Sicherheit festzustellen. Jede einzelne
Verhandlung fand danach in Form eines regelrechten Prozesses statt;
Kläger waren die Bischöfe bezw. das Domkapitel zu Verdun, Neben-
kläger der General-Prokurator; in einigen wenigen Fällen war letzterer
der einzige Kläger; als Verteidiger war ein Sachwalter des angeklagten
Lehensträgers zugelassen, aber nur in seltenen Fällen anwesend; Con-
tumacial-Verfahren ist das weitaus überwiegende Die Verhandlung
begann mit der Verlesung der Klage zunächst des Bischofs. In ihr
stellte dieser die Forderung auf, dass das Lehen mit allen Zugehörig-
keiten (appartenances et dépendances) mit dem Bistum wieder vereinigt
werde, dass die Beamten nur die Kirche Metz als ihren weltlichen
Herrn anerkennen, dass die Pflichten und Abgaben wie von Alters her
7*
ee
seleistet werden sollten, je nach Lage der Sache auch nachträglich für
die Zeit der Usurpation. Dagegen erklärte der Bischof bei etwa vor-
liegenden Verpfändungen sich bereit, die Einlösungssumme und auch
im übrigen eine angemessene Entschädigung für Verbesserungen, die
der Lehensträger in der Zwischenzeit bewirkt habe, zu erstatten.
Hierauf beantragte der Nebenkläger, General-Prokurator Ravaulx, seiner-
seits, dass infolge der Rechte, die der König durch den Friedens-
vertrag zu Münster erworben und durch den Nymweger Frieden
bestätigt erhalten habe, den bezüglichen Vasallen sowie seinen Beamten
und allen Einwohnern des Gebietes verboten werde, eine andere Souve-
ränetät anzuerkennen als die des Königs von Frankreich und einen
anderen höchsten Gerichtshof als das Parlament zu Metz. Nach An-
hörung der Klage nahm die Kammer von den Urkunden und sonstigen
Zeugnissen Kenntnis.
Seitens der Bischöfe wurden in erster Linie stets eine Anzahl
von Investiturbriefen deutscher Kaiser und Könige vorgelegt, zumeist
allgemeiner Art, nur selten solche, die auf das zu reunierende Gebiet
Bezug nahmen, daher auch für die meisten Einzelreunionen die gleichen;
sie sollten zum Beweise dienen, dass das Bistum ein unveräusserliches,
unteilbares, unverjährbares Lehen des Kaiserreichs bilde, und dass
daher etwaige Abtretungen seitens der Bischöfe, gleichgültig wann ge-
schlossen, ungültig seien. Hierauf erfolgte die Vorlage einer grösseren
oder geringeren Zahl von Sonderurkunden für den einzelnen Fall, be-
stehend in Lehensbriefen, Lehensbekenntnissen, Verpfändungen, Kauf-
verträgen, Urteilen, Protokollen von Stände- und Vasallentagen und ähn-
lichen Schriftstücken. Diese Urkunden waren einer, wie nachgewiesen, im
Laufe der Zeit immer mehr vervollständigten Sammlung entnommen, die
1672 sich im »tr&sor« der Stadt Nancy und in den beiden »chambres de
compte« des Herzogtums Bar befunden hatte und im genannten Jahre
nach der Citadelle von Metz gebracht worden war. Aus dieser Samm-
lung hatte Ravaulx diejenigen Urkunden ausgesucht, die ihm für die
Arbeit der Reunionskammer geeignet schienen, der ganze Bestand der
Sammlung ist aber noch erkennbar. Im Jahre 1697 liess nämlich der
Metzer Intendant Turgot ein Verzeichnis dieser gesamten Urkunden in
Regestenform durch den eigens zu dem Zwecke aus Paris verschrie-
benen königlichen Rat du Fourny anfertigen, das noch heute vorliegt).
Nach dem Vorworte, dem auch die vorstehenden Angaben entnommen
') Handschrift von 10 Regesten- und 2 Register-Bänden auf der Stadt-
Bibliothek zu Metz,
— 101 —
sind, begann die Arbeit im Februar 1697 und ward vollendet im De-
zember 1698. Das Verzeichnis zeigt, dass die Sammlung von sehr
grossem Umfange war, zumeist allerdings für den vorliegenden Fall
nicht verwertbare Urkunden enthielt, so dass nur ein kleiner Teil zur
Vorlage bei der Kammerverhandlung kam; für das Gebiet von Blamont
lagen beispielsweise 607 Urkunden vor, von denen nur 18 benutzt
wurden.
Besonders ausgenutzt wurde ausserdem noch eine der schon
erwähnten umfangreichen Arbeiten des Kammerpräsidenten Thierry
Alix, das Urkundenbuch (cartulaire) des Herzogtums Bar-Lothringen '),
welches auch die herzoglichen Domänen und Privat-Besitzungen ausser-
halb des eigenen Landes berücksichtigte und vorwiegend zu Steuer-
zwecken aufgestellt zu sein schien (»dans lequel on a transcrit les
titres de toute nature qui pouvaient interesser l’administration). Das-
selbe umfasste nicht weniger als 86 Folio-Bände und trug die Auf-
schrift: »Labore et industria Theodorici Alix, camerae Lotharingiae
praesidis 1582« ?).
Der Inhalt der benutzten Urkunden etc. wird im Urteile im Aus-
zuge angeführt; ein grosser Teil derselben liegt auch im Original oder
in beglaubigten Abschriften noch vor. Ein Vergleich dieser mit einander
und mit den Inhaltsangaben der Urteile ergiebt ausnahmslos die Richtig-
keit der Auszüge; in der Verwertung der Urkunden kommen dagegen
vielfach gewaltsame Auslegungen und Verdrehungen vor. Die Art, Zahl
und der Inhalt der Urkunden kann dagegen auch da, wo solche nicht vor-
gefunden, als den Angaben im Kammer-Beschlusse entsprechend ange-
nommen werden. Ausserdem aber könnte die Vermutung vorliegen, dass
der oben genannten Sammlung nur solche Urkunden entnommen worden
seien, welche den beabsichtigten Reunionen günstig lauteten, eine Auf-
fassung, die auch Calmet zu teilen scheint, wenn er sagt: »Comme les
commissaires étaient en possession des régistres et papiers des trésors
des chartes et des deux chambres de compte de Lorraine et de Bar-
rois, ils en tirèrent tels extraits et copies qu'ils voulurent«*). Dieser
Auffassung steht jedoch entgegen, dass, wie die Einzel-Verhandlungen
zeigen werden, nicht selten seitens der Kläger Urkunden vorgelegt
werden, die dem Zwecke der Reunion geradezu widersprechen, insbe-
1) Digot, Histoire de Lorraine, 1880, IV, 5. 350.
?) Recueil, S. 334; das Werk selbst befindet sich in dem Archiv des De-
partements Meurthe et Moselle zu Nancy.
3) Calmet, Ill, S. 853.
— 102 —
sondere formell richtige Abtretungs-Verträge, die dann aber fast stets
für ungültig erklärt wurden. Auch der Vergleich der vorgelegten Ur-
kunden mit dem Regesten-Verzeichnis von du Fourny lässt ein solches
Verfahren nicht erkennen. Dagegen ist immerhin die Möglichkeit vor-
handen, dass Ravaulx solche ungünstigen Urkunden unterdrückt und
vernichtet habe. Aber auch die anderweitigen Untersuchungen über
die Vorgeschichte der Territorien, deren Ergebnisse bei den Einzel-
Reunionen kurz angegeben werden sollen, sprachen nicht für diese
Annahme. Es hat daher den Anschein, als seien wirklich alle bedeut-
samen vorgefundenen Urkunden auch zur Kenntnis der Kammer ge-
bracht worden.
Nach Vorlage dieser Urkunden wurden, falls der Beklagte vor
Gericht vertreten war, oder auf Verhandlungen sich eingelassen hatte,
dessen Gegenbeweisstücke, meist ebenfalls aus Urkunden bestehend,
zur Kenntnis des Gerichtshofes gebracht. Es folgte demnächst der
resümierende Vortrag des Referenten (rapport de Messieurs Jeoffroy,
Morel etc.), dessen Inhalt nicht angegeben wird; aus dem Wortlaute
des Urteils aber ist zu schliessen, dass der Referent vorwiegend die
vorgelegten Beweisstücke neben einander zu stellen und die volle Be-
weiskraft der dem Antrage günstigen, die Nichtigkeit der demselben
widersprechenden darzuthun hatte. Nach Anhörung dieses Schluss-
vortrages und Erwägung alles Vorgebrachten (tout considere) fällte die
Kammer das Urteil und zwar ausnahmslos im Sinne der Kläger, in
einigen wenigen Fällen mit der Abänderung, dass das beanspruchte
Gebiet nicht als Lehen, sondern als Frei-Allod des Bistums (frane aleu
de l'évêché) anerkannt wurde. Der Unterschied war aber nur ein
nomineller, da auch in diesen Fällen die Unterstellung unter die fran-
zösische Souveränetät in gleicher Weise und mit denselben Ausdrücken
ausgesprochen wurde.
Zum Schlusse verfügte die Kammer die Eintragung des Urteils
und dessen Verkündigung in den Hauptorten des reunierten Gebietes.
Eine eigentliche Begründung enthält das Urteil, abgesehen von der
Anerkennung aller günstigen und Nichtigkeits-Erklärung aller ungün-
stigen Urkunden, danach nicht; in vorliegenden Schriftstücken') findet
sich jedoch eine solche, zugleich eine weitere Ausführung des Urteils
enthaltend und anscheinend von Ravaulx aufgestellt, der vielleicht auch
als der Verfasser der Urteile anzusehen sein wird. In dieser Motivie-
rung wird ausgeführt:
1) Nur Konzepte vorliegend.
I
Ebens
— 103 —
. Dass durch den Vertrag zu Münster der Kaiser und die
Reichsstände die drei Bistümer, die bisher geistliche Reichs-
fürstentümer gewesen seien, mit ihren Distrikten an
Frankreich abgetreten hätten;
. dass nach dem Lehensrechte des Reiches die von dem
Kaiser verliehenen Investituren die einzigen wirklichen
Rechtstitel sowohl für die Reichsfürsten selbst wie für deren
Vasallen seien;
. dass durch diese Investituren sowohl wie durch andere alte
Urkunden bezeugt werde, dass auch alle Zugehörigkeiten
des Gebietes (cour, ban, advocatie, appartenances, depen-
dances et annexes) dem Bischofe gehörten;
dass nach dem Westfälischen Friedens-Vertrage, Artikel
»et quia publice interest ut facta pace commercia vicissim
florescant« alle Zollstellen, die ohne Genehmigung des Reiches
errichtet seien, als aufgehoben angesehen werden müssten;
dass durch den Artikel desselben Vertrages: »contra hane
transactionem« jeder aus Verjährung oder sonstigen Aus-
nahme-Gesetzen herzuleitende Rechtsspruch hinfällig sei.
owenig wie diese Begründung kam auch die Art und der
Umfang der französischen Souveränetäts-Rechte, die naturgemäss den
staatsrechtlichen Verhältnissen Frankreichs, nicht etwa der nur schein-
baren Oberhoheit des Kaisers im deutschen Reiche entsprechen sollten,
zum Ausdruck. Dass aber darüber von Anfang an kein Zweifel be-
stand, geht
aus vorliegenden Schriftstücken'), welche die Art der von
der Kammer ausgesprochenen Souveränetät näher erläutern, hervor.
Aus ihnen
1
1) Glei
ergiebt sich:
dass die Vasallen sogleich der Gerichtsbarkeit der hohen
französischen Justizbehörden, in oberster Instanz, also, wie
auch im Urteil angegeben, dem Parlament zu Metz unter-
stellt wurden;
dass ihnen verboten wurde, ohne ausdrücklichen Befehl des
Königs Steuern aufzuerlegen, Soldaten aufzunehmen, oder
solchen Waffen und Durchzug zu gewähren, noch auch selbst
zu den Waffen zu greifen;
dass sie verpflichtet wurden, alle Zollstellen zu Wasser und
zu Lande aufzuheben, die von ihnen selbständig errichtet
worden seien;
chfalls handschriftliche Konzepte.
Be
4. dass ihnen verboten wurde, selbst oder durch ihre Ein-
nehmer oder andere Beamte andere Gerechtsame wahr-
nehmen zu lassen (d'exiger autres droits) als solche, die in
den Investituren der Bischöfe ihnen bewilligt seien.
Vielleicht war dieses die Charakteristik der französischen Ober-
hoheitsrechte, welche zugleich mit der Verkündigung des Kammer-
beschlusses in den reunierten Gebieten zur Kenntnis der Vasallen
gebracht wurde. Diese Verkündigung und Proklamierung der vollzogenen
Reunion wurde durch besondere Kommissare des General-Prokurators
vollzogen, soweit erforderlich, also insbesondere in den Gebieten ausser-
halb des Herzogtums Lothringen, unter gleichzeitiger militärischer Be-
setzung. Etwaiger Widerstand wurde, wie bei einzelnen Reunionen
nachgewiesen werden wird, mit Gewalt gebrochen; in einzelnen Fällen
wurde auch die Proklamierung der Reunion durch die Landesherren
oder Ortsbehörden verhindert; zu grösseren Kämpfen aber scheint es,
soweit die vorliegenden Quellen erkennen lassen, nirgends gekommen
zu sein. Durchführung der Reunionen ohne Blutvergiessen und daher
ohne Gefahr eines Krieges mit dem Reiche dürfte vielmehr die fran-
zösischerseits ausgegebene Parole gewesen sein. Dagegen wurden die
besetzten Gebiete keineswegs glimpflich behandelt; ein zeitgenössischer
französischer Schriftsteller sagt von der Besetzung eines pfälzischen
Amtes: »le baron Monclar envoya pour toute réponse six escadrons
dans le baillage de Neustadt qui s'y logèrent de leur propre autorité
et ruinerent de fond en comble ces terres par leurs exactions violentes 1),
Andererseits wird aber, nach Erstattung der Huldigung, auch von
Vorteilen berichtet, welche den Einwohnern gegenüber ihren Feudal-
Herren zugewendet wurden. In der Grafschaft Dagsburg beschränkte
der König durch Ordre vom 4. April 1683 beträchtlich die Feudal-
Rechte des Grafen von Leiningen, was für diesen um so empfindlicher
war, als die Einwohner mehrerer Ortschaften, Alberschweiler, Voyer und
Walscheid, sich nunmehr weigerten, auch die beschränkten Frohndienste
zu leisten ?).
Ueber den Umfang der reunirten Gebiete und deren Zugehörig-
keiten war naturgemäss bei der Kammer selbst die grösste Unklarheit,
da die Beschlüsse zumeist auf alte, oft längst nicht mehr bestehende,
1) Limiers, Histoire du règne de Louis XIV. Amsterdam 1718. IV, S. 42.
>. auch weiter unten das Verhalten der Franzosen zu Veldentz und im Luxemburger
Lande. Aehnlich berichtet Häusser, IL, S. 640, von gewaltthätigen Besitzergreifungen
auf Grund der Breisacher Reunionen.
*) Bulletin de la Société philomatique vosgienne, XVII, 1892.
— 105 —
oder vielfach veränderte Territorial-Verhältnisse basiert waren; auch
völlige Verwechslungen infolge gleichlautender Namen, werden in
einzelnen Fällen nachgewiesen werden. Diese Unklarheit ist auch aus
vorliegenden Aufzeichnungen Ravaulx zu erkennen, die, wie leider fast
alle Konzepte, kein Datum tragen, aber nach ihrem Inhalte anfangs
Juli 1680 geschrieben zu sein scheinen. In denselben heisst es z. B.:
»Die Grafschaft Veldentz, reuniert am 16. April 1680, ist nach dem
Berichte des Kapitän Simon (des dortigen Reunions-Kommissars) von
grosser Ausdehnung, und hat viele Lehens-Abhängigkeiten«; ferner:
»Die Herrschaft Bliescastel ist mir auch als lehensabhängig von der
Stadt Saaralben (reuniert am 20. Mai 1680) hingestellt worden; man
hat mich wissen lassen, dass von ersterer Herrschaft 10 Dörfer lehens-
abhängig sinde. Zur Zeit war aber die Herrschaft Bliescastel bereits
besonders, unter ihrem alten Namen, als »comt£ et seigneurie de Castres«
reuniert worden’). Die Identität der beiden Herrschaften war hiernach
der Kammer völlig unbekannt. Diese Unkenntnis war aber den franzö-
sischen Prätensionen durchaus nicht nachteilig; sie wurde vielmehr,
wie auch vorstehende Beispiele erkennen lassen, mit grösster Rück-
sichtslosigkeit zu immer neuen Gebietsansprüchen verwertet?). Hier-
nach werden auch über die Grösse der reunierten Einzelgebiete zu-
meist nur annähernde Angaben, und auch diese nicht in allen Fällen
gemacht werden können; in Kartenwerken werden dieselben im all-
gemeinen nicht berücksichtigt, da die Metzer Reunionen, mit Ausnahme
der 1698 abgetretenen Gebiete von Longwy und Saarlouis, niemals
staatsrechtliche Gültigkeit besessen haben; eine Karte von Nolin, Mass-
stab 1:500000, ohne Datum, aber zweifellos zur Reunionszeit ange-
legt ?), enthält die Angabe, dass die Reunionen nach dem Stande von
1685 eingetragen seien; diese Eintragungen sind aber, wie die ganze
Karte, so ungenau und unvollständig, dass sie nur wenig benutzt werden
können. Andere Karten aus damaliger und jüngerer Zeit enthalten
zwar die alten Herrschaften und sonstigen Gebiete, stimmen aber
häufig mit einander nicht überein und sind zum Teil auch durch die
Verwaltungs-Organisation, besonders die Einteilung in Aemter, beein-
flusst*). Einen besseren Anhalt geben, soweit noch vorhanden, die der
1) s. unter Einzel-Reunionen.
?) Ein besonders bezeichnendes Beispiel bietet die Reunion von Domevre;
s. unter Einzel-Reunionen.
3) Von Bouteiller, in Dictionnaire topographique du département de la Moselle,
1874, S. L, auf das Jahr 1685 datiert.
#) Die Homannschen Karten sind nur für die reichsländischen Gebiete
verwertbar,
—
Kammer eingereichten Lehens-Verzeichnisse (aveux et dénombrements !);
dieselben fehlen aber zum Teil überhaupt, da die betreffenden Vasallen
eben nicht gehuldigt haben, zum Teil enthalten sie nur Quoten von
Besitzungen, die mehrere Herren in gemeinschaftlichem Eigentum hatten.
Eine genaue Bestimmung aller wirklich reunierten Gebietsteile wird
daher kaum jemals möglich sein, weder in dem Umfange, wie er dem
Wortlaute des Kammerbeschlusses entsprach, noch innerhalb der von
den Reunions-Kommissaren wirklich beanspruchten Grenzen; eine ein-
gehende kartographische Arbeit, mit Feststellung und nötigenfalls mit
Teilung der Gemeinde-Bänne und sonstigen Gemarkungen würde daher
kaum der Mühe lohnen, da sie im günstigsten Falle nur den ersteren,
unwichtigeren Umfang angeben würde.
IV.
Die Einzel-Reunionen °).
2
Schloss und Grafschaft Veldentz.
Sitzung vom 12. April 1680.
Die ehemalige Grafschaft Veldentz bestand aus zwei von ein-
ander getrennten Teilen, einem kleineren mit Schloss, heute Ruine
Veldentz an der mittleren Mosel, nahe Berncastel, und einem grösseren
im Flussgebiete der Glan, eines südlichen Nebenilusses der Nahe; sie
gehört heute teils zur preussischen Rheinprovinz, teils zur bayrischen
Pfalz, mit einem kleinen Landstriche auch zur oldenburgischen Enclave
Birkenfeld. Hauptorte der Grafschaft waren Lichtenberg und Baum-
holder, beide im Glangebiete gelegen, und heute zum Regierungsbezirk
Trier gehörig.
Der Anspruch auf die Grafschaft erfolgte durch das Domkapitel
von Verdun und wurde durch Zurückgehen bis auf das 12. Jahrhundert
begründet, in welchem die Grafschaft im Besitze eines besonderen aus
!) Sauer, Inventaire des aveux et dénombrements aux archives à Metz, 1894.
?) Geographische und geschichtliche Notizen werden nur insoweit voran-
geschickt werden, als für die Erläuterung der Grösse und der Eigentums-Ver-
hältnisse des Gebietes erforderlich erscheint; letztere werden in Geschichtswerken
vielfach sehr unrichtig angegeben; so heisst es bei Lavisse et Rambaud, Histoire
generale, 1895, Saarbrücken, Saarwerden und Saarlouis seien dem Kurfürsten von
Trier, Veldentz dem Kurfürsten von der Pfalz abgenommen worden. Von eigener
Forschung wurde bei den geschichtlichen Notizen, dem Charakter der Arbeit ent-
sprechend, zumeist abgesehen.
— 107 —
den Grafen im Nahegau hervorgegangenen Geschlechtes war. Im
Jahre 1086 hatte Ritter Emicho, mit dem gleichnamigen Nahegaugrafen
identisch, dem Bischof von Verdun */4 der Kirchen zu Veldentz, Duse-
mond, Mülheim und Burg, sämtlich an der Mosel gelegen, mit Geneh-
migung Kaiser Heinrich IV. geschenkt'); sein Sohn Gerlach nannte sich
1112 zuerst Graf von Veldentz; ihm folgten bis zum Jahre 1260, in
welchem das Geschlecht in männlicher Linie ausstarb, noch drei oder
vier Grafen gleichen Namens?). Die Tochter”) des letzten dieser war
mit dem Grafen Heinrich von Geroldseck verheiratet, der mit der Erb-
schaft zugleich auch den Namen Veldentz annahm.
Auch dieses Geschlecht starb im Anfange des 15. Jahrhunderts in
männlicher Linie aus; die letzte des Namens, Gräfin Anna, heiratete im
Jahre 1409 den Grafen Stefan von der Pfalz, Sohn des deutschen
Kaisers Ruprecht, wodurch die Grafschaft in den dauernden Besitz des
pfalzgräflichen Hauses kam, dessen jeweilige Besitzer damit auch den
Namen Veldentz ihrem Grafentitel zufügten. Bei den vielfachen Teilun-
sen in diesem Hause aber blieb der Zusammenhang derselben nicht.
gewahrt; zur Zeit der Reunionskammer war daher die Herrschaft an
der Mosel mit Schloss Veldentz im Besitze der Linie Veldentz-Lützel-
stein, welche im Elsass die Herrschaften Lützelstein und im Steinthal
besass, während der grösste Teil des Glangebietes mit Lichtenberg und
Baumholder zum Herzogtum Pfalz-Zweibrücken gehörte ; Lauterecken bil-
dete mit einem Gebiete von ca. 1 [JMeile das besondere, reichsunmittel-
bare Fürstentum Pfalz-Lautern mit besonderer Matrikel*) und Stimme
im Fürsten-Colleg, das im Jahre 1576 vom Kurfürsten für seinen Sohn
Johann Casimir errichtet worden war. Nach dessen Tod, 1592, fiel
das Gebiet zwar an die Kurpfalz zurück, die Stimme wurde aber auf
den Reichstagen von den Kurfürsten weiter geführt). Die Besitz-Verhält-
nisse beziehungsweise Abgrenzungen scheinen aber keine ganz unbe-
strittenen gewesen zu sein; in einem vorliegenden Originalbriefe des
Pfalzgrafen Leopold Ludwig von Veldentz-Lützelstein an die Reunions-
kammer vom 3. April 1680 bezeichnet dieser Schloss Lauterecken als zum
Herzogtum Pfalz-Zweibrücken gehörig; in dem vorliegenden Lehensver-
!) Urkunde abgedruckt bei Beyer, Mittelrheinisches Urkundenbuch, 1865, I,
Nr. 384; der Kammer nicht bekannt.
2) Beyer, II, S. LXVII.
3) Die folgenden Angaben grösstenteils nach Häusser, Geschichte der
rheinischen Pfalz. 1845.
#) Simplum 40 Gulden, wie Stift Worms und Grafschaft Leiningen-Westerburg.
5) Domke, Die Virilstimmen im Reichsfürstenrat 1495 —1654. 1881. S. 6.
— 18 —
zeichnisse für dieses ist die Herrschaft jedoch nicht aufgeführt. Dagegen ist die
Herrschaft Lichtenberg sowohl in dem Lehensverzeichnisse des Pfalzgrafen
von Zweibrücken wie in demjenigen des Grafen von Jülich-Berg enthalten.
Um diese verschiedenen und streitigen Besitz-Verhältnisse küm-
merte die Reunions-Kammer sich nicht; anscheinend waren sie ihr
auch völlig unbekannt; die Vorladung wurde nur im Schlosse Veldentz
bei dem dortigen Amtmanne des Grafen von Veldentz-Lützelstein ab-
gegeben mit der Weisung, sie seinem Herrn vorzulegen. Am 3. April
erfolgte die Antwort des Grafen Leopold Ludwig; darin erklärt er sich
zur Huldigung bereit, wie auch sein Vorgänger im Jahre 1653 gethan
habe, macht dann aber darauf aufmerksam, dass er nur einen Teil
der ehemaligen Grafschaft besitze und dass auf diesen auch der Erz-
bischof von Trier den Anspruch der Lehensherrlichkeit erhebe; er
selbst sei ausserdem im Besitze der Herrschaft Lützelstein, auf die
aber der Bischof von Strassburg Ansprüche als Lehensherr mache; er
bitte schliesslich um Aufrechterhaltung seiner landeshoheitlichen Rechte,
a ihm dieselben durch den Westfälischen Frieden ausdrücklich nach
dem Stande des Jahres 1624 zugesagt seien. Auch diese Mitteilung
bestimmte die Kammer nicht, auf die gegenwärtigen Besitzverhältnisse
des Gebietes näher einzugehen; nur insofern scheint derselben Rech-
nung getragen zu sein, als trotz der vollen Bereitwilligkeit des Pfalz-
srafen Leopold Ludwig eine besondere Reunionssitzung abgehalten
wurde, in der aber nur der genannte Pfalzgraf als Beklagter bezeichnet
wird, ein Beweis für die Flüchtigkeit und Rücksichtslosigkeit, welche
sleich von vornherein die Kammerverhandlungen beherrschte.
Als Beweisstücke wurden in dieser Sitzung in erster Linie
8 Investiturbriefe deutscher Kaiser vorgelegt, der älteste von Kaiser
Friedrich I. im Jahre 1156 ausgestellt!), die übrigen aus den Jahren
1502 bis 1582, in denen als Lehen der Bischöfe von Verdun das
Schloss Veldentz und 4 andere Oertlichkeiten, darunter 2 in der Glan-
herrschaft belegene, ausdrücklich aufgeführt sind. Demnächst wurde
eine Urkunde von 1220 vorgelegt?), laut welcher Erzbischof Theoderich
von Trier ein Abkommen zwischen dem Bischof Johann von Verdun
und dem Grafen Gerlach von Veldentz bestätigt; in dieser Urkunde
wird der Graf ausdrücklich als Lehensmann (homo ligius) des Bischofs
für Veldentz bezeichnet. Es folgten weiterhin eine Reihe von Lehens-
erneuerungen, die älteste vom Jahre 1235°); ein zu letzterer gehöriges
') Abgedruckt bei Calmet, I, preuves CCCL.
?) Abgedruckt bei Beyer, Mittelrheinisches Urkundenbuch, II, N. 136.
#) Desgl. III, N. 521, mit Lehensverzeichnis.
— 109 —
Verzeichnis der Güter, welche der Graf vom Bischof zu Lehen trug und
nach welchem diese zahlreicher waren, als sie in den Lehensbriefen
der Kaiser angegeben waren, und schliesslich von der Kammer gefor-
dert wurden, wurde der Kammer nicht vorgelest; drei weitere Lehens-
Erneuerungen aus den Jahren 1389, 1509 und 1653, die letzte vom
Pfalzgrafen Leopold Ludwig, jedenfalls schon unter französischer Beein-
flussung ausgestellt, führten dagegen die Lehen in der beschränkteren
Zahl auf, in welcher sie reuniert wurden.
Da 1653 die Abtretung landeshoheitlicher Rechte noch nicht ver-
langt wurde, dürfte der genannte Pfalzgraf das Lehensbekenntnis wohl
nur als eine Formsache angesehen und deshalb ohne Anstand vollzogen
haben. In letzter Linie beriefen die Kläger sich auf einen Beschluss
des Metzer Parlaments vom Jahre 1662, durch welchen dem Pfalz-
srafen Leopold Ludwig für den Fall des Ablebens des Bischofs von
Verdun ein Zeitraum von 6 Monaten zur Bewirkung der Lehens-
erneuerung bewilligt wird, also eine weitere Ausführung des früher
angeführten Parlaments-Beschlusses vom 4. Januar 1662. Der Beschluss
der Kammer war hinsichtlich der Souveränität des Königs der gewöhn-
liche; hinsichtlich der Besitz-Verhältnisse wurde dem Pfalzgrafen auf-
gegeben, innerhalb 4 Wochen Huldigung und Lehenserneuerung als
Vasall in Person zu bewirken. Als Teile des reunierten Gebietes
werden namentlich aufgeführt: Schloss Veldentz, Hof Moulin, Baum-
holder, Wolfersweiler, Hof St. Medard, Schloss Lauterecken, Mülhenseim,
dazu alle Zugehörigkeiten (appartenances et dependances). Mülhenseim
und Moulin ist dieselbe Oertlichkeit, das heutige Mülheim an der Mosel;
die doppelte Aufführung rührt von verschiedener Bezeichnung in den
vorgelegten Urkunden her. Abgesehen von den Zugehörigkeiten, denen
durch die Reunions-Kommissare eine ganz unberechenbare Ausdehnung
segeben wurde, wird das reunierte Gebiet auf etwa 15 []Meilen zu
veranschlagen sein.
Nach den angeführten Lehenserneuerungen, von denen die des
Jahres 1509 im Original vorliegt, steht die frühere Lehensabhängigkeit
der Grafschaft, wenigstens mit Teilen ihrer beiden Gebiete, von dem
Bistum Verdun ausser Frage; auch ist eine Ablösung innerhalb der
150 Jahre, für die kein Lehensakt vorliegt, nicht anzunehmen, da der
Pfalzgraf sonst wohl nicht im Stande gewesen wäre, eine Urkunde oder
wenigstens eine Notiz darüber vorzubringen. Der Uebergriff der Kammer
besteht, wenn man von der Frage etwaiger Verjährung und der Be-
anspruchung einer ganz anderen Landeshoheit als der kaiserlichen
gegenüber den Reichsständen absieht, in der Ausdehnung des Begriffes
— 10 —
»distrietus« über die Diözese Metz hinaus, entgegen der weitestgehenden
französischen Auslegung in den früheren Verhandlungen. Weit über-
troflen wurde aber dieses Unrecht durch die thatsächliche Ausdehnung
des Begriffes der Zugehörigkeiten, indem sogleich auch die Grafschaft
Sponheim, die im 15. Jahrhundert durch Erbschaft an die Linie Pfalz-
Veldentz gefallen war, mit beansprucht wurde'). Dem Verlangen, auch
für diese Huldigung abzustatten, konnte Pfalzgraf Leopold Ludwig
naturgemäss nicht entsprechen; infolgedessen wurde alsbald gewalt-
sam gegen ihn vorgegangen und Schloss Veldentz am 16. Juli 1680
durch eine Dragoner-Abteilung genommen, deren Führer, capitaine
Misnonville, ein an Ort und Stelle aufgenommenes Protokoll der Kammer
einreichte ?).
Zum Blutvergiessen ist es danach auch beim Sturm auf Veldentz
nicht gekommen; die Besatzung bestand nur aus einem Kommandanten
und 3 Reisigen (hommes armes), die artilleristische Armierung des
Platzes aus 5 Einpfündern, 7 Hakenbüchsen (arquebuses à crocq)
nebst einiger Munition und 50 Pfd. Pulver. Der Kommandant lehnte
zwar die Aufforderung zur Uebergabe ab, machte aber von seiner
Artillerie keinen Gebrauch; der Belagerer formierte daher sogleich eine
Sturmkolonne von 10 Dragonern, welche, gefolgt von einer Reserve
von 3 Mann, vorgingen, ein Thor einschlugen und den Schlosshof be-
setzten, worauf der Kommandant ohne Weiteres die Wallen streckte.
Sitzung vom 19. September 1680.
Auch die Wesnahme seines Stammschlosses vermochte den Wider-
stand des Pfalzgrafen nicht zu brechen; infolgedessen wurde an vorstehen-
dem Tage eine besondere Sitzung der Kammer anberaumt und in dieser
beschlossen, den Pfalzgrafen zwar noch nicht, wie er es verdiene, seines
Lehens für verlustig zu erklären, aber durch Beschlagnahme aller Ein-
künfte und Erträgnisse an seine Pflicht zu erinnern und zu dem
Zwecke Kommissare in den Hauptorten seines Gebietes einzusetzen.
Dieser Massregel konnte der Pfalzgraf auf die Dauer nicht widerstehen;
am 3. Oktober leistete er der Kammer die verlangte Huldigung; für
die Einreichung des Lehensverzeichnisses scheint ihm ein längerer Aus-
stand bewilligt worden zu sein, wohl mit Rücksicht auf die Schwierig-
keit der Feststellung desselben. Das im Original vorliegende Schrift-
stück trägt das Datum des 6. Juli 1683 und enthält im ganzen
1) s. Reunionen ohne Beschlüsse.
*) Original vorliegend; s. Anhang.
— 11 —
28 Herrschaften beziehungsweise Oertlichkeiten. Die zum Herzogtum
Pfalz-Zweibrücken gehörigen Gebiete der ehemaligen Grafschaft Veldentz
wurden mit ersterem am 28. Juni 1680 nochmals reuniert'); die
Huldigung für diese erfolgte am 28. April 1681, die Einreichung des
Lehensverzeichnisses am 29. Mai 1683.
2.
Gebiete und Schloss-Bezirke (terres?) et chätellenies)
Condé s/Moselle und Conflans en Jarnisy.
Sitzung vom 15. April 1680.
Condé ist der heutige Flecken Custine, Kanton-Ort im Departe-
ment Meurthe et Moselle, 10 km nördlich von Nancy, auf dem rechten
Moselufer gelegen. Die Veränderung des Namens erfolgte im Jahre 1719
unter gleichzeitiger Erhebung der Herrschaft zum Marquisat. Im
12. Jahrhundert?) war der Ort Lehen des Bistums Metz, gehörte zur
Reunionszeit aber unbestritten zum Herzogtum Lothringen; der Ueber-
gang war gleichzeitig und durch dieselben Verträge wie der der Herr-
schaft Conflans erfolgt; daher wurden die beiden 50 km von einander
entfernt liegenden Gebiete in derselben Kammerverhandlung zusammen-
gefasst. Conflans*) ist gleichfalls Kantonort des Departement Meurthe
et Moselle, 20 km westlich Metz gelegen. Schon im 13. Jahrhundert,
bis auf welches die vorgelegten Urkunden. zurückgingen, wird Conflans
stets als Stadt (ville) bezeichnet; dazu gehörte aber auch ein gleich-
namiges festes Schloss, das Bischof Dietrich III. von Metz im Jahre 1170
gekauft und verstärkt hatte, um die Gegend vor marodierenden Banden
zu sichern. Seine Nachfolger gaben die Herrschaft verschiedenen
Herren zu Lehen; 1312 aber verpfändete Bischof Reinhold von Metz
Conflans und Condé durch gleichen Akt zum Teil, 1328 Bischof Ademar
vollständig an den Grafen Eduard von Bar, unter ausdrücklichem Vor-
behalt des Rückkaufsrechtes; dieses wurde aber, wie die vorgelegten
Urkunden erweisen werden, wiederholt und zuletzt 1561 in ganz ein-
wandfreier Form aufgegeben; Conflans gehörte daher, wie Condé, zur
1) s. Einzel-Reunionen.
?) Die gewählte Uebersetzung von terre in der vorliegenden Anwendung
dürfte richtiger sein als »Gemarkung«, da auch Oertlichkeiten mit eigener Ge-
markung zu ein und derselben Gemeinde gehören.
3) Lepage, dictionnaire topographique du département de la Meurthe, 1862, S. 38.
*) Clesse, Histoire de Conflans en Jarnisy in M&m. de la société d’arch. et
d'histoire de la Moselle, XII, 1872, 5.1.
a
Reunionszeit als freies Allod zum Herzogtum Lothringen, und zwar
zur unabhängigen Grafschaft Bar'). Schloss Conflans war 1636 von
den Schweden zerstört worden. Der Anspruch war von dem Bischof
von Metz erhoben, die Vorladung bei den Ortsbehörden in Condé und
Conflans abgegeben worden. Einspruch war, wie bei allen herzoglich
lothringischen Gebieten, nicht erfolgt; die Verhandlung trug den Cha-
rakter des reinen Contumacial-Verfahrens.
Die vorgelegten Investiturbeweise deutscher Kaiser und Lehens-
erneuerungen Metzer Bischöfe waren allgemeiner Art, führten die be-
anspruchten Gebiete daher nicht auf; sie datierten aus der Zeit von
1299 bis 1626.
Eine zweite Gruppe von 8 Urkunden enthielt den Verpfändungs-
Akt vom Jahre 1328, nach welchem diese Restpfandsumme 22000 Livres
(livres de petits lorrains) betrug, und Lehensbekenntnisse, das älteste
ausgestellt von dem Grafen Heinrich von Luxemburg im Jahre 1285,
die andern von den Grafen von Bar aus der Zeit von 1328—1561.
Eine dritte und letzte Gruppe von Urkunden beweist jedoch den
rückhaltlosen Uebergang beider Gebiete an Lothringen; zunächst hatte
1473 Bischof Georg von Baden das Rückkaufsrecht an Herzog Karl den
Kühnen von Burgund für 20000 Gulden abgetreten; dieses Verhältnis
wurde anscheinend auch nach dem Untergange des Herzogs festge-
halten; nach einer vorgelegten Urkunde von 1561 überträgt Bischof
Beaucaire von Metz dem Herzog Karl III. von Lothringen beide Gebiete
unter ausdrücklicher Aufhebung des Rückkaufsrechtes und etwaiger
sonstiger Ansprüche des Bistums (>déchargés de tous droits de rachat
et autres que les évêques de Metz y pourraient pretendre«), vorbehalt-
lich der Zustimmung des Papstes.
Dass diese etwa nicht erfolgt sei, wird von keiner Seite be-
hauptet; auch hatte Kaiser Rudolf II. im Jahre 1609 bei einer Regelung
streitiger Besitz-Verhältnisse zwischen Lothringen und dem Bistum
hinsichtlich Condés und Conflans zu Gunsten des Herzogs entschieden);
trotzdem verfügte die Kammer die Reunion der Gebiete mit dem Bis-
tum gegen Rückzahlung der Pfandsumme von 22000 livres und billiger
Entschädigung für etwaige Verbesserung der Lehen. Die Verträge mit
Burgund und Lothringen werden im Urteile gar nicht erwähnt; sie
1) Bouteiller, Dictionnaire topographique de l’ancien département de la Mo-
selle, 1874, S. 59.
?) Die bezügliche Urkunde wurde erst bei der Reunion von Saaralben vor-
gelegt; ich halte aber die Nichtberücksichtigung bei Condé und Conflans nur für
eine Flüchtigkeit.
= 4Na =
wären nach französischer Auffassung ungültig, da das Bistum als kaiser-
liches Reichslehen unteilbar gewesen sei. Ebensowenig wurde der Er-
örterung für wert gehalten, dass die Verpfändung drei und ein halbes
Jahrhundert zurücklag, und dass in der Urkunde von 1473 die erwähnte
Abtretung an Burgund damit begründet wird, dass die beiden Gebiete
durch langen Zwischenraum (1'/» Jahrhundert) dem Bistum entfremdet
(aliénés et hors des mains) seien. Eine besondere Besitzergreifung war
nicht erforderlich, da das ganze Herzogtum in französischer Verwaltung
war, und der Herzog im Auslande, zur Zeit als Gouverneur von Inns-
bruck, weilte. Huldigungs-Akte liegen daher, wie bei allen herzoglich
lothringischen Reunionen, nicht seitens des Landesherrn, sondern nur
seitens einzelner Privatpersonen für Besitzungen innerhalb beider Ge-
biete vor, die für die Grösse der letzteren keinen Anhalt bieten; diese
kann, unter den früher ausgesprochenen Vorbehalten, für Conflans zu
1 OMeile für Condé zu 2 [ Meilen angegeben werden.
o
D.
Stadt, Schloss und Gebiet von Commerce.
Sitzung vom 15. April 1680.
Die am linken Ufer der Maas gelegene Stadt ist heute Kantonort
des Departement Meuse!) Auf der Grenze zwischen Frankreich,
Lothringen und Bar gelegen, ward sie nach den ältesten vorliegenden
Nachrichten im 11. Jahrhundert dem Bistum Metz vom Kaiser zu
Lehen gegeben ?); 1070 tauschte der Bischof sie zwar gegen die Abtei
Bouzonville an den Herzog von Lothringen aus, behielt sich aber die
Oberlehensherrlichkeit vor, so dass die Lehensträger, die Herren von
Commerey, auch weiterhin dem Bischof Huldigung leisteten. Die Herr-
schaft, fast ganz auf dem linken Maasufer gelegen, vererbte sich
wiederholt in weiblicher Linie; 1265 war die Erbin Elisabeth, welche
den Grafen Simon von Saarbrücken aus dem Hause Apremont heiratete
und dadurch eine Vereinigung der beiden Herrschaften bewirkte. Beider
Sohn und Nachfolger, Johann I. von Saarbrücken und Commercy,
teilte aber bereits bei Lebzeiten wieder seine Besitzungen; der Sohn
Johann seines verstorbenen ältesten Sohnes erhielt die Grafschaft Saar-
brücken nebst einem kleinen Teile der Herrschaft Commerey und einem
Sitze in der Stadt, dem Niederschlosse (Chäteau-bas); der Teil wurde
1) Liénard, Dictionnaire topographique du département de la Meuse, 1872, 5.57.
?) Dumont, Histoire de la ville et des seigneurs de Commercy, 1843, I. und
II. Band.
8
— 114 —
von nun ab part oder portion de Saarbruck genannt. Der zweite
Sohn gleichen Namens, Johann, erhielt den Hauptteil der Herrschaft
Commerey mit dem Hochschlosse (Chäteau-haut). Die part de Saar-
bruck ward 1445 von dem gleichnamigen Urenkel Johanns für
42000 Gulden an den Sohn Renatus’ IL von Lothringen verkauft, fiel
aber schon im folgenden Jahre in Folge von dessen Tod an die Haupt-
linie des Hauses Lothringen. Die eigentliche Herrschaft Commercy
mit dem Hochschlosse vererbte sich in gerader Linie weiter; bereits
1355 verlieh aber der Besitzer den Königen von Frankreich dauernd
das Recht, das Schloss behufs Bewachung der Maas-Uebergänge mit
Truppen besetzen zu lassen. Amé I. nahm 1393 zuerst den Titel »da-
moiseau« (domicellus) an, den fortan die Herren von Commerey dauernd
behielten unter gleichzeitiger Weiterführung ihres Namens als Grafen
von Saarbrücken. Robert I. bekämpfte, zumeist mit Unglück, alle seine
Nachbarn, darunter auch Herzog Karl II. von Lothringen; er sah
sich daher 1438 genötigt, mit Herzog Renatus II. von Lothringen einen
Vertrag zu- schliessen, nach welchem er sich gegen eine jährliche
Rente und Lösung seiner Verbindlichkeiten gegenüber anderen Herren
als Lehensmann und Vasall des Herzogs erklärte; wie eine der vorge-
legten Urkunden ergeben wird, war das Lehensverhältuis zum Bistum
Metz inzwischen gelöst worden.
1504 starb das Geschlecht in männlicher Linie aus; die Erb-
tochter Philippe war mit dem Herrn Jacques de Silly verheiratet, an
dessen Linie die Herrschaft dadurch kam; seine Urenkelin Marguerite
heiratete den Grafen Philippe de Gondi, Vater des berühmten Paul de
Gondi, cardinal de Retz. Dieser erbte auch, nach dem Aussterben der
Herren von Silly, 1640 die Herrschaft und nahm von 1662 ab seinen
Wohnsitz in Commercy. Da er aber stark verschuldet war, verkaufte
er 1665 die Herrschaft für 550000 livres tournois an den Herzog
Karl IV. von Lothringen, behielt sich aber die Nutzniessung bis zu
seinem 1679 erfolgten Tode vor, wobei der Herzog ihm auch die Nutz-
niessung der früheren part de Saarbruck überliess. Zur Reunionszeit
war daher die ganze ehemalige Herrschaft und ihre Nutzniessung in
rechtmässigem, wenn auch nicht thatsächlichem Besitze des Herzogs
wieder vereinigt.
Durch vorgelegte Urkunden wurde zunächst die alte Lehensherrlich-
keit des Bistums Metz über die Herrschaft zweifellos erwiesen; vom
Jahre 1248 wurde das Investiturgesuch der Wittwe des eben ver-
storbenen Herrn von Commerey, von den Jahren 1376, 1377 und
1583 wurden gleiche Gesuche der Grafen von Saarbrücken vorgelegt.
— 115 —
Weiterhin wurde die Urkunde von 1395, laut welcher Bischof Raoul
de Coucy die Lehensherrlichkeit über die ganze Herrschaft an den
Sohn des Herzogs von Bar verpfändete, vorgelegt; in der Urkunde
heisst es wörtlich: »par ce present nous cédons, transportons, délais-
sons et mettons en gage les fiefs et les droits féodaux des lieux,
châtels, villes et toures de Comercy pour en jouir et user et exploiter
comme vrais seigneurs des dits fiefs«); die Pfandsumme betrug
1800 Gulden; das Einlösungsrecht ist in dem Vertrage gewahrt, scheint
aber nicht mehr geltend gemacht worden zu sein, da von hier ab
Lehensbekenntnisse für die eigentliche Herrschaft (Hochschloss) nicht
mehr vorgebracht werden konnten; dagegen liegen von 1400, 1431
und 1440 wieder Investiturbriefe der Grafen von Saarbrücken für ihre
part de Saarbruck vor. Im letztgenannten Jahre beschwert sich auch,
laut vorgelegtem Schreiben, Graf Johann von Nassau-Saarbrücken
beim Bischofe, dass Kriegsleute des Königs von Frankreich Ansprüche
auf Commercy geltend machen wollten und ihn behufs Anerkennung
vorgeladen hätten, jedenfalls gestützt auf den Vertrag von 1335
Der vorstehend erwähnte Verkauf an das Haus Lothringen durch
Grafen Johann I. von Nassau-Saarbrücken für 42000 Gulden im Jahre
1443 kam gleichfalls zur Vorlage; in der Urkunde wird die Genehmi-
sung beziehungsweise Entschädigung des Bischofs von Metz vorbehalten.
Die in letzter Linie vorgebrachten Beweisurkunden waren allge-
meine Lehenserneuerungen der Grafen von Nassau-Saarbrücken bei
den Bischöfen von den Jahren 1551 und 1557, in welchen die Grafen
ihrer Rechte auf Commercy Erwähnung thun, ohne aber die Herrschaft
ihren übrigen, dort aufgestellten Lehen anzureihen.
Die Kammer entschied, dass die Lehensherrlichkeit des Bischofs
von Metz durch Rückzahlung der Verpfändungssumme vom Jahre 1395
wiederherzustellen sei, ohne zwischen den beiden Teilen der Herrschaft
zu unterscheiden. Für die Grösse des so reunierten Gebietes geben
die vorliegenden Teil-Huldigungen keinen Anhalt; nach derzeitigen
Karten wird dasselbe etwa 1 Cl Meile betragen haben.
Wie die Geschichte der Herrschaft und die vorgelegten Urkunden
selbst beweisen, hätte ein Lehensrecht auf den kleinen Teil, die part
de Saarbruck allenfalls geltend gemacht werden können, wenn man
von dem Fehlen jedes Nachweises dessen, was in 2'/» Jahrhunderten
‘vorgekommen sein konnte, absieht; dass aber ein 300 Jahre lang nicht
geltend gemachtes Rückkaufs-Recht noch in Kraft belindlich sein sollte,
war wohl eine weder vor noch nach der Kammer jemals aufgestellte
Theorie.
8*
— 116 —
Grafschaften Vaudemont und Chaligny, Schloss und
Schlossbezirk Türkstein.
Sitzung vom 30. April 1680.
Die beiden Hauptorte der erstgenannten Gebiete liegen im heutigen
Departement Meurthe-et-Moselle, Vaudemont etwa 15 km nördlich
Mirecourt, Chaligny 10 km südwestlich Nancy an der Mosel; weit ent-
fernt von beiden, am westlichen Vogesen-Eingange, im heutigen Kreise
Saarburg in Lothringen liegt die Ruine des ehemaligen Schlosses Türk-
stein; die Zusammenfassung war Folge des Vorkommens der 3 Gebiete
in gleichen Beweis-Urkunden und der frühzeitigen Vereinigung der
beiden erstgenannten Bezirke.
Die Grafschaft Vaud&mont'!) war im Jahre 1072 mit Genehmigung
Kaiser Heinrich IV. im pagus Sugintensis, dem späteren Saintois?),
für den jüngeren Sohn des ersten lothringischen Herzogs, Grafen
Gerhard vom Elsass errichtet worden. Die Linie der Grafen pflanzte
sich unabhängig von der lothringischen fort; 1216 aber wurde Graf
Hugo IL, anscheinend durch Auftragung, Lehensmann des Grafen von
Bar, in welchem Verhältnisse seine Nachfolger dauernd blieben. 1346
starben die Grafen in männlicher Linie aus, 1394 ebenso die durch
Heirat ihnen nachfolgenden Herren de Joinville. Die Erbtochter des letzten
von ihnen war in dritter Ehe mit dem Prinzen Friedrich von Lothringen,
dem Bruder Herzogs Karl II, verheiratet; ersterer wurde dadurch der
Stifter der Linie Lothringen-Vaudémont, die 1473 in dem nunmehr
vereinigten Herzogtum Lothringen-Bar zur Regierung kam*); die Graf-
schaft blieb seither dauernd ein Teil des Herzogtums; für den mehrfach
noch vorkommenden Titel »Graf von Vaud&mont« gab sie nur mehr den
Namen her.
In der ganzen Geschichte der Grafschaft war sonach niemals
eine Beziehung zum Bistum Metz vorgekommen; anders verhielt es
sich dagegen mit der fälschlich Grafschaft genannten Herrschaft Cha-
ligny, die von Alters her einen Teil der Grafschaft Vaud&mont gebildet
hatte, auch bei einer zeitweisen Teilung der letzteren im Jahre 1235
') Die geschichtlichen Notizen über Vaudémont und Chaligny zumeist nach
Calmet, Notice de Lorraine, 1756, I, 193 ff. und II, S. 731.
?) Lepage, S. 149.
*) Galmet verwechselt die vom Herzog Karl IV. für den Grafen Karl
Heinrich von Vaudémont in Aussicht genommene Grafschaft Saarland mit einer
neuen Grafschaft Vaudémont.
— 117 —
an die 3 Söhne des Grafen Hugo II. mit dem Stammsitz vereinigt ge-
blieben war. Für diesen Teil ihres Besitzes waren die Grafen von
Vaudemont nachweislich bis gegen Mitte des 14. Jahrhunderts lehens-
abhängig vom Bistum Metz; 1344 aber ward die Herrschaft Chaligny
vom Bischof Ademar an den Herzog von Lothringen verkauft, so dass
die Grafen, wie für Vaud&mont Lehensleute des Herzogs von Bar, für
Chaligny jetzt solche des Herzogs von Lothringen wurden. Der Rück-
kauf war zwar vorbehalten, fand aber, wie fast stets, nicht statt;
Chaligny teilte daher von jetzt ab die Geschicke der Grafschaft Vaudé-
mont. Im Jahre 1562 stellte Herzog Karl III. die alte Herrschaft unter
Zuteilung der Stadt Pont-St.-Vincent für seinen Oheim Nikolaus, als
lothringische Sekundo-Genitur wieder her, ohne jedoch die Zugehörig-
keit zum Herzogtum aufzuheben.
Das Schloss Türkstein ist uralten Ursprungs'), wahrscheinlich
von den Bischöfen von Metz zur Sicherung des dortigen Vogesenpasses
nach dem Elsass angelegt. Im Beginne des 14. Jahrhunderts ward die
Burg zum Amtssitze eines Schlossbezirkes erhoben, der 13 Ortschaften
umfasste. Auch diese Herrschaft ward von Bischof Ademar, nach
unten angeführter Urkunde, unter Wahrung des Rückkaufsrechtes ver-
kauft und kam dadurch zunächst, und zugleich mit Chaligny, 1344
an den Herzog Raoul von Lothringen, dann, nach Rückkauf, 1550, an
den Herrn Theobald von Blamont. Auf Vorschlag des Bischofs Raoul
von Metz löste 1433 Herr Johann von Haussonville die Herrschaft von
Blamont aus und wurde dadurch selbst Lehensmann des Bischofs; sein
Nachfolger bewirkte 1568 ihre Teilung unter seine 3 Söhne, welche
alle beim Bischof von Metz Lehensbekenntnis ablegten, Teile der Herr-
schaft aber in andere Hände veräusserten. 1600 löste Kardinal Karl
von Lothringen, Bischof von Metz, : zum zweiten Male die Herrschaft,
wenn auch jetzt in anderer Zusammensetzung, aus und gab sie seinem
Bruder Franz, Grafen von Vaudémont, zu Lehen; mit dessen Sohn,
dem Herzog Karl IV., kam die Herrschaft wieder an Lothringen, aber
in zweifelloser Lehensabhängigkeit vom Bistum Metz, zu dessen welt-
lichem Besitztum sie auch allseitig zur Reunionszeit gerechnet wurde;
naturgemäss wurde sie aber als selbstständige Herrschaft behandelt und
war daher keinem bischöflichen Amte zugeteilt. Dass die Herrschaft
trotzdem in die Verhandlung mit hineingezogen wurde, dürfte neben
der dadurch bezeugten Oberflächlichkeit des Verfahrens auch ein Be-
weis dafür sein, dass der angebliche Kläger, der Bischof von Metz,
1) Fischer, Die ehemalige Bergveste Türkstein, 1879,
— 118 —
bei den Verhandlungen der Kammer wenig oder gar nicht betei-
ligt war.
Die vorgelegten Beweis-Urkunden waren trotz der vielverzweigten
Geschichte der 3 Gebiete recht dürftige. Die Vorladungen waren den
Maires in Vaudémont und Chaligny sowie dem Amtmann (prévôt) in
Türkstein zugestellt worden, von denen aber keiner der Ladung Folge
gegeben hatte. Neben den allgemeinen, auf die Gebiete keinen Bezug
nehmenden Urkunden wurde in erster Linie der Verpfändungs-Akt vom
Jahre 1344 vorgebracht; in diesem erkennt Herzog Raoul von Loth-
ringen an, dass der Bischof Ademar von Metz ihm für 10000 livres
unter Wahrung des Rückkaufsrechtes überlässt: »Le chäteau de Turquen-
stein et toutes les appartenances et appendices, en toutes hauteurs et
seigneuries, avec le fief et comté de Vaudémont et tout ce qu'il tenait
de l'évêché de Metz, soit à Chaligny et autre part. Der Wortlaut
lässt erkennen, dass es sich nur um eine Verpfändung von Türkstein
und Chaligny handelt, nicht aber um eine solche der Grafschaft Vaude-
mont; schon der ungewöhnliche und zweifellos unrichtige Ausdruck:
»le fief et comté de Vaudemont« weist darauf hin. Wie oben nach-
gewiesen und in einer späteren Reunions-Sitzung auch anerkannt wurde,
war die Grafschaft lehensabhängig von Bar und hatte zum Bistum
niemals in Beziehung gestanden'). Abgesehen davon aber ist es auch
undenkbar, dass ein so bedeutendes Gebiet so nebensächlich, als An-
hängsel von Türkstein bezeichnet wäre. Es würde dem etwa ent-
sprechen, wenn man Strassburg als eine Zugehörigkeit zu Kronenburg
bezeichnen wollte. Es liegt hier also der früher allgemein besprochene
Fall vor, dass der Urkunde durch den Auszug eine andere Auslegung
gegeben worden ist; in welcher Weise ist allerdings nicht festzustellen,
da die Urkunde selbst nicht vorliest; vielleicht hiess es im Original:
»en« oder »au« statt »et« comté de Vaudémont bei undeutlicher Schrift
oder beschädigter Stelle der Urkunde. Jedenfalls wurde in der Sitzung
vom 13. Mai 1683 die unrichtige Auslegung der Urkunde indirekt zu-
gegeben. Auch Calmet?) sagt nach Anführung der Urkunde gemäss
der Inhaltsangabe des Reunions-Beschlusses: »Il me semble que ce fief
de Vaudémont n'était autre que Chaligny, dépendant du comté de
Vaudémont et qui était fief de l’évêché de Metz, car nous n’avons
aucune connaissance que le comté de Vaudémont en entier ait jamais
relevé de cette église.« Die ausserdem noch vorgelegten drei Urkunden,
eine von 1344, zwei von 1347, beziehen sich nur auf die Herrschaft
1) s. weiter unten.
?) Calmet, Notice, II, S. 736.
— 119 —
Chaligny, »la maison forte de Chaligny, la ville et le ban et toutes les
appartenances «.
Trotzdem die wenigen vorgebrachten Urkunden sich demnach
nur auf einen kleinen Teil der Grafschaft Vaudémont bezogen, wurde
diese in ihrer ganzen Ausdehnung mit allen Zugehörigkeiten in gleicher
Weise wie Schloss und Schlossbezirk Türkstein reuniert. Die Grösse
der Grafschaften ist in Folge ihrer bestimmten Abgrenzung nach den
Karten und einem damit übereinstimmenden handschriftlichen Ver-
zeichnis der Einzelteile vom Jahre 1582 genau festzustellen; danach
beträgt der Umfang der Grafschaft Vaudémont rund 6) Meilen, der
Herrschaft Chaligny ?/«D) Meile; die Herrschaft Türkstein wird in einer
25 Jahre später erschienenen französischen Karte'), der letzten Zu-
sammensetzung entsprechend, zu 2[JMeilen angegeben.
Sitzung vom 13. Mai 1683.
Die vorstehenden Reunionen erfuhren etwa drei Jahre später
eine sehr bedeutende Erweiterung in dieser besonders dazu angesetzten
Sitzung.” Veranlassung dazu gab das Auffinden neuer Urkunden, aus
denen hervorging, dass die Grafschaft Vaudémont früher Lehen der
Grafschaft Bar gewesen und daher irrtümlich dem Bistume Metz durch
die Kammer zuerkannt worden war; infolgedessen trat der General-
Prokurator jetzt als Kläger gegen den Bischof auf, um eine unmittelbare
Uebertragung der Grafschaft an die Krone Frankreich zu bewirken;
dabei mag zugleich die Absicht maszgebend gewesen sein, durch die
Verwertung der neuen Urkunden dem Gebiete im Wege der Zugehörig-
keiten eine grössere Ausdehnung zu geben, da zu dieser Zeit, infolge
Versprechens des Königs, neue Reunionen nicht mehr stattfinden
durften ?).
Durch eine Reihe älterer, wenig belangreicher Urkunden wurde
zu dem Zwecke zunächst die Lehensabhängigkeit Vaudémonts von
Bar im ‘13. und 14. Jahrhundert nachgewiesen, zu welcher Zeit sie
ja zweifellos bestand. Den Erweiterungs-Ansprüchen dienten aber
zwei andere Urkunden, darunter zunächst ein Kaufvertrag vom
Jahre 1543, in welchem Herzog Anton von Lothringen von dem Grafen
Issenburg die Herrschaften Bainville, Châtel a. d. Mosel und Urlacourt”)
1) Karte von Jaillot, géographe du roi, Paris 1705.
2) s. dritten Teil.
3) In zwei vorliegenden Abschriften dieser Urkunde einmal Velacourt, das
andere Boulacourt genannt, aber unter keinem der drei Namen mit Sicherheit
festzustellen.
— 120 —
segen Abtretung anderer Gebiete eintauscht. Wichtiger war das öfter
erwähnte Kartular von Thierry Alix vom Jahre 1582, in dem für den
vorliegenden Zweck 3 Unterabteilungen von Bedeutung waren:
Comté de Vaudemont pour le domaine;
Comté de Vaudemont pour les fiefs
und
Chätel-sur-Moselle et Bainville.
In der ersteren Abteilung waren die Teile der Grafschaft so an-
gegeben, wie diese vor drei Jahren reuniert worden; in dem zweiten
Teile, dem Verzeichnis der Lehen, werden dann wieder ein Teil dieser
Ortschaften der Grafschaft selbst, dazu aber eine grosse Zahl ausser-
halb liegender, zum Teil weit entfernter Oertiichkeiten aufgeführt,
darunter Azerailles, in einer lothringischen Enclave des Me'zer Bistums-
gebietes Rambervillers gelegen, Dompaire, 15 km west.ich Eninal, Pont-
St.-Vincent, 10 km südlich Nancy, Colombey, 15 km südich Tou!,
Velaine, 8 km östlich Toul gelegen, u. s. w.
In diesem Verzeichnisse werden auch Chätel s/M. und Bainville
genannt, die aber selbst wieder eine grössere Anzahl Lehen, also After-
lehen, haben sollten. Chätel s/M. ist heute Kantonsort im Departement
Vosges, Bainville, mit dem Zusatze aux miroirs, eine unbedeutende
Ortschaft des Departement Meurthe-et-Moselle, 12 km südwestlich Toul
gelegen. Beide Orte gehörten von Alters. her zu Lothringen, Bainville
war Sitz eines Amtes, Chätel s/M. Sitz eines Oberamtes. Als After-
lehen dieser Lehen von Vaudémont werden ein grosser Teil der Ort-
schaften dieser Grafschaft selbst, vor allem die Hauptorte Vaudémont
und Vezelise, dann auch Lehen der Grafschaft wie Pont St. Vincent
aufgeführt. Das nähere Eingehen auf dieses Aktenstück lässt zweifel-
los erkennen, dass es sıch hier nur um Domanial- oder Privatbesitzungen
des Herzogs in den betreffenden Ortschaften, nicht aber um diese selbst
handeln kann, da sonst beispielsweise Vaudémont Lehen von sich
selbst gewesen wäre; in noch höherem Grade geht dies äber aus
anderen Zusammenstellungen des lothringischen Kammer-Präsidenten
hervor, in denen z. B. in ganz gleicher Form Longwy unter den Lehen
von Pont-a-Mousson, Metz und Gorze unter den Lehen von Sancy,
einem herzoglichen Amte westlich Diedenhofen aufgeführt werden.
Aehnlich wie bei der Reunion von Vaudémont und Chaligny selbst
wurde auch hier statt der in den Schriftstücken angeführten Teilstücke
das Ganze genommen, und dem entsprechend die Vereinigung sämt-
licher aufgeführten Orte mit Frankreich ausgesprochen. Zur Erklärung
muss aber vorweg gesagt werden, dass zu dieser Zeit, im Jahre 1683,
DOTE EME TE IT COUT À SO PJ RE
Mes >
— 121 —
die Reunions-Tätigkeit der Kammer einen noch viel höheren Flug ge-
nommen hatte als im Jahre 1680, trotz des gegebenen Versprechens
des Königs, der die Kammer nur zu einer verhüllten Form der späteren
Urteile veranlasste.
5.
Stadt und Schloss Epinal.
Sitzung vom 6. Mai 1680.
Epinal, heute Hauptstadt des Departement Vosges!) und moderne
Festung, wurde von der Kammer aus Gründen beansprucht, die bis
zur Entstehung der Stadt im 10. Jahrhundert zurückgingen. Sie ver-
dankt hiernach und gemäss anderen Nachrichten ihren Ursprung dem
Bischof Dietrich I. von Metz, der in der Nähe eines an der Mosel ge-
legenen Schlosses, im Calmenz-Gau, ein Kloster errichtete; die “um
dieses sich ansiedelnde Kolonie erhielt 983 durch Kaiser Otto IE.
Marktrechte?); 1250 ward sie vom Bischof Jakob von Metz befestigt.
In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts begannen die Verpfän-
dungen, deren Einzelheiten die hierunter zu erörternden Urkunden
ergeben werden.. Unabhängig von den dadurch hervorgerufenen Besitz-
Verhältnissen trugen die Bürger der Stadt Epinal dem Könige Karl VI.
von Frankreich, als er 1444 in die Nähe kam, die Herrschaft an; der
König ging auf ihren Wunsch ein und setzte sich in Besitz der Stadt;
Kaiser und Papst reklamierten zwar gegen diese Usurpation, letzterer
verhängte sogar das Interdikt über die Stadt; erst unter seinem Nach-
folger Ludwig XI. hatten jedoch diese Schritte Erfolg. Durch Edikt vom
6. August 1466 entband der König die Bürger von ihrer Untertanen-
pflicht und überliess ihnen die Wahl des Landesherrn. Anscheinend
trugen diese nunmehr dem Herzog von Lothringen, dem allerdings ein
Teil der Stadt bezw. ihres Bannes verpfändet war, die Herrschaft über
das Ganze an; jedenfalls liess der Herzog noch im gleichen Jahre die
Stadt besetzen und sich huldigen, wobei von der Lehensherrlichkeit
des Bischofs nicht mehr die Rede war. Dieser gab aber die Hoffnung,
den alten Besitz wiederzugewinnen, nicht auf; durch Vertrag vom
Jahre 1473 verpfändete er deshalb die Hälfte der Stadt nebst ander-
weiligen Besitzungen an den Herzog Karl den Kühnen von Burgund,
wofür dieser die Stadt dem Herzoge von Lothringen abzunehmen ver-
sprach. Durch den Untergang des Herzogs scheiterte diese Absicht;
1) Die geschichtlichen Notizen nach Louis, Le département des Vosges,
1857, VI, und Calmet, Notice de Lorraine, I, S. 384.
? MG. DD. II, N. 313,
— 12 —
die Bischöfe beruhigten sich nunmehr; zur Reunionszeit war daher
Epinal seit mehr als 200 Jahren im rechtlichen und unbestrittenem
Besitze des Herzogtums Lothringen.
Die vorgelegten allgemeinen Urkunden bieten hier wie bei den
nächstfolgenden Reunionen nichts Bemerkenswertes, da sie Epinals
nicht erwähnen. Als Sonder-Beweisstücke wurde zunächst die Ab-
schrift einer alten Geschichte mehrerer Metzer Bischöfe, der Urkunden-
sammlung von Alix entnommen, vorgelest, in welcher ganz unrichtiger
Weise die Gründung durch Bischof Dietrich I. auf das Jahr 900 ver-
legt wird, da Dietrich I. von 965—984 regierte!); durch vier weitere
Urkunden wurde die thatsächliche Ausübung der Landeshoheit durch
Bischöfe im 13. und 14. Jahrhundert erwiesen, die ja geschichtlich
ausser Zweifel steht.
Nach kleineren Teil-Verpfändungen 1379 und 1389 gab 1395
Bischof Raoul die Hälfte der Gebiete von Epinal und Rambervillers für
4000 Goldfranken dem Herzog Karl IL von Lothringen zu Lehen,
jedoch so, dass dem Bischofe Schloss, Stadt und Befestigungen von
Epinal blieben”); die hiernach dem Bischof verbliebene unmittelbare
Hoheit ward durch zwei weitere Urkunden von 1396 und 1429 be-
stätigt; auch löste 1434 Bischof Conrad von den 1395 verpfändeten
Gebietsteilen die Hälfte, also ein Viertel des Ganzen wieder ein. Drei
weitere Urkunden beziehen sich auf die oben erwähnten Besitzverän-
derungen im 15. Jahrhundert; am 7. September 1444 huldigen danach
die Behörden und Bürger der Stadt dem Könige Karl VIL von Frank-
reich; am 21. Juli 1466, also vor der Ausfertigung des Entsagungs-
Aktes König Ludwigs XL, ist dagegen bereits Prinz Nikolaus, Sohn des
Herzogs Johann II. von Lothringen, in der Stadt anwesend, verspricht
die Auseinandersetzung mit dem Bischofe von Metz zu bewirken und
fordert von den Bürgern Huldigung, Die dritte dieser Urkunden ist
der erwähnte Entsagungs-Akt König Ludwigs XI. vom 6. August 1466.
Weiterhin wurden vorgelegt der Vertrag mit Karl dem Kühnen vom
29. September 1479 und eine Huldigung des Amtmanns von Epinal beim
Bischofe von Metz vom Jahre 1486, wohl nur dadurch erklärlich, dass
der Bischof von Metz zur Zeit ein lothringischer Prinz war.
Auf Grund dieser, urkundlich belegten Thatsachen sprach die
Kammer Stadt und Gebiet dem Bistum in der Weise zu, dass letzteres
für ein Viertel des Gebietes eine entsprechende Quote der Pfandsumme
von Epinal und Rambervillers zurückzuzahlen habe, wofür ihm aber
1) MG. SS. IV, 8. 464:
?) Urkunde abgedruckt bei Calmet, II, preuves, S. 673.
he
on té ds chine
— 13 —
nachträglich die Einkünfte (fruits) der übrigen drei Viertel vom
Jahre 1466 ab zu erstatten seien (!), ob mit Zinzeszinsen wird nicht
gesagt. Die Grösse des reunierten Gebietes beträgt nach der Karte
von Nolin etwa 5T]Meilen, kann aber durch die vorliegenden Teil-
huldigungen nicht kontrolliert werden.
Abgesehen von den etwa durch die französische Uebertragung
erworbenen Rechten scheint hier eine thatsächliche Usurpation Loth-
ringens vorzuliegen ; die mehr als zweihundertjährige Nichtgeltendmachung
der Rechte des Bischofs dem gegenüber als unwesentlich anzusehen,
entsprach den Grund-Prinzipien der Kammer. Die bei der Verhandlung
nachgewiesene Zugehörigkeit der 20 km nordöstlich von Epinal ge-
legenen Stadt Rambervillers gab zu einer Reunion keine Veranlassung,
da die Stadt 1562 durch Abkommen mit dem Herzog Karl Ill. in den
alleinigen Besitz des Bistums zurückgelangt war').
6.
Stadt und Schlossbezirk Saarburg.
Sitzung vom 6. Mai 1680.
Saarburg, heute Kreisstadt des Bezirkes Lothringen und von der
deutsch-französischen Sprachgrenze durchschnitten, hattezur Römerzeitden
Namen Pons Saraviund war dementsprechend im frühen Mittelalter Pont de
la Sarre, deutsch Saarbrück und Saarbrücken benannt worden ; letztere Be-
zeichnung mag aber zu Verwechslungen mit der anderen Stadt Saarbrücken
Veranlassung gegeben haben?), infolgedessen der Name des späteren
Saarburg in Kaufmanns-Saarbrücken vervollständigt ward). Ursprünglich
Hauptamt des Ober-Saargaues kam Saarburg bereits 931 durch Schen-
kung König Heinrichs I. an das Bistum Metz, in dessen Besitz die Stadt
etwa 6 Jahrhunderte blieb. Die Oberhoheit der Bischöfe wurde jedoch
im Laufe der Jahre immer mehr beschränkt; einerseits gaben sie selbst
wiederholt Gerechtsame benachbarten Herren, insbesondere den Grafen
von Dagsburg zu Lehen, auf welchem Wege schon 1223 die Vogtei an
die Herzöge von Lothringen kam; andererseits suchten die Bürger hier
wie anderwärts sich von der bischöflichen Gewalt frei zu machen,
so dass insbesondere das 14. Jahrhundert durch Streitigkeiten der Stadt
mit dem Metzer Bischof, die wiederholt zu offenen Kämpfen führten,
1) Calmet, Notice, II, S. 272.
?2) s. Reunion der Grafschaft Saarbrücken.
3) Die geschichtlichen Notizen nach Lepage, S. 124, und Sarrebourg, notices
historiques (von Wagner), 1890.
ausgefüllt ist. Dazu kamen von Ende des Jahrhunderts an auch hier
die üblichen Verpfändungen, sodass im Laufe des 15. Jahrhunderts die
Oberhoheit des Bischofs als nahezu beseitigt galt und der Herzog von
Lothringen im Jahre 1464 unschwer die Hoheit über die Stadt sich
usurpiren konnte, der der Bischof vergeblich durch Bündnis und Ver-
trag mit dem Herzog Karl dem Kühnen von Burgund entgegenzutreten
versuchte.
Angesichts der geschilderten Verhältnisse ist es erklärlich, dass
über die rechtliche Stellung der Stadt in weiten Kreisen Unsicherheit
herrschte, die sogar zu einem weitläufigen Prozess bei dem Reichs-
kammergericht zu Speier über die behauptete Reichsunmittelbarkeit der
Stadt führte ').
Die rechtsgültige Erwerbung durch das Herzogtum Lothringen im
Jahre 1562 machte diesem Zustande ein Ende; die Stadt blieb etwa
100 Jahre lang herzoglich-lothringisch, ward dann aber 1661 von
Herzog Karl IV. an Frankreich abgetreten. Die Kammer-Verhandlungen
hatten daher, falls man nicht Unkenntnis des Vertrages von 1661 bei
der Kammer annehmen will, wohl nur den Zweck, eine weitere Grund-
lage für die noch ausstehende endgültige Regelung der Verhältnisse
zwischen Frankreich und dem Herzogtum zu schaffen.
Zu dem Zwecke wurde in erster Linie die rechtlich nicht zweifel-
hafte Landeshoheit der Bischöfe von Metz im 14. Jahrhundert durch
4 Urkunden nachgewiesen: eine im Jahre 1381 stattgehabte Verpfän-
dung von Schloss und Stadt an den Grafen Heinrich von Lützelburg
für 8000 Gulden kam dagegen nicht zur Kenntnis der Kammer’).
Die Einlösung scheint auch bald darauf erfolgt zu sein; am
7. Juni 1396 nämlich wurde laut vorgelester Urkunde, die Hälfte der Stadt
und der ganze Schlossbezirk dem Herzoge von Lothringen für 2000 Frs.
verpfändet, unter Vorbehalt steten Rückkaufsrechtes; über die Ein-
künfte aus der ihm verbliebenen Hälfte der Stadt verfügte der Bischof,
semäss vorgelegter (Quittung, im Jahre 1406; auch erliess er im Jahre
1458 einem Bürger von Saarburg eine ihm zustehende Rente gegen
eine einmalige Zahlung von 100 livres. Die schon erwähnte Usurpation
der Landeshoheit durch den Herzog von Lothringen im Jahre 1464
fand laut vorliegendem Protokolle auf Antrag der Behörden und der
Bewohner von Saarburg statt; als Grund für die Uebertragung der
1) Frhr. v. Hammerstein, ein reichsgerichtlicher Prozess, im Lothr. Jahrb.,
IX, S. 237.
?) Abschrift des bezüglichen Vertrages befindet sich im Bezirks-Archiv zu
Metz; die Urkunde scheint daher erst später aufgefunden zu sein.
nn E
— 125 —
Gewalt wird in diesem Schriftstück die Notlage, in der infolge bestän-
diger Fehde-Wirren die Stadt sich befunden, angeführt. Der Bischof
von Metz war naturgemäss damit nicht einverstanden; in einem Briefe
vom Jahre 1469!) kündigt er vielmehr der Stadt an, dass er einen Be-
amten zur Entgegennahme des Treueides schicken werde; er hatte aber
mit diesem Schritte anscheinend keinen Erfolg, da er, laut vorgelegtem
Vertrage in gleicher Weise wie hinsichtlich Epinals am 29. Sep-
tember 1473 ein Abkommen mit dem Herzog Karl dem Kühnen von
Burgund traf, laut welchem diesem gegen Zahlung von 20000 Frs. die
Belehnung mit der Hälfte von Saarburg übertragen wird, falls er das
Gebiet dem Herzoge von Lothringen wieder abnehmen sollte. Bald
darauf finden wir die Stadt aber trotzdem wieder im Besitze der
Bischöfe, anscheinend in Folge der nunmehr begonnenen Besetzung des
bischöflichen Stuhles zu Metz durch Angehörige der lothringischen
Herzogs-Familie; laut vorgelegter Urkunden vom Jahre 1485 bestätigt
Bischof Heinrich von Lothringen der Stadt Saarburg alle von seinen
Vorgängern bewillisten Rechte und Freiheiten. Durch Kauf-Vertrag
vom 5. Februar 1562 aber, der Kammer in Abschrift vorgelest, ging
das ganze Gebiet zugleich mit anderen Gebieten, dauernd und ohne
jeden Vorbehalt (»moyennant la renonciation des prétendus droits, à
Nous appartenants« heisst es in der bezüglichen Urkunde) für 20 000 Frs.
an das Herzogtum über. Bischof war zur Zeit Franz von Beaucaire,
also kein Mitglied des lothringischen Herrscherhauses, dem aber der
derzeitige bischöfliche Administrator angehörte; dieser riet dem Bischofe
zu dem Verkaufe. Im Jahre 1563 erfolgte laut gleichfalls vorgelegter
Urkunde, die Besitzergreifung durch herzogliche Beamte. Auch hatte
1609 Kaiser Rudolf II. bei einer Regelung vorgekommener streitiger
Ansprüche u. a. Saarburg dem Herzog von Lothringen zuerkannt).
Dieser Gebiets-Uebertragung geschieht aber in der Kammer gar
keine Erwähnung, weder in den Anträgen der Kläger, noch in dem
Urteile, trotzdem der Vertrag seitens der Kläger vorgelegt worden war;
sie wurde als selbstverständlich ungültig angesehen ; die Kammer hielt
sich vielmehr ausschliesslich an den Vertrag von 1596, legte dem
Bischofe die Verpflichtung auf, für die damals verpfändete Hälfte die
Pfandsumme von 20000 Frs. zurückzuzahlen, aber auch dies nur
1) Das Protokoll sowie die Urkunden von 1458 und 1469 befinden sich ab-
schriftlich im Bezirks-Archiv zu Metz, sind aber der Kammer nicht vorgelegt,
anscheinend also erst später aufgefunden worden. Die absichtliche Nichtvorlage
darf bei der Art der Urkunde von 1469 als ausgeschlossen gelten.
2?) Die bezügliche Urkunde wurde vorgelegt bei der Reunion von Saaralben.
— 196 —
nominell, da ihn zugleich die nachträgliche Zahlung der Einkünfte aus
der anderen Hälfte seit dem Jahre 1396 zuerkannt wurde. Im Uebrigen
erfolgte die Reunion des ganzen Gebietes in gewohnter Weise. Für
die Bestimmung der Grösse desselben sind die vorliegenden Teil-
Huldigungen nicht verwertbar; in der Karte von Nolin ist das Gebiet
nicht angegeben, in der Karte von Jaillot, die Herrschaft (»seigneurie «)
Saarburg mit einem Umfange von 2!/2 [1 Meilen eingetragen, der grösser
als der alte Schlossbezirk und das 1661 abgetretene Gebiet ist, aber
vielleicht der Abgrenzung des Reunions-Kommissars an Ort und Stelle
entsprechen dürfte.
te
Schloss, Stadt und Herrschaft Nomeny, Gebiet und Bann
von Delme.
Suzung vom 10. Mai 1680.
Nomeny, heute Kantonstadt im Departement Meurthe-et-Mo-
selle, liest an der Seille, 12 km östlich von Pont-a-Mousson; Delme
ist ein Flecken des deutsch-lothringischen Kreises Chäteau-Salins.
Nomeny!) war von Alters her Eigentum der Bischöfe von Metz,
ohne dass Art und Zeit der Erwerbung bisher festzustellen gelungen
ist; 1306 war der Wildgraf vom Bischofe bestellter Vogt der Stadt,
in der die Landesherren zu dieser Zeit öfter ihre Residenz nahmen.
Auch Nomeny ward 1395 von Bischof Raoul an den Herzog Karl I.
von Lothringen verpfändet; nach teilweisen Einlösungen kamen die
Bischöfe 1433 durch Rückkauf wieder in den vollen Besitz der Herr-
schaft, 1551 aber erfolgte die rechtmässige Abtretung an Lothringen,
allerdings unter nomineller Aufrechthaltung des Lehens-Verhältnisses.
Nomeny wurde dabei als besondere Herrschaft für eine Sekundogenitur
errichtet, die 1567 nach Vereinigung mit Delme zum Marquisat er-
hoben wurde.
Delme?) war vom Bistum durch Kauf um die Mitte des 13. Jahr-
hunderts erworben worden, kam aber 1395 durch den gleichen Ver-
pfändungs-Akt wie Nomeny an Lothringen, wurde daher auch von der
teunionskammer mit diesem zusammengefasst. Delme erfuhr auch
weiterhin dieselbe Behandlung wie Nomeny, wurde aber 10 Jahre
später, 1561, an Lothringen abgetreten. 1566 erfolgte die Vereinigung
') Lepage, S. 102; die Angaben bei Calmet, Notice, II, S. 159, beruhen
augenscheinlich auf den der Kammer vorgelegten Urkunden.
2) Lepage, S. 40; Calmet, Notice, I, S. 312.
— 127 —
mit der inzwischen selbständig gewordenen Herrschaft Nomeny, 1567
die Erhebung zum Marquisat.
Delme, nicht aber Nomeny gehörte zu der 1661 an Frankreich
mit einer Reihe umliegender Dörfer abgetretenen Orten.
Die vorgelegten Urkunden weisen zunächst die vorstehend ange-
führten Verpfändungen nach; danach erfolgte die vom Jahre 1395 für
beide Orte zugleich durch den Bischof Raoul de Coucy um den Preis
von 7000 Franken; das Pfandobjekt war aber in den Jahren 1396,
1433 und 1438 zu je einem Drittel von den Bischöfen von Metz durch
Rückzahlung wieder eingelöst worden. Trotzdem scheinen aber die
Beziehungen zum Herzog von Lothringen durch diese Einlösung nicht
sanz aufgehoben gewesen zu sein; laut vorliegender Original-Quittung
zahlte im Jahre 1467 Nomeny dem Herzoge 90 Gulden, Delme 200 Gulden
mit der ausdrücklichen Verwahrung jedoch, dass durch diese Will-
:ährigkeit (»obeissance à ses mandements«) den Rechten der Einwohner
und des Bischofs, als Eigentümers beider Orte nicht für die Zukunft
vorgegriffen werden solle. Durch weitere 6 Urkunden wurde darauf
der zweifellose Nachweis geführt, dass Nomeny im Jahre 1551, Delme
im Jahre 1561 dem Prinzen Nikolaus von Lothringen, Grafen von
Vaudémont, als Lehen des Bistums übergeben wurde, letzteres unter
Zustimmung des französischen Königs-Protektors, wozu das Domkapite]
erst nach längerem Sträuben im Jahre 1566 seine Genehmigung gab.
Ein Abkommen vom Jahre 1571 regelte entstandene Schwierigkeiten
hinsichtlich Ausübung der Gerichtsbarkeit zwischen dem Lehensherrn
und Vasallen; in letzter Linie wurde ein Gesuch vom Jahre 1607
um Aufschub der Lehenserneuerung unterbreitet durch Marie von
Luxemburg als Vormund ihrer Tochter, der »dame de Nomeny«, der
Kammer vorgelegt.
Trotz der eingeholten Zustimmung König Heinrichs II. bezeichnete
der General-Prokurator in seinem Antrag die Belehnungen als allen
Gesetzen (saints canons, lois civiles et féodales de l'empire) zuwider;
die Kammer verfügte demgemäss die bedingungslose Rückgabe und die
Erstattung der Einkünfte Nomenys von 1551, Delmes von 1561 ab.
Die Grösse des vereinigten Gebietes beträgt rund 3[1]Meilen; von
Huldigungsakten liegt nur das Lehensbekenntnis des Amtmanns von
Nomeny für 2 dort befindliche Häuser vor.
Unbestritten dürfte dieser Reunions-Beschluss zu den wenigst an-
fechtbaren gehören, falls nur die Aufrechthaltung des Lehensverhältnisses
ausgesprochen worden wäre. Die Einziehung des Lehens und die ver-
langte Rückerstattung der Einkünfte stand aber im Widerspruch mit
— 128 —
der ohne solchen Vorbehalt erfolgten Abtretung und der Genehmigung
König Heinrich IL, wenn auch anscheinend die Belehnung ohne Gegen-
leistung erfolgt und wohl nur durch die Besetzung des bischöflichen
Stuhles mit einem Mitgliede der herzoglichen Familie zu erklären war.
8.
Schloss, Stadt und Zugehörigkeiten (appartenances) von
Homburg, Stadt und Untergebiet (dépendances) von St. Avold.
Sitzung vom 20. Mai 1680.
Homburg ist gegenwärtig ein aus zwei Gemeinden, Ober- und
Niederhomburg bestehender Flecken!), St. Avold eine kleine Stadt?),
beide im Kreise Forbach des reichsländischen Bezirks Lothringen ge-
legen. Die erstere Ortschaft wird auch Bischofs-Homburg (Hombourg-
l'Evêque) genannt zur Unterscheidung von anderen Plätzen gleichen
Namens, insbesondere der in der bayerischen Pfalz gelegenen Stadt,
die aus gleichem Grunde auch die Bezeichnung Gross-Homburg führt.
Das heute reichsländische Homburg ward gegründet vom Bischofe
Jakob von Metz*), der 1238 hier eine Abtei errichtete und ein Schloss
für sich, sowie Wohnungen für sein Personal erbauen liess, in deren
Umkreis sich rasch ein Flecken ansiedelte. Die Vogtei erhielten die
Grafen von Saarbrücken, die ihrerseits den Herren von Kriechingen
die Untervogtei als Afterlehen übergaben; zu Verwaltungszwecken
ward Homburg mit der nahegelegenen Abteistadt St. Avold zu einem
Schlossbezirke vereinigt.
St. Avold soll seinen Ursprung dem Bischofe Sigebald von Metz
verdanken, der in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts dort eine Abtei
errichtete, die den Namen Eleriacum und Helena führte*). Dieser Abtei
überwies Bischof Chrodegang 765 die Reliquien des Märtyrers St. Nabor,
und nannte sie von jetzt an Monasterium S. Naboris, das im Franzö-
sischen schliesslich bis zu St. Avold entstellt worden ist, während die
volkstümliche deutsche Benennung Santafor wurde. Zum Bann ge-
hörten einige 20 Gemeinden; der Hauptort entwickelte sich allmählich
zu einer Stadt mit mehr und mehr entwickelten Vorrechten über die
zugehörenden Dörfer®); die Vogtei über die Herrschaft soll durch
1) Bouteillier, S. 124.
?) Bouteillier, S. 227.
3%) Calmet, Notice, I, S. 40.
*) Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands, I, S. 279.
°) Lothr. Jahrb. III, S. 38.
—
Bischof Stefan von Metz um die Mitte des 12. Jahrhunderts, also schon
vor der Vereinigung mit Homburg den Grafen von Saarbrücken ver-
liehen worden sein; über die Untervogtei entstanden langwierige
Streitigkeiten zwischen Saarbrücken und Kriechingen, anscheinend weil
letzteres aus seiner Untervogtei von Homburg auch diejenige über die
vereinigten Herrschaften ableitete; sie beschäftigten sogar noch 1650
die Friedens-Vollziehungs-Kommission zu Nürnberg ').
Unter Bischof Raoul de Coucy teilte auch der Schlossbezirk Hom-
burg-St. Avold das Los so vieler anderer bischöflichen Besitzungen ;
er verfiel der Verpfändung; die Einzelheiten dieser und die weitere
Geschichte der stets vereinigt gebliebenen Herrschaften ergeben sich aus
den der Verhandlung zu Grunde gelegten Urkunden.
Zur Reunionszeit gehörten beide Städte mit einem Gebiete von
zusammen etwa 30 Dörfern?) seit einem Jahrhundert zum Herzogtum
Lothringen, an das demgemäss die auch hier unbeantwortet gebliebene
Vorladung ergangen war. Die vorgelegten Sonder-Urkunden bestanden
zunächst aus 6 Belägen für Ausübung von Souveränitätsrechten sei-
tens der Metzer Bischöfe im 13. und 14. Jahrhundert, die ja nicht
zweifelhaft waren; in einem solchen vom Jahre 1302 wird der Herr
(»Sieur«) von Saarbrücken als Vogt, der Herr von Kriechingen als
Untervogt für Homburg bezeichnet. Vom Jahre 1395 ward der Ver-
pfändungs-Akt des Bischofs Raoul de Coucy vorgelest’); er übertrug
danach die Hälfte beider Gebiete für 4000 Gulden an den Herzog von
Lothringen unter Vorbehaltung der Lehensherrlichkeit und des Ein-
lösungsrechtes. Das Verhältnis der Grafen von Saarbrücken wurde
durch diese Verpfändung nicht verändert; in einer weiterhin vorgelegten
Urkunde von 1470 wird der Bischof als Landesherr, der Herzog von
Lothringen als Pfandbesitzer (seigneur engagiste), der Graf von Saar-
brücken als erblicher Vogt (voué héréditaire) von St. Avold bezeichnet ').
Die Einlösung muss aber in nicht mehr erkennbarer Weise erfolgt sein;
laut vorgelestem Vertrage von 1551 wurden beide Gebiete von Bischof
Lenoncourt von Metz von Neuen und zwar an den Grafen Philipp von
Nassau-Saarbrücken für 15000 Gulden verpfändet; in besonderem Nach-
trage ward einen Monat später dem Bischof das Rückkaufsrecht für diese
1) Näheres s. bei Köllner, Geschichte der Grafen von Saarbrücken, 1841.
ans. Lothr. Terr., 'S. 291.8.
®) Das Schriftstück gehört zu den von Dufresne dem Bezirksarchiv zu Metz
entfremdeten Urkunden; s. Lothr. Jahrb. VII, A, S. 57.
#, Eine im Bezirks-Archive zu Metz befindliche Lehenserneuerung für die
Vogtei von 1431 ist der Kammer nicht vorgelegt worden.
>,
— 150 —
Summe, zuschläglich 3000 Gulden, gewahrt. Der Rückkauf erfolgte im
Jahre 1572, gleichzeitig aber die Uebertragung der Gebiete als erbliche
Lehen an den Herzog Heinrich von Guise, der die Einlösungssumme dem
Bischofe Kardinal Ludwig von Guise zur Verfügung gestellt hatte, am
26. Oktober 1576, nach Erledigung einiger vom Papste gestellter Be-
dingungen, in feierlicher Weise unter Eidesleistung der Behörden und
der Vertreter der Städte Homburg und St. Avold das Lehen antrat,
und 2 Tage später Lehenserneuerung nachsuchte'). Durch Vertrag
vom 24. November 1581 aber verkaufte Heinrich von Guise beide Ge-
biete an den Herzog Karl von Lothringen für 96000 Gulden. Dieser
Vertrag wurde vom Bischofe von Metz, Kardinal Karl von Lothringen,
am 28. März 1586 ausdrücklich genehmigt.
Alle diese Verschiebungen des Besitzes wurden durch Vorlage
der bezüglichen Urkunden bestätigt, die fast sämtlich, ebenso wie
zwei Lehenserneuerungen des Herzogs aus den Jahren 1599 und 1609,
noch heute im Original vorliegen?). Diese beiden letzteren Verträge
wurden aber als den heiligen Canons und den Gesetzen des Reiches
widersprechend von der Kammer nicht berücksichtigt; dieselbe ging
vielmehr auf das Jahr 1551 zurück und sprach beide Gebiete gegen
Rückzahlung der Summe von 15000 und 3000 Gulden dem Bistum
Metz zu; ob diese Rückzahlung an den Grafen von Nassau-Saarbrücken
oder an den Herzog von Lothringen erfolgen sollte, ist in dem Er-
kenntnis nicht gesagt.
Für St. Avold liegen einige Huldigungs-Akte von Bedeutung vor;
in einem Lehensbekenntnis vom 24. Juli 1681 nennt Kaufmann Daniel
Nolibois in Metz sich »seigneur voué de St. Avold« und erklärt, dass
ihm im Jahre 1665 die Hälfte der Vogtei für die Summe von 3550 Frs.
verkauft worden sei. Die von ihm angeführten Gerechtsame bestanden
in gerichtlichen Befugnissen und Bezügen von Geld und Natural-Abgaben.
Wie dieser zu dem Rechte gekommen, wird durch die folgenden Huldi-
1) Unter den von Dufresne entfremdeten Urkunden befindet sich eine, laut
welcher 1575 Kardinal Ludwig v. Guise, Bischof von Metz, die Rechte und Privi-
legien der Einwohner von St. Avold bestätigte, und eine andere, laut welcher
derselbe Bischof 1576 rückständige Gelder von St. Avold und Homburg empfängt.
S. Lothr. Jahrb. VI, A, S. 57.
°) Nach einer bei der in gleicher Sitzung erfolgten Reunion von Saaralben
vorgelesten Urkunde hatte Kaiser Rudolf II. im Jahre 1609 die Lehensherrlichkeit
des Bischofs über Homburg und St. Avold anerkannt. Dass diese Urkunde an
demselben Tage für die beiden Gebiete nicht ausgenutzt wurde, ist nur durch
das Referat verschiedener Räte (Chaffaut bezw. Jeoffroy) zu erklären, aber doch
ein Beweis für die Oberflächlichkeit der Verhandlungen.
sungs-Akte erklärlich: am 1. Mai 1683 reicht die Gräfin Wittwe Eleonore
von Nassau-Saarbrücken Lehensbekenntnis für die ganze Vogtei ein,
fügt aber hinzu, dass dieselbe im Jahre 1559 an den Grafen von
Kriechingen abgetreten worden sei »avec la qualité f&odale«: im
März 1688 endlich legt die Gräfin Anna Dorothea von Kriechingen
gleichfalls Lehensbekenntnis vor, wenngleich die Hälfte verkauft, die
Hälfte an den Grafen Solms als Mitgift abgetreten sei, da das Ein-
lösungsrecht ihr vorbehalten sei. Dass diese Huldigungen von der
Kammer angenommen, die Feudal-Rechte also anerkannt wurden, ist
wohl dadurch zu erklären, dass zur Zeit der Vorlage auch die ganze
Grafschaft Kriechingen bereits reuniert war!).
Die Grösse der reunierten beiden Gebiete beträgt zusammen rund
9 [JMeilen. Dass die vorgelesten Urkunden sich auf die lothringische
Ortschaft, nicht auf die pfälzische Stadt beziehen, ist nicht zweifelhaft;
letztere, die gleichfalls ursprünglich bischöflicher Besitz war, dürfte
aber nur infolge ihres gleichen Namens und der oft erwiesenen geo-
graphischen Unkenntnis der Kammer der Reunion entgangen sein, da
die ältesten nur auf Homburg sich beziehenden Urkunden auch für
Gross-Homburg hätten verwertet werden können; auch wären unschwer
weitere Urkunden für diese Stadt beizubringen gewesen, da sie bei
Beginn der Reunions-Thätigkeit von Frankreich besetzt worden war?).
2
Stadt, Schloss und Schlossbezirk Saaralben.
Sitzung vom 20. Mai 1680.
Saaralben, am Zusammenflusse der Saar und der Albe gelegen,
ist heute eine zum Kreise Forbach gehörige Stadt, welche im 12. Jahr-
hundert Sitz einer zur Grafschaft Dagsburg gehörigen Herrschaft war.
Nach dem Aussterben des gräflichen Geschlechtes, 1225, wurde dessen
Besitz zwischen dem Grafen von Leiningen, dem Gemahl des letzten
weiblichen Sprossen, und dem Bistum Metz geteilt, wobei Saaralben
an letzteres fiel?). Die weitere Geschichte der Herrschaft ist fast aus-
schliesslich durch die für die Reunionskammer gesammelten Urkunden
bekannt geworden), kommt daher bei deren Erörterung hierunter zum
Ausdruck ; wiederholt verpfändet und geteilt, wie diese ergeben werden,
1) s. unter Einzel-Reunionen.
error 00:
8) Calmet, Notice, I, S. 311.
#) Calmet, Notice, II, S. 404.
9*
— 12 —
war die Herrschaft zur Reunionszeit ganz im unbestrittenen Besitz des
Herzogs von Lothringen.
Die erste in der Kammer-Verhandlung nachgewiesene Verpfändung er-
folgte durch Bischof Dietrich von Metz, der den Besitz 1381 für 3400 livres
und 1000 Gulden an den Grafen Johann von Salm übertrug; dieser verpfän-
dete 1391 die Hälfte der Herrschaft an den Markgrafen Jobst von Mähren,
und unter weiterem Abkommen mit diesem 1393 an Herrn Conrad
Beier von Boppard, der zugleich für die andere Hälfte als Verwalter
eingesetzt wurde und in Gegenwart eines Vertreters des Kaisers noch
im gleichen Jahre Besitz davon ergreift. Schon im Jahre 1400 fand
jedoch wieder eine Teilung stait; der Herzog Karl Il. erwarb ein Viertel
der Herrschaft, tauschte es aber mit Heinrich Beier von Boppard 1408
gegen Schloss Falkenberg aus; ein zweites Viertel war durch gleichen
Vertrag 1400 an das Bistum Metz zurückgefallen, wo zur Zeit der
gleichnamige Sohn Conrad Beiers Bischof war; Heinrich Beier löste
1416 das dem Grafen von Salm für die Hälfte noch verbliebene Pfand-
recht ein und erhielt zu seinem 1408 erworbenen Viertel 1417 das
letzte Viertel von seinem Bruder als Lehen, vereinigte daher den ganzen
jesitz als Metzer Lehen in seiner Hand; in seiner Familie blieb der-
selbe bis zum Jahre 1557. Durch bischöflichen Erlass vom 23. No-
vember 1520 waren aber die lehensherrlichen Rechte ausdrücklich
sewahrt und die Privilegien der Einwohner bestätigt worden. Im
Jahre 1537 wurde der gleichnamige Besitzer durch Urteil des bischöf-
lichen Gerichtes zu Vie zur Zahlung von 2000 Gulden verurteilt; da
er nicht zahlte, erkannte dasselbe Gericht die Hälfte von Saaralben
ihm ab, worauf der Bischof sie für 2700 Gulden an Herrn Nikolaus
Burtel übertrug; dieser verkaufte sie schon im folgenden Jahre durch
Vertrag vom 30. Oktober an den Herzog Anton von Lothringen
weiter, zweifellos mit Genehmigung des Bischofs, der zu gleicher Zeit
dem Herzoge das Recht übertrug, auch die andere Hälfte von Johann
Beier von Boppard einzulösen.
Dieser Rückkauf erfolgte aber, anscheinend wegen Geldmangels,
erst 1561'); Herzog Karl Ill. ergriff im Jahre 1563 Besitz von der ganzen
Herrschaft und zwar laut abschriftlich noch vorgefundenem Besitz-
ergreifungs-Patente auch von der vollen Landeshoheit, wiewohl durch
bischöflichen Erlass vom Jahre 1550 ausdrücklich die Lehensherrlich-
keit unter Berufung auf die Huldigung einer Gräfin von Dagsburg
') Eine Urkunde über den Vollzug desselben wurde nicht vorgelegt; in
Recueil de documents sur l'histoire de Lorraine, III, S. 181 und 182, werden aber
zwei Denkschriften über diesen Rückkauf aufgeführt.
S
— 133 —
vom Jahre 1224 gewahrt worden war'). Infolge dieser verschie-
denen Auffassung entstanden naturgemäss Schwierigkeiten, die im
Jahre 1609 durch Kaiser Rudolf II. unter gleichzeitiger Regelung des
Besitzes anderer zwischen beiden streitigen Gebietsteilen hinsichtlich
Saaralbens zu Gunsten des Herzogs von Lothringen entschieden wurden.
Trotz dieser kaiserlichen Bestätigung der herzoglichen Rechte wurden
auf Antrag des Generalprokurators die Verträge von 1537 für nichtig
erklärt unter dem Vorwande, dass die Genehmigung der Reichsstände
nicht eingeholt und auch in anderer Beziehung nicht in formell rich-
tiger Weise verfahren worden sei; die Kammer griff demgemäss ein-
fach auf den Vertrag von 1381 zurück, und erkannte dem Bistum
das Recht der Einlösung für 3400 livres und 1000 Gulden zu. Die
Grösse der Herrschaft wird in Karten zu */1 I) Meilen angegeben, was
bei dem geringen Umfange mit dem alten Schlossbezirk (chatellenie)
übereinstimmen könnte. Als zugehörige Herrschaften, aber innerhalb
derer das Urteil gleichfalls verkündet werden sollte, werden mehrere
aufgeführt, die später in besonderen Sitzungen reuniert wurden ?), näm-
lich Herbitzheim zur Grafschaft Saarwerden gehörig, Bliescastel, unter
dem alten Namen. Castres reuniert, St. Mihiel und als Morhange das
jetzt verschwundene Dorf Menrichingen, das von der Kammer irrtüm-
licher Weise für Mörchingen gehalten wurde. Huldigungs-Akte liegen
nicht vor. Die Reunion ist als ein reiner Gewaltakt zu bezeichnen,
da die Kammer gar nicht festzustellen in der Lage war, ob und in-
wieweit die Reichsstände bei der Uebertragung beteiligt waren, eine
Unterlassung der Befragung aber auch nur diese Stände zur Anfechtung
des Vertrages berechtigt haben würde.
10.
Stadt, Gebiet und Herrschaft Marsal.
Sitzung vom 23. Mai 1680.
Die bei den früheren Unternehmungen Frankreichs gegen Lothringen
mehrfach genannte Stadt?) gehört heute zum Kreise Chäteau-Salıns,
nachdem sie ihren Jahrhunderte alten Charakter als Festung bis zum
Jahre 1870 gewahrt, und damals nach einstündiger Beschiessung den
1) Die beiden Urkunden von 1550 und 1224 wurden der Kammer nicht vor-
gelegt, waren also, da sie den Ansprüchen günstig lauteten, nicht vorhanden.
Die erstere ist aber in Abschrift im Bezirks-Archiv zu Metz vorgefunden,
?) s. Einzel-Reunionen,
DS Sur.
— 134 —
Deutschen ihre Thore geöffnet hatte. Urkundenmässig gesicherte Nach-
richten lassen ihre Geschichte bis ins 12. Jahrhundert zurückverfolgen ?).
Marsal scheint danach von Altersher zum Herzogtum Lothringen ge-
hört zu haben; vom Jahre 1251 liegt das Lehensbekenntnis eines
Grafen von Castres beim Herzoge für Marsal vor. 1259 kam die Stadt
und zugehörige Herrschaft durch Teilungs -Vertrag des Metzer Bischofs
Jacob von Lothringen mit seinem Neffen, dem Herzoge Friedrich Il. an
ersteren, der sie sogleich befestigen liess, und 1260 testamentarisch
seinem Bistum vermachte; 1555 war die Festung widerrechtlicher Weise
französischer Seits besetzt worden ?), ging aber 1593/94 im Austausch
gegen andere Gebiete mit Zustimmung des französischen Königs an den
Herzog von Lothringen über. Im folgenden Jahrhundert wiederholt
von Frankreich, auch mit Hülfe der Vorreunionskammer von 1624 be-
ansprucht, wurde Marsal 1663 endgültig vom Herzoge an den König
abgetreten; die Kammerverhandlung sollte daher wohl nur die Grund-
lage für die noch ausstehende endgültige Regelung der Beziehungen
zum Herzogtum bilden.
Zu dem Zwecke wurde zunächst durch eine Urkunde des
Jahres 1385 die thatsächliche Ausübung landeshoheitlicher Rechte
seitens des Bischofs in diesem Jahre nachgewiesen. Weiterhin wurde
der Kammer der Tauschvertrag vorgelegt, den am 14. Dezember
1593 Herzog Carl Ill. mit dem Bischof Carl, Cardinal von Lothringen,
geschlossen hatte; in demselben wurde Marsal nebst zugehörigen Ort-
schaften vom Bistum an das Herzogtum abgetreten, wofür ersteres
das Dorf Baissoncourt ganz, die Dörfer Remereville, Velaine und Erbe-
viller zur Hälfte, und einzelne Gerechtsame in 3 anderen Dörfern, St.
Clement, La Ronce und Chenevieres erhielt. Ausserdem übernahm
der Herzog die Verpflichtung eine einmalige Zahlung von 22500 Franken,
eine jährliche Rente von 800 Franken und die jährliche unentgeltliche
Lieferung von 200 Scheffel (muids) Salz zu leisten, sowie andere
Gerechisame den Bischöfen weiterhin zuzugestehen. Dieser Vertrag
wurde, laut vorgelester Bulle vom 14. Februar 1598 vom Papste
Clemens VIII. ausdrücklich genehmigt, auch in dem Sinne völliger Ent-
äusserung beiderseitig aufgefasst; in einer Lehenserneuerung vom 15.
Juni 1610 huldigt Herzog Heinrich von Lothringen dem Bischofe für
die Salinen von Moyenvic und Marsal, nicht aber für die Stadt und
die zugehörigen Dörfer ?). Jener Vertrag wurde sowohl im ganzen wie
') Lepage S. 87.
?) Sauvagère, Recherches sur Marsal, Paris 1740, S. 24.
>) Im Bezirks-Archiv zu Metz vorgefunden, aber der Kammer nicht vorgelegt.
in seinen Einzelheiten von den Klägern angegriffen, und durch eine
Reihe älterer Urkunden der Beweis zu führen gesucht, dass die vom
Herzog abgetretenen Ortschaften gar nicht ihm, sondern bereits dem
Bischofe gehört hätten. Für Remereville und Velaine wurde ein
Schiedsspruch vom 25. August 1278, für Ronce und Chenevieres ein
Vertrag vom 15. März 1455, für Baissoncourt, Erbeviller und noch-
mals Remereville und Velaine eine Verhandlung vom 14. April 1464
vorgelegt; laut letzterer löste Bischof Georg von Baden diese 4, von
seinem Vorgänger verpfändeten Dörfer durch Rückzahlung der Pfand-
summe wieder ein. Auf diese alten Urkunden vornehmlich wurde der
Spruch der Kammer basiert; die Stadt Marsal nebst Zugehörigkeiten
wurde deshalb dem Bischofe ohne Gegenleistung zugesprochen, ausser-
dem noch die nachträgliche Zahlung der Einkünfte vom Jahre 1593
dem Herzoge auferlegt. In der Begründung wird ausgeführt, dass die
abgetretenen Ortschaften gar nicht dem Herzoge, sondern dem Bischofe
gehört hätten, und dass auch die Bulle des Papstes daran nichts ändern
könne, da der Vertrag den heiligen Canons und Gesetzen des Reiches
entgegen gewesen sei. Der Vertrag von St. Germain en Laye vom
Jahre 1594, wurde dabei nicht erwähnt, trotzdem die Verzichtleistung
Frankreichs auf Marsal Folge des Tauschvertrages vom vorhergehenden
Jahre gewesen, der letztere also danach von Frankreich feierlich an-
erkannt worden war.
Für die Grösse des Gebietes, dessen Reunion hienach gleichfalls
als gänzlich ungerechtfertigt zu bezeichnen ist, geben vorliegende Teil-
Huldigungen keinen Anhalt; in der Jaillot'schen Karte von 1704 wird
der Schlossbezirk von Marsal zu 1'/2 [J Meilen angegeben. Die Schwäche
des französischen Standpunktes geht auch daraus hervor, dass die
Reunion seitens der Vorkammer von 1624 aus einem ganz anderen
Grunde erfolgt war: dass nämlich der Herzog die ihm 1594 auferlegte
Verpflichtung, das Bistum für Marsal zu entschädigen, nicht genügend
erfüllt habe 1).
LE
Schloss und Herrschaft Sampigny.
Sitzung vom 29. Mai 1680.
Sampigny ist heute ein Flecken des Departements Meuse, © km
südlich St. Mihiel, nahe dem linken Ufer der Maas gelegen. Die gleich-
namige Herrschaft gehörte von Alters her zum Bistum Verdun, und
DIESE Dr 30:
— 156 —
umfasste 7 Ortschaften, die aber infolge von Verpfändungen öfters den
Besitzer wechselten, wie die Urkunden im Einzelnen nachweisen werden !).
Zur Reunionszeit war Sampigny seit mehr als 100 Jahren im recht-
mässigen und unbestrittenen Besitze des Herzogs von Lothringen, aber
zum lehensabhängigen Bar gehörig.
Die Vorladung erfolgte auf Antrag des Domkapitels zu Verdun
bei dem Amtmann in Sampigny mit dem Auftrage, sie seinem Herrn,
dem zeitigen Lehensträger des Herzogs von Lothringen, dem Prinzen
von Lixheim zu übermitteln; die Verhandlung erfolgte infolge Nicht-
berücksichtigung der Aufforderung in contumaciam. Die Urkunden
allgemeiner Art müssen hier besonders erwähnt werden, da in allen
8 vorgelegten Investituren Schloss und Herrschaft Sampigny als Lehen
der Verduner Bischöfe namentlich aufgeführt waren; die älteste war
ein Diplom Kaiser Friedrich I., von 1156?), die übrigen 7 stammten
aus dem 16. Jahrhundert, die jüngste von 1582. Dass die Herrschaft
ursprünglich zum Bistum Verdun gehörte, geht zum Ueberfluss auch
aus einer Lehenserneuerung des Grafen Eduard von Bar hervor, worin
gesagt ist, dass er dem Bischofe in dessen Wohnung zu Sampigny
(en son hôtel a Sampigny) gehuldigt habe*). 1358 hatten der Graf
von bar und der Herzog von Luxemburg, mit einander verbündet die
drei bischöflichen Burgen Sampigny, Mangienne und Hattonchätel an-
gegriffen '); behufs Entsatzes musste der Bischof sich 1359 zu einem
Vergleiche verstehen, laut welchem u. a. Sampigny für 5000 Gulden dem
Grafen von Bar verpfändet wurde. Durch einen weiteren der Kammer
sleichfalls vorgelegten Vertrag von demselben Jahre hatte der Bischof
sich aber das Rückkaufrecht gewahrt und die Einlösung durch Rück-
zahlung der Pfandsumme bewirkt. Durch Vertrag vom 2. September 1362
gab Bischof Johann von Bourbon Sampigny und Tilly für 4000 Gulden
von neuem dem Grafen Heinrich von Bar zu Lehen, wiederum laut
Vermerk aus dem Grunde, weil dieser sich in deren thatsächlichen
jesitz geselzt hatte. Durch einen weiteren Vertrag vom 10. März 1374
wird zwar anerkannt, dass Sampigny ohne Entgelt an das Bistum
zurückfallen solle, falls der damalige Erbe, Graf Peter, keine leib-
lichen Nachkommen aus erster Ehe hinterliesse; trotzdem dieser Fall
eintrat, kam Sampigny nicht an das Bistum zurück, wurde vielmehr
1) Lienard, S. 216.
2) Abgedruckt bei Calmet, II, Preuves, S. 350.
#) Abschrift im Bezirks-Archiv zu Metz, der Kammer nicht vorgelegt.
') In dem recueil des arrêts ist irrtümlich der Vertrag auf das Jahr 1374
datiert, derselbe ist abgedruckt bei Calmet, II, preuves, S. 628.
— 137 —
nur zeitweise einzelnen Bischöfen von den Herzögen zur Nutzniessung
überlassen. Der thatsächliche Besitz ging 1564 in einen rechtlichen
über; laut vorgelegtem Vertrage vom 10. September dieses Jahres trat
Bischof Pseaume von Verdun die Herrschaft vollständig an den Herzog
Carl III. ab, wobei er allen seinen Hoheits- und Rückkaufsrechten
entsagte. Wie gewohnt, ward dieser Vertrag als den heiligen Canones
und der Verfassung des deutschen Reiches widersprechend für nichtig
erklärt; die Kammer griff deshalb auf die Verpfändung des Jahres
1362 zurück, sprach den Bischof aber von der Rückzahlung der Pfand-
summe frei, weil Sampigny nach Angabe der Urkunde mit Gewalt in
die Hände des Grafen von Bar gekommen sei, und weil Graf Peter
keine leiblichen Erben hinterlassen habe. Hervorgehoben wurde in
dem Urteile, dass der Bischof von Verdun noch 1582, also 18 Jahre
nach der Abtretung, vom deutschen Kaiser mit Sampigny belehnt worden
war.
12.
Schloss, Stadt, Schlossbezirk und Amt Hattonchätel.
Sitzung vom 29. Mai 1680.
Hattonchâtel*) ist heute ein Dorf des Departement Meuse, und
liegt 15 km nordöstlich St. Mihiel. Der mittelalterische Name, Hattoni-
castrum, wird abgeleitet von dem Bischof Hatto von Verdun, der um
die Mitte des 9. Jahrhunderts dort ein Schloss erbauen liess, und die
zugehörige Kapelle zur Pfarrkirche machte?). Die daraus sich ent-
wickelnde Herrschaft ward von den Bischöfen Edelleuten des Landes
zu Lehen bezw. zur Verwaltung übergeben. In den Jahren 1359 und
1362 unterlag Hattonchätel den gleichen Verpfändungen, wie Sampigny,
ward aber, abweichend von dieser Herrschaft 1378 von Bischof Johann
von Bourbon eingelöst und für nahezu zwei Jahrhunderte dem alleinigen
Besitze der Bischöfe zurückgewonnen. Um die Mitte des 16. Jahr-
hunderts ging jedoch auch diese Herrschaft, zunächst durch Verpfändung,
dann durch rechtmässige Abtretung an das Herzogtum Lothringen über.
1587 bewirkte Herzog Carl III. die Erhebung der Herrschaft zum
Marquisat, unter Wahrung der Lehensherrlichkeit des Kaisers; Kaiser-
liche Investiturbriefe der Jahre 1609, 1613 und 1627 beweisen, dass
Hattonchätel zu dieser Zeit als unmittelbares, von jeder Beziehung
zum Bistum Verdun losgelöstes Reichslehen galt.
1) Calmet, notice, Il, S. 395.
2) Liénard, S. 104.
3) Calmet, notice, I, S. 551, fl.
— 138 —
Die vorgelegten allgemeinen Urkunden waren die gleichen, wie
für Sampigny, führten auch Hattonchätel namentlich als Kaiserliches
Lehen des Bistums auf. Eigenthümlicher Weise ward weiterhin vom
Jahre 1559 zwar die Einlösungs- nicht aber die vorherige Verpfändungs-
Urkunde vorgelegt, wiewohl die letztere, bei Sampigny verwertet, auch
Hattonchätel aufführte '). Die folgenden Urkunden weisen den Unter-
sang an Lothringen im Einzelnen nach. Am 20. August 1540 erfolgte
danach zuerst die neue Verpfändung, dieses Mal für 26,000 Fr. seitens
des Bischofs Johann, Cardinal von Lothringen, an den Herzog Anton;
am 11. Dezember 1546 verzichtete der Nachfolger des Bischofs Nicolaus
von Lothringen im Austausche gegen Rembercourt aux pots und
für Tilgung der Schuldsumme von 26,000 Fr. auf alle seine Rechte
auf Hattonchätel?). Dieser Tauschvertrag wurde durch Kaiser Karl V.
unter dem 14. November 1547 ausdrücklich bestätigt; dem entsprechend
investirte der Kaiser am 5. Oktober 1548 den Bischof von Verdun aufs
Neue mit seinem weltlichen Besitze unter Hervorhebung der durch den
Vertrag herbeigeführten Veränderungen, und am 11. April 1549 den
Herzog von Lothringen mit Hattonchätel in gleicher Weise, wie es die
Bischöfe bisher besassen ?). Entgegen diesem Vertrage versuchte Bischof
Pseaume, wahrscheinlich infolge der inzwischen erfolgten Besetzung
durch Frankreich veranlasst, seine frühere Rechte auf Hattonchätel
wieder geltend zu machen; er fand aber dabei solchen Widerstand,
dass er in neuem Vertrage von 1561 nochmals völlig auf Hattonchätel ver-
zichtete, wofür der Herzog wiederum seine Rechte auf Rembercourt
aux pots und andere Orte ihm überlies*). Trotzdem liessen die Bischöfe
laut oben angeführten Investituren in den Jahren 1563, 1566 und 1582
ausdrücklich von den Kaisern wieder sich mit Hattonchätel belehnen ;
auch erklärte 1574 Bischof Pseaume vom Neuen seine Landeshoheit
und seine Rechte auf die Herrschaft’); anscheinend hielten sie den
von einem dem herzoglich lothringischen Hause angehörigen Bischof
seschlossenen Vertrag als für das Bistum zu ungünstig, wobei sie, wie
damals üblich, auf das Reich nicht weiter Rücksicht nahmen. Die
1) Die Sitzung für die Reunion von Sampigny fand am gleichen Tage statt;
dass für beide Gebiete verschiedene Referenten vortrugen, dürfte kaum eine Ent-
schuldigung für diese Flüchtigkeit sein. Die Urkunde ist abgedruckt bei Galmet,
III, preuves, S. 409.
?) Die Vorlage dieser Urkunde dürfte ein Beweis sein für die diesseitige
Ansicht, dass Urkunden von der Kammer nicht unterdrückt sind (s. S. 102).
3) Calmet, Notice, II, S. 368; der Vertrag kam nicht zur Kenntnis der Kammer.
#) Abschrift der Urkunde im Metzer Archiv; der Kammer nicht vorgelegt.
— 139 —
Ausstattung der Investiturbriefe wurde aber, wie gerade dieser Vor-
sang beweist, zur Zeit als eine leere Förmlichkeit angesehen ; die, 1574
zum zweiten Male erfolgte Wiederaufnahme der Ansprüche ist dagegen
nur durch französischen Druck zu erklären.
Die Kammer schloss sich natürlich der Auffassung der Bischöfe
an, und beschloss von allen Abmachungen einfach abzusehen (>sans
s'arrêter aux dites échanges, investitures, reprises, transactions et con-
firmations«), da dieselben den heiligen Canons und Reichsgesetzen
zuwider, auch ohne die vorgeschriebene Form unter verwandten und
untergebenen Personen abgeschlossen seien; dagegen ward dem Bischofe
die Rückerstattung der Pfandsumme von 26,000 Fr. und eine billige
Entschädigung für etwaige Verbesserungen auferlegt.
Die Grösse des Marquisates beträgt SÜMeilen, dürfte aber be-
deutender sein, als die ursprünglich zu Lehen stehende Herrschaft;
das lothringische Amt wird nur in der Ueberschrift, nicht aber im
Kammer-Beschlusse erwähnt, wurde aber wohl zweifellos einer etwaigen
Abgrenzung durch Reunions-Commissare zu Grunde gelegt.
3%
Gebiete und Herrschaften Salm und Langstein, früher
genannt Pierre Percée.
Sitzung vom 6. Juni 1680.
Von dem reunirten Gebiete ist heute der kleinere östliche Teil
in Elsass-Lothringen, der grössere westliche in Frankreich gelegen; zu
ersterem gehört die Ruine des Schlosses Salm, mit einer gleichnamigen
Häusergruppe, einen Teil der Gemeinde Vorbruck im unter-elsässischen
Kreise Molsheim bildend und hart an der Grenze, schon innerhalb des
französischen Sprachgebietes liegend. Das Schloss war von Alters her
Sitz einer Herrschaft, deren Besitzer der gleichnamigen Grafschaft in
den Niederlanden entstammen sollen '). Das westlich von Salm gelegene
frühere Schloss Langstein kommt heute als Bezeichnung einer Oert-
lichkeit nicht mehr vor; das in unmittelbarer Nähe der Ruine gelegene
Dorf Pierre Percée?) gehört zum Departement Meurthe-et-Moselle.
Langstein wird von Alters her als Sitz einer Herrschaft unter dem
Namen castrum de Langstein genannt. Im 12. Jahrhundert) entstand
durch Vereinigung dieser Herrschaft Langstein mit Blamont und der
1) Calmet, I, CCVII.
?) Lepage, S. 109.
3) Die geschichtlichen Notizen nach Lothr. Terr. S. 134 fl.
— 140 —
Vostei der Abtei Senones, welche zu dieser Zeit in Händen der Grafen
von Salm war, die Grafschaft letzteren Namens. Die Abtei Senones
war von Alters her dem Bistum Metz unterstellt, deren Bischöfe seither
die Vögte ernannten, auch im 10. Jahrhundert sich des grössten Teiles
des Besitztums der Abtei bemächtigt haben sollen. Unter letzterem
ist wohl das Gebiet zu verstehen, das später als besondere Herrschaft
Salm neben Langstein bezeichnet wird.
Von der so entstandenen vereinigten Grafschaft Salm ward jedoch
durch Erbteilung die Herrschaft Blamont, um die Mitte des 13. Jahr-
hunderts wieder getrennt, und einer jüngeren Linie des Hauses über-
wiesen. 1258 sah Graf Heinrich von Salm sich genötigt, die Herr-
schaften, die an ihn gekommen, dem Bistum Metz zu Lehen aufzu-
tragen '), wobei das frühere Abhängiskeits-Verhältnis mitgesprochen
haben mag. 1449 teilten die Söhne des Grafen Johann V. von Salm,
die Grafen Simon Il. und Johann VI., das väterliche Erbgut; der Anteil
Simons kam nicht lange nachher infolge Heirat seiner Erbtochter
Johanne mit dem Rheingrafen zu Daun-Kyrburg an dessen Linie, die
für die Folge die Bezeichnung Salm ihrem Namen zufügte, und bis
zum Jahre 1499 Lehenserneuerung beim Bistum Metz bewirkte. Bei
Gelegenheit eines, 1554 zwischen den Grafen von Salm und dem Herzog
von Lothringen ausgebrochenen Streites, der das Reichskammergericht
beschäftigte, reichte auch das Bistum Metz eine Klage wegen seiner
Oberlehensherrlichkeit ein, wurde jedoch 1567 wegen Verjährung der
Ansprüche abgewiesen, eine die Reunionstheorie der Kammer jedenfalls
verurteilende Auffassung.
1600 starb auch die Linie des Grafen Johann VI. aus; die Hälfte
der Gralschaft kam dadurch an das Herzogtum Lothringen, da die
Erbtochter des letzten Grafen Paul mit Franz Grafen von Vaudémont,
dem Bruder Herzog Heinrichs I. und Vater Carls IV., verheiratet war,
der selbst 1625 formell auf einige Tage die Regierung des Herzogtums
angetreten hatte. Der Besitzer der anderen Hälfte, Rheingraf Philipp
Otto von Salm, ist 1623 durch kaiserliches Dekret in den erblichen
Reichsfürstenstand, seine Herrschaft zu einer gefürsteten Grafschaft
erhoben worden. Da zu dieser die Orte Salm und Langstein gehörten,
ist die, 1871 durch den Frankfurter Frieden bewirkte Teilung eine
wesentlich andere, als die des Jahres 1449, welche letztere im Jahre
1751 durch Einzel-Ueberweisung bis dahin gemeinschaftlich besessenen
') Das Lehensbekenntnis befindet sich in der Pariser collection de Lorraine,
s. Marichal, S. 386.
— 141 —
Gebietes zwischen Lothringen und dem Rheingrafen eine Ergänzung
erfahren hatte. Diese geschichtliche Entwickelung, deren Erörterung für
Klarstellung der zeitigen und früheren Besitz-Verhältnisse notwendig
schien, war der Kammer aber augenscheinlich nicht bekannt; die
Vorladung erfolgte daher nur bei den Ortsbehörden in Salm und Lang-
stein, bezog sich also, sicher sehr gegen ihren Willen, ausschliesslich
auf den rheingräflichen Teil.
Der Anspruch wurde von dem Bischof von Metz erhoben,
die allgemeinen Urkunden waren die der übrigen auf Metz bezo-
genen Reunionen. Die Beweisstücke für die Gebiete selbst be-
standen vornehmlich in 6 Lehenserneuerungen, eine aus dem 13.,
die übrigen aus dem 15. Jahrhundert, die jüngste von 1499: die
Lehenserneuerungen aus dem 15. Jahrhundert sind sämtlich von den
Rheingrafen ausgestellt, die sich darin als Lehensmänner des Bischofs
für die Schlösser Salm und Langstein und die in den Urkunden auf-
seführten zugehörigen Ortschaften bekennen; für die andere Hälfte
wurden Lehenserneuerungen nicht beigebracht. Ausser diesen wurde
nur noch eine bedeutungslose Urkunde von 1565 vorgelegt, welche
nachweist dass eine Streitsache zwischen dem Grafen Salm und dem
Abte von St. Symphorien in Metz zum Austrage gebracht werden
sollte; sie bezieht sich auf beide Linien, nimmt aber nicht mehr auf
Lehensherrlichkeit Bezug.
Der Beschluss der Kammer leste dem angeblichen Herrn die
Erneuerung der Huldigung und die Vorlage des Lehens-Verzeich-
nisses innerhalb der gewohnten Fristen auf. Dem Verlangen wurde,
soweit erkennbar, zunächst keine Folge gegeben; dagegen reichten
am 2. Juni 1681 Abt und Convent von Senones Huldigung und
Lehensverzeichnis, auf uralten Anspruch gestützt, ein, wogegen von
‘ Seiten Salm’s protestiert wurde. Dieser Protest wurde durch Be-
schluss der Reunionskammer vom 8. November 1683 zurückgewiesen,
worauf am 30. November die Rheingräfin Christine Louise von Salm
die geforderte Huldigung erstattete und am 2. Dezember desselben
Jahres das Lehensverzeichnis vorlegte: auf Grund des letzteren kann
das reunirte Gebiet genauer bestimmt werden; seine Grösse beträgt
rund 6[.) Meilen. ‚
14.
Stadt, Schloss und Freiherrschaft (baronnie) Apremont.
Sitzung vom 12. Juni 1680,
Apremont ist heute ein Dorf des Departements Meuse, 8 km süd-
östlich von St. Mihiel gelegen. Das ehemalige Schloss war Mittelpunkt
einer ausgedehnten Herrschaft ), deren Besitzer zeitweise Grafen
genannt wurden?) Calmet sagt von ihnen: »La maison d’Apremont
est une des plus anciennes et des plus illustres de l’Europe après les
maisons souveraines«; ihr Besitz wird aber stets nur als Herrschaft
oder Baronie bezeichnet. Oberlehensherr war von Alters her der Bischof
von Metz; vom Jahre 1140 wird berichtet, dass er die widersetzlichen
Herren von Deneuvre und Apremont zum (Gehorsam gezwungen habe.
Gottfried III. kam 1235 durch Heirat in den Besitz der Grafschaft
Saarbrücken”*), hatte‘aber keine Kinder; nach seinem Ende kam daher
Apremont in weiblicher Linie an die Herren von Autel, aus deren
Hause 1354 Gottfried von Apremont Kaiser Carl IV. bewog, die Herr-
schaft in ein reichsunmittelbares, nur in männliche Linie vererbliches
Lehen zu verwandeln; der Bruder des Kaisers aber, Herzog Wenzel
von Luxemburg, welcher 1377 sich in Besitz der Herrschaft gesetzt
hatte, erkannte wieder durch Lehenserneuerung die Abhängigkeit vom
Bistum an. Durch Heirat seines Afterlehensträgers mit einer Tochter
des Herrn von Apremont-Autel kam die Herrschaft wieder an die
rechtmässigen Besitzer zurück. Im 15. Jahrhundert fanden Teilungen
der Herrschaft zwischen den Geschlechtern Apremont und Leiningen
statt, welche die Annahme des Namens seitens des letzteren bewirkten;
von beiden ward noch in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die
Lehensherrlichkeit von Metz anerkannt. Diese ward aber 1574 vom
Bistums-Verweser, Cardinal von Lothringen, seinem Neffen, dem Herzoge
Carl III. übertragen, unter Aufgabe aller Rechte, und Anweisung, für
die Folge beim Kaiser unmittelbar Huldigung zu erstatten. (»d’en faire
foi et hommage à l’empereur et à l’empire«); trotzdem liegen aus der
folgenden Zeit Lehenserneuerungen der Herzöge bei Bischöfen vor, viel-
leicht aus der Absicht zu erklären, in keine neue Abhängigkeit vom
Reiche zu treten. Die Herren von Apremont zogen sich infolge der
Abtretung auf Privatbesitzungen bei Rethel zurück, ohne jedoch ihren
Ansprüchen zu entsagen; zur Zeit der französisch-lothringischen Kriegs-
wirren setzte vielmehr Carl, Herr von Apremont, sich in den Besitz
seines alten Stammschlosses. Durch einen besonderen Artikel des
Friedens von Marsal, 1661 wurde er jedoch zur Räumung gezwungen
und auf den Rechtsweg verwiesen, wodurch er in drückende Not ge-
riet. Seine Tochter heiratete aber, erst 13 Jahre alt, am 4. November
1) Ein im Bezirksarchiv zu Metz vorgefundener handschriftlicher Stamm-
baum aus dem 16. Jahrhundert will die Herren bis zum Jahre 660 zurückführen.
2) Galmet, Notice, I, S. 22; auch im folgenden benutzt.
3) s. Einzel-Reunionen.
1665 den 60jährigen Herzogs Carl IV. von Lothringen, der nunmehr
seinem Schwiegervater den standesgemässen Lebensunterhalt anwies,
ihn aber nicht wieder in Besitz der Herrschaft einsetzte. Nach seinem
Tode traten die Angehörigen der Familie Apremont zusammen und
übertrugen 1676 ihre Ansprüche dem Grafen von Apremont-Reckein,
einem in der Nähe von Maestricht angesessenen Zweige des Geschlechtes
angehörig. Zur Reunionszeit war daher die Herrschaft vertragsmässig,
aber nicht unbestritten im Besitz des Herzogtums Lothringen, aber
wie dieses, von Frankreich thatsächlich besetzt.
Die Vorladung wurde im Orte Apremont abgegeben, kam daher
wahrscheinlich weder zur Kenntnis des Herzogs, noch des Grafen von
Apremont; die Verhandlung fand in contumaciam statt. Die vorge-
legten Sonderurkunden waren in erster Linie Lehenserneuerungen bei
den Bischöfen. Vom Jahre 1243 wurde eine solche des Grafen Gott-
fried von Saarbrücken-Apremont, von 1377 eine Wenzel’s von Böhmen,
Herzogs von Luxemburg vom Jahre 1561 eine des Grafen Johann
Heinrich von Leiningen vorgelegt, letztere für ein viertel des Schlosses
und Fleckens Apremont 1). Im Jahre 1563 huldigt dagegen wieder ein
Herr von Apremont, Louis Fretel, dem Cardinal Carl von Lothringen,
derzeitigem Bistums-Verweser in Metz für die ganze Herrschaft (baronnie
et seigneurie) nebst Zugehörigkeiten in gleicher Weise wie seine Vor-
fahren dieses gethan. Weiterhin wurden die Abtretungs-Urkunden an
Lothringen vom 25. Mai 1574?) und drei der trotzdem noch weiter-
gehenden Huldigungen bei Bischöfen aus den Jahren 1599, 1600 und
1610 vorgelegt. Nach dem Wortlaute der Urkunde von 1600 erfolgte
die Lehenserneuerung des Herzogs Carl III. ausdrücklich bei seinem
Sohne, dem Bischofe von Metz.
Die Reunions-Kammer nahm, wie gewöhnlich, von dem Ver-
wandten-Vertrage von 1574 gar keine Notiz; sie legte vielmehr dem
»Herrn von Apremont« die Erfüllung der Huldigungs-Pllichten inner-
halb der gewöhnlichen Zeiträume auf. Die Grösse des reunirten Ge-
bietes beträgt nach vorliegenden Huldigungs-Akten 11/27 1Meilen; letztere
sind von besonderem Interesse, da an diese Reunion noch weitere
Verhandlungen sich knüpften. Am 20. Juni 1681 erstattete Herr Andre
de Raulet, Edelmann der verstorbenen Herzogin von Orleans, Huldigung
1) Eine gleiche Lehenserneuerung vom Jahre 1613, im Bezirks-Archiv zu
Metz vorgefunden, wurde der Kammer nicht vorgelegt.
?) Ein Brief des Bischofs Carl von Metz an den Herzog von Lothringen
vom gleichen Jahre gehört zu den Dufresnes’schen Urkunden. Lothr, Jahrb. Vlla,
S. 57.
Ba
und Lehensbekenntnis für das Schloss und den Schlossbezirk Apremont,
am 4. September 1683 dagegen Herr Christophe de Boucault für die
Herrschaft Apremont. Hiernach war die Nutzniessung dieser Besitzung
von der französischen Regierung an Edelleute vergeben worden, da,
wie die hierunter zu erörternde Kammersitzung vom 23. August 1683
beweist, Graf Heinrich von Apremont-Reckein das Urteil der Kammer
nicht anerkennt und die Huldigung verweigert hatte.
Sitzung vom 11. September 1681.
Anlass zu dieser Sitzung gab in erster Linie ein Streit, der um
eine Zugehörigkeit der Herrschaft Apremont sich entsponnen haben
sollte. Das Dorf Arry, 15 km südlich Metz, an der Mosel gelegen
und heute zum Landkreise Metz gehörig, war als ein Teil der Herr-
schaft Apremont erkannt worden, jedenfalls erst nach der Sitzung vom
12. Juni 1680, da es bei der entfernten Lage anderen Falls wohl in
dem Urteile besonders aufgeführt worden wäre. In den, demgemäs
erst später aufgefundenen Urkunden hatte eines der Kammer-Mitglieder,
Pierre de Cogney, Referent für Epinal, Blamont u. a., einen Verwandten
entdeckt, der in Arry im Jahre 1385 Gerechtsame gehabt haben sollte ');
auf Grund dieser Entdeckung war ihm die Hälfte der hohen Justiz
daselbst zuerkannt worden. Für diese Gerechtsame verlangte angeblich
der Besitzer, der vorgenannte Graf Heinrich d’Apremont, Huldigung
seitens des Gerichtsrats Cogney, die dieser verweigerte, da er dafür
direkt dem Könige gehuldigt habe, und der Graf von Apremont zu be-
weisen habe, dass seine Vorgänger die Hälfte der hohen Gerichtsbarkeit
in Arry besessen hätten. Die Kammerverhandlung fand daher in Form
eines Civilprozesses zwischen dem Grafen Apremont als Kläger und
dem Gerichtsrat Cogney statt. Die Kammer entschied auf Grund vor-
liegender Lehenshuldigungen und Teilungen aus dem 16. und Anfange
des 17. Jahrhunderts zu Gunsten des Grafen Apremont, jedenfalls mit
Rücksicht auf dessen zeitige Lehensabhängiskeit, verfügte dann aber aus-
drücklich die Reunion von Arry in den gewohnten Formen. Dieser
letztere Beschluss und die Eigenartigkeit der Stellung des Mitgliedes
der Reunions-Kammer selbst, führen zu der Vermutung, dass dieses
letztere eine vorgeschobene Persönlichkeit war, zumal der Graf Heinrich
durch seine angebliche Forderung gegenüber dem Rate Cogney indi-
rekt die Aberkennung von Rechten zugegeben hätte. Zweifellos war
1) Nach eigener Angabe, in seinem, im Bezirks-Archive zu Metz vorge-
fundenen Lehensverzeichnisse.
— 145 —
daher die ganze Verhandlung nur eine Comüdie, angestellt, um trotz
des vom Könige dem Kaiser gegebenen Versprechens eine neue Reunion
aussprechen zu können. Das Gebiet derselben war allerdings nur ein
kleines; wiewohl es in dem Reunions-Beschlusse heisst: Das Dorf,
Gebiet und die Herrschaft Arrv, werden in dem genannten Lehens-
verzeichnis des Rates Cogney ausser dem Dorfe keine weiteren Oertlich-
keiten aufgeführt, was aber, nach vielen bezeugten Analogien, nicht
eine wesentlich andere Auffassung des Reunions-Commissars verhindert
haben dürfte.
Sitzung vom 23. August 1683.
Wesentlich grösser war die Erweiterung, welche die »Zugehörig-
keitene von Apremont 2 Jahre später erfuhren, zu einer Zeit zu
welcher, wie an gegebener Stelle nachzuweisen, die Kammer zum
Reuniren in grossem Massstabe übergegangen war. Die Verhandlung
war wieder gegen den angeblichen Herrn von Apremont, also den
mehrgenannten Grafen Heinrich gerichtet, von dem hier gesagt wird,
dass er zur Abstattung der verlangten Huldigung nicht hätte bestimmt
werden können. Für die Erweiterung des Gebietes von Apremont
wurden nicht weniger als 90 neu aufgefundene Urkunden vorgelegt,
aus denen gefolgert wurde, dass mehr als 100 bisher nicht genannte
Ortschaften zur Domaine oder zu dem Lehen von Apremont gehörten.
Diese Orte lagen grösstenteils in benachbarten Aemtern des Herzogtums
Lothringen; mehrere derselben gehörten, ihrer Lage nach, zu bereits
früher reunirten Gebieten, z. B. die Dörfer Allamont, Allainville, Bon-
court zur Herrschaft Conflans en Jarnisy; andere lagen im Gebiete der
Bistümer, z. B. Ancy, Dieulouard, Sancey. Thatsächlich handelte es sich
hierbei um Privatbesitzungen innerhalb dieser Ortschaften, wie auch
aus den, sehr zahlreich sich vorfindenden Teil-Huldigungen, z. B. für
Afflainville von 4 Besitzern hervorgeht, wobei nicht ausgeschlossen
werden soll, dass auch solche kleinere Besitzungen, ähnlich wie die
ganze Herrschaft, früher einmal vom Bischof von Metz zu Lehen
empfangen worden sind. Die Theorie aber, aus einer noch so kleinen
Besitzung in einer Herrschaft oder Ortschaft die Lehensherrlichkeit des
Besitzers über das ganze abzuleiten, war zu dieser Zeit von der Kammer
ausgebildet, und in einer vorhergehenden Sitzung, am 2. Juni 1683,
in grossartigem Massstabe ausgenutzt worden!) Die Kammer erklärte
die gesamten Oertlichkeiten selbst (villes, châteaux, terres et seig-
1) s. Reunion des Herzogtums Bar.
10
— 146 —
neuries) als zugehörig zur Herrschaft Apremont und verfügte ihre
Reunion unter den gewohnten Formen; ein nicht unbedeutender weiterer
Teil des Herzogtums war dadurch in völlig rechtloser Weise mit der
Krone Frankreich vereinigt.
15.
Gebiet und Herrschaft Mars-la-Tour.
Sitzung vom 23. Juni 1680.
Mars-la-Tour') ist heute ein Flecken des Departements Meurthe-et-
Moselle, 20 km westlich von Metz gelegen, und durch die Schlacht
vom 16. August 1870 bekannt geworden. Von Altersher zum Bistum
Metz gehörig, kam die Herrschaft, wie so viele andere in den Besitz
des Herzogs von Lothringen; über die Art dieses Ueberganges, wie
über die ältere Geschichte der Herrschaft überhaupt ist nur Weniges
bekannt, und dieses Wenige stützt sich fast ausschliesslich auf die der
Kammer vorgelesten Urkunden. Auch Calmet weiss über den Wechsel
der Landeshoheit nichts weiter zu sagen, als: »Les ducs de Lorraine
pretendaient à la souveraineté de Mars-la-Tour, et en jouissaient,
comme étant les plus voisins et les plus forts«?). Durch den Vertrag
von Vincennes 1661 wurde die Herrschaft an Frankreich abgetreten.
Infolge der bei der Ortsbehörde in Mars-la-Tour abgegebenen Vor-
ladung hatte Louis de Fiquelmont, Herr von Mars-la-Tour, für drei-
viertel der Herrschaft zu huldigen sich bereit erklärt; anscheinend war
demselben seitens der französischen Regierung diese Nutzniessung nach
Art einer Verpachtung überwiesen worden. Hinsichtlich der Gründe
für die trotzdem stattfindende Verhandlung kann auf früher Gesagtes
Bezug genommen werden. Ausnahmsweise wurden Urkunden allge-
meiner Art nicht vorgelegt, die frühere Zugehörigkeit zum Bistum Metz
aber in unanfechtbarer Weise durch 10 Lehensbekenntnisse aus dem
14. und 15. Jahrhundert dargethan?), in denen Bürger von Mars-la-Tour
für verliehene Gerechtsame dem Bischofe Huldigung leisten. Weitere
Urkunden kamen nicht zur Vorlage. Einen weiteren Anhalt bietet
das vorgefundene Lehensbekenntnis eines Herrn Gerard d’Avilliers aus
dem Jahre 1506“), in welchem dieser dem Herzog Renatus für einen
9) Bouteillier, S. 161.
?) Calmet, Notice, I, S. 752.
%) In der ungewöhnlich hohen Zahl von 7 im Original im Bezirks-Archiv
zu Metz befindlich, während im übrigen zumeist nur beglaubigte Abschriften
vorgefunden.
*) Der Kammer nicht vorgelegt.
= ie
anderen Besitz huldigt, sich aber ausdrücklich als Herr (seigneur) von
Mars-la-Tour bezeichnet ; zur Zeit der Ausstellung dieser Urkunde scheint
danach der Uebergang der Lehensherrlichkeit an Lothringen noch nicht
erfolgt gewesen zu sein.
In dem Urteil wurde dem Herrn von Fiquelmont die Huldigung
beim Bischofe von Metz auferlegt und hinsichtlich des letzten Viertels
und der französischen Souveränität in gewohnter Weise verfügt. Das
Verfahren ist hiernach ein eigentümliches, da ein Lehensmann Frank-
reichs, der infolge rechtmässiger Erwerbung die Herrschaft im Besitz
hatte, nachträglich zum Afterlehensmann gemacht wird, ein neuer Be-
weis dafür, dass die Herrschaft des Bischofs über seinen weltlichen
Besitz als völlig nichtssagend angesehen wurde. Zu erklären ist dieses
Verfahren wohl nur dadurch, dass durch die Zugehörigkeit zum Bis-
tum ein weiteres Recht der französischen Krone construirt werden sollte.
Die vorgefundenen Huldigungen gewähren ein gewisses Interesse
hinsichtlich der Zersplitterung des, nicht im Besitze des Herrn von
Fiquelmont befindlichen Teiles der Herrschaft; am 6. Juni 1681 er-
stattete Graf von Schönburg die vorgeschriebene Huldigung für 11/2
Viertel der Hälfte (»pour un quart et demi a la moitie de Mars-la-
Tour, où j'ai mes bourgeois à parte) darauf am 11. April 1682 Herr
de Raigecourt für ein Viertel der Herrschaft; am 31. August 1862
Gräfin Schomberg für 11/2 Viertel der Hälfte der hohen Justiz (»le
quart et demi dans la moitié de la haute justice dudit Mars-la-Tour«).
Das Lehensbekenntnis des Hauptbesitzers des Herrn von Fiquelmont
trägt das Datum des 10. Juni 1681.
Die Grösse der Herrschaft betrug nur drei viertel D Meilen.
16.
Stadt Blamont, Gebiete und Herrschaften Mandre aux
4 tours, Deneuvre et Amermont.
Sitzung vom 14. Juni 1680.
Blamont!) ist heute eine Stadt des Departements Meurthe-et-
Moselle, östlich Lunéville in Nähe der deutschen Grenze gelegen;
Mandre aux 4 tours?) ist ein Dorf an der entgegengesetzten Grenze
des Departements Meurthe-et-Moselle, nördlich von Toul gelegen. Der
dritte Ort, Deneuvre*), liegt wieder an anderer Stelle des gleichen De-
1) Lepage, S. 17.
?) Lepage, S. 85.
3) Lepage, S. 40.
10*
— 148 —
partements, etwa 20 km östlich von Lunéville; Amermont bildet heute
keine besondere Gemeinde, sondern ist in dem Orte Bouligny aufge-
gangen, der, etwa in der Mitte zwischen Etain und Longwy gelegen,
zum Departement Meuse gehört; zur Reunionszeit bildete aber Amer-
mont eine Oertlichkeit für sich. Dieselbe scheint aber der Reunions-
kammer nur dem Namen nach bekannt gewesen zu sein; in dem Urteil
ist nämlich angegeben, dass die Vorladung für Mandre und Amermont
von ein und demselben Beamten am gleichen Tage zugestellt worden
sei; beide Orte liegen aber etwa 60 km von einander; ein anderer
Ort gleichen Namens in unmittelbarer Nähe von Mandre hat aber
auch zur Reunionszeit nicht existiert, da in einem noch vorhandenen
handschriftlichen Verzeichnisse der Ortschaften des Amtes (prevoté)
Mandre aus damaliger Zeit der Name nicht vorkommt. Es darf daher
mit Sicherheit angenommen werden, dass auch der Gerichtsvollzieher
der Kammer die Ortschaft nicht gefunden hat, und dass eine Zustellung
überhaupt nicht erfolgt ist.
Nach Vorstehendem wurden in der Verhandlung 4, zum Teil weit
auseinander gelegene Gebietsteile des Herzogtums Lothringen zusammen-
gefasst, die aber auch im Anfange des 16. Jahrhunderts in der Hand
des letzten Grafen von Blamont vereinigt gewesen waren, zugleich mit
der von der Kammer nicht beanspruchten Herrschaft Fougeroles; eine
kurze Skizzierung der Geschichte der vier Herrschaften wird die Art
ihrer Vereinigung unter dem Hause Blamont klarlegen.
Schloss und Herrschaft Blamont sind, ebenso wie die Bezeich-
nung als Grafschaft, sehr alten Ursprungs'). Die Grenzen des an-
fänglich wohl nur geringe Gerechtsame bedeutenden (Gebietes sollen
aber sehr wechselnde gewesen sein. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts
starb das Geschlecht der Grafen oder Herren in männlicher Linie aus;
die einzige Erbtochter war mit dem Grafen Heinrich, Herrn des be-
nachbarten Salm-Langstein, verheiratet, wodurch eine zeitweise Ver-
einigung der 3 Gebiete bewirkt wurde. Um die Mitte des 13. Jahr-
hunderts ging jedoch Blamont an eine jüngere Linie des Salm’schen
Hauses über; fast gleichzeitig mit der Trennung von Salm erfolgte
auch, wie für dieses, die Lehens-Auftragung an das Bistum Metz, für
Blamont vom Grafen Friedrich von Salm; das Jahr ist nicht bekannt,
fällt aber in die Regierungszeit des Bischofs Jacob von Metz, 1238 —
1260. Diese Lehensherrlichkeit wurde anfangs des 14. Jahrhunderts
von Bischof Reinhold an Lothringen verpfändet; in zwei Verträgen,
') Calmet, Notice, I, S. 126 ff.; s. a. Mémoire de la société d'archéologie
Lorraine, IT. Serie, 18. 19. Band.
— 149 —
welche Heinrich von Blamont mit dem Bischof von Metz 1320 und
1324 schloss, ist von einer Lehensherrlichkeit des letztern über Blamont
nicht mehr die Rede !). Nicht lange nachher aber tritt eine solche uns
wieder entgegen und war auch noch aufrecht erhalten, als 1499 der
letzte des Salm-Blamontschen Geschlechtes, Bischof Oulry von Toul,
Blamont zugleich mit den 3 andern zur Reunion stehenden Herrschaften
an den Herzog Renatus Il. von Lothringen abtrat; die Einzelheiten
dieses Uebergangs wird die Erörterung der bezüglichen Urkunde an-
geben; die hierbei vorbehaltene Lehensherrlichkeit von Metz ward aber
1560 von Bischof Franz mit Genehmigung des Domkapitels bedingungslos
aufgegeben.
Mandre aux 4 tours, benannt nach einem alten Schlosse mit
vier flankierenden Türmen ?), war im 14. Jahrhundert im Besitze der
Herren von Apremont-Autel, welche, wie für ihren Hauptbesitz, so
auch für diese Herrschaft dem Bistum Metz zu Lehen standen. Im
15. Jahrhundert kam Mandres durch Verpfändung an das Haus Salm-
Blamont, und teilte fortan das Geschick der letztgenannten Herrschaft.
Amermont-Bouligny war ursprünglich ein Teil der Herrschaft
Amelle*), welche gegen Anfang des 13. Jahrhunderts aus den Händen
eines besonderen Geschlechtes an das der Grafen Salm-Blamont über-
ging, wobei der Namenswechsel vollzogen wurde. Die Herrschaft kam
zugleich mit den drei vorgenannten an Lothringen.
Deneuvre soll uralter Besitz der Kirche von Metz gewesen sein‘),
wird aber im 13. Jahrhundert als lehensfreie Herrschaft der Grafen
von Salm genannt, auf welche das Bistum 1291 von dem benachbarten
Langstein aus seine Landeshoheit ausdehnte”); die Grafen von Salm
nahmen aber auch nachher dort öfter ihre Residenz und behandelten
die Herrschaft ganz wie ihre übrigen Besitzungen ®). Zur Reunionszeit
waren daher alle vier Herrschaften seit fast 200 Jahren im unbe-
strittenen und rechtmässigen Besitze des Herzogs von Lothringen.
Die vorgelegten allgemeinen Urkunden, Investituren, Lehens-
erneuerungen und Schutzbriefe der Metzer Bischöfe enthalten keine
Erwähnung eines der vier Gebiete; durch 5 Sonderurkunden aus dem
1) Lothr. Jahrb., VIId, S. 153 u. S. 160.
2) Calmet, Notice, I, S. 718.
®) Calmet, Notice, I, S. 314.
4) Calmet, Notice, supplément, S. 21.
5) Lothr. Territ., S. 138, Anm.
8) Urkunden der Jahre 1412-1414 betreffen Girard de Deneuvre, chätelain
de Mandre aux quatre tours. Marichal, S. 9.
— 190 —
13. Jahrhundert wurde aber das angeführte Lehensrecht der Bischöfe
nachgewiesen, die vier älteren beziehen sich jedoch nur auf Blamont,
die letzte, vom Jahre 1291, auf Blamont und Deneuvre. Weiter vor-
selegt wurde ein Vertrag, laut welchem Bischof Reinhold 1514 die
Lehensherrlichkeit für 10,000 livres an Herzog Friedrich von Lothringen
dergestalt abtrat, dass der Graf von Blamont Lehensmann Friedrichs
werden, und ihn gegen jeden Feind, selbst gegen den Bischof von Metz
unterstützen solle (»de l'aider contre tous hommes, même contre le
dit evech@ de Metz«). Bereits aus den Jahren 1331 und 1336 liegen
wieder zwei, aus dem 15. Jahrhundert vier Lehenserneuerungen für
Blamont und Deneuvre bei den Bischöfen von Metz vor. Weiterhin
wurde vorgelegt der unterm 3. Oktober 1499 ausgefertigte Schenkungs-
Akt des Bischofs Oulry von Toul an den Herzog von Lothringen, in
welchem als Grund für dieses Vermächtnis die wichtigen, dem Bistum
Toul von dem Empfänger geleisteten Dienste angeführt werden (»en
mémoire des grands biens, supports et conforts, que toujours avaient
faits et demontrés les ducs de Lorraine à nos dits predecesseurs«),
und Bischof Oulry zugleich den Bischof von Metz bittet, den Herzog
als Lehensmann annehmen zu wollen; eine Urkunde vom 4. Dezember
desselben Jahres enthält die Huldigung des neuen Besitzers, Herzogs
Renatus II. von Lothringen, beim Bischofe Heinrich, seinem Oheim.
In der Verwertung dieser beiden Urkunden, welche die Hauptgrund-
lage für die Reunion bilden sollten, wandte die Kammer, oder richtiger wohl
der General-Prokurator Ravaulx einen geschickten, wenn auch durch-
sichtigen Kunstgriff an, zu dessen Aufdeckung der Wortlaut angeführt
werden muss; es heisst in der ersten Urkunde: »donne cede et trans-
porte les places, villes, chatellenies et prevotés de Blamont, Deneuvre,
Amermont, Mandre aux 4 tours, la terre et seigneurie de Fougeroles
et toutes autres terres et seigneuries à lui echues, et prie par celui son
seigneur evèque de Metz, comme seigneur feodal des dits Blamont et
autres lieux avant dits de vouloir ete.«, und in dem Lehensbekennt-
nis dem entsprechend: »reconnait . . . qu'en conséquence il est entre
en la foi et hommage de son seigneur et oncle, monsieur Henry de
Lorraine evêque de Metz pour et à cause des dites villes de Blamont
et Deneuvre et autres pièces mentionnées au dit don.« Aus
diesem Wortlaut geht keineswegs hervor, dass der Bischof die Belehnung
mit allen abgetretenen Gebieten vornehmen sollte, da, soweit nachweisbar,
Amermont und Mandre niemals im Lehensverhältnis zu Metz gestanden,
vielmehr Allod des Grafen gewesen waren; andernfalls würde der
Ausdruck wohl auch gelautet haben: »des dits Blamont et des autres
— 151 —
lieux«, während der gewählte Wortlaut nur die Auslegung zulässt :
»Lehnsherr von Blamont und anderen der vorgenannten Ortschaften.«
Der Erblasser, Bischof Oulry von Toul, führt zwar den ganzen abge-
tretenen Besitz auf, bittet aber den Bischof, die Belehnung nur für
diejenigen Teile dieses Besitzes zu erteilen, deren Lehensherr er sei.
Ein Auszug aus der Erneuerung des Schenkungs-Aktes vom Jahre
1503 lässt das Verhältnis gleichfalls und wohl absichtlich zweifelhaft
erscheinen; auch der Regesten-Auszug von du Fourny !) lässt, wiewohl
er neun Urkunden über diese Schenkung umfasst, den Sachverhalt nicht
erkennen, da infolge der Kürze das Verhältnis zu Metz, das damals
schon nur mehr formeller Art war, darin gar nicht mehr erwähnt
wird. Die obige Auffassung wird aber trotzdem zur Gewissheit durch
zwei weitere der Kammer vorgelegte Urkunden; in einem Investitur-
briefe vom 17. Mai 1503 erklärte Bischof Heinrich von Metz, dass er
den Herzog Renatus als Lehensmann annehme, da er durch die Schenkung
des Bischofs Oulry Besitzer von Blamont, Deneuvre und Zugehörigkeiten
geworden sei (des dits Blamont, Deneuvre et dependances), in einem
ähnlichen Schriftstücke vom 6. September 1528 bezeugt Bischof Johann,
dass Herzog Anton ihm für Blamont und Deneuvre als Lehen seines
Bistums Huldigung erstattet habe; von den beiden anderen Herrschaften
ist in beiden Urkunden nicht die Rede, unter »dependances« können
diese ganz selbständigen Gebiete nicht mit gemeint sein. Die Schenkung
konnte auch nicht wohl in anderm Sinne erfolgt sein, da, wie oben
nachgewiesen, Amermont niemals in Lehens-Beziehungen zu Metz ge-
standen hatte, und die Lehensherrlichkeit von Mandre seit der Ab-
trennung von dem bischöflichen Lehen Apremont niemals zur Sprache
gekommen, also längst vergessen war.
Im Jahre 1561 trat das Kapitel zu Metz alle seine Hoheitsrechte
durch besondern Ergänzungs-Vertrag zu der Schenkung von 1499 an
Herzog Carl II. ab?); dieser Vorgang kam aber nicht zur Kenntnis
der Kammer. Diese sprach alle vier Herrschaften, unter den ge-
wohnten Formen, dem Herzoge von Lothringen ab. Die Grösse derselben
kann, da nur Teil-Huldigungen in sehr beschränkter Zahl vorliegen
und keinen Anhalt geben, nur unter Vorbehalt wie folgt angegeben
werden:
Grafschaft Blamont 6 [Meilen
Herrschaft Mandre aux 4 tours 1 OÙ Meile
Herrschaft Deneuvre ‘/2 Meile.
1) s. S. 100.
) Recueil de documents sur l'histoire de Lorraine, III. S. 118.
=
Für die Grösse von Amermont-Bouligny liegt keinerlei Anhalt
vor. Während den Ansprüchen auf Blamont und Deneuvre eine ge-
wisse Berechtigung, wie immer natürlich abgesehen von der Verjährung,
zuzuerkennen ist, trägt die Reunion von Mandre aux 4 tours und
Amermont den Charakter eines Aktes der Willkür durch absichtliche
unrichtige Auslegung von Urkunden.
IM;
Schloss und Zugehörigkeiten von Lützelburg.
Sitzung vom 21. Juni 1680.
Lützelburg !) ist heute ein Dorf mit nebenliegender Ruine des
Kreises Saarburg in Lothringen, 4 km südlich Pfalzburg gelegen.
Lützelburg soll ursprünglich Besitz der Abtei Maursmünster gewesen
und von dieser 1050 durch Tausch gegen St. Quirin dem Bistum Metz
überlassen worden sein*). Um 1141 finden wir dagegen die Herrschaft
im Besitze des Grafen von Bar, und um die Mitte des Jahrhunderts
im persönlichen Eigentum des Bischofs Stefan von Bar, der bei seinem
Tode 1163 sie dem Bistum Metz übertrug. Schon früh beginnen hier
die Verpfändungen seitens der Bischöfe; anfangs des 14. Jahrhunderts
erwarben auf diesem Wege die Grafen von Lützelstein die Hälfte der
Herrschaft, 1344 Herr Burkhard von Finstingen die ganze, hiernach
also wieder von der erstgenannten Verpfändung befreite Herrschaft.
Nach Auslösung finden wir gegen Ende des Jahrhunderts wieder ein
Viertel an den Bischof von Strassburg, ein anderes Viertel bald darauf
an den Herzog von Lothringen verpfändet; das erstgenannte Viertel
kam nach vielfachem Wechsel um 1500 in die Hände der Herren von
Sickingen. Bei der bekannten Fehde Franz von Sickingens mit dem
Kurfürsten von der Pfalz und anderen Reichsfürsten ward 1523 auch
die Burg Lützelburg von den Verbündeten besetzt und zerstört, die
Herrschaft aber mit der kurpfälzischen Grafschaft Lützelstein vereinigt,
wobei etwaige andere Verpfändungen nicht mehr zur Sprache kamen ;
die Lehensherrlichkeit des Bistums ward aber wenigstens bis zur Mitte
des Jahrhunderts noch anerkannt. Infolge der Teilungen im pfalz-
gräflichen Hause kam 1561 Lützelburg als Teil der Grafschaft Lützel-
stein an den Pfalzgrafen Johann Georg von Veldenz, der es 1570 der
von ihm gegründeten Herrschaft Pfalzburg zuteilte. Mit dieser ver-
!) Lepage, S. 82.
*) Lothr. Territ., I, S. 219 ff. s. dagegen Chätelain im Lothr. Jahrb.
VIIb, S. 45.
— 13 —
einigt bleibend kam daher Lützelburg durch Kauf 1584 an das Herzogtum
Lothringen, 1618 an eine lothringische Sekundagenitur, unter welcher
die Herrschaft einen Teil des 1624 errichteten Reichsfürstentums bildete.
Nach dem Erlöschen der Nebenlinie ward Lützelburg mit Pfalzburg
1660 von Herzog Carl IV. wieder eingezogen, bereits im folgenden
Jahre aber durch den Vertrag von Vincennes an Frankreich abgetreten.
Die Kammer-Verhandlung ist daher unter den gleichen Gesichts-
punkten anzusehen, wie bei der Reunion von Mars-la-Tour u. a.
erörtert. Die Vorladung war bei dem Ortsvorstande des Fleckens
Lützelburg abgegeben worden, die Verhandlung fand aber in contu-
maciam statt.
Die Beweisführung machte es sich zur Aufgabe, die frühere
Lehensabhängigkeit der Herrschaft vom Bistum‘ Metz darzuthun; die
wichtigste Grundlage dafür waren zwei Urkunden von den ‚Jahren
1344 und 1350, nach denen Bischof Ademar von Metz dem Herrn
Burkard von Finstingen das Schloss Lützelburg zu Lehen gegeben,
und den Rückkauf sich vorbehalten hatte, 1344 für 500 livres, 1350
infolge weiterer Geldleihe für 1000 livres. Durch einen Vertrag vom
Jahre 1381 zwischen dem Bischofe Dietrich und demselben Herrn
Burkard war im Vergleichswege das Pfandobject auf die Hälfte von
Lützelburg und die Hälfte von Freiburg übertragen worden; den an
das Bistum zurückgefallenen Teil (»certaine portion«) verpfändete
Dietrich für 200 Gulden an den Bischof Friedrich von Strassburg ;
denselben löste aber laut vorgelester Urkunde 1391 Bischof Raoul de
Coucy durch Rückzahlung der Pfandsumme wieder ein. Trotzdem
blieben die Bischöfe von Strassburg im Besitze dieses Teiles der Herr-
schaft; laut 2 vorgelegten Urkunden vom Jahre 1421 und 1434 ver-
spricht Bischof Wilhelm von Strassburg, gemäss der von seinem Vor-
gänger eingegangenen Verpflichtung, das Pfandobjekt dem Bischof Conrad
von Metz zurückzustellen und die Pfandbriefe Dietrichs ihm auszu-
liefern; über die andere Hälfte wurden noch zwei Lehensbekenntnisse
vorgelegt, eines aus dem Jahre 1405, welches mehrere Ortschaften der
nähern Umgebung umfasste, das andere nahezu gleichen Inhalts aus
dem Jahre 1483; drei weitere Lehensbezeugungen aus den Jahren 1469,
1495 und 1552 betreffen nur kleineres Eigentum innerhalb des Gebietes.
Die vielseitige Geschichte Lützelburgs im 16. und 17. Jahrhundert kam
daher bei der Kammerverhandlung in keiner Weise zum Ausdruck,
ebensowenig das Eigentums-Verhältnis zur Reunionszeit. Die Kammer
ging einfach auf die ältesten Urkunden von 1344 und 1350 zurück,
und verfügte den Rückfall des Lehens an das Bistum gegen Zahlung
— 154 —
der Schuldsumme von 1000 livres, und einer Entschädigung bis zur
Höhe von 200 livres für Verbesserungen, die etwa während der drei
ein halb Jahrhunderte das Besitztum erfahren haben sollte. Der Um-
fang des reunirten Gebietes kann auch nicht annähernd mehr bestimmt
werden, da die Grenzen bei den Besitz-Verschiebungen gewechselt
haben, und in einzelnen Urkunden angeführte Oertlichkeiten heute ver-
schwunden, auch in älteren Karten nicht aufzufinden sind; auch liegen
keine Huldigungs-Akte für Lützelburg vor').
ker
Gebiet und Herrschaft Briey.
Sitzung vom 27. Juni 1680.
Die Stadt Briey, 20 km nordwestlich von Metz gelegen, ist heute
Arrondissements-Sitz des Departements Meurthe-et-Moselle ?); sie wird
zuerst um die Mitte des 11. Jahrhunderts als Witwensitz der Gräfin
Beatrix von Verdun erwähnt, welche sie ihrer Tochter, der vielge-
nannten Gräfin Mathilde von Tuscien, hinterliess. Vor dem Tode der
letzteren bemächtigte aber Graf Reinhold von Bar sich dieses (Gebietes,
und besetzte Schloss Briey; mit den Mathildeschen Gütern ging daher
nur ein kleiner Teil hiervon, eine Meierei, in den päpstlichen Besitz
über, während Graf Reinhold sich für die Folge auch Herr von Briey
nannte. Seine Nachfolger erkannten aber die Lehensherrschaft Burgunds,
und von dieser 1214 befreit, die des Bistums Metz an, letztere soweit
erkennbar, nicht durch Auftragung, sondern infolge von Erbberechtigung
aus der Zeit um 1170. Im Jahre 1225 entstand jedoch eine Fehde
zwischen dem Grafen Heinrich von Bar und dem Grafen Johann von
Chalons, anscheinend wegen Brieys; Graf Heinrich wurde gefangen,
und erkaufte um die Pfingstzeit des folgenden Jahres seine Freiheit,
zugleich aber die Lehensunabhängigkeit von Briey um die Summe von
16000 Livres. Von diesem Zeitpunkte an gehörte die Herrschaft Briey
in unbestrittener, durch wiederholte urkundlich vorliegende Souverä-
nitäts-Akte bezeugter Weise zum unabhängigen Bar bezw. zum Herzogtum
Lothringen-Bar, innerhalb dessen die Stadt zur Reunionszeit Sitz eines
Unteramtes war.
') Auffallenderweise ist auch keine der erwähnten Urkunden im Original
oder in Abschrift im Bezirks-Archiv zu Metz vorgefunden worden.
°) Die geschichtlichen Notizen nach: Abel in mémoires de la société d’ar-
chéologie et d'histoire de la Moselle, Metz 1874. XIIL, S. 339.
— 155 —
Die Beanspruchung erfolgte ausschliesslich durch ein Lehensbe-
kenntnis des Grafen Heinrich von Bar aus der kurzen Zeit der bischöf-
lichen Lehensherrlichkeit ; in der vorgelegten Urkunde von 1225 bekennt
der Graf sich ausser für Thiécourt (Diedersdorf) und Fribourg auch
für die Herrschaft Briey als Lehensmann des Bischofs Johann von
Metz. Auf Grund dieser einen Urkunde wurde die Herrschaft unter
den üblichen Formen dem Bistum und der Krone Frankreich zuge-
sprochen.
Da nur unbedeutende Teil-Huldigungen für Besitzungen innerhalb
der Stadt vorliegen, ist ein zuverlässiger Anhalt für die Grösse des
reunirten Gebietes nicht vorhanden.
Die Reunion ist eines der charakteristischsten Beispiele für das
durch einseitige Benutzung alter Urkunden, ohne Berücksichtigung der
Vorkommnisse späterer Jahrhunderte, nachweisbar geschehene Unrecht.
19.
Grafschaft Zweibrücken.
Sitzung vom 28. Juni 1680.
Die Grafschaft ist ein aus dem Bliesgau herausgewachsenes terri-
toriales Gebiet, heute grösstenteils zur baverischen Pfalz gehörig, das
im Mittelalter zunächst unter besonderen Landesherren, den Grafen
von Zweibrücken, stand. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts kam die
Grafschaft aber in den Besitz des rheinpfälzischen Hauses, indem Graf
Eberhard von Zweibrücken durch Vertrag vom Jahre 1385 die Hälfte
von Zweibrücken, Hornbach und Bergzabern als Eigentum an den
Kurfürsten Ruprecht I. von der Pfalz abtrat, und die andere Hälfte
dieses seines Gebietes ihm als Lehen auftrug, wofür der Kurfürst dem
Grafen 25,000 Gulden zahlte).
Durch das Hausgesetz von 1410, durch welches der deutsche
König, Kurfürst Ruprecht Ill, die ererbten Gesamt-Besitzungen unter
seine 4 Söhne so teilte, dass fortan die verschiedenen Zweige sich als
getrennte Linie gegenüberstehen, ward zum zweiten Male eine besondere -
Grafschaft Zweibrücken gebildet, welche die ältere an Grösse wesentlich
überragte; zu den früheren Haardt-Gebieten, Zweibrücken, Hornbach,
Bergzabern, treten jetzt Landschaften auf dem Hunsrück mit Simmen
und Stromberg, an der Mosel mit Falkenburg und Ehrenburg, am
Donnersberg mit Bolanden und Ruprechtseck, und im Elsass, mit Lützel-
-
1) Häusser, Geschichte der rheinischen Pfalz, 1845, I, S. 187.
— 156 —
stein, Reichshofen und Hochfelden als Hauptorten, die elsässischen Ge-
biete allerdings in gemeinschaftlichem Besitze mit der Kurpfalz. Landes-
herr wurde der Pfalzgraf Stefan, der dritte der 4 Söhne Ruprechts,
der den, dem grossen Umfange seines Gebietes entsprechenden Titel
Herzog von Zweibrücken annahm. Das neue Herzogtum blieb aber
nicht in diesem Bestande erhalten; durch Neuerwerbungen und wieder-
holte Teilungen im pfalzgräflichen Hause wurde es vielmehr teils ver-
grössert, teils verkleinert ').
Zur Reunionszeit zeigte das Herzogtum daher eine wesentlich
andere Gestalt als bei seiner Gründung 1410; es zerfiel damals in die
vier Oberämter Zweibrücken, Bergzabern, Lichtenberg und Meisenheim,
beide letztere im Gebiete des Nahe-Flusses gelesen; ein Teil desselben,
aus der Veldentzschen Erbschaft stammend, war durch Kammerspruch
vom 16. April 1680 bereits reunirt worden.
Landesherr war zu dieser Zeit Herzog Friedrich Ludwig, der
letzte männliche Sprosse der Linie Landsberg-Zweibrücken, der die
Reunion nicht lange überlebte. Die Vorladung war in der Stadt Zwei-
brücken abgegeben worden, welche damals, von der Kriegszeit her,
noch mit französischen Truppen besetzt war.
Herzog Friedrich Ludwig hatte darauf am 15. Mai 1680 eine
Verwahrung eingelegt, worin er verlangte, vor seine natürlichen Richter
(also wohl den Kaiser) gestellt zu werden; er erklärte sich aber bereit,
die Rechtstitel vorzulegen, und ersuchte deshalb von dem Verlangen
der Lehenshuldigung beim Bischofe von Metz entbunden zu werden.
Noch an demselben Tage erging an ihn die Aufforderung, zu erklären,
ob die »Grafschaft« Zweibrücken ein Lehen des Bistums Metz sei oder
nicht; im Verneinungsfalle werde sie als verfallen erklärt werden.
Zwei Tage später, am 17. Mai, wurde der Anwalt des Herzogs
Duclos aufgefordert, die Vollmacht als Vertreter des Herzogs vorzu-
legen; nach Anerkennung derselben durch die Kammer lehnte er im
Namen des Herzogs die Vorlage des Lehensbekenntnisses ab; die Ver-
handlung fand daher, wie fast alle übrigen, in contumaciam statt.
Die Sonder-Urkunden, auf welche die französischen Ansprüche
sich stützten, waren in erster Linie drei Erklärungen des Grafen Hein-
rich von Zweibrücken aus den Jahren 1243 und 1275, in welcher
dieser sich als Lehensmann des Bischofs von Metz bekennt, und zwar
vor allen anderen Herren, den Kaiser ausgenommen; welches aber
sein, vom Bischof erhaltenes Lehen sei, ist in den Urkunden nicht ge-
') Lehmann, Geschichte des Herzogtums Zweibrücken. 1867.
sagt. Noch nichtsssagender waren die demnächst vorgelegten Beweis-
stücke, zunächst der Beschluss eines am 1. Dezember 1356 zu Metz
abgehaltenen Vasallentages, auf welchem eine Unternehmung gegen
die dem Bischofe ungehorsame Stadt Saarburg ins Auge gefasst wurde;
bei diesem Feudaltage habe anscheinend (il parait) ein Graf von Zwei-
brücken den Vorsitz geführt. Angeschlossen wurde ein Erlass des
Kaisers Karl IV. an den Grafen von Zweibrücken, als seinen Statthalter
in Lothringen, gegeben zu Diedenhofen am 8. Januar 1357, nach welchem
er die dem Bischof vor Kurzem verliehenen Privilegien und Gnaden-
erweise als nicht erlassen angesehen, und diese Anordnung bekannt zu
machen befiehlt ').
Diese Urkunde erfuhr eine starke Verdrehung; nach der Kammer-
verhandlung lautet der Inhalt: »qu’il a suspendu la reprise des regales
de l’eveche de Metz«, was augenscheinlich so aufgefasst werden sollte,
dass der Graf die Erneuerung seiner Gerechtsame beim Bischofe von
Metz zu unterlassen habe; andernfalls kann keinerlei Zusammenhang
der Urkunde mit den Reunionszwecken herausgefunden werden. End-
lich wurde der Kammer noch ein Aktenstück aus dem 16. Jahrhundert
unterbreitet, welches die Verhandlungen zweier Vasallentage zu Metz,
aus den Jahren 1551 und 1554, enthält, in denen eine Streitsache
zwischen dem »Grafen« Jacob von Zweibrücken und dem Herrn Philipp
von Helmstedt zur Beurteilung kam. In demselben Aktenstücke soll
an einer anderen, nicht näher bezeichneten Stelle »der Graf« von
Zweibrücken Vasall des Bischofs von Metz genannt werden. Die
Charakteristik dieser angeblichen Beweisstücke dürfte darthun, dass
unter allen bisherigen Reunionen die vorliegende eine der frivolsten
war; in keiner der Urkunden ist ausgesprochen, dass die Grafen von
Zweibrücken diese Grafschaft als Metzer Lehen besassen; die Er-
klärungen können sich sehr wohl auf ganz andere Gebietsteile bezogen
haben, was bei den häufigen Verpfändungen seitens der Metzer Bischöfe
darchaus nichts Unwahrscheinliches hat, auch beziehen die jüngeren
anscheinend sich gar nicht auf die regierenden Herren, die sonst wohl
als Herzöge bezeichnet worden wären, sondern auf andere Mitglieder
ihres Hauses.
Die Kammer teilte natürlich diese Bedenken nicht; sie verfügte
in gewohnter Weise die Abstattung der Huldigung innerhalb eines
Monates, die Vorlage des Lehens-Verzeichnisses nach weiteren 40 Tagen;
von der angedrohten Verfall-Erklärung wurde darnach vorläufig noch
Abstand genommen. Der Herzog Friedrich Ludwig fügte sich natürlich
') So der Inhalt bei Böhmer-Huber, regesta impern VII, 1877, No. 2594.
— 18 —
diesem Ansinnen nicht; infolgedessen ward das ganze Land alsbald von
französischen Truppen durchzogen, auch die zur alten Grafschaft nie-
mals in Beziehung gewesene Enclave Bergzabern vom General Montclar
okkupiert. Die Vesten Wegelenburg und Neucastel wurden im Oktober
desselben Jahres in die Luft gesprengt!). Während dieser Gewaltthaten,
am 1. April 1681, starb Herzog Friedrich Ludwig, und mit ihm erlosch
die regierende Linie; das Herzogtum fiel an die Kleeburger Seitenlinie,
und infolge von Heirat an König Carl XI. von Schweden. Sogleich
liess Ludwig XIV. dem neuen Landesherrn sagen, dass dieses durch
Erbschaft ihm zugefallene Territorium naturgemäss unter einer anderen
Souveränität stehen müsse, entweder der kaiserlichen oder der fran-
zösischen; er schmeichle sich, dass der König die eines seit langem
befreundeten und verbündeten Monarchen vorziehen werde ?).
König Carl XI. von Schweden verweigerte aber gleichfalls die
verlangte Huldigung, suchte vielmehr die Belehnung beim Kaiser nach,
und schloss Bündnisse zur Bekämpfung der französischen Usurpation *).
Die Huldigung wurde jedoch dem Könige geleistet von anderen Mit-
gliedern des pfalzgräflichen Hauses, welche der schwedischen Krone
das Herzogtum streitig zu machen suchten, und mit französischer Hülfe
ihr Ziel zu erreichen hofften, nachdem ihnen anscheinend Aussichten
auf Belehnung im Falle der Nachsuchung gemacht waren. Im Original
ist vorgefunden zunächst ein Lehensbekenntnis des Grafen Adolf Johann,
jüngeren Bruders des Vaters Carl XI., für das Herzogtum in der Aus-
dehnung der oben genannten vier Oberämter. Die Vorlage hatte für
ihn nicht das gewünschte Ergebnis. Mit gleichem Misserfolge erstattete,
laut vorliegender Original-Urkunde, am 29. Mai 1683 ein anderer
Prätendent, Graf Christian von der Birkenfeld-Bischweiler Linie, nach
Angabe von Rousset von Ludwig XIV. bestochen, und zur blossen Her-
gabe seines Namens bewogen *), gleichfalls für den ganzen Umfang des
Herzogtums die Huldigung. Nur für zwei Herrschaften, Landsberg und
Stadeken, welche dem Grafen Emich von Leiningen und dem Grafen
Johann Philipp von Isenburg, beide vermählt mit Prinzessinnen aus
dem Hause Pfalz-Zweibrücken, zugefallen waren, wurde die Recht-
mässigkeit des Besitzes anerkannt; die Grafen erstatteten am 28. April
1681 die vorgeschriebene Huldigung®) und wurden als Vasallen in die
1) Lehmann, S. 442.
?) Ranke, Sämtl. W. X, S. 344, nach den Spanheimschen Akten.
3) s. dritten Teil.
*) Rousset, histoire de Louvois 1879, III, S. 30.
ai H Das Huldigungs-Protokoll abgedruckt bei Dumont, corps diplomatique VII,
23 D, 19,
Be
Landeshoheit des Königs aufgenommen. Das ganze übrige Herzogtum,
dessen Grösse nach den Lehensverzeichnissen genau festzustellen ist,
und gegen 20 DJMeilen beträgt, wurde der französischen Verwaltung
unmittelbar unterstellt, wozu die Weigerung des rechtmässigen Lehens-
trägers und der Streit zweier anderen Prätendenten um die Belehnung
die gewünschte Veranlassung bot. Eigentümlich ist, dass vor mehr als
100 Jahren Pfalzgraf Wolfgang von Zweibrücken dieses Schicksal
vorausgesehen und als eine naturgemässe Folge der Wegnahme der
drei Bistümer durch Frankreich bezeichnet hatte ?).
20.
Schloss, Grafschaft und Herrschaft Castres.
Sitzung vom 28. Juni 1680.
Das Schloss Castres ist gleichbedeutend mit der heutigen Burg-
ruine der Stadt Bliescastel ?), welcher die altrömische Bezeichnung
castellum ad Blesam den Namen gegeben hat. In dem alten Schlosse
hatten die Grafen des Bliesgaues unter dem Namen: comites de Castris
ihren Sitz, scheinen aber nicht die Territorialhoheit erlangt zu haben;
die Grafschaft soll vielmehr schon früh, angeblich 960, durch eine
Schenkung Kaiser Otto I. in den Besitz des Bistums Metz übergegangen
sein?), welches eine zweite Linie der comites des Castris gegen Ende
des 11. Jahrhunderts damit belehnte. Auf die Zeiten des letzten dieser
Linie, Grafen Heinrich, der 1238 starb und 1226 Lehenserneuerung
beim Bistum bewirkt hatte, gingen die Ansprüche der Kammer zurück.
Nach seinem Tode*) kam Bliescastel an den Gatten seiner Tochter
Elisabeth, den Grafen von Sulz, und nach Scheidung von diesem an
den Grafen Reginald von Lothringen, Herrn zu Bitsch, der sich bis
zu seinem 1274 erfolsten Tode Graf von Bliescastel nannte; eine
andere, mit dem Grafen Heinrich von Salm vermählte Tochter des
Grafen Heinrich wurde 1275 mit einem Kindsteile ('/s von Bliescastel
und von der zugehörigen Herrschaft Püttlingen?) abgefunden ; dieser
erhielt gleichfalls vom Bischof die Belehnung, gab jedoch 1284 seinen
Anteil gegen 20,000 Livres an das Bistum zurück.
DE. ll,
?) Lehmann, Urkundliche Geschichte der Burgen und Bergschlösser der
Pfalz 1857, V., S. 253.
3) Nach Beyer, Urkundenbuch Il, S. LVI; und der Lothr. Territ., S. 251;
die Annahme bestreitet jedoch Witte im Lothr. Jahrb. Vlla, 5. 92.
*) Das Folgende nach den Lothr. Territ., 5. 252 fl.
5) Püttlingen bei Saaralben; s. S. 82.
— 160 —
Dieses verpfändete in demselben Jahre den ganzen Besitz an
Lothringen, geriet aber wegen Ablehnung der bedungenen Auslösung
mit diesem 1288 in Streit; 1291 gab Lothringen nach, wofür es den
Anteil des Bistums an Dieuze erhielt.
Die wechselreichen Geschicke der Grafschaft gingen im folgenden
Jahrhundert in dauernde Verhältnisse über, indem 1326 das Bistum
sie an den Erzbischof Balduin von Trier verkaufte, in dessen unmittel-
barem Besitze sie mehr als drei Jahrhunderte blieb. 1654 belehnte
der Erzbischof Caspar von der Leyen, auf Hebung seiner bis dahin
unbedeutenden Familie bedacht, seinen Bruder Hugo Ernst von der
Leyen mit dem nunmehr Herrschaft benannten Bliescastel, und führte
1661 in derselben das Erstgeburtsrecht ein. |
Zur Reunionszeit war daher das beanspruchte Gebiet als Lehen
des Erzbistums Trier in Händen des Grafen von der Leyen. Die zur
Zeit der zweiten Linie der Grafen von Castres mit Bliescastel verbunden
gewesene Herrschaft Püttlingen, welche vielfach, anscheinend nur wegen
ihrer gräflichen Besitzer, auch Grafschaft genannt wird, und die gleich-
namige, heute zum Kreise Forbach gehörige Stadt zum Mittelpunkte
hat, stand in keiner Beziehung mehr zu den Besitzern von Bliescastel ;
sie war ganz in den Besitz der Grafen von Salm gekommen, und ge-
hörte zur Reunionszeit unter herzoglich lothringischer Oberhoheit der
Grumbacher Linie dieses Geschlechtes. Die zeitweise Zugehörigkeit ist
jedenfalls nicht zur Kenntnis der Reunionskammer gekommen, da sonst
wohl Püttlingen als Zugehörigkeit mit reunirt worden wäre.
Auch über die Lage von Castres und die Identität mit Bliescastel
war die Kammer völlig im Unklaren; der General-Procurator bezeichnete,
laut vorliegender handschriftlicher Notiz, einige Wochen später die
Herrschaft Bliescastel als eine Zugehörigkeit der im Mai reunirten Herr-
schaft Saaralben; der Kammerbote scheint aber Bliescastel, oder einen
Ort ähnlichen Namens wie Castres ausfindig gemacht zu haben, da er
den Beamten, bei dem er die Vorladung abgegeben, namentlich anführt.
Als Hauptbeweisstück für die französischen Ansprüche dienten
zwei Lehenserneuerungen bei den Bischöfen von Metz aus dem 13.
Jahrhundert, die eine vom Grafen Heinrich von Castres in dem Jahre
1226, die andere von Gräfin Elisabeth von Castres 1238 ausgestellt,
beide nur auf die Grafschaft Castres lautend. Auch für die Zeit des
Ueberganges eines Teiles der Herrschaft an die Grafen Salm konnte
die Lehensherrlichkeit des Metzer Bischofs durch Vorlage von Urkunden
nachgewiesen werden; aus den Jahren 1275 und 1284 wurden Lehens-
erneuerungen des Grafen von Salm, aus den Jahren 1286 und 1297
— 161 —
Zeugnisse für die Ausübung von Hoheitsrechten seitens der Bischöfe
vorgelegt; ähnlich den letzgenannten war auch die jüngste, im Jahre
1338 vom Bischof Ademar von Metz vollzogene Urkunde. Die Beweis-
stücke waren daher 31} Jahrhundert und mehr alt, und bezogen sich
ausschliesslich auf die alte Grafschaft Castres. Thatsächlich waren,
wenn auch ohne Kenntnis der Kammer, die Ansprüche auf. Püttlingen
etwas besser begründet, da noch vom Jahre 1566 ein Huldigungs-Akt
für diese Herrschaft bei dem Bischofe von Metz vorliegt ').
Die Kammer hatte aber hiervon und von dem früheren Zu-
sammenhange der (Gebiete keine Kenntnis, da in der Verhandlung und
dem Schlussurteil nur von dem Herrn von Castres die Rede ist. Der
Reunionsbeschluss kann daher auch nur auf die Herrschaft Bliescastel
bezogen werden, für welche Graf Adolf von der Leyen die verlangte
Huldigung leistete; am 27. November 1681 legte er ein eingehendes
Lehensverzeichnis vor, nach welchem die Grösse seines Besitzes 4 OD)
Meilen betrug. Aber auch für Püttlingen liegen Huldigungsakte zweier
Herren vom 20. Mai 1681 für Justizgerechtsame vor, welche auf Be-
schlagnahme auch dieser, etwa 11/2 [1] Meilen grossen Herrschaft durch
Reunions-Commissare schliessen lassen.
2
Stadt und Herrschaft Dieuze.
Sitzung vom 4. Juli 1680.
Dieuze ?), heute eine Stadt des deutsch-lothringischen Kreises
Chäteau-Salins, kommt im 13. Jahrhundert, auf welches die Kammer
zurückging, mehrfach unter den Namen Doza, Dezia u.a. vor. Nach
vorliegender Urkunde war die Stadt in sehr wechselndem Besitze ge-
wesen; von Alters her der Dom-Kirche, dann der Magdalenen-Kirche
zu Verdun gehörig, kam sie 1216 zum Teil als Erbschaft des Bischofs
Jacob von Lothringen an das Herzogtum Lothringen ; nicht lange nachher
finden wir aber das Stadtgebiet ganz im Besitz des Bistums Metz, von
welchem es während der kurzen Zeit des lothringischen Besitzes von
Bliescastel gegen einen Teil der letzteren Herrschaft dem Herzogtum
abgetreten wurde. Zur Reunionszeit war die Stadt daher seit vier
Jahrhunderten im rechtmässigen herzoglichen Besitze, unter dem sie
Sitz eines Amtsbezirkes (prevôté de Dieuze et de Mesprick) wurde.
1) Im Bezirks-Archiv zu Metz.
?) Lepage, S. 42.
— 162 —
Was daher unter dem Namen »Herrschaft Dieuze» zu verstehen, ist
ebensowenig gegenwärtig festzustellen, wie angenommen werden kann,
dass die Kammer eine Vorstellung davon sich gemacht hatte.
Ausser dem Bischofe von Metz hatte auch die Kirche Maria
Magdalena zu Verdun Anspruch auf Dieuze erhoben und sich zur
Vorlage von Rechtstiteln und Abstattung der Huldigung erboten; die
Kammer ging aber über dieses Anerbieten zur Tagesordnung über,
und verhandelte nur zwischen dem Bischofe von Metz und dem General-
Prokurator als Klägern gegen den angeblichen Herrn (pretendu seigneur)
von Dieuze in contumaciam. Die Begründung stützte sich ausschliess-
lich auf drei Urkunden, einen Vertrag vom Jahre 1259 zwischen dem
Herzog Friedrich von Lothringen und dem Bischof Jacob von Metz,
laut welchem ersterer die Einkünfte von Dieuze, das er vom Bischof
zu Lehen hat, diesem auf Lebenszeit zurücküberlässt, und zwei Lehens-
erneuerungen aus dem 13. und 15. Jahrhundert; in ersterer bekennt
Herzog Friedrich, in letzterem die Herzogin Wittwe Marie sich als
lehensabhängig von dem Bischofe von Metz für Dieuze. Auf Grund
dieser Urkunde sprach die Kammer die Reunion in der gewohnten
Weise aus; eine Angabe über die Grösse des (Gebietes kann, da
Huldigungs-Akte nicht vorliegen, nicht gemacht werden.
22.
Schloss, Flecken und Grafschaft Saarbrücken.
Sitzung vom 8. Juli 1680.
Die heutige Industrie-Stadt des Regierungs-Bezirks Trier war im
10. Jahrhundert, bis auf welches die französischen Ansprüche zurück-
singen, Hauptort und Grafschafts-Sitz des Saargaues. Die Nachricht
jedoch !), dass die zugehörige Burg durch Kaiser Otto I. 951 zu Rom
dem Bischof Adalbero von Metz geschenkt worden sei, dürfte, wie
unten auszuführen ist, jedenfalls nichts anderes als eine Verwechslung
mit dem Diplom Ottos IL, 999 zu Rom gegeben, sein, laut welchem
dem Bischof Adalbero II. von Metz der Hof Völklingen, die Burg Quier-
scheidt und der Warent-Wald zu Eigen gegeben wurden ?).
Um die Mitte des folgenden Jahrhunderts trug Herzog Friedrich
von Lothringen Schloss Saarbrücken vom Reiche zu Lehen, nach
seinem 1965 erfolgten Tode schenkte König Heinrich IV. dasselbe erneut
1) DD. III, Nr. 316. Völklingen. Quierscheidt und der Warent-Wald werden
von Witte für Interpolation gehalten (?). Lothr. Jahrb. Vb, S. 90.
*) Das folgende zumeist nach den Lothr. Territ., I, S. 181 ff.
— 165 —
dem Bistum Metz!). Fast gleichzeitig begegnet uns im Saargau der
Stammvater der ersten Linie der Grafen von Saarbrücken, der Graf
Siegbert im Elsass, der dem lothringischen Herzogshause verwandt
sein dürfte; ihm verlieh 1080 der Kaiser Heinrich IV. das Reichsgut
Wadgassen (»villam nomine Wadegozingen«). Die Linie dieser Grafen
starb im Jahre 1235 aus; Streitigkeiten der Erbtöchter bezw. ihrer
Gatten schlichtete in diesem Jahre der Bischof Jacob von Metz durch
eine Teilung der gesamten Besitzungen ?), somit die weibliche Erb-
folge anerkennend; von dem Bischof scheint hiernach bei dieser Ge-
legenheit zum ersten Male neben der Burg auch die ganze Grafschaft
als Metzer Lehen behandelt worden zu sein.
Bei dieser Erbteilung kam die Grafschaft Saarbrücken selbst an
den Gemahl der ältesten Tochter, Herrn Gottfried von Apremont?):
aus dieser Ehe entstammten aber keine Kinder; die zweite Tochter
Mathilde, vermählt in erster Ehe mit Herrn Simon von Commerey, in
zweiter mit Herrn Amadeus von Mümpelsard, wurde infolge dessen die
Stammmutter des zweiten Grafengeschlechtes. Mathilde erkannte die
Lehensabhängigkeit der ganzen Grafschaft von Metz für sich und ihre
Nachkommen, die Grafen von Commercy-Saarbrücken, nicht an; ein
nach ihrem Tode bestelltes Schiedsgericht scheint auch zu Ungunsten
des Bistums entschieden zu haben, denn auch spätere Lehensbriefe
erwähnen als zum Bistum im Lehensverhältnis stehend nur die in der
Urkunde Ottos III. von 999 aufgeführten Besitzungen.
Die zweite Linie, Commercy-Saarbrücken, erlosch 1381 mit dem
Grafen Johann; die Erbtochter Johanna, vermählt mit dem Grafen
Johann von Nassau, brachte die Grafschaft dauernd an dieses Haus,
vermehrt inzwischen durch die Erbkastenvogtei Herbitzheim, gleichfalls
als Metzer Lehen. Die Abtei Herbitzheim, 4 km nordöstlich von Saar-
alben gelesen, war von Alters her der Hoheit des Bistums Metz unter-
stellt gewesen, welches sie unter Vorbehalt der an die Herrschaft
Saaralben verlehnten Hochvogtei den Grafen von Saarbrücken zu
Lehen gegeben hatte. Nach mehrfachen Afterverlehnungen hatten die
Grafen von Nassau-Saarbrücken 1540 den ganzen Besitz wieder an
sich gebracht und nannten sich seither Erbkastenvögte, Land-, Schutz-
und Schirmherrn von Herbitzheim. Ausser Herbitzheim war zur Re-
1) Beyer I, N. 357. In den Lothr. Territ. wird diese Schenkung als der
erste sichere Erwerbstitel des Bistums bezeichnet, die Echtheit der Urkunde Ottos Ill.
von 999 also anscheinend bezweifelt.
?) s. Witte im lothr. Jahrb. Vb, S. 100 ff.
2) 8, SR NL DE
11*
— 164 —
unions-Zeit auch die Grafschaft Saarwerden im Besitz der Grafen von
Nassau-Saarbrücken, die ihnen 1527 durch Erbschaft zugefallen war.
Die Abtei Herbitzheim war zur Zeit bereits als Zugehörigkeit von
Saaralben reunirt?), für die Grafschaft Saarwerden wurde eine besondere
Sitzung angesetzt?); im vorliegenden Falle handelte es sich daher nur
um die Reunion der eigentlichen Grafschaft Saarbrücken, die abweichend
von der alten Gaugrafschaft fast ausschliesslich auf dem rechten Saar-
ufer lag, und eine Grösse von etwa 10 U] Meilen hatte. ;
Die Vorladung war, als eine der ersten, schon am 1. März zu-
gestellt worden; infolge dessen hatte die Gräfin Eleonore Clara, Wittwe
des Grafen Adolf und Vormund seines minderjährigen Nachfolgers, sich
nach längeren Verhandlungen am 25. Juni zur Abstattung der ver-
langten Huldigung bereit erklärt; die Kammer trat trotzdem in das
förmliche Reunionsverfahren ein.
Die Beweise stützten sich in erster Linie auf eine Eintragung,
nach Regesten-Art, in dem Metzer Lehens-Verzeichnis, laut welcher
Kaiser Otto I. dem Bistum 951 das Schloss Saarbrücken in gleichem
Umfange, wie in der Einleitung für 999 angegeben, geschenkt haben
soll. Nach Anführung des Inhaltes aus dem Register wird dann zwar
in der Verhandlung gesagt, es sei der Kammer der genannte Akt des
Jahres 951 vorgelegt worden; (»le dit acte de l'an 951«) es scheint
aber damit der Teil des Verzeichnisses, und nicht die Urkunde selbst
gemeint zu sein, da andernfalls, wie sonst stets bei vorhandenen Ur-
kunden, der Inhalt der letzteren selbst entnommen worden wäre. Auch
ist die Urkunde schon von den Benediktinern vergebens gesucht und
bis heute nicht aufgefunden worden *). Andererseits sagt jedoch Meurisse :
L’an 951 il (Adalbéron) fut en Italie, avec l’empereur Otton I, et étant
à Rome cet empereur lui fit don du bourg et du chateau de Saar-
bruck et de toutes ses appartenances et dependances«'). Es genügt
der Hinweis darauf, dass Otto I. 951 weder Kaiser noch in Rom war,
um die Unglaubwürdigkeit dieser Nachricht offenbar zu machen. Ist
überdies die Urkunde Ottos III. der Kammer nicht vorgelegt worden,
so dürfte die Annahme, dass die Nachricht über ein angebliches Diplom
Ottos I. sich einfach auf das oben angeführte Diplom Ottos Ill. beziehe,
die einfachste Lösung der Schwierigkeit sein”). Doch ist es nicht un-
1) 9.514383.
?) s. Einzel-Reunionen.
3) Lothr. Jahrbuch III, S. 156.
+) Meurisse, histoire des évêques de l’église de Metz; Metz 1634, S. 312.
°) Nach Mitteilung des Privatdozenten Dr. Bloch in Strassburg.
A
möglich, dass eine Verwechslung mit Saarburg vorliegt, das in einer
Urkunde Heinrichs I. vom Jahre 931 »Saarbruckum« genannt wird: »Con-
firmamus itaque Saarbruckum cum dependentiis et pertinentiis ejusdem
oppidi et omnibus exilibus suis (vaditibus) sitis tam in Alsatia, quam
in Sargovia superiore subtus montes.« Der vorstehende Auszug findet
sich in einer Handschrift der städtischen Bibliothek zu Metz!) und
entstammt laut Randbemerkung einer Urkunde des bischöflichen Archivs
zu Vic; es ist daher die Vermutung ausgesprochen worden, dass die
Angaben der Schriftsteller über ältere Schenkungs-Akte für Saarbrücken
auf ein Missverständnis dieser Urkunde bezw. eines Auszuges aus der-
selben zurückzuführen sein könnten ’?).
Als älteste Urkunden lagen der Kammer vor die Schenkung König
Heinrichs IV. vom Jahre 1065 und eine Bestätigung derselben durch Kaiser
Friedrich I. vom Jahre 1171. Weiter vorgelegt wurde eine Urkunde des
Jahres 1237, laut welcher Bischof Jacob von Metz der Gräfin Laurette,
Tochter des Grafen Simon von Saarbrücken, den Besitz der Grafschaft als
Lehen des Bistums bestätigt; die zwei Jahre vorher stattgehabte Erbteilung
kam dagegen nicht zur Kenntnis der Kammer; zwei andere Urkunden
aus der zweiten Hälfte desselben Jahrhunderts lassen gleichfalls die
Lehensherrlichkeit der Metzer Bischöfe erkennen. Aus dem folgenden
Jahrhundert liegen keine Beweisstücke vor; aus dem 15. jedoch und
aus dem 16. Jahrhundert wurden je vier, aus dem 17. Jahrhundert
zwei Lehenserneuerungen von 1609 und 1640 von Seiten der Kläger
der Kammer vorgelect ; zu letzteren kamen noch fünf Lehenserneuerungen
aus den Jahren 1603, 1624, 1626, 1628 und 1648, welche die Gräfin
ihrer Eingabe an die Kammer zur Rechtfertigung ihres Lehens-Besitzes
beigefügt hatte. Ein Schreiben der bischöflichen Kanzlei vom Jahre
1626 an den Grafen von Nassau-Saarbrücken, in welchem diesem die
zur Abstattung der beabsichtigten Huldigung geeignete Zeit angegeben
wird), bestätigt gleichfalls das Lehensverhältnis der Grafen. Nach
dem Wortlaute der Urkunden hat aber zweifellos nur ein Teil der
Grafschaft dem Bistum zu Lehen gestanden ; übereinstimmend werden
in ihnen als Lehen aufgeführt die schon in dem Schenkungs-Akte
Kaiser Ottos III. aufgeführten Oertlichkeiten, und zuerst in einer Lehens-
1) Histoire ecclesiastique et civile de la ville et diocèse de Metz, par le
père Benoit-Picard, religieux capucin de Toul, 1718.
* Mündliche Mitteilung des Pfarrers Paulus, städtischen Bibliothekars zu
Metz. Der Versuch einer Lösung dieser Frage liegt ausserhalb des Rahmens der
vorliegenden Arbeit.
3) Im Bezirks-Archiv zu Metz vorgefunden. Der Kammer nicht vorgelegt.
ee
erneuerung von 1431 das Vogtei (vouerie) über St. Avold!), also
nur ein verhältnismässig kleiner Teil der Grafschaft, zu der die viel
bedeutenderen Orte St. Ingbert, Neunkirchen, Ottweiler u. a. gehörten.
Das Urteil der Kammer legte der Gräfin die Huldigung und Ein-
reichung des Verzeichnisses für die in den Urkunden genannten Lehen
und die »villages et lieux en dependances« innerhalb der gewohnten
Termine von einem Monate bezw. 40 Tagen auf. Wie die Zugehörig-
keiten aufzufassen waren, beweist das im Original vorliegende, vom
9. Januar 1681 datierte Lehensverzeichnis der Gräfin; es umfasst den
sanzen linksrheinischen Besitz der Grafen von Nassau-Saarbrücken,
auch die ausdrücklich als Allod bezeichneten Gebietsteile, darunter
die Städte Saarbrücken und St. Johann, die (bereits reunierte) Herrschaft
Homburg, die (noch zu reunierende) Grafschaft Saarwerden, die schon
reunierte Abtei Herbitzheim etc., im ganzen ein Gebiet von ca. 15U]-
Meilen. In dieser ganz ungerechtfertigten Ausdehnung des Lehens muss
im vorliegenden Falle hauptsächlich die Rechtsverletzung gefunden
werden; hinsichtlich der thatsächlich noch zu Lehen stehenden Gebiets-
teile rächte sich die unklare Fassung des Friedens-Instrumentes von
1648, wenn auch die Nachsuchung der Lehenserneuerung seit Jahr-
hunderten nur als eine Förmlichkeit beiderseitig aufgefasst sein mag; auch
diese Reunion überstieg allerdings die ursprünglichen französischen For-
derungen und wäre nicht möglich gewesen, wenn kaiserlicherseits der
Ausdruck »diocesis« statt »distrietus« zugestanden worden wäre. Jetzt
war natürlich der Besitz der Grafen nur mehr ein imaginärer; schon
vor Einreichung der Huldigung war die Besatzung, die entgegen den
Abmachungen des Nymweger Friedens in Saarbrücken und St. Johann
seblieben war, bedeutend verstärkt worden; auch wurden der Graf-
schaft Contributionen und Lasten anderer Art auferlegt ?).
Im Jahre 1685 erfolgte die Einrichtung der französischen Ver-
waltung, wobei Saarbrücken Sitz des Oberamtes (bailliage) für die
ganze Grafschaft und eines Amtes (prevôté) wurde.
23.
Herrschaften und Grafschaft Saarwerden und Bockenheim
(Bouquenom).
Sitzung vom 11. Juli 1680.
Saarwerden, auch Altsaarwerden zur Unterscheidung von dem
1 km entfernten Städtchen Neusaarwerden genannt, ist heute ein Dorf
dr a 5
)es.29129:
*) Köllner, Geschichte der Städte Saarbrücken und St. Johann, 1865, I, S. 318.
«
— 167 —
des unter-elsässischen Kreises Zabern; Bockenheim liegt gegenüber
Neusaarwerden auf dem rechten Ufer der Saar und ist mit diesem
seit 1793 zu der Stadt-Gemeinde Saarunion vereinigt.
Die Ortschaft (Alt-)Saarwerden'!) soll nach alter, nicht verbürgter
Ueberlieferung 917 von Karl dem Einfältigen der Kirche in Metz ge-
schenkt worden sein; die aus dem südlichen Teile des Saargaues
entwickelte territoriale Grafschaft Saarwerden, zu der stets der Ort
Bockenheim gehörte, war dagegen allodialer Besitz, das erste sichere
Zeugnis hierfür scheint die weiter unten zu erwähnende Urkunde von
1261 zu sein. Die Grafen, die aus dem Hause Metz-Luneville herge-
leitet werden, scheinen jedoch in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts
infolge unglücklicher Fehde mit dem Bischof von Metz die Oberlehens-
herrlichkeit des Bistums für die Burgen Saarwerden und Bockenheim
anerkannt zu haben. Diese erste Linie der Grafen von Saarwerden
starb 1397 aus; die Grafschaft ging an die Schwester Walburga des
letzten Grafen und deren Sohn, Grafen Friedrich von Mörs, über; der
Bischof widerstrebte anfänglich zwar dieser Vererbung des Lehens,
erteilte aber doch 1418 die Investitur.
Als auch diese Linie 1527 mit dem letzten blödsinnigen Grafen
ausstarb, sollte die Grafschaft infolge Erbvertrages an die Grafen von
Nassau-Saarbrücken übergehen. Jetzt aber erklärte Bischof Johann
von Metz, ein lothringischer Prinz, die Grafschaft, weil zum Teil auf
dem rechten Ufer der Saar gelegen, nach deutschem Gewohnheitsrechte
als Mannlehen?), und demgemäss heimgefallen; er belehnte damit am
26. September 1527 seinen Bruder, Herzog Anton von Lothringen; der
hieraus sich entwickelnde Erbfolgestreit war zur Reunionszeit noch
nicht endgültig entschieden. Zwar wurde durch Beschluss des Reichs-
tags vom 22. Oktober 1550 die Grafschaft dem Hause Nassau-Saar-
brücken zugesprochen; beim Uebergang an die Linie Nassau-Weilburg
1574 trat aber sogar ein dritter Bewerber auf, Graf Emich von Leiningen-
Hartenburg, trotz früheren Verzichtes seiner Gattin, der Schwester des
letzten Grafen aus der zweiten Linie. Der Streit ging nunmehr wieder
an das Reichskammergericht, welches, die Leiningenschen Ansprüche
beseitigend, durch Spruch vom 7. Juli 1629 dahin entschied, dass die
alten Metzer Lehen, nämlich die Burgen Saarwerden, Bockenheim und
der schon damals vergeblich gesuchte Wiebersweiler-Hof dem Herzog, die
1) Der folgende zumeist nach den Lothr. Terr., S. 197 ff.
2) Die Untersuchung der Frage der Berechtigung dazu würde im vorliegenden
Zusammenhange zu weit führen.
— 168 —
tum Lothringen, auf Grund der Belehnung von 1527, der Rest der
Grafschaft aber den Grafen von Saarbrücken zufallen solle. Der Herzog
von Lothringen erkannte aber den Spruch nicht an, und bemächtigte
sich noch in demselben Monat der ganzen Grafschaft. Im Westfälischen
Frieden wurde zwar die Entscheidung von 1629 im allgemeinen be-
stätigt, aber der zweideutige Zusatz: »salvis utrique competentibus
juribus+<, und sogar noch ein Rechtsvorbehalt zu Gunsten der Leiningen-
schen Ansprüche zugefügt. Herzog Carl IV. belehnte, diese Bestimmungen
nicht beachtend, 1567 seinen natürlichen Sohn, Grafen Karl Heinrich
von Vaudemont mit der ganzen Grafschaft. Zwar erkannte ein Schieds-
gericht des Reichstages zu Regensburg (Kur-Mainz und Schweden) am
14. Juli 1670 zum dritten Male im Sinne der erwähnten Teilung ;
nunmehr aber mischte Frankreich, das in demselben Jahre des ganzen
Herzogtums sich bemächtigt hatte, sich ein, und besetzte 1671 auch
Saarwerden und Bockenheim als zum Herzogtum Lothringen gehörig,
Dieser thatsächliche Zustand der Dinge dauerte zur Reunionszeit
noch fort, da der Herzog von Lothringen den Frieden zu Nymwegen
nicht anerkannt hatte. Die Vorladung der Kammer erfolgte Anfangs
April bei der Ortsbehörde im Saarwerden; infolge dessen meldete der
senannte Graf Karl Heinrich von Vaudemont am 15. April seine An-
sprüche auf die Grafschaft an, und erklärte sich bereit, die geforderte
Huldigung persönlich abzustatten; dasselbe Anerbieten erfolgte durch
den Vertreter der Gräfin Eleonore Clara von Saarbrücken, worauf
beide Parteien am 26. Juni auf die bevorstehende Kammerverhandlung
verwiesen wurden. Die Grundlage für die Beweisführung der Kläger
bildete in dieser eine Urkunde vom Juli 1261, laut welcher Heinrich,
Graf von Saarwerden, sich für diese Grafschaft als Lehensmann des
jischofs von Metz bekennt. Die Fortdauer dieses Lehensverhältnisses
wurde durch 6 Urkunden aus dem 15. und 16. Jahrhundert nachge-
wiesen ; in zwei in Abschrift vorgefundenen Verträgen vom Jahre 1484!)
überlässt Graf Nicolaus von Saarwerden dem Grafen Emich von Leiningen
mit Genehmigung des Bischofs Georg von Metz die Verwaltung und
erteilt ihm zugleich die Anwartschaft als Erbe für den Fall seines Ab-
lebens. Dieser Vertrag kam aber nicht zur Durchführung infolge der
‚oben erwähnten Heimfallerklärung vom Jahre 1527, ebensowenig aber
die vom Bischof versuchte Besitzergreifung; nach den beiden Haupt-
1) Der Kammer nicht vorgelegt; der zeitweise Leiningen’sche Besitz kam
daher nicht zu deren Kenntnis. Wahrscheinlich sind die Urkunden später von
den Grafen Leiningen beigebracht worden, als die Reunion ihres Gebietes in
Frage stand; s. Reunionen ohne Beschlüsse.
— 169 —
orten entsendete Commissare wurden durch die Bürger von Saarwerden
und Bockenheim an Ausführung ihres Auftrages verhindert, wobei dem
Schwestermann des verstorbenen Landesherrn, dem Grafen von Nassau-
Saarbrücken der Treueid geleistet wurde; ein darüber an Ort und
Stelle aufgenommenes (im Original erhaltenes) Protokoll wurde der
Kammer vorgelegt; ebenso der Investiturbrief des Bischofs vom 27.
September desselben Jahres für seinen Bruder, den Herzog Anton von
Lothringen. Der dadurch entstandene Streit um den Besitz kommt
in den weiter vorgelegten Urkunden zum Ausdruck; zu vier Lehens-
erneuerungen der Herzöge von Lothringen, deren letzte von 1609 war,
treten zwei der Grafen von Nassau-Saarbrücken, deren letzte gleichfalls
von 1609, ohne dass ersichtlich, ob und in welcher Weise die Bischöfe
Entscheidung zwischen den beiden Parteien getroffen haben.
Die Reunionskammer traf ebensowenig Entscheidung zwischen den
streitenden Parteien, sprach vielmehr in den gewohnten Formen das Ge-
biet dem Bistum zu, und legte dem angeblichen Herren (pretendu
seigneur) von Saarwerden, Bockenheim, Hof von Wisbersweiler und
Zugehörigkeiten die Pflicht der Huldigung in der üblichen Zeit auf. Diese
wurde zunächst auf Grund der öfter erwähnten Teilung von beiden Seiten
erstattet und entgegengenommen. Am 9. Januar 1681 erschien Gräfin
Eleonore Clara mit dem minderjährigen Grafen Friedrich Ludwig persön-
lich in Metz, und leistete die verlangte Huldigung mit Vorlage des
Lehensverzeichnisses, sie wurde darauf durch besondere Ceremonie im
Januar des folgenden Jahres wieder in ihre Rechte eingesetzt; für die
Metzer Lehen wurde am 16. Januar vom Grafen Karl Heinrich Huldigung
erstattet, und am 23. September 1681 Lehensverzeichnis vorgelegt.
Der Ausgleich des Streites wurde nunmehr dem Parlamente zu Metz
übertragen, dessen Competenz nach erfolgter Reunion die Grafschaft
unterstand: durch Erkenntnis vom Jahre 1683 sprach dieses den Be-
sitz in seinem ganzen Umfange dem Hause von Nassau-Saarbrücken
zu, natürlich unter Aufrechthaltung der französischen Landeshoheit.
Die Gräfin legte nunmehr am 1. Mai 1683 Lehensverzeichnis für die
ganze Grafschaft im Umfange von etwa 5T] Meilen vor. Durch den
Frieden von Ryswick wurde jedoch der Unterschied zwischen früherem
Lehen und stetem Allod wiederhergestellt, indem die Orte Saarwerden,
Bockenheim und Wisbersweiler dem Herzoge von Lothringen, die
ganze übrige Grafschaft aber dem Grafen von Nassau-Saarbrücken
zuerkannt wurde. Thatsächlich aber waren die Grafen, wie hier nach-
weisbar, ihrer Landeshoheit entsetzt; sie behielten bloss ihre Domanial-
güter und gewisse geringe Gefälle und Rechte. Nicht lange nachher
— 170 —
wurden ihnen auch diese aberkannt, weil einer der Grafen in holländische
Dienste getreten war !).
24.
Gebiet und Herrschaft Altheim.
Sitzung vom 11. Juli 1680.
Altheim oder Altheim zur Traube?) oder zur Tauben ?) ist das
heutige Dorf Altenheim des Kreises Zabern, 5 km südöstlich der Kreis-
stadt liegend. Im 14. Jahrhundert, auf welches die Ansprüche gegründet
wurden, war die Ortschaft im Besitze der Herren von Geroldseck, die
aber dafür dem Bistum Metz zu Lehen standen“). Später kam die
Herrschaft in den Besitz der Bischöfe von Strassburg, von welchen sie
das Kloster Maursmünster durch Kauf erwarb, soweit erkennbar unter
Aufrechthaltung der Lehensherrlichkeit von Metz. Zur Reunionszeit
war Altheim in reichsritterschaftlichem Besitze, gleichfalls ohne vorherige
Ablösung des Lehensverhältnisses zu Maursmünster und Metz. Die
Vorladung wurde bei der Ortsbehörde zu Altheim abgegeben. Die Be-
weisführung gründete sich auf eine einzige, an sich ziemlich bedeutungs-
lose Urkunde, einen Brief des Herrn Burchard von Geroldseck vom
Jahre 1320 an den Bischof Heinrich von Metz, in welchem der Briel-
schreiber um die Genehmigung bittet, der Gattin seines Sohnes ein
Wittwen-Legat von 500 Mark auf Altheim und andere Orte, die dem
Bistum zu Lehen sländen, anweisen zu dürfen.
Auf Grund dieser einen Urkunde sprach die Kammer die Reunion
in gewohnter Weise aus. Huldigungs-Akte liegen nicht vor, ein zu-
verlässiger Anhalt für die Grösse des Gebietes ist daher nicht gegeben.
Die Reunion ist deshalb von besonderem Belang, weil zum ersten
Male damit der Begriff des districtus auch auf das Elsass und die
Diözese des Bischofs von Strassburg ausgedehnt wurde, während im
übrigen die Elsässer-Reunionen anderen Massnahmen vorbehalten
blieben. Anscheinend aus diesem Grunde verwechselt Calmet?) das
reunirte Gebiet mit dem 10 km südwestlich von Zweibrücken gelegenen
Altheim, wenn auch nicht ausgeschlossen werden soll, dass auch die
1) Mathis, Die Leiden der Evangelischen in der Grafschaft Saarwerden 1888,
8. 197,
?) Clauss, Historisch-topographisches Wörterbuch des Elsass, 1895, S. 16.
*) Die Alten Territorien des Elsass, 1896, S.103 ff.
‘) Meurisse, S. 497.
°) Galmet, Notice, I, S. 5.
—. 11 —
Reunionskammer an letzterem Ort die Vorladung hat abgeben und
die Reunion hat vollziehen lassen. Die einzige vorgelegte Urkunde be-
zieht sich jedoch zweifellos auf Altheim bei Zabern.
25.
Stadt, Gebiet und Herrschaft Ottweiler.
Sitzung vom 11. Juli 1680.
Nach Auffassung der Kammer war das zu reunierende Gebiet
der östliche Teil der Grafschaft Saarbrücken, in dessen Mitte die
gleichnamige heutige Kreisstadt des Regierungsbezirkes Trier gelegen
ist. Die Vorladung wurde infolge dessen dem Grafen von Nassau-
Saarbrücken zugestellt. Die Beweisführung stützte sich aber aus-
schliesslich auf dieselbe Urkunde von 1320, welche die Reunion von
Altheim am gleichen Sitzungstag veranlasst hatte, und in welcher
unter den die Einkünfte des Legates liefernden Ortschaften auch
Ottweiler aufgeführt war. Es ist entweder damit ein 4 km östlich
von Geroldseck gelegenes Dorf Ottersweiler, oder ein 3 km östlich
Drulingen gelegenes Dorf, heute Ottweiler genannt, gemeint. Für
erstere Annahme spricht die nahe Lage bei Geroldseck und Altheim,
gegen dieselbe aber der Umstand, dass in der im Original heute noch
vorliegenden Urkunde der Ort ganz zweifellos als Ottwiller geschrieben
steht; auch war Ottersweiler ein Lehen der Bischöfe von Strassburg.
Gegen die zweite Annahme aber muss neben der entfernten Lage auch
die stete Zugehörigkeit des Ortes zur Grafschaft Saarwerden angeführt
werden. Trotz des abweichenden Namens dürfte daher die Vermutung
mehr begründet sein, dass es sich um das bei Geroldseck gelegene
Dorf gehandelt habe, das zur Reunionszeit reichsritterschaftlich war !).
Ganz abzulehnen ist jedenfalls die Annahme der Kammer, dass die
Stadt der Grafschaft Saarbrücken in der Urkunde gemeint sei, da diese
Allod der Grafen war und niemals in Beziehung zu Metz gestanden
hatte; Graf Friedrich Ludwig von Saarbrücken erwiderte daher auf die
ihm zugestellte Vorladung, dass er in seinen Papieren nichts darüber
finden könne, dass Ottweiler jemals Lehen des Bistums Metz gewesen sei.
Der Kammerbeschluss richtete sich gegen den »vermeintlichen
Herrn« von Ottweiler (Otviller). Das Gebiet wurde dadurch zum zweiten
Male reunirt, da dasselbe schon vorher in der Reunion der ganzen
Grafschaft Saarbrücken einbegriffen war.
Tr EIs, Terkit, Ss, 97:
— 12 —
26.
Gebiet und Herrschaft Buchsweiler (Boussevillers).
Sitzung vom 15. Juli 1680.
Buchsweiler ist heute eine Stadt des Kreises Zabern, 7 km nord-
östlich der Kreishauptstadt gelegen. Die französischen Ansprüche gingen
von den Verhältnissen des 14. Jahrhunderts aus !), in welchem der Ort
Sitz eines Amtes des Bistums Metz war, dessen Vogtei bis zum Anfange
des Jahrhunderts die Herren von Hüneburg zu Lehen hatten. Von ihnen
ging sie an die Herren von Lichtenberg über, deren gleichnamiger Stamm-
sitz noch 1870 Festung war und gewaltsam genommen werden musste.
Die Herren von Lichtenberg waren zugleich Vögte der Abtei Neuweiler
und legten durch diese Aemter die Grundlage zu ihrem Territorialbesitz
im Elsass, den sie, vorwiegend durch Kauf, fortgesetzt vermehrten.
Schon 1314 bekannte Bischof Reinhold von Metz, den Herren Johannes I.
und Hermann II. von Lichtenberg für ihre Verluste, die sie in seinem
Heere bei Frouard erlitten hätten, 200 Mark Silbers zu schulden, wofür
er ihnen zur Sicherheit sämtliche dortigen Besitzungen des Hochstifts
verschrieb ?).
Das Geschlecht starb in männlicher Linie 1480 mit Jacob von
Lichtenberg aus; trotz der Lage rechts der Saar und der dadurch be-
dingten männlichen Vererbung ging der Besitz infolge Privilegs Rudolfs
von Habsburg vom Jahre 1289 an die Töchter über”); die Hälfte er-
hielt Philipp Graf von Hanau, aus einer Seitenlinie dieses Geschlechtes,
das sich von da ab Hanau-Lichtenberg nannte, während die regierende
Linie in der Wetterau den Namen Hanau-Münzenberg führte; die
andere Hälfte kam an die Grafen von Zweibrücken-Bitsch, deren Besitz
wenige Jahre später, 1485, infolge Erlöschens des Ochsensteinschen
Geschlechtes um deren Herrschaft vermehrt wurde. Ein Viertel der
letzteren hatte dem Kloster Maursmünster gehört, kam aber jetzt an
die Grafen Zweibrücken-Bitsch, die nunmehr ihrem Namen die Be-
zeichnung Ochsenstein zufügten. Durch Heirat der Tochter des letzten
dieser Grafen mit dem regierenden Grafen von Hanau-Lichtenberg 1570
1) Das folgende nach den Els. Territ., S. 136, und Ristelhuber, l’Alsace
ancienne et moderne, 186.
?) Lehmann, urkundliche Geschichte der Grafschaft Hanau-Lichtenberg 1862,
1, SF40,
#) Spach, le comté de Hanau-Lichtenberg, in Bulletin de la soc. pour la
cons. des mon. hist. d’Alsace 1860, III, S. 17.
wurde der ganze beiderseitige Besitz mit Ausnahme der Herrschaft
Oberbronn, welche 1551 an die Grafen Leiningen-Westerburg gefallen
war, in einer Hand wieder vereinigt‘); unter den Grafen Friederich
Casimir trat dazu auch nach Aussterben der Linie Hanau-Münzenberg
1642 die Grafschaft in der Wetterau ?). Zur Reunionszeit bildete daher
das beanspruchte Gebiet einen Teil der einheitlichen Grafschaft Hanau-
Lichtenberg, deren Haupt- und Residenzstadt die Stadt Buchsweiler
war. Abgesehen von den Besitzungen in der Wetterau, lag die Graf-
schaft in sehr starker Zersplitterung mit dem Hauptteile und nicht
weniger als 15 Enklaven im Unter-Elsass, mit je einem kleinen Ge-
bietsteil im heutigen Grossherzogtum Baden und in der bayrischen
Pfalz. Der Nachfolger des verstorbenen Grafen Johann Reinhard war
damals minderjährig; die Vormundschaft führte Graf Christian von
Pfalz-Birkenfeld, französischer Feldmarschall, der zum 1. März unter
den üblichen Forderungen vorgeladen, am 19. Juni also anscheinend
nach längeren Verhandlungen sich bereit erklärt hatte, die ver-
langte Huldigung zu erstatten, und zwar sowohl für die ehemaligen
Metzer Aemter Buchsweiler und Ingweiler als auch für die Herrschaften
Ochsenstein, Geroldseck und alle zugehörigen Oertlichkeiten. Auch
leste er eine grössere Anzahl von Urkunden vor, welche zum Teile
Duplicate der Seitens der Kläger beigebrachten, alle aber den fran-
zösischen Ansprüchen günstig waren. Die Kammer-Verhandlung hatte
daher nur mehr den Charakter eines Aktes freiwilliger Gerichtsbarkeit,
sing aber ganz in den gewohnten Formen unter Vorlage aller aufge-
fundenen Urkunden vor sich. Die älteste von 1345, nur vom Pfalz-
srafen vorgelegt, betraf eigentümlicherweise ausschliesslich das ehe-
malige Lehensverhältnis der Herrschaft Ochsenstein zum Bistum Metz,
wiewohl diese in einer besonderen Verhandlung am gleichen Tage und
sogar auf Vortrag desselben Referenten (Cogney) reunirt wurde. Aus
den folgenden Jahrhunderten wurden nicht weniger als 28 Urkunden,
die älteste vom Jahre 1435, die jüngsten von 1658 und 1661 vor-
gelegt, welche sämtlich die Lehensherrlichkeit des Bistums über die
Herrschaften Buchsweiler, Ingweiler und Ochsenstein bezeugen, so dass
das zur Reunionszeit noch fortbestehende Lehens-Verhältnis dieser
Gebiete zum Bistum Metz ausser Frage steht. Der Spruch der Kammer
erfolgte in gewohnter Form, umfasste aber ausnahmsweise nicht den
1) Hinsichtlich des Verlustes”des grösseren Teiles der Grafschaft Bitsch,
s. Reunion dieser.
?) Bulletin, S. 24.
— 14 —
sanzen Besitz der Grafen von Hanau-Lichtenberg im Wege der Zu-
echöriskeiten, sondern nur die Städte Buchsweiler, Ingweiler und neun
zugehörige Dörfer, wie die älteste der bezüglichen Urkunden sie, wenn
auch zum Teil mit anderer Schreibweise, aufführt; von den neun
Dörfern sind sieben mit Sicherheit festzustellen, sechs im damaligen
Amte Buchsweiler, eins im Amte Brumath gelegen; die beiden übrigen,
das eine Quitschweiler, das andere in der Verhandlung Voltheim, in
der Urkunde Wolmsheim genannt, waren anscheinend schon zur
Reunionszeit verschwunden. Die Herrschaft Ochsenstein blieb also von
dieser Reunion ausgenommen, die Vorlage der Urkunde von 1373 war
daher völlig zwecklos. Im übrigen dürfte die Beschränkung der
Reunion in diesem Falle nicht auf die geographische und territoriale
Unkenntnis der Kammer-Mitglieder zurückzuführen sein, da anzunehmen
ist, dass sie von dem die Reunion begünstigenden französischen Marschall
über die Besitzungen der Grafen Hanau-Lichtenberg genaue Aufklärung
erhalten hatten; der Grund wird vielmehr in der gleichzeitigen Tagung
der Kammer (conseil souverain) von Breisach zu suchen sein, der
die eigentlichen elsässischen Reunionen vorbehalten blieben; diese
reunierte denn auch wenige Wochen später am 9. August 1680 die
sanze Herrschaft Hanau-Lichtenberg und damit die Herrschaften Buchs-
weiler und Ingweiler zum zweiten Male.
Die Huldigung erstattete Pfalzgraf Christian im Namen der zwei
minderjährigen Söhne des Grafen Johann Reinhard im April 1681;
das vom 29. Mai 1683 datirte Lehensverzeichnis führt zunächst die
von der Kammer namentlich genannten Orte auf, wobei Voltheim mit
dem bei Strassburg belegenen allodialen Orte Wolfisheim verwechselt
wird, während Quitschweiler, vom Pfalzgrafen Guichweiler genannt,
nach seiner Angabe bereits vor einem Jahrhundert völlig zerstört worden
war. Demnächst enthält das Verzeichnis aber auch die aus der Ochsen-
steinschen Erbschaft herrührenden Besitzungen, und führt schliesslich
die gesamten übrigen Teile der Grafschaft nebst allen Gerechtsamen
der Grafen auf, wenngleich unter ausdrücklicher Hervorhebung des
bisherigen Verhältnisses diese Teilgebiete als reichsunmittelbarer, oder
als Lehen von Mainz, Strassburg u. a., jedenfalls mit Rücksicht auf
den Spruch der Reunionskammer von Breisach. Die alten Lehens-
Gebiete des Bistums Metz waren hiermit zweimal reuniert; innerhalb
der von der Metzer Kammer festgehaltenen Grenzen kann deren Spruch
wohl als einer der besser begründeten bezeichnet werden, da die
Lehensherrlichkeit, auch abgesehen von dem Drucke des zweiten Reunions-
Unternehmens, bis über die Mitte des laufenden Jahrhunderts hinaus
— 15 —
anerkannt worden war. Die Auslegung des Wortes »districtus« hatte
allerdings auch hier nicht die Grenze der diöcesis berücksichtigt.
27.
Gebiete und Herrschaften Mark (la Marque), Maursmünster
und Ochsenstein.
Sitzung vom 15. Juli 1680.
Nach vorstehender Ueberschrift teilte die Kammer das zu reunie-
rende Gebiet in drei Teile, offenbar infolge eines seltsamen, die Unkenntnis
der Gebiete verratenden Versehens, da es sich um die früher »Marca
Aquilejensis« genannte »marche de Marmoutier«, die Mark des Klosters
handelte, welches in der heutigen gleichnamigen Stadt des Kreises
Zabern gelegen. ist. Ochsenstein ist heute Ruine, in der Nähe des
Dorfes Reinhardsmünster gelegen, und gleichfalls zum Kreise Zabern
gehörig. Die Abtei Maursmünster, die älteste des ganzen Elsass '),
wurde 590 durch einen Jünger Columbans gegründet und erhielt schon
vom Merowingerkönig Childebert Il. eine beträchtliche Schenkung an
damals öde liegendem Lande, die sein Nachfolger Theoderich IV. be-
stätigte. Unter der. Regierung Ludwig des Frommen durch Feuer
völlig zerstört, wurde das Kloster von dem Bruder des Kaisers Drogo,
Bischof von Metz, wiederhergestellt, zugleich aber auch der Oberhoheit
des Bistums unterstellt. Die Bischöfe übertrugen die Vogtei den Herren
von Geroldseck, welche die ihnen damit verliehene Machtbefugnis be-
nutzten, um nach und nach die ganze herrschaftliche Mark mit den
Kloster-Hintersassen in ihren Besitz zu bringen. Nach mehrfachen
Teilungen und wiederholtem Besitzwechsel, welcher für die vorliegende
Frage nur insofern Bedeutung hat, als keine Aufgabe der Oberlehens-
herrlichkeit von Metz dabei zu erkennen ist, hatte zur Reunionszeit
der Bischof von Strassburg Wilhelm Egon von Fürstenberg die Vereinigung
des ganzen ehemaligen Klostergebietes in seiner Hand wieder herbei-
geführt. Die Herrschaft Ochsenstein?) war von Alters her zur Abtei
sehörig; die seit dem 12. Jahrhundert nachweisbaren Herren von
Ochsenstein werden in dieser Zeit als die Vögte der Abtei bezeichnet;
bald zu territorialer Selbständigkeit gelangend, vergrösserten sie in
der Folge ihren Besitz durch weitere Belehnungen; im Jahre 1590
erwarben sie auch ein Viertel der Klostermark von Maursmünster.
1) Hertzog in den Beiträgen zur Landes- und Volkes-Kunde von Elsass-
Lothringen. II. 9, S. 10.
?) Das Folgende nach den Els. Terr., S. 143 ff,, und Ristelhuber.
— 1760 —
Nach Aussterben des Geschlechtes 1485 war der Besitz an die Grafen
von Zweibrücken-Bitsch und nach deren Aussterben 1570 an die Grafen
Hanau-Lichtenberg gekommen. Diese waren zur Reunionszeit im Besitze
der Herrschaft, mit Ausnahme des erwähnten Viertels der Mark von
Maursmünster, das 1631 von dem regierenden Grafen an den Herzog
von Lothringen, und von diesem 1664 an den Bischof von Strassburg
verkauft worden war. Die angeblichen Herren der zu reunierenden
Gebiete waren daher der Bischof von Strassburg und der Graf von
Hanau-Lichtenberg, dieser als minderjährig unter der Vormundschaft
des Grafen Christian von Pfalz-Birkenfeld stehend. Der Ort der Zu-
stellung der Vorladung ist in der Verhandlung nicht angegeben; nach
Analogie der übrigen dürfte sie aber bei der Ortsbehörde zu Reinhards-
münster und in dem Kloster Maursmünster erfolgt sein. Auf diese
Vorladung erklärte Bischof Franz Egon von Fürstenberg am 26. Juni
sich bereit, dem Verlangen nachzukommen, wenn der Bischof von Metz
ihm die Lehens-Urkunde, auf welche der Anspruch sich stützte, vor-
gelegt haben werde; schon am 3. Juli erfüllte er die Zusage durch seinen
Regierungsrat Laurbruch zu Zabern (conseiller de la regence de Saverne),
der in seinem Namen die verlangte Huldigung zu erstatten hatte, nicht
nur für Maursmünster und alle Zugehörigkeiten, sondern auch für die
Herrschaft Ochsenstein, welche ihm vom Grafen von Hanau mit Ge-
nehmigung des derzeitigen Bischofs von Metz, Wilhelm Egon von
Fürstenberg, verpfändet worden sei.
Infolge dieser vollen Bereitwilligkeit des Bischofs fand eine eigentliche
Verhandlung mit Vorlage von Urkunden nicht statt, vielmehr wurde einfach
dem Bischof die nochmalige Erstattung der Huldigung und Vorlage des
Lehensverzeichnisses innerhalb der gewohnten Fristen aufgegeben und
die französische Landeshoheit über Maursmünster, auch hier in zwei
Gebiete getrennt, und Ochsenstein nebst allen Zugehörigkeiten ausge-
sprochen. Zweifellos war dem Bischofe von Strassburg Kenntnis von
den bei der Reunion von Buchsweiler verwendeten Urkunden gegeben
worden, welche die frühere Lehensherrlichkeit des Metzer Bischofs auch
über die Herrschaft Ochsenstein ausser Frage stellten. Der bei vor-
stehendem Beschlusse ausschliesslich angeführte Grund, dass Ochsenstein
dem Bischof von Strassburg mit Genehmigung des Bischofs von Metz
verpfändet worden sei, kann sich nur auf den Erwerb des zu Ochsen-
stein gehörigen Viertels von Maursmünster im Jahre 1664, kurz nach
der Wahl des Bischofs Wilhelm Egon, beziehen, und war daher in
doppelter Hinsicht hinfällig ; einerseits wurde, wie wiederholt geschehen,
ein Teil des Besitzes, der noch dazu zur alten Herrschaft Ochsenstein
— 177 —
nicht gehörte, für den ganzen gesetzt, andererseits war eine Ver-
pfändung (»contrat d’engagement«) seitens des Grafen Hanau kein Grund,
demselben die Landeshoheit zu entziehen. Es dürfte aus diesem Allem
hervorgehen, dass der Bischof Wilhelm Egon, der bei der Wegnahme
Strassburgs im folgenden Jahre eine so zweideutige Rolle spielen sollte,
bereits damals im Einverständnis mit Frankreich war und als Lohn
dafür die ganze Herrschaft Ochsenstein als Pfründe zu Maursmünster
hinzu erhalten sollte; andernfalls ist in keiner Weise zu erklären, warum
Ochsenstein nicht auf Grund der Urkunden für Buchsweiler mit reuniert
worden ist, da diese nach den Kammer-Grundsätzen die volle Be-
rechtigung dazu boten, während der Vertrag von 1664 auch nicht
einmal den Schein eines Anspruches bot. Eine Lehenshuldigung des
Bischofs Wilhelm Egon ist nicht vorgefunden; die Grösse des Gebietes
ist aber für Maursmünster genau, für die alte Herrschaft Ochsenstein
annähernd festzustellen und beträgt zusammen etwa 1'/s) Meilen.
28.
Schloss und Herrschaft Trognon.
Sitzung vom 15. Juli 1680.
Das zu reunierende Gebiet wird durch das heutige Dorf Heudicourt !)
bezeichnet, welches im Departement Meuse 12 km nordöstlich von
St. Mihiel gelegen ist. Im 13. Jahrhundert, bis auf welches die fran-
zösischen Ansprüche zurückgingen, meist Troignon oder Trongnon
genannt, hat die Ortschaft den Namen Heudicourt im Jahre 1737 er-
halten, unter gleichzeitiger Erhebung der Herrschaft zum Marquisat.
Trognon war von Alters her im Besitz der Grafen von Bar, stand
aber dem Bistum Verdun zu Lehen?); dieses Verhältnis ist durch
die zum Teil bei der Verhandlung vorgelegten Huldigungs-Akte vom
13. bis zum 16. Jahrhundert nachweisbar. Die Lehensherrlichkeit wurde
abgelöst durch einen Tausch-Vertrag vom 10. September 1564, laut
welchem Bischof Nikolaus von Verdun die Herrschaft Trognon vorbe-
haltlos abtrat.
Die Vorladung erfolgte auf Veranlassung des Domkapitels zu
Verdun bei der Örtsbehörde in Trognon; Urkunden allgemeiner Art
wurden nicht vorgelegt; die Beweisführung stützte sich auf drei Ur-
kunden; in der einen vom August 1240 datierten bekannte Graf Theobald
von Bar sich als Lehensmann des Bischofs Raoul von Verdun für das
1) Lienard, S. 110.
2) Calmet, Notice, II, S. 678.
12
Fre
Schloss Trognon; die zweite ist eine Lehenserneuerung des Herzogs
Robert von Bar beim Bischof Theobald für den gleichen Besitz vom
Juli 1399; laut vorgelester Urkunde vom 18. März 1403 endlich tritt
Herzog Robert seine.Verduner Lehen, darunter Trognon, seinem Sohne
Eduard ab und bittet den Bischof um Genehmigung. Diese die Lehens-
herrlichkeit vor nahezu drei Jahrhunderten nachweisenden Zeugnisse
genügten der Kammer, um die Reunion in gewohnter Weise auszu-
sprechen. Ein Huldigungs-Akt liegt nicht vor; einen Anhalt für den
Umfang des Gebietes dürfte daher nur der Bann des Dorfes Heudicourt
geben; weitere Ortschaften sind wenigstens im Urteile nicht aufgeführt.
29.
Herrschaft Sierck und Stadt Port, genannt St. Nicolas.
Sitzung vom 16. August 1680.
Sierck ist heute eine Stadt des Kreises Diedenhofen: das die
Stadt nur wenig überhöhende, sehr ausgedehnte Schloss wurde bis
zum Jahre 1866 französischerseits als Festung behandelt. Dasselbe !)
war Sitz eines alten, bis in den Anfang des 12. Jahrhunderts zurück-
zuverfolgenden Adelsgeschlechtes; im Jahre 1442 wurde Arnold VI.
von Kaiser Friedrich Ill. zum Reichsgrafen erhoben, hinterliess aber
nur Töchter; mit seinem Bruder, dem Trierer Domherrn Philipp von
Sierck, starb daher das Geschlecht 1492 aus. Das Verhältnis desselben
zu Schloss und Herrschaft Sierck ist bisher nicht klargestellt, da letztere
vom 12. Jahrhundert an zweifellos im herzoglich lothringischen Besitze
waren; entweder waren die Herren von Sierck Schlossvögte gewesen
oder führten ihren Namen nur als Glieder einer alten Familie innerhalb
der Stadt. Im Jahre 1171 schenkte Herzog Mathias I. von Lothringen,
Vater des Bischofs Dietrich von Metz, die Herrschaft diesem Bistum ;
schon 1247 aber finden wir sie wieder als Metzer Lehen im Besitze
der herzoglichen Familie, die zeitweise im Schlosse Residenz nahm,
wie die urkundlich beglaubigte Anlage einer Hofkapelle am Fusse des
Schlosses durch Mathias Il. beweist?). Bis zum Jahre 1661 war die
Stadt Sierck Sitz eines herzoglichen Unteramtes, durch den Vertrag von
Vincennes 1661 wurde sie jedoch mit 30 Dörfern nach Wahl des franzö-
sischen Königs vom Herzog an Frankreich abgetreten ?). Die Kammerver-
1) Das Folgende nach: Florange, Histoire des seigneurs et comtes de
Sierck ; 1895.
?) Mém. de la soc. d’arch. et d’hist. de la Moselle; 1887. XVII, S. 224.
3 PR
ELBE ISB (l6r
— 119 —
handlung hatte daher hier wie in vielen anderen Fällen nur den Zweck
der Sicherung oder Sanctionierung des Erwerbes. Anders lagen da-
gegen die Verhältnisse hinsichtlich der Stadt Port, dem heutigen
St. Nicolas!) des Departements Meurthe-et-Moselle, 10 km südlich von
Nancy gelegen, und im 13. Jahrhundert, auf welches die Ansprüche
wieder zurückgingen, St. Nicolas de Port genannt. Der Name Port?)
soll dem Umstande entstammen, dass die Meurthe hier anfängt schiffbar
zu werden; den Zusatz erhielt der Ort, weil 1087 eine Reliquie des
h. Nicolaus dahin gebracht und eine Kapelle dort erbaut worden war,
Eine daselbst errichtete Abtei war Filiale von Gorze, stand aber wie
die ganze Niederlassung unter der Landeshoheit Lothringens, die vielleicht
aus der Vogtei entstanden sein mag. ‚Jedenfalls finden wir schon im
15. Jahrhundert Abtei und Flecken landesherrlich ohne Beschränkung
zu Lothringen gehörig, so dass die Beziehungen zu Gorze und demgemäss
auch zum Bistum Metz von privatrechtlicher Natur gewesen sein
müssen. Als König Karl VII. von Frankreich 1445 der Kirche und
Ortschaft Port St. Nicolas einen Schutzbrief ausstellte, begründete er
zwar diese Massnahme damit, dass die Abtei Gorze königlicher Gründung
und von Frankreich lehensabhängig sei, erwähnte aber dabei keinerlei
Beziehungen zum Bistum Metz.
Zur Reunionszeit gehörte daher Port St. Nicolas abweichend von
Sierck unbestritten zum Herzogtum Lothringen: die Zusammenfassung
beider war Folge des Vorkommens in der gleichen Urkunde.
Die Vorladung erfolgte auf Veranlassung des Bischofs von Metz
bei der Ortsbehörde in Sierck und St. Nicolas. Verhandlungen infolge
derselben fanden nicht statt, ebensowenig war der Beklagte beim
Termine vertreten. Die Beweisführung beschränkte sich auf die Vor-
lage zweier Urkunden von 1247 und von 1547. Laut ersterer ver-
pflichtete Herzog Mathias von Lothringen sich gegenüber dem Bischof
von Metz, dem Papste gegen den »ehemaligen« Kaiser Friedrich I.
(contra Friedericum quondam *) imperatorem) Hülfe zu leisten, bei
Strafe von 4000 Mark und dem Verluste des bischöflich Metzer Lehens
Sierck und der Stadt Port im Uebertretungsfalle. In der Urkunde
wird danach ausdrücklich nur Sierck, nicht auch Port als Lehen be-
zeichnet; »eidem domino episcopo totum feudum nostrum castri nostri
de Sierckes cum appenditiis, quod ab ipso tenemus, et villam nostram
de Portu pro poena eadem obligantes«. Der Wortlaut lässt nur die eine
1) Lepage, S. 135.
2) Calmet, Notice, II, S. 154.
3) Weil damals vom Papste abgesetzt.
12*
— 180 —
Auslegung zu, dass der Herzog dem Bischofe sein Lehen Sierck nebst
Zugehürigkeiten, und ausserdem sein Allod Port St. Nicolas verpfändet.
In der Kammer-Verhandlung wurde aber, ähnlich wie in andern Fällen
nachgewiesen, der Urkunde nachgeholfen, und das Lehensverhältnis auch
auf die Stadt Port ausgedehnt; es heisst hier wörtlich: »à la perte du
chateau et dependances de Sierck et de la ville de Port, qu'il avoue
tenir en fief du dit ev&que de Metze.
Die jüngere Urkunde besteht in einer Lehens-Erneuerung der
Herzogin-Witwe Marie von Lothringen vom 13. Juli 1347 für alle Be-
sitzungen die sie vom Bischof von Metz zu Lehen hatte, ohne namentliche
Aufführung derselben ; die Urkunde beweist danach für die Ansprüche
auf Sierck und St. Nicolas gar nichts.
Nicht vorgelegt wurde der Kammer eine Urkunde vom Jahre 1523),
in welcher ein Herr Philipp de Sierck, wahrscheinlich ein Sohn des
unehelichen Sohnes Arnold des obengenannten Domherrn, der einen
Teil der Privatgüter geerbt und sich ebenso wie seine Söhne wieder
Herr von Sierck nannte, vom Herzog von Lothringen 600 Goldgulden
geliehen erhalten zu haben bescheinigt und in welcher er den Herzog
wiederholt seinen gnädigsten Herrn nennt.
Die Vereinigung mit dem Bistum und Frankreich erfolgte in ge-
wohnter Weise, Huldigungs-Akte liegen nicht vor; für die Bestimmung
der Grösse muss wohl der durch den Frieden von Vincennes abgetretene
Bezirk von 30 Dörfern nach Wahl des Königs zu Grunde gelegt werden,
nicht die schwer feststellbare »Herrschaft« Sierck ; unter dieser Voraus-
setzung würde der Umfang beider Gebiete etwa 3 U] Meilen betragen.
Selbst bei Festhaltung des Reunions-Principes, dass etwaige Ge-
bietsveränderungen innerhalb vier Jahrhunderten, die durch Urkunden
nicht belegt worden sind, keine Berücksichtigung verdienen, muss die
Aneignung der Stadt St. Nicolas als ein gänzlich unbegründeter Akt
bezeichnet werden.
30.
Schloss, Gebiet und Herrschaft Kriechingen (Créhange).
Sitzung vom 16. September 1680.
Der Mittelpunkt des zu reunirenden Gebietes ist festzustellen durch
das heutige Dorf Kriechingen des Kreises Bolchen in Deutsch-Lothringen.
Die Ansprüche des Bischofs von Metz auf dieses Gebiet gingen bis
zum 15. Jahrhundert zurück, waren aber zumeist auf Urkunden des
!) Original im Bezirks-Archive zu Metz.
16. und 17. Jahrhunderts gegründet. Schloss und Dorf Kriechingen !),
im alten Niedgau gelegen, waren ursprünglich ein Teil der Herrschaft
Falkenberg, die um die Mitte des 12. Jahrhunderts im Besitze der sich
später nach der Herrschaft Finstingen benennenden Herren von Malberg
war; ihre Burgmänner waren die ausserdem in der lothringischen
Landschaft begüterten Herren von Kriechingen. Zu Anfang des 14. Jahr-
hunderts verschwindet dieses erste Geschlecht derer von Kriechingen; fast
gleichzeitig erscheint aber eine zweite Linie, gleichfalls lehensabhängig
von Falkenberg, die in den folgenden Jahrhunderten auf verschiedene
Weise, durch Kauf, Heirat etc., dabei auch durch Belehnungen von
Seiten des Bistums Metz ihre Besitzungen derartig vergrösserte, dass
die Herrschaft 1617 vom Kaiser Mathias zur Grafschaft erhoben und
spätestens von dieser Zeit an als reichsunmittelbar behandelt ?) werden
konnte. Sie umfasste zur Reunionszeit 17 Schlösser und 40 Herr-
schaften, die in 4 Enclaven vom Herzogtum Lothringen und dem Bistum
Metz umschlossen, auf dem linken Ufer der Saar, mit 2 Enklaven, Saar-
wellingen und Püttlingen, auch Hessen-Püttlingen genannt), im Bereich
der Grafschaft Saarbrücken lagen.
Kriechingen gehörte zu den Herrschaften, auf welche das Metzer
Parlament schon kurz nach dem Westfälischen Frieden seine Befugnisse
auszudehnen versucht hatte; im Jahre 1677 war eine französische
Besatzung in das Schloss gelegt worden, die aber vom Herzoge von
Lothringen überfallen und gefangen ward; zur Reunionszeit finden wir
die Grafschaft wieder im Besitze ihrer angestammten Herren. |
Die Zustellung der Vorladung war schon am 18. März in Krie-
chingen erfolgt; wie aus dem Urteile hervorgeht, waren der Kammersitzung
längere Verhandlungen vorangegangen, am 14. Mai hatte der regierende
Graf Kriechingen der Kammer erklären lassen, dass er den Beweis
führen werde, nicht Vasall des Bistums zu sein, und sich erboten,
den Urkunden des Bischofs andere entgegen zu stellen. Das An-
erbieten wurde angenommen, die Kammerverhandlung daher anberaumt,
um in derselben den Inhalt und die Beweiskraft der beiderseitigen
Urkunden gegen einander abzuwägen. Französischerseits wurden, ab-
gesehen von den nichtssagenden allgemeinen Urkunden, in erster Linie
1) Lothr. Territ. S. 288 ff.; Chatelain, histoire du comté de Créhange im
Lothr. Jahrb., III. Jahrg.
2) Nach Lothr. Territ. S. 124 ist der Lehensverband 1617 gelöst worden;
worauf diese Angabe sich stützt, ist nicht ersichtlich.
8) Zum Unterschiede von den gleichnamigen Orten bei Saaralben und bei
Diedenhofen s. S. 82.
— 182 —
Prokotolle über in Metz abgehaltene Vasallen-Tage vorgebracht; das
älteste vom Jahre 1403, in welchem Herr Johann von Kriechingen
unter den anwesenden Vasallen aufgeführt wird, ohne dass angegeben
wäre, auf welchen Besitz die Metzer Lehensherrlichkeit sich bezog;
genau ebenso verhält es sich mit einer Reihe jüngerer Protokolle aus
den Jahren 1520—1569. Die letzte vom Kläger vorgebrachte Urkunde
war aber den französischen Ansprüchen geradezu ungünstig; bei einer
am 26. Januar 1566 in Metz abgehaltenen Versammlung der Stände
des Bistums weigerten sich die Herren von Kriechingen, ebenso wie
die anwesenden Grafen von Bitsch und Hanau-Lichtenbers !), die Beiträge
für Reichszwecke an das Bistum zu zahlen, da sie reichsunmittelbare
Herren seien und als solche Beiträge leisten müssten. Der Bischof
bestand darauf, dass sie für die Lehen, die sie von seinem Bistum
hätten, an ihn Beiträge zahlten, versprach sie aber zu entschädigen,
wenn sie auch für diese Zahlung an das Reich leisten müssten; aus
dem Sinne und Wortlaute der (im Original vorliegenden) Verhandlung
geht zweifellos hervor, dass die Grafen zwar einzelne Lehen vom
Bistum hatten, dass diese aber nur einen kleinen Teil ihrer Besitzungen
und jedenfalls nicht den alten Stammsitz umfassten. In noch höherem
Grade liessen die vom Grafen Johann Ludwig vorgebrachten Urkunden
die französischen Ansprüche als hinfällig erscheinen. Nach Zeugnis
dieser hatten im 16. und 17. Jahrhundert die Herren von Kriechingen
unmittelbar mit dem Kaiser, dem oberrheinischen Kreisdirektorium und
dem Reichskammergericht verkehrt; von dem Kreisdirektorium legten
sie eine ganze Reihe von Quittungen und Aufforderungen zu Zahlungs-
leistungen für das Reichskammergericht und die Kriegsführung des
Reiches vor. Vom ‚Jahre 1597 wurde ausserdem ein Schutzbrief
König Heinrichs IV. von Frankreich beigebracht, in welchem klar aus-
gesprochen ist, dass Kriechingen zum Reich gehöre. Die wichtigsten
Urkunden waren aber 3 Lehenserneuerungen der Grafen beim Bischof
von Metz aus den Jahren 1561, 1600 und 1609, in welchen die
bischöflichen Lehen einzeln aufgeführt sind; darnach waren dieselben
nur: die Herrschaften Bacourt, Püttlingen und ein Teil der Orte
Tetingen, Lellingen und Elferdingen. In letzter Linie legten die Ver-
treter des Grafen einen Beschluss des Rates des Bistums Metz vom
Jahre 1651 vor, dahin lautend, dass die Grafschaft Kriechingen reichs-
unmittelbares Land und weder Lehen noch freies Allod des Bistums,
vielmehr von diesem ganz unabhängig sei.
') Bei diesen Reunionen nicht verwertet.
— 15 —
Auf den kaiserlichen Erlass von 1617, laut welchem der Lehens-
Verband mit dem Metzer Bistum als formell aufgehoben angesehen
werden musste, beriefen die gräflichen Vertreter sich hiernach nicht;
trotzdem war auch den übrigen Beweisen gegenüber die ursprüngliche
Absicht, das Gebiet für ein Lehen des Bistums zu erklären, nicht mehr
durchführbar. Der Antrag der Kläger ging nunmehr dahin, die Kammer
möge die Grafschaft als freies Allod des Bistums (»franc-alleu de
l'évêché<) erklären und daher nach dem Gewohnheitsrecht der Gerichts-
‚barkeit des Oberamtes Vic und des Parlamentes zu Metz unterstellen;
begründet wurde diese Forderung nur damit, dass das Gebiet innerhalb
der Haupt-Besitzungen des Bischofs von Metz gelegen sei (»6tant
enclavé dans les seigneuries principales de l’église de Metz«). Die
Verweigerung der Zahlung von Reichsbeiträgen durch Vermittelung des
Bischofs im Jahre 1566 sei nur ein Beweis dafür, dass die Grafen
sich ihren natürlichen Herren hätten entziehen wollen (pour se soustraire
à leurs seigneurs naturels). Ganz hinfällig sei die Erklärung des bischöf-
lichen Rates vom 17. Oktober 1651, da sie von Leuten ohne Vollmacht
und ohne Kenntnis der Rechte ihrer Kirche (gens sans pouvoir ni
connaissance des droits de son église) abgegeben seien.
Der Kammerbeschluss trat dieser Auffassung im allgemeinen bei,
unterschied aber hinsichtlich der Zugehörigkeit zum Bistum zwischen
Lehen und Allod; die in den Urkunden von 1561, 1600 und 1609
genannten Besitzungen wurden als Lehen, die ganze übrige Grafschaft
als freies Allod dem Bistum zugesprochen; für erstere solle der Graf
in der üblichen Frist die Huldigung erstatten, für das freie Allod aber
das Parlament von Metz, zur Zeit Landesgerichtshof des Bistums, dem
(rewohnheitsrechte entsprechend anerkennen, und eine Erklärung (dé-
claration) des freien Allods und seiner Zugehörigkeiten innerhalb eines
Monates abgeben; dann aber ward die ganze Grafschaft in gleicher
Weise wie alle übrigen als Lehen reunierten Gebiete der vollen Sou-
veränität der französischen Krone unterstellt. Das ganze Urteil unter-
schied sich hiernach nur in einer unbedeutenden Formsache von den
vorhergegangenen; thatsächlich bestand in der Art der Einverleibung
in Frankreich ebensowenig ein Unterschied, wie zwischen der Erklärung
(déclaration) und der Aufzählung (denombrement) der Gebietsteile ;
dementsprechend unterscheidet sich das im Original erhaltene Lehens-
verzeichnis in nichts von allen übrigen derartigen Schriftstücken. Das-
selbe zählt die Einzelteile des Besitzes, darunter auch die Herrschaft
Püttlingen und die gleichfalls rechtssaarische Enklave Saarwellingen-
Reisweiler auf. Die Grösse des reunierten Gebietes ist danach genau
— 184 —
zu bestimmen, und beträgt rund 5 ÜMeilen. Auffallend ist bei der
Reunion von Kriechingen, dass in der Begründung nicht auf die Aus-
legung des Wortes »distrietus« als diöcesis zurückgegriffen wurde, da
bei der französischen Forderung der Diözese die Einschränkung, dass
die abzutretenden Reichsgebiete Lehen eines der Bistümer sein müssten,
nicht ausgesprochen worden war!). Wie der angegebene Wortlaut des
Erkenntnisses zeigt, war die geographische Lage der Grafschaft der
einzige vorgebrachte Grund für die Reunion des weitaus grössten Teiles
des Gebietes.
Im Jahre nach dem Reunionsbeschluss, 5. Mai 1681, starb der
letzte Graf der regierenden Linie; es entstand nunmehr ein Erbstreit
zwischen der jüngern männlichen und der ältern weiblichen Linie, da
die erstere die Grafschaft als Mannlehen, die letztere, auf den Wort-
laut des Reunions-Beschlusses sich stützend, als Patrimonial-Lehen
angesehen haben wollte. Das Parlament zu Metz, dem der Streitfall
in Folge der Reunion überwiesen wurde, erkannte naturgemäss zu
Gunsten der weiblichen Linie, da im Reunionsbeschluss auf das links-
saarische (rewohnheitsrecht Bezug genommen war; die verwitwete
Reichsgräfin Anna Dorothea von Ostfriesland, Schwester des 1681 ver-
storbenen Grafen, war daher die Erbin; sie legte das schon erwähnte
Lehens-Verzeichnis vor, und blieb auch nach dem Frieden zu Ryswick
im ungestörten Besitz der Grafschaft.
Stadt, Gebiet und Herrschaft Verton.
Sitzung vom 24. Oktober 1680?).
Verton ist das heutige Virton, eine Arrondissements-Stadt im
südlichen Teil der belgischen Provinz Luxemburg. Von Alters her
war der Ort unter dem heutigen?) Namen, wenngleich zur Diözese
Trier gehörig, im Besitze des Bistums Verdun“), aber spätestens seit
Mitte des 15. Jahrhunderts den benachbarten Grafen von Chiny zu
Lehen gegeben, welche sie wiederholt jüngern Söhnen als Afterlehen
!) Die wahrscheinliche Erklärung s. weiter unten.
?) Ueber die Reunions-Sitzungen vom 24. Okt. 1680 (Virton), 21. April 1681
(Chiny) und 5. April 1683 (Longwy etc.) s. auch Grob, zur Geschichte d. Jahre
1680—1682 in Ons Hémecht, Organ des Luxemburger Geschichtsvereins 1898,
IV. u. 1899 V. Verfasser sucht hier eingehend die besonders Spanien gegenüber
nicht zweifelhafte Unrechtmässigkeit des französischen Vorgehens nachzuweisen.
#) Jeantin, histoire du comté de Chiny 1859.
*) Calmet, notice II. S. 888.
— 15 —
übertrugen. Verton wurde seither stets als ein Teil der Grafschaft
Chiny angesehen und behandelt, ging daher auch mit dieser 1340 durch
Kauf an das Herzogtum Luxemburg über, zunächst unter Aufrecht-
haltung der Lehensherrlichkeit des Bistums Verdun, wie die zur Vor-
lage gekommenen Urkunden erweisen werden. Da die ganze Grafschaft
Chiny in besonderer Sitzung am 20. April 1681 reuniert wurde, dürfte
die besondere Reunion Vertons auf die wiederholt hervorgehobene
geographische Unkenntnis der Kammer zurückzuführen sein; anderer-
seits wäre es auch möglich, dass durch die Besetzung von Verton die
weiteren Grundlagen für die Ansprüche auf die ganze Grafschaft erst
gefunden worden sind.
Der Anspruch wurde erhoben von dem Domkapitel zu Verdun,
die Vorladung bei der Ortsbehörde abgegeben; die Verhandlung fand
in contumaciam statt. Vorgelegt wurden in erster Linie neun allgemeine
Investituren der Bischöfe von Verdun; dann als erste Sonderurkunde
für Verton ein Gesuch des Grafen von Chiny vom Jahre 1257 an den
Bischof von Verdun, seinen gnädigen Herrn (loyal seigneur), die Unter-
belehnung eines Sohnes mit der Stadt Verton genehmigen zu wollen.
Es folgten drei Urkunden des Jahres 1268, nach denen der Graf Ludwig
von Chiny von seinem Lehensherrn, dem Bischofe Robert von Verdun,
600 Lire entliehen und demselben als Entgelt die Einkünfte seines
Lehens Verton zurückerlassen hatte. Der Bischof hatte aber zur weiteren
Sicherheit 4 Bürgen sich stellen lassen, darunter den Grafen von
Apremont, dessen Verpflichtung eine der vorgelegten Urkunden enthielt.
Die Einkünfte scheinen dem Bischof aber nicht genügt zu haben; im
folgenden Jahre werden ihm auf Grund der Schuld vom Grafen Ludwig
auch die Einkünfte der Stadt Etain überwiesen; in allen den genannten
Schriftstücken wird der Graf ausdrücklich als der Lehensmann des
Bischofs für Verton bezeichnet. Diese Lehensherrlichkeit dauerte auch
zur luxemburgischen Zeit noch fort; wie zwei vorgelegte Lehenserneue-
rungen beweisen, die eine bewirkt durch König Johann von Böhmen,
Herzog von Luxemburg 1340, die andere in dessen Auftrage durch
Beamte im Jahre 1348. Der Kammerbeschluss lautete auf Reunion
der Herrschaft und Verpflichtung der Huldigung Seitens des angeblichen
Herrn unter den gewohnten Formen. Lehenshuldigungen liegen nur
für unbedeutende Gerechtsame Seitens dreier Privatpersonen zu Verton
vor; eine Angabe über die Grösse des Gebietes kann daher nicht
gemacht werden; nach dem Wortlaute der Urkunden, in denen keine
anderen Oertlichkeiten genannt werden, scheint es sich nur um die
Stadt und deren Gemarkung gehandelt zu haben.
— 186 —
Ihre frühere Lehensabhängigkeit dürfte nach den Urkunden ausser
Frage stehen; da Verton aber zu den spanischen Niederlanden gehörte,
konnten die Abmachungen des Westfälischen Friedens zwischen dem
Reich und Frankreich hier keine Anwendung finden.
32.
Schloss, Gebiet und Herrschaft Bitsch.
Sitzung vom 24. Oktober 1680.
Bitsch, die durch die Belagerung von 1870 bekannte Stadt und
Festung, gehört heute zum deutsch-lothringischen Kreise Saargemünd.
Die Ansprüche Frankreichs gingen bis zum 13. Jahrhundert zurück.
Das Schloss und die zugehörige Herrschaft war von Alters her ein
Teil des Herzogtums Lothringen, und diente vor dem 14. Jahrhundert
wiederholt zur Belehnung jüngerer Söhne oder anderer Verwandten
des Herrscherhauses!); im späteren Mittelalter wird die Herrschaft
infolge des gräflichen Charakters ihrer nunmehrigen Besitzer zumeist
als Grafschaft bezeichnet. Im Jahre 1297 nämlich?) hatte Graf Eber-
hard von Zweibrücken die Herrschaft Bitsch gegen Abtretung der
Burgen und Vogteien Mörsberg (Marimont), Lindern und Saargemünd
von dem Herzog Friedrich III. von Lothringen eingetauscht, worauf die
von ihm vertretene Linie des Zweibrücker Grafengeschlechtes dauernd
ihren Sitz in Bitsch nahm und dessen Namen ihrem Titel zufügte.
Unter den Nachfolgern des Grafen Eberhard wurde die Herrschaft
mehrfach vergrössert, insbesondere 1480 infolge von Heirat durch
die nordöstliche Hälfte der Grafschaft Hanau-Lichtenberg, 1485 infolge
von Erbschaft durch die Grafschaft Ochsenstein.
Im Jahre 1570 starb das Geschlecht in männlicher Linie aus:
Gemahl der einzigen Tochter des letzten Grafen war Philipp V. von
Hanau-Lichtenberg, der auch sofort, »bevor noch Graf Jakob kalt ge-
worden«, Besitz von Schloss und Herrschaft Bitsch ergriff. Die Eile
war allerdings gerechtfertigt; neben ihm erhoben drei andere Familien-
mitglieder weiblicher Erbfolge Ansprüche auf Teile der Grafschaft.
Oberlehensherr war Herzog Karl III. von Lothringen, der, augenschein-
lich von Verdrängungsplänen geleitet, zwar die Ansprüche aller vier Be-
1) In einem sonst vortrefflichen Aufsatze von Creulzer, statistique du canton
de Bitche (mémoire de l’académie nationale de Metz, XXXIII, Metz 1852, II,
S. 147) wird Bitsch als »ancien fief de l’église de Metz« bezeichnet, aber keinerlei
Beweis für diese Angabe beigebracht.
*) Der Folgende nach dem Lothr. Jahrbuch IVa. S. 1 ff.
werber durch Belehnungen befriedigte, unmittelbar darauf aber aus dem
Versuche des Grafen Philipp, die Reformation in der Herrschaft einzu-
führen, Grund oder Vorwand zum Einschreiten nahm. Nach Zurück-
weisung eines von ihm zur Wiederherstellung der katholischen Religion
entsandten Bevollmächtigten und Ablehnung anderer Forderungen
wurden 1572 Schloss und Herrschaft Bitsch gewaltsam durch loth-
ringische Truppen besetzt; nur durch rasche Flucht entging der Graf
der Gefangenschaft. Er klagte nunmehr gegen den Herzog wegen
Landfriedensbruches beim Kaiser; der Prozess nahm aber durch Ver-
weisung an das Reichskammergericht den gewohnten langsamen Verlauf,
während dessen die Herrschaft Bitsch wiederholt von Lothringen ander-
weitig verpfändet wurde. Nachdem auch mehrere Reichstage und der
oberrheinische Kreistag erfolglos mit der Sache sich beschäftigt hatten,
traten endlich die Beteiligten selbst in Ausgleichverhandlungen, die
1606 zu einem endgültigen Ergebnisse führten; nach dem getroffenen
Uebereinkommen wurde der kleinere Teil der Grafschaft, das nach-
herige Amt Lemberg, den Grafen zurückgegeben, der Rest aber blieb
dem Herzogtum Lothringen einverleibt. Dieser Hauptteil der Grafschaft
wurde 1668 von Herzog Karl IV. von Lothringen seinem uneben-
bürtigen Sohne, dem Prinzen Karl Heinrich von Vaudemont, zu Lehen
segeben, war aber zur Reunionszeit mit dem übrigen Lothringen im
thatsächlichen Besitze Frankreichs, die Hauptstadt selbst allerdings erst
seit wenigen Monaten, da sie während des zweiten Raubkrieges mit
Zustimmung des Herzogs von Lothringen von kurfürstlich-mainzischen
Truppen besetzt worden war. Nach dem Frieden von Nymwegen hatte
darauf Ludwig XIV. den Kurfürsten‘ von Mainz zur Räumung auffordern
lassen; da diese abgelehnt wurde, marschierte Marschall Humieres ‘
nach der Wegnahme von Homburg!) am 18. September gegen die
Festung und erzwang mit nur 500 Dragonern und 2 Geschützen die
Uebergabe ohne Blutvergiessen, da die Besatzung nur aus 40-50
schlechten Soldaten (fort mauvais hommes) bestand). Die Reunions-
kammer sollte nunmehr auch die rechtliche Vereinigung mit Frankreich
bewirken. Da der Prinz von Vaudémont auf Grund der Vorladung
mit der Kammer in Beziehung trat, lag hier, ähnlich wie bei Kriechingen,
der Schwerpunkt der Verhandlungen nicht in der Kammersitzung; der
Prinz hatte auf die Aufforderung, Urkunden für den Nachweis seiner
Berechtigung vorzulegen, erklärt, solche nicht zu besitzen. Durch die
DES E 86,
2) Rousset, histoire de Louvois, III, S. 12, nach einem Briefe Louvois’ an
den König.
— 18 —
Reichstags-Verhandlungen (bei dem Erbfolgestreite) sei der Beweis zu
führen, dass die Grafschaft reichsunmittelbares Allod sei; er wolle aber
die verlangte Huldigung leisten, falls Seitens des Bischofs der Beweis
für die Lehensabhängigkeit seines Besitzes beigebracht werden könne.
Infolge dieser Erklärung wurden dem Prinzen die nachfolgenden
Urkunden zugestellt:
1. Die Erklärung eines Herrn Alexandre von Bitsch vom Jahre 1251,
dass er Lehensmann des Bischofs Jacob von Metz sei, ohne Angabe
des Lehens.
2. Sitzungsberichte über Vasallentage in Metz, abgehalten in den
Jahren 1520 bis 1550, in denen unter den Vasallen an dritter Stelle
die Grafen von Bitsch aufgeführt sind, wiederum ohne Angabe des Lehens.
3. Der auch für die Reunion von Kriechingen!) verwertete Bericht
über den Ständetag des Bistums vom 26. Januar 1566, laut welchem
auch der Graf von Bitsch die Zahlung der Reichssteuern an den Bischof
für die von letzterem abhängigen, auch hier nicht genannten Lehen
verweigerte. Auf Grund dieser Urkunden scheint der Prinz zur Er-
füllung der Lehenspflichten sich bereit erklärt zu haben; in der Kammer-
sitzung wurde er unter den gewohnten Formen zum Vasallen des
Bistums erklärt. Der Prinz kam den Forderungen baldigst nach; am
16. Januar 1681 erstattete er die verlangte Huldigung, am 22. Dezember
desselben Jahres legte er sein Lehens-Verzeichnis vor, welches, mit
Ausnahme des Amtes Lemberg, die ganze Grafschaft mit einem Umfange
von 10L] Meilen umfasst.
Trotz der Bereitwilligkeit des seinem Vater unähnlichen Prinzen
liegt es auf der Hand, dass dieser Reunion auch nicht der Schein
eines Rechtes zur Seite stand, da an keiner Stelle ein Lehensverhältnis
der Grafschaft Bitsch zum Bistum auch nur andeutungsweise ausge-
sprochen wird.
33.
Schloss, Gebiet und Herrschaft Oberstein.
Sitzung vom 7. November 1680.
Der Hauptort der ehemaligen Herrschaft Oberstein ist heute eine
kleine, von einer Schlossruine überhöhte Stadt der oldenburgischen
Enclave Birkenfeld im Nahe-Gebiete. Die Herrschaft, hervorgegangen
aus dem südlichen Teile des Nahegaues, war im 13. Jahrhundert, aus
welchem die französischen Ansprüche hervorgeholt wurden, als Lehen
des Erzbistums Trier im Besitze der Herren von Daun und Oberstein,
1) s. S. 180; bei der Verwertung für Bitsch ist der 15. Januar angegeben;
welches Datum das richtige, ist nicht festzustellen.
— 189 —
welche bis zu ihrem Aussterben, 1670, sich dauernd in demselben be-
haupteten; die Herrschaft kam nunmehr in weiblicher Erbfolge an den
Grafen Johann Karl August von Leiningen-Heidesheim, für welchen
Graf Emich Christian von Leiningen-Dagsburg die Verwaltung führte.
Dieser erhielt die Aufforderung, vor der Kammer zu erscheinen am
10. August, reichte aber am 20. September eine Gegenvorstellung ein,
in welcher er die Herrschaft als ein Lehen des Erzbistums Trier be-
zeichnete. Zum Beweise dafür legte er eine Lehenserneuerung von 1327
vor, bewirkt durch Wirich, Herrn von Daun und Oberstein, beim Erz-
bischof Balduin von Trier, in welcher in bestimmter Weise die Herr-
schaft Oberstein als Trierer Lehen bezeichnet ist. Dieser stellte der
Bischof von Metz eine Urkunde von 1245 gegenüber, die aber nur
durch den wiederholt hervorgehobenen Kunstgriff der Kammer im Sinne
der Reunion zu verwerten war, da in ihr nämlich der Herr von Ober-
stein zwar als Vasall des Bischofs von Metz bezeichnet wurde, aber
keine Angaben darüber enthalten waren, auf welche Lehen diese
Vasallität sich bezog; nach ihrem ganzen Inhalte ist vielmehr mit
einiger Sicherheit zu schliessen, dass es sich um ein Lehen im Bereiche
der Grafschaft Bar gehandelt hat, da das frühere Verhältnis des Herrn
von: Oberstein zum Grafen von Bar in der Urkunde als gelöst und
durch die Vasallität zum Bistum Metz ersetzt bezeichnet wird. Infolge
dieser verschiedenen Auffassung kam es zur förmlichen Kammerverhand-
lung; in derselben wurde auf Antrag der Kläger der Gegenbeweis
der Grafen von Leiningen für null und nichtig erklärt, da die Urkunde
in einer nicht genügend beglaubigten Abschrift vorgelegt sei, trotzdem
auch die bischöfliche Urkunde nur in Abschrift vorlag‘); wolle man
aber, so wurde weiter ausgeführt, die Abschrift gelten lassen, so be-
weise das Schriftstück nur die Untreue des Vasallen, dessen älterer
Herr der wahre und rechtmässige (veritable et legitime) gewesen sei.
Die Kammer beschloss dementsprechend. Ein Huldigungs-Akt für die
Herrschaft Oberstein liegt nicht vor; nach Karten ist die Grösse der-
selben zu etwa 11/20] Meilen zu bestimmen.
34.
Gebiet und Herrschaft Rembercourt-aux-Pots.
Sitzung vom 7. November 1680.
Das Gebiet ist zu bestimmen durch die Lage des heutigen Fleckens
Rembericourt-aux-Pots?) im Departement Meuse, 20 km nördlich der
1) Die im Bezirks-Archiv zu Metz vorgefundene Abschrift ist beglaubigt;
es ist zweifellos die der Kammer vorgelegte.
2) Lienard, S. 190.
=. 00
Stadt Bar-le-Duc. Der Anspruch erfolgte durch das Domkapitel zu
Verdun unter Zurückgehen bis auf das 15. Jahrhundert. Das Gebiet
sehörte von Alters her zum Besitze des Bistums Verdun); sicher ist,
dass die Bischöfe im späteren Mittelalter Lehensherren der Herrschaft
waren und im Anfange des 16. Jahrhundert deren Verkauf an den
Herzog von Lothringen in zwei Stufenfolgen genehmigten. Durch die
früher erwähnten Tauschverträge von 1546 und 1561?) gewannen zwar
die Bischöfe einen Teil ihrer Gerechtsame wieder zurück ; bereits 1561
folgte aber die völlige und vorbehaltlose Abtretung des Gebietes an
das Herzogtum durch Bischof Pseaume von Verdun. Der Beweis der
früheren Zugehörigkeit zum Bistum Verdun wurde in erster Linie durch
zwei Urkunden von 1400 bezw. 1403 geführt, laut welchen ein Edel-
mann aus Rembercourt-aux-Pots dem Bischofe Huldigung erstattet und
zwar in der ersteren für sein Lehen in der Stadt, in der zweiten für
die Stadt selbst nebst abhängigem und zugehörigem Gebiete, also für
die Herrschaft Rembercourt; in der letzteren Urkunde wird derselbe
auch ausdrücklich als Herr von Rembercourt - aux - Pots bezeich-
net. Die spätere Fortdauer dieser Lehensherrlichkeit wird durch
eine Urkunde vom Jahre 1500 bezeugt, laut welcher Herzog Re-
natus von Lothringen sich ausdrücklich als Vasall des Bistums für
den Bann und die Herrschaft Rembercourt-aux-Pots bekennt und
die schuldige Huldigung durch einen Bevollmächtigten abstatten zu
dürfen bittet; wie aus der Urkunde hervorgeht, war der Besitz in
demselben Jahre, aber nur zum Teil, durch Kauf in seine Hände ge-
langt. Ausser dieser wurde eine ebenso beweiskräftige Urkunde vom
Jahre 1527 vorgelest, laut welcher der Bischof von Verdun als Landes-
herr der Herrschaft die Erlaubnis zum Verkauf eines Viertels an den
Herzog Anton von Lothringen erteilt, sodass nunmehr das ganze
Lehen im Besitze des Herzogs war. Der Beschluss der Kammer bietet
nichts Erwähnenswertes; Huldigungs-Akte liegen nur für unbedeutende
(rerechtsame vor; für die Grösse bieten daher nur Karten einen ge-
wissen Anhalt, nach welchen das Gebiet einen Umfang von rund
*/1 [0 Meilen haben dürfte. Da die frühere Lehensabhängigkeit zweifel-
los ist, gehört die Reunion zu den nach französischer Auffassung des
Westfälischen Friedens berechtigten. Das Gebiet wurde aber als Lehen
dem Bistum Verdun zugesprochen, während es bei Geltendmachung
des Wortes districtus zu Toul gekommen wäre, da es in dessen
Diözese lag.
1) Calmet, Notice II, S. 166.
DÉS D RL)
— 191 —
35.
Schloss und Flecken Mussey.
Sitzung vom 28. November 1680.
Von der ehemaligen Oertlichkeit ist heute nur noch eine im
Walde gelegene Ruine, mit Namen Mussy!), übrig, welche nahe der
Stadt Longuyon liegt, und also dem Departement Meurthe-et-Moselle
angehört. Im 12. Jahrhundert wird das Schloss als Muceium castrum
erwähnt), auch in der zur Begründung der Ansprüche aus dieser Zeit
vorgelegten Urkunde. Im 14. Jahrhundert kommt dasselbe unter dem
Namen Mussey vor, wird aber in späterer Zeit stets wie heute Mussy
genannt. Der Name, den die Reunionskammer auf Grund der älteren
Urkunden für das Schloss anwendet, hat in der mehrerwähnten
Reunionskarte von Nolin anscheinend zu einer Verwechslung Veran-
lassung gegeben, da in dieser Mussy gar nicht, das Dorf Mussey aber,
welches 7 Kilometer nordöstlich der Stadt Bar-le-Duc liegt, mit einem
angemessenen Reunionsgebiet von etwa */1 []Meilen eingetragen ist,
was besonders die Willkürlichkeiten der Eintragungen in dieser
Reunionskarte beweist. Dass auch die Kammer diesen Irrtum begangen
haben sollte, darf bei der wiederholt nachgewiesenen Oberflächlichkeit
nicht ganz ausgeschlossen werden, wenngleich in einer der vorgelegten
Urkunden das Schloss ausdrücklich als »Mussey pres Longuyon« be-
zeichnet wird; für die Vermutung spricht aber neben der angeführten
Karten-Eintragung auch der Umstand, dass für alle anderen Reunionen
die Ortsnamen damaliger Zeit angewendet wurden.
Schloss Mussey?) war ursprünglich Besitztum der Erzbischöfe von
Trier gewesen, aber bereitsim 12. Jahrhundert an das Bistum Verdun abge-
treten worden. Anfangs des 14. Jahrhunderts verpfändete Bischof Niko-
laus Schloss und Flecken dem Grafen Peter von Bar und bewirkte dadurch
die dauernde Zugehörigkeit zum Herzogtum Lothringen-Bar, anfänglich
unter Wahrung der Lehensherrlichkeit; nach 1436 ward, allerdings
soweit erkennbar zum letzten Male, dem Bischofe von Herzog Renatus I.
in der Kathedrale zu Verdun feierlich für Mussey gehuldigt. Während
der Bedrängnis durch Frankreich hatte Herzog Karl IV. eine Zuflucht
im Schlosse gefunden; als daher die Franzosen 1670 sich des ganzen
Herzogtums bemächtigten, schleiften sie die dortigen Befestigungen und
liessen eine Besatzung daselbst.
1) Liénard, S. 163.
2) Calmet, Notice I, S. 945.
Be, —
Die Vorladung erfolgte bei dem Forstmeister (gruyer) von Mussey;
ihr wurde keine Folge gegeben. Die Ansprüche des Domkapitels von
Verdun wurden zunächst durch ein Abkommen vom Jahre 1160 belegt,
laut welchem Erzbischof Hillin von Trier Schloss und Flecken an den
Bischof von Verdun als Lehen des Erzbistums abtritt, um für Frieden
und Schadloshaltung der Kirche Verdun zu sorgen (»indemnitati et
paci Virdunensis ecclesiae providere cupientes« heisst es in der im
Original erhaltenen Urkunde)t). Weiterhin vorgelegt wurde die Urkunde
ohne Datum, laut welcher durch Bischof Nikolaus von Verdun, der von
1305—1312 regierte, Schloss Mussey dem Grafen Peter von Bar zu
Lehen gegeben wurde; von dessen Nachfolgern wurden 3 Lehenserneuerun-
gen beigebracht, 2 vom Grafen Eduard von Bar aus den Jahren 1315
und 1322, eine vom Grafen Robert von Bar von 1399. Die Lehens-
huldigung von 1436 kam dagegen nicht zur Kenntnis der Kammer.
Schloss und Flecken wurden in gewohnter Weise reuniert; Huldigungs-
Akte liegen nur für Einzelbesitzungen im Flecken Mussey vor; da aber
in der Verhandlung sowohl wie in den Urkunden stets nur Schloss und
Flecken Mussey angeführt werden, ist als Reunionsgebiet nur der Bann
des letzteren anzusehen.
36.
Schloss, Gebiet und Herrschaft Rixingen (R&chicourt).
Sitzung vom 5. Dezember 1680.
Rixingen, das heutige gleichnamige Dorf des deutsch-lothringischen
Kreises Saarburg, wird als Sitz einer besonderen Herrschaft zuerst im
13. Jahrhundert, auf welches auch die Ansprüche der Kammer zurück-
gingen, genannt.
Im Jahre 1241 bestätigt Graf Dietrich von Rixingen einen Rechts-
akt seines Bruders Heinrich, Landgrafen von Elsass; Graf Dietrich
besass neben Rixingen auch die Herrschaften Forbach, Marimont?) und
Habudingen; nach ersterer nannte er sich auch Graf von Forbach;
wahrscheinlich ist er der Gründer dieser besonderen Linie°).
1255 kamen die Herrschaften Rixingen und Marimont, anscheinend
durch Auftragung, in Lehensabhängigkeit vom Bistum Metz. 1291 fand
2) Abgedruckt bei Beyer, Mittelrheinisches Urkundenbuch 1860, I, No. 619;
in der gedruckten Verhandlung wird die Urkunde irrtümlich auf 1159 datiert
und der Erzbischof »Guillaume« genannt.
?) Nicht zu verwechseln mit Marimont im Kreise Chäteau-Salins; dass nicht
dieses anzunehmen ist, folgt zweifellos aus dem Lehens-Verzeichnis.
®) s. Witte im Lothr. Jahrb., Vb, S. 83 ff.
— 193 —
sodann eine Teilung zwischen 2 Brüdern statt, von denen Graf Konrad
Rixingen mit Marimont und Habudingen, sein Bruder Forbach erhielt.
Des Ersteren Linie starb aber schon im Beginn des folgenden Jahr-
hunderts aus; das Gebiet kam dadurch an den Gatten der Tochter
Johanna des letzten männlichen Sprossen, den Grafen Fritzmann von
Leiningen, dessen Linie sich von jetzt ab Leiningen-Rixingen nannte
und die Lehensherrlichkeit von Metz dauernd anerkannte. Nach mehreren
Teilungen vereinigte Graf Leiningen-Westerburg 1593 wieder beide
(Gebiete in seiner Hand; 1669 gingen sie aber durch Kauf an den
dänischen Kanzler Friedrich von Alefeld über, der zur Reunionszeit
daher in deren rechtmässigem und unbestrittenem Besitze war. Die
Vorladung wurde bei der Ortsbehörde in Réchicourt abgegeben; zum
Termin war keine Beantwortung erfolgt. Die Begründung geschah in
erster Linie durch Vorlage zweier Urkunden aus dem 13. Jahrhundert, eine
Lehensauftragung vom Jahre 1255, laut welcher Dietrich Herr (Sire) von
Rechicourt und Marimont sich beim Bischof Jacob von Metz für diese Herr-
schaft als Lehensmann bekennt!) und einen Abtretungs-Vertrag von 1286,
durch welchen Graf und Gräfin von Rechicourt die Einkünfte dieser Lehen
‚ir 12 220 dem Bischof Bouchard von Metz zurücküberweisen. Aus
der Leiningenschen Zeit wurden eine grosse Zahl von Lehenserneuerungen
vorgelegt ; die- älteste vom Jahre 1416, die jüngste von 1593.
Der Kammerbeschluss erfolgte in gewohnter Form; seitens des
Kanzlers Alefeld wurde ihm alsbald Folge gegeben. Nach dem vom
14. Mai 1681 datierten Lehensverzeichnis für die Grafschaft Réchicourt
und die Herrschaft Marimont beträgt der Umfang beider Gebiete
3 DOMeilen. Die Lehensabhängigkeit beider Gebiete bis zum Beginne
des 17. Jahrhunderts steht nach dem Gesagten ausser Zweifel, zumal
die Urkunden meist im Original vorgefunden sind, darunter die Lehens-
erneuerung von 1593; auch gehörten beide Herrschaften zur Diözese
Metz. Die Reunion dürfte daher als eine nach der französischen Aul-
fassung des Westfälischen Friedens berechtigte zu bezeichnen sein.
Ueber die sehr verschiedene staatsrechtliche Stellung eines deutschen
und eines französischen Vasallen wird der so bereitwillige Kanzler
wohl bald nach seiner Huldigung aufgeklärt worden sein.
3%
Stadt Etain und Zugehörigkeiten.
Sitzung vom 9. Dezember 1680.
Etain?) ist heute eine Stadt des Departements Meuse, 20 km öst-
lich Verdun gelegen. Die Ansprüche auf die Stadt wurden bis auf das
1) Von Witte anscheinend übersehen; s. 5. 82.
?) Liénard, S. 79; Bonnabelle in mém. de la soc. d’arch. lorr., 5.3, VI, S. 73.
13
2 oe
8. Jahrhundert zurückgeführt, hauptsächlich aber durch Urkunden des
13. Jahrhunderts gestützt. Von Alters her der St. Eucharius-Kirche zu
Trier gehörig, kam der Ort 1222 durch Tauschvertrag an die Kirche
St. Madeleine zu Verdun!), deren Stiftsherren aber schon 1224 ihn nebst
Zugehôrigkeiten dem Grafen von Bar unter Vorbehaltung einzelner Ge-
rechtsame abtraten, wogegen der Graf sich verpflichtete, Etain niemals
in andere Hände als die seiner Nachfolger oder der Herren von Briey
kommen zu lassen?). Durch Ergänzungs-Vertrag von 1228 wurden die
Gerechtsame der Kirche noch etwas vermehrt. Seit dieser Zeit ge-
hörte Etain in stets unbestrittener Weise zu Bar und demgemäss später
zum Herzogtum Lothringen-Bar und war Sitz eines Oberamtes und
eines Unteramtes geworden. Die Vorladung. erfolgte bei der Orts-
behörde im Namen der Kirche St. Madeleine, nicht des Domkapitels
von Verdun; allgemeine Bistums-Urkunden wurden daher nicht vorge-
lest. Zum ersten Male waren die grundlegenden Bestimmungen für
Einsetzung und Thätigkeit der Kammer, die ja ausschliesslich den An-
trägen der Bischöfe ihre Entstehung verdanken sollte, überschritten.
Die Beweisführung verfolgte den Ort bis herunter zum 12. Regierungs-
jahre des Königs Childebert IL, in welchem laut vorgelegter Schen-
kungsurkunde Erzbischof Leodoinus von Trier den von seinem Vater
ererbten Ort an die St. Eucharius-Kirche abgetreten hat?). Weiter vor-
gelegt wurden der Tausch-Vertrag von 1222 nebst bezüglichen Weisungen
des Trierer Erzbischofs und des Domkapitels an die Einwohner und
die erwähnten Abtretungs-Verträge von 1224 und 1228 nebst ent-
sprechenden Ergänzungs-Bestimmungen. In den in dem Protokolle ge-
gebenen Auszügen werden zwar nur die Gerechtsame erwähnt, welche
der Graf von Bar der Kirche überlässt, während die angebliche Ab-
tretung unerwähnt bleibt; sie geht aber dennoch aus den Auszügen
selbst hervor, da gerade die von den Grafen von Bar erworbene
Landeshoheit durch solche Rücküberlassungen an die Kirche einge-
schränkt werden sollte; die versuchte Erklärung, der Graf habe infolge
von »pretentions générales et non expliquées diese von ihm abgetre-
tenen Rechte sich vorher angemasst, ist völlig unerwiesen.
Durch den Kammerbeschluss wurden in erster Linie die Stadt
Etain nebst Bann und Zugehörigkeiten zum Eigentum der Kirche
St. Madeleine erklärt, auch ihre Einkünfte vom Tage der Klage an
') Abgedruckt bei Roussel, Histoire eeclésiastique et civile de Verdun, 1865,
18.1632
?) Calmet, Notice I, S. 413.
?) Abgedruckt bei Beyer, Mittelrh. Urk. T, No. 7a (S. 9).
— 19 —
derselben zugesprochen. Des Weiteren wurde dann aber ohne jede
Vermittelung dieses Eigentum als zusammenfallend mit dem weltlichen
Besitze des Bistums Verdun bezeichnet, von einer Lehenserneuerung
zwar abgesehen, die Landeshoheit des französischen Königs aber in
sewohnter Weise ausgesprochen.
Als Umfang des reunierten Gebietes ist nach Vorstehendem nur
das Weichbild der Stadt selbst anzusehen. Die Rechtlosigkeit des Ver-
fahrens ist ohne Weiteres einleuchtend, die Verdrehung des Sinnes der
Urkunden des 13. Jahrhunderts eine noch stärkere, als sie bei früheren
Reunionen beobachtet worden ist, sodass sie selbst durch den gegebenen
Auszug nicht verschleiert werden konnte. Da es viel einfacher ge-
wesen wäre, diese Urkunden der Kammer gar nicht vorzulegen, so
muss gerade diese Verhandlung zu der früher vertretenen Auflassung
führen, dass Urkunden, die sich auf das zu reunierende Gebiet bezogen
nicht absichtlich unterschlagen worden sind; vielleicht fürchtete man
bei der weiten Kenntnis, welche die Urkunden im Laufe der Jahre er-
halten hatten, Anfechtungen auf Grund dieser oder etwa vorhandener
Duplikate, denen man durch solche Auslegungen vorbauen zu können
glaubte.
98.
Grafschaft Mörchingen (Morhange)!).
Sitzung vom 12. Dezember 1680.
Mörchingen !) ist die bekannte kleine, mit sehr grosser Garnison
belegte Stadt des deutsch-lothringischen Kreises Forbach und wird
wie von Alters her noch heute von der deutsch-romanischen Sprach-
srenze berührt. Die ältere Geschichte ist nur wenig bekannt, da 1502
das Archiv zugleich mit der ganzen Ortschaft durch Feuer zerstört
wurde. Aus erhaltenen Copien von Urkunden ist nur soweit sicher
festzustellen, dass um die Mitte des 14. Jahrhunderts Graf Simon
von Salm aus der oberrheinischen Linie dieses weitverzweigten (ie-
schlechtes unter der Lehensherrlichkeit des Herzogs von Lothringen
Herr von Mörchingen war. Von seinem gleichnamigen Sohn und Nach-
folger wird 1405 das Lehen Grafschaft genannt, anscheinend wie so
häufig, seines persönlichen Charakters wegen; in der Folge laufen aber
die Bezeichnungen Herrschaft und Grafschaft neben einander her.
Gegen Ende des 15. Jahrhunderts war der Rheingraf Johann VI. Herr
1) Recueil S. 206; die geschichtlichen Notizen nach Watrinet, in mem, d
l. soc. d’arch. lorr., 3. S., XXII, S. 211.
137
LM HQE ES
von Mörchingen, das er mit Püttlingen und einem Teile der Grafschaft
Salm von seiner Mutter geerbt hatte; durch Heirat und Kauf vereinigte
er auch das lothringische Lehen Diemeringen mit diesem Besitze, der
1521 vereint in die Hände seines jüngeren Sohnes, des Rheingrafen
Johann VII. von Kirburg, kam, in seiner Linie aber in der Folge wieder
mehrfach geteilt wurde. Versuche der Grafen, sich von der Lehensherrlich-
keit Lothringens frei zu machen, waren stets ohne Erfolg geblieben.
Inhaber der Lehen Mörchingen und Diemeringen war zur Zeit der Er-
richtung der Kammer Graf Johann X., der 1681 durch Erbschaft auch
Püttlingen damit wieder vereinte; mit seinem 1688 erfolgten Tode
erlosch diese Linie der Grafen von Salm-Kirburg, Mörchingen und
Diemeringen verblieben aber seiner um 30 Jahre ihn überlebenden
Gattin.
Die Vorladung war schon am 28. März im Namen des Bischofs
von Metz erfolgt; der Wild- und Rheingraf Johann X. von Salm-Kirburg
erwiderte darauf, dass die Grafschaft niemals in irgend welchen Be-
ziehungen zum Bistum Metz gestanden hätte. Im Auftrage der Kammer
wurde dem Grafen darauf der Reunionsbeschluss über Saaralben zu-
sestellt, in welchem ein Ort gleichen Namens als zu dieser Herrschaft
zugehörig aufgeführt sei'). Der Rheingraf erwiderte darauf, dass dieses
eine Verwechslung mit dem Orte Morange (deutsch Menrichingen) nahe
Saaralben?) sein müsse, zumal seine Grafschaft viel bedeutender als
die ganze Herrschaft Saaralben sei, also nicht wohl als Zugehörigkeit
zu dieser bezeichnet sein könne. Diese Lage der Sache konnte seitens
der Kammer nicht in Abrede gestellt werden; sie griff nun zu dem
schon bei Kriechingen bewährten Mittel und erklärte dem Grafen, dass
Mörchingen Enclave und daher freies Allod (franc-alleu) des Bistums
sei; da der Bischof ein Interesse daran habe im Einzelnen kennen
zu lernen, was seinen weltlichen Besitz ausmache sowohl als Enclave
wie in anderer Weise (ayant le dit Seigneur evèque interêt, de con-
naître tout le detail, qui compose le temporel de son evêché, par
enclave ou autrement), so habe der Graf ein Verzeichnis der einzelnen
Orte seiner Grafschaft vorzulegen. Ohne dessen Antwort abzuwarten
erfolgte der Kammerbeschluss: der Bischof ward mit seiner angeblichen
Forderung der Erklärung als Lehen abgewiesen, dann aber verfügt,
dass die Grafschaft als Allod des Bistums anzusehen sei, weil sie in
dessen Bezirk (»detroit«) liege; der Graf habe daher das Parlement
ae. Lo
?) Heute nicht mehr vorhanden, s. Lothr. Terr. S. 188.
als zuständigen Gerichtshof anzuerkennen, den Treueid zu leisten und
ein Verzeichnis der Ortschaften vorzulegen. Schliesslich erfolgte die
Unterstellung unter die französische Landeshoheit in ganz gleicher
Form wie bei den Lehen üblich. Ein Huldigungs-Akt des Wild- und
Rheingrafen liegt nicht vor, die Grösse des Gebietes ist aber bei der
bestimmten Begrenzung desselben genau festzustellen ; sie beträgt rund
2] Meilen.
Der Reunions-Beschluss bietet insofern besonderes Interesse, als
er ohne Versuch des Beweises früherer Zugehörigkeit ausschliesslich
auf der Lage der Grafschaft innerhalb des Distriktes des Bistums (dans
le détroit dudit évêché) begründet ist, ohne dass jedoch der streitigen
Verhandlungen des Westfälischen Friedens oder der französischen Auf-
fassung Erwähnung geschieht. Da aber Mörchingen nicht innerhalb
des weltlichen Besitzes des Bistums liegt, ist »détroite auch hier als
Diözese aufzufassen. Daraufhin wird die Angliederung an Frankreich
sachlich und staatsrechtlich in gleicher Weise wie für angebliche und
wirkliche Lehen ausgesprochen. Es muss dahingestellt bleiben, ob die
später geltend gemachte französische Auffassung des westfälischen
Friedens-Instrumentes hier aus Absicht oder Unkenntnis nicht zur
Geltung gebracht worden ist; wahrscheinlicher ist das letztere‘). Bei
der steten Zugehörigkeit der Grafschaft zur Diözese Metz und der be-
stimmten Ablehnung des Ausdrucks »districtus temporalis« seitens der
französischen Bevollmächtigten auf dem Westfälischen Friedens-Kon-
gresse entsprach diese Reunion thatsächlich der französischen Auffassung
des Friedens-Instrumentes.
30%
Gebiet und Grafschaft Domèvre.
Sitzung vom 23. Dezember 1680,
Das von der Kammer beanspruchte Gebiet ist im vorliegenden
Falle ein anderes als dasjenige, für welches der Urkundenbeweis zu
führen versucht wurde. Innerhalb der in Betracht kommenden loth-
ringischen Landschaft liegen nämlich heute, wie zur Reunionszeit, 5 Orte
gleichen Namens: 2 im Departement Meurthe-et-Moselle, 3 im Departe-
ment Vosges. Von den ersten beiden ist der kleinere auch Domevre-
la-Haye genannt, ein Kantonort von etwa 400 Einwohnern, nördlich
von Toul gelesen: der andere, auch Domevre - sur- Verouse genannt,
zählt 1500 Einwohner, gehört zum Kanton Blamont, von dessen
1) s, Reunion der Diözesen Metz, Toul und Verdun,
=, 198
Hauptort er 5 Kilometer südwestlich liegt. Die 3 Ortschaften des
Departement Vosges gehören zu den Kantonen Chätel, Vittel und
Epinal. Der besonders zu berücksichtigende Ort des Kantons Chätel
liest 15 Kilometer südwestlich der Metzer Bischofsstadt Rambervilliers.
Bei der Kammer herrschte völlige Unklarheit darüber, welcher der ge-
nannten 5 Orte der zu reunierende sei. Die Vorladung wurde in
Domèvre im Kanton Blamont abgegeben, wie die Erwähnung einer
dort befindlichen Benediktinerabtei beweist!): die erste der vorgelegten
Urkunden bezieht sich aber zweifellos auf Domevre-la-Haye, da nur
dieses zur Diözese Toul gehört, von der in der Urkunde die Rede ist,
auch 2 in unmittelbarer Nähe dieses Kantonortes gelegene Ortschaften
in der Urkunde genannt werden. In 2 anderen wird jedoch Domevre
in unmittelbaren Zusammenhang mit Rambervilliers gebracht, sodass
diese auf Domevre im Kanton Chätel bezogen werden müssen; eine
letzte Urkunde endlich lautet so unbestimmt, dass sie auf jeden der
5 Orte bezogen werden kann. Sämtliche 5 Ortschaften gehörten zur
Reunionszeit zum Herzogtum Lothringen. Die Urkunde für Domèvre-
la-Haye besteht in einer Lehenserneuerung von 1364 für einen
zwischen den Dörfern Menonville und Tremblecourt?) im Banne von
Domevre gelegenen Wald; die beiden Urkunden für Domevre im
Kanton Châtel betreffen die Verpfändung je der Hälfte von Domevre
und Rambervilliers in den Jahren 1395 und 1397 seitens des Bischofs
Raoul de Coucy an den Herzog Karl von Lothringen. Die- letzte
Urkunde endlich ist die Lehenserneuerung eines Privatmannes für Be-
sitzungen in Domevre, ohne Bezeichnung der Lage des Ortes, vom
Jahre 1459; sie ist für die Beurteilung der Zugehörigkeit ohne jede
Bedeutung. Für das wohl zunächst zur Reunion in Aussicht genommene Ge-
biet von Domevre-Blamont liegen Huldigungs-Akte nicht vor, wohl aber in-
folge des zweifellos zur weiten Kenntnis gekommenen Kammerbeschlusses
und der im Oktober vorhergegangenen allgemeinen Aufforderung des
Königs, solche für die übrigen 4 Orte gleichen Namens, nämlich für
Domèvre-en-Haye ein Lehensverzeichnis des Marquis von Novéant-au-Pré
für das »Marquisat« Domevre, für Domèvre im Kanton Vittel und
Domevre im Kanton Epinal Huldigungsakte für Teilbesitzungen je eines,
für Domèvre im Kanton Châtel für solche zweier Herren. In allen
diesen Lehensbekenntnissen führen die Besitzer neben Domevre ihr
sesamtes anderes Eigentum auf; da sicherlich keine der Huldigungen
1) Ueber die Geschichte dieser Abtei s. Chatton in mémoires de la société
d'archéologie lorraine, 1897, 3. S., XXV, S. 5 ff,
?) Beide noch heute vorhanden,
— 199 —
zurückgewiesen, so ist der beabsichtigten kleinen Reunion eine ganz
bedeutende, im Einzelnen schwer bestimmbare Ausdehnung auf Kosten
des Herzogtums Lothringen gegeben worden. Kaum eine der früheren
Reunionen dürfte bezeichnender für das Verfahren der Kammer sein,
die augenscheinlich vorher von dem Vorhandensein mehrerer Orte
gleichen Namens keine Idee hatte. Als ursprünglich beabsichtigte
Reunion muss aber wohl die von Domèvre-Blamont angenommen
werden, da hier die Vorladung abgegeben worden war: Calmet nimmt
daher auch dieses als das reunierte Gebiet an, verwechselt es aber,
der Kammer folgend, mit Domèvre-Rambervilliers, indem er zur Be-
gründung der früheren Zugehörigkeit zu Metz die beiden Verpfändungen
von 1395 und 1397 anführt!). Das reunierte Gebiet von Domèvre-
Blamont hat dagegen, soweit erkennbar, nic.als in irgend welcher
Abhängigkeit von Metz gestanden.
40.
Stadt und Herrschaft Gondreville.
Sitzung vom 26. Dezember 1680.
Gondreville besteht als Gemeinde heute nicht mehr, ist vielmehr
seit dem Jahre 1812 mit dem Dorfe Vry?), das 15 km nordöstlich Metz
im Landkreise der Bezirkshauptstadt gelegen, zu einer Gemeinde letzteren
Namens verschmolzen. Eine Stadt desselben Namens liegt allerdings
5 km unterhalb Toul an der Mosel.
Auf Grund der Urkunden, welche der Kammer vorgelest und zum
Teil noch im Original vorgefunden sind, hätten Ansprüche nur auf den
zuerst genannten Ort erhoben werden können, da in ihnen Gondreville
stets im Verein mit drei anderen in unmittelbarer Nähe des heutigen
Vry belegenen Dörfern genannt wird. Trotzdem scheint die Kammer die
Stadt Gondreville-Toul im Auge gehabt zu haben, da jener andere Ort
von jeher im Territorium des Bistums Metz lag und zum pays Messin
gehört hatte, also seit 1648 rechtlich mit Frankreich vereinigt war; auch
ist in der mehrgenannten Reunionskarte von Nolin Gondreville-Metz
sar nicht, Gondreville- Toul aber mit einem angemessenen Reunions-
sebiete von etwa 11/1 [Meilen eingetragen und als Lehen des Bistums
Metz bezeichnet, wiewohl diese lothringische Stadt niemals in irgend
welchen Beziehungen zum Bistum gestanden hatte. Auch dass auf die
Vorladung keinerlei Antwort erfolgte, spricht dafür, dass sie bei der
1) Calmet, Notice, I, 364.
?) Bouteiller, S. 278,
— 200 —
Stadt abgegeben worden ist, da die Metzer Behörden wohl sogleich
die nötige Aufklärung gegeben hätten, während von lothringischer Seite
niemals eine Berücksichtigung der Vorladungen erfolgte. Die Beweis-
führung beschränkte sich auf Vorlage dreier Lehenserneuerungen von
1413 und 1415 für Gondreville und die drei in der Nähe gelegenen
Ortschaften Repuldange, Burange und Musey. Die Kammer sprach die
Stadt (ville) Gondreville nebst Zugehörigkeiten in gewohnter Weise
dem Bistum und der französischen Landeshoheit zu; ein Huldigungs-
Akt liest aber bezeichnender Weise nur für das Dorf Gondreville-Metz vor.
Auch hier verwechselt Calmet die beiden Ortschaften, indem er
eine Geschichte der Stadt Gondreville-Toul giebt und deren Reunion
auf Grund der vorstehend erwähnten zwei Urkunden erzählt').
41.
Stadt und Herrschaft Neufchäteau.
Sitzung vom 6. März 1681.
Neufchäteau ist heute eine Stadt des Departement Vosges. Die
frühere Herrschaft Neufchäteau ?) hatte von Alters her zum Herzog-
tum Lothringen gehört, von dem sie Edelleuten zu Lehen gegeben
wurde, die danach sich als Herren von Neufchäteau bezeichneten. Durch
Vertrag vom 29. Juli 1220 sah Herzog Mathias II. von Lothringen sich
senötigt, die Herrschaft, die hierbei noch als bisheriges Allod bezeichnet
wird, dem Grafen Theobald von der Champagne als Lehen aufzutragen;
die darauf begründete Lehensherrlichkeit ging 1285 bei der Vereinigung
der Champagne mit Frankreich an dieses über, wie zwei Huldigungen
Herzog Theobalds Il. bei Philipp dem Schönen 1300 und 1310 be-
weisen. Ein Versuch des Herzogs Karl IL, sich 1410 der Lehens-
herrlichkeit zu entziehen, missglückte; das Parlament zu Paris erklärte
das Lehen für verfallen und verurteilte den Herzog zu einer hohen
Geldbusse; schon 1413 aber ward der Herzog vom Könige begnadigt
und als Vasall für Neufchäteau wieder eingesetzt. Aus dieser Stellung
zur französischen Krone wurde aber Neufchâteau vom Könige Ludwig XI.
1465 vollständig losgelöst; infolge der Konvention von St. Maur, wo
nach Aeusserung Commines »le roi fut mis au pillage«, musste der
König auf die Lehensherrlichkeit verzichten®). In der Urkunde vom
Oktober d. J. heisst es von den Gebieten von Neufchäteau, Chatenois,
1) Calmet, Notice I, S. 518.
?) Calmet, Notice II, S. 120.
°) Näheres s. bei Mourin, Recits lorrains, 1898, S. 127 f.
201 —
Montfort, Frouart und Grant wie folgt: »que dorénavant à toujours ils
soient exemtes et mises hors de souveraineté de la couronne de France
et de notre cour de Champagne, sans que nous, ni nos successeurs
puissions prétendre aucun droit d'hommage, souveraineté ni jurisdietion« ).
Wenige Jahre später, 1475, brachte Karl der Kühne von Burgund die
Stadt in seinen Besitz; nach dessen Untergang trat aber sogleich wieder
die lothringische Landeshoheit ein, unter der daher zur Reunionszeit
Neufchäteau seit mehr als drei Jahrhunderten unbestritten gestanden
hatte, wobei die Stadt Sitz eines Unteramtes geworden war.
Als Kläger trat zum ersten Male der General-Prokurator Ravaulx
allein auf, da die Beziehung zu einem der Bistümer nicht hatte fest-
sestellt werden können ; dass darin eine Ueberschreitung der in dem
Einsetzungs-Erlasse festgesetzten Befugnis der Kammer, in welcher
einer der Bischöfe als Kläger vorgesehen ist, lag, wurde ähnlich wie
bei der Reunion von Etain und einigen nachfolgenden nicht weiter
berücksichtigt. Auch in dem Erlasse des Königs vom 17. September 1680,
welcher die Vollmacht der Kammer erweiterte, konnte eine Recht-
fertigung für dieses Vorgehen nicht gefunden werden, da auch nach
diesem die Kammer beschliessen sollte über die »pays, terres, seigneuries
et droits, cedès à Nous par les traités de Munster et des Pyrénéese,
die Grafschaft Neufchäteau also hiernach nicht in Betracht kam. Zur
Begründung seiner Klage führte der General-Prokurator zunächst den
Nachweis, dass Neufchäteau lehensabhängig von den Grafen der Cham-
pagne gewesen, und in diesem Verhältnisse an Frankreich über-
gegangen sei. Zu diesem Zwecke wurden der Kammer vorgelegt:
aus dem Jahre 1256 die Beglaubigung des Erlasses eines Grafen von
der Champagne, worin die Rechte der Einwohner von Neufchâteau
bestätigt werden; vom Jahre 1296 ein Erlass König Philipp des Schönen,
worin er die Stadt als ein an ihn übergegangenes Lehen der Grafschaft
Champagne bezeichnet ; ein Gnadenerlass desselben Königs vom Jahre 1300,
in welchem er den Bürgern neue (terechtsame, wie Judenregal, Münz-
schlagen u. s. w. verleiht. Wie aus den weiteren Urkunden hervorgeht, tra!
König Philipp bald darauf die Lehensherrlichkeit über Neufchäteau seinem
Sohne Louis ab, der‘ laut vorgelegtem Nachweise 1312 den Bürgern
ihre Rechte bestätigte. In den folgenden Jahren scheint die Stadt
Uebergriffen des Herzogs Friedrich von Lothringen ausgesetzt gewesen
zu sein; gegen solche schreitet König Philipp V. 1322 ein, wobei er
vom Herzoge sich für die Gebiete, wie sie in obiger Urkunde angeführt
sind, Huldigung erstatten lässt. Die Ausübung ähnlicher landesherr-
1) Die Urkunde abgedruckt bei Calmet, Il, preuves, S. 251,
licher Rechte wurde weiterhin durch 5 Urkunden aus den Jahren
1344 bis 1463 nachgewiesen; diesen für die früheren Zeiten voll-
gültigen Beweisen folgte zum Schlusse die Vorlage zweier völlig nichts-
sagender, die Ausübung landesherrlicher Rechte in den Jahren 1653
und 1654, also der Zeit der französischen Besetzung, nachweisender
Schriftstücke. Die burgundische Episode und die Abtretung der Gebiete
durch König Ludwig XI. kam hiernach in der Kammer nicht zur Sprache;
durch deren Beschluss ward daher Neufchäteau zum unmittelbaren
Lehen der französischen Krone erklärt und dem angeblichen Herrn
die Erstattung der Huldigungs-Akte innerhalb der gewöhnlichen Fristen
aufgegeben; die Unterstellung unter die Landeshoheit Frankreichs unter-
blieb naturgemäss ebenso wie die Bezugnahme auf die Verträge von
Münster und Osnabrück. Huldigungen liegen nur vom Maire von Neuf-
chäteau für die städtischen Gerechtsame und von einem Privatmanne
für eine kleine Besitzung in der Stadt vor; für die Beurteilung der
Ausdehnung. des reunierten Gebietes gewähren die Urkunden einen
Anhalt, nach denen ausser den mehrgenannten 4 Gebieten auch noch
die am Zusammenfluss der Meurthe und Mosel belegene Herrschaft
Frouart dem alten Lehen zuzurechnen ist. Die Grösse kann danach
zu etwa 6 [Meilen veranschlagt werden.
Für die Beurteilung gewährt diese Reunion insofern ein besonderes
Interesse, als die übliche Nichtberücksichtigung etwaiger Veränderungen
im Laufe mehrerer Jahrhunderte hier die Erhebung nachweislich unhalt-
barer Ansprüche ermöglichte; es mag dahin gestelit sein, ob die Ab-
tretungs-Urkunde Ludwig XI. der Kammer bekannt war, immerhin braucht
eine absichtliche Unterdrückung des Dokumentes nicht angenommen zu
werden, da die Grafschaft infolge ihrer Lage innerhalb des Gebietes von
Frankreich, Barrois mouvant und Toul, zum Allod der französischen Krone
hätte erklärt werden können, ähnlich wie Kriechingen und Mörchingen.
Sitzung vom 9. Dezember 1681.
Die Gebiete von Chatenois, Frouart und Montfort, welche, wie
vorstehend hervorgehoben, thatsächlich als Zugehörigkeiten von Neuf-
chäteau angesehen werden konnten, wurden auf Grund der für die
Reunion dieses (Gebietes vorgebrachten Urkunden in besonderer Sitzung
ausdrücklich als Gebietsteile von Neufchäteau erklärt und nochmals
in den gewohnten Formen reuniert.
Sitzungen vom 26. Februar 1682 und vom 13. April 1682.
Auch diese beiden Sitzungen bezogen sich auf das Gebiet von
Neufchäteau, hatten aber nur die Regelung unwesentlicher Gerichts-
verhältnisse zum Gegenstand.
= ©
Sitzung vom 13. Mai 1683.
Diese Sitzung wird anberaumt, um Beschwerden der Maires von
Neufchäteau und Chatenois zum Austrag zu bringen; die wirkliche Ab-
sicht war aber augenscheinlich eine Erweiterung der Reunion vom
6. März 1681; bot dafür auch die bei andern Reunionen schon früher
verwertete Zusammenstellung des früheren Kammerpräsidenten Thierry
Alix die Möglichkeit, so musste sie doch wegen des inzwischen vom
Könige abgelegten Versprechens, sich weiterer Reunionen zu enthalten,
in verhüllter Form erfolgen. In dem Kartular von Alix waren die
Domänen und Lehen von Neufchäteau aufgeführt, darunter Oertlich- :
keiten, die, wie Bulgueville, Nivier zum Barrois mouvant oder, wie
Allainville, zu Frankreich selbst gehörten; dadurch wird der früher nach-
gewiesene, rein privatrechtliche Charakter dieser Arbeit auch für
Neufchäteau dargethan. Durch den Beschluss wurden die Grenzen der
Grafschaft etwas erweitert, besonders nach Süden hin; die Vergrösserung
der Reunion hatte aber nicht entfernt den gleichen Umfang wie die für
Vaudémont am gleichen Tage bewirkte ?).
42.
Städte und Herrschaften Arrancy und St. Pierre-Villiers.
Sitzung vom 10. März 1681.
Arrancy ?).ist heute ein Dorf im Departement Meuse, 5 km süd-
lich von Longuyon gelegen, St. Pierre-Villiers®), eine Ortschaft in der
Nähe dieses Dorfes und wie Arrancy zum Kanton Spincourt gehörig.
Die Ansprüche auf beide gingen bis zum 15. Jahrhundert zurück. Von
Alters her gehörten beide Orte zur unabhängigen Grafschaft Bar,
Arrancy aber nach einer vorgefundenen, der Kammer nicht vorgelegten
Urkunde von 1270 zu dieser Zeit als Lehen von Luxemburg; aus
diesem Verhältnis hatte sich der gemeinsame Besitz (»terre commune«)
beider Herzogtümer entwickelt, aus welchem Arrancy durch den Vertrag
vom 15. Juli 1602 zwischen Lothringen, Luxemburg und Spanien,
welcher zur Regelung streitiger Ansprüche zwischen diesen Mächten ge-
schlossen wurde*), an ersteres allein überging. Zur Reunionszeit gehörten
1) S. S. 120.
2) Lienard S. 8,
5) Liénard, S. 212.
4) Der Vertrag wird erwähnt von Bertholet, histoire du duché de Luxem-
bourg. 1743, Bd. VII, S. 56. Handschriftlich ist er im Bezirks-Archiv zu Metz
vorgefunden,
— 204 —
die beiden beanspruchten Gebiete unbestritten zum Gebiete des Herzogs
von Lothringen; Arrancy war Sitz eines herzoglich lothringischen Amtes.
Als Kläger trat auch hier wieder keiner der Bischöfe, sondern die
Aebtissin des Klosters St. Pierre-aux-Dames in Metz auf; die bei den
beiden Ortsbehörden abgegebene Vorladung war unbeantwortet ge-
blieben. Die Beweisführung beschränkte sich auf zwei Urkunden von
1457 und 1588, nach welchen die Aebtissinnen des Metzer Klosters
Teile ihrer Gerechtsame und Einkünfte in beiden Orten an die Her-
zöge abgetreten hatten »unter dem Vorwande« des Schutzes (sous
prétexte de protection et sauvegarde). Diese Abtretung sei, angeblich
nach den Ausführungen der Aebtissin, ohne allen Grund und gegen
alles Recht geschehen und daher als ungültig anzusehen; daher sei seit
den Friedensschlüssen von 1648 und 1679 der König von Frankreich
der wirkliche und rechtmässige Schutzherr (»veritable et legitime pro-
tecteur«). Der wirkliche Sachverhalt ist dagegen zweifellos der, dass
die Metzer Abtei Privatbesitzungen in fremden Territorien, hier also in
Lothringen-Bar hatte und sich Schutzbriefe des Landesherrn erwirkte,
wofür sie diesem einen Teil ihrer Gerechtsame und Einkünfte abtreten
musste. Dem gegenwärtigen Vorgehen der Kammer stand wahrschein-
lich die Aebtissin ganz fern; auch liegt kein Huldigungsakt von ihrer
Seite vor, wenngleich der Kammerbeschluss ihr, nicht dem Herzoge
von Lothringen, die Pflicht der Lehenserneuerung beim Bischofe von
Metz auferleste. Da auch in den Urkunden keine weiteren Orte auf-
seführt werden, bestand das reunierte Gebiet jedenfalls nur aus den
beiden Dörfern und ihrer Gemarkung.
Sitzung vom 5. April 1683.
Zugleich mit der Reunion von Longwy, Longuyon und Marville,
für welche diese besondere Sitzung anberaumt war!), wurde in ganz
willkürlicher Weise ohne Anführung von Gründen die Reunion vom
10. März 1681 auf das Amt Arrancy, also den lothringischen Ver-
waltungs-Bezirk, ausgedehnt und damit auf einen Umfang von etwa
2 [_]Meilen gebracht.
43.
Grafschaft Chiny°).
Sitzung vom 21. April 1681°).
Der gleichnamige Hauptort der Grafschaft ist heute eine zur
belgischen Provinz Luxemburg gehörige Stadt, 15 Kilometer westlich
1) s. weiter unten.
?) Die geschichtlichen Nolizen nach Jeantin, histoire du comté de Chiny,
1858, und Goffinet, les comtes de Chiny, 1880.
#) Ueber die frühere Reunion eines Teiles der Grafschaft s. S. 184.
= 0
von Arlon gelegen. Anfangs des 13. Jahrhunderts, auf welches
die französischen Ansprüche zurückgingen, war Chinei oder Chineis,
wie es damals genannt wurde, Sitz einer in dem westlichen Teile
des alten Waber-Gaues entstandenen territorialen Grafschaft, deren
Begründung bis auf die Mitte des 10. Jahrhunderts zurückzuführen
versucht wird. Das erste Grafengeschlecht starb in männlicher Linie
1227 aus: der Besitz erbte aber, dem wälschen (Gewohnheitsrechte
entsprechend, in weiblicher Linie sich fort. Vielleicht aus diesem
Grunde hatte der letzte Graf, Louis IV., die Grafschaft dem Grafen
von Bar zu Lehen aufgetragen. Seine Erbtochter Johanna war seit
1220 mit dem Grafen Arnulf III. von Looz, dem bekannten Henne-
gauer Geschlecht angehörig, vermählt, der nach dem Tode des Schwieger-
vaters sich Graf von Looz und Chiny nannte. Er nahm bis zum
Regierungsantritt seinen Wohnsitz in dem von ihm neu erbauten
Schlosse Montmedy, um das sich rasch eine Ortschaft bildete: 1239
wurde diese an Stelle von Chiny zur Hauptstadt der Grafschaft erklärt.
Einer seiner Nachfolger, Graf Gottfried IL, verlor 1361 die Grafschaft
Looz an den Bischof von Lüttich, Grafen Engelbert von der Marck,
wobei er selbst zum Gefangenen gemacht worden war: im folgenden
Jahre trat er seine Rechte auf beide Grafschaften an seinen Vetter,
Grafen Arnulf von Rummen, ab, der die Belehnung nicht nur von dem
Herzoge von Bar, sondern auch von dem Herzoge von Luxemburg
erbat und erhielt. Chiny war inzwischen also auch in Lehensabhängig-
keit von letzterem getreten !).
Graf Arnulf wandte seine ganze Kraft der Wiedergewinnung der
Grafschaft Looz zu: er verkaufte zu diesem Zwecke am 16. Juni 1364
die Grafschaft Chiny mit Genehmigung des Herzogs Robert von Bar
und unter Vorbehalt von dessen Rechten an den Herzog Wenzel von
Luxemburg?). Von diesem Zeitpunkte an galt die Grafschaft als in-
tegrierender Teil des Herzogtums Luxemburg, wenn auch das Verhält-
nis zu Bar formell wenigstens weiter bestand und erst durch den
früher im Zusammenhang der Ereignisse besprochenen Vertrag vom
Jahre 1602 abgelöst wurde.
Eine wesentliche Veränderung brachte der pyrenäische Friede,
der die westliche Hälfte mit Montmedy und Jvry (Carignan) der fran-
zösischen Krone zusprach. Die östliche Hälfte mit Chiny und Virton
sehörte dagegen zur Reunionszeit unbestritten zum Gebiete des
Herzogtums Luxemburg. Als Kläger trat ausschliesslich der General-
2) Der Lehensbrief von Luxemburg abgedruckt bei Goflinet S. 536.
?) Der Kaufakt abgedruckt bei Goflinet S. 540,
— 206 —
Prokurator Ravaulx auf, welcher die Vorladung bei der Ortsbehörde
in Chiny abgeben liess, mit dem Auftrage, den angeblichen Herrn
davon zu benachrichtigen. Die Beweisführung basirte auf 3 Momenten:
1. dass durch die Abtretung der Hauptstadt Montmedy im pyre-
näischen Frieden die ganze Grafschaft in Abhängigkeit zu Frankreich
gekommen sei:
2. dass die Grafschaft ein Lehen des Herzogtums Bar sei, das
der Oberhoheit Frankreichs unterstehe:
3. dass in der Grafschaft stets das Recht von Beaumont, dessen
Herr der König von Frankreich sei, in Geltung gewesen sei.
Zur Begründung des früheren Lehensverhältnisses zu Bar wurden
sechs Urkunden aus dem 15. Jahrhundert vorgebracht, die an der
Thatsache für die damalige Zeit keinen Zweifel lassen. Der vorerwähnte
die Lehenshoheit Bars bestätigende Kaufakt von 1364 ward dagegen
der Kammer nicht vorgelest. Dafür kam zur Vorlage ein das Lehens-
verhältnis bestätigender Vertrag zwischen dem König-Herzog Wenzel
und dem Herzog von Bar vom Jahre 1387, in welchem nach Aus-
weis der Kammerverhandlung König Wenzel erklärt, das Lehen und die
Grafschaft vom Herzog von Bar zu haben (de tenir le fief et comté
de Chiny dudit duc de Bar). Eine weitere Lehenserneuerung aus den
folgenden Jahrhunderten konnte aber nicht vorgebracht werden; das
Lehensverhältnis scheint ‚danach, wenngleich nicht aufgehoben, von
beiden Seiten als belanglos nicht mehr beachtet worden zu sein. Die
übrigen zahlreichen Urkunden sowohl aus der grällichen wie aus der
luxemburgischen und spanischen Zeit betreffen Bestätigungen von Ge-
rechtsamen für die Bewohner und Zuweisung von Ortschaften unter
die Gerichtsbarkeit von Montmedy und das Gewohnheitsrecht von Beau-
mont, vom 13. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts, um daraus eine
Art von Hoheitsrechten von Montmedy und Beaumont über den nicht
abgetretenen Teil der Grafschaft abzuleiten. Schliesslich wurden der
Kammer Auszüge aus dem Recht von Beaumont und anderen Gewohn-
heitsrechten vorgelegt, um den Beweis zu führen, dass das Lehensrecht
nicht verjähren könne. Der Beschluss der Kammer lautete auf Ab-
stattung der Huldigung seitens des Herrn von Chiny innerhalb der ge-
wohnten Fristen und Unterstellung der Grafschaft unter die französische
Landeshoheit.
Huldigungs-Akte liegen nicht vor; die Grösse des reunierten
luxemburgischen Anteils der früheren Grafschaft beträgt rund 15 Meilen.
Wenn selbst eine Verjährung des Lehens-Verhältnisses innerhalb dreier
ae
Jahrhunderte nicht zuzugeben sein würde, so war im vorliegenden
Falle daraus keinerlei Recht für Frankreich abzuleiten; die Lehens-
herrlichkeit war naturgemäss auf das Herzogtum Lothringen, nicht aber
auf die Krone Frankreich übergegangen, da die Grafen von Bar nur
mit einem Teile ihres unmittelbaren Besitzes, dem Barrois mouvant,
von Frankreich lehensabhängig waren, keineswegs aber ihre eigenen
Lehen als Afterlehen der Krone Frankreichs anzusehen hatten. Für
letzteres Verhältnis ist auch nicht der Schatten eines Beweises vorge-
bracht worden, während die Herzöge von Lothringen thatsächlich bis
zum Anfange des 17. Jahrhunderts Lehensansprüche auf Chiny geltend
gemacht, auf dieselben aber 1602 vertragsmässig zu Gunsten Spaniens
verzichtet hatten.
Die Durchführung des Reunionsbeschlusses kann im vorliegenden
Falle genauer verfolgt werden). Gleich nach Ausfertigung des Ur-
teils erschien ein französischer Oflizier bei dem Gouverneur des
Herzogtums Luxemburg, Prinzen von Chimey, und forderte ihn auf
Grund des Beschlusses auf, unverzüglich die spanischen Truppen aus
einem Gebiete zurückzuziehen, das dem katholischen Könige nicht mehr
gehöre. Die Aufforderung ward natürlich abgelehnt; sofort überschritten
vier französische Kavallerie- Abteilungen die spanisch-niederländischen
Grenzen, mit dem Auftrage, etwaiger Gewalt Gewalt entgegenzusetzen, sonst
aber üppig (grassement) auf Kosten des Landes zu leben, bis es dem
Könige von Spanien gefallen werde, sich und seinem Lande diese Last
zu ersparen. Zur Anwendung von Gewalt kam es nicht; der Gouverneur
zog vor den französischen Truppen seine Civil und Militär-Behörden
zurück ; die Franzosen setzten sich in Besitz der Grafschaft und gingen
sofort zur Erweiterung derselben nach der Theorie der Zugehörigkeiten
über, nach welcher das gemäss dem vorstehenden Beschlusse reunierte
Gebiet östlich bis zu den Thoren Luxemburgs ausgedehnt wurde; nur
das Eintreten besonderer Umstände verhinderte die Wegnahme der Festung
selbst im Frühjahr 1682 auf dem Reunionswege’?).
Sitzung vom 5. April 1683.
Nach der Reunion der Grafschaft Chiny trat, abgesehen von den
unwesentlichen Vergrösserungen der reunirten Gebiete von Arry und
Neufchateau im Herbste 1681, eine nahezu 2jährige Pause in den
Reunionsbeschlüssen der Kammer ein. Der Grund dafür lag in den
später im Zusammenhange zu schildernden Verhandlungen Frankreichs
1) Rousset II, S. 213 ff,, nach dem Archiv des Kriegsministeriums,
?) s, weiter unten.
LAN ER
mit dem Reiche, infolge derer im September 1681 in Frankfurt a. M.
ein mehrmals verschobener Gesandten-Kongress zusammengetreten war:
mit der Eröffnung desselben hatte Ludwig XIV. alle weiteren Reunionen
zu unterlassen sich verpflichtet !).
Anfangs kam Frankreich dieser Verpflichtung nach; als die Ver-
handlungen des Kongresses sich aber in die Länge zogen und aussichts-
los zu gestalten schienen, wurde das Mittel gefunden, die Reunionen
wieder aufzunehmen; die Reunionsbeschlüsse wurden nämlich nicht
mehr als solche gekennzeichnet, sondern erhielten eine unverfängliche
3enennung, welche sie als naturgemässe Folge früherer Urteile oder
sonstiger selbstverständlicher Verhältnisse erscheinen liessen.
In der Sache aber wurden die Reunionen nicht nur fortgesetzt,
sondern erhielten sogar eine, alles Frühere weit hinter sich lassende
Ausdehnung: Ravaulx glaubte nunmehr sich keine Beschränkung mehr
auferlegen zu müssen, und ging daher zu den ihm früher untersagten
Massen-Reunionen über, dergestalt, dass nach wenigen Sitzungen der
sanze Umfang der Diözesen Metz, Toul und Verdun, eingeschlossen
das Herzogtum Lothringen-Bar der französischen Krone zugesprochen
und damit der grösste Teil der früheren Reunions-Beschlüsse nochmals
wiederholt war.
Schon der in der überschriebenen Sitzung gefasste Beschluss
lässt äusserlich in keiner Weise erkennen, dass durch ihn eine ganz
bedeutende neue Reunion bewirkt wurde; er lautet:
Arrêt de la Chambre royale de Metz du cinquième jour d’avril
1633, qui cesse et annulle le jugement du grand conseil de Malines
du vingt-cinquième juin 1687, et ordonne que l'arrêt de la dite
chambre du vingt-unième avril 1681 sera exécuté selon sa forme et
teneur.
Den äusseren Rahmen für die Verhandlung vom 5. April 1683
cab allerdings ein Protest ab, der den grossen Rat von Mecheln unter
Berufung auf die Abmachungen des pyrenäischen Friedens am 25. Juni
1681 erhoben hatte. In diesem Proteste war hervorgehoben worden,
dass nur die in den Friedens-Bestimmungen besonders aufgeführten
Gebietsteile, nicht aber Zugehörigkeiten (>dépendances+) derselben ab-
getreten seien; jeder etwaige Zweifel sei durch den Vertrag vom
12. Juli 1602 zwischen Spanien und Lothringen ausgeschlossen worden,
da in diesem der Herzog von Lothringen auf alle etwaigen Lehens-
rechte auf die Grafschaft Chiny ausdrücklich verzichtet habe, wofür er
durch Zuweisung von Arrancy und anderen bisher gemeinsamen bezw.
‘) Näheres s. weiter unten.
— 209 —
streitigen Gebietsteilen entschädigt worden sei. Der Reunionsbeschluss
wird daher von dem grossen Rat als eine Gewaltthat und offenkundige
Verletzung der Friedens-Verträge und des Völkerrechtes bezeichnet.
Den Behörden und Einwohnern der Grafschaft war weiterhin bei Strafe
verboten worden, den Forderungen der Kammer nachzukommen und
eine andere Landeshoheit als die des Königs von Spanien anzuerkennen.
Solche Proteste und Huldigungs-Verweigerungen waren in den meisten
der reunierten Gebiete vorgekommen, aber einfach nicht beachtet oder
wenn nötig mit Gewalt unterdrückt worden; in dem vorstehenden Falle
wurde aber aus dem oben geschilderten Grunde eine besondere Sitzung
anberaumt. In ihr wurde zunächst der Einspruch des Grossen Rates
von Mecheln für hinfällig erklärt, da die Grafschaft Chiny von Alters
her (»de toute ancienneté<) zu Bar gehört habe, dieses aber von der
Krone Frankreich lehensabhängig gewesen sei, wobei also Barrois
mouvant ohne weitere Begründung an Stelle der ganzen Grafschaft
gesetzt wird. Der Vertrag von 1602 sei daher, so wird weiter aus-
geführt, nur ein weiterer Beweis für die Berechtigung der französischen
Ansprüche, da durch ihn das bisherige Lehensverhältnis zu Lothringen-
Bar ausdrücklich anerkannt werde, die Vasallen aber die Rechte ihrer
Oberlehnsherren (seigneurs dominants) nicht beeinträchtigen dürften ;
dieser Oberlehnsherr der Grafschaft Bar sei von Alters her der König
von Frankreich gewesen. Nunmehr wurde aber zu einer bedeutenden
neuen Reunion übergegangen, für welche die nötigen Unterlagen jeden-
falls inzwischen in den durchsuchten Archiven in Chinv und anderen
besetzten Orten gefunden waren. Der General-Prokurator führte zu
dem Zwecke aus, es scheine nach vorgefundenen Urkunden und dem
Vertrage von 1602, dass vor Zeiten auch die Aemter Longwy, Longuyon,
Marville und Arrancy zur Grafschaft Bar gehört hätten und dass Stenay
Lehen des Bistums Verdun gewesen sei. Ein Zusammenhang dieser
Gebiete mit der Grafschaft Chiny kam dabei nicht in Frage; er wurde
künstlich geschaffen, um die Reunion mit Rücksicht auf das erwähnte
Versprechen des Königs!) in verhüllter Form bewirken zu können; es
werden daher die Reunionen von Longwy, Longuyon und Marville im
Folgenden besonders zu behandeln sein, während Stenay ausscheidel,
da die Kammer dessen Reunion nicht aussprach, jedenfalls weil es
schon seit 1641 im rechtmässigen französischen Besitz war. Der Er-
weiterung des Gebietes von Arrancy durch Hineinziehung des ganzen
Amtsbezirks ist schon früher gedacht worden); es bleibt daher hier
1) s. weiter unten,
2103.81 203,
— 210 —
nur noch auf die volle Berechtigung des Mechelner »Protestes« und das
Unzutreffende in den entgegengesetzten Ausführungen des General-
Prokurators hinzuweisen.
44.
Aemter Longwy, Longuyon und Marville.
Sitzung vom 5. April 1683.
Longwy !), Stadt und Festung des Departements Meurthe-et-Moselle,
ist bekannt durch die erfolgreichen deutschen Belagerungen von 1792,
1815 und 1870. Longuyon?) liest 15 km südwestlich Longwy und ist
eine Stadt des gleichen Departements; Marville?), 8 km westlich Longuyon
gelegen, gehört zum Departement Meuse.
Longwv war schon im frühen Mittelalter Hauptort einer Graf-
schaft, deren Entstehung auf Herzog Reginard zurückgeführt wird, der
damit den Gemahl seiner Tochter Mathilde belehnte. In der Folge
wurde ihr Gebiet wiederholt mit Lothringen vereinigt, bezw. zur Aus-
stattung neuer Sekundo-Genituren des lothringischen Hauses verwendet.
In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts finden wir eine Gräfin
Ermensinde, soweit erkennbar Tochter des Herzogs Adalbert I. von
Lothringen, und vermählt mit dem Grafen Conrad I. von Luxemburg,
als Gräfin von Longwy u. a. bezeichnet*). 1292 wurde die Herrschaft
von Herzog Friedrich dem Grafen von Bar verkauft; erst durch die
Vereinigung von Bar mit Lothringen kam die Grafschaft an Lothringen
wieder zurück. 1370 war Longwy infolge der Gefangennahme des
Herzogs Robert von Bar dem Könige Wenzel, Herzog von Luxemburg,
zugleich mit Longuyon, Marville und andern Orten als Pfand für das
beträchtliche Lösegeld gegeben worden; schon 1376 aber erfolgte die
Einlösung und die bedingungslose Rückgabe an den Grafen. Gegen
Ende des 30jährigen Krieges war Longwy letzter Zufluchtsort Herzog
Karls IV. in seinem Lande; 1646 ward daher das Schloss von den
Franzosen belagert und erstürmt. Durch den pyrenäischen Frieden
wurde Longwy dem Herzog zurückgegeben, 1670 aber bei der erneuten
Okkupation Lothringens von Frankreich zum zweiten Male mit Gewalt
eingenommen und nunmehr geschleift; durch den Nymweger Frieden
1) Bouteillier, S. 149. Clauteaux, Essai sur l’histoire de Longwy. 1829.
3) Liénard, S. 138.
8) Liénard, S. 143.
*) Witte im Lothr. Jahrb., VIL b., S. 100 ff,
— 211 —
wurde zwar Stadt und Amt Longwy an Frankreich abgetreten, jedoch
ohne Zustimmung Herzog Karls IV., der gegen die Festsetzungen dieses
Vertrages protestierte!). Longuyon hat, abgesehen von der kurzen
vorstehend erwähnten Verpfändung vom Jahre 1370, stets zu Barrois
mouvant, bezw. zu Lothringen gehört.
Marville soll schon 1039 von Kaiser Heinrich III. als besondere
Grafschaft eingerichtet und dem Erzbistum Trier geschenkt worden
sein”), was mangels anderweitiger Nachrichten allerdings zu bezweifeln
sein dürfte); die Herren von Montjoie, welche wir Ende des Jahrhun-
derts im Besitze der Grafschaft finden, sind daher wohl Lehensträger von
Trier gewesen. Von ihnen ging Marville in weiblicher Erbfolge an den
Grafen von Montfaucon über, der 1269 infolge Geldmangels das Gebiet
zugleich mit Arrancy dem Herzog Heinrich von Luxemburg verpfändete.
Der Uebergang wurde ein endeiltiger, die Hälfte beider Gebiete ward
aber nicht lange nachher von Herzog Heinrich dem Grafen Theobald
von Bar überlassen, um damit einen zwischen beiden entstandenen
anderweitigen Streit zu beenden. Von diesem Zeitpunkte an blieb
Marville, ebenso wie Arrancy, im gemeinschaftlichen Besitze von Luxem-
burg und Bar-Lothringen, die beide in der Stadt Marville ihren Amt-
mann hatten; auch nach dem Vertrage von 1602, durch den Arrancy
ganz an Lothringen kam, blieb die Gemeinsamkeit der Besitzer von
Marville aufrecht erhalten.
Den luxemburgischen Anteil erwarb in der Folge Frankreich
durch den pyrenäischen Frieden, den lothringischen durch den Vertrag
von Vincennes 1661. Zur Reunionszeit war daher Longuvon recht-
mässig im herzoglich lothringischen, Marville dagegen im französischen
Besitze, während das Verhältnis Longwys seit dem Nymweger Frieden
ein zweifelhaftes war; die drei Gebiete lagen aber damals wie von
Alters her innerhalb der Erzdiözese Trier.
Vorladungen wurden im vorliegenden Falle der nötigen Ver-
schleierung der Reunion wegen nicht abgegeben.
Die Verhandlung über Marville konnte ähnlich wie mehrere frühere
nur den Zweck haben, eine Rechtsgrundlage mehr für die noch aus-
stehende endgültige Auseinandersetzung mit Lothringen zu schaffen.
Die Beweisführung stützte sich in erster Linie auf den vorgelegten
Vertrag von 1292, laut welchem Herzog Friedrich von Lothringen das
1) 8. S. 84,
2) Calmet, Notice I, S. 760.
3) Bei Görz, Regesten der Erzbischöfe zu Trier, 1861, und Bever, Mittel-
rheinisches Urkundenbuch, nichts darüber enthalten,
14%
Schloss Longwy für 28,000 livres an den Grafen Heinrich von Bar
verkauft und den Aftervasallen des Schlossbezirks, unter denen aber
Besitzer von Longuvon oder Marville nicht genannt werden, befiehlt,
den Grafen fürderhin als ihren Landesherrn anzusehen. Ebenso wurde
die Urkunde des Vertrages von 1370 der Kammer vorgelegt, welche
bezeugt, dass in diesem Jahre Schloss Longwy für 10000 Franken an
den Herzog Wenzel von Luxemburg, den nachherigen deutschen König
verpfändet worden war, um das Auslösegeld für den in Metz gefangen
gehaltenen Herzog von Bar zu gewinnen, wobei der Rückkauf aus-
drücklich vorbehalten war; die Vollziehung des Rückkaufs im Jahre 1376
kam dagegen nicht zur Kenntnis der Kammer, war also, da sie ein
für die französische Beweisführung günstiges Moment bildete, auch dem
General-Prokurator nicht bekannt. Während in den beiden zuerst
vorgelesten Urkunden ausdrücklich nur Longwy und Zugehörigkeiten
aufgeführt werden, wurde dagegen vom gleichen Jahre 1370 ein Lehens-
bekenntnis Wenzels vorgelegt, in dem auch Longuyon, Marville und
Arrancy als Lehen der Grafschaft bezeichnet sind. Der Nachweis war
damit geführt, dass die genannten Gebietsteile früher Lehen der Graf-
schaft Bar gewesen und als solche an Lothringen gekommen seien;
da nun die Grafschaft selbst ein Lehen Frankreichs sei, wurde einfach
die Unterstellung der Aemter Longwv, Longuvon und Marville zugleich
mit dem Amte Arrancy unter die französische Landeshoheit in der ge-
wohnten Form des Verbotes an alle Beamte, Vasallen und Unterthanen,
einen anderen Souverain als den König von Frankreich und einen anderen
höchsten Gerichtshof als das Parlament zu Metz anzuerkennen, verfügt.
Der hierüber ausgefertigte Beschluss enthält, wie oben erwähnt,
in der Ueberschrift keine Erwähnung dieser bedeutenden Reunion;
es wird durch diese vielmehr der Anschein hervorgerufen, als handele
es sich in der ganzen Sitzung nur um Zurückweisung eines Protestes
des Grossen Rates zu Mecheln gegen einen früheren, zu der vorliegenden
Reunion nicht in Beziehung stehenden Beschluss. Der Eindruck, dass
dadurch die Art der Reunion verhüllt werden sollte, wird noch ver-
stärkt durch die unbeschreibliche Unklarheit und Verworrenheit, mit
welcher der Beschluss abgefasst ist; fortgesetzt werden: in der Ver-
handlung die Ansprüche auf die Grafschaft Chiny und auf die vor-
stehenden (Gebiete untereinander gemischt, ohne dass aber irgend
welche Beziehungen derselben zu einander angeführt werden. Als
roter Faden geht vielmehr durch die weitläufigen Erörterungen nur
die Behauptung, dass die Aemter früher lehensabhängig von Bar, dieses
aber lehensabhängig von Frankreich sei; selbst dieser Scheingrund für
ae
die Reunion von Longwy, Longuyon und Marville, wie er auf Grund-
lage der Urkunden allein möglich gewesen wäre, wird im Schlussurteile
in keiner Weise zum Ausdruck gebracht; dieses lautet vielmehr un-
vermittelt dahin, dass die Ansprüche des Grossen Rates zu Mecheln
abzuweisen seien und dass die Grafschaft Chiny und die genannten
Aemter als Frankreich einverleibt zu gelten haben. Diese Verworren-
heit ist nicht durch die früher hervorgehobene Unklarheit des General-
Prokurators allein zu erklären; vielmehr kam es ihm zweifellos darauf
an, diese selbst für das Kammerverfahren völlig rechtlose und unhalt-
bare Reunion möglichst zu verhüllen und die neu reunierten Gebiete,
wenn auch unausgesprochen, als Zugehörigkeit der Grafschaft Chinv
für den oberflächlichen Leser darzustellen, da selbst französischen
Landsleuten die Einverleibung eines Gebietes auf Grund der Lehens-
abhängigkeit von einem andern, dem alten Herzogtum Bar, das selbst
noch nicht einverleibt, sondern nur zum Teile lehensabhängig von
Frankreich war, als unberechtigt hätte erscheinen müssen; auch die
Ersetzung uralter Schlossbezirke durch lothringische Aemter, also reine
Verwaltungsbezirke, ist bezeichnend für die Willkürlichkeit des Ver-
fahrens. Ausserdem aber dürfte das Versprechen des Königs gegenüber
dem Kaiser, wenngleich nicht ausdrücklich für Lothringen mit ab-
gegeben, auch hier der Hauptgrund für die Veschleierung gewesen
sein. Der I/mfang, der für solche Aemter naturgemäss genau festzu-
stellen ist, beträgt:
für das Amt Longwy rund 5 U] Meilen,
Longuyon » 1UJMeile,
Marville >» 2 Cl Meïlen.
Huldigungs-Akte liegen nur für einzelne Gerechtsame in den
Städten Longwy, Longuyon und Marville vor.
45.
Herzogtum Bar.
Sitzung vom 2. Juni 1683.
Nachdem in der Sitzung vom 5. April 1683 Lehen von Bar ein-
verleibt waren, was die Zugehörigkeit des ganzen früheren Herzogtums
zur Voraussetzung hätte haben müssen, erfolgte die Reunion dieses
Landes selbst nunmehr in einer besonderen Sitzung. Die Verhandlung
wurde aber ähnlich wie die Reunion vom 5. April in eine andere
Form gekleidet; die Ueberschrift des Beschlusses vom 2. Juni lautet
wörtlich:
— 214 —
Arrêt, qui ordonne que tous les prétendus seigneurs des prévôtés
et chatellenies de Pont-à-Mousson, St-Mihiel, Foug, la Chaussée etc.
seront tenus d'en faire reprise et rendre en la dite chambre les fois
et hommages qu'ils doivent au roi, comme seul seigneur souverain
du comté de Bar.«
Wenn schon die Schlussworte keinen Zweifel lassen, dass es
sich um die Reunion der ganzen früheren Grafschaft handelt, so
seht dies im einzelnen auch aus der Verhandlung selbst hervor,
indem in dieser die 17 noch nicht durch Beschlüsse oder als Zu-
gehörigkeiten reunierten Aemter der Reihe nach aufgezählt und zum
Schlusse sämtlich der Krone Frankreich zugesprochen werden. Die
hier zunächst kurz zu charakterisierenden Amtssitze waren:
1. Pont-à-Mousson, die bekannte Moselstadt des Departements
Meurthe-et-Moselle.
2. St. Mihiel, heute Stadt des Departement Meuse, an der Maas
gelegen.
3. Foug, Ortschaft im Kanton Toul-Nord, zum Departement
Meurthe-et-Moselle gehörig.
4. Lavantgarde, heute als Ortschaft nicht mehr bestehend; das
dort befindliche Amt wurde 1698 nach Pompey, 15 km südlich
Pont-à-Mousson gelegen, verlegt.
5. Norroy-le-Sec; Ortschaft des Kantons Conflans, im Departement
Meurthe-et-Moselle.
6. Pierrefort, heute als Gemeinde nicht mehr bestehend; die
Ruine des früheren Schlosses liegt im heutigen Kanton Martin-
court, Departement Meurthe-et-Moselle, etwa 10 km süd-
westlich Pont-à-Mousson. Pierrefort war nicht eigentlich
Sitz eines Amtes, scheint aber einen ähnlichen Verwaltungs-
bezirk gebildet zu haben, da eine grössere Reihe von Ort-
schaften als zu seinem (rebiete (terre) gehörig angeführt
werden.
. Sancy, Dorf im Departement Meurthe-et-Moselle, heute zum
Kanton Audun-le-Roman gehörig, 18 km westlich Diedenhofen
gelegen.
8. Lachaussée Dorf, heute zum Kanton Vigneulle-lès-Hatton-
chätel im Departement Meuse gehörig, 25 km nordwestlich
Pont-a-Mousson gelegen.
—]
9. Bouconville, Dorf zum Kanton St. Mihiel Departement Meuse
heute gehörig, 15 km östlich St, Mihiel gelegen,
— 215 —
10. Bourmont, Kantonort im Departement Haute-Marne, 12 km
südlich Neufchateau gelegen.
11. Lamothe, die im französisch-lothringischen Krieg häufig ge-
nannte Festung, heute nur als Burgruine, nicht mehr als Ort-
schaft bestehend, und zum Kanton Bourmont, Departement
Haute-Marne gehörig.
12. La Marche, Kantonort im Departement Vosges, in der Land-
schaft Bassigny gelegen, später bekannt geworden als Geburts-
ort des Marschalls Victor.
13. Gondrecourt, Kanton im Departement Meuse, 20 km nord-
westlich Neufchateau, nahe der barisch-französischen Grenze
gelegen.
14. Chatillon, Dorf im Kanton La Manche, Departement Vosges,
in der Südspitze der Landschaft Bassigny gelegen.
15. Pierrepont, Dorf im Kanton Bruyères, Departement Vosges,
20 km östlich Epinal gelegen.
16. Pierrefitte, Kantonort des Departement Meuse, 15 km westlich
St. Mihiel gelegen.
17. Conflans-en-Bassigny, Dorf des Kanton St. Loup, Departement
Haute-Saöne, 12 km westlich der Stadt Luxeuil gelegen.
Wie die Uebersicht zeigt, sind diese Verwaltungsbezirke in
5 Gruppen zusammenzufassen :
a) Norrov-le-Sec und Sancy im nördlichen Barrois-non-mouvant;
b) Pont-à-Mousson, St. Mihiel, Foug, Lavantgarde, Pierrefort,
Lachaussee, Bouconville im mittleren Barrois-non-mouvant,
dazu Pierrefitte im mittleren Bar mouvant;
c) Bourmont, La Mothe, La Marche, Chatillon, Pierrepont, Conflans-
en-Bussigny, Gondrecourt im südlichen Barrois mouvant, zu-
meist in der Landschaft Bassigny gelegen.
Die Reunion dieser Aemter wurde vom General-Prokurator allein
vor der Kammer beantragt; in seiner Begründung ging er davon aus,
dass sie alle zu Barrois mouvant zu rechnen seien; wenn bisher ange-
nommen worden sei, dass sie ganz oder zum Teil zum kaiserlichen
Bar gehört hätten, so sei dies irrtümlicher Weise geschehen (»crues
par erreur faire partie ou dépendre des terres et seigneuries que les
comtes de Bar tenaient de l’empire, et non pas de la France«).
Dieser Irrtum sei dadurch herbeigeführt worden, dass ein Teil der
Urkunden bei einem Brande zu Paris vernichtet, ein anderer Teil nach
England gebracht worden sei, und dass die Grafen von Bar die ihrigen
verheimlicht hätten.
— 216 —
Zur Unterstützung dieser ungeheuerlichen Behauptungen wurde
eine grosse Menge von Urkunden vorgelegt, welche in 3 Gruppen sich
zusammenfassen lassen; in erster Linie wird auf Grund von Bekennt-
nissen, die von Lehensträgern innerhalb der (Gebiete bei den Grafen
von Bar vorgelegt worden waren, auf die Lehensabhängiskeit der ganzen
Gebiete selbst geschlossen; eine zweite Gruppe von Urkunden bezeugt
die Ausübung lehensherrlicher Rechte seitens der Grafen von Bar, wie
Verpfändungen, Verschenkungen, Verkaufs-Genehmigungen gegenüber
den Eigentümern solcher gräflichen Lehen; in dritter Linie endlich
werden die, schon öfter erwähnten Zusammenstellungen des Kammer-
präsidenten Alix vorgebracht, welche Domänen und Afterlehen solcher
Besitzer innerbalb der genannten Gebiete nachweisen, aber, wie früher
gezeigt, mit der staatlichen Zugehörigkeit solcher Güter in keinem
/usammenhange stehen. In dieser Weise werden für Pont-a-Mousson
allein 59 Lehenserneuerungen von Privatpersonen für herzoglich-barische
Besitzungen oder Nutzungen, 6 Urkunden für Nachweis lehensherrlicher
Rechte, und eine grosse Menge von Domänen und Afterlehensbesitzungen
der Grafen nahe und ferne von Pont-a-Mousson aufgeführt, z. B. in
Longwy, Longuyon, Briey, Morhange u. s. w. In ähnlicher Weise
wird eine grosse Menge von Urkunden auch für die übrigen Gebiete
vorgebracht, alle mit wenigen Ausnahmen völlig nichtssagend; nur für
die Aemter La Mothe, La Marche und Conflans-en-Bussigny wird ein
Huldigungs-Akt des Grafen von Bar beim König Karl von Frankreich
vom Jahre 1391 beigebracht; diese gehörten aber zum Barrois mouvant,
waren daher zweifellos von Frankreich lehensabhängig; ihre Lehens-
abhängigkeit von Frankreich war daher unbestritten. In den übrigen
Jrkunden kommen wiederholt Besitzungen vor, die unter fremder
Landeshoheit, oder in einem der anderen Aemter gelegen sind; bei
Lachaussee sind Zugehörigkeiten in Metz und Gorze, bei Sancy solche
in Chäteau-Salins und Pont-a-Mousson aufgeführt; für die Aemter
Lavantgarde, Pierrepont, Pierrefort und Pierrefitte werden aber über-
haupt keine besondern Einzel-Urkunden vorgelegt; die ganze Beweis-
führung für die Zugehörigkeit dieser Aemter besteht darin, dass inner-
halb ihrer Gebiete Güter anderer Aemter durch deren Urkunden oder
durch die Zusammenstellungen des Präsidenten Alix festgestellt werden
konnten. Die Erklärung für die teils einseitigen, teils gegenseitigen
Beziehungen ergiebt sich einfach dadurch, dass Lehensträger des Grafen,
die Besitzungen an verschiedenen Orten hatten, nur an einer Stelle,
wahrscheinlich ihrem Wohnsitze, Huldigungs-Akte und Abgaben den
grällichen Beamten gegenüber zu erstatten hatten. Aus der ganzen
— 217 —
Art der Kammerverhandlung, aus der vorzugsweisen Berücksichtigung
derjenigen barischen Landschaften, in denen noch keine Reunionen
stattgehabt, aus der nahezu völligen Uebergehung des Nordens, wo
Conflans, Briey, Etain, Longwy, Longuyon und Arrancy bereits früher
reunirt waren, geht zur Genüge hervor, dass es sich in der That um
eine Nachlese nicht berücksichtigter Gebietsteile handelte, durch deren
Hineinziehung die ganze Grafschaft nunmehr französisches Gebiet werden
sollte. Etwaige Enklaven ausserhalb des eigentlichen Bar fielen natur-
gemäss als Zugehörigkeiten der französischen Krone zu.
Der Kammerbeschluss lautete dementsprechend, dass die angeblichen
Herren der 17 Aemter bezw. Schlossbezirke (also der Herzog von
Lothringen) sowie alle Besitzer von Lehen in denselben innerhalb der
gewohnten Zeiten Huldigung zu erstatten und Lehensverzeichnisse vor-
zulegen hätten, und dass alle Beamten, Vasallen und Unterthanen der
Souveränität des Königs und der Gerichtsbarkeit des Parlamentes unter-
stellt würden.
In gleich summarischer Weise wurde in den folgenden Monaten
mit den noch nicht reunierten Teilen des eigentlichen Herzogtums
Lothringen verfahren.
46.
Geistliche Gebiete des Herzogtums Lothringen.
Sitzung vom 2. August 1683.
Die Reunion der noch nicht einverleibten Teile des eigentlichen
Herzogtums Lothringen wurde auf zwei Sitzungen verteilt und in eine
noch weniger durchsichtige Form gekleidet. Der Beschluss der ersten
Sitzung betraf ausschliesslich die Besitzungen geistlicher Herren; seine
Ueberschrift lautet:
»Arrêt portant defenses aux juges des bailliages, établis de
l’autorit& des dues de Lorraine, de connaître des appellations
des jugements, rendus par les juges des Seigneuries, qui
appartiennent aux ecclesiastiques, lesquelles sont situées dans
l'étendue des diocèses de Metz, Toul et Verdun.
Nach dem Wortlaut dieses Beschlusses handelte es sich also
nur um die Einsetzung eines anderen Berufungsgerichtes innerhalb
der Diözesen der drei Bistümer. Der Inhalt des Beschlusses war
aber ein ganz anderer, allen früheren entsprechender; er unter-
stellte sämtliche im Herzogtum gelegenen geistlichen Besitzungen un-
mittelbar der Landeshoheit Frankreichs. Solche geistliche Besitzungen
— 218
wurden aber in allen bisher noch nicht reunierten Aemtern des ge-
samten Lothringens nachgewiesen; die Reunion erstreckte sich dem-
gemäss auf einen grossen Teil Lothringens im Bereiche seines ganzen
Umfanges. Das Verfahren, durch das dieser Zweck erreicht werden
sollte, war im Einzelnen folgendes: In erster Linie wurde durch eine
ausserordentlich weitschweilige geschichtliche Auseinandersetzung der
Beweis zu führen versucht, dass die geistlichen Gebiete zwar that-
sächlich der Gerichtsbarkeit, niemals aber rechtlich der Landeshoheit
des Herzogtums unterstanden hätten; sie seien vielmehr reichsunmittelbar
seblieben und daher durch den Westfälischen Frieden vom Reiche direkt
an Frankreich abgetreten worden. Beginnend mit der Eroberung
Galliens durch die Franken, stellte der General-Prokurator die Be-
hauptung auf, dass schon zu dieser Zeit den geistlichen und den welt-
lichen Herren Lehen (beneficia, später feuda genannt) verliehen worden
seien. Erst die sächsischen Kaiser hätten ein Zusammenschliessen
geistlicher und weltlicher Gebiete in Lothringen herbeigeführt, indem
sie den geistlichen Würdenträgern die Herzogtümer, Markgrafschaften
und Grafschaften gegeben hätten, die bisher im Besitze weltlicher
Herren gewesen seien. Diese geistlichen Herren hätten aber nach den
zeitigen Kanons weder Krieg führen noch Strafgerichtsbarkeit ausüben,
überhaupt mit rein weltlichen Geschäften sich nicht befassen dürfen ;
deshalb setzten die weisen Kaiser in dem Reiche Lothars bald einen,
bald zwei ihrer vertrautesten Heerführer ein (»ces prudents empereurs
commirent tantôt un tantôt deux des leurs plus affidés capitaines) um
diese Geschäfte zu besorgen; wenn einer eingesetzt wurde, hiess er
Herzog von Lothringen; waren es zwei, so hiessen sie Herzog von
Oberlothringen oder Mosellanien und Herzog von Unterlothringen oder
Ripuarien. Der letzte kaiserlicherseits zum Herzog von Oberlothringen
ernannte sei Mathias, der Schwager Friedrich Barbarossas gewesen;
nach dessen Tode, 1176, hätten seine Nachkommen entsprechend dem
im Reiche herrschenden Gebrauch den’ Namen und die Eigenschaft (le
nom et la qualite) als Herzog von Lothringen weitergeführt (also
usurpiert) und fortgefahren, den Lehen, Gebieten und Herrschaften, die
sie besassen, den Namen Lothringen zu geben. Die in ihrem Herzog-
tume gelegenen geistlichen Gebiete der Kirchen und Abteien stammten
überdies insgesamt entweder von den Königen der ersten beiden
Familien (Merovinger und Karolinger) oder von den Bischöfen von Metz,
Toul und Verdun her, keine derselben sei der Freigebigkeit der Herzöge
von Lothringen zu verdanken. Im Jahre 1542 hätten weiterhin die Her-
zöge von Lothringen vom Reiche das privilegium de non appellando ad
cameram erhalten, naturgemäss aber habe dieses sich nicht auf die
obigen geistlichen Gebiete beziehen können ; sie seien vielmehr unmittelbar
der Gerichtsbarkeit des Reiches unterstellt geblieben, welches diese
hätte so lange wahrnehmen müssen bis sie durch den Westfälischen
Frieden, Artikel »primum quod supremum dominium« für den ganzen
Bereich der Diözesen Metz, Toul und Verdun der Krone Frankreich
abgetreten worden sei. So etwa war der Kern dieser kühnen, der
‘geschichtlichen Entwickelung wie den staatsrechtlichen Verhältnissen
in gleicher Weise ins Gesicht schlagenden Ausführungen, die offenbar
darin gipfeln sollten, das Wort »districtuse unter Anwendung seiner
Bedeutung als »jurisdietion«, auch auf den herzoglichen Teil der
"Diözesen, auf den der Westfälische Friede sich nicht bezog, übertragen
zu können. »l’empire a encore cédé à la France tous les droits, qui
lui appartenaient sur les fiefs, terres et seigneuries, qui sont situés
dans l'étendue des diocèses ou jurisdictions des dites églises de Metz,
Toul et Verdun« heisst es in dieser Beziehung in der Begründung des
Beschlusses vom 10. September 1683; aus einem Lehensrechtsbuche
wird weiterhin districtus wie folgt definiert: »districtus est regis terri-
torium, intra quem domino, vel eius magistratus est ius distringendi,
iudicandi, et coercendi«.
Nachdem durch diese neue Auslegung des Wortes distrietus
zunächst die geistlichen Besitzungen im Herzogtum als durch den
Westfälischen Frieden abgetreten hingestellt waren, galt es nun,
diesen eine möglichst grosse Ausdehnung im Wege der Zugehörig-
keiten (appendances et dependances) zu geben. Zu diesem Zwecke
bediente man sich vor Allem wieder der Zusammenstellung des
Kammerpräsidenten Alix, in welcher alle der Kirche gehörenden
Besitzungen, geordnet nach den drei Oberämtern Nancy, Vosges
und Allemagne und innerhalb dieser nach den Aemtern, aufgeführt
waren. Dazu gehörte eine Menge von Oertlichkeiten, Gerechtsamen und
sonstigem Eigentum in acht Aemtern des Oberamtes Nancy und sieben
Aemtern des Oberamtes Vosges, also in dem ganzen Bereiche dieser
Verwaltungsbezirke: im Oberamte Allemagne werden dagegen nur eine
geringe Zahl von Besitzungen in zwei Aemtern angeführt, wieder wie
bei Bar, dadurch zu erklären, dass dieser Teil des Herzogtums schon
zum grössten Teil durch die früheren Reunionen einverleibt war. Unter
den hier namentlich reunierten Besitzungen befindet sich aber auch die
Herrschaft Baumbiedersdorf, westlich St. Avold gelegen, welche als
Zugehörigkeit der Abtei Longeville reuniert wurde, während sie that-
siichlich zu der längst ohne besondern Beschluss reunierten Herrschaft
— 220 —
Rollingen gehörte!). Eine kleine Nachlese erfolgte aber hier für die
nordöstliche Landschaft, indem aus einer vorgelegten Investitur Kaiser
Karls V. vom Jahre 1522 für den Herzog Anton von Lothringen und
durch spätere Bestätigungen die Abtei Tholey (jetzt zum Kreise Ottweiler,
Regierungsbezirk Trier, gehörig) und ihr Gebiet diesen geistlichen Be-
sitzungen zuzurechnen das Recht abgeleitet wurde. Der Kammer-
beschluss lautete den Anträgen des General-Prokurators entsprechend
dahin, dass die herzoglichen Oberamtsgerichte sich des Eingreifens in
die (rerichtsbarkeit aller dieser geistlichen Gebiete bei Strafe zu ent-
halten hätten und dass die Beamten, Vasallen und Untertanen, welche
diese Gebiete und ihre Zugehôrigkeiten bewohnten (habitants les dites
terres et seigneuries et leurs dependances, appendances et annexes)
keine andere Landeshoheit als die des Königs von Frankreich und
keinen anderen höchsten Gerichtshof als das Parlament zu Metz anzu-
erkennen hätten.
Diese Form des Beschlusses gab naturgemäss den Vollziehungs-
beamten das Recht, jeden Ort, in welchem eine noch so unbedeutende
geistliche Besitzung oder Gerechtsame sich feststellen liess, für reuniert
zu erklären und ihre Zugehörigkeiten nach Belieben ausdehnend selbst
über die ganzen Oertlichkeiten noch weit hinauszugreifen.
47.
Die Diözesen Metz, Toul und Verdun.
Sitzung vom 10. September 1683.
In Ergänzung der früheren Beschlüsse, welche teils Einzel-Gebiete
der drei Diözesen unmittelbar oder im Wege der Zugehörigkeiten, teils
grössere Landschaften in allen Teilen derselben zugleich der französischen
Krone zugesprochen hatten, erfolgte zum Schlusse eine umfassende auf
den Gesamt-Umfang der Diözesen sich erstreckende Reunion, durch
welche in erster Linie eine Nachlese der noch nicht reunierten Gebiets-
teile innerhalb der Diözesen bewirkt werden sollte. Im Eingange zu
diesem Beschlusse wird daher hervorgehoben, dass Frankreich die glor-
reichen und berechtigten (légitimes) Früchte seiner Siege ganz pflücken
und auch diejenigen Gebietsteile sich angliedern müsse, deren Besitzer
bisher durch fremde und interessierte Mächte an Erstattung der Huldi-
gung verhindert worden seien.
Thatsächlich wurden durch diese Gesamt-Reunion die vorher-
gehenden Beschlüsse zum grössten Teile überflüssig gemacht. Auch
1) s. weiter unten.
— 21 —
dieser grossen Schluss-Reunion wurde ein unverfänglicher Titel gegeben.
Die Ueberschrift des Beschlusses lautet nämlich:
»Arret, qui ordonne à tous les ecclésiastiques et séculiers, qui
jouissent de quelques terres et seigneuries dépendantes des évêchés
de Metz, Toul et Verdun, de satisfaire à la déclaration du roi du
17me octobre 1680.«
Wie sehr dem General-Prokurator Ravaulx diese Verhüllung
der letzten Reunionen durch unverfängliche Bezeichnung der Be-
schlüsse glückte, geht daraus hervor, dass auch der Metzer Intendant
Turgot sich täuschen liess und diese grössten aller Reunionen nicht
als solche erkannte; in der früher erwähnten Denkschrift, in welcher
er alle übrigen Reunionen richtig und vollständig aufzählt, führt er als
letzte die von Chiny am 21. April 1681 an.
In dem Inhalte des Beschlusses wird aber die Erläuterung desselben
dahin gegeben, dass alle Geistlichen und Laien, welche im Besitze von
Lehen, Gebietsteilen und Gerechtsamen sind, die im Bereiche der drei
Diözesen sich befinden, gleichfalls den von den Bistümern abhängigen
Besitzern zuzurechnen sind (»qui sont dependants ou font partie des
évêchés ou principautés de Metz, Toul et Verdun, ou qui sont situés
dans l'étendue de leurs dioceses«). Der Antrag des General-Pro-
kurators ging dahin, dass alle diese Besitzer der französischen Krone
huldigen und der Souveränität des Königs unterstellt werden sollten.
Da nach den Gepflogenheiten der Kammer mit Sicherheit anzunehmen
ist, dass dem Worte »terre« die denkbar weiteste Ausdehnung ge-
geben, unter demselben nicht nur jede noch nicht reunierte Herrschaft,
sondern jeder freie Grundbesitz überhaupt verstanden wurde, so bedeu-
tete der Antrag des General-Prokurators nichts weniger als die Reunion
der ganzen Diözesen,
Auch für diese Massnahme wurde die Berechtigung nachzuweisen
versucht, wobei die durchsichtige Schwäche der Darlegungen durch
überaus weitschweifige geschichtliche Erörterungen und fortgesetzte
Wiederholungen zu verschleiern der General-Prokurator sich bemühte.
Der Kern seiner Darlegungen gipfelte in den zwei Behauptungen:
1. dass durch den Westfälischen Frieden vom Reiche die geist-
lichen Diözesen, nicht nur die weltlichen Gebietsteile der Bistümer ab-
getreten seien;
2. dass das Reich damit auch das Herzogtum Lothringen als
innerhalb der Diözesen liegend abgetreten habe und zu dieser Abtre-
tung berechtigt gewesen sei.
— 222 —
Zum Beweise der ersteren Behauptung werden die Vorgänge zu
Münster, welche dem Abschlusse des Westfälischen Friedens voraus-
gingen, und die von Gravel mit dem Schiedsgerichte zu Regens-
burg in den sechziger Jahren geführten Verhandlungen eingehend
besprochen unter besonderer Betonung der Verzichtleistung des kaiser-
lichen Gesandten zu Münster auf den Zusatz des Wortes »temporalis«
zu »districtuse. Auch ein Brief Serviens!) an das Parlament zu Metz wird
dabei abschriftlich unter Bezugnahme auf die 1663 angeordnete Durch-
forschung der Archive vorgelegt: » Copie collationnée le premier avril 1646
par le commissaire, par Nous (le roi) député à la recherche des titres
et droits, acquis à Notre couronne par le dit traité de Munster d'une
lettre, &crite le deuxieme decembre 1647 par le comte de Servien au
premier president de Notre Parlement de Metz.«
Neu und daher erwähnenswert ist in diesen überaus weitschwei-
figen Ausführungen nur die Bezugnahme auf die Abtretung der säku-
larisierten Erzbistümer Bremen, Magdeburg und des Bistums Minden;
für die Abtretung des weltlichen Besitzes dieser geistlichen Fürsten-
tümer seien in dem Vertrags-Instrumente die Worte »archiepiscopatus,
episcopatus« gewählt worden; also müsse auch unter dem Ausdrucke
»episcopatus Metensis, Tullensis, Virdunensis« im Friedens-Instrumente
der weltliche Besitz dieser Bistümer verstanden werden; durch den
Zusatz »eorumque episcopatum districtus« sei daher ein Mehr bezeich-
net worden als die ohnehin schon abgetretenen unmittelbaren Gebiets-
teile der Bistümer. Eine gewisse Berechtigung wird diesen Ausführungen
nicht abzusprechen sein, wie früher selbst ohne Rücksicht auf diesen
Vergleich nachzuweisen versucht worden ist ?).
Um so auffallender erscheint es aber, dass Ravaulx diese that-
sächlich gute Grundlage, die bei den weitaus meisten Einzelreunionen
hätte verwertet werden können, erst jetzt sich zu Eigen macht. Bei
der wiederholt hervorgehobenen Oberflächlichkeit, mit welcher ver-
fahren wurde, ist es nicht unmöglich, dass der General-Prokurator erst
in letzter Zeit und zwar nach dem 2. August 1683 von den bezüg-
lichen Verhandlungen Kenntnis erhalten hat; andernfalls würde er die
ganze Reunionssitzung vom erstgenannten Tage und seine so schwie-
rigen und geschraubten Begründungen in dieser Sitzung sich vollständig
haben ersparen können. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass das Argument
aus dem Grunde früher nicht hervorgezogen wurde, weil gleich von der
1) s. Anhang und $. 56.
2) 48, SN OD)
D Du
ersten Reunionssitzung an das Gebiet der Diözesen der drei Bistümer
überschritten worden war.
Soweit Kaiser und Reich Territorien innerhalb der drei Diözesen
an Frankreich abzutreten berechtigt waren, konnte die Abtretung nicht
ohne Grund von Frankreich gefordert werden. Weit schwieriger ge-
staltete sich für den General-Prokurator der Nachweis für seine Theorie,
dass die Berechtigung des Reiches im Westfälischen Frieden Abtretungen
vorzunehmen auch auf Lothringen sich erstreckt habe, also auch die
herzoglichen Teile der 3 Diözesen durch den Westfälischen Frieden
an Frankreich abgetreten seien. Dieser Theorie direkt entgegen stand
der Vertrag, durch welchen das Herzogtum in unzweideutigen Aus-
drücken als unabhängig vom Reiche erklärt worden war. Die Art,
wie der General-Prokurator diese Schwierigkeit überwand, übertrifft
selbst alle seine früheren Leistungen. Jetzt rächte sich die staats-
rechtlich unmögliche Doppelstellung, die Lothringen 1542 erstrebt und
erreicht hatte. In seinem Antrage führte Ravaulx zunächst aus, dass
in dem Reichsbeschlusse von 1542 gar nicht gesagt sei, was man über-
haupt unter dem Herzogtum Lothringen zu verstehen habe (»oü est et
ce que se peut être que le dit duch@«); dasselbe sei zum Teil Reichs-
lehen geblieben, auch nach dem Vertrage von 1542, da nach diesem
der Herzog */; der Beiträge eines Kurfürsten zu den Reichslasten bei-
steuern müsse. Dieser Teil des Herzogtums sei es, welcher durch die
bisherigen Reunions-Beschlüsse als lehensabhängig von den 3 Bistümern
nachgewiesen worden sei; zwischen seiner Stellung zum Reiche und
der des übrigen Herzogtums aber könne ein Unterschied nicht gemacht
werden, denn die Herzöge von Lothringen hätten seit dem Jahre 1542
die Reichssteuern nicht nur auf ihre Bistums-Lehen umgelegt (imposées
et levées), sondern ausnahmslos auch auf alle anderen Gebietsteile,
die sie als sogenanntes Herzogtum Lothringen besassen (»toutes les
autres dont ils ont joui sous le nom de duché de Lorraine sans excep-
tion d’aucune«). Hiernach habe Lothringen bis zum Jahre 1648 mit
seinem ganzen Umfange zum Reiche gehört, sei also auch von diesem
als innerhalb der Diözesen der Bistümer liegend an Frankreich abge-
treten worden; wenn daran noch ein Zweifel möglich sei, so werde
er beseitigt durch den Friedens-Vertrag von 1648 selbst; denn das
Reich habe die Gelder, die es nach Artikel 16 des Vertrages von
Osnabrück den Schweden habe zahlen müssen, ebensowenig auf das
sogenannte Herzogtum Lothringen, wie auf die Bistümer umgelegt.
Hierdurch sei aber erwiesen, dass das ganze Herzogtum 1648 in der
Reichsmatrikel gelöscht und also an Frankreich abgetreten worden sei,
Be.
Die Hinfälligkeit dieser letzteren Darlegungen ist augenscheinlich; da
Lothringen durch den Westfälischen Frieden nicht wiederhergestellt
wurde sondern nach wie vor im französischen Besitze blieb, konnten
naturgemäss die Kriegsentschädigungen auf das Herzogtum nicht mit
umgelegt werden: in einem 1660, also unmittelbar nach Wieder-
einsetzung des Herzogs aufgestellten Haushaltsplane sind dagegen unter
den Ausgaben wieder die Beiträge zur Unterhaltung des Reichskammer-
serichts zu Speier aufgeführt‘).
Um aber diesen Ausführungen trotzdem den Schein einer Be-
rechtigung zu geben, wurden der Kammer auch bei dieser Reunion
eine grosse Zahl von Urkunden vorgelegt, darunter insbesondere Auf-
forderungen deutscher Kaiser an die Herzöge von Lothringen, ihre
Reichs-Beiträge zu zahlen und Ermässigungsgesuche der Herzöge aus
den Jahren 1495 bis 1604; ferner Listen über die Verteilung dieser
Beiträge auf die gesamten Verwaltungs-Bezirke Lothringens; endlich
in 60 Foliobänden Steuerlisten der General-Einnahmen des Herzogtums
aus den Jahren 1570 bis 1633 und vom Jahre 1661, in denen allen,
ausgenommen allein die letztere, Steuern zur Abführung an das Reich
aufgezählt sind.
Um ausserdem zu zeigen, dass das ganze Territorium des Herzogs
von Lothringen innerhalb der drei Diözesen gelegen sei, wurden Diözesan-
verzeichnisse dieser letzteren vorgelegt, aus denen sich ergiebt — was
ja ohnehin zweifellos — dass alle Aemter, Herrschaften und sonstigen
Gebiete, die im Besitze der Herzöge gewesen unter dem Namen ab-
hängiges, unabhängiges und angeblich unabhängiges Herzogtum Loth-
ringen-Bar zum Bereiche der Diözesen oder zur geistlichen Gerichts-
barkeit der Bischöfe gehörten (»que toutes les prévôtés, chatellenies,
officiers, hautes-justices et autres terres et seigneuries, dont ont joui
les ducs de Lorraine sous les noms de duché de Lorraine et Barrois
mouvant, non mouvant et prétendu non mouvant sont situés dans
l’etendue des diocèses ou juridictions spirituelles des évêchés de Metz,
Toul et Verdun«).
Der Beschluss der Kammer lautete auch in diesem Falle ganz
dem Antrage des General-Prokurators entsprechend. Alle Besitzer
von Lehen, Grundstücken und Herrschaften, die im Umfange der
drei Diözesen gelegen seien, wurden zur Abstattung der Huldigung
innerhalb eines Monates verpflichtet, alle Beamten, Vasallen und Ein-
wohner der Landeshoheit Frankreichs und der höchsten Gerichtsbarkeit
des Metzer Parlamentes unterstellt. Mit einem Zuge waren hiermit
1) Digot, V, S. 455 ff.
die noch nicht reunierten Teile des Herzostums und die innerhalb der
Diözesen gelegenen reichsständischen (Grebiete der Krone Frankreich
zugesprochen.
Im einzelnen wurden von diesem Beschlusse betroffen:
a) Das ganze Herzogtum Lothringen-Bar, soweit es nicht durch
frühere Beschlüsse bereits reuniert war; einige zur Erzdiözese Trier
gehörige Grenzstreifen im Norden sind wohl selbstverständlich als
»Zugehörigkeiten« des Herzogtums angesehen worden. Die faktische
Besitznahme Gesamt-Lothringens war hiernach in eine nach französischem
Sinn staatsrechtlich gültige verwandelt worden.
b) Von spanisch-niederländischem Gebiete die seit dem pyranäischen
Frieden streitigen luxemburgischen Lehensherrschaften im weiteren Um-
kreise Diedenhofens!); dieselben waren zur Zeit aber bereits längst
ohne besondern Beschluss reuniert?).
c) Von reichsunmittelbaren Gebieten die nicht unter frühere Be-
schlüsse der Metzer Kammer fielen:
1. Der grössere Teil der Grafschaft Dagsburg, deren kleinerer
Teil zur Diözese Strassburg gehörte. Die ganze Grafschaft
war aber als dem Unterelsass zugehörig bereits durch Beschluss
der Kammer (conseil souverain) zu Breisach vom 9. 8. 1680
reuniert worden.
2. Die westliche Hälfte der Grafschaft Lützelstein, die seit 1452
im Besitze des pfalzgräflichen Hauses war und deren östlicher
Teil gleichfalls zur Diözese Strassburg gehörte; zur Zeit war
aber auch diese ganze Grafschaft bereits durch Spruch der
Kammer in Breisach vom 9. 8. 1680 reuniert. Infolge dieses
Reunionsspruches bildeten beide Grafschaften für die Folge einen
Bestandteil der Provinz Elsass, obwohl sie historisch zum Westrich
gehörten und der Pfalzgraf von Lützelstein im westfälischen Frieden
unter den Reichsunmittelbaren im Elsass genannt war’).
3. Die Herrschaft Diemeringen, östlich von Saarwerden gelegen,
die seit etwa 1!/s Jahrhundert im Besitz der rheingräflichen
Linie von Salm-Kirburg war und mit der Herrschaft Mörchingen
in Personal-Union stand; sie war daher als Zugehörigkeit von
Mörchingen mit dieser zugleich am 12. Dezember 1680 wahr-
Or Dothr, Territ,, S. 17%.
2) S, Reunionen ohne Beschlüsse.
3) Ludwig, die deutschen Reichsstände im Elsass, 1898, 5. 22. Die noch
grössere Unsicherheit hinsichtlich der Nordgrenze des Elsass dauerte fort (S. 17),
kommt aber bei der Metzer Reunion nicht zur Sprache.
15
te =
scheinlich reuniert worden, wenn sie auch im Beschluss nicht
besonders aufgeführt ist.
4. Die Herrschaft Burgaltdorf, nordöstlich von Dieuze; sie war aber
schon 1676 als zur Landvogtei Hagenau gehörig vom Parlament
zu Metz der Krone Frankreich zugesprochen worden; sie fiel nun-
mehr sowohl unter den Spruch der Kammer zu Breisach vom
22. März 1680 wie den der Metzer Kammer vom 10.September 1683.
5. Ein kleines Gebiet des deutschen Ordens mit dem Hauptorte
Hundlingen, westlich von Saargemünd; dass dieses auch that-
sächlich spätestens jetzt mit Beschlag belegt wurde, geht aus
einem kaiserlichen Commissions-Dekrete an den Reichstag zu
Regensburg vom 15. Dezember 168471) hervor, da in diesem
unter den geschädigten Reichsständen der lothringischen Land-
schaft auch der deutsche Orden genannt wird.
6. Reichsritterschaftliches Gebiet derer von Kerpen, mit dem
Hauptorte Lixingen, unmittelbar südlich an das des deutschen
Ordens grenzend und derer von Stein-Kallenfels, nördlich
Drulingen gelegen, mit dem Hauptorte Asweiler, beide von ganz
geringem Umfange *): es ist anzunehmen, dass diese Reichsritter
sich 1681 dem Schritte ihrer unterelsässischen Collegen, eine
Deputation nach Paris zu schicken und ihre Unterwerfung dort
anzubieten, angeschlossen haben werden, und die Huldigung
vor dem Parlament zu Metz oder, wie die elsässische Ritter-
schaft, vor besonderem Reunionskommissar leisteten). Da-
gegen wird das gleichfalls innerhalb der Diözese gelegene
Fürstentum Lixheim seit 1652 nicht mehr als reichsunmittelbar
angesehen werden können; das gleichfalls jetzt lothringische
Fürstentum Pfalzburg und die kurpfälzische Herrschaft Burscheidt,
westlieh von Pfalzburg, gehörten zur Diözese Strassburg; auch
war ein Teil des ersteren rechtsmässig, ein Teil des letzteren
irrtümlich durch den Vertrag von Vincennes 1661 von Lothringen
an Frankreich abgetreten worden; trotz Zugebens des Irrtums
nahm Frankreich aber die ganze Herrschaft Burscheidt im An-
schluss an die umliegenden Reunionen in Besitz.
An zwei, im übrigen lothringischen Herrschaften hatten deutsche
Standesherren Besitzanteile; Schloss und Burg der Herrschaft Frauen-
berg, nordöstlich von Saargemünd, war in württembergischem, ein Teil
') Pachner von Eggenstorff, III, S. 547 ff.
?) Kirchner, Karte des Reichslandes Lothringen 1882.
8) Reuss, !’Alsace au 17e siècle 1897, S. 531
der Herrschaft Finstingen in rheingräflichem Besitze; es darf wohl als
selbstverständlich angenommen werden, dass diese Herrschaften von
Frankreich ganz zu Lothringen gerechnet wurden; ebenso müssen
einige kleinere Enklaven reunierter Herrschaften als diesen zugerechnet
angenommen werden, sodass sie nicht mehr unter den vorliegenden
Beschluss fallen; dazu gehören die Dörfer Lettingen und Diedingen,
südlich Saargemünd, die im Besitze der Grafen von Saarbrücken-Nassau
waren, und der Warent-Wald bei St. Avold, von welchem Einzelteile,
alle mit Dörfern, ausser zum Bistum Metz und zum Herzogtum Lothringen
auch zur Grafschaft Saarbrücken und zur Herrschaft Blieskastel gehörten.
Es liegt bei der summarischen Reunion der ganzen Diözesen die
Frage nahe, warum dieses Verfahren nicht von vornherein eingeschlagen
wurde und die Einzel-Reunionen auf Gebiete ausserhalb der Diözesen
beschränkt blieben. Dass die Einzel-Reunionen innerhalb der Diözesen
für die vorstehend skizzierte Beweisführung verwertet wurden, ist keine
genügende Erklärung dafür, da auch die sonstigen Verhältnisse, insbe-
sondere die Geldleistungen an das Reich die angebliche Abhängigkeit
des Herzogtums vom Reiche darthaten. Es muss daher angenommen
werden, dass der bisherige glückliche Verlauf des Reunions-Unterneh-
mens, wie er als Folge der Schwäche des Reiches und der Hilflosigkeit
des Herzogtums Lothringen sich gestaltet hatte, den Mut zu immer
dreisterem und rücksichtsloserem Vorgehen gab!), sodass Louvois den
anfänglich solchem summarischen Verfahren entgegengesetzten Wider-
stand aufgab?) und die Erfüllung des Testamentes Richelieus, die Aus-
dehnung Frankreichs bis zum Rheine, in erreichbare Nähe gerückt
schien. Im Einklange hiermit wird die von gleicher Rücksichtslosig-
keit zeugende Wegnahme Luxemburgs, die aber nicht zu den un-
mittelbaren Aufgaben der Kammer gehörte, als ein weiterer Schritt
auf diesem Wege anzusehen sein’).
D. Reunionen ohne Beschlüsse.
>
Gleichlaufend mit den durch Kammerbeschlüsse vollzogenen Re-
unionen ging das Bestreben, die erworbenen Gebiete zu erweitern und
durch benachbarte zu vergrössern, ohne dazu einer besonderen Kammer-
verhandlung zu bedürfen. Die Handhabe dazu bot einerseits der Be-
griff der »Zugehörigkeiten«, wie er bei allen reunierten Gebieten zum
1) Calmet, II, S. 853, sagt zur Begründung des nachherigen summarischen
Verfahrens: »mais comme cette voie leur parut trop longue.«
2) 5. S. 98.
3) s. weiter unten.
— 128
Ausdruck gekommen war, andererseits der Erlass des Königs vom
17. Oktober 1689, enthaltend die Aufforderung an alle mittelbaren und
unmittelbaren Vasallen auch ohne besondere Vorladung für alle ihre
Besitzungen und Gerechtsame Huldigung vor der Kammer bei Strafe
der Einziehung zu erstatten‘). Durch diesen Erlass entstand in den
bedrohten (rebieten, die sich infolge der bereits ausgesprochenen Re-
unionen von Veldentz und Zweibrücken bis in die Nähe des Rheins
erstreckten, eine wahre Panik; nicht nur die Territorialherren, sondern
auch deren Lehensträger und sogar die Besitzer von allodialem und
privatem Eigentume sahen sich in ihrem Besitztum bedroht. »Ainsi il
n'y eut presque plus personne qui püt compter de posséder son bien
en repos«?), sagt ein französischer Geschichtschreiber dieser Zeit. Ein
sehr grosser Teil der sich bedroht fühlenden Besitzer zog es vor, sein
Eigentum unter der französischen Souveränität sicher zu behalten, als
der Gefahr sich auszusetzen, desselben von der Kammer für verlustig
erklärt zu werden, und gab daher vor dieser die verlangten Erklärungen
und Nachweisungen ab; innerhalb weniger Monate boten allein inner-
halb der Diözesen Metz und Trier 650 angebliche Vasallen ihre Hul-
digung an, von denen naturgemäss auch nicht ein Einziger abgewiesen
sein wird.
Hinsichtlich der Erweiterung durch den Begriff der »Zugehörig-
keiten« wurde in folgender Weise verfahren: In die reunierten Gebiete
wurden zugleich mit der militärischen Besetzung seitens der Kammer
besondere Kommissäre entsandt, um die Ausdehnung der Gebiete fest-
zustellen, und durch Untersuchungen in den Archiven Anhaltspunkte
für deren Erweiterung zu gewinnen. Fanden sich Urkunden oder sonstige
Anhaltspunkte vor, welche auch nur den Schein eines Anrechtes gewähr-
ten, so erklärte der Reunions-Kommissar einfach das betreifende Gebiet
als zugehörig, und daher in gleicher Weise wie das reunierte Stamm-
gebiet der französischen Landeshoheit unterstehend. Besonders thätig
wirkte in diesem Sinne ein Kapitän Simon, der nach erfolgter Reunion
von Zweibrücken in Lauterecken seinen Sitz nahm, und die reunierten
plälzischen Gebiete mit Erfolg auf Kosten ihrer Nachbarn, deren Länder
er bereiste, zu erweitern bestrebt war. Von ihm sind eine grosse An-
zahl von Briefen im Original erhalten, an den General-Prokurator Ravaulx
gerichtet, welche über die Art dieser Reunions-Thätigkeit Aufschluss
seben?). So heisst es in einem Briefe, datirt Lauterecken, 23. Oktober 1680:
1) Dieser und der folgende Abschnitt: » Vorbereitete Reunionen« sind nahezu
ausschliesslich nach handschriftlichen Quellen bearbeitet.
>) Limiers, Histoire du règne de Louis XIV, 1718, IV, S. 31.
*) Kinige im Anhang abgedruckt.
229 —
»Wir waren zu Wildenburg um die Reunion der Grafschaft Veldentz
dort zu proklamiren: es ist der Hauptort eines Amtes von 12 Dörfern,
deren Plan ich beifüge; der Amtmann hält es für möglich (»ne dis-
convient pas«) dass es einstmals zu Veldentz gehört habe; es ist jetzt
im Besitze des Rheingrafen von Morhange: ich schicke Ihnen auch ein
Verzeichnis der Lehensabhängigkeiten von Grumbach, bei meiner Rück-
kehr aus Sponheim und anderen Orten, wo wir heute hingehen; ich
werde Sie wissen lassen, was wir gethan haben werden«. Am 22. Mai 1681
schreibt derselbe Simon aus Lauterecken, er sei in Trarbach und
Castellaun gewesen, giebt eine eingehende Beschreibung der zugehörigen
Amtsbezirke, und verlangt Garnison, um sie in Unterthänigkeit zu erhalten.
zumal der Kurfürst von Trier und der Pfalzgraf sich eines Teiles der-
selben bemächtigt hätten; auf Grund welchen Rechtstitels die Besetzung
erfolgen solle, wird nicht gesagt, obwohl die Aemter von den bisherigen
Reunionsbeschlüssen nicht betroffen waren. In ähnlicher Weise verfuhr
ein Kommissar in der reunierten Grafschaft Chiny; als dieser einen
Bürger der Hauptstadt nach dem Umfange der früheren Grafschaft
frug, soll letzterer ihm zur Antwort gegeben haben: »Ihr behauptet
zu Metz, dass die Grafschaft die Hälfte der Welt ist, und dass die
andere Hälfte’ von ihr abhängig ist (»en est la dependance«)!).
Ein anderer Kommissar schreibt am 28. Juli 1682 (ohne Orts-
angabe): »Da der König Herr von Luxemburg (soll heissen Teilen
Luxemburgs) ist, so darf man nicht die Forderung der 3 Aemter
Wittlich, Kilburg und Schönecken vergessen, welche die Erzbischöfe
von Trier sich angemasst haben, nach meiner Denkschrift, die Herr
v. Ravaulx in Händen hat.«
Zu den grösseren Reunionen, welche auf diese Weise ohne jeden
Kammerbeschluss und ohne jeden Schein eines Anrechtes vollzogen
wurden, gehören, wie aus vorliegenden Schriftstücken ersichtlich:
Die linksrheinischen Besitzungen der Grafen von Leiningen.
Zur Erläuterung dieser Reunion erscheinen einige Angaben über
die Besitzungen der Grafen erforderlich). Das Geschlecht zerfiel zur
Reunionszeit in 2 selbständige, gegenseitig nicht erbberechtigte Linien,
die der Grafen Leiningen-Hartenberg, meist einfach Grafen Leiningen
senannt, und die der Grafen Leiningen-Westerburg: erstere zählte 4,
letztere 2 regierende Häuser. In die alten Stammbesitzungen des Ge-
1) Michel, histoire du Parlement de Metz, 5. 214. Eine ähnliche Aeusserung
des Grossen Kurfürsten s. weiler unten.
*) Das Folgende unter Benutzung von Brinckmeier, Genealogische Geschichte
des Hauses Leiningen, 1890.
— 230 —
schlechtes, im ehemaligen Worms- und Speier-Gau der heutigen hessischen
und bayrischen Pfalz liegend und aus einem grösseren Gebietsteile um
Dürkheim und Grünstadt und mehreren kleinen Enklaven bestehend,
teilten sich alle 6 Linien ; ausserdem gehörten, von rechtsrheinischen
Besitzungen abgesehen, der Westerburger Linie die Grafschaften Ober-
bronn und Niederbronn im Elsass, der Hartenberger Linie die Graf-
schaft Dagsburg an der elsass-lothringischen Grenze gelegen und die
Herrschaft Oberstein im Nahe-Gebiete!). Die Grafschaft Rixingen und
die lothringische Lehensherrschaft Forbach waren kurz vorher verkauft,
die elsässischen Besitzungen, eingeschlossen die ganze Grafschaft Dags-
burg, durch Spruch der Kammer zu Breisach vom 9. August 1680
reuniert worden. Der Kern der alten Landgrafschaft war im Besitze des
Grafen Ludwig Eberhard von Leiningen-Westerburg-Rixingen; ein grosser
Teil derselben gehörte aber zur Zeit zur Kurpfalz. *
Nach einem im Original vorliegenden Briefe des Kapitän Simon
aus Grünstadt, vom 13. Juni 1681, waren die Grafen von Leiningen
in dortiger Landschaft im Besitze von 6 Schlössern, darunter Alt-
Leiningen, 7 Flecken, 44 Dörfern und 5 Meiereien (métairies), während
der Kurfürst von der alten Landgrafschaft 8 »grosse« Schlösser,
darunter Neu-Leiningen, 19 Dörfer und 4 Meiereien hatte. Dieser
kurpfälzische Besitz gründete sich auf einen, nach dem Tode des Land-
srafen Hesso 1467 von der Linie Leiningen-Westerburg abgeschlossenen,
1506 erneuerten Vertrag, der aber im Jahre 1618 von der Linie
Hartenberg angefochten worden war. Zugleich hatte diese Linie für
sich die ganze alte Landgrafschaft beansprucht, während kurz vorher,
1615, der Graf von Leiningen-Westerburg die Erneuerung der alten
Landgrafenwürde für sein Haus beansprucht hatte. Der daraus entstan-
dene sogenannte Leiningen’sche Dignitäten-Streit dauerte zur Reunions-
Zeit noch fort, und kam den französischen Bestrebungen in hohem
Grade zu statten. Beide Linien hofften durch Entgegenkommen gegen
Frankreich die Erfüllung ihrer Ansprüche und die Wiedergewinnung
der kurpfälzischen Abtretungen zu erreichen. Vermehrt wurden die
günstigen Aussichten Frankreichs durch einen Streit innerhalb des
Westerburg’schen Hauses, indem der älteste Sohn des regierenden
Grafen Ludwig Eberhard Schritte gethan hatte, seinen Vater für einen
Verschwender erklären zu lassen und von der Regierung zu verdrängen
hauptsächlich wegen des Verkaufs der Herrschaften Rixingen und
Forbach. In einer im Konzepte erhaltenen Denkschrift des jungen
Grafen Philipp Ludwig vom 5. Februar 1681 legt dieser der Reunions-
1) Diese war durch Spruch vom 1. November 1680 reuniert; s. S. 188.
kammer die Verhältnisse des Leiningen’schen Hauses an der Hand der
Geschichte dar und sagt dann weiter: »Da der König von Frankreich
infolge der Friedensschlüsse zu Münster und Nymwegen die Souveränität
beansprucht, so unterwerfe er sich ihm von jetzt an (fait sa soumission
dès à present) und bitte den König, ihn als legitimen Erben und
Nachfolger des Landgrafen Hesso anerkennen, und ihm voll und ganz
alle die Entfremdungen und Enteignungen (aliénations et usurpations)
zurückerstatten zu wollen, die zum Schaden der Landgrafschaft
im Laufe der Zeit vorgekommen seien; er bitte ferner um die
Erlaubnis, nach Vasallen zu forschen, welcher Art und an welchem
Orte immer sie seien, die von der Landgrafschaft lehensabhängig
seien oder früher einmal gewesen seien. Mehr konnte die Kammer
nicht verlangen, als ein derartiges verständnisvolles Eingehen auf
ihre Absichten und Gepflogenheiten; eine ähnliche Bereitwilligkeit
scheint, wie das Folgende beweist, auch von den übrigen Grafen
sezeist worden zu sein; die Kammer sah daher von einer be-
sonderen Verhandlung, für welche eine Urkunden-Sammlung laut
vorgefundenem Verzeichnis bereits angelegt war, ab, zumal es auch
ihren Grundsätzen keineswegs widersprochen haben würde, die ge-
samten Besitzungen als »Zugehörigkeiten« der am 7. November 1680
reunierten Leiningen’schen Herrschaft Oberstein zu beanspruchen. Ob
Vorladungen an die Grafen bereits ergangen oder die Erklärungen nur
Folge der allgemeinen Aufforderung des Königs vom 17. Oktober 1680
waren, lässt sich aus dem vorliegenden Material nicht ersehen; doch
erscheint ersteres nicht unwahrscheinlich, da auch die Grafen Leiningen
zu den Reichsständen gehörten, die sich beschwerdeführend an Kaiser
und Reich gewandt, und erst als ihnen vom Reiche die gewünschte
Hilfe nicht ward, der Kammer gegenüber sich gefügig gezeigt halten.
Das Reunions-Verfahren ihnen gegenüber ist durch einen Originalbrief
des Kapitän Simon, datirt aus Grünstadt vom 13. Juni 1687') bis ins
Einzelne zu verfolgen. Der Berichterstatter meldet danach, er habe
die Grafen Leiningen hierher bestellt (>j'ai fait venir ici les comtes de
Linange«), nach langem Streit über den Ort des Vollzugs der Reunion,
da jeder wollte, dass sie bei ihm stattfände; auch habe er den Ladungs-
Befehl in die vom Kurfürsten von der Pfalz usurpirten Gebiete geschickt,
die dortigen Unterthanen seien aber vom Kurfürsten am Erscheinen
verhindert worden. Wie Simon weiter berichtet, fand vor dem eigent-
lichen Reunions-Akte ein Festessen statt, bei welchem unter Musik
und Kanonendonner auf die Gesundheit des Königs, des Königlichen
1) S. Anhang.
Hauses und des Marquis Louvois getrunken wurde: »la vôtre (de Ravaulx)
n'y a pas été oubliéee. Nach dem Festessen fand die eigentliche
Reunions-Versammlung statt, in der Simon die Besitzergreifung voll-
zogen zu haben meldet. Die Grafen wollten alsdann sogleich selbst
den Treueid leisten, er antwortete ihnen, dass dies vor besonderen
Kommissaren zu erfolgen habe (»que toutes ces choses se faisaient
par des commissaires deputes«). Hierauf wurde seitens der anwesenden
Menge auf die Gesundheit des Königs getrunken »unter unglaublichen
Freudenbezeugungen«. Die Grafen hatten so viel Wein verteilen
lassen, dass er nicht ganz getrunken werden konnte. Am folgenden
Tage schickte Simon Befehl an alle Ortschaften, öffentliche Gebete für
den König abzuhalten, was zur grossen Zufriedenheit des ganzen Volkes
geschah (»au grand contentement de tout le peuple«). Simon berichtet
weiter, dass er auch die vom Kurfürsten usurpirten Gebiete für ordnungs-
mässig reuniert erklärt habe (j'ai déclaré la possession bien et valable-
ment prise) und verlangt 2 Kompagnien Infanterie und einige Dragoner
zur Wegnahme des Schlosses Neu-Leiningen, das der Kurfürst mit
einem Sergeanten und 6 Dragonern besetzt halte.
Die Hoffnung, durch den freiwilligen Anschluss an Frankreich
wieder in den Besitz der ganzen alten Landgrafschaft zu kommen,
scheint aber nicht in Erfüllung gegangen zu sein; in einem noch vor-
liegenden Originalbriefe an Ravaulx, datirt aus Alt-Leiningen vom
8. April 1685, schreibt der regierende Graf Leiningen-Westerburg :
»neanmoins le prince palalin possède les plus belles et meilleures
terres, que Vous avez promis de me faire restituer: j'espère, Monsieur,
que cela se fera bientôt par Votre moyen«. Immerhin muss es auch
hier als ein trauriges Zeichen für den Zustand des Reiches angesehen
werden, dass deutsche Fürsten zwecks Vergrösserung ihres Gebietes
die rechtlosen Gepflogenheiten des Königs sich zu Nutze zu machen suchten.
Auf die vormals Leiningensche Herrschaft Forbach!) erstreckte
diese thatsächliche Reunion sich nicht, da sie 1678 von dem Grafen
Eberhard Ludwig für ein sehr Geringes (»presque pour un morceau de
pain«) an den Erzbischof Hartard Freiherrn von der Leyen verkauft
und von diesem im gleichen‘ Jahre an seinen Neffen, Anton Freiherrn
von der Leyen, vermacht worden war. Letzterer hatte bereits am
15. Mai 1680, jedenfalls auf Veranlassung der Metzer Kammer, den
Lehenseid geleistet; das noch vorhandene Lehensverzeichnis ist aber
erst vom 13. Februar 1684 datirt. Die bis dahin unbestrittene Lehens-
') 5. Besler, (reschichte des Schlosses, der Herrschaft und der Stadt Forbach,
1895, S. 46 ff.
999
SC 239 EE
abhängigkeit der Herrschaft vom Herzogtum Lothringen scheint dabei
von beiden Seiten mit Stillschweigen übergangen worden zu sein.
In ähnlicher Weise wurde auch
die alte Grafschaft Sponheim!)
ohne besonderen Beschluss reuniert unter dem Vorwande der Zugehörig-
keit zur Grafschaft Veldentz. Die Grafschaft Sponheim hatte ursprüng-
lich aus mehreren getrennten Theilen unter besonderen Linien des Ge-
schlechtes gestanden, aus denen früh sich die vordere Herrschaft mit
dem Stammsitze Sponheim und dem Hauptorte Kreuznach a. d. Nahe
und die hintere Herrschaft mit dem der Linie den Zunamen gebenden
Schloss Starkenburg (jetzt Ruine im Kreise Zell an der Mosel gelegen)
hervorhoben; eine dritte Herrschaft lag an der oberen Nahe mit dem
Hauptorte Birkenfeld, wo gleichfalls ein Sponheimsches Schloss sich
befand; einige kleinere Enklaven im pfälzischen Gebiete gehörten zur
hintern Grafschaft. Im Jahre 1414 starb das Geschlecht der Grafen
Sponheim-Kreuznach in männlicher, drei Jahre später auch in weiblicher
Linie aus, wodurch ein kleiner Teil der vordern Grafschaft an die
Kurpfalz fiel, der ganze übrige Besitz aber in der Hand der Starken-
burger Linie vereinigt wurde. Schon 1437 starben jedoch auch die
Starkenburger Grafen aus und wurden von Baden, Veldentz und der
Kurpfalz beerbt. Infolge des Todes des letzten Grafen von Veldentz
trat an Stelle dieses im Jahre 1444 Pfalz-Simmern. Um die Mitte
des 15. Jahrhunderts gehörten daher zwei Fünftel der vordern Herr-
schaft der pfälzischen Kurlinie, drei Fünftel sowie die ganze hintere
Grafschaft Baden und der Linie Pfalz-Simmern gemeinschaftlich. Dieses
Verhältnis dauerte zur Reunionszeit noch fort; wenn auch an Stelle
von Pfalz-Simmern infolge Vereinigungen der Besitzungen gleichfalls
die Kurpfalz getreten war. Ein endgültiger Teilungs-Vertrag zwischen
dieser und Baden kam erst im Jahre 1707 zu stande.
Seitens der Kammer wurde infolge vorstehend angegebener Be-
erbung die ganze Grafschaft als eine Zugehörigkeit von Veldentz be-
zeichnet, wiewohl kein Teil derselben jemals von diesem oder dem
jistum Metz lehensabhängig gewesen war; selbst der früher als die
Veldentzsche Erbschaft an die Kurpfalz gekommene Teil der vorderen
Grafschaft wurde von der Reunion nicht ausgenommen.
Eine besondere Verhandlung fand nicht statt; mit Vollziehung
der Einverleibung war wieder der Capitain Simon betraut. Einen
1) Das Folgende unter Benutzung von Weydmann, Geschichte der ehemaligen
grällich-sponheimschen Gebiete. 1599.
en,
Versuch auf Kreuznach scheint dieser bereits bald nach der Reunion
von Veldentz gemacht zu haben. In einem Briefe vom 8. Oktober 1680!)
schreibt er an Ravaulx, dass der Gouverneur von Kreuznach Befehl
habe, ihn und seine Begleiter zu arretieren, wenn sie dort eine Ver-
kündigung machen sollten; »ce qui ne m'étonne pas« fügt er hinzu.
Auch ein zweiter Versuch im folgenden Jahre schlug fehl; in einem
Briefe aus Lauterecken vom 24. Juni 1681!) schreibt Simon, dass er
einen Lieutenant nach Kreuznach gesandt habe um das Stadtgebiet
für den Grafen von Pfalz-Birkenfeld (der Huldigung erstattet hatte) in
Besitz zu nehmen; sein Abgesandter sei aber dort schlecht empfangen
und ausgewiesen worden; man habe ihm bedeutet, dass wenn er wieder
nach Kreuznach kommen sollte, um derartige Thorheiten zu machen
(»pour faire de pareilles sottises«), er es zu bereuen haben würde.
Wie Simon weiter berichtet, hatte er sich inzwischen nach dem 10 km
westlich von Kreuznach gelegenen Schlosse Sponheim begeben und
alle Beamten der vorderen Grafschaft dorthin bestellt; dort proklamierte
er die Reunion, trotzdem der Kurfürst dreissig Dragoner entsendet hatte,
um ihn daran zu verhindern; »ni ses defenses ni ses dragons ne
m'ont empêché, de passer outre à l'exécution de ma commission,
Geringeren Widerstand gegen die Reunion scheinen die badischen
Mitbesitzer geleistet zu haben; am 23. Juni 1683 erstaltete die Mark-
gräfin Marie Franzisca von Baden der Kammer zu Metz Huldigung und
Lehensbekenntnis für die ganze hintere Grafschaft. Von Sponheim
begab sich Capitain Simon, wie er Ravaulx bereits von Grünstadt aus
angekündigt hatte, zu den Rheingrafen um deren (Gebiet,
die Rhein- und Wild-Grafschaft
in gleicher Weise zu reunieren. Das Geschlecht der Rheingrafen,
welches seit dem Jahre 1400 auch im Besitze der alten Wildgrafschaft
war, zerfiel zur Reunionszeit in drei Linien, Dhaun, Kyrburg und
Grumbach; ihre Gebiete lagen enclavenartig im Rhein-Nahe-Gebiet, vor-
wiegend von kurpfälzischem und kurtrierischem Lande umgeben.
Die Rheingrafen hatten, anscheinend gleichfalls vorgeiaden, zur
Huldigung sich bereit erklärt, da ihnen die Abrundung ihres Gebietes
auf Kosten ihrer Nachbarn in Aussicht gestellt war. Bei Ankunft
Simons setzten sie auch der Reunion keinen Widerstand entgegen,
zeigten aber nunmehr hinsichtlich der ihnen zugedachten Erwerbungen
sich ablehnend, wie aus vorgenanntem Briefe an Ravaulx vom 26. Juni
hervorgeht »ils font des difficultés, plus de se faire mettre en possession
I) s. Anhang.
qu'ils en ont fait pour faire leurs reprises«. Sie erklären jetzt dem
Capitain, dass die Gebietserweiterungen sie in Streitigkeiten mit den
Kurfürsten von Mainz, Trier und der Pfalz bringen würden, dass sie
es vorzögen friedlich zu besitzen was sie hätten und führten weitere
Gründe an: »aussi impertinentes qui seront trop longues à deduire.«
In Wirklichkeit hatten sie wohl im Gegensatze zu den Grafen Leiningen
erkannt, dass sie nur als Werkzeug zu weiteren Reunionen benutzt
werden sollten, wozu sie sich nicht herzugeben gedachten. Simon war
daher auch von ihrer Weigerung sehr unangenehm berührt ; er schreibt
weiter: »si on ne les presse rigoureusement on n'en viendra pas à bout.«
Grafschaft Dalbers.
Auf diesem in dem mehrgenannten Briefe ausführlichst geschilderten
Reunionszuge hatte Simon auch den Grafen Dalberg aufgesucht, um
dessen kleine nahe Kreuznach belegene Grafschaft zu reunieren; der
Graf behauptete seinen Besitz vom Kaiser unmittelbar zu Lehen zu
haben; »je lui ai dit, qu'il fallait aller discuter cela à la chambre
royale«, wozu Dalberg sich bereit erklärte; das kleine Gebiet kann
hiernach gleichfalls als reuniert angesehen werden.
Herrschaft Bickelheim.
Schliesslich meldet Simon seinem Herrn, dass der Pfalzgraf von
Birkenfeld entdeckt habe, dass die Herrschaft Bickelheim zu
der die Orte Sobernheim und Monzingen gehörten (alle an der Nahe
südwestlich von Kreuznach gelegen) jetzt zwar im Besitze des Kaisers
sei, aber früher zu Zweibrücken gehört habe; er fragt an, ob er den
Pfalzgrafen in deren Besitz setzen solle. Wie sollte da nicht der Mut
zu immer neuen Gewaltthaten kommen, wenn wiederholt deutsche
Fürsten die schlimmsten Machenschaften der Kammer sich zu eigen
machten ?
Auch auf
Teile des Kurfürstentums Trier
erstreckten sich die Reunions-Unternehmungen der Kammer. Nach
vorgefundenen handschriftlichen Aufzeichnungen hatte der Erzbischof
sogar zu den ersten »Vasallen« gehört, welche nach Metz geladen waren,
wo er sich über den Besitz der zum Erzstift Trier gehörigen, aber
innerhalb der Diözese Metz gelegenen Stadt St. Wendel und ihrer
Zugehörigkeiten als angeblichen Lehens des Bistums Metz ausweisen
sollte. Zugleich war ihm eine Einschränkung der im Westfälischen
Frieden aufrecht erhaltenen Metropolitan-Rechte des Erzbischofs auf
die drei lothringischen Bistümer, welche nach einer besonderen Con-
vention vom 12. Oktober 1661!) auch für die seither neu erworbenen
Gebiete Frankreichs in Lothringen und Luxemburg in Kraft bleiben
sollten, angesonnen werde. Der König verlangte jetzt, dass diese Rechte
im französischen Teile der Kirchenprovinz durch einen besonderen
Vikar wahrgenommen werden sollten, damit seine Unterthanen sich nicht
an geistliche Machthaber ausserhalb des Königreichs zu wenden hätten.
im Laufe des Frühjahrs 1680 wurde diese Forderung noch wesentlich
erweitert; nach zwei Relationen des kurfürstlichen Gesandten am fran-
zösischen Hofe vom 1. und 22. Juli 1680?) waren bis zu dieser Zeit
französischerseits beansprucht:
l. Im Saargebiete die Aemter St. Wendel, Merzig, Saargau, Ebers-
wald und ein Teil des Amtes Grimberg.
2. Die drei an der Maas gelegenen Ortschaften Fumey, Revin
und Fepin, welche früher Besitzungen der Abtei Prüm gewesen und
mit dieser an das Kurfürstentum Trier gekommen waren. Der Anspruch
war vom Könige damit begründet worden, dass die Abtei diese Orte
einer Schenkung des Königs Pipin verdanke, dass dieser sich aber die
königliche Macht und den Schutz darüber vorbehalten habe.
3. Im Moselgebiete das Dorf Cröv nebst Bann (districtus), das
der Kurfürst gemeinsam mit der Grafschaft Sponheim besass, und die
Gerichtsbarkeit in Beltheim, die der Kurfürst mit der Grafschaft Spon-
heim und der Herrschaft Beilstein teilte.
4. Eine grössere Zahl von lehensherrlichen Einzel- Besitzungen
und Gerechtsamen in den Gebieten Pfalz-Veldentz, Sponheim, Saar-
brücken, Leiningen, Leyen, Pfalz-Birkenfeld, Rheingralschaft und Kur-
Mainz.
In seinem Berichte meldet der Gesandte, dass der König jede
schriftliche Erklärung über die Begründung dieser Forderungen ver-
weigere; auch habe er den Vorschlag einer Conferenz mit Suspension
alles weiteren Verfahrens abgelehnt, da die Entscheidung der Reunions-
kammer in Metz zustehe.
Der Erzbischof richtete nunmehr, wie aus handschriftlichen Notizen
hervorgeht, zwei Briefe an die Kammer in Metz, infolge derer von
der Durchführung des förmlichen Verfahrens Abstand genommen wurde.
Der Inhalt dieser selbst nicht vorgefundenen Briefe wird nicht angegeben,
dagegen liest ein Brief des Kurfürsten vom 8. November 1680 an die
') Hontheim, historia Trevirensis 1750, Ill. 8. 738 ff.
2) Hontheim, IIL S. 797 ff.
DV
wu)
1
|
Behörden von St. Wendel vor, in welchem er diesen befiehlt, keinen
Forderungen der Reunionskammer Folge zu leisten.
Der Bischof von Metz wurde nunmehr von der Kammer veranlasst
den Versuch zu machen, seine Gewalt in den zu seiner Diözese ge-
hörenden beanspruchten Gebieten herzustellen, damit dann der fran-
zösischen Auslegung des Westfälischen Friedens gemäss zu ihrer
weunion geschritten werden könne. Aber auch dieser Versuch miss-
glückte. Denn als der Erzbischof drohte, den Bischof vor den aposto-
lischen Stuhl m Rom zu laden, nahm dieser sogleich von seinem Be-
sinnen Abstand, wobei dahingestellt bleiben mag, ob er nicht auch
hierbei nur den Namen zu dem Unternehmen herzugeben hatte. Ravaulx
liess sich aber durch diese Misserfolge nicht nur nicht abschrecken,
sondern ging nunmehr zu einem neuen Verfahren über, welches sogar
noch eine Erweiterung der beanspruchten Gebiete versprach. Ein Teil
der letzteren war nämlich im Besitze des Freiherrn Philipp Franz von
Sötern, Erben des Fidei-Commisses des im Jahre 1652 verstorbenen
Trierer Erzbischofs Philipp Christoph von Sötern. Streitigkeiten, welche
aus Anlass dieser Erbschaft zwischen ihm und dem kurfürstlichen
Nachfolger entstanden waren, hatte ein Compromiss vom Jahre 1654
»super fidei-commisso Söteriano« geregelt !); für Forderungen des Frei-
herrn an die kurfürstliche Kasse waren ihm die Einkünfte von St. Wendel
zu Lehen gegeben und rückständige Ansprüche des Kurfürsten auf die
bisherigen Söternschen Lehen, insbesondere Burg Dachstuhl und Haus
Grimberg niedergeschlagen worden. Dieser Lehensträger des Trierer
Kurfürsten, dem von den beanspruchten Gebieten auch Merzig zu Lehen
gegeben war, wurde nunmehr auf Grund der für die Forderungen an
Kurtrier aufgestellten Urkundensammlung, deren Verzeichnis noch vor-
liegst, aufgefordert, sich als Lehensmann des Bischofs von Metz zu be-
kennen; er erfüllte diese Aufforderung für seinen gesamten Besitz, so-
dass nunmehr auch die bisher gar nicht beanspruchten Teile desselben,
vor allem Dachstuhl selbst ohne besonderen Beschluss für die fran-
zösische Souveränität beansprucht wurden. Infolge dessen erhielt Kapitän
Simon auf seiner Reunions-Rundreise den Auftrag, sich nach Coblenz
zu begeben und den Kurfürsten zu benachrichtigen, dass die genannten
Gebiete reuniert seien. Simon beschreibt auch diese Begegnung in
dem Juni-Briefe aus Lauterecken; als der Kurfürst seine Erklärung
vernahm: »il a changé de couleur, et a été une heure comme un homme
morte. Als er nach einer Stunde wieder zu sich gekommen war, gab
er seiner Entrüstung über das Benehmen des Herrn von Sötern Aus-
1) Hontheim Il. S. 69%.
druck; er verwies den Reunions-Kommissar dann auf die zwischen dem
Reiche und dem Könige schwebenden Unterhandlungen und gab ihm
einen Brief an den General-Prokurator mit, der wohl einen Protest
gegen diese Schmälerung seines Gebietes enthalten haben wird. Sötern
legte aber am 22. November 1683 der Kammer ein (im Original vor-
sefundenes) Lehensverzeichnis seines gesamten Besitzes vor, womit die
Reunion auch dieser Gebietsteile entschieden war.
Die fortgesetzte Weigerung des Kurfürsten, diese widerrechtlichen
Usurpationen anzuerkennen, führte zu offenen Feindseligkeiten ihm
gegenüber; nach der Einnahme Luxemburgs schickte Marschall Créqui
ein Truppencorps unter Oberst Asfeld gegen Trier und liess die Be-
seitigung der Stadt-Befestigungen verlangen (»conseiller à l'électeur
de raser les fortifications de sa capitale«)!): da diese Forderung abge-
lehnt wurde, rückten die französischen Truppen in die Stadt ein und
beseitisten unter Zuziehung von Tausenden von Frohnarbeitern die
Befestigungen durch Rasieren der Wälle und Ausfüllung der Gräben.
Dieses mag einem neueren französischen Historiker zu der Auffassung
Veranlassung gegeben haben, dass nur die Eigenschaft des Landes-
herrn als eines der 8 Kurfürsten den König von der dauernden
Besitzergreifung seiner Hauptstadt abgehalten habe, andernfalls: »il
eût réuni cette fameuse cité à sa couronne, comme ayant relevé de
Metz en temps du royaume d’Austrasie ou comme ayant été la métro-
pole romaine des Gaulois?).« Die wirklich reunierten Gebietsteile des
Kurfürstentums waren aber im Verhältnisse zum ganzen Umfange
nicht bedeutend; nach der auf dem Ryswicker Kongresse 1697 vom
Kaiser aufgestellten Rückgabe-Forderung werden für das Kurfürstentum
Trier als »a camera Mettensi praetensa reunita« neben den vorher ge-
nannten nur noch aufgeführt: das Thal Naelbach im Saar-Gebiete mit allen
zugehörigen Ortschaften und ein Teil der Stadt Kirn a. d. Nahe, der dem
Kurfürstentum zugehörig war. Ein Teil der Reunionen war danach
von den Franzosen wieder aufgegeben worden, vor allem die kur-
trierische, früher reichsunmittelbare Abtei Prüm, welche in der Be-
schwerdeschrift der Reichsstände an Ludwig XIV. vom 8. Februar 1681
als französischerseits besetzt angeführt war. Die Auffassung Rankes?),
dass der Kurfürst von Trier am härtesten bedrängt worden sei, wird daher
gegenüber der Einverleibung der ganzen Gebiete anderer Reichsfürsten
nicht zugegeben werden können; auch die Landeshoheit über die
1) Rousset, III, S. 262; nach einem Briefe Louvois an Créqui.
?) Martin, histoire de France, XIV.
3) Ranke, Sämtliche Werke, X, S. 338.
= 239 —
Herrschaft Oberstein war, wie die Verhandlungen vor der Kammer!)
und die Relationen des Trierer Gesandten angeben, nur mehr eine
nominelle.
In ähnlicher Weise wurden ohne jeden Rechtsanspruch auch
die Besitzungen des Barons Friedrich von Sickingen
reuniert, der laut vorliegendem Original Akte für die Ehrenburg als
Zugehörigkeit von Veldentz und die Herrschaft Schellodenbach als
unmittelbaren Lehens des Bistums Metz die verlangte Huldigung
erstattete: der zu ihm entsandte Reunions-Kommissar Herr von Gou-
pilliers belegte darauf auch die Feste Landstuhl als Zugehörigkeit zu
den übrigen Besitzungen für Frankreich mit Beschlag, wovon er in
einem noch vorliegenden Briefe dem General-Prokurator Meldung
erstattet.
Weiterhin wurden
Teile der Kurpfalz
in die Reunion eingegriffen. Die Abtei Remersberg, französisch
»Mont St. Remy« genannt, welche zum Privatbesitz der Kirche
St. Remy zu Reims gehörte, wurde als von dieser lehensabhängig
erklärt und mit 16 ihr gehörigen Dörfern reuniert; um aber jeden
Zweifel an der Rechtmässigkeit dieser Reunion zu beseitigen, ward die
Abtei gleichzeitig als eine Zugehörigkeit von Veldentz bezeichnet. Ganz
ähnlich war das Verfahren hinsichtlich einer anderen kurpfälzischen
Abtei, Eussenthal, und der Herrschaft Kirchheimbolanden; erstere
wurde als zur Abtei Villers-Bettnach in Lothringen, letztere als zu den
ehemals Leiningen’schen Besitzungen gehörig bezeichnet und auf dem
Wege der einfachen Proklamierung reuniert. Wenngleich daher die
Kurpfalz durch Beschlüsse der Metzer Kammer nicht betroffen wurde,
waren schliesslich doch eine ganze Reihe von Gebietsteilen derselben
nach der Theorie der Zugehörigkeiten zu Veldentz, Sponheim und
Leiningen reuniert; dazu treten noch die Reunionen der Kammer zu
jreisach, insbesondere Germersheim und Schloss Falkenburg umfassend,
welches letztere mit schwerem Geschütze angegriffen wurde °).
Eine Reunion grösseren Massstabes traf
die Besitzungen der Grafen Hermann Franz und Otto
Ludwig von Manderscheid-Blankenheim;
sie ist deshalb von besonderem Interesse, weil damit zum ersten Male
reichsständige Gebiete des linken Mosel-Ufers in Anspruch genommen
A 8619. 188.
2) Ranke, X, S. 338.
wurden. Die Grafen leisteten die geforderte Huldigung und legten am
18. August 1682 Lehens-Verzeichnisse vor, die noch im Original vorhanden
sind. Sie wurden getrennt aufgestellt für die Grafschaft Manderscheidt, die
Herrschaft Neuenburg, die Herrschaft Kail, alle drei in der Eifel gelegen,
und die” Herrschaft und Baronie Reipoldskirchen im Lauter-Gebiete,
östlich von Lauterecken gelegen. Diese vier sind vom gleichen Tage
datirt, während das Lehensverzeichnis für die am Donnersberge ge-
legene Herrschaft Falkenstein unter dem 3. Mai 1683 ausgefertigt ist.
Ein Grund oder auch nur ein Vorwand für diese Reunion ist,
soweit das vorgefundene Material erkennen lässt, nicht angegeben
worden.
Auf spanisch-niederländische Gebietsteile
erstreckten sich die Reunionen ohne Beschlüsse insofern, als die an-
seblichen Zugehörigkeiten zur Grafschaft Chiny derartig ausgedehnt
wurden, dass sie schliesslich ausser der Hauptstadt nahezu das ganze
Herzogtum Luxemburg umfassten. »Il se trouva, que le comté de
Chiny avait eu jadis de nombreux arrière-fiefs, dont les attaches
s’etaient successivement rompues; et lorsque les anneaux de cette
chaîne féodale eurent été rassemblés par la chambre de Metz et
ressoudés par les rudes ouvriers de Louvois (richtiger wohl Ravaulxs)
il se trouva, que cette chaîne embrassait dans ses replis tant le duché
de Luxemburg, sauf la ville capitale et 14 ou 15 villages isolés dis-
persés ca et là ensérrés d’ailleurs, et tous sous la menace d’une
dernière et fatale &treinte«; so drückt sich hierüber mit unverhohlener
Ironie der Biograph Louvois aus!).
Ausserdem aber wurden nunmehr mit Hülfe der Kammer die seit
dem pyrenäischen Frieden streitigen drei Luxemburger Lehen in der
Diedenhofener Landschaft,
die Herrschaften Rodemachern mit dem Unter-
lehen Preisch, Rüttgen und Püttlingen bei Rode-
machern
endgültig Frankreich einverleibt?). Die Einwohner von Rodemachern
waren bald nach der von Frankreich auf Grund des Nymweger Friedens
erfolgten Wiederbesetzung*) zur Huldigung nach Metz vorgeladen
worden; Proteste des Statthalters in Luxemburg wurden, da die Kammer
noch nicht errichtet war, von dem Metzer Intendanten ablehnend
beantwortet. An die Unterthanen der Herrschaft Rüttgen erging am
1) Rousset IIT, S. 214.
2) 5. S, 82.
SO ACTE
— 241
14. August 1680 ein Verbot des Gouverneurs von Diedenhofen, Befehlen
aus Luxemburg Folge zu leisten; am 17. Oktober untersagte darauf
die Reunionskammer die Ablegung des Lehenseides für den König von
Spanien. Der Abschluss erfolgte für alle drei Herrschaften bei Ge-
legenheit der Reunion von Chiny, indem zugleich die angeblichen Herren
auch dieser Herrschaften aufgefordert wurden, vor der Metzer Kammer
zu huldigen und Lehensverzeichnisse vorzulegen; dabei scheinen auch
diese drei Lehen als Zugehörigkeiten von Chiny aufgefasst worden zu
sein; in einem Briefe Vaubans vom 17. Oktober 1684), durch welchen
dem Luxemburger Provinzial-Rat äusserlich noch die Gerichtsbarkeit
zugestanden wird, heisst es, das Gericht zu Diedenhofen solle nicht
in die Rechtsprechung der Luxemburger Richter eingreifen: »qu'ils
avaient sur Rodemachern comme sur tous autres lieux de la comté
de Chiny«. Das Zugeständnis war aber nur ein scheinbares, da gleich-
zeitig das Gericht zu Diedenhofen ein königliches Placet zur Festsetzung
der Ausübung der Gerichtsbarkeit in diesen Herrschaften erhielt.
Die übrigen 17 Luxemburger Lehen kommen bei solchen Ver-
handlungen nirgends mehr zur Sprache, müssen daher als von spanischer
Seite aufgegeben angesehen werden.
Zu ihnen trat aber nunmehr eine früher nie beanspruchte und
zu Diedenhofen räumlich in keiner Beziehung stehende luxemburgische
Enklave, die südlich Bolchen gelegene
Herrschaft Rollingen (Raville).
Aufeinen Teil derselben hatte früher der Bischof von Metz Oberlehensrechte :
durch Schiedsspruch vom 4. November 1541 war aber die Souveränität
dem Herzogtum Luxemburg zuerkannt worden, vorbehaltlich der
Lehensherrlichkeit von Metz für einzelne, zwei Metzer Bürgern gehörige
Lehen; nach einem erläuternden Abkommen vom Jahre 1615 sollte
aber daraus kein Anspruch auf Souveränität und Gerichtsbarkeit für
Metz zu folgern sein. Lehensträger Luxemburgs für °/s der Herrschaft
waren zur Reunionszeit die Grafen von Kriechingen, die aber nicht
lange vorher den Besitz an einen Herrn von Bonnecate verpfändel
hatten; '/s war in andern Händen. Schon im Januar 1680 wurde die
sanze Herrschaft ohne Beschluss reuniert und besetzt, von den
Unterthanen die Huldigung erzwungen; ein Teil des Lehens, die
Herrschaft Baumbiedersdorf, ward ausserdem in dem Beschlusse vom
2. August 1683 als Zugehörigkeit der Abtei Longeville nochmals
namentlich reunirt.
1) s. Rousset, IIT, S. 261.
16
Einige andere, sonst nicht feststellbare Reunionen lassen sich aus
den später im Zusammenhange zu erörternden Verhandlungen des
Reichstags zu Regensburg erkennen. In einer Beschwerdeschrift der
Reichsstände an Louis XIV. vom 18. Januar 1681 wird unter den
besetzten Gebieten (abgesehen von elsässischen) auch die zum Kur-
fürstentum Trier gehörige, vormalige reichsunmittelbare
Abtei Prüm;
in einer Relation der Frankfurter Deputirten vom 22. Dezember 1682
auch
Schloss Arenberg
in der Eifel aufgeführt.
In letzter Linie geben die Forderungen der verbündeten Mächte
auf dem Friedens-Kongresse zu Ryswick einige Anhaltspunkte, wenn-
gleich die bezüglichen Aufstellungen naturgemäss auch die während
des Krieges eroberten und besetzt gehaltenen Gebiete umfassen. Aus
diesem Grunde ist die spanischerseits aufgestellte Liste der »Reunionen
und Okkupationen« für den vorliegenden Zweck nicht zu verwerten;
in der vom Kaiser für das Kurfürstentum Trier erhobenen Rückgabe-
Forderung werden aber einzelne Gebietsteile ausdrücklich als Reunionen
der Metzer Kammer bezeichnet (»a camera Mettensi praetensa reunita«)!).
Eine ähnliche Liste des Kurfürsten von Köln enthält die dem
Bistum Lüttich abgenommenen Gebietsteile, ohne jedoch Reunionen
und Okkupationen zu unterscheiden; für das Erzbistum Köln wird aber
in der gleichen Eingabe nur ein Ersatz der Kriegsschäden gefordert;
es ergiebt sich daraus, dass in dessen Umfang Reunionen wenngleich
vorbereitet doch nicht durchgeführt worden waren.
Ebenso lässt sich aus den Friedens-Verhandlungen und dem
Wortlaut des Friedens-Instrumentes der Schluss ziehen, dass innerhalb
des (Gebietes der Generalstaaten Reunionen nicht gemacht worden
waren; nach $ 8 des Vertrages sollen gegenseitig alle diejenigen
Gebietsteile zurückgegeben werden, welche seit Beginn des Krieges
von der einen oder der anderen Seite besetzt worden waren. Nur
persönlich war der Prinz von Oranien als Besitzer der
Herrschaften Vianden und St. Vith,
die zur Grafschaft Chmy gehören sollten, durch die Reunion dieser
betroffen und vor die Kammer geladen worden?).
Schliesslich sei noch erwähnt, dass auch die städtischen Behörden
von Metz in ernstlichen Konflikt mit der Kammer geraten waren”).
0) Actes et mémoires des négociations de la paix de Ryswick. 1707. II, 5. 93.
2) Ranke, III, S. 345.
3) Michel, histoire du Parlement de Metz, 1885, I, S. 212.
pas
Letztere halle von der Stadt Huldigung und Lehensverzeichnis für ihre
Gerechtsame im Sinne des Königlichen Erlasses vom 17. Oktober 1681
verlangt: der Oberschöfle und die Schöffen erstatteten die Huldigung
am 28. April 1681, kamen auch den weiteren Forderungen insoweit
nach, dass sie am 16. Mai 1683 ein Verzeichnis aller ihrer Gerecht-
same vorlegten!). Die Kammer beanstandete aber, dass die Vorlage
nicht auf dem vorgeschriebenen Wege erfolgt und dem Lehens-
bekenntnis nicht die Urkunden zur Begründung der städtischen Gerecht-
same beigefügt worden seien; sie behauptete darin eine Missachtung
und einen Versuch zu erblicken, die Anmassung von Vorrechten ver-
tuschen zu wollen; sie erliess daher am 18. Januar 1684 einen scharfen
Befehl, in zwei Monaten nochmals Lehensbekenntnisse auf Grund und
unter Beifügung bezüglicher Urkunden vorzulegen, widrigenfalls per-
sönliche hohe Geldstrafen wider die städtischen Beamten verhängt
werden würden.
Da die städtischen Behörden naturgemäss nicht im Stande waren,
ihre uralten Gerechtsame und Gefälle urkundlich zu belegen, hatte das
Verfahren augenscheinlich nur den Zweck, die schon seit längerer Zeit
systematisch betriebene Verkürzung der städtischen Vorrechte wenig-
stens scheinbar rechtlich zu begründen. Seitens der Stadt wurde aber
diese Beeinträchtigung so drückend empfunden, dass noch im Jahre
1789 das Beschwerdeheft der Stadt vorwiegend die Entziehung dieser
Vorrechte zum Gegenstand hatte, und dass einer im Jahr 1815 an
Ludwig XVII. gesandten Huldigungs-Deputation aufgegeben wurde,
den König an die Vorrechte der alten Reichsstadt zu erinnern ?).
VI. Vorbereitete Reunionen.
Wie eine grosse Zahl noch vorhandener Schriftstücke aus der
Reunionszeit darthun, waren mit den von der Kammer beschlossenen
und den ausserdem thatsächlich vollzogenen Reunionen die Ver-
grösserungsbestrebungen keineswegs erschöpft; eine nicht geringe Reihe
weiterer Erwerbungen war vielmehr beabsichtigt und zum Teil bereits
in Vorbereitung genommen. Im Gegensatze zu den durchgeführten
Reunionen, welche ganz vorwiegend auf die Gebiete zwischen dem
Rhein und dem rechten Moselufer sich erstreckten, betrifft die Vor-
1) Das auch verfassungsgeschichtlich interessante im Original vorliegende
Schriftstück umfasst. die »biens patrimoniaux el d'octroi, dont elle a joui de
tous temps, ensemble les privilèges, droits, usages, immunités et exemptions,
dont les bourgeois de Metz jouissent«.
2?) Westphal, Geschichte d. Stadt Metz, II, S. 375, und III, S. 16.
16*
bereitung weiterer Erwerbungen, vornehmlich die Landschaften zwischen
dem Rhein und dem linken Moselufer, und liefert so einen neuen Be-
weis für die mehrfach vertretene Anschauung, dass der eigentliche
Zweck der Reunionskammern die Vollziehung des Vermächtnisses
Richelieus, die Ausdehnung Frankreichs bis zum Rheine, war.
Eine noch vorliegende Denkschrift vom Juni 1681, anscheinend von
einem Emissär des General-Prokurators verfasst, zählt die Herrschaften im
Gebiete der Kyll, eines nördlichen Nebenflusses der Mosel, unterhalb
Triers in diese mündend, auf, mit dem Hinzufügen, dass sie teils reichs-
unmittelbar seien, teils zum Herzogtum Luxemburg oder zum Kur-
fürstentum Trier gehörten. Genannt werden: Jünkerath, Kronenburg,
für welches das anscheinend freiwillig erstattete Lehensverzeichnis eines
Grafen von Bussy vom Februar 1682 vorliegt, Schleiden, Manderscheidt
(reuniert ohne Beschluss), Blankenheim, Gerolstein, Kerpen, Reifterscheidt,
Wildenburg, Schönberg, Schaffenburg, Schönecken, Killburg, Abtei Prüm
(reuniert ohne Beschluss). Ein ähnliches Verzeichnis liegt für die im
»Lütticher Land« gelegenen Herrschaften vor.
Für die vorgenannte Herrschaft Schleiden (terre et comte de
Schleiden) lassen sich bereits weiter gediehene Vorbereitungen ver-
folgen. Ein besonderes Verzeichnis weist als Zugehörigkeiten der-
selben nach: Münstereifel, Schloss Schmidheim, die Grafschaft Neuenahr
und »eine Menge anderer Lehen im Jülicher und Kölner Lande, von
denen noch keine Einzel-Aufzählung gegeben werden kann, weil man
die Urkunden nicht zur Hand hat«. Die Vergrösserung der Reunion
dieser Grafschaft war danach im Sinne der weitestgehenden früheren
Muster in Aussicht genommen. Eine andere Denkschrift erörtert in
eingehender und zutreffender Weise die Verhältnisse des Jülich-Clever
Erbschaftsstreites unter besonderer Betonung der Verwandtschaft des
Erblassers mit den pfalzgräflichen Häusern Zweibrücken und Veldentz,
zu deren reunierten Besitzungen günstigen Falles wohl ohne Scrupel
ein Zugehörigkeits-Verhältnis konstruiert worden wäre.
Für eine Reihe anderer Gebiete waren bereits Urkundensammlungen
angelegt, so für die Abtei Stavelot, welche bis zum Jahre 1065 zurückgingen ;
als Zugehörigkeiten werden eine grosse Zahl von Lehen im Jülicher,
Kölner, Namürer und Lütticher Lande einzeln aufgeführt; bei vielen
lindet sich der Zusatz: »faut s’informer où c’est«. Auch die bekannte
Abtei St. Trond im Lütticher Bistum war zur Reunion bestimmt; nach
einer anliegenden handschriftlichen Notiz sollte sie eine Zugehörigkeit
des Bistums Metz sein, weil sie nach einer alten Chronik von einem
Bischofe von Metz gegründet sei; eine gleichfalls erhaltene Aufzeichnung
du
FO
von der Hand Ravaulx’ beliehlt sogar die Vorladung der Aebte und aller Va-
sallen der Abtei vor die Kammer. Aus ähnlichem Grunde wird die Ortschaft
Freutzburg im Jülicher Lande als der Kirche Verdun zugehörig bezeich-
net. Ausführlichere handschriftliche Notizen nebst Urkundensammlung
liegen über die Stadt Jupille, 3km unterhalb Lüttich an der Maas gelegen,
vor; in einem Briefe aus Jupille (ohne Datum), von einem Emissär an
Ravaulx gerichtet, heisst es u. a.: »Ich habe schon in einer früheren
Denkschrift auseinandergesetzt, dass durch Urkunden zu beweisen
ist, dass Lüttich, St. Hubert, Dinant, Mecheln, Maestricht zu Frank-
reich im Lehensverhältnis stehen (»doivent relever de la France«).
Nach einer anderweitigen Notiz gehört zu diesen Städten auch das
flandrische Maubeuge. Urkundenverzeichnisse liegen ferner vor für das
Herzogtum Mons, die Abteien Stürzelbronn und St. Pierremont, die Herr-
schaften Schaumburg, Sultzbach, Choiseul, Spitzemberg und einige
kleinere Oertlichkeiten, darunter Dörfer im Saargebiete.
Aus dem Kölner Lande schreibt ein Emissär an Ravaulx hin-
sichtlich der Herrschaften Lummersheim und Kerpen, von denen er
viele Afterlehen aufführt, Folgendes: »Da man dem Könige im Vertrage
von Nymwegen die Freigrafschaft Burgund abgetreten hat und dieses (also
Burgund) den 10. Kreis des Reiches bildet, zu dem alle Orte hier am
Niederrhein gehören, so könnte man leicht dieses (Gebiet in Anspruch
nehmen« (»le roi pourrait aisément prétendre cette petite terre«).
Hiernach scheint an geographischen Kenntnissen wie an Frivolität der
Schüler den Meister noch übertroffen zu haben: jedenfalls aber legt
der Brief Zeugnis dafür ab, welche Instruktionen ihm von diesem mit
auf den Weg gegeben worden sind.
Weitere nach handschriftlichen Notizen noch festzustellende Vor-
bereitungen betreffen das Herzogtum Bouillon, die Abtei St. Hubert und
die Herrschaft Hebermont in den Ardennen. In einem Briefe des Mi-
nisters Louvois an einen Truppenkommandeur, datiert vom 10. No-
vember 1680, wird diesem mitgeteilt, dass ein Emissär der Kammer zu
Chassepierre arretiert worden sei, weil er nach Urkunden über diese
Gebiete geforscht habe. Der Offizier wird deshalb angewiesen, den
Amtmann von Chassepierre sogleich zu arretieren und in das Gefäng-
nis nach Montmedy abzuführen »pour lui apprendre à obéir aux ordres
de Sa Majesté. Diese Energie ward von Erfolg gekrönt; ein noch vor-
handenes Urkunden-Verzeichnis beweist die Fertigstellung einer solchen
Sammlung für das Herzogtum Bouillon. Ueber das Herzogtum Luxem-
burg war hingegen wiederum eine noch vorliegende Denkschrift ent-
sprechend der Bedeutung dieses (Gebietes angelegt worden mit dem
— 246 —
Titel: » Mémoire de l'état du pays de Luxembourg«. Sie enthält eine ein-
sehende Beschreibung des Landes und ein Verzeichnis der hauptsächlichen
Oertlichkeiten. Für eine derselben, die Stadt Esch, war wiederum eine
der üblichen Sammlungen angelest worden, deren Verzeichnis noch vor-
liegt. Ein ähnliches für die in der Nähe von Mezieres gelegene Herrschaft
Montcornet weist Urkunden nach, die bis auf König Pipin zurückgehen.
Ein anderer Emissär des (Greneral-Prokurators sendet einen Be-
richt über das Lütticher Land, von welchem er die Herrschaften Ver-
viers, Franchimont, Rochefort, Famen, Condrot und Montagu aufführt
unter Zufügung von Anhaltspunkten für deren Reunierung; auch seine
Bemühungen scheinen Erfolg gehabt zu haben; laut vorliegenden No-
tizen waren die Behörden von Verviers und Spa vor die Kammer ge-
laden und entsendeten im Januar 1682 Bevollmächtigte zur Vertretung
ihrer Interessen nach Metz; über den weiteren Verlauf der Angelegen-
heit giebt aber das vorgefundene Material keinen Aufschluss. Aber
nicht ausschliesslich am Niederrhein, sondern auch in den eigentlichen
Reunions-Gebieten des Mittelrheins waren weitere Erwerbungen in
Vorbereitung begriffen. In dem vorliegenden Briefe eines Emissärs,
ohne Angabe von Ort und Datum, meldet dieser dem General-Proku-
rator, dass die Städte Boppard und Wesel (also Oberwesel) dem Bis-
tum Trier, die Städte Oppenheim, Ingelheim, Kaiserslautern dem Kur-
fürstentum Pfalz vom Kaiser geschenkt worden seien; Urkunden über
dieselben seien aber schwer aufzutreiben, da auf das Gerücht der
Reunion die Urkunden in das Innere des Reiches gebracht worden
seien (»au fond de l’empire«), insbesondere die Akten des Reichs-
kammergerichtes nach Frankfurt.
Eine weiter vorgefundene Liste enthält Mitglieder des Adels aus
der Rhein-Gegend, welche angeblich unter den Schutz des Königs auf-
senommen sein wollen, darunter Herren aus Ingelheim und Heidesheim ;
ein anderes noch vorliegendes Verzeichnis vom Januar 1682 weist die
Namen von Edelleuten nach, welche vor die Kammer noch vorgeladen
werden sollten, darunter die Grafen von Metternich-Virneburg-Beilstein.
Kurze handschriftliche Notizen weisen ferner darauf hin, dass eine
Reihe anderer (Gebiete zur Reunion in Aussicht genommen waren,
nämlich: die zum Kurfürstentum Mainz gehörende Abtei Offenbach und
die gleichfalls Mainzische Herrschaft Reidenbach, letztere in der Nähe
der Stadt St. Wendel gelegen; ferner die zum Kurfürstentum Trier
gehörenden Mosel-Dörfer Riol und Pommern und die bei Kreuznach
gelegene Herrschaft Bretzenheim. Für Gebietsteile des Herzogtums
Lothringen, deren Reunion durch die Kollektiv-Beschlüsse der beiden
letzten Sitzungen überflüssig wurde, liegen Vorbereitungen in Urkunden-
verzeichnissen oder anderen handschriftlichen Notizen vor hinsichtlich
der Herrschaften Finstingen, Gondrexingen, Lixheim, Poussay, Burg-
altdorf, Lörchingen, Hessen, Fontenay, Landremont, der Abteien Tholey,
Villers-Bettnach und Freisdorf, sowie des Priorats St. Gille. Von der
Abtei Villers-Bettnach war sogar ein Afterlehen reuniert worden, sodass
auf thatsächliche Reunion auch der Abtei selbst zu schliessen sein wird.
Auch auf blosse Gerechtsame wurden des ersten Festsetzens
halber die Ansprüche in diesen Landschaften ausgedehnt; in einem
Brief vom 30. Mai 1681 aus Meisenheim schreibt der viel genannte
Capitän Simon: »Der Kurfürst von Mainz hat sich des vierten Teiles
des Rhein-Uebergangs-Zolles in den Douanen von Mainz bemächtigt,
der mehr als 200 Jahre lang dem Herzogtum Zweibrücken gehört hat;
ich glaube, dass der Pfalzgraf von Birckenfeld Ihnen darüber schreiben
wird, um zu erfahren, was dort zu thun ist.«
Zweifellos würde die weitere Forschung in Archiven noch manche
andere Anhaltspunkte für bereits durchgeführte oder vorbereitete
Reunionen ergeben; die vorstehenden Uebersichten dürften aber im
Verein mit den Kammerbeschlüssen den vollgültigen Beweis dafür
liefern, dass die hier vertretene Auffassung der Aufgabe der Reunions-
Kammer, die Erwerbung des ganzen linken Rheinufers für Frankreich,
zutreffend und dass diese Absicht im weiteren Vorschreiten des Unter-
nehmens immer unverhüllter zu Tage getreten ist; in den letzten
Kollektiv-Beschlüssen der Kammer sowohl wie in den ohne Beschluss
durchgeführten oder vorbereiteten Reunionen ist auch nicht mehr die
Wahrung des Scheines eines Rechtsverfahrens zu erkennen. Ehe jedoch
das Ziel erreicht war, erfolgte der nunmehr zu erörternde Abschluss
der Kammerthätigkeit.
VIL Schluss der Kammer.
Die Sitzung vom 10. September 1683, in welcher die Reunion
der ganzen Diözesen der drei Bistümer beschlossen worden, war die
letzte eigentliche Reunions-Sitzung der Kammer. Die weitere Thätig-
keit betraf nur mehr die Sicherung und innere Organisation der ge-
machten Erwerbungen, und kam zumeist in der Form königlicher
Edikte zum Ausdruck, bei deren Abfassung aber die Mitwirkung der
Kammer oder richtiger vielleicht die Hand Ravaulx’ unverkennbar ist.
Die nächste Massnahme erfolgte aber noch in Form eines Kammer-
beschlusses, und bezweckte, das Mittel-Verhältnis der Lehensabhängig-
Be ge
keit des weitaus grössten Teiles der reunirten Gebiete von den Bis-
tümern Metz, Toul und Verdun, wie es für die Begründung der
Ansprüche für notwendig gehalten war, aufzuheben und die unmittel-
bare Herrschaft der französischen Krone herzustellen, dabei gleichzeitig
aber auch möglichst vieles Privateigentum in königliche Domänen zu
verwandeln. Zu dem Zwecke wurden durch Kammerbeschluss vom
4. Januar 1685!) alle Besitzer, welche sich als Vasallen der Bistümer
bekannt und Huldigung geleistet hatten, aufgefordert, die Rechtstitel
vorzulegen, kraft derer sie im Besitze ihrer Lehen seien. Naturgemäss
waren bei dem künstlichen Aufbau der Beziehungen zu den Bistümern
und bei den zahllosen nur aus Besorgnis erfolgten Huldigungen die
wenigsten Besitzer hierzu im Stande; sie sahen sich also trotz ihres.
Entgegenkommens in der Gefahr, ihres Besitzes beraubt oder im günstig-
sten Falle aus freien Eigentümern zu französischen Domänenpächtern
gemacht zu werden. Der Beschluss erstreckte sich in umfassendster
Weise auf alle geistlichen und weltlichen Behörden und Herren »les
chapitres des églises Cathedrales et Collegiales, abbés, prieurs et re-
ligieux et autres vassaux, villes et communautés, reguliers et seculiers« ;
der Termin war auf nur 14 Tage angesetzt, die Wegnahme der Ein-
künfte und Güter angedroht (>ils y seront contraints par saisie de leur
temporel et des biens des communautés et particuliers«). Man wird
aber wohl nicht fehlgehen, wenn man den ganzen Massnahmen einen
mehr staatsrechtlichen Charakter beimisst, zu dem Zwecke, an Stelle
der früheren deutschen Selbständigkeit der Reichsglieder die straffe
französische Staatsgewalt und Zentralisierung einzuführen ; wenigstens liegt
keinerlei Anhalt für die Annahme vor, dass in den thatsächlichen privat-
rechtlichen Verhältnissen eine Aenderung infolge des Beschlusses erfolgt sei.
Einer solchen Zentralisierung dienten auch die in Form könig-
licher Edikte getroffenen Massnahmen, welche vorwiegend die
Organisation der Gerichte und die Verschmelzung der Rechtsprechung.
in den bisherigen herzoglichen, bischöflichen und reichsständigen Ge-
bieten zum Zwecke hatten. Unter Aufhebung der bisherigen loth-
ringischen Oberamtsgerichte wurden vier Präsidial-Gerichte (sieges pre-
sidiaux) in Metz, Toul, Verdun und Saarlouis, und zwei selbständige
Oberamtsgerichte (bailliages) in Longwy und Epinal eingesetzt?), nach-
dem ein fünftes, in Longwy errichtetes Präsidial-Gericht vor Eröffnung
wieder aufgehoben worden war. Die Einsetzung dieser sechs Gerichts-
1) Recueil S. 434.
?) Recueil, S. 443.
nt
ohne bestimmtes Datum die Eintragung der Edikte durch das Parla-
ment, den einzigen Gerichtshof letzter Instanz, unterm 26. Februar 1685).
Die Zuständigkeit der Präsidial- und der zwei selbständigen Oberamts-
gerichte war die gleiche, die Besetzung mit Richtern nur insofern eine
verschiedene, als die ersteren als Spitze zwei Präsidenten und einen
General-Stellvertreter (lieutenant-général), die letzteren nur einen General-
Stellvertreter hatten.
Der Bereich des Präsidial-Gerichtes zu Metz umfasste das pays
Messin, die bischöflich-metzer und die zwischen diesen liegenden
lothringischen und reichsständischen Gebietsteile, also den mittleren
Teil der reunierten Landschaften, das Präsidial-Gericht zu Verdun in
ähnlicher Abrundung den nordwestlichen, das Präsidial-Gericht zu Toul
den südwestlichen Teil.
Das Präsidial-Gericht zu Saarlouis bestand aus den östlich des
Herzogtums gelegenen (Gebieten unter Abrundung durch kleine her-
zogliche Enklaven und Grenzbezirke; für seinen Bereich wird in den
Edikten wiederholt der Ausdruck Saar-Provinz (province de la Sarre)
gebraucht; naturgemäss gehörten dazu auch die ohne besonderen Be-
schluss reunierten Gebiete, welche in dem Edikt namentlich aufgeführt
werden (prevötes et seigneuries de Licseim, Freistroff, St. Vendel,
Fenestrange, les comtes de Sponem, Ringraviat du Rhin, landgraviat
de Linanges etc.). Castres ist jetzt richtig als Herrschaft Bliescastel
bezeichnet, die zur Grafschaft Sponheim gehörige Stadt Trarbach wird
aber auch noch in diesem Edikt als besondere Herrschaft aufgeführt.
Der Bezirk des Oberamtsgerichtes Longwv umfasste den nörd-
lichen Teil des Herzogtums und die vormals luxemburgischen Gebiets-
teile, der des Oberamtsgerichts Epinal vorwiegend das bisherige her-
zogliche Oberamt Vosges. Die Eröffnung dieser sechs Gerichtshöfe
sollte am 1. Juli 1685 erfolgen, musste aber wegen Personal-Schwierig-
keiten bis zum 1. Oktober desselben Jahres verschoben werden. Ein
besonderes Edikt vom 12. Juli 1685?) unterstellte ihnen alle Gerichte
niederer Instanz und wies sie selbst an das Parlament zu Metz als
Berufungs-Gericht?). Die Art dieser Gerichts-Organisation lässt keinen
Zweifel, dass die Annexion des Herzogtums Lothringen und der übrigen
reunierten Gebiete als eine dauernde angesehen wurde; der ohne
ernsten Widerstand und ohne jedes Blutvergiessen erreichte Erfolg
war ein so grossartiger, dass der König sich wohl dazu verstehen
konnte, eine Ruhepause eintreten zu lassen und die volle Durchführung
1) Recueil, S. 443.
3?) Recueil, S. 459.
oe
seines Zieles auf einige Zeit zu verlagen; durch den mit Kaiser und
Reich abgeschlossenen Vertrag vom 15. August 1684 verpflichtete er
sich, zwanzig Jahre lang keine neuen Reunionen zu machen und keine
Gebietsteile zu beanspruchen, in deren Besitz er beim Abschluss des
Vertrages nicht bereits seit). Infolgedessen war für die Reunions-
Kammer zu Metz die Stunde der Auflösung gekommen; sie erfolgte
durch königliches Edikt vom 23. Dezember 1686); in diesem wird
ausgeführt, dass infolge des genannten Vertrages die Kammer unnütz
(inutile) geworden sei, da es sich nur mehr darum handelte, die Hul-
digungs-Akte für die vor dem Vertrage erfolgten Reunionen entgegen-
zunehmen. Die Kammer wurde infolge dessen ganz aufgelöst (éteint
et supprimé); die Mitglieder traten in ihre früheren Stellungen beim
Parlamente zu Metz zurück. ;
Ravaulx wirkte aber noch weiterhin im Sinne seines Werkes:
er empfahl nunmehr dem Könige, den erworbenen Besitz durch geeignete
Mittel auch innerlich zu sichern. In einer Denkschrift, welche wahr-
scheinlich aus der Zeit unmittelbar nach dem Schlusse der Kammer
stammt), betitelt: »Rapport du procureur general Ravaulx sur les moyens
à employer pour faire oublier aux Lorrains leurs anciens maitres«,
zeigt er sich aber auch hierbei als masslos und sanguinisch. Als eines
der Mittel empfiehlt er die Verlegung der Zollstellen von der französisch-
lothringischen nach der Reichs-Grenze, wovon er sich viele Vorteile
verspricht, insbesondere: »que les villes de Spire, Worms, Mayence,
Coblence, Treve, Luxembourg seront obligées de demander au roi la
grace, d'être reçu sous sa protection perpetuelle, sans que l’Empire
ni autres puissent se plaindre avec justesse.
Wie wir sehen, war Ravaulx mit dem Erreichten nicht zufrieden,
sondern hatte immer noch die Erwerbung der Rheingrenze im Sinne.
1) Näheres weiter unten.
?) s. Anhang.
3) Paulus, politique d’annexion francaise en Lorraine. Lothr. Jahrb. I, 1889.
251 —
DRITTER TEIL.
Die Folgen der Kammerthätigkeit.
IK
Beschwerden über die Reunionen.
Trotz der Schwäche und Zerrissenheit des Reiches konnte fran-
zösischerseits nicht angenommen werden, dass das deutsche Reich der
Thätigkeit der Kammer und der Vollziehung ihrer Beschlüsse ruhig
zusehen würde. Der Einspruch von Seiten des Kaisers und des Regens-
burger Reichstages war daher auch von Eröffnung der Kammer an von
ihrem rührigen General-Prokurator ins Auge gefasst worden. Von ihm
sind nicht weniger als fünf Denkschriften und ein gleichen Charakter
tragender Brief an den Bischof von Metz erhalten, welche die Art der
Abwehr etwaiger Proteste vorsehen. Die Denkschriften sind im Wesent-
lichen übereinstimmenden Inhalts und bieten kaum neue Gesichtspunkte
für die Art der Vertretung der französischen Ansprüche; sie sind vielleicht
verschiedene Entwürfe für ein und dasselbe Schriftstück; nur eine davon
ist datiert und zwar vom 8. Juli 1680. Die umfangreichste dieser Denk-
schriften trägt die Ueberschrift: Bemerkungen gegen die Einwendungen
(remarques contre les objections), welche gemacht werden können:
1. Von den Reichsständen;
2. Von dem Fürsten (prince) Karl von Lothringen (anscheinend
absichtlich nicht mehr Herzog genannt):
3. Von den bedeutenderen Reichsfürsten, dem Herzog von Zwei-
brücken, dem Grafen von Hanau-Eichtenberg, etc.
Die Widerlesung der angenommenen Einwendungen wiederholt
in weitschweiliger und sophistischer Weise alles, was von der Vor-
reunionskammer bis zur Gegenwart in diplomatischen, Friedens- und
Kammer-Verhandlungen vorgebracht worden war: in der ersten Be-
merkung wird daher die Eroberung des römischen Galliens durch
»unsere Könige« (nos rois) geltend gemacht; in der letzten wird schon
jetzt wie später in der Septembersitzung 1683 kurzweg behauptet,
dass, wenn die Herzöge von Lothringen in dem Bereiche der Herr-
schaften, die sie unter dem Namen »Herzostümer Lothringen und Bar«
besessen, königliche Gewalt ausgeübt hätten, dies ohne Fug und Recht
geschehen sei, da die Bischöfe von Metz, Toul und Verdun ihnen
niemals die dazu nötige Investitur erteilt hätten. Von einem weiteren
Eingehen auf den Inhalt der Denkschriften kann unter Bezugnahme
252 —
auf früher Gesagtes abgesehen werden. Das an den Bischof von Metz
gerichtete Schreiben ist wesentlich kürzer und enthält die Instruktion,
wie er auf etwaige ihm zugestellte Proteste antworten solle. Der
General-Prokurator empfiehlt dem Bischof sich vor allem auf den Wort-
laut der Friedensverträge zu berufen und den Grundsatz zur Geltung
zu bringen: »contractus tantum valent quantum sonant«.
Bei Unsicherheit des Datums in diesen Schriftstücken ist nicht
festzustellen, ob sie vor oder nach dem Beginn der Verhandlungen
zwischen Deutschland und Frankreich aufgesetzt waren; doch ist trotz
des einen beigefügten Datums wahrscheinlich, dass die Entwürfe bereits
vor Eingang von Protesten aufgesetzt worden sind und das Datum
später zugefügt ist, da an keiner Stelle auf bereits erfolgte Proteste
Bezug genommen wird.
Allerdings fanden die Verhandlungen seitens der Reichsbehörden
nicht mit der Kammer zu Metz sondern unmittelbar mit der französischen
Regierung zu Paris statt. Erste Veranlassung dazu gaben die Ansprüche,
welche schon vor ‘Errichtung der Kammer französischerseits auf
Homburg und Bitsch erhoben worden waren und zur gewaltsamen
Eroberung dieser Städte geführt hatten. Ein kaiserliches Kommissions-
Dekret!), unter dem 10. Oktober 1679 an den Regensburger Reichstag
gerichtet, forderte von den Ständen ein Reichsgutachten »über die von
Seiten der Krone Frankreich unter allerhand nichtigen Prätexten ange-
forderte Abtretung der sequestrierten Festung Homburg und an-
massende Lehensherrlichkeit über die Metzischen Vasallen«. In diesem
Kommissions-Dekret wird gesagt, dass die auf Homburg angezogene
ratio feudi nicht weniger auf alle übrigen Metzischen Lehensträger
angewendet werden könnte, und dass danach die Kurfürsten und
Stände den französischen, gleichsam nach eigenem Belieben vorzu-
nehmenden Gewaltthaten unterworfen werden würden.
Das Reichsgutachten wurde genau nach vier Monaten erstattet,
am 10. Februar 1680, also nach Errichtung der Kammer, aber vor
Erlass des ersten Reunions-Beschlusses. In diesem Gutachten werden
14 Beschwerdepunkte (gravamina) aufgestellt, von denen jedoch nur
zwei die lothringischen Lehen betreffen, der 6. über die Prätensionen
an die Metzer, Touler und Verduner Vasallen, und der 13. über die
Okkupierung der Festen Homburg und Bitsch. Die Erörterung der
ersteren Beschwerde lässt wieder die Unlösbarkeit des Streites über die
Auffassung des Wortes »districtuse erkennen. »Unleugbar ist,« heisst
‘) Das Folgende unter Benutzung von Pachner von Eggenstorff, Sammlung
der Reichstagsschlüsse 1740.
es in dem Gutachten, »dass gedachte Bistümer über die ausser den
Distrikten und Territorien gelegenen Vasallen und Lehen keine Souve-
ränität gehabt und von denselben, wie der Buchstabe bemeldeter
Cession klärlich ausweiset, ausser den Distrikten nicht das Geringste
abgetreten worden sei«. Schliesslich wird der Kaiser gebeten, er möge
»ehest möglich vermitteln, damit alle Thätlichkeiten eingestellt oder
wenigstens dem arbitrium sein Lauf gelassen werde«. Zum Beschwerde-
punkt 13 wird hinsichtlich Homburgs auf den Westfälischen Frieden
Bezug genommen, da nach dem Osnabrücker Instrument, Absatz: »co-
mitibus Nassau-Sarapontanis« und dem Münsterschen, Absatz: »Dux de
Cray« diese Feste dem gräflichen Hause zu restituieren sei; wegen der Feste
Bitsch wird zunächst »von den gravatis nähere Information erwartet«.
Die nunmehr folgenden Verhandlungen zwischen dem Reiche und
dem französischen Könige, welche zugleich und vorwiegend die el-
sässischen Reunionen betrafen, geben ein überaus trauriges Bild von
der Schwäche Deutschlands und der Schwerfälligkeit und Ungeschick-
lichkeit der Reichsbehörden, Eigenschaften, die in rücksichtslosester und
sewandtester Weise von Ludwig XIV. und seinen Unterhändlern aus-
genutzt wurden. .»C’tait plaisir d’avoir à faire à ces bons Allemands,
et pour prendre sur eux l’avantage il ne fallait pas beaucoup de finesse«,
sagt bei Erwähnung dieser Verhandlungen der Biograph Louvois 1).
Schon die ersten Schritte des Reichstages gegenüber Frankreich wurden
ganz ungebührlich verzögert; trotz mehrerer kaiserlicher Kommissions-
Dekrete und fortgesetzt einlaufender Klagen über »noch immer conti-
nuierende und täglich sich mehrende Klagen über französische Gewalt-
thaten« dauerte es bis zum 27. Juli 1680, bis der Reichstag sich zu einem
Schritte zu Gunsten der angegriffenen Reichsstände entschloss. An diesem
Tage erlies er endlich ein Schreiben an den König von Frankreich, in
welchem die Klagen der Reichsstände vorgetragen wurden und ihre
Begründung wieder durch das unglückliche Wort »distrietus« versucht
wird, da »praeter supradictos episcopatus eorumque districtus nil
amplius cessum esse«. Unklugerweise wird schliesslich die Wieder-
einsetzung des Schiedsgerichtes von 1665 gefordert, trotzdem dessen
frühere Verhandlungen die völlige Unmöglichkeit einer friedlichen Ver-
ständigung erwiesen hatten, und dem französischen Könige eine der-
artige Versumpfung der Sache im höchsten Grade erwünscht sein
musste. An demselben Tag erging auch ein Schreiben des Reichstages
an den König von England, um ihn zu Vorstellungen und zur Ver-
mittlung bei Ludwig XIV. zu bestimmen, da auf seine Autorität und
1) Rousset, II, S. 26.
Garantie der Friede von Nymwegen sich stütze. Erst nach drei Monaten
erfolgte die Antwort des französischen Königs; in dem vom 10. Oktober
datierten Schreiben stellt er sich höchst erstaunt über die erhobenen
Klagen, die bewiesen, dass der Reichstag über den Gang der Ver-
handlungen zu Nymwegen und die dortigen Abmachungen sehr schlecht
unterrichtet sein müsse. Die bisher besetzten (Gebiete gehörten so
rechtmässig der Krone Frankreich, dass man daran nicht zweifeln
könne ohne es an gutem Glauben bei den feierlichsten und heiligsten
Abmachungen fehlen zu lassen (sans manquer a la bonne foi des con-
ventions les plus solennelles et les plus sacrées). Wenn aber trotzdem
einer der Reichsstände sich benachteiligt glaube, so sei er gerne bereit
eine Revision vornehmen zu lassen, da es ihm stets grosse Freude
mache, zur Zufriedenheit seiner Nachbarn beitragen zu können.«
Auch jetzt noch durchschaute der Reichstag die Absicht des Königs,
Zeit zu gewinnen, so wenig, dass er sich an den Kaiser wandte um
einen Bericht der (Gesandten über die Verhandlungen zu Nymwegen
zu erhalten! Dieser ging wiederum erst nach vier Monaten durch
Kaiserliches Kommissions-Dekret vom D. Februar 1681 dem Reichs-
tage zu. Am 8. Februar erliess derselbe daraufhin eine zweite Be-
schwerdeschrift an den König, die nichts Neues enthielt, sich auch
vorwiegend mit den elsässischen Reunionen befasste. Zu gleicher Zeit
war der Kaiser durch seinen Gesandten in Paris, den Grafen Mansfeld,
unmittelbar mit dem König in Verhandlungen getreten, und hatte von
ihm die Zusage erlangt, Deputierle zu einem Kongresse nach Speier,
Worms, Mainz oder Frankfurt zu entsenden, und vom Tage des Zu-
sammentrittes dieses Kongresses an sich weiterer Reunionen zu enthalten;
eine Zusage, zu welcher der König auch dem jetzt eng mit ihm verbündeten
srossen Kurfürsten !) gegenüber am 22. Januar 1682 sich verpflichtete.
Die Einzelheiten über den Kongress konnten aber erst nach langem
Zeitverluste festgestellt werden, da der König den gewünschten Be-
sprechungen unter dem Vorwande von Unpässlichkeit, Jagden u. s. w.
aus dem Wege ging; auch waren umständliche Verhandlungen zwischen
Kaiser und Reichstag erforderlich, ehe eine Einigung dieser über Art
und Zeitpunkt des Zusammentrittes erzielt wurde. Wiederum erst nach
vier Monaten, am 7. Juni 1681, wurde dem Könige Frankfurt als
Kongressort und der Johannes-Tag (24. Juni) als Termin vorgeschlagen.
Frankfurt wurde von Frankreich angenommen, die Vertagung des Be-
ginns aber auf den 31. Juli verlangt und erreicht. Aber auch an
diesem Tage erschienen noch keine französischen Bevollmächtigten ;
') s. weiter unten.
erst am 9. September konnte der Kaiser dem Reichstage die Mitteilung
zugehen lassen, dass laut Meldung des Grafen Mansfeld nicht nur des
Allerchristlichsten Königs Bevollmächtigte den 7. September bereits
von Paris abgereist seien, sondern dass man auch sonst bei selbigem
Hofe zu der Sache immer näher schreiten wolle. Ueber die Gründe
dieses Zögerns sollten Kaiser und Reich nur zu bald aufgeklärt werden:
gerade in diese Tage fallen die Vorbereitungen für die grösste, in
Deutschland am tiefsten empfundene Gewaltthat, die Wegnahme der
alten Reichsstadt Strassburg. Schon waren die Gesandten Frankreichs
in Frankfurt anwesend, als im französischen Hauptquartier zu Illkirch
am 30. September 1681 die Kapitulation unterzeichnet ward, welcher
noch am gleichen Tage der Einzug Louvois’ mit seinen Truppen in die
bezwungene Hauptstadt des Elsass folgte!). Nunmehr konnte die Er-
öffnung des Kongresses vor sich gehen und dem Versprechen, weitere
Reunionen zu unterlassen, nachgekommen werden; auch dieses ward aber
nur insofern erfüllt, als die nachherigen Kammerbeschlüsse ausschliesslich
herzoglich-lothringische Gebietsteile betrafen und auch diese, wie früher
hervorgehoben, unter verhüllten Bezeichnungen vollzogen wurden ?).
Einen Lichtblick in dieser traurigen Zeit gewährt in Deutschland
die Publizistik, welche beweist, dass auch in der Nation das Gefühl
für die Deutschland zugefügte Schmach sich Ausdruck verschaffte. Die
derzeitigen Flugschriften beschäftigen sich zwar vorzugsweise mit dem
Verluste Strassburgs, nehmen aber, zum Teil wenigstens, auch auf
den lothringischen Länder-Raub Bezug). Eine in Schlesien 1681 anonym
erschienene Satire ruft in allerdings schwülstiger und überschwänglicher
Weise die deutschen Fürsten zum Kampfe gegen Frankreich auf; viel
bedeutsamer sind drei im folgenden Jahre erschienene Schriften des
unter dem Namen Francopolita sich verbergenden österreichischen
Staatsmannes Philipp Wilhelm von Hornick ; in der ersten, betitelt:
» Wahrer Bericht von dem alten Königreich Austrasien«, spricht der Ver-
fasser auf Grund der Schriften Cassans*) und Auberys?) die Befürchtung
aus, »dass das bekannte um sich fressende Dependentien-Feuer auch
rechtsrheinische Lande ergreifen werde, ja, dass der König das ganze
diesseitige Deutschland als Anhang der Stadt und des Bistums Metz
für sein Eigentum erklären werde«®). Die zweite Flugschrift: » Wahrer
1) Erdmannsdörffer I, S. 661.
2) Auch die Nachlese vom 10. Oktober 1683 betraf nur mehr herzogliche Ge-
bietsteile, den kleinen Besitz des deutschen Ordens vielleicht ausgenommen; s. S. 226.
3) Das Folgende unter Benutzung von Hölscher, Die öffentliche Meinung in
Deutschland über den Fall Strassburgs ; 1896.
MUSS URL Mes TS 010: |
6) Interessant ist die Uebereinstimmung dieser Aeusserung mit der eines
Bürgers von Chiny; s. S. 229.
a
Bericht von dem alten Königreich Lothringen« verteidigt die Rechte
Deutschlands auf das Lothringer Land; in der dritten werden die Be-
hauptungen Auberys ad absurdum zu führen gesucht. Unter den übrigen
Schriften sind zwei besonders erwähnenswert, weil sie und zwar die
eine bestimmt, die andere wahrscheinlich von Leibnitz herrühren. In
der ersteren 1682 erschienenen sucht der Verfasser den französischen
König zu bewegen, auf gütlichem Wege das dem deutschen Reiche
Geraubte herauszugeben, damit endlose Kriege vermieden würden ;
bei der zweiten etwa ein Jahr später erschienenen, die den Satiren-
Charakter trägt, weist schon der Titel: »Mars Christianissimus« darauf
hin, dass Leibnitz eine friedliche Verständigung mit Frankreich nicht
mehr für möglich hält 1).
Eine weitere kleine Flugschrift von nur sechs Seiten Text?) ist dadurch
interessant, dass der Verfasser, trotzdem er ihr den Titel giebt: »Ein-
fältige Gedanken eines aufrichtigen Patrioten« mit Schärfe die Einseitig-
keit der Kammer als Gerichtshofes charakterisiert: »Es bringet aber
die Rechtfertigkeit unter anderem mit sich, dass keiner sein eigener
Richter sei, sondern seine Prätensiones durch unparteiische, unver-
dächtige Schiedsmänner oder Mittelsleute willig untersuchen lasse, nicht
aber, dass man wie die französischen Reuniones sofort zugreife und
nachher sage: Gieb her, und frage nicht viel warum, so bleiben wir
sute Freunde«.
Energischer wendet sich in einer einige Jahre später erschienenen
Schrift?) der gleichfalls ungenannte Verfasser an den Kaiser: »Ihre
Kaiserliche Majestät versprachen in der Wahlkapitulation, dass Sie die
Stände bei ihren Rechten und Gerechtigkeiten maintenieren und hand-
haben, und wider alle unbillige Gewalt schützen wollen. Haben jemals
die Stände kräftigen Schutz von Nöten gehabt, so ist es gewisslich in
diesem Reunions-Wesen gewesen. Ist daher kein Wunder, wenn die
in der Reunion stehenden Stände über Ihre Kaiserliche Majestät und
des Reiches Abandonnierung wo nicht geklagt, so doch geseufzet haben«.
Verfasser erwähnt dabei auch die verschiedene Stellung eines
deutschen und eines französischen Lehensträgers; »man nannte sprich-
wörtlich den Kaiser einen rex regum und den König von Frankreich
rex asinorum, wegen der allerhand Lasten und Bürden, so man diesem
elenden Tiere auferlegt, welche sie (die Franzosen) ohne Murren tragen,
und noch dazu der härtesten Streiche gewärtig zu sein pllegen«.
1) Das Nähere s. bei Hölscher.
?) Erschienen Frankfurt, 1682.
#) Der reunierte Vasall, 1689, S. 28.
— 257 —
Der in den reunierten Gebieten herrschenden Stimmung giebt eine
andere, früher schon angeführte Flugschrift!) kräftigen Ausdruck: >» Dieu
qui gouverne tout mettra fin à l'injustice de la France; il vous retirera
de la rude captivité, semblable à celle d’Egypte«; mit diesen Worten
wendet Verfasser sich an alle Reunions-Fürsten und Stände. Des
Weitern sucht er aus Rechtsgründen den Beweis zu führen, dass die
Herrn und Unterthanen der reunierten Gebiete wegen der weitern Rechts-
verletzungen Frankreichs an ihre Huldigungen und Eide nicht mehr
gebunden seien (»prouv& par les maximes des droits«). Den starren
Rechtsmasstab wird man allerdings nicht anlegen dürfen, wenn Verfasser
sagt: »Et puis, que le roi vous traite, messieurs, comme ses ennemis,
n’abandonne-il point en même temps ses droits sur la réunion? Le
souverain, qui doit être le père de ses sujets et le protecteur de ses
princes, perd sa qualité, quand il agit comme contre ses ennemis: les
enfants que le père traite trop indignement sont émancipés par l’auto-
rité du juge: le mariage est dissolu, quand l'un ou l’autre impugne
directement le nœud sacré du mariage.«
Auch der Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden, durch die
Kammern von Breisach und Metz in Mitleidenschaft gezogen, beteiligte
sich. durch zwei energische Flugschriften an dieser Litteratur, die eine:
»Marchio-Badenses vindiciae adversus praetensiones gallicas 1681«; die
andere: »Compendiosum memoriale super compluribus Marchio-Baden-
sibus gravaminibus<. Die erstere?) beginnt mit den Worten: »Commune
istud malum, quo ad Rhenum Mosellamque Germani a Gallis se premi
quaeruntur, etiam Badensem domum tetigite.
Neben zwei Reunionen der Breisacher Kammer führt er dann die
Wegnahme der alten Grafschaft Sponheim an, die weder im districtus
temporalis, noch im diöcesis spiritualis gelegen sei, noch durch irgend
ein vinculum vasalliticum zu den Bistümern gehöre. Auch sei für die
Grafschaft, die grösser als förmlich reunirte Gebiete sei, nicht einmal
ein Spruch der Kammer erfolgt: »per emissarios, partim publicos
partim clandestinos affixum este, Als Emissär führt er den mehr-
genannten Kapitän Simon an.
IL.
Der Kongress zu Frankfurt.
Die französischen Abgesandten, welche im September 1681 in
Frankfurt eintrafen, waren Herr de St. Romain und Herr de Harlev,
1) La dissolution de la réunion, 1692, S. 172,
?) Druckschrift auf der Universitäts-Bibliothek zu Strassburg. Einige weitere
Acusserungen der öffentlichen Meinung s. bei Hölscher.
17
— 258 —
die Kaiserlichen der Reichshofrat von Stratmann und die Regiments-
Räte Pader und Rassler von Gamerswaagen; zu ihnen traten zehn
Delegirte des Reiches, gestellt von Chur-Mainz, Chur-Sachsen, Oester-
reich, Bayern, Bamberg, Pfalz-Lauteren, Sachsen-Weimar, Braunschweig
und den beiden Reichsstädten Köln und Regensburg. Gleichzeitig aber
hatte der König einen besonderen Gesandten, den Grafen Verjus de
Grecy, für die Regelung der Reunions-Angelegenheiten beim Reichstage
zu Regensburg ernannt, angeblich um diesem kund zu geben, welches
seine Gesinnungen seien »um die Ruhe und den Frieden Deutschlands
für die Zukunft sicherer und fester zu stellen« ; in Wirklichkeit jedoch,
wie sich bald herausstellen sollte, um durch die gleichzeitigen Ver-
handlungen über dieselbe Sache an zwei getrennten Orten Verwirrung
und Verzögerung zu bewirken. Diese Absicht wurde aber, wenn auch
erst nach längerer Zeit, von der anderen Seite erkannt; in einem
Kaiserlichen Commissions-Dekret vom 11. Mai 1682 heisst es: »dass
die französische Proposition an zwei Orten zu verhandeln, gefährlich sei und
dass der Kaiser in eine solche Dismembration des römischen Reiches,
worauf berührte französische Proposition abziele, nicht willigen könne«.
Zu dieser Zeit waren die Verhandlungen in Frankfurt kaum
über die Anfänge hinausgekommen, da die ersten Monate vollständig
durch Form- und Etikette-Fragen zwischen den deutschen Bevoll-
mächtigten, jedenfalls zur grossen Genugthuung der königlichen Ab-
sesandten ausgefüllt wurden. In einer Relation der kaiserlichen und
reichsständischen Deputirten vom 7. März 1682, also etwa ein halbes
Jahr nach der Eröffnung des Kongresses wird gemeldet, »obgleich man
gehofft hatte nach verschiedenen bisher obgeschwebten Präliminär- und
Partikulär-Diffieultäten zu den wirklichen Traktaten schreiten zu können,
so ereigneten sich nichts desto weniger noch andere Differentien, vor
deren Ausgleichung die Bevollmächtigten von Oesterreich, Bamberg
und Braunschweig sich weigerten an den Sitzungen Teil zu nehmen«.
Die entstandenen Schwierigkeiten betrafen vornehmlich die Verteilung
der Plätze in dem Sitzungssaale, für welche verschiedene Vorschläge
mit Krokis in den Commissions-Dekreten und Gutachten zum Ausdruck
oebracht wurden. Schliesslich wurde durch Commissions-Dekret vom
11. März seitens des Kaisers ein besonderes Reichsgutachten »über die
zu Frankfurt super modo conveniendi, se legitimandi, sedendi et trac-
tandi hervorgetretenen Difficultäten« verlangt und nach Eingang ein
notdürftiger Ausgleich der verschiedenen Ansprüche bewirkt. Nun
aber erhoben die französischen Abgesandten neue Schwierigkeiten ;
sie erklärten ihre Eingaben nur in französischer Sprache vorlegen zu
wollen und verstanden sich erst nach weiteren Verhandlungen zu dem
Entgegenkommen, eine lateinische Abschrift mit dem Worte »translatum«
beizufügen. Deutscherseits wurde die Weglassung des Wortes »trans-
latum« verlangt, von den französischen Gesandten aber abgelehnt.
Kine Einigung konnte in Frankfurt nicht erzielt werden; die Streitfrage
wurde an den Reichstag zu Regensburg abgegeben. Schliesslich fand
man jedoch einen modus videndi, indem die deutschen Abgesandten
nur die mit translatum versehenen lateinischen, nicht aber die fran-
zösischen Texte entgegennahmen.
Nunmehr ergriffen die Gesandten des Königs die Initiative und
schlugen Anfangs April eine Lösung der Streitfrage in dem Sinne vor,
dass Fraukreich zum Besten des Friedens sich auf Strassburg und
diejenigen Länder und Orte beschränken wolle, in deren Besitz es sich
vor Abreise der Gesandten nach Frankfurt befunden habe. That-
sächlich war der König diese Verpflichtung schon im Januar desselben
Jahres gegenüber dem grossen Kurfürsten eingegangen, welcher dafür
seine Neutralität bei einem etwaigen Reichskriege zugesagt hatte. Den
kaiserlichen Gesandten aber wurde weiterhin eröffnet: Im Falle der
Zustimmung wolle der König, um einen noch grösseren Beweis von
der Reinheit seiner Absichten zu geben und zu beweisen, wie weit
er entfernt sei, Eroberungen jenseits des Rheins zu machen,
in die Rückgabe Freiburgs gegen Schleifung der Festungswerke Philipps-
burgs willigen. Zum ersten Male werden also hier in einem
amtlichen Schriftstücke die Ansprüche Frankreichs auf
das ganze linke Rheinufer, wenn auch in mittelbarer
Form erhoben. Deutscherseits konnte natürlich auf dieses Aner-
bieten nicht eingegangen werden; trotzdem hielt der Kaiser es für
notwendig, ein Reichsgutachten darüber einzuholen, liess dann aber
den französischen Gesandten erklären, dass auch über die früheren
teunionen weiter verhandelt werden müsse. In der unter dem 28. April
erfolgenden Antwort der französischen Gesandten wurde bereits ein
cereizter Ton angeschlagen: »die Rechte des Königs erstreckten sich
weit über die bisher gemachten Reunionen hinaus; es müsse daher
eine bestimmte Antwort gefordert werden, ob der Vorschlag ange-
nommen werde oder nicht: eine weitere Verzögerung würde der König
als Ablehnung auffassen und deshalb berechtigt sein, eine andere als
die bisherige Haltung anzunehmen«. Die verlangte bestimmte Ant-
wort wurde jedoch nicht gegeben; der Kaiser schloss vielmehr bald
darauf, am 10. Juni 1682, zur Stärkung seiner Stellung gegenüber den
franzüsischen Forderungen mit der im Jahre 1679 gebildeten Union von
Ur
— 260 —
Reichsständen des fränkischen und oberrheinischen Kreises die Laxen-
burger-Alliance, um bewaffneten Widerstand zu leisten gegen die unge-
rechten Ansprüche Frankreichs und die Verletzungen der Reichsgrenzen.
Die Franzosen warteten noch fünf Monate. erklärten dann aber,
nachdem sie zweifellos von dem Laxenburger Vertrage Kenntnis er-
langt hatten, in einem Schreiben vom 28. September, die Geduld
des Königs sei nunmehr zu Ende; infolge der Streitigkeiten zwischen
den deutschen Bevollmächtigten, an denen sie nicht im Geringsten
beteiligt gewesen, sei die lange Zeit fruchtlos verstrichen: eine der-
artige Weise zu verhandeln entspreche weder Frankreichs noch
des Reiches Würde. Frankreich müsse unterdessen ungeheure Auf-
wendungen für sein Heer machen, um im Falle des Bruches sein
Recht mit Gewalt durchzusetzen, der König halte sich daher nur mehr
bis Ende November an seinen Vorschlag gebunden; sei sein Anerbieten
bis dahin nicht angenommen, so werde er seine Rechte im weitesten
Umfange wieder wahrnehmen. Gleichsam als wären sie besorgt, dass
ihr Vorschlag nunmehr angenommen werden könnte, fügten sie in
einem weiteren Schreiben vom 4. Oktober hinzu, dass auch nach ihrer
etwaigen Abreise die Verhandlungen von dem Vertreter des Königs in
Regensburg, dem Grafen Crecy weiter geführt werden könnten. Beide
Schreiben glaubten die deutschen Deputirten »der Sache hoher und
schwerer Wichtigkeit halber« dem Reichstage in Regensburg vorlegen
zu müssen, weshalb zunächst umständliche Verhandlungen über die
Form des Verkehrs zwischen Frankfurt und Regensburg stattfanden,
denen endlose Denkschriften über den Stand der Angelegenheiten folsten.
Auch zu Ende November konnte deshalb eine bestimmte Antwort den
[französischen Bevollmächtigten nicht erteilt werden, sodass diese in
der That von Frankfurt abreisten. Der wirkliche Grund für die Ab-
reise ist in der Instruktion an den Gesandten Frankreichs in Wien,
Grafen de Cheverny vom 10. Januar 1684 ausgesprochen ; danach war
es zweckmässig erschienen den Kongress nach Regensburg zu verlegen,
weil dort die Verhandlungen mit weniger Leidenschaft behandelt werden
würden als in Frankfurt, wo völlige Herrschaft der österreichischen
Bevollmächtigten hervorgetreten sei; in dieser Instruktion wird auch
die wiederholte Stellung eines Endtermins damit begründet, dass bei
den von der Reunion betroffenen Kurfürsten grössere Friedensneigung
wahrgenommen worden sei'). Dem Reichstage wurde durch Relation
vom 22. Dezember von der Abreise Kenntnis gegeben. In dieser be-
richten die Frankfurter Deputirten, dass eine Entscheidung des Reichs-
') Sorel, Recueil des instructions: Autriche. 1884. I. S. 96.
— 261 —
tags täglich erwartet worden sei, dass aber trotz aller Vorstellungen
die französischen Gesandten zum Bleiben nicht hätten vermocht werden
können; vor der Abreise sei aber von ihnen die Erklärung abgegeben
worden, dass in Regensburg die Verhandlungen bis zum 1. Februar 1683
noch fortgesetzt werden könnten. Der Kongress zu Frankfurt hatte
hiermit sein Ende gefunden; nach umständlichen Berichten an den
Kaiser und den Reichstag über ihre Thätigkeit und die Berechtigung
des von ihnen vertretenen Standpunktes verliessen auch die kaiserlichen
und reichsständischen Bevollmächtigen Frankfurt.
Dass der grosse Kurfürst diese Verlegung von Frankfurt nach
Regensburg im Interesse des Reiches bewirkt habe, wie von einer
Seite behauptet aber nicht bewiesen wird), muss nach dem vorstehend
seschilderten Verlaufe der Verhandlungen als höchst unwahrscheinlich
bezeichnet werden.
II.
Der Waffenstillstands-Vertrag von 1684.
Trotz der bei dem Schiedsgericht zu Regensburg und dem Kongress
zu Frankfurt erwiesenen völligen Unmöglichkeit eines friedlichen Aus-
gleiches der vorhandenen Gegensätze entschloss Kaiser Leopold sich,
die Verhandlungen mit Frankreich noch weiter fortzusetzen. In einem
an den Reichstag gerichteten Kommissions-Dekret vom 29. Dezember 1682
wird die »Continuatio der Traktaten« in Regensburg für notwendig
erklärt, und ein Reichsgutachten darüber eingefordert, in welcher
Weise dies zu geschehen habe. Naturgemäss konnte bei dieser Art
der Geschäftsführung auch der zweite von den Franzosen gestellte
Termin nicht eingehalten werden; am 20. Januar richtet deshalb Graf
Crecy ein Schreiben an den Reichstag, mit der Aufforderung, doch
nunmehr zu den sachlichen Verhandlungen selbst überzugehen, da
nach zehn Tagen sein Mandat erloschen sei. Auf Antrag des Reichs-
tages selbst verlängerte jedoch der König das Mandat seines Gesandten
am 10. Februar »um seinem aufrichtigen Wunsche, zur Befestigung
des Friedens beizutragen, Ausdruck zu geben« auf unbestimmte Zeit.
Gleichzeitig aber suchte der Kaiser durch weitere Bündnisse seine
Stellung gegenüber Frankreich zu verstärken und sich für den immer
mehr als unvermeidlich erscheinenden Krieg vorzubereiten; am 23. Ja-
nuar 1683 wurde in Wien die Defensiv-Alliance »sowohl gegen die
1) Berner in d. Preuss. Jahrb. 1886, Band 57, S. 613.
262
Türken als andere zustossende Gefahr« mit Kur-Bavern geschlossen,
wobei der junge Kurfürst sich in Bereitschaft setzte, um seine Wallen
mit den kaiserlichen zu vereinigen, sei es an der Donau oder am Rhein
vsesen Frankreichs »sogenannte reunionspräjudizierliche Attentate und
Usurpationes«!); im März 1683 traten weitere Reichsstände dem Bünd-
nisse bei: im Februar und März 1683 schloss der Kaiser in Anlehnung
an den Assoziations-Vertrag von 1681 erneute Bündnisse mit Spanien,
Schweden und den Niederlanden behufs gegenseitiger Hülfe. Dem
gegenüber bereitete auch Frankreich sich zum Kriege vor : an der deutsch-
französischen Grenze wurden vier grosse Truppenlager errichtet, in
Saarlouis, Bockenheim-Saarwerden, Molsheim und Bellegarde in Burgund,
welche im Mai 1683 vom Könige selbst besichtigt wurden.
Der Reichstag aber war über die unbegrenzte Verlängerung der
französischen Vollmachten anscheinend so erfreut, dass er zunächst die
Verhandlungen ganz ruhen lassen und der Erledigung von Formfragen
seine Zeit wieder widmen zu können glaubte. Doch wird in einem kaiser-
lichen Kommissions-Dekrete vom 3. Juli 1683 dem Reichstage das Aller-
höchste Missfallen ausgedrückt, dass über die Art der Fortführung der Ver-
handlungen die drei Reichskollegien sich nicht einigen könnten. Der
Kaiser macht dann selbst einen Vermittelungs-Vorschlag für Hebung
der vorhandenen Düifficultäten, worüber er ein Reichsgutachten ein-
fordert.
Für diese grosse Schwäche des Kaisers ist eine gewisse Ent-
schuldigung darin zu finden, dass derselbe sich in der That Frankreich
gegenüber in übler Lage befand. Alle seine Versuche, mit Hülfe der
geschlossenen Allianzen einen Koalitions-Krieg gegen Frankreich zu
erzielen, waren gescheitert, vorwiegend in Folge des entschiedenen
Widerstandes, den der grosse Kurfürst allen solchen Bestrebungen
entgegensetzte. Erbittert über den Nymweger Frieden und in der
Hoffnung, mit Hülfe Frankreichs seine schwedischen Eroberungen
wieder zu gewinnen, auf der andern Seite überzeugt von der Schwäche
des Reiches und der Gefahr eines neuen Krieges mit Frankreich?),
hatte er sich unmittelbar nach dem Friedens-Vertrage von St. Germain
enger an Frankreich angeschlossen, und war am 25. Oktober 1679
eine wesentlich gegen die Habsburger gerichtete Alllanz mit Ludwig XIV.
eingegangen. S 8 des gleichfalls zu St. Germain abgeschlossenen
Vertrages lautet: »Wenn der König einige Truppen nach Deutschland
1) Erdmannsdörfler, Deutsche Geschichte, 1892, I, S. 669.
?) Ueber die Motive der Politik des erossen Kurfürsten s. Berner 1. d,
Preuss. Jahrb., 1886, Band 57, S. 593 ff.
203 —
oder anderswohin durch des Kurfürsten Lande zu bringen hat, so ge-
stattet der Kurfürst den Durchmarsch, die Anlegung von Magazinen
und im Notfall selbst Rückzug und Eintritt in seine festen Plätze... .«t),
in einem noch weiter gehenden Briefe an den König vom 15. No-
vember d. J. erklärte der Kurfürst sich geradezu für den treuesten
Verbündeten des Königs, der über seine festen Plätze nach Belieben
verfügen könne, da sie mit ihrem gesamten Inhalt doch nur zu seinem
(des Königs) Dienst bestimmt seien?). Trotz der Reunion und der
durch sie bewirkten Gefährdung vieler Protestanten in ihrem Glauben
verstand sich der Kurfürst weiterhin dazu, durch ein am 11. Januar 1681
abgeschlossenes Defensiv-Bündnis die Beziehungen noch enger zu knüpfen
und die Verpflichtung einzugehen, diese Reunionen Frankreichs nötigen-
falls mit bewaffneter Macht zu verteidigen; $ 4 des Vertrages lautet:
»Um allen Schwierigkeiten der Auslegung und Ausführung des Traktats
zu begegnen, wird weder Recht noch Unrecht des Requirenten, ob er
Urheber der Differenz oder nicht ist, in Frage gestellt (»sans examiner
le droit ou le tort que pourrait avoir l’alli& requérante) ein Angriff
auf seine Rechte oder Lande genüst, ihm die pp. Hülfe faktisch leisten
zu müssene. |
Die Ausschreitungen der Reunionskammern beunruhigten und
erregten zwar den grossen Kurfürsten, veranlassten ihn auch zu Vor-
stellungen in Paris gegen dieses Verfahren; seine Haltung gegen
Frankreich änderte er aber daraufhin nicht, gab sogar anscheinend
das ganze linke Rheinufer, soweit nicht in seinem Besitze, verloren:
er äusserte, nach einem Berichte des französischen Gesandten in Berlin
vom 27. Juni 1681, sich öfter in dem Sinne: »que, si Sa Majeste
voulait faire voir une fin à ses prétentions, quand se serait même au
delà du Rhin (von Frankreich aus betrachtet), on se règlerait là-dessus,
mais qu'il craignait qu'au premier jour on ne prétendit Magdebourg et
Berlin « ?).
Gewiss war diese Politik nicht im Interesse des Deutschen
Reiches; auch dass der grosse Kurfürst dabei von der Gesinnung
beseelt gewesen sein sollte, »durch Nachgiebigkeit und temporäres
Zusammengehen mit Ludwig den erhobenen Arm des Königs zurück-
zuhalten, den König zu beschäftigen bis sein eigener Arm wieder
erstarkt genug war, dem Könige mit wuchtiger Kraft wieder den
1) Mörner, Kurbrandenburgs Staatsverträge von 1601-1700; 1807, 5. 413.
?) Prutz, aus des grossen Kurfürsten letzten Tagen, 1897, 5. 82.
8) Prutz, S. 352.
Meissel aus der Hand zu reissen und das Haupt des Feindes zu
spalten« ') muss als mehr denn zweifelhaft bezeichnet werden.
Ebenso unrichtig aber ist es, wenn von entgegengesetzter Seite
das Verhältnis des Kurfürsten zum Könige in enge Verbindung mit der
Entstehung der Reunionspolitik gesetzt, und dementsprechend das an-
nähernde Zusammenfallen des ersten Bündnisses mit der Errichtung der
teunionskammern in Zusammenhang gebracht wird?): nur eine Un-
kenntnis der seit vielen Jahrzehnten von Frankreich systematisch ver-
folgten Reunionsbestrebungen kann zu einer derartig haltlosen Auffassung
führen. Auch das Verhalten des Kurfürsten nach dem Falle Strassburgs
liefert den sichern Beweis, dass er nur notgedrungen die französischen
Reunionen geschehen liess; nur drei Monate später, am 22. Januar 1682
veranlasste er bei einer Erneuerung und Verlängerung des Vertrages von
1681 Frankreich, auch ihm gegenüber die Bedingung einzugehen, keine
weiteren Reunionen zu machen; im S 3 dieses Vertrages wurde
nämlich festgesetzt: »Um den Reichsfürsten die Unruhe zu benehmen,
welche sie über seine Prätensionen empfinden könnten, will der König,
obschon es ihm leicht ist, seine (Gerechtigkeit auf mehrere Länder ver-
möge des Westfälischen und des Nymweger Friedens und der Nymweger
zwischen seinen und den kaiserlichen Gesandten gehaltenen Konferenzen
zu erweisen, dennoch, um des Friedens willen, diese seine Prätensionen
beschränken auf Strassburg und die Länder und Rechte, deren er seit
dessen Unterwerfung genossen, sowie -alle die Länder, in deren Besitz
er sich am Tage der Abreise seiner Gesandten zu den Konferenzen
in Frankfurt befand, und erklärt, für sich und seine Erben auf alle
Ansprüche am Reichslande verzichtend, dass er nichts weiter unter
dem Namen von Dependenzen, Reunionen etc. prätendiren wolle, falls,
was man auch für Rechte von der einen oder anderen Seite nochmals
auffinden könnte, diese nichtig und ohne Einfluss auf die in diesem
Artikel gesetzten Grenzen sein sollen«?). Wenn allerdings behauptet
wird, dass der Kurfürst für die Wohlfahrt des ganzen Reiches ein
Zugeständnis von unermesslichem Werte erhalten, und sogar, dass er
in diesem Zeitpunkte das Ziel aller deutschen Patrioten thatsächlich
erreicht habe, so muss dies als viel zu weit gehend bezeichnet werden);
schon die nächste Zeit lehrte, dass das Zugeständnis gar nicht ernst
1) Preuss. Jahrb., Bd. 57, S. 603.
?) Onno Klopp, das Jahr 1683 und der folgende grosse Türkenkrieg; 1882,
S, 68.
3) Môrner, S. 426.
*) Preuss. Jahrb., Bd. 57, S. 608.
aaa
gemeint war, und dass Frankreich sich dadurch nicht von weitern
Reunionen abhalten liess, ausserdem aber hatte der König sich bereits
seit einem Vierteljahr zu demselben Zugeständnisse dem Reiche gegenüber
verstanden.
Der Kurfürst aber, der einen Reichskrieg gegen das übermächtige
Frankreich unter allen Umständen vermeiden wollte, schloss seinerseits
am 14. September 1682 eine Art Rückversicherung mit dem König von
Dänemark und dem Bischof von Münster in dem Bündnisse zu Neuhauss
ab; die drei Mächte verpflichten sich danach zu gegenseitiger Unter-
stützung im Kriegsfalle, wollen aber möglichst zur Aufrechterhaltung
des Friedens zwischen Frankreich und dem Reiche beitragen. $ 4
dient dem letzteren Zwecke und lautet: Kontrahenten bemühen sich
allenthalben (auf betreffenden Separat-Konventen, Reichs- und Kreis-
tagen, an Höfen etc.), dass die zwischen Kaiser und Reich einerseits
und Frankreich andererseits schwebenden Differenzen durch einen be-
ständigen Frieden abgethan werden.
Dem Bündnisse mit Frankreich trug allerdings $ 6 Rechnung, der
besagte: »Käme es mit Frankreich zu einer particuliere rupture, ohne
Reichskonklusum, so wollen Kontrahenten mit ihrem Reichs- und
Kreis-Kontingent dabei nicht konkurrieren. Erfolgt der Bruch durch
Reichskonklusum, so bleibt es bei dem, was jeder der Herren Bundes-
verwandten sich hierüber schon anderwärts deklariert und erboten
hat«!). Ueber die friedliche Gesinnung aber, welche den grossen Kur-
fürsten bei diesen Abmachungen leitete, äussert sich der französische
Gesandte in einem Berichte an den König vom 23. Oktober d. Js.:
»on peut dire aussi lorsqu'on pénètre dans sa pensée, que la vue qui
gouverne le plus absolument sa conduite, est la paix«. Aus diesem Be-
streben wird man daher auch das allerdings befremdende Verhalten
während der Frankfurter Verhandlungen zu erklären haben, das sonst
im Gegensatz zu der vorherigen Bekämpfung der Reunionen stehen
würde; am 9. Dezember 1682 berichtet derselbe Gesandte: »Monsieur
l'Electeur me répète plusieurs fois, que son sentiment avait toujours
été, de n’accorder point de prolongation, mais de recommencer ou les
réunions ou même les conquêtes, et au bout d'un temps, lorsque
Votre Majesté serait en possession de quelques places, soumettre de
nouveau ses intérêts au pied des premières propositions, en fixant un
terme, au-delà duquel elle ne serait plus engagee.«*) Zweifellos waren
diese »premières propositionse die Vorschläge, welche die Franzosen
1) Mörner, 5. 433.
2) Prutz, S. 357.
266 —
zu Frankfurt im April 1682 gemacht hatten, und in dem Vertrage
Frankreichs mil dem grossen Kurfürsten vom Januar d. J. zum Ausdruck
oekommen waren.
War der Kaiser schon durch diese Politik des grossen Kurfürsten
lahmgelegt, so wurde seine Lage noch wesentlich verschlimmert durch
die täglich dringender werdende Türkengefahr. In dieser Bedrängnis
aber durchschaute Kaiser Leopold so wenig den wahren Charakter des
französischen Königs, dass er sich an das gute Herz desselben zu
wenden beschloss; in einem Schreiben vom 11. Juli 1683 ersuchte er
den Gresandten, Grafen Crecv, die übergrosse Türkengefahr dem Könige
vorzustellen und ihn zu bitten, während dieser Gefahr dem Reiche
keine Schwierigkeiten zu bereiten, was Crecy auch »ganz gutmülig«
zu thun versprach. Welchen Eindruck die Schrift auf den König
machte, ergiebt die früher schon angeführte Instruktion an den Gesandten
Grafen Cheverny vom 10. Januar 1684, in welcher dieser angewiesen
wird, weder mündlich noch schriftlich etwas von sich zu geben, was
dem Hofe von Wien die Mittel erleichtern könne, mit den Türken
Frieden zu schliessen; demgemäss spricht ein neuerer französischer
Schriftsteller es unumwunden aus, dass der König mittelbar die Türken
zum Kriege ermunterte: »il voulait bien indirectement exciter les Turcs,
mais non pas compromettre la couronne tres chretienne par une
alliance publique avec le turban«!). Auch Rousset weist darauf hin,
dass die Franzosen in den allgemeinen Jubel von Europa über die
Errettung Wiens nicht einstimmten, datiert aber von diesem Zeitpunkt
den Wendepunkt in der Geschichte Ludwig XIV ?).
Gerade als die Gefahr am grössten war, benutzte sie der König,
um seine vorläulige Etappe, die bisher vollzogenen Reunionen sicher
zu stellen; »um sein Entgegenkommen zu beweisen und dem Reiche
jede Veranlassung zur Sorge zu benehmen«, schlug er am 9. August 1685
einen 30jährigen Waffenstillstand unter den früheren Bedingungen vor:
wenn dieser Vorschlag nicht angenommen werde, fügte er hinzu, fiele
alles der Christenheit erwachsende Uebel dem Reiche zur Last. Diese
Scheinkonzession des Königs bewirkte in erster Linie das Scheitern
der zwischen dem Kaiser und dem grossen Kurfürsten eingeleiteten
Verhandlungen über die Teilnahme des Letztern am Kampfe gegen die
Türken; Kurfürst Friedrich Wilhelm erklärte sich bereit, 16000 Mann
oder mehr zur kaiserlichen Armee stossen zu lassen, stellte aber u. a.
die Bedingung, dass der Kaiser die französischen Vorschläge annehme;
1) Martin, histoire de France, XIV, S. 13.
2) Ranke S. W., X, 5. 349,
ae
infolge Ablehnung der Bedingungen seitens des Wiener Hofes nahmen
brandenburgische Truppen an dem Entsatze Wiens nicht Teil, wobei
dahingestellt bleiben muss, ob das Anerbieten des grossen Kurfürsten
überhaupt aufrichtig gemeint war!). Der französische Vorschlag wurde
aber doch nicht völlig abgelehnt, sondern als Basis für die weiteren
Verhandlungen angenommen; wovon am 31. August dem französischen
Bevollmächtigten entsprechend Mitteilung gemacht wurde.
Die Verhandlungen zogen sich aber, infolge des schwerfälligen
Reichstags-Apparates, in gewohnter Weise weiter in die Länge; als
jedoch endlich, am 10. März 1684 die Zustimmung von Kaiser und
Reich den französischen (Gesandten ausgesprochen werden konnte,
erhoben diese neue Schwierigkeiten, und suchten den Abschluss zu ver-
hindern, da inzwischen der König zu neuen Gewaltthaten zu schreiten
sich entschlossen hatte. Seine Stellung gegenüber dem Reiche war
inzwischen eine noch günstigere geworden durch den Abschluss eines
neuen Allianzvertrags mit dem grossen Kurfürsten, durch den dieser
sich verpflichtete »de ne jamais permettre, autant qu'il dépendra de
lui, que l’on prenne de la part de l’empire une résolution unanime
tendante à une guerre contre la France directement ou indirectement«?).
Am 23. Mai 1684 erhielt der Reichstag Kenntnis von der Be-
lagerung Luxemburgs;?) am 21. Juni ward ihm der Anmarsch eines
fliegenden Corps gegen Köln mitgeteilt. Durch Kommissionsdekret
vom 12. Juni teilte der Kaiser dem Reichstage mit, dass er der Gefahr
des Falles Luxemburgs an Frankreich »mit altem deutschen Löwen-
mut zuvorzukommen entschlossen seit). Wenige Tage später, am 26.,
musste er aber von dem Verluste der Stadt dem Reichstage Kenntnis
seben, wobei er ein Reichsgutachten einforderte, durch welche Mittel
der fernere französische Einbruch zu verhindern sei. Trotz des offenen
Friedensbruches gegen das verbündete Spanien wurde aber in Regens-
burg ruhig weiter verhandelt. Die Verhandlungen wurden auch nich!
abgebrochen, als bald nachher eine ähnliche Gewaltthat gegen das
eich selbst erfolgte. Auf Veranlassung des Erzbischofs von Köln,
Bischofs v. Lüttich, rückte eine bei der Belagerung Luxemburgs be-
1) Erdmannsdörffer, I, 5. 680 {f.
2) Erdmannsdörffer, I, S. 690; der Vertrag wurde hiernach im Februar 1684
abgeschlossen, aber auf den 25. Oktober 1683 zurückdalirt.
3) s. weiter unten.
4) Dieses und das Folzende unter Benulzung von Pachner von Eggenstorff,
IL: daneben wurde für die Frankfurter Verhandlungen besonders Ranke S. W. N
benutzt.
Ben,
teiligte Truppenabteilung von hier nach dem Reichsbistum Lüttich und
besetzte die Hauptstadt; der Befehlshaber liess darauf beide Bürger-
meister hinrichten und beseitigte die Freiheiten, welche die Bürgerschaft
segenüber dem Bischofe im Laufe der Zeit gewonnen hatte.
Ungünstig für das Reich war es, dass die Generalstaaten am
29. Juni einen 20jährigen Waffenstillstand mit Frankreich eingegangen
waren. Die Forderung der deutschen Bevollmächtigten gleichfalls
auf 20 statt 30 Jahre abzuschliessen, wurde französischerseits zwar
angenommen; dagegen wurde die weitergehende Forderung, nur den
Stillstand anzunehmen, die Bedingungen jedoch, unter denen die
dem König einstweilen überlassenen Länder von ihm regiert werden
sollten, erst später festzusetzen war, von den Franzosen abgelehnt.
Deutscherseits wurde nunmehr ein die Einzelheiten in 15 Artikeln
regelnder Vertragsentwurf aufgestellt, und am 31. Juli den Fran-
zosen vorgelegt. Nach $ 2 sollten nicht nur alle nach dem 1. August
1681 reunierten Gebiete zurückerstattet werden, sondern auch Alles,
was vor diesem Termin nicht durch Spezial-Spruch der Kammer
sondern nur »als wenn es pertinencia von den reunierten Stücken
von Alters her gewesen, von den Beamten und Truppen that-
sächlich in Besitz genommen worden seie. Da, wie bei Erörterung
der Thätigkeit der Kammer nachgewiesen, dieses der grössere
Teil der Reunionen war, dachte der König natürlich nicht entfernt
daran, hierauf einzugehen. Graf Crecy erklärte diese Forderung für
unannehmbar, und stellte den Beginn der Feindseligkeiten in Aus-
sicht, falls nicht bis zum 15. August eine Einigung erzielt sei. Diese
Terminsetzung hatte günstigeren Erfolg als die früheren ähnlichen
Versuche; mit dem 8. August begannen mündliche Verhandlungen
auf Grund eines von Crecy vorgelegten Entwurfes; die Franzosen
nahmen den Saal, die Kaiserlichen zugleich mit Vollmacht seitens
Spaniens betraut, das Refektorium des Dominikanerklosters zum Aufent-
halt. Erregte Verhandlungen folgten; von Seiten des Reiches wurde
verlangt, der König solle die Souveränität in den ihm vorläufig zuge-
standenen Gebietsteilen nur im deutschen Sinne ausüben, keine neuen
Befestigungen anlegen, keine neuen Zölle und Steuern auflegen, das
Reichsgericht anerkennen; französischerseits wurde auch dieses abge-
lehnt und nur zugestanden, dass die betroffenen Reichsfürsten nicht
dem Könige’ selbst die Huldigung zu leisten brauchten; auch wurde
den Protestanten die freie Religionsübung und Erhaltung ihrer Schulen
und Lehrer zugestanden. Nunmehr war die letzte Nacht heran-
gekommen; kurz vor Mitternacht erklärte Crecy, wenn man seine
Bedingungen nicht annehme, werde er nach Mitternacht mit ganz
anderen hervortreten; diesem Drängen war inzwischen grösserer Nach-
druck gegeben worden, indem der König 120 Eskadrons in das Elsass
hatte einrücken lassen; »Sa Majesté a crû qu'il ne pouvait qu'être à
propos, de leur montrer une armée sur le Rhin, pour les obliger à
conclure promptement<.') In der That erfolgte die Zusage der Kaiser-
lichen gerade noch vor Mitternacht, die Unterschrift am folgenden
Tage’). Am 15. August 1684 wurde demnach ein Waffenstillstands-
vertrag auf 20 Jahre abgeschlossen ; in demselben war die entscheidende
Streitfrage wiederum umgangen und durch eine verhängnisvolle Zwei-
deutigkeit der französischen Auffassung voller Spielraum gewährt. Die
massgebenden Punkte dieses Vertrages, soweit sie auf die lothringischen
Reunionen Bezug haben, lauten:
$ 4. Ideo durante hoc viginti annorum armisticio sacra christia-
nissima Maiestas permaneat in libera quietaque possessione
omnium quarumque ditionum et locorum, quae usque ad primum
Augusti 1681 vigore sententiarum tribunalium Metensis, Brisacensis ut
et Vesontini occupata sint.
S 6. Restituet vero sacra christianissima Maiestas imperio omnia illa
loca, quorum possessionem post primum Augusti 1681 sibi vindicaverit...
si quid vero sine auctoritate dictorum tribunalium Metensis et Brisa-
censis, ut et Vesontini, quod aliunde ad regem christianissimum non
pertineret, ante 1. Augusti 1681 tantum nuda et simplici via facti
occupatum esset, id quoque sacra christianissima Maiestas restituet.
Da durch jeden Kammerbeschluss die Zugehörigkeiten mit reunirt
worden waren, die Reunionen ohne Kammerbeschluss aber durch die
Zugehörigkeit zu irgend einem der reunirten Gebiete fast stets motivirt
worden waren, so musste die zweideutige Fassung alle französischen
Ansprüche befriedigen; wenn in einzelnen Ausnahmefällen, z. B. für
die rheingräflichen Besitzungen, die Zugehörigkeit nicht hätte festgestellt
werden können, so gab der Absatz »quod aliunde« die Möglichkeit
die Rückgabe zu verweigern.
Das Herzogtum Lothringen, welches allein durch wirkliche Kammer-
beschlüsse nach dem 1. August 1681 betroffen worden war, wurde in
dem Vertrage nicht berücksichtigt, wie der Wortlaut des $ 6 beweist,
Die Absichten Frankreichs hinsichtlich dieses erhellen aus der Instruktion,
1) Rousset, S. 267; nach einem Briefe Louvois an den Marschall Créqui
vom 11. August.
?) Ranke S. W., X, S. 355; nach einem mémoire in den Spahnheim’schen
Akten.
hu ll à —
welche dem (resandten in Wien Grafen von Vauguyon am 24 Ok-
tober 1685 erteilt wurde!); danach sollte dieser jede Hoffnung be-
seitigen, als könne der Herzog in irgend einen Teil seines Landes
zurückkehren; das Herzogtum müsse als eine von der französischen
Krone untrennbare Provinz Frankreichs angesehen werden. Dieselbe
Instruktion ward mit nahezu gleichen Worten dem Gesandten, Grafen
von Lusignan, vom 6. September 1087 wiederholt?).
Nach Allem musste daher mit Bestimmtheit angenommen werden,
dass von den gesamten Reunionen auch nicht das Geringste von
Frankreich herausgegeben werden würde; der Vertrag, der im Sep-
tember vom Kaiser, im November von Frankreich ratifiziert wurde,
bedeutete daher für dieses die aller Voraussicht nach endgültige Be-
hauptung aller reunirten reichsständigen Gebiete, war daher ein gross-
artiger Erfolg, vielleicht die wertvollste Erwerbung, welche Frank-
reich auf unkriegerischem Wege jemals gemacht hat.
Von den ausserhalb des Reiches durch die Reunionen betroffenen
Fürsten hatte besonders Wilhelm III. von Oranien eine gegen Frankreich
gerichtete Aktion ins Werk zu setzen gesucht. Auf sein Betreiben
war im März 1681 zwischen den Niederlanden und Schweden, dessen
König durch die Reunion von Zweibrücken benachteiligt worden, der
sogenannte Assoziations-Vertrag geschlossen worden, der eine grössere
Bedeutung gewann, als noch im gleichen Jahre der Kaiser und der
König von Spanien ihm beitraten.
Letzterer war inzwischen mit Frankreich in noch ernstlichere
und weniger unblutige Verwicklungen als das Reich geraten. Der
diplomatische Krieg zwischen beiden Mächten hatte auch nach dem
Frieden zu Nymwegen ohne Unterbrechung fortgedauert und zunächst
zu einer Uebervorteilung Spaniens in der Grafschaft Namur geführt.
In dem Friedens-Vertrage war die eigentümliche Bestimmung enthalten,
dass Frankreich entweder die Stadt Charlemont von Spanien oder
die dem Bistum Lüttich gehörende Stadt Dinant durch spanische Ver-
mittlung erhalten solle. Durch geschickte und rücksichtslose Mass-
regeln hatte der Marschall Humiere im April 1680 in den Besitz beider
Städte sich zu setzen gewusst; »les Espagnols dupés se plaignirent
de ce mauvais tour; on se moqua d’eux«?°).
Dieser erste Erfolg des Krieges im Frieden (paix conquérante
oder conquête pacifique nennt ihn Rousset) steigerte natürlich in hohem
1) Sorel, recueil, I, S. 106.
?)- Sorel, recueil, I, S. 117.
8) Rousset, III, S. 14.
Grade die Unternehmungslust des Königs und beeinflusste die Verhand-
lungen der Friedens-Exekutions-Kommission, welche im Dezember 1679
zu Courtrai zusammengetreten war. Da es sich vornehmlich um Rück-
gabe französischerseits okkupierter Gebietsteile handelte, erhielten die
(resandten die Anweisung, die Verhandlungen möglichst in die Länge
zu ziehen; »il était de l'intérêt du roi, sans que cela parut, de ne pas
pousser diligemment les affaires de la conférence « !).
Diese Weisung wussten die Gesandten trefflich zu befolgen ;
»idylle politique, symétriquement alternée comme les dialogues des
bergers de Virgile»?) nennt der Biograph Louvois auf Grund ihm vor-
liegender Akten die Verhandlungen. Diese Konferenz war daher ganz
wie geschaffen, um die Regelung, das heisst die Verschleppung der
aus den Metzer Reunionen zwischen Frankreich und Spanien ent-
standenen Streitigkeiten zu bewirken. Diese knüpften an die am
21. April 1681 ausgesprochene Reunion der spanisch-niederländischen
Grafschaft Chiny an; die Kommissare Ravaulx’ hatten nach der
Theorie der Zugehörigkeiten deren (Gebiet bis zum Glacis der Festung
Luxemburg ausgedehnt, und sich nach und nach in den Besitz fast
des ganzen Herzogtums gesetzt).
Von dem Könige von Spanien aber, der in den Verlust von
Chiny sich bereits gefunden hatte, war die Huldigung auch für die ihm
als Afterlehen von Chiny abgenommenen Gebietsteile verlangt worden.
Naturgemäss wurde dies verweigert, der französische Vorschlag aber
angenommen, die Streitfrage der in Courtrai versammelten Exekutions-
Kommission für den Nymwegener Frieden zu übertragen, wodurch diese
den Charakter eines dem Frankfurter ähnlichen Kongresses annahm.
In Courtrai wurde indessen nicht nur den berechtigten Beschwerden
Spaniens in keiner Weise Rechnung getragen, vielmehr erhoben die
französischen Bevollmächtigten nunmehr auch Forderungen auf namhafte
Teile der spanisch-niederländischen Provinz Flandern, insbesondere die
Burggrafschaft (bourggraviat) Gent, die Bezirke Alost, Beveren, Gram-
mont, Ninove, Lessines und einen Teil von Quatre-métiers, anscheinend
um sie später als Aequivalent für die reunirten luxemburgischen (tebiete
auszutauschen. Zur Rechtfertigung dieser Gewaltthat stellte der franzö-
sische Kommissar Favier die ungeheuerliche Behauptung auf: »que la
paix n’annulle pas le droit de conquête, si ce n'est pour les places
dont les traités ordonnent la restitution en termes precis«.
7 1) Brief Louvois’ an den Gesandten Le Peletier bei Rousset, Ill, S. 16.
?) Rousset, III, S. 16.
3) 5. S. 240. Das Folgende nach Rousset, I, S. 217 I, auf Grund des
Briefwechsels Louvois’.
a,
Da Spanien in gleicher Schwäche wie das Reich solche Forderungen
nicht durch sofortigen Abbruch der Verhandlungen beantwortete, ging
Frankreich seinerseits zu Gewaltthätigkeiten über. Die Truppenteile,
welche die nächste Umgebung der Festung Luxemburg als dem Könige
gehörig besetzt hielten, begannen den Verkehr aus und nach der Stadt
zu erschweren und zu stören; allmählich gingen diese Belästigungen
in das völlige Abschneiden der Festung von der Aussenwelt, im die
förmliche Blokade über; Luxemburg war thatsächlich im Frühjahr 1682
ohne vorherige Kriegserklärung belagert. In einer von Louvois inspi-
rierten Flugschrift wurde aber ausgesprochen, der König wolle trotz
der Blokade nicht den Frieden brechen, sondern nur den Besitz
einiger anderer Gebiete, wie Alost, welche die Spanier ihm vorent-
hielten, sich sichern; die Absichten des Königs wurden also geradezu
umgedreht. Trotz des angeblichen Friedenszustandes wurde aber einer
spanischen Fouragierung mit den Waffen entgegen getreten; der
Zwischenfall konnte nur mühsam unter Vermittlung des Königs von
England beigelegt werden. Spanien musste sich entschuldigen und eine
Geldentschädigung an Frankreich zahlen.
Wider Erwarten erfolgte plötzlich im März 1682 die Aufhebung
der Belagerung; sie wird damit in Verbindung gebracht, dass der König
zu dieser Zeit den Plan gefasst hatte, den Dauphin zum König und
voraussichtlichen Nachfolger Kaiser Leopolds designieren zu lassen),
wofür er nicht nur auf alle Reunionen verzichten, sondern sogar in
die Rückgabe des Herzogtums Lothringen, der drei Bistümer und des
Elsass willigen wollte. Eine besondere Bedeutung gewinnt in diesem
Zusammenhange der Vertrag zu St. Germain vom 25. Oktober 1679
zwischen Frankreich und dem grossen Kurfürsten, dessen $ 12 lautet:
»Der Kurfürst verspricht in diesem Falle (bei etwaiger Königswahl)
Niemanden als dem König seine Stimme zu geben, und wenn das
nicht gelänge, dem Dauphin, auch in alle Wege dafür bei den andern
Kurfürsten zu wirken.«
Der Biograph Louvois’ bezeichnet diese plötzliche Aufhebung als
einen »coup de Theätre«, giebt aber auch als Grund die Anwartschaft
des Dauphin für die Thronfolge im Reiche an, die infolge der grossen
Macht, die der König dem Reiche zugeführt haben würde, nach seiner
Auffassung wohl annehmbar hätte scheinen können’). Wenn aber
aus dieser nicht wegzuleugnenden Bewerbung von Onno Klopp die
1) Martin, histoire de France, XIV, S. 19.
?) Rousset, III, Ss. 223.
Behauptung abgeleitet wird, dass sie »der eigentliche oder doch haupt-
sächliche Zweck der Reunionen gewesen seir, so beweist auch diese
Auffassung die völlige Unbekanntschaft des Verfassers mit der Ent-
stehung und Entwicklung der Reunionstheorie.
Die Aufhebung der Belagerung erregte in ganz Europa Aufsehen, in
Spanien die lebbafteste Freude, in Frankreich aber grosses Missver-
snügen. Man warf dem Könige vor, schwer gegen die Politik sich
versündigt zu haben; man tadelte ihn, weil er die Vorteile ausser
Acht gelassen habe, die das Glück und die Gunst der Verhältnisse
ihm boten. Inzwischen waren die Verhandlungen in Courtrai in der
bisherigen Weise fortgesetzt worden, zumal der König als Vorwand
für die Einstellung der Feindseligkeiten vorschützte, er wolle Spanien
nicht hindern, dem Kaiser gegen die Türken Hilfe zu leisten; im
Januar 1683 erkannte Ludwig XIV. aber die Aussichtslosigkeit seines
Vorhabens für die Nachfolge im Reiche; er entschied sich nunmehr
für energisches Vorgehen in Flandern, hoffte aber auch hier ohne
Krieg im Wege der einfachen Okkupation sein Ziel zu erreichen. Ohne
Kriegs-Erklärung drang am 1. September 1683 ein Heer von 40000 Mann
in Flandern ein; Spanien erklärte nunmehr seinerseits am 26. Oktober
den Krieg, was der König mit der gewaltsamen Wegnahme von Courtrai
und Dixemuden in der ersten Hälfte des November beantwortete. Im
Dezember drang das französische Heer bis Bruges und Nieuport vor,
wurde dann aber durch den Eintritt der schlechten Jahreszeit an
weiteren Erfolgen verhindert. Auch eine zweite Unternehmung segen
Luxemburg beschränkte sich auf ein ergebnisloses Bombardement der
Festung am 19. Dezember, hervorgerufen angeblich durch Feindselig-
keiten der Festungs-Besatzung; »sous prétexte de punir les courses de
la garnison sagt ein zeitgenössischer Geschichtschreiber ‘). Im Früh-
jahr 1684 folgte das Bombardement von Oudenarde und endlich die
zweifellos dem ganzen Feldzuge als Endziel zu Grunde liegende Er-
oberung der Festung Luxemburg, die in den letzten Tagen des April
durch eine Truppenabteilung des Marschall Créqui eingeschlossen wurde?) ;
am 8. Mai begann der Parallelen-Angriff unter Leitung Vaubans, am
10. Mai das Bombardement, am 1. Juni war der Angrilf soweit vor-
seschritten, dass die Capitulation zuerst allerdings unter nicht annehmbar
erscheinenden Bedingungen angeboten ward; am 3. Juni erfolgte aber
die Einigung, am 4. Juni die Uebergabe der Festung an Frankreich.
1) [,imiers histoire du règne de Louis XIV. IV.
2, Den Verlauf der Belagerung im Einzelnen s. bei Rousset Ill, S. 246 IT.
IS
— 214 —
Während dieser Ereignisse hatten die mit Spanien verbündeten und
zur Stellung eines kleinen Hilfskorps verpflichteten Generalstaaten sich
sehr lau gezeigt; am 29. Juni schlossen sie selbständig mit Frankreich
einen 20jährigen Waffenstillstand, mit der Verpflichtung, Spanien zum
Beitritt zu veranlassen unter der Bedingung, dass dieses die besetzten
flandrischen Plätze zurückerhalten, dagegen Luxemburg mit 14 oder 15
umliegenden Dörfern, Chimay!) mit ebensovielen Ortschaften, ferner
Bouvigne und Beaumont Frankreich überlassen sollte. Auf Grund
dieser Bedingungen wurde der Walfenstillstand mit Spanien am 15. August
dem gleichen Tage wie mit dem Reiche abgeschlossen, Flandern von
den Franzosen geräumt, das dortige Truppenkorps nach dem Rhein
gezogen. Man wird daher kaum fehlgehen, wenn man die ganze
flandrische Unternehmung nur als ein Mittel ansieht, die Metzer Reunionen
Spanien gegenüber zu sichern und durch die Besetzung von Luxem-
burg zu vervollständigen. Jedenfalls war, wie dem Reiche so auch
Spanien gegenüber ein grosser Erfolg erzielt; in der Hauptsache be-
durfte es nur noch eines glücklichen Vorstosses gegen die Generalstaaten
und das Kurfürstentum Köln und das Hauptziel, die Erwerbung des
sanzen linken Rheinufers war der französischen Krone gesichert.
Wenn dergestalt das Reunions-Unternehmen zunächst mit einem
grossen Erfolge Frankreichs, mit einer Niederlage aller seiner Gegner
abschloss, so hatte es doch eine günstige Folge für das Reich gehabt,
die Durchführung der Reichskriegsverfassung von 1681, die wohl nur
unter dem Druck der von Frankreich verübten und noch weiter zu
erwartenden Vergewaltigungen zu Stande kam?). Der Normalbestand
des deutschen Reichsheeres, für welches immer noch die alte Matrikel
von 1521 die Grundlage war, wurde auf die Zahl von 40000 Mann,
28000 Infanterie, 10000 Reiterei, 2000 Dragoner erhöht, die Aufbringung
und eventuelle Vervielfachung organisatorisch sicher zu stellen gesucht.
Wenn diese Reform immer noch eine höchst unvollkommene war,
so wird sie doch, wie Erdmannsdörffer treffend sagt, bei der gegebenen
Beschaffenheit der deutschen Reichsverfassung und bei der Gewalt der
vorhandenen centrifugalen Kräfte, vielleicht die best erreichbare ge-
wesen sein ?).
IV.
Der Friede zu Ryswick.
Trotz aller schlimmen Erfahrungen erkannte der Kaiser noch immer
die wahre Natur und die Absichten des französischen Gegners so wenig
1) Stadt, südlich von Maubeuge gelegen.
?) Ueber die Verhandlungen s. Fester, die armirten Stände. 1886. S. 29.
#) Erdmannsdörffer, I, S. 657.
|
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|
dass er einem Gesuche des Herzogs von Lothringen nachgebend, dem Reichs-
tage empfahl, ein »bewegliches« Zuschreiben an den König zu erlassen,
um die Restitution des Herzogs in sein Land zu erwirken'). Auch
hinsichtlich des Waffenstillstands-Vertrags hatte er sich gründlich ge-
täuscht, wenn er glaubte, Frankreich werde auch nur den kleinsten
Teil seiner Beute fahren lassen. Dass der König nicht im Entferntesten
daran dachte, zeigte sich alsbald bei Durchführung des Vertrages. Es
war nämlich festgesetzt worden, dass die Grenzscheidungen durch be-
sondere Commissare vorzunehmen sein sollten ; die Durchführung dieser
Bestimmung, an der naturgemäs die Franzosen kein Interesse hatten,
wurde aber auch von den Reichsorganen so lässig betrieben, dass erst
zwei Jahre später, am 26. Oktober 1686 vom Reichstage in einem
Gutachten Regensburg als Ort für die Zusammenkunft der Commissare
vorgeschlagen wurde; wieder nach mehr als einem halben Jahre wurde
der Reichstag durch Kaiserliches Kommissions-Dekret vom 4. Mai 1687
um schleunige Fortsetzung der »Armistiz-Exekutions und Limiten-
Traktaten« ersucht. Inzwischen blieb Frankreich nicht nur im unge-
störten Besitze aller reunierten Gebiete, sondern schritt durch Geltend-
machung der bekannten pfälzischen Erbschaftsansprüche, welche teil-
weise auf dem Wege der Zugehörigkeiten bereits reunierte (Gebiete
betrafen, wie Lauterecken und: Sponheim und sogar durch Erweiterung
der Reunions-Gebiete unentwegt seinem Ziele weiter entgegen. Mehrere
Kundgebungen beweisen das Letztere; in einem Schreiben an den
Papst vom 7. Februar 1687 beklagt der Kaiser sich darüber, dass
Frankreich darauf ausgehe, dass ihm Alles, was es sowohl vor, wie
nach dem Waffenstillstands-Vertrage besetzt habe, recht-
mässig abgetreten werde; ebenso sagt der Kaiser in einem Commissions-
Dekrete vom 1. November 1688 an den Reichstag, dass trotz des
Vertrages vom August 1684 Frankreich dem Reiche einen Ort nach
dem anderen weggenommen habe.
Inzwischen aber hatte die Lage des Reiches sich wesentlich zum
jessern gewendet. Im Türkenkriege wurden die kaiserlichen Fahnen von
Sieg zu Sieg getragen ; zugleich aber bereitete sich ein Umschwung in der
Politik des Grossen Kurfürsten vor, der doch erkannt haben mochte, dass
Frankreich seine Stellung weniger als die eines geachteten Verbündeten,
denn als eines dienstpflichtigen Vasallen auffasste, ohne den gehofften
und verheissenen Lohn ihm zuzuwenden. Schon das im Juni 1685
dem Kaiser gemachte Anerbieten, ihn mit wenigstens 16000 Mann
I, Dies und die Reichstagsverhandlungen vor dem Kriege unter Benutzung
von Pachner von Eggenslorf, Il.
15*
sesen die Türken zu unterstützen wurde trotz der entscheidenden
Rücksichtnahme auf die französischen Interessen von Ludwig XIV. als
eine Entfremdung aufgefasst; der König sah in dem Versprechen die
Vorbereitung zum Verlassen des französischen Bündnisses und liess
dem Kurfürsten deshalb die ernstesten Vorhaltungen machen. Am
23. August 1685 aber wurde vom Grossen Kurfürsten die bis dahin
unbeachtet gebliebene Defensiv-Allianz vom 8. März 1678 mit den
Niederlanden erneuert und verlängert!). Frankreich erhob auch hier-
gegen Einspruch und verlangte vom Kurfürsten eine Deklaration, ähn-
liche Verträge für die Folge nur mit Zustimmung des Königs schliessen
zu wollen. Diese Forderung und die gleichzeitige Aufhebung des
Edikts von Nantes führten den völligen Bruch herbei; am 22. März 1686
schloss der Kurfürst mit dem Kaiser zu Berlin ein 20 jähriges »geheimes,
allgemeines, insbesondere aber gegen Frankreich gerichtetes Defensiv-
Bündniss«, dessen $ 4 lautet: »Wenn danach das Reich oder ein Glied
desselben von auswärtiger Macht angegriffen würde, unter dem Namen
von Reunionen, Dependenzen etc., so benehmen sich Kontrahenten
sofort unter einander, wie solchem zu begegnen, auf dass das Reich
nicht gekränkt oder verkürzt, und dem Beleidigten gebührende Satis-
faktion werde.« Nach $ 8 sollte der Kaiser dem Kurfürsten eventuell
mit 12000 Mann, der Kurfürst dem Kaiser mit 8000 Mann helfen,
beiderseits auf eigene Verpllesung und Kosten; $ 9 nahm eine etwaige
Verstärkung dieser Hülfstruppen in Aussicht ?).
"Wenige Monate später gelang der kaiserlichen Diplomatie die Er-
neuerung und Erweiterung der im Juni 1685 abgelaufenen Luxemburger
Allianz; am 9. Juli 1686 wurde zu Augsburg ein Bündniss-Vertrag
zwischen dem Kaiser, Spanien, Schweden und einer grössern Zahl
von Reichsständen geschlossen, dem in nächster Zeit noch weitere
*eichsstände beitraten; die Spitze dieser gleichfalls zunächst geheim
gehaltenen Bündnisse war wie das Berliner gegen Frankreich gerichtet.
Der König, dem die Abmachungen nicht verborgen bleiben konnten,
musste daher jetzt mit der Eventualität zu rechnen anlangen, seine
Erwerbungen mit den Walfen verteidigen zu müssen.
Zunächst aber machte er noch einen Versuch, auf unblutige
Weise zum Ziele zu gelangen, indem er den Papst zum Vermittler
zwischen Frankreich und dem Reiche anrief. In einem Kommissions-
Dekret vom 2. April 1687 giebt der Kaiser dem Reichstage Kenntnis
') Näheres s. Erdmannsdörffer, I, S. 701 ff.
2) Mörner, S. 481.
one
von dem Inhalt eines Vorschlages, den der Künig an den Papst ge-
richtet habe, und von seiner unter dem 7. Februar 1687 darauf
erteilten Antwort. Der König hatte danach den Vorwurf erhoben,
dass das Reich mit den Türken Frieden zu schliessen suche, um
sich mit voller Kraft gegen Frankreich wenden zu können; zu dem
Zwecke habe der Kaiser das Bündnis zu Augsburg geschlossen; er,
der König, verlange daher, dass der Waffenstillstand vor Ende März
in einen endeültigen Frieden verwandelt werde, und zwar ohne
die geringste Veränderung (senza la minima alterazione) des ersteren:
er bitte den Papst, in diesem Sinne die Vermittlung zu übernehmen.
In seiner an den Papst gerichteten Erwiderung schlug der Kaiser
zum ersten Male in diesen ganzen Verhandlungen einen festen und
würdigen Ton an; unter bestimmter Ablehnung des kurzen Termins,
als gegen die Abmachungen des Waffenstillstands - Vertrages ver-
stossend, verlangt er Aufschub aller Verhandlungen bis zur Been-
disung des Türkenkrieges. Zugleich richtet er ein Schreiben an den
König, in welchem er die strikte Wiederherstellung des Zustandes vom
1. August 1681 forderte, unter Rückgabe aller, nach diesem Zeitpunkte
reunirten Gebiete, da nicht ersichlich sei, wie ohne Verletzung der
öffentlichen Treue und ohne jede Prüfung des Rechtes Abtretungen
sefordert werden könnten. Hierauf musste der König den Krieg für
unvermeidlich halten, wollte aber anscheinend noch Zeit für weıtere
Rüstungen und Befestigungen gewinnen; am 6. März 1687 erwiderte
er dem Kaiser, dass bei dem Anrechte auf grössere Forderungen er
den Vertrag vom 15. August nur aus Edelmut und Frömmigkeit, (par
senerosite et piété) im Hinblick auf die Türken-Gefahr geschlossen
habe; trotzdem wolle er von dem Verlangen sofortiger Umwandlung
in einen endgültigen Friedens-Vertrag Abstand nehmen, in der Voraus-
setzung, dass auch der Kaiser den Walfenstillstands-Vertrag unver-
brüchlich halten werde, und dass die fortgesetzt zu Regensburg gegen
ihn erhobenen Klagen, und die von Frankreich im Elsass bei Hüningen
und auf der Insel Gisenheim (Fort Louis) errichteten Befestigungs-
Anlagen nicht zum Vorwande für den Bruch des Wallenstillstandes
genommen werden würden.
Hierbei beruhigte sich der Kaiser zunächst wieder, bis die Er-
bauung der Festung Montroyal im reunierten Mosel-Lande, inner-
halb der früheren Grafschaft Sponheim ihn aus seiner Vertrauens-
seliskeit aufrüttelte. Im Juni 1687 hatte der König s„egenüber
Trarbach mit dem Bau dieser grossen Festung begonnen und seither
unaufhörlich mit 50000 Mann unter starker Besetzung der Pässe der
Be,
Eifel und des Hundsrückens daran arbeiten lassen!). In einem Kom-
missions - Dekret vom 11. November 1687 machte der Kaiser dem
Reichstage Mitteilung davon, dass der König, trotz Versicherung der
Innehaltung des Waffenstillstands-Vertrages »sehr kostbare und weit
aussehende Fortifikationen unweit Trarbach aufführen lasse, und noch
weitere Befestigungen zu errichten beabsichtige: dadurch sei die
»causa possessionis ganz annulirt«, der Waffenstillstand also gebrochen ;
auch sei Trarbach in der Grafschaft Sponheim gelegen, also weder
durch den Spruch der Reunionskammer über Veldentz, noch in anderer
Weise ein Anspruch darauf erhoben; über das dagegen einzuschlagende
Verfahren wolle der Reichstag ein Gutachten vorlegen. Dieses Vor-
sehen des Kaisers kam durch den Regensburger Gesandten natur-
semäss zur Kenntnis Louvois’, welcher der im Bau belindlichen Festung
Montroyal eine grosse Bedeutung beilegte. Am 18. Mai 1687 hatte er
in diesem Sinn an den General-Kontrolleur geschrieben: »rien n’est
plus beau que le poste, que j'ai été à visiter sur la Moselle, qui
mettra les frontières du roi en telle sûreté, et les électeurs de Cologne,
Trèves, Mayence et du Palatinat en telle dépendance, que cette
frontière-ci sera meilleure et plus aisée à défendre que n'est celle de
Flandre «+ ?). Die Vorbeugungsmassregeln, welche Louvois dementsprechend
segen das beabsichtigte Einschreiten des Reiches traf, zeugen vielleicht
mehr als irgend eine andere, bekannt gewordene Regierungshandlung
von der völligen Skrupellosigkeit des Ministers. In einem Briefe vom
27. November 1687 an den Präsidenten des Metzer Parlamentes ver-
langt er von diesem Auskunft über die Besitz-Verhältnisse von Trar-
bach, wobei er selbst Zweifel über die Berechtigung des Festhaltens
dieser Reunion gemäss Vertrages von 1684 äussert. Dieser Auffassung
kann der Präsident nur beigetreten sein, da die Grafschaft Sponheim
zweifellos zu den nach dem genannten Vertrage zurückzugebenden
Reunionen gehörte. Um trotzdem den Besitz behaupten zu können,
befiehlt nunmehr Louvois dem Intendanten La Goupillière
direkt die Vorlage gefälschter Dokumente; »Il est important
que, si Vous n’avez pas fait d’impositions sur ce lieu, ou que Vous
n’en ayez pas gardé des copies, Vous ne laissiez pas de m'envoyer
des copies d'ordres et d’impositions faites sur la seigneurie de Trar-
bach et sur quelques autres lieux de la seigneurie de Sponheim, dont
le roi est en possession, lesquelles Vous daterez entre le
1) Kurzer Entwurf der vornehmslen französischen Släidte und Festungen
(in Deutschland); Hamburg, 1695, S. 534.
?) Rousset, III, S. 344; nach Akten des Kriegsministeriums.
— 279 —
premier mai 1681 et le dixieme juillet et que Vous me
renverrez aussi en même temps, observant de faire en sorte
que personne ne puisse avoir connaissance de ce que je
Vous mande«t),
Diesem Befehle kam der Intendant getreulich nach: er legte eine
Anzahl Dokumente vor, aus welchen hervorging, dass am 17. und
20. Mai und am 23. Juni 1681 im Namen des Königs von der Graf-
schaft Sponheim und im Besondern von Trarbach Besitz ergriffen
worden sei; er fügt hinzu: »lesquels sont signés des officiers des lieux,
afin que l’on ne puisse dire que ces pieces aient été faites
après coup«.
Wenn demgegenüber der Biograph Louvois’ sagt, man müsste
glauben, dass diese Dokumente nicht gefälscht seien, so wird es wohl
kaum Jemanden geben, der dieser Auffassung beitritt. Allerdings hatte
eine Besitzergreifung im Mai 1681 stattgefunden, wie aus dem früher
angeführten Briefe des Kapitain Simon sich ergiebt?); hiervon muss
Louvois auch wohl Kenntnis gehabt haben, da sonst das vorgeschriebene
Datum des Mai und Juni, mit Rücksicht auf die schon vor mehr als einem
Jahre vorher stattgehabte Reunion des angeblichen Stamm-Gebietes, näm-
lich der Grafschaft Veldentz nicht zu erklären wäre. Der Brief Simons trägt
aber das Datum Lauterecken den 22. Mai 1681; wie aus der Reihen-
folge zu schliessen, ist Simon von Trarbach zunächst zu Reunions-
zwecken nach Castellaun gegangen, wo er einige Zeit sich aufgehalten
haben wird; das Datum des 20. Mai ist daher ebenso unmöglich, wie
das des 23. Juni, das des 17. Mai zwar möglich, aber nicht wahr-
scheinlich, zumal die eingehende Beschreibung der Amtsbezirke von
Trarbach und Castellaun auf einen längern Aufenthalt Simons innerhalb
dieser schliessen lässt; auch ist wohl anzunehmen, dass Simon, falls
er solche Besitzergreifungs-Patente hätte ausfertigen lassen, dieselben
der Kammer früher vorgelegt haben würde.
Der Zweck Louvois’ wurde aber jedenfalls erreicht; »Les Allemands
prirent pour bon ce qu'on leur montra, et Vauban continua de fortilier
Montroyal+ *).
Bald jedoch erfolgten weitere Rechtsverletzungen seitens Frank-
reichs, durch Anlage einer Rheinbrücke bei Fort Louis, und Vor-
bereitung eines Brückenkopfes für dieselbe auf dem rechten Rheinufer;
von diesen Befestigungen machte der Kaiser dem Reichstage durch
1) Rousset, Ill, S. 28; nach Akten des Kriegsministeriums.
>
2) s, S. 229 und Anhanse.
°) Rousset, IV, 5. 29.
Kommissions-Dekret vom 21. August 1688 Mitteilung, da »hierzu nicht
stillzuschweigen sondern, die Ab- und Einstellung dieser weitaussehenden
Kontraventionen förderlichst zu begehren sein wirde.
Inzwischen aber war der König mit seinen Kriegs-Vorbereitungen
soweit gediehen, um zur Krönung seines Werkes vorgehen zu können; der
Widerstand, den er bei dem Versuche, das Erzbistum Cüln und das Bistum
Lüttich mit seinen Anhängern zu besetzen, allerseits fand, hatte ihm
von Neuem den Beweis geliefert, dass dieses Endziel auf friedlichem Wege
nicht zu erreichen war. Nur einen Monat nach vorstehender schwächlicher
Aeusserung des Kaisers und noch vor Eingang des verlangten Reichs-
gutachtens erliess Louis XIV. sein bekanntes Kriegsmanifest vom
24. September 1688; am 18. Oktober erfolgte die Antwort des Kaisers,
in welcher zum ersten Male die Reunionskammern offen und richtig
charakterisiert werden, »als gewissermassen zum Hohn eingesetzte
Gerichtshôfe (instituta per ludibrium Metis et Brisaci figura quadam
iudiciorum)«, in denen französische Beamte in gleicher Person als
Kläger, Zeugen und Richter verwendet würden. Inzwischen hatte der
Krieg, dessen Einzelheiten hier nicht zu verfolgen sein werden, bereits
mit der energischen Offensive Frankreichs begonnen; gleich nach seinem
Ausbruch wendeten der Herzog von Lothringen und der König von
Schweden sich in Denkschriften an den Reichstag, um dessen. Unter-
stützung für die Wiedergewinnung des Herzogtums Lothringen bezw.
Zweibrückens zu erlangen; im Reichsgutachten vom 19. August und
22. September spricht der Reichstag sich zu deren (Gunsten aus,
welcher Entschliessung der Kaiser beitritt. Zweifellos waren Kaiser
und Reich dem bald darauf (1690) verstorbenen Herzoge Karl V. von
Lothringen zu hohem Danke verpflichtet; andererseits aber sollte das
warme Eintreten für ihn in den Friedens-Verhandlungen Deutschland
teuer zu stehen kommen.
Die Ereignisse der ersten Kriegsjahre nahmen aber, trotz zeil-
weiliger grosser Erfolge weder militärisch noch politisch den von
Louis XIV. erhofften Verlauf; auch die spanische Erbfolgefrage warf
möglicherweise ihren Schatten schon voraus; jedenfalls machte sich
frühzeitig beim Könige eine gewisse Friedens-Neigung geltend, die bald
sogar zu Anerbietungen von Gebiets-Rückgaben seinerseits führen sollte.
Vermittlungs-Versuche des Königs von Schweden 1691 und des Papstes
Innocenz VII. 1691, beide vielleicht schon von Ludwig XIV. veranlasst),
blieben zunächst erfolglos; in der Antwort, welche er unter dem 20. Januar
dem Papste erteilte, giebt Kaiser Leopold zum ersten Male
1) Neuhaus, der Friede zu Ryswick, 1873; 5. 6 ff.
281 —
der Ansicht Ausdruck, dass der König die Grenzen Frank-
reichs bis an den Rhein ausdehnen wolle. Infolge der un-
günstigen Lage, in welcher sich dieser, vornehmlich infolge der Er-
schöpfung Frankreichs befand, wendete er sich im Juli 1693 mit dem
Ersuchen um Friedens-Vermittlung an den König von Schweden.
Die Verhandlungen'), welche erst nach vier Jahren in dem Frieden
zu Ryswick zum Abschluss kommen sollten, tragen einen für Deutsch-
land weit würdigeren und ehrenvolleren Charakter, als alle bisherigen,
die Reunionen betreffenden; schon in dem erwähnten Vermittelungs-
Gesuche erbietet der französische König sich zu weitgehendeg Zuge-
ständnissen; Montroyal und Trarbach sollten geschleift und zurück-
gegeben, auf alle Erwerbungen innerhalb der Pfalz verzichtet werden;
für die Prüfung der übrigen Reunionen schlug der König ein neues
Schiedsgericht vor; könne dasselbe sich nicht einigen, so solle die
Republik Venedig einen endgültigen Schiedsspruch fällen. Hinsichtlich
des Herzogtums Lothringen sollten die Festsetzungen des Nymweger
Friedens in Geltung treten, die Zustimmung des Herzogs aber durch
eine anderweitige Entschädigung auf Kosten Frankreichs erzielt werden.
Noch weiter gehende Zugeständnisse liess der König im folgenden
Jahre, nach dem Verluste Namurs, durch seinen Gesandten Amelot
dem Könige von England anbieten, wobei er sich u. a. zur Rückgabe
von Luxemburg und Strassburg verstehen wollte. Auf dieser Grundlage
1694 abgehaltene Vorbesprechungen in Steckborn und Maëstricht
führten aber wieder zu keinem Ergebnisse?), ebensowenig ihre Wieder-
aufnahme zu Padua 1696, da der Kaiser von höchstem Misstrauen
gegen Frankreich erfüllt war; anscheinend hatte er von der Instruktion
gehört, welche Ludwig XIV. seinen nach Schweden geschickten Ge-
sandten erteilt hatte, weder dem Könige von Schweden noch seinen
Ministern etwas schriftliches zu geben. sei, es nun von seiner eigenen
Hand oder der seines Sekretärs: der Kaiser forderte daher vor Allem
genaue schriftliche Aufzeichnung der französischen Anerbietungen. In
einer Denkschrift vom 22. Mai 1696 sprechen die kaiserlichen Bevoll-
mächtigten dem schwedischen Vermittler gegenüber sich unumwunden
dahin aus, dass man nicht genug Misstrauen gegen die französischen
Kunstgriffe haben könne; es müsse daher die vollständige Wieder-
herstellung des Westfälischen und des Nymweger Friedens-Vertrages
sefordert werden. Louis XIV. versuchte trotzdem weilere Ausflüchte ;
1) Das Thatsächliche in Folgendem zumeist nach: acles el mémoires des
négocialions de la paix de Ryswick, Haag 1707.
2, Schulte, Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden, 1892, I, S. 245 II,
ne,
er erklärte, nur solche Aenderungen der beiden Verträge verlangen zu
wollen, welche der König von Schweden zur Befestigung des Friedens
für geeignet halten werde; dem gegenüber bestand der Kaiser in noch
bestimmterer Form auf seinem Verlangen; am 26. August 1696 erklärte
er durch seinen Gesandten dem Könige von Schweden, dass er nur
dann seine Vermittlung annehmen würde, wenn Frankreich die gefor-
derte Erklärung in einer jede Zweideutigkeit ausschliessenden Form
abgegeben haben werde. Dieser Forderung fügte der Kaiser am
4. Oktober 1696 das Verlangen einer gleich bestimmten Erklärung
hinsichtlich der völligen Wiederherstellung des Herzogtums Lothringen
hinzu. Erst als Schweden sich erbot, nicht nur diese Ansprüche zu
vertreten, sondern auch selbst die Garantie für deren Durchführung
Frankreich gegenüber zu übernehmen, nahm der Kaiser die schwedische
Vermittlung im Prinzip an, und ernannte zu seinem Bevollmächtigten
für die zunächst im Haag zu führenden einleitenden Verhandlungen
den Grafen Caunitz, den Grafen von Stratmann, der auch nach
Frankfurt delegirt gewesen war, und den Baron von Seilern; zugleich
erwirkte er bei den Verbündeten die Zustimmung, dass ein Vertreter
des Herzogs von Lothringen bei den nunmehr beginnenden Friedens-
Verhandlungen im Haag zugelassen werde. Der Vertreter Frankreichs,
Herr von Cailleres, welchem schon seit längerer Zeit gestattet worden
war, sich incognito in der Nähe des Haags aufzuhalten, nahm vom
November an amtlich an den Verhandlungen teil, die zunächst noch
den Charakter blosser Vorbesprechungen behielten. Seitens des Kaisers
und der Verbündeten wurden dabei solche Forderungen erhoben, dass
der König darauf nicht eingehen zu können glaubte. Sein Gesandter
stellte ihm darauf vor, dass, wenn erst der Kongress eröffnet
sei, man solche Intriguen zwischen den Verbündeten an-
zetteln könne, dass dieser Friede durchaus vorteilhaft für
ihn ausfallen werde; er möge in der Hinsicht sich nur auf die Ge-
schicklichkeit seiner Unterhändler verlassen. Ludwig XIV. stimmte dem
zu und ernannte zu seinem Bevollmächtigten neben Cailleres Herrn
de Harley, einen der Gesandten beim Frankfurter Schiedsgericht, und
den von den Regensburger Verhandlungen her bekannten Grafen Grecy.
Eine sehr glückliche Wahl hatte Herzog Leopold von Lothringen, mil
seinem Bevollmächtigten, dem Herrn Canon getroffen, da derselbe klug
und geistreich war, und die Interessen seines Herrn in energischer
Weise zu vertreten wusste. Schon im Januar 1697 legte er den
zunächst noch im Haag versammelten Bevollmächtisten eine Denk-
schrift vor, in welcher er auf die Vorteile der Wiederherstellung
Lothringens als eines Ausfallthores gegen Frankreich hinwies. Infolge
dessen bildete gerade die Frage dieser Wiederherstellung den Haupt-
segenstand der ersten Friedens-Verhandlungen.
Am 10. Januar 1697 legten die französischen Bevollmächtigten
einen Vorschlag für die Friedens-Präliminarien vor, in welchem
die Rückgabe Strassburgs, Luxemburgs und aller seit dem Nym-
weger Frieden gemachten Reunionen bedingungslos zugesagt, die
Wiederherstellung Lothringens aber gleichfalls nur nach den Bedin-
sungen dieses Friedens (selon les conditions du dit traité de Nymwègue)
angeboten wurde. Sofort liess der Kaiser Einspruch dagegen erheben,
und das ungeschmälerte Herzogtum für Leopold zurückfordern. In den
seinerseits aufgestellten Gegen-Präliminarien forderte er Herausgabe
aller, unter irgend welcher Form seit dem Westfälischen Frieden
französischerseits bewirkten Gebiets-Erweiterungen (»restituenda omnia
a Gallia post pacem Monasteriensem eiusque execulionem quacumque
ratione oceupatac). Hinsichtlich der lothringischen Bistümer wurde in
denselben Präliminarien wieder der Ausdruck »districtuse gebraucht,
jetzt aber wohl um nicht eingestehen zu müssen, dass die frühere
Anwendung dieses Wortes die französischen Uebergriffe gerechtfertigt
habe (»Galliam quoque ultra distrietus trium episcopatuum, quatenus
hos olim spectarunt nihil praetendere debere«).
Aehnliche Schwierigkeiten ergaben sich auch hinsichtlich der Rück-
sabe der auf Kosten Spaniens gemachten Reunionen der Metzer Kammer.
Am 5. Februar 1697 reichten die spanischen Bevollmächtigten dem Ver-
mittler eine Liste der seit dem Nymweger Frieden in den Niederlanden
bewirkten unrechtmässigen Gebiets-Erweiterungen ein ; französischerseits
wurde die Behauptung entgegengestellt, eine Reihe dieser Gebiete gehöre
nach den Friedens-Verträgen rechtmässig dem Könige von Frankreich und
eine dementsprechende Gegenliste vorgelegt. Doch gaben die Verbündeten,
um das Friedenswerk zum Abschlusse zu bringen, auch dieses Mal
wieder nach; endlich kam es nach umständlichen Verhandlungen über
den Ort des Friedens-Kongresses und die bei den Verhandlungen zu
beobachtenden Formen zu der Eröffnung am 9. Mai 1697 im Schlosse
Ryswick, trotzdem die französischen Bevollmächtigten auf ihrer Weigerung,
die verlangten Erklärungen vor Eröffnung des Kongresses abzugeben,
beharrt hatten. Die besondere Verwendung des eben zum Throne
selangten jungen Königs von Schweden halle diese verhängnisvolle
Nachgiebigkeit bewirkt; seine Bevollmächtigten mussten auch anfangs
den Verkehr zwischen den zunächst wieder getrennt tagenden Parteien
LL Re
vermitteln. Soweit diese auf die Metzer Kammer sich bezogen, waren
das Reich, Spanien und das Herzogtum Lothringen dabei beteiligt.
Die Rückgabe der Reunionen der Metzer Kammer an das Reich ver-
ursachte keine grösseren Weitläufigkeiten; sie war im Prinzip bereits
vor Eröffnung des Kongresses vom Könige zugestanden, insbesondere
in den Friedens-Vorschlägen vom 10. Februar als ausser Frage stehend
anerkannt worden. Auch in den Präliminarien, welche die französischen
Bevollmächtigten dem Kongresse selbst am 20. Juli 1697 vorschlugen,
lautete ein Artikel ausdrücklich dahin, dass die von den Kammern be-
wirkten Reunionen vollständig widerrufen würden, ohne auf den Rechts-
anspruch der genannten Kammern Rücksicht zu nehmen; Frank-
reich verzichtete dabei ausdrücklich auf die vor Eröffnung der
Kammer auf Grund der Zweideutigkeiten des Westfälischen Friedens-
Vertrages auf die Bistums-Lehen erhobenen Ansprüche; ein späterer
Versuch, an den genannten Präliminarien zu deuteln, und die zur
»Provinz Elsass« gehörenden (rebietsteile von der Rückgabe auszu-
nehmen, scheiterte an dem entschiedenen Widerspruch der Kaiser-
lichen‘). Am 26. August waren alle Schwierigkeiten beseitigt, die
Franzosen gaben an diesem Tage die Erklärung ab, dass unter den
zurückzugebenden (Gebietsteilen alle diejenigen zu verstehen seien,
welche in der kaiserlicherseits aufgestellten Liste aufgeführt seien,
soweit sie nicht zur Provinz Elsass gehörten, oder in einer von ihnen
vorgelegten Liste nicht enthalten seien; in diese Liste waren aber auch
die im Elsass gelegenen Reunionen der Metzer Kammer aufgenommen ;
nämlich Buchsweiler, Maursmünster, Ochsenstein, La Marque (auch
jetzt noch als besonderes Gebiet angenommen), Dagsburg, Salm-
Langestein, Lützelburg, Altheim und Ottweiler?). Selbst das dem
deutschen Orden in Lothringen gehörende Gebiet ward einbegrilfen,
wiewohl es anscheinend aus Versehen in die kaiserliche Liste nicht
aufgenommen worden war; die Herrschaft Burgaltdorf nördlich Dieuze
blieb dagegen, als Lehen von Hagenau, von den zurückzugebenden
Gebietsteilen ausgenommen), während die unter der Form von »Zu-
gehörigekeiten« von Veldentz-Lützelsten und Leiningen - Westerburg
reunirten elsässischen Gebietsteile an ihren rechtmässigen Herrn wieder
zurückfielen. Nicht zurückgefordert wurde dagegen die kurpfälzische
Herrschaft Burscheidt, die 1682 zum Elsass geschlagen worden war;
1) Neuhaus S. 200.
2) Die Grafschaft Saarwerden ist erst seit dem Jahre 1790 zum Elsass
serechnel worden.
SEE Bra rein
da dies kein Grund für die Nicht-Rückgabe war, muss angenommen
werden, dass die thatsächliche Besitzergreifung dieser sehr kleinen
Enklave nach dem Vertrage von 1661 irrtümlicherweise als eine
rechtliche angesehen worden war!) Die vorstehende Form wurde
auch dem endgültigen Friedens-Instrumente zu Grunde gelegt, dessen
$ 4 lautet: »restituentur.... occupata loca et iura, quae extra Alsa-
tam sita, aut indice reunionum, a legatione Gallica exhibita, expressa
sunt.< Um aber jedes Missverständnis auszuschliessen, wurden die
etwa zweifelhaften Gebietsteile in den nachfolgenden Artikeln noch
besonders aufgeführt.
Die Reunionen der Metzer Kammer gegenüber dem Reiche waren
daher durch den Friedens-Vertrag völlig aufgehoben; eine bedeutsame
Folge ihrer Thätigkeit wurde aber trotzdem, unmittelbar vor Unter-
zeichnung des Friedensvertrages durch eine Art Ueberrumpelung seitens
Frankreichs erreicht, die sogenannte Ryswicker Klausel?). Am 27. Oktober,
kurz vor Mitternacht, erhoben die französischen Bevollmächtigten plötz-
lich die Forderung, dass an allen dem Reiche zurückzugebenden Orten
die römisch-katholische Religion in ihrem jetzigen Zustande erhalten
bleibe. Der Kaiser und die katholischen Stände entschlossen sich zur
Annahme, weil sonst das ganze Friedenswerk gefährdet erschien; dem
s 4 wurde die Klausel zugefügt: »religione tamen Romana catholica
in locis sic restitutis, in statu, quo nunc est, remanente«. Gerade in
die Zeit der Reunionen fällt der bedeutende Einfluss der Marquise de
Maintenon und die Aufhebung des Ediktes von Nantes: das Katholi-
sierungswerk war daher, wie in ganz Frankreich, so auch in den re-
unierten Gebieten mit grösster Enschiedenheit gefördert werden ®); durch
die genannte Klausel wurden die erzielten Ergebnisse zu dauernden
gemacht.
Auch die Einigung mit Spanien gelang, soweit sie die Metzer
\eunionen betraf, jetzt ohne grössere Schwierigkeiten. In der früher
erwähnten französischen Gegenliste waren zwar 82 Gebietsteile aulge-
führt, welche der König als nicht unter die Reunionen fallend heraus-
zugeben sich weigerte; doch gehörten sie sämtlich dem Hennegau oder
der Grafschaft Namur an. standen daher zu der Thätigkeit der Kammer
nicht in Beziehung. In dem Präliminar-Vorschlag vom 20. Juli machte
DES 3.2226:
?) Erdmannsdörffer, II, S. 82. Ueber frühere Krörterungen der Religions-
frage s. Schulte, I, S. 201,
3) s. Mathis, die Leiden der Evangelischen in der Grafschaft Saarwerden,
1888; S. 208 ff.
?
— 286 —
Frankreich das Anerbieten, Stadt und Herzogtum Luxemburg und die Graf-
schaft Chiny gegen eine Anzahl anderer an Spanien abzutretender Städte
einzutauschen und legte deshalb den Artikel 19 in doppelter Aus-
fertigung zur wahlweisen Entscheidung vor; Spanien zog aber die Rück-
oabe von Luxemburg und Chiny vor. Das Friedens-Instrument be-
stätigte daher auch Spanien gegenüber die völlige Aufhebung der
Metzer Reunionen.
In Folge des entschiedenen Eintretens des Kaisers für den Herzog
von Lothringen war auch dessen Wiedereinsetzung von Anfang an ausser
Frage gestellt. In der ersten Verhandlung hatte Frankreich die Wieder-
herstellung Lothringens innerhalb der Grenzen von 1670 angeboten,
dafür aber die Abtretung von vier Wegen, jeder von einer halben
Stunde (lieue) Breite, und den Besitz der vier Festungen Saarlouis,
Longwy, Bitsch und Homburg beansprucht. Der Vertreter des Herzogs
Canon verlangte dagegen die Grenzen des Jahres 1624; statt der
seforderten Abtretungen wollte er Frankreich nur den »unschädlichen
Durchmarsch« (transitus innoxius) durch das Herzogtum bis zur jen-
seitigen Grenze und das Besatzungrecht in Saarlouis und Longwy
zugestehen. Durch beiderseitiges Entgegenkommen fand eine Einigung
auf Grund der Grenzen von 1670 und der Rückgabe der 1663 an
Frankreich abgetretenen Festung Marsal in Lothringen statt, die in dem
Präliminar-Vorschlag vom 20. Juli zum Ausdruck kam: ihm zufolge
verlangte Frankreich nur mehr die Festung Saarlouis mit einem um-
liegenden Gebiete von einer halben lieue, und den Durchzug durch
das Herzostum unter jedesmaliger Bezahlung des für die Truppen be-
nötigten Unterhaltes.
Hinsichtlich der Festung Longwy kam ein Austausch-Vertrag zu
Stande, nach dem die Festung mit ihren Zugehörigkeiten (pertinentiis
et dependentiis) bei Frankreich verbleiben, dafür aber dem Herzoge
von Frankreich ein gleichwertiges Gebiet (eiusdem amplitudinis et
valoris praefectarum) überlassen werden sollte; bewirkt wurde diese
Entschädigung allerdings erst 1718 gegen weitere Abtretungen seitens
Lothringens, das dafür die metzer Kastellanei Rambervilliers erhielt.
Weiterhin wurde dem Herzog eine demütigende Beschränkung hin-
sichtlich der Befestigung seiner Hauptstadt Nancy auferlegt. Danach
sollten »die Wälle und Basteien der Neustadt, wie nicht weniger beider
Städte (der Neu- und Altstadt) Aussenwerke auf Ihrer Allerchristlichen
Majestät Unkosten völlig dem Erdboden gleichgemacht und nimmer-
mehr wieder repariert werden, ausgenommen, dass der Herzog und
— 281 —
dessen Nachfolger die Stadt mit einer schlechten und geringen Mauer
ohne Winkel beschliessen können, wenn es belieben wird«. 7
In ähnlicher Weise wurde auch die Entfestigung der beiden,
unmittelbar vor Einsetzung der Reunionskammer von Frankreich ge-
waltsam wesgenommenen Festungen Homburg und Bitsch!) durch
einen besondern Artikel festgesetzt: auch ihre Festungswerke sollten
vor Räumung durch Frankreich zerstört und nicht wieder aufgebaut
werden dürfen.
Der Herzog erhielt im Wesentlichen also seinen ganzen Besitz,
vom Jahre 1670 eingeschlossen die Festung Marsal und die Enklaven im
Elsass zurück, verlor aber dauernd die 1661 an Frankreich abgetre-
tenen Gebietsteile, eingeschlossen allerdings die widerrechtlichen An-
eienungen Frankreichs vom 14. Oktober 1661).
Da die Rechtmässiskeit des Vertrages von 1661 mit dieser einen
Ausnahme nicht wohl zu bezweifeln war, kann das Abkommen als
ein unbilliges nicht bezeichnet werden. Zweifellos verdankte der
Herzog dieses sehr günstige Ergebnis dem entschiedenen Eintreten des
Kaisers zu seinen Gunsten: im Interesse des deutschen Reiches lag
aber jedenfalls diese überwiegende Rücksichtnahme nicht. Das grössten-
teils französisch sprechende, in seiner ganzen Ausdehnung von [ranzö-
sischen Gebietsteilen durchsetzte Herzogtum lag derartig im Bereiche
der Machtsphäre Frankreichs, dass der Uebergang an dieses nur
mehr eine Frage der Zeit sein konnte. Gewiss wären durch Preisgabe
wenigstens des dem französischen Sprachgebiete angehörenden Teiles
des Herzogtums die Reichsstadt Strassburg, vielleicht auch die elsässischen
Abtretungen von 1648 zu retten gewesen, im Verein mit dem deutschen
Teile Lothringens ein dem heutigen Reichslande ähnliches Gebiet, das
eine angemessene Entschädigung für den Nachfolger des hochverdienten
Herzogs Carl V. abgegeben haben würde.
Auch Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg hatte im Januar
1696 in einem. sehr eindringlich gehaltenen Schreiben an den Kaiser
auf die Unerlässlichkeit der Wiedergewinnung von Strassburg für das
eich hingewiesen?). Der wahrscheinliche Verfasser dieser Denkschrilt,
Paul von Fuchs, hatte schon 1694 in gleichem Sinne seinen Einfluss
oeltend zu machen gesucht‘). Vor allem aber hätte der Kaiser mit
Rücksicht auf zukünftige Verwicklungen Alles daran setzen müssen,
1) s. S, 86. :
21 .8,:9,.08,.°
3) 1877 von Dr. Ebrard in Strassburg als lestschrift wieder herausgegeben.
4) s. Preuss. Jahrb., 40. Band, 1877; 5. 569.
a
die Rheingrenze an keiner Stelle Frankreich zuzugestehen, nachdem
er einmal, wenn auch spät, zu der Erkenntnis gekommen war, dass
die Erwerbung derselben der Grundgedanke der französischen Reunions-
politik gewesen war. Auch Aloys Schulte, der die Hauptschuld an
dem Verluste Strassburgs dem Oranier, König Wilhelm III. von Eng-
land zuzuschreiben sucht, sagt an einer anderen Stelle: »Es ist für
die Gestaltung der Rheingrenze verhängnisvoll geworden, dass man
am Kaiserhofe für das von französischen Festungen eingeschnürte
militärisch unhaltbare Lothringen mehr Interesse hatte, als für die
elsässischen Festungen oder auch den Breisgau«!).
Der teilweise Erfolge im Elsass musste Frankreich immer wieder
an das Vermächtnis Richelieus erinnern; nur zeitweise unter dem
alternden Könige und seinen schwachen Nachfolgern schien der Ruf
nach der Rheingrenze verstummt zu sein; zur Revolutionszeit wurde
, zunächst von Dumouriez erneut erhoben, um von da ab bis auf
unsere Tage die Politik Frankreichs Deutschland gegenüber zu be-
herrschen.
er
Wenn daher der am 30. Oktober 1697 endgültig zwischen
Frankreich und dem Reiche abgeschlossene Friedens-Vertrag von
Ryswick eine volle Befriedigung nicht zu gewähren vermag, so war
doch die völlige Aufhebung aller von der Metzer Kammer auf Kosten
des Reiches gemachten Reunionen ein grosser Erfolg. Abgesehen von
den frühere rechtmässige Abtretungen nur wiederholenden Reunions-
3eschlüssen über Saarburg, Marslatour, Sierck, Delme u. a. bildete die
Erwerbung Saarlouis’ thatsächlich das einzige Ergebnis ihrer umfang-
reichen Thätigkeit?); selbst die Bewilligung einer Etappenstrasse war
im Vertrag von 1661 unter wesentlich ungünstigeren Bedingungen von
Lothringen erfolst.
In Frankreich aber findet vielleicht mehr noch als anderwärts
schliesslich nur der Erfolg Anerkennung; noch vor Ablauf des Jahr-
hunderts sahen sich daher Ravaulx und seine Helfersheller einer
scharfen Kritik der eignen Landsleute ausgesetzt. In der schon er-
wähnten Denkschrift?) des Metzer Intendanten Turgot über die Zu-
stände in den drei Bistümern nennt er die Reunions-Kammer eine
1) Schulte, I, S. 430 bezw. S. 373.
?) Eine ähnliche Aeusserung des Bischofs Fénélon wird als zweifellos
apokrvph nicht angeführt.
3) Mémoires historiques de la Lorraine et des trois évêchés de Metz, Toul
et Verdun par M. Turgot, intendant de Metz, fait à Metz le 30 juillet 1699.
an,
»autorit@e sans bornes, aveugle et destituée de iustice« und fällt über
die Reunionen folgendes Urteil: On commença les réunions sous
prétexte de mouvance aux évêchés, mais cette ardeur et le zèle
immodere et injuste de ceux qui en donnaient les mémoires, étendit
trop loin ces prétextes, passant les termes de la justice et
du droit par des procedures; les arrêts furent exécutés à main armée :
l'on soumit les vassaux à reconnaitre la puissance; et cet exemple
révolta tout et fit connaître qu'un ouvrage d'iniquité quelque
avantageux qu'il soit, n'est jamais de duree«.
Der Verfasser tadelt hiernach nur die Ausschreitungen der Metzer
Kammer, erkennt also einen berechtigten Kern für ihre Thätigkeit an,
wenn er auch die behauptete Lehensabhängigkeit von den drei Bis-
tümern als Vorwand bezeichnet. In ganz gleichem Sinne äussert sich
ein anderer Zeitgenosse, ein Freund Louvois’: »au lieu de se renfermer
dans de justes bornes . .., ils pressaient les choses trop loin, et firent
un si grand nombre de réunions tant dans l'empire, que dans les
pays-bas espagnols, que les puissances de ces pays et surtout l’em-
pereur en conçurent un grand ombrage. La France se mit par pro-
vision en possession des pays réunis et s’ecarla un peu dans cette
occasion des règles de la prudence et de la politique!).< Auch dieser
Franzose betont demgemäss nicht die Unrechtmässigkeit des Reunions-
Verfahrens an sich, sondern nur die dabei vorgekommenen Aus-
schreitungen.
Dieser Auffassung ist die französische Geschichtschreibung jener
Zeit jedoch im Allgemeinen nicht beigetreten. So sagt der älteste
Biograph Ludwigs XIV.?) über die Einsetzung der Reunions-Kammern:
»Le roi très chrétien, ni les chambres, établies à Breisach et à Metz
ne pouvaient prétendre avec raison, d'être seuls les interprètes des
traités de paix, particulièrement dans les affaires où ils ne devaient
être considérées que comme partiese.
Auch die beiden folgenden Geschichtsschreiber der Zeit Ludwigs XIV.
Larrey und La Hode versuchen an keiner Stelle eine Verteidigung der
Kammer und ihres Gebahrens; beide heben die Misstimmung hervor,
welche das Vorgehen des Königs in Frankreich selbst erzeugte; der
erstere sagt in dieser Hinsicht?). »Toute la France n’applaudissait pas
à l’ambition du monarque, mais on en rejettait la haine sur celle du
1) Rousset, III, S. 31; nach einem ungedruckten Memoire.
2?) Limiers, histoire du règne de Louis XIV., 1718; IV, S. 42.
3) Larrev, histoire de France sous le règne de Louis XIV., 1733. VS. 42.
19
favori«; in gleichem Sinne äussert sich La Hode!) bei Besprechung
des Ryswicker Friedens: »la publication de la paix causa une joie
universelle, d'autant plus, qu'il paraissait que le roi très chrétien en
rendant un si grand nombre de places, avait quitté tout dessein de
s'agorandir.«< Von besonderem Interesse ist aber, dass La Hode das
Wesen und Endziel der Reunionspolitik erkannt hat, wenn auch seine
Ausführungen nicht buchstäblich richtig sind, vielmehr an Stelle der
Absicht die vollendete Thatsache gesetzt ist. »Ces chambres (de Metz
et de Brisach) réunirent insensiblement tout ce qui se trouvait entre
le Rhin et la France, sous prétexte que ces fiefs particuliers avaient
autrefois relevés, ou des trois évèchés ou du comté de Chiny, membre
du duché de Luxembourg.«
Von den Geschichtschreibern Frankreichs im 19. Jahrhundert
spricht sich am entschiedensten gegen diese Politik Sismondi aus,
indem er die Reunionen »usurpations violentes« nennt?) und von dem
Ryswicker Frieden sagt: »peut-etre ils (les Francais) auraient dû re-
garder ce traité comme le plus honorable de ceux que signa Louis XIV «?).
Dagegen sagt Martin von den Reunionen: »ces entreprises procédaient
d'une idée juste au fond« und von dem Zurückgehen der Kammer bis
auf die ältesten Zeiten: «ceci eût tourné au burlesque s'il n’y eût en
toutes ces mauvaises raisons quelque chose de sérieux et de profond,
c'est-à-dire la revendication du vieux sol gaulois pour la France«f).
Noch mehr weicht der neuere Biograph Ludwig XIV. Gaillardin hin-
sichtlich des Ryswicker Friedens von Sismondi ab; »la paix de Ryswick
était dans l’ensemble une défaite flagrante; ...la paix de Ryswick
est restée dans le temps même et dans l'histoire ce quelle est réelle-
ment, la première manifestation de la décadence de Louis XIV «.ÿ)
Am zutreffendsten vielleicht beurteilt vom französischen Stand-
punkte aus die Reunionen Dareste, wenn er sagt: »Le principe des
réunions n'était pas contestable, mais rien ne l'était plus, que la
manière dont elles s'accomplissaient; il suflisait d’avoir des prétextes,
et de suivre en apparence la forme de la justice®).«
Auch solche gemässigten Auffassungen stehen aber im Gegensatze
zu der neuern deutschen Geschichtschreibung, welche nahezu einmütig
1) La Hode, V, S. 239.
2?) de Sismondi, histoire des Francais, XXV, 5. 411.
3) de Sismondi, XXVI, S. 216.
4) Martin, XIIL .S. 970.8.
5) Gaillardin, V, S. 536 ff.
6 n17
, Dareste, histoire de France, 1873; V, S. 517.
ag
das Reunions-Prinzip zum Teil unter den schärfsten Ausdrücken ver-
wirft, ohne auch nur zwischen den drei Gruppen von Reunionen,
segsen Reich, Herzogtum Lothringen und spanische Niederlande zu
unterscheiden. Nur Ranke beweist auch hier seine grosse Unparteilich-
keit, indem er hinsichtlich der erstgenannten Gruppe eine Verschuldung
nicht nur auf Seiten der Franzosen findet: »die Schuld der Deutschen
bei den Reunionen war, dass sie frühere Unbestimmtheiten in den
Verträgen geduldet, und selbst zuletzt, als dieselben zur Sprache
kamen, Frieden geschlossen hatten, ohne sie zu heben; die wachsende
Ueberlegenheit der Franzosen bewirkte dann, dass sie es endlich
unternehmen konnten, die unbestimmt gelassenen Fragen ganz in ihrem
Sinne für entschieden zu erachten, und zur Ausführung ihrer Ansprüche
zu schreiten« !).
Volle Klarheit in dieser Hinsicht wird allerdings erst eine archi-
valische Bearbeitung der Verhandlungen über die lothringische Satis-
faktions-Angelegenheit auf dem westfälischen Friedens-Kongresse unter
besonderer Berücksichtigung des Briefwechsels der kaiserlichen Gesandten
mit dem Hofe in Wien bringen können: bestätigen solche Forschungen, wie
anzunehmen, die aus gedruckten Quellen geschöpfte, in den vorstehenden
Ausführungen vertretene Auffassung, so wird auch in Deutschland eine
mildere Auffassung des Reunions-Unternehmens an sich Platz greifen
müssen. Man wird. selbst über Ranke hinausgehend, der Anerkennung
sich nicht verschliessen können, dass die deutschen Unterhändler nicht
nur die Unbestimmtheiten geduldet, sondern nach dem, was voraus-
segangen, durch diese Duldung der französischen Auffassung ein Zu-
seständnis gemacht oder zum Wenigsten den Bevollmächtigten ein
gewisses Recht gegeben haben, ihre Auffassung für die zutreffende zu
halten.
Schwieriger noch liegt die Frage hinsichtlich der Reunion des
Herzogtums Lothringen, da der Herzog bei den Friedens-Verhandlungen
in Münster nicht beteiligt gewesen war, und da bei dem eigentümlichen
staatsrechtlichen Verhältnisse des Herzogtums zum deutschen Reiche
es mehr als fraglich war, ob die Krone Frankreich Abmachnngen mit
Deutschland auch auf Lothringen zu beziehen berechtigt war. Hätten
die Ansprüche Frankreichs sich auf die verhältnismässig kleinen Ge-
bietsteile beschränkt, welche auch nach 1567 nachweislich dem Reiche
zu Lehen standen,?) so würde man das gemässigte Urteil auch auf
diese Reunion ausdehnen können, Selbst für die Rückforderung der
1) Ranke S. W., X, S. 306,
=) RAS Al,
— 292 —
in der zweiten Hälfte des vorhergehenden Jahrhunderts von den
Bischöfen dem Herzogtum zugewendeten Abtretungen werden mildernde
Umstände zuzuerkennen sein, wenngleich die Bistümer zu dieser Zeit
weder rechtlich, noch auch wie die Reichsstädte thatsächlich unter
französischer Oberhoheit gestanden hatten, die letztere vielmehr erst
im Jahre 1614 ihnen aufoktroyiert worden wart). Aber wenn Oester-
reich in der Mitte unseres Jahrhunderts zu der Erkenntnis gekommen
wäre, dass es seinen italienischen Besitz dem nationalen Einheits-
drange gegenüber auf die Dauer nicht würde behaupten können, und
infolge dessen namhafte Teile an die Schweiz u. s. w. abgetreten hätte:
zweifellos würde auch diese Gebiete Italien später zurückgefordert
und ebenso zweifellos würde es die öffentliche Meinung auch in anderen
Staaten Europas dafür auf seiner Seite gehabt haben.
Durchaus zu verurteilen ist aber die Reunion des ganzen übrigen Loth-
ringens, also des weitaus grössten Teiles der beiden Herzogtümer; »Macht
geht vor Recht«, ist hier für die französische Krone die Parole gewesen.
Mit gleicher Schärfe wird man sich auch gegen die dritte Gruppe,
die Reunion von Gebietsteilen der spanischen Niederlande zu erklären
haben: hier können weder irgend welche Rechtstitel noch mildernde
Umstände angeführt werden; der grosse Rat von Mecheln war durch-
aus berechtigt, das Reunions-Verfahren als eine Gewaltthat und offen-
kundige Verletzung der Friedens-Verträge und des Völker-Rechtes zu
bezeichnen.
Wenn abweichend hiervon dem Reiche und Lothringen gegenüber
eine gewisse Rechtsgrundlage für die Reunionstheorie als solche zu-
zugeben sein wird, so finden doch dadurch die an das Burleske strei-
fenden Ausschreitungen, welche auch diesen Ländern gegenüber durch
die Art der Beweisführung der Kammer, und fast in noch höherem
Grade durch die Tätigkeit der Reunions-Kommissare begangen wurden,
nicht einmal eine Erklärung, geschweige denn eine Begründung. Um
von diesen eine richtige Anschauung zu gewinnen, dürfte es unver-
meidlich sein, das ganze Reunions-Unternehmen, wie in vorliegender
Arbeit versucht, in Zusammenhang zu bringen mit den Jahrhunderte
lang genährten, von Richelieu besonders energisch verfolgten Ideen
von der historischen Mission Frankreichs zur Wiederherstellung des
alten Frankenreiches und seiner Ausdehnung bis zum Rheine ?).
cher ar
?) Wichtige Hinweise auf diese Politik Richelieus enthalten auch die
Maximes d'Etat von Richelieu (Collection de documents inédits, mélanges histo-
riques, nouvelle série, Ill, 1880), auf die nachträglich Privatdozent Dr. Bloch in
Strassburg mich aufmerksam machte.
ae
»La Gaule est barrée par les Pyrénées, les Alpes et le Rhin: ce
sont des limites naturelles, la géographie n’en connaît pas d’autres« 1),
damit ist klar auch der den Reunionen zu Grunde liegende Gedanke
ausgesprochen; die Worte ferner, die Sorel von den Rheingelüsten
Frankreichs zur Zeit der Herrschaft des Wohlfahrtsausschusses braucht :
»ces idées sont dans l’air«?) lassen sich mit vollem Rechte auch auf
die Zeit der Regierung der beiden Kardinäle und Ludwigs XIV. selbst
anwenden. Dreimal im Laufe dieses unglücklichsten Jahrhunderts deut-
scher Geschichte war der Anlauf zur Verwirklichung der Pläne gemacht
worden; nur wenig fehlte daran, dass beim dritten Male das Ziel
wirklich erreicht worden wäre. Da war es weniger der Widerstand
des Reiches, als der Umschwung in der europäischen Stellung und
Politik Ludwigs XIV., der im letzten Jahrzehnte die Durchführung ver-
hinderte.
Die Vollstreckung des Testaments Richelieus war damit zwar
keineswegs aufgegeben, aber doch um ein Jahrhundert hinausgeschoben,
um dann wieder bis in unsere Tage hinein die französische Politik
Deutschland gegenüber zu beherrschen.
Jahrhunderte lang hat so unser Vaterland unter der von Richelieu
eingeleiteten Politik zu leiden gehabt; Grösse des Geistes werden wir
aber auch bei unserem Gegner zu würdigen und daher rückhaltlos zu
bekennen haben, dass nächst dem grossen deutschen Kanzler die
sanze neuere Geschichte keinen so genialen, gewaltigen, um sein
Vaterland verdienten Staatsmann aufzuweisen hat, wie den Kardinal
Richelieu.
2) Sorel, FE, S. 260.
3, »orel, IV, 5. 175:
294
ANHANG.
l:
intwurf zu einem Königlichen Erlasse für Einsetzung der Reunions-
kammer zu Metz.
Metz. Bez.-Arch. B, 54.
Durch das nachfolgende gleichfalls von Ravaulx entworfene Schriftstück findet
die Seite 73 Anm. 7 ausgesprochene Vermutung ihre Bestätigung, da einzelne Wen-
dungen des Konzeptes wörtlich wiederkehren. Von Interesse ist dabei, dass Ravaulx
in diesem » Entwurf gebliebenen Erlasse sich selbst eine ungleich bedeutsamere Rolle
zugeteilt hattes als er bei Einsetzung der Kammer wirklich erhielt.
Louis, par la grâce de Dieu roi de France et de Navarre, à nos
aimés et féaux Salut. Savoir faisons que Nous ayant été exposé par nos aimés
et féaux George Aubusson de la Feuillade, ancien archevêque d’Embrun, évêque
de l'église de Metz, Jacques de Fieulx, évêque de l’église de Toul, et Jean Ar-
mand de Monchy d'Hocquincourt, évêque de l'église de Verdun tant pour eux,
que pour leur clergé séculier et régulier de leurs églises, qu'ils ont eu avis, que
notre procureur général en notre cour de Parlement, chambre des comptes de
Metz voulait faire saisir les revenus temporels, tant de leurs évêchés, que du
clergé séculier et régulier, qui compose les églises de Metz, Toul et Verdun, faute
par eux, d'en avoir fourni à la chambre des aveux et dénombrements, contenants
specifiquement tous les biens et droits temporels, dépendants des dites églises,
et obtenu de nous ensuile les investilures necessaires, ce que leur est, quant à
présent, impossible de faire, parce qu’encore bien que toutes les terres et
seigneuries, qui sont situées dans l'étendue de leurs diocèses et de
ceux des évêques de Bâle, Luxembourg, Spire, Worms, Mayence,
Trèves, Liège et autres soient toutes dépendantes des églises et
évêchés de Metz, Toul et Verdun qui étaient avant le traité de Munster
trois principautés ecclésiastiques de l'empire à l'exception seulement de
quelques unes qui sont du Palatinat, ou font partie des biens tem-
porels des églises de Bâle, Strasbourg, Spire, Worms, Mayence:
Trèves et Liège, comme il est justifié par les anciens cartulaires
des dites églises de Metz, Toul et Verdun et les autorités des an-
ciens auteurs.
Si est cenéanmoins qu'eux et leur clergé seculier et résgulierne
jouissent pas présentement de la vingtième partie de toutes les dites
terres et seigneuries à cause que leurs prédecesseurs évêques et clergés ont fait
un si mauvais usage et tellement negligé les biens et droits des dites églises qu'ils ont
depuis près de quatre vingt ans cessé de contraindre leurs vassaux, de se rendre en leur
cour pour l'exercice de la jurisdiction féodale de leurs églises, ainsi qu'ils etaient
obligés ce qui les a reduit dans la necessité d’avoir recours à Nous leur souverain
— 295 —
et seigneur dominant des biens et droits dependants de leurs dites églises, pour
avoir des juges, pardevant lesquels ils puissent faire assigner les détenteurs des
terres et seigneuries dépendantes de leurs églises. Mais quoique naturellement
ces sortes des matières dussent être traitées dans les causes et jurisdictions
féodalles de leurs églises, néanmoins dans les circonstances et l'état présent des
choses il leur est impossible de le faire, pour ce qu'il n'y a pas un de leurs
vassaux, dont les fiefs ne soient commis de droit, ce qu'étant leurs dits vassaux
se trouveraient juges et parties en leurs propres causes. À ces causes et autres
considerations, à ce Nous mouvantes de notre certaine science, pleine puissance
et autorité rovale, Nous avons commis ordonné et deput& et par ces pré-
sentes signées de notre main, commettons ordonnons et deputons pour tous en-
semble ou du moins au nombre de sept juges en dernier ressort et sans appel,
tous procès et contestations mus et à mouvoir pour raison des droits, terres et
seigneuries, faisants partie des biens temporels des églises ou évêchés de Metz,
Toul et Verdun, circonstances ou dépendances de celles,en quelque lieux denotre
domination que les dites biens, terres, droits et seigneuries soient
assises et situées, Vous en attribuant à ces effets toute cour, jurisdiction et connai-
ssance, et celle interdisons à toutes autres cours et juges. Et pour procureur général en
la dite commission Nous avons commis et commettons notre aimé et féal Roland
Ravaulx, notre conseiller en notre cour de parlement de Metz, pour v conclure
en notre nom et faire telles requisitions pour Nous et le publique, qu'il avise
bon être, auquel Nous avons donné et commis pour substituts en la dite com-
mission les personnes de ........... 1), auxquelles Nous donnons pouvoir en cas
de maladie ou autres empèchement de la personne du dit sieur Raxaulx, de
faire les fonctions pour lesquelles Nous l'avons v deputé et commis; et pour notre
greffier en la dite commission la personne de ......... 1) que Nous avons pa-
reillement commis, même les avocats et procureurs de notre dit parle-
ment de Metz, qui seront choisi par le dit sieur Ravaulx, pour occuper
pour les parties, et afin qu'il v ait un lieu certain, où les personnes assignées
puissent comparaître, Nous avons ordonné que nos dits commissaires s’assemble-
ront en l'hotel commun de notre ville de Metz à tel jour et heure, qu'il sera par
eux arrêté. Si donnons en mandement. (Schluss.)
IL.
Servien fragt beim Metzer Purlamente an, ob sich nachweisen lasse,
duss das Parlament seine Rechtsprechung schon bisher nicht auf den Be-
reich des weltlichen Besitzes der Bischöfe beschränkt, sondern auf die
ganze Diözese ausgedehnt habe.
Metz. Bez.-Arch. B, 50. Der Brief ist der gleiche wie der 8.57 an-
geführte; die dortige Anmerkung bedarf daher der Berichtigung. Trotz der
eigenhändigen Unterschrift Ravaulx’ ist das Datum zweifellos unrichtig,
das S. 57 angegebene das zutreffende, du der Brief in den Stand der Ver-
handlungen vom Dezember 1647 in keiner Weise passt.
1) So.im Text.
Copie de la lettre de Mr de Servien à un officier du parlement
de Metz le 2 décembre 1647 (vorgelegt in der Sitzung der Reunionskammer vom
10. September 1683). j
Monsieur,
Apprenant, que se présente une difficulté sur l'explication de ll’accommode-
ment, ci devant fait entre les ambassadeurs du roi et ceux de l’empereur j'ai
cru, que Vous n’auriez pas desagréable que je prise la liberté, de Vous demander
vos sentiments sur cette question, que je tiens de très grande importance pour
Sa Majesté. Vous verrez dans l’imprime, que je Vous envoie, en quels termes est
conçue la cession que l’empereur doit faire au roi de tous les droits, que lui et
l'empire peuvent avoir eu autrefois sur les trois évêchés. A présent les impé-
riaux veulent restreindre cette cession au seul temporel des évêchés et aux fiefs,
qui relevants d'eux ne conservent pas la qualité d'états immédiats de l'empire;
pour bien resoudre la difficulté il faut considerer, qu'il y a de trois sortes de
fiefs dans l’etendue des trois évêchés. Les uns relevent des évêques et n'ont
point été immédiats de l'empire; ce sont les seuls que les impériaux voudraient
laisser au roi. Les autres en relevent aussi, mais ne laissent pas par raison des
mêmes fiefs, quoique mouvants des évêques, d’être immédiatement soumis à
l’autorité de l’empereur, sans reconnaître autre superieur, que lui. Les troisièmes
sont seulement situés dans l’&tendue des diocèses, ou jurisdiction spirituelle des
évêques sans avoir jamais relevé d’eux par aucune dépendance temporelle. Les
impériaux soutiennent aujourd’hui, qu’ils n’entendent point avoir cédé au roi les
fiefs des deux dernières espèces. Nous disons au contraire, que la cession étant
générale de tous les droits que l’empereur a eu dans les évêchés, tout ce, qu’y
se trouve dans l'étendue des diocèses ou jurisdiction spirituelle des évêques doit
être à l’avenir sous l'autorité du roi et ne connaître plus celle de l'Empereur,
puisqu'il a cédé tout ce, qu'il lui appartenait. Outre que la cession étant conçue
en termes généraux et faite sans aucune réserve, il n’y a pas lieu d’y apporter
une exception. Nous avons une puissante raison pour appuyer notre opinion, qui
est, que les impériaux pour l’accommodement avaient voulu concevoir la cession
aux termes, qu'ils prétendent maintenant qu'elle doit être entendue, et avaient
voulu ajouter au premier projet, qu'ils nous firent présenter une clause pour ex-
cepter tous les fiefs des ducs, comtes et barons, gentilshommes, et autres, qui
sont immédiatement soumis à l'empire. Mais avant été soutenu de notre part,
que cette limitation ou exception n’y pouvait être mise, el que nous entendions,
que la cession soit générale et sans réserve de tout ce, qui avait autrefois ap-
partenu dans toute l'étendue des dites évêchés c'est à dire dans les limites des
diocèses et non pas seulement des biens temporels des évêques, les impériaux
acquiescèrent à nos raisons et consentirent, que l'exception soit ôtée; ils deman-
dèrent aussi d'accord que les autres endroits où ils avaient mis: »in dictos episco-
patus eorumque districtus temporalese, le mot temporales soit rayé pour les
mêmes raisons, que je viens de représenter; encore qu'elles semblent concluantes,
elles seront extrèmement fortifiées, si on peut justifier, que le
parlement, etabli dans les dites évêchés ait fait reconnaître sa
jurisdiction dans toute leur étendue tant spirituelle, que temporelle
et si on peut aussi prouver, que le droit de protection que nos rois
ont eu depuis longues années en ce pays là, soit étendue sur tous
= 07
ceux, qui ont leur demeure, dans les trois évêchés et que les gou-
verneurs etablis par le roi leur aient fait reconnaître l'autorité de
Sa Majesté. Car en ce cas nous aurons plus de droit de soutenir, que la cession
de l’empereur doit être sans réserve, puisqu'elle ne fait que changer l’ancien
droit de protection en celui de souveraineté et que par conséquent la dite sou-
veraineté se doit prendre aujourd’hui aussi loin qu'a fait autre fois la protection.
J'aurais l'honneur de Vous dire en passant, que les comtes de Nassau-Sarbruck
sont ceux, qui apportent plus d'opposition à la prétention du roi bien qu'il ait
souvent paru aux discours de leurs deputés, qu'ils ont été cités, pour prêter
le serment de fidelité. Si la question était moins importante, je n’oserais pas Vous
demander Votre réponse si librement, que je fais, en Vous assürant que je suis
veritablement Monsieur
Votre très humble
Servien.
Extrait du traité, fait à Munster le 13 septembre 1646.
Primo, quod supremum dominium, jura superioritatis aliaque omnia, in
episcopatus Metensem, Tullensem et Virdunensem, urbesque cognomines, eorum-
que episcopatuum distrietus et nominatim Movenvicum eo modo, quo hactenus
ad Romanum spectabant imperium in posterum ad coronam Galliae spectare
debeant, reservato tamen jure Metropolitano ad Archiepiscopum Trevirensem
pertinente.
Collationné à son original par moi, commissaire deputé à la récherche des
ütres justificatifs des droits acquis au roi par les traités de Munster et des
Pyrénées.
Ce fait rendu le 1 Avril 1664.
Ravaulx.
II.
Königlicher Erlass, betreffend die Einsetzung der Reunions- Kammer
zu Metz.
Abdruck aus Recueil des arrets 8. 3.
Arrêt du conseil d'état du roi pour l'établissement de la
chambre royale à Metz pour juger de tous les procès et contesta-
tions mues et à mouvoir par les évêques de Metz, Toul et Verdun
pour raison de leurs biens et droits; avec la commission adresséé
aux conseillers qui la doivent composer du 9 novembre 1679 et
l’enregsitrement à la chambre de Metz du 11 decembre 1079.
Donné à St-Germain en Laye le 23 octobre 1679.
Extrait des registres du conseil d'état.
Sur la requète, présentée au roi, étant en son conseil par messire George
d’Aubusson de la Feuillade, ancien archevèque d’Ambrun et présentement
evèque de Metz; Jacques de Fieux, evèque de Toul et Jean Armand de Monchy
d’Hocquincourt, evèque de Verdun, tant pour eux que pour le clergé séculier et
régulier de leurs églises; contenant, qu'ils ont eù avis, que le procureur général
du parlement, chambre des comptes de Metz, voulait faire saisir les revenus
temporels de leurs évêchés et du clergé séculier et régulier de leurs dites églises
de Metz, Toul et Verdun, et ce, faute d’avoir par eux fait reprises de Sa Ma-
jesté des biens et droits temporels dépendants de leurs églises et fourni à la
298 —
chambre des comptes des aveux el dénombrements contenants bien particuliere-
ment tous les biens et droits dont élaient composés les dits trois évêchés et
clergé, bien qu'il leur soit impossible pour le présent de fournir les dits aveux
et dénombrements à cause du mauvais usage, que leurs prédecesseurs evèques
et clergés de Metz, Toul et Verdun ont fait des biens et droits dépendants de
leurs églises, ce qui fait, qu'il s'en faut beaucoup qu'eux et leur clergé ne
jouissent a présent des biens et droits, qui leur appartiennent, lesquels ils ont
tellement neglige, que depuis près de cent ans ils ont cessé de faire faire re-
prises aux vassaux des dites églises des biens et droits, qu'ils en détiennent et
de contraindre ceux qui en jouissent à litre d'engagement, d'échange ou par
usurpation, de les déguerpir au profit de leurs églises, en laquelle jurisdiction
féodale ils ne pourraient même se pourvoir, quand elle serait retablie, d'autant,
qu'il n'y a pas un de leurs vassaux, dont les fiefs ne soient commis de droit,
faute par eux d’avoir fait reprises de leurs églises des biens et droits, qui en dé-
pendent, ainsi qu'ils v étaient obligés à chacune mutation, en sorte, qu'ils soient
juges et parties en leurs causes, ce qui les oblige, d’avoir recours a Sa Majesté,
comme à leur Souverain et Protecteur de toutes les églises de ce royaume, à ce
qu'il lui plüt leurs donner des juges pardevant lesquels ils puissent faire assigner
tous les détempteurs des biens et droits, dépendants de leurs églises et clergé,
pour representer et produire les titres, en vertu desquels il prétendent avoir
droit et jouir des dits biens et droits, si non et à faute de ce faire dans le
temps prescrit par les ordonnances que les dits biens et droits seront réunis
au domaine de leurs églises et clergé, et que cependant il plaise a sa Majesté
faire defenses au dit procureur général de faire contre eux et leur clergé aucunes
poursuites, faute par eux de fournir à la chambre les dits aveux et de dénombre-
ment ou la dite requète et tout consideré:
Sa Majesté, étant en son conseil a ordonné et ordonne, qu’il
sera établie une chambre, composée d'un nombre d'officiers du parlement de
Metz, qui seront choisis par Sa Majesté, pour prendre connaissance des usurpa-
tions et alienations faites des dits biens et droits, appartenances et dépendances
des dites églises et clergé de Metz, Toul et Verdun pardevant les quels il sera
loisible aux dits évèques de Metz, Toul et Verdun, et à leur clergé, de procéder
contre ceux, qui prétendent étre detempteurs des dits biens et droits, cependant
a sursis et sursoit toutes poursuites qui puissent être faites par le dit procureur
général, pour raison des dits aveux et dénombrements, jusqu'à ce qu’autrement
par Elle en ait été ordonné.
Fait au conseil d'état du roi, Sa Majesté v étant, tenu à St-Germain en
Laye le vingt troisième jour du mois d'octobre mille six cent soixante dix neuf.
signé Le Tellier.
Folgen 3 weitere Erlasse betreffend:
1. Bekanntmachung des vorstehenden Einselzungs-Dekretes, vom gleichen Tage;
2. Ernennung des Parlaments-Präsidenten Thomas de Bragelongue zum Vor-
sitzenden, der Parlamentsräte Irancois Jobal, Bernard Geoffroy, Jean
Morel, Louis Fremyn, Mathieu Andry, Jean-Baptiste Elie, Pierre de Ville-
mer, Pierre Langlois, Francois Chaffaut, Nicolas d’ Auburtin und Pierre
Cogney zu Mitgliedern, des Parlumentsrates Roland Ravaulz zum General-
Prokurator der Reunions-Kammer, vom 9. November 1679;
3. Eintragung des Einsetzungs-Dekretes am 11. Dezember 1679,
EM,
Königlicher Erlass, betreffend die Erweiterung der Befugnisse der
Teeunions- Kammer zu Metz.
Abdruck aus Recueil des arrêts, S. 174.
Déclaration du roi qui ordonne, que toutes les villes, commu-
nautés et vassaux médiats ouimmédiats, ecclésiastiques et séculiers
des trois évêchés de Metz, Toul et Verdun seront tenus de faire
leurs reprises, foi et hommage de ce qu’ils en tiennent dans deux
mois à peine de commise et que le droit de parcours aura lieu
dans toute l’etendue des dits évêchés.
Louis, par la grâce de Dieu roi de France et de Navarre; à tous
ceux, qui ces présentes lettres verront; salut. Depuis, que par le traité de
Munster l’empereur, les princes électeurs, princes et états de l'empire ont re-
noncé en faveur de notre couronne à tous les droits, qui appartenaient à l’em-
pire sur les villes et évêchés de Metz, Toul et Verdun et sur les détroits des
dits évêchés, lesquels avant le dit traité de Munster étaient trois principautés
ecclésiastiques de l'empire, nos premiers soins ont été d'en reconnaître l'état et
les causes principales, tant de l’abandonnement de la plus grande partie
des dites principautés, que de la misère extreme de ce qui est resté d’ha-
bitants dans l'étendue des dits évêchés et leurs détroits et avant reconnu, que
tous ces désordres procédaient principalement de ce, que pendant les guerres
civiles et étrangères dont l'empire d'Allemagne a été affligé depuis son établisse-
ment jusqu'au temps du dit traité de Munster les princes ecclésiastiques et sé-
culiers de ce grand état et leurs vassaux médiats et immédiats ont sans droit
ni pouvoir non seulement chargé de droits et devoir insolits les habitants des
villes, bourgs et villages dépendants ou mouvants des dites principautés, mais
encore usurpé sur les empereurs et les sujets de leur empire la plus grande
partie des domaines et droits que les dits rois et empereurs dans l'établissemen]
de leur domination avaient destiné tant pour en soutenir leur état et dignité,
que faire vivre et subsister commodement tous les sujets de leur empire des
quelles principautés, a Nous cedces par le dit traité de Munster, prenant un soin
particulier pour donner moyen aux villes, bourgs et villages et autres commu-
naulcs, qui en dépendent, de se rétablir et repeupler, Nous aurions par
notre déclaration du 10 septembre 1663 ordonné, que les communautés,
dépendantes ou situées dans l'étendue des évêchés de Metz, Toul et Verdun
ou les détroits des dits évêchés rentreraient de droit en la possession de
leurs droits, usages et biens communs, alienés ou usurpés sur les dites commu-
en remboursant aux acquéreurs, qui se trouvent fondés en litres legitimes
le prix de leurs acquisitions et engagements, et depuis par divers arrêts de notre
conseil Nous aurions encore ordonné, que les Seigneurs des lieux représenteraient
pardevant les commissaires, dont Nous avons composé une chambre, que Nous
avons etablie en notre ville de Metz, les titres, en vertu desquelles ils prétendent
et perçoivent des habitants, lieux, terres et seigneuries des droits, rentes et re-
devances, tant personnels, que réels et mixtes, et les droits de faire troupeau à
part dans chacune de leurs seigneuries, en exécution desquels arrêts plusieurs
de nos sujets, jouissants des lerres et droits seigneurieux ayant produit leurs
2,600
litres pardevant les dits commissaires par arrêt de notre conseil du 24 juiliers
dernier, Nous aurions ordonné, qu'en exécution des arrêts de la dite chambre,
tous nos sujets, qui y auraient été condamnés ou le seraient ci-après, a faire re-
prise des églises et clergés de Metz, Toul et Verdun, feraient leurs reprises, foi
et hommage en la dite chambre et y fourniraient leurs aveux et dénombrements,
avec les pièces justificatives de leurs droits et prétentions dans les temps et sur
les peines, portées au dit arrêt jusqu'à ce que les évêques de Metz, Toul et
Verdun, sachants le nombre et la consistance des fiefs mouvants de leurs
églises et des domaines et droits dépendants de leurs évêchés puissent obtenir
de Nous les investitures necessaires pour jouir des domaines et droits temporels
dependants de leur dits évêchés. Mais d'autant, qu’en fournissant par les dits
vassaux leurs aveux et denombrements ils seront obligés, outre les autres pièces
justificatives de leurs prétendus droits et possession, de représenter les investi-
tures, qu'eux et leurs predecesseurs ont ci-devant obtenues de ceux, de qui ils
tiennent les dits prétendus droits seigneurieux, par le moven desquelles nos dits
commissaires pourront connaître, de quels droits seigneurieux réels personnels et
mixtes, les dits vassaux ont eu droit de jouir en conséquence des dites investi-
tures et que d’ailleurs, si nos sujets des dites principautés, à Nous cedées par
le traité de Munster, confirmé par celui de Nimègue étaient obligés de satisfaire
aux dits arrêts de notre conseil du 5 janvier et 18 fevrier dernier, il faudrait,
qu'ils produisissent deux fois les mêmes titres, et que nos commissaires pronon-
cassent deux fois sur une même question, et même, que toutes les assignations,
données aux vassaux des dits églises et clergés ne peuvent êlre si löt jugées
joint que notre intention n'est, que de laisser jouir nos sujets des droits seigneu-
riaux ou fonciers, qui leur sont legitimement dus, et de les empêcher de conti-
nuer à l'avenir de jouir de ceux, qu'ils ont usurpés, lesquels sont à la foule et
oppression de nos sujets des dites principautés, à ces causes et autres à ce,
Nous mouvants, de l’avis de notre conseil et de notre certaine science, pleine
puissance et autorité royale :
Nous avons par ces présentes, signées de notre main dit et
déclaré, disons et déclarons, voulons et Nous plaît, que toutes les
villes et communautés, et tous les vassaux médiats et immédiats,
ecclésiastiques ou séculiers des évêchés et clergé séculier et régu-
lier des eglises de Metz, Toul et Verdun, engagistes ou bientenants
des domaines et droits féodaux des dites eglises et tous autres que
notre procureur général en la dite chambre fera assigner, suivant le
pouvoir que Nous lui en avons donné par arrêt de notre conseil du 17 septembre
dernier, seront tenus sur peine de commise, de faire leurs reprises,
foi et hommage de Nous aux dites églises de tous les biens et droits,
qu'ils tiennent en fiefs ou autrement de Nous ou des dites églises
deux mois après la publication de la présente declaration et ensuite quarante
jours après y bailler leurs aveux et dénombrements en bonne et due forme,
contenants specifiquement les dits biens et droits et de produire leurs confirma-
tions, investitures et autres titres et pièces justificatives de ceux; quoi faisant
ils pourront continuer à jouir des biens et droits qu'ils prétendent leur appar-
tenir en conséquence des dites confirmations, investitures, reprises et autres
titres, qu'ils attesteront à leurs offres de satisfaire à la présente déclaration, sauf
à faire droit en procédant à la vérification des dits dénombrements sur les droits
ee
usurpés par les dits vassaux, ou villes ou communautés ecclésiastiques et sécu-
liers. Et quant au vain pâturage et droit de troupeau à part, voulons et Nous
plaît, que tous nos sujets des dites principautés, a Nous cédées, jouissent entre
eux du droit de parcours jusqu'aux équars des clochers; et à l'égard des
seigneurs et autres, qui prétendent avoir droit de vain pâturage et troupeau à
part, qu'ils pourront jouir du dit droit, sans qu'ils prétendent en delà du quart
du dit vain pâturage, ni qu'il leur soit permis d’en abuser au préjudice et dom-
mage des habitants des seigneuries où ils feront leur residence. Si donnons en
mandements à nos aimés et féaux les officiers de notre cour de parlement de
Metz, par Nous commis, pour tenir la chambre royale, établie en la dite ville de
Metz, que ces présentes nos lettres de déclaration ils aient a faire enregistrer,
et le contenu en celles faire exécuter, garder et observer selon leur forme et
teneur sans y contrevenir ni souffrir, qu'il y soit contrevenu en aucune manière,
Car tel est notre plaisir. En t@moin de quoi Nous avons fait mettre notre sceau
à ces dites presentes.
Donné à Versailles le dix-septième octobre l'an de grace mille six cents
quatre vingt, et de notre règne le trente-huitième.
signé Louis
et sur le repli, par le roi
; Le Tellier
et scellées du grand sceau de cire jaune.
Folgt die Einregistrirungs- und Veröffentlichungs- Verfügung vom 31. Oktober 1680.
V.
Original-Verhandlung über die gewaltsame Wegnahme des Schlosses
Veldentz ?).
Metz. Bez.-Arch. B, 56.
Nous, Jean de Bienvenu, ecuyer, sieur de Mignonville, capitain au régi-
ment de la couronne, ayant recu ordre de monsieur le comte de Bissy, lieutenant
général des armées du roi, et des provinces de Lorraine et Barrois, commandant
pour Sa Majesté dans les évêchés de Metz, Toul et Verdun et frontières et les
troupes étant en les pays, gouverneur des ville et chateau d’Auxonne, en date
du 4me juillet 1680, de nous rendre à Veldentz, avec le sieur de la Minotière,
capitain au régiment des dragons du roi, commandant le détachement des dra-
sons pour Veldentz, pour nous acheminer au lieu de Veldentz, nous serions par-
tis de Vaudrevange (bei dem späteren Saarlouis) le 14me du dit mois et aurions
été logés à Laussim (Losheim), le lendemain quinze à Dronnecken et le seize au
dit Veldentz, où étant arrivés vers le midi, nous serions allés droit au logis du
sieur Jean Georges Happel, prevôt de l'office du dit Veldentz, situé dans le
vallon au pied du dit château, auquel ayant fait commandement de la part du
roi de nous remettre le château du dit Veldentz, il nous aurait repondu, qu'il
n'en était pas le maître, et qu'il ne se mêlait que de la recette du domaine
1) Da die Benennung der deutschen Eigennamen einiges Interesse gewährt, ist
in diesem und den fölgenden Schriftstücken die Schreibweise des Originals beibehalten,
= JE
du dit Veldentz; qu'il v avait un commandant avec quelques hommes au dit
château de la part de monsieur le prince de la Petite-Pierre, auquel nous pou-
vions nous adresser. Ensuite de quoi, ayant prié le dit oflicier ou prevôt, de
vouloir venir avec nous, pour parler au dit commandant, il se serait transporté
avec nous (après avoir laissé le sergent l’Epine avec six soldats de notre com-
pagnie en la maison du dit prevôt, pour empêcher, qu'aucuns papiers ne puissent
être divertis.) et étant arrivés à la barrière, vovant le dit commandant sur le
rempart, les armes à la main, avec son monde, nous lui aurions dit, que nous
avions une lettre à lui rendre de la part de monsieur le comte de Bissy, et qu'il
voulût prendre la peine de la recevoir; ce, qu'il aurait fait, accompagné d’un
soldat armè, et la dite lettre lui ayant été rendue à travers de la dite barrière,
aurait repondu, qu'il ne savait pas lire la francais; et l’avant mise ès mains du
sieur Keller, procureur du roi au dit Vandrevange, que nous aurions amené ex-
près avec nous, pour nous servir d’interprete, celui sieur Kæller aurait ouvert la
dite lettre et en ayant fait explication au dit commandant, que l'intention de Sa
Majesté était qu'il nous rendit le dit château, il nous aurait repondu, qu'étant
commandant de la part de monsieur le prince de la Petite-Pierre, il ne pouvait
pas le faire sans son ordre, nous priant de vouloir lui donner du temps, pour
l'en avertir; et lui avant repliqué, que cela ne se pouvait pas et que, s'il faisait
difficulté de nous rendre le dit château, nous serions obligés d’agir par voies de
fait il n'aurait pas laissé de se défendre toujours sur ce, qu'il ne pouvait point
se rendre de la sorte, ce qui nous aurait obligé de faire avancer les dragons,
qui auraient coupé la porte de la dite barrière, et voyant que cela ne l’obligeait
pas à se rendre, nous aurions détaché dix dragons avec des haches, qui auraient
passé outre et coupé la première porte du dit château et les trois autres sui-
vants pour y entrer; après quoi élant entrés et nous étant saisis de la place et
fait occuper les portes, le dit commandant avec trois hommes armés se serait
presentés sans autre resistance; auquel comme au dit prevôt nous aurions fait
entendre, que le dit lieu de Veldentz et ses dépendances étant une portion du
lief mouvant de l'église de Verdun, dont le seigneur était condamné à faire re-
prise de la dite église, dont la souveraineté avait été cedée au roi par le traité
de Munster, confirmé par celui de Nimègue, nous étions venus au dit lieu par
ordre du roi, pour entrer avec notre monde dans le dit château et y commander
de la part de sa majesté. Mais d'autant que nous ne souhaitions v entrer que
préalablement il ne fût dressé un bon et fidèle inventaire de tout ce, qui se
trouverait dans la dite place, nous aurions ordonné au dit commandant et pre-
vöt, de nous montrer tout ce qu'il y avait dans la dite place, tant de munitions,
de poudre de guerre, titres et papiers, meubles meublants ou autres choses gé-
néralement quelconques. En l'éxécution duquel commandement, verbalement
fait, le dit commandant nous aurait ouvert les magasins du dit château et fait
voir ce, qui s’est trouvé dans ceux et sur les remparts, savoir 5 pièces de feu,
1 livre de calibre, 7 arquebuses à croc, dont deux de fonte, 2 boîtes de feu,
120 boulets, 160 balles d’arquebuses à croq, 160 grenades chargées, 50 livres de
poudre, 260 livres de plomb de gros calibre, 160 livres de mèche et 131 tour-
teaux goudronnés; de quelles munitions de gueïre a été fait inventaire separé
par le sieur de Goiset, commissaire commandé pour la conduite de l'artillerie au
dit Veldentz; et par le prevöt nous aurait élé ouvert une chambre, proche du
dit magasin, dans laquelle nous aurions trouvé 4 méchants lits de plume, ser-
— 3085
vants à la garnison, trois?) plats, six assiettes, une aiguiere el un viel bassin,
un chandelier d’etain et un de cuivre quantité de losanges rondes pour vitres
dans un coffre et un pannier d’osier. Ce fait nous aurions procedé à la visite du
dit château et de ses bâtiments, lesquels nous aurions trouves en fort méchant
état, suivant la description, que nous en avons fait apart. Ensuite de quoi, avant
laissé le dit château à la garde du sieur Mouetrv, lieutenant de notre compagnie,
nous serions retourné du dit château au logis du dit prevôté, auquel nous
aurions fait entendre, que pour notre décharge il était à propos,
que nous fissions la visite des titres, papiers et enseignements,
qu'il pouvait avoir, convenant les droits et jurisdictions du dit
Veldentz; lequel en consequence nous avant fait voir plusieurs inventaires et
comptes, touchant les rentes et revenus de la dite terre de Veldentz. Nous nous
serions saisis de trois comptes, consistants en recette et dépense, paraphés par
premier et dernier, que nous avons jugé les plus importants, et demeurés entre
nos mains, savoir le premier de l’année 1627, qui n’est pas entier et les deux
autres des années 1660 et 1663, qui ne sont pas conclus et arrêtés: et non con-
tents de ce, nous avons fait faire ouverture au dit prevôt de toutes les chambres
de sa maison, buffets et coffres, lesquels ayant exactement visité, même la cave
et le grenier, nous avons néanmoins trouvé aucuns autres papiers, nous avant
representé par le dit prevöt, que pendant les guerres le château de Veldentz
aurait été occupé par les Espagnols, comme encore l'année dernière 1679 par
les impériaux, qui n’y auraient rien laissé, et que longtemps auparavant les
litres de la maison pouvaient avoir été transporté à Loutrec et de la à Stras-
bourg; qu'à son parti entier il n'était prevôt et ne faisait son domicile au dit
Veldentz que depuis trois ans. De tout quoi nous avons dressé le présent pro-
cès-verbal, pour servir en temps des lieux ainsi que de raison, qui s'est fait au
dit Veldentz le dit jour seize juillet mille six cent quatre vingt, en présence du
sieur Keller, procureur du roi au baillage d'Allemagne et du sieur Cavyot, que
nous aurions mené exprès, pour rediger par écrit le procès-verbal, inventaire et
visite du dit sieur Happel, prevôt, et des dits sieurs de Mignotière capitaine de
dragons et Guisot, commissaire d'artillerie.
gez. (eigenhändig) Mignonville; De la Minotiere, Guisot, J. G. Happel, grand
prevöt, C. E. Koeller, Cayot.
VI.
Original-Briefe des Reunions-Comimissars Capitain Simon.
Metz. Bez.-Arch. B, 57.
r
Capitain Simon berichtet über seine Reunions-Thätigkeit im Gebiete der früheren
Grafschaft Veldentz und deren Umgegend.
à Lautrek le 23 octobre 1680.
Passant ici A mon retour de Veldentz le bailli m’a rendu les deux lettres,
que Vous m'avez fait l'honneur de m'écrire, l'une du 13me, l'autre du 17% du
présent moi. Nous avons fait les saisies à Veldentz, où j'ai trouvé quantité
1) Die Zahlen im Original wie hier, teils in Buchstaben, teils in Ziffern an-
gegeben.
— 304 —
de vin, qui appartient à des étrangers du pays de Trèves et de Luxembourg,
qui possèdent des biens, les uns en propre, les autres par engagements, et le
tout dépendant du comté de Veldentz. Je l'ai fait arrêter jusquà ce,
qu'ils Vous vient justifié, à. quel titre ils les tiennent qui est le
véritable moyen de connaître les démembrements du dit comté.
Deux gentilshommes de ce pays là m’etant venu trouver, pour avoir leur
vin m'ont donné leur écrit, dont je Vous envoie copie; après quoi je leur ai
laissé aller ce qui était à eux, d'autant plus que ce, qu'ils possèdent, ne provient
pas du domaine du seigneur. Si d’autres viennent faire la même chose, mandez
moi, monsieur, s'il Vous plait, si Vous trouver bon, qu'ils soient traités de la
même manière.
Nous avons été à Wildenbourg, signifier l'arrêt de Veldentz; c'est un
château chef-lieu d'un bailliage, composé de douze villages, dont je Vous envoie
l'état. Le baillif de ce lieu ne disconvient pas qu'il n'ait autrefois
dépendu de Veldentz. Il appartient présentement à monsieur le Rhingrave de
Morhange. Je Vous envoie aussi la dépendance de Grumbach, à mon retour de
Sponheim et des autres lieux, où nous allons aujourd’hui, et je Vous ferai savoir
ce que nous aurons fait.
Je vous envoie copie d’un article de la lettre, que monsieur le chevalier
Perrin m'écrit, afin que je sache de Vous, monsieur, si Vous entendez, que je lui
rende compte de tout ce, que je fais dans ce pays ici par Vos ordres et qu'il
ait le premier part de tout ce, qui se passe pour en faire sa cour aux dépens
d'autrui. Je ne suis pas accoutumé à recevoir des mercuriales de cette manière;
si Votre intention est, de recevoir par ses mains toutes les nouvelles de ce pays
ici, je le ferai avec plaisir, si Vous me l’ordonnez, mais je ne crois pas, que
Vous le prétendiez ainsi, et il me serait fort fâcheux, de dépendre de tant de
personnes. Je sais, que pour le fait de la guerre il est juste que je lui
donne toutes les nouvelles, qui concernent le service du roi, mais pour celles,
qui regardent la chambre royale je pretends ne les devoir qu'à Vous seul.
Monsieur le comte de Manderscheid, envoyé à Metz son aumonier pour prendre
ses papiers, il attend monsieur le commissaire avec beaucoup d’impatience; si
vous êtes en état de le faire partir, Vous l’obligerez infiniment, de l'envoyer avec
le porteur. La prise de possession de ce comté de Falkestein reduira les plus
opiniätres de ce pays ici.
J'ai appris, que monsieur le duc des Deux-Ponts se dispose à sortir de
Landsperg pour se retirer à Heidelberg chez monsieur le prince palatin. Il me
semble, qu'il serait bon, si l’homme qu'il a envoyé à Metz n’a pas fait ce que
Vous souhaitez, de se mettre en possession de Meisenheim.
Quant aux officiers des lieux saisis, il n'y a point de qualité et
tous de très peu de mérite; gens très mal intentionnés au service
du roi, qui sont plus des espions que des serviteurs, et qui ne font
des révérences que pour convaincre et pour faire leurs affaires
particulières et en un mot, nullement propres au service du roi.
Voilà ce que je Vous peux dire touchant ces messieurs là, et qu'il est bon, de
ne se pas presser, à donner des charges à ces gens là. Le plus honnête homme
de tous est le prevôt d'ici, qui fait les choses d'assez bonne grace, et donne
toutes les lumières, qu'il peut, et qui est un homme, qui a de quoi repondre de
ses actions, tous les autres n'étant que des vagabonds.
=... 505, 7
Nous avons encore tant de travail pour la signification de cet arrêt, que
je ne crois pas que monsieur de Vivice puisse s'en retourner de {rois semaines;
ainsi ne Vous ennuvez pas après lui; il est en très bonne santé.
Pour ce, qui regarde Offenburg, c'est une abbaye autrefois très riche, qui
s'appelle Diseboberg, qui a des grandes dépendances considérables, qui sont
possédées partie par monsieur le prince palatin, partie par madame la landgrave
de Hesse, et par monsieur le duc de Deux Ponts; elle est située sur une mon-
tagne, qui n’est commandée de nulle part, entre la Glane et Laneau (Nahe), à
quatre heures d'ici, deux heures de Meisenheim, et trois heures de Creistnac
(Creuznach) dans le baillage de Meisenheim, où l'arrêt de Veldentz est affiché;
Je m’informerai exactement de ses revenus, et Vous le ferai savoir. Je suis
avec respect
Monsieur
Votre très humble et très obéissant serviteur
Simon.
2
Capitain Simon berichtet über seine Reunionsthätigkeit im (rebiete des Herzogtums
Zweibrücken und der frühern Grafschaft Sponheim.
A Lautrek le 22 mai 1681.
Monsieur
Jai été à Trarbach et à Castellaun; je passe ici parceque c'est mon che-
min, pour aller à Birkenfeld, où je serai demain, pour me rendre samedi aux
Deux-Ponts, où je trouverai monsieur le prince de Birkenfeld, que je mettrai en
possession du comté de Deux-Ponts, et continuerai dans toutes les terres, dont
il a fait reprises; jusqu'à ce j'ai entièrement executé ce que Vous m'avez or-
donné à cet egard et lorsque cela sera fait, je commencerai par le landgraviat
de Linange.
Comme je crois, que Vous serez bien aise de savoir, ce que c'est de
Trarbach et de Castellaun, je Vous en dirai deux mots, jusqu'à ce que j'ai le
temps de Vous en dresser un mémoire plus ample.
Trarbach est une petite ville, située sur la Moselle, deux heures au dessous
de Veldentz, à moitiè chemin de Trèves à Coblence, cheflieu d'un bailliage, com-
posé de vingt villages, la plupart desquels sont situés sur la Moselle. La ville a
cent quatorze bourgeois; Traben qui est à l’opposite de Trarbach a vingt trois
habitants; Cröve, qui est une heure au dessous, en a cent dix, et Einkirek
(Enkirch), qui est une heure au dessous, en a cent quatre vingt, tous gens aisés,
les autres villages, qui sont dans le Hontzrück n'étant pas si peuplés, mais le
pavsan v étant assez accommode. Le château du dit Trarbach est très bon el
sans comparaison beaucoup meilleur que celui de Veldentz.
Castellaun est une petite ville fermée de brunes murailles, qui à un bon
château, dans la basse cour duquel, qui est en sureté, il y a de belles écuries
voütdes, où on peut loger cent chevaux et au dessus des dites écuries on peul
loger les hommes et au dessus du haut de très bons greniers. Dans Île donjon
on y peut loger assez commodement deux cent hommes, et pour peu qu'on tra-
vaillerait à la ville et au château il y faudrait venir par les formes. Cette ville
est située à cinq heures du Rhin et à cinq heures de la Moselle; elle est chef-
lieu d'un bailliage composé de soixante et dix bourgs et villages; l'un desquels
20
— 306 —
bourgs appellé Winningen est situé sur la Moselle à deux heures de Coblenz.
Il me semble, qu'il soit très util au service du roi, d'avoir dans
Trarbach et Castellaun des garnisons, pour tenir le pays dans le
respect et obéissance; d'autant plus, que monsieur l'électeur de
Trèves, monsieur l’electeur palatin et messieurs de Metternich et
autres se sont emparés d'une partie des villages, et obligent la
plupart des habitants des autres à reconnaître leur jurisdiction, et
que si le roi n’a pas des gens sur les lieux pour empêcher ces usurpations el
violences et maintenir ces nouveaux sujets, les habitants de ces lieux là seront
tous les jours persécutés, el à la suite du temps contraints de déserter. Je me
donnerais volontiers l'honneur de rendre compte de ces sortes de choses à mon-
sieur le marquis de Louvois; mais la crainte que j'ai, qu'il ne trouve pas bon
que je prenne cette liberté fait que je n'ose l’entreprendre; j'espère que Vous
aurez la bonté monsieur de l'en informer. Je suis etc.
D]
Capitain Simon berichtet über die Vollziehung der Reunion der Lundgrafschaft
Leiningen und weitere Reunions- Unternehmungen und Absichten, insbesondere in Worms
und der Kurpfalz.
A Grünstadt le 13 juin 1681.
Monsieur
A la sortie de Berigzabern j'ai fait venir ici messieurs les comtes
de Linange, lesquels, après beaucoup de contestations sur le lieu de l’assem-
blée, chacun voulant qu'elle se fit chez lui, sont enfin demeurés d'accord, que
ce serait ici. Ensuite de quoi J'y ai fait venir tous leurs sujets, et ai envoyé
des ordres dans tous les lieux du landgraviat, usurpés par monsieur l'électeur
palatin, qui a envové partout de ses dragons, défendre aux habitants, d’obéir,
même en a logé dans tous les villages, pour empecher les dits habitants d’en
sortir.
Pendant que Baudin et le lieutenant, que j'ai amené ici ont été signilier
aux habitants des dits lieux les ordres, que je leur avais donné pour la dite
assemblée J'ai été rendre visite à messieurs les comtes de Linange de Wester-
bourg et d’Oberbronne, à ceux de Hartenbourg et de Bocquenom (Bockenheim);
ils ont tous té moigné beaucoup de zèle au service du roi, et m'ont
fait mille protestations de fidelité pour lui.
La santé du roi et de toute la maison royale, celle de monseigneur le mar-
quis de Louvois ont été bus au son des trompettes, timbales, tambours. hautbois,
violons et autres instruments, et au bruit du canon, qu'ils ont partout fait ronfler
pendant plus de 3 heures; la Votre n'v a pas été oublié. Enfin ils n'ont rien
omis de tout ce qui a pu contribuer à faire connaître qu'ils sont bons fran-
cais; car le lendemain de mon arrivée ils ont envoyé par tous les lieux, dont ils
jouissent des ordres signés d’eux pour que l'on fit les prières publiques pour le
roi; ce qui s'est exécuté dès le lendemain au grand contentement de tout le
peuple.
Le jour de l’essemblée arrivée, après que j'ai fait ce que je devais, et
que je les ai eu mis en possession, ils ne se sont pas contentés, que leurs ha-
bitants leur prestassent serment de fidelité; ils ont voulu, qu'ils le fissent aussi
— 307 —
au roi, et quoique je leur ai dit, que ces sortes de choses se faisaient par des
commissaires deputés, ils m'ont répondu qu'ils etaient bien aises de commencer
à établir l'autorité du roi par là, tous ces peuples l'ayant fait avec des témoig-
nages de joie, qui sont incrovables. Tout ce jour s'est passé à boire à la santé
du roi, messieurs les comtes leur avant fait distribuer du vin tant qu'ils en
veulent boire pour cet effet.
Les habitants des lieux usurpés par monsieur l'électeur palatin sur le dit
landgraviat, n'étant comparu, j'ai donné défaut contre eux, et pour le profit ai
déclaré, la possession bien et valablement prise, comme Vous verrez monsieur,
par la copie du procès-verbal que je Vous envoie. Je Vous demande la grâce de
me mander, si le dit procès-verbal est bien fait, afin que quand j'irai dans le bas
comté de Sponheim, et que je ferai assigner Creulznach et autres lieux usurpés
par monsieur l'électeur palatin, même chez les Rhingrafes, de la plus part des
lieux desquels il s'est emparé, je fasse la même chose, et s'il y manque quelque
chose, Vous auriez la bonté de lv ajouter et me le renvover.
Les biens, dont messieurs les comtes de Linange ont joui jusqu'à présent
et desquels ils sont encore en possession, consistent en six châteaux, sept bourgs,
quarante quatre villages et cinq melairies, dans lesquels il-v-a quatorze-cent
chefs de famille et autre fois il-y-en avait jusqu'à dix ou douze mille à ce que
m'ont dit les dits comtes.
Les usurpations, que monsieur l'électeur palatin à fait sur le dit land-
graviat, sont huit grands bourgs, deux desquels sont fermés de bonnes murailles,
avec un bon fossé et où il-y-a garnison, dix neuf beaux villages et quatre métairies,
dans lesquels il peut y avoir deux mille chefs de famille: tous les lieux du dit
landgraviat sont situés dans la plaine entre les montagnes et le Rhin, et entre
Franckendal, Wormbs et Mayence, très bon pays et où les paysans sont à
leur aise.
Deux de mes chevaux m’ayant manqué en chemin, j'ai été obligé d'aller
à Wormbs, pour en acheter d’autres; j’v ai vu monsieur d’Eltz, grand doyen du
chapitre du dit lieu, à qui j'ai donné l'alarme pour des biens, qui lui appartien-
nent et même ai touché l'accorde pour ceux de monsieur l'évèque et du cha-
pitre. Le lendemain le dit sieur d’Eltz m'a envové son frère me dire, qu'il me
viendra voir mardi prochain tant pour ses biens propres, que pour ceux du dit
eveche; qu'il y serait venu lui même, mais que le chapitre s'étant assemblé sur
ce que je lui avais dit, il ne pouvait quitter. Je lui ai donné rendez-Vous à
Meisenheim, lorsque je l'aurai vu, je Vous rendrai compte de l'entretien, que
nous aurons eu ensemble.
Messieurs de la régence de Wormbs m'ont envoyé un de leurs docteurs
faire des protestations pour la moitié de la ville et du château de Neuf-Linange,
qu'ils disent leur appartenir; je les ai renvoyé à la chambre rovale el ai passé
outre à l’éxécution de ma commission, ce que je crois qu'il les fera häter.
Messieurs les comtes de Hohenlau ayant aussi usurpé cinq villages du
dit landgraviat, je les ai réunis au corps et en ai mis possesseur messieurs de
Linange. Si les dits comtes de Hohenlau allaient à Metz, pour faire
les reprises des dits villages, il serait bon, de ne les point recevoir
par procureur, et même de les obliger à faire reprises de tous les
IR,
—' Sr
autres biens qu'ils possèdent"), ce qu'ils feront, pour tächer de con-
server les dits cinq villages.
Messieurs les comtes de Linange souhaiteraient fort d’avoir une garnison
dans un des lieux du dit landgraviat, afin de se maintenir contre les violences
de monsieur l'électeur palatin. Je ne trouve point d’endroit, où elle serait
mieux qu'à Neuf-Linange, dans le château du quel lieu monsieur l'électeur a
mis un sergent et six soldats pour chagriner les dits sieurs comtes. Je crois même
qu'il serait très util au service du roi, d'avoir deux compagnies d'infanterie el
quelques dragons pour tenir tout le pays dans le respect.
En attendant l'échéance du jour de l'assemblée, j'ai refeuille
les archives des dits sieurs comtes. Je trouve, qu’en l'an quatorze
cent, quatre vingt et dixsept vassaux font reprises de Hesso, land-
graf de Linange de quantité de beaux villages et autres grands
biens, et entre autres de la ville de Freusheim et du château de
Honec possedés par monsieur l'électeur palatin; tous les actes de foi et
hommage, qu'ils ont rendus, sont inscris dans un livre, que monsieur le comte
de Linange-Westerburg a en main, du quel j'ai fait un petit abrégé, que je Vous
mettrai en main, lorsque j'aurai l'honneur de Vous voir. J'ai bien échauffé
messieurs les comtes de Linange les uns contre les autres, qu'un premier jour
ils seront tous à Metz et y porteront tous leurs titres, qui sont en grand nombre.
Monsieur l'électeur palatin sachant que la ville de Pettersheim est une
dépendance du comté de Falkenstein, a donné ordre, à ce que l’on m'a dit, pour
en faire raser les mur.illes, ce qu'il faudrait empêcher s'il était possible, parce-
que c'est un lieu où le roi pourrait loger des troupes, situé dans la plaine à
une heure de Wormbs. Jamais pays n'a été si alarmé, que celui de
monsieur l'électeur palatin; mais la plupart des sujets souhaitent
passionnement d'être sous la protection du roi.
La noblesse de ces quartiers là, que monsieur l'électeur pala-
tin a depouillé attend ce jour là, comme les juifs le Messie.
Je Vous envoie Monsieur la procuration, qu'un gentilhomme de ce pays-là
a donné pour faire reprise de son bien. Il v en aura encore d’autres qui
suivront.
J'ai fait donner assignalion à messieurs les comtes de Nassau de Weil-
bourg, des quels le comte de Nassau d'Ottweiler est tuteur; il s’est caché et n’a
pas voulu, que personne de ses gens prit l'exploit; on l’a donné à son portier;
s'il va a Metz, pour faire les reprises, je Vous prie Monsieur de l’obliger de les
faire de Kirckheim, de Boland el de Gueileim, avec leurs appartenances et dé-
pendances, qui sont grandes et considérables, et de ne lui point donner de quar-
tier, parce qu'il fait, l'entendu dit, cent sottises, préjudiciables au service du roi,
et fait tout ce qu'il peut pour empêcher les gentilshommes de ce pays là à se
soumettre; a même déclaré contre messieurs les comtes de Linange de ce, qu'ils
ont fait leurs reprises; ainsi il est bon (ce me semble) de mettre cet homme à
la raison.
Je Vous envoie l'exploit d’assignation qui lui a été donnée, ayant aussi
fait saisir entre les mains de leur receveur, Je viens de recevoir la lettre, que
Vous m'avez fait l'honneur de m'écrire le 9me du présent mois, comme j'ai
') also selbst olme den Schein eines Rechtsanspruches.
— 309 —
achevé avec messieurs les comtes de Linange quant au landgraviat. Je partirai
demain pour aller joindre monsieur le prince de Birckenfeldt, et prendre jour
avec celui, pour le mettre en possession du bas comté de Sponheim. Et pendant
que Baudin ira assigner les habitants de la dépendance du dit comté, J'irai à
Coblentz, porter à monsieur l'électeur de Trèves la lettre que Vous lui écrivez,
afin de ne point perdre temps.
Je n'ai point d'ordre, pour mettre personne en possession du comté de
Falkenstein et baronnie de Repoldskirchen; et comme monsieur l'électeur palatin
a fait de grandes usurpations sur les dit comté et baronnie, et que ce sera une
même querelle, qu'en ce landgraviat de Linange, mandez-moi, s'il Vous plait,
monsieur, si je dois faire la même chose que j'ai fait au dit Linange, au cas
qu'il m'arrive des ordres, pour les mettre en possession des dits comté et ba-
ronnie.
Je suis etc.
4.
Capitain Simon berichtet über seinen Besuch beim Kurfürsten von Trier in Coblenz,
über Reunionsunternehmungen in der früheren Grafschaft Sponheim und bei den
ktheingrafen, sowie weitere Absichten.
A Lautrek le 24 juin 1687.
Monsieur
J'ai été a Coblentz où j'ai eu l'honneur de voir monsieur l'électeur, à qui
j'ai rendu Votre lettre. A l’abord il a changé de couleur et a été une
heure comme un homme mort; enfin s'étant reparé après avoir lu la lettre,
il m'a dit, qu'il s’étonnait fort du procédé de Mr de Sötern, qui est pavé (à ce
qu'il dit) et même au delà de ce, qui lui était du; comme je le veux justifier
par ses quittances, lorsque le dit sieur de Sütern agira par les formes devant
les juges, qui en doivent connaître, qu'il dit être le conseil de l'empereur et
qu’enfin toutes ses prétentions ayant été reglées par un arrêt de la cour de
Vienne, il n'était pas en peine de ces sortes de chicanes; qu'il était surpris de
la mauvaise foi de ce gentilhomme. Après quoi il s'est étendu sur ce, que Dach-
stuhl et les autres terres, qu’il possède, étant un fief de Trèves, comme il pré-
tend, il en ait fait ses reprises à la chambre royale, mais que ces sortes de
choses auraient leur temps, et qu'il esperait, que la conference de Francfort re-
tablirait les choses à leur positive état et qu'il était persuadé, que le roi ne pré-
tendrait, que ce qui lui appartient legitimement. Et ensuite, m’ayant fait mille
honnêtetés, m'a dit, qu'il ferait reponse, et me l'envoyerait; sur quoi, lui ayant
fait une profonde révérence, je me suis retiré. Le lendemain a six heures du
soir il m’envoya par son chambelan et son secretaire la lettre ci-joint, laquelle
ayant reçu je parlis encore le même jour.
Pendant que j'étais au dit Coblentz, le lieutenant que j'ai ici el
Baudin que j'avais envoyé à Creutznach y étant entrés sous un faux
prétexts (sans quoi les portes leurs auraient été fermées) y passèrent
le reste du jour tout tranquillement jusqu'au soir, que l’aide-major de la place,
élant venu au cabaret, où ils logeaient s'informer tout particulièrement, qui ils
élaient; mais le lieutenant lui avant dit, qu'ils étaient de la garnison de Lands-
perg, qu'ils allaient à Bingen, cet aide-major, soit qu'il se soit delié de la chose
— 310 —
ou qu'il ait eu d’autres raisons, que je ne peux point deviner, mil une sentinelle
devant la porte de leur logis, ce qui ne les empêcha pas dès la pointe du jour
suivant de faire tout ce, qu'ils devaient; avant signifié au bailli du lieu parlant
à sa personne la déclaralion du roi, l'arrêt de Veldentz et mon ordonnance en
exécution de la commission obtenu en la chambre royale par monsieur le prince
de Birckenfeld; ce bailli fut si interdit qu'il tremblait, comme s'il
avait eu deux Jésuites à ses cotés et un bourreau derrière lui, et ne
put ouvrir la bouche, que pour dire: »je proteste«, et comme l’aide-major
de la place était chez lui, ıl prit les significations et les jeta devant les portes;
sur quoi le dit lieutenant et Baudin elant sorti, en furent affichées autant à la
porte de la maison de ville, que l’aide major fit arracher et qui furent rattachées
une seconde fois par le dit Baudin et derechef arrachées par le dit aide-major;
sur quoi la populace, etant accourue, la pluspart lémoignaient en être fort
aises. Ensuite de cela, mes gens voulant sortir de la ville, trouverent les portes
fermées, qui leurs furent ouvertes une heure après par l’aide-major, qui leur dit
(en tremblant) de la part du gouverneur, que s'ils leur arrivait jamais de venir
à Creutznach faire de pareilles sottises, qu'ils en repentiraient, et qu'il fallait
être aussi effronté qu'eux, pour faire un coup pareil à celui là: voilà ce, qui
s’est passé au dit Creutznach, où deux jours après monsieur l'électeur palatin a
envoyé 200 dragons, desquels 30 ont été envovés à Sponheim, pour m'empêcher
d'exécuter ma commission et comme J'avais pris jour au 23 du présent mois,
pour mettre monsieur le prince en possession du dit Sponheim et que j'v avais
fait assigner tous les ofliciers, maires et habitants du dit comté, appartenances
et dépendances, pour les 9 heures du matin, monsieur l'électeur leur a à tous
envoyé ordre de comparaître le mème jour au dit Creutznach pour les 6 heures
du matin à peine de la vie, et défense sur mèmes peines à tous les dits offi-
ciers, maires et habitants de se trouver au dit Sponheim, suivant les ordres,
qu'ils avaient recu de moi. Mais ni ses défenses, ni ses dragons ne m'ont em-
pêché de passer outre à l'exécution de ma commission; car m'étant rendu au
dit Sponheim assez matin, pour y trouver les habitants, que jv ai retenu, j'ai
mis le dit sieur prince en possession; de quoi j'ai dressé mon procès-verbal que
J'ai fait signer au prevöt et gens de justice du dit Sponheim. Et à l'égard des
messieurs de Creutznach, ceux de la ville de Kirbrick et autres dépendances du
comté de Sponheim, qui n'ont point comparu j'ai donné défaut contre eux el
pour le profit j'ai declaré la possession bien valablement prise avec les mèmes
commandements et défenses, qu'au landgraviat de Linange. Vous me ferez plai-
sir, Monsieur de me mander, si j'ai bien ou mal fait; car si la chose n'est pas,
comme Vous la souhaitez, on peut encore y remedier, parceque mon procès-
verbal n'a encore été vu de personne, n'en ayant point voulu donner de copie
à monsieur le prince jusqu'à ce que j'ai de Vos nouvelles là dessus.
Messieurs les Rhingrafs font autant de difficulté, et plus de se faire
mettre en possession, qu'ils en ont fait pour leurs reprises, el comme ils ne
m'avaient point fait de réponses sur deux lettres, que je leurs avais ecrit sur ce
sujet, je les ai été voir, pour savoir leurs raisons. Ils m'ont dit qu'auparavant
qu'ils puissent se faire mettre en possession, il fallait, qu'ils conferassent avec
messieurs les électeurs de Mayence, Trèves et palatin avec lesquels ils disent
avoir de grandes mesures à garder, que s'ils se faisaient mettre en possession
et que l’on fit dans leurs terres les mèmes choses, que j'ai fait dans le land-
— 911 —
graviat de Linange et comté de Sponheim, cela leurs attirerait de grands affaires
avec Is dits sieurs électeurs et que si elles venaient à se brouiller et chan-
geaient de face, ils avaient ces électeurs pour enemis, lesquels ils veulent ab-
solument conserver pour amis; qu'ils se contentent de posséder paisiblement ce
qu'ils ont, et qu'ils n'en demandent pas d'avantage, avec bien d'autres raisons
aussi impertinentes, qui seraient trop longues à déduire. Vous vovez bien, Mon-
sieur, l'intention des pélérins, et que si on ne les presse vigoureusement, on n'en
viendra jamais à bout; si Vous jugiez à propos de m'envoyer un ordre pour cela
ou dans la lettre, que Vous me ferez l'honneur de m'écrire, et inserer un ar-
ticle sur ce subject et me quereller d'importance, ıne menacer de me rendre
responsable de tout cela, faute par moi d'exécuter incessamment la commission
qui m'est adressée, je leur ferais voir cet article et les presserais rigoureuse-
ment. Je serais mème bien aise, que cette affaire fut vidée avant la moisson;
car n'ayant plus que celle là, celle des messieurs les comtes de Hanau, et de
Linange et le comte de Ribaupierre, je tâcherais de les achever, pour aller mettre
mes grains au logis.
Ne sachant plus rien en deca du Rhin, dont on n'ait fait les
reprises, que les châteaux et seigneurie d’Eberbourg, ceux de Dal-
berg, de Guemund, de Metzenstein et de Mandelle, j'ai fait donner
assignation aux seigneurs des dits lieux, de Vous envoyer les ex-
ploits!).
Hier passant à Meisenheim, je vis Mr le baron de Dalberg, qui me dit,
que sa seigneurie était un fief mouvant immédiatement de l’empereur; je lui dis,
qu'il fallait aller discuter cela à la chambre royale. Il me répondit, qu'il en-
voyerait son bailli, et qu'en fin, s'il était obligé de faire comme les autres, il s’v
résoudrait; ainsi pour peu que Vous le pressiez il fera ses reprises.
Comme monsieur le prince de Birkenfeld trouve dans ses docu-
ments, que la seigneurie de Bickelheim dépendait autrefois des
Deux-Ponts, et qu'elle est présentement en sequestre entre les
mains de l'empereur, qui tient une garnison dans le château du dit lieu; sur
ce que monsieur le prince de Simmern qui la possedait étant mort sans enfants
mâles, messieurs les électeurs de Mayence et de Heidelberg ont prétendu, qu'elle
leurs appartenait, le premier par engagement, et l'autre par succession il m'a
demandé ce, qu'il devait faire là-dessus; je lui ai dit, qu'il me semblait, être à
propos, avant de rien faire, de Vous en écrire pour recevoir Vos ordres; cette
seigneurie est considérable, le château est très bon; la ville de Sobernheim et
celle de Munzingen, qui sont fort jolies, l’une située sur la rivière de Naü, el
l'autre dans le Hontzrück en dépendent; mandez-moi, s'il Vous plait, Monsieur,
si se dois l'en mettre en possession dans les lieux mêmes, ou si je les dois faire
convoquer à Meisenheim, ou si je ne dois faire ni l'un ni l’autre, qu'elle con-
duite j'aurai à tenir pour cela.
Avant appris, que le sieur de Bourchet prétendait, que la seigneurie de
Marxheim, dont monsieur de Hounolstein a fait reprise lui appartenait, j'ai fail
en sorte pour nous assurer cette seigneurie de tirer de lui une procuration,
1) Also aus keinem andern Grunde, als weil sie auf dem linken Rhein-
ufer lagen.
ee
pour en faire les reprises; je Vous l’envoie Monsieur, et Vous prie de lui faire
expédier ses affaires.
Depuis que monsieur le prince de Birckenfeldt est en possession du duché
de Deux-Ponts et du comté de Sponheim, ses officiers v persécutent les catho-
liques, particulièrement à Trarbach et à Castellaun, où monsieur le prince de
Bade (à qui appartenait la moitié de ce comté et où les catholiques sont en plus
grand nombre que les Luthériens et Calvinistes) a toujours tenu des prêtres
pour faire le service et leurs administrer les sacrements, lesquels on ne veut
plus souffrir ayant fait défense aux Capucins de Berncastel, qui faisaient le ser-
vice à Trarbach, de s’y trouver d'avantage et ordonné au curé de Castellaun, de
sortir du château où il a toujours residé, ce qui met ces pauvres catholiques
au désespoir. Ceux de Meisenheim, qui sont au nombre de vingt-trois familles
et plus de cent cinquante domestiques catholiques sont extrèmement mal traités,
auxquels on ne donne pas seulement la liberté, de venir à la messe de Lautrek,
ni de faire baptiser leurs enfants par nos prêtres, encore moins recevoir les
sacrements dans leur necessité, ces pauvres gens, mourants comme des chiens
sans confession et sans communion.
Si Vous aviez la bonté d’en écrire un mot au dit sieur prince, Vous feriez
une grande charité et empêcheriez la désertion des catholiques, qui aimeront
beaucoup mieux abandonner, que d'être traités de cette manière.
Je Vous demande la grâce de me faire réponse sur ma précédente, et de
Vous souvenir de Votre pauvre archidiacre, qui est avec un profond respect etc.
J'oubliais de Vous dire, que monsieur le prince de Veldentz est allé à
Ratısbone.
VIL
Déclaration du roi, portant suppression de la chambre royale établie
à Metz, verifiée en Parlement le 25 décembre 1686.
Abdruck aus recueil des arrêts, S. 461.
Louis, par la grace de Dieu roi de France et de Navarre: à tous ceux,
qui ces présentes lettres verront, salut, Comme par le trait& de trève, conclu à
Ratisbonne le quinzième août 1684 entre Nous et notre très cher et très aimé
frère l’empereur et l'empire, Nous avons promis pendant les vingt années, que
la dite trève doit durer, de ne faire aucunes nouvelles réunions et de ne point
prétendre de rentrer en possession d’aucuns lieux, dont Nous n'étions pas en
possession le jour de la signature du dit traité, et qu'ainsi la chambre royale
par Nous établie a Metz, en conséquence de l'arrêt de notre conseil du vingt-
troisième octobre 1679 pour procéder aux dites réunions, devient inutile, d’au-
tant plus, que ne s'agissant à présent que de la reception des hommages, aveux
et dénombrements, qui n’ont pas encore été faits et fournis de ce, qui a été
réuni avant la signature du dit traité, dont suivant celui la souveraineté Nous
doit rester, il n'est pas convenable, que les officiers qui composent la dite
chambre soient détournés de leurs fonctions ordinaires pour ce qui en reste
à recevoir, savoir faisons, que pour ces causes el autres à ce Nous mouvants el
de notre propre mouvement, plein puissance et autorité royale Nous avons éteint
el supprimé, èteignons et supprimons par ces présentes, signées de
— 3135 —
notre main, l'établissement, par Nous fait de la dite chambre royale
de Metz; voulons et Nous plaît que les présidents et conseillers, qui la composent,
mème notre procureur général en celle, le greffier et les autres supôts de la dite
chambre, soient tenus de se séparer pour vaquer aux autres fonctions de leurs char-
ges, et que les seigneurs ou propriétaires des lieux, ci devant réunis, qui n’ont en-
core fait les hommages qu'ils Nous doivent ou fourni les aveux et dénombre-
ments, avec les pièces justificatives, ainsi qu'ils sont obligés, soient tenus d'y
satisfaire en notre cour de Parlement, chambre des comples, aides et finances
de Metz, tout ainsi, qu'ils auraient dû faire à la dite chambre royale de Metz;
contre lesquels pourra notre procureur général en notre dit cour, prendre les
conclusions et faire les blämes, s'il v échet, q’aurait fait notre procureur général
en notre dite chambre. Voulons en outre, que les régistres et papiers de notre
dite chambre soient remis par le greffier de celle en les mains du greffier de
notre dite cour de parlement, lequel s’en chargera au bas de l'inventaire, qui
en sera dressé, en présence de notre procureur général en notre dite cour et de
notre procureur général en notre dite chambre. Si donnons en mandement a
nos aimés et féaux, tenants notre dite cour de Parlement de Metz, que ces pré-
sentes ils aient à faire publier et enrégistrer, et le contenu en celles faire entre-
tenir garder et observer. Car tel est notre plaisir. En témom de quoi Nous
avons fait mettre notre sceau à ces dites présentes.
Donné à Versailles le vingt-huitiöme jour de novembre lan de grace mille
six cent quatre vingt six, et de notre règne le quarante quatrième.
signé Louis.
Et sur le repli: par le roi Le Tellier, et scellée du grand sceau de cire
jaune pendant à double queue de parchemin.
Folgt der Einregistrierungs- Vermerk vom 23. Dezember 1686”).
1) Ein solcher Erlass erging für die mit Reunionen beauftragten Kammern in
Besançon und Breisach naturgemäss nicht. s. 8. 88.
LE HERAPEL.
l.
DESERIFTION IS TORIOUE
des
Monnaies antiques mises à jour par M. E. Huber dans les fouilles
du Herapel. (1886-_-1895.)
Si l’on considère la petite surface qu’embrassaient ces fouilles,
et les quantités de pièces ramassées à la surface du sol, jusqu'à ce
jour, on devra admettre que l'importance de ce poste a du être sérieuse,
ainsi que l'indiquent, du reste, les nombreux croisements de voies en
ce lieu.
Nos trouvailles se composent de pièces gauloises, grecques et ro-
maines: ces dernières s'arrêtent aux règnes d’Honorius et d’Arcadius,
en l'an 400.
Nous ne parlons que pour mémoire des pièces frustes; nous en
avons rencontré deux cent cinquante, dont quarante grands bronzes,
cinquante moyens bronzes, du haut empire et cent cinquante petits
bronzes du bas empire.
Dans les anciennes forteresses de la Sarre, de la Moselle, de la
Meuse, il a été trouvé quantité de pièces gauloises en même temps
que des pièces romaines. En effet, ces points stratégiques étaient occupés
par les Gaulois, tout d'abord. Ces forteresses devenues gallo-romaines
ont été entourées de solides remparts à cause des attaques énergiques
qu'elles ont du repousser fréquemment. Ces fortes murailles ont été
renversées, puis reconstruites avec toutes sortes de matériaux. Sous les
ils de Constantin on n’hesita pas à faire entrer dans les murailles les
monuments païens, les tombes, les pierres votives: les anciennes
sculptures furent nivelées par le marteau du tailleur de pierres.
Ces reconstructions furent définitivement rasées par les invasions
de 410 et de 450.
Des monnaies Gauloises du Herapel.
Il est utile de comparer le Herapel avec les forts établis a là
même époque dans les régions de l'Est.
M. l'abbé Fourot, professeur de rhétorique au Collège de St-Dizier
(Haute Marne), a publié en 1887 un travail fort intéressant sur l’oppi-
dum du Châtelet. On y a trouvé l’eleetrum, l'argent et le potin gaulois
par quantités considérables: sr 9000 monnaies, il y avait 1600 gauloises.
Dans ses Ætudes sur les monnaies antiques recueillies de 1502 à
1874 au Châtel de Boviolles!) M. Maxe-Werly s'exprime ainsi:
« Nous n'irons point chercher une explication des différents en-
«blèmes des monnaies gauloises dans les rites druidiques. et sans con-
«tester qu'ils aient pu être acceptés comme symboles politiques ou
« religieux, nous nous bornerons à démontrer qu'ils doivent leur origine
«soit aux marques monétaires inscrites sur les monnaies étrangères
«prises comme modèles, soit à lignorance des monnaveurs gaulois.
<soit enfin aux singuliers résultats produits par l’altération persistante
« dans la représentation des types imites. »
«Le Sanglier, porc ou verrat est un type essentiellement gaulois
« qui se retrouve sur les monnaies de presque tous les peuples de la
« Gaule, soit comme symbole politique ou religieux, soit comme enseigne
«national. Dans le pays des Leuques, il affecte une forme particulière
« qui le fait reconnaitre immédiatement, quelle que soit la barbarie de
« son exécution.
< Le Cheval apparail sur les monnaies de presque tous les peuples
« de la Gaule, et selon la manière dont il est représenté, il devient
« facile de déterminer la région à laquelle il appartient. »
M. Maxe-Werly divise ensuite les monnaies gauloises de Boviolles
en six groupes, avec dessins gravés dans le texte.
Monnaies gauloises en or.
Leukoise, !/s de statère d’or. Poids 1 gr. 70. Pièce concave. Face. Tête dia-
dèmée tournée à droite, notée dans le 1°" groupe, 1re série des gauloises classées
par M. Maxe-Werlv.
Kevers. Même 1er groupe, mais 2° série. Cheval galopant à gauche, au-
dessus un rameau à 8 branches et deux signes en forme de S. Au-dessous du
cheval, une rouelle formée de neuf globules. Devant le poitrail une croisette dont
les extrémités sont arrondies,
1) L’oppidum de Boviolles placé sur la route de Toul à Reims avait pour
mission de protéger les villes de Nasium et de Grand.
| STE
Leukoise, statere d’or. Poids 3,50. Pièce concave. Face. Tête barbare tournée
à droite avec un gros œil de face; le profil est assez apparent.
Elle est décrite de face et de revers dans le 1er groupe et la 28 serie des
sauloises classées par M. Maxe-Werlv.
Revers. Cheval galopant à droite; au-dessus de lui, un rameau à dix
branches et deux signes en forme de S; au-dessous une rouelle formée de treize
globules; devant le poitrail une croisette dont les extrémités sont arrondies.
Leukoise, statere d'or. Poids 6,70. Pièce concave. M. Maxe-Werly place cette
médaille dans le 3° groupe. Face. Têle de Janus imitée des monnaies de
l'Italie portant la légende ROMA.
Revers. Cheval galopant à gauche; devant la bouche, un fleuron en forme
de feuille de trèfle; sous les jambes une rosace ou rouelle à huit ravons amincis
et terminés par une boule. Au-dessus du cheval une Ivre surmontée d'un em-
blöme en forme de nœud aux pointes allongées,
Monnaies gauloises en argent.
Leukoise, argent. Poids 2,—. Face. Tête de profil, à gauche, dont on ne voit
qu'un œil et un bandeau, fraction d'une tête d’Apollon grec.
Revers. Cheval marchant à gauche. Entre ses jambes, un triangle. Cette
pièce est de bonne facture.
Leukoise, argent. Poids 2,—. Face. Une personne assise à gauche, le bras
droit levé, le gauche, pendant. Devant elle un rameau horizontal composé de
plusieurs branches; au-dessous, un serpent.
Revers. Un cheval marchant à gauche, la tête tournée également à gauche.
Au-dessus de lui plusieurs globes et un grand croissant. Le globe principal et le
croissant pourraient représenter le soleil et la lune; les plus petits globes, les
étoiles. Au-dessus du cheval on aurait donc représenté le firmament.
Cette pièce d'argent barbare et épaisse a été trouvée devant le temple
du Herapel.
Leukoise, argent. Poids 1,80. Piece de la civilisation grecque; imitation de
monnaies de Marseille. Face. Tête à gauche avec diadème et collier.
kevers. Cheval galopant à gauche; sous ses jambes, un triangle; sur le
sol, une rouelle ou roue à quatre rayons. En face du poitrail, un troisième symbole.
Monnaies Gauloises dites Leukoises.
Monnaies de potin, sans inscriptions, pièces coulées en chapelet et montrant
deux cassures de liaison.
Ces pièces sont attribuées aux Leukes, Leuci, c'est-à-dire aux habitants du
pays de Toul et de l'Est de la Gaule.
Type n° 1. Face: Une tête vue de profil, à gauche et assez bien moulée.
Revers. C'est le sanglier des enseignes des Gaulois: il est campé, fièrement,
tes soles hérissées, se présentant à gauche. Entre ses jambes et sur le sol, deux
demis-annelets surmontés d'un troisième demi-annelet qui les relit.
Type n° 2. Même potin coulé. 5 pièces. Face: Une tête de profil diadèmée
avec un gros œil rond et des mêches de cheveux relevées.
Deux de ces pièces ont été trouvées devant le temple du Hérapel.
En 1876, M. A. Dupriez cite dans ses Notices sur les votes romaines du He-
rapel, la trouvaille qu'il a faite d'une semblable pièce, lors d'une promenade au
Hérapel.
En suivant la transformation des différents types de monnaies depuis
l'époque grecque, on est en présence d'une imitation d'une tête d’Apollon grec
de style barbare.
Revers. Sanglier, aux soies hérissées, marchant à gauche. Entre ses jambes
et sur le sol, une fleur à trois pétales, où rameau à trois branches plus ou
moins longues.
Type n° 3. 2 pièces. Mêmes pièces de potin que le type n° 2, sauf au
revers, deux annelets sous le sanglier et sur le sol.
Type n° 4. Un seul annelet.
Monnaies Gauloises de Trèves.
Bronze. Poids 2,60. Face: Une tête de Vénus diadèmée, à droite.
Revers: Un taureau à gauche, levant le pied gauche. Au-dessus de lui
GERMANVS el au-dessous de lui INDVTILI F.
L'expression de Germanus fils d’Indutillus, était une forme gauloise réservée
à des gens de distinction.
La tête ressemble à la tête diadèmée de Vénus, à droite, gravée sur la
pièce de Jules César 47 av. J.-C., portant pour légende C. CAESAR IMP. COS.
ITER. (Voir Cohen 1, Jules César).
Le revers portant un taureau marchant à gauche au milieu des légendes,
est identique à celui de Jules César de l’an 43 av. J.-C. portant au-dessus d’un
taureau, à gauche, la légende Q. VOCONIVS et au-dessous, le mot VITVLVS (voir
Cohen 46, Jules César).
6 Cette piece passe pour avoir été frappée à Trèves sous Auguste, et comme
elle est aussi finement gravée que celles de Jules César, elle peut être de fac-
ture romaine.
Bronze. Poids 2,60. Pièce semblable à la précédente, mais un peu plus
large et moins finement gravée.
Disons au sujet de ces deux types de têtes de Vénus, ce que nous écrivions
au sujet des autres monnaies gauloises: les types des médailles une fois créés
par de bons graveurs, on confiait à des artistes de mérites divers, le soin de
graver la quantité considérable de coins nécessaires à chaque émission. Certains
d’entre eux ne savaient ni lire, ni comprendre les légendes latines.
Bronze. Poids 2,10. Face: Un buste à droite avec légende incomplète pré-
sentant à droite les lettres À 0.
Revers. ARDA. Genre des statères d'or décrites, à savoir cheval galopant
à droite. Entre les jambes une croisette à quatre branches dont les extrémités
sont arrondies; devant le poitrail, un signe de forme en S. Au-dessus du cheval
un croissant et l'inscription ARDA.
Arda était chef des Trévires. Il est cité dans le deuxième livre des com-
mentaires de César, lorsque fut pris Galba, chef de Soissons.
Monnaies gauloises de Strasbourg.
Potin. Poids 3,7. Pièces coulées en chapelets. Face. Tête d’Auguste, à droite.
Légende ARG derrière la tête. La légende devant la tête est illisible.
Revers. Un bœuf marchant à droite, dans un champ entouré de feuillages.
Consulter au sujet de cette pièce fort rare et de son attribution à Stras-
bourg, la brochure de M. Bretagne (Nancv, 1882).
Monnaies gauloises de Châlons.
Potin. Poids 4,—. Pièces coulées en chapelets et anépigraphes. Elles sont
attribuées aux Catalauni (Chälons-sur-Marne) et sont fort communes. Face. Un
guerrier gaulois. à la longue chevelure, s'avançant à droite, arme d'un javelot el
d'un bouclier rond. Au-dessus, un symbole, au-dessous, un annelet.
Monnaies gauloises du pays messin.
Bronze. Poids 2,70. Face. Tête casquée, à droite.
Revers. Cheval Pégaze à droite; daus le bas EDIO; une lettre semble man-
quer, sans doute une M, ce qui ferait MEDIO.
Médailles grecques du Hérapel.
A propos d'un médaillon grec de l'Empereur Septime-Sévère, voici ce qu'écrit
l'abbé Ledain:
« Les antiquaires de Sarrelouis, de Sarrebruck et d’autres lieux, étaient
« autrefois accourus vers notre montagne du Fieraple, située entre Folckling et
Cocheren, à une petite distance de Forbach, afin de recueillir les objets rares et
« précieux, et les médailles antiques, que les travaux de l’agriculture et les exca-
vations ramenaient du sein de la terre, sıfr ce plateau dont les romains avaient
« fait un camp retranché important el, en outre, mis en communication avec
d’autres positions fortifiées, et avec des villes éloignées, au moyen de
« larges voies stratégiques qui n’ont pas entièrement disparu).
A
A
« Beaucoup de médailles romaines furent trouvées sur le Hiéraple et, dans
leur nombre, il veut des médailles grecques et même un médaillon grec de l'Em-
« pereur Septime-Severe. Ces dernières médailles avaient dü être apportées par
« des soldats appartenant aux légions romaines qui de l'Orient avaient passé dans
l'Occident de l'Empire.
Le médaillon grec de Septime-Sévère, possédé d’abord par M. le
baron Marchant de Metz, a passé après sa mort de la riche collection numismatique
« qui lui avait appartenu, dans la collection numismatique de la ville de Metz,
') Voyez les observations sur le Hiéraple, etc., par M. Altmayer, dans les mémoires de
l’Académie de Metz de l’année 1828-1829. Voyez aussi la notice sur le Hiéraple par M. Victor
Simon, dans les mémoires de l’année 1840-1841, et dans le bulletin de la Société d'archéologie du
mois d'avril 1862, une Lettre de M. Gustave Lousteau, ingénieur au chemin de fer du Nord, mon
ancien condisciple au Collège de Metz pendant les années 1824, 1825 et 1826. Enfin voyez aux
notes supplementaires la note B.
— 319 —
< où il est encore. Voici la description qui en a été faite par M, Victor Jacob, l’un
<des bibliothécaires:
« Medaillon de bronze de Septime-Sévère, frappé à Périnthe en Thrace.
«AV. K. 4. CEIITI CEVHPOC. ILE. Buste lauré de l'Empereur vêtu
«du paludamentum, à droite. R/ DAAAEADEIA ITEPINOIQN à
« l'exergue NEQKOPON. Hercule menace Echidna (Xe travail, raconté par
« Hérodote).
« Ce précieux médaillon a été trouvé au Hiéraple.
M. R. Dupriez cite entre autres pièces trouvées au Hérapel en 1876 une
monnaie de potin de O0 m 02 de diamètre et de 0 m 004 d'épaisseur, médaille
impériale grec de l'Empereur Gallien:
Gallien. Potin. Face: AVG. C. P. LIC. GALLIENO. C. GER. Sa tête laurée,
à droite. R/ un aigle debout tenant dans son bec une couronne de chêne: à sa
droite une branche de laurier, à sa gauche les lettres L 1.
Cette médaille a été frappée à Alexandrie (Egvpte). Elle fait partie de ma
collection.
Trajan. Cuivre. Face. Buste de Trajan à droite, . . . I KO ...
Revers. Aigle aux ailes déplovées, regardant à droite.
On ne distingue de la légende que quelques lettres grecques. Pièce frappée
à Alexandrie en Egvpte.
Trajan. Potin. Face. Tête laurée de Trajan, à droite, buste nu. Légende illi-
sible. À droite une contremarque portant les lettres AAK. Belle patine.
Revers. Tête de femme tourelée, à droite. Légende illisible.
Des monnaies romaines du Hérapel.
Ateliers monétaires.
L'Empereur Auguste se réserva le droit de faire frapper les
monnaies d'or et d'argent. Le sénat fut autorisé à faire frapper les
monnaies de cuivre, comme l'attestent les lettres S. C. (Senatus consulto)
placées aux revers.
La création des Ateliers monélaires provinciaux date de Gallien
(an 253 de J.-C.). Les monétaires étaient tenus de se conformer aux
ordres et aux prescriptions du directeur général qui résidait ordinaire-
ment à Rome.
Sous Gallien, ce magistrat s’intitulait Praefectus derarü el sous
Constantin le Grand, Comes Sacrorum largitionum.
Il était dépositaire des étalons, et ce n'était que par son ordre
qu'on envoyait dans les provinces les coins et les poids étalonnés sur
l'original.
L'atelier de Rome fonctionna de 253 (Salonine) à 689
Milan 253 , à 602
» Siscia 253 , à 388
» Constantinople » 255 ; a 741
— 320 —
L'atelier de Trèves fonctionna de 253 (Salonine) à 450
» Carthage > 253 » à 695
» Aquilée > 268 (Claude II) a 450
Héraclée » 268 » à 266
» Arles > 268 » à 395
> Londres » 268 » à 413
> Narbonne > 276 (Probus) à 450
» Lyon > 283 (Carinus) a 415
> Alexandrie » 285 (Dioclétien) à 685
L'atelier de Trèves qui est celui qui nous occupe le plus parti-
culièrement, frappa les pièces suivantes:
Monnaies d'or.
Dioclétien — Maximien Hercule — Constance Chlore -— Hélène
— Galère Maximien — Fl. Valère Sévère — Maximin Daza —
Maxence — Licinius père — Licinius fils — Constantin le Grand —
Constant | — Constance II — Magnence — Décence — Julien Il —
Hélène — Jovien Valentinien I — Valence — Gratien — Valen-
tinien II — Théodose — Maxime — Victor — Eugène — Constantin III
— Jovin — Théodose II.
Monnaies d'argent.
Postume — Postume jeune — Claude le Gothique — Aurélien
Sévèrine — Tacite — Probus — Carus — Magnia Urbica -— Carin —
Dioclétien — Maximien Hercule — Constance Chlore — Hélène
Théodora -— Galere Maximien Fl. Valère Sévère — Maximin Daza
Maxence — Romulus — Licinius père — Lieinius fils — Constantin le
Grand —- Fl. Mac. Fausta — Crispus — Constantin II -— Constant I
Constance II -— Magnence -— Décence — Jovien -— Valentinien I —
Valence Gratien — Valentinien II — Théodose — Magnus Urbica
Maxime — Victor Eugène — Arcadius — Jovin Attale —
Theodose 11.
Monnaies de cuivre.
Salonine —- Postume — Claude le Gothique — Quintille — Au-
rélien Sévèrine — Tacite — Florien — Probus --- Carus — Nu-
mérien — Carin — Dioclötien — Maximien Hercule —- Constance
Chlore Helene Théodora Galère Maximien -— (ralère Valeria
— Fl. Valère Sévère — Maximin Daza Maxence — Romulus
Alexandre (tyran) — Licinius père — Licinius fils — Constantin le
Grand — Fl. Max. Fausta — Crispus — Delmace — Constantin Il
Constant I Constance II Fausta — Vetranion Magnence
SD
— Décence Constance Galle Julien II — Helene Jovien
Valentinien I -_— Valence Gratien — Valentinien II — Théodose —
Maxime — Victor — Eugene — Arcadius — Théodose I.
Les marques monétaires de l'atelier de Trèves (Treviri) ont pour
radical les lettres T. TR. TS.
Celles de l'atelier de Lyon (Lugdunum) LVC. LVG. LVGD.
» de Rome (Roma) R. RO. ROM.
» d'Arles (Arelatum) AR. ARL.
» de Siscia S. SIS. SISC.
» de Constantinople C. CON. CONS.
>» d’Antioche AN. ANT. ANTI.
» d'Alexandrie AL. ALE ALEE
Quand il y avait plusieurs ateliers monétaires dans une même
ville, le 1° était indiqué par P = prima, le 2° par 5 = secunda, le
3° par T = tertia, le 4° par Q — quarta (sous entendu officina). Mais
on n'a pas trouvé la marque du 9° atelier, bien que sachant qu'il
existait; les Romains craignaient le nombre 9 et le 9° atelier était
désigné par les chiffres 6 et 5.
On rencontre sur les monnaies les abréviations suivantes:
M. MO. MON. Moneta.
C. Cussus.
E. EX. Excussus.
F Fabricatus.
0. OB. OBS. Obsignatus.
0. OF. OFF. Officina.
T RP 1* atelier de Trèves.
TRS 2° atelier de Trèves.
R P 1% atelier de Rome.
D'autres fois les sigles PS T Q étaient remplacés par les lettres
grecques A B T 4 placées à l'exergue et regardées comme numéros
distinctifs de chacune des quatre officines de l'atelier. L
Sous Dioclétien et Maximien Hercule, empereurs, sous Constance I el
Maximin Galère, Césars, on voit ces lettres 4 B T A et PS T Q dans
l'ordre alphabétique correspondant précisément aux efligies des membres
de la tétrarchie rangés eux-mêmes dans l’ordre de préséance qui leur étui
attribué dans ce collège gouvernemental par la date de leur avenement.
Dioclétien 1°" Auguste à l’exergue 1 ou P
Maximien Hercule 2° » à , B » S
Constance I je César A » GE |
Maximien Galere 2° : à B 1:30
2 1300
La ième règlementation fut observée quand, par suite de l’abdi-
cation simultanée de Dioclétien et de Maximien, les Césars Constance
et Galère furent promus Augustes el respectivement remplacés par
Sévère Il et par Maximin II dans la dignité de Césars, du 1° mai au
24 juillet 306.
Constance 1 1°" Auguste, à l’exergue 4 ou P
Maximien Gal. 22 » à » B = 8
Sévère II 1% > à » TER
Maximin II Daza 2° » à » 2/5
Les lettres I et H que lon rencontre sur ces mêmes monnaies
sont les sigles des surnoms IOVIVS = Ioßtos, et HERCVLIVS = Hozoviuog,
latins et grecs.
Ils sont donnés par allusion aux divinités protectrices des deux
têtes de la tétrarchie, Dioclétien et Maximien, ainsi que de leurs Césars
respectifs Galère et Constance. |
IOVIVS et HERCVLIVS étaient des qualifications politiques plutôt
que de famille.
Dioclétien et Max. Galère régnèrent en Orient, Maximien Hercule
)
7
et Constance Chlore en Occident.
Maximien avait donc près de lui Constance marié à Hélène de
naissance plébéinne; elle fut répudiée par ordre afin de permettre à
Constance de pouvoir aspirer au titre d'Auguste en épousant Théodora,
belle-fille de l'empereur Maximien.
Hélène se serait retirée au Hérapel où elle se serait vouée au
culte catholique: elle aurait élevé son fils Constantin dans cette croyance.
Notons également les nombreuses et belles pièces d'Hélène et de
Théodora trouvées au Hérapel.
Des monnaies impériales romaines.
Le Denier d'or ou Aureus valait 25 deniers d'argent ou 50 quinaires
d'argent.
Le titre de l'or n'ayant point varié, les Romains ne consentirent à
recevoir qu'en monnaies d'or les tributs imposés aux provinces conquises.
Le Denier d'argent valait 10 as et portait souvent la marque X
(dix) à l’exergue. -
Le titre du denier d'argent fut abaissé de plus en plus depuis
Néron jusqu'aux Antonins. Sous Septime Severe la monnaie contint
beaucoup d’alliage. A partir de Gallien jusqu'à Dioclétien, l'argent dis-
parut presque complètement pour être remplacé par du Billon, bronze
saucé, c'est-à-dire couvert d'une légère feuille d'étain.
Dioclétien rétablit la monnaie d'argent pur et ce métal ne cessa
plus d’être en usage jusqu'à la chute de l'Empire d'Orient.
Voici quelques analvses de deniers d'argent :
Auguste 27 av. J.-C. à 14 de J.-C. Domitien SI à 96.
Argent. JO Argent .. 85,95
Opera 05 ee en 12270)
Perte 1435 Cuivre . . 13,20
700. Berter 41005
1008
Marc Aurèle 161 à 180. Gordien III 238 à 244.
Argent . . 2,326 Argent . . 0,941
Cuivre . . 0,592 Cuivre . . 2,262
Etain et or 0,002 Etain et or 0,137
2,920 3,940
Gallien 260 à 268.
Trajan Dèce 249 à 251. Argent. . 0,125
Argent . . 1,490 Cuivre. . 22,125
Civrer.- 2,213 Etain .. 0,900
Etain et or 0,055 Perte . . 0,050
5S 23,200
Ces 23,200 représentent le poids de dix deniers de billon.
Valeur proportionnelle de Vor à l'argent chez les Romains.
An 207 av. J.-C. à l'époque de la création de la monnaie
d'or Re to ONE
An 53 av. J.-C. lors r I raid ke als Cesar et de Pompée 1: 8,90
An 90 règne de Domitien . 12.01.30
An 310 règne de Constantin le cn 12250
Valeur proportionnelle de l'argent au cuivre chez les Romains.
An 241 av. J.-C. commencement de la 1" guerre punique . 1: 140
Anÿ217 av. J.-C. commencement de la 2° guerre punique . 1: 110
An 10 de J.-C. au commencement de l'Empire. L 2:60
An 396 d'après une loi 1 : 100
Monnaies de cuivre.
las ayant perdu sa valeur monétaire vers la fin de la République
romaine, ne fut plus considéré que comme unité de poids,
Le Grand bronze prit la place de l'as.
Le Moyen bronze eut la valeur d'un demi-as.
324 —
Le Petit bronze, celle d'un demi-moven bronze ou d'un quart de
Grand bronze.
Ces trois monnaies de cuivre subirent peu à peu de nombreuses
altérations dans le poids, le diamètre et l’epaisseur du flan, surtout à
partir du règne de Postume.
Le moven bronze fut très commun jusque sous les Antonins.
Le petit bronze domina ensuite. Malgré ses imperfections, il eut
le mérite de fournir des monuments du Bas-Empire à une époque où
le grand et le moven bronze furent rares et même disparurent.
Voici la composition de quelques monnaies de cuivre:
Monnaie de Tibere 14 à 37 de J.-C. Caligula 37 à 41.
Cuve er Cuivre : . 795
ÉAIn EME Ss) Zinc al
Plomb... 3,10 Ze
Perte 7 20,10
100,— Claude le Gothique 268 à 270.
Postume 258 à 267. Cuivre . . 80,75
Cure ner 0 Etain . A0
Aroent 0e TOO Plomb... 11,55
Zine et perte... 1,62 Perte . .. 0,12
100, 100,—
Discletien 284 a 315. Constantin le Grand 308 A 337.
Cuivre .. 88,93 Cuivre . . 87,50
Ärsent .. 1,50 Pine ass SO
ne Etain. .. 7,14
RO Plomb .. 4,26
Perte . ._. 0,09 Perte . .. 0,19
100, — 100. —
Constance IT 350 à 561.
Cuivre . . 88,01 Théodore I 379 a 39.
Pince. UOTE Cuivre . . 90,04
Blombr 105,05 ZINC ea 00
Etain ... 4,08 Kram. 262
Perie CU Plombr 7
100,— 100, —
Be —
Octave Auguste (Caïus Octavius Cæpias).
CAESAR AVGVSTVS TRIBVNIC POTEST. Sa têle nue, à droite. Revers
C. ASINIVS GALLVS II, VIR A.A. A. F. F. autour de S. C; ce qui veut dire:
Caius Asinius Gallus, triumvir auro, argento, oere, flando, fertundo ; senatus consulto.
Moyen bronze. Cohen 368.
DIVVS AVGVSTVS PATER. Sa tête radiée, à gauche. R’ Un autel. S.C.
à l’exergue PROVIDENT. Pièce frappée sous Tibere.
Trois movens bronzes. Cohen 228.
DIVVS AVGVSTVS PATER. Sa tête radiée, à gauche. R/ S. C. Foudre ailé
Pièce frappée sous Tibere.
Deux movens bronzes. Cohen 249.
Agrippa (Marcus Vipsanius Agrippa).
M. AGRIPPA L. F. COS. Ill. Sa tête à gauche avec la couronne rostrale.
R/ S. C. Neptune debout, nu, avec un manteau sur les épaules, tenant un dauphin
et un trident. (27 av. J.-C.)
Moven bronze. Cohen 3.
Tibere (Tiberius Claudius Nero).
TL CAESAR DIVI AVG. F. AVGVST. IMP. VIII. Sa tête laurée, à droite
R/ PONTIF. MAXIM. Livie assise à droite, tenant un sceptre et une fleur. (An 16.)
Cette pièce a un flan en cuivre recouvert d'une feuille d'argent. Elle est dite piece
fourrée. La substitution du flan de cuivre à celui d'argent provient donc de l’ate-
lier monélaire.
Denier d'argent, Cohen 16.
TI. CAESAR DIVI AVG. F. AVGVST. P. M. TR. POT. XXXVI, autour de S.C.
R/ Quadrige à droite. (An 34.)
Grand bronze. Cohen 66.
ar: CAESAR TI. AVG.... Sa tête nue à gauche. R/ PONTIFEX
MAXIM. TRIBVN. POTEST. . . autour de S. C. (An 21.)
Moven bronze. Cohen 24.
TI. CAESAR AVGVST. F. IMPER... Sa tête laurée, à droite. R/ ROM. ET A.
Autel terminé par une colonne surmontée d'une victoire.
Moyen bronze. Cohen 37,
Caligula. (Caïus.)
.... SAR AVG. GERM. . . Sa tête nue à gauche. R/ . . . Caligula haran-
guant ses soldats.
Grand bronze. Cohen 1.
Même face, revers fruste.
Deux movens bronzes.
C. CAESAR AVG. GERMANICVS PON. M. TR. POT. Sa tete nue, à gauche
R/ VESTA. S. C. Vesta assise à gauche, tenant une palère el un sceptre. An 37.
ur
97
Deux movens bronzes. Cohen 27.
— 326 —
Claude 1er, (Tiberius Claudius Drusus.)
TI. CLAVD. CAESAR AVG. P. M. TR. P. VII IMP. XI. Sa tête laurée, à droite.
R/ PACI AVGVSTI. La paix ail&e marchant à droite et tenant un caducée incliné;
elle est précédée par un serpent. (Pièce fourrée.)
Denier d'argent inédit. Type de Cohen 58 avec PACI AVGVSTAE.
TI. CLAVDIVS CAESAR AVG. P. M. TR. P. IMP. P. P. Sa tête nue, à gauche.
R/S. C4 Pallas debout à droite lançant un javelot et tenant un bouclier. (An 41.)
Trois movens bronzes. Cohen 84.
Néron (Nero Claudius).
NERO CAESAR AVGVSTVS. Sa tête laurée, à droite. R/ ROMA (à l’exergue).
Rome assise à gauche sur une cuirasse, tenant une victoire et un parazontum,
le pied droit posé sur un casque.
Denier d'argent. Cohen 258.
NERO CAE. GERM. IMP. Sa tête laurée, à droite. R/ PACE P. R. VBIQ.
PARTA IANVM CLVSIT. S. C. Temple de Janus fermé, avec la porte à droite.
Deux moyens bronzes. Cohen 170.
IMP. NERO CAESAR AVG. PONT. MAX. TR. POT. P. P. Sa tête lauree, à
droite. R/ SECVRITAS AVGVSTI, avec S.C. à l’exergue. La Sécurité assise à
droite devant un autel paré et allumé; devant l’autel une torche enflammée.
Moyen bronze. Cohen 330.
IMP. NERO CAESAR AVG. P. MAX. TR. P. P. P. Son buste lauré à droite
même revers. Cette piece de belle conservation possède une contremarque en
creux sur la joue; on croit lire VESP.
Moven bronze. Cohen 324.
NERO CLAVDIVS CAESAR AVG. GER P. M TR. P. IMP. P. P. 7 Sarttete
laurée à droite. R/ S.C. Sans légende. Victoire s'élevant en l’air à gauche, et
tenant un bouclier sur lequel est gravé S.P. Q. R. (An 66.)
Moyen bronze. Cohen 297.
IMP. NERO CAESAR AVG. P. MAX. TR. P. P. P. Sa tête laurée, à droite.
Revers de la pièce précédente.
Trois movens bronzes. Cohen 302.
Galba (Servius Sulpicius Galba).
MT Pan sa Lele Jaurce à droite. R/ fruste.
Grand bronze.
Mémenface RIMSACNN La Liberté debout, à gauche, tenant un sceptre
et un bonnet.
Grand bronze.
Vespasien (Flavius Vespasianus).
IMP. CAES. VESP. AVG. CENS. Sa tête laurée, à droite. R; PAX AVG. La
Paix appuyée sur une colonne. (An 72.)
Denier d'or, Cohen 297.
Titus (Titus Flavius Vespasianus).
T. CAESAR VESPASIANVS. Sa tête laurée, à droite. R/ ANNONA AVG.
L’Abondance assise à gauche.
Denier d’or. Cohen 16.
T. CAES: IMP. PON. TR. P. COS. VI CENSOR. Sa tete laurée, à droite.
2/ VICTORIA AVGVSTI. S. C. Victoire marchant à gauche et tenant une couronne
et une palme. (An 78.)
Moyen bronze.
T. CAES: IMP. AVG. F. TR. P. COS. VI CENSOR. Sa tête laurée, à droite.
R/ VICTORIA NAVALIS. S. C Victoire à droite, debout sur une proue de navire
terminée par un serpent, tenant une couronne et une palme. (An 73).
Moven bronze. (Cohen 388.
Domitien (Domitianus).
CAES. DIVI VESP. F. DOMITIANVS COS. VII. Sa tête laurée, à droite. R/S.C
Pallas debout, à droite, lançant un javelot et tenant un bouclier. (An 80.)
Grand bronze. Cohen 434.
IMP. CAES. DOMIT. AVG. GERM. COS. XI CENS. POT. P. P. Son buste
lauré, à droite. R/ S. C. Légende illisible. La Paix debout à gauche, mettant le
feu à un monceau d'armes, et tenant une corne d’abondance. (An 85.)
Grand bronze.
Légende illisible. Sa têle nue, à droite. Revers fruste.
Cinq grands bronzes.
... GERM. COS. XIII CENS. PERP. P. P. Sa tête laurée, à droite.
R/ VIRTVTI AVGVSTI. S. C. La Valeur debout, à gauche. (An 89.)
Moyen bronze. Cohen 653.
. ITIANVS. . . . Sa tête laurée, à droite. R/ S. CG. Autel; à l’exergue
PROVIDENT. (An 72.)
Moyen bronze. Cohen 404.
Légende illisible. Sa tête laurée, à droite. R/S. C. Légende illisible. Temple
fermé, à quatre colonnes, sans fronton. À l’exergue AVGVSTI.
Moyen bronze.
Nerva (Marcus Cocceius Nerva).
IMP. NERVA CAES. AVG. P. M. TR. P. COS. II P. P. Sa tête laurée, à
droite. R/ FORTVNA AVGVST. La Fortune debout à gauche, tenant un gouvernail
et une corne d’abondance. (An 97.)
Denier d'argent. Cohen 66.
IMP. NERVA CAES. AVG. P. M. TR. POT. U. Sa tête laurée, à droite
R/ FORTVNA P. R. La Fortune assise à gauche tenant deux épis et un sceptre,
(An 97.)
Denier d'argent. Cohen 7,
— 328 —
.... CAES. AVG. P. M. TR. P... Sa tête laurée, à droite. R/S. C. Legende
fruste. La Liberté debout à gauche, tenant un bonnet et un sceptre.
Grand bronze.
Même face, revers fruste.
Deux grands bronzes.
IMP. NERVA CAES. Sa tête laurée, à droite. R/ FORTVNA AVGVST. La
Fortune debout, à gauche, tenant une corne d’abondance et un gouvernail. (An 96.)
Moyen bronze, Cohen 61. :
Trajan (Marcus Ulpius Trajanus).
IMP. TRAIANO AVG. GER. DAC. P. M. TR. P. Son buste lauré et drapé, à
droite. R/ COS. V P. P. S. P. Q. R. OPTIMO PRINC. L'Equité debout à gauche,
tenant une balance et une corne d’abondance. (An 104 à 110.)
Denier d'argent. Cohen 85.
IMP. CAES. NERVA TRAIAN AVG. GERM. Son buste lauré, à droite. R/ P.
M. TR. P. COS. II P. P. Victoire marchant à gauche et tenant une couronne et
une palme. (An 101.)
Denier d'argent doré. Cohen 242.
Môme légende, même buste. R/ PONT. MAX. TR. POT. COS. II. Vesta voilée
assise à gauche tenant une patère et une torche. (An 98.)
Denier d'argent. Cohen 288.
.. TRAIANO AVG. .. Son buste lauré, à droite. R/ Légende fruste.
L'Arabie debout de face, regardant à gauche, tenant un rameau et un roseau; à
ses pieds une autruche. A l’exergue ARAB. ADQ. (An 112.)
Trois grands bronzes Cohen 27.
Légendes illisibles. Sa tête à droite. R/ Dace assis à droite sur un bouclier.
Grand bronze.
Lésendes illisibles. Sa tête laurée, à droite. R/ Femme assise à droite.
Deux grands bronzes.
Légendes illisibles. Son buste lauré et drapé, à droite. R/ S. C. Trajan à
cheval, à droite.
Grand bronze.
IMP. CAES. NERVA TRAIAN AVG. GERM. P. M. Son buste lauré, à droite.
R/ TR. POT. COS. IT P. P.S. GC. Victoire marchant à gauche et tenant un globe,
sur lequel on lit S. P. Q. R., et une palme. (An 101.)
Deux moyens bronzes. Cohen 640.
»
Légendes frustes. Sa tête laurée, à droite. R/ Pont du Danube orné d’une
tour à chacune des deux extrémités.
Moven bronze.
IMP. NERVA TRAIAN AVG. Son buste lauré, à droite. R/ Une table supportant
une boule et un vase. A l’exergue S. C.
Petit bronze provenant d'un denier d'argent fourré.
22.4399
mir
Adrien (Publius Aelius Hadrianus).
HADRIANVS AVGVSTVS. Son buste lauré et drapé, à droite. R COS. IN.
Génie debout, à gauche, sacriliant sur un autel paré et allumé et tenant une corne
d’abondance.
Denier d’argent. Cohen 379.
TRAIAN HADRIANVS... Sa tête laurée, à droite. R/ Illisihle. Femme
debout, à gauche, portant une corne d’abondance.
Trois grands bronzes.
Fr HADRTIANVS2. 1.58 tete daurée, à droite. R/ : :.. SC. à l’exergue.
Femme assise à gauche et tenant une corne d’abondance.
Deux grands bronzes.
ANVS ... Même tête. R/......SsS.C. La Clémence debout à
gauche tenant un sceptre el une patère.
Grand bronze. Cohen 215.
. ANVS HADRI . .. Son buste lauré, à droite. R/ Femme debout, à
gauche, portant une corne d’abondance.
Grand bronze.
ONHADERI . Memerbuste. "RINCONCOR .. La: Concorde assise A
gauche tenant une patere; sous son siège une corne d’abondance; derrière elle
une statuette de l’Esperance. (An 117.)
Deux grands bronzes dont un avant été doré. Cohen 256.
HADRIANVS AVGVSTVS. Son buste nu et drapé, à gauche. R/ IVSTITIA
AVG. COS. III P. P. La Justice assise, à gauche, tenant une patère et un sceptre
a l’exergue S. C. (An 117.)
Grand bronze. Cohen 887.
. Son buste lauré, à droite. R/ S. C.... Femme debout, à gauche.
Grand bronze.
. . HADRIANVS . . . . Sa tête laurée, à droite. R/ fruste.
Trois grands bronzes.
HADRIANVS AVGVSTVS. Même face. R/ $S. C. Femme debout, à gauche.
Deux grands bronzes.
IMP. CAESAR TRAIAN. .. Même face. R/.... M... COS. IIL $. C.
Femme debout, à gauche, présentant une patère el portant une corne d’abondance.
Grand bronze.
. Même face. R/ fruste.
Grand bronze.
Sa tête nue à droite. R/.... Femme debout.
Grand bronze.
HADRIANVS AVGVSTVS. Son buste lauré, à droite. R/ ANNONA AVG. S. C.
l’Abondance debout, à gauche, tenant deux épis qu'elle présente au-dessus du
modius qui est à ses pieds, et portant à droite une corne d'abondance, A lexergue
COS. III. (An 118.)
Deux moyens bronzes. Cohen 178.
— 330 —
HADRIANVS : :.. Son buste lauré et drapé, à droite. R/... . Adrien
et Sabine, debout, se donnant la main.
Moven bronze.
.... DRIANVS. Sa tete nue, à droite. R/ . . . Cheval galopant à droite.
Moven bronze.
Son buste drape et lauré, à droite. R/P.M. TR. P.... S. C. Femme
debout, à gauche, portant une corne d’abondance.
Moven bronze.
Son buste drapé et lauré, à droite. R/ fruste.
Quatre movens bronzes.
Sa tête nue, à droite. R} . . . . Femme à gauche.
Moven bronze.
0... NINVS . . . Son buste lauré, à droite. R/.... COS I. A l'exergue
ANNO—NIA et S. ( Femme debout, à gauche tenant une enseigne militaire
penchée à gauche.
Moven bronze.
IMP. CAESAR TRAIANVS HADRIANVS AVG. Son buste lauré et drapé, à
droite. R/ VIRTVTI AVGVSTI. S. C. La valeur debout à droite, le pied sur un
‘asque, tenant une haste et un parazonium.
Moven bronze. Legende. Face: Cohen 1465. Revers: Cohen 1470.
Sabine (Sabina).
SABINA AVGVSTA HADRIANI AVG. P. P. Son buste diadèmé, à droite;
coiffure avec la queue. R/ CONCORDIA AVG. La Concorde assise à gauche, tenant
une patere et un Sceptre; à l’exergue S. C. |
Trois grands bronzes. Cohen 15 et 24.
Même face et légende. R/ IVNONI REGINAE. S.C. Junon voilée, debout, à
gauche, tenant une patere et un sceptre.
Grand bronze. Cohen 38.
Aelius (Lucius Aurelius Verus).
AELIVS CAESAR . . . Son buste drapé, à droite. R/ TR. POT. COS. IL S.C.
L'Espérance marchant vivement à gauche, tenant une fleur et relevant sa robe.
Grand bronze. Cohen 56.
AELIVS CAESAR. . . Son buste drapé, à droite. R/ . . . . TAS. Instruments
de sacrifices.
Grand bronze. (Altribution douteuse.)
Antonin-le-pieux (Titus Aurelius Fulvus Boionius Arrius Antoninus).
IMP. CAES. T. AEL. HADR. ANTONINVS PIVS P. P. Sa tête laurée, à droite.
R/ TR. POT. XV. COS II. A l’exergue S. C. Antonin assis à gauche sur une
chaise curule, tenant un globe el couronné par une victoire qui vole derrière lui.
Grand bronze. Cohen 969.
— 331 —
..…. INVS AVG. PIVS.- Sa tête laurée, à droite. R/ ....'sS. CC. Femme
debout, à gauche, portant une corne d’abondance.
Grand bronze.
IMP. ANTONINVS AVG. . . Son buste lauré, à droite. R/ .... S. C.
Faustine debout, à gauche. De chaque côté un enfant.
Grand bronze.
ANTONINVS AVG. PIVS P. P. TR. P. COS. R/ S. C. Femme debout,
à gauche, présentant une fleur.
Grand bronze.
... HADR. ANT. . . Sa tête laurée, à droite. R/.... S. C. L’Abondance
debout à gauche, portant la corne d’Amalthee et présentant deux épis. A ses pieds,
à gauche, le modius.
Grand bronze.
PU AVC AEINS Sa (te lauree sa droite Rl....R.A,r 7 SG
Femme debout, de face, tenant des épis des deux mains.
Grand bronze.
.... VS AVG... Sa tête laurée, à droite. R/ Femme debout, à gauche.
A ses pieds, à gauche, un autel.
Grand bronze.
ANTONINVS AVG. PIVS P. P. TR. P. XVI. Sa tête radiée, à droite. R/LI-
BERTAS COS. III. S. €. La Liberté debout, à droite, tenant un bonnet et tendant
la main gauche. (An 153.)
Moven bronze. Cohen 534.
>
. Sa tête nue, à droite. R/ . . Femme tourelée, à droite, levant le bras
droit et appuvée sur un bouclier.
Moyen bronze.
ANTONINVS AVG. PIVS P. P. TR. P. COS. II. Sa tele laurée, à .droite.
R/... .. Femme debout, de face.
Moven bronze.
ANT... Même face. R/.... COS. III S. C. Génie tenant une haste en
avant el courant à droite.
Moyen bronze.
... NINVS AVG. PIVS.. Sa tête radiée, à droite. R/.... Deux femmes
debout.
Moven bronze.
...INVS... Sa tête laurée, à droite. R/...S.C. Femme debout, à gauche.
Moyen bronze.
Faustine mère (Annia Galeria Faustina).
DIVA AVGVSTA FAVSTINA. Son buste à droite. R/ PIETAS AVG. La Piété
deboul, à gauche, auprès d'un autel, levant les deux mains.
Denier d'argent (pièce fourrée). Cohen 251.
ER
A Son buste à droite. R/ Temple à six colonnes. Une boule au fronton
et un personnage au milieu de ce temple. A l’exergue AETERNITAS.
Grand bronze. Cohen 69.
DIVA FAVSTINA. Son buste drapé, à droite. R/ PIETAS AVG: $ C. La
Piété voilée et debout à gauche, mettant un grain «’encens dans la flamme d’un
autel à gauche.
Grand bronze. Cohen 243.
DIVA FAVSTINA. Même face. R/ AVGVSTA S.C. Vesta debout, à gauche,
tenant un sceptre et baissant la main droite.
Moyen bronze. Cohen 128 pour or et non pour M. B.
Même face. R/ CONSECRATIO S. C. Vesta debout, à gauche, auprès d'un autel.
Moyen bronze. Cohen 163.
FAVSTINA AVGVSTA. Son buste à droite. R/ IVNO S. C. Junon debout à
gauche, tenant un sceptre el une couronne au-dessus d'un autel.
Deux movens bronzes. Cohen ?
DIVA FAVSTINA. Son buste à droite. R/ IVNO. S.C. Junon debout, à
gauche, tenant un sceptre et une couronne au-dessus d'un autel.
pa
Deux movens bronzes. Cohen 211.
FAVSTINA AVGVSTA. Son buste à droite. R/.... Femme debout, à
gauche; à ses pieds un autel.
Moven bronze.
Marc Aurele (Marcus Aurelius Antoninus).
IMP. M. AVREL. ANTONINVS AVG. Sa tête laurée, à droite. R/ PROV. DEOR.
TR. P. XV COS. III. La Providence, debout à gauche, tenant un globe et une corne
d’abondance. (An 161.)
Denier d'argent. Cohen 908.
IMP. M. AVREL. ANTONINVS AVG. Sa tête laurée, à droite. R/ CONCORDIA
AVGVSTOR. TR. POT. XV.S. C.; à l’exergue COS. Ill. Marc Aurèle et Lucius Verus
debout se donnant la main; l’un d'eux lient un volume roulé et un stèle. (An 161.)
Grand bronze. Cohen 64.
... ANTO. . . Son buste lauré, à droite. R/....S.G Femme assise à
gauche, tenant une victoire et un sceptre.
Deux grands bronzes.
M. ANTONINVS AVG. GERM... ATR... Son buste lauré, à droite.
R/.... S.C. Femme debout de face, tenant une patere et une corne d’abondance.
Grand bronze.
M. AVREL. ANTONINVS. .. Même buste. R/.... Femme debout tenant
un sceptre à gauche, à droite un globe sur un cippe.
Grand bronze.
M. ANTONINVS. .. Même buste. R/...S.C. Femme debout à droite,
tenant une patère au-dessus d'un autel placé à ses pieds; de l’autre côté, un sceptre.
Grand bronze.
... . Même buste. R/...sS.C. L’Equite assise à gauche, tenant une
balance et une corne d’abondance.
Grand bronze.
.….. Même buste. R/.... Femme assise à gauche, tenant deux épis el un sceptre.
Grand bronze.
IMP. . AVG. TR. P. Sa tête laurée, à droite. R/....S.C. Victoire à gauche,
posée sur un socle et présentant une couronne de la main droite.
Grand bronze.
. M. ANTONINVS AVG. TR. P. XXVI Même face. R/ IMP. VI COS. IL S. C.
Rome assise, à gauche, sur une cuirasse, tenant un sceptre, et le coude gauche
appuyé sur un bouclier rond; derrière elle un bouclier ovale. (An 172.)
Grand bronze. Cohen 284.
M. ANTONINVS AVG. TR. P. XXIIL Sa tête laurée, à droite. R/ SALVTI
AVG. COS. II. S. C. La Santé debout à gauche, nourrissant un serpent enroulé
autour d’un autel et tenant un sceptre. (An 169.)
Grand bronze. Cohen 544.
CAESMANPE MM émeMbuste ROC OS ... S. C. Femme vue de
derrière et à gauche, relevant son voile.
Grand bronze.
M. AVREL. ANTONINVS T. P. XXVIL Son buste lauré, à droite. R/.... COS. III;
S. C. Femme debout à gauche tenant une couronne el une corne d’abondance.
Grand bronze.
M. AVREL. ANTONINVS AVG. TR, P. : .. Même buste. R/.... Femme
debout, à gauche, tenant une victoire et un sceptre.
Grand bronze.
Même buste. R} . ... à l’exergue FORT. RED. La Fortune assise,
à gauche, tenant un gouvernail et une corne d’abondance.
Grand bronze.
M. ANTONINVS TR. P. XXV. Sa tête laurée, à droite. R/ PRIMI DECENNALES
COS. II. S. C. dans une couronne. (An 171.)
Grand bronze. Cohen 495.
. Sa tête laurée, à droite. R/ . . . Victoire marchant à gauche.
Moven bronze.
. son buste lauré, à droite. R/ Femme debout. Cette pièce est trouée ;
elle aura été portée comme amulette ou bijou.
Moven bronze.
. . M. AVREL... Même buste. R/...S.C. La Concorde assise, à
gauche, tenant une patère, la main gauche sur la poitrine; derrière le siège une
corne d’abondance. (An 163.)
Moven bronze.
.. ANTONINVS AVG... Son buste lauré, à droite. R/....S.C. Femme debout,
à gauche; à la main droite une baguette: au bras gauche une corne d’abondance.
Moyen bronze.
Pa ES
AVRELIVS CAESAR AVG. PIL F. Son buste nu, à droite. R/ ... TA.S.C.
Femme debout, à gauche, tenant une grande palme et une corne d’abondance.
Moven bronze.
Même buste. R/... VICTORI. . . VI. . Pallas de face, regardant à
droite, le manteau flottant, tenant de la main gauche une haste et, de la droite,
un bouclier sur lequel est inscrit S. C.
Moven bronze.
>
. Même buste. I) . ... Femme debout, à gauche, tenant une patère
sur un autel.
Moyen bronze.
Même buste. R/.... Marc Aurèle, debout, tenant une haste et
présentant une victoire à Rome casquée assise sur une cuirasse et un bouclier,
el tenant une haste.
Moven bronze.
AVRELIVS CAESAR AVG. PIT F. COS. II. Sa tête nue, à droite, avec barbe
naissante. R/ CONCORDIA. $. GC. La Concorde debout, à gauche, tenant une pa-
tère et posant la main sur une corne d’abondance attachée à un autel. (An 145.)
Moyen bronze. Cohen 63.
DIVVS M. ANTONINVS PIVS. Sa tête nue, à droite. R/ CONSECRATIO.
Aigle sur un autel orné de guirlandes, à droite, et regardant à gauche. (Frappée
après sa mort.)
Moyen bronze. Cohen 86.
+. ANTONINVS AVG Même buste AR /MTP PONS 200 ESA
Hercule debout à gauche, avec la peau du lion et la massue.
Moyen bronze.
Faustine Jeune (Annia Faustina).
FAVSTINA AVGVSTA. Son buste, à droite. R/ FECVND. AVGVSTAE. S. C.
La Fécondité debout, à droile, entre deux jeunes filles et en tenant deux autres
dans les bras.
Deux grands bronzes. Cohen 96.
I
Son buste diadèmé, à droite. R/ ... . Femme debout.
Grand bronze.
. Son buste à droite. R/ TEMPOR. FELIC S. C. Faustine debout, à
gauche, tenant deux enfants dans les bras; à ses pieds, de chaque côté, deux
autres enfants lui tendent les bras.
Grand bronze. Cohen 222.
FAVSTINA AVG. PI AVG. FIL. Son buste à droite. R/ VENVS. S. C. Vénus
debout, & droite, tenant une pomme el appuvée sur une colonne.
Grand bronze. (Incdit.) Cohen indique en moyen bronze (271) Vénus à gauche.
FAVSTINA AVGVSTA. Son buste à droite. R/ VENVS GENETRIX. Vénus
debout tenant une victoire et un sceptre.
Grand bronze. (Inedit.) Cohen 279, 280, 281 sont pour or et argent.
FAVSTINA AVGVSTA. Son buste, à droite. R/ LAETITIA. S. C. La Joie debout,
à gauche, tenant un sceptre et une couronne.
Moven bronze. Cohen 151.
Même face. R/ PIETAS. S. C. Faustine debout, à gauche, tenant une fleur
et une corne d’abondance.
Moven bronze. Cohen 174.
FAVSTINA AVG. PIT. AVG. FIL. Son buste à droite. R/ VENVS. S. C. Vénus
debout, à droite, tenant une pomme et ajustant sa coiffure de la main gauche.
Moven bronze. Cohen 265 éndique Vénus à gauche.
. . . . Même büste. R/.... Femme debout, à gauche.
Moven bronze.
FAVSTINA. . .. Même buste. R/ . . .. Femme debout à gauche.
Moven bronze.
Lucille (Annia Lucilla).
LVCILLAE AVG. ANTONINI AVG. F. Son buste drapé, à droite. R/ CON-
CORDIA. $. C. La Concorde assise, à gauche, tenant une patère et une corne
d’abondance.
Deux grands bronzes.
Commode (Marcus Lucius Aelius Aurelius Commodus Antoninus).
M. COMMODVS ANT. P. FELIX AVG. BRIT. Sa tête laurée, à droite.
R/ MARTI PAC. P. M. TR. P. XIII COS. V P.P. Mars debout tenant un rameau
et une haste. À ses pieds, des armes. Dans le champ S.C. (An 189.)
Grand bronze. Cohen 352 pour MART : MARTI inédit.
. . Son buste lauré, à droite. R/ MINER. AVC. P. M. TR. P. COS. VI S. C.
Minerve marchant à droite el regardant en arrière, tenant de la main droite une
branche de laurier et de la gauche, un bouclier et un javelot. (An 191.)
Grand bronze. Cohen 360.
COMMODVS ANTONINVS PIVS. Son buste lauré, à droite. R/...S.C.
Victoire marchant à gauche et tenant un diadème des deux mains.
Grand bronze.
... OD. ANT... Sa tête radiée, à droite. R/ . . . . IOS. . . Victoire debout,
à gauche.
Grand bronze.
»
M. ANTONINVS AVG. Sa tête laurée, à droite. R/ TR."P. VI IMP. III COS.
II P. P. L’Abondance debout, à gauche, tenant des épis el la corne d’Amalthee;
à ses pieds le modius. (An 181.)
Moven bronze. Revers du denier d'argent de Cohen 811. Inédit en Moven
bronze.
M. COMM. ANT. P. FEL. AVG. BRIT. P. P. Sa tête laurée, à droite. R/ VOTIS
COS. VI dans une couronne de laurier. (An 190.)
Moyen bronze. Cohen 998 pour argent. Inédit pour Moyen bronze,
Crispine (Bruttia Crispina).
CRISPINA AVGVSTA. Son buste à droite. R/ SALVS. S
nourrissant un serpent enroulé autour d’un autel.
Grand bronze. Cohen 33.
.G. La Santé assise,
Septime Severe (Lucius Septimus Severus).
SEVERVS PIVS AVG. Sa tête laurée, à droite. R/P. M. TR. P. XII COS. I
P.P. Génie nu debout, à gauche, sacrifiant près d'un autel allumé et tenant des
épis. (An 206.)
Denier d'argent. Les légendes de Cohen 469. Le revers de Cohen 475.
. SEVERVS AVG. . . Son buste .drape et lauré, à droite. R/....M...
Jupiter à demi nu, marchant à droite en menacant de sa haste et tenant la foudre
de la main gauche.
Grand bronze.
IMP. P. SEPTIMVS. . . A. PIVS AVG. Son buste lauré, à droite. R/ VOTA
PVBLICA. Sévère voilé, debout à gauche, sacrifiant sur un autel allumé; dans le
champ S. C. (An 197.)
Moyen bronze. Cohen 778.
Julie (Julia Domna).
IVLIA AVGVSTA. Son buste drapé, à droite. R/ HILARITAS. L’Allegresse
debout, à gauche entre deux enfants, tenant une longue palme et une corne d’abondance.
Denier d'argent. Cohen 79.
IVLIA DOMNA AVG. Son buste drapé, à droite. R/ AEQVITAS AVG. L’Equite
debout, à gauche, tenant une corne d’abondance.
Grand bronze. Cohen 1.
IVLIA PIA FELIX AVG. Son buste drapé, à droite. R/ CEREREM. >. C.
Cérès debout à gauche, auprès du modius, tenant deux épis et un sceptre.
Moven bronze. Cohen 13.
Caracalla (Bassianus).
ANTONINVS PIVS AVG. Son buste lauré, à droite. R/ PONTIF. TR. P. X
COS. IT. Mars avec le manteau flottant, marchand à droite et portant une haste
et un trophée. (An 207.)
Denier d'argent. Cohen 431.
Géta (Lucius ou Publius Septimius Julius Geta).
GETA. . .. CAES. Son buste jeune et drapé, à droite. R/ PIETAS AVG.S. C.
Grand vase et deux bâtons d’augure.
Moven bronze. Cohen indique PIETAS et, pour l'argent.
Julia Paula (Julia Cornelia Paula).
à gauche, tenant une patere. Dans le champ une étoile.
Deux deniers d'argent. Cohen 6.
IVLIA PAVLA AVG. Son buste à droite. R/ CONCORDIA. La Concorde assise
— 331 —
Maesa (Julia Maesa.)
IVLIA MAESA AVG. Son buste à droite. R/ FECVNDITAS AVGVSTAE. S. C.
La Fécondité assise, à gauche, tendant la main à un enfant et tenant une corne
d’abondance.
Grand bronze. Cohen 11.
Alexandre Sévère (Marcus Aurelius Severus Alexander).
IMP. €. M. AVR. SEV. ALEXAND. AVG. Son buste lauré et drapé, à droite.
à) P. M. TR. P. COS. P. P. Mars debout à gauche, tenant une branche d’olivier et
une haste. (An 222.)
Denier d'argent. Cohen 207.
IMP. C. M. AVR. SEV. ALEXANDER. AVG. Même buste. R/ LIBERTAS AVG.
La liberté debout avec ses attributs.
Denier d'argent. Cohen 150.
IMP. SEV. ALEXANDER AVG Son buste lauré, à droite. R/ ANNONA
AVGVSTI. $. C. L’Abondance, à gauche, tenant des épis et une ancre; à ses pieds
le Modius rempli d'épis.
Grand bronze. Cohen 35.
IMP. SEV. ALEXANDER AVG. Sa tête laurée, à droite. R/ LIBERALITAS
AVGVSTI IL. S. C. La Liberté debout à gauche, tenant une tessère et une corne
d’abondance. (Quatrième libéralité.)
Moyen bronze. Cohen 137.
IMP. CAES. M. AVR. SEV. ALEXAND. AVG. Son buste lauré, à droite.
/ P. M. TR. P. VI COS.II P. P. La Paix courant à gauche, tenant une branche
d’olivier et un sceptre. (An 227.)
Moyen bronze. (Cohen 321.
IMP. SEV. ALEXANDER AVG. Même buste. R/ P. M. TR. P. VIII COS. II
P.P.S.C. Victoire debout à droite, posant le pied sur un casque et écrivant
VOT. X sur un bouclier attaché à un tronc de palmier.
Moyen bronze. Cohen 397.
Même face. R/....S.(. Femme debout, à gauche, tenant une patère ou
une couronne de la main droite levée.
Moyen bronze.
Orbiane (Sallustia Barbia Orbiana).
SALL. BARBIA ORBIANA AVG. Son buste diadèmé, à droite, R/ CONCORDIA
AVGG. La Concorde assise à gauche, tenant une palère et une double corne
d’abondance.
Deux deniers d'argent. Cohen 1.
Même face. R/ VENVS GENETRIX. Vénus debout, tenant une pomme el
une haste.
Denier d'argent, défourré en partie. Cohen 80.
=. 558
Mamée (Julia Mamaea).
IVLIA MAMAFA AVG. Son buste à droite. R/ IVNO CONSERVATRIX. Junon
diadèmée et voilée, debout à gauche, tenant une patère et un sceptre; à ses
pieds un paon.
Denier d'argent. Cohen 35.
IVLIA MAMAFA AVGVSTA. Son buste diadèmé, à droite. R/FECVNDITAS
AVGVSTAE. $S. C. La Fécondité debout à gauche, tendant la main à un enfant et
tenant une corne d’abondance.
Moyen bronze. Cohen 9.
IVLIA MAMAFA AVG. Son buste à droite. R/ FELICITAS AVG. S. C. La
Félicité debout, à gauche, tenant un caducée et une corne d’abondance.
Moyen bronze. Cohen 11.
Gordien Ill dit le pieux (Marcus Antoninus Gordianus).
IMP. GORDIANVS PIVS FEL. AVG. Son buste radié, à droite. R/ P. M. TR.
P. II COS. Il P. P. Gordien, la tête nue, marchant à droite, tenant une haste
transversale et un bouclier; dans le champ >. (€.
Moven bronze. Cohen 245.
IMP. GORDIANVS PIVS FEL. AVG. Son buste radié et drapé, à droite.
R/ LAETITIA AVG. N. La Joie debout, à gauche, tenant une couronne et une ancre
illon. Cohen 124.
Même légende. Son buste lauré et drapé, à droite. R/ ROMAE AETERNAE.
Rome assise, à gauche, sur un bouclier, tenant une victoire et un sceptre.
Billon. Cohen 314.
Philippe pere (Marcus Julius Philippus).
IMP. M. IVL. PHILIPPVS AVG. Son buste lauré et drapé, à droite. R/ LAET.
FVNDATA S.C. La Joie debout, à gauche, tenant une patère et un gouvernail,
le pied droit posé sur une proue.
Moyen bronze. Cohen 74.
IMP. PHILIPPVS. Son buste lauré, à droite. R/ PROVIDENTIA AVG. La
Providence debout, à gauche, tenant un sceptre; à ses pieds un globe.
Moyen bronze. Face de Cohen 161, revers de Cohen 162 pour argent et
non pour bronze.
IMP. M. IVL. PHILIPPVS AVG. Son buste radié, à droite. R/ PAX AETERN.
La Paix marchant à pas précipités, à gauche, tenant un branche d'olivier et un
sceptre transversal.
Billon. Cohen 106.
Valérien César.
VALERIANVS CAES. Son buste radié et drapé, à droite. R/IOVI CRESCENTI.
Jupiter enfant assis sur une chèvre qui marche à droite.
Billon. Revers de Gallien. Cohen 380, mais inconnu à Valérien.
— 339 —
Valerien pere (Caius Publius Lieinius Valerianus).
VALERIANVS P. F. AVG. Son buste radié et drapé, à droite. R/ ORIENS
AVGG. Le Soleil marchant à gauche, levant la main droite et tenant un fouet.
Billon. Légende de la face inédite avec le revers de Cohen 134.
IMP. VALERIANVS AVG. Son buste radié et drapé, à droite. R/ SECVRIT
PERPET. La Sécurité debout, à gauche, les jambes croisées, tenant un sceptre et
appuyée sur une colonne.
Billon. Cohen 204.
Gallien (Publius Licinius Egnatius Gallienus).
GALLIENVS AVG. Son buste radié, à droite. R/ IOVI CRESCENTI. Jupiter
enfant assis sur une chèvre qui marche à droite.
Billon. Cohen 380.
Même face. R/ LIBERO P. CONS. AVG. Panthère marchant à droite, à
l’exergue B.
Billon. Cohen 586.
Mömes faces et revers; dans le champ A.
Billon.
Même face. R/ VBERITAS AVG. La Fertilité debout, à gauche, tenant une
grappe de raisin et une corne d’abondance; dans le champ E.
Billon. Cohen 1008.
GALLIENVS AVG. Son buste radié, à droite. R/ ORIENS AVG. Le Soleil
à demi nu, radié, debout à gauche, levant la main droite et tenant un globe dans
la droite. j
Billon. Cohen 687.
Même face. R/ MARTI PACIFERO. Mars debout, à gauche, tenant une
branche d’olivier de la main droite, et dans la gauche un bouclier et une haste.
Dans le champ H.
Petit bronze. Cohen 622.
Même pièce. Dans le champ A.
Petit bronze.
Même face. AETERNITAS AVG. Le Soleil radié, à demi nu, debout à
gauche, levant la main droite et tenant un globe de la main gauche ; dans le champ T.
Deux billons. Cohen 38.
Même face. R| PROVID. AVG. La Providence debout à gauche, indiquant
avec une baguette un globe à ses pieds et tenant une corne d’abondance.
Petit bronze. Cohen 862.
GALLIENVS AVG. Sa tête radiée, à droite. R/ PVDICITIA. La Pudeur de-
bout, à gauche, se couvrant le visage de son voile et tenant un sceptre transversal
P. B. Cohen 89.
GALLIENVS AVG. Même face. R/ SOLI COMS AVG. Pégaze à droite
s'élevant en l'air. A l’exergue H.
Billon. Face de Cohen 978, revers de Cohen 978 sauf légende.
DU
Salonine (Cornelia Salonina).
SALONINA AVG. Son buste diadèmé, à droite, dans un croissant. R/PVDICITIA.
La Pudeur debout, à gauche, tenant son voile et un sceptre.
Deux billons. Cohen 92.
Même face. R/ VENVS VICTRIX. Vénus à demi nue debout à droite, vue
par derrière, appuyée sur une colonne et tenant une pomme.
Deux billons. Cohen 134.
SALONINA AVG. Son buste diadèmé, à droite, dans un croissant. R/ VESTA.
Vesta debout, à gauche, tenant une patère et un sceptre transversal.
Billon. Cohen 137.
Postume (Marcus Cassianus Latinus Postumus).
IMP. €. POSTVMVS P. F. AVG. Son buste radié et drapé, à droite. R/ ORIENS
AVG. Le Soleil radié marchant à gauche, levant la main droite et tenant un fouet.
Billon. Face de Cohen 211, revers de Cohen 211. Légende du revers de
Cohen 213.
Même face. R/ PAX AVG. La Paix debout, à gauche, tenant une branche
d’olivier et un sceptre transversal; dans le champ P.
Trois billons. Cohen 220.
IMP. C. POSTVMVS P.F. AVG. Même face. R/ SALVS AVG. Esculape de
face et regardant à gauche, appuvé sur un bâton autour duquel est enroulé
un serpent.
Trois billons. Cohen 348.
IMP. C. POSTVMVS P. F. AVG. Son buste lauré et drapé, à droite.
R/ VBERTAS AVG. La Fertilité debout à gauche, tenant une bourse et une corne
d'abondance.
Trois billons. Cohen 365.
Victorin père (Piauvonius Victorinus).
IMP. C. VICTORINVS P. F. AVG. Son buste radié et drapé, à droite.
R/ PAX AVG. La Santé debout, à gauche, près d'un autel, nourrissant un serpent
et tenant une haste renversce.
Deux billons. Cohen 88.
Même légende, Sa tête radiée, à droite. R/ PROVIDENTIA AVG. La Pro-
vidence debout, à gauche, tenant une baguette et une corne d’abondance.
Quatre billons. Cohen 101.
Tetricus père (Caius pius Esuvius Tetricus).
IMP. TETRICVS P. F. AVG. Son buste radié et drapé, à droite. R/ HILARITAS
AVGG. L’Allegresse debout, à gauche, tenant une palme et une corne d’abondance.
Trois petits bronzes. Cohen 32.
Même face. R/ LAETITIA AVG. N. La Joie debout, à gauche, tenant une
couronne et une ancre.
Trois petits bronzes. Cohen 75.
Même face. R/ PAX AVGG. La Paix debout, à gauche, appuyée sur une
haste et montrant une branche d'olivier.
Deux petits bronzes. Face Cohen 110, revers Cohen 110.
IMP. C. TETRICVS P. F. AVG. Son buste radié et drapé, à droite. R/ PIETAS
AVG. La Piété debout, à gauche, mettant un grain d’encens sur un autel et tenant
‚une boîte à parfums.
Deux petits bronzes. Cohen 116.
IMP. C. TETRICVS P. F. AVG. R/ PIETAS AVGVSTO. Instruments de sacrifice.
Trois petits bronzes. Cohen 120.
| IMP. C. TETRICVS P. F. AVG. Son buste radié et drapé, à droite. R/ PRINC.
IVVENT. Tétricus, à gauche, tenant une baguette et un sceptre.
Deux petits bronzes. Face Cohen 130 pour or, revers Cohen 131.
IMP. TETRICVS AVG. Son buste radié, drapé et cuirassé, à droite.
R/ SALVS AVG. La Santé à gauche, tenant une couronne et une ancre.
Deux petits bronzes. Face et légende de Cohen 149. Revers de Cohen 151.
IMP. TETRICVS AVG. Son buste radié, à droite. R/SALVS AVG. La Santé
debout, à gauche, près d'un autel, nourrissant un serpent et tenant une ancre.
Petit bronze. Flan très épais. Cohen 149.
IMP. C. TETRICVS P. F. AVG. Même face. R/ SALVS AVG. Même revers.
Petit bronze. Face Cohen 145, revers Cohen 149.
IMP. TETRICVS. Son buste radié et drapé, à droite. R/ VICTORIA AVGG.
Victoire debout, à gauche, tenant une couronne et une palme.
Trois petits bronzes. Légende, de la face, inconnue à Cohen avec ce revers.
IMP. C. TETRICVS P. F. AVG. Son buste radié et drapé, à droite. R/ VIRTVS
AVG. Mars, à gauche, tenant une haste et appuvé sur un bouclier.
Trois petits bronzes, à flan épais. Face Cohen 200, revers Cohen 199.
IMP. TETRICVS P. F. AVG. R/ VIRTVS AVG.
Trois quinaires. Cohen 199.
Nous avons trouvé 90 pièces en petit bronze, en quinaire et en très
petit module.
Ces pièces barbares ont la tête radiée; au revers une femme debout avec
une haste, ou sceptre, où palme. Elles sont la répétition des pièces décrites plus
haut. Si les revers en sont très barbares, il existe au contraire des bustes fort
bien frappés, surtout dans les pièces de très petit module.
Un de ces petits bronzes contient deux fois l'empreinte du même coin.
Tétricus fils (Caius pius Esuvius Tetricus).
C. PIV. ESV. TETRICVS CAES. Son buste radié et drapé, à droite. R/ PAX
AVG. La Paix debout, à gauche, tenant une palme et une corne d'abondance,
Petit bronze. Cohen 33.
Même face. R/ PAX AVG. La Paix debout, à gauche, tenant une branche
d'olivier et un sceptre. Dans le champ X.
Petit bronze. Cohen 44.
un. aa
C. P. E. TETRICVS CAES. Son buste radié et drape, à droite. R/ PIETAS
AVGVSTO. Instruments de sacrifices.
Petit bronze. Cohen 55.
C. PIV. ESV. TETRICVS CAES. Son buste radié et drapé, à droite. R/ SPES
AVGG. L’Esperance marchant, à gauche, tenant une fleur et relevant sa robe.
Quatre petits bronzes. Cohen 88.
C. P. ES. TETRICVS CAES. Même face. R/ SPES PVBLICA. Même revers.
Petit bronze. Cohen 95.
C. E. P. TETRICVS CAESAR. Même face. R/ VIRTVS AVG. La Valeur
casquée, appuyée sur un bouclier et tenant une haste.
Petit bronze. Légende face, Cohen 92, revers Cohen 104.
Claude II le Gothique (Marcus Aurelius Valerius Claudius).
IMP. CLAVDIVS. Son buste radié, à droite. R/ AEQVITAS AVG. L’Equite
debout à gauche, tenant une balance et une corne d’abondance; dans le champ X.
Quatre petits bronzes. Cohen 6.
IMP. C. CLAVDIVS. Même buste. Même revers.
Deux petits bronzes. Cohen 6.
DIVO CLAVDIO. Sa tête radiée, à droite. R/ CONSECRATIO. Aigle debout
se retournant à droite.
Petit bronze et quatre quinaires. Cohen 41.
Mömes faces et revers, sauf l'aigle debout à gauche.
Deux petits bronzes. Cohen 43.
IMP. CLAVDIVS. Sa tête radiée, à droite. R/ CONSECRATIO. Autel carré.
Petit bronze. Cohen 48.
DIVO CLAVDIO. Même buste. R/ CONSECRATIO. Autel carré, avec flammes.
Dix-huit petits bronzes et huit quinaires. Cohen 50.
IMP. C. CLAVDIVS. Son buste lauré et cuirassé à droite. Légende inconnue
à Cohen avec le revers n° 84: FIDES AVG. La Foi militaire, debout, présente une
enseigne militaire et tient une bourse. Au-dessus X.
Petit bronze.
IMP. CLAVDIVS P. F. AVG. Son buste radié, à droite. R/ FORTVNA RED.
La Fortune debout à gauche, tenant une corne d’abondance et un gouvernail;
à l’exergue S.
Petit bronze. Cohen 99.
IMP. €. CLAVDIVS AVG, Même buste. R; IOVI VICTORI. Jupiter nu, debout
à gauche, avec son manteau déployé derrière lui, tenant une foudre et un sceptre.
Petit bronze. Cohen 129.
. Sa tête radiée, à droite. R/ MARS VICTOR. Mars nu avec le man-
teau flottant, marchant à droite, tenant une haste et un trophée; dans le champ H.
Petit bronze. Cohen 154.
IMP. CLAVDIVS AVG. Sa tête radiée, à droite. R/ MARTI PACIFERO. Mars
debout, à gauche, tenant une branche d’olivier et une haste transversale; dans le
champ X.
Deux petits bronzes. Cohen 169.
Même pièce. Dans le champ A.
Petit bronze.
Même face. R' PAX AVGVSTI. La Paix debout à gauche, tenant une branche
d’olivier et une corne d’abondance.
Petit bronze. Cohen 204.
DIVO CLAVDIO. Sa tête radiée, à droite. R/ PIETAS AVG. La Picté debout
à gauche, tenant une patère et appuyée sur une haste.
Petit bronze. Cohen 212.
IMP. CLAVDIVS AVG. Même buste. R/ PROVIDENT AVG. La Providence
debout, à gauche, tenant un sceptre et indiquant un globe avec une baguette;
dans le champ X.
Petit bronze. Cohen 226.
Même face. R/ Même légende. La Providence, tenant une corne d’abondance,
indique avec une baguette un globe qui est à ses pieds.
Petit bronze. Cohen 234.
Même face. R/ SALVS AVG. La Santé debout à gauche, nourrissant un
serpent qui s’élance d’un autel, et tenant un sceptre.
Petit bronze. Cohen 262.
IMP. C. CLAVDIVS AVG. Sa tête radiée, à droite. R/ VICTORIA AVG. Victoire
debout, regardant à gauche, tenant une couronne et une palme.
Quatre petits bronzes. Cohen 301.
Mêmes faces et revers, mais barbares.
Quinaire.
Aurélien (Lucius Domitius Aurelianus).
IMP. AVRELIANVS AVG. Son buste radié et cuirassé, à droite. R/ ORIENS
AVG. Le Soleil radié, à demi nu, debout de face, regardant à gauche, levant la
main droite et tenant un globe; à gauche, un captif, les mains derrière le dos,
auquel il donne un coup de pied. A l’exergue C.
Petit bronze. Cohen 140.
Même face. R/ VICTORIA AVG. Victoire marchant à gauche, tenant une
couronne et une palme; à ses pieds un trophée. A l’exergue F.
Petit bronze. Cohen 253.
Séverine (Ulpia Severina).
SEVERINA AVG. Son buste diadèmé, à droite avec le croissant, R/ PRO
VIDEN. DEOR. La Foi debout, à droite, tenant deux enseignes militaires en face
du Soleil radié nu, avec le manteau sur l'épaule gauche, levant la main droite
et tenant un globe; à l’exergue SAXT.
Petit bronze. Cohen 12.
Diocletien (Caius Valerius Diocletianus).
IMP. DIOCLETIANVS AVG. Sa tête laurée, à droite. R/ GENIO POPVLI
ROMANI. Genie coilfe du modius, debout à gauche, à demi-nu, tenant une palère
et une corne d’abondance; dans le champ SH; à l’exergue TR.
Moyen bronze. Série Cohen de 84 à 112.
Même piece; à l’exergue AT.
Moven bronze.
Même piece; à l’exergue CT.
Moyen bronze.
IMP. DIOCLETIANVS P.F. AVG. Son buste lauré, à droite. Même revers;
dans le champ CT; à l’exergue TR.
Moyen bronze.
Même piece; dans le champ BF; à l'exergue TR.
Moven bronze.
Même piece; dans le champ AT; à l’exergue TR.
Moyen bronze.
D. N. DIOCLETIANO P.F.S. (pro felici Seniori) AVG. Son buste lauré. à
droite, tenant un livre. R/ QVIES AVGVSTORVM. Le Repos debout, à gauche,
tenant un rameau baissé et un sceptre. (An 305.) Pièce frappée lors de l'abdication
de Dioclétien. À l'exergue PTR; dans le champ SA.
Moyen bronze. Cohen 430.
IMP. C. DIOCLETIANVS P. F. AVG. Sa tête laurée, à droite. R/ SACRA
MONET. AVGG. ET CAESS. NOSTR. La Monnaie debout, à gauche, tenant une
balance et une corne d’abondance; à l’exergue P. T.
Moyen bronze. Face Cohen 433, revers Cohen 435.
Voir mémoires de l’Académie de Metz:
Trouvaille d’Emmerswiller (Hérapel). Nous rappelons que la trouvaille
d’Emmersweiler se composait de 1200 moyens bronzes saucés, faces à droite,
revers GENIO POPVLI ROMANI frappés pour la plupart à Trèves. Ils étaient des
empereurs Dioclétien et Maximien Hercule, et des deux Césars Galère Maximien
et Constance Chlore.
Maximien Hercule (Marcus Aurelius Valerius Maximianus).
IMP. MAXIMIANVS P. F. AVG. Son buste nu et lauré, à droite. R/ GENIO
POPVLI ROMANT. Génie lourelé à demi nu, debout, à gauche, tenant une patere
et une corne d’abondance; à l’exergue LH.
Moven bronze. Cohen 197.
Même face et même revers. Dans le champ AT et TR à l’exergue.
Moven bronze.
Mêmes face et revers. Dans le champ C; à l’exergue TR.
Moyen bronze.
Mömes face et revers. Dans le champ CT; à l’exergue TR.
Moyen bronze,
Mêmes légendes. Son buste nu et lauré, à gauche. Même revers. Dans le
champ A et une étoile. A l’exergue TR.
Moyen bronze, de 25 mm de diamètre. Cohen 204.
IMP. MAXIMIANVS AVG. Son buste lauré et cuirassé, à gauche. Même
revers; dans le champ A, à l’exergue PLC.
Moven bronze. Cohen 199.
Même pièce, sauf le buste à droite.
Moven bronze.
Mêmes légendes et revers. Son buste nu et lauré, à droite. Dans le
champ AT; à l’exergue TR.
Deux moyens bronzes.
IMP. MAXIMIANVS AVG. Son buste lauré et cuirassé, à droite. R/GENIO
POPVLI ROMANI. Dans le champ SF; à l’exergue ITR.
Moyen bronze, diamètre 28 mm.
DIVO MAXIMIANO OPTIMO. Son buste lauré et voilé, à droite. R/REQVIES
OPTIMOR MERIT. Maximien assis, à gauche, sur une chaise curule, levant la
main droite et tenant un sceptre. (Pièce frappée après sa mort.) A l’exergue STR.
Petit bronze. Cohen 499.
Même face. R/ REQVIES OPT. MER. Même revers. A l’exergue, STR.
Deux petits bronzes quinaires. Cohen 500.
Constance I, Chlore (Flavius Valerius Constantius).
CONSTANTIVS NOB. CAES. Son buste nu et lauré à droite. R/ GENIO
POPVLI ROMANI. Génie tourelé à demi nu, debout, à gauche, tenant une patère
de la main droite et portant une corne d’abondance, à droite; dans le champ,
à gauche, A; à l’exergue TR.
Moyen bronze. Cohen 107.
Même pièce. Dans le champ AT; à l’exergue TR.
Moyen bronze.
Même pièce, avec H sous le buste.
Trois moyens bronzes.
Même pièce, mais rien sous le buste; dans le champ U; à l’exergue TR.
Moven bronze.
Même pièce; dans le champ CT; à l’exergue TR.
Moyen bronze.
CONSTANTIVS NOB. Son buste radié et drapé, à droite. R/ PIETAS AVGG.
Constance en habit militaire et lauré, debout, à droite, tenant un sceptre et re-
levant une femme tourelée, à genoux, qui tient une corne d’abondance.
Petit bronze. Cohen 216.
Hélène (Flavia Julia Helena).
FL. HELENA AVGVSTA. Buste drapé, à droite, avec un diadème orné de
perles. R/ SECVRITAS REPVBLICAE. Hélène voilée, debout, à gauche, tenant un
rameau baissé et soutenant sa robe ; à l’exergue PTR el croissant (1er atelier de Trèves).
Petit bronze, diamètre 19 mm. Cohen 10.
546
Même pièce sauf à l’exergue STR et croissant (2° atelier de Trèves).
Petit bronze. Cohen 10.
FL. IVL. HELENAE AVG. Buste diadèmé et drapé d'Hélène, à droite. R/ PAX
PVBLICA. La Paix debout, à gauche, tenant une branche d'olivier et un sceptre
transversal; à l’exergue TR S (2e atelier de Trèves).
Sept petits bronzes, genre quinaires. Cohen 4.
Même pièce. A l’exergue CONS.
Petit bronze.
Même pièce. À l’exergue TR P et une palme.
Théodora (Flavia Maximiana Theodora).
FL. MAX. THEODORA AVG. Son buste diadèmé, à droite. R/ PIETAS
ROMANA. Théodora debout, de face, regardant à droite, tenant un enfant dans
les bras; à l’exergue TR S avec une palme.
Quatre petits bronzes. Cohen 3.
Mêmes types, sauf la tête laurée et à l’exergue TR S avec une palme.
Deux petits bronzes.
Galère Maximien (Galerius Valerius Maximianus).
MAXIMIANVS NOB. CAES. Son buste lauré et nu, à droite. R/ GENIO
POPVLI ROMANI. Génie tourelé debout, à gauche, à demi nu, tenant une patère
et une corne d’abondance; dans le champ F; à l’exergue TR.
Moyen bronze. Cohen 63.
Même pièce. Dans le champ AT; à l’exergue TR.
Deux moyens bronzes.
Même pièce. Dans le champ BT; à l’exergue TR.
Deux movens bronzes.
>
Dans le champ CT; à l’exergue TR.
Deux moyens bronzes.
MAXIMILIANVS NOB. CAES. Sa tête laurée, à droite. R/ GENIO POPVLI
ROMANI. Génie lourelé debout, à gauche, à demi nu, tenant une patère et une
corne d’abondance; dans le champ CT; à l’exergue TR.
Moyen bronze. Cohen 87.
>
Même pièce; dans le champ AT; à l’exergue TR.
Deux moyens bronzes.
Même piece; dans le champ CF; à l’exergue TR.
Deux moyens bronzes.
Même pièce; dans le champ FT; à l’exergue TR.
Moyen bronze.
Même pièce; dans le champ B; à l’exergue TR.
Moyen bronze.
Maximin Il Daza (Caius Valerius Galerius Maximinus).
IMP. MAXIMINVS P.F. AVG. Son buste lauré et cuirassé, à droite. R/ GENIO
POP. ROM. Genie coiffe du Modius, à demi nu, debout à gauche. tenant une
patère et une corne d’abondance; dans le champ TF; à l’exergue PTR.
Quatre moyens bronzes. Cohen 58.
Licinius père (Flavius Valerius Licinianus).
IMP. LICINIVS P. F. AVG. Son buste lauré et cuirassé, à droite. R/ GENIO
POP. ROM. Génie à demi nu, debout, à gauche, coiffé du Modius, tenant une
patère et une corne d’abondance; dans le champ TF; à l’exergue HTP.
Deux petits bronzes de 20 mm de diamètre. Cohen 49.
Constantin I le Grand (Flavius Valerius Constantinus).
CONSTANTINVS AVG. Son buste lauré, à droite, avec le manteau impérial,
tenant un sceptre surmonté d'un aigle. R/ BEATA TRANOVILLITAS, autour d'un
autel surmonté d'un globe au-dessus duquel sont trois étoiles; sur l'autel,
VOTIS XX; à l’exergue ‘PTR:.
Petit bronze, diamètre 18 mm. Cohen 17.
CONSTANTINVS AVG. Son buste lauré, à droite. R/D. N. CONSTANTINI
MAX. AVG. autour d'une couronne dans laquelle on lit VOT XX au-dessus d’un
croissant ; à l’exergue S. T.
Petit bronze, diamètre 18 mm. Cohen 123.
IMP. CONSTANTINVS P. F. AVG. Son buste lauré et cuirassé, à droite.
R/ GENIO POP. ROM. Génie à demi nu debout, à gauche, tourelé, tenant une
patère et une corne d’abondance. Dans le champ à droite, une étoile; à l’exergue PLN.
Moyen bronze, diamètre 22 mm. Cohen 195.
CONSTANTINVS MAX. AVG. Son buste lauré et drapé, à droite. R/ GLORIA
EXERCITVS. Deux Soldats debout, casqués, tenant chacun une haste et appuyés
sur un bouclier; entre eux, deux enseignes militaires; à l’exergue TRS.
Quatre petits bronzes, diamètre 17 mm. Cohen 250.
Même pièce. A l’exergue TR‘P.
Petit bronze.
Même pièce. A l’exergue TR.S.
Petit bronze.
FL. VAL. CONSTANTINVS NOB. C. Son buste lauré et drapé, à droite.
R/ GENIO POP. ROM. Génie à demi nu, à gauche, tourelé, tenant une palere el
une corne d’abondance; dans le champ SH; à l’exergue PTR. (An 307.)
Moyen bronze, diamètre 27 mm. Cohen 196.
CONSTANTINVSP. F. AVG. Son buste lauré, à droite. R/ GLORIA EXERCITVS
Deux Soldats tenant entre eux une enseigne surmontée d'un étendard revêtu de
la lettre M; à l’exergue TR.S.
Deux petits bronzes, diamètre 48 mm. Variété de Cohen 252.
Mêmes faces et revers.
Quinaire, diamètre 12 mm.
ee
Même piece. Sur l’etendard X.
Petit bronze, diamètre 18 mm.
Même pièce. Sur l’étendard une couronne.
Petit bronze.
Mêmes légendes. R/ Les deux Soldats ont entre eux une enseigne mili-
taire surmontée d’un étendard; à l’exergue TRP ou STR ou TRS.
Quinze petits bronzes, diamètre 15 mm.
Mèmes légendes et revers.
Ce sont les revers de Cohen 241 à 257.
Six quinaires, diamètre 13 mm.
CONSTANTINVS AVG. Sa tête laurée, à droite. R/ PROVIDENTIAE AVGG.
Porte de camp surmontée de deux tours; au-dessus, une étoile.
Petit bronze. Cohen 504.
IMP. CONSTANTINVS P. F. AVG. Son buste lauré et drapé, à droite. R/ SOLI
INVICTO COMITI Le Soleil radié nu, avec le manteau déployé derrière lui. Il
est debout, à gauche, levant la main droite, la main gauche tenant un globe.
Dans le champ FT; à l’exergue PLC (Lyon).
Deux petits bronzes, diamètre 22 mm. Cohen 513.
Mêmes pièces. Dans le champ TF. A l’exergue PLC.
Deux petits bronzes, diamètre 20 mm.
Mêmes pièces. Dans le champ TF. A l’exergue P ARL (1er atelier d’Arles).
Deux petits bronzes, diamètre 20 mm.
CONSTANTINVS AVG. Son buste lauré et cuirassé, à droite, R/ SOLI
INVICTO COMITI. Même revers. Dans le champ TF; à l’exergue PTR.
Six petits bronzes, diamêtre 20 mm. Cohen 508.
Même face, même revers. A l’exergue PTR.
Trois petits bronzes, diamètre 18 mm.
IMP. CONSTANTINVS AVG Son buste lauré et drapé, à droite. Même
revers. Dans le champ HS; à l’exergue PLC.
Petit bronze. Cohen 512.
CONSTANTINVS AVG. Même face. R/ SOLI INVICTO COM TI. Même revers.
Quinaire, diamètre 14 mm. Cohen 508.
Mêmes faces et revers; mais au revers les deux enseignes militaires sont
plus rapprochées l’une de l'autre; à l’exergue PLC.
Petit bronze, diamètre 18 mm. Cohen 508
Memes pieces. Les deux enseignes très rapprochées sont surmontées d'un
drapeau et d'une couronne. A l’exergue SMRS.
Petit bronze, diamètre 18 mm. Cohen 508.
CONSTANTINVS AVG. Son buste cuirassé, à droite, avec le casque sur-
monté d'un cimier N VICTORIAE LAET, PRINC. PERP. Deux Victoires debout
posant un bouclier sur un autel. Sur le bouclier VOT. P. R; à l’exergue STR.
Quatre petits bronzes, diamètre 18 mm. Cohen 631.
Son buste cuirassé, à gauche, avec le casque surmonté d'un cimier et
tenant une haste.
Deux petits bronzes, diamètre 17 mm.
CONSTANTINVS AVG. Son buste casqué et cuirassé, à droite. R/ VIRTVS
EXERCIT. Etandard au pied duquel sont deux captifs accroupis. Sur l’&tandard
NOT. XX. A l’exergue TR P.
Trois petits bronzes.
Mömes faces et légendes.
Deux quinaires, diamètre 14 mm.
Le peuple romain. Constantin et ses fils.
POP. ROMANVS. Buste de jeune homme lauré et drapé, à gauche, avant
derrière lui une corne d’abondance. R/ Etoile dans une couronne de laurier, avec
le signe monétaire CONSD.
Petit bronze, diamètre 14 mm. Cohen 2.
Constantinople.
CONSTANTINOPOLIS. Buste casqué et cuirassé, à gauche, tenant un
sceptre. R/ Victoire debout, à gauche, posant le pied droit sur une proue de
vaisseau, tenant un sceptre transversal et appuvée sur un bouclier; à l’exergue
CONS. (Arles.)
Trois petits bronzes, diamètre 18 mm. Cohen 21.
Mêmes faces et revers.
Deux petits bronzes, diamètre 16 mm.
Mêmes faces et revers; à l’exergue TR. P.
Six petits bronzes, diamètre 15 mm à 11 mm.
Mêmes faces et revers; à l’exergue PLC.
Trois petits bronzes, diamètre 15 mm à 11 mm.
Mömes faces et revers; à l’exergue TRS.
Six petits bronzes, diamètre 15 mm à 11 mm.
Rome.
Le
VRBS ROMA. Buste de Rome, à gauche. R/ La Louve à gauche, allaitant
Romulus et Rémus et les regardant; en haut, deux étoiles.
Petits bronzes de 16 mm. Quinaires de 10 mm.
Mêmes faces et revers; à l’exergue TRP.
SIX pièces.
Mömes faces et revers; à l’exergue PLC.
Trois pièces.
Mömes faces et revers; exergue illisible.
Onze pièces,
— 350 —
Constantin apres sa mort.
DIVO CONSTANTINO. Son buste voilé, à droite. R/ AETERNA PIETAS.
Constantin debout, à droite, en habit militaire et le manteau déployé derrière lui,
tenant une haste et un globe. Dans le champ X.
Trois petits bronzes, diamètre 14 mm. Cohen 13.
Crispe (Flavius Julius Crispus).
IVL. CRISPVS NOB. CAES. Son buste lauré et cuirassé, à gauche, tenant
une haste et un bouclier. R/ BEATA TRANOVILLITAS. Autel surmonté d'un globe
sur lequel on voit trois étoiles; sur le devant de l'autel on lit VOTIS XX, à
l’exergue STR.
Trois petits bronzes. Diametre 19 mm. Cohen 22.
CRISPVS NOB. CAES. Son buste lauré et drapé, à gauche. R/ DOMINORVM
NOSTRORVM CAESS, autour d'une couronne de laurier dans laquelle on lit
VOT. X; à l’exergue TSAVI.
Petit bronze, diamètre 20 mm. Variétés de 62 à 69 Cohen. Inédite.
CRISPVS NOB. CAES. Son buste lauré, à droite. R/ DOMINOR. NOSTROR.
CAESS. autour d’une couronne de laurier dans laquelle on lit VOT X.
Petit bronze, diamètre 20 mm. Cohen 65.
CRISPVS NOB. CAES. Son buste lauré et drapé, à droite. R/ PRINCIPI
IVVENTVTIS. Crispe debout, à gauche, en habit militaire, tenant de la main
gauche une haste renversée, la droite s'appuyant sur un bouclier.
Petit bronze, diamètre 19 mm. Cohen 100.
FL. IVL. CRISPVS NOB. CAES. Son buste lauré, drapé et cuirassé, à gauche.
R' PROVIDENTIAE CAESS. Porte de camp surmontée de deux petites tours entre
lesquelles est une étoile; à l’exergue PTR.
Petit bronze, diamètre 15 mm. Cohen 125.
CRISPVS NOB. CAES. Son buste lauré, drapé, cuirassé, à gauche.
R/ VICTORIAE LAETAE PRINC. Deux Victoires posant sur un autel un bouclier
sur lequel est écrit VOT. P. R; à l’exergue PTR.
Trois petits bronzes, diamètre 15 mm. Genre Cohen 148. Inédits.
Constantin Il, le jeune (Flavius Claudius Julius Constantinus).
CONSTANTINVS IVN. NOB. C. Son buste, à gauche, lauré et cuirassé, pré-
sentant un globe surmonté d'une victoire. R/ BEATA TRANOVILLITAS. Autel
portant l'inscription VOTIS XX. Au-dessus de l'autel, un globe surmonté de trois
étoiles ; à l’exergue STR.
Quatre petits bronzes. Cohen 13.
Mêmes faces et revers. A l’exergue PTR.
Trois petits bronzes.
FL. CL. CONSTANTINVS IVN. NOB. C. Sa tête nue, à droite. R/ CLARITAS
REIPVBLICAE. Le Soleil radié à demi nu, debout, à gauche, levant la main
droite et tenant un globe, et un fouet de l’autre main; dans le champ TE; à
l’exergue STR.
‘
Petit bronze, diamètre 20 mm. Cohen 49 sauf la légende de la face.
CONSTANTINVS IVN. NOB. C. Son buste lauré et cuirassé, à gauche.
R/ PROVIDENTIAE AVGG. Porte de camp ouverte et surmontée de deux tours;
entre les tours, une étoile; à l’exergue PTR et croissant.
Petit bronze, diamètre 20 mm. Cohen 199.
Même pièce. A l’exergue TRS.
Petit bronze.
CONSTANTINVS IVN. NOB. C. Buste lauré et cuirassé, à droite. R/ VIRTVS
AVGG. Porte de camp ouverte et surmontée de quatre tours; au-dessus une
étoile ; à l’exergue CONS (Arles).
Petit bronze, diamètre 20 mm. Cohen 232.
CONSTANTINVS IVN. NOB. C. Son buste radié avec le manteau impérial,
à gauche. R/ VIRTVS EXERCIT. Etendard entre deux captifs assis à terre; sur
l’etendard on lit VOT. XX.
Petit bronze. Cohen 250.
Mêmes légendes. Buste lauré et cuirassé, à droite. R/ Deux soldats casqués
debout, en regard, tenant chacun une haste et appuvés sur leurs boucliers; entre
eux, deux enseignes militaires; à l’exergue PLC.
Deux petits bronzes. Inédite.
Même face, mêmes légendes. Même revers.
Trois quinaires. Inédits.
Mômes légendes. R/ Entre les deux soldats une enseigne militaire avec le
monogramme du Christ.
Petit bronze. Inédit.
Constant I (Flavius Julius Constans).
FL. IVL. CONSTANS P.F. AVG. Son buste diadèmé, drapé et cuirassé, à
droite. R/ TRIVMFATOR GENTIVM BARBARVM. L'Empereur debout, tenant de la
main droite le labarum orné du monogramme du Christ et, de la gauche, la
haste; à l’exergue SIS. (Scissia en Pannonie.)
Medaillon d'argent, mod. 10'/2. Cohen 115.
L’atelier de Trèves a frappé le même médaillon, mais en module 11, c’est-
à-dire, un peu plus grand de diamètre.
D. N. CONSTANS P.F. AVG. Son buste diadèmé et drapé, à gauche, tenant
un globe. R/ FEL. TEMP. REPARATIO. Soldat casqué marchant à droite et se
retournant; il entraîne un jeune captif hors de son habitation et tient une haste:
derrière l'habitation, un arbre; à l’exergue PLC.
Trois moyens bronzes, diamètre 21 mm. Cohen 18.
Même pièce; à l’exergue AQS.
Moyen bronze.
Même pièce; à l’exergue TRP.
Moyen bronze.
Même face, mêmes légendes. Constant debout, à gauche, en habit militaire,
sur un vaisseau allant à gauche; il tient un globe surmonté d'un phénix et le
1.
labarum; à droite, sur le vaisseau, la Victoire assise tenant le gouvernail et re-
gardant l'empereur; à l’exergue PHRT.
Moyen bronze. Face Cohen 14, revers Cohen 9.
Même pièce; à l’exergue MOP.
Moyen bronze.
D. N. CONSTANS P. F. AVG. Son buste diadèmé et drapé, à droite. R/ FEL.
TEMP. REPARATIO. Phémix radié, debout sur un globe: à l’exergue TRP.
Trois petits bronzes. Cohen 21.
Mömes pièces, mais le Phénix est sur un bücher.
Deux petits bronzes. Cohen 22.
CONSTANS P.F. AVG. Son buste laur& et drapé, à droite. R/ GLORIA
EXERCITVS. Deux soldats casqués, debout, se regardant, tenant chacun une
haste renversée et s’appuvant sur un bouclier; entre eux, deux enseignes sur-
montés de drapeaux: à l’exergue TRS.
Petit bronze. Face, légende Cohen 54, revers Cohen 69.
Même pièce. Dans le haut, le labarum entre les deux enseignes; à l’exergue TRS.
Petit bronze.
Mêmes pièces, sauf dans le champ une coupe sur le drapeau surmontant
l'enseigne ; à l’exergue PLC.
Deux petits bronzes.
Mêmes pièces. Dans le champ, deux palmes dans le haut du drapeau; à
l’exergue AQS.
Trois petits bronzes.
Mêmes pièces. Dans le champ, M sur le drapeau au-dessus de l'enseigne :
à l’exergue TRP.
Dix-sept petits bronzes.
Mömes pièces. Dans le champ, une couronne sur l'enseigne ; à l’exergue TRS.
Dix petits bronzes.
Mêmes pièces.
Trois quinaires.
FL. IVL. CONSTANS AVG. Son buste diadèmé et drapé, à droite.
R/ SECVRITAS REIPVBLICAE. Victoire marchant à gauche et portant une cou-
ronne ; à l’exergue SN et feuille de lierre PT.
Trois petits bronzes. Légende de Cohen 104. Revers inédit.
Même pièce, sauf la Victoire de grande taille, vue de face et tenant une
couronne de la main droite; à l’exergue TRP.
Petit bronze. Inédit.
Mêmes pièces. Au revers une croix; la Victoire entraîne avec elle un en-
fant, un captif, sans doute.
Huit quinaires. Inédits.
CONSTANS P. F. AVG. Son buste lauré et drapé, à droite. R/ VICTORIAE
DD. NN. AVGG. Victoire tenant un diadème et marchant à gauche; à l’exergue PLE.
Petit bronze.
Mèmes pièces. A l’exergue CON.
Deux quinaires.
CONSTANS P. F. AVG. Son buste diadèmé et drapé, à droite. R/ VICTORIAE
DD. AVGG. Q. NN. Deux Victoires marchant l’une vers l’autre et tenant chacune
une couronne et une palme.
Consta
AVGG.
Cette pièce fut frappée en l'honneur des cinq princes (quinque = ())
ntin Il, Constant, Constance, Delmace, Hanibalien, fin de lan 337.
Dans le champ une feuille de lierre; à l’exergue TRP.
Petit bronze. Cohen 179.
Même piece: à l’exergue TRS.
Petit bronze.
Même pièce. Dans le champ une étoile; à l’exergue TRP.
Petit bronze. Cohen 179.
Même pièce. Dans le champ D; à l’exergue TRP.
Treize petits bronzes. Cohen 179.
Même pièce. Dans le champ D; à l’exergue TRS.
Six petits bronzes. Cohen 179.
Même pièce. Dans le champ C; à l’exergue TRE.
Six petits bronzes. Cohen 179.
Même pièce. Dans le champ M; à l’exergue TRP.
Cinq petits bronzes. Cohen 179.
Même piece. Dans le champ une palme; à l’exergue TRP.
Douze petits bronzes. Cohen 179.
FL. IVL. CONSTANS AVG. Son buste lauré et drapé, à droite. Rj VIRTVS
NN. Soldat casqué debout, à droite, appuyé sur un bouclier posé à terre.
Trois petits bronzes. Cohen 183.
Constance II (Flavius Julius Valerius Constantius).
FL. IVL. CONSTANTIVS NOB. C. Son buste lauré et cuirassé, à droite.
R/ GLORIA EXERCITVS. Deux enseignes militaires entre deux soldats casqués ;
arl’exergue TRS.
Quatre petits bronzes. Cohen 104.
Même pièce; à l’exergue SMALD.
Petit bronze.
Même pièce; dans le champ une couronne; exergue illisible.
Petit bronze.
Même piece; dans le champ une palme; à l’exergue SCOMS (2e atelier d'Arles).
Petit bronze.
Mêmes pièces, si ce n’est une seule enseigne, au lieu de deux, entre les
deux soldats.
Huit petits bronzes.
Mêmes pièces. Dans le champ le labarum; à l'exergue COXS,
Deux petits bronzes.
ae
Même pièce avec une seule enseigne; à l’exergue SIS (Siscia).
Petit bronze.
CONSTANTIVS P. F. AVG Mömes faces et revers; dans le champ une
enseigne surmontée d’un étendard portant la lettre M: à l’exergue
Cinq petits bronzes. Face: légende Cohen 99. Légende: revers Cohen 92.
Même piece; sur le drapeau la lettre G; à l’exergue TR.
Petit bronze.
Même pièce; sur le drapeau la lettre Y; à l’exergue
Petit bronze.
Même pièce; sur le drapeau, une croix.
Petit bronze.
Même pièce; sur le drapeau I; à l’exergue PHR,
Petit bronze.
Mêmes pièces; sur le drapeau, un point.
Deux petits bronzes.
Mömes pieces; sur le drapeau, un point; à l’exergue TR.
Trois quinaires.
Pièce barbare. FL. IVL. CONSTANTIVS AVG. Buste lauré et cuirassé, à droite.
R/ GLORIA EXERCITVS. Même type: un point sur le drapeau, en haut de l’enseigne
comme pour les deux quinaires précédentes. Dans le champ, à gauche, une croix.
Quinaire. Variété de Cohen 92.
.... IVS P. F. AVG. Son buste drapé et cuirassé, à droite. R/SALVS
REIPVBLICAE. Femme à gauche, posant la main sur la tête d'une personne
accroupie. Une croix dans le champ; à l’exergue AQS.
Trois quinaires. Cohen 177.
... IVS NOB. C. Buste lauré et drapé, à droite. R/ VICTORIA ROMANORVM.
Victoire marchant à gauche: à l’exergue PCON (1er atelier d’Arles).
Deux quinaires. Variété de Cohen 271.
Mème face. R/ VOT. XX MVLT. XXX dans une couronne.
OQuinaire.
CONSTANTIVS P.F. AVG. Son buste lauré et cuirassé, à droite. R/ VIC-
TORIAE DD. NN. AVGG. Deux Victoires marchant l’une vers l’autre et présentant
chacune une couronne. Au milieu une palme; à l’exergue TRS.
Dix petits bronzes. Cohen 291 et 293.
Même pièce. Dans le champ D. A l’exergue
Petit bronze.
Même pièce. Dans le champ E. A l’exergue
Petit bronze.
Même pièce. Dans le champ S. A l’exergue
Petit bronze.
Même pièce. Feuille de lierre. A l’exergue TRS.
Six petits bronzes.
Magnence (Flavius Magnus Magnentius).
IMP. CAE. MAGNENTIVS AVG. Son buste nu-tête et drapé, à droite.
R/ FELICITAS REIPVBLICE. Magnence debout, à gauche, en habit militaire, tenant
un globe surmonté d'une Victoire et le labarum. Dans le champ A; à l’exergue TRP.
Moyen bronze. Cohen 5.
D. N. MAGNENTIVS P. F. AVG. Son buste nu et drapé, à gauche. Derrière
le buste, la lettre A. R/ GLORIA ROMANORVM. Magnence en habit militaire,
galopant à droite et s’appretant à percer de sa haste un ennemi à genoux,
suppliant; sous le cheval, un bouclier et une haste brisée; à l’exergue TRP.
Moyen bronze, diamètre 22 mm. Cohen 20.
Mêmes pièces. A l’exergue TRP et croissant.
Trois movens bronzes, diamètre 22 mm.
Mêmes pièces. A l’exergue TRS.
Trois movens bronzes.
Mêmes pieces; à l’exergue PLC (Lyon).
Deux movens bronzes.
D. N. MAGNENTIVS P. F. AVG. Son buste nu et drapé, à droite. R/ SALVS
DD. NN. AVG. ET CAES. autour du monogramme du Christ; les lettres A et 4
sont placées dans ce monogramme; à l’exergue TRP.
Quatre moyens bronzes, diamètre 25 mm. Cohen 29.
D. N. MAGNENTIVS P. F. AVG. Son buste nu et drapé, à gauche. Derrière
le buste, la lettre A. R/ VICT. DD. NN. AVG. ET CAES. Deux Victoires, debout
tenant une couronne dans laquelle on lit VOT. V MVLT. X; à l’exergue TRP.
Quatre moyens bronzes, diamètre 20 mm.
Mêmes pièces. A l’exergue TRS.
Quatre moyens bronzes, diamètre 20 mm. Cohen 41.
Décence (Magnus Decentius).
D. N. DECENTIVS FORT. CAES. Son buste nu-tête et drapé, à droite
R/ SALVS. DD. NN. AVG. ET CAES, autour d'un monogramme du Christ, dans le
champ, entre À et wo.
Grand bronze. Cohen 13.
D. N. DECENTIVS NOB. CAES. Son buste, nu-tête, drapé et cuirassé
a droite. R/ VICTORIAE DD. NN. AVG. ET CAES. Deux Victoires debout
posant sur un cippe une couronne dans laquelle on lit VOT. V MVLT. X; à
l’exergue ASLC.
Moyen bronze. Cohen 43.
Julien II (Flavius Claudius Julianus).
D. N. CL. IVLIANVS P. P. AVG. Son buste barbu diadèmé et drapé,
à droite. R/ VOT. X,MVLT. XX dans une couronne de laurier; à l’exergue
CONST. (Arles.)
Denier d'argent, Cohen 144.
He
Valentinien I (Flavius Valentinius).
D. N. VALENTINIVS P. F. AVG. Son buste diadèmé et lauré, à droite.
R/ SECVRITAS REIPVBLICAE. Victoire marchant à gauche, tenant une couronne
et une palme ; à l’exergue ANTA.
Petit bronze. Cohen 37.
Même face. Revers illisible.
Quinaire.
Valens (Flavius Valens).
D. N. VALENS P.F. AVG. Son buste diadèmé et drapé, à droite. R/ VICTORIA
AVG. Valens, Valentinien assis: au-dessus une Victoire; à l’exergue SMTES.
Denier d'or. Cohen 53.
D. N. VALENS P. F. AVG. Même face. R/ SECVRITAS REIPVBLICAE. Victoire
marchant et tenant une couronne et une palme; à l’exergue TRP.
Petit bronze. Cohen 47.
Gratien (Flavius Gratianus).
D. N. GRATIANVS P. F. AVG. Son buste diadèmé et drapé, à droite. R/ VIRTVS
ROMANORVM. Rome assise de face, regardant à gauche, tenant un globe et un
sceptre; à l’exergue TRPS.
Denier d’argent. Cohen 55.
Même face. R/ VRBS ROMA. Rome assise, à gauche, tenant une Vic-
toire sur un globe et une haste renversée. Dans le champ une éloile ; à l’exergue
ANOBES:
Denier d’argent. Cohen 86.
Theodose (Flavius Theodosius).
D. N. THEODOSIVS P. F. AVG. Son buste, à droite, casqué et diadèmé et
cuirassé, tenant une haste. R/ GLORIA ROMANORVM. Théodose casqué et en
habit militaire, marchant à gauche sur un vaisseau, se retournant et levant la
main droite; la Victoire est assise, tenant le gouvernail; dans le champ une
couronne et une croix; à l’exergue ANTT (3e atelier).
Moyen bronze. Cohen 19.
Même légende. Son buste diadèmé et drapé, à droite. R/ VICTORIA AVGG.
Victoire passant à gauche, tenant une couronne et une palme; à l’exergue LVGP
(1er atelier Lyon).
Deux quinaires: pour l'argent Cohen 35; pour quinaire ou petit bronze
Cohen 41 avec AVGGG. (Inédit.)
D. N. THEODOSIVS P. F. AVG. Son buste, à droite, diadèmé et drapé.
N VIRTVS EXERCITI Theodose en habit militaire, debout, à droite, tenant
un étendard et un globe, et renversant un captif d’un coup de pied. Dans le
champ, à gauche, une croix: à l’exergue CONSB (2e atelier de Constantinople).
Moven bronze. Cohen 54.
On voit dans cette pièce combien est grande la décadence de sentiments.
Maxime (Magnus Maximus).
D. N. MAG. MAXIMVS P. F. AVG. Son buste diadèmé et drapé, à droite.
R/ SPES ROMANORVM. Porte de camp ouverte, surmontée de deux tours entre
lesquelles est une étoile; à l’exergue LVGP (Lyon, 1er atelier).
Petit bronze quinaire. Cohen 7.
Même pièce. À l’exergue TCON.
Quinaire.
D. N. MAG. MAXIMVS P. F. AVG. Même face. R/ VICTORIA AVGG. L'Empereur
debout, tenant le labarum et une Victoire; à l’exergue LVGS (Lyon, 2e atelier).
Moven bronze. Faces et revers ne concordant pas avec Cohen.
Eugène (Eugenius).
D. N. EVGENIVS P. F. AVG. Son buste diadèmé et drapé, à droite. R/ VIC-
TORIA AVGG. Victoire marchant à gauche, tenant une couronne et une palme
à l’exergue LVGS.
Quinaire. Cohen 8.
Honorius.
D. N. ONORIVS. . . Son buste diadèmé et lauré, à droite. R/ SALVS REI-
PVBLICAE. Victoire marchant à gauche, portant un trophée et trainant un barbare
à genoux. Dans le champ le monogramme du Christ.
Deux quinaires. Légende, de face, inédite. Revers de Cohen 32.
Faces et revers de Cohen 32.
Cinq quinaires. Cohen 32.
D. N. ONORIVS. .. Même face. R/ VICTORIA AVGG. Victoire marchant à
gauche, tenant une couronne et une palme.
Quinaire. Légende, de face, inédite. Revers: légende de Cohen 37 avec
revers de Cohen 39.
D. N HONORIVS P. F. AVG. Très pelit buste diademe et drape, à droite.
R/ VICTORIA. . . Victoire marchant à gauche, lenant un globe surmonté d’une
croix el une couronne.
Quinaire. Cohen 47 pour For. (Inédit.)
Arcadius.
D. N. ARCADIVS P. F. AVG. Son buste diadèmé el drapé, à droite. R/ CON-
CORDIA AVGG. Arcadius tenant le labarum, Ja main gauche sur son bouclier; à
ses pieds un captif agenouillé.
Quinaire.
Même face. R/ CONCORDIA AVGGG, autour d'une croix.
Quinaire.
Même face. R/ GLORIA ROMANORVM. L'Empereur debout, à droite, lenanl
un elandard et un globe; à l’exergue SMNR.
Moven bronze.
Même face. R/ SALVS REIPVBLICAE. L'Empereur, à gauche, portant une
palme et une couronne.
(Juinaire.
Memes légendes. L'Empereur, à gauche, trainant un caplif par les cheveux:
à l’exergue CONST (3e atelier de Constantinople).
Trois quinaires.
Même face. R/ VICTORIA AVGGG. Victoire marchant, à gauche, et pré-
sentant une couronne: à l’exergue LVCP.
Sept quinaires.
Même pièce; è l’exergue CONS.
‘Quinaire.
Même pièce. R!..... L'Empereur debout, à gauche, tenant une palme
et mettant la main sur la tête d'un captif agenouillé à droite. Dans le champ, à
gauche, le monogramme du Christ.
Quinaire.
Sabatier donne les dessins de deux pièces d’Arcadius, empereur d'Orient,
frappées à Trèves, avec revers VIRTVS ROMANORVM et VRBS ROMA Texergue
TRPS; nous n'avons trouvé au Hérapel que la marque de l'atelier de Lvon, et
cela, sur sept petits bronzes quinaires d’Arcadius.
359
Kleinere Mitteilungen und Fundberichte.
Une page d’histoire d’un village lorrain.
Par N. Houpert.
Si les documents abondent sur une des periodes les plus sombres
du passé de la Lorraine, sur la guerre de Trente ans, nous ne possé-
dons pas jusqu’ici, que je sache, une histoire générale de cette guerre
en tant qu'elle concerne notre province. L'histoire particulière de nom-
breuses localités, dont beaucoup, hélas! ont disparu dans cette terrible
tourmente, est d’ailleurs suffisamment instructive pour nous représenter
les ravages exercés par les troupes suédoises et que les écrivains de
cette époque ont avec raison comparés à la dévastation de la Judée
par les troupes de Titus. Il y eut alors, sans doute, de la part de nos
ancêtres, des actions d'éclat, des résistances héroïques et des faits
d'armes dignes d’admiration; mais ces actes de courage furent im-
puissants à prévenir ou à mettre un terme aux calamités inouïes qui
frappèrent la Lorraine: du moins sont-ils tout à l'honneur du nom
lorrain et méritent-ils d'être enregistrés par la postérité. C'est d'une
de ces résistances héroïques que je vais avoir lhonneur de vous entre-
tenir: il s'agit du siège d’Insming, par les Suédois, en 1637. Person-
nellement, je me hâte de le dire, je n'ai aucun mérite à retracer cette
page d'histoire de mon village natal: tout le mérite en revient à M.
l'abbé Lux, ancien curé d’Insming, décédé il y a dix ans. M. l'abbé
Lux, qui était membre de la Société d'archéologie lorraine, avait re-
cneilli et classé par ordre chronologique de nombreux documents his-
toriques sur Insming. La relation du siège d’Insming par les Suédois
est empruntée au manuscrit qu'il a laissé.
La Seigneurie d’Amanges c'élait jadis le nom d'Insming
était limitrophe et frontière du duché de Lorraine: car Kinger lo-
calité distante de 3 kilomètres — était terre de Empire: Albestroll,
Guéblange et Hellimer étaient terres de l'évêché de Metz. Celle posi-
tion extrème délermina probablement les dues de Lorraine a fortilier
celte place, à une époque qui nous est inconnue. Ce qu'il y a de cer-
ain, c'est que sous René II de Vaudémont, duc de Lorraine, cette
forteresse avait déjà existé depuis assez longtemps pour nécessiter des
réparations. Ce duc, en effet, avait octroyé aux habitants d’Amanges
une gabelle appelée Ungelt pour être employée à l'entretien de la ville.
Le 28 mai 1555, le due Antoine continue aux habitants d’Aman-
ses, le don qui leur avait été fait par René son père, d’une gabelle
dite Ungelt, pour être convertie à l’entretien de la ville.
»Comme il soit, disent ces lettres patentes, que noz subjectz
d’Amanges nous avent fait supplier leur voulloir de rechief donner et
octrover la ditte Gabelle . . . afin de tout mieulx povoir à l’advenir
entretenire et fortiflier la ditte Ville d’Amanges, Ivmitrophe et aux
frontières de noz pays . . . donnons et octroyons à noz dictz sub-
jectz manans et habitans de notre ditte ville d’Amanges . . . la dicte
Gabelle appelée Ungelt, pour icelle, prendre, avoir, lever et recepvoir,
mettre, emplover et convertir à l'entretenement et restauration de la
dicte ville . . . . et de l’employ qu'ilz en feront rendre compte et re-
liequa à nos officiers de Dieuze, selon et en telle manière que puissions
cognoistre icelle gabelle estre employée et la dicte ville entretenue et
fortifiée. .:+. -« (Archives -de:Dieuze, 2 n° 2.)
En 1627, le 3 juillet, un règlement dressé par Jean Philippe de
Bourgogne, avant qualité de commissaire de la Chambre des Comptes,
oblige les habitants d’Amange et toutes les localités appartenant à la
Haute Mairie d’Amange; »à lentretienement de la Halle du dict
Amange, portes, barrières et fossez de faire tous charrois et courvées
de bras requises et necessaires.« (Archives de Dieuze.)
Les fortifications d’Amange consistaient en un large fossé muré
des deux côtés intérieurs, entourant ainsi la ville entière d'un double
rempart. Deux grandes portes, garnies chacune d'un pont-levis, y livraient
entrée: 1° la Gasselporte du côté de Réning ouvrait passage sur le
vieux chemin de Dieuze qui, anciennement, faisait le tour extérieur
des glacis. . . On a trouvé, vers le milieu de ce siècle, en déblayant
l'emplacement d'une maison située presque en face de l'église actuelle,
les fondations de deux tourelles de trois mètres de diamètre environ,
et dont le fond était insondable. Ces deux tourelles protégeaient sans
doute le pont-levis de la Gasselporte tout à la fois et servaient d'attache
au mécanisme qui soulevait le pont. Entre ces deux tourelles existait
un escalier taillé dans le roc de sable: il prenait toute la largeur com-
prise entre les deux tourelles et descendait dans le fossé de la ville.
2° La porte de Wittersbourg située sur la route de même nom. Entre
2
ces deux portes, il v avait au Hallenberg une poterne qui donnait sur
un chemin couvert, se repliant trois fois sur lui-même à angles aigus,
pour continuer en ligne directe jusqu'au < Moulins d'en bas».
A l'intérieur de la place se trouvait une énorme tour (le Has-
mingiac Villa de 1102) carrée, haute de cent pieds environ et munie
aux quatre faces de deux meurtrières superposées obliquement dans
deux étages différents. La maçonnerie, d'une épaisseur de plus d'un
mètre, était faite avec de pelites pierres reliées ensemble par un ciment
qui la rendait indestructible. En effet, quand en 1844, ce vieux témoin
de l'origine même d’Insming, menacait ruine, comme on disait, sa dé-
molition fut résolue: mais on ne put réussir dans cette œuvre de
destruction qu'avec la mine qui arracha péniblement à ce vieux colosse
de plus de 700 ans, d'énormes blocs de maçonnerie dont on ne par-
venait pas à enlever une pierre. À l'intérieur de cette tour se trouvait
un puits communiquant avec un souterrain qui passait sous le Prieuré
et avait la direction du Mühlwald: c'est par ce souterrain que la tour
et la place s’approvisionnaient en temps de siège.
Une compagnie d’arquebusiers (Archives de Dieuze) recrutée pro-
bablement dans la Prévôté d’Amange et entretenue par la ville (Ar-
chives d’Insming, Liasse L. comptes de l'Hôtel de ville) était chargée
de la garde et de la défense de la ville. Telle était la forteresse d’Ins-
ming lorsqu'éclata la guerre de Trente ans.
Les Suédois avant fait irruption dans la Lorraine, vinrent mettre
le siège devant Amange (1637). La forteresse n'est pas prise au dé-
pourvu. Joseph Bruland, un enfant d’Insming, pour lors juge et officier
du duc Charles IV, voyant le danger qui menacait Insming, met la
ville en état de défense et se prépare une citadelle en faisant murer
tout le bas de la tour, dont les murs au rez-de-chaussée avaient douze
à quinze pieds d'épaisseur. La retraite ainsi assurée, Bruland se mel
à la tête des arquebusiers d’Insming tous bien résolus à se battre
vaillanment jusqu'au dernier homme. Voyant bientôt sa troupe décimée
par une lutte inégale contre un ennemi supérieur en nombre; ne pou-
vant d'autre part compter sur la population d’Insming qui avail évacué
la place à l'approche des Suédois, Bruland fait transporter dans la
tour tous les papiers de la prévôté d'Insming, s’y renferme lui-même
avec la poignée de braves qui lui restent et jure de mourir plutôt que
de se rendre.
Les Suédois prirent d'assaut une place qui n'était plus défendue
et dont les murs étaient bien ébréchés: ils se répandirent dans la ville
et commanderent l'assaut de la tour. Repoussés une première fois, ils
ne perdent point courage: ils retournent à l'assaut à différentes reprises
avec un accroissement de fureur: chaque fois ils sont repoussés avec
des pertes qui leur deviennent de plus en plus sensibles.
De guerre lasse, ils mettent le feu aux quatre coins de la ville
et essayent à plusieurs reprises de réduire en cendres une tour qu'ils
n'ont pu prendre d'assaut. Efforts inutiles! le feu ravage la ville mais
laisse intacte, au milieu des ruines, une tour triomphante.
Une dernière ressource restait à l'ennemi pour réduire une tour
si vaillamment défendue: il faut la réduire par la famine. Cette dernière
tentative ne devait pas plus leur réussir que les premières. Les braves
défenseurs avaient toute facilité de s’approvisionner au dehors. »Il y
avait en effet, dit Dom Calmet, dans cette tour un puits sec, dans le-
quel-descendaient les gens de la tour pour gagner un chemin souterrain
par où ils sortaient la nuit pour aller chercher les provisions nécessaires. »
Les Suédois ayant échoué encore dans leur dernière entreprise contre
la citadelle d’Insming, prirent le parti de se retirer. Mais l'antique
Amange n’etait plus qu'un monceau de ruines fumantes dominées
liérement par une tour intacte, au sommet de laquelle flottait encore
le drapeau de Charles IV.
Quant à la ville d’Amange, cette antique fortéresse, construite
comme un boulevard sur les confins de la Lorraine et des pays de
l'Empire; cette ville si florissante par son commerce, si glorieuse par
ses institutions, offrait un spectacle navrant: sa population dispersée,
son prieuré dévasté, sa Mère-cour, son Hôtel de ville, sa Prévôté, tout
était détruit, tout excepté la tour et l'église St-Clément y attenant; et
dans l'intérieur de ses murs fortement ébréchés, une poignée de braves,
les défenseurs de la tour, pleuraient leur patrie qui n'était plus. Les
cadavres qui jonchaient la terre aux alentours de la citadelle furent
relevés et conlies religieusement à la terre sur la place devant le
cimetière actuel. Partout le silence de la mort au milieu de la désola-
tion universelle!
A l'extérieur de la ville, Notre-Dame d’Amanges, cet antique ex-
voto de Thierry Il comte de Bar, cette chapelle de Marie où la contrée
toute entière aimait à invoquer la reine du Ciel, Notre-Dame d’Aman-
ges si richement dotée jadis, n'existe plus. Les ruines recouvrent les
restes des religieux Bénédictins égorgés par un ennemi qui faisait la
guerre sans trêve ni merci. Une croix de pierre, monumentale par sa
structure et son origine, respectée même par le vandalisme de 95,
marque aujourd'hui la place où fut autrefois N.-D. d’Amanges. Dom
303 —
Claude de Villier, religieux bénédictin, la fil ériger en 1681 en mé-
moire d'un sanctuaire dont la poussière est encore en haute vénéra-
tion à Insining. Cette croix haute de deux mètres environ, porte en
tête les armes de D. Claude de Villier, qui sont quatre cierges écar-
telés sur champ d'argent. Sur le devant de l'arbre, un Christ en croix
expirant; du côté opposé, une Vierge-mere couronnée portant l'Enfant
Jésus; à droite St-Clément, premier évêque de Metz, avec son dragon,
patron de l'église paroissiale, à gauche, St-Nicolas. Une tête d'ange
orne la tête des deux croisillons. Sur la droite et la gauche du pié-
destal, deux religieux bénédictins qui s’envolent au Ciel: sur la face
de devant une tête de mort avec cette inscription creusée dans la
pierre: »0 Tod wie bist du so bitter!« Voilà le monument funèbre
qui rappelle tout à la fois une antique chapelle détruite et les reli-
gieux qui y furent massacrés.
Voila les ruines amoncelées à Insming par les Suédois: mais au-
dessus de cette dévastation générale brille d'un éclat lumineux la
vaillante défense d’Insming par Bruland et les quelques soldats.
Charles IV content de ce beau fait d'armes, envoya à Bruland deux
lettres pour le féliciter de sa noble conduite.
Les murs de la ville fortement entames par les Suédois, furent
absolument détruits par Louis XIV. Les pierres de ces fortifications
servirent à reconstruire le nouvel Insming sur le plan de l'ancien
Amange. Mais les fossés dégarnis restèrent visibles partout jusqu'à
nos Jours.
Les ravages des Suédois s'étendaient sur tous les villages de la
prévôté d’Insming; la depopulation fut telle dans cette contrée, que
trente ans après l'époque dont nous parlons, il y avait à peine quel-
ques habitants. On lit en effet dans les comptes du Domaine de la
prévôté de Dieuze pour l'année 1663: »La prévôté d’Amange a été
déserte et abandonnée durant les guerres; depuis environ un an il v
est rentré huit ou neuf pauvres habitants.« Qu'on veuille bien remar-
quer que la prévôté d’Amange se composait d’Amange, Réning, Nel-
ling, Grening, Petit-Tenquin, Petit-Rohrbach, Wittersbourg, Hunkirch
et Léning. En 1660, la prévôté d’Amange comptait 38 ménages, en
1667, 20 ménages, el en 1669, 34 ménages et 4 veuves. Louis XIV
repeupla le pays avec des Picards et des Vermandois.
— 3
Kaminplatten in Diedenhofen.
Von den beiden hier dargestellten gusseisernen Platten befindet
sich die erste zweimal im Bereiche des früheren Schlosses, das eine
Exemplar in dem sog. Château de Thion, welches frei im Schlosshofe
steht, das andere in dem benachbarten Renaissancegebäude, welches
jüngst von den Schwestern von Peltre zu Schulzwecken erworben
worden ist. Letzteres Gebäude ist dasjenige, welches um die Mitte des
vorigen und auch noch in unserem Jahrhundert von der Ueberlieferung
als Wohnung Karls des Grossen bezeichnet wurde. Stemer (Traité du
département de Metz 1756) sagt: »man sieht hier noch die Küchen
dieses Künigs.« Das Haus gehörte damals einem Baron von Eltz. Zu
Teissiers Zeiten (Histoire de Thionville 1828 $. 168 Anm.) war es unter
zwei Besitzer geteilt, A. Barrault und Baron Bertrand.
Die Platte ist 140 cm lang und 126 cm hoch. Sie zeichnet sich
vor vielen anderen durch ihre aussergewöhnlich elegante Zeichnung aus,
welche sie unmittelbar als Vorbild für ähnliche Füllungen geeignet er-
scheinen lässt. Der Phönix sagt: » Flames sont fleurs ou je repren ma vie. «
it
Die andere Platte hat geschichtliches Interesse. Sie ist Jetzt in
einem älteren Anbau des (1893%-—94 neu erbauten) Metzer Thores sichtbar
369 —
eingemauert und befand sich früher in einem 1872 abgebrochenen
(rebäude, welches in unmittelbarer Nähe des Thores gegenüber der
jetzigen Kommandantur gelegen war und in alten Karten als Arsenal
bezeichnet ist. Die Platte ist 142 em lang und 97 — 22 em hoch.
Der untere Teil ist vom Feuer verbrannt. Die Zeichnung setzt sich
zusammen aus einem Rechteck und einer darüber befindlichen mittleren
Muschelbekrönung, welche von zwei Fabeltieren flankiert wird.
Das Rechteck ist von einem Fries umrahmt, in welchem rechts
und links dieselbe Zeichnung wiederkehrt:3}Putten, Köpfe, Spiralen
und Pflanzenornament sind ohne Beziehung aneinandergereiht. Im
oberen Teile konımen einige Tiergestalten und die Gruppe eines Schalks-
narren hinzu, deren Humor stark an denjenigen mittelalterlicher Kirchen-
baukunst erinnert. .
Die Mitte der Platte nimmt der kaiserliche Doppeladler ein. Darüber
steht der Wahlspruch Karls V. und Philipps IL von Spanien »Plus
oultre« und rechts und links die beiden Säulen des Hercules, welche
ehemals die Enden der bekannten Welt bedeuteten. Oben befindet sich
die Jahreszahl 1558 (?) in einem Schildchen, welches von zwei Putten
sehalten wird, die auf den Säulen ruhen.
Zu beiden Seiten der Mitteleruppe sehen wir Köpfe in Medaillons
”n
Be
und prächtige Wappen mit Bändern, auf welchen deren Besitzer, zu-
oleich offenbar die Besteller der Platte, genannt sind. Ich lese: Did.
Le Gowerneur und Marguerite de Villers. Die beiden Medaillons kehren
unter den Säulen wieder. Wenn die Jahreszahl 1558 richlig gelesen
ist, so kann man wohl annehmen, dass die Platte aus der ersten Hälfte
dieses Jahres stammt. Denn am 23. Juni endete die damalige Be-
lagerung mit der Uebergabe der Stadt an die Franzosen, welche sie
allerdings schon im nächsten Frühjahr an Spanien zurückgeben mussten.
Die Photographie der letztbeschriebenen Platte ist durch das Ent-
segenkommen des Herrn Majors und Ingenieurofliziers vom Platz
Praetorius (vom Festungs-Bauwart Herrn Dübotzky) aufgenommen
worden, während ich die Aufnahme der ersterwähnten Platte Herrn
Oberlehrer Dr. Arnold vom Diedenhofener Gymnasium verdanke.
‘s giebt in der hiesigen Gegend noch viele Kaminplatten aus den
letzten Jahrhunderten. Wenn auch nur wenige gleiches Interesse wie
die hier veröffentlichten beanspruchen können, so dürfte es sich meines
Krachtens doch empfehlen, grösseres Augenmerk darauf zu richten.
Manche werden als altes Eisen verkauft, die wohl aufbewahrt zu
werden verdienten und vielleicht mit geringen Kosten erworben werden
können. Knitterscheid.
Bauinschrift in Diedenhofen.
In einem der Strebepfeiler der alten Kriegsbäckerei, welche sich
auf dem Hofe des jetzigen Garnison-Casinos in Diedenhofen befindet,
war ein Stein mit folgender Inschrift eingemauert:
Anno Dni 1555 Jehan de Heu seignelur|
de Bletage ordofn|ez pour lelm|prelur| des Romailn|s
au gowernemeln|t de Thionville et
capitain de deux cens ho[mmlies a chvalullx
pour le service de sa maiéste a
faict faire ceste voulsure
Die Inschrift ist 94 cm lang und 43,5 cm breit; sie befindet sich
in einer prolilierten Umrahmung. Die Steinlänge entspricht der Breite
des Strebepfeilers, so dass wir es also wohl mit einer eigentlichen Bau-
inschrift zu thun haben, nicht mit einem irgendwo gefundenen und
nachträglich wieder eingemauerten Stein. Die Inschrift war durch eine
vorgebaute Mauer, die schon zu Anfang dieses Jahrhunderts bestand,
— 367 —
und einen daranstossenden Schuppen verdeckt, wodurch es »erklärlich
ist, dass sie meines Wissens bis jetzt unbekannt war und z.B. bei
Teissier (Histoire de Thionville 1828) nicht erwähnt wird. obwohl sie
doch sicher für die Festungsgeschichte von Wichtigkeit ist.
Nachdem Karl V. sich von dem Misslingen der Belagerung von
Metz überzeugt hatte, begab er sich am 1. Januar 1553 nach Dieden-
hofen und gab von hier aus den Befehl die Belagerung vollends auf-
zuheben. Vielleicht ist sein damaliger Aufenthalt Veranlassung zur
Entstehung der »voulsure« gewesen. Diese besteht im Erdgeschoss aus
zwei hohen auf Pfeilern gewölbten Räumen, welche allerdings sesen-
wärtig durch Mauern verschiedentlich eingeteilt sind. Der eine ist mit
12, der andere mit 9 Kreuzkappen bedeckt; genauer genommen besteht
die Wölbung aus sich durchdringenden Tonnen ohne Rippen und
trennenden Gurtbögen. In dem kleineren Raume. dessen Gewölbe mit
Erde bedeckt ist, befanden sich früher drei Backöfen, an den grösseren
stiess ein solcher an. Der grössere Raum hat noch einen nicht ge-
wölbten Aufbau, ein Obergeschoss, welches vom Wall aus zugänglich
ist: ob es zur ursprünglichen Anlage gehörte, ist fraglich.
Die Belagerung von 1558 scheint der bombensichere Bau glücklich
überstanden zu haben. Er gehört wohl zu den letzten Werken der
Kriegsbaukunst, die unter Karl V. errichtet wurden ; denn letzterer dankte
schon anfangs 1556 ab.
Die Metzer Paraigen-Familie de Heu starb in der Stadt selbst mit
Gaspard de Heu 1560 aus. Die de Heu waren in Blettingen begütert.
Das Garnison-Casino heisst auf alten Festungsplänen: «bâtiment
servant de logement au lieutenant de roi», die Kriegsbäckerei:. «les
souterrains où est établie la manutention de siège >.
Die Inschrift ist jetzt in einem anderen Strebepfeiler desselben
Gebäudes — an sichtbarer Stelle wieder eingesetzt.
Knitterscheid.
Das alemannisch-fränkische Grabfeld bei Busendorf.
Das Grabfeld liegt ungefähr 500 m östlich von Busendorf an einer
nach Nordwesten zum Niedthale abfallenden Anhöhe, Gewann au-dessus
du four A chaux, Grundstück No. 836. Dasselbe wurde bereits vor
mehreren Jahren bei Abränmungsarbeilen in einem an dieser Stelle
betriebenen Steinbruche entdeckt, jedoch schenkte man den gefundenen
Gegenständen keine Aufmerksamkeit und sie wurden durch die Un-
kenntnis der Arbeiter zerstört. Erst seit Februar 1896, als ich zum
ersten Male von diesen Funden erfuhr, wurden auf meine Anweisung
hin die einzelnen Gräber einer genauen Durchsuchung unterzogen.
Im Ganzen waren bis zum 5. Oktober 1898 (seit welchem Tage
infolge des Eisenbahnneubaues in dem Steinbruche nicht mehr gear-
beitet wird). also in einem Zeitraume von drei Jahren, 32 Gräber ge-
öffnet worden. ‚Jedoch fanden. sich in nur 15 derselben Fundstücke
vor. Eine etwa ebenso grosse Zahl, wenn nicht noch mehr, dürfte
sich schon auf dem vorher freigelegten Raume befunden haben. Von
diesen 52 Gräbern lagen 10 in der Richtung von Nordwest nach Süd-
ost und 22 in der Richtung von Südwest nach Nordost. Dieselben
lagen in regelmässigen Zwischenräumen von 1,00 bis 2,50 m reihenweise
nebeneinander. Die einzelnen Ruhestätten bildeten einfache, der
Körpergrösse entsprechende, in den Boden versenkte Gruben. Der
Boden derselben war mit kleineren und grösseren Kalksteinplatten
belest; ebenso befanden sich an den Lang- und Schmalseiten Stein-
platten von 6—8 cm Stärke oder aufeinander gebaute Steine. In
diese Art von Steinsarg wurde der Körper gelest. Darüber wurden
dann wieder Steinplatten teils dachförmig, teils flach zusammengestellt
und mit der übrigen Erde zugedeckt. Jedoch unterschied sich der
Boden der Gräber durch seine rötliche Färbung von dem weisslichen
Boden der Umgebung. Auffallend ist dabei, dass sich dieser Steinbau
nur bei Gräbern mit Beigaben vorfand, während die übrigen nur Teile
desselben zeigten. Es scheint das darauf zu deuten, dass eine heihe
von (Gräbern schon früher geöffnet wurde. Bei manchen Gräbern
diente als Unterlage der natürliche Fels, wonach sich auch die
verschiedene Tiefe der einzelnen Gräber richtet. Sämtliche Gräber
enthielten Schädel und Gebeine: die meisten waren aber in solch
morschem Zustande, dass dieselben bei der Berührung zerfielen.
Ein einziger Schädel konnte erhalten werden und dieser auch nur
in Trümmern, während von einem zweiten nur einige Knochen noch
vorhanden sind.
An Fundstücken lieferten diese Gräber im Verhältnis wenig. Die
Gesamtzahl derselben beträgt (die einzelnen Perlen mitgerechnet) 236,
nämlich: 2 Kurzschwerte (Scramasax), 1 Bruchstück eines solchen,
1 Lanze, 1 Wurfspeer, 1 Pfeilspitze, 7 Messer bezw. Ueberreste von
Klingen, 1 Nagel, 3 grosse eiserne Gürtelschnallen, 2 Schuhschnallen,
2 gewöhnliche Schnallen, 1 Bronzeschnällchen, 4 Riemenzungen, 2
Bronzeringe, 2 Gewandnadeln (Fibula), 21 Bernsteinperlen, 1 Thonwürfel,
I
369 —
173 bunte, verschiedenarlig geformte Thon- und Glasperlen und einige
unkennbare Eisenreste.
Nachstehendes Verzeichnis giebt näheren Aufschluss über die
Zeit der Auflindung, Grösse und Lage der Gräber und Beschreibung
der Fundstücke (die eingeklammerten Daten geben die Zeit der Auf-
deckung) :
1. | (2. X. 1895.) Länge, Breite und Tiefe unbekannt, ebenso der
2. f folgenden 7 Gräber. Lage: Nordwest—Südost.
In diesen beiden Gräbern sollen sich kleinere Eisengegenstände
befunden haben, welche zerstört wurden.
3. (2. X. 1895.) Lage: Dieselbe.
In diesem Grabe fand sich ein Scramasax (Kurzschwert), von
welchem ein Teil der Angel abgebrochen ist. Länge: 45,8 cm,
Breite: 4,8 cm, Rückenstärke: 6,5 mm, mit vier Blutrinnen. In diesem
Grabe soll sich noch eine Urne aus rotem Material befunden haben,
welche jedoch auch zerstört wurde. Die Länge des Skeletts betrug 1,84 m.
4. |
D. 4 (1. [.-—8. 1. 1896.) Lage: dieselbe. Ohne Beigaben.
6. |
7. (9. 1. 1896.) Lage: Südwest— Nordost.
Zur Seite fand sich eine eiserne Lanzenspitze von 36,3 cm Länge und
3,1 cm Klingenbreite und der abgebrochene vordere Teil eines Kurz-
schwertes ohne Blutrinnen. Länge: 15,7 cm, Breite: 2,4 cm, Rücken-
stärke: 3 mm.
8. (Anfang April 1896.) Lage: Südwest—Nordost. Ohne Beigaben.
9. (Anfang April 1896.) Lage: Nordwest— Südost. Ohne Beigaben.
10. (Anfang April 1896.) Tiefe: 0,20 m. Lage: Dieselbe.
In der rechten Hüftengegend Ueberreste von zwei Messerklingen
und eine Bernsteinperle.
11. (14. VII. 1896.) Länge: 2,00 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,25 m.
Lage: Südwest—Nordost.
Links neben dem Kopfe eine Pfeilspitze von 8,6 cm Länge. In
der Tülle befand sich noch Holzstaub.
12. (17. VII. 1896.) Länge und Breite: Dieselbe. Tiefe: 0,60 m.
Lage: Nordwest— Südost. Ohne Fundstücke.
13. (17. II. 1897.) Länge und Breite: Dieselbe. Tiefe: 0,50 m.
Lage: Südwest-—Nordost. Ohne Beigaben.
14. (17. III. 1897.) Länge: 1,30 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,75 m.
Lage dieses Grabes, sowie aller folgenden: Südwest—Nordost.
Auf der linken Brustseite fanden sich eine kleine gelbe Thonperle
24
und eine Gewandnadel (Fibula) mit abgebrochener Nadel. Der untere
Teil derselben bildet eine Kupferplatte von 5,6 em Durchmesser. Ueber
dieser Platte befindet sich, mit 6 mm Zwischenraum, befestigt mit 9
kleinen Kupfernieten, ein dünnes Goldplättchen von 5,2 em Durch-
messer. Auf dem Rande desselben läuft ein dünner, seilartig gedrehter
Golddraht. Ringsum auf diesem Plättchen befinden sich in gleichen
Zwischenräumen sechs Perlen, drei aus blauem Glase und drei aus
Perlmutter (von welch’ letzteren eine verloren ginge), alle à jour ge-
fasst. In der Mitte war ein ovales Perlmutterplättchen, welches jedoch
nur in Bruchstücken vorhanden ist, von 15:20 mm Durchmesser in
einer ähnlichen Fassung mit vier kleinen Kupfernägeln in Goldverzie-
rung befestigt, kreuzförmig umgeben von vier dreieckigen Glasstück-
chen, ebenfalls in gleicher Fassung. Die übrige Fläche dieser Gold-
platte ist mit zwei Kreisen so 8888 geformten Verzierungen bedeckt.
Rings um diese Goldplatte war der Zwischenraum zwischen dieser und
der unteren Kupferplatte mit einem Streifen Gold umfasst, welcher
jedoch nicht mehr gefunden wurde. Rechts zu den Füssen fanden
sich ein Nagel von 4,5 cm Länge mit gitterförmigen Verzierungen des
Kopfes und ein eiserner Wurfspeer von 8,4 cm Länge.
15. (3. X. 1897.) Länge: 1,80 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,50 m.
Ohne Beigaben.
16. (3. X. 1897.) Länge und Breite dieselbe, Tiefe: 0,70 m. Ohne
Beigaben.
17. (3. X. 1897.) Länge: ungef. 2,00 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 1,00 m.
In der rechten Hüftenseite lag eine eiserne Gürtelschnalle von
14 cm Länge und am Halse ein Halsband, bestehend aus einer ovalen
Bernsteinperle und 11 bunten Thonperlen. In diesem Grabe lag der
Körper verkehrt.
18. (4. 1. 1898.) Länge: 1,80 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,50 m.
Ohne Beigaben.
19. (4.1. 1898.) Länge: 1,80 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 1,20 m.
Links neben dem Kopfe lag ein kleines Kurzschwert von 16 cm
Länge und 2,2 cm Breite, ohne Blutrinnen, welches jedoch in drei
Stücke zerbrochen ist. An der Angel befinden sich noch Ueberreste
des Holzgriffes.
21. (8. 1.1898.) Länge: 1,80 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 1,20 m.
Dieses Grab war reich an Beigaben. An den Füssen fanden
sich zwei kleine Schnallen von 5,7 em Länge, zwei Riemenzungen
von 4,4 und 4,6 cm Länge, welche mit je zwei Bronzenägeln
an die Lederriemen befestigt waren, und zwei den Riemenzungen
ähnliche Eisenteile, jedoch breiter und kürzer (2,4 : 3,5 em). Auf
allen diesen (regenständen, welche wohl zum Befestigen des Schuh-
werkes dienten, befindet sich eine flechtartige Verzierung aus dünnem
Silberdraht, umgeben von einem Bandornament aus demselben
Metalle. Im Becken lagen ein eisernes Messer von 10,5 cm Länge
und 12 mm Klingenbreite, mit zwei. Blutrinnen auf der einen Seite,
zwei Bronzeringe eines Gehänges — jedenfalls des Wehrgehänges
von 4 cm Durchmesser und 7 mm Stärke bezw. 2.5 em Durchmesser
und 6 mm Stärke, letzterer mit einem seitlichen Ansatz von 1,8 cm
Breite, zwei kleinere und zwei grössere Thonperlen, eine gerippte Glas-
perle, eine Bernsteinperle, ein roter durchlochter Thonwürfel von
von 17:18 mm Grösse mit weissen kreuzförmigen Verzierungen, sowie
eine gewöhnliche Eisenschnalle. In der linken Hüftengegend eine eiserne
Gürtelschnalle von 12 em Länge.
22. (5. III. 1898.) Länge: 1,30 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,80 m.
Zwischen den Kniegelenken lag ein eisernes Messer von 11,5 em
Länge und 1,5 cm Breite, an welchem sich noch Webstoffüberreste
Inden; am Ilalse ein kleines Bronzeschnällchen und ein Perlengehänge,
welches aus über 100 Bernstein- und buntfarbigen Thon- und Glas-
perlen bestand. Es konnten jedoch nur 2 Bernsteinperlen und 83 Thon-
und Glasperlen erhalten werden, während die übrigen in dem ganz
durch das anhaltende Regenwetter erweichten Erdreich wegen ihrer
winzigen Kleinheit verloren gingen.
23. (7. LIL. 1898.) Länge: 2,00 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,70 m.
In der linken Hüftengegend befand sich eine eiserne Gürtelschnalle,
welche jedoch zerbrochen ist.
24. (9. IIL 1898.) Länge: 1,80 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,80 m.
Ohne Beigaben.
25. (19. IV. 1898.) Länge: 1,50 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,50 m.
In der Seite fand sich ein eisernes Messer von 17,5 cm Länge
und 2,0 cm Breite. In diesem Grabe wurde kein Kopf gefunden, wohl
aber in einiger Entfernung davon ein einzelner Kopf in 0,50 m Tiefe.
26. (24. V. 1898.) Länge: 2,00 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 1,00 m.
Es fanden sich zwei kleine unbestimmbare Eisenreste.
27. (18. VII. 1898.) Länge: 1,70 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,60 m.
In diesem Grab fand sich am Halse wieder ein Halsband aus
54 buntfarbigen Thon- und Glasperlen und 7 grossen Bernsteinperlen
bis zu 3,00 cm Länge und 1,6 em Durchmesser, und beim rechten
Oberschenkel ein eisernes Messer von 11,0 em Länge und 1,7 cm
Breite.
24*
28. (30. IX. 1898.) Länge: 1,90 m, Breite: 0,70'm, Tiefe: 0,50 m.
Auf der Brust des Skeletts lag eine eiserne (rewandnadel (Fibula)
von 5,6 cm Durchmesser. In der Mitte sitzt ein quadratischer Bronze-
knopf von 8 mm Durchmesser, ringsum auf dem Rande in gleichen
Abständen vier kleine Eisenknöpfehen. Die ganze Oberlläche ist mit
einem rautenförmigen Gellecht aus dünnem Silberdraht überzogen. Im
Becken fanden sich eine gewöhnliche Eisenschnalle und eine grössere
Tonperle. Die Länge des Skeletts betrug 1,70 m.
29. (1. X. 1898.) Länge: 1,80 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,80 m.
Ohne Beigaben. Der Körper war mit über der Brust kreuzweise zu-
sammengelesten Armen bestattet worden.
30. (3. X..1898.) Länge: 1,40 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,70 m.
Am Halse fanden sich 9 grosse Bernsteinperlen, einzelne von
5,3 cm Länge und 2,0 em Durchmesser (2 derselben wurden jedoch
zertrümmert) und 18 bunte Thon- und Glasperlen. Oberhalb des Kopfes
ein Messer vom 13,5 cm Länge und 1,8 cm Breite; an demselben sitzen
noch Ueberreste des Holzgriffes und der Holzscheide.
31. (5. X. 1898.) Länge: 1,60 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,70 m.
Ohne Beigaben. |
32. (5. X. 1898.) Länge: 1,90 m, Breite: 0,90 m, Tiefe: 0,80 m.
Ohne Beigaben. Der Körper lag diagonal im Grabe, von Südsüd-
west -Nordnordost, woher sich auch die aussergewöhnliche Breite
des Grabes erklärt.
Von den vorstehenden Eisengegenständen sind manche durch den
anhaltenden Rost stark beschädigt, während die Bronzegegenstände
sämtlich gut erhalten sind und eine schöne Patina tragen.
/wischen diesen Gräbern stiess man auf einige Gruben von 1,00 m
Durchmesser mit Asche und gebrannter Erde, welche wohl als zu dem
Grabfeldefgehürig zu betrachten sind. Ausserdem fanden sich in jedem
(abe eine grössere Menge kleiner Holzkohlenreste. P. Schenecker.
Römischer Münzfund bei Bentingen.
Am 7. Oktober 1898 wurden bei Räumungsarbeiten an dem durch
das nahegelegene Bentingen führenden Bache in geringer Tiefe drei
römische Münzen gefunden. Dieselben sind Kupfermünzen von vorzüg-
licher Erhaltung und gehören dem Ende des dritten und Anfang des
vierten Jahrhunderts n. Ch. an.
1. Imp. C. M. Aur. Probus Aug. Brustbild mit Strahlenkrone,
Panzer und Feldherrnmantel nach rechts.
Rs. Comes Aug. Stehende Figur nach links blickend, in der aus-
sestreckten Rechten ein Oelzweig und in der Linken Schild und Lanze.
Rechts im Felde: A.
2. Imp. Maximianus Aug. Bärtiges Brustbild mit Helm, Strahlen-
krone und Panzer nach rechts.
Rs. Pax Augg. Figur wie vorstehend. Im rechten Felde: S (? un-
deutlich.) Im Abschnitt em Hahn.
3.D.N.Diocletianus P. F. Aug. Brustbild mit Lorbeerkranz nach rechts.
Rs. Quies Augg. Stehende Figur nach links blickend, in der ge-
senkten Rechten ein Lorbeerzweig, die Linke auf einen Stab stützend.
Im Abschnitt P.L. N. Glänzende Patina. P. Schenecker.
Römische Gebäudereste bei Alzingen.
Am 22. April v. Jahres fand ich auf dem Felde zwischen Alzingen
und Brettnach die Ueberreste eines Römerbaues. Einige Nachgrabungen
führten auf eine unzählige Menge Ziegelstücke, sowohl Hohl- wie Flach-
ziegeln. Bei weiteren Grabungen kamen Mauern zum Vorschein von
0,30 m Stärke und stellenweise bis zu 2,00 m Höhe. Im Innern fanden
sich eine Menge grösserer und kleinerer Nägel sowie Gefässscherben
verschiedenster Form, einzelne Glasscherben, verkohlte Balkenreste,
eine Menge Knochensplitter. Weiter fanden sich zwei Ueberreste eines
Bronzegefässes (Griff und Siebteile), jedenfalls eines Weinsiebes. Nach
glaubwürdigen Aussagen der Eigentümer der Nachbargrundstücke
scheint dieser Bau von ziemlich ausgedehnten Dimensionen zu sein; es
würden sich jedenfalls, um Klarheit zu schaffen, grössere Ausgrabungen
verlohnen. Irgend welche Münzen oder Stempel wurden nicht gefunden.
P. Schenecker.
Von der Gesellschaft für
lothringische Geschichte
und Altertumskunde.
(Geschenk des Herrn
Dr. Ernst zu Metz als
Vorsitzenden des Auf-
sichtsrates der Aktien-
brauerei S. Nikolaus zu
Niederjeutz).
Von der Ges. f. 1. G. u. A.
‘Gesch. d. Herrn Haupt-
mann a, D. Hoffmann.
Desgl.
Bericht über die Erwerbungen des städtischen Museums.
l. Geschäftsjahr 1898.
Von J. B. Keune.
I. Vorgeschichtliche Altertümer Lothringens.
Der Bronzezeit gehören an: 1) Depot eines Händlers, 23 Bronzegegenstände um-
fassend, gefunden gelegentlich des Baues der Aktienbrauerei S. Nikolaus zu Nieder-
jeutz bei Diedenhofen beim Ausheben des Ableitungsgrabens für einen Blitzableiter,
in einer Tiefe von 50 cm. Vel. Wd. Korrbl. X VIE, 100. Bruchstücke des hart gebrannten
srauen Thongefässes, welches die Bronzegegenstände enthielt; soweit als möglich
wieder zusammengesetzt; der obere Teil mit parallelen vertieften Linien umzogen.
Eine Lanzenspitze, lang 21,5 em, mit zwei Löchern in der Tülle zur Befestigung des
Schaftes. Zwei Sichelmesser, das eine durchlocht, das andere mit Stift. Ein
Doppelhaken, vermutlich als Fischangel dienend. Neun breite offene Arm- und
Beinbänder mit gewölbter glatter Aussenseite; zwei davon haben am Rande ein
Doppelloch zur Befestigung eines Anhängsels. Drei hohle offene Armringe mit
quergestellten parallelen eingeritzten Linien oder erhabenen Rippen verziert. Eine
Platte mit 8 abstehenden Ringen, vier unten, je einem zur Seite und zwei oben,
unterhalb der letzteren und zwischen den vorletzten zwei viereckige Löcher. Die
Platte gehörte zu einem Pferdegeschirr, wie die folgenden Stücke. Vier Ring-
gehänge, je drei Ringe in einem vierten hängend. Zwei gerippte Röhren in Gestalt
von hohlen Säulchen. Der Depotfund bietet mehrfache Übereinstimmung mit dem
reicheren Depotfund von Wallerfangen im Kreis Saarlouis, jetzt im Museum zu
S. Germain !), und gehört wie dieser einer späten Periode der Bronzezeit an?); es
entsprechen sich nämlich in beiden Funden die Armbänder, die Ringgehänge und
die Röhrchen. Aehnlich ist auch der Depotfund von Frouard im Museum zu
Nancy (Wiener, Catalogue 7me éd., I, 130).
2) Ein Lappenkelt und ein Hohlkelt, beide mit einem seitlichen kleinen
Ring; gefunden in der Mosel bei Corny (Kreis Metz); Geschenk des Herrn
Hauptmanns a. D. Hoffmann zu Queuleu bei Metz; vgl. Jahrb. IX, S. 319.
3) Zwei schmale offene Armreife, auf der Aussenseile mit erhabenem
verschlungenem Bandmuster verziert; mit acht anderen gleichen Armreifen?) und
einem Bronzeschwert gefunden in einem Grabe bei Anlage des Bahnhofs Kalhausen
in Lothringen; überwiesen durch Herrn Baurat Keller zu Metz. Die letzgenannten
Fundstücke sind ebenso wie ein ebendaselbst in einem anderen Grabe gefundenes
1) V. Simon, Mem. Acad. Metz 1851/52 S. 231—258 mit Tafel; Mortillet,
Musée préhistorique, Paris 1851, Nr. 976 ff; vgl. auch S. Reinach, Guide illustré
du Musée de S. Germain, S. 28 ff. Heltner im Jahresbericht der Gesellschaft
für nützliche Forschungen zu Trier von 1894 bis 1899, S. 27 f. mit Tafel I,
Fig. 7—12.
2) Undset, Wd. Zs. V. S. 15 oben.
°) Aehnliche Armringe aus dem benachbarten Mackweiler im Unter-Elsass
in der Strassburger Sammlung Nr. 1200.
Eisenschwert der La Tene-Zeit-von der Fisenbahnverwaltung irrtümlich der
Sammlung der elsässischen Gesellschaft zu Strassburg überwiesen.
4) Drei offene Armbänder, nach den Abschlussstollen zu sich verjüngend;
die gewölbte Aussenfläche ist mit schmalgeripptem verschlungenem Bandmuster
verziert. Ein Spiral-Armband. Die vier Fundstücke entstammen einem Hügel-
srab (Tumulus) in der Gemarkung Schalbach bei Lixheim in Lothringen,
vgl. Jahrb. IX, S. 321 f., Wd. Korrbl. XVII, 18, Sp. 36 f.; eines der drei gleichartigen
Armbänder angekauft von der lothr. Gesellschaft, die drei anderen Geschenk des
Herrn Schlosser zu Drulingen.
Ausserdem gehören noch in die vorrömische Zeit: 5) drei halbierte gallische
Münzen (Leuker), gefunden in Gräbern im Kreis Chäteau-Salins, mit einigen eben-
daher stammenden halbierten römischen Münzen von Lyon geschenkt von Herrn
Kreisbauinspektor Baurat Morlok zu Diedenhofen, und vielleicht auch
6) ein sog. Weberstein oder Zeddelstrecker!) aus Thon in Gestalt eines
schlanken abgestumpften Kegels, oben durchlocht; gefunden zu Metz, Juerue
(»Judenstrasse<), 2 m unter dem Kellerniveau, Geschenk des Herrn Apothekers
Szafranski.
Il. Lothringische Altertümer aus der Zeit der römischen Herrschaft.
1—4: Ausgrabungen der Gesellschaft für lothringische Geschichte und Alter-
tumskunde unter örtlicher Leitung des Herrn Notars Welter aus Lörchingen.
1) Fundstücke aus den gallo-römischen Grabfeldern im Bannwald bei
Hültenhausen; vgl. Westd. Zs. XVII S. 351—352.
Mehr als 20 kleine und grosse Grabsteine, meist von der jenen Gegenden
eigenlümlichen Gestalt?); dieselben entbehren alle einer Grabschrift?) und, abge-
sehen von einer sehr einfachen Einfassung der Mündung der ausgehöhlten
Standfläche, welche sich zweimal (einmal, bei einem Doppelgrab, paarweise)
findet, ist nur auf der Giebelseite eines dieser Steinblöcke ein eigenartiges, einem
Werkzeug nicht unähnliches Zeichen (Dreieck mit einem Querbalken) eingehauen,
die Giebelseite eines zweilen kleineren Steines ist mit drei Kugeln in Relief, die
eines dritten mit einer eingeritzten linearen Verzierung versehen. Auch einige
wenige Bruchstücke mit Relief-Verzierung in stilisierter Blaltform u. a. fanden
sich. Von zwei Steinurnen mit runden steinernen Deckeln ist die eine mit vier
Handhaben zum Tragen ausgestattet; ferner ist der Boden derselben durchlocht,
aber durch eine steinerne Scheibe abgedeckt®). Unter den Beigaben ragt hervor:
1) Vgl. Hoffmann, Steinsaal, S. 18, und Kleinaltertümer, S.9 (Lothr. Jahrb. IV,
1, 8.194).
2) Vgl. Uhrich, Mém. Acad. Metz 32, 1850—1851, S. 194 ff; de Morlet, Bull.
soc. conserv. mon. hist. d’Alsace, 2e série, I (1862—1863), 2e partie S. 159 M.;
L. Benoit, Mém. soc. arch. Lorr., 2° série, 10e vol. (Nancy 1868) S. 363 fl.; Bech-
stein, Jahrb. d. Ges. f. lothr. Gesch. V, 2, S. 202 ff, Keune, Romanisierung Loth-
ringens $. 33 f.; Abbildungen auch bei Caumont, Abécédaire, ve gallo-romaine,
2e édition (1870), S. 519— 520.
®) Vgl. Jahrbuch IX, S. 197, Anm. 5.
4) Wahrscheinlich, um dem eingedrungenen Wasser den Ablauf zu gestatten
und so einem Springen der Urne vorzubeugen.
Verde Ges$p. 1. Gun A,
(Gesch.d. Hrn. Schlosser
in Drulingen,)
Von der Ges. f. 1. G. u. A.
(Gesch. d. H. Apothekers
Szafransky.
Von der Ges. f. 1. G. u. A.
Von der Ges. f. 1. G. u. A.
Desgl.
— 3%6 —
ein eisernes Hiebmesser in durchbrochener Bronzescheide, welches mit einem
eisernen Beil, zwei Schnallen und einer Münze des Agrippa aus dem Jahr 27 vor
Chr. in demselben Grab gefunden wurde. Von anderen Beigaben sind zu nennen
eine eiserne Lanzenspitze und ein eisernes Messer (beide aus demselben Grabe),
Eisenringe, Gewandnadeln (fibulae) in der La Tène- und in späteren Formen,
eine kleine durchlöcherte Thonscheibe, der Ausguss eines Löffels aus Thon,
Münzen, sowie ein vom Leichenbrand herrührender Klumpen, der aus zusammen-
gebackenen Nägeln mit eingebackenen Münzen besteht. Unter den Bruchstücken
von Thongefässen rühren mehrere von einem graufarbigen grösseren Topf her,
auf dessen Bauch zwischen vertieften parallelen Strichen einerseits spitz und
anderseits rund auslaufende Wellenlinien in hellerer Farbe aufgemalt waren,
andere graufarbige Bruchstücke tragen auf der Aussenfläche verschlungenes
Rankenwerk, wieder andere sehören zu einem mit erhabener Verzierung (ähn-
lich: 3. Jahresbericht des Vereins für Erdkunde zu Metz für 1880, Tafel 2, Nr. 15)
ausgestatteten kleineren Topf; auch Bruchstücke von Gefässen aus terra sigillata
mit Verzierungen auf dem Bauch oder Ranken auf dem umgebogenen inneren
Rand wurden gefunden.
Bei dieser Gelegenheit seien auch noch die Fundstücke erwähnt, welche
den nämlichen Begräbnisstätten entstammen und ein Jahr zuvor als Geschenk
der Gesellschaft für lothr. Geschichte und Altertumskunde dem Museum einver-
leibt worden waren. Dem Begräbnisplatz im Distrikt Nr. 90 entstammt ein
Grabstein in Gestalt eines Häuschens mit schrägem Giebeldach (Länge 65 cm),
Standfläche ausgehöhlt; die Stirnseite zeigt in einer kleinen Nische die roh ge-
arbeitete Büste des Verstorbenen. — Auf dem Grabfeld im Distrikt 89 wurden
im Juli 1897 gelegentlich eines Besuches desselben dureh die Gesellschaft f. lothr.
Geschichte einige Gräber ausgehoben, und infolgedessen gelangten ins Museum:
eine Steinkiste (Aschengrab) nebst einer als Deckel dienenden Steinplatte; an
Beigaben eine emaillierte Spange (fibula) und eine Schnalle, beide aus dem näm-
lichen Grab, ferner ein kleines Thongefäss und ein Nagel. Die Untersuchung der
bei dieser Gelegenheit gefundenen verbrannten Knochenreste durch Herrn cand. med.
Meinel bestätigte die bereits am Fundort von verschiedenen Seiten gemachte
jeobachtung, dass — ebenso wie in den Gräbern im Wald Neu-Scheuern!) —
mit den Toten Haustiere verbrannt und beigesetzt waren.
Ueber zwei andere Fundstücke derselben Gegend, welche gleichzeitig ins
Museum gelangten, s. Jahrbuch IX, S. 325--326.
3 À:
2) Aus dem gallo-römischen Grabfeld im Walde bei Ober-Valette?), Ge-
meinde Alberschweiler, ausser einigen Bestandteilen von Steingräbern und zwei
gefüllten Thonurnen an Beigaben ein grösseres und ein winziges Beil, ein eisernes
Messer, eiserne (und bronzene) Charniere sowie eiserne Winkel von Holz-
kisten, ein Schlüsselschild, eine Gewandnadel (fibula), Reste eines schwarzen
Thongefässes mit erhabener Tierdarstellung und Boden eines schwarzen Gefässes
mit dem Stempel: Avo.
3) Aus einer ländlichen Bauanlage bei Lörchingen: Bronzestatuelle eines
Bockes; Bruchstücke von bronzenen Gefässen (Schale, Fläschchen, Seihe); ein
') Vgl. Jahrbuch IX, S. 326 ff.; Westd. Zeitschr. XVII, S. 350—351.
2) Vel. Wd?Zs, AV >. 316;
muschelförmiger und eine Anzahl runder Knöpfe aus Bronze von verschie-
dener Grösse mit zwei oder einem Stift, Beschlagstücke; zwei Beschlagstücke aus
Bronze, als Löwenköpfe gearbeitet, Rückfläche hohl; eine Rosette; der Bügel
einer Bronze-Fibel; Oberteil einer Haarnadel aus Bein mit Kugelknopf; ein eiserner
Spitzhammer; ein viereckiges und ein dreieckiges Charnier aus Bronze; zwei
Eisenreife (ein kleiner) von einer aus Holzröhren gebildeten Wasserleitung, wie
sie auch bei den Villenanlagen von S. Ulrich!) bei Saarburg i. L., Ruhlingen
(Kr. Saargemünd) und anderen sich vorgefunden haben; Balkennägel und Eisen-
ringe; viele Bruchstücke von Thongefässen; fünf Münzen.
4) Aus einem ländlichen Gehöft zu Neufmoulins bei Heming (Kanton Lör-
chingen): Hälfte einer Säule; Fingerring aus Bronze mit Kerben verziert; Bruch-
stück einer Haarnadel aus Horn; Bruchstücke einer bronzenen Wagschale (?) und
einer eisernen Lampe; kleine bronzene Tülle mit gezackter Oeffnung und einem
zur Hälfte erhaltenen Kopfring; Haus- und Feldgeräte aus Eisen, nämlich zwei
oder drei Doppelhaken und ein Hackmesser, alle mit Tüllen zum Einlassen in
einen Stiel; ein kleineres Hackmesser; eine Axt; ein Messer; ein Hufschuh; zwei
grosse Kuhglocken; ein Ei (Nestei?) aus Gvps; Bruchstücke von Thongefässen,
darunter zahlreiche Scherben von schwarzen Gefässen mit Kerben u. dgl., ver-
schiedene auch mit Tierdarstellungen (Jagd) verziert, teilweise recht gute Ware;
41 Münzen, die Mehrzahl von Constantinus, andere von Helena, Constantius und
Constans, Prägungen von Trier, einzelne von Lyon, Arles, Siscia.
5) Ueber die im vorigen Bericht (Wd. Zs. XVII, S. 352) erwähnten Ausgra-
bungen der Villenanlage zu S. Ulrich s. jetzt Wichmann, Lothr. Jahrb. X, S. 171—194
mit den Tafeln 13—16. An kleineren Fundstücken wurden nachträglich dem
Museum überwiesen: verschiedene Gewandnadeln; eine Haarnadel aus Bronze,
deren Kopf fehlt; Fingerring aus Bronze; Beschlag in Muschelform mit zwei
Stiften; Rest des Handgriffes einer bronzenen Kasserole; ein kleines Klappmesser
mit Beingriff in Gestalt eines Delphins (Abbildung: Jahrb. X, Tafel 14, Fig. 4);
vier Münzen von Tetricus Vater und Sohn, Diocletianus und Urbs Roma (Kon-
stantin).
6) Ausser diesen Funden aus dem Kreis Saarburg 1. L. ist noch aus dem-
selben Kreis zu nennen das Bruchstück Kopf und Hals eines
Mannes mit kurzem Bart, vermutlich Rest eines Grabdenkmals; Fundort: Garburg
in der Nähe des oben genannten Hültenhausen (bei Lützelburg); übermittelt durch
Herrn Notar Welter zu Lörchingen.
eines Reliefs,
Kreis Chäteau-Salins: 7) Eine Untersuchung von Bauresten im Gemeinde-
wald von Fonteny durch Herrn Kreishauinspektor Rueff (1898 und 1899) ergab
Bruchstücke von römischen Henkelkrügen und unter anderen Gefässresten eine
verstümmelte kleine Schale aus terra sigillata mit der Marke PRIINIO, d. 1, Premio;
ein flötenähnliches Charnier aus Knochen mit einem Loch in der mittleren von
drei Abteilungen; Nägel, Austernse alen, Eberzähne und Tierknochen, eine Münze
(Grosserz) des Hadrianus (7).
Forbach: 8)
des Merkur,
Rödgen«: eine
Herrn
Büdingen (bei Maxstadt) »am
durch
Kreis Fundort
Bronzestaluelte
Colbus zu Altrip.
Hufschuhe u. a.; übermittelt Pfarrer
1) S, Wichmann, Lothr. Jahrb. X, S. 189/190.
Von der Ges. f. 1. G. u. A.
Desgl.
Desgel.
(Uebermittelt durch
H. Notar Welter in
Lürchingen.)
Von der Ges, f.1.G. u. A,
Dasel.
(Vebermittelt durch H,
Pfarrer Colbus in Altrip.)
Von der Ges. f. I. G. u. A.
(Gesch. d. H. S. Welter in
Redingen.)
Von der Ges. f 1. G. u. A.
(Gesch. d. H. Baurats
Morlok in Diedenhofen.)
Teilweise geschenkt mit
I, 1: teilweise ausge-
graben von der Gesell-
schaft für lothringische
Geschichte und Alter-
tumskunde.
Von der Ges. f.l.G u. A.
— 318 —
Kreis Diedenhofen:, 9) Aus Redingen an der franzüsisch-luxemburgischen
Grenze eine Schale aus terra sigillata mit dem zur Hälfte verwischten Stempel
im inneren Boden: DRVCAVRSV. Geschenk des Herrn Symphorian Welter in
Redingen.
10) Gefunden beim Bau der Friedenshütte zu Nilvingen (bei Fentsch):
Bodenstück eines Gefässes aus terra sigillata mit dem rückläufigen Stempel:
VANEROI d. h. Vanero f(ecit); Geschenk des Herrn Kreisbauinspektors Baurats
Morlok zu Diedenhofen.
11) Aus einer römischen Ziegelei im Gelände der Aktienbrauerei S. Niko-
laus zu Niederjeulz bei Diedenhofen; s. Wd. Korrbl. XVII, 100. Ausser einer Anzahl
von verschiedenartigen Ziegeln mehrere gestempelte Ziegel: PARIATOR (von dem
Anfangsbuchstaben ist nur die rechte Rundung erhalten) und zwei aneinander
passende Bruchstücke mit demselben Namen (der obere Teil der Buchstaben ist
verletzt); /RENTIVS (mit dem Spiegelbild von N und S) = [Flo]rentius; / IRISIM /
d.h. | Vlérisim{i| (die ersten Buchstaben sind nur teilweise erhalten; durch den
rechten unteren Strich des R geht ein Bogen, wie von einem S); ADIV/ d.i.
Adiultex| oder Adkultece|. Ferner ein Thonschlüsselchen, zu ?/ etwa erhalten;
die Aussenseite ist teilweise durch Ausstechen mit erhabenen XX verziert, ausser-
dem ist eine geradlinige Kerbe eingeschnitten: die Verzierung ist nicht zum Ab-
schluss gebracht, sondern teilweise ist nur das Muster eingeritzt.
Umgebung von Metz: 12) In den an Altertumsfunden einstmals so ergie-
bigen Kiesgruben des Herrn Mey zu Sablon!) stiess Herr Ludewig, Sohn, (1897
und 1898) zufällig auf eine Anzahl von römischen Gegenständen, welche er —
mit Ausnahme eines vollständig erhaltenen kleinen grauschwarzen Topfes und
eines goldenen Fingerringes, in dessen Stein ein Hahn und ein Füllhorn (Sinn-
bilder des Mercurius und der Felicitas) eingeschnitten sind — später dem Mu-
seum (bezw. der lothr. Gesellschaft) schenkte. Eine kleine, von der lothr. Ge-
sellschaft am 9. Juli 1898 unternommene Grabung machte wahrscheinlich, dass
die Fundstelle ein Schuttablagerungsplatz gewesen. Unter den Fundstücken
überwiegen die Bruchstücke von Thongefässen, insbesondere aus terra sigillata;
unter letzteren verzierte mit Rosetten, Darstellungen eines Kriegers mit ausge-
strecktem Schild, einer Jagd auf dem äusseren Bauch; eine Schale mit Ranken auf
dem umgebogenen inneren Rand u. a., ferner solche mit den Marken im inneren Ge-
fässboden [Alrrus f(ecit), CIIN/, |? Fellix feeit), Maccono | f(eeit)), NA////OF (miss-
lungener Gefässboden), Tullus fe(cit), zwei andere mit einem Zeichenstempel, wie
er auch sonst in Lothringen?) sefunden wurde. Ausserdem ein Salblôffel, Spiel-
steine, eine Thonperle, Bruchstück einer Haarnadel aus Horn, ein Nagel und
andere Eisenstücke, ein Eberzahn, fünf Münzen (Antoninus Pius, Faustina,
M. Aurelius + = Cohen 90 u. a.).
') Westd. Zeitschr. IL S. 249 ff. — Beiläufig sei bemerkt, dass das Metzer
Museum auch die in den seither erschienenen Katalogen des Museums nicht ver-
zeichneten beiden bronzenen Weihetäfelchen an Icovellauna (Bonn. Jahrb. 66
S. 64 ff. mit Tafel IV, 1 und 2; Wd. Zeitschr. II S. 253) verwahrt. |
2) So im Wald Neu-Scheuern: Wd. Ztschr. XVII S. 351; ebenso im Wald
bei Ober-Valette (oben IH, 2) und zu Metz (jetzt im Museum).
— 379 —
Stadt Metz: 13) Beim Neubau der Kirche S. Segolena gefunden: a) von
einem römischen Prachtbau Kapitäle und Schäfte von Säulen, worunter eine
mächtige gedoppelte Säulentrommel; Bruststück der Marmorstatue eines gepan-
zerten Mannes (vermutlich eines röm. Kaisers), die Brustseite des Panzers schmückt
das Medusenhaupt, beiderseits davon Löwenköpfe mit Ringen in der Schnauze,
von welchen ein Tuch in Falten herabhängt; b) als Untersatz einer Säule der
alten Kirche (13. Jhd.) verwendet: Grabstein einer Frau mit dem Bild derselben
und dem Rest einer Grabschrift darüber, s. Lothr. Jahrb. IX S. 331 f.
14) Die Ausgrabungen in der Kirche S. Peter auf der Citadelle (s. nachher
Ill, 1) förderten auch einige römische Fundstücke zu Tage, wie drei Ziegel des
Grosszieglers Adiutex aus dem Ziegeldurchschuss der Umfassungsmauern !) mit
den»Stempeln ..-.. VTICE, DP : ADI und: P : CAR: ADIVT ..., vgl. Lothr. Jhb. X
S. 128/129. Römischen Ursprungs sind wohl auch die ebenda aufgefundenen
Postamente (a. a. O. S. 149).
15) Der, Westd. Zeitschr. XVI S. 319 erwähnten, ausserhalb der römischen
Stadt gelegenen Fundstelle im Gelände des Zeughauses I entstammen ein Bronze-
Charnier, ein Beschlagstück von einer Brustspange, das Stück einer geflochtenen
Drahtkette und ein Spinnwirtel aus Thon, alle aus römischer Zeit, wie es scheint;
Geschenk des Herrn Baurats Knitterscheid.
Ila) Gipsabguss der zwei Bilderflächen des Trierer Steindenkmals, welches
der Mediomatriker Indus?) dem Mercurius (und der Rosmerta) geweiht hat und
dessen erhaltene Seitenfläche den Bildern des Esus und Tarvos Trigaranus
des Pariser Denkmäls entsprechende Darstellungen zeigt (Westd. Korrbl. XV,
19; Bonn. Jahrb. 100 S. 209; Archäol. Anzeiger XII S.16 f.; Revue celtique XVIII
S. 256; vgl. Lothr. Jahrb. X, S. 35—36).
Ill. Merovingische Zeit.
Ueber die von der Gesellschaft für lothringische Geschichte veranlassten
Ausgrabungen in der Kirche S. Peter auf der Citadelle s. Knitterscheid im
Jahrbuch IX S. 97—111 mit den Tafeln 1—8 und X S. 120—152 mit den Tafeln
1—12. Von hervorragender Wichtigkeit sind die Steinskulpturen aus der Zeit
der Merovinger?), abgebildet a. a. O. X Tafel 5—12, mit einer Ausnahme
(Tafel 5, 4) alles Pfosten und Füllungsplatien einer Steinschranke, ausser-
dem aus gleicher Zeit*) zwei Grabsteine mit eingerilzten Kreuzen, wovon das eine
beiderseits von einem stilisierten Christusmonogramm und mehrfachem A und @ in
abwechselnder Folge eingefasst ist (a. a. O. Tafel 5, 1—2), schliesslich ein vielleicht
1) Auch die ebendaher stammenden, von Ledain, Plusieurs notices d’arch.
et de numism. = Mém. Soc. d’arch. Mos: XV S. 173/174 und S. 196, mit Tafel
Nr. 10/11, veröffentlichten Ziegelstempel des Adiutex belinden sich im Museum;
sie fehlen, wie andere früher und jetzt vorhandene Ziegelstempel in dem, seither
gedruckten Verzeichnis der Altertumssammlung.
2?) À. a. O. ist unter den Erwerbungen des Museums während des Geschäfts-
jahres 1896 genannt ein an derselben Stelle und bei «derselben (Gelegenheit in
angeschültelem Boden gefundenes Bruchslück eines Kaminmantels mit Wappen-
schildern innerhalb blumenbesetzter Ringe ; überwiesen von Hrn. Baural Knitlerscheid.
3%) Der Stein hal INDVS.
4) Dieselben waren in die schmucklosen Pfeiler der romanischen Bauperiode
vermauert.
Von der Ges. f.1.G. u. A.
(Geschenk des Herrn
Erzpriesters Delles.)
Von der Ges. f. 1. G. u. A
Gesch. d. H. Baurats
Knitterscheid.
Ueberwiesen von S. Ma-
jestät dem Kaiser.
Von der Ges. f. I. G, u. A.
Desgl.
Gesch. d. H. Baurats
Knitterscheill.
Von der Ges. f. 1. G. u. A.
Von (ler Ges. f. 1. G. u. A.
(Gesch, d. H. Bezirks-
präs. Freiherrn v. Ham-
merstein.)
= Be es
früherer Zeit angehörender Kragstein mit einer männlichen Büste auf der Vorder-
fläche und Pflanzenornamenten auf den Seitenflächen (a. a. 0. Tafel 5, 3 und 6,
6). Die sämtlichen durch die Ausgrabungen gewonnenen Fundstücke hat Seine
Majestät der Kaiser unter Vorbehalt des Eigentumsrechtes dem Museum über-
wiesen; dieselben sind zum grösseren Teil noch an der Fundstelle untergebracht
und werden nach Fertigstellung des im Bau begriffenen Flügelanbaues des Museums
in dem Unterstock dieses Neubaues als geschlossene Sammlung Aufstellung finden*).
2) Aus Bischdorf (bei Grosstänchen, Kreis Forbach) eine Lanzenspitze (lang 48cm),
ein Scramasax (lang über 60cm einschl. des Griffes) und ein Glöckchen; Grabfund.
3) Aus einem umfangreichen fränkischen Grabfeld zwischen Metrich und
Klein-Hettingen (Kreis Diedenhofen): Glasschale!) und zerdrücktes Trinkglas?), jetzt
aus vielen Bruchstücken zum grösseren Teil zusammengesetzt, beide ausgegraben
am 19. Juli 1898. Die sonstigen auf dem Gräberfelde zu Tage geförderten Fund-
stücke sind noch im Besitz der Eigentümer der dortigen Sandgruben, der Herren
Gastwirt Brauer und Bürgermeister Brauer, beide zu Klein-Hettingen; vgl. Lothr.
Jahrb. IX, S. 322—323.
4) Einer Münze ähnliche Spange, ganz entsprechend der von Lindenschmit,
Altertümer unserer heidn. Vorzeit I, Heft XII, Tafel 7, Fig. 18—19 und Hand-
buch der deutschen Altertumskunde I, Tafel XXI, Fig. 3—4, abgebildeten besser
erhaltenen Gewandnadel aus der Umgegend von Mainz. Geschenk des Herrn
Baurats Knitterscheid ; Fundort wie oben II, 15.
IV. Mittelalter und Neuzeit.
1) Aus der Kirche S. Peter auf der Citadelle (siehe oben III, 1) gotische
Fliesen®), s. Knitterscheid im Lothr. Jahrbuch X, S. 124 ff. mit Abbildungen auf
den Tafeln 3 und 4 Ausserdem u. a. ein kugelförmiges Thongefäss mit zwei
einander gegenüberliegenden Löchern im aufgebogenen Hals*); das Gefäss war leer
und wurde, mit einer Steinplatte abgedeckt, leicht eingemauert unter Fussboden-
höhe aufgefunden (a. a. 0. S. 124).
2) Aus der Kirche S. Segolena stammen u. a. beim Neubau der Kirche auf-
gefundene Reste von Grabplatten mit Inschriften und teilweise auch mit bild-
lichen Darstellungen.
3) Vom Herrn Bezirkspräsidenten wurden überwiesen die Inschriftplatten
des im J. 1898 abgetragenen, nach Blondels Plänen erbauten und im J. 1764
*) Für die Gleichzeitigkeit der Grabsteine mit den merovingischen Skulp-
turen spricht z. B. auch der im Bull. Soc. des antiquaires de France 1882 $. 187
abgebildete Altar aus dem Departement Bouches-du-Rhöne.
1) Die Glasschale lag umgekehrt in der Erde, mit dem Boden nach oben.
2) Das Trinkglas fand sich vor der Oeffnung eines gleichfalls von der Erd-
masse zerdrückten umgeworfenen Thongefässes, in dem es ursprünglich (wie
andere ebenda unversehrt gefundene Gläser) geslanden halte.
3) Vebereinstimmung zeigen in Frankreich gesammelte Fliesen der Samın-
lung des Herrn Dr. Forrer zu Strassburg i. E., von dem eine eingehende Veröffent-
lichung über Fliesen demnächst zu erwarten steht,
4) Ein entsprechendes, grösseres Thongefäss des Museums stammt aus dem
Kloster der Récollets (Franziskaner) zu Metz.
ee
vollendeten Portals der Kathedrale!) nebst den darin vermauerten zwei Medailleri
und sechs Geldstücken, nämlich einem silbernen und einem bronzenen Exemplar
der auf die Vollendung des Baues geprägten Denkmünze?) und 6 Silbermünzen
Ludwigs XV.; ausserdem eine in der Kathedrale gefundene Kupfermünze (Il deniers)
Ludwigs XIV.
4) Eine kleine Sonnenuhr aus Schiefer; gefunden und geschenkt mit I, 15.
5) Ofenplatte mit der Darstellung des Aesculapius.
Ausgestellt waren ausser dem unter II, 12 erwähnten römischen Fingerring
des Herrn Ludewig ein Meissener Porzellan-Service des Herrn Harney zu Metz,
Vorstehers an den Eisenbahnwerkstätten in Montienv.
Mit Ablauf des im vorhergehenden berücksichtigten Geschäftsjahres 1. April
1598 bis dahin 1899 sind die vorher getrennter Verwaltung unterstellten vier Ab-
teilangen des Museums (Altertums-Museum; Münzsammlung; Gemäldesammlung ;
Naturgeschichtliche Sammlung) unter einer Direktion vereinigt.
IL Geschäftsjahr 1899
(zugleich Fundberichte).
I. Vorgeschichtliche Zeit.
1) Stücke von Feuerstein, welche roh zugeschlagene Werkzeuge der älteren
Steinzeit sein könnten; geschliffene Steinhämmer der jüngeren Steinzeit, die Mehr-
zahl in Bruchstücken; Pfeilspitzen aus Feuerstein, welche aber auch einer spätern
(der römischen und merowingischen) Zeit angehören können. Die genannten, ver-
schiedenen Fundorten entstammenden Gegenstände hat Herr Bibliotheksdirektor
Abbé Paulus in früheren Jahren gesammelt und jetzt dem Museum als Geschenk
überwiesen.
2) Aus einem Hügelgrab (tumulus) im Weiherwald bei Saaraltdorf (Kreis
Saarburg i. L); ausgegraben im Auftrag der Gesellschaft für lothringische Ge-
schichte durch Herrn Notar Welter aus Lörchingen: Bruchstücke eines grauen
Thongefässes, zusammengesetzt und ergänzt von Herrn Oberregierungsrat Pöhl-
mann zu Metz; mehrere hohle, glatte, geschlossene Halsringe aus Bronze, in
Bruchstücken; vier dicke und zwei dünnere Armringe aus Lignit, d. h. holziger
Braunkohle, nebst einer Anzahl von grösseren und kleineren Bruchstücken solcher
Ringe; zwei schöne, höchst beachtenswerte Armbänder aus Bronze, deren spitz
sewölbtes Mittelteil glatt gearbeitet ist, während die beiden Aussenseiten durch-
brochen sind und das eine umgebogene Ende ausserdem in Kugelknöpfe ausläuft;
Reste eines bronzenen Gürtelbeschlages, dessen Zusammensetzung Herr Ober-
regierungsrat Pöhlmann freundlichst übernommen hat.
Il. Zeit der römischen Herrschaft.
1) Architekturstücke, gefunden in der Nähe des Höllenturmes (Tour d’enfer)
auf der Citadelle, Stadtseite, d. h. im Innern der spälrömischen Ringmauer; über-
wiesen durch Herrn Garnisonbauinspektor Fromm,
1) S. Kraus, Kunst und Altert. in Elsass-Lothringen III, S. 518—519.
2) Vgl. ausser Kraus a. a. 0. 5.519: V. Jacob, M&m, Soc. d’arch, Mos, VII,
1866, S. 129f.
Gesch. d. H. Bibliotheks-
direktors Paulus.
Von der Ges. f. I. G u. A.
Ueberwiesen durch Herrn
Bauinspektor Fromm,
Gesch. d. H. Baurats
Knitterscheild.
Von der Ges. f. 1. G. u. A.
(Gesch. d. Herrn Baurats
Morlock in Diedenhofen.)
Von der Ges. f.1.G. u. A.
Desgl.
(Gesch. d. H. Rittm.a D.
Rennen in Oberhom-
burg.)
Von der Ges, f. 1. G. u. A.
ee
2) Kleine Thonfigur (Oberteil fehlt) eines Reiters, der den Eindruck eines
Orientalen macht, Götterbild; gefunden bei Anlage der ersten Gefrieranlage am
rechten Seille-Ufer vor dem Deutschen Thor zu Metz, Geschenk des Herrn Bau-
rats Knitterscheid. — Mehrere entsprechende Reiterstatuetten sind neben zahl-
reichen Thonfiguren der auch sonst häufig vertretenen sitzenden Göttin, welche
Tiere u. a. im Schoss trägt, sowie einer Anzahl von Statuetten des Mars,
der Minerva u. s. w. kürzlich in den Resten eines vom Provinzialmuseum zu
Trier ausgegrabenen Tempelchens bei Thronecken im Hunsrück als Votivgaben
gefunden.
3) Markstein eines Kreuzweges; gefunden zwischen Kneuttingen und Fentsch
(Kreis Diedenhofen), im Wald abseits von der Orne nach der »Le Castels ge-
nannten Höhe zu ; geborgen durch Herrn Kreisbauinspektor Baurat Morlock in Dieden-
hofen. Ueber einem 40 cm hohen Sockel, dessen untere, in die Erde einzulassende
Hälfte nur roh behauen ist, erheben sich in einer Höhe von etwa 17 cm die nach
den vier Seiten gerichteten Brusthbilder von vier bärligen Männern, zwischen deren
Köpfen eine für die Opfergaben bestimmte kreisrunde, wenig ausgehöhlte Schale
von 7!/» em äusserem Durchmesser das Steinbild oben in einer Höhe von ins-
gesamt etwa 58 em abschliesst. Die Darstellung ist zusammenzustellen mit dem
zu Trier-Löwenbrücken gefundenen Stein, welcher von Hettner, Röm. Steindenk-
mäler des Provinzialmuseums zu Trier (1893) unter No. 71 aufgeführt und abge-
bildet ist. Von anderen Abweichungen abgesehen unterscheidet sich das Trierer
Denkmal von dem unsrigen dadurch, dass dort nur zwei der Brustbilder bärtig
sind, während die beiden anderen den unbärtigen Merkur mit Flügeln am Kopf
darstellen. Zum Vergleich kann ausser den vierköpfisen Hermen auch der Janus
quadrifrons herangezogen werden; es sind aber die vier Männer zu der Zahl der
allsemein als Kreuzweggottheiten bezeichneten sowohl einheimischen wie auch
von auswärts eingeführten Götter zu rechnen, welcher vornehmlich weibliche,
jedoch auch männliche Gottheiten, wie Mercurius, angehören. (Vgl. Keune im
Jahrbuch VII, 1, S. 76—77).
4) Gesimsstück (an der Inschriftseite lang 25 cm) mit dem Rest eines
Namens aus einer Inschrift: GVSIVS oder wahrscheinlicher GVSTVS, in letzterem
Fall zu Augustus zu ergänzen und als Beiname oder Einzelname eines roma-
nisierten Eingeborenen zu erklären (vgl. Jahrbuch IX, S. 182). Das Bruchstück
stammt von einem römischen Bauwerk (Tempelchen?) im Wald von Oberhomburg
(Kreis Forbach), dessen Reste die Herren Apotheker Zimmermann und Notar
Dr. Walther zu St. Avold auf Kosten der Gesellschaft für lothr. Geschichte unter-
sucht haben.
5) Oberteil eines aus einer oben abgerundeten Nische herausgearbeiteten
Steinbildes des Mercurius; am Kopf Flügel; über die linke Schulter fällt der auf
der rechten Schulter durch eine kreisrunde Spange zusammengehaltene Ueberwurf
(Chlamys); in der Linken der Schlangenstab ; Gesamthöhe jetzt 71 cm. Gefunden
im Park des Stahlwerks zu Oberhomburg (Kreis Forbach), Geschenk des Direktors
des genannten Stahlwerks Herrn Rittmeisters a. D. Rennen.
6) Kopfstück und Rumpf eines ähnlichen steinernen Merkurbildes, ge-
funden im Linger Wald zwischen Enchenberg und Rohrbach (Kreis Saargemünd) ;
— 383 —
Höhe des Rumpfes rund 50 cm; geborgen durch Herrn Förster Reichelt zu
Enchenberg ').
7) Ausserdem gingen einzelne Geschenke ein von den Herren Bibliotheks-
direktor Paulus (ein Hufeisen, mehrere Spinnviertel u. a.); Mittelschullehrer
Chazelle zu Metz (kleines Bruchstück eines Mosaikfussbodens, gefunden bei An-
lage einer Jauchegrube zu Niedwellingen bei Busendorf, Kreis Bolchen); Lehrer
Hemmer (Hufeisen eines Maulesels; gefunden in der Lorrver Strasse zu Devant-
les-Ponts beim Legen der Gasröhren ; übermittelt durch Herrn Oberlehrer Dr. Hoff-
mann zu Longeville). — Ueber die römischen Münzen s. später.
Ia. Eine Grabschrift auf der Rückseite des Bruchstückes einer anderen
srossen Inschrift und der Schluss einer Grabschrift unterhalb einer Reliefdarstel-
lung aus Carthago; Geschenk des Herrn Pfarrers Petit zu Augnv?).
Ill. Merovingische Zeit.
1) Einige Fundstücke aus einer Begräbnisstälte in einem dem Herrn Huber
(aus Frankenthal) gehörigen Steinbruch bei Bollingen-Bettstein (Bassompierre),
Kreis Diedenhofen; vermittelt durch die Herren Leo Winshach und Notar
Dr. Bischoff zu Diedenhofen. Die Gräber waren aus Deckeln und sonstigen
Stücken von früheren Steinsärgen zusammengestellt.
2) Drei Stücke des Belags eines Messergriffes, nach der Angabe des Herrn
Notars Welter aus Lörchingen gefunden in einem fränkischen Plattengrab zu
Niederschalbach (Kreis Saarburg i. L.).
IV. Mittelalter und neuere Zeit.
1) Aus dem Kloster der Cülestiner, dem jetzigen Ingenieur-Zeughaus: Bruch-
stück einer Grabschrift in erhabener gotischer Majuskel nebst einem kleineren
in erhabener gotischer Minuskel, ausserdem eine schlanke Säule und eine guss-
eiserne Kaminplatte; überwiesen durch Herrn Garnisonbauinspektor Fromm.
2) Renaissance: Wappentier mit Bruchstücken des Wappens und anderem
Zubehör, mit Farbenspuren. Pfosten eines Portals mit Darstellung eines Lands-
knechts und darunter einer Badenden in Flachrelief. Gefunden als Baumaterial
in Mauern des Hauses Noé, welches Herr Grätz zur Vergrösserung der Lothringer
Bierhalle angekauft hat. Geschenk des Herrn Grätz®).
3) Renaissance. Von zwei Genien gehaltene Tafel mit der Inschrift: »En
touttes tes | oewres pense | à la fin qu’il |te fault morir. | 1578.« Aus Norroy-le-
Veneur, Geschenk des Herrn Michel daselbst.
4) Vier gusseiserne Kaminplatten aus dem Bezirkspräsidium (Adam und
Eva und drei Wappendarstellungen, die eine aus dem J. 1625, eine zweite mil
den Wappen der Stadt Metz und der Stadtjungfrau mit der Lilie aus dem J. 1742).
Geschenk des Herrn Bezirkspräsidenten.
1) Das Bruchstück eines Merkurbildes »aus Enchenberg bei Bitsche im
Museum zu Strassburg No. 2412 (rechtes Bein eines Merkurs, der in der gesenkten
Rechten einen Beutel über einen Bock zwischen dessen Hörnern hält, eine häufiger
vorkommende Darstellungsweise).
?) Eine ausführlichere Besprechung wird an anderer Stelle gegeben.
3) Im Keller des nämlichen Hauses dient als Untersatz eines Pfeilers ein
grosser, jedenfalls von einem römischen Grabdenkmal herrührender Block, dessen
Vorderseite eine gut gearbeitete mythologische Darstellung zeigt.
Von der Ges f. 1. G. u. A.
Desgl.
Gesch. d. H. Dr. Frantz
Gesch. d. H. Colbus in
Altrip und Humbert in
Metz.
Von der Ges. f. I. G. u. A.
Ueberw. durch H. Bau-
rat Keller
Sale
5) Zwei gusseiserne Kaminplatten, eine mit dem französischen und eine
mit dem lothringischen Wappen und mehrfach verschlungenem L (= Leopold,
Herzog von Lothringen) im Giebelaufsatz ; beide aus dem J. 1701, letztere gegossen
in Quint bei Trier. Geschenk des Herrn Dr. med. Frantz zu Metz, aus dessen Haus
(Bischofstrasse) sie stammen.
6) Einzelne andere Geschenke gingen ein mit Il, 1, sowie von der Gesell-
schaft f. lothr. Geschichte (Sendung des Herrn Pfarrers Colbus zu Altrip) und
H. Unterprimaner Humbert zu Metz.
V. Münzen.
a) Mehrere gallische Münzen, geschenkt mit I, 1, darunter eine der Me-
diomatriker (= Chabouillet No. 8946 ff.), eine der Leuker (vgl. Chabouillet No. 9062ff.),
eine des »Germanus Indutillie (= Chabouillet No. 9245 ff.) u. a. (wie Chabouillet
No. 8171).
b) Römische Münzen):
1) Vor allem ist hervorzuheben eine reiche Gabe der Gesellschaft für
lothr. Geschichte, welche einen zweckmässig gebauten Münzschrank mit einer
Auslese von 2584 Münzen aus dem Münzfund von Nieder-Rentgen (Jahrbuch VII, 2,
S. 1—43) geschenkt hat. Die Anordnung der Münzen ist Herrn Prof. Dr. Wich-
mann zu verdanken.
2) Vier Kupfermünzen, gefunden beim Abtragen des Walles vor dem
Deutschen Thor?); Geschenk des Herrn Klere zu Montigny: zwei des Nero, eine
des Trajan und eine der Urbs Roma (Konstantin).
3) Sechs Kupfermünzen, gefunden (lose in der Erde) beim Stationsbau
Gandringen; je zwei des Valentinianus I, Valens und Gratianus mit den Reversen:
Securitas reipublicae, Gloria Romanorum und Victoria Auggg. Ueberwiesen durch
Herrn Baurat Keller zu Metz.
4) Einzelne Münzen gingen ein als Geschenke der Gesellschaft für lothr.
Geschichte (L. Aelius Caesar = Cohen 57, gefunden bei Arbeiten im Hornwerk
1) Bei dieser Gelegenheit seien einige im Lande gefundene römische Münzen
genannt, welche mir früher von Schülern übergeben wurden:
a) Gefunden im Garten des Herrn Viville vor dem Theobaldsthor zu Metz:
1) Faustina Augusta, Rückseite Hilaritas ; 2) Constantinopolis, Trierer Prägung.
b) Gefunden im Schulhof des Gymnasiums zu Montigny : Constantinus Aug.,
Rückseite: Soli invicto, Trierer Prägung.
c) Gefunden auf dem Herapel: 1) Imp. Caes. Vespasian. Aug. cos. VIII p. p.,
Rückseite: Fides publica; 2) Imp. Caes. Domit(ianus) Aug. Germ. cos. XVI cens.,
tückseite: Fortunae Augusti; 3) Münze des 4. Jhdts.
d) Gefunden bei Ruhlingen (Kreis Saargemünd) : Constantinus iun(ior) nob. C.,
Rückseite: Providentiae Caess., Trierer Präguns.
2) Vgl. Jahrbuch IX, S. 319, wo andere bei der gleichen Gelegenheit ge-
machte Funde genannt sind (doch sind die beiden Isis-Statuetten nicht, wie
Jahrbuch X, S. 456 irrtümlich angegeben ist, von der Gesellschaft f. lothr. Ge-
schichte gekauft). Ebenda wurde auch eine Goldmünze des Vespasian gefunden,
welche sich noch im Besitz des Herrn Klere befindet, ausserdem ein liard de
Lorraine vom J. 1708 (vgl. de Sauley, monn. de Lorraine pl. XXX, 3) und ein
Zwei-Sols-Stück Ludwigs XVI vom J. 1792, welche beiden letzteren Herr Klere ge-
schenkt hat.
vor der Citadelle, der Gesellschaft geschenkt von Herrn Dr. Gnädinger; Constan-
tinus = Cohen 342, gef. bei fränkischen Gräbern am Bahnhof Hagendingen 1894)
sowie von dem Quartaner der Oberrealschule Heppe, übermittelt durch Herrn
Prof. Dr. Rebender (Constantius nob. C. mit dem Revers: Genio populi Romani und
im Felde S F).
c) Mittelalterliche und neuere Münzen.
Angekauft wurden: 1) Goldmünze des Herzogs Robert von Bar (Herzog
seit 1335), Florentiner Typus, Nachbildung des florin d’or von Carl V. von Frank-
reich (de Saulev, monn. des comtes et ducs de Bar, PI. IV, 11 und S. 34): ge-
funden in Queuleu bei Metz.
2) Silbermünze des Herzogs Leopold von Lothringen aus dem J. 1712 (de
Sauley, monn. de Lorr., S.221 mit pl. XXX, 7), gefunden beim Abtragen einer
Mauer zu Destrich, Kreis Forbach.
Ausserdem gingen einzelne Geschenke ein von den Herren Oberforstmeister
Ney, Forstmeister Hallbauer u. a, auch eine silberne und eine bronzene Preis-
medaille des Metzer Gartenbauvereins vom J. 1899.
d) Dem Museum waren zur Besichtigung bezw. Bestimmung übergeben die
bei den Fortbauten oberhalb Saulny gefundenen Münzen, nämlich:
«) 97 Münzen aus einem ländlichen Merkurheiligtum !) links von der nach
SL. Privat führenden Strasse. Die bereits vorher von Herrn Prof. Dr. Wichmann be-
stimmten Münzen reichen von Nero bis Arcadius.
5) Gefunden lose in der Erde am Waldrande rechts von der Strasse nach
St. Privat: 47 Münzen aus der 1.Hälfte des 16. Jhdts. bis zum J. 1552, in dem
sie vermutlich verscharrt sind. 1—2) Zwei bugnes der Stadt Metz; 3) Jakob,
Erzbischof von Trier (1503—1511), Coblenzer Prägung; 4-19) nebst 3 Bruch-
stücken: Erzbistum Cöln: Hermann IV (JJ. 1505, 1508); Philipp II (JJ. 1511, 1512,
1515); Hermann V (JJ. 1517, 1519); 20—21) Stadt Cöln (eine aus dem J. 1515);
22-28) Herzog Johann III von Jülich-Berg (JJ. 1511, 1512, 1513, 1515); 29) Pfalz-
graf bei Rhein, Kurfürst Ludwig V (J. 151/); 30) Ludwig XII von Frankreich
(1497— 1514); 31—36) Franz I von Frankreich (1515—1547); 37—46) Heinrich Il
von Frankreich (sechs aus dem J. 1551, eine von 1552, zwei andere: 155);
47) in der Dauphiné geprägter französischer Douzain oder Blanc.
1) Demselben Heiligtum entstammen Bruchstücke eines aus einer Nische
herausgearbeiteten Merkurbildes, ein Stein mit der Darstellung des Merkur und
Resten der Weihinschrift, ein Messer, Bruchstücke von Thongefässen.
Gesch. d. H. Oberforst-
meister Ney, Forst-
meister Hallbauer.
— 386 —
Bücherschau.
Essai historique sur les Institutions judiciaires des Duchés de Lor-
raine et de Bar, avant les reformes de Leopold I par Charles
Sadoul, avocat à la Cour d'Appel de Nancy, Docteur en droit
(Librairie administrative Berger-Levrault et comp. à Paris et
Nancy. 1898).
Auf dem Gebiete der Gerichtsbarkeit herrschte im alten Lothringen die
mannigfaltigste Verschiedenheit. Teils stand sie den Dorfgemeinden und Städten,
teils den Herzögen und Freiherrschaften zu, bis sie endlich durch Leopold I.
eine volle einheitliche Regelung erfuhr. Der gelehrte Herr Verfasser hat sich
um die Rechtsgeschichte Lothringens sehr verdient gemacht, dass er sich der
grossen Mühe unterzog, aus dem kaum entwirrbaren Stoffe, der sich nicht
bloss in der neueren französischen Litteratur, sondern auch in der der letzten
Jahrhunderte sowie in alten Urkunden zerstreut findet, im vorstehenden Werke
ein klares und übersichtliches Bild der Entwicklung dieses Zweiges des Rechts-
lebens zu entrollen. Nach kurzem Rückblick auf die vor dem 13. Jahrhundert
liegende Zeit, in welcher die richterliche Gewalt in ihrem ganzen Umfange regel-
mässig den Dorfgerichten, bestehend aus dem Bürgermeister als Vorsitzenden und
seinen Schöffen als Beisitzern, über ihre Mitbürger zustand, beginnt die Haupt-
darstellung mit dem zu jener Zeit erfolgenden Ansichreissen der Gewalt durch
die Landesherren, die Herzöge und Freiherrschaften, welche dieselbe als einen
Auslluss ihrer Souveränelät erklärten. Daneben bleiben teilweise die Schöffen-
gerichte in den Gemeinden mit geringeren Befugnissen bestehen, wofür die Ge-
meinden an die Herren Naturalabgaben zu entrichten hatten. Jene neuen Herr-
schaftsgerichte (prévôtés und baillages) bildeten sich zu Aufsichtsgerichten über die
Gemeindegerichte und zugleich zu Berufungsgerichten für die der Zuständigkeit
der letzteren unterliegenden Sachen aus. Ihr Uebergewicht wuchs fortgesetzt.
Als die Herzöge, Barone und Herren den Gerichten selbst nicht mehr vorsassen,
sondern diese ihre Befugnisse an die von ihnen ernannten Beamten übertrugen,
wuchsen infolge eigenmächtiger Anmassungen deren Machtbefugnisse immer mehr,
zumal als diese Aemter käuflich geworden oder auch als ehrende Auszeichnung
verliehen wurden. Im herzoglichen Lande erhielt ein solcher Herrschaftsrichter
den Titel »scultetus«, und in dessen deutschem Gebiete »Schultheisse. Die Be-
fugnisse dieser Herrschaftsrichter waren sehr verschieden je nach der Oertlich-
keit. Oft waren sie zugleich Gouverneure der befestigten Plätze und militärische
Chefs des Gebiets. Dass hierbei manche Uebergriffe und Ungerechtigkeiten vor-
kamen, ist erklärlich. So erzählt der Verfasser (S. 26), dass Herzog Mathieu II.
Be
von Lothringen einen solchen ungerechten Richter mit Ruten peitschen liess und
verbannte, an der Thüre des Gerichtssaales Ruthen und Peitschen anmalen liess,
damit sich sein Sohn, der ihm im Amte nachfolgte, immer daran erinnern sollte
»de bien juger«.
Im Herzogtum Bar gingen deren Machtbefugnisse noch weiter. Es stand
ihnen die gesammte höhere Civil- und Strafjustiz zu, und sie waren Berufungsrichter
für die wenigen den Gemeindegerichten belassenen Sachen. Ausserdem genossen
dieselben noch eine Reihe grosser Vorrechte hatten Anspruch auf Strafgelder
und Naturalabgaben der Bewohner u. dergl. Am weitgehendsten war die Macht
des Prévôt von Nancy. — Diese Herrschafts- und Gemeindegerichte bildeten die
Untergerichte. Das Verfahren war bei ihnen im Ganzen und Grossen das Gleiche.
Bis zum 13. Jahrhundert galt in Strafsachen das Anklageverfahren. Die Vertei-
dieung erfolgt mittelst Eides, Eideshelfer, Ordalien, Prüfungen mittelst des
Kreuzes, eiskalten und siedenden Wassers, glühenden KEisens oder Dampfes.
Nachher‘ wurde das Inquisitionsverfahren aus dem Kirchenrechte übernommen.
Dasselbe war aber ein höchst summarisches. Vom 16. Jahrhundert ab handelten
die Herrschafts- und Gemeinderichter von Amtswegen gegen die auf frischer
That Ertappten. Nachher führten die Herzöge die Staatsanwaltschaft (le mini-
stere public) als Vertreter der Anklage ein. Es wurden die Vorschriften über
die Zulässigkeit sofortiger Verhaftung mit ihren Folgen besser geregelt, ferner
diejenigen über das Verhör der Beschuldigten und Zeugen, sowie bezüglich der
Strafen, namentlich die der Todesstrafe und Verstümmelung. Die vier Arten der
Folter, welche nach einander zur Erzwingung des Geständnisses bestimmt waren,
wurden unter die Obhut eines Arztes gestellt. Es werden hiernach diese Folter-
arten näher festgestellt. Die auf der Folter gegebenen Geständnisse werden
nach ihrem Werte geprüft. Während früher das Volk zur Mitwirkung beim Ur-
teil berufen wurde, ging dies Recht später auf einen gewählten und durch den
Seigneur bestimmten Gerichtshof über. Hier war das Verfahren ein sehr rasches
und oberflächliches. Allmählich wurde die richterliche Gewalt selbst noch ge-
mindert, dazu nachlässig und fanatisch. Der Strafvollzug artete in Grausamkeiten
gegen die Verurteilten aus, namentlich bei der Todesstrafe mittelst Verbrennung,
die stets gegen Hexen und Ketzer verhängt wurde. — Die Civilsachen wurden vom
jährlich gewählten Dorfrichter in verschiedenen Jahressitzungen abgeurteilt; das
Verfahren hierbei war ein mannigfaltiges, mehr und mehr in das Belieben des
Richters gestellt, dem auch jegliche Erfahrung mangelte. 14 Tage nach dem
Spruche war das Urteil voilstreckbar, wenn nicht Berufung einselest war. —
Gegen die Kriminalurteile gab es Anfangs kein Rechtsmittel. Der Strafrichter
galt für unfehlbar. Das einzige Mittel in Lothringen bestand darin, dass man
noch die Erholung des Gutachtens der Schöffen zu Nancy beantragen konnte.
Nachher liess man wegen Rechtsverweigerung eine Beschwerde zu, und findel
man, dass häufig die Gemeindeverwaltungen als Berufungsgerichte für die Urteile
der benachbarten Gemeinden galten; manchmal durfte man sich zu diesem
Zwecke an ein ausländisches Gericht, z. B. nach Verdun wenden. Diese Uebung
wurde allmählig ziemlich allgemein. In einigen Seigneurien bildeten sich souve-
räne Obergerichte, präsidiert vom Baron oder einem seiner Beamten. Dies war
ein besonderes Privilegium. Gegen die Urteile dieser Gerichte gab es kein
Rechtsmittel. Die Lothringer Herzöge haben lange dies angemasste Recht be-
stritten und manchmal mit Erfolg. Für die Unterthanen der Herzöge bestanden
25*
— 388 —
besondere Riltergerichte. — Als Ausnahmsgerichte kamen vor: Handels-, Berg-
werks-, Salzwerks-, Forsigerichte, jedes mit besonderem Verfahren. Noch sind
zu erwähnen die besonderen Richter für die Huren, dann die Schiedsgerichte,
die kirchlichen Gerichtshöfe und sewissermassen internationalen Gerichte. — Im
6. Kapitel (S. 109 ff.) beschreibt der Verfasser insbesondere die Gerichte von
Nancv, im Vogesenlande und in den deutschen Gebieten, im 7. Kapitel handelt
er von den Adelsgerichten und ihren Prärogativen, die ebenda bis zum Jahre 1634
bestanden haben. Als sich das Herzogtum Lothringen mehr und mehr ausdehnte,
namentlich als das Herzogtum Bar dazu kam, wurden nur grosse Amtsgerichte
geschaffen, deren Mitglieder angesehene Leute waren und verschiedene Vorrechte
senossen. Es waren dies namentlich die Gerichtshöfe zu Bar, St. Mihiel und
Bassigny, für welche auch ein zu Bar wohnhafter Generalprokurator bestellt
wurde. In Epinal entstand ein Appellationsgericht, bei dem die gegen die Amts-
gerichte eingelegten Berufungen verhandelt und entschieden wurden. Das Ver-
fahren war hier zwar ein sehr summarisches, doch war man damit sehr zufrieden.
Das 9. Kapitel handelt von den Lehensgerichten, den grossen Gerichtstagen zu
Sankt-Mihiel und dem souveränen Gerichtshof, die sich sämmtlich erst nach der
Vereinigung von Lothringen und Bar im Jahre 1431 bildeten. Der Verfasser
legt deren Zusammensetzung, Zuständigkeit und Wirkungskreis klar auseinander,
im 10. Kapitel giebt er eine Darstellung der Rechnungshöfe von Lothringen und
Bar, die thatsächlich Verwaltungsgerichtshöfe waren, und sich nicht etwa blos
mit Finanz- und Domänenangelegenheiten beschäftigten. Endlich bestand ge-
wissermassen als höchstes Gericht der herzogliche Gerichtshof, zu dem der Her-
zog die Richter aus der mächtigen Klasse des Ritterstandes berief. Derselbe
unterscheidet sich nur wenig von den oben erwähnten Rittergerichten, aber
wurde vom Herzog eingeführt, um ein Gegengewicht gegen die Uebergriffe der-
selben zu bilden. Zur Zuständigkeit des herzoglichen Gerichtshofes gehörten
namentlich die wichtigsten Civilsachen. — Diese verwickelten Zustände der Loth-
ringer (Gerichtsbarkeit führten zu den unbeschreiblichsten Unzuträglichkeiten und
Justizverweigerungen, und wurden erst durch Leopold I. vollständig neu organi-
siert. — Solches ist in grossen Zügen der Ueberblick des Inhalts des ganz treff-
lichen Werkes. Nur das eine vermisse ich hier, ebenso wie ich bereits bei einer
früheren Besprechung des Werkes von Bonvalot hervorgehoben habe, dass näm-
lich die ganz hervorragenden rechtsgeschichtlichen und sonstigen geschichtlichen
Werke deutscher Schriftsteller älterer und neuerer Zeit, in denen der hier be-
handelte Stoff bereits mit grossem Fleisse und bewunderungswerter Gründlichkeit
dargestellt ist, gar keine Berücksichtigung gefunden haben.
Grünewald, Geh. Justizrat in Metz.
In den Sitzungsberichten der Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien
(Phil.-Hist. Klasse Band 141) giebt C. v. Duncker einen aktenmässigen Bericht über
den Besuch des Herzogs von Lothringen in Berlin und die Verlobung
des Kronprinzen Friedrich (1732). Herzog Franz Stephan von Lothringen
der zukünftige Gemahl der Maria Theresia, besuchte auf Wunsch des Kaisers eine
Reihe europäischer Hôfe, insbesondere auch Berlin. Der Zufall wollte es, dass zu
derselben Zeit König Friedrich Wilhelm I. beschlossen hätte, seinen Sohn mit der
D
— 389 —
Prinzessin von Braunschweig-Bevern zu verheiraten, um die auch von der Königin
unterstützten Pläne eines englischen Heiratsprojektes zu durchkreuzen: Da die
Prinzessin in Berlin weilte und der Kronprinz dem Heiratsprojekt zugestimmt
hatte, wollte der König, dass Franz Stephan den Brautwerber spielen solle. Das
lehnte der Herzog mit Rücksicht auf den Wiener Hof, der England gegenüber den
Eindruck vermeiden wollte, als sei das Heiratsprojekt mit Braunschweig-Bevern
von Wien ausgegangen, ab. Interessant ist auch für die lothringische Geschichte
das freundschaftliche Verhältnis, das sich zwischen Herzog Franz und Kronprinz
Friedrich entwickelte und in einer bis 1740 geführten Korrespondenz, die Duncker
im Wortlaute seiner Abhandlung folgen lässt, Ausdruck findet, W.
Ein geschichtlicher Streifzug in die Umgegend von Metz von Prof.
Dr. L. Stünkel. Wissensch. Beilagezum Jahresbericht desLyceums
zu Metz. 1898.
In französischer Zeit haben die Lokalforscher mit Vorliebe die Geschichte
einzelner Dörfer oder Ortschaften bearbeitet. Leider fehlt aber diesen Studien
meist die kritische Sichtung der Quellen, sodass sicher beglaubigte Nachrichten
mit Notizen aus späteren unzuverlässigen Bearbeitungen in bunter Reihe gemischt
waren. Sodann sind diese kleinen Abhandlungen in den verschiedensten oft schwer
zugänglichen Zeitschriften zerstreut und können infolgedessen nur von Leuten zu
Rate gezogen werden, die sich in dieser Litteratur gründlich auskennen, Auch was seit
1570 auf diesem Gebiete geleistet ist, konnte bisher zum grössten Teile nicht den
Anspruch erhalten, auf selbständiger Forschung basiert zu sein; vielfach sind die
französischen Darstellungen kritiklos wiedergegeben. Demgegenüber ist die vor-
liegende Schrift mit Freuden zu begrüssen. Stünkel ist systematisch vorgegangen
und behandelt einheitlich die Porte Serpenoise, Sablon, Montigny, Frescatv und
St. Blaise. Die ältere Litteratur beherrscht er vollständig, hat aber nichts bei
seiner Darstellung aufgenommen, was er nicht selbst kritisch nachgeprüft hat. So
ist seine Arbeit ein wirklich sicherer und zuverlässiger Führer für die Ortskunde
der genannten Dörfer und Baulichkeiten. Mehrfach sind es auch neue Resultate,
die er uns bietet; so stellt er die Lage des bischöflichen Frohnhofs und späteren
Schlosses in Montigny fest, giebt uns Sicherheit darüber, wo sich dereinst die
stolzen Giebel der Abtei St. Arnulf erhoben u. s. w. Hoffentlich setzt der Ver-
fasser seine Studien auf diesem Gebiete fort; er kann des aufrichtigen Dankes
aller, die an der Geschichte des Melzer Landes Interesse nehmen, sicher sein. WM.
Zur Geschichte der Jahre 1680--1682 von Pfarrer Jacob Grob in »Ons
Hemecht«, Organ des Luxemburger Geschichts-Vereins, IV,
Saa2l I VS SONT:
Der Aufsatz behandelt die Reunionsthäligkeit Ludwigs XIV. in den ge-
nannten Jahren, kommt daher durch ein eigentümliches Zusammentreffen fast
gleichzeitig mit der in das vorliegende Jahrbuch aufgenommenen Arbeit, wenn
auch unabhängig von dieser, zum Abschluss.
— 390 —
Wenn auch äusserlich nicht erkennbar, zerfällt die Arbeit von Jacob Grob
in 3 Hauptteile; in dem ersten, die Paragraphen 1—5 umfassenden, wird nach
einleitender Anführung einiger Gewaltthätigkeiten des französischen Königs nach
dem Frieden von Nymwegen die Thätigkeit der Metzer Reunionskammer im All-
gemeinen behandelt; der zweite schildert in 7 weiteren Paragraphen die gegen
das Luxemburger Land gerichteten Reunions-Beschlüsse der Metzer Kammer und
deren Ausführung im Besondern; der 3. Teil endlich befasst sich in den 3 letzten
Paragraphen mit der Belagerung der Festung Luxemburg in den Jahren 1681
und 1682.
In dem ersten, dem allgemeinen Teil, fällt der Verfasser, wie bisher stets
von nichtfranzösischer Seite geschehen, ein äusserst scharfes Urteil über die
Reunionstäligkeit Ludwig XIV., ohne jedoch zwischen den 3 Arten von Reunionen
gegen das Reich, gegen das Herzogtum Lothringen und gegen die spanischen
Niederlande zu unterscheiden; in seiner ganzen Schärfe wird dieses Urteil nach
dem Ergebnisse der in unserem erwähnten Aufsatze niedergelegten Untersuchun-
gen nur für die letztgenannten Reunionen aufrecht zu erhalten sein. Auf diese
letzteren beziehen sich äusserlich und nach Auffassung des Herrn Verfassers
3 Reunionsbeschlüsse der Kammer vom 14. Oktober 1680, vom 21. April 1681 und
vom 5. April 1683, welche ihrem Wortlaute nach angeführt und besprochen
werden. Thatsächlich war, wie auch der Herr Verfasser fühlt, wenn auch nicht
ausführt, die Benennung des letztgenannten Beschlusses, nämlich die Zurück-
weisung eines Einspruches des Mechelner grossen Rates nur eine Verschleierung
des Inhaltes, um trotz gegebenen Versprechens neue Reunionen aussprechen zu
können, die zwar unmittelbar nur herzoslich-lothringische Gebietsteile, die
3 Aemter Longwv, Longuyon und Marville, als »Zugehörigkeiten« zu diesen aber
auch einen grossen Teil des Luxemburger Landes umfassten. Letzteres war
aber inzwischen, wie Verfasser näher schildert, thatsächlich schon ohne Ab-
warten eines Beschlusses reuniert worden; von besonderem Interesse ist hierbei
die eingehende, an keiner anderen Stelle bisher noch behandelte Schilderung
der Gewaltthätigkeit und Grausamkeit der Franzosen bei dieser völlig rechtlosen,
nicht einmal durch Scheingründe motivierten Eroberung des Luxemburger Landes;
mit vollem Rechte bezeichnet Verfasser (V S. 278) die damaligen Verwüstungen
als ein würdiges Seitenstück zu Ludwigs XIV. Zerstörung der Pfalz.
Auch im 3. Teile, der Beschreibung der Belagerung der Festung Luxem-
burg in den Jahren 1681 und 1682, bringst Verfasser interessante Einzelheiten auf
Grund umfassenden, archivalischen Materials; dagegen wird unter den Gründen
für die plötzliche Aufhebung der Belagerung im März 1682 die Hauptsache, näm-
lich der Plan Ludwig XIV., den Dauphin zum deutschen Könige und voraus-
sichtlichen Nachfolger Kaiser Leopolds designieren zu lassen, nicht erwähnt.
Im Ganzen bildet die Arbeit des Herrn Pfarrers Grob einen schätzens-
werten Beilrag für die Kenntnis eines von der Geschichtschreibung bisher etwas
stiefmütterlich behandelten Zeitabschnittes. RR
— 391 —
Die alten Territorien des Bezirks Lothringen nach dem Stande vom
1. Januar 1648. 1. Teil. Herausgegeben von dem Statist. Bureau des
Kais. Ministeriums für Elsass-Lothringen. Strassburg 1898.
Nachdem das Statist. Bureau des Ministeriums im Jahre 1896 »Die alten
Territorien des Klsasse nach einer Bearbeitung des Oberlehrers Dr. Joh. Fritz
herausgegeben hatte, ist jetzt der erste Band, welcher Lothringen betrifft, er-
schienen. Den Hauptanteil an der Bearbeitung dürfte diesmal der Vorstand des
Bureaus, Ministerialrat du Prel selbst haben. Wesentliche Unterstützung leisteten
der Direktor der Metzer Stadtbibliothek Abbé Paulus und Pfarrer Chatelain von
Wallersberg.
Es ist ein überaus schwieriges Unternehmen, das mit den »lothringischen
Territorien< begonnen ist; denn einmal fehlen hier so gut wie alle Vorarbeiten»
sodann aber sind die lothringischen Herrschaftsverhältnisse so verwickelt wie
kaum in einem andern deutschen Landesteile.
Was die Vorarbeiten angeht, so haben wir in Lothringen noch keine Unter-
suchung über die Entwicklung der bischöflichen Territorien, wie sie im Elsass
Dr. Fritz für den weltlichen Besitz der Bischöfe von Strassburg geliefert hat;
freilich fehlt uns hier auch ein Urbar, auf dem Fritz für das Elsass fussen konnte.
Dann steht noch eine Arbeit aus über die alten Gaue; das Königsgut in Lothringen
hat noch keine wissenschaftliche Berücksichtigung gefunden u. a. m.
Die Entwicklung der Territorien aber hat sich grossenleils auf ganz anderer
Grundlage vollzogen als wie im Elsass. Mit Ausnahme des Herzogtums, des Bis-
tums und des Pays Messin haben wir überhaupt keine geschlossenen Herrschafts-
gebiete. Die Herrengeschlechter von Bolchen, Finstingen, Rodemachern etc. ver-
fügten vielmehr über eine Menge von Rechten in zerstreut liegenden Ortschaften
als über ein bestimmtes Gebiet und es kommt in Lothringen ausserordentlich oft
vor, dass die Hochgerichtsbarkeit in demselben Dorf 5, 6 und mehr Herren zusteht.
So gehörte denn eine ungeheure Ausdauer dazu, Licht in diese verworrenen
Verhältnisse zu bringen und was das Statistische Amt geboten hat, wird dauernd
eine Grundlage für die lothringische Geschichtsforschung bleiben. Es ist mit
ausserordentlicher Sorgfalt gearbeitet worden und in den Anmerkungen steckt
eme Fülle wissenschaftlichen Materials. Es fragt sich nur, ob mit der Zergliederung
der Hoheitsrechte nicht zu weit gegangen ist,
Es lässt sich einwenden, dass der Besitz der Hochgerichtsbarkeit noch kein
entscheidendes Kriterium der Landeshoheit ist. Im Pays Messin ist beispielsweise
die Hochgerichtsbarkeit vielfach oder meist in den Händen der Klöster resp.
Klostervögte oder der städtischen Adelsgeschlechter, trotzdem steht die eigentliche
Landeshoheit ohne allem Zweifel den städtischen Behörden zu. Nach den Goü-
tumes du pays Messin ist die Appellation auch vom Hochgericht an die Dreizehner
gewahrt, wenn sie auch auf die Fälle beschränkt wird, in denen eine Unregel-
mässigkeit beim Gerichtsverfahren stattfand. Auch Zölle und Steuern wurden von
der Stadt bestimmt und ebenso hatte Metz die Militärhoheit in seinem gesamten
Gebiete. So wird es auch in anderen Gebieten der Fall gewesen sein, deren ge-
nauere Kenntnis sich mir vorläufig entzieht. Die angeblichen Hoheitsrechte sind
eben nichts anderes als veräusserliche Einnahmequellen, und wenn ein Herr "/s des
Be
Dorfbannes mit der Blutgerichtsbarkeit besass, so besagte das nichts anderes
als !/s der Einkünfte.
Für die noch ausstehende Bearbeitung der bischöflichen Territorien möchte
ich auf eine Erscheinung hinweisen, die für die Entwicklung dieses Machtgebiets
von Belang sein dürfte. So weit ich sehe, besitzt in den ältesten Zeiten das Bis-
tum als solches überhaupt keine Territorien. Es setzt sich zusammen aus den
Besitzungen der einzelnen kirchlichen Stifter. An diese, nicht an das Bistum,
werden die Schenkungeu der Gläubigen gerichtet; dass aber implicite das Bistum
bedacht werden soll, geht aus dem vielfach wiederkehrenden Wortlaute: »mo-
nasterio S. Arnulli (Gorziensi) seu episcopatuie, deutlich hervor. Das Bistum als
solches wird zum ersten Male, soweit ich sehe, bedacht in der Urkunde Heimrichs IL.,
der im Jahre 1018 das jus forestandi in dem grossen Königswalde nördlich, öst-
lich und südlich der Stadt Metz Thiodrico episcopo suisque successoribus überlässt.
in.
Im Journal d'archéologie Lorraine 1899 p. 54ff. bringt Ch. Pfister in
sorgfältig kritischer Ausgabe die Texte oder Regesten der in der Bibliothek von
Nancy befindlichen Urkunden bis zum Jahre 1300. Eine Reihe von Stücken hat
auch für Metz und den Bezirk Lothringen Interesse, so die Urkunden der loth-
ringischen Herzöge Simon I. und Friedrich IL, der Metzer Bischöfe Theoderich IE,
Bertram und Gerhard, der Aebtissin Imago von St. Glossinde u.a.
In demselben Jahrgang p. 175 bringt P. Marichal einen Nachtrag zum Cata-
logue des Actes de Mathieu II, darunter eine Urkunde des Herzogs für St. Theo-
bald in Metz betr. das Patronat der Kirche von Haves. m.
Die Mémoires de l'Académie de Metz 1896—1897 (ed. 1899) enthalten
p. 61--166 einen Aufsatz von F. des Roberts über die Herrn von Saulny. Der Ver-
fasser stellt die ihm zugänglichen urkundlichen Notizen über den Ort chronologisch
zusammen; da er aber die Urkunden des Metzer Bezirksarchivs nicht eingesehen
hat, so bleibt die Arbeit lückenhaft.
Bis zum 15. Jahrhundert gehörte der Ort der Abtei S. Martin und dependierte
mit dieser vom Herzogtum Lothringen. Erst nach dem Tode des Herzogs Stanis-
laus ıst er französisch geworden.
Die Seite 83 geäusserte Ansicht, die Kirche Marie la Ronde sei schon im
Jahre 1337 mit der Kathedrale vereinigt, d. h. die Trennungsmauer sei beseitigt
gewesen, weil sie Notre-Dame la Ronde au Grand-Moulier genannt wird, ist unrichtig.
Im.
In demselben Bande p. 173 berichtet M. Auvray über Ausgrabungen, die
er in der Nähe von Chérisey vorgenommen hat. Die Fundstücke gehören
der römischen Zeit an. Erwähnenswert sind zwei Stempel »Medicuss und »Ja-
nuarius«e, ein Thongefäss, das von einer Steinkiste umschlossen war und die Reste
einer Statue.
Auvray schliesst dann weilere Notizen über zerstreute Funde von Stein-
werkzeugen und einen Bronzering, die in derselben Gegend gefunden sind, an. W,
— 393 —
Das Metzer Dombaublatt (12 und 13) p. 8 ff. bringt eine Arbeit von H. V.
Sauerland: »Erbauer und Bauzeit des vorigen romanischen Metzer
Doms«. Der Verfasser polemisiert scharf gegen Prost, der die Ansicht vertreten
hat, Theoderich I. habe die alte merowingische Kathedrale niedergelegt und den
Neubau des romanischen Hauses begonnen; Adalbero II. habe dann die Arbeit
fortgeführt, Theoderich II. aber die Kathedrale vollendet. Den Hauptanteil am
Bau misst Prost Theoderich II. zu. »Prosts Begründung ist jedoche — sagt S. —
»durchaus unhaltbar ; sie erweist sich bei näherer Prüfung als eine ganz un-
wissenschaftliche Vermittelung zwischen den Dombaunachrichten Sigeberts von
Genbloux und denen des Verfassers der Gesta epp. Melt.«
Mit diesen Vorwürfen thut S. dem Altmetzer Gelehrten entschieden Un-
recht. Gewiss ist, wie Sauerland trefflich ausführt, die Nachricht Sigeberts, der
Theoderich I. den Neubau zuschreibt, höher zu bewerten als die Notiz der Gesta,
welche das grosse Werk allein für Theoderich I. in Anspruch nehmen. Aber
Prost hat sich nicht allein auf die Gesta gestützt; er führt als schwerwiegenden
Beweis für seine Auffassung an, dass Theoderich II. an besonders ausgezeichneter
Stelle, in der Mitte des grossen Chors, seine Grabstätte gefunden und dass ein
kostbares Kreuz die wahrscheinlich!) auf ihn bezügliche Inschrift trug: Deoderi-
cus huius aedis fundator«. Weiter bemerkt er, dass ein Werk wie die romanische
Kirche nicht in einem Zeitraum von 20 Jahren — so lange regierte Theoderich 1.
— auszuführen war. Wenn dem gegenüber Sauerland bemerkt, Ausgrabungen
der letzten Jahrzehnte hätten ergeben, dass der romanische Bau »nieht so sehr
gross« gewesen sei, so irrt er. Ich habe in einem Vortrage nachgewiesen, dass
es eine dreischiffige Kirche gewesen ist und schon Prost hat festgestellt, dass sie
sich nach Westen hin bis zu den heutigen Türmen erstreckte; die Ausdehnung
nach Osten aber ist dadurch festgelegt, dass der Chor der romanischen Kirche
noch bis in das 16. Jahrhundert dem heutigen Bau in gleicher Eigenschaft
diente. Es war nach alledem ein ungemein stattliches Bauwerk, um das es sich
handelt.
Wie wenig angebracht aber der Ausdruck »unwissenschaftlich« für Prosts
Thätigkeit ist, erweist sich durch eine Notiz der Gesta episcoporum Mettensium,
auf welche zum ersten Male in diesem Jahrbuche IV, 240, hingewiesen ist. Hier-
nach ist der Dom am 27. Juni 1040 geweiht worden, also unter Theoderich Il.
Sauerland selbst giebt auf Grund dieser Bemerkung zu, dass der Weihe irgend
eine Bauthätigkeit Theoderichs II. voraufgegangen sein muss. Wir dürfen wohl
weiter sagen, es müssen recht erhebliche Bauteile gefehlt haben, wenn die
Weihe noch nicht früher hat stattfinden können. War das aber der Fall, so kann
als erwiesen gelten, dass Theoderich II. einen wesentlichen Anteil am Ausbau
des Gotteshauses hatte. Darum ist es ein müssiges und unfruchtbares Beginnen,
den einen oder den anderen Theoderich als den eigentlichen Erbauer zu feiern.
Beide haben daran gebaut; das hat Prost nachgewiesen und das muss Sauerland
zugeben. Welche Bauteile Theoderichs I. und Theoderichs II. Wirksamkeit zuzu-
schreiben sind, das wird sich vermutlich niemals mit Bestimmtheit nachweisen lassen.
I",
1) Das Kreuz hatte auf der anderen Seite die Inschrift: Deodericus praesul.
(Genau dieselbe schlichte Bezeichnung des Geschenkgebers stand aber auf dem
oewaltisen Kronleuchter, der über dem Grabe Theoderichs IL, hing.
oO
=
Der mittelalterliche Profanbau in Lothringen. In Abbildungund
kurzer Beschreibung mitgeteilt von W. Schmitz. Düsseldorf, bei
Friedrich Wolfrum.
W. Schmitz hat bei seinem Wesgange von Metz den schlimmen Eindruck,
den seine Publikation der gemalten Holzdecke hinterlassen hatte, insofern etwas
verwischt, als er uns in dem vorliegenden Werke einen wertvollen Beitrag zur loth-
ringischen Kunstgeschichte hinterlassen hat. In gut ausgeführten Zeichnungen giebt
S. die Gesamtansicht und die architektonischen Einzelheiten der wenigen noch er-
haltenen Profanbauten des 12.—16. Jahrhunderts wieder, und wie fleissig er den
Resten nachgespürt hat, ersieht man daraus, dass manches Baustück hier überhaupt
zum ersten Male veröffentlicht wird. Der Text beschränkt sich auf die notwendigsten
Erläuterungen. Es wäre wünschenswert gewesen, dass die verschiedenen Einzel-
heiten unter grösseren Gesichtspunkten zusammengestellt würden, wie das der Ver-
fasser_bei den Kaminen, Fenstern und Thüren versucht hat. Insbesondere hätte
es sich wohl ermöglichen lassen, die charakteristischen Merkmale des Metzer Bürger-
hauses einheitlich zusammenzufassen. ‘Wenn auch die innere Einteilung der alten
Häuser fast durchweg den Ansprüchen der neueren Zeit zum Opfer gefallen ist,
so hätte sich doch schon aus dem Frontalaufbau, der Fenstereinteilung etc. ein
Bild der inneren Einteilung gewinnen lassen. Aber auch das Gegebene genügt, um
dem Herausgeber den Dank der lothringischen Geschichtsforscher zu sichern.
Hervorgehoben soll noch werden, dass auch diese Publikation dem ver-
ständnisvollen Interesse des Ministeriums ihr Dasein verdankt, insofern der Ver-
fasser durch eine reiche Subvention unterstützt worden ist. Leider hat dies S. zu
erwähnen vergessen. W.
In den «Mémoires de l'académie de Stanislas» veröffentlicht Abbé Eugen
Martin eine wertvolle Studie über «Le Gouvernement de Léopold et les
évêques de Toul. Nachdem durch den westfälischen Frieden die Annexion
von Metz, Toul und Verdun durch Frankreich auch staatsrechtlich anerkannt war,
hatte der König den Anspruch erhoben, die Bischöfe, welche bis dahin von den
Kapiteln gewählt- worden waren, selbständig zu ernennen, wie ihm das seit den
Zeiten Leos X. für das Königreich zustand. Selbstverständlich trug Ludwig XIV.
dafür Sorge, dass gule Franzosen für diese wichtigen Stellungen promoviert wurden.
Nun umfasste die Diöcese von Toul den wichtigsten Teil des Herzogtums Lothringen
mit der Hauptstadt Nancy. So war es denn unausbleiblich, dass schwere Konflikte
mit der herzoglichen Regierung entstehen mussten, und da Ludwig in der Person
des Bischofs Henry de Thyard de Bissy einen von rücksichtslosem Ehrgeiz
erfüllten, streitsüchtigen Prälaten nach Toul geschickt halte, dessen oberstes
Prinzip es war, dem Einfluss Frankreichs auf die Angelegenheiten des Herzogtums
Geltung zu verschaffen, so haben diese Konllikte auch eine hoch politische Bedeutung
für die Entwickelung des Herzogtums angenommen.
Schon Beaulieu hat in seiner Geschichte des Herzogtums unter Leopold
dem Kampfe der weltlichen und geistlichen Gewalt eingehende Beachtung geschenkt,
aber erst die Monographie Martins legt die Entstehung und Entwickelung des
Konfliktes bis in ihre Fasern blos. Vor allem ist hier auch interessant der
— 395 —
wissenschaftliche Streit zwischen den Vertretern des Bistums mit denen der
lothringischen Abteien Senones, Moyen moutier, Etival, Domêvre und dem Kapitel
von St-Dié, welche ihre Unabhängigkeit von Toul zu verfechten suchten. Wir
brauchen nur die Namen der Vorkämpfer Benoit Piccard und Charles Louis Hugo
zu nennen, um auf die Bedeutung der beiderseitigen Ausführungen für die
lothringische Geschichte hinzuweisen. Es dürfte von Wert sein, das Urkunden-
material, auf welches man sich beiderseits stützte, einer diplomatischen Prüfung
zu unterwerfen. Der Verfasser, welcher in seiner Darlegung eine vornehme
Objektivität zu wahren versteht und durchaus kritisch zu Werke gegangen ist,
wird am ersten in der Lage sein, diese Untersuchung vorzunehmen. u
Metz. Documents généalogiques d'après les registres des paroisses
1561—1792 par l'abbé F.-J. Poirier. Paris 1899.
In Deutschland ist im letzten Jahrzehnt ein lebhaftes Interesse für die
alten Kirchenbücher lebendig geworden und man hat in zahlreichen Landesteilen
begonnen den Bestand dieses wichtigen Urkundenmaterials aufzunehmen. Sonder-
barerweise ist man aber im allgemeinen bei dieser äusseren Statistik, die doch
nur eine Vorarbeit sein kann, stehen geblieben. Welche Bedeutung das trockene
Material für die geschichtliche Forschung haben kann, zeigt uns Poirier im vor-
liegenden Werke. Mit unermüdlichem Fleisse und gründlichster Sorgfalt hat der
Verfasser die zahllosen Bände der Metzer Kirchenbücher durchgearbeitet und
alles daraus entnommen, was auf die Angehörigen des Adels, der Beamtenschaft,
des Klerus, der Armee und der bürgerlichen Geschlechter Bezug hat. So spiegelt
sich uns in diesem Werke die Entwicklung einer neuen Zeit, nachdem die alte
reichsstädtische Verfassung der Stadt, die wesentlich von den Paraigen repräsen-
tiert wurde, durch die Ereignisse des Jahres 1552 dahin gesunken war. Die alten
städtischen Adelsgeschlechter waren ausgestorben oder hatten das Metzer Gebiet
verlassen. Jetzt hält ein neuer Adel seinen Einzug und zahlreiche bürgerliche
Beamte werden auf Grund eines königlichen Dekrets von 1658 nach 20jähriger
Dienstzeit beim Metzer Parlament in die Adelsmatrikel eingetragen. Diese Mass-
regel ist ein Mittel gewesen, um die Bewohnerschaft auch in ihrer politischen Ge-
sinnung französisch zu machen, und so sehen wir in diesem Emporkommen eines
neuen Adels einen für die Geschichte der Stadt bedeutsamen geschichtlichen Vorgang.
Von grösstem Nutzen wird aber Poiriers Werk für genealogische Studien
sein; denn der Verfasser stellt, soweit ihm dies auf Grund seines Materials
möglich ist, den Familienzusammenhang zwischen den einzelnen Namen her. Auch
dieses schwierige Unternehmen ist ihm durch die ungemein übersichtliche Anord-
nung des Druckes auf das Beste gelungen. Auf die Resultate, welche sich des
weiteren für die Geschichte des Metzer Schulwesens ergaben, auf die zahlreichen
seschichtlichen Eintragungen, welche die Pfarrer bei wichtigen politischen Ereig-
nissen in ihre Kirchenbücher gemacht haben, weist P. in der Einleitung selbst hin.
Möchte es dem wohlthuend objektiven wissenschaftlichen Sinne des Ileraus-
sebers vergönnt sein, die ergebnisreichen Studien auch für die übrigen Kirchen-
bücher Lothringens fortzusetzen oder möge ihm wenigstens ein Nachfolger er
stehen, der mit gleicher Sorgfalt und Unermüdlichkeit dieses Werk auf sich nimmt
— 396 —
Was Poirier geschaffen, wird für die Metzer Geschichtsforschung von
z 2
Le]
dauerndem Werte bleiben. W.
Chan Heurlin. Poëme patois-messin par Brondex et Mory. Nancv,
Libr. Sidot, 1900.
Das Patois messin weicht von Jahr zu Jahr dem Hochfranzösisch oder
der deutschen Sprache. Seit dem Tode des besten Kenners, Hubert Vion, der
auch litterarisch diesen Dialekt vielfach verwertete, hat sich kein Lothringer
wieder gefunden, der mit der Kenntnis der Sprache die Fähigkeit verbunden
hätte, sie litterarisch zu handhaben. Mit um so grösserem Danke ist es zu be-
grüssen, dass die Buchhandlung Sidot in Nancy eine Neuausgabe des hervor-
ragendsten Patois-Werkes »Chan Heurlin« veranstaltet und gleichzeitig eine
hochfranzösische Uebersetzung beigegeben hat. Chan Heurlin, ein komisches,
oft äusserst derbes Bauernepos, hatte für die 5 ersten Gesänge, die 1787 er-
schienen, Albert Brondex aus Sainte-Barbe zum Verfasser, 1825 kam dann eine
Neuausgabe heraus, die in zwei weiteren Abschnitten das Gedicht zu Ende führte;
als Verfasser nannte sich der aus Metz gebürtige Didier Mory.
Es ist zu hoffen, dass das Werk in seinem neuen, äusserst vornehmen und
von V. Masson in Metz mit lustigen flotten Zeichnungen geschmückten Gewande
auch in Kreisen der Eingewanderten Freunde findet. W.
Le bibliographe moderne, Courrier international des archives et des biblio-
thèques bringt m No. 9 des Jahrgangs 1898 einen Aufsatz des Herausgebers
Archivar M. Stein über »La collection Dufresne et les archives lorraines«
Herr Stein stellt sich voll und ganz auf den Standpunkt, den wir in der Ange-
legenheit einnehmen und klar gelest haben und zweifelt nicht daran, dass die
französischen Gerichte auch in letzter Instanz die Beschlagnahme der durch Du-
fresne pere entwendeten Urkunden aufrecht erhalten werden. Interessant ist,
dass Stein das Verzeichnis, welches Archivar Duvernoy von den im Nancyer
Archiv zur Zeit in Arrest liegenden Urkunden aufgestellt hat, zum Abdruck bringt;
im wesentlichen giebt es allerdings nur die auf Toul bezüglichen und aus Toul
stammenden Stücke. w:
Als zweites Heft der »Beiträge zur Anthropologie Elsass-Lothringens« er
schien eine Arbeit vom Stabsarzt Dr. @. Brand über die Körpergrösse der
Wehrpflichtigen des Reichslandes Elsass-Lothringen.
Auf breitester Grundlage — 105561 Untersuchungen werden in Betracht ge-
zogen hat Brand die Resultate seiner Statistik tabellarisch zusammengestellt
und Professor Schwalbe hat hierzu drei treffliche Karten entworfen, welche durch
Farben und Schraflierung die Grössenverhältnisse, nach Kantonen geordnet, klar-
legen. Als Hauptergebnis glaubt Brand gefunden zu haben, dass die Grösse
weder durch Wohnort noch durch Lebensweise, sondern fast ausschliesslich durch
die Rasse bestimmt ist.
Das klingt sehr bestechend, aber nachgewiesen ist es nicht. Vor allem
hat sich Brand gar nicht genügend klar gemacht, wie die Rassen im Reichslande
a
eigentlich verteilt sind. Er beschränkt sich ganz allgemein darauf, zu sagen,
nach Westen hin nehmen die Romanen zu; die wichtigen Arbeiten Wittes aber
über die Nationalitätsgrenzen im Reichslande sind ihm entgangen. Gerade diese
hätte er der Anwendung seiner Resultate auf das zeschichtliche Werden
unseres Landes zu Grunde legen müssen. Aber wenn das auch geschehen wäre,
so hätte doch die Landesgeschichte aus seiner Arbeit keinen Gewinn ziehen
können. Die urromanischen Kantone Vernv, Delme, Vic, Pange zeigen beispiels-
weise dieselben Grössenverhältnisse wie Markolsheim, Benfeld, Andolsheim, Neu-
breisach, in denen sicher nicht ein Romane übrig geblieben ist. Das romanische
Metzer Land und Vigy haben sogar grössere Leute als die germanischen Kantone
Brumath, Bischweiler und Hagenau. Hier müssen also wohl andere Gründe für
die Grössenverhältnisse der Bewohner bestimmend sein.
Ich zweille nun gar nicht daran, dass die überaus mühsamen und wahr-
scheinlich auch exakten Tabellen für andere Forschungszweige von Bedeutung
sind, die Geschichtsforschung kann sie jedoch nicht verwerten. W.
Der verstorbene Metzer Gelehrte Auguste Prost hat der Société nationale
des antiquaires de France ein Legat von 100000 Frs. vermacht mit der Bestim-
mung, dass aus dem Zinsertrag alljährlich ein Band oder ein Fascikel mit
Quellen oder Darstellungen, die sich auf Metz beziehen, veröffentlicht werden.
Als erster Band ist das Verzeichnis des Prostschen litterarischen Nachlasses,
den er der Nationalbibliothek hat zukommen lassen, erschienen. (S. die Be-
sprechung im Jahrhuch IX, p. 348 ff). Band Il und IE enthält einen Abdruck
des Cartulaire l’abbave de Gorze aus der Metzer Stadtbibliothek. So dan-
kenswert die Wiedergabe des hochwichtigen Urkundenbuchs auch ist, man wird
doch bedauern müssen, dass sich der Bearbeiter, Herr A. d’Herbonez, auf diese
eine Urkundensammlung beschränkt und nicht ein Urkundenbuch des Klosters
Gorze veröffentlicht hat. Es lag kein Grund für ihn vor, seinem Arbeitsgebiet
so enge Grenzen zu ziehen; denn die Pariser Nationalbibliothek besitzt selbst
eine Reihe von Gorzer Originalurkunden und das Metzer Bezirksarchiv stand ihm
völlig offen. | m.
Seit langen Jahren erscheint in Nancy unter der Redaktion von Goutiere-
Vernolle eine Kunstzeitschrift »Lorraine Artiste«, die in vollem Masse verdient,
auch im deutschen Bezirke Lothringen beachtet zu werden. Die Aufsätze, welche
Goutière-Vernolle mit seinen Mitarbeitern veröffentlicht, sind in französischer und
deutscher Sprache geschrieben, und bekunden damit schon, dass es nicht nur
der französisch gebliebene Teil Lothringens ist, an dessen Bewohner sie sich
wenden. Interessant ist es vor allem, zu sehen, dass sich in Französisch-Loth-
ringen seit Jahren die Kunst in hervorragendem Masse entwickelt hat, und
dass man wohl berechtigt ist von einer spezifisch »lothringischen Kunst« zu
sprechen. Es wäre wünschenswert, wenn auch in Metz von diesem Aufschwunge
Notiz genommen würde und wir hier Gelegenheit bekämen uns durch eigene An-
schauung ein Urteil über die Werke von Gallet, Prouvet u. a. m., vor allem aber
von Friant zu bilden.
Be.
Etwas vorsichtiger dürfte der Herausgeber in der Wahl seiner historischen
Mitarbeiter sein. So veröffentlicht — es ist allerdings bisher das einzige derartige
Produkt — ein Herr Marsy einen Aufsatz über »Metz et ses champs de bataille«.
Der Verfasser mischt eine topographische Beschreibung mit geschichtlichen Notizen
und unendlich viel Phrasen. Zur Erheiterung der Leser und zur Charakteristik
der geschichtlichen Auffassung des Verfassers sei folgender Erguss hier wieder-
gegeben: L’Allemagne sans cesse par ruse ou par force tente de s’en emparer.
(se. du pays lorrain). Metz ne s'exerce, ne se développe, ne vit que pour son indé-
pendance et par sa liberté. L'Allemagne v attente toujours rapace et tyrannique ;
la France de plus en plus généreuse et cordiale la respecte et l'aime ! W.
Das Reichsland Elsass-Lothringen. Landes- und Ortsbeschreibung heraus-
gegeben vom Statistischen Bureau des Ministeriums für Elsass-Lothringen.
Das grossartig angelegte Werk ist in seiner ersten Lieferung im Verlage von
Heitz & Mündel in Strassburg erschienen und man wird sagen müssen, dass es
dem Herausgeber im vollen Masse gelungen ist, Mitarbeiter zu gewinnen, wie sie
die Bedeutung des Unternehmens verlangte. Die geographische Schilderung des
Reichslandes ist von Gerland, die meteorologischen Verhältnisse beschreibt Her-
gesell, die Geologie hat Prof. Bücking übernommen, für Flora und Fauna sind die
competentesten Bearbeiter in Graf Solms und Döderlein gefunden worden. Für
uns ist besonders interessant Cap. VI: Die Bevölkerungsverhältnisse. Professor
Schwalbe hat hier die physische Natur der Bewohner untersucht und Cap. VI:
die Sprachverhältnisse, a) im deutschen Sprachgebiete von Prof. Martin, b) im
französischen von Dr. This. Weiter enthält der Band noch einen Abschnitt über
(Gewerbe und Handel von Haug, Hertzog und Rick, über Entwickelung des Post-
und Telegraphenwesens von May und endlich über die Eisenbahnen von Föhlinger.
m
Geschichte der ehemaligen Grafschaft Saarbrücken. Nach Fr. und
Ad. Köllner neu bearbeitet und erweitert von Ruppersberg. 1. Teil. Von der
ältesten Zeit bis zur Einführung der Reformation. Saarbrücken 1899.
Wer bisher die Geschichte der mittleren Saargegend kennen lernen wollte,
war auf das 1841 erschienene Werk von Fr. Köllner: »Geschichte der Grafen und
Fürsten von Saarbrücken«, resp. auf die »Geschichte der Städte Saarbrücken und
St Johann« 1856 von Ad. Köllner, des ersteren Sohn, angewiesen. Abgesehen
davon, dass beide Werke sogar antiquarisch nicht mehr zu haben sind, genügen
sie auch den Ansprüchen, die heute an ein solches Werk gestellt werden, nicht
mehr. Ausserdem sind seitdem viele auf die genannte Gegend bezügliche Urkunden
und Aktenstücke bekannt und manche einschlägliche Arbeiten veröffentlicht worden.
Auf Anregung des hiesigen Kreisausschusses hat nun Professor Ruppersberg das
neue Werk unter Benutzung alles bekannten Materials ausgearbeitet. Dasselbe
genügt vollständig allen Anforderungen, die man an eine solche Arbeit stellen
kann. Der Zusammenhang mit der allgemeinen Geschichte ist in dem ganzen
Buche, soweit es das Verständnis der Landesgeschichte erfordert, nachgewiesen.
Der Verfasser hat nun nicht blos für Fachgelehrte, sondern für einen weiteren
Kreis geschrieben. In der Vorgeschichte werden die ältesten Bewohner des Saar-
gebietes, dann die keltische, die römische und die alemannisch-fränkische Zeit be-
handelt, sowie die kirchlichen Stiftungen. Dann folgt der erste Teil der Geschichte
der Grafschaft Saarbrücken in 3 Abschnitten: 1. Entstehung der Grafschaft und
das älteste Grafengeschlecht (1080—1274). 2: Das Haus Saarbrücken-Commercy
(1274—1381). 3. Das Haus Nassau-Saarbrücken bis zur Reformation (1381—1574).
Hier werden die einzelnen Grafen der Reihenfolge nach behandelt und was von ihnen
bekannt ist, wird mitgeteilt. Stammtafeln, Verzeichnisse der Lehensleute und Beamten
und einige Weistümer sind ihres Ortes resp. am Schlusse beigefügt, wie auch einige
Nachbildungen von Grabmälern und Siegeln. Um dies hier zu bemerken, so ist
der Druck und die ganze Ausstattung des Werkes eine vorzügliche. Besonders
aufmerksam möchte ich machen auf die sehr lichtvolle Schilderung der keltischen
und der römischen Zeit und die des Erzbischofs Adelberts I. von Mainz, eines
geborenen Grafen von Saarbrücken, wohl die beste Biographie dieses gewaltigen
Kirchenfürsten und Reichskanzlers Heinrichs V., die in so engem Rahmen von
16 Druckseiten geschrieben ist. Manchen Aufstellungen des Werkes kann ich nun
nicht zustimmen, manche müssen meines Erachtens modifiziert werden. Hier sei
nur Einiges herausgegriffen. Die früheste geistliche Stiftung der Gegend ist,
abgesehen von der noch älteren Kirche des Dorfes Bischmisheim, sicherlich das
Stift St. Arnual, dessen Anfang auf die Schenkung des Hofes Merkingen seitens
des Königs Theudebert Il (596—612) an den Metzer Bischof Arnualdus zurück-
geführt wird. Bei der Darstellung der Geschichte dieses Stiftes hat der Verfasser
aber die Nachricht, einer Metzer Urkunde von 1372, dass Arnual von Anfang an
(initialiter) der zweite Sitz des Metzer Bistums gewesen, nicht verwertet. Da nun
noch andere enge Beziehungen dieses Stifts zum Metzer Domstift sich nachweisen
lassen, ist die Annahme, dass die vom Bischof Adelbero aus St. Arnulf vertriebenen
Kleriker sich hier niedergelassen hätten, wohl nicht glaublich. Es hat den An-
schein, als ob das Stift St. Arnual eine Art Filiale des Metzer Domstifts gewesen
sei. — Grafen von Saarbrücken erscheinen zum ersten Male um 1118 in dem
Freiheitsbriefe ihres Bruders, des Erzbischofs Adalbert I. von Mainz, für die
Bürger seiner Residenz. Während nun die Saarbrücker Geschichtsschreiber Kremer
und Köllner dieselben aus dem ardennischen Geschlechte abstammen lassen, hat
Witte in diesen Jahrbüchern (Band V) versucht, sie als eine Seitenlinie der
lothringischen Herzöge elsässischer Abstammung nachzuweisen. Ruppersberg
kommt wieder auf das ardennische Geschlecht zurück,
Zweig desselben als Kremer. — Von diesem ersten Saarbrücker Grafenhause
entstammen bekanntlich die Grafen von Zweibrücken und das zweite Leiningische
Haus. Eine Tochter des ersten Saarbrücker Grafen war die zweite Frau des
Herzogs Friedrich II. von Schwaben, also die Stiefmutter von Friedrich Barba-
rossa. — Die Frage nach dem ursprünglichen Bestand der Grafschaft Saarbrücken
wirft der Verfasser gar nicht auf, konnte sie auch mit Rücksicht auf den weiteren
Leserkreis nicht behandeln. Dieselbe erfordert, wie noch einige andere, sehr
eingehende Untersuchungen, die nur Fachleute interessieren können. Soviel aber
ist als sicher anzunehmen, dass 1118 unsere Grafen erst die Burg Saarbrücken,
aber auf einen andern
nach der sie sich nannten, als Metzer Lehen besassen, nicht aber schon den Hof
Völklingen und die Wälder Quierscheidt und Warndt, wie sich leicht nachweisen
lässt. Die genannten vier Stücke bildeten als Metzer Lehen etwa von 1230 —40
an den Hauptbestandteil der Grafschaft. Von 1460 an, nicht, wie der Verfasser
— 400 —
annimmt, von 1475 an, werden dieselben einzeln in den Lehensbriefen aufgeführt,
während bis dahin in denselben nur die Rede von der Grafschaft Saarbrücken
ist. Andere Lehen und die Allode der Grafen lagen zerstreut in der Pfalz, im
Lothringischen und Trierischen. Auch war der Besitz derselben durch Heirathen,
Erbschaften und Teilungen vielfachem Wechsel unterworfen. Ich will hier nur
andeuten, dass, wenn auch nur kurze Zeit, gegen Ende des 11. Jahrhunderts
Saargemünd, Blittersdorf, Thedingen, die Herrschaft Marimont und Lindres als
Allode in den Händen unserer Grafen waren. Die Geschichte der Grafen des
zweiten Saarbrücker und des Nassauischen Hauses bietet selbst dem Kenner
weniger Anlass zu Ausstellungen, da hierbei der Verfasser sich auf noch anderes
Material als die blossen Urkunden stützen konnte und dieselbe auch schon mehr
bearbeitet vorfand. Fassen wir nun unser Urteil kurz zusammen, so müssen wir
sagen, dass Ruppersberg uns hier ein Werk seliefert hat, wie wir es für alle der
‚vielen kleinen Herrschaften unseres Landes wünschen möchten.
Saarbrücken. Jungk.
Joseph Levy, Geschichte der Stadt Saarunion seit ihrer Entstehung
bis zur Gegenwart. Vorbruck-Schirmeck bei Hostetter 1898. 490 S.
Das Werk zerfällt in 2 Hauptteile, von denen jeder mit einer grösseren
Zahl von Beilagen ausgestattet ist: eine bürgerliche Geschichte und eine religiöse
Geschichte ; erstere nimmt nur 98 Seiten, also etwa den vierten Teil des Werkes
in Anspruch, eine für die wechselreiche Geschichte der Stadt sehr geringe Zahl,
zumal noch die Hälfte nahezu mit statistisch-administrativen Notizen ausgefüllt
ist. (S. 49—89 u. S. 95—98.) Gegen Schluss des ersten Hauptteiles (S. 90) führt
Verfasser an, dass die Stadt Saarunion durch Dekret des National-Convents vom
16. Juni 1794, welches die Städte Bockenheim und Neusaarwerden, letzteres gegen-
über Bockenheim auf dem linken Saarufer gelegen, zu einem Gemeinwesen ver-
einigte, entstanden ist. Nach dem Titel des Werkes, Geschichte der Stadt Saarunion
seit ihrer Entstehung bis zur Gegenwart wäre daher zu erwarten gewesen,
dass bis zum Zeitpunkt der Vereinigung die Geschichte beider Städte gegeben
worden wäre; es wäre dies um so notwendiger gewesen, als mit dem Jahre 1527,
dem Aussterben des zweiten Geschlechtes die Grafen von Saarwerden, ein völliges
Auseinandergehen der Geschichte beider Städte sich anbahnt, da Bockenheim zu
dem vom Bistum Metz lehensabhängigen, Neusaarwerden aber zum allodialen
Besitze der genannten Grafen gehört hatte. Statt dessen giebt aber der Herr
Verfasser nur eine Geschichte der Stadt Bockenheim. Wollten wir aber nunmehr
auch das Werk nur als eine solche auflassen, also den Titel in gewissem Sinne
korrigieren, so ergiebt sich auch dieses nicht als zutreffend, da die Nicht-
berücksichtigung des einen Bestandteiles den Verfasser veranlasst hat, von dem
genannten Unterschiede zwischen Lehen und Allod völlig abzusehen, und dadurch
Ungenauigkeiten und Verwechslungen auch hinsichtlich Bockenheims allein sich
auszusetzen. Schon beim Entstehen des Erbfolgestreites im Jahre 1527 wäre der
Unterschied hervorzuheben gewesen, da die Ansprüche Lothringens doch nur
Folge der frühern Lehensabhängigkeit von Metz gewesen waren; auch hätte
hier betont werden müssen, dass neben Lothringen und Nassau-Saarbrücken
noch ein dritter Bewerber in der Person des Grafen Emrich zu Leiningen-Harten-
berg, gleichfalls infolge weiblicher Erbfolge, und also, wie Nassau-Saarbrücken,
ae
nur für das Allod in Betracht kommend, auftrat, da dessen Ansprüche noch bis
ins folgende Jahrhundert hinein das Reichskammergericht, und selbst nachher
noch den Westfälischen Friedens-Kongress beschäftigten. Eine noch folgen-
reichere Ungenauigkeit beweist aber die gedachte Nichtherücksichtigung bei Er-
örterung des Spruches des Reichskammergerichtes zu Speier vom 7. Juli 1629;
denn durch dieses Urteil wurden nicht, wie (S. 30) gesagt ist, die Grafschaft Saar-
werden, sondern nur die Metzer Lehen, nämlich Altsaarwerden, Bockenheim und
Wiebelsweiler-Hof dem Herzoge von Lothringen, die ganze übrige Grafschaft
jedoch den Grafen von Nassau-Saarbrücken zugesprochen. Das angeführte Mandat
Kaiser Ferdinand IL vom 3. August 1629 (S. 35) bezieht sich daher auch nicht
auf die rechtmässiger Weise vom Herzoge besetzt gehaltenen Orte, also nicht
auf Bockenheim, sondern auf die unrechtmässiger Weise beanspruchte übrige
Grafschaft, eingeschlossen Neusaarwerden.
Hinsichtlich des westfälischen Friedens, durch welchen der gedachte Reichs-
kammergerichts-Beschluss bestätigt wird, herrscht naturgemäss wieder die gleiche
Unklarheit; dass »unsere Gegend« im Besitz des Herzogs blieb, war durchaus
gerechtfertigt, nicht aber, dass der Herzog seinen natürlichen Sohn, den Grafen
von Vaudemont, mit der ganzen Grafschaft belehnte. Die endgültige, wirklich
durchgeführte Teilung zwischen Lothringen und Nassau-Saarbrücken in dem
mehrgedachten Sinne erfolgte 1698 durch den Frieden zu Ryswick; sie wird im
Werke nicht erwähnt; vielmehr wird die Zeit zwischen 1684 und 1791 völlig
übergangen, also auch die Regierung Stanislaus-Leszvnskis über Bockenheim, und
die im Jahre 1767 zugleich mit dem ganzen Herzogtum Lothringen erfolgte Ver-
einigung der Stadt mit Frankreich. Statt dessen führt Verfasser die Einverlei-
bung der übrigen Teile der Grafschaft Saarwerden durch Dekret vom 14. Februar
1793 als auch auf Bockenheim bezüglich an, wiewohl dieses damals schon seit
26 Jahren rechtmässig im französischen Besitze war.
Wesentlich eingehender als die bürgerliche behandelt Verfasser die reli-
giöse Geschichte, natürlich aber auch hier wieder bis 1794 nur Bockenheim be-
rücksichtigend. Diese religiöse Geschichte wird in 2 Hauptteile, die Zeit vor
dem 19. Jahrhundert und in diesem geteilt, und befasst sich in dankenswerter
Weise auch mit dem protestantischen und israelitischen Kultus sowie mit dem
Schulwesen; sie enthält eine Menge kirchengeschichtlich interessanter, auf um-
fassenden Studien gedruckter und ungedruckter Quellen beruhender Einzelheiten.
Eine völlig erschöpfende Geschichte kann aber naturgemäss durch solche nicht
gegeben werden; wir würden im Besondern allerdings mit Rücksicht auf den
ersten Teil, die bürgerliche Geschichte, es für zweckmässiger gehalten haben,
wenn Verfasser seinem Werke den Titel: »Beiträge zur Geschichte der Sladi
Saarunion« gegeben hätte; in diesem Falle würde die von anderer, allerdings
den Kernpunkt auch durchaus übersehender Seite schon beanstandete nicht völlige
Verarbeitung und Ausnutzung des vorgebrachten Materials weniger ins Gewicht
fallen, die Kritik über die immerhin sehr verdienstliche und wertvolle Zu-
sammenstellung also eine wesentlich günstigere sein können. IN.
Pierre Boyé. Stanislas Leszcezynski et le Troisième Traité de Vienne.
Paris, Berger-Levrault 1898.
Nachdem wir vor einigen Jahren durch Beaumont in die Geschichte
Lothringens unter Herzog Leopold eingeführt wurden, liegt uns jetzt ein sehr
26
2,
umfangreiches Werk über den letzten Herzog von Lothringen und Bar, den ehe-
malisen Polenkönig Stanislaus Leszezynski vor.
An der Hand zahlreicher Briefe und mit Benutzung teilweise noch nicht
herausgegebener Archivalien (Wiener Staatsarchiv) sowie der einschlägigen Lite-
ratur schildert Bové bis ins Kleinste die Geschicke Stanislaus’ und die Wechsel-
wirkung äusserer Umstände und innerer Eigenschaften, die für die Gestaltung
seines Lebens und Wirkens massgebend waren. Die überschwenglichen Lobes-
erhebungen, mit denen die Nachwelt den oft vom Unglück: verfolgten, öfter aber
vielleicht noch vom Glück begünstigten Schwiegervater Ludwig XV. überhäufte
(Stanislas le bienfaisant) weist der Verfasser entschieden zurück. Er zeigt viel-
mehr, dass Stanislaus ein Mann von mittelmässiger Begabung und mit schwan-
kendem Charakter war, der als ehemaliger Günstling Karls XII. von masslosem
Ehrgeiz getrieben, immer im richtigen Moment einflussreiche Persönlichkeiten für
sich zu interessieren verstand und dadurch die Erfüllung eines grossen Teiles
seiner oft recht ungerechtfertigten Wünsche erreichte.
Das Buch geht über die Jugendzeit Stanıslaus’ rasch hinweg und beginnt
erst mit einer eingehenden Schilderung der Verhältnisse nach dem Sturze und
Tode Karls XIL Damals wurde der Verbannte aus seiner bedrängten Lage nur
durch die Laune der Mme de Prie, der Maitresse des Herzog-Regenten von Frank-
reich gerettet, welche die Verheiratung seiner Tochter an Ludwig XV. durch-
zusetzen wusste. Nachdem nun Stanislaus wieder Verbindung mit Persönlichkeiten
sefunden hatte, an die er sich anklammern konnte, beginnen seine Bemühungen,
die Krone Polens zurück zu erlangen und dauernd in seinem Besitz zu erhalten.
Während des polnischen Erbfolgekrieges wird uns meisterhaft die zögernde,
oft gewissenlose Politik des allmächtigen Kardinals Fleury geschildert, der am
Schlusse der unendlich langwierigen Friedensunterhandlungen mit dem Kaiser die
Abtretung der Herzogtümer Lothringen und Bar für Stanislaus erreicht.
Auch jetzt noch hofft Stanislaus, der eigentlich wenig Interesse für seine
neuen Besitzungen zeigt, auf seine endliche Rückkehr nach Polen. Hr:
Robert Parisot. Le royaume de Lorraine sous les Carolingiens (843—923).
Avec deux cartes. Paris 1899. XXXI u. 820 S. gr. 80.
Das umfangreiche Buch giebt uns, unter Beschränkung auf die politischen
Verhältnisse, eine ausführliche Geschichte des karolingischen Lothringens. Die
Art der Behandlung des Stoffes lässt erkennen, dass dem Verfasser die Jahrbücher
der Deutschen Geschichte als Muster gegolten haben. So bietet denn sein Werk
für das karolingische Mittelreich Lothringen das Gegenstück von Dümmler’s
Geschichte des ostfränkischen Reiches. Ja beide Werke behandeln bei den innigen
Wechselbeziehungen der karolingischen Teilreiche, insbesondere des ostfränkischen
und des lothringischen, denselben Gegenstand, nur dass für Parisot die lothringischen
Verhältnisse, für Dümmler die ostfränkischen die Perspective abgegeben haben.
Dieser lothringische Standpunkt des Verfassers bildet denn auch eine wesent-
liche Eigenschaft des Buches. Nicht zum Mindesten liegen in ihm die Vorzüge des
Werkes begründet. Wesentlich dieser Standpunkt und ein warmes Empfinden für sein
= sa a
Lothringen und seine lothringischen Landsleute haben den Verfasser befähigt, ge-
wisse Verhältnisse des karolingischen Lothringens in entsprechender Weise zu wür-
digen. In richtiger Erkenntnis der Dinge stellt sich bei ihm, wie bisher sonst nirgends
das lothringische Mittelreich als das Hauptland der karolingischen Monarchie dar.
Durchaus zutreffend ist seine Würdigung des Vertrages von Meersen, durch den
das Reich Lothars II. ohne Rücksicht auf die Sprachgrenze und teilweise selbst
ohne Rücksicht auf Bistums- ja sogar Grafschaftsgrenzen zwischen Ost- und West-
franken hälftig aufgeteilt wurde. Auch sonst hat sein Buch der früheren Forschung
gegenüber wesentliche Fortschritte aufzuweisen. Die verschiedenen, zeitlich oft
schwer auseinanderzuhaltenden Normanneneinfälle erfahren eine ins Einzelne ge-
hende Behandlung, wie denselben unseres Wissens bisher nirgends sonst eine
ähnlich genaue zu teil geworden ist. Sehr grosse Verdienste sodann hat sich der
Verfasser um die politische Geographie des karolingischen Mittelreiches erworben,
wobei ihm sein umfassendes Studium der Urkunden und das Heranziehen der
Münzen sehr zu statten kamen. Die Geschichtsforschung hat somit allen Grund,
das Erscheinen des Parisot’schen Buches mit Freuden zu begrüssen. Dürfte es
doch nunmehr bei dem derzeitigen Stand der Quellen, die der Verfasser trotz
umfassender archivalischer Nachforschungen nach eigenem Geständnis (S. XIV)
nur um Weniges und Unwesentliches zu bereichern vermochte, in der politischen
Geschichte des karolingischen Lothringens kaum noch Fragen geben, die hier
nicht gelöst oder doch in ihrer Lösungsmöglichkeit umgrenzt sind. ABEER
Die Beziehungen der Herzöge von Lothringen zum deutschen Reiche
im 13. Jahrhundert mit Berücksichtigung der übrigen loth-
ringischen Gewalten. Von Bruno Gumlich. Halle 1898. 81 S.
Der Verfasser hat mit grossem Fleiss alle Nachrichten gesammelt, die
über die deutschlothringischen politischen Beziehungen im 13. Jahrhundert vor-
handen sind und hat es auch nicht gescheut, vielfach archivalisches Material
heranzuziehen. So bietet uns seine Schrift eine dankenswerte Ergänzung zu den
französischen Werken (die deutschen sind nicht nennenswert), die wir über die
lothringische Geschichte dieser Zeit besitzen; denn diese haben unbewusst oder
auch absichtlich gerade die deutschen Beziehungen Lothringens möglichst bei
Seite gelassen.
Es wäre vielleicht wünschenswert gewesen, wenn Gumlich einen weniger
langen Zeitraum bearbeitet hätte, dafür dann aber auf die allgemein- und inner-
politischen Fragen, von denen naturgemäss die jeweilige Gestaltung der deutschen
Beziehungen abhängen musste, mehr eingegangen wäre. m.
Der sechste Band des Strassburger Urkundenbuchs, das in Bearbeitung von
Dr. Johannes Fritz im Trübnerschen Verlag zu Strassburg 1899 erschienen ist,
enthält eine Reihe von Urkunden und Namen, die auch für die Geschichte von
Lothringen und Metz in Betracht kommen.
Die Stadt Metz steht noch in freundschaftlichen Beziehungen zu Strassburg ;
sie schiekt dorthin Kundschaft über kriegerische Gefahren, die sich in Lothringen
20*
ll:
zusammenziehen und erhält andererseits ein Hilfegesuch von Strassburg zum
Beistand gegen den Strassburger Bischof. Interessant ist vor allem, dass Strass-
burg die Aufnahme von Metz in den Rheinischen Städtebund betreibt; zum
wirklichen Beitritt ist es jedoch nicht gekommen. Dagegen hat Saarburg 1388
ein enges Bündnis mit Strassburg auf 10 Jahre geschlossen und dasselbe wiederholt
verlängert. Wenn es zunächst auffällt, dass bei einem Defensivbündnis der Einsatz des
mächtigen Strassburg der kleinen lothringischen Stadt gegenüber zu ungleich ist,
so erklärt sich doch Strassburgs Verhalten aus dem Wunsche, sich mit der Freund-
schaft Saarburgs den wichtigen Übergang über die Vogesen zu sichern. Auch
sonst werden zahlreiche Korrespondenzen zwischen den beiden Städten mitgeteilt,
die auf das deutlichste bekunden, wie Saarburgs Beziehungen durchaus nach dem
stammesgleichen Elsass gehen. Auch die Beziehungen zum Herzogtum Lothringen,
die allerdings meist feindlicher Art sind, desgleichen zur Grafschaft Saarwerden,
zu den Herrn von Rixingen u. a. werden vielfach gestreift. W.
Joseph Knepper, Nationaler Gedanke und Kaiseridee bei den Elsässer
Humanisten. Ein Beitrag zur Geschichte des Deutschtums und der poli-
tischen Ideen im Reichslande. (Erläuterungen und Ergänzungen zu Janssens
Geschichte des deutschen Volkes, herausgegeben von Ludwig Pastor. I. Band,
2. u. 3. Heft; Freiburg 1. B. Herder 1898.)
Im Allgemeinen ist man gewohnt, in den Humanisten des 15. und 16.
Jahrhunderts nur begeisterte Schwärmer des Altertums, Bewunderer der Griechen
und Römer zu erblicken, die auf ihre eigene 7 it, auf deutsche Sprache und Sitte
mit Verachtung herabsahen. Um so mehr ist es daher zu begrüssen, dass der
Verfasser des obigen Buches uns ein anderes Bild vorführt. Er will, wie er selbst
sagt, eine der eigenartigsten und wohlthuendsten Erscheinungen der humanistischen
Bewegung des Elsasses einem grösseren Kreise von Gebildeten näher bringen,
und diesen seinen Zweck hat er völlig erreicht. Er führt uns »eine Schaar wackerer
Männer vor, die in einer trüben, bangen Zeit das Panier des Deutschtums im Elsass
hochgehalten, die für den nationalen Gedanken mutig und unverzagt gekämpft
haben mit allen ihnen zu Gebote stehenden Waffen«, und wir können ihm nur
völlig beipflichten, wenn er sagt, dass diese Männer einen berechtigten Anspruch
darauf haben, noch jetzt von jedem gebildeten Deutschen beachtet und gewürdigt
zu werden.
Die Schlettstädter Humanisten (im weitesten Sinne Germanen), ein Jacob
Wimpfeling, Thomas Wolf, Thomas Murner, Hieronymus Gebwiler, Beatus Rhe-
nanus, Jacob Spiegel u. a. nehmen einen besonderen Ehrenplatz in der Geschichte
der deutschen Wissenschaft ein, und was uns diese Leute besonders interessant
macht, ist die glühende Begeisterung für deutsches Wesen, die rührende Vater-
landsliebe, die sich in ihren Worten ausspricht; sie sind die wahren Verfechter
des Deutschtums in einer Zeit, die nicht zu den glänzendsten unserer Geschichte
gehört, und in einem Lande, das leider heut zu Tage verschiedentlich anderen
Ansichten huldigt. Schon damals schielte Frankreich nach der Rheingrenze, und
die Furcht, von dem westlichen Nachbarn vom Reiche losgerissen zu werden,
war nicht ganz unberechtigt, wie die späteren Ereignisse bewiesen haben. So
griffen denn die elsässischen Humanisten zur Feder, um ihr gutes Recht, ihr
Deutschtum zu verteidigen und den welschen Gelüsten entgegen zu treten.
— 405° —
Der Verfasser hat es sich nun zur Aufgabe gemacht, den nationalen Ge-
danken und die Kaiseridee bei den elsässischen Humanisten uns vorzuführen und
hat damit ein Thema berührt, das noch einer weiteren und tieferen Bearbeitung
wert wäre. Er selbst bietet uns mehr eine Stoffsammlung, indem er aus den
Schriften der Humanisten auszieht, was sich über Vaterland, Kaisertum u. a. bei
ihnen findet, ohne es genauer zu zergliedern und auf seine (Quellen zurückzuführen.
Und doch wäre es wohl gerade hier am Platze gewesen, auf die Beweggründe
näher einzugehen und zu zeigen, wie die Liebe zur heimischen Scholle, die stets
bei den Elsässern hoch entwickelt war, die natürliche Abneigung gegen welsches
Wesen und Sprache, und die Furcht, gewaltsam dem deutschen Reiche ent-
fremdet zu werden, auf sie eingewirkt. Gewiss waren sie gute Deutsche, aber in
erster Linie doch elsässische Partikularisten, die bei einer Angliederung an Frank-
reich für ihr eigenes Volkstum fürchten mussten; auf diesen Punkt hätte meines
Erachtens der Verfasser grösseren Nachdruck legen sollen. Zu bedenken ist
ferner, dass fast sämtliche Humanisten sich der phrasenreichen. übertreibenden
lateinischen Sprache bedienten, und so mag manches in ihren Schriften, wie die
widerlichen Lobhudeleien Maximilians, die Vergleiche dieses doch nur höchst
mittelmässigen Herrschers mit den grössten Helden des klassischen Alter-
tums und der deutschen Vorzeit, dem ciceronianischen Latein zuzuschreiben
sein, ohne dass wir deshalb den Schriftstellern gleich feilen Byzantinismus vor-
zuwerfen hätten.
Doch der Verfasser des überaus fleissig gearbeiteten und lehrreichen Buches
hat es selbst nicht beabsichtigt, sein Thema systematisch zu ordnen und zu zer-
gliedern. Ihm kommt es eben nur darauf an, einen Beitrag zur Geschichte des
Deutschtums und der politischen Ideen im Reichslande zu liefern, auf dessen
Ergebnissen andere weiter bauen können, und diesen Zweck erfüllt das Buch
völlig. Die bedeutendsten und wichtigsten Stellen aus den Werken der elsässischen
Humanisten hebt er heraus, soweit sie Deutschtum und Kaisertum betreffen. Er lässt
eben seine Quellen reden, ohne sich selbst mit seinen eigenen Gedanken und
Ansichten vorzudrängen, und dadurch erhält das Werk eine gewisse natürliche
Frische, wenn auch die Einheit des Stils darunter leiden muss. Möge der Ver-
fasser uns bald mit einem grösseren systematischen Werke über das Deutschtum
der elsässischen Humanisten beschenken!
Wenngleich nun diese in erster Linie auf ihr engeres Vaterland Bezug
nehmen, das Elsass stets im Vordergrund der Betrachtung steht, so wird doch
auch Lothringen nicht ganz vergessen. Gebwiler vor allen sucht lang und breit
zu beweisen, dass letzteres ein echt deutsches Land sei. Er untersucht deshalb
die wechselnden Geschicke unserer Heimat von den Zeiten Ludwigs des Frommen
und Lothars an und hebt immer wieder hervor, dass Lothringen dem deutschen
Reiche gehöre und keinem andern. Er erinnert ausdrücklich an die kaiserliche
Jurisdiktion über Metz, Toul und Verdun, betont, dass die Metzer noch immer
jährliche Abgaben an die kaiserliche Kasse zahlen und dass Kaiser Karl IV. nicht
nur in Metz die goldene Bulle erlassen, sondern auch dort die (Grafschaft Bar
zur Markgrafschaft erhoben habe. — Möge das Werk vor allen in Elsass-Lothringen
fleissig gelesen werden und dazu beitragen, dass der deutsche Gedanke wieder bei
uns so lebendig werde, als bei den alten elsässischen Humanisten. Grimme,
— 406 —
Die Geschichte der Alamannen als Gaugeschichte« von Julius Cramer.
Breslau 1899. Heft 57 der Untersuchungen zur deutschen Staats- und
Rechtsgeschichte (Herausgeber Dr. Gierke, Berlin).
Der Verfasser beabsichtigt, wie der Titel sagt, eine Geschichte der Aus-
breitung nicht nur des ganzen Alamannenvolkes, sondern auch der Bildung und
territorialen Veränderungen der einzelnen Gaue von den Zeiten der ersten Nieder-
lassung der Alamannen im Süden an zu geben. Mit grossem Fleisse hat er dabei
die alte und neue einschlägige Litteratur durchforscht und verarbeitet.
Sehr ausführliche Auszüge aus Ammianus Marcellinus, Procop und anderen
alten Autoren dürften besonders den Geschichtsfreund erfreuen: dem Historiker
bringen sie natürlich nichts Neues, abgesehen davon, dass bisweilen eine Quelle
mit der anderen verglichen, eine durch die andere erläutert oder ergänzt wird.
Ob die_so ausführlichen Schilderungen von Schlachten, wie die bei Strass-
burg (357) und andere, in einer Arbeit, wie die vorliegende, notwendig. waren,
darüber wird man verschieden urteilen, je nachdem man die Bezeichnung »Ge-
schichte der Alamannen« sich eben zurecht legt. Soviel geht eben doch aus dem
Ganzen hervor, dass weniger eine politische als eine Siedelungs-Geschichte beabsich-
tigt war. In diesem Sinne wird denn auch das allmähliche Fortschreiten der ala-
mannischen und juthungischen Niederlassungen, namentlich auch auf dem linken
Rheinufer, an der Hand der Quellen, soweit diese zureichen, beschrieben, auch
die Grenze zwischen Alamannen im engeren Sinne und Juthungen-Schwaben zu
ziehen versucht.
Wo die (Quellen uns im Stiche lassen, sucht der Verfasser dieselben zu er-
gänzen, indem er hilfsweise andere »Urkunden« zu Rate zieht, nämlich die
Ortsnamen. Darin hat er nun gewiss an sich sehr recht gethan. Die Ortsnamen sind
ohne Zweifel eines der geeignetsten Mittel, solche Lücken nach Möglichkeit auszu-
füllen. Leider hat es aber der Verfasser mit recht zweifelhaftem Nutzen für seine
Untersuchung angewandt. Auf Grund der Ortsnamen nimmt der Verfasser an,
dass die Alamannen colonisierend Lothringen in der Gegend der Saar und Mosel,
ferner Luxemburg, ja Limburg bis in die Gegend von Mastricht, besetzt haben,
dass sie in der ganzen Rheinprovinz bis Jülich und Köln sassen, »zerstreut,
zwischen Maas und Mosel mit ripuarischen, zwischen Mosel und Rhein mit
chattischen Franken«. (S. 188. 252.)
Und worauf gründet sich diese Ansicht von einer so ungeheuren Ausdehnung
alamannischer Siedlungen und von einem innerlich so ganz unwahrscheinlichen
Durcheinanderwohnen von Alamannen und Franken, nicht in abhängiger, sondern
in gleichberechtigter Stellung ?
Hier ist die Molivierung: »Arnold erklärt für alamannisch die Endungen
ingen, weiler, hofen, ach, brunn, beuren, stätten; für fränkisch heim, bach,
dorf, hausen, scheid« (S. 249). Esist wahr, so schrieb Arnold vor fünf und zwanzig
Jahren, (vgl. Ansiedlungen und Wanderungen deutscher Stämme, Marburg 1875), und
er sagtnoch: die ingen sind minder entscheidend, weil sie den Alamannen nicht
ausschliesslich eigen sind; dagegen ist weiler untrüglich, weil es bei
keinem andern deutschen Stamm vorkommt, bei Alamannen aber unendlich oft.
Nun müsste es doch an und für sich schon bedenklich erscheinen, nach so langer
Zeitohne Weiteres auf der Aufstellung emesGelehrten, selbst vom Rule Arnolds, weiter-
zubauen, Bei einiger Prüfung hätte aber der Verfasser gefunden, dass das untrüg-
— Fl
liche weiler längst von Gröber und andern Romanisten als ächt romanisch betrachtet
wird. Heyne in seinem Wörterbuch der deutschen Sprache schreibt einfach:
weiler kommt von romanisch villare ; dasselbe sagt Kluge in seinem ethymologischen
Wörterbuch Damit erklärt sich die Begrenzung des Vorkommens von weiler im
Allgemeinen diesseits des limes, namentlich auch in der Rheinprovinz, ungezwungen
ohne alamannische Einwirkung, die ja doch für alle villers und villare nicht
angenommen werden kann; und damit war dann gegen die »ingen« die von
Arnold selbst nahegelegte Vorsicht geboten.
Aber der Verfasser wusste auch, dass neuerdings mit ziemlichem Erfolg
in die Arnold’schen Theorien Bresche gelegt worden war, er kannte ja Wellers
Schrift »Die Besiedlung des Alamannenlandes«, Stuttgart 1898, ebenso auch
Schiber, »Die fränkischen und alamannischen Siedlungen in Gallien ete.,« Strass-
burg 1894. Das gruppenweise Auftreten der heim, das der Verfasser betont (S. 253),
das Fehlen des alamannischen ingen im Stammlande am rechten Rheinufer, die
Erklärung, dass die ingen, wenn vorhanden, so vor dem fränkischen heim ver-
schwinden mussten (u. a. b. S. 254), das Alles konnte der Verfasser in letzterer
Arbeit erörtert finden und es ist schwer zu erklären, warum er über diese Unter-
suchung, die er anführt, ohne einen Versuch der Widerlegung hinweggeht, wenn
man nicht annimmt, dass er die beiden flüchtig erwähnten Arbeiten von Schiber
und Witte erst etwas spät, nachdem das Buch schon ziemlich fertig war, kennen
lernte, so dass sie ihm höchstens das Konzept zu stören drohten, und er nun
allenfalls das daraus verwertete, was in seimschon abgeschlossenes System passte.
Aber abgesehen davon, die Landeskunde schwäbisch-alamannischer Gegenden
musste ihm doch schon einiges Misstrauen gegen die unbedingte Richtigkeit der
Arnold’schen Sätze erregen. Wenn hausen fränkisch ist, wie kommt es, dass diese
Endung über das ganze Baden ziemlich gleichmässig verteilt, im Süden (besonders
bei Ueberlingen) häufiger ist, als im fränkischen Teile; dass Thurgau und ein
Teil von Zürich so zahlreiche hausen und ersterer fast keine hofen aufweisen?
Ebenso ist das »fränkische« bach über Baden vollkommen gleichmässig
verteilt, natürlich ist es als ein »Ortsname der Was:erscheiden< in gebirgigen
Gegenden am häufigsten. Auch das »fränkische< dorf hätte der Verfasser am
häufigsten in der Nähe des Bodensees gefunden und bei näherem Nachforschen
dann ermitteln können, dass es für den in und nach der Karolingerzeit germanisierten
Osten so recht charakteristisch ist, im alten Salier-Lande aber fast ganz fehlt.
Indessen, solche Untersuchungen lagen dem Verfasser ferne, wie denn die
»Ortsnamenforschung«,resp. dieWürdigung der Ergebnisse derselben seine schwächste
Seite zu sein scheinen. Dies erhellt aus seiner, an längst verschwundene Zeiten ge-
mahnenden Art und Weise, aus den Ortsnamen überall! das Vorkommen der ihn beson-
ders interessierenden Stämme herauszulesen. Da lag in der Gegend von Besançon
zur Merowinger Zeit in den Bergen ein Bezirk »Seudingum«. Der Verfasser sieht da
nun Alamannen (S. 203) wohl ohne zwingenden Grund. Denn die Gegend wurde
jedenfalls sehr bald Gebiet der Burgunder, und auch sie haben zahlreiche O.-N.
auf ingen hinterlassen (schon Gröber wies darauf hin). Seudilio aber ist der Name
eines Burgunders, dessen Grabstein (v. 487) zu Briord gefunden wurde. (Binding,
Geschichte des burg.-roman. Königreichs S. 397.) Es lag mir daran, dies hervor-
zuheben — ein Vorwurf soll dem Herrn Verfasser aus seiner abweichenden An-
sicht natürlich nicht gemacht werden,
Ba
Anders liegt die Sache schon, wenn er S. 243 Schwabing bei München als
eine suevische Siedlung betrachtet, Riezler, glaub ich, und andere verweisen schon
auf den Personennamen Suabo, dessen Koseform Suabilo augenscheinlich in
Schwablishausen und Schwabelwies steckt. Dennoch wird auch letzteres (bei
Regensburg) samt 5 anderen Ortsnamen aus der Oberpfalz, werden ferner
Schwabmünchen, Schwabelsberg, Schwab-Ecg, Schwabmühlhausen aus der bair.
Provinz Schwaben, wo doch alles voll Suaven war und daher die Bezeichnung
»schwäbisch« ganz unpractisch wäre, als Orte herangezogen, deren Namen eine
»Schwabensiedlung« bezeichnen. Ja der Verfasser schreckt nicht davor zurück,
ähnlich benannte Orte in Coburg-Gotha, Weimar-Eisenach, Hessen, Sachsen,
Preussen und Mecklenburg-Schwerin als beweiskräftig für schwäbische Siedlung,
wie es wenigstens den Anschein hat, heranzuziehen. Vergl. S. 244. Aber noch
bedenklicher ist die Methode, nach der der Verfasser allenthalben Reste von
Lentiensischen Colonien entdeckt. Lentenach = Lentieny im Canton Freiburg,
dessen deutsche und romanische Form sofort den alten gallo-römischen Orts-
namen — Personennamen mit angehängtem acum -— zeigt (wahrscheinlich Lun-
diniacum, man müsste aber die älteste urkundliche Form prüfen können) ist
ihm eine lentiensische Siedlung, ebenso Lens, deutsch Leis im Wallis, und
die Lenzerhaide hinter Chur hat ihren Namen von demselben Volksstamm.
(S. 209.) Aber noch mehr: Der Lenzweilerhof bei Forbach, Linzersmatt bei Geb-
weiler, Lenzen bei Altötting, die Lenzenmühle bei Rosenheim (Alt-Bavern), Lenzen-
haus, Lenzenbrunn, Lenzenmühle in Mittel-, Unter- und Oberfranken werden ohne
Bedenken als Orte »lenzischen Namens« bezeichnet. Warum nicht auch Lenzen-
hof bei Riga? Sieht der Verfasser nicht, dass er zuviel beweist ?
Ist nicht Lanzo ein bekannter germanischer Personenname, der sich zu
Landfried, Landolt etc. verhält, wie Gunzo zu Gunomar, Guntobald ete. Die
bair. Orte Lenzmünle und ähnliche dürften sogar von dem bekannten bair.
»Lenz«, »Lenzl« für Lorenz herkommen — nun, es sind eben die verschiedensten
Ableitungen für alle citierten Orte denkbar, die von Fall zu Fall zu erörtern
wären, nur meistens nicht die von Lentienses, am wenigsten mit dem Anspruch
auf sichere Ableitung, die nur allenfalls für Lenzburg und namentlich für Linz
bei Pfullendorf zutreffen dürfte. Es ist mir leid, diese Ausstellungen an einer
so fleissigen und gewiss nicht unverdienstlichen Arbeit hervorheben zu müssen,
aber unwidersprochen sind solche Leistungen zu sehr geeignet, entweder den
Leser mit falschen Vorstellungen zu erfüllen oder aber die Ortsnamenforschung
zu discreditieren.
Im Uebrigen wird ja die Arbeit von vielen mit Interesse und Nutzen ge-
lesen werden, da das Meiste durchaus nicht auf toponomastische Untersuchung
begründet ist. ch.
Karl Weller »Besiedlung des Alamannen-Landes«, Sonderabdruck aus den
Württembergischen Vierteljahrsheften für Landesgeschichte, Neue Folge VIT.
Der kurze Raum von 50 Seiten genügt dem Verfasser, eine treffliche
sedrängte Uebersicht über den neuesten Stand der Siedlungsgeschichte zu geben.
Im Allgemeinen scheint er von den sich bekämpfenden Ansichten mit gutem Blicke
— 409 —
die empfehlenswertere »probableres herausgegriffen zu haben, in anderen Fällen
verhält er sich vorsichtig referierend, und überlässt dem Leser, in den angezogenen
Büchern sich des Näheren zu unterrichten, so z. B. hinsichtlich des Widerspruches,
den die Ansicht Maurers über die urgermanischen Markgenossenschaften von
‘englischer und französischer Seite erfahren hat.
Der Ansicht ist aber auch der Verfasser, dass die ältesten Ansiedlungen der
Alamannen im Zehntland einen genossenschaftlichen Charakter hatten, dass die
Ansiedlungen der Stämme nach Gauen und Untergauen (Hundertschafter) und zu-
letzt nach Sippen erfolgten, entsprechend der Heeresverfassung des streitbaren
kolonisierenden Stammes; in dieser Hinsicht folgt der Verfasser rückhaltslos den
Bahnen, die ich in meiner Untersuchung über »fränkische und alamannische Sied-
lungen in Gallien« eingeschlagen habe. Auch darin stimmt er mit dieser Arbeit
überein, dass die Ortsnamen auf ingen der Ausdruck dieser Sippensiedlungen
und keineswegs als charakteristisch für alamannische Siedlungen anzusehen sind;
dass ein Vordringen von Alamannen in die Gegend von Jülich oder Köln nur auf
einem Raub- oder Heereszug denkbar sei, dass die Sippensiedlungen sich auch
bei andern als alemann. Völkern, so bei Franken, Longobarden, in Brittanien
durch Gründung von Ortsnamen dieser Bildung kennzeichnet.
Dagegen ist der Verfasser, der namentlich auch die wirthschaftsgeschicht-
lichen Arbeiten mit sorgsamen Blicke verfolgt hat, der Meinung, dass die Orts-
namen auf heim von denen auf ingen nicht zu unterscheiden, namentlich nicht
als Herrensiedlungen aufzufassen seien.
Seine Begründung dieses Widerspruchs gegen die betreffenden Ansichten
des oben zitierten Buches ist zum Teil wenig beweisend, wir meinen besonders
den Hinweis auf die Form ingheim. Schon Förstemann zweifelte, ob ingaheim
die Siedlung der ingen, einer Sippe, oder die Siedluug eines Einzelnen bedeute,
wobei statt des Genitivs die adjektivische Form ing dem Personennamen ange-
hängt wurde.
Er hat sich für die letztere Alternative entschieden. In manchen Fällen,
vielleicht in vielen, ist diese Annahme sicher richtig. In einzelnen Fällen liefert
Förstemann den überzeugenden Beweis, dass der Name nie diese Deutung zu-
lasse. Immerhin mag in vielen andern Fällen inga die Bedeutung eines Gen.
pluralis haben.
Eine dritte Möglichkeit bleibt bestehen — es könnte ja, wenn heim nicht dorf,
sondern unbedingt Dorf leibeigenen Bauern bedeutete, wie wenigstens Seebohm
behauptet, auch ein ingen das in Unfreiheit gerieth, und «das geschah früh und
ausserordentlich häufig in gewissen Gegenden, ingaheim geheissen worden sein,
wenigstens in den Urkunden. In der That heissen manche Orte in Südwest-
deutschland, die urkundlich ingaheim, incheim lauten, jetzt wieder (?) ingen
schlechtwesg.
Der Versuch Wellers, die »heim« in Baden und Elsass als Gründungen wirt-
schaftlich fortgeschrittener Alamannen zu deuten (a. a. 0. S. 32. 33) ist auch
nicht sehr glücklich, denn die Besiedlung Helvetiens, wo ingen vorherrscht, geschah
ja viel später als die der rechtsrheinischen Rheinebene.
Bezüglich der weiler vertritt Weller die jetzt vorherrschende Ansicht roma-
nischen Ursprungs, wenigstens des Wortes, und da er die Alamannentheorie für
ee
den deutschen N.-W. verwirft, so hat er keinen Anlass jene weiler der Rhein-
provinz den Alamannen zuzusprechen. Auch die Spuren dichterer romanischer
Bevölkerung am Bodensee werden gestreift; nur die Schweiz, namentlich die
(Grenzen der alamannischen und burgundischen Siedlung dorten, scheint mir zu
wenig berücksichtigt. Jedenfalls kann die kleine Schrift, die so vieles Wichtige
und Ansprechende in knapper, aber klarer Sprache enthält, Freunden der Sied-
lungsgeschichte nur bestens empfohlen werden. Sch.
Emil Erbrich, Lieder aus dem Metzer Lande. Französische Volkslieder ver-
deutscht. Metz, Even. 1893.
— Metzer Bilder und Lieder. Metz, Scriba. 1899.
Ueber den poetischen Wert beider Sammlungen ein Urteil zu fällen, ist
hier nicht unsere Aufgabe, und wir können um so eher darauf verzichten, als
alle Kundigen längst darüber einig sind. Wenn wir dennoch die Bändchen einer
Besprechung unterziehen, so reizt uns besonders der Inhalt, der für uns von
grossem Interesse ist. Gerade heute, wo man mit Vorliebe die Kulturgeschichte
behandelt, wo man den Pulsschlag des Volkes zu fühlen sucht, auf Sitten und Gebräuche
ein so grosses (Gewicht legt, ist es sicherlich ein nur lebhaft zu begrüssendes
Unternehmen, auch den Klängen des Volkslieds zu lauschen, um so mehr in
unseren Gegenden, die Jahrhunderte lang dem Deutschtum entfremdet waren und
stets dem französischen Sprachgebiete angehört haben. — Erbrich bietet uns in
seinen »Liedern aus dem Metzer Lande« eine freie Uebertragung und Nach-
bildung altlothringischer Volkslieder, die in den 60er Jahren im Auftrage der
französischen Regierung gesammelt und vom Comte de Puymaigre herausgegeben
wurden. Das Werk ist nicht nur selten geworden, sondern auch dem grossen
Publikum ziemlich unverständlich, da ein Teil der Lieder im Metzer Dialekt ab-
gefasst ist. Um so lebhafter ist Erbrichs Werkchen zu begrüssen, das uns einen
tiefen Blick thun lässt in die lothringische Volksseele. Und merkwürdig: wie viel
deutsches Sinnen und Minnen, Fühlen und Denken klingt uns aus diesen Liedern
entgegen; ist es doch, als schlügen die Laute des deutschen Volksliedes an unser
Ohr, wenn wir lesen von Scheiden und Meiden und Wiedersehn, von ewiger
Liebe oder Untreue u. s. w. Bietet nicht das Gedicht »Treue Liebes den gleichen
Inhalt als das deutsche von den zwei Königskindern, die einander so lieb hatten ?
Wie muten uns nicht die Wanderlieder an! Das ist echt deutsches Fühlen, und
diese Gedichte zeigen besser, als dickleibige Geschichtswerke, wie sehr auch auf
die französisch sprechende Bevölkerung Lothringens das Deutschtum eingewirkt
hat und dass diese Wirkung noch angedauert hat, selbst als die politische Zu-
sehörigkeil zum Deutschen Reiche längst der Geschichte angehörte. Besonders
interessant sind die sogenannten Trimazos oder Mailieder, die dem Metzer Lande
eigentümlich waren; um so mehr ist es zu bedauern, dass sie jetzt fast völlig
verschwunden sind.
Haben nun die Lieder aus dem Metzer Lande vor allem kulturgeschicht-
lichen Wert, so liegt der Schwerpunkt der »Metzer Bilder und Lieder« mehr auf
— 411 —
dem Gebiete der eigentlichen Geschichte. Die Absicht des Dichters war, hervor-
ragende Freignisse aus der wechselvollen Vergangenheit des Metzer Landes
poetisch darzustellen, und so führt er uns denn mit sicherer Hand durch eine
Reihe von Jahrhunderten. Wir sehen den hehren Glaubensboten St. Clemens auf
der Höhe von Dornot im Gebete, lernen die Gräuel der Normannenzüge kennen,
bewundern die Nächstenliebe des Bischofs Peter und freuen uns über das schöne
poetische Denkmal, welches Erbrich dem biedern, schlichten Bäcker Harelle ge-
setzt hat, um so mehr, als die Inschrift am Römerthor, die einst seine That ver-
kündete, leider der Thorerbreiterung zum Opfer gefallen ist. Aber nicht nur im
das graue Altertum und Mittelalter versetzt uns der Dichter, auch die Geschichte
der Stadt Metz in neuerer Zeit hat er nicht vergessen. Der Besuch unseres
Heldenkaisers im Mai 1877, die Eröffnung des Wilhelm-Viktoriastifts in Kurzel,
die Gedenktage der grossen Schlachten um Metz, sie werden besungen und ver-
herrlicht. Dass auch in dieser Sammlung einige Trimazos als speziell Metzer
Landesgesänge Aufnahme gefunden haben, ist nur zu loben. So bietet uns also
das Werk im dichterischen Gewande eine willkommene Ergänzung und Be-
reicherung der historischen Schriften über Metz und Umgegend, und wir wollen
wünschen, dass es von allen Freunden vaterländischer Geschichte nicht nur ge-
schätzt, sondern auch eifrig gelesen werde. Grimme,
2.
BERIELER
über die Thätigkeit der Gesellschaft für lothringische Geschichte und
Altertumskunde
vom 1. April 1899 bis 1. April 19001).
Geschenke
erhielt die Gesellschaft vom 1. April 1898 bis 1. April 1900 von
nachfolgend genannten Herren:
Direktor a. D. Box, Fortsetzung seines Werkes: »Le pays de la Sarre«.
Dr. wen. Ersst als Vorsitzender des Aufsichtsrats der Aktienbrauerei
S. NıcoLAus zu Niederjeutz (S. 374, 378).
Baurat KeLLer in Metz (S. 374).
Rentner SCHLossEr in Drulingen (S. 375).
Apotheker SzaArransky in Metz (S. 375).
Notar WELTER in Lörchingen (S. 377).
Kreisbauinspektor Rverr in Chäteau-Salins (S. 377).
Pfarrer Cozeus in Altrip (S. 377).
Symphorian WELTER in Redingen (S. 378).
Baurat Morrock in Diedenhofen (S. 378, 382).
STUD. CHEM. LupewiG in Metz (S. 378).
Erzpriester DEerrÈs in Metz (S. 379, 380). |
Bezirkspräsident FREIHERR VON HAMMERSTEIN (S. 380).
Garnisonbauinspektor Frouu in Metz (S. 381, 383).
Baurat KnirrerscHeID in Metz (S. 382).
\ittmeister a. D. Rennen in Oberhomburg (5. 382).
Förster REICHELT zu Enchenberg (S. 383).
Pfarrer Perır zu Augny (S. 383). |
Ingenieur Hvper zu Diedenhofen-Frankenthal (S. 383).
Ihnen Allen sei auch an dieser Stelle der verbindlichste Dank für diese
reichen Zuwendungen ausgesprochen.
Vorstandssitzung am Donnerstag, dem 6. April 1899, nachmittags 4 Uhr
im Bezirkspräsidium.
Anwesend der Vorsitzende, von Daacke, Grimme, Keune, Kaufmann, Paulus,
Welter, Wichmann, Wolfram.
Der Schatzmeister von Daacke legt die Rechnung für 1898-99 und den
Haushaltungsplan für 1899-1900 vor. Der Voranschlag wird in folgender Form
vom Vorstande genehmigt:
Voranschlag
der Gesellschaft für lothringische Geschichte und Altertumskunde
für 1899-1900.
Einnahmen:
Titel I. Veremsbeiträpe a. ne MRC Ba
LES Beibänlten: SN N)
III. Beihülfe zur Herausgabe lothring. Geschichtsquellen 3300 »
IV Sonstiee. Einnahmen Sl
Zusammen . . . . 9300 #.
1) Die französische Uebersetzung hat Herr Archivsekretär und Mitglied
der Gesellschaft Christiany freundlichst übernommen.
Ian
Compte-rendu
des travaux de la Société d'histoire et d'archéologie lorraine
du 1 avrıl 1899 au de avril 1900):
Des cadeaux
ont été donnés à la Société, du 1er avril 1898 au 19 avril 1899, par les personnes
ci-après dénommées :
MM. Box, directeur e. d., suite de son ouvrage «Le pays de la Sarre ».
Dr. Ernst, médecin, comme président ‘du conseil de surveillance de
la brasserie par actions St-Nicolas à Basse-Yutz (p. 374, 378).
KELLER, conseiller d'architecture, à Metz (p. 374).
SCHLOSSER, rentier, à Drulingen (p. 375).
SZAFRANSKY, pharmacien, à Metz (p. 30).
WELTER, notaire, Lürchingen (p. 377).
RUEFF, inspecteur des travaux publics d'arrondissement à Château-
Salins {p. 377). .
CozBus, curé, à Altrip (p. 377).
WELTER, Symphorien, à Rédingen (p. 378).
Morrock, conseiller d'architecture, à Diedenhofen (p. 378, 382).
stud. chem. Lupewic, à Metz (p. 378).
DELLES, archiprêtre, à Metz (p. 379, 380).
BARON DE HAMMERSTEIN, president de la Lorraine (D. 380).
From, inspecteur des travaux publics de la garnison, à Metz (p. 381, 383).
KNITTERSGHEUD, conseiller d'architecture, à Metz (p. 382).
RENNEN, capitaine de cavalerie en retraite, à Oberhomburg (p. 382).
REICHELT, garde-forestier, à Enchenberg (p. 383).
PETIT, curé; à Augny (p. 383).
Huser, ingénieur à Diedenhofen-Frankenthal (p. 383).
À toutes ces personnes nous expriinons également à cet endroit nos meil-
leurs remerciements pour leurs précieux dons.
Séance du Bureau le jeudi, 6 avril 1900, à 4 heures de l'après-midi,
a l'hôtel de la Présidence.
Sont présents: MM. le Président, de Daacke, Wichmann, Grimme, Keune,
Kaufmann, Paulus, Welter et Wolfram.
M. de Daacke, trésorier, présente les comptes de l'exercice 1898-99, ainsi
que le projet de budget pour l’exercice 1899-1900. Le projet est approuvé ainsi
qu'il suit:
PROJET DE BUDGET
de la Société d'histoire et d'archéologie lorraine
pour l'exercice 1899-1900.
Recettes :
IMiremlelousationss ME CU. . LL: , 3200 #
» Il. Subventions . . 2.222000
» III. Subvention pour la public ation de sources concer-
nant l'histoiretde larkorraine, nn 3 "3300:
Be VERReFeltes-divensest 2, CE A. "d'un BUNTES
Total des recettes . . ,. 9300 Mk.
) Traduction due à l’obligeance de M. Christiany, secretaire aux archives
départementales, membre de la Société.
ae
Ausgaben:
Titel I. Jahrbuch, Druckkosten und Honorar . . : . . 3200 #
Il. Auscrabungen © .. . Wu ses RE RDS
» Ill. Ankauf historischer Gegenstände, Büchern etc. . 400 »
IV. Sonstige Drucksachen, Schreibmaterial ete. . . . 250 »
V. Herausgabe lothring. Geschichtsquellen . . . . 3300 »
VI. Insgemein, Portokosten, Botenlöhne etc. . . . . 1300 »
Zusammen (balanciert) . . . . 9300 #
Für den Sommer 1899 werden 3 Ausflüge in Aussicht genommen: 1. nach
teichersberg—Justberg—Rombach, 2. nach Mörchingen, 3. nach Norroy-le-Ve-
neur—Feves.
Vom Jahrbuche 1898 sollen 100 Exemplare mehr gedruckt und den Teil-
nehmern an der Generalversammlung der Geschichtsvereine überreicht werden.
Dem Förster in Kedingen werden 30 Mk. zu Ausgrabungen bewilligt.
Für einen Münztisch zur Aufnahme des Niederrentgener Fundes werden
Professor Dr. Wichmann 250 Mk. zur Verfügung gestellt.
Das Abkommen mit der Druckerei, welches Dr. Wolfram mit Herrn Freise
für den Druck des Jahrbuchs getroffen hat, wird in der den Akten einverleibten
Fassung genehmigt.
Sitzung am Donnerstag, dem 6. April 1899, nachmittags 5 Uhr
im Bezirkspräsidium.
Anwesend die obengenannten Vorstandsmitglieder, zu denen noch Herr
Huber kommt, und etwa 20 Mitglieder.
Neu aufgenommen werden die Herren Professor Köhler-Metz, Abb& Sibille-
St. Julien, Regierungssekretär Neubauer-Metz, Oberleutnant Freiherr von Auten-
ried, Leutnant Wolff und Alwes vom Infanterie-Regiment 97, Saarburg.
Der Vorsitzende teilt den Rechnungsabschluss und den Voranschlag für
1899 mit. Ohne Widerspruch angenommen. Zu Rechnungsprüfern werden er-
nannt die Herren Forstmeister Hallbauer und Direktor Dr. Rech.
Herr Welter berichtet kurz über seine Ausgrabungen und Funde bei La
Valette, desgleichen über die Tumuli bei Schalbach. Er wird ersucht, die Lei-
tung der Ausgrabungen bei Schalbach zu übernehmen.
Herr Oberlehrer Dr. Keune spricht über gallorömisches Kulturleben in
Lothringen und zwar speziell über die Religion an der Hand zahlreicher bezüg-
licher Gegenstände und Abbildungen. Der Vorsitzende dankt im Namen der An-
wesenden. Der Vortrag wird im Jahrbuche erscheinen
Sitzung am Donnerstag, dem 18. Mai 1899, nachmittags 5 Uhr
im Bezirkspräsidium.
Anwesend vom Vorstande: von Hammerstein, Huber, von Daacke, Kauf-
mann, Keune, Paulus, Wiehmann und etwa 35 Mitglieder.
Der Vorsitzende berichtet über die Besichtigung der St. Peters-Abtei durch
Ihre Majestäten den Kaiser und die Kaiserin und teilt mit, dass der Kaiser der
Gesellschaft 3000 Mk. überwiesen und bestimml habe, dass die Fundgegenstände
— 45 —
Depenses:
Titre I. Annuaire, impression et honoraires . . . .. 3200 HM.
=, Folies. A Er AR PO
» III. Achat d'objets historiques, livres etc.. . . . . 400 »
» IV. Imprimés divers, frais de bureau, etc. . . 250
» V. Publication de sources concernant l'histoire de la
Lorraine . . SL S300
» VI. Frais de port, courses et dé penses diverses . . 1300 »
Total des dépenses . . . 9300 #.
Le Bureau projette, pour le courant de l'été prochain, 3 excursions: 10 à
tichemont— Justemont-—-Rombas, 2° à Morhange, 3° à Norroy-le-Veneur—Fêves.
Le tirage de l’annuaire 1898 sera augmenté de 100 exemplaires destinés à être
distribués aux différents membres de l'Assemblée générale des Sociétés historiques.
30 M. sontjalloues au garde-forestier de Kedingen pour l'exécution de fouilles.
Pour la confection d’une armoire destinée à renfermer les monnaies de
Niederrentgen, le bureau vote un crédit de 250 M.
Le contrat passé entre M. le Dr Wolfram et M. Freise pour l'impression
de l'annuaire est approuvé sous les conditions suivantes: L’imprimerie s'engage
à imprimer les manuscrits de la Société d'une manière continue; elle engagera
à cet effet un compositeur au courant de la partie. La Société consent à paver
pour chaque cahier Garmond (petit romain), langue allemande (600 exemplaires)
54 Mk., pour chaque cahier caractère petit, langue allemande, 65 Mk. Surtaxe
pour les langues étrangères (vieil allemand, vieux français ou latin) par cahier
Garmond 5 Mk. et par cahier caractères petits 6 Mk. Pour 100 exemplaires en
plus la Société s'engage à payer une surtaxe de 5 Mk.
Séance du jeudi, 6 avril 1899, à 5 heures de l’apres-midi,
a l'hôtel de la Présidence.
Sont reçus au nombre des membres de la Société: MM. le Dr Köhler, pro-
fesseur à Metz, l’abb& Sibille, curé à St-Julien, Neubauer, secrétaire de gouverne-
ment à Metz, le baron d’Autenried, lieutenant en premier, Wolff et Alwes,
lieutenants au régiment d'infanterie n° 97, à Saarburg.
M. le Président soumet à l'assemblée les comptes de l'exercice 1898-99
ainsi que le projet de budget pour l'exercice 1899-1900, lesquels sont approuvés
sans discussion. M. Hallbauer, inspecteur des forêts et M. le Dr Rech, directeur,
sont chargés de la vérification des comptes.
M. Welter, notaire, fait un rapport succinct sur les fouilles et les trou-
vailles faites dans les environs de La Valette, ainsi que sur les tumuli près de
Schalbach. M. Welter est prié de se charger de la direction des fouilles à pra-
tiquer à Schalbach.
M. Keune donne ensuite lecture d’un rapport sur la civilisation gallo-romaine
en Lorraine et, en particulier, sur la religion en vigueur à la même époque.
Dans le cours de sa conférence il montre un grand nombre d'objets et de figures
qui ont rapport à la matière. M. le Président remercie au nom de l'assemblée.
Le rapport de M. Keune sera publié dans l'Annuaire.
Séance du jeudi, 18 mai 1899, à 5 heures de l'après-midi,
à l'hôtel de la Présidence.
Assistent à la séance: MM. de Hammerstein, Huber, de Daacke, Kaufmann,
Keune, Paulus, Wichmann, membres du Bureau, el environ 35 sociétaires,
M. le Président fait connaître à l'assemblée que leurs Majestés l'Empereur
et l’Impératrice ont visité l'ancienne église abbatiale de St-Pierre,
— 46 —
in Metz bleiben sollen. Er giebt ferner Kenntnis von dem Kongress zu Arlon,
von dem die Grundkarten betreffenden Schreiben des historischen Seminars in
Leipzig und des Herrn Bechstein in Strassburg.
Als neue Mitglieder werden aufgenommen: Dr. Max. Jaunez-Saargemünd
und Grenzpolizeikommissär Nordmann-Amanweiler.
Zur Verlesung gelangt ein Brief des geologischen Instituts in Darmstadt, in
dem mitgeteilt wird, dass die in der St. Peters-Abtei gefundene Säule aus kara-
rischem Marmor ist. Hinweis auf die eingegangenen Tauschschriften. Darauf
hält der Vorsitzende, Freiherr von Hammerstein, den angekündigten Vortrag über
den Kardinal Anne d’Escars de Givry, Bischof von Metz, und die französischen
Annexionsabsichten auf das Fürstbistum Metz, in welchem er im Gegensatz zu
Sauerland (Jahrb. 1893) zeigt, dass der Bischof, obwohl selbst Franzose, die Ein-
verleibung des Fürstbistums in Frankreich verhindert hat. (Gedruckt Jahr-
buch X, 153 ff.)
Ausflug am Sonnabend, dem 22. Juli 1899, nach Norroy-le-Veneur und Feves.
Etwa 20 Mitglieder fuhren mit dem Zuge 2% Uhr nach Amanweiler. Von
dort aus ging es unter Führung des Vorsitzenden auf schattigem Waldwege nach
dem im Bau begriffenen Fort bei Saulny, wo die Funde, deren Ausgrabung und
Erhaltung man der Sorgfalt des Herrn Hauptmanns Frank von der Fortifikation
dankt, besichtigt wurden. Es handelt sich um ein Merkurheiligtum, von dem
noch ein Standbild des Merkur vollständig, ein anderes in Stücke geschlagen
zu Tage gefördert worden ist. Nach kurzer Erfrischung in der unweit ge-
lesenen Kantine Abstieg nach Norroy-le-Veneur. Dort unter Führung des
Herrn Architekten Blaue Besichtigung der Kirche und vor allem der romani-
schen Krypta, deren Zugang insofern sehr schwierig war, als die Anwesenden
durch einen engen Schacht hinuntersteigen mussten. Dann wanderte man
weiter bis Fèves, wo die in den Jahren 1523—26 gebaute Kirche besichtigt
wurde. Auch hier übernahm Herr Blaue den erläuternden Vortrag. Nach kurzer
Erfrischung (ausgezeichneter Fever Wein), die von Herrn Schiffer angeboten
wurde, begaben sich die Anwesenden nach Maizieres, um von da aus nach einem
auf der schattigen Veranda der dem Bahnhof gegenüberliegenden Restauration
eingenommenen Abendimbiss, die Rückreise nach Metz anzutreten.
Vorstandssitzung am Dienstag, dem 18. August 1899, mittags 12 Uhr
im Bezirkspräsidium.
Anwesend: von Hammerstein, von Daacke, Wichmann, Wolfram.
Es wird beschlossen einen Vertreter zu dem Kongresse belgischer Ge-
schichtsvereine nach Arlon zu schicken. Mit der Vertretung wird Archivdirektor
Dr. Wolfram beauftragt.
Zu der Generalversammlung der deutschen Geschichtsvereine sollen 5 Ver-
treter entsandt werden. In Aussicht genommen werden Keune, Paulus, Welter,
Wichmann, Wolfram.
Herrn Privatdocent Dr. Bloch sollen als Entschädigung für seine Reise nach
Paris 140 Mk. gezahlt werden (Kollationierung des Kartulars von St. Vanne).
— 41 — A
Sa Majesté l'Empereur a daigné accorder à la Société un don de 3000 Mk.
et a ordonné que les trouvailles faites dans cet édifice fussent déposées au musée
de Metz. M. le Président donne ensuite communication du programme du congrès
historique d’Arlon, de la lettre du séminaire historique de Leipzig et de celle de
M. Bechstein de Strassburg, toutes deux relatives aux cartes fondamentales.
Sont recus membres de la Société: MM. le Dr Max Jaunez à Saargemünd
et Nordmann, commissaire de police, à Amanweiler.
Il est donné lecture d’une lettre de l'Institut géologique de Darmstadt con-
firmant que la colonne découverte dans l’église St-Pierre est en marbre de
Carrare. Les publications reçues en échange de notre annuaire sont passées en
revue. M. le baron de Hammerstein, président de la Société, fait ens ite une con-
férence sur le cardinal Anne d’Escars de Givrv, évêque de Metz, et sur les in-
tentions de la France d’annexer l'évêché de Metz.
L’orateur établit, contrairement à l'opinion émise par M. Sauerland (An-
nuaire 1893), que le prélat, quoique francais, a fait opposition à la réunion de
l'évêché de Metz à la France. ;
Promenade archéologique à Norroy-le-Veneur et Fêves du 22 juillet 1899.
Promenade archéologique à Norroy-le-Veneur et Fêves du 22 juillet 1899.
20 sociétaires environ prirent le train de 2,05 h. pour se rendre à Aman-
weiler. De là, la Société, précédée de son Président, se rendit par des chemins
ombragés et au travers de la forêt jusqu’au fort en construction de Saulny, où
on eut l’occasion de voir les fouilles et trouvailles faites sous la direction de
M. Frank, capitaine du génie.
Il s’agit d'un sanctuaire dédié à Mercure, dont on a trouvé une statue bien
conservée et une autre brisée en plusieurs morceaux. Les promeneurs prirent
une collation dans la cantine située à proximité et descendirent ensuite vers
Norroy-le-Veneur. Ils y visitèrent l’église et, en particulier, la crypte si roman-
tique, dont l'entrée est très difficile en ce sens que le visiteur est obligé de
descendre par une galerie étroite. L'on poursuivit ensuite la route jusque Fêves,
où l’on visita l’église construite pendant les années 1523—26. Ici, comme à Norroy-
le-Veneur, M. Blaue, architecte, donna les explications nécessaires. Après avoir
accepté quelques rafraïchissements (vin de Fêves excellent) offerts par M. Schiffer,
les excursionnistes descendirent vers Maizières. Après le souper pris à la hâte
sous la veranda ombragée du restaurant situé vis-à-vis de la gare, la Société s'en
retourna par le train à Metz.
Séance du Bureau le mardi, 18 août 1899, à midi, à l'hôtel de la Présidence.
Sont presents: MM. de Hammerstein, de Daacke, Wichmann et Wolfram.
Le Bureau décide d’envoyer un délégué de notre Société au congrès des
Sociétés historiques de la Belgique qui aura lieu à Arlon. Le choix tombe sur
M. le Dr Wolfram, directeur des archives.
5 délégués de notre Société iront la représenter à l'Assemblée générale des
sociétés historiques de l'Allemagne. Sont désignés à cet effet MM. Keune, Paulus,
Welter, Wichmann et Wolfram.
Une indemnité. de 140 Mk. pour frais de voyage est allouée à M. le
Dr Bloch, professeur agrégé à l’université de Strassburg, pour un voyage qu'il a
entrepris à Paris dans le but d'y collationner le cartulaire de Ste-Vanne.
27
— 48 —
Vorstandssitzung am Donnerstag, dem 26. Oktober 1899, nachmittags 4 Uhr
im Bezirkspräsidium.
Anwesend der Vorstand mit Ausnahme der Herren de Verneuil und Dorvaux.
Archivdirektor Wolfram beantragt eine Organisation für Herausgabe loth-
ringischer Geschichtsquellen zu schaffen und schlägt vor, fünf Herren zu ernennen.
Angenommen. Die Wahl wird auf die nächste Sitzung Mitte November verschoben.
Dr. Wolfram beantragt für Herausgabe des Wörterbuchs der lothringischen
Dialekte der damit betrauten Kommission eine bestimmte Summe, die für Fertig-
stellung des Manuscripts ausreicht, zur Verfügung zu stellen. Die Kosten für
Drucklegung können von der Gesellschaft nicht aufgebracht werden. Wie diese
zu ermöglichen ist, bleibt der Zukunft vorbehalten. Angenommen. Herr Professor
Follmann soll um eine Aeusserung ersucht werden, wie hoch er sich die Her-
stellungskosten des Manuscriptes denkt. Auf Antrag Professor Wichmanns werden
Herrn Baurat Knitterscheid 200 Mk. zur Untersuchung des Flohturmes in Dieden-
hofen zur Verfügung gestellt.
Desgleichen erhält Herr Keune 100 Mk. um Ausgrabungen im Museumsgarten
vorzunehmen.
Sitzung am Donnerstag, dem 26. Oktober 1899, nachmittags 5 Uhr
im Bezirkspräsidium.
Anwesend die obengenannten Vorstandsmitglieder und etwa 20 Mitglieder.
Neu aufgenommen werden Abbé Cuny-Montigny, Divisionspfarrer Kliche-
Montienv, Professor Dr. Ficker-Strassburg, Ingenieur Grauvogel, Rittmeister a. D.
Rennen, Generaldirektor der Stahlwerke Gouvy & Co.-Oberhomburg i. L., Notar
Hartmann-Saaralben, Hvpothekenbewahrer Ungerer-Saarburg, Domherr Wagner,
Gemeinderatsmitglied Glockengiesser Bour, Professor Krüger-Metz, Pfarrer Weber-
Diedersberg, Pfarrer Hourt-Gosselmingen.
Der Vorsitzende legt die eingegangenen Tauschschriften vor und macht
darauf aufmerksam, dass jetzt das Bibliothekszimmer der Gesellschaft den Mit-
gliedern täglich zur Verfügung steht. — Von den Grundkarten ist ein neues Blatt
fertig geworden, das der Vorsitzende in der Versammlung cirkulieren lässt. —
Herr Florange in Paris hat eine Brochüre über »Une medaille d’un personnage du
XVIe siecle« übersandt. Dank. Desgleichen Herr Dr. Forrer in Strassburg 2 Werke
über den Odilienberg. Dank.
Herr Knitterscheid hat eine Inschrift von 1555 von einem alten Thore von
Diedenhofen abgeformt und legt sie der Gesellschaft vor. Dank.
Archivdirektor Wolfram berichtet über die Versammlung der belgischen
Geschichtsvereine in Arlon. Nachdem er die liebenswürdige Aufnahme, die ihm
zuteil geworden ist, hervorgehoben hat, geht er auf die einzelnen Beratungsgegen-
stände ein, soweit sie auch für Lothringen von Interesse sind. Besonders ist es
die Frage nach Alter und Bestimmung der Mare, die Anregung zur Anfertigung
populärer Darstellungen der Heimatsgeschichte, die Sammlung der Stadtrechte,
der Weistümer und die Denkmalsschutzgesetzgebung, die er als erwähnenswert
hervorhebt und in ihren Grundzügen erläutert. Eine Debatte knüpft sich an den
Vorschlag, für Lothringen Tafeln mit den hauptsächlich vorkommenden Altertümern
anfertigen und in den Schulen verteilen zu lassen.
MUR
Séance du Bureau du jeudi, 26 octobre 1899, à 4 heures de l’apres-midi,
a l'hôtel de la Présidence.
Sont présents: les membres du Bureau à l’exeption de MM. de Verneuil et
Dorvaux.
M. Wolfram, directeur des archives, demande à ce que l’on procède main-
tenant à une organisation pour la publication des sources de l’histoire lorraine
et propose la formation d'une commission de 5 membres. La proposition est
adoptée; l'élection de ces membres est remise à la séance de la mi-novembre.
M. Wolfram propose enfin de mettre à la disposition de la commission chargée
de la publication du dictionnaire des dialectes lorrains, une certaine somme suffi-
sante pour terminer le manuscrit. Les frais d'impression ne pourront pas être
pris à la charge de la Société. Le moyen de couvrir ces frais sera recherché à
une époque ultérieure. Cette proposition est également adoptée. M. Follmann, pro-
fesseur, sera prié de donner son avis sur le montant des frais pour la confection
du manuscrit.
Conformément à la demande de M. le Dr Wichmann, professeur, le Bureau
alloue à M. Knitterscheid, conseiller d'architecture, la somme de 200 Mk. nécessaire
pour l'examen de la « Tour des puces» à Thionville.
La somme de 100 Mk. est enfin allouée à M. Keune pour l'exécution de
fouilles dans le jardin du Musée.
Séance du jeudi, 26 octobre 1899, à 5 heures de l'après-midi,
à l'hôtel de la Présidence.
Assistent à la séance: Les membres du Bureau désignés ci-dessus et en-
viron 20 sociétaires.
Sont reçus membres de la Société: MM. l'abbé Cuny, professeur à Montigny,
Kliche, aumönier divisionnaire à Montigny, le Dr Ficker, professeur à Strassburg,
Grauvogel, ingénieur à Oberhomburg, Rennen, ancien chef d’escadron et directeur
général des aciéries Gouvy & Co. à Oberhomburg, Hartmann, notaire à Saaralben,
Ungerer, conservateur des hypothèques à Saarburg, l'abbé Wagner, chanoine
honoraire à Metz, l'abbé Weber, curé à Diedersberg, l'abbé Hourt, curé à
Gosselmingen.
M. le Président fait circuler les publications reçues en échange de notre
annuaire et annonce à l'assemblée que la nouvelle salle de la bibliothèque de
la Société est ouverte pour les sociétaires tous les jours. Une nouvelle planche
des cartes fondamentales qui vient d'être terminée est soumise à la connaissance
de l’Assemblée. M. Florange de Paris a offert à la bibliothèque de la Société une
brochure intitulée »une médaille d’un personnage du 16° siècles et M. le Dr Forrer
de Strassburg, deux publications sur le Mont St-Odile. Remerciments.
M. Knitterscheid présente un moule d'une inscription datant de l'année 1555
qu'il a fait prendre sur une des anciennes portes de Thionville. M. le Président
lui exprime ses remerciments.
M. le Dr Wolfram rend ensuite compte des travaux de l'assemblée géné-
rale des Sociétés historiques de la Belgique qui a eu lieu à Arlon. II parle de
l'accueil très cordial qui lui a été fait et relate les différentes malières qui }
ont été traitées, en tant qu’elles présentent de l'intérêt pour la Lorraine. La
question de l’âge et de la nature des mardelles, l'histoire locale écrile d'une
manière populaire, la collection des privilèges des villes, des sentences judi-
ciaires et la législation pour la conservation des monuments historiques y ont été
m
27°
— 420 —
Sodann spricht Professor Wichmann über die Strassburger Versammlung
der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine. Nachdem er die Reden der
Hauptversammlungen charakterisiert hat, wendet er sich vor allem dem Vortrage
des Professors Wolff aus Frankfurt a. M. zu: Aufgabe der Westdeutschen Geschichts-
vereine nach der Auflösung der Reichslimeskommission. Die Verhandlungen über
diesen Punkt haben durch Anwesenheit des Sekretärs des archäologischen Instituts
sehr an Bedeutung gewonnen und es hat sich in erfreulicher Weise eine Ueber-
einstimmung des genannten Herrn mit den Vertretern der Geschichtsvereine dahin
herausgestellt, dass den Geschichtsvereinen eine Vertretung in der zu erwartenden
deutschen Sektion des archäologischen Instituts einzuräumen ist. Schliesslich er-
örtert Archivdirektor Wolfram noch die in der Ill. und IV. Sektion und in den
vereinigten Sektionen zur Verhandlung gestellten Fragen, soweit sie ein allgemeines
Interesse bieten.
Schluss der Sitzung 6!/» Uhr.
Sitzung am Donnerstag, dem 23. November 1899, nachmittags 5 Uhr
im Bezirkspräsidium.
Anwesend der Vorstand ausser Grimme, Paulus, Dorvaux, de Verneuil,
von Daacke und ca. 40 Mitglieder.
Neu aufgenommen werden Bürgermeister Dr. Mosser-Amanweiler, Kauf-
mann Levy-Saarburg, Professor Dr. Hoffmann-Metz (Arnulfsschule), Generalober-
arzt a. D. Dr. Schmiedt-Metz, Privatdocent Dr. H. Bloch-Strassburg.
Die im Schriftenaustausch eingegangenen Publikationen werden vorgelest.
Oberst a. D. Dr. Kaufmann spricht »Ueber die Folgen des westfälischen
Friedens für Lothringen«. Redner weist nach, dass mit dem Ausdruck »episcopatus
cum distrietu« etwas anderes gemeint sein müsse, als wenn einfach wie bei Bremen
und Minden gesagt wäre »episcopatus<. In der That ergeben die Verhandlungen,
dass die kaiserlichen Vertreter ursprünglich den Zusatz temporalis verlangt, auf
Widerspruch von französischer Seite aber fallen gelassen haben. Im weiteren
wird gezeigt, wie verhängnisvoll für Deutschland der nunmehr zweideutig ge-
wordene Ausdruck districtus geworden ist, insofern die Franzosen nicht nur die
Territorien der Bistümer, sondern auch die Diöcese und selbst die ausserhalb der
Diöcese gelegenen Lehen des Bistums verlangt haben. Erst der Friede von Rys-
wyck hat die französischen Ansprüche, soweit sie sich auf Lothringen bezogen,
in ihren Ausschreitungen beseitigt, dafür aber das Elsass preisgegeben. Näheres
über den Inhalt der hochinteressanten Ausführungen ergiebt die im Jahrbuch XI 1ff.
gedruckte Arbeit des Redners über »die Geschichte der Metzer Reunionskammern«.
Notar Welter giebt einen Bericht über Ausgrabungen eines Tumulus
im Weiherwald bei Saaraltdorf und legt die Fundstücke vor. Der Tumulus, der
zu einer Gruppe von 24 Grabhügeln gehört, war ca. 1,70 m hoch. Die Gräber
lagen seitlich des Centrums. Es fanden sich 2 broncene durchbrochene Arm-
ringe, 6 Lignitringe, 2 Torques aus Bronce, Reste eines Gefässes, ein broncener
Gürtelbeschlag. Die Ausgrabungen sollen fortgesetzt werden.
BE N
l'objet de débats très intéressants. Une discussion s'élève au sujet de la question
de savoir, s’il y a lieu de faire exécuter et distribuer dans les écoles de la Lor-
raine des tableaux représentant les objets antiques que l'on rencontre le plus
fréquemment dans nos contrées.
M. Wichmann, professeur, rend compte des différentes séances du congrès
général des Sociétés d'histoire et d’archéologie de l'Allemagne qui a eu lieu,
cette année, à Strassburg. Tout en caractérisant les discours qui y ont été pro-
noncés, il insiste tout particulièrement sur la conférence faite par M. Wolff, pro-
fesseur à Frankfort-sur-le-Main, dont le sujet portait: Quels sont les devoirs des
Sociétés historiques de l'Allemagne occidentale après la dissolution de l’admi-
nistration appelée »Reichslimeskommission«! Comme le Secrétaire de l'Institut
archéologique assistait à la séance, les débats ont gagné en importance; il a
été agréable de constater qu'une entente a pu se faire entre ces messieurs, en
ce sens que les sociétés d'histoire obtiendront le droit de se faire représenter
dans la section allemande de l'Institut archéologique, dont on espère la forma-
tion. Finalement M. le Dr Wolfram discute les questions qui ont été traitées dans
la 3e et 4e section du congrès ainsi que dans les sections réunies. La séance est
levée à 6!/2 heures.
Séance du jeudi, 23 novembre 1899, à 5 heures de l’apres-midi,
a l'hôtel de la Présidence.
Sont présents: Les membres du Bureau, à l'exception de MM. Grimme,
Paulus, Dorvaux, de Verneuil et de Daacke et environ 40 sociétaires.
Sont admis au nombre des membres de la Société: MM. le Dr Mosser,
maire d’Amanweiler, Levy, négociant à Saarburg, l'abbé Dr Hoffmann, professeur
à l’école St-Arnould à Metz, Dr Schmiedt, médecin-général à Metz, Dr Bloch, pro-
fesseur agrégé à l’université de Strassburg. On passe en revue les publications
reçues en échange de notre annuaire. |
M. le Dr Kaufmann, colonel en retraite, fait une conférence sur »les consé-
quences du traité de Westphalie pour la Lorraine«e. L’orateur démontre que l’ex-
pression »episcopatus cum districtus veut dire tout autre chose que l'expression
simple »episcopatus<, telle que cette dernière a été employée dans les cas ana-
logues des évêchés de Brême et Minden. En effet, il ressort des débats que les
délégués imperiaux ont exigé en premier lieu que l’on ajoutât à »episcopatus«
l'adjectif »temporalis«; mais avant rencontré de l'opposition de la part des délé-
gués français, ils y ont renoncé. M. Kaufmann prouve en outre, combien l’ex-
pression »distrietus«, dévenue désormais ambiguë, a été pernicieuse à l'Allemagne,
en ce sens que la France faisait valoir ses droits de propriété, non seulement
sur le territoire de l'évêché, mais encore sur le diocèse tout entier et même
sur les fiefs de l'évêché situés en dehors du diocèse. Le traité de Ryswyk mil
enfin un frein aux exigences et transgressions de la France, du moins en ce qui
concerne la Lorraine. Par contre, on dût lui abandonner la province de l'Alsace.
On trouvera les détails de cette intéressante conférence dans lannuaire Al,
pages 1 et ss. sous le titre: »Histoire de la Chambre de Réunion de Metze par
M. le Dr Kaufmann.
M. Welter, notaire, donne un aperçu des fouilles qu'il a fait pratiquer sur
un »lumuluse situé dans la forêt dite Weiherwald, près de Saaraltdorf, et soumet
en même temps à l'assemblée les objets qui y ont été trouvés. Ge tumulus fait
partie d'un groupe de 24 monticules et mesure une hauleur de 1,70 m, Les si
Ba =
Kreisdirektor Freudenfeld in Saarburg hat einen römischen Skulpturenstein
mit dem Bilde einer Göttin (Juno?) und ein broncenes Gefäss, dessen Bestimmung
und Alter noch nicht festgestellt ist (römischer Leuchter ?) übersandt. Dank.
Schluss der Sitzung 6!/» Uhr.
Sitzung, am Donnerstag, dem 14. Dezember 1899, nachmittags 3 Uhr
im Museum der Stadt Metz.
Die gut besuchte Versammlung wurde in Vertretung des abwesenden Ver-
einsvorsitzenden durch Archivdirektor Dr. Wolfram eröffnet. Von Seiten der Stadt
war Bürgermeister Freiherr von Kramer mit einigen Mitgliedern des Ge-
meinderates erschienen, um den Münzfund von Niederrentgen, den die Gesell-
schaft der Stadt zum. Geschenk macht, entgegenzunehmen. Die Ueberreichung
begleitete Dr. Wolfram etwa mit folgenden Worten: Die Gesellschaft sei erfreut,
der Stadt Metz durch diese Gabe ihren Dank zum Ausdruck bringen zu können.
Die Stadt Metz habe jederzeit in entgegenkommender Weise die Arbeiten der
Gesellschaft zu fördern gesucht. Insbesondere aber habe der derzeitige Ge-
meinderat mit seinem Bürgermeister wiederholt bekundet, dass er mit warmem
Interesse und aufrichtigsem Wohlwollen der Gesellschaft gegenüberstehe. Ja, er
beteilige sich auch selbst in thätiger und freigebiger Weise an den historischen
Arbeiten, insofern er für Urkundenpublikationen und die Erweiterung des städti-
schen Museums die nötigen Mittel bewilligt habe. Die Steine und Metalle, so
fuhr der Redner fort, welche dieses Haus birgt, sind gewissermassen der stoffliche
Niederschlag der Metzer Geschichte. So reich diese Geschichte ist, so reich sind
auch diese steinernen und metallenen Urkunden. Aber sie sind noch viel zu
wenig bekannt in den Kreisen der Bürgerschaft, und auch der Fremde ist bisher
achtlos an unserem Museum vorübergegangen. Die Gesellschaft vereinigt sich
mit der Stadt in dem Bestreben, den historischen Sinn und das Interesse am
Museum in der Bürgerschaft zu wecken und zu vertiefen, draussen aber dem
Museum diejenige Beachtung verschaffen zu helfen, die ihm nach seiner Bedeutung
zukommt. Möge auch unsere heutige Gabe der Stadt ein Zeichen sein, dass wir
kein schöneres Ziel für unsere Arbeit wissen, als der Heimat, die wir durch Geburt,
Wahl oder Beruf hier gefunden haben, zu dienen.
Der Bürgermeister übernahm die Gabe mit Worten herzlichen Dankes
und der Versicherung, dass auch die Stadt erfreut sei, mit der Gesellschaft die-
selben Ziele verfolgen zu können. Er wolle keine Versprechungen machen, aber
die Hoffnung spreche er aus, dass es gelingen werde, den Kleinoden dieses Hauses
auch eine Fassung zu geben, die ihrer würdig sei. Er rechne dabei auf die
Mitarbeit und die Unterstützung der Gesellschaft.
Hierauf gab Professor Wichmann, dessen selbstloser und unermüdlicher
Arbeit die Einordnung der Münzen zu danken ist, einige Erläuterungen über den
Fund. Es sind 2500 verschiedene Typen, die der Stadt überwiesen werden. Das
Metall ist eine schlechte Silberlegierung, wie sie in der 2. Hälfte des 3. Jahr-
hunderts im römischen Reiche eingeführt war.
Auch der praktische und geschmackvolle Münzschrank, den die Gesellschaft
gleichfalls zum Geschenk macht, ist nach Angaben Professor Wichmanns gebaut
und vom Hoflieferant Thomas zur Zufriedenheit der Auftraggeber angefertigt
worden.
pultures qu'on a fouillées se trouvaient un peu à côté du centre du tumulus.
On y a découvert 2 bracelets en bronze, 6 anneaux en lignite, 2 »torques« en
bronze, des restes d'un récipient, une armature -de ceinture en bronze. Les
fouilles seront continuées.
M. Freudenfeld, directeur de l'arrondissement de Saarburg, a envoyé à la
Société une pierre sculptée datant de l’époque romaine et représentant une déesse
(peut-être Junon?), un récipient en bronze, dont la nature et l'âge n'ont pas en-
core pu être déterminés (peut-être un chandelier romain ?).
La séance est levée à 6!/2 heures.
Séance du jeudi, 14 décembre 1899, à 3 heures de l’apres-midi,
| au musée de la ville de Metz.
La séance à laquelle un grand nombre de sociétaires prennent part, est
présidée par M. le Dr Wolfram, en remplacement de M. le Président empêché. La
ville de Metz est représentée par le Maire, M. le baron de Kramer, et par plu-
sieurs membres du Conseil municipal, lesquels acceptent, au nom de la ville, la
trouvaille des monnaies de Niederrentgen dont notre Société a fait don au Musée.
Avant l’acte de remise M. Wolfram prononce un discours dont voici le résumé:
La Société d'histoire et d'archéologie lorraine se réjouit de pouvoir donner à la
ville de Metz une preuve de sa reconnaissance. En tout temps la ville a fait des
avances pour seconder les travaux de la Société. Le Conseil municipal actuel,
d'accord avec le Maire, a prouvé à différentes reprises, combien il portait inté-
rêt à l’extension de la Société. Le Conseil s'est même associé activement et avec
largesse aux travaux historiques, en ce sens qu'il a vôté les fonds nécessaires
pour la publication de documents et pour l'agrandissement du Musée. Les pierres
et les métaux, continue l’orateur, qui sont renfermés dans cet édifice sont en
quelque sorte les témoins visibles de l’histoire messine. Car Metz est aussi riche
par son histoire que par ses documents de pierre et de métal. Il est regrettable
que ces monuments soient trop peu connus de la bourgeoisie messine; les
étrangers traversent également la ville, sans prêter aucune attention à notre
Musée. La Société d'histoire et d'archéologie lorraine est tout disposée A s’asso-
cier à la ville, lorsqu'il s'agira d’eveiller et de faire croître, tant parmi le public
messin que parmi les étrangers, lintérêt et l'attention qui sont dûs à un établisse-
ment si important. Puisse le don que nous faisons aujourd'hui à la ville, être un
indice que, dans nos travaux, notre seul but est de servir le pavs, auquel nous
appartenons soit par la naissance, soit par le choix, soit par la profession.
M. le Maire accepte le don en exprimant ses remerciments les plus sin-
ceres. Il ne fait, dit-il, aucune promesse, mais il exprime la conviction qu'on
réussira à donner aux joyaux renfermés dans cet édifice une demeure digne
d'eux. Il compte à cet effet sur la collaboration et sur l'assistance de la Société.
M. Wichmann, professeur, dont le zèle infatigable a réussi à classer les
monnaies, donne ensuite quelques explications au sujet de la trouvaille de Nieder-
rentgen. La collection offerte à la ville se compose de 2500 types différents. Le
métal est un mauvais alliage d'argent, tel qu'il était employé sous l'empire romain,
dans la seconde moitié du 3 siècle.
L’armoire renfermant les monnaies, également un don de la Société, esl
construite avec autant de commodité que de bon goût. Elle a été exécutée, d'après
les données de M. Wichmann, par M. Thomas, fournisseur de la Cour, à la grande
salisfaction des intéressés.
N‘
Nach der Uebergabe hielt Dr. Forrer aus Strassburg seinen Vortrag
über die Entwickelung des keltischen Münzwesens. Es war bisher angenommen
worden, dass die Münzen mit den primitiven, oft unkenntlichen Typen die ältesten
in der Entwickelungsweise seien und dass erst allmählich die keltische Stempel-
schneidekunst zu grüsserer Vollkommenheit gelangt sei. Dr. Forrer brachte
an der Hand einer grossen Zahl von Zeichnungen, die die Entwickelung eines
Münzstempels veranschaulichen, den Nachweis, dass es sich gerade umgekehrt
verhalte. Die ältesten Münzen seien Nachbildungen von klassischen Stücken aus
der Zeit Philipps von Macedonien und Alexanders des Grossen. Je weiter das
Datum der keltischen Münzanfertigung von dieser Periode entfernt sei und je
weiter das Gebiet des keltischen Stammes von den Ländern der griechischen
Kultur abliege, um so mehr habe sich das Bild der keltischen Münze verschlechtert.
Für den Vortrag, der die ungeteilte Aufmerksamkeit der Zuhörer bis zum
Schluss fesselte, sprach Dr. Wolfram den Dank der Anwesenden aus.
Am Schlusse der Sitzung wurden neuaufgenommen: Oberlehrer Bouvv,
Abbé Dr. Reumont-Montigny, Felix Gouvy, Forstassessor Ilse, Bürgermeister
Siebert-Oberhomburg i. L., Lehrer P. Klingler-Metz, Ingenieur Huber und tech-
nischer Eisenbahnbetriebssekretär Reipsch-Beauregard b. Diedenhofen.
Sitzung am Donnerstag, dem 28. Dezember 1899 nachmittags 5 Uhr
im Bezirkspräsidium.
Anwesend der Vorsitzende, Huber, Grimme, Keune, von Daacke, Wolfram
und etwa 30 Mitglieder. Neu aufgenommen wird Leutnant Rödier-Metz. Der
Vorsitzende giebt Kenntnis von einem Schreiben des Bürgermeisters Brauer
in Kleinhettingen, das die beantragten Ausgrabungen auf dem Gemeindebanne
gestattet. Herrn Pfarrer Colbus in Altrip wird der Dank ausgesprochen für
Uebersendung eines Messinstrumentes des 17. Jahrhunderts. Hierauf erteilt der
Vorsitzende das Wort Archivdirektor Wolfram zu einem Vortrage über »Das Ende
des Herzogtums Lothringen«. Der Vortragende geht aus von einem Vergleiche
zwischen dem Untergange Polens und Lothringens. Während dort der Adel die
Zertrümmerung des Staates verschuldet hat, ist es hier das Herzogshaus. Nachdem
die Entwickelung Lothringens zum Freiherzogtum geschildert ist, stellt er die
Frage, ob dieses Staatsgebilde fühig gewesen sei, in dem Zusammenstoss zwischen
Frankreich und Habsburg seine Selbstständigkeit zu erhalten. Von deutscher Seite
droht ihm keine Gefahr, dagegen hat Frankreich seit dem Anfange des 14. Jahr-
hunderts von der Rheingrenze geträumt. Redner verfolgt nun die verschiedenen
Versuche Frankreichs auf Annexion Lothringens, erwähnt die Verträge von Vic,
’aris und Montmartre und schildert dann ausführlicher, wie Wilhelm III. von England
den Vorschlag macht, dass Lothringen bei Aufteilung der spanischen Monarchie
an den Sohn des französischen Dauphin im Austausch gegen Mailand gegeben
werden solle. Weiter wird die Stellung Lothringens in den Wechselfällen des
spanischen Erbfolgekrieses und der Friedensverhandlungen von Gertrudenburg,
Utrecht und Rastatt verfolgt und endlich die diplomatische Mission de la Baunes
in der polnischen Erbfolgefrage und bei Regelung der Anerkennung der prag-
malischen Sanktion klar selest.
Archivassistent Dr. Hund legt eine in Queuleu gefundene Goldmünze vor
und bestimmt sie als einen Robertusgulden des 14. Jahrhunderts. |
L’acte de remise des monnaies étant terminé, M.le Dr Forrer de Strassburg
commence sa conference sur le développement des monnaies celtiques. Jusqu'ici
on admettait généralement que les monnaies avec types primitifs et quelques fois
méconnaissables étaient les plus anciennes monnaies de l’époque de développement
et que l'art de graver ne s'était perfectionné que peu à peu. Au moyen d'un
grand nombre de dessins donnant un aperçu du développement des différents
coins de monnaies M. le Dr Forrer prouve le contraire, c’est-à-dire, que les
monnaies les plus anciennes sont des imitations de pièces classiques de l’époque
de Philippe de Macédoine et d’Alexandre-le-Grand. Plus la date de la fabrication
des monnaies celtiques est éloignée de cette époque, de même, plus la race
celtique est éloignée des pays imprégnés de la civilisation grecque, plus l'effigie
des monnaies celtiques est reconnue comme étant mauvaise.
M. le Dr Wolfram, au nom de l'assemblée, remercie M. Forrer pour sa con-
férence qui a tenu en éveil, jusqu'à la fin, l'attention des auditeurs.
Finalement il a été procédé à la réception de quelques nouveaux membres
de la Société. Ce sont: MM. l’abb& Bouvy et l'abbé Dr Reumont, professeurs à
Montigny, Felix Gouvy à Oberhomburg, Ilse, assesseur de ladministration fo-
restière et Siebert, maire à Oberhomburg, P. Klingler, professeur à Metz, Huber,
ingenieur et Reipsch, secrétaire de l'administration des chemins de fer à Beauregard.
Séance du jeudi, 28 décembre 1899, à 5 heures de l'après-midi,
à l'hôtel de la Présidence.
Assistent à la séance: MM. de Hammerstein, Huber, Grimme, Keune,
de Daacke, Wolfram, membres du Bureau et environ 30 sociétaires.
M. Rödler, lieutenant à Metz, est admis comme membre de la Société.
Il est donné lecture d’une lettre de M. Brauer, maire de Kleinhettingen,
par laquelle ıl autorise la Société à faire pratiquer des fouilles sur le ban de
Kleinhettingen. M. le Président exprime ses remerciments à M. l'abbé Colbus, curé
à Altrip, pour l'envoi d'un instrument de mesure du 17 siècle. La parole est
donnée ensuite à M. le Dr Wolfram, directeur des archives, pour sa conférence
sur «la fin du duché de Lorraine ». L’orateur établit d’abord une comparaison
entre la ruine de la Pologne et celle de la Lorraine. La ruine de la Pologne doit
être attribuée à la noblesse, tandis qu'en Lorraine elle a été causée par la famille
ducale. Après avoir exposé le développement de la Lorraine jusqu'à sa formation
en duché indépendant, M. Wolfram se demande si, au milieu des luttes entre la
France et la maison de Habsbourg, ce duché a été capable de sauvegarder son
ndependance. Du côté de l'Allemagne aucun danger le menace, Il n’en est pas
de même du côté de la France qui, dès le commencement du 142 siècle, songeail
à la frontière formée par le Rhin. L'orateur traite ensuite des différentes lenta-
tives de la France, en vue d’annexer le duché de Lorraine; il mentionne les
traités de Vic, Paris et Montmartre et explique plus longuement la proposition de
Guillaume III d'Angleterre tendant à faire un échange de la Lorraine avec Milan
pendant que la royauté espagnole était abandonnée au fils du dauphin de France.
l établit ensuite la situation de la Lorraine pendant les péripélies de la guerre
de succession espagnole et pendant les préliminaires des traités de paix de Ger-
trudenburg, Utrecht el Rastatt et fixe le but de la mission diplomatique de
M. de la Baunes dans la question de la succession de la Pologne et lors de lappro-
bation, par les puissances, de la pragmatique sanction.
M.le Dr Hund, archiviste-adjoint, présente une monnaie en or découverte
=, 1000
Glasmaler Thiria legt der Versammlung eine Reihe höchst wertvoller Glas-
malereien des 15. und 16. Jahrhunderts, die zum grössten Teile aus der Kirche
St. Barbe, stammen vor und verspricht, die Gesellschaft zu einer grösseren Aus-
stellung solcher Gemälde demnächst einzuladen.
Schluss der Sitzung 6!/» Uhr.
Sitzung am Donnerstag, dem II. Januar 1900, nachmittags 5 Uhr
v im Bezirkspräsidium.
Anwesend der Vorsitzende, Oberst Dr. Kaufmann, Direktor Paulus, Direktor
Keune, Dr. Wolfram und ca. 40 Mitglieder.
Neuaufgenommen wurden Dr. Favmonville, Buchhändler Lupus, Regierungs-
baumeister Schwend.
In Bollingen, Kreis Diedenhofen, sind Grabfunde gemacht, von denen
Notar Bischof Mitteilung hierher hat gelangen lassen. Keune wird ersucht,
zur Besichtigung dorthin zu gehen.
Darauf erteilt der Vorsitzende das Wort Herrn Professor Dr. Bour zu einem
Vortrage über die Entwickelung der altchristlichen Basilika, dargestellt im An-
schluss an St. Peter. In seiner Einleitung behandelt der Vortragende kurz die
neuesten Ansichten in Betreff der schon so vielfach erörterten und für das zu
besprechende Thema grundlegenden Frage über den Ursprung der altchristlichen
Basilika. Ausführlich befasst er sich mit der Ansicht von Professor Dehio, der
die Basilika aus dem Atrium des bürgerlichen Privathauses (und dessen Anhängsel
tablinium, alae u. s. w.) herleitet und weist dieselbe aus historisch-archäologischen
und technisch-formellen Gründen ab. Den Kern der altchristlichen Basilika hätte
man zu suchen in den Grundzügen des profanen Basilikaschemas, als Gattung
betrachtet, zu denen, infolge der verschiedenen Kultusbedürfnisse der ersten
Christen und entsprechend ihrem Eklekticismus, weitere anderswoher genommene
Elemente hinzugekommen wären. — Weiler kommen zur Sprache die Vorgebäude
der altchristlichen Basilika, Peribolos, Atrium, Narthex, wobei deren Ursprung
aus dem Temenos des Tempels bezw. aus dem Atrium des Privathauses nach-
gewiesen, Anlage und Form beschrieben, sowie Zweck und Verwendung bestimmt
werden. Zugleich wird auch dargelegt, wie das Weihwasserbecken im Inneren
der Kirche sich stufenweise aus dem Brunnen im Atrium entwickelt habe. Für
St. Peter ist ein Peribolos nicht anzunehmen, eher aber ein Atrium in der Form
eines Kreuzganges mit dem sich anschliessenden Kloster, wahrscheinlich auf der
Südseite gelegen. Der Narthex der alten Kirche bleibt durch weitere Aus-
grabungen festzustellen. Uebergehend zur eigentlichen Basilika behandelt Dr. Bour
Anlage, Grundriss, Aufriss im allgemeinen und erklärt sodann eingehend die
Einzelglieder des Aufbaues (Säulen- und Pfeilerstellungen und Verbindung durch
Architrav und Arkade, Decke und Dach, Fenster und Eingänge) und deren Ver-
hältnis zur profanen Basilika. In St. Peter hätten wir, wenigstens für das Ende
der Merovingerzeit, eine dreischiffige Säulenbasilika (?) ohne Emporen, mit offener
Balkenaecke; die Eingänge auf der Frontseite sind noch aufzuweisen ; die Seiten-
schiffe entbehrten der Fenster. Das bei Z (Jahrb. X, Taf. I) angebrachte ist
späteren Datums und sollte offenbar einen Blick in die Basilika vom angrenzenden
Kloster aus gestatten. Von einer ausführlichen Beschreibung des Presbyleriums
enr
à Queuleu qu'il désigne comme étant un florm Robert en or du 14e siècle, tels
qu'on en a constatés dans les pays rhénans.
M. Thiria, peintre sur verre, soumet à l'assemblée une série de vitraux
très précieux du 15° et 16e siècle qui proviennent, pour la plupart, de l’église de
Ste-Barbe. M. Thiria espère pouvoir présenter plus tard aux membres de la So-
ciété une série plus considérable de vitraux semblables.
La séance est levée à 6 heures !/».
Séance du jeudi, Il janvier 1900, à 5 heures de l'après-midi,
a l'hôtel de la Présidence. |
Assistent à la séance: MM. le Président, le Dr Wolfram, le Dr Kaufmann,
Paulus, Keune et environ 40 societaires.
Sont admis au nombre des membres de la Société: MM. le Dr Faymonville,
Lupus, libraire, Schwend, ingénieur du gouvernement.
M. Bischof, notaire à Thionville, fait savoir à la Société qu'on a découvert
plusieurs anciennes sépultures à Bollingen, arrondissement de Thionville. M. le
D' Keune est chargé de se rendre sur les lieux, afin de constater ces découvertes.
La parole est ensuite accordée à M. le Dr Bour, professeur au grand sémi-
naire. Il parle sur le développement de la basilique chrétienne et l’ancienne
église abbatiale de St-Pierre, à la citadelle de Metz.
Dans son introduction, l’orateur mentionne brièvement les opinions les plus
récentes sur l’origine de la basilique chrétienne des premiers siècles; la question
a été si souvent étudiée et discutée; elle est fondamentale pour le sujet de la con-
férence. M. le Dr Bour expose plus longuement l'opinion de M. le professeur Dehio
qui voudrait retrouver l'origine de la basilique chrétienne dans l’atrium de la
maison privée (avec ses dépendances, tablinium, alae, elc.). Cependant, pour des
raisons historiques et archéologiques, voire même techniques et formelles, cette
solution ne saurait être admise. D'après lui le noyau de la basilique chrétienne
— et, par conséquent, aussi son origine — doit être recherché dans les éléments
constitutifs de la basilique profane, considérée comme genre. Les exigences du
culte chrétien d'un côté, l’ecleetisme des premiers chrétiens de l’autre, auraient
fait ajouter dans la suite d’autres éléments empruntés d'ailleurs.
Viennent ensuite le peribolos, Vatrium et le narthex. On en montre l'origine
dans le temenos du temple payen et dans l’atrium de la maison privée; on dé-
termine le but de ces parties de la basilique chrétienne et on en donne une
description détaillée. L’orateur montre également comment le bénitier de nos
églises modernes n’est qu'une transformation successive du cantharus (ou fontaine)
qui se trouvait au milieu de l’atrium. — L'église de St-Pierre n'élait pas entourée
d’un peribolos; mais on peut supposer l'existence d'un atrium, sous forme de
cloître, probablement du côté sud. L'existence du narthex ne pourra être prouvée
que par des fouilles ultérieures, exécutées devant la façade de l'église.
Passant à la basilique proprement dite, M. le Dr Bour traite d'abord du
plan de l'édifice en général; puis il entre dans le détail des différentes parties
de la construction (savoir: colonnes et piliers, architraves et arcades, plafond et
toiture ; fenêtres et entrées) et en montre les analogies dans la basilique profane,
— Dans St-Pierre nous aurons à voir, du moins pour la fin de la période méro-
vingienne, une basilique à trois nefs, séparées par des colonnes (?); les tribunes
font défaut, de même les fenêtres dans les nefs latérales: le plafond n'a dû être
qu'une simple charpente, sans caissons. La fenêtre z (pl. I. Annuaire 1898), d'une
und anderer hierher gehörigen Punkte (Altar, Ciborium, Cathedra, Subsellien,
innere Dekoration und äussere Aubauten) muss wegen vorgerückter Stunde Ab-
stand genommen werden. Es werden nur noch die Presbyteriumsschranken be-
rücksichtigt, Ursprung, Form und Anlage erklärt und dabei das Relief von St. Peter
ausführlicher gedeutet. Christus wird dargestellt, gekennzeichnet durch das über
dem benimbten Haupte im Giebeldreieck hängende Kreuz, bekleidet mit Pallium
und Tunica — letztere weit, aber fälschlich erhaben, ausgeschnitten —, die Rechte
segnend oder sprechend emporhaltend. Der Daumen ist trotz der evident dem
Beschauer zugewandten Handlläsche nach aussen gerichtet. Der Gegenstand in
der Linken ist weder eine Fibula, weil zu gross, noch eine Hostie (in dieser
Stellung später und näher gekennzeichnet), noch eine Bauschung des Gewandes
(weil in diesem Falle die Falten nicht passen würden), sondern die Weltkugel
(Weltscheibe ?). Abbildungen von früheren und gleichzeitigen Monumenten (b. Grisar,
Geschichte Roms und der Päpste im Mittelalter, p.26, p.29,,p. 202
Kraus, Roma Soterranea p. 275, Spamer, Konversationslexikon III p. 968
Art. Deutschland) stellen sowohl die Kugel als auch das vermeintliche Bäffchen
klar. Der Vortragende schliesst mit dem Wunsche, es möchten behufs definitiver
Lösung der Frage über die ursprüngliche Bestimmung von St. Peter an be-
stimmten Punkten weitere Ausgrabungen stattfinden.
Dem lebhaften Beifall der Zuhörer giebt der Vorsitzende in warmen Worten
beredten Ausdruck.
Sitzung am Donnerstag, dem 25. Januar 1900, nachmittags 5 Uhr
im Bezirkspräsidium.
Anwesend der Vorsitzende, Dr. Wichmann, Dr. Wolfram, Dr. Grimme, Keune
und etwa 35 Mitglieder.
Neu aufgenommen wird Oberléhrer Abbé Mever, Metz, Arnulfschule.
Darauf erteilt der Vorsitzende Herrn Professor Dr. Wichmann das Wort zu
einem Vortrage: »Krieg um Metz in alter Zeit«. Der Vortragende vergleicht die
Kriege von 1324, 1444 und 1552. Nach einer kurzen Darstellung der politischen
Verhältnisse, durch welche diese Kriege herbeigeführt sind, geht er auf die Art
der Kriegführung ein. Zunächst vergleicht er die Taktik und stellt fest, dass
1324 eine eigentliche Belagerung von Metz nicht stattgefunden hat, sondern ledig-
lich das Gebiet des Metzer Landes rings um Metz durchzogen und verwüstet
wurde. 1444 wird Metz schon eingeschlossen, doch nicht so, dass es von aller Ver-
bindung abgeschnitten gewesen wäre, erst 1552 erleidet es eine regelrechte Ein-
schliessung und Beschiessung. Weiter vergleicht der Redner die Art der Waffen,
die Zahl der Kämpfer, die Kampfesart, die Verluste, die Verproviantierung, geht
dann auf die Persönlichkeiten der führenden Personen ein und schliesst mit einer
Schilderung der Folgen, welche diese 3 Kriege für Metz gehabt haben.
Der Vorsitzende dankt Namens der Anwesenden für die zuverlässige und
wissenschaftlich gründliche Belehrung, die der Redner der Versammlung gegeben
hat. Nach Professor Wichmann lest Direktor Keune einen Fund von Silbermünzen
des 16. Jahrhunderts, die auf dem Fort Saulny zu Tage gekommen sind, vor. Des-
gleichen bespricht er nochmals die Goldmünze, zu welcher Dr. Hund in der vor-
letzten Sitzung ‚Erläuterungen gegeben und die er auf Robert von Burgund zurück-
geführt hatte. Keune zeigt, dass es eine Münze Roberts von Bar (nach 1356) sei.
Schluss der Sitzung 6'/2 Uhr.
date plus récente, a été établie pour permettre aux habitants du couvent de voir
ce qui se passait à l'intérieur de la basilique.
L'heure étant avancée, l’orateur renonce à une description détaillée du
presbylerium et de tout ce qui s'y rapporte: autel, ciborium, chaire épiscopale,
sieges des prêtres. Passant également sur la décoration intérieure et les construc-
tions extérieures qui font plus ou moins partie de la basilique, il s'arrête un
instant sur le cancel dont il explique l’origine, la forme, la fin et vient enfin à
parler du cancel de l’église St-Pierre, en particulier du relief, reproduit pl. 12.
Ann. 1898. C'est l'image du Christ, la tête couronnée du nimbe; au-dessus dans
le triangle du fronton la croix. Le Seigneur est revêtu du pallium et de la tunique,
dont l'ouverture pour laisser passer la tête, au lieu d'être taillée dans la pierre,
est représentée en relief. La main droite, levée pour bénir ou pour parler, est mal
réussie en ce sens que le pouce est tourné à l'extérieur, quoique l'intérieur de
la main est évidemment du côté du spectateur. L'objet que tient la main gauche
n'est pas une fibula ou agrafe à cause de sa grandeur; ce n’est pas une hostie;
plus lard seulement ou la représente ainsi dans la main de quelqu'un; du reste,
la croix en indiquerait le caractère sacré; — ce n'est pas non plus une espèce
de bourrelet dans l'habit que les plis semblent exclure. L'objet en question n'est
autre chose que le globe terrestre (ou la terre sous forme de disque ?). En faisant
circuler des reproductions de monuments plus anciens ou de la même époque
que le cancel de St-Pierre, M. le Dr Bour démontre d'une manière visible la
vérité de ses assertions par rapport au globe terrestre et par rapport au prétendu
rabat. (Voir Grisar, Geschichte Roms u. d. Päpste im Mittelalter I p. 6, p. 29, p. 275;
Kraus, Roma Gotteranea, p. 275; Spamer, Konversationslexicon III p. 968.) — En
terminant, l’orateur exprime le désir de voir continuer les fouilles, du moins à
certains endroits déterminés, afin de permettre aux archéologues de résoudre dé-
finitivement la question de la destination primitive de l'édifice.
M. le Président se fait l'interprète de l'assemblée en exprimant à l’orateur
ses meilleurs remereiments.
Séance du jeudi, 25 janvier 1900, à 5 heures de l'après-midi,
à l'hôtel de la Présidence.
Sont présents: MM. le Président, Wichmann, Wolfram, Grimme, Keune et
environ 35 sociétaires.
M. l'abbé Meyer, professeur à l’école St-Arnould, est recu membre de la Société.
M. le Dr Wichmann, professeur, prend ensuite la parole pour entretenir
l'assemblée sur »les guerres autour de Metz dans les temps anciens«. Il établit une
comparaison entre les guerres de 1324, 1444 et 1552. Après avoir développé suc-
cinctement les circonstances politiques qui ont été causes de ces guerres, il vient
à parler de la manière dont ces guerres ont été faites. En comparant la tactique
qui y a été employée, il constate qu'en 1314 il n’y a pas eu de siège proprement
dit; l'ennemi s’est contenté de parcourir et de dévaster le pays aux alentours de
Metz. En 1444 la ville a été cernée, il est vrai, mais toutes les communications
n'ont pas été interrompues. Ce n'est qu'en 1552 qu'elle a subi un siège et un
bombardement selon toutes les règles de l'art de la guerre. L'orateur établit en-
suite une comparaison entre le genre des armes, le nombre des combattants, le
genre de combat, les pertes, l’aprovisionnement des deux parties belligerantes et
enfin les personnes qui furent à la tête des deux camps opposés, Il termine par
une description des conséquences que ces trois guerres ont eu pour la ville de Metz.
— 430 —
Vorstandssitzung am Donnerstag, dem 15. Februar 1900, nachmittags 4 ‘4 Uhr
im Bezirkspräsidium.
Anwesend von Hammerstein, Huber, Wichmann, von Daacke, Paulus, Keune
Wolfram, entschuldist Dr. Grimme.
Auf der Strassburger Generalversammlung der deutschen Geschichts- und
Altertumsvereine ist angeregt worden, den wissenschaftlichen Vereinen westlich
des Limes eine Vertretung in der projeklierten römisch-germanischen Central-
kommission des archäologischen Instituts zu sichern. Von Seiten der Vereine soll
zur weiteren Verhandlung der Angelegenheit am Sonntag, dem 25. Februar“ in
Frankfurt eine Beratung stattfinden. Archivdirektor Wolfram wird als Vertreter
dorthin geschickt und es wird ihm Vollmacht erteilt, im Namen der Gesellschaft
an den Beschlüssen teilzunehmen. Wünschenswert erscheint es, dass von den
5 Vereinsvertretern nur 4 fest gewählt und 1 Platz immer für denjenigen Verein
reserviert bleibt, in dessen Gebiete die Centralkommission Ausgrabungen vor-
nehmen lässt.
Der Antrag des Archivdirektors Professor Dr. Wiegand in Strassburg, Jahr-
buch 4—10 für die Bibliothek des vatikanischen Archivs einzusenden, wird stalt-
geseben. Diejenigen Bücher in der Bibliothek der Gesellschaft, welche nicht
Vereinspublikationen sind, sollen der Archivbibliothek unter Wahrung des Figen-
tumsrechts der Gesellschaft überwiesen werden.
Sitzung am Donnerstag, dem 15. Februar 1900, nachmittags 5 Uhr
im Bezirkspräsidium.
Anwesend die vorgenannten Vorstandsmitglieder und etwa 30 Mitglieder.
Neu aufgenommen werden Kreisdirektor Cordemann-Diedenhofen und Notar
Bettembourg-Kurzel.
Nach Vorlage der eingegangenen Vereinspublikationen erhält das Wort
jibliotheksdirektor Abbe Paulus zu einem Vortrage: »Les manuscrits lorrains et
messins de la bibliothèque nationale de Paris«e. Der Vortragende giebt zunächst
Mitteilungen über die Bedeutung und den Gesamtumfang der Natialbibliothek und
verbreitet sich dann eingehender über die Handschriften, welche für Metz und
Lothringen von Interesse sind. Dank des Vorsitzenden.
Nach Paulus spricht Museumsdirektor Keune über: »Die Inschriften “aus
dem Gebiete des römischen Metz. Der Vortragende teilt die Inschriften in Bau-,
Weih-, Grabinschriften und instrumenta, und erläutert an zahlreichen Beispielen
ihren Inhalt und ihre Form. An Stelle des Vorsitzenden, der während des Vortrags
abgerufen wird, dankt der Vicepräsident Huber. Schluss der Sitzung 6'}> Uhr.
Sitzung am Donnerstag, dem 23. März 1900, nachmittags 5 Uhr
im Bezirkspräsidium.
Anwesend: Vicepräsident Huber, Professor Wichmann, Keune, Kaufmann,
Paulus, Wolfram und etwa 25 Mitglieder.
M. le Président remercie M#Wichmann pour les renseignements savants et
approfondis qu'il vient de donner à l'assemblée.
M. Keune présente ensuite une trouvaille de monnaies d'argent du 16e siècle
faite au fort de Saulny. Il revient à parler de la monnaie d'or au sujet de la-
quelle M. le Dr Hund avait donné des renseignements dans l’avant-dernière
séance. Ce dernier crovait devoir attribuer cette monnaie à Robert de Bourgogne,
faute - d'un autre duc portant ce nom au 14° siècle. M. Keune prouve ce-
pendant qu'elle est de Robert de Bar, qui, d'abord comte, devint ensuite duc
en 1364.
La séance est levéé à 6 heures 1/2.
Séance du Bureau du jeudi, 15 février 1900, à 4 heures !; de l'après-midi,
a l'hôtel de la Présidence.
Sont présents: MM de Hammerstein, Huber, Wichmann, de Daacke, Paulus,
Keune, Wolfram. M. Grimme est empêché.
Lors de l’assemblee générale des Sociétés d'histoire et d'archéologie de
l'Allemagne on a fait la proposition tendant à assurer aux Sociétés savantes
situées à l’ouest du »Limes« le droit de se faire représenter à la Commission cen-
trale romano-germanique de l'Institut archéologique. Afin de débattre la question,
ces Sociétés se réuniront en conférence le dimanche 25 février, à Frankfort sur-
le-Main.
M. le Dr Wolfram, directeur des archives, est chargé, au nom de la Société,
d’assister à cette conference; le Bureau l’autorise à prendre part aux délibéra-
tions. Il serait à désirer que, parmi les 5 délégués des sociétés, 4 fussent élus
définitivement et que la 5? place restât toujours réservée à la Société, dans le
ressort de laquelle la Commission centrale fait pratiquer les fouilles.
Il est donné suite à la proposition de M.le Dr Wiegand, professeur et di-
recteur des archives à Strassburg, qui consiste à ce que l’on envoie les volumes
4—10 de notre annuaire à la bibliothèque des archives du Vatican. Les livres
de la bibliothèque de la Société qui ne sont pas des publications périodiques de
Sociétés savantes, seront versés à la bibliothèque des archives départements iles,
sans préjudice du droit de propriété de la Société.
Séance du jeudi, 15 février 1900, à 5 heures de l'après-midi,
k à l’hötel de la Présidence.
Assistent à la séance: Les membres du Bureau désignés ci-dessus et en-
varon 30 sociétaires.
Sont reçus membres de la Société: MM. Cordemann, directeur de l’arron-
dissement de Diedenhofen, et Bettembourg, notaire à Kurzel.
M: le Président fait circuler les publications historiques reçues en échange
de notre annuaire, puis M. l'abbé Paulus, directeur de la bibliothèque de Metz, donne
lecture d’un compte-rendu sur »les manuscrits lorrains et messins déposés à la
bibliothèque nationale de Paris«. Il donne des renseignements sur l'importance
et l'étendue générale de la bibliothèque nationale en faisant ressortir les manus-
crits qui ont de la valeur pour Metz et la Lorraine. M. le Président remercie.
M. Paulus ayant terminé, M. Keune, directeur du Musée, entretient
l'assemblée.sur »les inscriptions à Metz sous l'époque romaines, L’orateur dis-
tingue les inscriptions: gravées sur des édifices, les dédicaces aux divinités, les
— 4852 —
In Vertretung des erkrankten Vorsitzenden wird die Sitzung vom Vice-
präsidenten Huber aus Saargemünd eröffnet. Nach Aufnahme von Professor
Dr. E. Bour, Metz, Gutsbesitzer René Ditsch, Finstingen, und Leutnant Soltmann
vom Infanterie- Regiment 174, Metz, wird Abbé Cuny das Wort erteilt zu
seinem Vortrage über den Vertrag vom 23. August 1581 zwischen Karl IL von
Lothringen und Philipp von Nassau - Saarbrücken. Das wichtige Abkommen
betrifft insbesondere die Abtei Wadgassen, die Abtei Lubeln, die Herrschaft
Bolchen und die Salinen von Salzbronn. Der Redner, der auch reiches, urkund-
liches Material zur Vorgeschichte des Vertrags und der in demselben berührten
Gebietsteile herangezogen hat, sutht namentlich die verschwommenen territorialen
und hoheitsrechtlichen Verhältnisse klar zu stellen und geht zum Schluss noch
näher auf den auch nach dem Vertrage sich fortsetzenden Streit über die Salinen
ein. Der Schriftführer, welcher dem Redner dankte, hob besonders hervor, dass
der Vortrag einen wesentlichen Beitrag zur lothringischen Territorialgeschichte
gebe und bat um Fortsetzungen der einschlägigen Forschungen. Hierauf ergriff
Baurat Morlok aus Diedenhofen das Wort, um Erläuterungen über die Auf-
findung eines hochinteressanten römischen Steines zu geben, dessen Bergung ihm
zu danken ist. Direktor Keune erklärte das Stück für ein an einem Kreuzweg
aufgestellten Votivaltar oder einen Grenzstein.
Der Schriftführer legt einen von Baurat Tornow erstatteten Bericht über
die Auffindung dreier Bischofsstatuen in der Krypta der Metzer Kathedrale
vor. Die eine Figur ist durch das beigegebene Wappen als Bildnis des Bischof
Ademar von Monthil kenntlich; auch die beiden anderen gehören dem 14. Jahr-
hundert an.
Zum Schlusse besichtigt die Versammlung noch einen von Rittmeister a. D.
tennen in Oberhomburg liebenswürdigst geschenkten Merkurstein.
Schluss der Sitzung 6 !/» Uhr.
inseriplions funéraires et les inscriptions appelées »instrumenta« et explique par
de nombreux exemples leur contenu et leur forme. M. Huber, vice-président, re-
mercie pour M. le Président qui s'est absenté avant la fin de la séance.
La séance est levée à 6 heures !2.
Séance du jeudi, 23 mars 1900, à 5 heures de l’apres-midi,
à l'hôtel de la Présidence.
Assistent à la séance: MM. Huber, vice-président, Wichmann, Keune, Kauf-
mann, Paulus, Wolfram, membres du Bureau, et environ 23 sociétaires.
En remplacement de M. le Président baron de Hammerstein, empêché pour
cause de maladie, M. Huber, vice-président, occupe le fauteuil de la présidence.
Sont reçus au nombre des membres de la Société: MM. le Dr E. Bour, pro-
fesseur d'histoire ecclésiastique à Metz, René Ditsch, propriétaire à Finstingen,
et Soltmann, lieutenant au régiment d'infanterie n° 174, à Metz.
La parole est accordée à M. l'abbé Cuny pour entretenir l'assemblée sur
le traité du 23 août 1581 entre Charles III de Lorraine et Philippe de Nassau-
Saarbrücken. Cet important document concerne particulièrement l'abbaye de Wad-
gassen, l’abbaye de Longeville-lès-St-Avold, la seigneurie de Boulay et les salines
de Salzbronn.
L’orateur mentionne une quantité de documents qui ont trait à l’époque
précédant le traité et aux territoires qui en ont fait l’objet. Il cherche à éclaircir
entre autres la situation si embrouillée des territoires et des seigneuries et parle
ensuite des luttes qui ont été engagées au sujet des salines avant et après la
conclusion du traité. Le secrétaire de la Société remercie au nom de l'assemblée
et fait remarquer que la conférence de M. l'abbé Cuny est de nature à nous
faire comprendre plus facilement l'histoire si compliquée des territoires lorrains.
Il le prie de vouloir bien continuer ses travaux en ce sens.
M. Morlock, conseiller d'architecture à Thionville, donne quelques ren-
seignements au sujet d'un bloc de pierre sculpté très intéressant, datant de
l’époque romaine, qu'il vient de découvrir et qu'il présente à l'assemblée.
M. Keune, directeur du Musée, est d'avis que cette pierre représente, ou un autel
votif ou une pierre de délimitation, plantée au croisement de deux routes.
Le secrétaire soumet à l'assemblée un rapport de M. Tornow, conseiller
d'architecture, par lequel il informe M. le Président qu'il a découvert trois sta-
tues d’evöques dans la crypte de la cathédrale de Metz. Les armoiries sculptées
sur l’une de ces statues sont de l’évêque Adémar de Monthil; les deux autres
statues proviennent également du 14e siècle.
Finalement l'assemblée prend encore connaissance d’un bloc de pierre sur
lequel est représenté le dieu Mercure. M. Rennen, ancien chef d’escadron, à
Oberhomburg, l'a mis gracieusement à la disposition de la Société.
La séance est levée à 6 heures !/2.
28
Pe
Verzeichnis
der
Mitglieder der Gesellschaft für lothringische Geschichte und Altertumskunde
nach dem Stande vom 1. April 1900.
TABLEAU
DES
MEMBRES DE LA SOCIÉTÉ D'HISTOIRE ET D’ARCHÉOLOGIE LORRAINE.
1. Herr
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A. Ehrenmitglieder. — Membres honoraires.
Dr. Kraus, Professor an der Universität Freiburg.
E. Huger, Fabrikant, Saargemünd.
LEMPFRID, Gvmnasialdirektor, Thann.
B. Ordentliche Mitglieder. -- Membres titulaires.
Apr, Kommerzienrat, Forbach.
G. Apr, Fabrikbesitzer, Forbach.
ALBERT, Notar, Saargemünd.
ALEXANDER, Ludwig, Saarbureg.
ALFELD, Stadtbibliothekar a. D., Metz.
Dr. Anacker, Kreisarzt, Diedenhofen.
Dr. Asverus, Sanitätsrat, Metz.
Aupry, Kaufmann, St. Quirin.
ÄUDERERT, Direktor der Mittelschule, Metz.
Bac, Lehrer, Longeville.
Dr. Barer, Regierungs- und Schulrat, Metz.
Bargier, Niederlinder.
VON BARDELEBEN, Generalleutnant z. D., Berlin W.
JARTHELS, Apotheker, Saargemünd.
Dr. Bastıan, prakt. Arzt, Lixheim.
BavEr, Apotheker, Metz.
JAzın, Notar, Metz.
VAN DER BEGKE, Hüttendirektor, Ückingen.
BECKER, Pfarrer, Lixheim.
BECKER, Bauunternehmer, Metz.
BENDEL, Oberlehrer am bischöll. Gymnasium, Montignv.
BEntz, Abbé, Oberlehrer, Montigny bei Metz.
BerGrozp, Mittelschullehrer, Metz.
BERR, I. Beigeordneter, Saarburg.
)
Besten, Professor, Direktor der Realschule, Forbach.
BETTEMBoURG, Notar, Kurzel.
30. Bibliothek des Bezirksarchivs, Metz.
31.
32.
33.
34.
35
49.
0.
51.
92.
Bezirkspräsidiums, Metz.
29 3
A der Stadt Hagenau.
3 des Landesausschusses für Elsass-Lothringen, Strassburg
Herr Bickerx, Apotheker, Bolchen.
„
DE
Dr. Biscuorr, Notar, Diedenhofen.
Biscuorr, Regierungsassessor, Strassburg 1. E.
Dr. BrocH, Privatdocent, Strassburg i. E.-Ruprechtsau.
BrumnAarpt, Regierungs- und Baurat, Metz.
Bock, Vic a. d. Seille.
Bour, Gemeinderatsmitglied, Metz.
Bour, Abbé, Professor, Bitsch.
Bour, Pfarrer, Deutsch-Oth.
Dr. E. Bour, Professor, Metz, Priesterseminar.
Bouvy, Oberlehrer, Montignv,
Dr. BRAND, Sanitätsrat, Bürgermeister, Saarburg.
Braxpr, Gutsbesitzer auf Kammerholz bei Lörchingen.
Braun, Pfarrer, Mécleuves.
Dr. Bremer, Professor, Bonn.
BrickA, Ingenieur, Direktor der Glashütte, Vallerysthal.
BROICHMANN, Gymnasiallehrer, Saarburg.
Dr. Bruch, Regierungsrat, Metz.
Buch, Ingenieur, Longeville.
53. Bürgermeisteramt Bitsch.
54.
56.
Dire
DS.
59.
60.
61.
62.
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68.
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RN Diedenliofen.
5 Dieuze.
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R Saaralben.
= Saargemünd.
A St. Avold.
Herr Dr. Büsına, Landgerichtsrat, Metz.
CaïLLoub, Baurat, Weissenburg.
CHALER, Pfarrer, Waldwiese.
CHALIGNY, Bürgermeister, Vic.
CHATELAIN, Pfarrer, Wallersberg.
CHATELAIN, Pfarrer, Montigny.
CHAZELLE, Lehrer, Metz.
Guristiany, Abbé, Seminaroberlehrer, Pfalzburg.
CHRISTIANY, Archiv-Sekretär, Metz.
Cousus, Pfarrer, Altrip.
CORDEMANN, Kreisdirektor, Diedenhofen.
Courte, Hauptlehrer, Metz.
Cuny, Abbe, Montignv.
von Daacke, Regierungs- und Forstrat, Metz.
Darr, Polizeipräsident, Strassburg 1. E.
DECKER, Notar, Kattenhofen.
Dr. Derieusweiver, Gymnasialdirektor, Saarburg 1. L.
1.
E.
28*
— 456
78. Direktion der Bezirksirrenanstalt Saargemünd.
79. Herr Dırsc#, F. Rene, Gutsbesitzer, Finstingen.
80. ,, Dünmer, Apotheker, Metz.
81. ,, Döur, Baurat, Metz.
82. ,„ Dorvaux, Direktor am Priesterseminar, Metz.
83. ,, VAN DEN DRiEscH, Kreisschulinspektor, Metz.
84. ,„ Duyarpin, Bildhauer, Metz.
55. ,, Dr. Dünnter, Professor, Geheimer Regierungsrat, Berlin.
86. ., Duroxr, Abbé, Insmingen.
87. ,, Dr. Enter, Generaloberarzt, Metz.
88. ,, Dr. Erxsr, Regierungs- und Schulrat, Metz.
89. ,, Dr. men». Ernst, prakt. Arzt, Metz.
90. ,„ Ernst, Bauinspektor, Saarburg 1. L.
91. ,, ErrinGer, Pfarrer, Puzieux.
92. ,, Faye, Rentner, Lörchingen.
93. ,„ Dr. FaymonviLLe, Metz.
94. ,„ Dr. Ficker, Professor, Strassburg i. E.'
95. vox FISENNE, Baurat, Garnison-Bauinspektor, Danzig.
96. ,, Frrzau, Rechtsanwalt, Diedenhofen.
97. . FreiscHer, Stadtbaumeister, Metz.
98. ,, FLorANGE, Numismatiker, Paris.
99. ,, FLoranGe, TH., Ingenieur, Brüssel.
100. ,, Dr. FozzmanN, Professor, Metz.
101. ,, FozscaWeILEr, Pfarrer, Morsbach.
102. ,, Dr. FREUDENFELD, Kreisdirektor, Saarburg i. L.
103. ,, Feiprıcı, Stadtarchivar, Metz.
104. ,„ Frirscn, Abbé, Oberlehrer, Montignv.
105. ,, FROMMHAGEN, Oberstleutnant, Weissenburg.
106. FRORATH, Kommunalbaumeister, Diedenhofen.
107. ,„ Fürst, Apotheker, Chäteau-Salins.
108. , Freiherr von GAGERN, Kreisdirektor, Hagenau.
109. ,, Garrzscu, Betriebsinspektor, Saarburg i. L.
110. , Freiherr von GEMMINGEN, Kreisdirektor, Forbach.
111. ,„ GEorGer, Bezirkstagsmilglied, Foulcrey.
112. ,, _GEPPERT, Oberstleutnant, Strassburg i. E.
113. ,„ Dr. Gittler, prakt. Arzt, Noveant.
114. , Dr. GNÂpinGer, Gvmnasiallehrer, Metz.
115. ,, GoETz, Regierungssekrelär, Metz.
116. ,„ Gouvy, Oberhomburg i. L.
117. ,„ von GRAFENSTEIN, Rittmeister z. D., Neunkirchen.
118. ,„ GnAUvOoGEL, Ingenieur, Oberhomburg i. L.
119. ,„, vox Grimm, Hauptmann, Feld-Art.-Regt. 33, St. Avold.
120. , Dr. Grimme, Oberlehrer, Metz.
121. ,, Di. Grorkass, Bürgermeister, Rodemachern.
122. Gymnasialbibliothek, Saargemünd.
123. Herr Haas, Erster Staatsanwalt a. D., Geh. Justizrat, Metz.
124. , Haren, Justizrat, Metz.
125. ,, von Hagen, Oberleutnant im Infanterie-Regiment 174, Metz.
126. Herr Haux, Oberlehrer, Grunewald bei Berlin.
127. „ HarzBauEr, Forstmeister, Montigny.
128. ,, Dr. Hazuer, Pfarrer, Diedenhofen.
129. , Hamant, Abbé, Oberlehrer, Montigny.
130. ,, Hamm, Justizrat, Metz.
131. ,, HAMMERBACHER, Leutnant, Dieuze.
132. „ Freiherr von Hamnmerstein, Bezirkspräsident, Metz.
133. „ Dr. Hanıer, Landrat a. D., Landonvillers.
134. ,, Hartmann, Notar, Saaralben.
135. ,„ Dr. Hasse, prakt. Arzt, Diedenhofen.
136. ,, Haupt, Oberst a.D., Giessen.
137. ,„ Freiherr von Hausen, Hauptmann z. D., Loschwitz.
138. ,„ v. Heerıngen, Oberst u. Brigadier d. 4. Gendarmerie-Brigade, Magdeburg.
139. ,„ Heim, Bürgermeister, St. Avold.
140. , Heister, Bezirkstagsmitglied, Metz.
141. „ Henxeouım, Notar, Wallersberg.
142. ,„ Herring, wissenschaftlicher Hülfslehrer am Lyceum Metz.
145. ,, Heruesrrorr, Photograph, Metz.
144. „ Herrmann, Lycealdirektor, Metz.
145. ,, Dr. Hermann, Professor, Montignv.
146. ,, Hertzog, Architekt, Metz.
147. ,„ Dr. Herrzoc, Spitaldirektor, Colmar.
148. ,„ HeypeGcer, Baurat, Metz.
149. ,„ Dr. Heyues, Pfarrer, Walscheid.
150. „ Hirermann, Hauptmann, Infanterie-Regiment 157, Brieg i. Schl.
151. „ Hinrichs, Oberförster, Beauregard b. Diedenhofen.
152. „ Horrmann, Baurat, Saarburg i. L.
153. ,„ Dr. Horrmann, Oberlehrer, Longeville.
154. ,„ Dr. Horrmann, Professor, Metz, Arnulfschule.
155. „ Hovrerr, Redakteur des « Lorrain », Metz.
156. ,„ Hourr, Pfarrer, Gosselmingen.
157. ,„ Hueer, Ingenieur, Beauregard b. Diedenhofen.
158. ,, Hücx, Leo, München.
159. „ Dr. Huxp, Archivassistent, Metz.
160. ,, Dr. M. Jaunez, Saargemünd.
161. ,„ JEAN, Pfarrer, Dürkastel.
162. ,„ ILse, Forstassessor, Oberhomburg i. L.
163. ,„ Dr. Josten, Professor, Metz.
164. ,, Inte, Amitsgerichtsrat, Bitsch.
165. ,„ JunG, Oberrealschullehrer, Metz.
166. , Karcher, Gutsbesitzer, Neunkirchen.
167. ,„ Dr. Kaurmann, Oberst a. D., Queuleu.
168. ,„ Kavser. Resierunesrat, Colmar i. BE.
2) ? D
169. Keiz, Kommunalbaumeister, Metz.
2) ) ?
170. ,„, Kerrer, Hauptlehrer, Gorze.
171. ,„. Dr. Keune, Direktor des Metzer Museums, Montligny.
172. ,, Kincu, Abbé, Escheringen.
173. , Kincuner, Kreisbauinspektor, Wohlau i. Schl.
174. Herr Krıcne, Divisionspfarrer, Montignv.
175. ,, KLINGLER, Lehrer, Metz.
176. ,, Krorstecn, Ober-Stabsarzt, Saarburg.
177. ,„ Knaur, Oberpostdirektor, Metz.
178. ,, v. D. Kxeseseck, Oberstleutnant, Strassburg 1. E.
(70 KNITTERSCHEID, Baural, Metz.
180. ,„ Freiherr von Kramer, Bürgermeister, Metz.
181. ,, Kreps, Oberst, Metz.
182. ,, KRrEnER, Erzpriester, Mörchingen.
183. ,„ Krüger, Professor, Metz.
184. ,, Krürer, Hauptlehrer, Metz.
185. ,„ Kücazy, Erzpriester, Saarburg.
186. ,, Künne, Leutnant im Infanterie-Regiment 136, Dieuze.
157. , Lagroise, Landesausschussmitglied, Wuisse.
188. ,, Dr. Lacer, Domkapitular, Trier.
189. , Lang, Buchdruckereibesitzer, Metz.
190. ,, LanzBErG, Amtsgerichtsrat a. D., Vic.
191. Larue, Mittelschullehrer, Metz.
192. ,,. Lauge, Bauingenieur, Ars a. d. M.
193. Lazarp, Kommerzienrat, Metz.
194. ,, Leiner, Gerichtsvollzieher, Château-Salins.
195. , Lemoine, Kreisschulinspektor, Chäteau-Salins.
196. ,,. Leronp, Lehrer, St. Julien.
197. ,, Lespranp, Abbe, Oberlehrer, Montigny.
198. ,, LeucxerrT, Notar, St. Avold.
199. ,„ Levy, J., Notar, Saarburg.
200. ,, Levy, Kaufmann, Saarburg.
201. ,, Freiherr von Liegenstein, Polizeipräsident, Metz.
202. ,„ von Lorper, Bürgermeister, Saargemünd.
203. ,„ Lorenz, Ingenieur, Karlsruhe.
204. Lothringer Bürgerzeitung, Diedenhofen (Metz).
205. Lothringer Zeitung, Metz. :
206. Herr Lücker, Oberstleutnant, Kommandeur d. Fuss-Artillerie-Regiments 8, Metz
207. ,
208. ,, Lupus, Buchhändler, Metz.
209. ,„ Lurz, Brauereibesitzer, Saarburg.
210. Lyceum, Metz.
211. Herr Dr. MarckwArn, Bibliothekar, Strassburg 1. E.
De. LupewiG, Oberstabsarzt, Metz.
212. ,, Frhr. MarscHazz v. BixpersTEIN, Oberleutnant, Infanterie-Regt. 98, Metz.
213. ,„ Dr. Marrın, Professor, Strassburg i. E.
214. ,„ Dr. Marin, Abbe, Nancy, Ecole St. Sigibert.
215. ,, Martzour, Oberförster, Chäteau-Salins.
216. ,, Mavkıecher, Kreis-Bauinspektor, Chäteau-Salins.
217. ,„ Dr. MEıseL, Geheimer Sanitätsrat, Metz.
218. ,, Mexpzer, Kreisschulinspektor, Saargemünd.
219. ,„ Mennv, Kreisdirektor, Château-Salins.
220). ,„ Mer, Rentamtmann, Chäteau-Salins.
221. Messin, le, Metz.
FE
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222. Metzer Presse, .Metz.
223. Herr MEuriN, Hvpothekenbewahrer, Saargemünd.
224.
225.
226.
227.
228.
229.
230.
231.
232.
233.
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238.
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241.
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243.
244.
245.
246.
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251.
252.
253.
254.
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256.
291.
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262.
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265.
266.
267.
268.
269.
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22
3)
Dr. Meyer, prakt. Arzt, Saarburg.
Meyer, Abbé, Oberlehrer, Metz, Arnulfschule.
Morrock, Baurat, Diedenhofen.
Dr. Mosser, Bürgermeister, Amanweiler.
Mürrer, Arpnons, Mitarbeiter der Monumenta Germaniae, Berlin.
Nezs, Konsul, Johannesburg in Transvaal.
NEUBAUER, Regierungssekretär, Metz.
NEuBOURG, Hauptmann, Dieuze.
Ney, Oberforstmeister, Metz.
NIEDERKORN, Pfarrer, St. Johann-Rohrbach.
NIGETIET, Seminardirektor und Schulrat, Metz.
NorDMANN, Grenzpolizeikommissär, Amanweiler.
Oberrealschule, Metz.
237. Herr Dr. von ÖESTERLEY, Regierungsassessor, Metz.
2)
2)
1)
‘OuxGEer, Mittelschullehrer, Metz.
Orprter, Landrichter, Metz.
PAEPRE, Garnisonbauinspektor, Saarburg.
Pari, St. Julien.
Paurus, Abbé, Direktor der Stadtbibliothek, Metz.
Dr. PAworeck, Sanitätsrat, Bolchen.
Perir, Pfarrer, Augny b. Metz.
PönLmann, Oberregierungsrat, Metz.
Poirier, Pfarrer, Peltre.
Porrsox, Seminarlehrer, Metz.
Pünner, Kreisschulinspektor, Metz.
Racöczv, Generalsekretär, Metz.
Realschule, Forbach.
Herr Dr. Rec, Gymnasial-Direktor, Montigny.
29
ıecH, Mittelschullehrer, Metz.
Dr. REBENDER, Professor, Metz.
EME, Redakteur der Metzer Zeitung, Metz.
RENNEN, Rittmeister a.D.u. Generaldirektor d. Stahlwerke, Oberhombureg 1. L.
Rernarz, Forstmeister, Alberschweiler.
Reısen, Techn. Eisenbahnbetriebssekretär, Beauregard b. Diedenhofen.
DR. Reumont, Abbé, Montignv.
Reurer, Kommunalbaumeister, Bolchen.
RHEINART, Regierungsassessor, Saargemünd.
RicHARD, Bürgermeister, Rozerieulles.
Rıcnarp, Mittelschullehrer, Metz.
Rıcnarn, Lehrer, Moulins.
Freiherr von Rıcnrnoren, Baurat, Metz.
Rıck, Gewerberat, Metz.
urr, Oberförster
EDLER, Leutnant im Infanterie-Regiment 98, Metz.
, Alberschweiler.
{ÖHRIG, Rechtsanwalt, Metz.
Rock, Bürgermeister, Weiher, Post Alberschweiler.
— A
270. Herr Roos, Rentamtmann, Lörchingen.
271. ,„ RornerneL, Ingenieur, Chäteau-Salins.
Roerr, Kreisbauinspektor, Schlettstadt.
273. „ Sanson, Pfarrer, Aulnois.
274. ,, SAUERESSIG, Oberlehrer, Metz.
275. ,, Dr. H..V. SAUERLAND, Trier.
276. ,„ ScABELL, Major, Saarburg.
277. ,„, VAN DER SCHAAF, S. Gravenhagen, Raamstraat 29.
278. ,„ ScuaAntz, jun., Freiwald bei Finstingen. E
279. „ Scenarrr, Buchhändler, Diedenhofen.
280. „ ScHENMEL, Wasserbauinspektor, Saargemünd.
281. ,„ ScHEnECKER, Notariatsgehilfe, Busendorf.
282. ,„ Scnieer, Oberlandesgerichtsrat, Colmar.
283. „ ScuLosser, Gutsbesitzer, Drulingen.
284. „ Dr. J. vox Scntungerger, Präsident des Landesausschusses, Gebweiler.
285. VON SCHLUNBERGER, Gutsbesitzer, Gutenbrunnen, Kreis Zabern.
286. , Dr. Schuieor, Generaloberarzt a. D., Metz.
287. „ Scnörruın, Major, Infanterie-Regiment 53, Köln.
288. „ SCHRADER, Apotheker, Mondelingen (Lothr.).
289. „ SCHREIBER, Amtsrichter, ‚Sierck.
290. ,„ Dr. ScHrick, Sanitätsrat, Metz.
291. ,„ Scarôper, Oberförster, Bolchen.
292. „ Scrwexp, Regierungsbaumeister, Metz.
293. „ Scrısa, Hofbuchhändler, Metz.
294. ,„ SEEGER, Kreisdirektor, Bolchen.
295. ,„ SEICHEPINE, Kaufmann, Chäteau-Salins.
296. Seminar für Geschichte des Mittelalters an der Universität Strassburg.
297. Herr Dr. SENGEL, Sanitätsrat Forbach.
298. Dr. SEIFERT, Professor, Metz.
299. ,, SIBILLE, Notar, Vic.
300. „ Sie, Bürgermeister, Lellingen, Kr. Forbach.
301. ,, Size, Abbe, St. Julien.
302. ,„ Sreserr, Bürgermeister, Oberhomburg 1. L.
303. „ Sımerz, Leutnant, Infanterie-Regiment 131, Longeville.
304. „ Sorrmann, Leutnant im Infanterie-Regiment 174, Metz.
305. ,, Sommer, Generalmajor, Colmar 1. E.
306. ,, Dr. SorGius, Notar, Bolchen.
307. Staatsarchiv, Coblenz.
308. Herr Dr. SraAcH von GOLTZHEIM, praktischer Arzt, Dieuze.
309. „ Dr. Stern, praktischer Arzt, Metz.
310. ,, Srırr, Notar, Busendorf.
311. Strasser, Generalleutnant z. D., Wiesbaden.
2) ’ ?
312. „ Da. STÜNKEL, Professor, Metz.
313. „ Tuaizmonr, Pfarrer, Oberginingen.
314. ,, Terra, Glasmaler, Metz.
315. .„ Tmmrıor, des Freres-Pröcheurs, Corbara (Corse).
316. ,, Tunis, Abbé, Oberlehrer, Montigny.
317. ,, Dr. Tunis, Oberlehrer, Strassburg 1. E.
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518. Herr Tnisse, Lehrer, Delme.
319.
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Tomas, Amtsgerichtssekretär, Lörchingen.
TuorELLE, Pfarrer, Lorrv-Mardigny.
Dr. TurAEMER, Professor, Strassburg.
Dr. Tuupıcnun, Professor, Tübingen.
TiLLESSEN, Oberst, Metz.
Torxow, Regierungs- und Baurat, Metz.
Trapp, Regierungs-Bauführer, Strassburg.
Unr, Salineningenieur, Berka a. d. Werra.
Ury, Oberrabiner, Strassburg i. E.
Baron Üxkürr, Gutsbesitzer, Les Bachats b. Langenberg.
VALLET, Peter, Landesausschussmitglied, Loerchingen.
DE VERNEDI, Kreistagsmitglied, Fleury.
VETTER, Amtsrichter, Weiler b. Schlettstadt.
Graf v. Virrers, Kreisdirektor, Metz.
Viorraxp, Landesausschussmitglied, Pfalzburg.
VUILLAUME, Erzpriester, Vic.
WacGxer, Domherr, Metz, Arnulfschule.
WAGNER, Ingenieur, Beauregard b. Diedenhofen.
WAGNER, Pfarrer, Freisdorf.
Waux, Stadtbaurat, Metz,
Dr. WALTHER, Notar, St. Avold.
WEBER, Banquier, Bolchen.
WEBER, Pfarrer, Diedersberg, Post Albesdorf.
Weis, Gymnasialoberlehrer, Saarburg.
WELTER, Notar, Lörchingen.
WELTER, Symphorian, Redingen.
Dr. WEXDIING, Oberlehrer, Diedenhofen.
Dr. Werner, Apotheker, Bolchen.
WETTER, Pfarrer, Deutsch-Avricourt.
Dr. WEYLAND, Pfarrer, Vernéville.
Dr. Wıcnmann, Professor, Metz.
Professor Dr. WıeGann, Archivdirektor, Strassburg i. E.
Dr. WiNGKELMANN, Stadtarchivar, Strassburg i. E.
Winkert, Kaufmann, Metz.
Dr. Wire, Professor, Hagenau.
Dr. Worrram, Archivdirektor, Metz.
Worrer, Bürgermeister, Forbach.
ZEHLER, Major, Weissenburg.
Dr. ZÉLIQZON, Oberlehrer, Metz.
ZIMMERMANN, Apotheker, St. Avold.
ZwickEr, Abbé, Metz.
ZWILLING, Oberförster, Dieuze.
Von den 349 Mitgliedern des Vorjahres sind 25 ausgeschieden. Neu ein-
getreten sind 36, sodass ein Zuwachs von 11 Mitgliedern zu verzeichnen war.
L'année dernière, la Société comptait 349 membres, sur lesquels 25 on!
leur démission. Depuis, 36 nouvelles inscriptions ont eu lieu, en sorte
que cette année le chiffre des membres est en avance de 11 sur celui de l'année
précédente.
Br
‘Der Vorstand besteht bis zum 1. April | Jusqu'au 1% avril 1900 le bureau se
1900 aus den Herren: - | compose de MM.
Freiherr von HAmMERSTEIN, Vorsitzender.
Fabrikant Huser, Saargemünd, stellvertretender Vorsitzender. _
Archivdirektor Dr. Worrranm, Schriftführer.
Professor Dr. Wıcnmann, stellvertretender Schriftführer.
Regierungs- und Forstrat von DAACkE, Schatzmeister.
Museumsdirektor Dr. KEuNE, Montigny
Kreistagsmitglied pe VERNEUIL, Fleury
Professor Abbé Dorvaux, Direktor am Priesterseminar
Stadtarchivar Friprıcı
à Beisitzer.
Notar WELTER, Loerchingen :
Oberlehrer Dr. GRIMME
3ibliotheksdirektor Abbé Pavrvs,
Oberst a. D. Dr. Kaurmann, Queuleu
Der erste Schriftführer — Le Secretaire:
Archivdirektor Dr. Wolfram.
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