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Full text of "Jahr-buch der Gesellschaft für lothringische Geschichte und Altertumskunde"

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JAHR-BUCH 


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Gesellschaft für lothringische Geschichte und 
Altertumskunde 


x Elfter Jahrgang += 


1899. 


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VERLAG VON G. SCRIBA. 


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eHIR-BUCH 
Gesellschaft für lothringische Geschichte und 


Altertumskunde 


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ELFTER JAHRGANG 


1899. 


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ANNUAIRE 


DE LA 


SOCIETE D'HISTOIRE ET DARCHEOLOGIE 
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Inhaltsübersicht. — Table des matières. 


Die Reunionskammer zu Metz. Oberst a. D. Dr. H. Kaufmann, Queuleu 
Le Herapel. E. Huber, Saargemünd 


Kleinere Mitteilungen und Fundberichte. 


Communications diverses et trouvailles archéologiques. 


Une page d'histoire d’un village lorrain. N. Houpert, Metz 

Kaminplatten in Diedenhofen. Baurat E. Knitterscheid, Metz 

Bauinschrift in Diedenhofen. Baurat E. Knitterscheid, Metz NA 
Das alemanisch-fränkische Grabfeld bei Busendorf. P. Schenecker, Busendorf 
Römischer Münzfund bei Bentingen. P. Schenecker 

Römische Gebäudereste bei Alzingen. P. Schenecker . ARTE 
Bericht über die Erwerbungen des städtischen Museums. J, B. Keune 


Biicherschau. 


Es sind besprochen oder angezeigt: 
Ch. Sadoul. Essai historique sur les institutions des duches de Lorraine et 
de Bar avant les reformes de Leopold I 


C. v. Duncker. Ein Besuch des Herzogs von Lothringen und die Karl ohinz 


des Kronprinzen Friedrich (1732). Sitzungsberichte der Kais. Akad. d. 
Wissenschaften, Wien, Phil.-hist. Klasse. Bd. 141 . RI ee 

L. Stünkel. Ein geschichtlicher Streifzug in die Umgegend von Metz. 
(Wissenschaftl. Beil. z. Jahresber. d. Lyceums zu Metz. 1898. 

J. Grob. Zur Geschichte der Jahre 1680—1682 (Ons Euch Organ des 
Luxemburger Geschichtsvereins, IV, S. 421 ff., V, 5. 30 ff.) 

Die alten Territorien des Bezirks Lothringen nach dem Stande vom 1. Ja- 
nuar 1648. I. Teil. Herausgeg. von dem Statist. Bureau des Kais. Mi- 
nisteriums für Elsass-Lothringen. Strassburg 1893 ee 

C. Pfister. Chartes antérieures au 14e siècle, conservées à la bibliothèque 
publique de Nancy. (Journal d’archéol. lorraine 1899, p. 54 MT. 

P. Marichal. Contribution au catalogue des actes de Mathieu Il. (Journal 
d’archéol. lorraine 1899, p. 175 ff. a es R  T 

F. des Roberts. Les seigneurs de Saulny (Mémoires de l'académie de Metz 
1896—97 (éd. 1899), p. 61—166) Te Be EN à 

M. Auvray. Notice archéologique sur Chérisey (Mémoires de l'académie de 
Metz 1896—97 (éd. 1899), p. 173 f.). RE AN 

H. V. Sauerland. Erbauer und Bauzeit des vorigen romanischen Metzer 
Doms (Metzer Domblatt 12 u. 13, p.8 {f.). NA LU NC 

W. Schmitz. Der mittelalterliche Profanbau in Lothringen. In Abbildung 
und kurzer Beschreibung mitgéteill 


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E. Martin. Le gouvernement de Leopold et les évêques de Toul (Mémoires 

de l'académie de Stanislas) : en PRO in oe Mio 
F. J. Poirier. Documents généalogiques d’après en registres des paroisses 
1561—1792 


Brondex et Mory. Chan Heurlin. Pose palois-messin 


M. Stein. La collection Dufresne et les archives lorraines (le ee 
moderne, courrier international des archives et des bibliothèques 
no 9, 1898 : : HE RE 

G. Brand. Die Kürpergrüsse der Wehe 1 Beh late Elsass- 
Lothringen (Beiträge zur Anthropologie Elsass-Lothringens) 

À. D'Herbomez. Le cartulaire de l'abbaye de Gorze 

Goutière-Vernolle. Lorraine artiste 


Das Reichsland Elsass-Lothringen. Landes- und Ortsbeschreibung. Heraus- 


seg. v. Statist. Bureau des Minist. für Elsass-Lothringen 
a Geschichte der ehemaligen Grafschaft Saarbrücken . 
J. Levv. Geschichte der Stadt Saarunion seit ihrer Entstehung bis zur 
Gegenwart ist 3 5 


R. Parisot. Le royaume de ame sous les ne à ; 
B. Gumlich. Die Beziehungen der Herzöge von Lothringen zum deutschen 
Reiche im 13. Jahrhundert . . à Asset wie 

J. Fritz. Strassburger Urkundenbuch. Band VI. 

I. Knepper. Nationaler Gedanke und Kaiseridee bei den Elsässer tn ie 

J. Cramer. Die Geschichte der Alamannen als Gaugeschichte 

K. Weller. Besiedelung des Alamannenlandes 

E. Erbrich. Lieder aus dem Metzer Lande 
Ders. Metzer Bilder und Lieder. 


D . . . . . . . . 


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Die Reunionskammer zu Metz. 


Von Dr, Hermann Kaufmann, Oberst a. D. 


BINGELLUNG. 


In der deutschen Geschichtschreibung herrscht allgemein die Auf- 
fassung vor, dass die Reunionen Ludwigs XIV. ein Werk seiner eigenen 
Eingebung seien, oder den Vorschlägen seiner Ratgeber, insbesondere 
des Kriegsministers Louvois, ihre Entstehung verdanken. In diesem 
Sinne sagt Philippson!), nach Abschluss des Friedens von Nymwegen 
habe Louvois eine Theorie aufgestellt, die an abenteuerlicher Keckheit 
nimmer ihresgleichen gehabt habe. Auch Erdmannsdörfer hält dafür, 
dass die Theorie erst zur Zeit der Einsetzung der Reunionskammern 
selbst ausgebildet worden sei, um die widerrechtlichen Besitzergreifungen 
im Elsass zu rechtfertigen, und neue Ansprüche, besonders auf Erwei- 
terung des Gebietes der drei lothringischen Bistümer, zu erheben ?). 
Allerdings hatte schon Ranke, indem er die Vorgeschichte der Reunionen 
etwas eingehender behandelt, auf die Zweideutigkeiten des West- 
fälischen Friedensvertrages hingewiesen und die Verschiedenheit der 
Auffassung hervorgehoben, die hinsichtlich des Umfanges der abgetre- 
tenen lothringischen Bistümer und des Verhältnisses ihrer Lehen in den 
Verhandlungen zu Nymwegen zu Tage gekommen war; die Reunions- 
theorie selbst aber war auch von ihm als ein Werk Ludwigs XIV. be- 
zeichnet worden). Ihm folgt von Zwiedineck-Südenhorst ; bei ihm aber 
treten — wie auch sonst — die lothringischen Reunionen ganz gegen 
die elsässischen zurück f). 

Im Gegensatz hierzu finden sich in der französischen Geschicht- 
schreibung mannigfache Anhaltspunkte dafür, dass der Gedanke der 
Reunionen wesentlich älteren Ursprungs ist und noch in die Zeit vor 
dem Westfälischen Frieden zurückverlegt werden muss’). Und in der 
That führt ein näheres Eingehen auf diese Andeutungen und die Quellen, 
aus denen sie entsprungen sind, zu dem zweifellosen Ergebnis, dass 
die Reunionstheorie unmittelbar auf den grössten Staatsmann Frank- 
reichs, auf Richelieu, zurückzuführen und als ein Glied in der Kette 
der Massnahmen anzusehen ist, durch welche Richelieu eines seiner 
1) Philippson, Das Zeitalter Ludwigs XIV. 1879, S. 241. 

2) Erdmannsdörffer, Deutsche Geschichte 1892 I, S. 654. 

%) Ranke, Sämtliche Werke 1877 X, S. 331 ff. 

#) v. Zwiedineck-Südenhorst, Deutsche Geschichte 1890 I, S. 448. 

5) Auf diese Thatsache bin ich von Herrn Archiv-Direktor Dr. Wolfram zu 
Metz, dem ich auch die Anregung zu der vorliegenden Arbeit verdanke, aufmerksam 
gemacht worden. 

1 


Hauptziele, die Erwerbung des linken Rheinufers für Frankreich zu 
verwirklichen trachtete. .Eine bisher nicht hinreichend gewürdigte, von 
ihm 1624 eingesetzte Kommission kann sowohl der ihr gestellten Auf- 
gabe nach, als insbesondere auch wegen der Art ihrer Thätigkeit als 
Vorgängerin und Vorbild der Reunionskammern angesehen werden; die 
Einsetzung des Parlaments zu Metz im Jahre 1633, die Unterhandlungen 
über den Westfälischen Frieden 1646-1648, die Thätigkeit von Colbert 
de Groissy 1657 —1664 — alles das sind Marksteine auf dem Wege, 
dessen Endziel 1679 mit der Durchführung der Reunionen erreicht 
wurde. Bei der Darstellung der Reunionsbestrebungen von 1624—1679, 
die uns im ersten Teile zu beschäftigen haben wird, heben wir aus- 
schliesslich das auf Lothringen Bezügliche hervor, denn auf Lothringen 
— wenn wir darunter dem gewöhnlichen Sprachgebrauch nach den 
ehemaligen ducatus Mosellensis, Oberlothringen, verstehen — ist die 
Chambre royale de Metz, deren Geschichte uns im besonderen be- 
schäftigen wird, beschränkt gewesen. 

Innerhalb dieses Rahmens war in Bezug auf das heranzuziehende 
Material insofern eine Begrenzung notwendig, als nur die in Metz selbst 
beruhenden Archivalien benutzt werden konnten. Gewiss würden ander- 
weite archivalische Forschungen die Geschichte der älteren Reunions- 
bestrebungen vertiefen, und die Pariser Collection de Lorraine, über die 
Marichals Katalog!) eine Uebersicht gewährt, brauchbare Ergänzungen 
auch für die Kammer von 1679 liefern; auch in Nancy und Bar-le-Duc 
würden Nachforschungen voraussichtlich nicht vergeblich sein. 

Dennoch schien dieser erste Versuch, die Reunionen in selbst- 
ständiger Untersuchung zu behandeln, gewagt werden zu dürfen, weil 
schon das zur Verfügung stehende Material eine völlige Klärung der 
Organisation und Thätigkeit der Metzer Kammer gestattete, sodass von 
weiteren Forschungen nennenswerte neue Aufschlüsse kaum zu erwarten 
sein dürften. Ganz unbekannt aber waren bisher die nach den Schrift- 
stücken des Metzer Archivs festgestellten Reunionen ohne Beschluss 
und die Vorbereitungen weiterer beabsichtigter Reunionen. Auch ergab 
sich bei dem Eingehen auf den Ursprung der Reunionstheorie ein bis- 
her nicht angenommener Zusammenhang des Reunions-Unternehmens 
Ludwigs XIV. mit der Politik Heinrichs IV., Richelieus und Mazarins, und 
eine von der bisherigen abweichende Beurteilung der auf die loth- 
ringischen Verhältnisse bezüglichen Bestimmungen des Westfälischen 
Friedens, sodass für die Begründung und damit für die Beurteilung der 

eunionen ein neuer Boden gewonnen werden konnte. 


') Marichal, Catalogue des manuscrits de la collection de Lorraine 1896, 


ERSTER Teir. 


Die Reunions-Unternehmungen vor Errichtung der Kammer zu Metz. 


L 


Die Erwerbung der Städte und Bistümer Metz, Toul und Verdun durch Frankreich. 


Der Gewinn des Rheines als der natürlichen Grenze Frankreichs 
war seit dem Erstarken des französischen Königstums die Hoffnung 
seiner Fürsten und der Traum seiner Gelehrten. Indem Richelieu so- 
gleich bei seinem Amtsantritt Vorbereitungen traf, die östlichen Grenzen 
Frankreichs vorzurücken, nahm er daher eine Aufgabe in Angriff, die 
längst vor ihm den französischen Staatsmännern als Ziel hingestellt 
war, wie sie anderseits bis in unsere Tage hinein die französische 
Politik beherrscht hat. 

So lehrreich und nützlich es sein mag, dem planmässigen Vor- 
dringen Frankreichs gegen Osten, insbesondere seit der Mitte des 
16. Jahrhunderts im Einzelnen nachzugehen, so kann doch hier dieses 
Bestreben nur in grossen Zügen gekennzeichnet werden, wobei im 
Wesentlichen die Ausführungen Sorels !) und eine Flugschrift Jansens 
die Grundlage abgeben werden ?). 

War einst bei dem Zerfall des Karolingerreiches das Elsass und 
im 10. Jahrhundert nach heftigen Kämpfen auch das ganze Lothringen 
dem deutschen Reiche zugefallen, so glaubten doch die kapetingischen 
Könige als die rechtmässigen Nachfolger Karls des Grossen begründete 
Ansprüche auf diese (Gebiete erheben zu können. Philipp August, der 
zuerst dem französischen Königtum seine Machtstellung schuf, knüpfte 
unmittelbar an Karl d. Gr. an, indem er ausrief: »Je pense à une chose, 
c'est à savoir, si Dieu accordera à moi ou à un de mes hoirs la grâce 
d'élever la France à la hauteur où elle était du temps de Charlemagne. « 

Ein Jahrhundert später konnte unter Philipp dem Schönen dieser 
Gedanke schon wesentlich bestimmtere Formen annehmen. Sein juri- 
stischer Berater Pierre du Bois — der erste der grossen französischen 
Rechtsgelehrten, die ihre Wissenschaft in den Dienst der königlichen 
Politik stellten — träumte von der Kaiserkrone und verlangte das ganze 
linke Rheinufer für Frankreich. Allerdings liess der hundertjährige 


1) Sorel, L'Europe et la Révolution 1887 I. 
?) Jansen, Frankreichs Rheingelüste 1883. 


1* 


Kampf, den die Valois um die Existenz des Königreiches gegen England 
führen mussten, zunächst die Möglichkeit einer Gebietserweiterung 
zurücktreten. Die Ueberlieferung ging aber trotzdem nicht verloren; 
dès que la guerre d’independance fut terminée, la guerre des limites 
commença: la tradition ne s’en était pas perdue«!). Sobald die Un- 
abhängigkeitskriege siegreich durchgefochten waren, begann wieder der 
Kampf um die Grenzen, der sich jetzt notwendig gegen Osten, gegen 
Deutschland richten musste; denn nur dorthin konnte sich Frankreich 
ausdehnen, nachdem es auf allen andern Seiten, an den Pyrenäen, dem 
Meere, den Alpen seine natürlichen Grenzen gefunden hatte. Und dort- 
hin, nach Austrasien wies die nie erloschene, durch die Sage lebendig 
erhaltene Tradition vom Weltreiche des grossen Karl’). 

Ein deutscher König selbst ist es gewesen, der den Franzosen 
zum ersten Male die Möglichkeit gegeben hat, ihre Ansprüche in die 
That umzusetzen. Die Unterstützung von 7000 Mann, die König 
Friedrich II. von Karl VII. von Frankreich gegen die Schweizer for- 
derte, gab diesem den Vorwand, 1444 ein Heer von 40000 Söldnern 
unter seinem Sohne, dem spätern Könige Ludwig XI. zu entsenden, 
das nach dem Siege bei St. Jacob an der Birs sich im Elsass festsetzte *). 
Gegenüber den Vorstellungen deutscher Gesandten erklärte der Dauphin 
zu Altkirch: »er wolle nur etliche Gebiete zurückerobern, die von Alters 
her zu Frankreich gehört und sich dem schuldigen Gehorsam wider 
xecht entzogen hätten«. Gleichzeitig erliess Karl VIL, den Herzog 
Renatus von Lothringen zu Hülfe im Kampfe gegen die Reichsstädte 
gerufen hatte, ein Manifest, das seine Ansprüche unzweideutig zum 
Ausdruck brachte: »er sei an die Grenzen der Herzogtümer Bar und 
Lothringen gekommen, um verschiedene Länder, Herrschaften und Städte 
diesseits des Rheines, welche von Alters her zur Krone Frankreichs 
gehört hätten und derselben entfremdet worden wären, wieder unter 
ihre Botmässigkeit zurückzubringen«e. Wie entschieden damals die 
französische Krone diesem Ziel entgegenging, wie skrupellos sie ander- 
seits in der Wahl der Mittel war, geht aus einem Schreiben hervor, 
welches der damalige Königliche Sekretär Aeneas Sylvius Piccolomini 
an den Pronotar Johann Guis richtete: »Postquam Delfinus Bellegardi 
Montbeliardi potitus est, famam undique sui adventus publicavit, sed 
non uno modo apud omnes; apud aliquos namque se in auxilium no- 


1) Sorel I, Seite 253. 

*) Die Kämpfe Frankreichs um Flandern bleiben in Rücksicht auf den 
besonderen Gegenstand der Arbeit hier unberücksichtigt. 

°) v. Kraus, Deutsche Geschichte im Ausgange des Mittelalters 1899 I, S. 133 ff. 


— 9) — 


bilitatis venisse praedicabat, tamquam si Germani per communitates esset 
oppressa; apud alios vero vocatum se dicebat per Romanorum regem 
contra Suitenses ; nonnullis autem se velle vindicare jura domus Franciae 
asseverabat, quae usque ad Rhenum protendi dicebat. Ex hac causa 
urbem Argentinam obsessurum se affırmabat').« Der Erfolg war aber 
nur ein vorübergehender. Epinal zwar begrüsste damals den König 
von Frankreich als Landesherrn, Toul und Verdun mussten wenigstens 
vorläufig, unbeschadet ihrer Stellung zum Reiche, die französische 
Schutzherrschaft anerkennen. Der angekündigte Handstreich auf Strass- 
burg misslang aber, die berüchtigten Söldnerscharen der Armagnaken 
räumten 1445 das Elsass, und Metz wahrte in tapferem Kampfe seine 
Unabhängigkeit. 

Bedeutungsvoller als das an sich ziemlich ergebnislose Vordringen 
Frankreichs ist für uns die Begründung, die es dafür suchte. Jean 
Raboteau, der Präsident des Pariser Parlements, erwiderte den Metzern, 
die sich auf ihre Privilegien beriefen, er werde ihnen »aus Urkunden 
und Chroniken« den Nachweis liefern, dass ihre Stadt von Alters her 
unter der Souveränität der Krone Frankreichs gestanden habe ?). So 
sing schon damals das Recht jene Verbindung mit der Gewalt ein, die 
Lothringen im 17. Jahrhundert durch die Reunionen verhängnisvoll 
werden sollte. Und nicht nur das Recht, die Wissenschaften überhaupt 
dienten der Förderung der französischen Interessen; im Zeitalter des 
Humanismus lieferten Caesar, Strabo, Tacitus, wie Sorel geistvoll aus- 
führt, willkommene Belege, den Rhein als die uralte Grenze Galliens 
segen die Germanen zu beanspruchen. 

Mit Sicherheit war daher zu erwarten, dass die nächste günstige 
Gelegenheit zur Wiedergewinnung der alten Grenzen benutzt werden 
würde; eine solche bot sich, als Deutschland durch die Religionswirren 
und die daraus entstandenen inneren Kriege veruneint und geschwächt 
war; allgemein bekannt sind jene Ereignisse des Jahres 1552, bei denen 
wiederum deutsche Fürsten dem Könige von Frankreich die Gelegenheit 
boten, dem Reiche schweren Schaden zuzufügen *). Die protestantischen 
segen Karl V. verbündeten Fürsten mit Kurfürst Moritz an der Spitze 
schlossen am 15. Januar 1552 mit Heinrich II. den Vertrag von Cham- 
bord, in dem ihm in einer allerdings zweideutigen Form die Schutz- 
herrschaft über die Städte Cambrai, Metz, Toul und Verdun überlassen 
wurde. Der wichtigste Abschnitt im deutschen Texte des Vertrages 

1) Chmel, Geschichte Kaiser Friedrichs IV. 1843 II, S. 284, Anm. 

2) Sorel I, S. 256. 


3) Ueber Heinrichs II. einsetzende Bemühungen um Toul s. de Pimodan, La 
réunion de Toul à la France 1885, S. 13 ff. 


BE ie 


lautet!): »Es wird für gut erachtet, dass die Königliche Majestät zu 
Frankreich auf’s allerförderlichste die Städte, so zum Reiche von Alters 
her gehört, und nicht deutscher Sprache sind, als Cambrai, Toul in 
Lothringen, Metz, Verdun, und was derselben mehr wären, ohne Verzug 
einnehme, und sie als ein Vikarius des heiligen Reiches, zu welchem 
Titel wir seine Königliche Majestät zukünftig zu befördern geneigt sind, 
innehabe und behalte, doch vorbehalten dem heiligen Reich seine Ge- 
rechtigkeit so es auf dieselben Städte hat, damit sie also wieder aus 
des Gegenteils Händen gebracht ?).« 

Der mehr bekannte französische Text des Vertrages lautet: »On 
trouverait aussi bon que ledit Seigneur (Henry II) s'impatronisät le plus 
tôt possible qu'il pourrait des villes qui appartiennent d'ancienneté à 
l'empire et qui ne sont pas de langue germanique, savoir de Cambrai, 
Toul en Lorraine, Metz, Verdun et autres, et qu'il les garde comme 
vicaire de l'empire, auquel titre nous sommes prêts de le promouvoir 
à l'avenir, en réservant toutefois audit empire les droits qu'il peut avoir 
sur lesdites villes ?). 

Durch diesen Vertrag erlangte Frankreich dem Reiche gegenüber 
gar keinen Rechtstitel, da die Fürsten zu einer derartigen Abmachung in 
keiner Weise berechtigt waren; überhaupt ist die Art der französischer- 
seits erlangten Herrschaft völlig unklar und war es den Beteiligten 
im Reich und in Frankreich selbst. Deutlich geht für uns aus dem 
Wortlaute des Vertrages nur das hervor, dass er nur die Reichsstädte, 
nicht aber auch die reichsständischen Bistümer betraf, aber, soweit 
wir sehen, ist dieser Unterschied damals in Deutschland selbst gegen- 
über den französischen Uebergriffen nicht scharf betont worden. 

Dem Vertrage war alsbald die Besetzung der Reichsstädte durch 
Heinrich II. gefolgt. Am 12. April 1552 hielt er seinen feierlichen Einzug 
in Toul, das ihm wie später am 12. Juni Verdun freiwillig die Thore 
öffnete; am 18. April betrat er Metz, das durch Ueberrumpelung und 
Verrat gewonnen werden musste. Der Versuch Karls V. im folgenden 
Winter Metz zurückzuerobern scheiterte vollständig; seitdem ist von 
seiten des Reiches ein Unternehmen, mit bewaffneter Macht das Ver- 


7) Die angeführten Stellen sind, soweit es nicht auf die angewendeten Aus- 
drücke besonders ankommt, in der ganzen Arbeit in die heutige deutsche und 
französische Schreibweise übertragen. 

*) Urkunde im Dresdener Haupt-Staats-Archiv, abgedruckt bei v. Druffel, 
Beiträge zur Reichsgeschichte 1882 III, S. 340. 

») Dumont, Corps diplomatique 1726 IV, T. 3, S. 31. Die unfranzösische 
Wendung: >On trouverait aussi bon« trägt den Charakter der Uebersetzung, so 
dass der deutsche Text der ursprüngliche sein dürfte. 


lorene wiederzugewinnen nicht mehr zustande gekommen. Die weit- 
verbreitete Erzählung, dass damals auch ein Anschlag auf Strassburg 
geplant, aber gescheitert sei, ist von Holländer in das Reich der Legende 
verwiesen worden !). 

Wie sich in den folgenden Jahrzehnten bis auf Heinrich IV. die 
Geschicke jener Gebiete gestaltet haben, ist im einzelnen noch keines- 
wegs aufgehellt und kann hier nur in Hauptzügen angedeutet werden. 
Sicher ist zunächst, dass Frankreich das Protektorat über die Städte 
stillschweigend in ein solches über die Bistümer umzuwandeln suchte?), 
und in der Zeit der Reunionen annahm, dass ein solches schon damals 
thatsächlich bestanden habe; die Kammer von 1679 entnahm daraus 
den Vorwand, alle nach 1552 von den Bischöfen ohne Zustimmung 
des französischen Königs als Protektors abgeschlossenen Verträge für 
ungültig zu erklären. Schon der Vertrag, durch den der Metzer Bischof 
Franz von Beaucaire die thatsächlich längst nicht mehr vom Bistum 
ausgeübten weltlichen Hoheitsrechte über Metz 1556 den Franzosen 
abtreten musste, liess über die Richtung der französischen Politik keinen 
Zweifel?). Eine sehr deutliche Sprache redete ferner die Besetzung 
der Festung Marsal 1555 und der Stadt Albesdorf 1564, beide im Fürst- 
bistum Metz, durch französische Truppen. Bezeichnend auch für die 
zweifelhafte Stellung der Bistümer ist es, dass 1561 bei der Abtretung 
der bischöflichen Herrschaft Delme an das Herzogtum Lothringen der 
Bischof von Metz es für nötig hielt, die Zustimmung des Königs von 
Frankreich einzuholen. Allerdings hat es mit diesen Abtretungen von 
seiten der Bistümer an das Herzogtum eine eigne Bewandtnis. Schon 
1546 war vom Bistum Verdun ein erheblicher Teil seines Besitzes an 
den Herzog abgetreten worden, und 1561 und 1564 fanden erneute 
Verhandlungen statt. 1550 war sogar die Abtretung aller Temporalien 
geplant, wurde aber vom König Karl IX. in seiner Eigenschaft als 
»vicaire du saint empire et protecteur des trois évêchés< untersagt"). 
In Toul schloss am 6. März 1562 der Bischof Toussaint d'Hocédy ein 
Abkommen, durch das alle Temporalien des Bistums mit allen Souve- 
ränitätsrechten an Herzog Karl von Lothringen übertragen werden 


1) Holländer, Beiträge zur Landes- und Volkeskunde von Elsass-Lothringen 
1889 ILb, S. 52. 

?) Ritter, Deutsche Geschichte 1889 I, 5. 94. 

3) Sauerland im Jahrbuch der Gesellschaft für Lothringische Geschichte u. 
Altertumskunde V b, 5. 188 ff. 

1) Weiss, Les papiers du cardinal de Granvella 1852 III, 5. 462. Pimodan, 5. 50; 
über das Verhalten des Bischofs von Verdun s. Roussel, Histoire ecclésiastique et 
civile de Verdun 1844, S. 11 ff. 


11, OU 


sollten '); und völlig auf das Gleiche lief der Vertrag hinaus, den am 
13. September 1571 der Bischof von Metz mit dem Herzog einging. 
Nirgends allerdings ist es zu ihrer Ausführung gekommen, jedenfalls 
weil Frankreich seinen durch die Macht gestützten Widerspruch dagegen 
erhob. Aber auf den Gegensatz der Interessen werfen diese Dinge ein 
helles Licht. Auf der einen Seite fürchteten offenbar die Bischöfe, 
hülflos dem Vorgehen der Franzosen zum Opfer zu fallen; auf der 
andern erkannten die Herzöge, dass sie nach der Erwerbung der Bis- 
tümer durch Frankreich ihre Selbständigkeit nicht länger würden wahren 
können. Unter diesem Gesichtspunkte sind offenbar ihre Versuche zu 
verstehen, ebenso die weltlichen Hoheitsrechte der Bistümer an sich 
zu bringen, wie die drei Bischofsstühle durch Mitglieder des Herzogs- 
hauses zu besetzen ?). Eine eigentümliche zweideutige Stellung zwischen 
der Krone Frankreich, den Herzögen und den Bischöfen haben die 
Kardinäle aus dem lothringischen Hause innegehabt. Die Auffassung 
der Franzosen sowohl von den oben besprochenen Abtretungen an das 
Herzogtum wie von ihrem Protektorat über die Bistümer beleuchtet 
ein Schreiben Katharinas von Medici?) vom 13. Oktober 1564, dem- 
zufolge aus Metz an den Hof berichtet wird: »que des terres depen- 
dantes de l'évêché et territoire du dit Metz et pays Messin ainsi que 
de Toul, Verdun et abbaye de Gorzes qui sont toutes en la protection 
du roi mon fils, mon cousin le cardinal de Lorraine et les évêques en 
ces dits lieux font tous les jours plusieurs démembrements, nouvelles 
infeudations et changements qui altèrent la nature des dites terres et 
des principaux fiefs et membres de celles auxquels ils font changer de 
main au grand préjudice de la dite protection et dommage des villes 
que nous y tenons. 

Das Reich war, dank seiner inneren Zerrissenheit nicht imstande, in 
die Entwicklung der lothringischen Zustände irgend einzugreifen ; wohl 
wurde der Verlust der Städte aufs bitterste empfunden, wohl sahen 
weiterblickende Männer voraus, dass der Fall der Städte den Uebergang 
der Bistümer an Frankreich nach sich ziehen müsse, was den Verlust 
um so tiefer empfinden liess. Allenthalben hatte sich in patriotischen 
Herzen der Wunsch geregt, diese Lande nicht dauernd aufzugeben *). 
So berichtet der kurbrandenburgische Rat Christoph von der Strassen 
am 20. April 1553 an seinen Herren: »Der Franzose lässt Metz bauen 


1) Pimodan, S. 46 ff. 

°) Ritter, Deutsche Geschichte I, S. 443. 

3) Lettres de Catherine de Médicis 1885 II, S. 229, 

*) Menzel, Wolfgang von Zweibrücken 1893, 5. 198 ff, 


BERN... Due 


und verproviantieren. Desgleichen lässt er Verdun und Toul auch be- 
festigen und etliche Oerter in Lothringen, ohne Zweifel in der Meinung, 
sie zu behalten. Was mit der Zeit daraus folgen will, das gebührt Euch 
Herren und Säulen des hl. Reichs zu betrachten. Denn, so er diese 
Lande behält, so ist er der deutschen Nation mächtig bis an den Rhein, 
wann er will: und so er Strasburg einbekäme, so nimmt er den Rhein- 
strom bis an Cöln inclusive überhaupt ein; alsdann möget Ihr andern 
extra Rhenum auch sehen, was folgen wird !).« 


Keine Reichsversammlung verging, ohne dass von irgend einer 
Seite die Zurückgabe der Städte ans Reich angeregt wurde ?); immer 
aber erhoben sich auch Stimmen, »man solle sich befleissen, Frankreich 
nicht vor den Kopf zu stossen« ; und immer fehlte es an Kraft zu einem 
entscheidenden Entschlusse. Endlich regte 1559 Kaiser Ferdinand I. 
selbst an, Verhandlungen über die drei Städte einzuleiten ; nach manchen 
Weiterungen wurde eine Gesandtschaft abgeordnet, die indessen erst 
nach Heinrichs II. Tode im Januar 1560 bei seinem Nachfolger Franz II. 
in Blois eintraf. Den Gesandten war allerdings in ihrer Instruktion 
gesagt, mit aller Entschiedenheit aufzutreten: »man möge nicht glauben, 
der Kaiser und die Stände würden es bei Drohungen bewenden lassen ; 
im Gegenteil, bei nächster Gelegenheit, dass der Franzose auf seinem 
Raube zu beharren Miene mache, an stärkere und entschiedenere Mittel 
denken, um die abgedrungenen Stifter und Städte dem Reiche zurück- 
zubringen?).«c Der Erfolg entsprach aber keineswegs diesen kühnen 
Worten; die Gesandtschaft wurde zwar von dem jungen Könige Franz Il. 
ehrenvoll empfangen, musste sich aber mit dem Bescheid begnügen, 
dass der König zu dem nächsten Reichstage eine Gesandtschaft ab- 
schicken und seine Rechte und Ansprüche auf die lothringischen Reichs- 
städte und Bistümer darlegen werde. Wichtig ist, dass in den beider- 
seitigen Kundgebungen auch die Stifter als verloren angesehen werden, 
Allein man wusste in Frankreich zu gut, dass vom Reiche nichts zu 
fürchten sei, so dass jene Gesandtschaft ebenso erfolglos blieb wie eine 
Botschaft Ferdinands I. im Februar 1563, deren Bedeutung durch Ge- 
rüchte erhöht wurde, dass in Deutschland gerüstet werde, um die Städte 


1) v, Druffel-Brandi, Beiträge zur Reichsgeschichte 1896 IV, 5. 121. — 
s. ebenda S. 378, 565, 680, über Verhandlungen in den Jahren 1554 und 1555. 

?) Kluckhohn, Briefe Friedrichs des Frommen 1868, 5. 55. 

3) Scherer, Der Raub der Bistümer Metz, Toul und Verdun in Raumers 
Hist. Taschenbuch. Neue Folge III 1842, S. 370. Ueber den Versuch Frankreichs 
die Reichsstandschaft zu erhalten s. Goetz, Briefe und Akten zur Geschichte des 
16. Jahrh. V, S. 158. 


— 10 — 


wieder zu erobern') Im Reiche sah man daher schon damals den 
Verlust auch der Bistümer als endgültig an, so dass 1566 eingehend 
die Frage erörtert wurde, ob die drei lothringischen Bischöfe noch fürder- 
hin im Fürstenkollegium zugelassen werden könnten ?). Die schliesslich 
im Sinne einer beschränkten Zulassung entschiedene Frage war auch 
deshalb wichtig, weil die katholische Curie durch den Ausschluss der 
Bischöfe drei Stimmen verloren hätte. 

Immer wieder ward auf den Reichstagen von seiten des Kaisers 
vorgeschlagen, Schritte zum Wiedererwerb der drei Städte zu thun?); 
aber immer waren es die Stände, die, von den verschiedensten Inter- 
essen geleitet, ein einheitliches Vorgehen unmöglich machten. Selbst 
die Anregungen, die aus den usurpierten Gebieten kamen, blieben nach 
dieser Richtung hin erfolglos. Dort hatte zunächst die Geistlichkeit und 
die Bürgerschaft zum Teil sich der französischen Schutzherrschaft 
freundlich gezeigt; aber als diese mehr und mehr der Rechte ihrer 
Selbstverwaltung beraubt wurde, und als jene auf die Vorteile des 
germanischen Concordats verzichten sollte, das im Gegensatz zum galli- 
kanischen das Wahlrecht der Kapitel gewährleistete, da suchten beide 
die Beziehungen zu Deutschland fester zu knüpfen. Doch das Reich 
war nicht imstande, ihnen gegen Frankreich Schutz zu gewähren. 

Einzelne Fürsten traten dagegen dem Gedanken nahe, die Städte 
Frankreich zu entreissen und sie durch Eroberung für sich selbst doch 
zugleich Deutschland wieder zu gewinnen. Ein dahin zielender Vorschlag 
des. Herzogs Christoph von Würtemberg aus dem Jahre 1559 blieb 
ohne Folgen *). Weit ernsthafter waren die Pläne des Pfalzgrafen Wolf- 
sang zu Zweibrücken, der mit anderen protestantischen Fürsten, sich 
den Hugenotten verbindend, als Preis für ihre Unterstützung die Ueber- 
gabe von Metz, Toul und Verdun forderte’). Wie man immer sonst 
über Wolfgang urteilen möge, das ist ihm sicher zur Ehre anzurechnen, 
dass er die Schmach, die dem Reiche angethan war, bitter empfand 
und an seinem Teile darauf ausging, die Städte und Stifter Metz, Toul 


") Ritter I, S.251; Lettres de Catherine de Médicis 1885 I, S. 504 f., II, S. 166; 
es handelte sich um die unten erwähnten Kriegsvorbereitungen der protestantischen 
Fürsten, vor allem des Pfalzgrafen Wolfgang. 

2). Scherer, S. 379. 

#) Scherer, S. 390 ff.; Nuntiaturberichte, 3. Abteilung II, S. 390. 

*) Goetz, Briefe und Akten zur Geschichte des 16. Jahrhunderts 1898 V, 
S. 158; über den Plan des Barons von Bollweiler, Metz für den Kaiser zu 
erobern, s. Weiss IX. 

°) Das wird man mit Ritter I, S. 417 f. in Rücksicht auf Mémoires de Michel 
de la Huguerie sicher sagen dürfen. 


RL: 


und Verdun wieder an das Reich zu bringen'). Die 1563 nach Frank- 
reich gemeldeten Rüstungen wurden wieder eingestellt; erst während 
des dritten Religionskrieges brach Wolfgang 1563 an der Spitze eines 
Heeres in Frankreich ein, doch nur um dort bald den Tod zu finden. 
Vergeblich hatte Maximilian II. ihn zurückzuhalten versucht; Wolfgang 
wies die Vorstellungen seines Boten Zott von Perneck mit Worten 
zurück, aus denen eine Vorahnung der späteren Reunionen zu sprechen 
scheint. Er wies darauf hin, welch’ grossen Schaden das Reich und 
‘insbesondere die benachbarten Stände erlitten hätten, seit der König 
von Frankreich die Bistümer inne habe; »es würden auch die Fran- 
zosen gar nicht feiern, je länger je mehr festen Fuss in Deutschland 
zu fassen und die diesseits des Rheines gelegenen Länder 
mittels solcher drei Stifter und Städte, die stets mit Kriegs- 
volk besetzt und gewaltig befestigt wären, unter ihre Gewalt 
zu bringen, wofern ihnen nicht in Zeiten begegnet würde«. Man könne 
solches auch nicht undeutlich daraus abnehmen, weil der Herzog von 
Aumale dem Herzog von Lothringen einen Tausch seiner Herzogtümer 
Lothringen und Bar gegen ebensoviel Land in Frankreich angetragen 
habe?). Hatte sich Wolfsang trotz aller seiner Irrwege den Sinn für 
Deutschlands Ehre gewahrt, so ist davon keine Spur in dem Verhalten 
Casimirs, des Sohnes des Kurfürsten Friedrich III. von der Pfalz, in 
seinem Vertrage mit den Hugenotten zu finden. Als er sich ihnen 1574 
verband), forderte er von Condé im Falle des Sieges die weltlichen 
Herrschaften der drei Bistümer*) und die Stelle eines Gouverneurs in 
den drei Städten, natürlich unter französischer Hoheit! Im Frieden 
allerdings musste er von diesen Forderungen absehen. 


Noch einmal hat schliesslich der Herzog von Lothringen in seinem 
Kampfe gegen Heinrich IV. 1591 in Deutschland Stimmung dafür zu 
machen versucht, dass man ihm, nach der Eroberung der drei Städte, 
erlaube, sie im Namen des Reichs in Besitz zu nehmen; er werde be- 
reit sein, sie als Lehen vom Reiche zu erkennen); aber die allgemeine 
Anerkennung Heinrichs zwang die Guisen und mit ihnen Herzog Karl IH. 
zum Frieden, in welchem ihm als französischem Gouverneur die Städte 
Toul und Verdun zugestanden wurden. 


1) Menzel, S. 316. 

?) Menzel, S. 317. 

3) Ritter I, S. 442 ff. 

#) Der Herzog von Lothringen sollte für die von ihm erhobenen Ansprüche 
in Frankreich entschädigt werden. — De la Huguerie I, S. 319. 

5) Stieve, Briefe und Akten zur Gesch. des 30jähr. Krieges IV, S. 25 fi. 


Se Dr Nee 


Mit dem Aufschwunge der französischen Macht unter Heinrich IV. 
war endgültig die Zeit verstrichen, wo die unter dem französischen 
Schutz stehenden Gebiete dem Reiche wieder hätten gewonnen werden 
können. Sehr bezeichnend für die Beurteilung, welche die französische 
Politik bei den Zeitgenossen fand, ist der Bericht des päpstlichen Nuntius 
Minutio Minucei von 1583, »ogni re di Francia, quando vien incoronato, 
siura d’impiegare tutto lo studio e tutte le forze sue per ridurre sotto quella 
corona tutta la parte dello tratto Renano, qu'altre volte appartenne al nome 
francese«'). Sie endgültig Frankreich zu sichern, that Heinrich IV. einen 
entscheidenden Schritt, indem er jetzt ohne jede Rücksicht auf das Reich 
die Annexion der Bistümer in Angriff nahm und sich dazu den Beistand 
des Papstes sicherte. Als er im Jahre 1593 unter Anwendung des franzö- 
sischen Concordates den Herzog Erich zum Bischof von Verdun nominiert 
hatte, protestierte das Kapitel und suchte bei Kaiser und Papst sein durch 
das deutsche Concordat gewährleistetes Wahlrecht zur Anerkennung zu 
bringen. Der Geschicklichkeit des französischen Gesandten in Rom ge- 
lang es, einen den geschichtlichen Thatsachen spottenden, die franzö- 
sischen Ansprüche in vollem Masse bestätigenden Entscheid zu erwirken. 
Die päpstliche Rota entschied im Jahre 1601 — so berichtet der Kar- 
dinal d’Ossal am 22. Dezember 1601 — »que le pays Messin n’est point 
compris ès concordats  d’Alemagne comme aussi les géografes ni la 
commune facon de parler d’aujourd’hui ne mettent point les villes de 
Metz, Toul et Verdun en Allemagne; ains anciennement, on les mettait 
en Gaule, et maintenant en Lorraine«?). Nur soweit hatte man auch 
in Rom nicht gehen wollen, dem König die Verleihung sämtlicher Lehen 
der drei Bistümer zu gestatten. Immerhin konnte Heinrich 1603 allen 
Nicht-Franzosen den Besitz von Lehen in ihnen verbieten und damit 
zugleich sämtliche Kanoniker zur Naturalisation zwingen. Unter welchen 
Umständen es Heinrich IV. gelungen ist, die Bistümer völlig seinem 
Staate einzuverleiben, ist noch nicht hinreichend geklärt. Hier kann 
als sicheres Ergebnis nur verzeichnet werden, dass er schon 1601 in 
Verdun und Toul von Bischof, Kapitel und Bürgerschaft einen Treueid 
forderte und erhielt, der den »Seigneur protecteur« nunmehr alle Rechte 
des Souverains geniessen liess. Dieser Eid wurde überall auch 
für die Vasallen geleistet, was für die Beurteilung der 
Reunionen wichtig ist. Nur der Bischof von Toul verweigerte 
Heinrich IV. den Titel »seigneur« und wahrte in seinem Eide seine 


') Nuntiaturberichte aus Deutschland 1894, 3. Abt. II, S. 623. 
?) Pimodan, S. 239. 


Re 


Pflichten gegenüber dem Kaiser, aber sein Nachfolger Porcellets konnte 
1608 diese Clausel nicht mehr aufrecht erhalten. 

In dem Eide, der in Verdun 1601 geleistet wurde, ist die Schutz- 
herrschaft Frankreichs bis in die Regierung Ludwigs X. ins Jahr 1314 
zurückgeschoben worden'). Bei Metz endlich gab die Erledigung des 
bischöflichen Stuhles 1609 erwünschte Gelegenheit zu einem Erlass, 
dass die Verwaltung im Namen des Königs zu führen sei. Maria 
v. Medici folgte nur dem Wege, den ihr Gatte gewiesen hatte, als sie 
sich 1613 von dem jungen Bischof Karl von Lothringen und 1614 von 
den Bistumsverwesern den Eid der Treue schwören liess. Die Ver- 
waltung des Bistums Metz führte zur Zeit für den minderjährigen 
Bischof ein Ausschuss von 6 Mitgliedern des Domkapitels; erst nach 
langem Widerstreben, unter Berufung auf ihre Verpflichtung, dem Kaiser 
und Reiche die gelobte Treue zu bewahren, leisteten diese dem Gouver- 
neur, Herzog von Epernon, den geforderten Treueid. Das Protokoll ist 
am 10. Januar 1614 ausgefertigt und nur von 3 Mitgliedern des Dom- 
kapitels unterzeichnet?). Das hierbei angewendete Formular ist in der 
Hauptsache mit den in Toul und Verdun geleisteten Eiden überein- 
stimmend, also nicht wie Sauerland meint, von den Metzern, sondern 
in Frankreich aufgesetzt. 

Unmittelbar nach Unterzeichnung des Protokolles erhoben jedoch 
die Bistums-Verwalter in Paris und Rom Remonstrationen beim Papste 
durch Vermittlung des Bischofs von Speier unter der Versicherung, 
dass alle Bewohner des Bistums einstimmig gegen die Annexion pro- 
testierten »et quod quidem simulac pervenit ad notitiam dominorum 
meorum a consiliis intimis, vassallorum, officiatorum et subditorum, 
illic omnes unanimi consensu protestati sunt.« Einen Erfolg 
konnten diese Schritte naturgemäss nicht haben, ebensowenig wie eine 
Eingabe, welche die Bewohner der bischöflichen Haupt- und Residenz- 
Stadt Vie in gleichem Sinne bei dem Herzoge Heinrich II. von Loth- 
ringen machten. Besonderes Interesse verdient aber die Er- 
wähnung der Vasallen des Bistums in obigem Proteste, da 
hiernach auch der Uebergang dieser an Frankreich voraus- 
gesetzt wird. Für die Auffassung der späteren Reunionen ist dieser 
Vorgang von hoher Bedeutung. 

Mit dem Verbot der Appellation an das Reichskammergericht nach 
Speier hatte Heinrich das letzte äussere Band zerschnitten, das die 
Bistümer mit dem Reiche verknüpfte. Thatsächlich war bei seinem 

1) Roussel, Preuves, S. 77. 

2) Sauerland, S. 191. 


— 4 = 


Tode die Annexion der Bistümer vollzogen, die Frankreich seit mehr 
als einem halben Jahrhundert vorbereitet hatte, wenn sie auch recht- 
lich in keiner Weise begründet noch weniger aber anerkannt war und 
noch in den folgenden Jahrzehnten gelegentlich von kaiserlicher Seite 
Belehnungen der Bischöfe vorgenommen wurden!). Nur zu gut hatte 
Herzog Julius von Braunschweig die französische Politik beurteilt, als 
er in der kräftigen Sprache seiner Zeit äusserte?): »Metz, Toul, Ver- 
dun und andere vornehme Stücke mehr, die dem Reiche abgezwackt 
wurden, bezeugten genugsam, dass, was die Krone Frankreich einmal 
in die Klubbe bekäme, solches auch bisher behalten habe.« 

Die Schutzherrschaft über die Städte hatte bei der Schwäche des 
Reiches den Franzosen sofort die Möglichkeit gewährt, sich auch Rechte 
über die Bistümer anzumassen; die Erfolge Heinrichs IV. und seine 
weitschauende Politik, die auch die Kurie seinen Plänen zu gewinnen 
wusste, hatte die thatsächliche Vereinigung der Bistümer mit Frank- 
reich erreicht. 


IE 


Die Gefährdung des Herzogtums Lothringen. 


Die Erwerbung der drei Städte Metz, Toul, Verdun und die Aus- 
dehnung der Schutzherrschaft auf die Bistümer waren die ersten erfolg- 
reichen Versuche Frankreichs, in Lothringen festen Fuss zu fassen. 
Aber niemand gab sich einem Zweifel darüber hin, dass sie nur den 
Hauptschlag vorbereiten, die Operationsbasis dafür abgeben sollten, 
das ganze Herzogtum Lothringen Frankreich einzuverleiben. Das Ver- 
halten der lothringischen Herzöge in der zweiten Hälfte des 16. Jahr- 
hunderts zeigt, dass sie die ihnen drohende Gefahr erkannt haben. 
Und in der That genügt ein Blick auf die Karte, um die innere Not- 
wendigkeit der französischen Politik zu würdigen. Die Bistümer bildeten 
ja nichts weniger als in sich abgeschlossene Gebiete; ihr Besitz, ins- 
besondere derjenige von Metz war vielmehr manigfach zersplittert 
und lag enclavenartig innerhalb des Herzogtums Lothringen. Nicht so- 
wohl die Bistümer als vielmehr die herzoglichen Länder bildeten im 
Nordosten die Grenze Frankreichs. Die gefährdete Lage des Herzog- 
tums nach Erwerbung der Bistümer durch Frankreich lässt sich nicht 
besser ausdrücken, als von einem neuern französischen Schriftsteller 


1) Scherer, S. 398. 
*) Haeberlin, Neueste deutsche Reichsgesch. 1782 XIII, S. XLVI. XLVI. 


geschehen: »La conquête des trois &vöches, en réveillant toutes les 
ambitions de la France et en lui donnant une base d'opération solide 
pour ses entreprises vers l’est, rendit la situation de la Lorraine très 
précaire !).« 

Werfen wir daher zunächst einen Blick auf die derzeitigen Ver- 
hältnisse des Herzogtums. 

Man weiss, wie Lothringen — regnum Lotharii, wie es die älteren 
Urkunden nennen — erst im Laufe des 10. Jahrhunderts nach heftigem 
Ringen mit den westfränkischen Königen dem deutschen Ostreiche zu- 
gefallen ist. Seit dem 11. Jahrhundert wurde es endgültig in die beiden 
Herzogtümer Ober- und Niederlothringen geschieden; bald blieb aber- 
nur jenem, das sich zwischen dem oberen Laufe der Maas und der 
Mosel ausdehnte, der Name des Herzogtums Lothringen. Wie überall 
in Deutschland, so zersplitterten auch hier die schon durch die Teilung 
zerrissenen Landschaften des einstigen Stammes-Herzogtums; vor allem 
schieden die drei geistlichen Gebiete aus. Indem den Herzögen hier 
nur vereinzelte und nahezu bedeutungslose Ehrenvorrechte blieben, 
wurden sie auf ein territoriales Fürstentum beschränkt, das von mäch- 
tigen Nachbarn umgeben, eine bedeutendere Rolle in der deutschen 
Geschichte nicht zu spielen vermochte. Eine Aenderung hierin trat 
erst durch die Vereinigung Lothringens mit dem Herzogtum Bar im 
15. Jahrhundert ein; die Grafschaft Bar, wie die Bistümer ‘schon früh 
aus dem oberlothringischen Herzogtum ausgeschieden, und wie dieses 
unmittelbar dem Reich unterstehend, fiel als Nachbarin der Champagne 
zuerst der wachsenden französischen Macht zum Opfer. Graf Heinrich 
von Bar war in dem Kampf König Adolfs mit Philipp dem Schönen 
von diesem gefangen worden und musste, um die Freiheit zu erlangen, 
1301 die westlich der Maas gelegene Hälfte seiner Grafschaft von 
Frankreich zu Lehen nehmen. Seitdem wird von den Franzosen dieser 
Teil, mit der Hauptstadt Bar-le-Duc, als Barrois mouvant von dem 
nicht von Frankreich lehnsrührigen Barrois non mouvant auf dem 
rechten Maasufer geschieden. Die Grafen enger dem Reiche zu ver- 
knüpfen, wurde 1354 Graf Robert von Bar durch Karl IV.?) zum Reichs- 
fürsten und Markgrafen von Pont-à-Mousson erhoben. Seil eben jener 
Zeit nennt er sich Herzog von Bar, anscheinend ohne diesen sehr bald 
allseitig anerkannten Titel durch besondere Verleihung sei es des 
deutschen, sei es des französischen Herrschers erhalten zu haben”). 
3) Mathieu, L'ancien régime dans la province de Lorraine et Barrois, S. 19. 

2) Böhmer-Huber, Regesta imperii 1677 VII, Nr. 1808. 


3) Fitte, in den Beiträgen zur Landes- und Volkeskunde von Elsass-Loth- 
ringen 1891 III, Heft 14, 5. 9. 


SNA 


Der später als »der gute König René< berühmt gewordene Herzog 
Renatus I. von Anjou und Bar, ein Prinz des französischen Königs- 
hauses, war mit der Prinzessin Isabella, Tochter Herzogs Karl II. von 
Lothringen, verheiratet; da dieser keinen Sohn hinterliess, wurde Renatus 
1431 unter Zustimmung der Stände und des ganzen Volkes beider 
Gebiete zugleich Herzog von Lothringen'). Aber auch sein Geschlecht 
starb 1473 mit Herzog Nicolaus aus; die vereinigten Herzogtümer gingen 
an den Grafen Renatus von Vaudémont über, der der Ehe des Grafen 
Friedrich von Vaudémont mit Prinzessin Jolanthe, Tochter Renatus I. 
entsprossen, in männlicher und weiblicher Linie der berechtigte Thron- 
folger war. In der Hand dieses Geschlechts sind beide Herzogtümer 
bis zu ihrer Abtretung an Stanislas Leszynski im Jahre 1738 geblieben ; 
eine Verschmelzung der beiden Gebiete fand aber ebensowenig statt, 
wie eine Ablösung des Lehensverhältnisses des Barrois mouvant von 
Frankreich. 

Es ist hier nicht darauf einzugehen, welche bedeutsame Rolle 
Herzog Renatus Il. von Lothringen-Bar in der Zeit der Burgunderkriege 
gespielt hat; an den Mauern seiner Hauptstadt Nancy hat Karl seinen 
Tod gefunden. Wir dürfen hier auch nicht bei dem interessanten Ab- 
schnitt der lothringischen Geschichte verweilen, in dem zu schildern 
wäre, wie sich das Land unter der Regierung tüchtiger Fürsten erholte 
und im Laufe eines halben Jahrhunderts zu einem Staatswesen ent- 
wickelte, dessen Bündnis den Nachbarn im hohen Grade begehrens- 
wert erscheinen musste. In jener Zeit ist die Verwaltung des Landes 
in der Weise geordnet worden, wie sie uns später in der Zeit der 
Reunionen entgegentreten wird, so dass wir auf sie hier einen Blick 
werfen müssen. Waren die verschiedenen Teile des Herzogtums, Loth- 
ringen, Barrois non mouvant, Barrois mouvant auch nicht miteinander 
verschmolzen, so war die Verwaltung in allen doch gleichmässig ge- 
ordnet. Ueber die administrative Einteilung Lothringens sind wir durch 
das »Denombrement du duché de Lorraine en 1594«?) des Präsidenten 
der herzoglichen Rechenkammer Thierry Alix, seigneur de Veroncourt, 
gut unterrichtet. 

Dieser merkwürdige Mann, auf dessen Arbeiten weiterhin noch 
zurückzukommen sein wird, war geboren zu Deneuvre im Jahre 1530, 
und brachte es vom Aktuar und Gerichtsschreiber bis zu der genannten 
hohen Stellung und Würde. Ausser dem angeführten statistischen Werke 


') Näheres über die Vereinigung und zeitweise wieder erfolgte Trennung 
beider Herzogtümer s. bei Mourin, Récits lorrains 1895, S. 86 ff. 
‘) Gedruckt in Recueil de documents sur l’histoire de Lorraine 1870 XII. 


verfasste er noch eine Urkundensammlung für Lothringen (Cartulaire 
de Lorraine), ein Kolossalwerk, von dem 86 Bände vorliegen, an dessen 
Vollendung er aber ebenso wie an der einer General-Karte des Herzog- 
tums Lothringen durch den Tod verhindert wurde !). 

Nach dem denombrement de Lorraine zerfiel das Land in 8 pro- 
vinces oder bailliages, die gleichzeitig Gerichts- und Verwaltungsbezirke 
waren’). 

1. Nancy, auch Lorraine propre genannt, etwa das Gebiet der 
Meurthe, 


2. Vosges mit dem Hauptorte Mirécourt, etwa das heutige dé- 
partement des Vosges, 


3. Allemagne mit Hauptort Wallerfangen bei Saarlouis, später 
Saargemünd, der Nordosten des Herzogtums mit überwiegend 
deutscher Bevölkerung. 

Zu diesen drei auf die älteren Verwaltungsbezirke 
zurückgehenden Oberämtern (bailliages) kamen als jüngere 
und weniger bedeutende hinzu: 

4, die Grafschaft Vaudemont, 

. Epinal, 

6. Chätel-sur-Moselle, 

7. Hättonchätel, 

8. Apremont. 

Jedem Oberamt unterstanden eine Reihe von Unterämtern (pré- 
vötes), die ihrerseits wieder in Mairies (villications) ähnlich den heutigen 
Bürgermeistereien der Rheinprovinz zerfielen, je aus einem oder meh- 
reren Dörfern bestehend. Selbständig scheinen neben diesen bailliages 
die Grafschaften Blämont, Bitsch und Challigny gestanden zu haben, 
aber nur hinsichtlich der Verwaltung, während sie im Gerichtswesen 
und lehensrechtlich einer bailliage zugewiesen zu sein scheinen. Als 
spätere Erwerbungen und vor allem auch wohl aus militärischen 
Gründen waren den bailliages nicht eingeordnet die an den Grenzen 
des Herzogtums gegen Norden und Osten gelegenen villes ou chätel- 
lenies Blamont, Deneuvre, Bitsch, Saarburg, Saaralben, Homburg, 
St. Avold, Pfalzburg, Marsal, Spitzenberg und die im heutigen Elsass 


1) Boyé in Annales de l'Est XII, 5. 421; eine eingehende Lebensbeschreibung 
findet sich im Bulletin de la Société d'archéologie lorraine 1. Serie VIT, 5. 112, 
von Lepage. 

?) Darmstädter, Die Befreiung der Leibeigenen in Savoyen, der Schweiz und 
Lothringen 1897, S. 113 ff. 


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ER Re 


belesenen Besitzungen. Dazu kam durch Heirat im 17. Jahrhundert 
auch die Hälfte der gefürsteten Grafschaft Salm. 

Solche Schlossbezirke (chätellenies) waren auch sonst im Lande 
vielfach gebildet worden; es waren kleine Militärgouvernements, die 
innerhalb der Verwaltungsbezirke eingerichtet waren, um das Land in 
der Nachbarschaft eines Schlosses wie dieses selbst zu bewachen und 
im Notfalle zu verteidigen. Die Bewohner eines solchen Bezirkes 
hatten dem Schlossherrn bestimmte Dienste zu leisten. Oft fielen pre- 
voté und chätellenie zusammen; häufig aber waren auch mehrere 
Schlossbezirke in einem Unteramt. e 

Das unabhängige Bar zählte die 5 bailliages St. Mihiel, Etain, 
Pont-à-Mousson, Clermont, Bassigny, jedes mit einer grösseren Zahl 
von Unterämtern; das abhängige Bar dagegen bestand nur aus einem 
Verwaltungsbezirk, der bailliage Bar-le-Duc mit 5 Unterämtern und der 
selbständigen Herrschaft Commercy '). 

Abgesehen von der Durchsetzung durch die Gebiete der drei 
Bistümer und einige reichsunmittelbare Herrschaften wie die Grafschaften 
Nassau-Saarwerden und Kriechingen bildeten die beiden Herzogtümer 
im 17. Jahrhundert ein zusammenhängendes Ganze; einige kleinere 
Enklaven lagen innerhalb der Bistums-Gebiete und im Elsass; letztere 
waren: die Stadt St. Pilt, die Hälfte des Thales von Markirch, vielleicht 
aus diesem Grunde noch heute französischer Zunge, und die Herrschaft 
teichshofen?). Innerhalb des Herzogtums aber lagen in bunter Mischung 
zwischen den herzoglichen prévôtés eine grosse Zahl geistlicher und 
weltlicher Gerichtsherrschaften (seigneuries), die, wenngleich der herzog- 
lichen Gesetzgebung und Besteuerung, wie auch der Cour souveraine 
in Nancy unterstehend, doch mit Feudalrechten verschiedenster Art 
ausgestattet waren?). Ungefähr der dritte Teil dieser Seigneuries war 
im Besitz des Landesfürsten selbst, ein anderer Teil gehörte deutschen 
Reichsfürsten: so die Herrschaft Forbach dem Hause Leiningen-Harten- 
berg, die Herrschaft Püttlingen dem Rheingrafen von Salm-Grumbach 
und dem Fürsten von Loewenstein-Wertheim, die Grafschaft Mörchingen 
den rheingräflichen und drei anderen Fürstenhäusern gemeinsam, meh- 
rere kleinere Herrschaften dem Rheingrafen allein. 

Wirtschaftlich waren das Herzogtum und die von ihm um- 
schlossenen Gebiete in 2 scharf geschiedene Landschaften zu teilen: 
das Gebirgsland der Vogesen und die lothringisch-barische Hochebene; 


1) Recueil de documents XV, 5. IX. 
2) Darmstädter, S. 122 f. 
3) Reuss, l’Alsace au 17me siècle 1897 I, S. 522. 


von den Erzeugnissen sind für die Territorial- und Lehens-Verhältnisse 
besonders bedeutsam geworden die grossen Salzmengen, welche die 
lothringische Hochebene lieferte; 1697 wurden in den 3 Salinen zu 
Dieuze, Rozieres und Chäteau-Salins rund 110000 Ctr. Salz gewonnen). 


Die Grundlage des staatsrechtlichen Verhältnisses des Herzog- 
tums Lothringen-Bar zum Reiche bildete der Nürnberger Vertrag vom 
26. August 1542, der aber — wie so oft Abmachungen jener Zeit, durch 
die strittige Frage aus der Welt geschafft werden sollte — keineswegs 
eine klare Rechtslage schuf?). Wir haben schon gesehen, dass 
Karl IV. den Grafen von Bar für das Land rechts der Maas zum 
Reichsfürsten und Markgrafen von Pont-à-Mousson ernannt hatte. Für 
Lothringen ist das älteste urkundliche Zeugnis, das uns über seine Be- 
ziehungen zum Reich erhalten ist, die Urkunde, durch die König Alfons 
am 14. März 1259 dem Herzog Friedrich III. das Herzogtum als Lehen 
des Reiches übertrug — eine Urkunde, durch welche die Lehenshörig- 
keit Lothringens über alle Zweifel sichergestellt wird?). Aus späterer 
Zeit sind bisher keine Gesamtbelehnungen bekannt geworden; an der 
thatsächlichen und rechtlichen Zugehörigkeit des Herzogtums zum 
Reiche ist aber bis ins 16. Jahrhundert hinein niemals gezweifelt worden, 
und es fehlt nicht an ausreichenden Belegen hierfür, wenn auch die 
Oberhoheit des Kaisers bei der bekannten Schwäche der Centralgewalt 
in Deutschland nur selten zur Geltung gekommen ist. Sie wurde recht 
eigentlich fühlbar erst am Ausgange des 15. Jahrhunderts durch die 
von Maximilian I. durchgeführten Reformen, welche durch die Errich- 
tung des Kammergerichts und die Heranziehung der Reichsstände zu 
den Steuern auf Grund der Reichsmatrikel das Eingreifen des Reiches 
in den Territorien erst ermöglichten. In der That haben die lothrin- 
gischen Herzöge zunächst die Zuständigkeit des Reichskammergerichts 
und ihre Eintragung in die Reichsmatrikel widerspruchslos anerkannt, 
sodass schon daraus ihre Abhängigkeit vom Reiche hervorgeht; erst 
unter Karl V. hat Herzog Anton, zuerst auf dem Nürnberger Reichstag 
von 1523, versucht die Zahlung der Reichssteuern und die Zuständig- 
keit des Kammergerichts zu bestreiten. Ein Rechtsstreit zwischen zwei 
lothringischen Vasallen, von denen der eine an das Kammergericht 


1) Darmstädter, S. 116. 

2?) Das Folgende nach Fitte; s. auch Winkelmann und Wolfram im Lothr. 
Jahrb. II, S. 185 ff., S. 214 ff. und »Metzer Zeitung< 1891, No. 241—244. 

®) Böhmer, Ficker, Regesta imperii 1881, V., 5501. Jansen im historischen 
Jahrbuch 1896 XVII, S. 549 ff. Doch hat er die Bedeutung des primum vexillum 
damus tibi pro ducatu in feudum nicht richtig erkannt (S. Wolfram, S. 223). 


2* 


appellierte, während der andere in Uebereinstimmung mit dem Herzog 
und den lothringischen Ständen keine Appellation zulassen wollte, ver- 
anlasste den Speierer Reichstag von 1529 und den Regensburger von 
1532, sich aufs neue mit der Rechtsstellung Lothringens zu beschäf- 
tigen, dessen Gesandte jetzt in ausführlichen Denkschriften und in 
seltsamster historischer Begründung die Unabhängigkeit des Herzogtums 
behaupteten: »Und das, so seine fürstliche Gnaden also wahrhaftiglich 
besitzt und innehat, kommt nicht aus einiger anderer königlicher oder 
fürstlicher Investitur oder Empfängniss und auch nicht vom heiligen 
Reich, sondern eigener anhängender natürlicher Ehre und Gerechtig- 
keit«'). In einer anderen Denkschrift aus damaliger Zeit heisst es: 
»Le duché de Lorraine est une monarchie et principauté libre de la 
Chrétienté non sujette au Saint-Empire«?). Während der langwierigen 
Verhandlungen, die das folgende Jahrhundert hindurch währten, gelang 
es dem mit der Führung der Angelegenheit von Seiten des Reiches 
beauftragten Erzbischof von Mainz nicht, durch eine Urkunde, wie etwa 
die ihm unbekannt gebliebene des Königs Alfons, die Lehensrührigkeit 
des ganzen Herzogtums nachzuweisen; wohl aber gelang es, sowohl 
die Lehensabhängigkeit einzelner Teilstücke als auch die Beteiligung 
des Herzogtums an Reichssteuern urkundlich zu belegen. Offenbar ist 
aus diesem Sachverhalt heraus der Nürnberger Vertrag von 1542 ent- 
standen. Ein anderes Moment aber wird für sein Zustandekommen 
und seine Beurteilung noch ins Auge zu fassen sein, das Verhältnis 
Herzog Antons zu Frankreich. Es scheint nämlich, dass Anton in dem 
Bestreben, sein Herzogtum in voller Unabhängigkeit zu regieren, im 
Barrois mouvant die französische oberste Gerichtsbarkeit nicht aner- 
kennen wollte. Ueberhaupt suchte er eine Mittelstellung zwischen 
Karl V. und Franz I. innezuhalten und aus ihren Kämpfen für seine 
Herrschaft Nutzen zu ziehen. Immerhin mochte ihm die engere Ver- 
bindung mit dem Kaiser erwünscht scheinen, jedenfalls war es ein Sieg 
der habsburgischen Politik, dass Antons Sohn und einstiger Nachfolger 
Franz I. sich 1540 mit Christine von Dänemark, einer Nichte des 
Kaisers, vermählte. Der Gegenschlag von französischer Seite blieb 
nicht aus: im April 1541 musste Anton mit seinem Sohne die französische 
Oberhoheit im Barrois mouvant anerkennen; im November erhielten 
zwar beide auf Lebenszeit die dortigen Regalien und Souveränetäts- 
rechte, mussten aber dafür an König Franz I. die Festung Stenay ab- 
treten, die in dem bevorstehenden Kriege mit Karl V. den Franzosen 


1) Winckelmann im Lothr. Jahrb. II, S. 200. 
2?) Lepage im Recueil de documents I, S. 195 ff. 


ee 


den Eintritt in die spanischen Niederlande sicherte. Das gewaltsame 
Vorgehen des Königs, gegen das Lothringen für sich allein nicht Wider- 
stand leisten konnte, musste dem Herzog den Schutz des Reiches er- 
wünscht erscheinen lassen. Durch jene speciellen und diese allgemeinen 
Verhältnisse ist der Nürnberger Vertrag vom 26. August 1542 zu er- 
klären'). Entsprechend den Verhandlungen auf den Reichstagen wurde 
nur die Lehensrührigkeit einzelner Gebietsteile ausgesprochen, die vom 
Herzog behauptete und vom Reiche nicht widerlegte Unabhängigkeit 
des ganzen Herzogtums aber anerkannt: »quicquid autem duces maiores 
et ipse dux Antonius hactenus ab imperio in feudum habuerunt, re- 
ceperunt ac tulerunt, idem dux eiusque successores in futurum eodem 
modo in feudum recipient et ferent, in hoc tamen excepto Lotharingiae 
ducatu qui liber et non incorporabilis ducatus erit et manebit semper.« 
In Anerkennung dieses »Freiherzogtums« sollte der Herzog von nun 
ab Huldigung und Belehnung nur für die in den früheren Lehnsbriefen 
aufgeführten Einzellehen, nicht für das ganze Herzogtum, empfangen. 
Trotzdem aber wollte der Herzog selbst, der offenbar den Angriff 


Frankreichs fürchtete, dass es in seinem ganzen Umfange — von Bar- 
rois mouvant natürlich abgesehen — dem Schutze des Reiches unter- 


stehen sollte. Als Endgelt für diese Protektion war er bereit, die 
Landfriedensgerichtsbarkeit des Reiches anzuerkennen und an den 
Reichssteuern mit ?/3 eines Kurfürstenanschlages teilzunehmen; er gab 
hiermit seinerseits den Forderungen des Reiches nach. So erscheint 
der Vertrag durchaus als ein unter dem Druck bestimmter politischer 
Verhältnisse abgeschlossenes Kompromiss zwischen zwei einander ent- 
segenstehenden, ja einander ausschliessenden Rechtsauffassungen. Nur 
daraus sind die Widersprüche zu erklären, die unverkennbar in ihm 
enthalten sind. Die staatsrechtliche Folge des Vertrages war, dass 
Lothringen dem Reiche gegenüber eine ähnliche international-selbstän- 
dige Stellung erhielt?), wie etwa die Könige von Dänemark und 
Schweden oder die Kurfürsten von Brandenburg, die mit völlig unab- 
hängigen Ländern, welche aber, abweichend von Lothringen, einst 
ausserhalb der Reichsgrenzen lagen, mehr oder weniger umfangreiche 
Reichslehen in ihrer Hand vereinigten. Nur noch mit einer kleinen 
Zahl von Lehen gehörte von nun ab der Herzog zum Reiche. : Die 
späteren wohl auf einen Lehensbrief vom 9. Juni 1567 zurückgehenden 


1) Gedruckt bei Calmet, histoire de Lorraine, 1728, II, preuves, ,D,,318 48, 
Im Lothr. Jahrb. S. 192 ist der Widerspruch in den Bestimmungen des, Vertrages 
vortrefflich hervorgehoben; s. a. S. 226 daselbst. 

2) Fitte, S. 29, | 


RC SE 


Urkunden nennen als solche!): Die Markgrafschaft Pont-à-Mousson, die 
Grafschaft Blamont, die Herrschaften Bellistheim und Clermont, die 
Markgrafschaft Hattonchätel, die Reichsvogtei der Stadt Toul und der 
Abtei Remiremont, das Geleitsrecht im ganzen Herzogtum, das Münz- 
recht in der Stadt Ivoi, endlich die alten Rechte, dass die Zweikämpfe 
zwischen Rhein und Maas nur vor ihm ausgefochten werden dürften, 
und dass die Priestersöhne des Landes ihm zugehören sollen. Ausser- 
dem erwarben die Herzöge in dem Jahrhundert nach dem Nürnberger 
Vertrage von Reichslehen noch die Grafschaft Bitsch, die Hälfte der 
Grafschaft Salm und die Städte Pfalzburg und Lixheim, aus denen 
unter Ferdinand II. für einen Verwandten des herzoglichen Hauses ein 
Titular-Reichsfürstentum geschaffen wurde?). Gleichzeitig mit der Er- 
hebung Hattonchätels zur Markgrafschaft 1567 wurden die vom Bistum 
Metz rechtmässig erworbenen Herrschaften Nomeny und Delme vereinigt 
und für den Oheim Herzog Karls Ill. zur Reichsmarkgrafschaft erhoben. 
Der Markgraf bewarb sich 1570 um die Reichsstandschaft und vertrat 
seitdem die lothringischen Interessen am Reichstag, an dem ja die 
Herzöge keine Stimme führten. Wie wir aber vorher bemerkten, dass 
in den drei Städten und Stiftern gegenüber den immer entschiedener 
auftretenden französischen Behörden der Wunsch nach dem Schutze 
der Selbständigkeit durch das Reich immer lebhafter wurde, so schlossen 
sich anfangs des 17. Jahrhunderts auch die Herzöge wieder enger an 
das Reich, indem sie im Jahre 1612 Nomeny kauften, das sonst durch 
Erbgang an einen französischen Prinzen gefallen wäre, und nun selbst 
wieder als Markgrafen von Nomeny im Reichstag Sitz und Stimme er- 
hielten*). Die Herzöge mochten selbst erkannt haben, dass sie in der 
1542 erworbenen staatsrechtlichen Unabhängigkeit von Deutschland 
jedem energischen Vorstoss Frankreichs preisgegeben seien; denn der 
Reichsschutz, der ihnen damals zugestanden wurde, entsprach nur zu 
sehr dem geringen Interesse, das die Herzöge dem Reiche entgegen- 
brachten. Wir haben schon oben gesehen, dass der Abschluss des 
Nürnberger Vertrages mit der Anknüpfung verwandtschaftlicher Be- 
ziehungen zwischen den Häusern Lothringen und Habsburg nahe 
zusammenfiel. 


. ...) Fitte, 5.31 nach dem Brief von 1609 bei Chifflet, Commentarius Lotha- 
riensis 1649, S. 45. In dem Brief von 1567 scheint Bellisthein noch nicht aufgeführt 
zu werden. Ob Hattonchätel schon als Markgrafschaft bezeichnet wurde, ist 
nicht sicher, 
*) Ueber andere Erwerbungen, insbesondere auch die Grafschaft Saarwerden, 
s. unten bei den Einzelreunionen. 
*) Fitte S. 39 gegen Ficker, Vom Reichsfürstenstande 1861 I, S. 118. 


STR RR 


Durch ihre Benutzung wusste Karl V. das Herzogtum in seinem 
Kampfe gegen Frankreich seinen Interessen zu verbinden), als nach 
dem Tode des Herzogs Antons und seines Sohnes Franz I. seit 1545 
dessen Gemahlin Christine, die Nichte des Kaisers, für ihren unmündigen 
Sohn Karl Ill. die Regentschaft führte. Schon die erste Ehe des Oheims 
des Herzogs, Nikolaus, des späteren Markgrafen von Nomeny mit Mar- 
garete v. Egmont, wurde durch die Vermittlung des Kaisers geschlossen. 
Die Folge davon war, dass Heinrich Il. bei seiner Besetzung von Metz 
Toul und Verdun am 14. April 1552 sich der Stadt Nancy bemächtigte, 
die Regentin Christine ihrer Stelle enthob und ihrem französisch ge- 
sinnten Schwager Nikolaus die Regentschaft übertrug, den jungen Herzog 
Karl III. aber nach Frankreich an den Hof nahm, um ihn dort mit 
seinen eigenen Kindern erziehen zu lassen. Erst 1559 kehrte der 
Herzog in sein Land zurück, um nun selbständig die Regierung zu 
übernehmen; durch seine Ehe mit der jüngeren Tochter Heinrich Il. 
Claudia schien er dem französischen Königshause eng verbunden zu 
sein. Sollte durch diese Ehe die Vereinigung Lothringens mit Frank- 
reich angebahnt werden, so gab sie bei dem Absterben des Hauses 
Valois mit Heinrich II. (1589) Karl III. vielmehr einen Vorwand, für 
seine Söhne als dessen Neffen nach der französischen Krone zu streben ; 
er nahm lebhaften Anteil an den Kämpfen der Ligue und liess sogar 
1594 durch den Präsidenten Alix eine Denkschrift*) über die loth- 
ringischen Ansprüche auf den französischen Thron verfassen. Er selbst 
liess darin den Franzosen die Vorteile einer Verbindung mit Lothringen 
verkünden. »Der Zutritt der Herzogtümer Lothringen und Bar nebst 
anderen Herrschaften zum Königreiche Frankreich werde durch Ver- 
bindung der herzoglichen mit der königlichen Würde Frankreich einen 
srossen Vorteil und Nutzen wegen der Ausdehnung der Grenzen bis 
fast an den Rhein bringen.« Karl Ill. ahnte nicht, dass die hier ge- 
priesenen Vorteile seinem Enkel fast das Herzogtum kosten würden. 
Zunächst allerdings liessen sich nach dem baldigen Abschluss des 
Friedens mit Heinrich IV. die Beziehungen zu Frankreich aufs freund- 
lichste an. Der lothringische Thronerbe, der spätere Herzog Heinrich Il. 
(1608—1624), ward mit der Schwester des Königs, Prinzessin Katharina 
von Bourbon, vermählt, so dass ein gewaltsames Vorgehen gegen Loth- 
ringen für die nächste Zeit sich von selbst verbot. Dennoch verlor 
Heinrich IV. das Ziel, Lothringen seiner Krone zu gewinnen, nicht aus 


1) Calmet III, preuves, S. 416 ff. 
?) Abgedruckt in Recueil de documents 1855 I. 


> ER 


dem Auge. Mag er auch selbst nicht ernsthaft daran gedacht haben, 
Frankreichs Grenzen bis zum Rheine vorzurücken'), so erschien ihm 
doch die Erwerbung Lothringens als erreichbar. In den Oeconomies 
royales seines Ministers Sully heisst es: »Le seul et unique moyen de 
remettre la France en son ancienne splendeur et la rendre supérieure 
à tout le reste de la chrétienté, ce serait de lui rendre les pays voisins 
qui lui ont autrefois appartenu et semblent être de la bienséance de 
ses limites, savoir la Savoie, la Franche-Comté, la Lorraine, l’Artois, 
le Hainaut, les provinces des Pays-bas, y compris Cleves et Juliers ?).« 
Und Heinrich IV. sprach 1601 zu Deputierten der neu gewonnenen 
Landschaften la Bresse und Gex die Worte: »Il était raisonnable que 
puisque vous parlez actuellement français, vous fussiez sujet au roi de 
France. Je veux bien que la langue espagnole demeure à l'Espagnol, 
l’allemande à l'Allemand, mais toute la française doit être à moi?).« 

Die Erwerbung der drei »welschen« Bistümer Metz, Toul, Verdun 
war ihm auf dem friedlichen Wege einer Verwaltungsmassregel gelungen ; 
zu Lothringen sollte ihm eine Heirat verhelfen: 1609 liess er seinen Sohn 
und Erben, Ludwig XIII, mit der 1'/s jährigen Erbtochter Heinrichs II., 
seiner Nichte Nicole verloben, durch die künftig Lothringen-Bar an 
Frankreich gefallen wäre. Wie die andern Pläne Heinrichs IV., so 
ward auch dieser durch die Ermordung des Königs im Jahre 1610 
zunichte gemacht. 


Aber schon war der geniale Mann geboren, der mit unübertreff- 
lichem Geschick, mit grösster Energie und Rücksichtslosigkeit diese 
Pläne wieder aufnahm, und der französischen Politik bis in unsere 
Tage hinein die Signatur aufdrücken sollte, der grösste Staatsmann, 
den Frankreich je besessen, der damalige Bischof, spätere Kardinal 
Armand Jean Duplessis, Herzog von Richelieu. 

Geboren am 5. September 1585 zu Paris, hatte er zunächst der 
militärischen, dann der geistlichen Laufbahn sich gewidmet, und war 
schon mit 22 Jahren zum Bischof von Lucon ernannt worden. Im 
Jahre 1614 als Deputirter zu der Versammlung der Generalstaaten 
nach Paris entsendet, wusste er sich bei der Regentin, Maria von Me- 
diei, in Gunst zu setzen, und ward 1615 zu deren Almosenier, 1616 
zum Mitglied des Staatsrates ernannt, in welchem er als Staatssekretär 
das Departement des Krieges und des Auswärtigen versah. Schon 


') Wie nach Sorel, S. 271, Sandraz de Courtilz von ihm behauptet. 
?) Sorel, S. 208. 


3) sorel, SD: zul, 


Be. an 


1617 jedoch musste er diese Stellung aufgeben, um in sein geistliches 
Amt zurückzukehren, in welchem er 1622 zum Kardinal ernannt wurde. 


1622 von Neuem in den Staatsrat berufen, ward er nach der 
Abdankung und Verbannung Vieuvilles dessen Präsident, und leitete 
fortan die französische Regierung und Politik nahezu selbständig bis 
zu seinem am 4. Dezember 1642 erfolgten Tode. 


Unmittelbar nach seinem Amtsantritte nahm Richelieu die An- 
griffs-Politik der früheren Könige gegen das Herzogtum Lothringen wieder 
auf; das Vorgehen erfolgte jetzt aber in einer derartig durchdachten 
und planmässigen Weise, dass der Kardinal zweifellos schon früher, 
also wahrscheinlich während seiner ersten Amtsthätigkeit, das Ziel ins 
Auge gefasst und die dahin führenden Wege erkundet haben musste. 

Die Lage der Verhältnisse war allerdings zur Zeit die denkbar 
günstigste; das Reich, ohnehin wenig geneigt, für Lothringen einzu- 
treten, war durch den schweren inneren Krieg an jeder Unternehmung 
nach aussen verhindert. Ungesäumt wurde daher ans Werk gegangen. 


Il. 


Die Vorreunionskammer von 1624. 


Im November 1624, also wenige Monate nach seinem Amts- 
antritte, sendete Richelieu 3 höhere Beamte zu ausgesprochenen Reunions- 
zwecken als königliche Kommissare in die Gebiete der 3 Bistümer 
Metz, Toul und Verdun, und zwar die beiden Staatsräte Cardin Lebret 
und Pierre Dupuy und den Schatzmeister (trésorier) Jean Cladon De- 
lorme. Die Seele dieser Kommission war Dupuy, ein aussergewöhnlich 
fruchtbarer Schriftsteller, der, im Alter von 42 Jahren stehend, beson- 
ders mit Urkundenwesen sich zu beschäftigen Gelegenheit gehabt hatte). 
Nicht weniger ais 69 Schriften werden von ihm verzeichnet, darunter 
etwa 25, welche die Rechte des Königs auf angeblich entfremdete Ge- 
biete zum Gegenstande haben, zu denen die Königreiche England, 
Neapel-Sicilien, Arragonien, Castilien u. s. w. gehören). Eine Zusammen- 
stellung der Druckschriften dieser Art aus seinem Nachlasse und unter 
seinem Namen ist 1655 veröffentlicht worden; der Titel dieses Werkes 
lautet: »Traité touchant les droits du roi, par Monsieur Dupuy, Paris 

1) Nouvelle biographie générale 1868 XV, S. 377. 


2) Verzeichnet bei Le Long, Bibliothèque historique de la France, 2. Aus- 
gabe, von Ferret de Fontette 1778 V, 5. 503. 


1655« !); es giebt über Zweck und Ausführung der vorstehend er- 
wähnten Sendung genauen Aufschluss. Bei der Abfassung dieser 
Zusammenstellung war in hervorragendem Masse ein anderer Archivar, 
Theodore Godefroy (»savant diplomatiste«)?), beteiligt, der auch bei der 
Verfolgung der Reunionsidee im folgenden Jahrzehnt eine Rolle zu 
spielen berufen war. 

Das Werk ist ganz im Stile und Geiste der 1632 erschienenen 
Schriften von Hersent und Cassan gehalten*), überragt diese aber weit- 
aus an Umfang, und nimmt einen grossen Teil der Länder Europas 
für die französische Krone in Anspruch. Ein Abschnitt des Werkes, 
welcher die Rechte des Königs auf das Herzogtum Lothringen-Bar dar- 
zuthun sucht, und etwaigen Zurückforderungen dieses und der 3 Bis- 
tümer bei den Friedens-Verhandlungen vorbeugen soll, trägt am Schlusse 
den interessanten Vermerk: »fait en février 1637 par ordre de Mon- 
sieur le cardinal de Richelieu«*), Aber nicht nur dieser Abschnitt, 
sondern das ganze Werk war im Auftrage des Kardinals verfasst; ein 
Brief an ihn vom 27. Oktober 1631, unterzeichnet von Dupuy und 
Godefroy, beginnt mit den Worten: »Monseigneur, nous avons exécuté 
pour la plus part le commandement, qu'il Vous a plü nous faire, 
touchant les droits du roi sur quelques royaumes et principautés 
voisines«?); im weiteren kündigen die Schreiber die Fortsetzung des 
Werkes an, und melden, dass die für 1630 ihnen dafür versprochene 
Summe von 4000 Frs. noch nicht ausgezahlt worden sei. 


Auch andere Anhaltspunkte ergeben mit Sicherheit, dass Dupuy 
in engen Beziehungen zu Richelieu stand, und dass seine schriftstelle- 
rische Thätigkeit von dem Kardinal inspiriert wurde. In einem Briefe 
vom 15. 2.1631 an beide Schriftsteller bestätigt Richelieu den Empfang 
der Abhandlung über Navarra, und ersucht sie um Vollendung der 
Arbeit über Lothringen, unter gleichzeitiger Anweisung ihres Honorars 
(pension); beide antworten am 18. Februar, und legen einen Teil der 
ihnen befohlenen Arbeit über Neapel-Sicilien vor; in einem andern 
Briefe Richelieus vom 6. 11. 1631 erkundigte er sich nach dem Fort- 
sange ihrer Arbeiten, und kündigt die Befriedigung ihrer Forderungen 
an; anscheinend ist der Brief die Antwort auf das ersterwähnte 

') Eine zweite Auflage erschien 1670, ein Beweis für die Bedeutung der 
Schrift. 

2) Digot, Histoire de Lorraine 1856 V, S. 243. 

3) 5. hierunter. 

1) Dupuy, traité, S. 531. 

°) Brief abgedruckt bei Le Long I, S. 866. 


Schreiben vom 27. Oktober. Auch die Abhandlungen über Spanien 
sind. nach dem Herausgeber der Briefe Richelieus, Avenel, von Dupuy 
und Godefroy in dessen Auftrage verfasst: »ainsi il faisait établir, dans 
des traités, composés par Dupuy et par Godefroy, la légitimité des 
droits du roi sur diverses provinces de la monarchie espagnole«; des- 
gleichen eine Schrift: »Comté de Flandres: de la nullité des traités de 
Madrid, de Cambray et de Crespy« und mehrere Denkschriften über 
die Rechte des Königs auf Lothringen !). 

Ein besonderer Abschnitt des erstgenannten Werkes enthält einen 
eingehenden Bericht über die Thätigkeit der vorgenannten Kommissare 
während ihres Aufenthaltes in den Bistümern; es ergiebt sich daraus, 
dass wir es in der That mit einer ersten Reunionskommission zu thun 
haben. 

Schon der ihnen erteilte Kabinets-Befehl und ihre Dienstanwei- 
sung, beide im Wortlaute angeführt, zeigen dies. Der erstere ist für 
Lebret und Delorme gemeinsam unter dem 13. November, für Dupuy 
besonders unter dem 16. November ausgefertigt, die Dienstanweisung, 
für alle 3 gemeinsam, im November ohne Angabe des Tages aufge- 
stellt. Schon die Ueberschrift des Kabinets-Befehls lässt hinsichtlich 
des vorstehend angegebenen Zweckes der Entsendung keinen Zweifel; 
sie lautet: »Commission à Messieurs Lebret et Delorme, pour 
informer des usurpations faites sur les terres de la protec- 
tion du roi en les évêchés de Metz, Toul et Verdun et autres 
entreprises sur les frontières de Champagne«. In dem Texte 
selbst wird es als ihre Aufgabe bezeichnet: »informer bien dûment 
des usurpations et entreprises sur les terres de notre obéissance, et 
celles des évêchés de Metz, Toul et Verdun et des droits qui en dé- 
pendent, qui sont en notre protection«?). Zum Schlusse wird dann 
gesagt: »Nous mandons et ordonnons à tous nos officiers et sujets, 
qu'il appartiendra ce faisant Vous assister et de fournir des titres 
nécessaires pour la justification de nos droits sans difficulté!e 

Die den Kommissaren mitgegebene Dienstanweisung trägt gleich- 
falls die Unterschrift des Königs und enthält eingehende den Zweck 
noch deutlicher verratende Ausführungsbestimmungen; nach denselben 
sollten die Kommissare sich gut unterrichten, sowohl durch Urkunden 
wie durch Zeugen, über die widerrechtlichen Besitzergreifungen von 


') Avenel, lettres du cardinal de Richelieu 1861 IV, S. 93, 210; 1879 VII, 
S. 666, 680. 

?) »protectione war der französischerseits bis zum westfälischen Frieden 
fortgeführte Ausdruck für die Herrschaft über die 3 Bistümer. 


DE en 


Gebieten (terres), Herrschaften und Häusern, über die Beschaffenheit 
dieser Besitzungen, ihre Grösse und Einkünfte, wem sie gehörten und 
welche Aemter, Lasten und Pfründen damit verbunden seien; des 
ferneren sollten sie den Zustand derjenigen Gebiete feststellen, welche 
in der Lehenserneuerung rückständig seien (qui sont en surséance) 
sowohl diesseits wie jenseits der Flüsse Maas und Mosel, und deren 
Eigenschaften, Erträgnisse und gegenwärtige Besitzer ermitteln; sie 
sollten endlich durch Urkunden und sonstige Rechtstitel die Ansprüche 
des Königs auf solche Besitzungen feststellen, die in Lehensabhängigkeit 
zu ihm ständen; nachdem sie volle Kenntnis davon erlangt, sollten sie 
dieselben mit Beschlag belegen, bis die Besitzer sich verpflichtet hätten, 
die Belehnung seitens des Königs in vorgeschriebener Weise nachzu- 
suchen; erforderlichen Falls sollten sie Zusammenkünfte mit Bevoll- 
mächtigten der Landesherren von Lothringen, Bouillon, Lüttich und 
Flandern vereinbaren; falls hierbei die Lehensabhängigkeit einzelner 
Gebiete sich als zweifelhaft und unsicher erweise, seien Vergleiche auf 
dem Wege des Austauschs oder der Entschädigung anzustreben. 
Wenn schon hiernach kaum noch ein Zweifel möglich ist, dass 
diese Anweisungen bereits ganz im Sinne der Reunionstheorie von 
1679 gedacht waren, so wird derselbe völlig beseitigt, durch die Art 
und Weise, wie die Kommissare ihren Auftrag aufgefasst und ausgeführt 
haben. Das Zurückgehen bis in die ältesten Zeiten, durch welches vor 
allem die späteren Reunionskammern so berüchtigt geworden sind, 
kommt bereits bei den Vorarbeiten dieser Kommissare voll zum Aus- 
druck. In einem Briefe Dupuys an Lebret, der kein Datum trägt, aber 
nach seinem Inhalte kurz vor Abschluss der Arbeiten für das Bistum 
Toul und danach etwa Mitte April 1625 geschrieben sein muss, geht 
Dupuy bis auf Karl den Grossen zurück; es heisst darin u.a.: »Je 
n'ai rien pour montrer que Charlemagne a donné Vicherei à l’église 
de Toul«. (Vicherei ist das heutige Dorf Vicherey, im Departement 
Vosges, etwa 30 km südlich Toul gelegen.) Anscheinend war den Kom- 
missaren auch rasche Erledigung ihres Auftrages zur Pflicht gemacht 
worden, wenn dies auch in der Dienstanweisung nicht ausgesprochen 
ist; denn nur so ist es zu erklären, dass schon nach wenigen Monaten 
ein vorläufiger Abschluss erzielt wurde; er erfolgte zuerst für Toul am 
26. April, demnächst für Verdun am 23. Mai, zuletzt für Metz im 
Juli 1625. Für die Berichterstattung an den König wurde die Fiktion 
aufgestellt, als wenn die Initiative zu dem Unternehmen in den Händen 
des Prokurators gelegen habe, welcher behufs Vorbereitung des später 
in Metz zu errichtenden Parlaments hier seinen Sitz hatte; dieser stellte 


“IRD TES 


Beschwerdebücher (remontrances) über die angeblichen Beeinträchti- 
gungen (usurpations) der Rechte des Königs, für die 3 Bistümer ge- 
trennt auf, und legte sie, begleitet von Urkunden-Verzeichnissen, die 
zur Erhärtung der Ansprüche dienen sollten, den drei Kommissions- 
mitgliedern vor. In Wirklichkeit waren die Urkunden-Verzeichnisse von 
Dupuy selbst verfasst, was zu bemerken dieser nicht unterliess; am 
Schlusse der Aufstellungen für Metz und Verdun wird nämlich in Pa- 
renthese hinzugefügt: »Produits par le procureur du roi, faits par 
monsieur Dupuy, l’un desdits commissaires.< Dem entspricht auch eine 
Aeusserung Dupuys in dem vorstehend erwähnten Briefe, lautend: 
» Je desire avec passion de me tirer de ces affaires, de quoi je serai quitte, 
ayant achevé l’inventaire de Metz qui est bien avance.« Die Stelle 
beweist zugleich, dass der Auftrag Richelieus dem Kommissar wenig 
sympathisch war, er also wohl selbst an die Berechtigung der An- 
sprüche nicht glaubte. Als Verfasser der Inventarien aber wird auch 
in einem kurzen Berichte über die Thätigkeit der Kommission Dupuy 
direkt bezeichnet: »Dupuy au retour dressa trois productions, la 
première touchant Metz, ville et évêché et l’abbaye de St-Arnoul, 

. il fit trois inventaires raisonnés, avec les indications 
sur chacune pièce.« In gemeinsamen Sitzungen an den obenge- 
nannten Tagen in Toul, Verdun und Metz wurde alsdann das Er- 
gebnis der ausgeführten Untersuchungen zusammengestellt, in letzteren 
beiden Städten unter Zuziehung des Gerichts-Präsidenten von Metz, 
Michel Charpentier !). Die auf Grund dieser Verhandlung erhobenen 
Forderungen halten sich zwar in weit engeren Grenzen, als die Be- 
schlüsse der Metzer Reunionskammer von 1679, und sind ausschliess- 
lich gegen das Herzogtum Lothringen gerichtet; die ganze Art des 
Verfahrens aber, die Beweisführung auf Grund von Urkunden ältesten 
Datums, ohne Berücksichtigung des inzwischen Vorgefallenen, die 
Komödie endlich, die Kommissare gewissermassen als Richter hinzu- 
stellen, denen gegenüber andere, hier der Prokurator, ihre Beschwerden 
vorbringen, und zu beweisen suchen, entspricht so ganz der Art 
der Reunionskammer von 1679, dass die Kommission wohl 
als »Vor-Reunionskammer« zu bezeichnen sein dürfte; höchst 
eigentümlich ist es dabei, dass der Prokurator in den Verhandlungen 
nicht wie die andern Teilnehmer namentlich genannt, und dass der- 


1) Die Protokolle über diese Verhandlungen befinden sich im Archiv der 
Affaires étrangères, Bd. VII, zu Paris. s. d’Haussonville, La réunion de la Lor- 
raine 1854 I, S. 173. Unerklärlicherweise übergeht dieses sonst vortreffliche von 
Sybel als klassisch bezeichnete Werk völlig die Reunionskammer von 1679. 


ae 


selbe verschieden, als Prokurator von Metz, Toul und Verdun bezeichnet 
wird, während thatsächlich ein solcher nur für Metz bestand; es ist 
daher sehr wahrscheinlich, dass der Prokurator gar nicht an den Ver- 
handlungen beteiligt, sondern nur eine in den Berichten vorgeschobene 
Strohfigur war. Abgesehen davon aber werden die Einzelbeschlüsse, 
die nunmehr in der von der Kammer selbst gewählten Reihenfolge zu 
besprechen sein werden, den Beweis liefern, dass diese Reunions- 
kammer Richelieus durchaus das Vorbild und Muster für die Reunions- 
kammern Ludwigs XIV. abgab, wenn dieses auch an keiner Stelle von 
Beteiligten oder Unbeteiligten bisher ausgesprochen worden ist. 


1»: Bistum M6onl. 


In der Stadt und Grafschaft (>comté+) Toul hatte trotz bischöf- 
licher Landeshoheit der Herzog von Lothringen einige Gerechtsame 
behalten, die auf seine frühere Stellung als Markgraf (marchis) für 
dieses Gebiet zurückgeführt wurden. An den Westgrenzen des Reichs 
wurden nämlich einzelne Gebiete auch als Marken bezeichnet, ohne 
dass jedoch ein konstanter Gebrauch und eine bestimmte staatsrechtliche 
Grundlage dafür nachgewiesen werden kann; infolgedessen führten die 
Herzöge von Oberlothringen aus dem elsässischen Hause auch den 
markgräflichen Titel (marchis, marquis), dessen Ursprung im Dunkeln 
liegt, vielleicht mit ihrer früheren Stellung zusammenhängt); von den 
Herzögen selbst wurde diesem Titel eine besondere Bedeutung nicht 
beigemessen. Auch Dupuy mass ihm keinen Wert zu; in dem früher 
erwähnten Briefe?) heisst es: »pour celle (la remontrance) de Toul, 
Jeusse bien désiré que l’on n’eüt point tant exprimé cet office de 
marchis, qui n’est qu'une chimere, et non office, mais un titre qui 
na nul privilège. Nach den Protokollen aber bestanden die daraus 
hervorgehenden Rechte in der Gerichtsbarkeit über alle Rechtsfälle, 
die auf den Hauptstrassen und öffentlichen Flüssen vorkamen, in der 
Beerbung der unehelichen Kinder von Geistlichen, und in der Legiti- 
mirung anderer Bastarde; diese Gerechtsame, welche, wie oben gezeigt, 
auf Belehnungen seitens des Reiches zurückzuführen waren, wurden 
dem Herzog ohne jede Begründung abgesprochen. 

Die Beerbung der Kinder von Geistlichen hatte der Herzog 1420 
in einem besondern Kriege, dem »guerre des enfants de prêtrese mit 
Glück verteidigt, bz. wieder erstritten. Ausserdem aber übte der Herzog 


') Waitz, Deutsche Verfassungsgeschichte 1876 VII, S. 77. Calmet, His- 
toire I Su 
2) S, 28. 


die Landeshoheit über zwei Vorstädte Touls, St. Mansuit und St. Evre, 
beide mit Abteien, aus; die Rechtsgültiskeit dieses Territorialbesitzes 
wurde seitens der Kammer in Abrede gestellt; zur Begründung wurden 
42 Urkunden vorgelegt, welche beweisen sollten, dass die beiden Vor- 
städte früher einen integrierenden Teil der Stadt Toul gebildet, und dass 
anderseits die Landesherren von Toul auch in den Vorstädten die Sou- 
veränität ausgeübt hätten. Die älteste Urkunde ist ein Diplom des 
Kaisers Otto I. vom Jahre 9659 '), in welchem er die Wiederherstellung 
des verfallenen Kloster St. Mansuit in einer Vorstadt Touls durch den 
Bischof Gerhard von Toul bestätigt. Die übrigen Urkunden bestehen 
teils in Schutzbriefen französischer Könige aus dem 14., 15., und 
16. Jahrhundert, welche auf eine Art Patronats-Verhältnis hinweisen, 
teils in dem Nachweis fiskalischer und polizeilicher Massnahmen der 
Stadtbehörden von Toul auch für die beiden Vorstädte, wie solche bei 
dem engen Zusammenwohnen naturgemäss sich ergeben mussten. In 
letzter Linie wurden aber als Rechtstitel eine Reihe von beurkundeten 
Massnahmen französischer Behörden gegen die lothringische Landes- 
hoheit aus der Zeit der französischen Okkupation vorgebracht, die 
letzte aus dem Jahre 1624; in völliger Umkehrung der Verhältnisse 
wird hiernach die Anmassung landeshoheitlicher Rechte durch Frank- 
reich als ein Beweis für deren Berechtigung hingestellt. Sogar die 
mehrfach in den Urkunden vorkommenden Ausdrücke: »l’abbaye de 
St-Mansuit de Toul«, und »Saint-Mansuit lez Toul« werden als Beweis 
für deren Zugehörigkeit zur Stadt verwertet, da sie bedeuten sollten: 
Zur Stadt Toul gehörig und einen Teil derselben bildend (>joignant la 
ville de Toul et faisant partie d’elle«)?). Der Nachweis jedoch, wann 
und in welcher Weise der Herzog von Lothringen sich in unrecht- 
mässiger Weise den Besitz der Vorstädte angeeignet habe, wird nicht 
nur nicht geführt, sondern nicht einmal versucht. 

Für vollkommen ausreichend scheinen aber die Kommissare diese 
Art der Beweisführung doch nicht gehalten zu haben; in der Verhand- 
lung vom 26. April werden vielmehr ausser den Urkunden noch eine 
Reihe andrer Beweise vorgebracht, darunter als wirksamster folgender: 
»mais ce qui confirme très nettement ce qui dessus, est, que si les vil- 
lages de Francheville, Bouvron, Jaillon, Villiers, St-Etienne et autres, 
qui sont notoirement éloignés de ladite ville de Toul de trois grandes 
lieues, sont néanmoins du comté et bailliage de Toul, quelle apparence 

1) Mon. Germ. DD. I, Nr. 289. 

?) Die wichtigeren der angeführten Urkunden sind abgedruckt bei Calmet, 
Histoire I, preuves, S. 301 ff. 


en I) ae 


y aurait-il de soutenir que les faubourgs appartenant à celle n'en 
fussent pas, ains qu'ils seraient d’une seigneurie étrangères ). Solche 
Beweisgründe waren naturgemäss unwiderleglich ; in dem Schlussproto- 
kolle der Sitzung wird daher verfügt, dass diese Vorstädte »seront 
tenus, censés et réputés être de la protection du roi, et que sur ceux 
sa dite majesté pourra faire et exercer ses droits appartenants à sa 
dite protection. In gleicher Weise wie St. Mansuit und St. Evre wurden 
der Krone Frankreich 5 andere innerhalb des Herzogtums Lothringen 
gelegene Ortschaften zugesprochen, nämlich: Bouxières, Bulligny, Da- 
baucourt, Avoux und Grimonvillers. Die angeblichen Rechte auf 
Bouxieres, auch mit dem Zusatze »aux dames« vorkommend, wegen 
der hier gelegenen Abtei, und heute Dorf im Departement Meurthe, 
5 km östlich Nancy gelegen, werden durch ein Breviarium der Kirche 
von Toul vom Jahre 1562 und durch 4 Urkunden nachzuweisen gesucht ; 
in ersterem befindet sich nur die Bemerkung, dass Bischof Gauzelin 
von Toul die Abtei gegründet habe; eine der Urkunden ist ein Protest 
des französischen Prokurators vom Jahre 1621 gegen landeshoheitliche 
Handlungen des Herzogs; die übrigen betreffen Beziehungen der Kirche 
von Toul zur Abtei. Für die Ortschaft Bulligny, heute Dorf im De- 
partement Meurthe, 12 km südlich Toul gelegen, werden 5 Urkunden 
vorgebracht, welche die zeitweise Ausübung der Souveränität durch die 
Landesherren von Toul in früheren Jahrhunderten nachweisen sollten. 
Grimonvillers ist heute gleichfalls ein Dorf des Departements Meurthe, 
50 km südlich Toul gelegen; Dabaucourt und Avoux sind dagegen 
heute verschwunden und auch auf gleichzeitigen Karten nicht aufzu- 
finden. Für diese 3 Ortschaften waren anscheinend selbst Urkunden 
vorstehender Art nicht aufzufinden; für ihre Zugehörigkeit zu Toul 
werden daher nur die Aussagen von 13 Zeugen, sämtlich Beamte oder 
angesehene Bürger der Stadt Toul, angeführt, welche alle Behauptungen 
des Prokurators durch mehrere, aber nicht angegebene Beweise aus 
ihrer oder ihrer Väter Lebenszeit bestätigten, worauf dann auch diese 
Dörfer der Souveränität des französischen Königs zugesprochen wurden. 

Dieser Beweis durch lebende Zeugen ist der Vorreunionskammer 
eigentümlich und von der Reunionskammer von 1679 nicht nachgeahmt 
worden. 

2. Bistum Verdun. 

Auch hier werden in erster Linie landeshoheitliche Rechte an- 
gefochten, welche der Herzog von Lothringen in seiner Eigenschaft als 
Landesherr von Bar innerhalb des Bistums sich angemasst haben sollte, 


2 Dupuy, Traite, S. 635. 


darunter besonders das Salzregal und die Errichtung von Zollstellen 
auf der Maas. An Gebietsteilen werden dem Könige zugesprochen das 
Oberamt (bailliage) Clermont en Argonne und die Markgrafschaft Hatton- 
chatel'). Clermont war von Alters her Hauptort einer Grafschaft von 
etwa 10 DM. Umfang, welche wie die Abtretung im Jahre 1632 be- 
weist, jedenfalls mit dem derzeitigen Oberamte  zusammenfiel; früher 
streitig zwischen den Bischöfen von Verdun und den Grafen von Bar ?), 
gehörte sie seit dem 13. Jahrhundert zum lehensunabhängigen Bar (Bar- 
rois non mouvant) als Lehen von dem Bistum Verdun; 1564 hatte 
jedoch der Bischof von Verdun seinen Hoheitsrechten zu Gunsten des 
Herzogs Karl III. entsagt, dabei aber den Einspruch des französischen 
Königs erfahren, der das Bistum als unter seiner Protektion stehend ansah. 


Die Ansprüche der Reunionskammer gründeten sich aber nicht auf 
diesen Protest, sondern gingen auf alte Zeiten zurück ; zur Begründung 
wurden 24 Urkunden vorgelegt, darunter in erster Linie vier Beschlüsse 
des Hofes (arrêts de la cour) zu Gunsten der Abtei Beaulieu, aus den 
Jahren 1287, 1288, 1293 und 1318: aus der Thatsache der franzö- 
sischen Jurisdiktion folge, dass Beaulieu und somit das Argonner Land 
(le pays d’Argonne) zu allen Zeiten innerhalb der Grafschaft Champagne 
gelegen habe und daher zu Frankreich gehöre, mit ihr natürlich auch 
die Herrschaft (seigneurie) Clermont, zumal diese mehr als 7—8 Stunden 
diesseits des Maas-Flusses gelegen sei. Abgesehen von dieser unver- 
mittelten und man möchte sagen frivolen Begründung war auch das 
Anrecht auf Beaulieu durch die vorgelegten Urkunden keineswegs als 
erwiesen anzusehen. Die Abtei hatte von Alters her zur Grafschaft 
Bar gehört, war aber 1287 auf Ansuchen ihres gegen den Landesherrn 
aufsässigen Abtes von französischen Truppen besetzt und als zu Frank- 
reich gehörig erklärt worden. Der Graf Theobald von Bar hatte sich 
darauf beschwerdeführend an König Rudolf von Habsburg gewendet, 
der durch drei Kommissare eine Untersuchung an Ort und Stelle vor- 
nehmen liess. Die Kommissare verhörten 84 Zeugen und erklärten 
sich nach deren Aussagen einstimmig zu Gunsten des Grafen und des 
Reiches; ihrem Gutachten trat Rudolf 1289 bei; auch seine Nachfolger 
Adolf und Albrecht hielten den Anspruch aufrecht; aus der gleich- 
zeitigen Wahrnehmung von Hoheitsrechten französischerseits konnte 
daher eine Berechtigung der Ansprüche keineswegs abgeleitet werden *). 


1) s. Einzel-Reunionen. 
?) Liénard, Dictionnaire topographique du département de la Meuse 1872, S. 55. 
3) Havet, Œuvres 1896 II, S. 195 ff. 


a 


Seitens der Vorreunionskammer wurde ausserdem aber ein direkter 
Urkundenbeweis für Clermont zu führen versucht; nach diesem sollte 
Frankreich aus doppeltem Grunde Anspruch auf die Herrschaft haben, 
einmal dadurch, dass Clermont früher lehensabhängig von der Cham- 
pagne und also von Frankreich gewesen sei, dann aber dadurch, dass 
die Grafschaft im Lehensverhältnisse zu den Bischöfen von Verdun ge- 
standen habe; der darin liegende Widerspruch wird nicht weiter be- 
rücksichtigt. Zu ersterem Zwecke werden 3 Lehenserneuerungen von 
Einwohnern von Clermont bei Grafen der Champagne aus dem 13. Jahr- 
hundert, ausserdem 7 Lehenserneuerungen für Besitzungen in Clermont 
von Einwohnern der Champagne bei Herzögen von Bar-Lothringen aus 
dem 15. und 16. Jahrhundert vorgebracht; die etwas künstliche Her- 
leitung geht davon aus, dass durch das Untertanenverhältnis bewiesen 
werde, dass es sich nur um Afterlehnsbesitzungen des Herzogs in 
Clermont handeln könne, die er selbst als Lehen von Frankreich be- 
sessen habe. Als besser geglückt muss der Versuch des direkten 
Nachweises angesehen werden, dass Clermont zeitweise zum Bistum 
Verdun in Lehensabhängigkeit gestanden habe; aus den Jahren 1296 
bis 1549 werden 6 Lehenserneuerungen bei den Bischöfen von Verdun 
vorgelegt, die allerdings auch auf Privatbesitz sich beziehen können; 
in einem Vertrage zwischen dem Bischof und dem Herzog Anton von 
Lothringen, zu Remilly im Jahre 1539 geschlossen, wird indessen die 
Lehenszugehörigkeit der Grafschaft zum Bistum Verdun ausdrücklich 
anerkannt. Diese Lehensabhängigkeit wurde zwar 1564 durch einen 
gleichfalls vorgelegten Kaufvertrag zwischen dem Herzog Karl II. und 
dem Bischofe Psaume, in welchem dieser sich aller Rechte auf die 
Grafschaft ausdrücklich entäussert, vollständig aufgehoben ; diesen letz- 
teren Vertrag erklärte die Kommission aber für ungültig, weil zur Zeit 
des Abschlusses bereits die französische Schutzherrschaft bestanden 
habe, die Genehmigung des Königs also einzuholen gewesen wäre. 


Durch denselben Vertrag hatte der Bischof auch auf seine Rechte 
auf Hattonchätel verzichtet, das 30 km südöstlich von Verdun gelegen, 
heute ein Dorf des Departements Meuse ist; die zugehörige Herrschaft, 
die seit 1567 Markgrafschaft genannt wird, war zwar von Alters her 
unbestrittener Teil des Herzogtums, stand aber, wie der Kaufvertrag 
beweist, gleichfalls im Lehensverhältnis zum Bistum Verdun; ein 
weiterer Beweis für diese Zugehörigkeit wäre hiernach nicht erforder- 
lich gewesen, wird aber doch durch eine Reihe von Urkunden zu führen 


gesucht, deren älteste die Bestätigung einer Schenkung Kaiser Ottos II. 
durch Kaiser Friedrich 1.!) im Jahre 1156 enthielt. 

Aus demselben Grunde der Nichtgenehmigung durch den König 
von Frankreich wurden auch kleinere Abtretungen von Aebtissinnen 
des Klosters St. Maur in Verdun infolge Kaufvertrages vom Jahre 
1620 für ungültig erklärt. Von etwaiger Rückgabe der ausgetauschten 
Gegenbesitzungen ist dabei nirgends die Rede. 


3. Bistum Metz. 


Die Ansprüche auf Gebietsteile für das Bistum waren umfang- 
reicher, die Beweise für deren Zugehörigkeit aber noch minderwertiger 
als die bisherigen; an ihre Stelle werden daher sowohl in der Be- 
schwerdeschrift, wie in dem Urkundenverzeichnis Betrachtungen all- 
gemeiner Art gesetzt. In ersterer wird behauptet, dass infolge der 
häufigen Besetzung des bischöflichen Stuhles in Metz durch Mitglieder 
der herzoglichen Familie gerade die festesten Plätze und die ansehn- 
lichsten Herrschaften, die früher dem Bistum gehört hätten, jetzt im 
Besitz des Herzogs oder seiner Familie sich befänden, darunter 27 
namentlich aufgeführte und andere von unschätzbarem Werte. Von 
ersteren wurden 10, nämlich Homburg, Marsal, Nomeny, St. Avold, 
Epinal, Blamont, Apremont, Condé, Conflans und Lützelburg auch durch 
die Kammer von 1679 reuniert; die der letzteren zur Begründung 
vorgelegten Urkunden fehlen 1624 noch, wurden also erst später auf- 
gefunden. Neben diesen, dem unmittelbaren weltlichen Besitze des 
Bistums entzogenen Herrschaften seien, nach Angabe der Beschwerde- 
schrift, auch dem Kloster St. Arnulf (St-Arnould) in Metz und dadurch 
mittelbar dem Bistum gehörige Gebietsteile widerrechtlich an das Herzog- 
tum Lothringen übergegangen ; endlich sei die Abtei Gorze mit den ihr 
gehörigen 15 oder 16 Dörfern unrechtmässigerweise vom Herzog der 
Primat-Kirche von Nancy zugeteilt; ihre Einkünfte seien für die Uni- 
versität zu Pont-A-Mousson verwendet worden. Diesen drei Gruppen 
von Ansprüchen gemäss war auch das Urkunden-Verzeichnis in drei 
Abteilungen geschieden; doch enthielt es nur für einen kleinen Teil 
der beanspruchten Gebiete Beweisversuche, als Ersatz für diesen Mangel 
allgemeine geschichtliche Begründungen, die auch bei späteren Reunions- 
Unternehmungen mehrfach wiederkehren sollten. Das alte Königreich 
Lothringen, heisst es darin, gelegen zwischen den Flüssen Maas, Schelde, 


1) Bei Calmet, histoire Il, preuves S. 350, ist die zweite Urkunde abge- 
druckt; in derselben ist Hattonchâtel nicht namentlich aufgeführt. 
3% 


Rhein, dem Meere und den Vogesen, sei dem französischen Reiche zu 
Zeiten der Schwäche von den deutschen Kaisern entrissen worden; 
die Besitzergreifung der Bistümer durch Heinrich Il. im Jahre 1552 
bedeute daher nur den Wiedereintritt des Königs in den Besitz seiner 
Vorfahren, der ihm ungerechterweise während schlechter Regierungen 
entzogen worden sei — eine Argumentation, welche auch der General- 
prokurator der Kammer von 1679 Ravaulx, in mehrfachen Varia- 
tionen wiederholt. Seit dieser Besitzergreifung aber habe der König 
von Frankreich thatsächlich die Schutzherrschaft über das Bistum Metz 
sowohl, wie über das Metzer Land (pays messin) ausgeübt, was durch 
Anführung ausgeübter Hoheitsrechte erhärtet wird; zu welchem Zwecke, 
ist nicht ersichtlich, da die Schutzherrschaft nur angemasst und für- die 
Begründung des Anspruchs ohne jede Bedeutung war. Eine wirkliche 
Begründung wurde nur für 2 der beanspruchten 27 Herrschaften vor- 
zubringen versucht, für Nomeny und Marsal. Hauptort des ersteren 
Gebietes war die gleichnamige Stadt, heute zum Departement Meurthe 
gehörig, 20 km nördlich Nancy gelegen; nach vorgelegten Urkunden 
war die Herrschaft im Jahre 1537 durch den derzeitigen Bischof Kar- 
dinal Johann von Lothringen für 15000 Fr. an den Grafen Wilhelm 
von Fürstenberg verpfändet worden, und von diesem in gleichem Wege 
zunächst an den Herrn Jean d’Haussonville, dann 1549 an die herzoglich 
lothringische Familie gekommen, beide Male mit Genehmigung des 
Bischofs, aber unter stetem Vorbehalte des Einlösungsrechtes durch 
diesen. Der Vorgang beweise einerseits, wie die Bischöfe von Metz 
mit ihrem Besitze umgegangen seien, anderseits, dass die Einlösung 
noch jetzt jederzeit erfolgen könne. Wenn diesen Ansprüchen eine 
gewisse Berechtigung nicht aberkannt werden darf, so war dagegen 
die Begründung des Anspruchs auf Marsal völlig haltlos. Die heute zu 
Deutsch-Lothringen, Kreis Chäteau-Salins gehörige, damals bischöfliche 
Stadt war 1555, ihres Charakters als Festung halber von den Franzosen 
mit einer Besatzung belegt worden; während der Liga-Wirren hatte 
der Herzog sich jedoch in den Besitz der Stadt und Festung gesetzt 
und durch Kaufvertrag im Jahre 1593 deren Abtretung vom Bistum 
erwirkt; durch den zwischen Frankreich und Lothringen 1594 ge- 
schlossenen Vertrag zu St. Germain war der Herzog im Besitze der 
Festung bestätigt worden, hatte aber die Verpflichtung eingehen müssen, 
das Bistum, zu dem Marsal früher gehört habe, dafür anderweitig zu 
entschädigen. Diese Verpflichtung nun, so führt die Vorkammer in der 
Verhandlung aus, sei nicht in erforderlichem Masse erfüllt, auch sei 


107. 


die Zustimmung des Domkapitels von Metz zu diesem Vertrage nicht 
eingeholt worden. Der Vertrag sei hiernach als hinfällig anzusehen, 
Marsal mit dem Bistum zu reunieren. Von den übrigen 25 Herrschaften 
wird im Urkundenverzeichnis nur noch eine namentlich angeführt, 
St. Avold, Stadt und Abtei, heute gleichfalls zu Deutsch-Lothringen, 
Kreis Forbach, gehörig. Beide waren von Alters her im Be- 
sitze des Bischofs von Metz gewesen, im Jahre 1572 jedoch durch 
Verkauf an den Herzog von Guise, im Jahre 1581 auf gleichem 
Wege an den Herzog von Lothringen gekommen !). Die Rechtmässigkeit 
des Verkaufes bestritt die Kammer, ohne jedoch Urkunden dafür vor- 
zulegen. Dieser Mangel an Unterlagen, selbst für die Führung eines 
Scheinbeweises, dürfte nur dadurch zu erklären sein, dass das bischöf- 
liche Archiv zu Vic dem Spürsinn der Kommissare noch entgangen 
war; hiernach muss also angenommen werden, dass der Bischof von 
Metz, der in den Kammerverhandlungen von 1679 in den Vordergrund 
geschoben wurde, 1624 nicht ins Vertrauen gezogen war, oder aber 
seine Mitwirkung bei dem Reunionswerke versagt hatte. Der Mangel 
an Urkunden hinderte aber nicht, dass in der Schlussverhandlung die 
Herrschaften Nomeny, Marsal, St. Avold »und andere« dem Herzoge 
von Lothringen aberkannt wurden, womit die Reunion der gesamten, 
in der Einleitung aufgeführten 27 Herrschaften ausgesprochen war. 

Etwas günstiger für die Beweisführung hatten die Verhältnisse 
sich hinsichtlich derjenigen Ansprüche gestaltet, welche aus der früheren 
Zugehörigkeit zur Abtei St. Arnulf in Metz abgeleitet worden waren, 
da hier augenscheinlich die Klosterarchive durchsucht, und die geeignet 
erscheinenden Stücke entnommen waren. Auf Grund von solchen Ur- 
kunden wurden Ansprüche erhoben auf die vereinigte Herrschaft Mor- 
ville-Baudrecourt, das Dorf Champigneulles und das Priorat nebst 
Herrschaft Lay. 

Durch die widerrechtliche Entziehung dieser Besitzungen sei nach 
den Ausführungen der Kammer die Benediktiner-Abtei dermassen ge- 
schädigt worden, dass sie zur Zeit nicht mehr den dritten Teil ihrer 
früheren Einkünfte habe. 

Morville und Baudrecourt sind heute zwei unbedeutende Dörfer, 
nahe beieinander, 28 km südöstlich von Metz in Deutsch-Lothringen, Kreis 
Chäteau-Salins, gelegen. Für ihre Zugehörigkeit zur Abtei St. Arnulf 
wurden 14 Urkunden vorgelegt; die älteste, vom Jahre 965, ist ein 


1) Näheres über die Vorgeschichte der hier reunirten Gebiete s. unter den 
Einzel-Reunionen der Kammer von 1679. 


BA Te 


Schenkungs-Akt, durch welchen ein Edelmann Regimbault die Herr- 
schaft Morville der Kirche St. Arnulf abtritt. Vom Jahre 1443 wird 
ein auch weiterhin mehrfach verwertetes Verzeichnis vorgelegt, in 
welchem die beiden Herrschaften als Eigentum der Abtei aufgeführt 
werden; von den übrigen Urkunden hat nur eine wenigstens einen 
Schein von Beweiskraft; sie enthält ein 1531 geschlossenes Abkommen 
zwischen dem Abt und Convent des Klosters einerseits und den Grafen 
von Salm andererseits, wonach erstere die Grafen zu ihren Vögten 
wählen (seigneurs voués et protecteurs) und ihnen dafür einige Gerecht- 
same und Einkünfte übertragen; diese Rechte seien auf die Herzöge 
von Lothringen übergegangen, aber auch die einzigen diesen zu- 
stehenden. Die Aneignung der vollen Landeshoheit sei daher unbe- 
rechtigte Anmassung. Die übrigen Urkunden betreffen Beziehungen, 
welche seitens des Klosters mit französischen Behörden angeknüpft 
waren, ohne aber das Verhältnis der Landeshoheit zu berühren. Die 
Ansprüche auf Champigneulles, heute Dorf des Departement Meurthe, 
5 km nördlich Nancy gelegen, wurden durch das vorstehend genannte 
Verzeichnis vom Jahre 1443 und durch eine Urkunde ohne Datum, 
welche die Schenkung an die Abtei ausspricht, zu erhärten gesucht. 
Die in letzter Linie für die Abtei St. Arnulf beanspruchte Herrschaft 
Lay mit zugehörigem Benediktinerkloster ist die heutige Ortschaft Lay 
St. Christophe, 7 km nördlich Nancy im Departement Meurthe liegend. 
Zur Begründung des Anspruches wird in erster Linie der Schenkungs- 
Akt einer Gräfin Eva von Chaumontois (Mutter des Bischofs Adalbero 
von Rheims) vom Jahre 950 und das Verzeichnis von 1443 vor- 
gelegt; weitere Urkunden betreffen thatsächliche Ausübung von Besitz- 
rechten durch Aebte von St. Arnulf im 15. und 16. Jahrhundert; 
wenn solche danach auch nicht zu bezweifeln sind, so handelt es sich 
dabei eben stets nur um privates Eigentum, welches zwar im Besitze 
des Klosters sich befand, aber innerhalb des Herzogtums Lothringen 
gelegen war. Diese absichtliche Verwechslung von Privatbesitz und 
Landeshoheit muss besonders deshalb hervorgehoben werden, weil sie 
im grössten Massstabe bei der Kammer von 1679 wiederkehrt. 

Wenn schon bei bisher erörterten Ansprüchen auf das 10. Jahr- 
hundert zurückgegangen war, so war noch wesentlich älter das Be- 
weis-Material, welches die Kammer für die Abtei Gorze hervorgeholt 
hatte. Die heutige Stadt des Landkreises Metz, 15 km südwestlich der 
Hauptstadt gelegen, war Sitz der berühmt gewordenen Benediktiner- 
Abtei, die zwar zum Bistum Metz gehört hatte, aber mit grosser 
Selbständigkeit ausgestattet gewesen war. Nach der Beschwerdeschrift 


RU Ne 


sollte der Herzog von Lothringen unrechtmässiger Weise den Besitz 
dieser Abtei sich angeeignet und sie mit der Primat-Kirche von Nancy 
verschmolzen haben. Diesen Ausführungen lag der thatsächliche Vor- 
gang zu Grunde, dass Kardinal Karl von Lothringen als Bischof von 
Metz 1572 die Säkularisation der Abtei beim Papste bewirkt, und ihre 
Einkünfte grösstenteils der neu begründeten Universität in Pont-à- 
Mousson zugewendet hatte'); einige vorläufig zurückgebliebene Kloster- 
geistliche wurden 1609 entfernt; 1621 wurde die Vereinigung der 
Abtei mit der Primat-Kirche von Nancy?) bewirkt (église primatiale ist 
ein der Kirche Notredame zu Nancy bei ihrer Gründung verliehener 
auszeichnender Titel, der sonst nicht wieder vorkommt). Zweifellos 
war dieser Vorgang ein Gewaltakt, und nur in Folge der Besetzung 
des bischöflichen Stuhles sowohl wie der Abt-Stelle durch Mitglieder 
des herzoglichen Hauses zu erklären; die rechtliche und kanonische 
Gültigkeit konnte aber trotzdem nicht wohl angefochten werden. 

Die Kammer führte daher auch diese Aufhebung der Abtei nur 
als ein Zeichen für das gewaltthätige Vorgehen der Herzöge von Loth- 
ringen auf Kosten ihrer Nachbarn an; die Berechtigung der französischen 
Ansprüche leitete sie dagegen in erster Linie aus uralten Beziehungen 
der Abtei zur französischen Krone her. Zu dem Zwecke werden 
zunächst 2 Stellen aus Sigebert von Gembloux angeführt, auf die Jahre 
758 und 764 bezüglich, nach denen die Abtei im Auftrage des Königs 
Pippin von dessen Neffen Bischof Chrodegang gegründet worden sei. 
Die Stellen lauten: »Walpertus abbas in Italia, Chrodegangus, Meten- 
sium episcopus, Pipini regis ex Landrada sorore nepos, clarent in Gallia, 
qui Gorziam coenobium fundavit in Mettensi parocchia«, und: »Chrode- 
gangus episcopus corpora martyrum Gorgonii, Naboris et Nazarii Roma 
ad Galliam transtulit et Gorgonium quidem in Gorzia reposuit.«< Wäh- 
rend die Stellen richtig citiert sind”), ist dagegen der Zusatz: »Cette 
abbaye done fondee, non seulement par le dit Chrodegangus, neveu 
de Pepin II, mais par Pepin m&me« freie Erfindung Dupuys. Weiterhin 
wurden 4 Urkunden vorgelegt, enthaltend Schenkungsakte des Königs 
Pippin, des Bischofs Angilram und Bestätigungen dieser Schenkungen 
durch Karl den Grossen. Die demnächst vorgebrachten Beweisstücke 
waren wesentlich jüngeren Datums und betrafen Gunstbezeugungen 
französischer Könige an die Abtei aus dem 15. und 16. Jahrhundert, 
sowie fiskalische und municipale Beziehungen der Stadt Metz zur Abtei, 


1) Bulle Gregor XIII., abgedruckt bei Calmet III, preuves S. 688. 
2?) Chaussier, l’abbaye de Gorze, 1894, S. 349. 
5) MG. SS. VI, S. 332. 


2-40 = 


denen zum Schlusse noch eine Uebertragung von Gerechtsamen seitens 
des Bischofs an König Heinrich II. aus dem Jahre 1556, also aus der 
Zeit der französischen Okkupation zugefügt wird'). 

Neben diesen in 3 Gruppen zusammengefassten Ansprüchen wurde 
in letzter Linie das Dorf Cherizey, heute zum Landkreise Metz gehörig, 
12 km südlich dieser Stadt gelegen, der Krone Frankreich zuerkannt; 
in der Begründung wird angeführt, dasselbe habe nur zum vierten Teil 
dem Herzoge von Lothringen, im Uebrigen aber den Abteien St. Sym- 
phorian und St. Glossinde in Metz gehört, der Herzog habe daher unbe- 
rechtigter Weise die Landeshoheit über das Ganze sich angemasst. 
Urkunden oder sachliche Beweise wurden aber für diese Behauptung 
nicht vorgebracht. 

Nach Beendigung des Auftrages erstattete Lebret im Namen der 
Kommission der Regierung und dem Parlamente zu Paris Bericht, 
worauf die Reunionen im Herzogtum und selbst unter den Mauern von 
Nancy in rücksichtslosester Weise bekannt gemacht wurden. Natur- 
semäss blieben diese Reunionen ebensowenig wie die spätern umfang- 
reicheren nicht ohne Protest seitens der Beteiligten, vor Allem also 
des Herzogs von Lothringen. Denkschriften und andere Schriftstücke 
(documents) liegen noch heute vor, durch welche die in St. Epvre und 
Saint-Mansuy angeschlagene Benennung »Vorstadt von Toul« bekämpft 
wird; eine andere Denkschrift führt den Titel: »refutation ou contre- 
dit des moyens proposés le 26 avril par le procureur du roi en la 
ville, comté et gouvernement de Toul à Messieurs Lebret de Lorme 
et Dupuy, commissaires nommés par le roi très chrétien pour la re- 
cherche de ses droits dans les trois évêchés”?). 


Wie die Uebersicht über die Thätigkeit der Vor-Reunionskammer 
von 1624 zeigt, waren die von ihr ausgesprochenen Reunionen nicht 
allzugrossen Umfanges; auch fand eine gewaltsame Durchführung der- 
selben nicht sogleich statt; der Auffassung d’Haussonvilles?) aber, dass 
es sich nur um eine Warnung des Herzogs gehandelt habe, kann nicht 
beigetreten werden; eine Verwertung der gewonnenen Resultate bei 
späteren, zur Zeit schon geplanten Unternehmungen gegen Lothringen 
war wohl die vornehmlichste Absicht bei Einsetzung dieser Kommission. 
Ihre grösste Bedeutung liegt aber in dem Vorbilde und Muster, das sie 
für die spätere Haupt-Kammer abgegeben hat. Zweifellos haben wir 

') Die Urkunden über Gorze sind zum Teil abgedruckt bei Calmet I, 
preuves, S. 275 ff. 

?) Marichal, S. 47, No. 63. 

°) d’Haussonville, Histoire de la réunion de Lorraine 1854 I, 5. 173. 


a E 


in der ganzen Gewaltthätigkeit und Scrupellosigkeit, mit der diese Ver- 
handlungen geführt wurden, den Geist Richelieus zu erblicken, in dessen 
Hand die 3 Kommissare sowohl wie die zugezogenen Justizbeamten 
nur gefügige Werkzeuge gewesen waren, und der in seinen Memoiren 
direkt ausspricht, dass er die Vernichtung Lothringens sich zum Ziel 
gesetzt habe!). Hiernach muss es mindestens als fraglich hingestellt 
werden, ob ohne diesen Vorgang die Reunionskammer von 1679 über- 
haupt eingesetzt worden wäre, und ob ohne das Muster von Dupuy 
der Generalprokurator Ravaulx sich zu dem später zu schildernden 
Grade von Rechtsverdrehung und Sophistik hätte aufschwingen können. 
Berücksichtigen wir dabei, dass Richelieu wenige Monate nach seinem 
Amtsantritt mit einem derartig überlegten, zweifellos in seinem Geiste 
vorbereiteten Unternehmen vorging, so wird man der Erkenntnis sich 
nicht verschliessen dürfen, dass nicht die angeführten geringen Gebiets- 
abtretungen das Ziel der Kammer waren, sondern dass dieselbe nur 
der erste Schritt zur Erreichung seiner Lebensaufgabe, der Ausdehnung 
Frankreichs bis zu seiner »natürlichen Grenze«, dem Rheine, sein 
sollte, wie sie, nahezu 200 Jahre früher, durch Karl VII. gefordert 
worden war. 


Diese Wiederaufnahme der Idee der natürlichen Grenzen soll nach 
einer neuern, besonders die Biographie des Pater Joseph berücksichti- 
senden Studie?) diesem noch fremd, und von Richelieu selbständig an- 
genommen sein; Verfasser sagt weiterhin über die Politik beider: 
»Richelieu et le père Joseph représentèrent au pouvoir les deux doc- 
trines qui ont constitué la conscience nationale, la doctrine de lhégé- 
monie morale, de la primauté chrétienne, et la doctrine des frontières 
naturelles, de l'extension territoriale, absorbant ces pays limitrophes, 
ces populations sans caractère ethnographique. « 


»Der ungeheure Ehrgeiz Richelieus hatte niemals ein anderes Ziel, 
als die Macht und Grösse Frankreichs«, sagte Graf Molé in der Aka- 
demie-Sitzung zu Paris vom 30. Januar 1846; dafür liefern auch die 
vorstehend geschilderten Verhandlungen einen erneuten Beweis. 


1) Mémoires du cardinal de Richelieu 1823; über deren Bedeutung 
s. weiter unten. 

?) Fagnier, Richelieu et l'Allemagne, 1624—1630, in Revue historique, 45. Bd. 
S. 1 ff. (jetzt auch bei Fagnier, Le père Joseph et Richelieu, 1894). 


IV: 
Das Parlament zu Metz. 


In planmässiger, zielbewusster Weise erfolgte das weitere Vor- 
gehen Richelieus. Zunächst galt es den beabsichtigten Gewaltthaten 
im Sinne der Reunions-Beschlüsse den Charakter oder wenigstens den 
Schein eines geordneten Rechtsverfahrens zu Grunde zu legen; dazu 
war der Spruch eines wirklichen Gerichtshofes erforderlich, eines Par- 
laments nach Art der in andern Provinzen Frankreichs bestehenden, 
deren Wirkungskreis damals noch ein fast ausschliesslich richterlicher 
war und erst unter den Nachfolgern Ludwigs XII. in bedeutsamer 
Weise auf Verwaltung und Gesetzgebung ausgedehnt wurde. Die Er- 
richtung eines solchen Parlamentes in Metz sollte aber, entgegen der 
zumeist herrschenden Auffassung, nicht nur die Rechtsprechung in den 
drei Bistümern zentralisieren, und damit die Autorität des Königs in diesen 
neu erworbenen Gebieten festigen ; sie sollte vielmehr unmittelbar die 
Reunionsbestrebungen des Kardinals unterstützen und fördern. Anläufe 
zur Einsetzung eines Metzer Parlaments waren bereits zu wiederholten 
Malen gemacht worden, ein kleiner Stamm für ein solches auch in der 
Reichsstadt vorhanden). Schon im Jahre 1569 war nämlich die Be- 
stallung eines Justiz-Präsidenten mit zwei Notaren, behufs Schlichtung 
von Streitigkeiten zwischen Bürgern und Soldaten erfolgt, zu denen 
bald nachher ein Prokurator des Königs in Metz mit Stellvertretern in 
Toul und Verdun trat, dieselben, welche wir bei der Vor-Reunions- 
kammer in angeblicher oder wirklicher Thätigkeit gesehen haben. Die 
Zuständigkeit dieser Beamten wurde nach und nach, trotz wiederholter 
Beschwerden der städtischen Behörden und Stände, erweitert. Die Er- 
sänzung des Kollegiums zu einem wirklichen Parlamente wurde 1602, 
1609 und in energischer Weise 1613 versucht, scheiterte aber jedesmal, 
in letzterem Jahre hauptsächlich an einem entschiedenen Proteste des 
Kaisers Mathias. Auch die drei Kommissare von 1624 hatten den Auf- 
trag erhalten, die Errichtung eines Parlaments an Ort und Stelle ein- 
zuleiten, kamen aber infolge entschiedenen Widerspruchs aller drei 
Stände damit nicht zustande. Im Januar 1633 endlich, zwei Monate 
nach der Schlacht bei Lützen, schien die längere Fortdauer des dreissig- 
jährigen Krieges, und damit die Schwächung Deutschlands genügend 
gewährleistet, um den folgenschweren Schritt thun und nötigenfalls mit 
Gewalt die Einsetzung durchführen zu können. »La main puissante 


1) Michel, Histoire du Parlement de Metz 1845, S. 11 ff. 


la 


de Richelieu se fait sentir dans cet acte important«, sagt darüber der 
Geschichtsschreiber des Metzer Parlaments ?). 


Durch die Errichtung des Parlaments sollte in erster Linie das 
letzte Band zerrissen werden, welches die usurpierten Bistümer noch 
mit dem Reiche verband. Wenige Jahre vorher, 1628, hatte der 
Bischof von Verdun durch eine Reise nach Paris der Befestigung der 
französischen Macht in seinem Bistum entgegenzuwirken, und im Be- 
sondern den Bau eines Kastells in Verdun zu verhindern gesucht, auch 
seinen Wünschen entsprechende Zusagen vom Könige erhalten. » Wir 
haben aber bald nach unserer Abreise von Paris ganz schmerzlich 
vernommen, wes Maszen diese Königliche Parole hei Seite gesetzt, 
vorangeregtes Kastell in unserer Stadt Verdun und dessen Fortifikation 
mit noch mehrerem Ernst fertiggestellt, die französischen Garnisonen 
daselbst verstärkt, der römische Adler in dieser Stadt zu Schimpf und 
Verkleinerung des heiligen römischen Reiches aller Enden ab- und 
niedergerissen und die geistlichen Güter daselbst usurpiert worden« 
sagt der Bischof in einer Eingabe an den Reichstag zu Regens- 
burg 1641 ?). 

Zu dieser Errichtung der vollen französischen Landeshoheit trat 
jetzt noch als Schlussstein die Unterstellung der 3 Bistümer unter die 
Jurisdiktion des Metzer Parlaments und das schon von Heinrich IV. 
erlassene, jetzt erneute Verbot der Appellation bei dem Reichskammer- 
Gerichte zu Speier. Aber noch weiter gehende Aufgaben politischer 
Natur waren dem Parlament gestellt. 


Eine Stelle in dem Gründungs-Edikte vom 15. Januar 1633 lässt 
darüber keinen Zweifel; das Parlament sollte der Befestigung der 
Königlichen Souveränität nicht nur in den bereits besetzten Bistümern 
dienen, sondern auch: »dans toutes les autres terres et seigneuries, 
comprises dans l’etendue des dites provinces et anciens ressorts, souve- 
rainetés et enclaves de celles«®). Der Herausgeber der Akten des 
Metzer Parlaments macht zu dieser Stelle im Jahre 1774 die folgende 
Bemerkung: »la chambre royale fit en 1680%) le commentaire de ce 
texte«. Aehnlich lautete auch die Antrittsrede des Präsidenten, An- 
toine de Bretagne, in welcher er hinwies auf »les droits qui apparte- 

1) Michel, S. 19. 

?) Moser, Teutsches Staatsrecht, 1748, Bd. 35, S. 213. 

») Emmery, Recueil des édits pp. enregistrés au Parlement de Metz 1774 I, S.6. 

*) Die Reunionskammer wird diesseits immer nach dem Jahre der Ein- 
setzung, 1679, benannt. 


a ve 


naient si légitimement à Sa Majesté en les dits pays qui étaient no- 
toirement des anciennes appartenances de son royaumes ). 

Wie umsichtig der Kardinal aber hierbei, entsprechend seiner 
sanzen staatsmännischen Thätigkeit verfuhr, geht daraus hervor, dass er 
gleichzeitig die öffentliche Meinung in und ausserhalb Frankreichs auf die 
beabsichtigten Unternehmungen vorbereiten und die Anrechte Frankreichs 
auf weitere Gebiete als die 3 Bistümer darlegen liess. Zu dem Zwecke 
erschien im Jahre 1632 zu Paris eine Schrift des Paters Charles Her- 
sent, bischöflichen Kanzlers, unter dem Titel: de la souverainete du 
roi a Metz, pays messin et autres villes et pays circonvoisins?). Ganz 
ohne tiefen Gehalt und geschichtlichen Wert, ist das kleine Werk be- 
sonders durch die Maszlosigkeit der Forderungen und das Fehlen jeder 
rechtlichen Begründung auffällig; in ihm wird unverhüllt das ganze 
linke Rheinufer von den Alpen bis zur Nordsee für Frankreich in 
Anspruch genommen; das Herzogtum Lothringen sei nach seiner ganzen 
Geschichte und den Zeugnissen der Schriftsteller aller Zeiten als ein 
Teil Frankreichs anzusehen; die Uebertragungen Lothringens durch 
Kaiser Otto I. seien daher ungültig, da dieser nicht über einen Staat 
verfügen konnte, der ihm nicht gehörte; und »selon la regle du droit 
le cours du temps ne valide point une chose, qui n’a point eu de va- 
leur en ses commencements«. 

Hinsichtlich des Anspruches auf die Rheingrenze heisst es zum 
Schlusse des Buches: »Nach den Zeugnissen von Egesippus, Caesar, 
Strabo, Tacitus und Ammianus Marcellinus habe der Rhein mit den 
Alpen und dem Meere die Grenze Frankreichs gebildet; demgegenüber 
könne die Verschiedenheit der Sprache nicht ins Gewicht fallen«. Aehn- 
lichen Charakters, aber noch maszloser in ihren Forderungen ist eine 
im gleichen Jahre erschienene Schrift des königlichen Rates Cassan, 
betitelt »La recherche des droits du roi . . .«, in welchem der Ver- 
fasser auf Grund von Eroberungen, Erbfolgen, Käufen und anderen 
zechtstiteln (titres légitimes) Anspruch auf nahezu das ganze mittlere 
und südliche Europa macht. Das »alte Königreich Lothringen« wird 
dabei von der Maas bis zum Rhein auf Grund der karolingischen 
Teilungen für Frankreich gefordert (»la Lorraine donnée en partage 


1) Lothr. Jahrb. VI, 1894, S. 282. Sauerland nennt hier diese Aeusserung 
die erste amtliche Verkündigung des Reunionsgedankens, was nach Vorstehendem 
nicht zutreffend ist. 

?) Eine Schrift ähnlichen Titels: Lebret, traité de la souveraineté du roi, 
1632, deren Verfasser der genannte Kollege Dupuys sein dürfte, ist mir nicht 
zugänglich gewesen. 


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aux enfans de France«), wobei auch bereits der Thätigkeit der Vor- 
reunionskammer Erwähnung geschieht. Mehr noch als dieses weist 
auf die Inspiration durch Richelieu die Vorrede hin, in der das Werk 
unter äusserst schwülstigen und byzantinischen Ausdrücken dem Kar- 
dinal gewidmet wird. Die Beteiligung Richelieus an der Herausgabe 
dieser Schriften dürfte umsoweniger zweifelhaft sein, als sie zusammen- 
fällt mit den Vorbereitungen zur aktiven Teilnahme Frankreichs am 
dreissigjährigen Kriege, welche die Erreichung der in den Schriften 
begründeten Ansprüche einleiten sollte; in einem dem Könige erstatteten 
Gutachten vom Anfange des Jahres 1633 spricht Richelieu direkt aus, 
dass für thätige Unterstützung der protestantischen Fürsten gegen den 
Kaiser diese das ganze linke Rheinufer dem Könige überlassen und 
sich verpflichten müssten, ohne seine Zustimmung nicht Frieden zu 
schliessen). Die Vorteile seien gross, die Gefahr gering; der König 
dehne, ohne einen Schuss zu thun, sein Reich bis zum Rhein aus.« 

Diese Denkschrift giebt den Schlüssel für die ganze von Richelieu 
während des dreissigjährigen Krieges verfolgte Politik. Denn um den 
Weg nach dem Rheine frei zu machen (»ouvrir la route«), musste 
man in erster Linie sich des Herzogtums Lothringen bemächtigen ; eine 
andere im Auftrage des Kardinals verfasste Denkschrift: »Quel est le 
plus sûr moyen pour réunir à la France les duchés de Lorraine et de 
Bar« sollte dazu die Wege ebnen. Vorbereitet war das Unternehmen 
schon durch die Thätigkeit der Vorreunionskammer von 1624, deren 
hohe politische Bedeutung auch hierdurch in die Augen springt, wenn 
auch ihren Beschlüssen keine unmittelbare Folge gegeben war. Zu- 
gleich mit dem Eingreifen Frankreichs in den dreissigjährigen Krieg 
beginnen die planmässigen Uebergriffe und Misshandlungen Lothringens 
seitens Frankreichs, durch welche die ganze Regierungszeit Herzogs 
Karl IV. und seines Nachfolgers, Herzogs Karl V. gekennzeichnet ist, 
und denen die zweifellose Absicht der dauernden Aneignung des ganzen 
Herzogtums zu Grunde lag. Nachdem der Herzoÿ veranlasst war, seine 
Truppen zur Unterstützung der katholischen Fürsten über den Rhein 
zu führen, wird ihm nachher diese Unterstützung vorgeworfen; im 

1) Mémoires du cardinal de Richelieu. Paris 1823. VII, S. 272. Zweifellos 
dürfte dieses Aktenstück zu den echten Teilen der Mémoires zu rechnen sein 
(s. Ranke, Sämtliche Werke XII, S. 137). Fagnier (Le père Joseph et Richelieu 
1894 I, S. 12) nimmt übrigens an, dass die ganzen Mémoires Richelieu vorgelegen 
haben. 

Auf die Bedeutung der Memoiren Richelieus für die Erkennung dieser 
seiner Politik bin ich durch den Privatdozenten Dr. Bloch in Strassburg aufmerksam 
gemacht worden, 


Vertrage von Vie vom 6. Januar 1632 musste er die Festung Marsal 
(reuniert 1624 und 1679) für 3 Jahre an Frankreich ausliefern. Trotz 
dieses Vertrages erfolgte nach wenigen Monaten die Besetzung Loth- 
ringens durch den Marschall Schomberg ohne vorhergegangene Kriegs- 
erklärung; für die Befreiung seines Landes musste der Herzog Clermont 
en Argonne (reuniert 1624) dauernd, Stenay und Jametz für 4 Jahre 
im Vertrage zu Liverdun 1632 abtreten. Neue Kämpfe zwischen Loth- 
ringen und Schweden gaben, wenngleich von Frankreich herbeigeführt, 
zugleich mit der dem Könige missliebigen Heirat des Herzogs von Orleans 
mit der Schwester Karls IV. den Vorwand zu erneuter Besetzung des 
Herzogtums. Im September 1633 erfolgte die Besetzung der Haupt- 
stadt Nancy; vergebens hatte der Herzog durch Sendung seines Bruders, 
des Kardinals Franz von Lothringen an den französischen Hof dieser 
Vergewaltigung vorzubeugen gesucht'!). Eine Unterredung, welche der 
Kardinal Franz nach einer Audienz beim Könige, am 20. August 1633 
zu Chäteau-Thierry mit Richelieu hatte?), ist besonders deshalb be- 
merkenswert, weil der Minister in unverhohlener Weise die Pläne 
Frankreichs auf den Erwerb Lothringens und des ganzen linken 
Rheinufers aussprach. »Richelieu avance ensuite la chose la plus 
pitoyable du monde, la pretention la plus frivole, la plus ridicule 
qu'on puisse imaginer; le roi prétend que la souveraineté sur la Lor- 
raine lui appartient et que l’hommage lui est dû; l’empire l’a depuis 
longtemps usurpée à la couronne de France. Dieu ouvre à Sa Majesté 
les voies de rétablir la monarchie dans son ancienne grandeur; la 
postérité n’aurait-elle pas sujet à blämer le roi, s’il négligeait de rentrer 
dans les droits de ses prédécesseurs, et s’il n’employait pas la force 
de ses armes pour cet effet« waren die Worte Richelieus dem Kardinal 
gegenüber ?). In einer Audienz beim Könige, zu St. Dizier an einem 
der folgenden Tage setzte Richelieu noch hinzu, dass der König sich 
Nancys bemächtigen müsse, als der »plus forte barriere que Sa Majeste 
puisse opposer à la maison d’Autriche; il faut l’avoir, à quelque prix 
que ce soit«°). Einen Monat später war die lothringische Hauptstadt 
in den Händen der Truppen des Königs. Auch die Abdankung des 
Herzogs zu Gunsten seines Bruders vermochte dem Lande nicht die Be- 
freiung zu bringen, wie nach obigem erklärlich; mit dem Falle der 
Festung La Mothe, im März 1634, war das ganze Herzogtum Lothringen- 
Bar im französischen Besitze. 


1) d’Haussonville I, S. 280 ff. 
?) Mémoires de Richelieu VII, S. 415. 
*) Le Vassor, Histoire du règne de Louis XIII 1751, VII, S. 794. 


ea 


In die letzgenannte Festung hatte Herzog Karl alle wichtigen auf 
das Verhältnis zu Frankreich bezüglichen Urkunden bringen lassen; 
bei der Einnahme hier vorgefunden, wurden sie nach Nancy gebracht 
und dem früher genannten Archivar Theodor Godefroy übergeben. 
Dieser erkannte sogleich die hohe Bedeutung der Schriftstücke für die 
von Richelieu eingeleiteten Reunionen; er überreichte dem Kardinal 
eine Denkschrift, worin er die Hoheitsrechte des Königs auf eine Reihe 
von Gebietsteilen des Herzogtums zu beweisen suchte, theils im lehens- 
abhängigen Bar, theils, wie Neufchäteau, Epinal, Pont-a-Mousson (alle 
reuniert 1679), im übrigen Teile der Herzogtümer gelegen. Aus den 
Urkunden wurde eine Auslese genommen und zu eingehendem Studium 
nach Paris gebracht. Das vorliegende Inventar dieser Sammlung, ver- 
glichen mit den Einzel-Reunionen, zeigt, dass gerade hier die meisten 
Urkunden für die Ansprüche auf herzogliche Gebietsteile gefunden 
wurden !). 

Inzwischen hatte Richelieu auch das neu errichtete Parlament zu 
Metz zu Schritten im Sinne seiner Reunions-Absichten veranlasst: 
»Seit der Zeit der Errichtung des Parlaments von Metz hatte der Mi- 
nister es im Auge gehabt, diejenigen Gebiete und Herrschaften mit der 
Krone zu vereinigen, die einstmals vom weltlichen Besitze der Bischöfe 
von Metz, Toul und Verdun abhängig, jetzt aber im Besitze der Her- 
zöge von Lothringen und mehrerer anderer Fürsten des Reiches waren ?).« 
Das Parlament entsprach diesen Erwartungen vollständig, es verlor es 
nicht aus dem Auge, seiner Befugnis die ganze Ausdehnung zu geben, 
deren es nach den Ausdrücken des Gründungs-Ediktes von 1633 fähig 
war; es schickte Kommissare nach Vic, um dort die Archive der 
bischöflichen Kanzlei zu untersuchen ; Gillet, Stellvertreter für die Recht- 
sprechung in Verdun, und Gillot, der das gleiche Amt in Toul hatte, 
gaben sich viele Mühe ihrerseits; Gillot machte so wichtige Entdeckungen, 
dass sie ihm eine Pension von 800 Fr. eintrugen *).«< Hiernach be- 
wirkte das Parlament eine Ergänzung der Untersuchungen von 1624 
durch Ausbeutung des früher anscheinend übersehenen Archivs zu Vie; 
wie schon aus der angezogenen Stelle ersichtlich, wollte man zu einer 
weit ausgedehnteren Beanspruchung von Gebieten schreiten. Ungesäumt 
ging das Parlament mit der Ausnutzung des gefundenen Materials vor; 
durch Beschlüsse vom 2. Dezember 1633 und 5. Januar 1634 dehnte 
es seine Befugnisse auf eine Reihe herzoglich-lothringischer Gebietsteile 

1) Abgedruckt in Recueil de documents IIl. 


2) Emmery I, S.6, Anm. 
8) Emmery I, S. 260, Anm. 


a ess 


aus’). Trotz der französischen Okkupation erfolgte Protest des Herzogs 
beim König; in einem im Original vorliegenden Briefe?) des Königs 
vom 30. Dezember 1633 an das Parlament wird diesem mitgeteilt, dass 
der Herzog sich bei ihm über die Entsendung von Justiz-Beamten des 
Parlaments nach Epinal, Blamont und St. Nicolas du Port (alle drei 
reuniert 1679) beschwert habe; der König verbietet derartige Mass- 
nahmen ohne seinen ausdrücklichen Befehl. Das sechs Tage später er- 
lassene, vorstehend erwähnte Edikt des Parlaments zeigt, wie diese 
Kabinetsordre aufgefasst, vielleicht auch im Geheimen von Richelieu 
erläutert war. Aehnliche Schreiben ergingen seitens des Königs an das 
Parlament infolge von Klagen des Herzogs über richterliche Uebergriffe 
des Parlaments in Marsal, den Vorstädten St. Evre und St. Mansuit und 
in Gorze (alle reuniert 1624)*). Ein ferneres Schreiben des Königs vom 
2. Juli 1634 untersagt die Ausübung der Gerichtsbarkeit in St. Nicolas, 
Epinal, Dieuze (alle reuniert 1679), Champigneulles (reuniert 1624) und 
anderswo in der Umgebung von Nancy (ailleurs autour de Nancy), 
weil sie ohne Einholung des Willens des Königs erfolgt sei. Doch liess 
diese letztere nicht lange auf sich warten; im August 1634 erging ein 
Edikt: »portant création de cinq bailliages et de huit prévôtés dans le 
ressort du Parlement de Metz«!), welches von dem Herausgeber der 
Parlamentsbeschlüsse als die erste Frucht der Arbeiten von Gillet und 
Gillot bezeichnet wird, das aber auch den Sprüchen der Vorreunions- 
kammer von 1624 Rechnung trug. Denn als Sitze für die fünf Ober- 
amts-Gerichte wurden bestimmt: 


1. Metz, mit ausdrücklich genannter Ausdehnung seiner Zu- 
ständigkeit auf Apremont, Conflans, Marslatour, Courcelles 
(alle vier reuniert 1679), Coin und Cherizey (reuniert 1624). 
2. Toul, in gleicher Weise auch für die Vorstädte St. Evre und 
St. Mansuit, die Herrschaften Bouxières aux Dames und 
Bouligny (alle reuniert 1624). 
3. Verdun, auch für Dieulouard, Hattonchätel (reuniert 1624 
und 1679), Marcheville und Jametz (abgetreten 1641). 
4. Vic, auch für St. Avold, Homburg, Marsal (alle reuniert 1624 
und 1679). 
5. Mouzon. 
1) Emmery I, S. 106. 
?) Die in der vorliegenden Arbeit benutzten ungedruckten Briefe, Urkunden, 
De u. s. w. gehören, soweit nicht anders angegeben, dem Bezirks-Archiv 


#) Nur Auszüge ohne Datum liegen vor. 
*) Emmery I, S. 229. 


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Die Errichtung der Amtsgerichte (prévôtés, auch mit dem Zusatz 
»subalternes« bezeichnet) erfolgte in Gorze, Clermont (beide reuniert 
1624), Nomeny (reuniert 1624 und 1679), Chäteau-Renaud, Stenay 
(abgetreten 1641), Varennes, Montignon und Vienne-le-Château. 

Zwei Jahre später, im Mai 1636, erfolgte die Verlegung des 
Parlaments nach Toul, trotz heftigen Protestes seiner Mitglieder, an- 
geblich wegen Nähe des Feindes in Diedenhofen und vorgekommener 
Streitigkeiten mit den Militär-Behörden von Metz; in Wirklichkeit aber 
wohl nur um dasselbe zu den reünierten und noch zu reünierenden 
Gebieten, sowie zum ganzen Herzogtum Lothringen in eine mehr cen- 
trale Lage zu bringen; denn gleichzeitig wurde die in Nancy 1634 er- 
richtete, nach Art und Zusammensetzung dem Parlamente ähnliche 
cour souveraine aufgelöst und die Zuständigkeit des Parlaments auf 
das ganze Herzogtum ausgedehnt. Ein Versuch, den Herzog zur frei- 
willigen Aufgabe Lothringens im Austausche gegen die Auvergne zu 
bestimmen, den Richelieu zu dieser Zeit durch einen gefangenen Offi- 
zier des Herzogs, Herrn de Salins, machen liess'), scheiterte an der 
Weigerung des Herzogs; ebenso die Wiederholung des Angebotes durch 
einen Vertrauten des Kardinals Herrn de Fontenoy; der Herzog gab 
stets die Antwort, dass er Lothringen und Bar so wiederhaben wolle, 
wie sie beim Tode seines Vaters gewesen seien’). Die Thätigkeit des 
Parlaments scheint aber nunmehr in Folge der Missstimmung der Mit- 
glieder etwas erlahmt zu sein; sie beschränkte sich darauf, die fran- 
zösische Herrschaft in den erworbenen Gebieten zu befestigen und die 
Berechtigung der Ansprüche durch weitere Urkunden zu erhärten. So 
wurden im Jahre 1637 neun Urkunden für die Zugehörigkeit der 
Herrschaft Lay (reüniert 1624) zu den Bistümern beigebracht und den 
Parlaments-Akten einverleibt. Eine Veränderung der Verhältnisse er- 
folgte zwar durch den Vertrag von Paris vom 29. März 1641; dieselbe 
war aber nur von kurzer Dauer und anscheinend französischerseits 
nicht ernstlich gemeint. Durch diesen Vertrag wurde der Herzog zwar 
wieder eingesetzt, musste aber endgültig an Frankreich abtreten: die 
Stadt und Grafschaft Clermont en Argonne, die Aemter Stenay und 
Jametz und die Stadt Dun, sämtlich im heutigen Departement Meuse 
gelegen; ausserdem räumte der Herzog dem Könige das Beselzungs- 
recht von Nancy für die Dauer des Krieges ein, und verpflichtete sich, 
seine Truppen mit den königlichen zu vereinigen und dem Könige 

1) Vergl. den schon 1569 gemachten Vorschlag eines ähnlichen Tausches 
oben S. 11. 

?) d’Haussonville II, S. 83, ff. 


=; 501 


schwören zu lassen. In einem geheimen Zusatze zu diesem Friedens- 
vertrage war aber festgesetzt worden, dass, falls der Herzog dem 
Vertrage zuwider handeln sollte, das ganze ihm zurückgegebene Gebiet 
der französischen Krone verfallen sei. Ein solcher Vertragsbruch 
wurde bald darauf festgestellt, bezw. konstruiert; der König erklärte 
darauf das ganze Herzogtum für einverleibt in Frankreich und liess 
aller Orten sich den Eid der Treue schwören. 


V. 


Der westfälische Frieden und seine Folgen '). 


Nach der Besitzergreifung Lothringens trat eine mehrjährige Ruhe- 
pause in den Reunions-Bestrebungen ein, wozu der 1642 erfolgte Tod 
Richelieus und die Inanspruchnahme Frankreichs durch die aktive Teil- 
nahme am 30 jährigen Kriege beigetragen haben mögen. Um so ener- 
gischer wurden dieselben aber in den Friedens-Verhandlungen zu 
Münster und Osnabrück wieder aufgenommen. Frankreich befand sich, 
als der 30 jährige Krieg seinem Ende zuneigte, in einer äusserst vorteil- 
haften Lage; überall hatte es seine Machtsphäre in die benachbarten 
Länder vorgeschoben, im spanischen Gebiete Roussillon, einen Teil 
Flanderns und Luxemburg, in Italien Pignerol, Cassale und andere 
Plätze, in Deutschland fast das ganze Elsass und die Festung Philipps- 
burg in seinen Besitz gebracht; »elle ne s’etait jamais vue dans un si 
haut point de splendeur, et on peut dire, que tant de succès étaient 
l'ouvrage du cardinal de Richelieu, qui en avait tracé le plan et dont 
le génie semblait encore présider aux conseils de la France et donner 
le mouvement à ses entreprises + ?). 

Durch den Friedensschluss sollte zunächst der thatsächliche Besitz 
der 3 Bistümer in einen staatsrechtlich anerkannten verwandelt werden; 
früher, so war anzunehmen, würden die Rückforderungen seitens des 
Reiches nicht aufhören. Noch im Jahre 1641 hatte der Bischof von 
Verdun eine (früher schon erwähnte)*) Denkschrift an den Reichstag 
zu Regensburg gerichtet, um der endgültigen Abtretung seines Bistums 


') Das Tatsächliche im Folgenden zumeist nach: von Meiern Acta pacis 
Westfalicae 1736 und: Negotiations secrètes, touchant la paix de Munster, 1726; 
eine (noch ausstehende) archivalische Bearbeitung der lothringischen Satisfaktions- 
Frage liegt ausserhalb des Bereiches der vorliegenden Arbeit. 

*) Bougeant, Histoire du traité de Westphalie, 1751, III, S. 40. 

*) s. 5. 43 die Denkschrift bei Moser, Bd. 35, S. 213. 


an Frankreich entgegenzuwirken; er sagt darin, dass er gegenüber der 
französischen Usurpation »des heiligen Reiches Assistenz zu verschie- 
denen Malen ganz beweglich implorirt, bei selbiger Zeit Beschaffenheit 
aber ein Mehreres nicht habe erhalten können als allergnädigste Trost- 
Briefe und eine »Commission zur Berichterstattunge. Die gegenwär- 
tige Vorstellung ging dahin, dass »da es der liebe Gott unterdessen 
zu den so hoch desiderierten Friedenstraktaten wirklich kommen lassen 
sollte, mit der Krone Frankreich einige Handlung nicht gepflogen, 
weniger geschlossen werden möge, es seien denn auch wir sammt 
unserem jetztbenannten Bisthum und dessen völlige Restitution darinnen 
inkludirt und mit einverleibt«. Der für die Stimmung in den Bis- 
tümern ca. 100 Jahre nach Beginn der französischen Herrschaft be- 
zeichnende Schritt musste natürlich erfolglos bleiben; französischer 
Seits wurde die Abtretung als ausser Frage stehend und nicht einmal 
eine Satisfaktion für Frankreich bedeutend angesehen; die Absichten 
gingen vielmehr von vornherein, abgesehen von der Beanspruchung des 
Elsasses auf eine Erweiterung der 3 Bistums-Gebiete, auf Kosten des 
benachbarten Reichslandes. Auch hierbei schwebte unverkennbar den 
französischen Machthabern, in erster Linie also dem Kardinal-Minister 
Mazarin, die Gewinnung der Rheingrenze als Endziel vor. 


Am 9. Februar 1645 berichteten die kaiserlichen Bevollmächtigten 
zu Osnabrück dem Kaiser »in Frankreich gingen die discursus, als 
würde man von Seiten selbiger Krone den Rheinstrom pro termino 
imperii begehren«. Eine möglichst weit vorgeschobene Etappe auf 
dem Wege dahin zu erreichen, war jedenfalls die Aufgabe, welche 
die französchen Gesandten, Herzog von Longueville, Herren d’Avoux 
und de Servien, auch für die Verhandlungen über die Abtretung der 
drei lothringischen Bistümer mit allen Mitteln durchzusetzen bestrebt 
waren. 

Ueber diese Verhandlungen und ihr endgültiges Ergebnis im 
Friedens - Vertrage von 1648 sind hinsichtlich dieser drei Bistümer 
in der neuesten deutschen Geschichtschreibung mehrfach irrtümliche 
Auffassungen zu Tage getreten. Wenn darin gesagt wird, die Be- 
stimmungen, unter denen das Elsass abgetreten worden, seien minder 
klar als die über das bischöflich lothringische Gebiet; oder sogar 
die Ablösung der drei Bistümer vom deutschen Reiche sei mit un- 
zweideutigem Ausdruck erfolgt, und nur Controversfragen von sekun- 
därem Charakter seien hervorgetreten '), so entspricht dieses keineswegs 


1) Erdmannsdörffer, Deutsche Geschichte, I, S. 39. 


4* 


= Ne 


den thatsächlichen Verhältnissen ; der Streit um die Ausdehnung der abzu- 
tretenden 3 Bistümer war vielmehr ein sehr lebhafter und konnte ohne 
orundsätzliche Einigung nur durch die Wahl eines zweideutigen Aus- 
drucks im Friedens-Instrumente beendet werden, was verhängnisvolle 
Folgen für das Reich haben sollte. 

Der Verlauf der Verhandlungen über diese lothringische Satis- 
faktionsfrage war im Einzelnen folgender: Im November 1644 hatten 
die französischen Bevollmächtigten von Münster aus ihrer Regierung 
den Vorschlag gemacht, Frankreich solle auf alle Eroberungen ver- 
zichten, falls Oesterreich den Zustand von 1618 wieder herstelle; 
damit war Mazarin aber nicht einverstanden; die Bevollmächtigten 
schlugen daher nunmehr den Zusatz einer Klausel vor, die eine ange- 
messene Entschädigung (»satisfaction honnete«) für die beiden verbün- 
deten Kronen verlange. Dem entsprechend einigten sich die Franzosen 
und Schweden im Januar 1645 auf die Einbringung von 4 Funda- 
mental-Artikeln, deren vierter lautete: ». . . une satisfaction pour les 
deux couronnes alliées, proportionnée à leurs progrès et aux dépenses 
qu'ils avaient faitese. Die 4 Artikel bildeten die Grundlage der von 
den Verbündeten am 11. Juni 1645 den Vermittlern vorgelegten Präli- 
minarien-Denkschrift, deren 13. Artikel lautete: »que la satisfaction qui 
était due aux deux couronnes pour les fatigues, pertes et dépenses 
qu'elles avaient souffertes en cette guerre serait accordée en sorte 
qu'elle put contribuer tant à la sûreté particulière des dites couronnes 
qu'à celle de leurs alliés et adhérents dans l’empire«. 

Schon die Vermittler fanden die Festsetzungen des $ 13 zu unklar, 
um als geeignete Grundlage zu dienen; noch mehr aber beklagten die 
kaiserlichen Gesandten sich über die Unbestimmtheit der französischen 
Satisfaktionsforderung. In den nunmehr folgenden Besprechungen trat 
alsbald eine verschiedene Auffassung der kaiserlichen und französischen 
Bevollmächtigten über die Ausdehnung der drei lothringischen Bistümer, 
die natürlich in erster Linie als Satisfaktion in Aussicht genommen 
waren, hervor. Am 1. Juli 1645 wies Mazarin die Gesandten in 
seiner Instruktion darauf hin, es müssten die Differenzen über die drei 
Bistümer Metz, Toul und Verdun gehoben werden); in ihrer Ant- 
wort empfahlen die Gesandten aber, mit dieser Frage möglichst zu- 
rückzuhalten, um nicht die sonstigen Ansprüche zu beeinträchtigen und 
um zu vermeiden, dass die deutschen Fürsten durchzusetzen suchten, 
dass Frankreich die Bistümer vom Reiche zu Lehen nähme?). Dem- 


ı) Jacob, die Erwerbung des Elsass 1897, S. 31. 
*) Bougeant III, S. 511. 


SON Ce et 


entsprechend wurde zunächst verfahren; Andeutungen, welche die 
Kaiserlichen über die Erledigung dieser Frage im Herbste 1645 fallen 
liessen, blieben daher unberücksichtigt. Dass diese Differenzen die 
Abtretung der Bistumsgebiete an sich betroffen haben sollten, ist nicht 
anzunehmen, da dieselbe von Anfang an ganz ausser Frage stand. 
Als die Kaiserlichen in den zwanglosen Besprechungen Andeutungen 
über das Recht des Reichs auf die Bistümer machten, wurde ihnen 
erwidert, dass der König über sein rechtmässiges Eigentum keine Er- 
örterungen dulden könne, und dass er sich für berechtigt halte, 
etwas ganz anderes zu erwarten (»quil se croyait en droit d’at- 
tendre toute autre chose«'). 

Um aber Klarheit über die französischen Ansprüche zu ge- 
winnen, wurden bald nach dem Eintreffen des Grafen Trautmannsdorf 
als Kaiserlichen Haupthevollmächtigten am 11. Dezember 1645 die 
Vermittler officiell aufgefordert, im Namen aller drei kaiserlichen Ge- 
sandten Frankreich als Satisfaktion für die von ihm gemachten Kriegs- 
Aufwendungen im Lothringer Lande die Festung Moyenvie und die Bis- 
tümer Metz, Toul und Verdun anzubieten, »obwohl ihre Kaiserliche 
Majestät zu einer Satisfaktion sich nicht für verbunden erachte«. Die 
französischen Bevollmächtigten, als deren Seele schon jetzt der 
scharfe und energische, daher selbst mit seinen Kollegen nicht selten 
in Streit geratende Abel Servien hervortritt, verhielten sich auch damals 
wieder hinhaltend, unter dem Vorwande, vor der Entscheidung mit 
den verbündeten Schweden sich beraten zu müssen. In der Antwort 
auf obiges Anerbieten, welche sie am 7. Januar 1646 vorlegten, führen 
sie die beanspruchten Gebiete im Elsass und auf dem rechten Rhein- 
ufer einzeln auf, sagen aber hinsichtlich der Bistümer: »outre les offres 
qu'on a déjà faites aux plénipotentiaires de choses qui déjà depuis 
longtemps appartiennent à la France«”). Auch als Trautmannsdorf, 
nach längern Verhandlungen über die anderweitigen Landabtretungen, 
am 14. April 1646 die Uebertragung aller Rechte auf das ganze Elsass 
anbot, erwähnte er der Bistümer nicht. Aber lange konnte dieses 
Versteckenspielen naturgemäss nicht mehr dauern; am, 29. Mai 1646 
legte Trautmannsdorf eine Denkschrift vor, welche den Charakter von 
Friedens-Präliminarien trug, und deren 12. Artikel einfach die Abtre- 
tung von »Metz, Toul und Verdun« aussprach. Die Franzosen ant- 
worteten schon nach zwei Tagen; an Stelle des Angebotes von Metz, 
Toul und Verdun, verlangten sie jetzt »toute l'étendue des villes et 

a) Bougeant IV, S. 38. 

?) Bougeant IV, S. 141. 


Be 0, ES 


évêchés de Metz, Toul et Verdun«, und erläuterten diese Forderung 
weiterhin dadurch, dass unter Ausdehnung nicht nur das weltliche, 
sondern auch das geistliche Gebiet der Bischöfe, also die ganze Aus- 
dehnung ihrer Diözesen zu verstehen sei (»tant pour le spirituel que 
pour le temporel, c'est-à-dire toute l'étendue de leurs dioceses«). Da- 
mit war ein vollständig neues Moment in die Verhandlungen geworfen, 
der Unterschied gegenüber dem Angebot ein gewaltiger, wie folgende 
Uebersicht darthun wird. 

Die für Frankreich verlangte Diözesen-Grenze schloss im Norden 
bei Dun an die Erzdiözese Reims und damit zugleich an Frankreich 
an; von hier an im allgemeinen nach Osten sich ziehend, und nördlich 
stets von der Erzdiözese Trier begleitet, näherte sie sich dem Unter- 
amtsorte Norroy-le-Sec, und schlug von hier eine nordöstliche Richtung 
ein bis zum Orte Rodemachern, den sie einschloss, und bei dem der 
nördlichste Punkt erreicht war. Hier wendete die Grenze sich nach 
Südosten, und näherte sich, Busendorf einschliessend, Wallerfangen 
(später Saarlouis) aber aussen liegen lassend, der Stadt Saarbrücken, 
die zur Diözese Metz gehörig war. Nunmehr eine grosse Schleife in 
nordöstlicher Richtung schlagend, erreicht sie die Nähe der Orte Birken- 
feld und Tholey, die aber beide ausserhalb blieben. Im weiteren Ver- 
laufe grenzte die Diözese Metz auf kurze Strecken an die Diözesen 
Mainz, Worms und Speier, wobei die Städte St. Wendel, Ottweiler, 
Blieskastel und Zweibrücken eingeschlossen wurden. Bei Pirmasens 
ward die Grenze des Bistums Strassburg erreicht, und in südwestlicher 
Richtung verfolgt, wobei das Gebiet der Herrschaft Lützelstein so 
durchschnitten wurde, dass der Hauptort selbst ausserhalb blieb. 

Die Grenze zog sich dann, zwischen Pfalzburg und Lixheim durch- 
gehend, bis in die Nähe der Stadt Saarburg, die zur Diözese Metz 
gehörte, teilte die Grafschaften Salm und Dagsburg in zwei annähernd 
sleiche Hälften und erreichte bei Markirch die Grenze des Bistums 
Basel; dieser folgte sie nunmehr bis zum »Welschen Belchen« (Ballon 
d’Alsace), auf welchem sie die Erzdiözese Besancon und damit wieder 
die alte französische Grenze erreichte. Das derartig umschlossene, 
von Frankreich begehrte Gebiet enthielt ausser dem weltlichen Besitze 
der 3 Bistümer (districtus temporalis) das ganze Herzogtum Lothringen- 
Bar, einige nördliche zur Erzdiözese Trier gehörige Grenzstreifen aus- 
senommen; des ferneren einen nicht bedeutenden Teil der spanischen 
Niederlande (Unteramt Diedenhofen) und des Kurfürstentums Trier, 
sowie ganz oder zum Teil andere reichsunmittelbare Gebiete wie die Graf- 
schaften Kriechingen, Saarwerden, Saarbrücken ete., die bei den Einzel- 


SER 


Reunionen aufzuführen und zu charakterisieren sein werden; im Ganzen 
betrug das geforderte Gebiet etwa das Dreifache des angebotenen. 
Abgesehen davon war aber das Reich zur Abtretung des herzoglich- 
lothringischen und des spanisch-niederländischen Gebietes nicht einmal 
berechtigt, wenn auch, trotz der teilweisen Entfremdung vom Reiche, 
das gesamte Diözesan-Gebiet noch zur Kirchenprovinz Trier gehörte. 

Naturgemäss konnten die Kaiserlichen auf diese maszlose For- 
derung nicht eingehen; um aber die Verhandlungen nicht dieser Frage 
wegen völlig zum Stocken zu bringen und einer grundsätzlichen Ent- 
scheidung aus dem Wege zu gehen, einigte man sich auf Grund eines 
unbestimmten und zweideutigen Ausdrucks; statt des Wortes »diocesis« 
ward »distrietus« vorgeschlagen und beiderseitig angenommen, so dass 
im Sommer 1646 die lothringische Satisfaktionsfrage gelöst schien. 
Ein Protest gegen diese Abmachungen erfolgte im Juli durch den 
Bischof von Verdun und den Herzog von Lothringen, welcher sich 
hiernach durch das Wort districtus in seiner Herrschaft endgültig be- 
droht sah; beide reichten bei dem Reichs-Bevollmächtigten zu Münster 
eine Beschwerdeschrift ein, in welcher sie verlangten, dass ihnen ihr 
Land zurückgegeben werde; »man könne,« führte der Bischof aus, 
»das Bistum nicht ohne seine Zustimmung abtreten: die Interessen des 
Herzogs von Lothringen, des Kaisers und des Königs von Spanien seien 
der Abtretung entgegenstehend« '). Diese Forderung konnte selbst 
deutscherseits nicht vertreten werden. 

Die Befürchtung des Herzogs über die französische Auffassung des 
Wortes districtus scheint aber auch von den reichsständischen Bevoll- 
mächtigten geteilt worden zu sein; sie jedenfalls dürften erwirkt haben, 
dass am 2. September 1646, also kurz vor Abschluss des Präliminar- 
Friedens-Vertrages die kaiserlichen Gesandten die Forderung auf- 
stellten, dass die Fürsten, Grafen, Barone und Edlen, welche den 
3 Bistümern zu Lehen ständen, namentlich im Friedens-Instrumente 
von der Abtretung ausgeschlossen würden. Von den Franzosen ward 
diese Forderung entschieden abgelehnt; die Kaiserlichen schlugen darauf 
vor, statt »districtuse »distrietus temporalis« zu setzen, drangen aber 
natürlich auch mit dieser, dem Verlangen Frankreichs direkt wider- 
sprechenden Forderung nicht durch. Die Kaiserlichen gaben nun- 
mehr nach; in dem Präliminar-Vertrage vom 13. September 1646 er- 
folgte der Abschluss unter Beibehaltung des Wortes »distrietus« ohne 
den Zusatz »temporalis«. Nicht, mit Unrecht sahen die Franzosen diese 


1) Pimodan, La réunion de Toul à la France 1885, 5. 399 (nach den Akten 
der affaires étrangères). 


Eee 


Fassung als eine Lösung der Frage in ihrem Sinne an; sie machten 
zu dem betreffenden Artikel der Präliminarien folgende Randbemerkung, 
von der sie eine Abschrift der Königin-Regentin zusandten: »Ce point 
a été celui sur lequel il y a eu plus grande difficulté, les commission- 
naires de l’empereur voulant excepter les fiefs, les ducs, princes, 
comtes, barons et gentilhommes, qui se trouvent enclaves dans les 
trois évêchés et qui ont été jusqu'ici en la sujettion immédiate de l’em- 
pire, voulant qu'ils y demeurassent. On a eu une autre (?) difficulté 
sur le mot distrietus, auquel les impériaux voulaient qu'on ajoutät 
»temporalis« ou »temporalis dominis; mais après une longue con- 
testation nous avons obtenu qu'il demeurerait comme il est, 
ce qui etablit entierement le droit du roi non seulement sur 
les dépendances du temporel des évêchés, mais encore sur 
les lieux où s'étend leur jurisdiction spirituelle‘). 

Die französischen Bevollmächtigten waren ihrer Sache so sicher, 
dass sie nunmehr ihrerseits eine klarere Fassung der Vertrags-Bestim- 
mungen zu erreichen suchten, dahingehend, dass durch die nachge- 
sebene Weglassung des Wortes »temporalis« ausdrücklich zugestanden 
sei, dass die Souveränität des Königs sich auf alle jene erstrecken 
sollte, die von diesen Bistümern zu Lehen gingen, und deren Lehen 
im Bereiche ihrer Diözesen gelegen seien (qui ont leurs fiefs situés 
dans l'étendue de leurs diocèses). Die hierdurch bedrohten Reichs- 
stände gingen aber nunmehr ihrerseits vor, wobei sie geltend machten, 
dass weder der Kaiser noch das Reich das Recht hätten, Staaten des 
Reiches an eine fremde Herrschaft abzutreten, zumal sie nicht ge- 
fragt, und auch gegen die Abtretung seien. Die Kaiserlichen sahen 
sich dadurch genötigt, auf ihre früheren Forderungen zurückzukommen, 
und am 19. Juni 1647 das Verlangen zu stellen, dass ihre Auf- 
fassung im Friedens-Instrumente in klarer Weise zum Ausdruck ge- 
bracht werde. Als daher die Franzosen in ihrem am 20. Juni den 
Vermittlern vorgelegten Entwurfe zum Friedens-Instrumente ausser 
den drei Bistümern auch die ihnen zu Lehen stehenden Reichsgebiete 
ausdrücklich verlangten, erfolgte eine entschiedene Abweisung. Abel 
Servien nahm nunmehr das Metzer Parlament zu Hülfe und suchte 
aus dessen bisheriger Thätigkeit die Berechtigung seiner Auffassung 
nachzuweisen. Unter dem 4. August 1647 schrieb er an dessen Präsi- 
denten Claude de Bretagne einen Brief, in welchem er die Streitfrage 


') Bougeant, V, S. 375. Der Verfasser fügt hinzu: »Parce qu’en effet le mot 
districtus, ainsi non limité comprend également le district temporel et spirituel«. 
Dieses war also die franzüsische Auffassung 1646 wie 1751. 


LCR 


schärfer, als in den bisherigen Verhandlungen geschehen, präzisierte. 
Servien unterscheidet darin 3 Klassen von Lehensherrschaften der Bis- 
tümer : 

1. solche, die nur den Bischöfen gehören und ohne jede un- 
mittelbare Beziehung zum Reiche stehen; 

2. solche, die den Bischöfen zu Lehen stehen, zugleich aber 
reichsunmittelbar sind; 

9. solche, die reichsunmittelbar sind und zu den Bistümern 
in keiner anderen Beziehung stehen, als dass sie in deren 
Diözese liegen. 

Die Kaiserlichen wollten nur die erste Klasse abtreten; er ver- 
lange aber alle drei, da in den früheren Verhandlungen, durch Weg- 
lassung des Wortes »temporalis« zugestanden worden sei, dass die 
Abtretung allgemein und ohne Vorbehalt sei (générale et sans réserve); 
er frage deshalb an, ob der Nachweis zu führen sei'): 

1. dass das Parlament seine Rechtsprechung in der ganzen 
Ausdehnung der Bistümer, der geistlichen sowohl wie der 
weltlichen, ausgeübt habe; 

2. dass das Schutzrecht, welches die französischen Könige 
seit vielen Jahren in diesem Lande hätten, sich auf alle 
ausgedehnt habe, die ihren Wohnsitz in den 3 Bistümern 
hätten; 

3. dass die vom Könige eingesetzten Gouverneure diese zur 
Anerkennung der Autorität des Königs gezwungen hätten. 

Falls dieser Nachweis glücke, könne mit grösserem Rechte ge- 
fordert werden, dass die Abtretung des Kaisers ohne Vorbehalt erfolge. 
Das Parlament konnte diesem Wunsche nicht entsprechen, die von 
ihm gegebenen Aufklärungen bewiesen vielmehr das Gegenteil, dass 
nämlich das Schutzrecht des Königs bis 1633 nur auf diejenigen Ge- 
biete sich erstreckt hatte, die von 1635 — 1647 unter der Rechtsprechung 
des Parlaments standen und dass die Metzer Diözese und die zum 
Bistum nur im Lehensverhältnisse stehenden Gebietsteile dazu nicht 
gehörten. 

Trotz Misslingens dieses Beweises gaben die französischen Be- 
vollmächtigten ihre Ansprüche und die Forderung einer ihrer Auffassung 


1) s. Michel, S. 100; ein zweiter Brief im gleichen Sinne wurde am 2. De- 
zember 1647 an das Parlament gerichtet; s. recueil des arrêts de la chambre 
royale, 1681, S. 425; im Wortlaut enthalten ist der Brief in einer handschriftlichen 
Denkschrift des Metzer Intendanten Turgot auf der städtischen Bibliothek zu Metz 
vom Jahre 1699. 


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Rechnung tragenden Fassung der Vertrags-Bestimmungen nicht auf. 
Gleichzeitig aber hatte ‘der Kaiser ein Gutachten des Reichstages 
zu Regensburg eingefordert, das unter dem 17. August 1647 ab- 
gegeben wurde !). Das Reichsgutachten vertrat naturgemäss die 
Auffassung der kaiserlichen Bevollmächtigten: »Da es eine gemeine, 
durchgehende Observanz im Reiche ist, nudam feudalitatem non tri- 
buere Jus supremum territoriale«. Am 22. August 1648 ward ausser- 
dem eine sehr bestimmt gehaltene Erklärung der Reichsstände 
segen die französischen Ansprüche dem Friedens-Kongress vorgelegt, 
dahin gehend, dass die Souveränetät nur in demjenigen Umfange ab- 
getreten werden dürfe, in dem sie bisher ausgeübt worden sei, »nec 
juris diocesani aut feudalitatis sive ullo alio praetextu extendatur ultra 
ipsorum (episcopatuum) proprium territorium, aut in ea feuda, quae 
status imperii Romani comprehensa immediata imperii nobilitate a 
dictis episcopatibus recognoverunt, et adhuc habent recognoscenda«. 


Das Reichsgutachten vom 17. August 1647 wurde durch kaiser- 
liche Instruktion vom 14. Oktober 1647 den kaiserlichen Bevollmäch- 
tigten als Richtschnur angewiesen; eine grundsätzliche Einigung 
war unter diesen Umständen nicht möglich; um das Friedenswerk 
überhaupt zu Stande zu bringen, musste deutscherseits die im 
März 1646 vereinbarte Fassung nachgegeben und in dem am 11. No- 
vember 1647 unterzeichneten Satisfaktions-Instrumente auf den Zusatz 
»temporalis« zum zweiten Male verzichtet werden. Auch ein die 
Rechte der Lehensträger wahrendes Reichskonklusum vom August 
1648 konnte daran nichts mehr ändern; eine entsprechende Eingabe 
derselben an den französischen Hof ward von diesem nicht beantwortet. 
Eine indirekte Antwort ward aber den Ständen durch Servien zu 
Teil?), der in einer Denkschrift vom 27. August an den König hin- 
sichtlich der erwähnten Eingabe sagt: » Je me suis aperçu que quelques 
états particuliers prétendant, être lésés par la cession qui a été faite au 
Roi, de l'Alsace et des trois évêchés, voudraient faire rebrouiller le point 
de satisfaction qui a été ajusté en dernier lieu avec les impériaux . ... 
quant au droit du roi, puisqu'il n’a pas été possible de le bien éclair- 
cir dans la convention qui a été faite, au moins il importe d’en con- 
server soigneusement la prétention qui est la plus favorable aux plus 
puissants. « 


') Abgedruckt in der Druckschrift: »Bericht, was wegen der Metz-Toul und 
Verdunschen Lehensachen bisher vorgegangen. Regensburg 1670. S. 42. 
?) Annales de l'Est, 1898, XII, S. 470. 


7 au 


Die Regierung trat diesem Verlangen der Beibehaltung des ver- 
einbarten Textes in einem Erlasse vom 4. September bei, und befahl 
Servien, gegen die Erklärung der Reichsstände zu protestieren: »afin 
de conserver les droits du roi dans leur entier, et que nous puissions, 
dans les occasions qui s’en présenteront à l'avenir, interpréter aussi 
la convention selon le sens, comme les états prétendront l'interpréter 
en leur faveur«. Der Herausgeber dieser Auszüge aus der französischen 
Correspondenz, welcher ganz nach den Akten des französischen aus- 
wärtigen Amtes arbeitet, fügt hier, augenscheinlich auf Grund amtlicher 
Schriftstücke, hinzu: »le plenipotentiaire repoussa cette intimation avec 
une hauteur méritoire en un moment où le prestige de son souverain 
était si notoirement compromise; die Forderung der Stände sei erfolgt 
»avec une arrogance que leur inspiraient les troubles du royaume de 
Frances. Es blieb daher bei den früheren Vereinbarungen der Ab- 
tretung. der Bistümer. Die Antwort Serviens, welche für die franzö- 
sische Auffassung bezeichnend ist, ging dahin), es stehe nicht in seiner 
Macht, irgend etwas neues über die Satisfaktion Frankreich anzusinnen : 
dieser Artikel sei früher durch allgemeine Uebereinstimmung festgesetzt 
worden und habe sogar die Klausel, dass nichts geändert werden dürfe; 
es sei ihm daher nicht erlaubt, dieser Uebereinkunft entgegen zu handeln. 
Es sei das auch nicht der Weg, den Frieden zu fördern, dass man so 
neue Schwierigkeiten über bereits vereinbarte Dinge mache; es sei 
seltsam, dass, nachdem so viele umstürzende Anordnungen getroffen 
seien, man nur hinsichtlich der Interessen Frankreichs scharf und 
streng sein wolle; es sei ungerecht, Abhülfe gegen Bestimmungen, die 
der Kaiser bewilligt habe, auf Kosten Frankreichs zu verlangen; sie 
möchten sich deshalb an die Kaiserlichen wenden, damit andere Mittel 
zu ihrer Entschädigung gefunden würden. 

Es blieb daher bei den früheren Vereinbarungen; die Abtretung 
der Bistümer erfolgte im Friedens-Instrumente in ebenso unklarer und 
zweideutiger Weise, wie die des Elsasses; $ 70 des Münsterschen Ver- 
trages lautet: 

Primo, quod supremum dominium, iura superioritatis aliaque omnia 
in episcopatus Metensem, Tullensem et Virodunensem urbesque cogno- 
mines, eorumque episcopatuum distrietus et nominatim Moyen- 
vicum eo modo, quo hactenus ad Romanum spectabant imperium in 
posterum ad coronam Galliae spectare, eique incorporari debeant 
in perpetuum et irrevocabiliter, reservato tamen jure Metropolitano ad 
archiepiscopatum Trevirense pertinente. 


1) Bougeant VI, S. 113. 


EE Ba 


Eigentümlicherweise wird dieser nach langem Kampfe er- 
strittene Erfolg auch in der französischen Geschichtschreibung, der 
älteren sowohl wie der neueren, zumeist übergangen; La Hode, der 
hervorragendste Biograph Ludwigs XIV., übersetzt districtus einfach 
mit »dependances«, Cheruel mit »territoire«, beide ohne der vor- 
gegangenen Unterhandlungen über die Wahl des Ausdruckes zu 
erwähnen. Nur ein neuerer Schriftsteller, der schon genannte 
Marquis v. Pimodan hebt den Erfolg der französischen Unterhändler, 
als Quelle der späteren Reunionen, ausdrücklich hervor: »Les Fran- 
çais obtinrent le simple districtus, ce qui ouvrait la porte 
à toutes les réunions. ... . la faiblesse de l’empereur était si 
grande que le 13 septembre 1646 les Français obtinrent un acte re- 
connaissant toutes leurs prétentions !).« 


Es ist nicht zu verkennen, dass diese Fassung einen voll- 
ständigen Sieg der französischen Unterhändler oder richtiger viel- 
leicht des Kardinal Mazarin bedeutete, von dem La Hode sagt: 
» Quelque habiles que fussent les comtes d’Avaux et de Servien, c'était 
de la cour que leur venaient leurs plus grandes lumières; rien n’est 
plus judicieux, plus adroit, que les mémoires et les lettres que le car- 
dinal Mazarin et le comte de Brienne leur écrivaient ?).« 


Auch vom unparteiischen Standpunkte aus wird man zu- 
geben müssen, dass die Worte »eorumque episcopatuum distrietus« 
sanz überflüssig gewesen wären, wenn es sich nur um den welt- 
lichen Besitz des Bistums gehandelt hätte, während die Städte als 
reichsunmittelbar naturgemäss besonders angeführt werden mussten; 
denn nicht mit Unrecht werfen bei den späteren Verwicklungen die 
Franzosen wiederholt die Frage auf, was denn überhaupt »episcopa- 
tus« bedeute, wenn nicht den weltlichen Besitz; durch den Zusatz 
»eorumque episcopatuum distrietus« müsste daher etwas anderes ge- 
meint sein als dieser weltliche Besitz. Die an sich schon kaum denk- 
bare Auffassung, dass »episcopatus« die geistliche Behörde, also den 
bischöflichen Stuhl bedeute, wird durch den Schlusssatz, wonach dieser 
dem Erzbistum Trier unterstellt bleibt, ganz unmöglich. Am meisten 
aber spricht zu Gunsten der französischen Auffassung, dass gleichfalls 
im westfälischen Frieden die Territorial-Gebiete des Erzbistums Bremen 
und des Bistums Verden an Schweden durch die blossen Worte 

1) Pimodan, S. 397. 

?) La Hode, Histoire de la vie et du règne de Louis XIV 1740, I, S. 122. 


BT DUR 


archiepiscopatus, episcopatus abgetreten wurden, da hier ein Zusatz 
für die Diözesen der erfolgten Sekularisation wegen nicht gemacht 
werden konnte. 

Ganz abzulehnen ist die Auffassung von Froitzheim, mit dem 
Worte districtus habe man das ländliche territorium im Gegensatze zu 
den besonders aufgeführten Städten gemeint!), da das pays messin 
selbstverständlich in dem Worte urbs mit einbegriffen war; auch diese 
Nichterwähnung des Territoriums der Städte spricht aber für die 
gleichartige Auffassung des Wortes episcopatus. Auch kann hier nicht 
von einer Achtlosigkeit der deutschen Unterhändler die Rede sein, 
wie sie für die elsässischen Abmachungen durch Zulassung der bekannten 
Wendung »ita tamen« bisher wenigstens denselben vorgeworfen wird?); 
ebensowenig wie ein Zweifel darüber möglich war, dass Frankreich 
bei günstiger Gelegenheit seine Auffassung des Friedens-Instrumentes 
zur Geltung bringen werde. 

Von Servien, der in Folge Abberufung Longuevilles und d’Avaux 
zu Anfang des Jahres 1648 den Abschluss allein vollzogen hatte, liegt 
die spätere Aeusserung hinsichtlich der Abmachungen über die elsäs- 
sische Dekapolis vor: »que nous aurions toujours assez de droit pour 
le faire valoir avec l'épée lorsque quelque occasion favorable s’en pré- 
senterait«°). Man wird kaum fehlgehen, wenn man darin auch den 
Ausdruck seiner Absichten hinsichtlich der lothringischen Zweideutig- 
keiten des Vertrages erblickt. Bei Geltendmachung der darauf ge- 
gründeten Ansprüche wurde sogar die Ablehnung des Wortes 
»diocesise durch die Kaiserlichen französischerseits dahin ausge- 
nutzt, dass auch Gebiete ausserhalb der Diözesen im weitesten Masse 
gefordert wurden; gleich die erste Reunion der Kammer von 1679 be- 
trifft ein solches Gebiet?). »Enfin les français pouvaient par le moyen 
de ces évêchés, dont celui de Metz s’etend proche la rivière du 
Rhin, parvenir à de plus grandes conquêtes dans l’Allemagne«, sagt 
in dieser Beziehung der mehrerwähnte Marquis Pimodan°). Die 
Schwäche des Reiches, der Wunsch, die furchtbaren Kriegsleiden 
Deutschlands endlich aufhören zu lassen, hatte daher eine in ihren 

1) Froitzheim, Programm, Bischweiler 1876. 

?) Jacob, S. 200. Nach mündlicher Mitteilung wird in Kürze eine Arbeit 
veröffentlicht werden, welche auch die elsässische Satisfaktions-Frage in einem 
Frankreich günstigeren Lichte erscheinen lässt. 

#) Ranke, Sämtliche Werke, 1877, X, S. 332, nach Vitriarius illustratus, 
II, 1082. 


4) s. Einzel-Reunionen. 
5) Pimodan, S. 400, nach Akten der affaires étrangères, 


Folgen höchst verhängnisvolle Nachgiebigkeit bewirkt. Dagegen wird 
man nach Vorstehendem nicht zugeben können, dass die Franzosen 
bei der Reunions-Theorie an sich von einem allen Vertragsrechten 
hohnsprechenden Satze ausgegangen seien!), wenn auch für die 
späteren Ausschreitungen der Kammern diese Bezeichnung durch- 
aus zutreffend ist. Die Auslegung des Friedensvertrages im Sinne der 
Berechtigung einiger Reunionen wird nicht abzulehnen sein, wenn 
man nicht nur den Wortlaut des Friedensvertrages berücksichtigt, son- 
dern, wie vorstehend geschehen, auf die Art und Weise zurückgeht, 
wie dieser Wortlaut entstanden ist. Anscheinend ist dies auch nicht 
in genügendem Masse durch v. Sybel geschehen, wenn er nur der 
Unbestimmtheit des Wortes districtus und des Versuchs der Kaiser- 
lichen, eine präzisere Fassung zu erreichen, Erwähnung thut?). Die 
Unbestimmtheit war in gewissem Sinne eine Bestimmtheit zu Gunsten 
der Franzosen. Schliesslich muss zu Gunsten der französischen An- 
sprüche noch erwähnt werden, dass die Zurechnung der Lehen 
zu den abgetretenen Bistümern als eine für die damalige Zeit unnatür- 
liche Auffassung nicht hingestellt werden kann, wenn man berück- 
sichtigt, dass im Jahre 1614 die Metzer Vasallen sich dem Proteste 
gegen den Uebergang des Bistums an Frankreich anschlossen*); sie 
nahmen also ihre gleichzeitige Unterstellung unter die französische 
Souveränetät als naturgemässe Folge an, oder sahen zum wenigsten 
sich in ihrer Stellung zum Reiche bedroht. 

Auf das Herzogtum Lothringen erstreckten diese Abmachungen 
sich nicht, wiewohl es innerhalb der Diözesen der Bistümer lag. Sein 
(Geschick verblieb laut Vertrag der Zukunft vorbehalten, da Frank- 
reich die Zulassung herzoglicher Vertreter zu den Friedens-Verhand- 
lungen entschieden abgelehnt und der Kaiser, wenn auch persönlich 
dem Herzoge sehr geneigt, doch ein thatkräftiges Eintreten zu seinen 
(Gunsten gescheut hatte, »da die Fürsten des lothringischen Hauses 
sich von den Interessen des Reiches losgetrennt hätten und es Sache 
Spaniens sei, für den Herzog, seinen Verbündeten, einzutreten«%). 

Dies geschah denn auch Seitens Spaniens; die Wiederherstellung 
des Herzogtums Lothringen war einer der Gründe, die ein Scheitern 
der Friedensverhandlungen zwischen Frankreich und Spanien bewirk- 

') Erdmannsdörffer, I, S. 654 f. 

? v. Sybel, Kl, Hist. Schriften, 1880, III, S. 493. 

Ach ler 

*) Auch im Friedens-Instrument zum Ausdruck gekommen; die Einzelheiten, 
die für den vorliegenden Zweck ohne Bedeutung sind, s. bei Fitte, S. 63 ff. 


ten. Eine Vermittlung zwischen ‚beiden Mächten war seitens der 
Niederländischen Generalstaaten in dem erklärlichen Wunsche, dass 
zugleich mit ihnen auch Frankreich den spanischen Frieden abschliesse, 
versucht worden. Der Gesandte Knuyt schlug zu dem Zwecke im 
Dezember 1647 sechs Fundamental-Artikel vor, deren letzter das Herzog- 
tum Lothringen betraf und dahin ging, Frankreich solle dem Herzog 
sein Land zurückgeben, alle Festungen sollten aber binnen 10 Jahren 
seschleift, und um Frankreich gegen die unruhige Laune des Fürsten 
zu sichern, von den Generalstaaten und dem Könige von Spanien die 
Garantie für dessen Wohlverhalten übernommen werden. Die franzö- 
sischen Bevollmächtigten waren geteilter Meinung, Longueville und 
d’Avaux für, Servien gegen die vorgeschlagene Lösung. Mazarin trat 
natürlich dem Letzteren bei und stellte in einer Denkschrift an die 
Gesandten vom 27. Januar 1648 unannehmbare Bedingungen '). Danach 
sollte: 

1. der Herzog zu Gunsten seines Bruders Franz auf die Krone 
verzichten ; 

2. eine genaue Bezeichnung der Grenzen des sogenannten Loth- 
ringens (»de ce qu'on appelait l’ancien duché de Lorraine«, 
ein bei den weiteren Reunionsunternehmungen häufig an- 
gewendeter Ausdruck) vor Rückgabe vorgenommen werden ; 

3. seitens beider Herzöge in die Abtretung der Lehen der Krone 
und der Usurpationen, die sie in den drei Bistümern gemacht, 
in richtiger Form gewilligt werden; 

4. Clermont, Stenay, Jametz Frankreich verbleiben, weil nicht 
zum alten Herzogtum gehörig; 

5. dem Herzog die völlige Abrüstung auferlegt und ihm ver- 
boten werden, unter irgend einem Vorwande die Waffen 
ohne Zustimmung des Königs zu ergreifen ; 

6. dem Herzog das Recht aberkannt werden, die zu schleifenden 
Festungen oder irgend welche andere Orte in Lothringen 
jemals wieder zu befestigen. 

Wie vorausgesehen, konnte Spanien auf diese Forderungen nicht 
eingehen; die Wiederherstellung Lothringens war daher einer der 
Punkte, wenn auch anscheinend nicht der entscheidende, an dem die 
Friedensverhandlungen scheiterten. Mazarin schob die Schuld dafür 
natürlich den Gegnern zu; in einem Briefe des Königs an die General- 
staaten vom 14. Februar 1648 heisst es: »Lothringen war nur ein 


1) Dies ist auch die Auffassung Bougeants; V, 5.397 {fl 


ee 


Zwischenfall, den man im Laufe der Verhandlungen entstehen liess, um 
diese aufzuhalten. « 


Infolge Scheiterns des spanisch-französischen Friedens blieb aber 
Lothringen nach wie vor im französischen Besitze, und wurde wie ein 
endgültig einverleibtes Land behandelt; die höchste Gerichtsbarkeit übte 
das wohl aus diesem Grunde nach Toul verlegte Metzer Parlament aus. 


Für die Geltendmachung der Ansprüche auf die in engerer Be- 
ziehung zum Reiche stehenden Gebietsteile innerhalb der Diözesen Metz, 
Toul und Verdun, und die sonstigen Lehen dieser Bistümer schien aber 
die Zeit noch nicht gekommen zu sein; der Krieg mit Spanien dauerte 
fort, die Minderjährigkeit des Königs und die Wirren der Fronde liessen 
die Vermeidung weiterer auswärtiger Verwicklungen erwünscht er- 
scheinen; auch lag es im französischen Interesse, die Frage während 
des Nürnberger Friedens-Exekutions-Kongresses nicht anzuregen, da sie 
nach dortiger Auffassung völlig entschieden war. Auch auf deutscher 
Seite lag ein Grund für Wiederaufnahme des mühsam beschwichtigten, 
auf friedlichem Wege unlösbaren Streites nicht vor; die lothringischen 
Abtretungen wurden daher weder auf dem Delegierten-Tage zu Nürn- 
berg (1649/50), noch auf dem letzten grossen Reichstage zu Regens- 
burg (1653/54) zur Erörterung gebracht. 

Innerhalb des französischen Gebietes aber kommt die eigene 
Auffassung des Friedens-Vertrages wiederholt auch in dieser Zeit zum 
Ausdruck. In einer Denkschrift ohne Angabe von Datum und Ver- 
fasser, aber vom Herausgeber!) mit Sicherheit auf das Jahr 1649 
bestimmt, mit der Ueberschrift: Mémoire concernant l'établissement 
d'une cour de justice souveraine en Alsace, wird gesagt: »on doit 
aussi se souvenir (après l'établissement de la chambre) qu'il y a 
dans la partie de l'Alsace qui n'appartient pas au roi plusieurs fiefs 
et arrière-fiefs des évêchés de Metz, Toul et Verdun«. 

In noch höherem Grade werden die Ansprüche gewahrt in einem 
Briefe des Königs an das Parlament zu Metz, vom 4. Mai 1651?), 
in welchem diesem die Befugnis erteilt wird, auch auf Grund der Sou- 
veränität, die er über die Lehen (fiefs et mouvances) der drei Bistümer 
habe, Urteile zu fällen. 


1) Vanhuffel, Documents inédits concernant l’histoire de France 1840, S. 191 ff. 
2) Michel, S. 207. 


VI. 


Der pyrenäische Frieden und seine Folgen. 


Eine wesentliche Veränderung der Lage trat ein, als Frank- 
reich durch den pvrenäischen Frieden vom 7. November 1659 freie 
Hand erhalten und zugleich einen gewaltigen Zuwachs an Macht und 
Ansehen zu verzeichnen hatte. 


Der pyrenäische Frieden bietet insofern eine Ergänzung zum 
westfälischen und im besonderen zu den dortigen Verhandlungen über 
die lothringische Satisfaktionsfrage, als jetzt auch die Verhältnisse des 
Herzogtums geregelt wurden; Frankreich verstand sich zwar zur 
Wiedereinsetzung des Herzogs, gab ihm aber nur die kleinere Hälfte 
seines Gebietes zurück. 

Die im übrigen durch diesen Frieden und den damit im Zusammen- 
hange stehenden Vertrag von Vincennes bewirkten Gebietsveränderungen 
stehen nicht in unmittelbarer Beziehung zu der Thätigkeit der 
Reunionskammer; sie müssen aber doch, soweit sie lothringische Land- 
schaften betreffen, hier angeführt werden, da die bezüglichen Ab- 
tretungen zum grossen Teil von der Reunionskammer erneut aus- 
gesprochen worden sind, entweder weil sie nicht zur endgültigen 
Durchführung gekommen waren, oder nachträgliche Sanktionierung 
durch eine Art Rechtsverfahren erwünscht erschien. 

Der pyrenäische Frieden brachte Frankreich die vertragsmässige 
Erwerbung des ganzen Herzogtums Bar (Barrois mouvant et non mou- 
vant) und eine Etappenstrasse durch das Herzogtum Lothringen nach 
dem Elsass; ausserdem musste der Herzog, der erst nach langem 
Sträuben dem Vertrage beitrat, die 1648 erfolgte Abtretung von 
Moyenvie genehmigen und die Schleifung der Festungswerke von Nancy 
zugestehen. Von Spanien selbst wurden abgetreten: 

Die Aemter Diedenhofen, Montmedy, Damvillers, Chauvanci, [voi 
(Carignan) und der luxemburgische Anteil des Amtes Marville. 

Die Abtretung von Diedenhofen erfolgte in einer Form, die weniger 
unklar als die berührten Bestimmungen des westfälischen Friedens war, 
immerhin aber zu Deutungen und Ausnutzungen im Sinne der Reunions- 
theorie verwertet werden konnte und sollte'); der bezügliche Absatz 
lautet: »la ville et prévôté de Thionville avec ses appartenances et 
dependances, et avec les seigneuries. 


1) s. weiter unten, 


— 66 — 


Die 1641 erfolgte Abtretung der Grafschaft Clermont en Argonne 
und der Aemter Stenay, Dun, Jametz wurde durch den Friedens- 
vertrag bestätigt. 

Der Herzog von Lothringen aber, durch diesen Vertrag auf das 
Härteste getroffen, konnte den Verlust der grösseren Hälfte seines 
(Gebietes nicht verschmerzen; er trat in nähere Beziehungen zum Hofe 
Ludwigs XIV., und es gelang ihm in der That, nach wenig mehr als 
einem Jahre wesentlich günstigere Bedingungen von Frankreich zuge- 
standen zu erhalten. In dem Vertrage von Vincennes vom 28. Fe- 
bruar 1661 wird auch das Herzogtum Bar ihm zurückgegeben: dafür 
muss er aber an Frankreich abtreten: 


1. Die Herrschaft Sierck, mit 30 vom Könige auszuwählenden 
Dörfern. 

2. die Städte Saarburg, Pfalzburg, Delme mit Nachbardörfern ; 

3. den lothringischen Teil des Amtes Marville, dessen luxem- 
burgischer Teil im pyrenäischen Frieden von Spanien ab- 
getreten war; 

4. alle Rechte auf die Abtei Gorze, unter Trennung derselben 
von der Primat-Kirche in Nancy, gegen Entschädigung durch 
die Abtei. Isle; 

5. die Herrschaft Marslatour ; 

6. die Dörfer Marcheville, Harville, Labeuville und Maizerey, 
zwischen den Bistümern Metz und Verdun gelegen ; 

7. die drei Dörfer Sisdorf, Tremesdorf, Montclair, an der Saar 
gelegen ; 

8. die Salinen von Moyenvic, unter Abfindung des Bischofs 
von Metz durch den König für dessen Gerechtsame auf die 
Salinen; 

9. eine grössere Zahl von Ortschaften in der Nähe von Vie, 
Saarburg und Pfalzburg, darunter irrtümlicherweise das 
nicht zu Lothringen, sondern zur kurpfälzischen Herrschaft 
surscheidt gehörende Dorf Kurzerode '). 

Wie ein Blick auf die Karte ergiebt, waren diese Abtretungen 
so gewählt, dass dadurch eine Verbindung zwischen Frankreich, den 
Bistümern Metz und Verdun und dem Elsass hergestellt wurde. »La 
toute« war daher auch die französische Bezeichnung für diesen von 
Karl IV. abgetretenen Gebietsstreifen quer durch Lothringen. Der 
letzte Teil dieser »Route« wurde durch die weitere Bestimmung des 


') Die alten Territorien des Bezirks Lothringen, 1898, S. 247. 


— 61 = 


Vertrages sichergestellt, dass eine Etappenstrasse, beim östlichsten 
Dorfe des Metzer Gebietes beginnend und bis nach Pfalzburg sich er- 
streckend, Frankreich gehören sollte; sie sollte eine Breite von einer 
halben Stunde haben; innerhalb dieser Zone solle der König nicht 
nur die Landeshoheit besitzen, sondern auch persönlich Eigentümer 
der dem Herzoge gehörenden Besitzungen, Lehensherr aller übrigen 
Ortschaften und Grundstücke werden. Der König verzichtete dagegen 
auf alle anderen als Zugehörigkeiten der drei Bistümer reklamierten 
lothringischen Gebietsteile, also auch auf die 1624 reünierten Vorstädte 
St. Epvre und St. Mansuit, allerdings nur scheinbar, wie es die 
nächste Zukunft lehren sollte. Der Herzog aber leistete, nachdem die 
guten Beziehungen zu Frankreich so wiederhergestellt waren, am 
23. März 1661 in feierlicher Weise dem Könige im Louvre die Hul- 
digung für Bar, wobei zu seinem Erstaunen eine neue, sehr unter- 
würfige und verbindliche Form verlangt wurde '). 

Von diesen Verträgen sagt Ranke, sie zeigten (auf Seiten des 
Königs) eine merkwürdige Vereinigung von List und Gewalt, zur 
Erreichung eines bestimmt gedachten Zweckes bei allem Wechsel der 
Mittel?). Dieses Urteil ist um so zutreffender, als die wahren Ge- 
sinnungen und Absichten des Königs hinsichtlich des Herzogtums Loth- 
ringen aus einer eigenhändigen Denkschrift für den Dauphin aus dem 
folgenden Jahre hervorgehen; darin entwickelt der König die Not- 
wendigkeit des Besitzes dieses Landes als einer Passage von Frankreich 
nach Deutschland und dem Elsass und eines Einfallsthores für fremde 
Mächte, und fährt dann fort: »et s’il fallait ajouter l'honneur à luti- 
lité, c'était l'ancien patrimoine de nos pères qu'il était beau de re- 
joindre au corps de la monarchie dont il avait été si longtemps 
séparé«*). Dass der König sich durch die abgeschlossenen Verträge 
in keiner Weise an der Verfolgung dieser Absichten gehindert sah, 
geht aus einer anderen Stelle seiner Denkschriften hervor, wo er sagt, 
dass es mit Verträgen sich verhalte wie mit Höflichkeitsformen im 
Umgange: » compliments absolument nécessaires pour vivre ensemble 
mais bien en-dessous de ce qu'ils sonnent.« À 

» Dem entsprechend erfolgte eine erste Verletzung des Vertrages 
von 1661 noch im gleichen Jahre; wie oben angeführt, war um die 
Stadt Pfalzburg nur eine bestimmt bezeichnete Anzahl von Dörfern in 
deren Nähe abgetreten worden. Vom Jahre 1618 bis 1660 hatte aber 

1) d’Haussonville III, S. 104 ff. 


2) Ranke, Sämmtliche Werke, X, 5. 220. 
3) Œuvres de Louis XIV. Paris 1806. Ib, S. 161. 


Be 


eine besondere Herrschaft Pfalzburg als lothringische Sekundogenitur 
bestanden '), die 1624 vom Kaiser zur Reichsfürstentum erhoben, 1660, 
beim Tode der Fürstin, aber vom Herzogtum wieder eingezogen worden 
war. Frankreich liess aber am 24. Oktober 1661 ausser den ab- 
oetretenen auch alle übrigen zum ehemaligen Fürstentum gehörigen 
Ortschaften besetzen und dergestalt den Umfang der »Route« wider- 
rechtlich vergrössern. Die irrtümlicherweise erfolgte Abtretung des 
Dorfes Kurzerode aber benutzte Frankreich zur Aneignung der 
ganzen Herrschaft Burscheid trotz des Protestes des kurfürstlichen 
Lehensträgers. 

Weitere Beeinträchtigungen des Herzogtums erfolgten unter Ver- 
letzung der oben geschlossenen Verträge mit Hülfe des Parlamentes 
zu Metz. Nach der Theorie der Zugehörigkeit der Lehen verfügte 
dieses am 4. Januar 1662, dass eine Reihe lothringischer Herrschaften, 
und zwar gerade solche, deren Reunion 1624 von der Vorkammer 
ausgesprochen worden war, die französische Landeshoheit anzuerkennen, 
und das Parlament als höchsten Gerichtshof anzusehen hätten. Da 
aber in dem Vertrage von 1661 eine der vorgenannten Reunionen, 
Gorze ausdrücklich abgetreten, keine der andern aber dabei erwähnt 
war, diese also sämtlich unter die dem Herzog zurückzugebenden 
Gebietsteile fielen, so kann nicht geleugnet werden, dass ein gradezu 
unwürdiges Lug- und Trugspiel mit dem Herzog aufgeführt wurde, 
was allerdings durch dessen unstätes und unzuverlässiges Wesen er- 
leichtert wurde. Denn von völliger Direktionslosigkeit desselben zeugt 
auch der Vertrag, den er bald nach obigem Parlamentsbeschluss, am 
7. Februar 1662 mit Frankreich in der Abtei zu Montmartre schloss, 
und worin er die Herzogtümer Lothringen und Bar gegen Anwartschaft 
seiner Familie auf den französischen Thron mit seinem Tode ganz an 
Frankreich  abtrat. 

Wie der König diesen Vertrag auffasste, äusserte er in gradezu 
cynischer Weise am 2. November desselben Jahres gegenüber dem 
Prinzen Condé: »Que croyez-vous que je lui aie donné pour un si 
grand état, et qui est si fort à ma convenance et me rend maître 
jusqu'au Rhin? J'ai seulement déclaré les princes lorrains habiles et 
capables de succéder à la couronne de France après notre famille. 
Quand nous serons morts, il arrivera ce qui pourra; Dieu merci, nous 
nous portons aussi bien qu’eux«?). 


1) Lothr, Terr., S. 215 fr. 
*) Vitet, Essais historiques 1862, S. 276, nach einem von der Hand Lyonnes 
seschriebenen Berichte. 


EN EU 


Auch dieser Vertrag kam, wie alle dermaligen französisch-loth- 
ringischen, nicht zur Durchführung; er fand nicht nur im Herzogtum 
den entschiedensten Widerspruch der Prinzen und des ganzen Landes, 
sondern auch der König hatte grossen Widerstand in seinem Hause 
und bei dem Parlamente zu Paris zu überwinden, das nach drei- 
wöchigem Weigern nur durch Erscheinen des Königs in der Sitzung 
(lit de justice) zur Eintragung vermocht werden konnte. Der König gab 
daher bald den Vertrag wieder auf und schloss am 1. September 1663 
mit dem Herzog den Vertrag von Marsal, den vierten innerhalb von 
vier Jahren; darin erhielt der Herzog auch die vom Parlamente bean- 
spruchten Gebiete, bei deren Rückgabe »mehrere Schwierigkeiten« sich 
‘ergeben haben sollten'), zurück, musste jedoch dafür die Festung 
Marsal an Frankreich abtreten; wie später nachzuweisen sein wird, 
vermochte er jedoch auch durch dieses Opfer nicht, sich dauernde 
Sicherheit gegen die Uebergriffe Frankreichs zu verschaffen, das das 
Erreichte immer nur als eine Etappe auf dem Wege zur Erwerbung 
des ganzen Herzogtums ansah. 


n vl. 


Die Vorbereitung der Reunionskammer zu Metz. 


1. Das zweite Vor-Reunions-Unternehmen. 


Bei der vorstehend erwähnten Auffassung Ludwigs XIV. von dem 
Werte der von ihm abgeschlossenen Verträge ist es nicht zu ver- 
wundern, dass während der Verhandlungen und nach dem Abschlusse 
die Vorbereitungen zu neuen Erwerbungen auf Kosten der östlichen 
Nachbarn unentwegt weiter gingen. Um Rechtsgrundlagen, oder rich- 
tiger gesagt Vorwände zu solchen zu schaffen, war ähnlich wie früher 
Gillet und Gillot?) in den Jahren 1656—1663 Charles Colbert, marquis 
de Croissy, Bruder des bekannten Ministers, und selbst im Jahre 1679 
Staatssekretär des Auswärtigen, in besonderer Reunions-Mission in 
Elsass und Lothringen thätig?). Er erstattete seiner Regierung einen 
Bericht*), betitelt: »Rapport fait au roi et à M. le chancelier par 

1) Histoire des traités de paix du 17e siècle. Amsterdam 1725. S. 407. 

2) s. S. 47. 

#) Die Angaben über die Sendung Colberts de Croissy verdanke ich Mit- 
teilungen des Privatdozenten Dr. Bloch in Strassburg. 

#) Handschrift der National-Bibliothek zu Paris. 


BE  — 


nous, Charles Colbert, conseiller du roi . .. des emplois qu'il a 
plû à sa majesté nous confier depuis l'année 1656 jusqu’en 1663 tant 
en Alsace, que dans toute l'étendue de la généralité de Metz.« Ein 
Auszug aus diesem Bericht, das Bistum Verdun betreffend, ist von 
Roussel in seine Bistums-Geschichte aufgenommen ?). 


Dass die Mission Reunionszwecken galt, geht schon aus der 
Einleitung hervor, in der es heisst, dass er eine besondere Auf- 
stellung gemacht habe von den: »usurpations faites par les ducs de 
Lorraine et de Bar et autres puissants du Verdunois, non plus que 
les grands démembrements, aliénations particulières, entrées dans la 
Maison de Lorraine et autres.« Der Bericht beginnt dann mit einer 
Beschreibung des Bistums, an die sich die Aufzählung der Lehen (»en- 
sagements de l'évêché de Verdun«) schliesst. Unter den Lehen werden 
von den durch die Kammer 1679 reunierten Gebieten Hattonchätel, 
Sampigny, Rambercourt-aux-Pots, Conflans e. J., Veldents und 4 Dörfer 
von Etain?) aufgeführt, daneben eine grössere Zahl von später nicht 
namentlich reunierten Orten; auch ein Teil der bei der Reunion ver- 
werteten Urkunden wird genannt; endlich heisst es, dass auch Ur- 
kunden für Oertlichkeiten in den Gebieten (gouvernements) von Trier 
und Mainz aufgefunden seien, darunter solche für die Abtei Tholey aus 
den Jahren 1222, 1261 und 1277. 


Da der Bericht über das Elsass und die beiden andern Bistümer 
ähnlichen Inhaltes gewesen sein wird, so haben wir zweifellos hier 
eine der bedeutsamsten Vorbereitungen für die Kammer von 1679 vor 
uns, durchgeführt von einem Mann, der bei dieser Kammer als Staats- 
sekretär des Auswärtigen eine Rolle zu spielen berufen war. Auch 
schon damals wurden seine Ermittelungen ohne weitere Umschweife 
auszunutzen versucht. 

Denn da Frankreich auch durch keinen auswärtigen Feind mehr 
in Anspruch genommen war, hielt Ludwig XIV. die Zeit für gekommen, 
den entscheidenden Schlag gegen das deutsche Reich im Sinne seiner 
Auffassung des westfälischen Friedens zu thun und die Bistümer Metz, 
Toul und Verdun in grösserem Umfange als dem des weltlichen Be- 
sitzes zu beanspruchen. Auch dieses Vorgehen erfolgte durch Ver- 
mittelung des Parlamentes, das am 15. November 1658 gegen eine 
Abgabe von 200000 livres an den König und vielleicht auch von 
20000 livres an den Kardinal Mazarin nach Metz zurückverlegt worden 

') Roussel, Histoire ecclésiastique et civile de Verdun, 1864, II, Anh. S. 92. 

*) s. die Einzel-Reunionen. 


war!), und hier seine Reunionsthätigkeit aufgenommen hatte. Auch 
das Parlament war seinerseits in Untersuchungen nach Art der von 
Colbert de Croissy eingetreten. Durch Beschluss vom 3. November 1660 
war nochmals, trotz Protestes des Bischofs, eines der Mitglieder nach 
Vie abgesandt worden, um das bischöfliche Archiv nach Urkunden zu 
durchforschen: »qui peuvent servir à l’&claireissement des droits du 
roi sur toutes les terres mouvantes et dépendantes du dit évêché«?). 
Auf Grund der hier vorgefundenen und der schon früher gesammelten 
oder von Colbert de Croissy übermittelten Urkunden verfügte das 
Parlament unter dem 4. Januar 1662°), dass eine Reihe deutscher 
Landesherren, der Graf von Saarwerden und Bouquenom (Bockenheim), 
der Graf von Nassau-Saarbrücken, der Graf von Hanau und andere 
Vasallen des Bistums diesseits und jenseits der Saar vor das Parlament 
zu laden seien, um auf die Forderungen, die der General-Prokurator 
des Königs gegen sie vorbringen werde, Rede und Antwort zu stehen. 
Durch denselben Beschluss wurde allen Vasallen der Bistümer, die 
mittelbar oder unmittelbar Unterthanen des deutschen Reiches zu sein 
vorgäben, verboten, eine andere Landeshoheit anzuerkennen, als die 
des Königs von Frankreich, und einen anderen höchsten Gerichtshof, 
als das Parlament zu Metz, bei Strafe der verletzten Majestät für 
schuldig und ihrer Lehen für verlustig erklärt zu werden. Wie die 
später vorzuführenden Erkenntnisse der Reunionskammer von 1679 
zeigen werden, war der Beschluss selbst im Wortlaute den Endurteilen 
dieser Kammer ganz gleichartig. Um aber die Forderung nicht als 
eine neue, sondern als eine selbstverständliche, durch die Besitzver- 
hältnisse naturgemäss sich ergebende hinzustellen, wurde sie nicht für 
sich erhoben, sondern in geschickter, wenn auch durchsichtiger Weise 
in die Entscheidung über eine Beschwerde verflochten, welche Unter- 
thanen der genannten Fürsten, zugleich mit Einwohnern des eigentlichen 
Bistums Metz gegen ihnen auferlegte Steuern erhoben haben sollten, 
was wohl auf Bestellung geschehen sein dürfte; die im Schlusssalze 
erhobene Forderung der Lehensanerkennung durch die Herren selbst 
sollte nur die noch vorkommenden Zweifel über die Landeshoheit be- 
heben. Nach französischer Angabe ist dieses, als zweites Vor-Reunions- 
unternehmen zu bezeichnende Projekt durch den Intendanten Choisy 
und den Parlamentsrat Ravaulx bereits in Metz aufgestellt worden"). 


1) Michel, S. 138. 

?) Emmery Ill, S. 166. 

3) Emmery III, S. 566. 

') Calmet II, S. 582. Die hier gemachte Angabe, dass die Aufstellung im 


Bes 


Die vorherige Genehmigung, wenn nicht Anregung dürfte aber zweifel- 
los vom Könige erfolgt sein, zumal der Beschluss auch auf lothringische 
Gebietsteile sich erstreckte. 

Wie der Herzog, so protestierten auch die durch das Vorgehen des 
Parlamentes in ihrem Besitzstande bedrohten deutschen Reichsfürsten ; 
sie traten zusammen und wendeten sich zunächst an die französische 
Regierung mit dem Ersuchen um Aufhebung des Parlaments-Beschlusses; 
hier erfuhren sie zwar »gute Vertröstung« !), konnten aber keine Ab- 
änderung des (reschehenen erreichen; eine Besetzung der beanspruchten 
Gebiete durch französische Truppen erfolgte aber zunächst noch nicht. 
Die Reichsfürsten gingen nunmehr den Reichstag zu Regensburg um 
Unterstützung an; ehe dieser aber zu einem Entschluss kam, war der 
König in rücksichtslosester Weise weiter vorgegangen. Zunächst ord- 
nete er durch Kabinetsbefehl vom 10. September 1663?) eine erneute, 
eingehendste Untersuchung der Archive an, und bestimmte zur Aus- 
führung selbst wieder den Intendanten de Choisy und den Parlaments- 
rat Roland Ravaulx; in letzterem, der nunmehr für die Dauer der 
ganzen Reunions-Unternehmungen in den Vordergrund tritt, hatte der 
König mit der ihm eigenen Menschenkenntnis und glücklichen Wahl 
das denkbar geeignetste Werkzeug für seine Pläne zu finden gewusst. 
In einer Denkschrift des späteren Metzer Intendanten Turgot, im 
Jahre 1699 verfasst?), wird Ravaulx, anscheinend auf Grund persön- 
licher Bekanntschaft, als ein unruhiger, ehrgeiziger Mann geschildert, 
der, ohne sich um Verträge zu kümmern, alle benachbarten Gebiete 
mit den Bistümern zu vereinigen gedenke. Den Kern dieser Beurtei- 
lung hat Calmet sich angeeignet, indem er sagt: »Ravaulx etait un 
esprit remuant, assez confus, cherchant à se faire valoir«*). Selbst 
die hier gerügte Unklarheit dürfte bei der eigenartigen Thätigkeit, mit 
der dieser Mann betraut wurde, kaum als eine nachteilige_Eigenschaft 
anzusehen sein. Im Uebrigen aber wird das Bild eigenartiger Origi- 
nalität etwas verdunkelt durch das Wirken seines Vorgängers und 
Gesinnungsgenossen Dupuy”) und des Kardinals Richelieu selbst, dessen 
Theorien Ravaulx sich angeeignet hatte und insbesondere hinsichtlich 
Jahre 1663 erfolgt sei, bedarf nach Vorstehendem der Berichtigung. 

7) Bericht, was wegen der Metz-, Toul- und Verdunschen Lehen-Sachen bis- 
her vorgegangen. Regensburg 1670. 8.3 ff. 

?) Emmery, IV, S. 137. 

°) Handschrift in der städtischen Bibliothek zu Metz. 

*) Calmet III, S. 582, 

2) 8. 94201, 


des Herzogtums Lothringen unter gleicher Begründung wie Richelieu 
zur Geltung zu bringen suchte). In den späteren Kammerverhand- 
lungen, besonders bei den Massen-Reunionen, ist die Begründung oft 
nahezu wörtlich den von Richelieu inspirierten Schriften ?) entlehnt. 
Der jetzt erteilte königliche Befehl an die beiden Kommissare ging 
dahin, sich an die Sitze aller Aemter und Oberämter, ferner noch aller 
Domkirchen, Abteien, Städte, Gemeinden und Landgüter im Bereiche 
der drei Bistümer zu begeben, überall die Archive und Akten sich vor- 
legen zu lassen, unter strenger Bestrafung jedes Widerstrebenden, und 
von allen Urkunden, die sich auf Beeinträchtigungen der Bistümer, oder 
ihrer Lehen bezögen (»des usurpations, entreprises, aliénations et 
mouvances des biens temporels«) beglaubigte Abschrift zu nehmen; 
diese Abschriften seien zu sammeln und an einem noch zu bestim- 
menden Orte aufzubewahren). Wie ersichtlich, war der Kabinetsbefehl 
eine Erneuerung und Vervollständigung des vom Parlamente selbst- 
ständig unter dem 3. November 1660 verfügten. Zu den so gesam- 
melten Urkunden wurde auch einer der früher erwähnten Briefe Serviens 
an das Parlament zu Metz‘), betreffend die französischerseits verlangte 
Fassung des westfälischen Friedens-Vertrages genommen, der in der 
Sitzung der Reunionskammer vom 10. September 1663 verwertet 
werden sollte’). Nachdem diese erneuten Befehle durchgeführt worden 
waren, setzte Ravaulx eine Denkschrift auf, in welcher er mit solcher 
Willkür und Uebertreibung den Bistümern fremde Gebiete zusprach, 
dass selbst Louvois bei der Vorlage in seiner Gegenwart in Lachen 
ausbrach®). In einer dem Wortlaute nach vorliegenden Denkschrift ‘) 
schlägt Ravaulx vor, der Bischof von Metz solle an die Bischöfe von 
Strassburg, Speier, Worms, Mainz und Trier Schreiben richten, die in 
dem Stile der bischöflichen Schreiben der ersten fünf Jahrhunderte ab- 
gefasst seien (»d’un style s’approchant à celui des évêques des cinq pre- 
miers siecles«) und darin die Behauptung aufstellen, dass ihre Diözesen 
unrechtmässigerweise auf Kosten der benachbarten lothringischen ver- 
srössert worden seien; denn das ganze Bistum Strassburg sei einst 
1) s. S. 46. 
2?) s. weiter unten. 
8) Wohl aus diesem Grunde sind im Metzer Archiv vorwiegend beglau- 


bigte Abschriften der maszgebenden Urkunden vorhanden. 

#8. 8.56. 

5) s. unter Einzel-Reunionen. 

®) Michel, S. 209. 

7) Handschriftliches Konzept, vielleicht der Entwurf zu vorstehender Eingabe, 
s. Anhang. 


1 Es 


vom Bistum Metz abgezweigt worden, der Bischof von Trier habe 
einige Dekanate des Bistums Verdun sich angemasst, »et les autres 
évèques peuvent avoir fait la même chose. Wenn die Bischöfe dem 
Gesuche um Rückgabe nicht entsprächen, könne der König Truppen 
in Winterquartiere in dem ganzen Bereiche des Landes zwischen Rhein, 
Saar und Mosel legen, bei Klagen behaupten, dass alle besetzten Orte 
zu Metz, Toul oder Verdun gehörten und sie erst herausziehen, wenn ihm 
das Gegenteil bewiesen werde. 

Diese Pläne des ebenso gewaltthätigen wie konfusen Mannes 
waren dem Könige doch zu weitgehend; er entschied aber dahin, 
dass von allem Besitz zu ergreifen sei, was als zu den Bistümern 
gehörig angesehen werden könne. -Mit der Ausführung wurde wieder 
das Metzer Parlament betraut; der General-Prokurator forderte die 
Bischöfe von Metz, Toul und Verdun auf, Verzeichnisse aller ihrer 
Lehen einzureichen, und deren Träger zur Huldigung zu veranlassen. 
Die Bischöfe konnten dieser Aufforderung nicht nachkommen, da die 
Lehensträger zum grossen Teil sich weigerten, Lehensverzeichnisse 
vorzulegen und Huldigung zu erstatten, die kleineren unter dem Vor- 
wande, dass die Einkommen ihrer Lehen so geringe seien, dass die 
Kosten für Lehensverzeichnisse und Huldigung dadurch bei weitem 
nicht gedeckt würden. Das Parlament verfügte darauf unter dem 
4. Dezember 1666, dass bei Lehen von geringerem Ertrag als 50 livres 
die Huldigung vor dem nächsten königlichen Beamten abgestattet 
werden könne !). 


2. Das Schiedsgericht zu Regensburg’). 


Inzwischen hatten die bedrohten deutschen Reichsstände auch 
den Reichstag zu Regensburg um Schutz gegen die französischen Usur- 
pationen angegangen, und diesen veranlasst, ihre Klagen im Mai 1665 
dem französischen Bevollmächtigten, Robert von Gravel, der seit dem 
1. September 1662 in Regensburg beglaubigt war, zugleich mit den 
elsässischen vorzutragen. Gravel antwortete aber nur mit Ausflüchten 
und allgemeinen Redensarten: der Reichstag wendete sich daher in 
einem Schreiben vom 19. August 1665 an Ludwig XIV. selbst, und 
schlug zur Lösung der entstandenen Schwierigkeiten die Einsetzung 
eines Schiedsgerichtes vor, das in Regensburg zusammentreten solle. 


1) Emmery V, S. 153. 

?) Das Thatsächliche im Folgenden zumeist nach Pachner von Eggenstorff. 
Sammlung aller Reichsschlüsse, Regensburg 1740—1777, und nach dem »Bericht 
wegen der Metz, Toul, Verdunschen Lehen«. 


Schon in diesem Schreiben tritt der unlösbare Widerspruch der beider- 
seitigen Auffassung wieder deutlich hervor; der Reichstag beschwert 
sich, dass die Königliche Gewalt über den Bezirk und das Gebiet der 
drei Bistümer hinaus ausgedehnt werde (»regiam jurisdietionem ultra 
episcopatuum distrietum et territorium intendi«), während, wie oben 
nachgewiesen, die französische Auffassung dahin ging, dass die Lehen 
innerhalb des im Westfälischen Frieden abgetretenen »distrietus« lägen. 

Der König, für den der eben ausgebrochene Devolutionskrieg eine 
Vertagung der Sache erwünscht machte, antwortete unter dem 18. Sep- 
tember desselben Jahres; er stellte sich erstaunt (»un peu surprise) 
über den Schritt des Reichstages, da aus den Verhandlungen mit 
Gravel schon seine Auffassung zu erkennen und ein Grund zu der- 
maligen Klagen daher nicht vorhanden sei; er habe aber seit dem 
Abschlusse des Westfälischen Friedens den Reichsständen so viele 
Proben und Zeugnisse für seinen Wunsch der Aufrechterhaltung des 
Friedens gegeben, dass er auch auf den Antrag der Einsetzung eines 
Schiedsgerichts eingehen wolle; denn die Ruhe des Reiches habe ihm 
immer am Herzen gelegen (»nous avons toujours aimé son repose«); 
er habe deshalb Kur-Mainz, Kur-Köln, Schweden und Hessen-Kassel 
zur Vermittlung ausersehen, während sein Gesandter Gravel die könig- 
lichen Ansprüche zu vertreten haben werde. Der Reichstag bestimmte 
seinerseits erst am 10. April 1666 zu Schiedsrichtern Kurhessen, Kon- 
stanz, Regensburg, und nachdem Oesterreich abgelehnt hatte, am 
16. Januar 1667 Eichstädt. Dass er hiernach 1!/» Jahre brauchte, um 
sich über die von ihm abzuordnenden Vertreter zu einigen, war ganz 
im Sinne des französischen Königs, dem es auf Verschleppung und 
Versumpfung der Angelegenheit ankommen musste. Diesem Zwecke 
entsprechen daher auch die Forderungen, welche er am 23. Januar 1667 
für den Geschäftsgang stellen liess, dahin gehend, dass über Einzelheiten 
der Verhandlungen erst dann an den Kaiser zu berichten sei, wenn 
eine Einigung erfolgt seit); der Gesandte wahrte sich dadurch die 
Möglichkeit, jeden Abschluss, auch einen negativen, zu vereiteln und 
die Verhandlungen ins Endlose zu verlängern. Gleichzeitig wurde 
wieder, nach Richelieuschem Vorbilde, die Publizistik zu Hülfe ge- 
nommen. In demselben Jahre erschien zu Paris eine Streitschrift des 
Parlaments-Anwaltes Aubery ?), in welcher nachzuweisen gesucht wird, 
dass die französischen Könige die rechtmässigen Nachfolger Karls des 

') Die auf die elsässischen Verhältnisse bezüglichen Verhandlungen werden 


hier übergangen. 
?) Aubery, Des justes prétentions du roi sur l'empire. Paris, 1667, S. 90. 


ee 


Grossen seien und der grössere Teil Deutschlands als Vatersgut und 
Erbteil den französischen Fürsten zustehe (le patrimoine et l’ancien 
héritage des princes francais). Die Abtretungen im Westfälischen 
Frieden seien eine Art Anerkennung der alten und gerechten Ansprüche 
der Könige auf Deutschland, innerhalb dessen sie fast nichts neu er- 
obern, sondern nur den Rest dessen wiedererwerben könnten, was 
ihnen einstmals widerrechtlich entzogen sei. 

In Regensburg aber dauerte es wieder nahezu */4 Jahre, ehe die 
eigentlichen Verhandlungen begannen; am 23. September 1667 wurde 
dem Schiedsgericht die Klage der angegrifienen Reichsstände vorgelegt, 
in welcher diese ausführten, dass sie seit Jahrhunderten im Besitze 
der angefochtenen Lehen seien, dass sie stets ihre Kreislasten ge- 
tragen, auch die Bischöfe sich keinerlei Oberhoheit angemasst, viel- 
mehr lediglich die Investitur nach altem Herkommen erteilt hätten; 
auch seien während der mehr als 100jährigen Besetzung der Bis- 
tümer Seitens Frankreichs niemals Ansprüche an sie gemacht, 
auch nicht nach Abschluss des westfälischen Friedens, da sie 
ausserhalb des Distriktes der Bistümer gelegen seien; 
»das Parlament von Metz habe daher sonder Zweifel aus Mangel ge- 
nugsamer Information und ohne Ihrer Königlichen Majestät Vorwissen 
und Willen sich angemasst und unterstanden, ein höchst beschwerliches 
Edikt oder Arrest' ergehen zu lassen.« Wenngleich nun auch dessen 
»thätliche Exequirung« bisher unterblieben, so seien doch weitere In- 
vestituren verweigert worden. 

Der am 2. Mai des folgenden Jahres abgeschlossene Frieden 
zu Aachen war für die vorliegende Streitfrage und die beabsich- 
tisten Gebietserweiterungen im Lothringer Lande nicht von direkter 
Bedeutung; immerhin aber war durch die Beendigung des Krieges 
und die niederländischen Gebietserwerbungen die Macht Frankreichs 
gestärkt, seine Stellung eine wesentlich festere und gehobenere ge- 
worden. Augenscheinlich war dieser Zeitpunkt zur Beantwortung der 
reichsständischen Klage abgewartet worden. Erst nach einem Jahre, 
am 10. September 1668, erfolgte daher die französische Entgegnung, 
in der Gravel in weitläufiger Ausführung zunächst die Auffassung zu 
widerlegen sucht, als bestehe hinsichtlich der Souveränität des Königs 
ein Unterschied zwischen den unmittelbar vom Kaiser, und mittelbar 
von Reichsfürsten, also den Bischöfen von Metz, Toul und Verdun ab- 
hängigen, an Frankreich abgetretenen Lehensgebieten. Wenn die Va- 
sallen vor und nach der französischen Besitzergreifung ausschliesslich 
zum Reiche Beziehungen gehabt und dessen Lasten getragen hätten, 


so sei das von keinem Belang; denn es komme nicht darauf an, was 
sie gethan hätten, sondern was sie hätten thun müssen, und jetzt thun 
sollten; es sei daher unbegründet, dass sie gegen ein Edikt des Metzer 
Parlamentes sich beschwerten, da nach zwei Bestimmungen des West- 
fälischen Friedens alle Rechte dem Könige und seinen Organen über- 
tragen seien. Die Behauptung aber, dass sie ausserhalb des Distriktes 
der Bistümer, in eigenen reichsunmittelbaren Fürstentümern ihre Be- 
sitzungen hätten, falle in sich zusammen, da ihr Gebiet einen eigenen 
Distrikt nicht bilde. Das Wort »distrietus« sei aber nicht der 
Verkleinerung, sondern der Vergrösserung der Bistümer 
wegen hinzugefügt worden; auch gäbe es unzählige Beispiele, dass 
ein Besitztum im Distrikte eines andern gelegen sei; der einzige Grund 
der Verweigerung der Investitur sei daher, dass die Vasallen den Vor- 
bedingungen einer solchen sich nicht unterworfen hätten. Die Antwort 
der Lehensträger erfolgte am 2. Januar 1669, nachdem inzwischen 
durch kaiserliches Rescript vom 8. Dezember 1668 »die von Reichs- 
wegen verordneten arbitri nachdrücklich ermahnt worden waren, dass 
sie sich des von ihnen übernommenen arbitrii unverlängt unterfangen 
wollen«. Die Vasallen führten aus, dass der von Gravel beliebten Aus- 
legung schon während der Friedensverhandlungen widersprochen worden 
sei, und dass die französischen Ansprüche kaiserlicherseits niemals Zu- 
stimmung gefunden hätten; dadurch seien ihre Lehen als ausserhalb 
des Distriktes (extra districtum) gelegen anerkannt worden, eine Auf- 
fassung von der niemals abgewichen worden sei. Zum Beweis legten 
sie in Anlage das Reichsgutachten vom 17. August 1647!) und dessen 
kaiserliche Bestätigung bei und gaben eine kurze Schilderung der be- 
züglichen Verhandlungen auf dem Friedens-Kongresse selbst. 

Der französische Bevollmächtigte antwortete erst nach einem 
halben Jahre, am 29. Juni 1669, in noch breiterer Ausführung an seinem 
früheren Antwortschreiben festhaltend, aber in den Ausdrücken bereits 
schärfer werdend. So nennt er die Ansichten seiner Gegner: »otiosa 
insania, et a sano et genuino verborum instrumenti pacis intellectu 
eorumque interpretatione congesta et remota«, während nach seiner Auf- 
fassung in dem Friedens-Instrumente »nulla in verbis obscuritas, nulla 
ambiguitas« gefunden werden könne. Neu ist in dieser Antwort nur das 
srosse Gewicht, welches Gravel auf das Wort »que« in dem Ausdrucke 
»eorumque episcopatuum distrietus« legt. Da diese Partikel »distine- 
tionis nota et ejus nalura« sei, so folge aus deren Anwendung, dass 


1178.94 08: 


Sr ae 


»distrietus« etwas anderes als »episcopatus« und zwar eine Erweiterung 
dieses Begriffes sei, eine Auffassung, der eine gewisse Berechtigung 
nicht abzusprechen sein wird. Eigentümlich ist dabei aber, dass Gravel 
das beste Argument für seine Auffassung, den Vergleich mit Magdeburg, 
Bremen und Minden sich entgehen liess!); dieses wurde erst in der 
letzten Reunions-Sitzung der Metzer Kammer, am 10. September 1683 
von Ravaulx verwerthet ?). 

Es folgte hierauf noch am 30. Mai 1670 eine »schliessliche und 
sründliche Refutationsschrift« der Gegenpartei, welche trotz grosser 
Länge etwas Neues nicht enthielt und nicht wohl enthalten konnte; 
das Gleiche gilt naturgemäss von der Erwiderung Gravels vom 
1. Februar 1671, trotzdem dieses Schriftstück die vierfache Länge 
der schon recht weitschweifigsen Antwort vom 29. Juni 1669 hatte. 
Die Verhandlungen bewegten sich, trotz der gegenseitigen Ueber- 
bietung in dem Umfange ihrer Ausführungen, eben stets im Kreise, 
da nach deutscher Auffassung die Lehen ausserhalb, nach französischer 
Auffassung innerhalb des Distrikts der Bistümer liegen sollten. Nur die 
eine Absicht des französischen Bevollmächtigten und seines Königs, die 
Streitfrage in die Länge ziehen und versumpfen zu lassen, wurde, be- 
sünstigt von der schwerfälligen deutschen Reichs-Organisation, voll- 
ständig erreicht; ein Schiedsspruch in dieser Angelegenheit ist über- 
haupt nicht erfolgt; der ausbrechende Krieg machte schliesslich den 
Verhandlungen ein Ende. 

Der zur Zeit dieses zweiten Reunions-Unternehmens von 1658 — 1668 
bestehende Rheinbund*) scheint weder auf das Vorgehen Frankreichs, 
noch auf die Verhandlungen in Regensburg von Einfluss gewesen zu 
sein, anscheinend deshalb, weil zu den angegriffenen Reichsständen 
Mitglieder des Bundes nicht gehörten. Nicht unwahrscheinlich aber ist 
es, dass Frankreich wegen der Vorteile, die es sich von der Aufrecht- 
erhaltung des Bundes versprach, damals noch der Beanspruchung von 
Gebietsteilen des Kurfürstentums Trier sich enthielt. 


3. Die Besetzung des Herzogtums Lothringen. 


Ungleich rücksichtsloser, als gegen die deutschen Reichsstände 
war inzwischen Louis XIV. gegen das Herzogtum Lothringen vorge- 
sangen, dessen völlige Auflösung und Annexion im Beginne des Jahres 
1670 ins Werk gesetzt wurde. »Quoique l’on ne püt se plaindre avec 


2055,00: 
°) s. unter Einzel-Reunionen. 
#) Erdmannsdörffer, I, S. 312 ff. 


+ 


te 


justice des démarches de Charles IV, ni trouver mauvais qu'il prit 
les mesures nécessaires pour mettre la Lorraine à l'abri d’une inva- 
sion, Louis résolut de le pousser à un éclat qui devait inévitablement 
entrainer sa ruine«; mit diesen Worten ist die Handlungsweise des 
Königs gegen das unglückliche Land treffend charakterisiert. Um 
möglichst rasch und vollständig zum Ziele zu gelangen, versuchte der 
König mitten im Frieden sich der Person des Herzogs zu bemächtigen; 
am 26. August 1670 erfolgte der Ueberfall zu Nancy, dem Karl IV. 
nur durch eilige Flucht sich entziehen konnte. Ueber seine Absichten 
ihm gegenüber äusserte sich der König mit geradezu cynischer Offen- 
heit in einem Briefe vom 29. August an den mit der Eroberung Loth- 
ringens beauftragten Marschall Crequi?); er sagt darin, er wolle den 
Herzog beseitigen, der Marschall solle dies aber niemals aussprechen ; 
er wolle vielmehr ihm solche Bedingungen stellen, dass der Herzog sie 
nicht annehmen könne, und mit keinen Anerbietungen zufrieden sein, 
ausser mit der vollen Aufgabe des Landes; zu dem Zwecke solle der 
Marschall ihn völlig aus seinem Lande vertreiben. In 6—7 Wochen 
war die Absicht des Königs durchgeführt, das ganze Herzogtum von 
den französischen Truppen erobert. 


Der Herzog wendete sich nunmehr an den Reichstag zu Regensburg, 
wo sein Gesandter Johannes à Monnet-Reinemberg als reichsständischer 
Vertreter für das Marquisat Nomeny anwesend war; ihm gegenüber ver 
trat die französischen Interessen der von dem Schiedsgerichte her be- 
kannte Gesandte des Königs, Robert de Gravel. Zwischen beiden entspann 
sich nunmehr ein erbitterter Federkrieg, der von besonderem Interesse 
ist, weil dabei in ausführlicher Weise die wahrscheinlich erst bei dieser 
Gelegenheit erfundenen Vorwände für die Vertreibung des Herzogs zum 
Ausdruck kommen. In seiner ersten Eingabe hatte Monnet den Ueberfall 
Ludwigs XIV. als einen Eingriff in das Reichsgebiet, als eine Verletzung 
der höchsten Rechte des Reiches dargestellt?), Gravel daraufhin am 
17. September 1670 dem Reichstage eine Deklaration vorgelegt, in 
welcher er das Vorgehen des Königs zu entschuldigen versuchte. 
Monnet antwortete darauf am 15. Oktober u. a.®): »es sei männiglich 


bekannt, wie weit sich des Allerchristlichsten Königs Zornmütig-, Ge- 


1) Digot, Histoire de Lorraine, 1856, V, S. 397. 

?) Der Brief ist im Auszuge abgedruckt bei d’Haussonville, II, 5. 262; nach 
Angabe des Verfassers von der Hand Lyonnes geschrieben. 

®) Fitte S..82. 

4) Das Folgende nach den »Memoriales« der Gesandten, Sonderabdrücke 
ohne Datum, in Deutsch und Lateinisch auf der Universitäts-Bibliothek zu Strassburg. 


IE Re 


walttätig- und Rachgierigkeit wider den Herzog hervorgetan habe«; er 
beschwert sich dann weiter, dass das Eigentum des Herzogs nebst 
allen Archiven und Geschütz von der Hofstatt zu Nancy nach 
Metz geführt, die meisten lothringischen Städte eingenommen, deren 
Mauern eingerissen und das ganze Herzogtum mit einer starken Armee 
überfallen worden sei. 

In der Antwort vom 25. November führte Gravel nunmehr 
die Gründe an, welche den König zur Entsetzung des Herzogs be- 
wogen hätten. Der Kern seiner sehr weitschweiligen und unklaren 
Ausführungen bestand darin, dass der Herzog in mehrfacher Hin- 
sicht wider die Traktaten gehandelt und sich geweigert habe, eine 
solche Versicherung zu leisten, dass der König sich künftighin darauf 
verlassen könne; er habe sich daher gegen des Herzogs unruhige und 
wankelbare Leichtsinnigkeit verwehren müssen, zumal auf die Klagen 
über Infraktionen der Traktate der Herzog eine höhnische Antwort 
mit schimpflicher Verdrehung erteilt habe; ausserdem habe der Herzog 
mit Hintansetzung seines Versprechens das Herzogtum Bar mit uner- 
träglichen Auflagen beschwert und andere Gesetzwidrigkeiten in diesem 
von dem höchsten Gerichtshofe zu Paris dependierenden Herzogtum 
begangen; »unterschiedliche Reichsglieder werden daher mit ihrer 
eigenen Erfahrung bezeugen können, was diesem so süss redenden Ge- 
sandten vor ein Glauben beizumessen sei.« 

Monnet antwortet darauf am 19. Dezember, wobei er die vielen 
dem Herzoge gemachten Vorwürfe in richtiger Weise in zwei Gruppen 
zusammenfasst, die Verletzung der Traktate, und die Gesetzwidrigkeiten 
im Herzogtum Bar. In ersterer Hinsicht führt er an, dass er von Zu- 
widerhandlungen gegen Verträge und dem Herzoge gestellten Bedingungen 
bisher nichts gewusst habe; »es sei dem Herzoge ein Geringstes dar- 
über nicht verkündet, kurz vor dem Ueberfall vielmehr Seine Durch- 
laucht aller Dienste und Freundlichkeit versichert worden«. (General 
Fourville und Marschall Créqui hätten auf Befragung wegen der Gründe 
des Ueberfalles keine andere Antwort gegeben, als: »auf königlichen 
Befehl«. Eingaben des Herzoges an den König seien unbeachtet ge- 
blieben. 

Hinsichtlich des zweiten Vorwurfs, dass sein Landesherr in dem 
Herzogtum Bar »über die Schnur gehauen habe«, wirft Monet dem 
französischen Gesandten vor, dass er nicht Bar mouvant und non mou- 
vant unterscheide; letzteres sei das weitaus grössere Gebiet; darin ge- 
bühre dem Herzog die volle Souveränität, wie in Lothringen; auch im 
Bar mouvant bestehe die Dependenz nur in dem Lehenseid und dem 


— 


Recht, von den Vögten und Schultheissen an das Parlament zu appel- 
lieren. Monnet sucht alle Vorwürfe im Einzelnen zu widerlegen, und 
schliesst, jedenfalls ohne Ironie, mit den Worten: »dass des heiligen 
Reiches Stände Seine Durchlauchtigkeit als ein getreues und unzertrenn- 
liches Mitglied eines so herrlichen Leibes in ihren noch fernern Schutz 
nehmen wollene. Die Antwort Gravel’s vom 14. März 1671 enthält 
keine neuen Momente, ersetzt aber, ähnlich wie die späteren Eingaben 
an das Schiedsgericht, den Mangel an Gründen durch äusserste Schroff- 
heit des Tones: erst nach längerer Ueberlegung habe er beschlossen, 
zu antworten, und »die Absurdität vorbemeldeter Schrift, die Nullität 
der darin angegebenen Gründe, und des Schriftstellers unbedachtsame 
Verwegenheit vorzustellen«. Das Vorgeben der von den Herren de 
Fourville und de Créqui gegebenen Freundschafts-Bezeugungen habe 
keinen einzigen Schein von Wahrheit; dass der König keinen Brief 
annahm, habe seinen Grund darin, dass er auch nicht den geringsten 
Vertrag oder Schrift eines so wankelmütigen und treubrüchigen Fürsten, 
welcher nicht einen einzigen Punkt, weder der Traktate noch seiner 
Worte hielte, annehmen könne. »O der grossen Vermessenheit, steigt 
ihm nicht die Schamröte ins Gesicht«, sagt schliesslich Gravel von 
seinem diplomatischen Gegner. 

Ein Ergebnis konnten diese Verhandlungen ebensowenig haben, 
wie die des Schiedsgerichts; das ganze Herzogtum blieb während des 
im folgenden Jahre beginnenden Krieges unter französischer Herrschaft. 


4. Uebergriffe gegen die spanischen Niederlande. 


Wie früher angedeutet‘), führten auch die Bestimmungen des 
pyrenäischen Friedens über die Abtretung des spanisch-niederländischen 
Unteramtes Diedenhofen zu Weiterungen, da auch sie französischer- 
seits im Sinne ihrer Reunionstheorien ausgelegt und verwertet wurden. 
Zweifellos verlieh der Wortlaut, unter dem die Abtretung erfolgt war, 
den Franzosen ein Recht auf die unmittelbar zu Diedenhofen gehörigen 
Lehen; bei den Friedens-Exekutions-Verhandlungen zu Metz 1662 
wurden daher auch 5 solcher Lehensherrschaften gefordert ?), und von 
Spanien ohne weiteres zugestanden, nämlich Blettingen (Buss) und 
Neuenburg südlich, Hettingen und Wollmeringen nördlich, Volkringen 
westlich Diedenhofen. Anscheinend ermutigt durch diesen leichten Er- 
folg forderten aber unmittelbar darauf die Franzosen 20 weitere, dem 
Herzogtum Luxemburg unmittelbar zu Lehen stehende Herrschaften, 


ra. 00: 
?) s. Lothr. Territorien, S. 18 ff. 


Be 


soweit erkennbar zu Diedenhofen in keiner anderen Beziehung stehend, 
als dass sie in nicht zu weitem Umkreise der Hauptstadt gelegen waren, 
darunter Rodemachern mit dem Unterlehen Preisch, die seit 1492 dem 
Markgrafen von Baden zu Lehen gegeben waren, Püttlingen bei Rode- 
machern') und Rüttgen (Roussy). Infolge Widerspruchs von Seiten 
Spaniens gaben die Franzosen zwar vorläufig nach, behielten sich aber 
in einer Schlusserklärung ihre Rechte vor. »Nous, commissaires du 
roi très chrétien avons accepté le delaissement avec la protestation, 
que la présente acceptation ne pourra nuire ni préjudicier aux pré- 
tentions du procureur du roi très chrétien pour les autres lieux con- 
tenus dans les listes par lui communiquées.« Die beigefügte Liste 
enthielt aber diese Luxemburger Lehen, mit Ausnahme der drei vor- 
stehend namentlich aufgeführten; die übrigen 17 waren daher durch 
den eingelegten Protest zu Frankreich in ein ähnliches Verhältnis ge- 
treten, wie die Bistumslehen seit dem westfälischen Frieden, blieben 
aber, abweichend von diesen, auch nach Beendigung der Friedens- 
Exekutions-Verhandlungen in französischer Verwaltung; anscheinend 
gab Spanien diese Lehen schon damals verloren. Am 27. Mai 1668 
hatte Frankreich aber auch des besonders wichtigen Rodemachern sich 
bemächtigt, bald darauf auch die beiden anderen Lehensherrschaften Pütt- 
lingen und Rüttgen besetzen lassen, sodass nunmehr alle 20 Lehens- 
herrschaften thatsächlich im französischen Besitze waren; eine ein- 
undzwanzigste Lehensherrschaft, Beiern, unmittelbar an Püttlingen 
grenzend, scheint französischerseits übersehen worden zu sein; sie ist 
in der Liste nicht aufgeführt, kommt auch in den späteren Lehens- 
huldigungen nicht vor, während für alle anderen genannten Herr- 
schaften Lehenshuldigungen im Original vorgefunden sind; Beiern kam 
infolgedessen erst 1769 in französischen Besitz. Bei Ausbruch des 
Krieges ging aber Rodemachern wieder verloren; der Statthalter von 
Luxemburg besetzte die Burg und Ortschaft und liess die Festungs- 
werke schleifen; auch während der ganzen Dauer des Krieges blieb 
Rodemachern in spanischem Besitze, 


5. Der Friede zu Nymwegen. 


Der Friedens-Vertrag brachte nach keiner Richtung hin eine Er- 
ledigung der zwischen Frankreich und seinen Nachbarmächten in den 
Friedensverträgen von 1648 und 1659 offen gebliebenen Streitfragen. 
Mit Spanien waren die Friedens-Verhandlungen zuerst, am 17. Sep- 


') Nicht zu verwechseln mit zwei gleichnamigen, später zu erörternden 
Herrschaften Püttlingen bei Saarbrücken und Püttlingen bei Saaralben. 


tember 1678 zum Abschluss gekommen; das Friedens-Instrument ent- 
hält nichts über die streitigen Lehen im Umkreise von Diedenhofen. 
Aus dieser Uebergehung leitete naturgemäss Frankreich die Berechti- 
sung seiner früheren Ansprüche her; schon am 30. Dezember 1678 
besetzten die Franzosen von neuem Rodemachern und stellten die Be- 
festigungen wieder her ?). 

In den Friedens-Verhandlungen zwischen Frankreich und dem 
Reiche?), deren Abschluss etwa ein halbes Jahr später, am 5. Fe- 
bruar 1679, erfolgte, wurde die Frage der Bistums-Lehen wieder in 
gleich streitiger Weise behandelt wie vor dem Regensburger Schieds- 
gericht. Die kaiserlichen Gesandten stellten die Forderung, dass 
die früher beanspruchten Lehen der Bistümer als ausserhalb des 
Distriktes derselben gelegen anerkannt und der französischen Ober- 
hoheit entzogen würden; die königlichen Gesandten behaupteten dem 
gegenüber, die Lehen seien durch den Westfälischen Frieden zugleich 
abgetreten worden. Trotz der völligen Aussichtslosigkeit einer Verein- 
barung über diese widersprechende Auffassung wurde deutscherseits 
ein neues Schiedsgericht zugleich auch für andere Streitfragen vorge- 
schlagen, von den Franzosen jedoch, als gegen die Rechte des Königs 
sehend, bestimmt abgelehnt. Am 3. Februar 1679, 2 Tage vor der 
Unterzeichnung des Friedens, gaben darauf die kaiserlichen Bevoll- 
mächtigten die Erklärung ab, dass sie, um das Friedenswerk zum Ab- 
schluss zu bringen, zwar auf die Aufnahme der zu Gunsten der Va- 
sallen vorgeschlagenen Bestimmungen verzichteten, dass sie aber durch 
diese Unterlassung deren Rechte in keiner Weise beeinträchtigt wissen 
wollten (per hanc omissionem nihil praedictarum partium  juribus 
praeiudicari). Infolgedessen wurde die Streitfrage im Friedens-Instru- 
mente ganz übergangen und nur ausgesprochen, dass der Westfälische 
Friede voll und ganz aufrecht zu erhalten sei (pax Monasterii West- 
falorum restituetur in omnibus et singulis suo pristino vigori). 


Diese neue Nachgiebigkeit von Kaiser und Reich musste naturgemäss 
die französische Krone als eine Bestätigung ihrer Rechte auf die streitigen 
Gebiete im Elsass sowohl wie in Lothringen ansehen; im Juni dessel- 
ben Jahres schreibt Louvois, bei Gelegenheit einer Besichtigungs-Reise 
im Elsass und der Franche-comté: »j'ai fort entretenu lintendant de 
tout ce qu'il y a à faire pour étendre la domination de Votre majesté 
autant qu’elle le doit être suivant le véritable sens du traité de 

DS OHR 

?) Pachner von Eggenstorff, Il, 5. 94 ff. 


229 RAP 


Munster« '). In den weiteren Verhandlungen wurden die Rechte Frank- 
reichs daher stets unter Berufung auf die beiden Friedens-Verträge 
seltend zu machen gesucht. 

Eine Reihe von Artikeln des Nymwegener Vertrages betrafen das 
Herzogtum Lothringen; sie entsprachen den Grundsätzen, welche 
Ludwig XIV. in dem Briefe vom 29. August 1670 ausgesprochen 
hatte?). Nach dem Friedens-Vertrage sollte der nominell 1675 zur Re- 
sierung gekommene Herzog Karl V. seine eigene Hauptstadt Nancy, 
die Stadt und das Amt Longwy und 4 von Nancy ausgehende Etappen- 
strassen an Frankreich abtreten, dafür von Frankreich die Stadt Toul 
nebst Vorstädten und Bann erhalten. Der Herzog lehnte, wie erwartet, 
diese Bedingungen ab; das Herzogtum wurde deshalb nach wie vor 
als französisches Gebiet behandelt. 

Eine grosse Anzahl um diese Zeit erschienener Urkundensamm- 
lungen, Flugschriften und Abhandlungen aller Art sollte die Rechts- 
sültigkeit der französischen Ansprüche auf Lothringen beweisen’). 
Auch in den Verhandlungen, welche nach Abschluss des Friedens zu 
Nymwegen über die Ausführungs-Bestimmungen stattfanden, wurde die 
Frage, in welchem Umfange die 3 Bistümer durch den Westfälischen 
Frieden abgetreten worden seien, wieder erörtert. Kaiserlicherseits 
wurde in den Konferenzen mit dem französischen Bevollmächtigten, 
welche zu Nymwegen am 1. und 3. Juli gehalten wurden‘), die Räu- 
mung der Metzer Lehen verlangt; Colbert erklärte sich dazu bereit, 
wenn in dem Protokoll gesagt werde »vorbehaltlich der Souveränität 
des Königs«. Kaiserlicherseits wurde statt dessen vorgeschlagen » vor- 
behaltlich der beiderseitigen Rechte«. An eine Einigung war natur- 
gemäss nicht zu denken; »denn wie wir die französische Prätension 
nicht guthiessen, also auch der Colbert dieselbe nicht schwinden lassen 
wollte«, heisst es in dem darüber geführten Protokolle. In der »con- 
venlio executionis pacis Neomagensis« musste daher wieder ein höchst 
zweideuliger Ausdruck über den Streitpunkt hinweghelfen; nach der- 
selben »zieht der König seine Truppen aus allen Orten zurück, die 
ihm nicht kraft der Friedensschlüsse zu Münster und Nymwegen zu- 
stehen«. 

') Dareste, Histoire de France, 1875, V, S. 516. Hieraus schliessen zu wollen, 
dass Louvois erst jetzt diesen Gedanken dem Könige eingegeben habe, ist natür- 
lich jetzt nicht mehr angängig. 

2) 3.8. 68. 

#) Aufgeführt in Le Long, bibliothèque historique de la France. 

*) Pachner von Eggenstorff, II, S. 218. 


HA VO ‚De 


6. Gewaltthaten nach dem Friedensschluss. 


Bei der schwächlichen Haltung des Kaisers und Reiches hielt 
Louis XIV. den Zeitpunkt nunmehr für gekommen, seine Auffassung 
der beiden Friedensverträge entschieden und nötigenfalls mit Gewalt 
zur Geltung zu bringen. Gleichsam als Vorspiel der nun folgenden 
Ereignisse, als ein Probepfeil, wie weit Frankreich ungestraft dem 
Reiche gegenüber gehen durfte, erfolgte noch im Sommer 1679, mitten 
im Frieden, die gewaltsame Wegnahme der Festungen Homburg und 
Bitsch, von denen die erstere von kurfürstlich-Trierischen, die zweite 
von kurfürstlich-Mainzischen Truppen besetzt war. Die Verhältnisse 
hinsichtlich Homburgs, das zur Unterscheidung von dem bei St. Avold 
gelegenen Orte auch Gross-Homburg genannt wurde und heute zur 
bayerischen Pfalz gehört, waren zur Zeit verwickelter Natur. Ursprüng- 
lich dem Bistum Metz gehörig'), war die alte Herrschaft, auch Graf- 
schaft genannt, früh infolge Verleihung der Vogtei in den Besitz der 
Grafen von Nassau-Saarbrücken übergegangen; 1644 hatte sich jedoch 
Herzog Karl IV. von Lothringen, wegen angeblicher Forderungen an 
das Reich, dieses wie anderer Plätze bemächtigt. Durch den West- 
fälischen Frieden, Artikel »Comitibus Nassau-Sarapontanis«, ward das 
Gebiet diesen Grafen zwar wieder zugesprochen, der einschränkende 
Zusatz aber beigefügt: »Salvis utrique competentibus juribus«. Der 
Herzog von Lothringen erklärte sich daher zur Räumung Homburgs 
wie 6 anderer von ihm besetzt gehaltener Plätze nur gegen eine an- 
gemessene Abfindung bereit. Nach langen Verhandlungen musste das 
Reich 1653 sich zu dem wenig ehrenvollen Abkommen verstehen, für 
die Räumung von Homburg, Hammerstein und Landstuhl dem Herzog 
300000 Thaler zu zahlen. Diese Entschädigungssumme war aber, wie 
gewöhnlich, von den Reichsständen nicht beizubringen; Homburg blieb 
daher auch während der Gefangenschaft des Herzogs von lothringischen 
Truppen besetzt. Ein Vertrag, den Ludwig XIV. am 5. März 1663 mit 
dem Grafen Johann Ludwig von Nassau-Saarbrücken schloss, nach 
welchem dem Könige das Recht zustehen sollte, unter dem Grafen als 
Befehlshaber (»capitaine et gouverneur pour le roi«) französische 
Truppen in den Platz zu legen?), führte keine Aenderung herbei, da 
der König zur Zeit augenscheinlich kriegerische Verwicklungen ver- 
meiden wollte. 


1) s, Calmet, Notice de Lorraine, I, S. 406 ff. 
0 » “ _ » r ‘ + æ < 
2?) s. Dumont, corps diplomatique, 1728, VI 2., S. 452. 


en 


Weitere Verhandlungen !) mit dem Herzoge führten endlich 1669 zu 
einem neuen Vertrage, nach welchem bis zur vollen Auszahlung der Ent- 
schädigungssumme Homburg in Gemeinschaft regiert werden, d. h. unter 
der civilen Verwaltung Saarbrückens, der militärischen Lothringens stehen 
sollte. Wie leicht erklärlich, führte dieses Verhältnis bald zu Miss- 
helligkeiten; Saarbrücken klagte beim Reiche über Lothringen; nach 
vergeblichen Versuchen, die Reichsstände zur Zahlung des für die 
Räumung von Lothringen zu erstattenden Geldes zu bewegen, entschloss 
der Kaiser sich 1671 endlich zur Sequestration zu schreiten; Homburg 
erhielt darauf eine kurtrierische Besatzung, womit der Herzog sich 
einverstanden erklärte. Diese zur Reunionszeit noch fortdauernde 
Lage der Dinge benutzte Ludwig XIV. und stellte unmittelbar vor Er- 
ölfnung der Metzer Kammer an das Reich das Ansinnen, die seques- 
trierte »lothringische« Festung ihm abzutreten, da von ihr aus im 
verflossenen Kriege dem französischen Lande grosser Schaden zugefügt 
worden sei; er sei daher um so mehr berechtigt, sich des Platzes zu 
bemächtigen, als der Herzog den Frieden von Nymwegen nicht aner- 
kannt habe und die Grafschaft Saarbrücken, die gleichfalls Ansprüche 
auf die Festung mache, ein Metzer Lehen sei. Gegen diese »unter 
allerhand nichtigen Pretexten angeforderte Abtretung und anmassende 
Lehensherrlichkeit über die Metzer Vasallen« spricht sich zwar sehr 
entschieden ein kaiserliches Kommissionsdekret vom 10. Oktober 1679 
aus, unter Einforderung eines Reichsgutachtens darüber; inzwischen 
aber war Homburg längst von französischen Truppen besetzt. Mit Weg- 
nahme des Platzes war Marschall Humieres beauftragt?), der dazu eine 
Truppenmacht von 20 Bataillonen heranführte; »c’&tait beaucoup plus 
de monde qu'il ne fallait«. Nach dem von ihm vorgelegten Berichte 
war er am 15. September vor der Festung angelangt und hatte den 
Gouverneur zur Uebergabe aufgefordert. Dieser lehnte zwar ab, er- 
klärte aber nicht schiessen zu wollen, sodass der Marschall ungestört 
seine Laufgräben und Batterien bauen könne; am folgenden Tage kapi- 
tulierte darauf der Gouverneur unter der Bedingung, dass vor der 
Uebergabe 10—12 Schüsse gegen den Platz und 3 Schüsse aus dem- 
selben abgegeben würden, welche letzteren er ins Blaue richten lassen 
werde. Humieres bewilligte gütigst dieses Verlangen (>eût la bénignité«), 
worauf am 17. September die Besetzung französischerseits erfolgte. 


') Das Folgende ist den Reichstags-Verhandlungen entnommen; s. Pachner 
von Eggenstorff II. 

‘) Rousset, Histoire de Louvois 1863, IIL (nach einem Briefe Louvois an 
den König), 


— SR 


Am folgenden Tage ging in ganz ähnlicher Weise die Wegnahme 
der Festung Bitsch vor sich, die aber im Zusammenhange mit der 
Vorgeschichte und nachherigen Reunion dieses (Gebietes zu erörtern 
sein wird !). 

Aber nicht nur dem Reiche, sondern auch den spanischen Nieder- 
landen gegenüber ging Ludwig XIV. unmittelbar nach dem Nymwegener 
Frieden zu Gewaltthaten über ?). 

Am 30. Dezember 1678, demselben Tage, an welchem der Friede 
in Antwerpen verkündet ward, bemächtigten die Franzosen sich des 
Schlosses, der Stadt und Herrschaft Rodemachern. Spanien be- 
schränkte sich trotz Drängens der Luxemburger auf einen platonischen 
Protest; infolgedessen erschien am 8. Oktober 1679 der französische 
Intendant Bazin zu Hesperingen, also unmittelbar vor den Thoren der 
Stadt Luxemburg, und zwang die Einwohner dieser Herrschaft dem 
Könige von Frankreich den Treueid zu leisten, belegte auch das Schloss 
Hesperingen selbst mit einer kleinen französischen Besetzung. 

Gegenüber den spanischen Protesten erklärte der König am 
20. Oktober, die Besetzung von Rodemachern und Hesperingen sei ge- 
schehen unbeschadet der Rechte des spanischen Königs; könne letzterer 
seine Rechte beweisen, so würde alles anstandslos zurückgegeben 
werden. 


!) s. unter Einzel-Reunionen. 

?) Das Folgende nach Grob in »Ons Hemecht«, Organ des Luxemburgischen 
Geschichtsvereins, IV, S. 420 ff. Verfasser spricht hier gleichfalls die Ansicht aus, 
dass der König habe sehen wollen, »wie weit er gehen künnte+. 


ZWEITER TEIL. 


Die Thätigkeit der Reunionskammer zu Metz 1679. 


in 
Die Errichtung der Kammer. 


Die Eroberung der Festungen Gross-Homburg und Bitsch, die 
Besetzung von Rodemachern und Hesperingen, die Motivierung dieser 
Gewaltthaten, insbesondere aber die Bezugnahme auf das Lehens- 
Verhältnis zu Metz, lassen erkennen, dass der Zeitpunkt zur end- 
sültigen Durchführung der Reunionstheorien und zur Verwertung der 
langen und mühsamen Vorbereitungen nunmehr gekommen. In der 
That hatte zu dieser Zeit bereits das Parlament zu Besancon eine 
seiner Kammern mit Reunionen beauftragt; am 1. September 1679 
sprach diese Kammer der Krone Frankreich die Gebiete von Clermont, 
Chätelet und Blamont, im ganzen mehr als 80 zur Grafschaft Mömpel- 
gard gehörige Ortschaften zu. 

Durch Erlass des Königs vom 23. Oktober 1679 zu St-Germain !) 
wurde die Reunionskammer zu Metz errichtet; im folgenden Januar 
begann der Gerichtshof zu Breisach (conseil souverain d’Alsace) mit 
den Reunionen im Elsass. Nur in Metz erfolgte hiernach die Einsetzung 
einer besonderen Kammer des dortigen Parlamentes zu Reunions- 
zwecken; in Besancon und Breisach wurden dagegen die Urteile von 
den genannten Gerichtshöfen selbst, ohne Aenderung ihrer Organisation, 
abgegeben, sodass von einer Reunionskammer an diesen Orten nicht 
gesprochen werden kann. 

Die führende Rolle bei allen diesen Reunions-Unternehmungen 
war, nach Angabe Roussets ?), am französischen Hofe in Händen Louvois, 
nicht Colberts de Croissy, dem sie, als dem Staatssekretär des Aus- 
wärtigen, gebührt hätte; von Einsetzung der Metzer Kammer soll sogar 
Louvois seinem Kollegen erst drei Monate später Mitteilung gemacht 
haben. »Louvois exerce au-dessus de M. de Croissy la dictature po- 
litique et lui mesure à lui-même en quelque sorte la part qu'il doit 
prendre aux affaires de son propre département.« Auch Gaillardin, 
der Biograph Ludwigs XIV.?), äussert sich in diesem Sinne: »Louvois 

1) s. Anhang. 


2?) Rousset III, S. 21. 
°) Gaillardin, Histoire du règne de Louis XIV 1875, V,S. 10. 


STIL 


était l’inventenr de cette nouvelle diplomatie; il devint des lors le mi- 
nistre prépondérant et ruina en partie le crédit de Colbert«. Dieses 
Uebergreifen Louvois wird jedoch von anderer französischer Seite!) 
bestritten, unter dem Hinweis, dass Colbert de Croissy vom No- 
vember 1679 bis zum Frühjahre 1680 in einer besonderen Mission in 
Bayern war, das Amt des Auswärtigen aber in dieser Zeit von seinem 
Bruder, dem grossen Colbert (de Seignelay), versehen wurde; wenn 
daher Louvois damals eine diplomatische Diktatur ausgeübt habe, so 
sei dies nicht auf Kosten Croissys, sondern des angesehensten Ministers 
Ludwigs XIV. geschehen; der Vertreter der letzteren Auffassung bringt 
dann weitere Beweise für seine Behauptung bei, auf welche nicht 
weiter einzugehen sein wird, da die Frage von geringerer Bedeutung 
ist, als von den französischen Schriftstellern angenommen wird; denn, 
wie nachgewiesen, ist die Reunionstheorie nicht erst jetzt aufgekommen, 
sondern seit vielen Jahrzehnten planmässig vom französischen Hofe 
verfolgt worden; auch handelt es sich, Ravaulx gegenüber, mehr um 
einen mässigenden als einen anregenden Einfluss”); wo allerdings im 
folgenden ein Eingreifen der Central-Regierung nachzuweisen sein wird, 
geschieht es stets durch Louvois, sodass wohl der Ansicht Roussets bei- 
zupflichten sein wird, so sehr Croissy auch nach seiner Stellung und 
auf Grund seiner früheren Mission für die Thätigkeit geeignet schien °); 
Charakter-Eigenschaften werden wohl hier ausschlaggebend gewesen 
sein. Dass aber der intellektuelle Urheber und die Seele der gegen- 
wärligen Wiederaufnahme des Reunions-Werkes nicht Louvois, sondern 
der schon beim zweiten Vor-Unternehmen hervorragend beteiligte Par- 
lamentsrath Ravaulx war, nimmt auch Rousset an; »Ravaulx parait 
avoir été le premier inventeur de cette revendication ou, comme on 
disait au 17° siècle, le donneur d’avis‘)«. Abgesehen davon, dass 
Ravaulx nicht der erste Erfinder der Reunionstheorie war, ergiebt sich 
die Richtigkeit dieser Auffassung Roussets eben daraus, dass Ravaulx 
durchaus auf den Schultern Dupuys und damit des Kardinals Richelieu 
steht?°), während ein Zurückgreifen Louvois auf diese früheren Theo- 
rien und Machenschaften nirgends erkennbar ist, wenn auch kaum be- 
zweifelt werden kann, dass Louvois von den Vorarbeiten Richelieus 
Kenntnis gehabt habe. 


1) Bourgeois, in der Revue’historique, 34. Bd., S. 413. 
EIS. Sr 08) 

8) 5, S. 69. 

#) Rousset III, .S. 28. 

58,28. 4 


Zr 


Die Urheberschaft Ravaulxs war aber selbst zur Reunionszeit 
schon in Deutschland bekannt; in einer in Cüln 1692 anonym erschie- 
nenen Flugschrift '), welche der Verfasser allen von der Reunion be- 
troffenen Fürsten und Ständen widmet (à tous les princes et états de 
la réunion), heisst es: »Tout le monde sait que ça été Monsieur Ro- 
land Ravaulx qui a le premier proposé ces visions, et qui au su de 
tous ses amis et par son propre dire a été renvoyé avec sa propo- 
sition comme un fou«. Aehnlich, aber noch derber drückt ein neuerer 
deutscher Historiker sich aus: »Man glaubte erst fabeln zu hören, als 
ein halbverrückter Parlamentsrat zu Metz mit seinem unbekannten 
Rechte der Reunionen hervortrat« ?). 

In einem nur irren sich alle Genannten, Rousset, Gaillardin, der 
Anonymus und Häusser, in der Annahme nämlich, dass Ravaulx der 
Erfinder der Reunionstheorie gewesen sei. 


IL. 
Die Organisation der Kammer. 


Der Organisation der Kammer lag der Gedanke zu Grunde, der 
Geltendmachung der Ansprüche die Form eines Gerichtsverfahrens zu 
geben; dazu waren in erster Linie Kläger erforderlich, über deren 
Eingaben eine Art von Gerichtshof die Entscheidung zu fällen haben 
würde. Als solche Kläger waren einerseits die 3 Bischöfe von Metz, 
Toul und Verdun, andererseits ein besonderer General-Prokurator aus- 
ersehen. Die Bischöfe waren zur Zeit: 

George d’Aubusson de la Feuillade in Metz, Jacques de Fieux in 
Toul, Armand de Monchy d’Hoquincourt in Verdun; letzterer starb 
jedoch am 29. Oktober 1679, worauf der bischöfliche Stuhl 2 Jahre 
lang, also während der Haupt-Verhandlungen der Kammer, unbesetzt blieb. 

An diese Bischöfe liess der General-Prokurator des Königs beim 
Parlament zu Metz die Aufforderung ergehen, innerhalb eines kurzen 
Termins für ihre Besitztümer, sowie deren Lehen und Gerechtsame 
Lehenserneuerungen zu bewirken und unter Vorlage eines Lehens- 
verzeichnisses Huldigung zu erstatten, widrigenfalls zur Beschlagnahme 
aller Einkünfte der Bischöfe sowohl wie der ihnen untergebenen Welt- 
und Klostergeistlichkeit geschritten werden würde. Die Bischöfe er- 
klärten, zweifellos gemäss ihnen gewordener Instruktionen, dazu ausser 


') La dissolution de la réunion. Cologne 1629. S. 11. 
*) Häusser, Geschichte der Rheinischen Pfalz 1845, I, S. 639. 


I ro 


Stande zu sein, da sie und ihre Geistlichkeit bei weitem nicht im Ge- 
nusse aller ihrer Besitzungen und Gerechtsame seien; für Wahrung 
. derselben hätten ihre Vorgänger so schlecht gesorgt, dass seit nahezu 
100 Jahren die Vasallen nicht mehr zur Erfüllung ihrer Pflichten an- 
gehalten worden seien; die Lehen dieser Vasallen seien daher sämt- 
lich verfallen; die Einziehung könne aber nicht von ihnen selbst vor- 
genommen werden, da sie sonst Partei und Richter in gleicher Person 
seien; sie bäten daher um Bezeichnung von Richtern, vor welche sie 
diese unrechtmässigen Besitzer (detenteurs des biens et droits) laden 
könnten, um sie zu veranlassen, die Urkunden vorzulegen, auf welche 
sie ihre angeblichen Rechte stützten. Kämen in diesem Falle die Va- 
sallen der Aufforderung nicht nach, oder könnten sie den Nachweis 
rechtmässigen Besitzes nicht in genügender Weise führen, so sollten 
ihre Besitztümer und Gerechtsame ihnen aberkannt und den Kirchen 
wieder zugewendet werden. Bis zu dieser richterlichen Entscheidung 
möge der König ihnen Aufschub für die Vorlage ihrer Lehens-Bekennt- 
nisse und -Verzeichnisse gewähren. Diesen angeblichen Gesuchen der 
Bischöfe kam der König durch den erwähnten Erlass vom 23. Oktober 1679 
zu St. Germain nach; die dadurch errichtete besondere Kammer des 
Metzer Parlaments erhielt somit ihrem Zwecke wie ihrer Organisation 
nach den Charakter eines besonderen Gerichtshofes, wie sich auch aus 
dem Einsetzungs-Erlasse ergiebt. Die Kammer wird in diesem einfach als 
»chambre de Metz« bezeichnet; von den französischen Geschichts- 
schreibern wird sie meist kurz »chambre royale« genannt); der deutsche 
Ausdruck Reunionskammer ist aus den Beschlüssen derselben abge- 
leitet, welche die Bezeichnung: »arrêté de la chambre royale de Metz 
pour la réunion de .. .« tragen. In dem erwähnten Erlasse des 
Königs wird die Einsetzung der Kammer nahezu wörtlich durch die- 
selben Ausführungen begründet, mit denen sie von den Bischöfen er- 
beten war; in einem vorliegenden Konzepte zu diesem Entwurfe 
finden sich Zusätze von der Hand des früher charakterisierten Parla- 
mentsrates Ravaulx, die darauf schliessen lassen, dass er der Verfasser 
sowohl des Erlasses wie der Eingabe der Bischöfe war. Andererseits 
zeigen diese Konzepte, wie Ravaulx, dem die Hauptrolle bei der Kammer 
zugedacht war, selbst, sicher nicht gegen den Willen des Königs, die Aul- 
gabe der Kammer auffasste?),. Vor Erwähnung der Versäumnisse der 


!) Da nur eine solche Kammer existiert; s. S. 88. 

>?) Wenn auch manche der benutzten Konzepte, Notizen und sonstigen Hand- 
schriften Ravaulx wohl niemals aus seiner Arbeitsstube herausgekommen sein 
werden, so gewähren sie doch einen Einblick in das innere Getriebe der Reunions- 
kammer, wie er aus amtlichen Schriftstücken allein nicht zu gewinnen sein würde. 


Bo ae 


früheren Bischöfe heisst es hier: »obwohl alle Landschaften und Ge- 
biete, welche in dem Bereiche ihrer Diözesen oder derer der Bischöfe 
von Basel, Strassburg, Speier, Worms, Mainz, Trier, Lüttich und anderer 
liegen, von den Kirchen und Bistümern Metz, Toul, Verdun abhängig 
(dépendants) sind, mit alleiniger Ausnahme einiger, die zur Pfalz oder 
dem weltlichen Besitze der genannten Kirchen gehören, wie durch die 
Urkunden-Verzeichnisse der Kirchen von Metz, Toul, Verdun und die 
alten Schriftsteller bezeugt wird, so liegt es doch jetzt so, dass sie 
nicht im Genusse des zwanzigsten Teiles aller dieser Landschaften und 
Gebiete sind.« 

Wenn daher ein neuerer französischer Schriftsteller sagt: »Louvois 
rédigea lui-même ou fit rédiger sous ses yeux des instructions dé- 
taillées pour le procureur du roi de la chambre de réunion de Metze!), 
so dürfte eher Ravaulx selbst der Verfasser auch dieser Instruktionen 
sein; und wenn auch ein Teil seines Entwurfes in St. Germain ge- 
strichen wurde, waren diese Ausführungen doch sicher nicht den Ab- 
sichten des Königs widersprechend; dann aber zeigt dieser Entwurf, 
in welchem Sinne die Thätigkeit der Reunionskammer gedacht war, 
nämlich im Sinne der Wiederaufnahme des Zieles Richelieus, der Er- 
werbung des ganzen linken Rheinufers. Denn eben dieser Parlaments- 
rat Ravaulx wurde durch königlichen Erlass vom 9. November 1679 
zum General-Prokurator der Kammer ernannt?); in demselben Erlasse 
wurden als Vorsitzender der erste Präsident des Metzer Parlaments 
Thomas de Bragelongue, als Mitglieder 10 Räte desselben Parlaments 
bestimmt, auch diese letzteren namentlich vom Könige. Der General- 
prokurator erhielt das Recht, Stellvertreter nach Bedarf und eigener 
Wahl anzunehmen; zur Beschlussfähigkeit war die Anwesenheit von 
nur 5 Mitgliedern erforderlich. Der so gebildete Gerichtshof charakte- 
risiert sich hiernach als eine Unterabteilung, eine besondere Kammer 
des Metzer Parlaments. Ihre Aufgabe wurde in dem erwähnten Er- 
lasse vom 9. November wie folgt, präzisiert: »de juger en dernier 
ressort et sans appel tous les procès mus ou à mouvoir par les évêques 
et clergés pour raison des droits, terres et seigneuries, faisant partie 
des biens temporels des dites églises, évêchés et clergés de Metz Toul 
et Verdun, engagés ou usurpés, circonstances et dépendances de ceux 
dont la souveraineté Nous appartient à cause des traités de Munster 
et Nymègue, en quelques lieux que les dits biens, droits, 


1) Dareste, V, S. 517. 
?) s. Anhang. 


Aus dieser Anweisung geht zunächst hervor, dass die staats- 
rechtliche Frage, ob die Lehen der Bistümer zugleich mit diesen im 
Westfälischen Frieden abgetreten seien, die Kammer nicht mehr be- 
schäftigen sollte; sie galt nach französischer Auffassung als völlig er- 
ledigt, ein friedlicher Ausgleich gegenüber der entgegengesetzten deutschen 
Auffassung als nicht mehr möglich; die zweite Frage aber, ob alle oder 
nur ein Teil dieser Lehen von Frankreich beansprucht werden könnten, 
wurde jetzt in einem viel weitergehenden Sinne entschieden, als früher 
überhaupt von französischer Seite verlangt worden war. Denn bei den 
hierfür massgebenden Verhandlungen zu Münster war als Grenze für 
die Abtretungen die Diözese, der »distrietus spiritualis«, gefordert worden; 
wäre dieses deutscherseits nachgegeben worden, so hätte der Friedens- 
Vertrag eine völlig klare und unanfechtbare Fassung erhalten; in dem 
Erlasse vom 9. November 1679 heisst es dagegen: »wo auch immer 
diese Lehen gelegen seien«; gleich die erste Reunionssitzung sollte den 
deutlichen Kommentar für diese Erweiterung der französischen An- 
sprüche liefern. 

Zunächst allerdings und noch vor Beginn der Reunionsthätigkeit 
sah Louvois sich genötigt, den Eifer seines General-Prokurators zu 
mässigen; am 10. Januar 1680 schreibt er ihm), die vorgelegte Denk- 
schrift zeige, dass Ravaulx nicht im Sinne des Königs vorgehen wolle; 
es komme nicht darauf an, in 1—2 Monaten möglichst viele Gebiete 
zu reunieren, sondern es müsse vor Allem der Schein vermieden 
werden, als wolle der König seine Ueberlegenheit über alle Fürsten 
Europas missbrauchen; er dürfe daher nicht, wie vorgeschlagen, mit 
einem Male die ganzen Herzogtümer Lothringen und Bar für reuniert 
erklären, sondern müsse (um ein später von Vietor Emanuel für Ita- 
lien angewendetes Bild zu gebrauchen) diese Gebiete wie eine Arti- 
schoke Blatt für Blatt verspeisen, »moyennant quoi, en peu de temps 
l’on aura fait assigner tous les lieux qui ont ci-devant reconnu le duc 
de Lorraine, qu'on peut prétendre avoir été autrefois des dits évêchése. 

Diese von ungleich höherer staatsmännischer Einsicht zeugenden 
Direktiven waren naturgemäss zunächst für die Art des Vorgehens der 
Kammer maszsebend; erst im Jahre 1683 konnte Ravaulx zu den von 
ihm von vornherein beabsichtigten Massen-Reunionen übergehen. 


1) Rousset, III, S. 23. 


II. 


Die Geschäftsordnung der Kammer. ') 


Die erste Thätigkeit der Kammer musste naturgemäss ihrer Kon- 
stituierung und der Beschaffung und Ordnung der Unterlagen für ihre 
Aufgabe gelten. Ihre erste Sitzung hielt sie am 11. Dezember 1679 
in einem Saale des alten Metzer Stadthauses ab; in ihr wurde die Re- 
sistrierung und Bekanntmachung des königlichen Einsetzungs-Erlasses 
beschlossen. Diese Bekanntmachung sollte danach nicht nur in der 
sanzen Ausdehnung der drei Diözesen, sondern auch darüber hinaus 
überall da erfolgen, wo es notwendig sei (partout ailleurs où besoin sera). 

Die zweite Sitzung, die erst 3 Monate später, am 2. März 1680, 
stattfand, fasste Beschluss, in welcher Weise die einzelnen Vasallen 
vorzuladen seien; mit der dritten Sitzung am 12. April 1680 begann 
erst die eigentliche Reunionsthätigkeit. Die Zwischenzeit wurde ver- 
wendet, um das verhandene Urkundenmaterial zu sichten und die 
zunächst beabsichtigten Einzel-Reünionen durch besondere Referenten 
soweit vorbereiten zu lassen, dass später die Sitzungen in ununter- 
brochener Weise einander folgen konnten, »tout le travail fut distribué; 
l'on partagea les titres, chacun entreprit la réunion à mesure que les 
titres et productions des évêques étaient prets« ?). 

Diese Vorbereitungen waren nach 5 Monaten so weit gediehen, 
dass in der erwähnten Sitzung vom 2. März der erste Gerichtsvoll- 
zieher angewiesen werden konnte, die ihm namhaft zu machenden 
Vasallen des Bistums Metz aufzufordern, innerhalb 14 Tagen nach Zu- 
stellung vor der Kammer zu erscheinen, um auf die Ansprüche des 
Bischofs Rede und Antwort zu stehen; vorher aber war, um Zeitverlust 
zu vermeiden, ein Teil der Vasallen bereits zum 1. März von der 
Kammer selbst vorgeladen worden. Zugestellt wurden diese Vor- 
ladungen in den Hauptorten der zu reunierenden Gebiete, entweder 
bei Beamten des Lehensträgers (procureurs fiscaux ete.) oder Mangels 


1) Die Hauptgrundlage für die Schilderung der Thätigkeit der Kammer 
bildet die Druckschrift: »Recueil des arrêts de la chambre royale, établie à 
Metz, pour la réunion des dépendances des trois évêchés de Metz, Toul et Verdun 
et autres endroits A l’obeissance du roi. Paris, 1681, chez Frederie Léonard.< 
Diese Druckschrift enthält auch die Beschlüsse der Sitzungen nach 1681, ist also 
später vervollständigt worden. Daneben wurden in erster Linie eine grosse Zahl 
von Handschriften des Metzer Bezirks-Archivs, Inventar, Serie B 5, 6, 7, benützt, 
bestehend in Urkunden, Briefen, Lehens-Huldigungen, Konzepten, namentlich 
solchen von der Hand Ravaulx etc. 

°) Denkschrift von Turgot, Handschrift auf der Stadtbibliothek zu Metz 1699. 


A An Me 


solcher bei der kommunalen Ortsbehörde daselbst. In den Vorladungen !) 
war gesagt, dass das beanspruchte Gebiet ein Lehen des Bistums sei, 
welches letztere vor dem Westfälischen Frieden ein unteilbares, un- 
veräusserliches und unverfallbares (imprescriptible) geistliches Fürsten- 
tum des Reiches gewesen sei. Durch die seit langer Zeit unterlassene 
Lehenserneuerung sei das Lehen an das Bistum zurückgefallen; der 
Bischof wolle aber nicht von seinem vollen Rechte Gebrauch machen, 
sondern den Vasallen nur zwingen, sein Lehensrecht anzuerkennen. 


Zu dem Zwecke habe er innerhalb 14 Tagen nach Zustellung 
Lehenserneuerung nachzusuchen, und nach einem weiteren von der 
Kammer jedesmal besonders zu bestimmenden Zeitraum die Urkunden 
und sonstigen Rechtstitel vorzulegen, auf welche die Belehnung sich 
sründe, widrigenfalls sein Lehen für verfallen erklärt werden würde. 
Eine gleichlautende Vorladung an die Vasallen des Bistums Verdun 
erging amtlich erst in der Sitzung vom 16. April; doch war auch hier 
schon eine vorläufige Vorladung erfolgt. Vasallen des Bistums Toul 
sind überhaupt nicht vor die Kammer geladen worden. 


Naturgemäss bezogen diese Aufforderungen sich nur auf den Teil 
der Besitzungen der Vasallen, der wirklich oder angeblich zu einem 
der Bistümer in Lehensverhältnis gestanden hatte; über die Ausdehnung 
dieser Lehen und deren Verhältnis zu dem allodialen oder anderweitig 
lehensabhängigen Besitze der Vasallen herrschte aber sowohl bei diesen 
wie namentlich bei der Kammer vollste Unklarheit. Die Folge war, 
dass vielfach der gesamte Besitz, und sogar etwaige von Alloden lehens- 
abhängige Gebiete zugesprochen wurden, wie im einzelnen später nach- 
gewiesen werden wird. Als räumliche Grenze, bis zu welcher die An- 
sprüche ausgedehnt wurden, wurde erst der Rhein angesehen ; Reunionen 
auf dem rechten Rheinufer sind nicht versucht worden, was ein weiterer 
Beleg für den den ganzen Reunions-Unternehmungen als Unterlage die- 
nenden Grundgedanken sein dürfte. 


Gar keine Grenze aber kannte die Kammer hinsichtlich der Ab- 
hängigkeit der Beweiskraft der Urkunden von der Zeit, in welcher sie 
ausgestellt waren; Urkunden aus dem 8. Jahrhundert werden unbe- 
denklich wie solche aus jüngster Zeit verwertet, unbekümmert um 
etwaige Besitz-Veränderungen innerhalb der vielen Jahrhunderte, falls 
für diese nicht urkundliche Beweise vorgelegt werden können; selbst 
in diesem Falle erfahren solche Urkunden entweder eine den franzö- 
sischen Ansprüchen günstige Auffassung, richtiger gesagt Verdrehung, 


1) Einzelne Konzepte liegen noch vor. 


ET 


oder werden einfach für ungültig erklärt. Wie Ravaulx selbst diesen 
Urkunden-Beweis ansah, geht aus einer vorliegenden eigenhändigen 
Aufzeichnung hervor, welche lautet: »Ich habe Pont-à-Mousson noch 
nicht reuniren lassen, weil man mir Hoffnung gemacht hat, mich Ur- 
kunden finden zu lassen, welche beweisen, dass der auf der Metzer 
Seite gelegene Teil der Herrschaft Lehen von Metz, der andere Teil 
Lehen von Verdun sei; wenn diese Urkunden ausbleiben, so habe ich 
andere, welche darthun, dass die Grafen von Bar für Pont-à-Mousson 
bei Kaisern Lehenserneuerung nachgesucht haben«. Bei einer derartig 
skrupellosen Ausnutzung kam es nur darauf an, immer neue Urkunden 
aufzustöbern; als daher eine grössere Anzahl von Reunionen ausge- 
sprochen, und die betreffenden Gebiete von französischen Truppen und 
Beamten in Besitz genommen waren, gaben die hier vorgefundenen 
Archive Gelegenheit, neue beweiskräftige Urkunden ausfindig zu machen 
und das Spiel von neuem zu beginnen. Durch königlichen Erlass vom 
17. September 1680 wurde deshalb die Fortsetzung der Nachforschungen 
vom Jahre 1663 angeordnet. Die Kammer erhielt die Anweisung, ge- 
eignete Personen überall dorthin zu senden, wo es ihr notwendig er- 
schien, und nach Investituren, Urkunden und sonstigen Rechtstiteln suchen 
zu lassen, die im Besitze von Privatpersonen, Korporationen, Städten, 
kirchlichen oder weltlichen Gemeinwesen seien; Widerstrebende sollten 
mit allen Mitteln, nötigenfalls durch Verhaftung zur Herausgabe solcher 
Schriftstücke gezwungen werden; über die auf solche vorgefundenen 
Urkunden neu zu begründenden Ansprüche solle die Kammer in gleicher 
Weise, wie über die früheren, erkennen. Noch vorhandene Original- 
schriftstücke geben ein Bild davon, in welcher rücksichtlosen Weise 
der Auftrag des Königs erfüllt wurde. Unter dem 14. Dezember 1680 
beschwert sich ein Justizbeamter zu Meisenheim (südwestlich Creuznach 
selegen), dass ein französischer Offizier an alle Akten der Kanzleien 
im Schlosse und Stadthause Siegel angelegt habe, so dass die ganze 
Gerichtspflege verhindert wurde; unter dem 12. Februar 1681 schreibt 
ein Beamter Ravaulx an diesen aus Carignan: »Ich kann Ihnen ver- 
sichern, dass ich mein Mösglichstes für den Dienst des Königs gethan 
habe, indem ich mich alle Tage mit Sorgsamkeit bemühte, einige alte 
Urkunden zu entdecken; ich habe aber nichts von Belang finden 
können«. Dass hierbei auch von der Ermächtigung Widerstrebende zu 
bestrafen, Gebrauch gemacht wurde, beweist das vorliegende Gesuch 
eines abbé Elye (ohne Datum) an den Minister Louvois aus der Ba- 
stille zu Paris, in welchem er um Befreiung aus der schon 3 Monate 
dauernden Haft bittet, da er seit einiger Zeit die Urkunden, wegen 


Ber One 


deren Verweigerung er gefangen gesetzt worden sei, an den General- 
Prokurator Ravaulx ausgeliefert habe. 


Aber selbst dieses Verfahren erschien den französischen Macht- 
habern, die augenscheinlich durch die Leichtigkeit der erzielten Erfolge 
und den matten Widerstand der Beteiligten immer kühner und rück- 
sichtsloser wurden, noch zu langsam und mühselig ; am 17. Oktober 1680 
erfolgte der Hauptschlag, indem durch königlichen Erlass summarisch 
alle mittelbaren und unmittelbaren Vasallen der drei Bistümer, alle 
Städte, kirchliche und weltliche Gemeinwesen, die im Besitze von 
Lehens-Gütern oder Gerechtsamen seien, endlich alle Personen, die der 
General-Prokurator namhaft machen werde, aufgefordert wurden, inner- 
halb zweier Monate Lehenserneuerung nachzusuchen, und in den fol- 
senden Tagen Huldigung und Lehensverzeichnis (aveu et denombrement) 
zu erstatten, widrigenfalls ihre Lehens-Besitzungen und Gerechtsame 
für verfallen erklärt werden würden). 


Zu diesem Erlasse des Königs gab Ravaulx die weitestgehenden 
Ausführungs-Bestimmungen, die im Konzepte noch vorhanden sind; in 
einem an die Kammer gerichteten Schreiben beantragt er, dass der 
Befehl des Königs in allen Gerichtsorten und Pfarreien der drei Diö- 
zesen durch Anschlag und öffentliches Ausrufen (cris publics) bekannt 
zu machen sei; ausserdem sei derselbe zuzustellen allen adligen und 
bürgerlichen Geistlichen (ecclésiastiques gentilshommes et roturiers), 
den Kapiteln, Aebten, Mönchs- und Nonnenklöstern, den Prioren, 
Kaplänen und Patronen derselben; den Vorstehern von Hospitälern und 
Kollegien, den Gemeindeverwaltungen, Bürgermeistern, Schöffen, Vor- 
stehern der Städte, Dörfer, Flecken und Weiler; Erneuerung sei nach- 
zusuchen für alle Güter und Gerechtsame, gleichgültig ob sie Lehen, 
Allode oder freie Allode seien, für Wälder, Pfänder (otages), Weiden, 
Zehnten, Zölle und alle anderen Besitzungen, Berechtigungen und 
Befreiungen. 

Durch diesen Erlass bekam die Reunions-Thätigkeit einen wesent- 
lich anderen Charakter als vorher; während sie bisher die Landes- 
hoheit betroffen hatte, erstreckte sie sich nunmehr auch auf den Einzel- 
Besitz, vorwiegend zu dem Zwecke, eine möglichst grosse Zahl von 
Korporationen und Unterthanen der Bistümer aus dem reunierten Ge- 
biete in unmittelbares Abhängigkeits-Verhältnis zu der französischen 
Krone zu bringen, und dadurch die Macht, dann aber wohl auch die 
Einkünfte des Königs zu vermehren. 


1) s. Anhang. 


-] 


BER 


Auch über den Umfang der infolge der Erlasse stattgehabten 
Zustellungen geben noch vorhandene Schriftstücke Aufschluss; so 
brauchten zwei in die reunierte Grafschaft Chiny abgeordnete Gerichts- 
vollzieher 31/2 Monate, und mussten 134 Orte oder Personen aufsuchen ; 
in einem vorliegenden Gesuche beantragen sie eine Entschädigung dafür, 
da sie auf eigene Kosten hätten reisen müssen, und an vielen Stellen 
gar nichts, an den meisten anderen aber nur 30 Pfennige Gebühren 
erhalten hätten !). 


Naturgemäss fühlten sich durch diese Forderungen und Drohungen 
eine Menge von Besitzern in ihrem Eigentume bedroht, auch wenn 
dasselbe in keiner Beziehung zu den Bistümern oder anderen Lehens- 
herren stand. Es begannen nunmehr die zahllosen Huldigungen und 
Lehensbekenntnisse, von denen die Archive noch heute Kunde geben, 
und die manchmal nur ganz minimale Besitzungen oder Gerechtsame, 
wie ein Haus oder auch nur den Teil eines Hauses oder einer Rente 
umfassten. Nach einer vorliegenden handschriftlichen Zusammenstellung 
aus damaliger Zeit gingen in den sieben dem Erlasse folgenden Mo- 
naten allein aus den Diözesen Metz und Trier 650 solche Huldigungs- 
Akte und Lehensverzeichnisse ein, die natürlich alle von der Kammer 
geneigtest entgegengenommen wurden. Ein besonderer Reunions-Be- 
schluss wurde für diese Lehen nicht ausgefertigt, das Besitz-Verhältnis 
auch, soweit erkennbar, nicht gestört; die Huldigung war nur ein for- 
meller, die Souveränität des Königs anerkennender Akt. 


Blieb die Vorladung dagegen unbeachtet, so wurde Contumacial- 
Verfahren angeordnet, und kurz nach dem versäumten Termin eine 
Kammersitzung anberaumt, in welcher regelmässig die beanspruchten 
Gebiete oder Besitzungen den Eigentümern aberkannt wurden. 


Kamen jedoch die vorgeladenen Lehensträger der Aufforderung 
insoweit nach, dass sie selbst oder durch bestellte Sachwalter den 
Beweis für die Nichtigkeit der bischöflichen Ansprüche und die Unab- 
hängigkeit ihrer Besitzungen anzutreten sich erboten, so wurde zu- 
nächst in weitere Verhandlungen mit ihnen eingetreten, denen eventuell 
eine zweite begründete Vorladung folgte. Eine solche liegt im Konzept 
für den Herzog von Lothringen noch vor; in dieser heisst es, er solle 
zwei Monate nach Uebergabe vor der Kammer erscheinen, um über 
32 Gebietsteile seines Herzogtums die Entscheidung der Kammer ent- 
gegen zu nehmen, und zwar im einzelnen: 


') Original des Gesuchs, wie auch gedruckte Zustellungs-Formulare noch 
vorhanden. y 


1. Um sich verurteilt zu sehen, für den grösseren Teil dieser 
Gebiete die Lehenserneuerung nachzusuchen ; 


2. um die Angebote des Bischofs, einen anderen Teil dieser 
Gebiete, die ihm verpfändet worden, einlösen zu wollen, für 
gut und richtig erklärt zu sehen; 

3. um von der Anordnung Kenntnis zu nehmen, dass in Folge 
seiner früheren Weigerung, die Angebote des Bischofs an- 
zunehmen, das Geld bei dem Gerichtsschreiber oder einer 
anderen der Kammer genehmen Persönlichkeit hinterlegt 
werde; 

4. um festgestellt zu sehen, dass mehrere Tauschverträge seiner 
Vorgänger mit Bischöfen von Metz für ungültig erklärt 
werden würden; 


Qt 


um festgestellt zu sehen, dass einer dieser Gebietsteile, die 
Stadt Saarburg, mit dem Bistum Metz vereinigt werde, da 
diese durch Usurpation eines seiner Vorgänger in seinem 
Besitze sei. 


Diese zweite Vorladung liess der Herzog anscheinend unbeachtet; 
infolgedessen erfolgte die Aberkennung der beanspruchten Gebiete im 
Wege des Contumacial-Verfahrens in besonderen Kammersitzungen. 
Das ganze Verfahren gegenüber dem Herzoge sollte anscheinend nur 
die seit 10 Jahren erfolgte Besitzergreifung des Herzogtums recht- 
fertigen; eine Herausgabe auch nur von Teilen desselben war, wie 
die letzten Reunionsbeschlüsse zeigen werden, keineswegs beabsichtigt. 


Die Geschäftsordnung, nach welcher die eigentlichen Reunions- 
sitzungen abgehalten wurden, ist aus den sehr ausführlich abgefassten 
Einzelurteilen und aus anderen für die Sitzungen verwendeten Schrift- 
stücken, die noch vorliegen, mit Sicherheit festzustellen. Jede einzelne 
Verhandlung fand danach in Form eines regelrechten Prozesses statt; 
Kläger waren die Bischöfe bezw. das Domkapitel zu Verdun, Neben- 
kläger der General-Prokurator; in einigen wenigen Fällen war letzterer 
der einzige Kläger; als Verteidiger war ein Sachwalter des angeklagten 
Lehensträgers zugelassen, aber nur in seltenen Fällen anwesend; Con- 
tumacial-Verfahren ist das weitaus überwiegende Die Verhandlung 
begann mit der Verlesung der Klage zunächst des Bischofs. In ihr 
stellte dieser die Forderung auf, dass das Lehen mit allen Zugehörig- 
keiten (appartenances et dépendances) mit dem Bistum wieder vereinigt 
werde, dass die Beamten nur die Kirche Metz als ihren weltlichen 
Herrn anerkennen, dass die Pflichten und Abgaben wie von Alters her 


7* 


ee 


seleistet werden sollten, je nach Lage der Sache auch nachträglich für 
die Zeit der Usurpation. Dagegen erklärte der Bischof bei etwa vor- 
liegenden Verpfändungen sich bereit, die Einlösungssumme und auch 
im übrigen eine angemessene Entschädigung für Verbesserungen, die 
der Lehensträger in der Zwischenzeit bewirkt habe, zu erstatten. 
Hierauf beantragte der Nebenkläger, General-Prokurator Ravaulx, seiner- 
seits, dass infolge der Rechte, die der König durch den Friedens- 
vertrag zu Münster erworben und durch den Nymweger Frieden 
bestätigt erhalten habe, den bezüglichen Vasallen sowie seinen Beamten 
und allen Einwohnern des Gebietes verboten werde, eine andere Souve- 
ränetät anzuerkennen als die des Königs von Frankreich und einen 
anderen höchsten Gerichtshof als das Parlament zu Metz. Nach An- 
hörung der Klage nahm die Kammer von den Urkunden und sonstigen 
Zeugnissen Kenntnis. 

Seitens der Bischöfe wurden in erster Linie stets eine Anzahl 
von Investiturbriefen deutscher Kaiser und Könige vorgelegt, zumeist 
allgemeiner Art, nur selten solche, die auf das zu reunierende Gebiet 
Bezug nahmen, daher auch für die meisten Einzelreunionen die gleichen; 
sie sollten zum Beweise dienen, dass das Bistum ein unveräusserliches, 
unteilbares, unverjährbares Lehen des Kaiserreichs bilde, und dass 
daher etwaige Abtretungen seitens der Bischöfe, gleichgültig wann ge- 
schlossen, ungültig seien. Hierauf erfolgte die Vorlage einer grösseren 
oder geringeren Zahl von Sonderurkunden für den einzelnen Fall, be- 
stehend in Lehensbriefen, Lehensbekenntnissen, Verpfändungen, Kauf- 
verträgen, Urteilen, Protokollen von Stände- und Vasallentagen und ähn- 
lichen Schriftstücken. Diese Urkunden waren einer, wie nachgewiesen, im 
Laufe der Zeit immer mehr vervollständigten Sammlung entnommen, die 
1672 sich im »tr&sor« der Stadt Nancy und in den beiden »chambres de 
compte« des Herzogtums Bar befunden hatte und im genannten Jahre 
nach der Citadelle von Metz gebracht worden war. Aus dieser Samm- 
lung hatte Ravaulx diejenigen Urkunden ausgesucht, die ihm für die 
Arbeit der Reunionskammer geeignet schienen, der ganze Bestand der 
Sammlung ist aber noch erkennbar. Im Jahre 1697 liess nämlich der 
Metzer Intendant Turgot ein Verzeichnis dieser gesamten Urkunden in 
Regestenform durch den eigens zu dem Zwecke aus Paris verschrie- 
benen königlichen Rat du Fourny anfertigen, das noch heute vorliegt). 
Nach dem Vorworte, dem auch die vorstehenden Angaben entnommen 


') Handschrift von 10 Regesten- und 2 Register-Bänden auf der Stadt- 
Bibliothek zu Metz, 


— 101 — 

sind, begann die Arbeit im Februar 1697 und ward vollendet im De- 
zember 1698. Das Verzeichnis zeigt, dass die Sammlung von sehr 
grossem Umfange war, zumeist allerdings für den vorliegenden Fall 
nicht verwertbare Urkunden enthielt, so dass nur ein kleiner Teil zur 
Vorlage bei der Kammerverhandlung kam; für das Gebiet von Blamont 
lagen beispielsweise 607 Urkunden vor, von denen nur 18 benutzt 
wurden. 


Besonders ausgenutzt wurde ausserdem noch eine der schon 
erwähnten umfangreichen Arbeiten des Kammerpräsidenten Thierry 
Alix, das Urkundenbuch (cartulaire) des Herzogtums Bar-Lothringen '), 
welches auch die herzoglichen Domänen und Privat-Besitzungen ausser- 
halb des eigenen Landes berücksichtigte und vorwiegend zu Steuer- 
zwecken aufgestellt zu sein schien (»dans lequel on a transcrit les 
titres de toute nature qui pouvaient interesser l’administration). Das- 
selbe umfasste nicht weniger als 86 Folio-Bände und trug die Auf- 
schrift: »Labore et industria Theodorici Alix, camerae Lotharingiae 
praesidis 1582« ?). 

Der Inhalt der benutzten Urkunden etc. wird im Urteile im Aus- 
zuge angeführt; ein grosser Teil derselben liegt auch im Original oder 
in beglaubigten Abschriften noch vor. Ein Vergleich dieser mit einander 
und mit den Inhaltsangaben der Urteile ergiebt ausnahmslos die Richtig- 
keit der Auszüge; in der Verwertung der Urkunden kommen dagegen 
vielfach gewaltsame Auslegungen und Verdrehungen vor. Die Art, Zahl 
und der Inhalt der Urkunden kann dagegen auch da, wo solche nicht vor- 
gefunden, als den Angaben im Kammer-Beschlusse entsprechend ange- 
nommen werden. Ausserdem aber könnte die Vermutung vorliegen, dass 
der oben genannten Sammlung nur solche Urkunden entnommen worden 
seien, welche den beabsichtigten Reunionen günstig lauteten, eine Auf- 
fassung, die auch Calmet zu teilen scheint, wenn er sagt: »Comme les 
commissaires étaient en possession des régistres et papiers des trésors 
des chartes et des deux chambres de compte de Lorraine et de Bar- 
rois, ils en tirèrent tels extraits et copies qu'ils voulurent«*). Dieser 
Auffassung steht jedoch entgegen, dass, wie die Einzel-Verhandlungen 
zeigen werden, nicht selten seitens der Kläger Urkunden vorgelegt 
werden, die dem Zwecke der Reunion geradezu widersprechen, insbe- 


1) Digot, Histoire de Lorraine, 1880, IV, 5. 350. 

?) Recueil, S. 334; das Werk selbst befindet sich in dem Archiv des De- 
partements Meurthe et Moselle zu Nancy. 

3) Calmet, Ill, S. 853. 


— 102 — 


sondere formell richtige Abtretungs-Verträge, die dann aber fast stets 
für ungültig erklärt wurden. Auch der Vergleich der vorgelegten Ur- 
kunden mit dem Regesten-Verzeichnis von du Fourny lässt ein solches 
Verfahren nicht erkennen. Dagegen ist immerhin die Möglichkeit vor- 
handen, dass Ravaulx solche ungünstigen Urkunden unterdrückt und 
vernichtet habe. Aber auch die anderweitigen Untersuchungen über 
die Vorgeschichte der Territorien, deren Ergebnisse bei den Einzel- 
Reunionen kurz angegeben werden sollen, sprachen nicht für diese 
Annahme. Es hat daher den Anschein, als seien wirklich alle bedeut- 
samen vorgefundenen Urkunden auch zur Kenntnis der Kammer ge- 
bracht worden. 


Nach Vorlage dieser Urkunden wurden, falls der Beklagte vor 
Gericht vertreten war, oder auf Verhandlungen sich eingelassen hatte, 
dessen Gegenbeweisstücke, meist ebenfalls aus Urkunden bestehend, 
zur Kenntnis des Gerichtshofes gebracht. Es folgte demnächst der 
resümierende Vortrag des Referenten (rapport de Messieurs Jeoffroy, 
Morel etc.), dessen Inhalt nicht angegeben wird; aus dem Wortlaute 
des Urteils aber ist zu schliessen, dass der Referent vorwiegend die 
vorgelegten Beweisstücke neben einander zu stellen und die volle Be- 
weiskraft der dem Antrage günstigen, die Nichtigkeit der demselben 
widersprechenden darzuthun hatte. Nach Anhörung dieses Schluss- 
vortrages und Erwägung alles Vorgebrachten (tout considere) fällte die 
Kammer das Urteil und zwar ausnahmslos im Sinne der Kläger, in 
einigen wenigen Fällen mit der Abänderung, dass das beanspruchte 
Gebiet nicht als Lehen, sondern als Frei-Allod des Bistums (frane aleu 
de l'évêché) anerkannt wurde. Der Unterschied war aber nur ein 
nomineller, da auch in diesen Fällen die Unterstellung unter die fran- 
zösische Souveränetät in gleicher Weise und mit denselben Ausdrücken 
ausgesprochen wurde. 

Zum Schlusse verfügte die Kammer die Eintragung des Urteils 
und dessen Verkündigung in den Hauptorten des reunierten Gebietes. 
Eine eigentliche Begründung enthält das Urteil, abgesehen von der 
Anerkennung aller günstigen und Nichtigkeits-Erklärung aller ungün- 
stigen Urkunden, danach nicht; in vorliegenden Schriftstücken') findet 
sich jedoch eine solche, zugleich eine weitere Ausführung des Urteils 
enthaltend und anscheinend von Ravaulx aufgestellt, der vielleicht auch 
als der Verfasser der Urteile anzusehen sein wird. In dieser Motivie- 
rung wird ausgeführt: 


1) Nur Konzepte vorliegend. 


I 


Ebens 


— 103 — 


. Dass durch den Vertrag zu Münster der Kaiser und die 


Reichsstände die drei Bistümer, die bisher geistliche Reichs- 
fürstentümer gewesen seien, mit ihren Distrikten an 
Frankreich abgetreten hätten; 


. dass nach dem Lehensrechte des Reiches die von dem 


Kaiser verliehenen Investituren die einzigen wirklichen 
Rechtstitel sowohl für die Reichsfürsten selbst wie für deren 
Vasallen seien; 


. dass durch diese Investituren sowohl wie durch andere alte 


Urkunden bezeugt werde, dass auch alle Zugehörigkeiten 
des Gebietes (cour, ban, advocatie, appartenances, depen- 
dances et annexes) dem Bischofe gehörten; 

dass nach dem Westfälischen Friedens-Vertrage, Artikel 
»et quia publice interest ut facta pace commercia vicissim 
florescant« alle Zollstellen, die ohne Genehmigung des Reiches 
errichtet seien, als aufgehoben angesehen werden müssten; 
dass durch den Artikel desselben Vertrages: »contra hane 
transactionem« jeder aus Verjährung oder sonstigen Aus- 
nahme-Gesetzen herzuleitende Rechtsspruch hinfällig sei. 


owenig wie diese Begründung kam auch die Art und der 


Umfang der französischen Souveränetäts-Rechte, die naturgemäss den 
staatsrechtlichen Verhältnissen Frankreichs, nicht etwa der nur schein- 
baren Oberhoheit des Kaisers im deutschen Reiche entsprechen sollten, 
zum Ausdruck. Dass aber darüber von Anfang an kein Zweifel be- 


stand, geht 


aus vorliegenden Schriftstücken'), welche die Art der von 


der Kammer ausgesprochenen Souveränetät näher erläutern, hervor. 


Aus ihnen 
1 


1) Glei 


ergiebt sich: 

dass die Vasallen sogleich der Gerichtsbarkeit der hohen 
französischen Justizbehörden, in oberster Instanz, also, wie 
auch im Urteil angegeben, dem Parlament zu Metz unter- 
stellt wurden; 

dass ihnen verboten wurde, ohne ausdrücklichen Befehl des 
Königs Steuern aufzuerlegen, Soldaten aufzunehmen, oder 
solchen Waffen und Durchzug zu gewähren, noch auch selbst 
zu den Waffen zu greifen; 

dass sie verpflichtet wurden, alle Zollstellen zu Wasser und 
zu Lande aufzuheben, die von ihnen selbständig errichtet 
worden seien; 


chfalls handschriftliche Konzepte. 


Be 


4. dass ihnen verboten wurde, selbst oder durch ihre Ein- 
nehmer oder andere Beamte andere Gerechtsame wahr- 
nehmen zu lassen (d'exiger autres droits) als solche, die in 
den Investituren der Bischöfe ihnen bewilligt seien. 

Vielleicht war dieses die Charakteristik der französischen Ober- 
hoheitsrechte, welche zugleich mit der Verkündigung des Kammer- 
beschlusses in den reunierten Gebieten zur Kenntnis der Vasallen 
gebracht wurde. Diese Verkündigung und Proklamierung der vollzogenen 
Reunion wurde durch besondere Kommissare des General-Prokurators 
vollzogen, soweit erforderlich, also insbesondere in den Gebieten ausser- 
halb des Herzogtums Lothringen, unter gleichzeitiger militärischer Be- 
setzung. Etwaiger Widerstand wurde, wie bei einzelnen Reunionen 
nachgewiesen werden wird, mit Gewalt gebrochen; in einzelnen Fällen 
wurde auch die Proklamierung der Reunion durch die Landesherren 
oder Ortsbehörden verhindert; zu grösseren Kämpfen aber scheint es, 
soweit die vorliegenden Quellen erkennen lassen, nirgends gekommen 
zu sein. Durchführung der Reunionen ohne Blutvergiessen und daher 
ohne Gefahr eines Krieges mit dem Reiche dürfte vielmehr die fran- 
zösischerseits ausgegebene Parole gewesen sein. Dagegen wurden die 
besetzten Gebiete keineswegs glimpflich behandelt; ein zeitgenössischer 
französischer Schriftsteller sagt von der Besetzung eines pfälzischen 
Amtes: »le baron Monclar envoya pour toute réponse six escadrons 
dans le baillage de Neustadt qui s'y logèrent de leur propre autorité 
et ruinerent de fond en comble ces terres par leurs exactions violentes 1), 

Andererseits wird aber, nach Erstattung der Huldigung, auch von 
Vorteilen berichtet, welche den Einwohnern gegenüber ihren Feudal- 
Herren zugewendet wurden. In der Grafschaft Dagsburg beschränkte 
der König durch Ordre vom 4. April 1683 beträchtlich die Feudal- 
Rechte des Grafen von Leiningen, was für diesen um so empfindlicher 
war, als die Einwohner mehrerer Ortschaften, Alberschweiler, Voyer und 
Walscheid, sich nunmehr weigerten, auch die beschränkten Frohndienste 
zu leisten ?). 

Ueber den Umfang der reunirten Gebiete und deren Zugehörig- 
keiten war naturgemäss bei der Kammer selbst die grösste Unklarheit, 
da die Beschlüsse zumeist auf alte, oft längst nicht mehr bestehende, 

1) Limiers, Histoire du règne de Louis XIV. Amsterdam 1718. IV, S. 42. 
>. auch weiter unten das Verhalten der Franzosen zu Veldentz und im Luxemburger 
Lande. Aehnlich berichtet Häusser, IL, S. 640, von gewaltthätigen Besitzergreifungen 
auf Grund der Breisacher Reunionen. 

*) Bulletin de la Société philomatique vosgienne, XVII, 1892. 


— 105 — 


oder vielfach veränderte Territorial-Verhältnisse basiert waren; auch 
völlige Verwechslungen infolge gleichlautender Namen, werden in 
einzelnen Fällen nachgewiesen werden. Diese Unklarheit ist auch aus 
vorliegenden Aufzeichnungen Ravaulx zu erkennen, die, wie leider fast 
alle Konzepte, kein Datum tragen, aber nach ihrem Inhalte anfangs 
Juli 1680 geschrieben zu sein scheinen. In denselben heisst es z. B.: 
»Die Grafschaft Veldentz, reuniert am 16. April 1680, ist nach dem 
Berichte des Kapitän Simon (des dortigen Reunions-Kommissars) von 
grosser Ausdehnung, und hat viele Lehens-Abhängigkeiten«; ferner: 
»Die Herrschaft Bliescastel ist mir auch als lehensabhängig von der 
Stadt Saaralben (reuniert am 20. Mai 1680) hingestellt worden; man 
hat mich wissen lassen, dass von ersterer Herrschaft 10 Dörfer lehens- 
abhängig sinde. Zur Zeit war aber die Herrschaft Bliescastel bereits 
besonders, unter ihrem alten Namen, als »comt£ et seigneurie de Castres« 
reuniert worden’). Die Identität der beiden Herrschaften war hiernach 
der Kammer völlig unbekannt. Diese Unkenntnis war aber den franzö- 
sischen Prätensionen durchaus nicht nachteilig; sie wurde vielmehr, 
wie auch vorstehende Beispiele erkennen lassen, mit grösster Rück- 
sichtslosigkeit zu immer neuen Gebietsansprüchen verwertet?). Hier- 
nach werden auch über die Grösse der reunierten Einzelgebiete zu- 
meist nur annähernde Angaben, und auch diese nicht in allen Fällen 
gemacht werden können; in Kartenwerken werden dieselben im all- 
gemeinen nicht berücksichtigt, da die Metzer Reunionen, mit Ausnahme 
der 1698 abgetretenen Gebiete von Longwy und Saarlouis, niemals 
staatsrechtliche Gültigkeit besessen haben; eine Karte von Nolin, Mass- 
stab 1:500000, ohne Datum, aber zweifellos zur Reunionszeit ange- 
legt ?), enthält die Angabe, dass die Reunionen nach dem Stande von 
1685 eingetragen seien; diese Eintragungen sind aber, wie die ganze 
Karte, so ungenau und unvollständig, dass sie nur wenig benutzt werden 
können. Andere Karten aus damaliger und jüngerer Zeit enthalten 
zwar die alten Herrschaften und sonstigen Gebiete, stimmen aber 
häufig mit einander nicht überein und sind zum Teil auch durch die 
Verwaltungs-Organisation, besonders die Einteilung in Aemter, beein- 
flusst*). Einen besseren Anhalt geben, soweit noch vorhanden, die der 

1) s. unter Einzel-Reunionen. 

?) Ein besonders bezeichnendes Beispiel bietet die Reunion von Domevre; 
s. unter Einzel-Reunionen. 

3) Von Bouteiller, in Dictionnaire topographique du département de la Moselle, 
1874, S. L, auf das Jahr 1685 datiert. 

#) Die Homannschen Karten sind nur für die reichsländischen Gebiete 
verwertbar, 


— 


Kammer eingereichten Lehens-Verzeichnisse (aveux et dénombrements !); 
dieselben fehlen aber zum Teil überhaupt, da die betreffenden Vasallen 
eben nicht gehuldigt haben, zum Teil enthalten sie nur Quoten von 
Besitzungen, die mehrere Herren in gemeinschaftlichem Eigentum hatten. 
Eine genaue Bestimmung aller wirklich reunierten Gebietsteile wird 
daher kaum jemals möglich sein, weder in dem Umfange, wie er dem 
Wortlaute des Kammerbeschlusses entsprach, noch innerhalb der von 
den Reunions-Kommissaren wirklich beanspruchten Grenzen; eine ein- 
gehende kartographische Arbeit, mit Feststellung und nötigenfalls mit 
Teilung der Gemeinde-Bänne und sonstigen Gemarkungen würde daher 
kaum der Mühe lohnen, da sie im günstigsten Falle nur den ersteren, 
unwichtigeren Umfang angeben würde. 


IV. 
Die Einzel-Reunionen °). 


2 


Schloss und Grafschaft Veldentz. 
Sitzung vom 12. April 1680. 

Die ehemalige Grafschaft Veldentz bestand aus zwei von ein- 
ander getrennten Teilen, einem kleineren mit Schloss, heute Ruine 
Veldentz an der mittleren Mosel, nahe Berncastel, und einem grösseren 
im Flussgebiete der Glan, eines südlichen Nebenilusses der Nahe; sie 
gehört heute teils zur preussischen Rheinprovinz, teils zur bayrischen 
Pfalz, mit einem kleinen Landstriche auch zur oldenburgischen Enclave 
Birkenfeld. Hauptorte der Grafschaft waren Lichtenberg und Baum- 
holder, beide im Glangebiete gelegen, und heute zum Regierungsbezirk 
Trier gehörig. 

Der Anspruch auf die Grafschaft erfolgte durch das Domkapitel 
von Verdun und wurde durch Zurückgehen bis auf das 12. Jahrhundert 
begründet, in welchem die Grafschaft im Besitze eines besonderen aus 


!) Sauer, Inventaire des aveux et dénombrements aux archives à Metz, 1894. 

?) Geographische und geschichtliche Notizen werden nur insoweit voran- 
geschickt werden, als für die Erläuterung der Grösse und der Eigentums-Ver- 
hältnisse des Gebietes erforderlich erscheint; letztere werden in Geschichtswerken 
vielfach sehr unrichtig angegeben; so heisst es bei Lavisse et Rambaud, Histoire 
generale, 1895, Saarbrücken, Saarwerden und Saarlouis seien dem Kurfürsten von 
Trier, Veldentz dem Kurfürsten von der Pfalz abgenommen worden. Von eigener 
Forschung wurde bei den geschichtlichen Notizen, dem Charakter der Arbeit ent- 
sprechend, zumeist abgesehen. 


— 107 — 


den Grafen im Nahegau hervorgegangenen Geschlechtes war. Im 
Jahre 1086 hatte Ritter Emicho, mit dem gleichnamigen Nahegaugrafen 
identisch, dem Bischof von Verdun */4 der Kirchen zu Veldentz, Duse- 
mond, Mülheim und Burg, sämtlich an der Mosel gelegen, mit Geneh- 
migung Kaiser Heinrich IV. geschenkt'); sein Sohn Gerlach nannte sich 
1112 zuerst Graf von Veldentz; ihm folgten bis zum Jahre 1260, in 
welchem das Geschlecht in männlicher Linie ausstarb, noch drei oder 
vier Grafen gleichen Namens?). Die Tochter”) des letzten dieser war 
mit dem Grafen Heinrich von Geroldseck verheiratet, der mit der Erb- 
schaft zugleich auch den Namen Veldentz annahm. 


Auch dieses Geschlecht starb im Anfange des 15. Jahrhunderts in 
männlicher Linie aus; die letzte des Namens, Gräfin Anna, heiratete im 
Jahre 1409 den Grafen Stefan von der Pfalz, Sohn des deutschen 
Kaisers Ruprecht, wodurch die Grafschaft in den dauernden Besitz des 
pfalzgräflichen Hauses kam, dessen jeweilige Besitzer damit auch den 
Namen Veldentz ihrem Grafentitel zufügten. Bei den vielfachen Teilun- 
sen in diesem Hause aber blieb der Zusammenhang derselben nicht. 
gewahrt; zur Zeit der Reunionskammer war daher die Herrschaft an 
der Mosel mit Schloss Veldentz im Besitze der Linie Veldentz-Lützel- 
stein, welche im Elsass die Herrschaften Lützelstein und im Steinthal 
besass, während der grösste Teil des Glangebietes mit Lichtenberg und 
Baumholder zum Herzogtum Pfalz-Zweibrücken gehörte ; Lauterecken bil- 
dete mit einem Gebiete von ca. 1 [JMeile das besondere, reichsunmittel- 
bare Fürstentum Pfalz-Lautern mit besonderer Matrikel*) und Stimme 
im Fürsten-Colleg, das im Jahre 1576 vom Kurfürsten für seinen Sohn 
Johann Casimir errichtet worden war. Nach dessen Tod, 1592, fiel 
das Gebiet zwar an die Kurpfalz zurück, die Stimme wurde aber auf 
den Reichstagen von den Kurfürsten weiter geführt). Die Besitz-Verhält- 
nisse beziehungsweise Abgrenzungen scheinen aber keine ganz unbe- 
strittenen gewesen zu sein; in einem vorliegenden Originalbriefe des 
Pfalzgrafen Leopold Ludwig von Veldentz-Lützelstein an die Reunions- 
kammer vom 3. April 1680 bezeichnet dieser Schloss Lauterecken als zum 
Herzogtum Pfalz-Zweibrücken gehörig; in dem vorliegenden Lehensver- 


!) Urkunde abgedruckt bei Beyer, Mittelrheinisches Urkundenbuch, 1865, I, 
Nr. 384; der Kammer nicht bekannt. 

2) Beyer, II, S. LXVII. 

3) Die folgenden Angaben grösstenteils nach Häusser, Geschichte der 
rheinischen Pfalz. 1845. 

#) Simplum 40 Gulden, wie Stift Worms und Grafschaft Leiningen-Westerburg. 

5) Domke, Die Virilstimmen im Reichsfürstenrat 1495 —1654. 1881. S. 6. 


— 18 — 


zeichnisse für dieses ist die Herrschaft jedoch nicht aufgeführt. Dagegen ist die 
Herrschaft Lichtenberg sowohl in dem Lehensverzeichnisse des Pfalzgrafen 
von Zweibrücken wie in demjenigen des Grafen von Jülich-Berg enthalten. 

Um diese verschiedenen und streitigen Besitz-Verhältnisse küm- 
merte die Reunions-Kammer sich nicht; anscheinend waren sie ihr 
auch völlig unbekannt; die Vorladung wurde nur im Schlosse Veldentz 
bei dem dortigen Amtmanne des Grafen von Veldentz-Lützelstein ab- 
gegeben mit der Weisung, sie seinem Herrn vorzulegen. Am 3. April 
erfolgte die Antwort des Grafen Leopold Ludwig; darin erklärt er sich 
zur Huldigung bereit, wie auch sein Vorgänger im Jahre 1653 gethan 
habe, macht dann aber darauf aufmerksam, dass er nur einen Teil 
der ehemaligen Grafschaft besitze und dass auf diesen auch der Erz- 
bischof von Trier den Anspruch der Lehensherrlichkeit erhebe; er 
selbst sei ausserdem im Besitze der Herrschaft Lützelstein, auf die 
aber der Bischof von Strassburg Ansprüche als Lehensherr mache; er 
bitte schliesslich um Aufrechterhaltung seiner landeshoheitlichen Rechte, 
a ihm dieselben durch den Westfälischen Frieden ausdrücklich nach 
dem Stande des Jahres 1624 zugesagt seien. Auch diese Mitteilung 
bestimmte die Kammer nicht, auf die gegenwärtigen Besitzverhältnisse 
des Gebietes näher einzugehen; nur insofern scheint derselben Rech- 
nung getragen zu sein, als trotz der vollen Bereitwilligkeit des Pfalz- 
srafen Leopold Ludwig eine besondere Reunionssitzung abgehalten 
wurde, in der aber nur der genannte Pfalzgraf als Beklagter bezeichnet 
wird, ein Beweis für die Flüchtigkeit und Rücksichtslosigkeit, welche 
sleich von vornherein die Kammerverhandlungen beherrschte. 

Als Beweisstücke wurden in dieser Sitzung in erster Linie 
8 Investiturbriefe deutscher Kaiser vorgelegt, der älteste von Kaiser 
Friedrich I. im Jahre 1156 ausgestellt!), die übrigen aus den Jahren 
1502 bis 1582, in denen als Lehen der Bischöfe von Verdun das 
Schloss Veldentz und 4 andere Oertlichkeiten, darunter 2 in der Glan- 
herrschaft belegene, ausdrücklich aufgeführt sind. Demnächst wurde 
eine Urkunde von 1220 vorgelegt?), laut welcher Erzbischof Theoderich 
von Trier ein Abkommen zwischen dem Bischof Johann von Verdun 
und dem Grafen Gerlach von Veldentz bestätigt; in dieser Urkunde 
wird der Graf ausdrücklich als Lehensmann (homo ligius) des Bischofs 
für Veldentz bezeichnet. Es folgten weiterhin eine Reihe von Lehens- 
erneuerungen, die älteste vom Jahre 1235°); ein zu letzterer gehöriges 

') Abgedruckt bei Calmet, I, preuves CCCL. 

?) Abgedruckt bei Beyer, Mittelrheinisches Urkundenbuch, II, N. 136. 

#) Desgl. III, N. 521, mit Lehensverzeichnis. 


— 109 — 


Verzeichnis der Güter, welche der Graf vom Bischof zu Lehen trug und 
nach welchem diese zahlreicher waren, als sie in den Lehensbriefen 
der Kaiser angegeben waren, und schliesslich von der Kammer gefor- 
dert wurden, wurde der Kammer nicht vorgelest; drei weitere Lehens- 
Erneuerungen aus den Jahren 1389, 1509 und 1653, die letzte vom 
Pfalzgrafen Leopold Ludwig, jedenfalls schon unter französischer Beein- 
flussung ausgestellt, führten dagegen die Lehen in der beschränkteren 
Zahl auf, in welcher sie reuniert wurden. 

Da 1653 die Abtretung landeshoheitlicher Rechte noch nicht ver- 
langt wurde, dürfte der genannte Pfalzgraf das Lehensbekenntnis wohl 
nur als eine Formsache angesehen und deshalb ohne Anstand vollzogen 
haben. In letzter Linie beriefen die Kläger sich auf einen Beschluss 
des Metzer Parlaments vom Jahre 1662, durch welchen dem Pfalz- 
srafen Leopold Ludwig für den Fall des Ablebens des Bischofs von 
Verdun ein Zeitraum von 6 Monaten zur Bewirkung der Lehens- 
erneuerung bewilligt wird, also eine weitere Ausführung des früher 
angeführten Parlaments-Beschlusses vom 4. Januar 1662. Der Beschluss 
der Kammer war hinsichtlich der Souveränität des Königs der gewöhn- 
liche; hinsichtlich der Besitz-Verhältnisse wurde dem Pfalzgrafen auf- 
gegeben, innerhalb 4 Wochen Huldigung und Lehenserneuerung als 
Vasall in Person zu bewirken. Als Teile des reunierten Gebietes 
werden namentlich aufgeführt: Schloss Veldentz, Hof Moulin, Baum- 
holder, Wolfersweiler, Hof St. Medard, Schloss Lauterecken, Mülhenseim, 
dazu alle Zugehörigkeiten (appartenances et dependances). Mülhenseim 
und Moulin ist dieselbe Oertlichkeit, das heutige Mülheim an der Mosel; 
die doppelte Aufführung rührt von verschiedener Bezeichnung in den 
vorgelegten Urkunden her. Abgesehen von den Zugehörigkeiten, denen 
durch die Reunions-Kommissare eine ganz unberechenbare Ausdehnung 
segeben wurde, wird das reunierte Gebiet auf etwa 15 []Meilen zu 
veranschlagen sein. 

Nach den angeführten Lehenserneuerungen, von denen die des 
Jahres 1509 im Original vorliegt, steht die frühere Lehensabhängigkeit 
der Grafschaft, wenigstens mit Teilen ihrer beiden Gebiete, von dem 
Bistum Verdun ausser Frage; auch ist eine Ablösung innerhalb der 
150 Jahre, für die kein Lehensakt vorliegt, nicht anzunehmen, da der 
Pfalzgraf sonst wohl nicht im Stande gewesen wäre, eine Urkunde oder 
wenigstens eine Notiz darüber vorzubringen. Der Uebergriff der Kammer 
besteht, wenn man von der Frage etwaiger Verjährung und der Be- 
anspruchung einer ganz anderen Landeshoheit als der kaiserlichen 
gegenüber den Reichsständen absieht, in der Ausdehnung des Begriffes 


— 10 — 


»distrietus« über die Diözese Metz hinaus, entgegen der weitestgehenden 
französischen Auslegung in den früheren Verhandlungen. Weit über- 
troflen wurde aber dieses Unrecht durch die thatsächliche Ausdehnung 
des Begriffes der Zugehörigkeiten, indem sogleich auch die Grafschaft 
Sponheim, die im 15. Jahrhundert durch Erbschaft an die Linie Pfalz- 
Veldentz gefallen war, mit beansprucht wurde'). Dem Verlangen, auch 
für diese Huldigung abzustatten, konnte Pfalzgraf Leopold Ludwig 
naturgemäss nicht entsprechen; infolgedessen wurde alsbald gewalt- 
sam gegen ihn vorgegangen und Schloss Veldentz am 16. Juli 1680 
durch eine Dragoner-Abteilung genommen, deren Führer, capitaine 
Misnonville, ein an Ort und Stelle aufgenommenes Protokoll der Kammer 
einreichte ?). 


Zum Blutvergiessen ist es danach auch beim Sturm auf Veldentz 
nicht gekommen; die Besatzung bestand nur aus einem Kommandanten 
und 3 Reisigen (hommes armes), die artilleristische Armierung des 
Platzes aus 5 Einpfündern, 7 Hakenbüchsen (arquebuses à crocq) 
nebst einiger Munition und 50 Pfd. Pulver. Der Kommandant lehnte 
zwar die Aufforderung zur Uebergabe ab, machte aber von seiner 
Artillerie keinen Gebrauch; der Belagerer formierte daher sogleich eine 
Sturmkolonne von 10 Dragonern, welche, gefolgt von einer Reserve 
von 3 Mann, vorgingen, ein Thor einschlugen und den Schlosshof be- 
setzten, worauf der Kommandant ohne Weiteres die Wallen streckte. 


Sitzung vom 19. September 1680. 


Auch die Wesnahme seines Stammschlosses vermochte den Wider- 
stand des Pfalzgrafen nicht zu brechen; infolgedessen wurde an vorstehen- 
dem Tage eine besondere Sitzung der Kammer anberaumt und in dieser 
beschlossen, den Pfalzgrafen zwar noch nicht, wie er es verdiene, seines 
Lehens für verlustig zu erklären, aber durch Beschlagnahme aller Ein- 
künfte und Erträgnisse an seine Pflicht zu erinnern und zu dem 
Zwecke Kommissare in den Hauptorten seines Gebietes einzusetzen. 
Dieser Massregel konnte der Pfalzgraf auf die Dauer nicht widerstehen; 
am 3. Oktober leistete er der Kammer die verlangte Huldigung; für 
die Einreichung des Lehensverzeichnisses scheint ihm ein längerer Aus- 
stand bewilligt worden zu sein, wohl mit Rücksicht auf die Schwierig- 
keit der Feststellung desselben. Das im Original vorliegende Schrift- 
stück trägt das Datum des 6. Juli 1683 und enthält im ganzen 


1) s. Reunionen ohne Beschlüsse. 
*) Original vorliegend; s. Anhang. 


— 11 — 


28 Herrschaften beziehungsweise Oertlichkeiten. Die zum Herzogtum 
Pfalz-Zweibrücken gehörigen Gebiete der ehemaligen Grafschaft Veldentz 
wurden mit ersterem am 28. Juni 1680 nochmals reuniert'); die 
Huldigung für diese erfolgte am 28. April 1681, die Einreichung des 
Lehensverzeichnisses am 29. Mai 1683. 


2. 


Gebiete und Schloss-Bezirke (terres?) et chätellenies) 
Condé s/Moselle und Conflans en Jarnisy. 


Sitzung vom 15. April 1680. 


Condé ist der heutige Flecken Custine, Kanton-Ort im Departe- 
ment Meurthe et Moselle, 10 km nördlich von Nancy, auf dem rechten 
Moselufer gelegen. Die Veränderung des Namens erfolgte im Jahre 1719 
unter gleichzeitiger Erhebung der Herrschaft zum Marquisat. Im 
12. Jahrhundert?) war der Ort Lehen des Bistums Metz, gehörte zur 
Reunionszeit aber unbestritten zum Herzogtum Lothringen; der Ueber- 
gang war gleichzeitig und durch dieselben Verträge wie der der Herr- 
schaft Conflans erfolgt; daher wurden die beiden 50 km von einander 
entfernt liegenden Gebiete in derselben Kammerverhandlung zusammen- 
gefasst. Conflans*) ist gleichfalls Kantonort des Departement Meurthe 
et Moselle, 20 km westlich Metz gelegen. Schon im 13. Jahrhundert, 
bis auf welches die vorgelegten Urkunden. zurückgingen, wird Conflans 
stets als Stadt (ville) bezeichnet; dazu gehörte aber auch ein gleich- 
namiges festes Schloss, das Bischof Dietrich III. von Metz im Jahre 1170 
gekauft und verstärkt hatte, um die Gegend vor marodierenden Banden 
zu sichern. Seine Nachfolger gaben die Herrschaft verschiedenen 
Herren zu Lehen; 1312 aber verpfändete Bischof Reinhold von Metz 
Conflans und Condé durch gleichen Akt zum Teil, 1328 Bischof Ademar 
vollständig an den Grafen Eduard von Bar, unter ausdrücklichem Vor- 
behalt des Rückkaufsrechtes; dieses wurde aber, wie die vorgelegten 
Urkunden erweisen werden, wiederholt und zuletzt 1561 in ganz ein- 
wandfreier Form aufgegeben; Conflans gehörte daher, wie Condé, zur 

1) s. Einzel-Reunionen. 

?) Die gewählte Uebersetzung von terre in der vorliegenden Anwendung 
dürfte richtiger sein als »Gemarkung«, da auch Oertlichkeiten mit eigener Ge- 
markung zu ein und derselben Gemeinde gehören. 

3) Lepage, dictionnaire topographique du département de la Meurthe, 1862, S. 38. 

*) Clesse, Histoire de Conflans en Jarnisy in M&m. de la société d’arch. et 
d'histoire de la Moselle, XII, 1872, 5.1. 


a 


Reunionszeit als freies Allod zum Herzogtum Lothringen, und zwar 
zur unabhängigen Grafschaft Bar'). Schloss Conflans war 1636 von 
den Schweden zerstört worden. Der Anspruch war von dem Bischof 
von Metz erhoben, die Vorladung bei den Ortsbehörden in Condé und 
Conflans abgegeben worden. Einspruch war, wie bei allen herzoglich 
lothringischen Gebieten, nicht erfolgt; die Verhandlung trug den Cha- 
rakter des reinen Contumacial-Verfahrens. 

Die vorgelegten Investiturbeweise deutscher Kaiser und Lehens- 
erneuerungen Metzer Bischöfe waren allgemeiner Art, führten die be- 
anspruchten Gebiete daher nicht auf; sie datierten aus der Zeit von 
1299 bis 1626. 

Eine zweite Gruppe von 8 Urkunden enthielt den Verpfändungs- 
Akt vom Jahre 1328, nach welchem diese Restpfandsumme 22000 Livres 
(livres de petits lorrains) betrug, und Lehensbekenntnisse, das älteste 
ausgestellt von dem Grafen Heinrich von Luxemburg im Jahre 1285, 
die andern von den Grafen von Bar aus der Zeit von 1328—1561. 

Eine dritte und letzte Gruppe von Urkunden beweist jedoch den 
rückhaltlosen Uebergang beider Gebiete an Lothringen; zunächst hatte 
1473 Bischof Georg von Baden das Rückkaufsrecht an Herzog Karl den 
Kühnen von Burgund für 20000 Gulden abgetreten; dieses Verhältnis 
wurde anscheinend auch nach dem Untergange des Herzogs festge- 
halten; nach einer vorgelegten Urkunde von 1561 überträgt Bischof 
Beaucaire von Metz dem Herzog Karl III. von Lothringen beide Gebiete 
unter ausdrücklicher Aufhebung des Rückkaufsrechtes und etwaiger 
sonstiger Ansprüche des Bistums (>déchargés de tous droits de rachat 
et autres que les évêques de Metz y pourraient pretendre«), vorbehalt- 
lich der Zustimmung des Papstes. 

Dass diese etwa nicht erfolgt sei, wird von keiner Seite be- 
hauptet; auch hatte Kaiser Rudolf II. im Jahre 1609 bei einer Regelung 
streitiger Besitz-Verhältnisse zwischen Lothringen und dem Bistum 
hinsichtlich Condés und Conflans zu Gunsten des Herzogs entschieden); 
trotzdem verfügte die Kammer die Reunion der Gebiete mit dem Bis- 
tum gegen Rückzahlung der Pfandsumme von 22000 livres und billiger 
Entschädigung für etwaige Verbesserung der Lehen. Die Verträge mit 
Burgund und Lothringen werden im Urteile gar nicht erwähnt; sie 


1) Bouteiller, Dictionnaire topographique de l’ancien département de la Mo- 
selle, 1874, S. 59. 

?) Die bezügliche Urkunde wurde erst bei der Reunion von Saaralben vor- 
gelegt; ich halte aber die Nichtberücksichtigung bei Condé und Conflans nur für 
eine Flüchtigkeit. 


= 4Na = 


wären nach französischer Auffassung ungültig, da das Bistum als kaiser- 
liches Reichslehen unteilbar gewesen sei. Ebensowenig wurde der Er- 
örterung für wert gehalten, dass die Verpfändung drei und ein halbes 
Jahrhundert zurücklag, und dass in der Urkunde von 1473 die erwähnte 
Abtretung an Burgund damit begründet wird, dass die beiden Gebiete 
durch langen Zwischenraum (1'/» Jahrhundert) dem Bistum entfremdet 
(aliénés et hors des mains) seien. Eine besondere Besitzergreifung war 
nicht erforderlich, da das ganze Herzogtum in französischer Verwaltung 
war, und der Herzog im Auslande, zur Zeit als Gouverneur von Inns- 
bruck, weilte. Huldigungs-Akte liegen daher, wie bei allen herzoglich 
lothringischen Reunionen, nicht seitens des Landesherrn, sondern nur 
seitens einzelner Privatpersonen für Besitzungen innerhalb beider Ge- 
biete vor, die für die Grösse der letzteren keinen Anhalt bieten; diese 
kann, unter den früher ausgesprochenen Vorbehalten, für Conflans zu 
1 OMeile für Condé zu 2 [ Meilen angegeben werden. 


o 
D. 


Stadt, Schloss und Gebiet von Commerce. 


Sitzung vom 15. April 1680. 


Die am linken Ufer der Maas gelegene Stadt ist heute Kantonort 
des Departement Meuse!) Auf der Grenze zwischen Frankreich, 
Lothringen und Bar gelegen, ward sie nach den ältesten vorliegenden 
Nachrichten im 11. Jahrhundert dem Bistum Metz vom Kaiser zu 
Lehen gegeben ?); 1070 tauschte der Bischof sie zwar gegen die Abtei 
 Bouzonville an den Herzog von Lothringen aus, behielt sich aber die 
Oberlehensherrlichkeit vor, so dass die Lehensträger, die Herren von 
Commerey, auch weiterhin dem Bischof Huldigung leisteten. Die Herr- 
schaft, fast ganz auf dem linken Maasufer gelegen, vererbte sich 
wiederholt in weiblicher Linie; 1265 war die Erbin Elisabeth, welche 
den Grafen Simon von Saarbrücken aus dem Hause Apremont heiratete 
und dadurch eine Vereinigung der beiden Herrschaften bewirkte. Beider 
Sohn und Nachfolger, Johann I. von Saarbrücken und Commercy, 
teilte aber bereits bei Lebzeiten wieder seine Besitzungen; der Sohn 
Johann seines verstorbenen ältesten Sohnes erhielt die Grafschaft Saar- 
brücken nebst einem kleinen Teile der Herrschaft Commerey und einem 
Sitze in der Stadt, dem Niederschlosse (Chäteau-bas); der Teil wurde 

1) Liénard, Dictionnaire topographique du département de la Meuse, 1872, 5.57. 

?) Dumont, Histoire de la ville et des seigneurs de Commercy, 1843, I. und 


II. Band. 
8 


— 114 — 


von nun ab part oder portion de Saarbruck genannt. Der zweite 
Sohn gleichen Namens, Johann, erhielt den Hauptteil der Herrschaft 
Commerey mit dem Hochschlosse (Chäteau-haut). Die part de Saar- 
bruck ward 1445 von dem gleichnamigen Urenkel Johanns für 
42000 Gulden an den Sohn Renatus’ IL von Lothringen verkauft, fiel 
aber schon im folgenden Jahre in Folge von dessen Tod an die Haupt- 
linie des Hauses Lothringen. Die eigentliche Herrschaft Commercy 
mit dem Hochschlosse vererbte sich in gerader Linie weiter; bereits 
1355 verlieh aber der Besitzer den Königen von Frankreich dauernd 
das Recht, das Schloss behufs Bewachung der Maas-Uebergänge mit 
Truppen besetzen zu lassen. Amé I. nahm 1393 zuerst den Titel »da- 
moiseau« (domicellus) an, den fortan die Herren von Commerey dauernd 
behielten unter gleichzeitiger Weiterführung ihres Namens als Grafen 
von Saarbrücken. Robert I. bekämpfte, zumeist mit Unglück, alle seine 
Nachbarn, darunter auch Herzog Karl II. von Lothringen; er sah 
sich daher 1438 genötigt, mit Herzog Renatus II. von Lothringen einen 
Vertrag zu- schliessen, nach welchem er sich gegen eine jährliche 
Rente und Lösung seiner Verbindlichkeiten gegenüber anderen Herren 
als Lehensmann und Vasall des Herzogs erklärte; wie eine der vorge- 
legten Urkunden ergeben wird, war das Lehensverhältuis zum Bistum 
Metz inzwischen gelöst worden. 

1504 starb das Geschlecht in männlicher Linie aus; die Erb- 
tochter Philippe war mit dem Herrn Jacques de Silly verheiratet, an 
dessen Linie die Herrschaft dadurch kam; seine Urenkelin Marguerite 
heiratete den Grafen Philippe de Gondi, Vater des berühmten Paul de 
Gondi, cardinal de Retz. Dieser erbte auch, nach dem Aussterben der 
Herren von Silly, 1640 die Herrschaft und nahm von 1662 ab seinen 
Wohnsitz in Commercy. Da er aber stark verschuldet war, verkaufte 
er 1665 die Herrschaft für 550000 livres tournois an den Herzog 
Karl IV. von Lothringen, behielt sich aber die Nutzniessung bis zu 
seinem 1679 erfolgten Tode vor, wobei der Herzog ihm auch die Nutz- 
niessung der früheren part de Saarbruck überliess. Zur Reunionszeit 
war daher die ganze ehemalige Herrschaft und ihre Nutzniessung in 
rechtmässigem, wenn auch nicht thatsächlichem Besitze des Herzogs 
wieder vereinigt. 

Durch vorgelegte Urkunden wurde zunächst die alte Lehensherrlich- 
keit des Bistums Metz über die Herrschaft zweifellos erwiesen; vom 
Jahre 1248 wurde das Investiturgesuch der Wittwe des eben ver- 
storbenen Herrn von Commerey, von den Jahren 1376, 1377 und 
1583 wurden gleiche Gesuche der Grafen von Saarbrücken vorgelegt. 


— 115 — 


Weiterhin wurde die Urkunde von 1395, laut welcher Bischof Raoul 
de Coucy die Lehensherrlichkeit über die ganze Herrschaft an den 
Sohn des Herzogs von Bar verpfändete, vorgelegt; in der Urkunde 
heisst es wörtlich: »par ce present nous cédons, transportons, délais- 
sons et mettons en gage les fiefs et les droits féodaux des lieux, 
châtels, villes et toures de Comercy pour en jouir et user et exploiter 
comme vrais seigneurs des dits fiefs«); die Pfandsumme betrug 
1800 Gulden; das Einlösungsrecht ist in dem Vertrage gewahrt, scheint 
aber nicht mehr geltend gemacht worden zu sein, da von hier ab 
Lehensbekenntnisse für die eigentliche Herrschaft (Hochschloss) nicht 
mehr vorgebracht werden konnten; dagegen liegen von 1400, 1431 
und 1440 wieder Investiturbriefe der Grafen von Saarbrücken für ihre 
part de Saarbruck vor. Im letztgenannten Jahre beschwert sich auch, 
laut vorgelegtem Schreiben, Graf Johann von Nassau-Saarbrücken 
beim Bischofe, dass Kriegsleute des Königs von Frankreich Ansprüche 
auf Commercy geltend machen wollten und ihn behufs Anerkennung 
vorgeladen hätten, jedenfalls gestützt auf den Vertrag von 1335 
Der vorstehend erwähnte Verkauf an das Haus Lothringen durch 
Grafen Johann I. von Nassau-Saarbrücken für 42000 Gulden im Jahre 
1443 kam gleichfalls zur Vorlage; in der Urkunde wird die Genehmi- 
sung beziehungsweise Entschädigung des Bischofs von Metz vorbehalten. 

Die in letzter Linie vorgebrachten Beweisurkunden waren allge- 
meine Lehenserneuerungen der Grafen von Nassau-Saarbrücken bei 
den Bischöfen von den Jahren 1551 und 1557, in welchen die Grafen 
ihrer Rechte auf Commercy Erwähnung thun, ohne aber die Herrschaft 
ihren übrigen, dort aufgestellten Lehen anzureihen. 

Die Kammer entschied, dass die Lehensherrlichkeit des Bischofs 
von Metz durch Rückzahlung der Verpfändungssumme vom Jahre 1395 
wiederherzustellen sei, ohne zwischen den beiden Teilen der Herrschaft 
zu unterscheiden. Für die Grösse des so reunierten Gebietes geben 
die vorliegenden Teil-Huldigungen keinen Anhalt; nach derzeitigen 
Karten wird dasselbe etwa 1 Cl Meile betragen haben. 

Wie die Geschichte der Herrschaft und die vorgelegten Urkunden 
selbst beweisen, hätte ein Lehensrecht auf den kleinen Teil, die part 
de Saarbruck allenfalls geltend gemacht werden können, wenn man 
von dem Fehlen jedes Nachweises dessen, was in 2'/» Jahrhunderten 
‘vorgekommen sein konnte, absieht; dass aber ein 300 Jahre lang nicht 
geltend gemachtes Rückkaufs-Recht noch in Kraft belindlich sein sollte, 
war wohl eine weder vor noch nach der Kammer jemals aufgestellte 


Theorie. 
8* 


— 116 — 


Grafschaften Vaudemont und Chaligny, Schloss und 
Schlossbezirk Türkstein. 


Sitzung vom 30. April 1680. 


Die beiden Hauptorte der erstgenannten Gebiete liegen im heutigen 
Departement Meurthe-et-Moselle, Vaudemont etwa 15 km nördlich 
Mirecourt, Chaligny 10 km südwestlich Nancy an der Mosel; weit ent- 
fernt von beiden, am westlichen Vogesen-Eingange, im heutigen Kreise 
Saarburg in Lothringen liegt die Ruine des ehemaligen Schlosses Türk- 
stein; die Zusammenfassung war Folge des Vorkommens der 3 Gebiete 
in gleichen Beweis-Urkunden und der frühzeitigen Vereinigung der 
beiden erstgenannten Bezirke. 

Die Grafschaft Vaud&mont'!) war im Jahre 1072 mit Genehmigung 
Kaiser Heinrich IV. im pagus Sugintensis, dem späteren Saintois?), 
für den jüngeren Sohn des ersten lothringischen Herzogs, Grafen 
Gerhard vom Elsass errichtet worden. Die Linie der Grafen pflanzte 
sich unabhängig von der lothringischen fort; 1216 aber wurde Graf 
Hugo IL, anscheinend durch Auftragung, Lehensmann des Grafen von 
Bar, in welchem Verhältnisse seine Nachfolger dauernd blieben. 1346 
starben die Grafen in männlicher Linie aus, 1394 ebenso die durch 
Heirat ihnen nachfolgenden Herren de Joinville. Die Erbtochter des letzten 
von ihnen war in dritter Ehe mit dem Prinzen Friedrich von Lothringen, 
dem Bruder Herzogs Karl II, verheiratet; ersterer wurde dadurch der 
Stifter der Linie Lothringen-Vaudémont, die 1473 in dem nunmehr 
vereinigten Herzogtum Lothringen-Bar zur Regierung kam*); die Graf- 
schaft blieb seither dauernd ein Teil des Herzogtums; für den mehrfach 
noch vorkommenden Titel »Graf von Vaud&mont« gab sie nur mehr den 
Namen her. 

In der ganzen Geschichte der Grafschaft war sonach niemals 
eine Beziehung zum Bistum Metz vorgekommen; anders verhielt es 
sich dagegen mit der fälschlich Grafschaft genannten Herrschaft Cha- 
ligny, die von Alters her einen Teil der Grafschaft Vaud&mont gebildet 
hatte, auch bei einer zeitweisen Teilung der letzteren im Jahre 1235 

') Die geschichtlichen Notizen über Vaudémont und Chaligny zumeist nach 
Calmet, Notice de Lorraine, 1756, I, 193 ff. und II, S. 731. 

?) Lepage, S. 149. 

*) Galmet verwechselt die vom Herzog Karl IV. für den Grafen Karl 


Heinrich von Vaudémont in Aussicht genommene Grafschaft Saarland mit einer 
neuen Grafschaft Vaudémont. 


— 117 — 


an die 3 Söhne des Grafen Hugo II. mit dem Stammsitz vereinigt ge- 
blieben war. Für diesen Teil ihres Besitzes waren die Grafen von 
Vaudemont nachweislich bis gegen Mitte des 14. Jahrhunderts lehens- 
abhängig vom Bistum Metz; 1344 aber ward die Herrschaft Chaligny 
vom Bischof Ademar an den Herzog von Lothringen verkauft, so dass 
die Grafen, wie für Vaud&mont Lehensleute des Herzogs von Bar, für 
Chaligny jetzt solche des Herzogs von Lothringen wurden. Der Rück- 
kauf war zwar vorbehalten, fand aber, wie fast stets, nicht statt; 
Chaligny teilte daher von jetzt ab die Geschicke der Grafschaft Vaudé- 
mont. Im Jahre 1562 stellte Herzog Karl III. die alte Herrschaft unter 
Zuteilung der Stadt Pont-St.-Vincent für seinen Oheim Nikolaus, als 
lothringische Sekundo-Genitur wieder her, ohne jedoch die Zugehörig- 
keit zum Herzogtum aufzuheben. 


Das Schloss Türkstein ist uralten Ursprungs'), wahrscheinlich 
von den Bischöfen von Metz zur Sicherung des dortigen Vogesenpasses 
nach dem Elsass angelegt. Im Beginne des 14. Jahrhunderts ward die 
Burg zum Amtssitze eines Schlossbezirkes erhoben, der 13 Ortschaften 
umfasste. Auch diese Herrschaft ward von Bischof Ademar, nach 
unten angeführter Urkunde, unter Wahrung des Rückkaufsrechtes ver- 
kauft und kam dadurch zunächst, und zugleich mit Chaligny, 1344 
an den Herzog Raoul von Lothringen, dann, nach Rückkauf, 1550, an 
den Herrn Theobald von Blamont. Auf Vorschlag des Bischofs Raoul 
von Metz löste 1433 Herr Johann von Haussonville die Herrschaft von 
Blamont aus und wurde dadurch selbst Lehensmann des Bischofs; sein 
Nachfolger bewirkte 1568 ihre Teilung unter seine 3 Söhne, welche 
alle beim Bischof von Metz Lehensbekenntnis ablegten, Teile der Herr- 
schaft aber in andere Hände veräusserten. 1600 löste Kardinal Karl 
von Lothringen, Bischof von Metz, : zum zweiten Male die Herrschaft, 
wenn auch jetzt in anderer Zusammensetzung, aus und gab sie seinem 
Bruder Franz, Grafen von Vaudémont, zu Lehen; mit dessen Sohn, 
dem Herzog Karl IV., kam die Herrschaft wieder an Lothringen, aber 
in zweifelloser Lehensabhängigkeit vom Bistum Metz, zu dessen welt- 
lichem Besitztum sie auch allseitig zur Reunionszeit gerechnet wurde; 
naturgemäss wurde sie aber als selbstständige Herrschaft behandelt und 
war daher keinem bischöflichen Amte zugeteilt. Dass die Herrschaft 
trotzdem in die Verhandlung mit hineingezogen wurde, dürfte neben 
der dadurch bezeugten Oberflächlichkeit des Verfahrens auch ein Be- 
weis dafür sein, dass der angebliche Kläger, der Bischof von Metz, 


1) Fischer, Die ehemalige Bergveste Türkstein, 1879, 


— 118 — 


bei den Verhandlungen der Kammer wenig oder gar nicht betei- 
ligt war. 

Die vorgelegten Beweis-Urkunden waren trotz der vielverzweigten 
Geschichte der 3 Gebiete recht dürftige. Die Vorladungen waren den 
Maires in Vaudémont und Chaligny sowie dem Amtmann (prévôt) in 
Türkstein zugestellt worden, von denen aber keiner der Ladung Folge 
gegeben hatte. Neben den allgemeinen, auf die Gebiete keinen Bezug 
nehmenden Urkunden wurde in erster Linie der Verpfändungs-Akt vom 
Jahre 1344 vorgebracht; in diesem erkennt Herzog Raoul von Loth- 
ringen an, dass der Bischof Ademar von Metz ihm für 10000 livres 
unter Wahrung des Rückkaufsrechtes überlässt: »Le chäteau de Turquen- 
stein et toutes les appartenances et appendices, en toutes hauteurs et 
seigneuries, avec le fief et comté de Vaudémont et tout ce qu'il tenait 
de l'évêché de Metz, soit à Chaligny et autre part. Der Wortlaut 
lässt erkennen, dass es sich nur um eine Verpfändung von Türkstein 
und Chaligny handelt, nicht aber um eine solche der Grafschaft Vaude- 
mont; schon der ungewöhnliche und zweifellos unrichtige Ausdruck: 
»le fief et comté de Vaudemont« weist darauf hin. Wie oben nach- 
gewiesen und in einer späteren Reunions-Sitzung auch anerkannt wurde, 
war die Grafschaft lehensabhängig von Bar und hatte zum Bistum 
niemals in Beziehung gestanden'). Abgesehen davon aber ist es auch 
undenkbar, dass ein so bedeutendes Gebiet so nebensächlich, als An- 
hängsel von Türkstein bezeichnet wäre. Es würde dem etwa ent- 
sprechen, wenn man Strassburg als eine Zugehörigkeit zu Kronenburg 
bezeichnen wollte. Es liegt hier also der früher allgemein besprochene 
Fall vor, dass der Urkunde durch den Auszug eine andere Auslegung 
gegeben worden ist; in welcher Weise ist allerdings nicht festzustellen, 
da die Urkunde selbst nicht vorliest; vielleicht hiess es im Original: 
»en« oder »au« statt »et« comté de Vaudémont bei undeutlicher Schrift 
oder beschädigter Stelle der Urkunde. Jedenfalls wurde in der Sitzung 
vom 13. Mai 1683 die unrichtige Auslegung der Urkunde indirekt zu- 
gegeben. Auch Calmet?) sagt nach Anführung der Urkunde gemäss 
der Inhaltsangabe des Reunions-Beschlusses: »Il me semble que ce fief 
de Vaudémont n'était autre que Chaligny, dépendant du comté de 
Vaudémont et qui était fief de l’évêché de Metz, car nous n’avons 
aucune connaissance que le comté de Vaudémont en entier ait jamais 
relevé de cette église.« Die ausserdem noch vorgelegten drei Urkunden, 
eine von 1344, zwei von 1347, beziehen sich nur auf die Herrschaft 

1) s. weiter unten. 

?) Calmet, Notice, II, S. 736. 


— 119 — 


Chaligny, »la maison forte de Chaligny, la ville et le ban et toutes les 
appartenances «. 

Trotzdem die wenigen vorgebrachten Urkunden sich demnach 
nur auf einen kleinen Teil der Grafschaft Vaudémont bezogen, wurde 
diese in ihrer ganzen Ausdehnung mit allen Zugehörigkeiten in gleicher 
Weise wie Schloss und Schlossbezirk Türkstein reuniert. Die Grösse 
der Grafschaften ist in Folge ihrer bestimmten Abgrenzung nach den 
Karten und einem damit übereinstimmenden handschriftlichen Ver- 
zeichnis der Einzelteile vom Jahre 1582 genau festzustellen; danach 
beträgt der Umfang der Grafschaft Vaudémont rund 6) Meilen, der 
Herrschaft Chaligny ?/«D) Meile; die Herrschaft Türkstein wird in einer 
25 Jahre später erschienenen französischen Karte'), der letzten Zu- 
sammensetzung entsprechend, zu 2[JMeilen angegeben. 


Sitzung vom 13. Mai 1683. 


Die vorstehenden Reunionen erfuhren etwa drei Jahre später 
eine sehr bedeutende Erweiterung in dieser besonders dazu angesetzten 
Sitzung.” Veranlassung dazu gab das Auffinden neuer Urkunden, aus 
denen hervorging, dass die Grafschaft Vaudémont früher Lehen der 
Grafschaft Bar gewesen und daher irrtümlich dem Bistume Metz durch 
die Kammer zuerkannt worden war; infolgedessen trat der General- 
Prokurator jetzt als Kläger gegen den Bischof auf, um eine unmittelbare 
Uebertragung der Grafschaft an die Krone Frankreich zu bewirken; 
dabei mag zugleich die Absicht maszgebend gewesen sein, durch die 
Verwertung der neuen Urkunden dem Gebiete im Wege der Zugehörig- 
keiten eine grössere Ausdehnung zu geben, da zu dieser Zeit, infolge 
Versprechens des Königs, neue Reunionen nicht mehr stattfinden 
durften ?). 

Durch eine Reihe älterer, wenig belangreicher Urkunden wurde 
zu dem Zwecke zunächst die Lehensabhängigkeit Vaudémonts von 
Bar im ‘13. und 14. Jahrhundert nachgewiesen, zu welcher Zeit sie 
ja zweifellos bestand. Den Erweiterungs-Ansprüchen dienten aber 
zwei andere Urkunden, darunter zunächst ein Kaufvertrag vom 
Jahre 1543, in welchem Herzog Anton von Lothringen von dem Grafen 
Issenburg die Herrschaften Bainville, Châtel a. d. Mosel und Urlacourt”) 


1) Karte von Jaillot, géographe du roi, Paris 1705. 
2) s. dritten Teil. 

3) In zwei vorliegenden Abschriften dieser Urkunde einmal Velacourt, das 
andere Boulacourt genannt, aber unter keinem der drei Namen mit Sicherheit 


festzustellen. 


— 120 — 

segen Abtretung anderer Gebiete eintauscht. Wichtiger war das öfter 
erwähnte Kartular von Thierry Alix vom Jahre 1582, in dem für den 
vorliegenden Zweck 3 Unterabteilungen von Bedeutung waren: 

Comté de Vaudemont pour le domaine; 

Comté de Vaudemont pour les fiefs 
und 

Chätel-sur-Moselle et Bainville. 

In der ersteren Abteilung waren die Teile der Grafschaft so an- 
gegeben, wie diese vor drei Jahren reuniert worden; in dem zweiten 
Teile, dem Verzeichnis der Lehen, werden dann wieder ein Teil dieser 
Ortschaften der Grafschaft selbst, dazu aber eine grosse Zahl ausser- 
halb liegender, zum Teil weit entfernter Oertiichkeiten aufgeführt, 
darunter Azerailles, in einer lothringischen Enclave des Me'zer Bistums- 
gebietes Rambervillers gelegen, Dompaire, 15 km west.ich Eninal, Pont- 
St.-Vincent, 10 km südlich Nancy, Colombey, 15 km südich Tou!, 
Velaine, 8 km östlich Toul gelegen, u. s. w. 

In diesem Verzeichnisse werden auch Chätel s/M. und Bainville 
genannt, die aber selbst wieder eine grössere Anzahl Lehen, also After- 
lehen, haben sollten. Chätel s/M. ist heute Kantonsort im Departement 
Vosges, Bainville, mit dem Zusatze aux miroirs, eine unbedeutende 
Ortschaft des Departement Meurthe-et-Moselle, 12 km südwestlich Toul 
gelegen. Beide Orte gehörten von Alters. her zu Lothringen, Bainville 
war Sitz eines Amtes, Chätel s/M. Sitz eines Oberamtes. Als After- 
lehen dieser Lehen von Vaudémont werden ein grosser Teil der Ort- 
schaften dieser Grafschaft selbst, vor allem die Hauptorte Vaudémont 
und Vezelise, dann auch Lehen der Grafschaft wie Pont St. Vincent 
aufgeführt. Das nähere Eingehen auf dieses Aktenstück lässt zweifel- 
los erkennen, dass es sıch hier nur um Domanial- oder Privatbesitzungen 
des Herzogs in den betreffenden Ortschaften, nicht aber um diese selbst 
handeln kann, da sonst beispielsweise Vaudémont Lehen von sich 
selbst gewesen wäre; in noch höherem Grade geht dies äber aus 
anderen Zusammenstellungen des lothringischen Kammer-Präsidenten 
hervor, in denen z. B. in ganz gleicher Form Longwy unter den Lehen 
von Pont-a-Mousson, Metz und Gorze unter den Lehen von Sancy, 
einem herzoglichen Amte westlich Diedenhofen aufgeführt werden. 
Aehnlich wie bei der Reunion von Vaudémont und Chaligny selbst 
wurde auch hier statt der in den Schriftstücken angeführten Teilstücke 
das Ganze genommen, und dem entsprechend die Vereinigung sämt- 
licher aufgeführten Orte mit Frankreich ausgesprochen. Zur Erklärung 
muss aber vorweg gesagt werden, dass zu dieser Zeit, im Jahre 1683, 


DOTE EME TE IT COUT À SO PJ RE 


Mes > 


— 121 — 


die Reunions-Tätigkeit der Kammer einen noch viel höheren Flug ge- 
nommen hatte als im Jahre 1680, trotz des gegebenen Versprechens 
des Königs, der die Kammer nur zu einer verhüllten Form der späteren 
Urteile veranlasste. 

5. 


Stadt und Schloss Epinal. 
Sitzung vom 6. Mai 1680. 


Epinal, heute Hauptstadt des Departement Vosges!) und moderne 
Festung, wurde von der Kammer aus Gründen beansprucht, die bis 
zur Entstehung der Stadt im 10. Jahrhundert zurückgingen. Sie ver- 
dankt hiernach und gemäss anderen Nachrichten ihren Ursprung dem 
Bischof Dietrich I. von Metz, der in der Nähe eines an der Mosel ge- 
legenen Schlosses, im Calmenz-Gau, ein Kloster errichtete; die “um 
dieses sich ansiedelnde Kolonie erhielt 983 durch Kaiser Otto IE. 
Marktrechte?); 1250 ward sie vom Bischof Jakob von Metz befestigt. 
In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts begannen die Verpfän- 
dungen, deren Einzelheiten die hierunter zu erörternden Urkunden 
ergeben werden.. Unabhängig von den dadurch hervorgerufenen Besitz- 
Verhältnissen trugen die Bürger der Stadt Epinal dem Könige Karl VI. 
von Frankreich, als er 1444 in die Nähe kam, die Herrschaft an; der 
König ging auf ihren Wunsch ein und setzte sich in Besitz der Stadt; 
Kaiser und Papst reklamierten zwar gegen diese Usurpation, letzterer 
verhängte sogar das Interdikt über die Stadt; erst unter seinem Nach- 
folger Ludwig XI. hatten jedoch diese Schritte Erfolg. Durch Edikt vom 
6. August 1466 entband der König die Bürger von ihrer Untertanen- 
pflicht und überliess ihnen die Wahl des Landesherrn. Anscheinend 
trugen diese nunmehr dem Herzog von Lothringen, dem allerdings ein 
Teil der Stadt bezw. ihres Bannes verpfändet war, die Herrschaft über 
das Ganze an; jedenfalls liess der Herzog noch im gleichen Jahre die 
Stadt besetzen und sich huldigen, wobei von der Lehensherrlichkeit 
des Bischofs nicht mehr die Rede war. Dieser gab aber die Hoffnung, 
den alten Besitz wiederzugewinnen, nicht auf; durch Vertrag vom 
Jahre 1473 verpfändete er deshalb die Hälfte der Stadt nebst ander- 
weiligen Besitzungen an den Herzog Karl den Kühnen von Burgund, 
wofür dieser die Stadt dem Herzoge von Lothringen abzunehmen ver- 
sprach. Durch den Untergang des Herzogs scheiterte diese Absicht; 

1) Die geschichtlichen Notizen nach Louis, Le département des Vosges, 
1857, VI, und Calmet, Notice de Lorraine, I, S. 384. 

? MG. DD. II, N. 313, 


— 12 — 


die Bischöfe beruhigten sich nunmehr; zur Reunionszeit war daher 
Epinal seit mehr als 200 Jahren im rechtlichen und unbestrittenem 
Besitze des Herzogtums Lothringen. 

Die vorgelegten allgemeinen Urkunden bieten hier wie bei den 
nächstfolgenden Reunionen nichts Bemerkenswertes, da sie Epinals 
nicht erwähnen. Als Sonder-Beweisstücke wurde zunächst die Ab- 
schrift einer alten Geschichte mehrerer Metzer Bischöfe, der Urkunden- 
sammlung von Alix entnommen, vorgelest, in welcher ganz unrichtiger 
Weise die Gründung durch Bischof Dietrich I. auf das Jahr 900 ver- 
legt wird, da Dietrich I. von 965—984 regierte!); durch vier weitere 
Urkunden wurde die thatsächliche Ausübung der Landeshoheit durch 
Bischöfe im 13. und 14. Jahrhundert erwiesen, die ja geschichtlich 
ausser Zweifel steht. 

Nach kleineren Teil-Verpfändungen 1379 und 1389 gab 1395 
Bischof Raoul die Hälfte der Gebiete von Epinal und Rambervillers für 
4000 Goldfranken dem Herzog Karl IL von Lothringen zu Lehen, 
jedoch so, dass dem Bischofe Schloss, Stadt und Befestigungen von 
Epinal blieben”); die hiernach dem Bischof verbliebene unmittelbare 
Hoheit ward durch zwei weitere Urkunden von 1396 und 1429 be- 
stätigt; auch löste 1434 Bischof Conrad von den 1395 verpfändeten 
Gebietsteilen die Hälfte, also ein Viertel des Ganzen wieder ein. Drei 
weitere Urkunden beziehen sich auf die oben erwähnten Besitzverän- 
derungen im 15. Jahrhundert; am 7. September 1444 huldigen danach 
die Behörden und Bürger der Stadt dem Könige Karl VIL von Frank- 
reich; am 21. Juli 1466, also vor der Ausfertigung des Entsagungs- 
Aktes König Ludwigs XL, ist dagegen bereits Prinz Nikolaus, Sohn des 
Herzogs Johann II. von Lothringen, in der Stadt anwesend, verspricht 
die Auseinandersetzung mit dem Bischofe von Metz zu bewirken und 
fordert von den Bürgern Huldigung, Die dritte dieser Urkunden ist 
der erwähnte Entsagungs-Akt König Ludwigs XI. vom 6. August 1466. 
Weiterhin wurden vorgelegt der Vertrag mit Karl dem Kühnen vom 
29. September 1479 und eine Huldigung des Amtmanns von Epinal beim 
Bischofe von Metz vom Jahre 1486, wohl nur dadurch erklärlich, dass 
der Bischof von Metz zur Zeit ein lothringischer Prinz war. 

Auf Grund dieser, urkundlich belegten Thatsachen sprach die 
Kammer Stadt und Gebiet dem Bistum in der Weise zu, dass letzteres 
für ein Viertel des Gebietes eine entsprechende Quote der Pfandsumme 
von Epinal und Rambervillers zurückzuzahlen habe, wofür ihm aber 


1) MG. SS. IV, 8. 464: 
?) Urkunde abgedruckt bei Calmet, II, preuves, S. 673. 


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— 13 — 


nachträglich die Einkünfte (fruits) der übrigen drei Viertel vom 
Jahre 1466 ab zu erstatten seien (!), ob mit Zinzeszinsen wird nicht 
gesagt. Die Grösse des reunierten Gebietes beträgt nach der Karte 
von Nolin etwa 5T]Meilen, kann aber durch die vorliegenden Teil- 
huldigungen nicht kontrolliert werden. 

Abgesehen von den etwa durch die französische Uebertragung 
erworbenen Rechten scheint hier eine thatsächliche Usurpation Loth- 
ringens vorzuliegen ; die mehr als zweihundertjährige Nichtgeltendmachung 
der Rechte des Bischofs dem gegenüber als unwesentlich anzusehen, 
entsprach den Grund-Prinzipien der Kammer. Die bei der Verhandlung 
nachgewiesene Zugehörigkeit der 20 km nordöstlich von Epinal ge- 
legenen Stadt Rambervillers gab zu einer Reunion keine Veranlassung, 
da die Stadt 1562 durch Abkommen mit dem Herzog Karl Ill. in den 
alleinigen Besitz des Bistums zurückgelangt war'). 


6. 
Stadt und Schlossbezirk Saarburg. 


Sitzung vom 6. Mai 1680. 


Saarburg, heute Kreisstadt des Bezirkes Lothringen und von der 
deutsch-französischen Sprachgrenze durchschnitten, hattezur Römerzeitden 
Namen Pons Saraviund war dementsprechend im frühen Mittelalter Pont de 
la Sarre, deutsch Saarbrück und Saarbrücken benannt worden ; letztere Be- 
zeichnung mag aber zu Verwechslungen mit der anderen Stadt Saarbrücken 
Veranlassung gegeben haben?), infolgedessen der Name des späteren 
Saarburg in Kaufmanns-Saarbrücken vervollständigt ward). Ursprünglich 
Hauptamt des Ober-Saargaues kam Saarburg bereits 931 durch Schen- 
kung König Heinrichs I. an das Bistum Metz, in dessen Besitz die Stadt 
etwa 6 Jahrhunderte blieb. Die Oberhoheit der Bischöfe wurde jedoch 
im Laufe der Jahre immer mehr beschränkt; einerseits gaben sie selbst 
wiederholt Gerechtsame benachbarten Herren, insbesondere den Grafen 
von Dagsburg zu Lehen, auf welchem Wege schon 1223 die Vogtei an 
die Herzöge von Lothringen kam; andererseits suchten die Bürger hier 
wie anderwärts sich von der bischöflichen Gewalt frei zu machen, 
so dass insbesondere das 14. Jahrhundert durch Streitigkeiten der Stadt 
mit dem Metzer Bischof, die wiederholt zu offenen Kämpfen führten, 


1) Calmet, Notice, II, S. 272. 
?2) s. Reunion der Grafschaft Saarbrücken. 
3) Die geschichtlichen Notizen nach Lepage, S. 124, und Sarrebourg, notices 


historiques (von Wagner), 1890. 


ausgefüllt ist. Dazu kamen von Ende des Jahrhunderts an auch hier 
die üblichen Verpfändungen, sodass im Laufe des 15. Jahrhunderts die 
Oberhoheit des Bischofs als nahezu beseitigt galt und der Herzog von 
Lothringen im Jahre 1464 unschwer die Hoheit über die Stadt sich 
usurpiren konnte, der der Bischof vergeblich durch Bündnis und Ver- 
trag mit dem Herzog Karl dem Kühnen von Burgund entgegenzutreten 
versuchte. 

Angesichts der geschilderten Verhältnisse ist es erklärlich, dass 
über die rechtliche Stellung der Stadt in weiten Kreisen Unsicherheit 
herrschte, die sogar zu einem weitläufigen Prozess bei dem Reichs- 
kammergericht zu Speier über die behauptete Reichsunmittelbarkeit der 
Stadt führte '). 

Die rechtsgültige Erwerbung durch das Herzogtum Lothringen im 
Jahre 1562 machte diesem Zustande ein Ende; die Stadt blieb etwa 
100 Jahre lang herzoglich-lothringisch, ward dann aber 1661 von 
Herzog Karl IV. an Frankreich abgetreten. Die Kammer-Verhandlungen 
hatten daher, falls man nicht Unkenntnis des Vertrages von 1661 bei 
der Kammer annehmen will, wohl nur den Zweck, eine weitere Grund- 
lage für die noch ausstehende endgültige Regelung der Verhältnisse 
zwischen Frankreich und dem Herzogtum zu schaffen. 

Zu dem Zwecke wurde in erster Linie die rechtlich nicht zweifel- 
hafte Landeshoheit der Bischöfe von Metz im 14. Jahrhundert durch 
4 Urkunden nachgewiesen: eine im Jahre 1381 stattgehabte Verpfän- 
dung von Schloss und Stadt an den Grafen Heinrich von Lützelburg 
für 8000 Gulden kam dagegen nicht zur Kenntnis der Kammer’). 

Die Einlösung scheint auch bald darauf erfolgt zu sein; am 
7. Juni 1396 nämlich wurde laut vorgelester Urkunde, die Hälfte der Stadt 
und der ganze Schlossbezirk dem Herzoge von Lothringen für 2000 Frs. 
verpfändet, unter Vorbehalt steten Rückkaufsrechtes; über die Ein- 
künfte aus der ihm verbliebenen Hälfte der Stadt verfügte der Bischof, 
semäss vorgelegter (Quittung, im Jahre 1406; auch erliess er im Jahre 
1458 einem Bürger von Saarburg eine ihm zustehende Rente gegen 
eine einmalige Zahlung von 100 livres. Die schon erwähnte Usurpation 
der Landeshoheit durch den Herzog von Lothringen im Jahre 1464 
fand laut vorliegendem Protokolle auf Antrag der Behörden und der 
Bewohner von Saarburg statt; als Grund für die Uebertragung der 


1) Frhr. v. Hammerstein, ein reichsgerichtlicher Prozess, im Lothr. Jahrb., 
IX, S. 237. 

?) Abschrift des bezüglichen Vertrages befindet sich im Bezirks-Archiv zu 
Metz; die Urkunde scheint daher erst später aufgefunden zu sein. 


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— 125 — 


Gewalt wird in diesem Schriftstück die Notlage, in der infolge bestän- 
diger Fehde-Wirren die Stadt sich befunden, angeführt. Der Bischof 
von Metz war naturgemäss damit nicht einverstanden; in einem Briefe 
vom Jahre 1469!) kündigt er vielmehr der Stadt an, dass er einen Be- 
amten zur Entgegennahme des Treueides schicken werde; er hatte aber 
mit diesem Schritte anscheinend keinen Erfolg, da er, laut vorgelegtem 
Vertrage in gleicher Weise wie hinsichtlich Epinals am 29. Sep- 
tember 1473 ein Abkommen mit dem Herzog Karl dem Kühnen von 
Burgund traf, laut welchem diesem gegen Zahlung von 20000 Frs. die 
Belehnung mit der Hälfte von Saarburg übertragen wird, falls er das 
Gebiet dem Herzoge von Lothringen wieder abnehmen sollte. Bald 
darauf finden wir die Stadt aber trotzdem wieder im Besitze der 
Bischöfe, anscheinend in Folge der nunmehr begonnenen Besetzung des 
bischöflichen Stuhles zu Metz durch Angehörige der lothringischen 
Herzogs-Familie; laut vorgelegter Urkunden vom Jahre 1485 bestätigt 
Bischof Heinrich von Lothringen der Stadt Saarburg alle von seinen 
Vorgängern bewillisten Rechte und Freiheiten. Durch Kauf-Vertrag 
vom 5. Februar 1562 aber, der Kammer in Abschrift vorgelest, ging 
das ganze Gebiet zugleich mit anderen Gebieten, dauernd und ohne 
jeden Vorbehalt (»moyennant la renonciation des prétendus droits, à 
Nous appartenants« heisst es in der bezüglichen Urkunde) für 20 000 Frs. 
an das Herzogtum über. Bischof war zur Zeit Franz von Beaucaire, 
also kein Mitglied des lothringischen Herrscherhauses, dem aber der 
derzeitige bischöfliche Administrator angehörte; dieser riet dem Bischofe 
zu dem Verkaufe. Im Jahre 1563 erfolgte laut gleichfalls vorgelegter 
Urkunde, die Besitzergreifung durch herzogliche Beamte. Auch hatte 
1609 Kaiser Rudolf II. bei einer Regelung vorgekommener streitiger 
Ansprüche u. a. Saarburg dem Herzog von Lothringen zuerkannt). 

Dieser Gebiets-Uebertragung geschieht aber in der Kammer gar 
keine Erwähnung, weder in den Anträgen der Kläger, noch in dem 
Urteile, trotzdem der Vertrag seitens der Kläger vorgelegt worden war; 
sie wurde als selbstverständlich ungültig angesehen ; die Kammer hielt 
sich vielmehr ausschliesslich an den Vertrag von 1596, legte dem 
Bischofe die Verpflichtung auf, für die damals verpfändete Hälfte die 
Pfandsumme von 20000 Frs. zurückzuzahlen, aber auch dies nur 

1) Das Protokoll sowie die Urkunden von 1458 und 1469 befinden sich ab- 
schriftlich im Bezirks-Archiv zu Metz, sind aber der Kammer nicht vorgelegt, 
anscheinend also erst später aufgefunden worden. Die absichtliche Nichtvorlage 
darf bei der Art der Urkunde von 1469 als ausgeschlossen gelten. 

2?) Die bezügliche Urkunde wurde vorgelegt bei der Reunion von Saaralben. 


— 196 — 


nominell, da ihn zugleich die nachträgliche Zahlung der Einkünfte aus 
der anderen Hälfte seit dem Jahre 1396 zuerkannt wurde. Im Uebrigen 
erfolgte die Reunion des ganzen Gebietes in gewohnter Weise. Für 
die Bestimmung der Grösse desselben sind die vorliegenden Teil- 
Huldigungen nicht verwertbar; in der Karte von Nolin ist das Gebiet 
nicht angegeben, in der Karte von Jaillot, die Herrschaft (»seigneurie «) 
Saarburg mit einem Umfange von 2!/2 [1 Meilen eingetragen, der grösser 
als der alte Schlossbezirk und das 1661 abgetretene Gebiet ist, aber 
vielleicht der Abgrenzung des Reunions-Kommissars an Ort und Stelle 
entsprechen dürfte. 


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Schloss, Stadt und Herrschaft Nomeny, Gebiet und Bann 
von Delme. 


Suzung vom 10. Mai 1680. 


Nomeny, heute Kantonstadt im Departement Meurthe-et-Mo- 
selle, liest an der Seille, 12 km östlich von Pont-a-Mousson; Delme 
ist ein Flecken des deutsch-lothringischen Kreises Chäteau-Salins. 

Nomeny!) war von Alters her Eigentum der Bischöfe von Metz, 
ohne dass Art und Zeit der Erwerbung bisher festzustellen gelungen 
ist; 1306 war der Wildgraf vom Bischofe bestellter Vogt der Stadt, 
in der die Landesherren zu dieser Zeit öfter ihre Residenz nahmen. 
Auch Nomeny ward 1395 von Bischof Raoul an den Herzog Karl I. 
von Lothringen verpfändet; nach teilweisen Einlösungen kamen die 
Bischöfe 1433 durch Rückkauf wieder in den vollen Besitz der Herr- 
schaft, 1551 aber erfolgte die rechtmässige Abtretung an Lothringen, 
allerdings unter nomineller Aufrechthaltung des Lehens-Verhältnisses. 
Nomeny wurde dabei als besondere Herrschaft für eine Sekundogenitur 
errichtet, die 1567 nach Vereinigung mit Delme zum Marquisat er- 
hoben wurde. 

Delme?) war vom Bistum durch Kauf um die Mitte des 13. Jahr- 
hunderts erworben worden, kam aber 1395 durch den gleichen Ver- 
pfändungs-Akt wie Nomeny an Lothringen, wurde daher auch von der 
teunionskammer mit diesem zusammengefasst. Delme erfuhr auch 
weiterhin dieselbe Behandlung wie Nomeny, wurde aber 10 Jahre 
später, 1561, an Lothringen abgetreten. 1566 erfolgte die Vereinigung 


') Lepage, S. 102; die Angaben bei Calmet, Notice, II, S. 159, beruhen 
augenscheinlich auf den der Kammer vorgelegten Urkunden. 
2) Lepage, S. 40; Calmet, Notice, I, S. 312. 


— 127 — 


mit der inzwischen selbständig gewordenen Herrschaft Nomeny, 1567 
die Erhebung zum Marquisat. 

Delme, nicht aber Nomeny gehörte zu der 1661 an Frankreich 
mit einer Reihe umliegender Dörfer abgetretenen Orten. 

Die vorgelegten Urkunden weisen zunächst die vorstehend ange- 
führten Verpfändungen nach; danach erfolgte die vom Jahre 1395 für 
beide Orte zugleich durch den Bischof Raoul de Coucy um den Preis 
von 7000 Franken; das Pfandobjekt war aber in den Jahren 1396, 
1433 und 1438 zu je einem Drittel von den Bischöfen von Metz durch 
Rückzahlung wieder eingelöst worden. Trotzdem scheinen aber die 
Beziehungen zum Herzog von Lothringen durch diese Einlösung nicht 
sanz aufgehoben gewesen zu sein; laut vorliegender Original-Quittung 
zahlte im Jahre 1467 Nomeny dem Herzoge 90 Gulden, Delme 200 Gulden 
mit der ausdrücklichen Verwahrung jedoch, dass durch diese Will- 
:ährigkeit (»obeissance à ses mandements«) den Rechten der Einwohner 
und des Bischofs, als Eigentümers beider Orte nicht für die Zukunft 
vorgegriffen werden solle. Durch weitere 6 Urkunden wurde darauf 
der zweifellose Nachweis geführt, dass Nomeny im Jahre 1551, Delme 
im Jahre 1561 dem Prinzen Nikolaus von Lothringen, Grafen von 
Vaudémont, als Lehen des Bistums übergeben wurde, letzteres unter 
Zustimmung des französischen Königs-Protektors, wozu das Domkapite] 
erst nach längerem Sträuben im Jahre 1566 seine Genehmigung gab. 
Ein Abkommen vom Jahre 1571 regelte entstandene Schwierigkeiten 
hinsichtlich Ausübung der Gerichtsbarkeit zwischen dem Lehensherrn 
und Vasallen; in letzter Linie wurde ein Gesuch vom Jahre 1607 
um Aufschub der Lehenserneuerung unterbreitet durch Marie von 
Luxemburg als Vormund ihrer Tochter, der »dame de Nomeny«, der 
Kammer vorgelegt. 

Trotz der eingeholten Zustimmung König Heinrichs II. bezeichnete 
der General-Prokurator in seinem Antrag die Belehnungen als allen 
Gesetzen (saints canons, lois civiles et féodales de l'empire) zuwider; 
die Kammer verfügte demgemäss die bedingungslose Rückgabe und die 
Erstattung der Einkünfte Nomenys von 1551, Delmes von 1561 ab. 

Die Grösse des vereinigten Gebietes beträgt rund 3[1]Meilen; von 
Huldigungsakten liegt nur das Lehensbekenntnis des Amtmanns von 
Nomeny für 2 dort befindliche Häuser vor. 

Unbestritten dürfte dieser Reunions-Beschluss zu den wenigst an- 
fechtbaren gehören, falls nur die Aufrechthaltung des Lehensverhältnisses 
ausgesprochen worden wäre. Die Einziehung des Lehens und die ver- 
langte Rückerstattung der Einkünfte stand aber im Widerspruch mit 


— 128 — 


der ohne solchen Vorbehalt erfolgten Abtretung und der Genehmigung 
König Heinrich IL, wenn auch anscheinend die Belehnung ohne Gegen- 
leistung erfolgt und wohl nur durch die Besetzung des bischöflichen 
Stuhles mit einem Mitgliede der herzoglichen Familie zu erklären war. 


8. 


Schloss, Stadt und Zugehörigkeiten (appartenances) von 
Homburg, Stadt und Untergebiet (dépendances) von St. Avold. 


Sitzung vom 20. Mai 1680. 


Homburg ist gegenwärtig ein aus zwei Gemeinden, Ober- und 
Niederhomburg bestehender Flecken!), St. Avold eine kleine Stadt?), 
beide im Kreise Forbach des reichsländischen Bezirks Lothringen ge- 
legen. Die erstere Ortschaft wird auch Bischofs-Homburg (Hombourg- 
l'Evêque) genannt zur Unterscheidung von anderen Plätzen gleichen 
Namens, insbesondere der in der bayerischen Pfalz gelegenen Stadt, 
die aus gleichem Grunde auch die Bezeichnung Gross-Homburg führt. 

Das heute reichsländische Homburg ward gegründet vom Bischofe 
Jakob von Metz*), der 1238 hier eine Abtei errichtete und ein Schloss 
für sich, sowie Wohnungen für sein Personal erbauen liess, in deren 
Umkreis sich rasch ein Flecken ansiedelte. Die Vogtei erhielten die 
Grafen von Saarbrücken, die ihrerseits den Herren von Kriechingen 
die Untervogtei als Afterlehen übergaben; zu Verwaltungszwecken 
ward Homburg mit der nahegelegenen Abteistadt St. Avold zu einem 
Schlossbezirke vereinigt. 

St. Avold soll seinen Ursprung dem Bischofe Sigebald von Metz 
verdanken, der in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts dort eine Abtei 
errichtete, die den Namen Eleriacum und Helena führte*). Dieser Abtei 
überwies Bischof Chrodegang 765 die Reliquien des Märtyrers St. Nabor, 
und nannte sie von jetzt an Monasterium S. Naboris, das im Franzö- 
sischen schliesslich bis zu St. Avold entstellt worden ist, während die 
volkstümliche deutsche Benennung Santafor wurde. Zum Bann ge- 
hörten einige 20 Gemeinden; der Hauptort entwickelte sich allmählich 
zu einer Stadt mit mehr und mehr entwickelten Vorrechten über die 
zugehörenden Dörfer®); die Vogtei über die Herrschaft soll durch 


1) Bouteillier, S. 124. 

?) Bouteillier, S. 227. 

3%) Calmet, Notice, I, S. 40. 

*) Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands, I, S. 279. 
°) Lothr. Jahrb. III, S. 38. 


— 


Bischof Stefan von Metz um die Mitte des 12. Jahrhunderts, also schon 
vor der Vereinigung mit Homburg den Grafen von Saarbrücken ver- 
liehen worden sein; über die Untervogtei entstanden langwierige 
Streitigkeiten zwischen Saarbrücken und Kriechingen, anscheinend weil 
letzteres aus seiner Untervogtei von Homburg auch diejenige über die 
vereinigten Herrschaften ableitete; sie beschäftigten sogar noch 1650 
die Friedens-Vollziehungs-Kommission zu Nürnberg '). 

Unter Bischof Raoul de Coucy teilte auch der Schlossbezirk Hom- 
burg-St. Avold das Los so vieler anderer bischöflichen Besitzungen ; 
er verfiel der Verpfändung; die Einzelheiten dieser und die weitere 
Geschichte der stets vereinigt gebliebenen Herrschaften ergeben sich aus 
den der Verhandlung zu Grunde gelegten Urkunden. 

Zur Reunionszeit gehörten beide Städte mit einem Gebiete von 
zusammen etwa 30 Dörfern?) seit einem Jahrhundert zum Herzogtum 
Lothringen, an das demgemäss die auch hier unbeantwortet gebliebene 
Vorladung ergangen war. Die vorgelegten Sonder-Urkunden bestanden 
zunächst aus 6 Belägen für Ausübung von Souveränitätsrechten sei- 
tens der Metzer Bischöfe im 13. und 14. Jahrhundert, die ja nicht 
zweifelhaft waren; in einem solchen vom Jahre 1302 wird der Herr 
(»Sieur«) von Saarbrücken als Vogt, der Herr von Kriechingen als 
Untervogt für Homburg bezeichnet. Vom Jahre 1395 ward der Ver- 
pfändungs-Akt des Bischofs Raoul de Coucy vorgelest’); er übertrug 
danach die Hälfte beider Gebiete für 4000 Gulden an den Herzog von 
Lothringen unter Vorbehaltung der Lehensherrlichkeit und des Ein- 
lösungsrechtes. Das Verhältnis der Grafen von Saarbrücken wurde 
durch diese Verpfändung nicht verändert; in einer weiterhin vorgelegten 
Urkunde von 1470 wird der Bischof als Landesherr, der Herzog von 
Lothringen als Pfandbesitzer (seigneur engagiste), der Graf von Saar- 
brücken als erblicher Vogt (voué héréditaire) von St. Avold bezeichnet '). 
Die Einlösung muss aber in nicht mehr erkennbarer Weise erfolgt sein; 
laut vorgelestem Vertrage von 1551 wurden beide Gebiete von Bischof 
Lenoncourt von Metz von Neuen und zwar an den Grafen Philipp von 
Nassau-Saarbrücken für 15000 Gulden verpfändet; in besonderem Nach- 
trage ward einen Monat später dem Bischof das Rückkaufsrecht für diese 

1) Näheres s. bei Köllner, Geschichte der Grafen von Saarbrücken, 1841. 

ans. Lothr. Terr., 'S. 291.8. 

®) Das Schriftstück gehört zu den von Dufresne dem Bezirksarchiv zu Metz 
entfremdeten Urkunden; s. Lothr. Jahrb. VII, A, S. 57. 

#, Eine im Bezirks-Archive zu Metz befindliche Lehenserneuerung für die 


Vogtei von 1431 ist der Kammer nicht vorgelegt worden. 
>, 


— 150 — 


Summe, zuschläglich 3000 Gulden, gewahrt. Der Rückkauf erfolgte im 
Jahre 1572, gleichzeitig aber die Uebertragung der Gebiete als erbliche 
Lehen an den Herzog Heinrich von Guise, der die Einlösungssumme dem 
Bischofe Kardinal Ludwig von Guise zur Verfügung gestellt hatte, am 
26. Oktober 1576, nach Erledigung einiger vom Papste gestellter Be- 
dingungen, in feierlicher Weise unter Eidesleistung der Behörden und 
der Vertreter der Städte Homburg und St. Avold das Lehen antrat, 
und 2 Tage später Lehenserneuerung nachsuchte'). Durch Vertrag 
vom 24. November 1581 aber verkaufte Heinrich von Guise beide Ge- 
biete an den Herzog Karl von Lothringen für 96000 Gulden. Dieser 
Vertrag wurde vom Bischofe von Metz, Kardinal Karl von Lothringen, 
am 28. März 1586 ausdrücklich genehmigt. 

Alle diese Verschiebungen des Besitzes wurden durch Vorlage 
der bezüglichen Urkunden bestätigt, die fast sämtlich, ebenso wie 
zwei Lehenserneuerungen des Herzogs aus den Jahren 1599 und 1609, 
noch heute im Original vorliegen?). Diese beiden letzteren Verträge 
wurden aber als den heiligen Canons und den Gesetzen des Reiches 
widersprechend von der Kammer nicht berücksichtigt; dieselbe ging 
vielmehr auf das Jahr 1551 zurück und sprach beide Gebiete gegen 
Rückzahlung der Summe von 15000 und 3000 Gulden dem Bistum 
Metz zu; ob diese Rückzahlung an den Grafen von Nassau-Saarbrücken 
oder an den Herzog von Lothringen erfolgen sollte, ist in dem Er- 
kenntnis nicht gesagt. 

Für St. Avold liegen einige Huldigungs-Akte von Bedeutung vor; 
in einem Lehensbekenntnis vom 24. Juli 1681 nennt Kaufmann Daniel 
Nolibois in Metz sich »seigneur voué de St. Avold« und erklärt, dass 
ihm im Jahre 1665 die Hälfte der Vogtei für die Summe von 3550 Frs. 
verkauft worden sei. Die von ihm angeführten Gerechtsame bestanden 
in gerichtlichen Befugnissen und Bezügen von Geld und Natural-Abgaben. 
Wie dieser zu dem Rechte gekommen, wird durch die folgenden Huldi- 

1) Unter den von Dufresne entfremdeten Urkunden befindet sich eine, laut 
welcher 1575 Kardinal Ludwig v. Guise, Bischof von Metz, die Rechte und Privi- 
legien der Einwohner von St. Avold bestätigte, und eine andere, laut welcher 
derselbe Bischof 1576 rückständige Gelder von St. Avold und Homburg empfängt. 
S. Lothr. Jahrb. VI, A, S. 57. 

°) Nach einer bei der in gleicher Sitzung erfolgten Reunion von Saaralben 
vorgelesten Urkunde hatte Kaiser Rudolf II. im Jahre 1609 die Lehensherrlichkeit 
des Bischofs über Homburg und St. Avold anerkannt. Dass diese Urkunde an 
demselben Tage für die beiden Gebiete nicht ausgenutzt wurde, ist nur durch 
das Referat verschiedener Räte (Chaffaut bezw. Jeoffroy) zu erklären, aber doch 
ein Beweis für die Oberflächlichkeit der Verhandlungen. 


sungs-Akte erklärlich: am 1. Mai 1683 reicht die Gräfin Wittwe Eleonore 
von Nassau-Saarbrücken Lehensbekenntnis für die ganze Vogtei ein, 
fügt aber hinzu, dass dieselbe im Jahre 1559 an den Grafen von 
Kriechingen abgetreten worden sei »avec la qualité f&odale«: im 
März 1688 endlich legt die Gräfin Anna Dorothea von Kriechingen 
gleichfalls Lehensbekenntnis vor, wenngleich die Hälfte verkauft, die 
Hälfte an den Grafen Solms als Mitgift abgetreten sei, da das Ein- 
lösungsrecht ihr vorbehalten sei. Dass diese Huldigungen von der 
Kammer angenommen, die Feudal-Rechte also anerkannt wurden, ist 
wohl dadurch zu erklären, dass zur Zeit der Vorlage auch die ganze 
Grafschaft Kriechingen bereits reuniert war!). 

Die Grösse der reunierten beiden Gebiete beträgt zusammen rund 
9 [JMeilen. Dass die vorgelesten Urkunden sich auf die lothringische 
Ortschaft, nicht auf die pfälzische Stadt beziehen, ist nicht zweifelhaft; 
letztere, die gleichfalls ursprünglich bischöflicher Besitz war, dürfte 
aber nur infolge ihres gleichen Namens und der oft erwiesenen geo- 
graphischen Unkenntnis der Kammer der Reunion entgangen sein, da 
die ältesten nur auf Homburg sich beziehenden Urkunden auch für 
Gross-Homburg hätten verwertet werden können; auch wären unschwer 
weitere Urkunden für diese Stadt beizubringen gewesen, da sie bei 
Beginn der Reunions-Thätigkeit von Frankreich besetzt worden war?). 


2 
Stadt, Schloss und Schlossbezirk Saaralben. 
Sitzung vom 20. Mai 1680. 


Saaralben, am Zusammenflusse der Saar und der Albe gelegen, 
ist heute eine zum Kreise Forbach gehörige Stadt, welche im 12. Jahr- 
hundert Sitz einer zur Grafschaft Dagsburg gehörigen Herrschaft war. 
Nach dem Aussterben des gräflichen Geschlechtes, 1225, wurde dessen 
Besitz zwischen dem Grafen von Leiningen, dem Gemahl des letzten 
weiblichen Sprossen, und dem Bistum Metz geteilt, wobei Saaralben 
an letzteres fiel?). Die weitere Geschichte der Herrschaft ist fast aus- 
schliesslich durch die für die Reunionskammer gesammelten Urkunden 
bekannt geworden), kommt daher bei deren Erörterung hierunter zum 
Ausdruck ; wiederholt verpfändet und geteilt, wie diese ergeben werden, 


1) s. unter Einzel-Reunionen. 
error 00: 
8) Calmet, Notice, I, S. 311. 


#) Calmet, Notice, II, S. 404. 
9* 


— 12 — 


war die Herrschaft zur Reunionszeit ganz im unbestrittenen Besitz des 
Herzogs von Lothringen. 

Die erste in der Kammer-Verhandlung nachgewiesene Verpfändung er- 
folgte durch Bischof Dietrich von Metz, der den Besitz 1381 für 3400 livres 
und 1000 Gulden an den Grafen Johann von Salm übertrug; dieser verpfän- 
dete 1391 die Hälfte der Herrschaft an den Markgrafen Jobst von Mähren, 
und unter weiterem Abkommen mit diesem 1393 an Herrn Conrad 
Beier von Boppard, der zugleich für die andere Hälfte als Verwalter 
eingesetzt wurde und in Gegenwart eines Vertreters des Kaisers noch 
im gleichen Jahre Besitz davon ergreift. Schon im Jahre 1400 fand 
jedoch wieder eine Teilung stait; der Herzog Karl Il. erwarb ein Viertel 
der Herrschaft, tauschte es aber mit Heinrich Beier von Boppard 1408 
gegen Schloss Falkenberg aus; ein zweites Viertel war durch gleichen 
Vertrag 1400 an das Bistum Metz zurückgefallen, wo zur Zeit der 
gleichnamige Sohn Conrad Beiers Bischof war; Heinrich Beier löste 
1416 das dem Grafen von Salm für die Hälfte noch verbliebene Pfand- 
recht ein und erhielt zu seinem 1408 erworbenen Viertel 1417 das 
letzte Viertel von seinem Bruder als Lehen, vereinigte daher den ganzen 
jesitz als Metzer Lehen in seiner Hand; in seiner Familie blieb der- 
selbe bis zum Jahre 1557. Durch bischöflichen Erlass vom 23. No- 
vember 1520 waren aber die lehensherrlichen Rechte ausdrücklich 
sewahrt und die Privilegien der Einwohner bestätigt worden. Im 
Jahre 1537 wurde der gleichnamige Besitzer durch Urteil des bischöf- 
lichen Gerichtes zu Vie zur Zahlung von 2000 Gulden verurteilt; da 
er nicht zahlte, erkannte dasselbe Gericht die Hälfte von Saaralben 
ihm ab, worauf der Bischof sie für 2700 Gulden an Herrn Nikolaus 
Burtel übertrug; dieser verkaufte sie schon im folgenden Jahre durch 
Vertrag vom 30. Oktober an den Herzog Anton von Lothringen 
weiter, zweifellos mit Genehmigung des Bischofs, der zu gleicher Zeit 
dem Herzoge das Recht übertrug, auch die andere Hälfte von Johann 
Beier von Boppard einzulösen. 

Dieser Rückkauf erfolgte aber, anscheinend wegen Geldmangels, 
erst 1561'); Herzog Karl Ill. ergriff im Jahre 1563 Besitz von der ganzen 
Herrschaft und zwar laut abschriftlich noch vorgefundenem Besitz- 
ergreifungs-Patente auch von der vollen Landeshoheit, wiewohl durch 
bischöflichen Erlass vom Jahre 1550 ausdrücklich die Lehensherrlich- 
keit unter Berufung auf die Huldigung einer Gräfin von Dagsburg 

') Eine Urkunde über den Vollzug desselben wurde nicht vorgelegt; in 
Recueil de documents sur l'histoire de Lorraine, III, S. 181 und 182, werden aber 
zwei Denkschriften über diesen Rückkauf aufgeführt. 


S 


— 133 — 


vom Jahre 1224 gewahrt worden war'). Infolge dieser verschie- 
denen Auffassung entstanden naturgemäss Schwierigkeiten, die im 
Jahre 1609 durch Kaiser Rudolf II. unter gleichzeitiger Regelung des 
Besitzes anderer zwischen beiden streitigen Gebietsteilen hinsichtlich 
Saaralbens zu Gunsten des Herzogs von Lothringen entschieden wurden. 
Trotz dieser kaiserlichen Bestätigung der herzoglichen Rechte wurden 
auf Antrag des Generalprokurators die Verträge von 1537 für nichtig 
erklärt unter dem Vorwande, dass die Genehmigung der Reichsstände 
nicht eingeholt und auch in anderer Beziehung nicht in formell rich- 
tiger Weise verfahren worden sei; die Kammer griff demgemäss ein- 
fach auf den Vertrag von 1381 zurück, und erkannte dem Bistum 
das Recht der Einlösung für 3400 livres und 1000 Gulden zu. Die 
Grösse der Herrschaft wird in Karten zu */1 I) Meilen angegeben, was 
bei dem geringen Umfange mit dem alten Schlossbezirk (chatellenie) 
übereinstimmen könnte. Als zugehörige Herrschaften, aber innerhalb 
derer das Urteil gleichfalls verkündet werden sollte, werden mehrere 
aufgeführt, die später in besonderen Sitzungen reuniert wurden ?), näm- 
lich Herbitzheim zur Grafschaft Saarwerden gehörig, Bliescastel, unter 
dem alten Namen. Castres reuniert, St. Mihiel und als Morhange das 
jetzt verschwundene Dorf Menrichingen, das von der Kammer irrtüm- 
licher Weise für Mörchingen gehalten wurde. Huldigungs-Akte liegen 
nicht vor. Die Reunion ist als ein reiner Gewaltakt zu bezeichnen, 
da die Kammer gar nicht festzustellen in der Lage war, ob und in- 
wieweit die Reichsstände bei der Uebertragung beteiligt waren, eine 
Unterlassung der Befragung aber auch nur diese Stände zur Anfechtung 
des Vertrages berechtigt haben würde. 


10. 
Stadt, Gebiet und Herrschaft Marsal. 
Sitzung vom 23. Mai 1680. 


Die bei den früheren Unternehmungen Frankreichs gegen Lothringen 
mehrfach genannte Stadt?) gehört heute zum Kreise Chäteau-Salıns, 
nachdem sie ihren Jahrhunderte alten Charakter als Festung bis zum 
Jahre 1870 gewahrt, und damals nach einstündiger Beschiessung den 
1) Die beiden Urkunden von 1550 und 1224 wurden der Kammer nicht vor- 
gelegt, waren also, da sie den Ansprüchen günstig lauteten, nicht vorhanden. 
Die erstere ist aber in Abschrift im Bezirks-Archiv zu Metz vorgefunden, 

?) s. Einzel-Reunionen, 

DS Sur. 


— 134 — 


Deutschen ihre Thore geöffnet hatte. Urkundenmässig gesicherte Nach- 
richten lassen ihre Geschichte bis ins 12. Jahrhundert zurückverfolgen ?). 
Marsal scheint danach von Altersher zum Herzogtum Lothringen ge- 
hört zu haben; vom Jahre 1251 liegt das Lehensbekenntnis eines 
Grafen von Castres beim Herzoge für Marsal vor. 1259 kam die Stadt 
und zugehörige Herrschaft durch Teilungs -Vertrag des Metzer Bischofs 
Jacob von Lothringen mit seinem Neffen, dem Herzoge Friedrich Il. an 
ersteren, der sie sogleich befestigen liess, und 1260 testamentarisch 
seinem Bistum vermachte; 1555 war die Festung widerrechtlicher Weise 
französischer Seits besetzt worden ?), ging aber 1593/94 im Austausch 
gegen andere Gebiete mit Zustimmung des französischen Königs an den 
Herzog von Lothringen über. Im folgenden Jahrhundert wiederholt 
von Frankreich, auch mit Hülfe der Vorreunionskammer von 1624 be- 
ansprucht, wurde Marsal 1663 endgültig vom Herzoge an den König 
abgetreten; die Kammerverhandlung sollte daher wohl nur die Grund- 
lage für die noch ausstehende endgültige Regelung der Beziehungen 
zum Herzogtum bilden. 

Zu dem Zwecke wurde zunächst durch eine Urkunde des 
Jahres 1385 die thatsächliche Ausübung landeshoheitlicher Rechte 
seitens des Bischofs in diesem Jahre nachgewiesen. Weiterhin wurde 
der Kammer der Tauschvertrag vorgelegt, den am 14. Dezember 
1593 Herzog Carl Ill. mit dem Bischof Carl, Cardinal von Lothringen, 
geschlossen hatte; in demselben wurde Marsal nebst zugehörigen Ort- 
schaften vom Bistum an das Herzogtum abgetreten, wofür ersteres 
das Dorf Baissoncourt ganz, die Dörfer Remereville, Velaine und Erbe- 
viller zur Hälfte, und einzelne Gerechtsame in 3 anderen Dörfern, St. 
Clement, La Ronce und Chenevieres erhielt. Ausserdem übernahm 
der Herzog die Verpflichtung eine einmalige Zahlung von 22500 Franken, 
eine jährliche Rente von 800 Franken und die jährliche unentgeltliche 
Lieferung von 200 Scheffel (muids) Salz zu leisten, sowie andere 
Gerechisame den Bischöfen weiterhin zuzugestehen. Dieser Vertrag 
wurde, laut vorgelester Bulle vom 14. Februar 1598 vom Papste 
Clemens VIII. ausdrücklich genehmigt, auch in dem Sinne völliger Ent- 
äusserung beiderseitig aufgefasst; in einer Lehenserneuerung vom 15. 
Juni 1610 huldigt Herzog Heinrich von Lothringen dem Bischofe für 
die Salinen von Moyenvic und Marsal, nicht aber für die Stadt und 
die zugehörigen Dörfer ?). Jener Vertrag wurde sowohl im ganzen wie 


') Lepage S. 87. 
?) Sauvagère, Recherches sur Marsal, Paris 1740, S. 24. 
>) Im Bezirks-Archiv zu Metz vorgefunden, aber der Kammer nicht vorgelegt. 


in seinen Einzelheiten von den Klägern angegriffen, und durch eine 
Reihe älterer Urkunden der Beweis zu führen gesucht, dass die vom 
Herzog abgetretenen Ortschaften gar nicht ihm, sondern bereits dem 
Bischofe gehört hätten. Für Remereville und Velaine wurde ein 
Schiedsspruch vom 25. August 1278, für Ronce und Chenevieres ein 
Vertrag vom 15. März 1455, für Baissoncourt, Erbeviller und noch- 
mals Remereville und Velaine eine Verhandlung vom 14. April 1464 
vorgelegt; laut letzterer löste Bischof Georg von Baden diese 4, von 
seinem Vorgänger verpfändeten Dörfer durch Rückzahlung der Pfand- 
summe wieder ein. Auf diese alten Urkunden vornehmlich wurde der 
Spruch der Kammer basiert; die Stadt Marsal nebst Zugehörigkeiten 
wurde deshalb dem Bischofe ohne Gegenleistung zugesprochen, ausser- 
dem noch die nachträgliche Zahlung der Einkünfte vom Jahre 1593 
dem Herzoge auferlegt. In der Begründung wird ausgeführt, dass die 
abgetretenen Ortschaften gar nicht dem Herzoge, sondern dem Bischofe 
gehört hätten, und dass auch die Bulle des Papstes daran nichts ändern 
könne, da der Vertrag den heiligen Canons und Gesetzen des Reiches 
entgegen gewesen sei. Der Vertrag von St. Germain en Laye vom 
Jahre 1594, wurde dabei nicht erwähnt, trotzdem die Verzichtleistung 
Frankreichs auf Marsal Folge des Tauschvertrages vom vorhergehenden 
Jahre gewesen, der letztere also danach von Frankreich feierlich an- 
erkannt worden war. 

Für die Grösse des Gebietes, dessen Reunion hienach gleichfalls 
als gänzlich ungerechtfertigt zu bezeichnen ist, geben vorliegende Teil- 
Huldigungen keinen Anhalt; in der Jaillot'schen Karte von 1704 wird 
der Schlossbezirk von Marsal zu 1'/2 [J Meilen angegeben. Die Schwäche 
des französischen Standpunktes geht auch daraus hervor, dass die 
Reunion seitens der Vorkammer von 1624 aus einem ganz anderen 
Grunde erfolgt war: dass nämlich der Herzog die ihm 1594 auferlegte 
Verpflichtung, das Bistum für Marsal zu entschädigen, nicht genügend 
erfüllt habe 1). 

LE 
Schloss und Herrschaft Sampigny. 
Sitzung vom 29. Mai 1680. 
Sampigny ist heute ein Flecken des Departements Meuse, © km 


südlich St. Mihiel, nahe dem linken Ufer der Maas gelegen. Die gleich- 


namige Herrschaft gehörte von Alters her zum Bistum Verdun, und 


DIESE Dr 30: 


— 156 — 


umfasste 7 Ortschaften, die aber infolge von Verpfändungen öfters den 
Besitzer wechselten, wie die Urkunden im Einzelnen nachweisen werden !). 
Zur Reunionszeit war Sampigny seit mehr als 100 Jahren im recht- 
mässigen und unbestrittenen Besitze des Herzogs von Lothringen, aber 
zum lehensabhängigen Bar gehörig. 

Die Vorladung erfolgte auf Antrag des Domkapitels zu Verdun 
bei dem Amtmann in Sampigny mit dem Auftrage, sie seinem Herrn, 
dem zeitigen Lehensträger des Herzogs von Lothringen, dem Prinzen 
von Lixheim zu übermitteln; die Verhandlung erfolgte infolge Nicht- 
berücksichtigung der Aufforderung in contumaciam. Die Urkunden 
allgemeiner Art müssen hier besonders erwähnt werden, da in allen 
8 vorgelegten Investituren Schloss und Herrschaft Sampigny als Lehen 
der Verduner Bischöfe namentlich aufgeführt waren; die älteste war 
ein Diplom Kaiser Friedrich I., von 1156?), die übrigen 7 stammten 
aus dem 16. Jahrhundert, die jüngste von 1582. Dass die Herrschaft 
ursprünglich zum Bistum Verdun gehörte, geht zum Ueberfluss auch 
aus einer Lehenserneuerung des Grafen Eduard von Bar hervor, worin 
gesagt ist, dass er dem Bischofe in dessen Wohnung zu Sampigny 
(en son hôtel a Sampigny) gehuldigt habe*). 1358 hatten der Graf 
von bar und der Herzog von Luxemburg, mit einander verbündet die 
drei bischöflichen Burgen Sampigny, Mangienne und Hattonchätel an- 
gegriffen '); behufs Entsatzes musste der Bischof sich 1359 zu einem 
Vergleiche verstehen, laut welchem u. a. Sampigny für 5000 Gulden dem 
Grafen von Bar verpfändet wurde. Durch einen weiteren der Kammer 
sleichfalls vorgelegten Vertrag von demselben Jahre hatte der Bischof 
sich aber das Rückkaufrecht gewahrt und die Einlösung durch Rück- 
zahlung der Pfandsumme bewirkt. Durch Vertrag vom 2. September 1362 
gab Bischof Johann von Bourbon Sampigny und Tilly für 4000 Gulden 
von neuem dem Grafen Heinrich von Bar zu Lehen, wiederum laut 
Vermerk aus dem Grunde, weil dieser sich in deren thatsächlichen 
jesitz geselzt hatte. Durch einen weiteren Vertrag vom 10. März 1374 
wird zwar anerkannt, dass Sampigny ohne Entgelt an das Bistum 
zurückfallen solle, falls der damalige Erbe, Graf Peter, keine leib- 
lichen Nachkommen aus erster Ehe hinterliesse; trotzdem dieser Fall 
eintrat, kam Sampigny nicht an das Bistum zurück, wurde vielmehr 


1) Lienard, S. 216. 

2) Abgedruckt bei Calmet, II, Preuves, S. 350. 

#) Abschrift im Bezirks-Archiv zu Metz, der Kammer nicht vorgelegt. 

') In dem recueil des arrêts ist irrtümlich der Vertrag auf das Jahr 1374 
datiert, derselbe ist abgedruckt bei Calmet, II, preuves, S. 628. 


— 137 — 


nur zeitweise einzelnen Bischöfen von den Herzögen zur Nutzniessung 
überlassen. Der thatsächliche Besitz ging 1564 in einen rechtlichen 
über; laut vorgelegtem Vertrage vom 10. September dieses Jahres trat 
Bischof Pseaume von Verdun die Herrschaft vollständig an den Herzog 
Carl III. ab, wobei er allen seinen Hoheits- und Rückkaufsrechten 
entsagte. Wie gewohnt, ward dieser Vertrag als den heiligen Canones 
und der Verfassung des deutschen Reiches widersprechend für nichtig 
erklärt; die Kammer griff deshalb auf die Verpfändung des Jahres 
1362 zurück, sprach den Bischof aber von der Rückzahlung der Pfand- 
summe frei, weil Sampigny nach Angabe der Urkunde mit Gewalt in 
die Hände des Grafen von Bar gekommen sei, und weil Graf Peter 
keine leiblichen Erben hinterlassen habe.  Hervorgehoben wurde in 
dem Urteile, dass der Bischof von Verdun noch 1582, also 18 Jahre 
nach der Abtretung, vom deutschen Kaiser mit Sampigny belehnt worden 
war. 
12. 
Schloss, Stadt, Schlossbezirk und Amt Hattonchätel. 
Sitzung vom 29. Mai 1680. 


Hattonchâtel*) ist heute ein Dorf des Departement Meuse, und 
liegt 15 km nordöstlich St. Mihiel. Der mittelalterische Name, Hattoni- 
castrum, wird abgeleitet von dem Bischof Hatto von Verdun, der um 
die Mitte des 9. Jahrhunderts dort ein Schloss erbauen liess, und die 
zugehörige Kapelle zur Pfarrkirche machte?). Die daraus sich ent- 
wickelnde Herrschaft ward von den Bischöfen Edelleuten des Landes 
zu Lehen bezw. zur Verwaltung übergeben. In den Jahren 1359 und 
1362 unterlag Hattonchätel den gleichen Verpfändungen, wie Sampigny, 
ward aber, abweichend von dieser Herrschaft 1378 von Bischof Johann 
von Bourbon eingelöst und für nahezu zwei Jahrhunderte dem alleinigen 
Besitze der Bischöfe zurückgewonnen. Um die Mitte des 16. Jahr- 
hunderts ging jedoch auch diese Herrschaft, zunächst durch Verpfändung, 
dann durch rechtmässige Abtretung an das Herzogtum Lothringen über. 
1587 bewirkte Herzog Carl III. die Erhebung der Herrschaft zum 
Marquisat, unter Wahrung der Lehensherrlichkeit des Kaisers; Kaiser- 
liche Investiturbriefe der Jahre 1609, 1613 und 1627 beweisen, dass 
Hattonchätel zu dieser Zeit als unmittelbares, von jeder Beziehung 
zum Bistum Verdun losgelöstes Reichslehen galt. 


1) Calmet, notice, Il, S. 395. 
2) Liénard, S. 104. 
3) Calmet, notice, I, S. 551, fl. 


— 138 — 


Die vorgelegten allgemeinen Urkunden waren die gleichen, wie 
für Sampigny, führten auch Hattonchätel namentlich als Kaiserliches 
Lehen des Bistums auf. Eigenthümlicher Weise ward weiterhin vom 
Jahre 1559 zwar die Einlösungs- nicht aber die vorherige Verpfändungs- 
Urkunde vorgelegt, wiewohl die letztere, bei Sampigny verwertet, auch 
Hattonchätel aufführte '). Die folgenden Urkunden weisen den Unter- 
sang an Lothringen im Einzelnen nach. Am 20. August 1540 erfolgte 
danach zuerst die neue Verpfändung, dieses Mal für 26,000 Fr. seitens 
des Bischofs Johann, Cardinal von Lothringen, an den Herzog Anton; 
am 11. Dezember 1546 verzichtete der Nachfolger des Bischofs Nicolaus 
von Lothringen im Austausche gegen Rembercourt aux pots und 
für Tilgung der Schuldsumme von 26,000 Fr. auf alle seine Rechte 
auf Hattonchätel?). Dieser Tauschvertrag wurde durch Kaiser Karl V. 
unter dem 14. November 1547 ausdrücklich bestätigt; dem entsprechend 
investirte der Kaiser am 5. Oktober 1548 den Bischof von Verdun aufs 
Neue mit seinem weltlichen Besitze unter Hervorhebung der durch den 
Vertrag herbeigeführten Veränderungen, und am 11. April 1549 den 
Herzog von Lothringen mit Hattonchätel in gleicher Weise, wie es die 
Bischöfe bisher besassen ?). Entgegen diesem Vertrage versuchte Bischof 
Pseaume, wahrscheinlich infolge der inzwischen erfolgten Besetzung 
durch Frankreich veranlasst, seine frühere Rechte auf Hattonchätel 
wieder geltend zu machen; er fand aber dabei solchen Widerstand, 
dass er in neuem Vertrage von 1561 nochmals völlig auf Hattonchätel ver- 
zichtete, wofür der Herzog wiederum seine Rechte auf Rembercourt 
aux pots und andere Orte ihm überlies*). Trotzdem liessen die Bischöfe 
laut oben angeführten Investituren in den Jahren 1563, 1566 und 1582 
ausdrücklich von den Kaisern wieder sich mit Hattonchätel belehnen ; 
auch erklärte 1574 Bischof Pseaume vom Neuen seine Landeshoheit 
und seine Rechte auf die Herrschaft’); anscheinend hielten sie den 
von einem dem herzoglich lothringischen Hause angehörigen Bischof 
seschlossenen Vertrag als für das Bistum zu ungünstig, wobei sie, wie 
damals üblich, auf das Reich nicht weiter Rücksicht nahmen. Die 


1) Die Sitzung für die Reunion von Sampigny fand am gleichen Tage statt; 
dass für beide Gebiete verschiedene Referenten vortrugen, dürfte kaum eine Ent- 
schuldigung für diese Flüchtigkeit sein. Die Urkunde ist abgedruckt bei Galmet, 
III, preuves, S. 409. 

?) Die Vorlage dieser Urkunde dürfte ein Beweis sein für die diesseitige 
Ansicht, dass Urkunden von der Kammer nicht unterdrückt sind (s. S. 102). 

3) Calmet, Notice, II, S. 368; der Vertrag kam nicht zur Kenntnis der Kammer. 


#) Abschrift der Urkunde im Metzer Archiv; der Kammer nicht vorgelegt. 


— 139 — 


Ausstattung der Investiturbriefe wurde aber, wie gerade dieser Vor- 
sang beweist, zur Zeit als eine leere Förmlichkeit angesehen ; die, 1574 
zum zweiten Male erfolgte Wiederaufnahme der Ansprüche ist dagegen 
nur durch französischen Druck zu erklären. 

Die Kammer schloss sich natürlich der Auffassung der Bischöfe 
an, und beschloss von allen Abmachungen einfach abzusehen (>sans 
s'arrêter aux dites échanges, investitures, reprises, transactions et con- 
firmations«), da dieselben den heiligen Canons und Reichsgesetzen 
zuwider, auch ohne die vorgeschriebene Form unter verwandten und 
untergebenen Personen abgeschlossen seien; dagegen ward dem Bischofe 
die Rückerstattung der Pfandsumme von 26,000 Fr. und eine billige 
Entschädigung für etwaige Verbesserungen auferlegt. 

Die Grösse des Marquisates beträgt SÜMeilen, dürfte aber be- 
deutender sein, als die ursprünglich zu Lehen stehende Herrschaft; 
das lothringische Amt wird nur in der Ueberschrift, nicht aber im 
Kammer-Beschlusse erwähnt, wurde aber wohl zweifellos einer etwaigen 
Abgrenzung durch Reunions-Commissare zu Grunde gelegt. 


3% 
Gebiete und Herrschaften Salm und Langstein, früher 
genannt Pierre Percée. 


Sitzung vom 6. Juni 1680. 


Von dem reunirten Gebiete ist heute der kleinere östliche Teil 
in Elsass-Lothringen, der grössere westliche in Frankreich gelegen; zu 
ersterem gehört die Ruine des Schlosses Salm, mit einer gleichnamigen 
Häusergruppe, einen Teil der Gemeinde Vorbruck im unter-elsässischen 
Kreise Molsheim bildend und hart an der Grenze, schon innerhalb des 
französischen Sprachgebietes liegend. Das Schloss war von Alters her 
Sitz einer Herrschaft, deren Besitzer der gleichnamigen Grafschaft in 
den Niederlanden entstammen sollen '). Das westlich von Salm gelegene 
frühere Schloss Langstein kommt heute als Bezeichnung einer Oert- 
lichkeit nicht mehr vor; das in unmittelbarer Nähe der Ruine gelegene 
Dorf Pierre Percée?) gehört zum Departement Meurthe-et-Moselle. 
Langstein wird von Alters her als Sitz einer Herrschaft unter dem 
Namen castrum de Langstein genannt. Im 12. Jahrhundert) entstand 
durch Vereinigung dieser Herrschaft Langstein mit Blamont und der 


1) Calmet, I, CCVII. 
?) Lepage, S. 109. 
3) Die geschichtlichen Notizen nach Lothr. Terr. S. 134 fl. 


— 140 — 


Vostei der Abtei Senones, welche zu dieser Zeit in Händen der Grafen 
von Salm war, die Grafschaft letzteren Namens. Die Abtei Senones 
war von Alters her dem Bistum Metz unterstellt, deren Bischöfe seither 
die Vögte ernannten, auch im 10. Jahrhundert sich des grössten Teiles 
des Besitztums der Abtei bemächtigt haben sollen. Unter letzterem 
ist wohl das Gebiet zu verstehen, das später als besondere Herrschaft 
Salm neben Langstein bezeichnet wird. 

Von der so entstandenen vereinigten Grafschaft Salm ward jedoch 
durch Erbteilung die Herrschaft Blamont, um die Mitte des 13. Jahr- 
hunderts wieder getrennt, und einer jüngeren Linie des Hauses über- 
wiesen. 1258 sah Graf Heinrich von Salm sich genötigt, die Herr- 
schaften, die an ihn gekommen, dem Bistum Metz zu Lehen aufzu- 
tragen '), wobei das frühere Abhängiskeits-Verhältnis mitgesprochen 
haben mag. 1449 teilten die Söhne des Grafen Johann V. von Salm, 
die Grafen Simon Il. und Johann VI., das väterliche Erbgut; der Anteil 
Simons kam nicht lange nachher infolge Heirat seiner Erbtochter 
Johanne mit dem Rheingrafen zu Daun-Kyrburg an dessen Linie, die 
für die Folge die Bezeichnung Salm ihrem Namen zufügte, und bis 
zum Jahre 1499 Lehenserneuerung beim Bistum Metz bewirkte. Bei 
Gelegenheit eines, 1554 zwischen den Grafen von Salm und dem Herzog 
von Lothringen ausgebrochenen Streites, der das Reichskammergericht 
beschäftigte, reichte auch das Bistum Metz eine Klage wegen seiner 
Oberlehensherrlichkeit ein, wurde jedoch 1567 wegen Verjährung der 
Ansprüche abgewiesen, eine die Reunionstheorie der Kammer jedenfalls 
verurteilende Auffassung. 


1600 starb auch die Linie des Grafen Johann VI. aus; die Hälfte 
der Gralschaft kam dadurch an das Herzogtum Lothringen, da die 
Erbtochter des letzten Grafen Paul mit Franz Grafen von Vaudémont, 
dem Bruder Herzog Heinrichs I. und Vater Carls IV., verheiratet war, 
der selbst 1625 formell auf einige Tage die Regierung des Herzogtums 
angetreten hatte. Der Besitzer der anderen Hälfte, Rheingraf Philipp 
Otto von Salm, ist 1623 durch kaiserliches Dekret in den erblichen 
Reichsfürstenstand, seine Herrschaft zu einer gefürsteten Grafschaft 
erhoben worden. Da zu dieser die Orte Salm und Langstein gehörten, 
ist die, 1871 durch den Frankfurter Frieden bewirkte Teilung eine 
wesentlich andere, als die des Jahres 1449, welche letztere im Jahre 
1751 durch Einzel-Ueberweisung bis dahin gemeinschaftlich besessenen 


') Das Lehensbekenntnis befindet sich in der Pariser collection de Lorraine, 
s. Marichal, S. 386. 


— 141 — 


Gebietes zwischen Lothringen und dem Rheingrafen eine Ergänzung 
erfahren hatte. Diese geschichtliche Entwickelung, deren Erörterung für 
Klarstellung der zeitigen und früheren Besitz-Verhältnisse notwendig 
schien, war der Kammer aber augenscheinlich nicht bekannt; die 
Vorladung erfolgte daher nur bei den Ortsbehörden in Salm und Lang- 
stein, bezog sich also, sicher sehr gegen ihren Willen, ausschliesslich 
auf den rheingräflichen Teil. 

Der Anspruch wurde von dem Bischof von Metz erhoben, 
die allgemeinen Urkunden waren die der übrigen auf Metz bezo- 
genen Reunionen. Die Beweisstücke für die Gebiete selbst be- 
standen vornehmlich in 6 Lehenserneuerungen, eine aus dem 13., 
die übrigen aus dem 15. Jahrhundert, die jüngste von 1499: die 
Lehenserneuerungen aus dem 15. Jahrhundert sind sämtlich von den 
Rheingrafen ausgestellt, die sich darin als Lehensmänner des Bischofs 
für die Schlösser Salm und Langstein und die in den Urkunden auf- 
seführten zugehörigen Ortschaften bekennen; für die andere Hälfte 
wurden Lehenserneuerungen nicht beigebracht. Ausser diesen wurde 
nur noch eine bedeutungslose Urkunde von 1565 vorgelegt, welche 
nachweist dass eine Streitsache zwischen dem Grafen Salm und dem 
Abte von St. Symphorien in Metz zum Austrage gebracht werden 
sollte; sie bezieht sich auf beide Linien, nimmt aber nicht mehr auf 
Lehensherrlichkeit Bezug. 

Der Beschluss der Kammer leste dem angeblichen Herrn die 
Erneuerung der Huldigung und die Vorlage des Lehens-Verzeich- 
nisses innerhalb der gewohnten Fristen auf. Dem Verlangen wurde, 
soweit erkennbar, zunächst keine Folge gegeben; dagegen reichten 
am 2. Juni 1681 Abt und Convent von Senones Huldigung und 
Lehensverzeichnis, auf uralten Anspruch gestützt, ein, wogegen von 
‘ Seiten Salm’s protestiert wurde. Dieser Protest wurde durch Be- 
schluss der Reunionskammer vom 8. November 1683 zurückgewiesen, 
worauf am 30. November die Rheingräfin Christine Louise von Salm 
die geforderte Huldigung erstattete und am 2. Dezember desselben 
Jahres das Lehensverzeichnis vorlegte: auf Grund des letzteren kann 
das reunirte Gebiet genauer bestimmt werden; seine Grösse beträgt 
rund 6[.) Meilen. ‚ 

14. 


Stadt, Schloss und Freiherrschaft (baronnie) Apremont. 
Sitzung vom 12. Juni 1680, 
Apremont ist heute ein Dorf des Departements Meuse, 8 km süd- 
östlich von St. Mihiel gelegen. Das ehemalige Schloss war Mittelpunkt 


einer ausgedehnten Herrschaft ), deren Besitzer zeitweise Grafen 
genannt wurden?) Calmet sagt von ihnen: »La maison d’Apremont 
est une des plus anciennes et des plus illustres de l’Europe après les 
maisons souveraines«; ihr Besitz wird aber stets nur als Herrschaft 
oder Baronie bezeichnet. Oberlehensherr war von Alters her der Bischof 
von Metz; vom Jahre 1140 wird berichtet, dass er die widersetzlichen 
Herren von Deneuvre und Apremont zum (Gehorsam gezwungen habe. 
Gottfried III. kam 1235 durch Heirat in den Besitz der Grafschaft 
Saarbrücken”*), hatte‘aber keine Kinder; nach seinem Ende kam daher 
Apremont in weiblicher Linie an die Herren von Autel, aus deren 
Hause 1354 Gottfried von Apremont Kaiser Carl IV. bewog, die Herr- 
schaft in ein reichsunmittelbares, nur in männliche Linie vererbliches 
Lehen zu verwandeln; der Bruder des Kaisers aber, Herzog Wenzel 
von Luxemburg, welcher 1377 sich in Besitz der Herrschaft gesetzt 
hatte, erkannte wieder durch Lehenserneuerung die Abhängigkeit vom 
Bistum an. Durch Heirat seines Afterlehensträgers mit einer Tochter 
des Herrn von Apremont-Autel kam die Herrschaft wieder an die 
rechtmässigen Besitzer zurück. Im 15. Jahrhundert fanden Teilungen 
der Herrschaft zwischen den Geschlechtern Apremont und Leiningen 
statt, welche die Annahme des Namens seitens des letzteren bewirkten; 
von beiden ward noch in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die 
Lehensherrlichkeit von Metz anerkannt. Diese ward aber 1574 vom 
Bistums-Verweser, Cardinal von Lothringen, seinem Neffen, dem Herzoge 
Carl III. übertragen, unter Aufgabe aller Rechte, und Anweisung, für 
die Folge beim Kaiser unmittelbar Huldigung zu erstatten. (»d’en faire 
foi et hommage à l’empereur et à l’empire«); trotzdem liegen aus der 
folgenden Zeit Lehenserneuerungen der Herzöge bei Bischöfen vor, viel- 
leicht aus der Absicht zu erklären, in keine neue Abhängigkeit vom 
Reiche zu treten. Die Herren von Apremont zogen sich infolge der 
Abtretung auf Privatbesitzungen bei Rethel zurück, ohne jedoch ihren 
Ansprüchen zu entsagen; zur Zeit der französisch-lothringischen Kriegs- 
wirren setzte vielmehr Carl, Herr von Apremont, sich in den Besitz 
seines alten Stammschlosses. Durch einen besonderen Artikel des 
Friedens von Marsal, 1661 wurde er jedoch zur Räumung gezwungen 
und auf den Rechtsweg verwiesen, wodurch er in drückende Not ge- 
riet. Seine Tochter heiratete aber, erst 13 Jahre alt, am 4. November 


1) Ein im Bezirksarchiv zu Metz vorgefundener handschriftlicher Stamm- 
baum aus dem 16. Jahrhundert will die Herren bis zum Jahre 660 zurückführen. 

2) Galmet, Notice, I, S. 22; auch im folgenden benutzt. 

3) s. Einzel-Reunionen. 


1665 den 60jährigen Herzogs Carl IV. von Lothringen, der nunmehr 
seinem Schwiegervater den standesgemässen Lebensunterhalt anwies, 
ihn aber nicht wieder in Besitz der Herrschaft einsetzte. Nach seinem 
Tode traten die Angehörigen der Familie Apremont zusammen und 
übertrugen 1676 ihre Ansprüche dem Grafen von Apremont-Reckein, 
einem in der Nähe von Maestricht angesessenen Zweige des Geschlechtes 
angehörig. Zur Reunionszeit war daher die Herrschaft vertragsmässig, 
aber nicht unbestritten im Besitz des Herzogtums Lothringen, aber 
wie dieses, von Frankreich thatsächlich besetzt. 

Die Vorladung wurde im Orte Apremont abgegeben, kam daher 
wahrscheinlich weder zur Kenntnis des Herzogs, noch des Grafen von 
Apremont; die Verhandlung fand in contumaciam statt. Die vorge- 
legten Sonderurkunden waren in erster Linie Lehenserneuerungen bei 
den Bischöfen. Vom Jahre 1243 wurde eine solche des Grafen Gott- 
fried von Saarbrücken-Apremont, von 1377 eine Wenzel’s von Böhmen, 
Herzogs von Luxemburg vom Jahre 1561 eine des Grafen Johann 
Heinrich von Leiningen vorgelegt, letztere für ein viertel des Schlosses 
und Fleckens Apremont 1). Im Jahre 1563 huldigt dagegen wieder ein 
Herr von Apremont, Louis Fretel, dem Cardinal Carl von Lothringen, 
derzeitigem Bistums-Verweser in Metz für die ganze Herrschaft (baronnie 
et seigneurie) nebst Zugehörigkeiten in gleicher Weise wie seine Vor- 
fahren dieses gethan. Weiterhin wurden die Abtretungs-Urkunden an 
Lothringen vom 25. Mai 1574?) und drei der trotzdem noch weiter- 
gehenden Huldigungen bei Bischöfen aus den Jahren 1599, 1600 und 
1610 vorgelegt. Nach dem Wortlaute der Urkunde von 1600 erfolgte 
die Lehenserneuerung des Herzogs Carl III. ausdrücklich bei seinem 
Sohne, dem Bischofe von Metz. 

Die Reunions-Kammer nahm, wie gewöhnlich, von dem Ver- 
wandten-Vertrage von 1574 gar keine Notiz; sie legte vielmehr dem 
»Herrn von Apremont« die Erfüllung der Huldigungs-Pllichten inner- 
halb der gewöhnlichen Zeiträume auf. Die Grösse des reunirten Ge- 
bietes beträgt nach vorliegenden Huldigungs-Akten 11/27 1Meilen; letztere 
sind von besonderem Interesse, da an diese Reunion noch weitere 
Verhandlungen sich knüpften. Am 20. Juni 1681 erstattete Herr Andre 
de Raulet, Edelmann der verstorbenen Herzogin von Orleans, Huldigung 


1) Eine gleiche Lehenserneuerung vom Jahre 1613, im Bezirks-Archiv zu 
Metz vorgefunden, wurde der Kammer nicht vorgelegt. 

?) Ein Brief des Bischofs Carl von Metz an den Herzog von Lothringen 
vom gleichen Jahre gehört zu den Dufresnes’schen Urkunden. Lothr, Jahrb. Vlla, 
S. 57. 


Ba 


und Lehensbekenntnis für das Schloss und den Schlossbezirk Apremont, 
am 4. September 1683 dagegen Herr Christophe de Boucault für die 
Herrschaft Apremont. Hiernach war die Nutzniessung dieser Besitzung 
von der französischen Regierung an Edelleute vergeben worden, da, 
wie die hierunter zu erörternde Kammersitzung vom 23. August 1683 
beweist, Graf Heinrich von Apremont-Reckein das Urteil der Kammer 
nicht anerkennt und die Huldigung verweigert hatte. 


Sitzung vom 11. September 1681. 


Anlass zu dieser Sitzung gab in erster Linie ein Streit, der um 
eine Zugehörigkeit der Herrschaft Apremont sich entsponnen haben 
sollte. Das Dorf Arry, 15 km südlich Metz, an der Mosel gelegen 
und heute zum Landkreise Metz gehörig, war als ein Teil der Herr- 
schaft Apremont erkannt worden, jedenfalls erst nach der Sitzung vom 
12. Juni 1680, da es bei der entfernten Lage anderen Falls wohl in 
dem Urteile besonders aufgeführt worden wäre. In den, demgemäs 
erst später aufgefundenen Urkunden hatte eines der Kammer-Mitglieder, 
Pierre de Cogney, Referent für Epinal, Blamont u. a., einen Verwandten 
entdeckt, der in Arry im Jahre 1385 Gerechtsame gehabt haben sollte '); 
auf Grund dieser Entdeckung war ihm die Hälfte der hohen Justiz 
daselbst zuerkannt worden. Für diese Gerechtsame verlangte angeblich 
der Besitzer, der vorgenannte Graf Heinrich d’Apremont, Huldigung 
seitens des Gerichtsrats Cogney, die dieser verweigerte, da er dafür 
direkt dem Könige gehuldigt habe, und der Graf von Apremont zu be- 
weisen habe, dass seine Vorgänger die Hälfte der hohen Gerichtsbarkeit 
in Arry besessen hätten. Die Kammerverhandlung fand daher in Form 
eines Civilprozesses zwischen dem Grafen Apremont als Kläger und 
dem Gerichtsrat Cogney statt. Die Kammer entschied auf Grund vor- 
liegender Lehenshuldigungen und Teilungen aus dem 16. und Anfange 
des 17. Jahrhunderts zu Gunsten des Grafen Apremont, jedenfalls mit 
Rücksicht auf dessen zeitige Lehensabhängiskeit, verfügte dann aber aus- 
drücklich die Reunion von Arry in den gewohnten Formen. Dieser 
letztere Beschluss und die Eigenartigkeit der Stellung des Mitgliedes 
der Reunions-Kammer selbst, führen zu der Vermutung, dass dieses 
letztere eine vorgeschobene Persönlichkeit war, zumal der Graf Heinrich 
durch seine angebliche Forderung gegenüber dem Rate Cogney indi- 
rekt die Aberkennung von Rechten zugegeben hätte. Zweifellos war 


1) Nach eigener Angabe, in seinem, im Bezirks-Archive zu Metz vorge- 
fundenen Lehensverzeichnisse. 


— 145 — 


daher die ganze Verhandlung nur eine Comüdie, angestellt, um trotz 
des vom Könige dem Kaiser gegebenen Versprechens eine neue Reunion 
aussprechen zu können. Das Gebiet derselben war allerdings nur ein 
kleines; wiewohl es in dem Reunions-Beschlusse heisst: Das Dorf, 
Gebiet und die Herrschaft Arrv, werden in dem genannten Lehens- 
verzeichnis des Rates Cogney ausser dem Dorfe keine weiteren Oertlich- 
keiten aufgeführt, was aber, nach vielen bezeugten Analogien, nicht 
eine wesentlich andere Auffassung des Reunions-Commissars verhindert 
haben dürfte. 


Sitzung vom 23. August 1683. 


Wesentlich grösser war die Erweiterung, welche die »Zugehörig- 
keitene von Apremont 2 Jahre später erfuhren, zu einer Zeit zu 
welcher, wie an gegebener Stelle nachzuweisen, die Kammer zum 
Reuniren in grossem Massstabe übergegangen war. Die Verhandlung 
war wieder gegen den angeblichen Herrn von Apremont, also den 
mehrgenannten Grafen Heinrich gerichtet, von dem hier gesagt wird, 
dass er zur Abstattung der verlangten Huldigung nicht hätte bestimmt 
werden können. Für die Erweiterung des Gebietes von Apremont 
wurden nicht weniger als 90 neu aufgefundene Urkunden vorgelegt, 
aus denen gefolgert wurde, dass mehr als 100 bisher nicht genannte 
Ortschaften zur Domaine oder zu dem Lehen von Apremont gehörten. 
Diese Orte lagen grösstenteils in benachbarten Aemtern des Herzogtums 
Lothringen; mehrere derselben gehörten, ihrer Lage nach, zu bereits 
früher reunirten Gebieten, z. B. die Dörfer Allamont, Allainville, Bon- 
court zur Herrschaft Conflans en Jarnisy; andere lagen im Gebiete der 
Bistümer, z. B. Ancy, Dieulouard, Sancey. Thatsächlich handelte es sich 
hierbei um Privatbesitzungen innerhalb dieser Ortschaften, wie auch 
aus den, sehr zahlreich sich vorfindenden Teil-Huldigungen, z. B. für 
Afflainville von 4 Besitzern hervorgeht, wobei nicht ausgeschlossen 
werden soll, dass auch solche kleinere Besitzungen, ähnlich wie die 
ganze Herrschaft, früher einmal vom Bischof von Metz zu Lehen 
empfangen worden sind. Die Theorie aber, aus einer noch so kleinen 
Besitzung in einer Herrschaft oder Ortschaft die Lehensherrlichkeit des 
Besitzers über das ganze abzuleiten, war zu dieser Zeit von der Kammer 
ausgebildet, und in einer vorhergehenden Sitzung, am 2. Juni 1683, 
in grossartigem Massstabe ausgenutzt worden!) Die Kammer erklärte 
die gesamten Oertlichkeiten selbst (villes, châteaux, terres et seig- 


1) s. Reunion des Herzogtums Bar. 
10 


— 146 — 


neuries) als zugehörig zur Herrschaft Apremont und verfügte ihre 
Reunion unter den gewohnten Formen; ein nicht unbedeutender weiterer 
Teil des Herzogtums war dadurch in völlig rechtloser Weise mit der 
Krone Frankreich vereinigt. 


15. 
Gebiet und Herrschaft Mars-la-Tour. 
Sitzung vom 23. Juni 1680. 


Mars-la-Tour') ist heute ein Flecken des Departements Meurthe-et- 
Moselle, 20 km westlich von Metz gelegen, und durch die Schlacht 
vom 16. August 1870 bekannt geworden. Von Altersher zum Bistum 
Metz gehörig, kam die Herrschaft, wie so viele andere in den Besitz 
des Herzogs von Lothringen; über die Art dieses Ueberganges, wie 
über die ältere Geschichte der Herrschaft überhaupt ist nur Weniges 
bekannt, und dieses Wenige stützt sich fast ausschliesslich auf die der 
Kammer vorgelesten Urkunden. Auch Calmet weiss über den Wechsel 
der Landeshoheit nichts weiter zu sagen, als: »Les ducs de Lorraine 
pretendaient à la souveraineté de Mars-la-Tour, et en jouissaient, 
comme étant les plus voisins et les plus forts«?). Durch den Vertrag 
von Vincennes 1661 wurde die Herrschaft an Frankreich abgetreten. 
Infolge der bei der Ortsbehörde in Mars-la-Tour abgegebenen Vor- 
ladung hatte Louis de Fiquelmont, Herr von Mars-la-Tour, für drei- 
viertel der Herrschaft zu huldigen sich bereit erklärt; anscheinend war 
demselben seitens der französischen Regierung diese Nutzniessung nach 
Art einer Verpachtung überwiesen worden. Hinsichtlich der Gründe 
für die trotzdem stattfindende Verhandlung kann auf früher Gesagtes 
Bezug genommen werden. Ausnahmsweise wurden Urkunden allge- 
meiner Art nicht vorgelegt, die frühere Zugehörigkeit zum Bistum Metz 
aber in unanfechtbarer Weise durch 10 Lehensbekenntnisse aus dem 
14. und 15. Jahrhundert dargethan?), in denen Bürger von Mars-la-Tour 
für verliehene Gerechtsame dem Bischofe Huldigung leisten. Weitere 
Urkunden kamen nicht zur Vorlage. Einen weiteren Anhalt bietet 
das vorgefundene Lehensbekenntnis eines Herrn Gerard d’Avilliers aus 
dem Jahre 1506“), in welchem dieser dem Herzog Renatus für einen 
9) Bouteillier, S. 161. 

?) Calmet, Notice, I, S. 752. 

%) In der ungewöhnlich hohen Zahl von 7 im Original im Bezirks-Archiv 
zu Metz befindlich, während im übrigen zumeist nur beglaubigte Abschriften 


vorgefunden. 


*) Der Kammer nicht vorgelegt. 


= ie 


anderen Besitz huldigt, sich aber ausdrücklich als Herr (seigneur) von 
Mars-la-Tour bezeichnet ; zur Zeit der Ausstellung dieser Urkunde scheint 
danach der Uebergang der Lehensherrlichkeit an Lothringen noch nicht 
erfolgt gewesen zu sein. 

In dem Urteil wurde dem Herrn von Fiquelmont die Huldigung 
beim Bischofe von Metz auferlegt und hinsichtlich des letzten Viertels 
und der französischen Souveränität in gewohnter Weise verfügt. Das 
Verfahren ist hiernach ein eigentümliches, da ein Lehensmann Frank- 
reichs, der infolge rechtmässiger Erwerbung die Herrschaft im Besitz 
hatte, nachträglich zum Afterlehensmann gemacht wird, ein neuer Be- 
weis dafür, dass die Herrschaft des Bischofs über seinen weltlichen 
Besitz als völlig nichtssagend angesehen wurde. Zu erklären ist dieses 
Verfahren wohl nur dadurch, dass durch die Zugehörigkeit zum Bis- 
tum ein weiteres Recht der französischen Krone construirt werden sollte. 

Die vorgefundenen Huldigungen gewähren ein gewisses Interesse 
hinsichtlich der Zersplitterung des, nicht im Besitze des Herrn von 
Fiquelmont befindlichen Teiles der Herrschaft; am 6. Juni 1681 er- 
stattete Graf von Schönburg die vorgeschriebene Huldigung für 11/2 
Viertel der Hälfte (»pour un quart et demi a la moitie de Mars-la- 
Tour, où j'ai mes bourgeois à parte) darauf am 11. April 1682 Herr 
de Raigecourt für ein Viertel der Herrschaft; am 31. August 1862 
Gräfin Schomberg für 11/2 Viertel der Hälfte der hohen Justiz (»le 
quart et demi dans la moitié de la haute justice dudit Mars-la-Tour«). 
Das Lehensbekenntnis des Hauptbesitzers des Herrn von Fiquelmont 
trägt das Datum des 10. Juni 1681. 

Die Grösse der Herrschaft betrug nur drei viertel D Meilen. 


16. 


Stadt Blamont, Gebiete und Herrschaften Mandre aux 
4 tours, Deneuvre et Amermont. 


Sitzung vom 14. Juni 1680. 


Blamont!) ist heute eine Stadt des Departements Meurthe-et- 
Moselle, östlich Lunéville in Nähe der deutschen Grenze gelegen; 
Mandre aux 4 tours?) ist ein Dorf an der entgegengesetzten Grenze 
des Departements Meurthe-et-Moselle, nördlich von Toul gelegen. Der 
dritte Ort, Deneuvre*), liegt wieder an anderer Stelle des gleichen De- 


1) Lepage, S. 17. 
?) Lepage, S. 85. 
3) Lepage, S. 40. 
10* 


— 148 — 


partements, etwa 20 km östlich von Lunéville; Amermont bildet heute 
keine besondere Gemeinde, sondern ist in dem Orte Bouligny aufge- 
gangen, der, etwa in der Mitte zwischen Etain und Longwy gelegen, 
zum Departement Meuse gehört; zur Reunionszeit bildete aber Amer- 
mont eine Oertlichkeit für sich. Dieselbe scheint aber der Reunions- 
kammer nur dem Namen nach bekannt gewesen zu sein; in dem Urteil 
ist nämlich angegeben, dass die Vorladung für Mandre und Amermont 
von ein und demselben Beamten am gleichen Tage zugestellt worden 
sei; beide Orte liegen aber etwa 60 km von einander; ein anderer 
Ort gleichen Namens in unmittelbarer Nähe von Mandre hat aber 
auch zur Reunionszeit nicht existiert, da in einem noch vorhandenen 
handschriftlichen Verzeichnisse der Ortschaften des Amtes (prevoté) 
Mandre aus damaliger Zeit der Name nicht vorkommt. Es darf daher 
mit Sicherheit angenommen werden, dass auch der Gerichtsvollzieher 
der Kammer die Ortschaft nicht gefunden hat, und dass eine Zustellung 
überhaupt nicht erfolgt ist. 

Nach Vorstehendem wurden in der Verhandlung 4, zum Teil weit 
auseinander gelegene Gebietsteile des Herzogtums Lothringen zusammen- 
gefasst, die aber auch im Anfange des 16. Jahrhunderts in der Hand 
des letzten Grafen von Blamont vereinigt gewesen waren, zugleich mit 
der von der Kammer nicht beanspruchten Herrschaft Fougeroles; eine 
kurze Skizzierung der Geschichte der vier Herrschaften wird die Art 
ihrer Vereinigung unter dem Hause Blamont klarlegen. 

Schloss und Herrschaft Blamont sind, ebenso wie die Bezeich- 
nung als Grafschaft, sehr alten Ursprungs'). Die Grenzen des an- 
fänglich wohl nur geringe Gerechtsame bedeutenden (Gebietes sollen 
aber sehr wechselnde gewesen sein. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts 
starb das Geschlecht der Grafen oder Herren in männlicher Linie aus; 
die einzige Erbtochter war mit dem Grafen Heinrich, Herrn des be- 
nachbarten Salm-Langstein, verheiratet, wodurch eine zeitweise Ver- 
einigung der 3 Gebiete bewirkt wurde. Um die Mitte des 13. Jahr- 
hunderts ging jedoch Blamont an eine jüngere Linie des Salm’schen 
Hauses über; fast gleichzeitig mit der Trennung von Salm erfolgte 
auch, wie für dieses, die Lehens-Auftragung an das Bistum Metz, für 
Blamont vom Grafen Friedrich von Salm; das Jahr ist nicht bekannt, 
fällt aber in die Regierungszeit des Bischofs Jacob von Metz, 1238 — 
1260. Diese Lehensherrlichkeit wurde anfangs des 14. Jahrhunderts 
von Bischof Reinhold an Lothringen verpfändet; in zwei Verträgen, 

') Calmet, Notice, I, S. 126 ff.; s. a. Mémoire de la société d'archéologie 
Lorraine, IT. Serie, 18. 19. Band. 


— 149 — 


welche Heinrich von Blamont mit dem Bischof von Metz 1320 und 
1324 schloss, ist von einer Lehensherrlichkeit des letztern über Blamont 
nicht mehr die Rede !). Nicht lange nachher aber tritt eine solche uns 
wieder entgegen und war auch noch aufrecht erhalten, als 1499 der 
letzte des Salm-Blamontschen Geschlechtes, Bischof Oulry von Toul, 
Blamont zugleich mit den 3 andern zur Reunion stehenden Herrschaften 
an den Herzog Renatus Il. von Lothringen abtrat; die Einzelheiten 
dieses Uebergangs wird die Erörterung der bezüglichen Urkunde an- 
geben; die hierbei vorbehaltene Lehensherrlichkeit von Metz ward aber 
1560 von Bischof Franz mit Genehmigung des Domkapitels bedingungslos 
aufgegeben. 

Mandre aux 4 tours, benannt nach einem alten Schlosse mit 
vier flankierenden Türmen ?), war im 14. Jahrhundert im Besitze der 
Herren von Apremont-Autel, welche, wie für ihren Hauptbesitz, so 
auch für diese Herrschaft dem Bistum Metz zu Lehen standen. Im 
15. Jahrhundert kam Mandres durch Verpfändung an das Haus Salm- 
Blamont, und teilte fortan das Geschick der letztgenannten Herrschaft. 


Amermont-Bouligny war ursprünglich ein Teil der Herrschaft 
Amelle*), welche gegen Anfang des 13. Jahrhunderts aus den Händen 
eines besonderen Geschlechtes an das der Grafen Salm-Blamont über- 
ging, wobei der Namenswechsel vollzogen wurde. Die Herrschaft kam 
zugleich mit den drei vorgenannten an Lothringen. 


Deneuvre soll uralter Besitz der Kirche von Metz gewesen sein‘), 
wird aber im 13. Jahrhundert als lehensfreie Herrschaft der Grafen 
von Salm genannt, auf welche das Bistum 1291 von dem benachbarten 
Langstein aus seine Landeshoheit ausdehnte”); die Grafen von Salm 
nahmen aber auch nachher dort öfter ihre Residenz und behandelten 
die Herrschaft ganz wie ihre übrigen Besitzungen ®). Zur Reunionszeit 
waren daher alle vier Herrschaften seit fast 200 Jahren im unbe- 
strittenen und rechtmässigen Besitze des Herzogs von Lothringen. 

Die vorgelegten allgemeinen Urkunden, Investituren, Lehens- 
erneuerungen und Schutzbriefe der Metzer Bischöfe enthalten keine 
Erwähnung eines der vier Gebiete; durch 5 Sonderurkunden aus dem 


1) Lothr. Jahrb., VIId, S. 153 u. S. 160. 

2) Calmet, Notice, I, S. 718. 

®) Calmet, Notice, I, S. 314. 

4) Calmet, Notice, supplément, S. 21. 

5) Lothr. Territ., S. 138, Anm. 

8) Urkunden der Jahre 1412-1414 betreffen Girard de Deneuvre, chätelain 


de Mandre aux quatre tours. Marichal, S. 9. 


— 190 — 


13. Jahrhundert wurde aber das angeführte Lehensrecht der Bischöfe 
nachgewiesen, die vier älteren beziehen sich jedoch nur auf Blamont, 
die letzte, vom Jahre 1291, auf Blamont und Deneuvre. Weiter vor- 
selegt wurde ein Vertrag, laut welchem Bischof Reinhold 1514 die 
Lehensherrlichkeit für 10,000 livres an Herzog Friedrich von Lothringen 
dergestalt abtrat, dass der Graf von Blamont Lehensmann Friedrichs 
werden, und ihn gegen jeden Feind, selbst gegen den Bischof von Metz 
unterstützen solle (»de l'aider contre tous hommes, même contre le 
dit evech@ de Metz«). Bereits aus den Jahren 1331 und 1336 liegen 
wieder zwei, aus dem 15. Jahrhundert vier Lehenserneuerungen für 
Blamont und Deneuvre bei den Bischöfen von Metz vor. Weiterhin 
wurde vorgelegt der unterm 3. Oktober 1499 ausgefertigte Schenkungs- 
Akt des Bischofs Oulry von Toul an den Herzog von Lothringen, in 
welchem als Grund für dieses Vermächtnis die wichtigen, dem Bistum 
Toul von dem Empfänger geleisteten Dienste angeführt werden (»en 
mémoire des grands biens, supports et conforts, que toujours avaient 
faits et demontrés les ducs de Lorraine à nos dits predecesseurs«), 
und Bischof Oulry zugleich den Bischof von Metz bittet, den Herzog 
als Lehensmann annehmen zu wollen; eine Urkunde vom 4. Dezember 
desselben Jahres enthält die Huldigung des neuen Besitzers, Herzogs 
Renatus II. von Lothringen, beim Bischofe Heinrich, seinem Oheim. 

In der Verwertung dieser beiden Urkunden, welche die Hauptgrund- 
lage für die Reunion bilden sollten, wandte die Kammer, oder richtiger wohl 
der General-Prokurator Ravaulx einen geschickten, wenn auch durch- 
sichtigen Kunstgriff an, zu dessen Aufdeckung der Wortlaut angeführt 
werden muss; es heisst in der ersten Urkunde: »donne cede et trans- 
porte les places, villes, chatellenies et prevotés de Blamont, Deneuvre, 
Amermont, Mandre aux 4 tours, la terre et seigneurie de Fougeroles 
et toutes autres terres et seigneuries à lui echues, et prie par celui son 
seigneur evèque de Metz, comme seigneur feodal des dits Blamont et 
autres lieux avant dits de vouloir ete.«, und in dem Lehensbekennt- 
nis dem entsprechend: »reconnait . . . qu'en conséquence il est entre 
en la foi et hommage de son seigneur et oncle, monsieur Henry de 
Lorraine evêque de Metz pour et à cause des dites villes de Blamont 
et Deneuvre et autres pièces mentionnées au dit don.« Aus 
diesem Wortlaut geht keineswegs hervor, dass der Bischof die Belehnung 
mit allen abgetretenen Gebieten vornehmen sollte, da, soweit nachweisbar, 
Amermont und Mandre niemals im Lehensverhältnis zu Metz gestanden, 
vielmehr Allod des Grafen gewesen waren; andernfalls würde der 
Ausdruck wohl auch gelautet haben: »des dits Blamont et des autres 


— 151 — 


lieux«, während der gewählte Wortlaut nur die Auslegung zulässt : 
»Lehnsherr von Blamont und anderen der vorgenannten Ortschaften.« 
Der Erblasser, Bischof Oulry von Toul, führt zwar den ganzen abge- 
tretenen Besitz auf, bittet aber den Bischof, die Belehnung nur für 
diejenigen Teile dieses Besitzes zu erteilen, deren Lehensherr er sei. 

Ein Auszug aus der Erneuerung des Schenkungs-Aktes vom Jahre 
1503 lässt das Verhältnis gleichfalls und wohl absichtlich zweifelhaft 
erscheinen; auch der Regesten-Auszug von du Fourny !) lässt, wiewohl 
er neun Urkunden über diese Schenkung umfasst, den Sachverhalt nicht 
erkennen, da infolge der Kürze das Verhältnis zu Metz, das damals 
schon nur mehr formeller Art war, darin gar nicht mehr erwähnt 
wird. Die obige Auffassung wird aber trotzdem zur Gewissheit durch 
zwei weitere der Kammer vorgelegte Urkunden; in einem Investitur- 
briefe vom 17. Mai 1503 erklärte Bischof Heinrich von Metz, dass er 
den Herzog Renatus als Lehensmann annehme, da er durch die Schenkung 
des Bischofs Oulry Besitzer von Blamont, Deneuvre und Zugehörigkeiten 
geworden sei (des dits Blamont, Deneuvre et dependances), in einem 
ähnlichen Schriftstücke vom 6. September 1528 bezeugt Bischof Johann, 
dass Herzog Anton ihm für Blamont und Deneuvre als Lehen seines 
Bistums Huldigung erstattet habe; von den beiden anderen Herrschaften 
ist in beiden Urkunden nicht die Rede, unter »dependances« können 
diese ganz selbständigen Gebiete nicht mit gemeint sein. Die Schenkung 
konnte auch nicht wohl in anderm Sinne erfolgt sein, da, wie oben 
nachgewiesen, Amermont niemals in Lehens-Beziehungen zu Metz ge- 
standen hatte, und die Lehensherrlichkeit von Mandre seit der Ab- 
trennung von dem bischöflichen Lehen Apremont niemals zur Sprache 
gekommen, also längst vergessen war. 

Im Jahre 1561 trat das Kapitel zu Metz alle seine Hoheitsrechte 
durch besondern Ergänzungs-Vertrag zu der Schenkung von 1499 an 
Herzog Carl II. ab?); dieser Vorgang kam aber nicht zur Kenntnis 
der Kammer. Diese sprach alle vier Herrschaften, unter den ge- 
wohnten Formen, dem Herzoge von Lothringen ab. Die Grösse derselben 
kann, da nur Teil-Huldigungen in sehr beschränkter Zahl vorliegen 
und keinen Anhalt geben, nur unter Vorbehalt wie folgt angegeben 
werden: 

Grafschaft Blamont 6 [Meilen 
Herrschaft Mandre aux 4 tours 1 OÙ Meile 
Herrschaft Deneuvre ‘/2 Meile. 


1) s. S. 100. 
) Recueil de documents sur l'histoire de Lorraine, III. S. 118. 


= 


Für die Grösse von Amermont-Bouligny liegt keinerlei Anhalt 
vor. Während den Ansprüchen auf Blamont und Deneuvre eine ge- 
wisse Berechtigung, wie immer natürlich abgesehen von der Verjährung, 
zuzuerkennen ist, trägt die Reunion von Mandre aux 4 tours und 
Amermont den Charakter eines Aktes der Willkür durch absichtliche 
unrichtige Auslegung von Urkunden. 


IM; 
Schloss und Zugehörigkeiten von Lützelburg. 
Sitzung vom 21. Juni 1680. 


Lützelburg !) ist heute ein Dorf mit nebenliegender Ruine des 
Kreises Saarburg in Lothringen, 4 km südlich Pfalzburg gelegen. 
Lützelburg soll ursprünglich Besitz der Abtei Maursmünster gewesen 
und von dieser 1050 durch Tausch gegen St. Quirin dem Bistum Metz 
überlassen worden sein*). Um 1141 finden wir dagegen die Herrschaft 
im Besitze des Grafen von Bar, und um die Mitte des Jahrhunderts 
im persönlichen Eigentum des Bischofs Stefan von Bar, der bei seinem 
Tode 1163 sie dem Bistum Metz übertrug. Schon früh beginnen hier 
die Verpfändungen seitens der Bischöfe; anfangs des 14. Jahrhunderts 
erwarben auf diesem Wege die Grafen von Lützelstein die Hälfte der 
Herrschaft, 1344 Herr Burkhard von Finstingen die ganze, hiernach 
also wieder von der erstgenannten Verpfändung befreite Herrschaft. 
Nach Auslösung finden wir gegen Ende des Jahrhunderts wieder ein 
Viertel an den Bischof von Strassburg, ein anderes Viertel bald darauf 
an den Herzog von Lothringen verpfändet; das erstgenannte Viertel 
kam nach vielfachem Wechsel um 1500 in die Hände der Herren von 
Sickingen. Bei der bekannten Fehde Franz von Sickingens mit dem 
Kurfürsten von der Pfalz und anderen Reichsfürsten ward 1523 auch 
die Burg Lützelburg von den Verbündeten besetzt und zerstört, die 
Herrschaft aber mit der kurpfälzischen Grafschaft Lützelstein vereinigt, 
wobei etwaige andere Verpfändungen nicht mehr zur Sprache kamen ; 
die Lehensherrlichkeit des Bistums ward aber wenigstens bis zur Mitte 
des Jahrhunderts noch anerkannt. Infolge der Teilungen im pfalz- 
gräflichen Hause kam 1561 Lützelburg als Teil der Grafschaft Lützel- 
stein an den Pfalzgrafen Johann Georg von Veldenz, der es 1570 der 
von ihm gegründeten Herrschaft Pfalzburg zuteilte. Mit dieser ver- 


!) Lepage, S. 82. 
*) Lothr. Territ., I, S. 219 ff. s. dagegen Chätelain im Lothr. Jahrb. 
VIIb, S. 45. 


— 13 — 


einigt bleibend kam daher Lützelburg durch Kauf 1584 an das Herzogtum 
Lothringen, 1618 an eine lothringische Sekundagenitur, unter welcher 
die Herrschaft einen Teil des 1624 errichteten Reichsfürstentums bildete. 
Nach dem Erlöschen der Nebenlinie ward Lützelburg mit Pfalzburg 
1660 von Herzog Carl IV. wieder eingezogen, bereits im folgenden 
Jahre aber durch den Vertrag von Vincennes an Frankreich abgetreten. 

Die Kammer-Verhandlung ist daher unter den gleichen Gesichts- 
punkten anzusehen, wie bei der Reunion von Mars-la-Tour u. a. 
erörtert. Die Vorladung war bei dem Ortsvorstande des Fleckens 
Lützelburg abgegeben worden, die Verhandlung fand aber in contu- 
maciam statt. 

Die Beweisführung machte es sich zur Aufgabe, die frühere 
Lehensabhängigkeit der Herrschaft vom Bistum‘ Metz darzuthun; die 
wichtigste Grundlage dafür waren zwei Urkunden von den ‚Jahren 
1344 und 1350, nach denen Bischof Ademar von Metz dem Herrn 
Burkard von Finstingen das Schloss Lützelburg zu Lehen gegeben, 
und den Rückkauf sich vorbehalten hatte, 1344 für 500 livres, 1350 
infolge weiterer Geldleihe für 1000 livres. Durch einen Vertrag vom 
Jahre 1381 zwischen dem Bischofe Dietrich und demselben Herrn 
Burkard war im Vergleichswege das Pfandobject auf die Hälfte von 
Lützelburg und die Hälfte von Freiburg übertragen worden; den an 
das Bistum zurückgefallenen Teil (»certaine portion«) verpfändete 
Dietrich für 200 Gulden an den Bischof Friedrich von Strassburg ; 
denselben löste aber laut vorgelester Urkunde 1391 Bischof Raoul de 
Coucy durch Rückzahlung der Pfandsumme wieder ein. Trotzdem 
blieben die Bischöfe von Strassburg im Besitze dieses Teiles der Herr- 
schaft; laut 2 vorgelegten Urkunden vom Jahre 1421 und 1434 ver- 
spricht Bischof Wilhelm von Strassburg, gemäss der von seinem Vor- 
gänger eingegangenen Verpflichtung, das Pfandobjekt dem Bischof Conrad 
von Metz zurückzustellen und die Pfandbriefe Dietrichs ihm auszu- 
liefern; über die andere Hälfte wurden noch zwei Lehensbekenntnisse 
vorgelegt, eines aus dem Jahre 1405, welches mehrere Ortschaften der 
nähern Umgebung umfasste, das andere nahezu gleichen Inhalts aus 
dem Jahre 1483; drei weitere Lehensbezeugungen aus den Jahren 1469, 
1495 und 1552 betreffen nur kleineres Eigentum innerhalb des Gebietes. 
Die vielseitige Geschichte Lützelburgs im 16. und 17. Jahrhundert kam 
daher bei der Kammerverhandlung in keiner Weise zum Ausdruck, 
ebensowenig das Eigentums-Verhältnis zur Reunionszeit. Die Kammer 
ging einfach auf die ältesten Urkunden von 1344 und 1350 zurück, 
und verfügte den Rückfall des Lehens an das Bistum gegen Zahlung 


— 154 — 


der Schuldsumme von 1000 livres, und einer Entschädigung bis zur 
Höhe von 200 livres für Verbesserungen, die etwa während der drei 
ein halb Jahrhunderte das Besitztum erfahren haben sollte. Der Um- 
fang des reunirten Gebietes kann auch nicht annähernd mehr bestimmt 
werden, da die Grenzen bei den Besitz-Verschiebungen gewechselt 
haben, und in einzelnen Urkunden angeführte Oertlichkeiten heute ver- 
schwunden, auch in älteren Karten nicht aufzufinden sind; auch liegen 
keine Huldigungs-Akte für Lützelburg vor'). 


ker 
Gebiet und Herrschaft Briey. 
Sitzung vom 27. Juni 1680. 


Die Stadt Briey, 20 km nordwestlich von Metz gelegen, ist heute 
Arrondissements-Sitz des Departements Meurthe-et-Moselle ?); sie wird 
zuerst um die Mitte des 11. Jahrhunderts als Witwensitz der Gräfin 
Beatrix von Verdun erwähnt, welche sie ihrer Tochter, der vielge- 
nannten Gräfin Mathilde von Tuscien, hinterliess. Vor dem Tode der 
letzteren bemächtigte aber Graf Reinhold von Bar sich dieses (Gebietes, 
und besetzte Schloss Briey; mit den Mathildeschen Gütern ging daher 
nur ein kleiner Teil hiervon, eine Meierei, in den päpstlichen Besitz 
über, während Graf Reinhold sich für die Folge auch Herr von Briey 
nannte. Seine Nachfolger erkannten aber die Lehensherrschaft Burgunds, 
und von dieser 1214 befreit, die des Bistums Metz an, letztere soweit 
erkennbar, nicht durch Auftragung, sondern infolge von Erbberechtigung 
aus der Zeit um 1170. Im Jahre 1225 entstand jedoch eine Fehde 
zwischen dem Grafen Heinrich von Bar und dem Grafen Johann von 
Chalons, anscheinend wegen Brieys; Graf Heinrich wurde gefangen, 
und erkaufte um die Pfingstzeit des folgenden Jahres seine Freiheit, 
zugleich aber die Lehensunabhängigkeit von Briey um die Summe von 
16000 Livres. Von diesem Zeitpunkte an gehörte die Herrschaft Briey 
in unbestrittener, durch wiederholte urkundlich vorliegende Souverä- 
nitäts-Akte bezeugter Weise zum unabhängigen Bar bezw. zum Herzogtum 
Lothringen-Bar, innerhalb dessen die Stadt zur Reunionszeit Sitz eines 
Unteramtes war. 

') Auffallenderweise ist auch keine der erwähnten Urkunden im Original 
oder in Abschrift im Bezirks-Archiv zu Metz vorgefunden worden. 

°) Die geschichtlichen Notizen nach: Abel in mémoires de la société d’ar- 
chéologie et d'histoire de la Moselle, Metz 1874. XIIL, S. 339. 


— 155 — 


Die Beanspruchung erfolgte ausschliesslich durch ein Lehensbe- 
kenntnis des Grafen Heinrich von Bar aus der kurzen Zeit der bischöf- 
lichen Lehensherrlichkeit ; in der vorgelegten Urkunde von 1225 bekennt 
der Graf sich ausser für Thiécourt (Diedersdorf) und Fribourg auch 
für die Herrschaft Briey als Lehensmann des Bischofs Johann von 
Metz. Auf Grund dieser einen Urkunde wurde die Herrschaft unter 
den üblichen Formen dem Bistum und der Krone Frankreich zuge- 
sprochen. 

Da nur unbedeutende Teil-Huldigungen für Besitzungen innerhalb 
der Stadt vorliegen, ist ein zuverlässiger Anhalt für die Grösse des 
reunirten Gebietes nicht vorhanden. 

Die Reunion ist eines der charakteristischsten Beispiele für das 
durch einseitige Benutzung alter Urkunden, ohne Berücksichtigung der 
Vorkommnisse späterer Jahrhunderte, nachweisbar geschehene Unrecht. 


19. 
Grafschaft Zweibrücken. 


Sitzung vom 28. Juni 1680. 


Die Grafschaft ist ein aus dem Bliesgau herausgewachsenes terri- 
toriales Gebiet, heute grösstenteils zur baverischen Pfalz gehörig, das 
im Mittelalter zunächst unter besonderen Landesherren, den Grafen 
von Zweibrücken, stand. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts kam die 
Grafschaft aber in den Besitz des rheinpfälzischen Hauses, indem Graf 
Eberhard von Zweibrücken durch Vertrag vom Jahre 1385 die Hälfte 
von Zweibrücken, Hornbach und Bergzabern als Eigentum an den 
Kurfürsten Ruprecht I. von der Pfalz abtrat, und die andere Hälfte 
dieses seines Gebietes ihm als Lehen auftrug, wofür der Kurfürst dem 
Grafen 25,000 Gulden zahlte). 

Durch das Hausgesetz von 1410, durch welches der deutsche 
König, Kurfürst Ruprecht Ill, die ererbten Gesamt-Besitzungen unter 
seine 4 Söhne so teilte, dass fortan die verschiedenen Zweige sich als 
getrennte Linie gegenüberstehen, ward zum zweiten Male eine besondere - 
Grafschaft Zweibrücken gebildet, welche die ältere an Grösse wesentlich 
überragte; zu den früheren Haardt-Gebieten, Zweibrücken, Hornbach, 
Bergzabern, treten jetzt Landschaften auf dem Hunsrück mit Simmen 
und Stromberg, an der Mosel mit Falkenburg und Ehrenburg, am 
Donnersberg mit Bolanden und Ruprechtseck, und im Elsass, mit Lützel- 


- 


1) Häusser, Geschichte der rheinischen Pfalz, 1845, I, S. 187. 


— 156 — 


stein, Reichshofen und Hochfelden als Hauptorten, die elsässischen Ge- 
biete allerdings in gemeinschaftlichem Besitze mit der Kurpfalz. Landes- 
herr wurde der Pfalzgraf Stefan, der dritte der 4 Söhne Ruprechts, 
der den, dem grossen Umfange seines Gebietes entsprechenden Titel 
Herzog von Zweibrücken annahm. Das neue Herzogtum blieb aber 
nicht in diesem Bestande erhalten; durch Neuerwerbungen und wieder- 
holte Teilungen im pfalzgräflichen Hause wurde es vielmehr teils ver- 
grössert, teils verkleinert '). 

Zur Reunionszeit zeigte das Herzogtum daher eine wesentlich 
andere Gestalt als bei seiner Gründung 1410; es zerfiel damals in die 
vier Oberämter Zweibrücken, Bergzabern, Lichtenberg und Meisenheim, 
beide letztere im Gebiete des Nahe-Flusses gelesen; ein Teil desselben, 
aus der Veldentzschen Erbschaft stammend, war durch Kammerspruch 
vom 16. April 1680 bereits reunirt worden. 


Landesherr war zu dieser Zeit Herzog Friedrich Ludwig, der 
letzte männliche Sprosse der Linie Landsberg-Zweibrücken, der die 
Reunion nicht lange überlebte. Die Vorladung war in der Stadt Zwei- 
brücken abgegeben worden, welche damals, von der Kriegszeit her, 
noch mit französischen Truppen besetzt war. 


Herzog Friedrich Ludwig hatte darauf am 15. Mai 1680 eine 
Verwahrung eingelegt, worin er verlangte, vor seine natürlichen Richter 
(also wohl den Kaiser) gestellt zu werden; er erklärte sich aber bereit, 
die Rechtstitel vorzulegen, und ersuchte deshalb von dem Verlangen 
der Lehenshuldigung beim Bischofe von Metz entbunden zu werden. 
Noch an demselben Tage erging an ihn die Aufforderung, zu erklären, 
ob die »Grafschaft« Zweibrücken ein Lehen des Bistums Metz sei oder 
nicht; im Verneinungsfalle werde sie als verfallen erklärt werden. 


Zwei Tage später, am 17. Mai, wurde der Anwalt des Herzogs 
Duclos aufgefordert, die Vollmacht als Vertreter des Herzogs vorzu- 
legen; nach Anerkennung derselben durch die Kammer lehnte er im 
Namen des Herzogs die Vorlage des Lehensbekenntnisses ab; die Ver- 
handlung fand daher, wie fast alle übrigen, in contumaciam statt. 


Die Sonder-Urkunden, auf welche die französischen Ansprüche 
sich stützten, waren in erster Linie drei Erklärungen des Grafen Hein- 
rich von Zweibrücken aus den Jahren 1243 und 1275, in welcher 
dieser sich als Lehensmann des Bischofs von Metz bekennt, und zwar 
vor allen anderen Herren, den Kaiser ausgenommen; welches aber 
sein, vom Bischof erhaltenes Lehen sei, ist in den Urkunden nicht ge- 


') Lehmann, Geschichte des Herzogtums Zweibrücken. 1867. 


sagt. Noch nichtsssagender waren die demnächst vorgelegten Beweis- 
stücke, zunächst der Beschluss eines am 1. Dezember 1356 zu Metz 
abgehaltenen Vasallentages, auf welchem eine Unternehmung gegen 
die dem Bischofe ungehorsame Stadt Saarburg ins Auge gefasst wurde; 
bei diesem Feudaltage habe anscheinend (il parait) ein Graf von Zwei- 
brücken den Vorsitz geführt. Angeschlossen wurde ein Erlass des 
Kaisers Karl IV. an den Grafen von Zweibrücken, als seinen Statthalter 
in Lothringen, gegeben zu Diedenhofen am 8. Januar 1357, nach welchem 
er die dem Bischof vor Kurzem verliehenen Privilegien und Gnaden- 
erweise als nicht erlassen angesehen, und diese Anordnung bekannt zu 
machen befiehlt '). 

Diese Urkunde erfuhr eine starke Verdrehung; nach der Kammer- 
verhandlung lautet der Inhalt: »qu’il a suspendu la reprise des regales 
de l’eveche de Metz«, was augenscheinlich so aufgefasst werden sollte, 
dass der Graf die Erneuerung seiner Gerechtsame beim Bischofe von 
Metz zu unterlassen habe; andernfalls kann keinerlei Zusammenhang 
der Urkunde mit den Reunionszwecken herausgefunden werden. End- 
lich wurde der Kammer noch ein Aktenstück aus dem 16. Jahrhundert 
unterbreitet, welches die Verhandlungen zweier Vasallentage zu Metz, 
aus den Jahren 1551 und 1554, enthält, in denen eine Streitsache 
zwischen dem »Grafen« Jacob von Zweibrücken und dem Herrn Philipp 
von Helmstedt zur Beurteilung kam. In demselben Aktenstücke soll 
an einer anderen, nicht näher bezeichneten Stelle »der Graf« von 
Zweibrücken Vasall des Bischofs von Metz genannt werden. Die 
Charakteristik dieser angeblichen Beweisstücke dürfte darthun, dass 
unter allen bisherigen Reunionen die vorliegende eine der frivolsten 
war; in keiner der Urkunden ist ausgesprochen, dass die Grafen von 
Zweibrücken diese Grafschaft als Metzer Lehen besassen; die Er- 
klärungen können sich sehr wohl auf ganz andere Gebietsteile bezogen 
haben, was bei den häufigen Verpfändungen seitens der Metzer Bischöfe 
darchaus nichts Unwahrscheinliches hat, auch beziehen die jüngeren 
anscheinend sich gar nicht auf die regierenden Herren, die sonst wohl 
als Herzöge bezeichnet worden wären, sondern auf andere Mitglieder 
ihres Hauses. 

Die Kammer teilte natürlich diese Bedenken nicht; sie verfügte 
in gewohnter Weise die Abstattung der Huldigung innerhalb eines 
Monates, die Vorlage des Lehens-Verzeichnisses nach weiteren 40 Tagen; 
von der angedrohten Verfall-Erklärung wurde darnach vorläufig noch 
Abstand genommen. Der Herzog Friedrich Ludwig fügte sich natürlich 


') So der Inhalt bei Böhmer-Huber, regesta impern VII, 1877, No. 2594. 


— 18 — 


diesem Ansinnen nicht; infolgedessen ward das ganze Land alsbald von 
französischen Truppen durchzogen, auch die zur alten Grafschaft nie- 
mals in Beziehung gewesene Enclave Bergzabern vom General Montclar 
okkupiert. Die Vesten Wegelenburg und Neucastel wurden im Oktober 
desselben Jahres in die Luft gesprengt!). Während dieser Gewaltthaten, 
am 1. April 1681, starb Herzog Friedrich Ludwig, und mit ihm erlosch 
die regierende Linie; das Herzogtum fiel an die Kleeburger Seitenlinie, 
und infolge von Heirat an König Carl XI. von Schweden. Sogleich 
liess Ludwig XIV. dem neuen Landesherrn sagen, dass dieses durch 
Erbschaft ihm zugefallene Territorium naturgemäss unter einer anderen 
Souveränität stehen müsse, entweder der kaiserlichen oder der fran- 
zösischen; er schmeichle sich, dass der König die eines seit langem 
befreundeten und verbündeten Monarchen vorziehen werde ?). 


König Carl XI. von Schweden verweigerte aber gleichfalls die 
verlangte Huldigung, suchte vielmehr die Belehnung beim Kaiser nach, 
und schloss Bündnisse zur Bekämpfung der französischen Usurpation *). 
Die Huldigung wurde jedoch dem Könige geleistet von anderen Mit- 
gliedern des pfalzgräflichen Hauses, welche der schwedischen Krone 
das Herzogtum streitig zu machen suchten, und mit französischer Hülfe 
ihr Ziel zu erreichen hofften, nachdem ihnen anscheinend Aussichten 
auf Belehnung im Falle der Nachsuchung gemacht waren. Im Original 
ist vorgefunden zunächst ein Lehensbekenntnis des Grafen Adolf Johann, 
jüngeren Bruders des Vaters Carl XI., für das Herzogtum in der Aus- 
dehnung der oben genannten vier Oberämter. Die Vorlage hatte für 
ihn nicht das gewünschte Ergebnis. Mit gleichem Misserfolge erstattete, 
laut vorliegender Original-Urkunde, am 29. Mai 1683 ein anderer 
Prätendent, Graf Christian von der Birkenfeld-Bischweiler Linie, nach 
Angabe von Rousset von Ludwig XIV. bestochen, und zur blossen Her- 
gabe seines Namens bewogen *), gleichfalls für den ganzen Umfang des 
Herzogtums die Huldigung. Nur für zwei Herrschaften, Landsberg und 
Stadeken, welche dem Grafen Emich von Leiningen und dem Grafen 
Johann Philipp von Isenburg, beide vermählt mit Prinzessinnen aus 
dem Hause Pfalz-Zweibrücken, zugefallen waren, wurde die Recht- 
mässigkeit des Besitzes anerkannt; die Grafen erstatteten am 28. April 
1681 die vorgeschriebene Huldigung®) und wurden als Vasallen in die 


1) Lehmann, S. 442. 

?) Ranke, Sämtl. W. X, S. 344, nach den Spanheimschen Akten. 

3) s. dritten Teil. 

*) Rousset, histoire de Louvois 1879, III, S. 30. 
ai H Das Huldigungs-Protokoll abgedruckt bei Dumont, corps diplomatique VII, 
23 D, 19, 


Be 


Landeshoheit des Königs aufgenommen. Das ganze übrige Herzogtum, 
dessen Grösse nach den Lehensverzeichnissen genau festzustellen ist, 
und gegen 20 DJMeilen beträgt, wurde der französischen Verwaltung 
unmittelbar unterstellt, wozu die Weigerung des rechtmässigen Lehens- 
trägers und der Streit zweier anderen Prätendenten um die Belehnung 
die gewünschte Veranlassung bot. Eigentümlich ist, dass vor mehr als 
100 Jahren Pfalzgraf Wolfgang von Zweibrücken dieses Schicksal 
vorausgesehen und als eine naturgemässe Folge der Wegnahme der 
drei Bistümer durch Frankreich bezeichnet hatte ?). 


20. 
Schloss, Grafschaft und Herrschaft Castres. 
Sitzung vom 28. Juni 1680. 


Das Schloss Castres ist gleichbedeutend mit der heutigen Burg- 
ruine der Stadt Bliescastel ?), welcher die altrömische Bezeichnung 
castellum ad Blesam den Namen gegeben hat. In dem alten Schlosse 
hatten die Grafen des Bliesgaues unter dem Namen: comites de Castris 
ihren Sitz, scheinen aber nicht die Territorialhoheit erlangt zu haben; 
die Grafschaft soll vielmehr schon früh, angeblich 960, durch eine 
Schenkung Kaiser Otto I. in den Besitz des Bistums Metz übergegangen 
sein?), welches eine zweite Linie der comites des Castris gegen Ende 
des 11. Jahrhunderts damit belehnte. Auf die Zeiten des letzten dieser 
Linie, Grafen Heinrich, der 1238 starb und 1226 Lehenserneuerung 
beim Bistum bewirkt hatte, gingen die Ansprüche der Kammer zurück. 
Nach seinem Tode*) kam Bliescastel an den Gatten seiner Tochter 
Elisabeth, den Grafen von Sulz, und nach Scheidung von diesem an 
den Grafen Reginald von Lothringen, Herrn zu Bitsch, der sich bis 
zu seinem 1274 erfolsten Tode Graf von Bliescastel nannte; eine 
andere, mit dem Grafen Heinrich von Salm vermählte Tochter des 
Grafen Heinrich wurde 1275 mit einem Kindsteile ('/s von Bliescastel 
und von der zugehörigen Herrschaft Püttlingen?) abgefunden ; dieser 
erhielt gleichfalls vom Bischof die Belehnung, gab jedoch 1284 seinen 
Anteil gegen 20,000 Livres an das Bistum zurück. 


DE. ll, 
?) Lehmann, Urkundliche Geschichte der Burgen und Bergschlösser der 
Pfalz 1857, V., S. 253. 


3) Nach Beyer, Urkundenbuch Il, S. LVI; und der Lothr. Territ., S. 251; 
die Annahme bestreitet jedoch Witte im Lothr. Jahrb. Vlla, 5. 92. 
*) Das Folgende nach den Lothr. Territ., 5. 252 fl. 


5) Püttlingen bei Saaralben; s. S. 82. 


— 160 — 


Dieses verpfändete in demselben Jahre den ganzen Besitz an 
Lothringen, geriet aber wegen Ablehnung der bedungenen Auslösung 
mit diesem 1288 in Streit; 1291 gab Lothringen nach, wofür es den 
Anteil des Bistums an Dieuze erhielt. 

Die wechselreichen Geschicke der Grafschaft gingen im folgenden 
Jahrhundert in dauernde Verhältnisse über, indem 1326 das Bistum 
sie an den Erzbischof Balduin von Trier verkaufte, in dessen unmittel- 
barem Besitze sie mehr als drei Jahrhunderte blieb. 1654 belehnte 
der Erzbischof Caspar von der Leyen, auf Hebung seiner bis dahin 
unbedeutenden Familie bedacht, seinen Bruder Hugo Ernst von der 
Leyen mit dem nunmehr Herrschaft benannten Bliescastel, und führte 
1661 in derselben das Erstgeburtsrecht ein. | 

Zur Reunionszeit war daher das beanspruchte Gebiet als Lehen 
des Erzbistums Trier in Händen des Grafen von der Leyen. Die zur 
Zeit der zweiten Linie der Grafen von Castres mit Bliescastel verbunden 
gewesene Herrschaft Püttlingen, welche vielfach, anscheinend nur wegen 
ihrer gräflichen Besitzer, auch Grafschaft genannt wird, und die gleich- 
namige, heute zum Kreise Forbach gehörige Stadt zum Mittelpunkte 
hat, stand in keiner Beziehung mehr zu den Besitzern von Bliescastel ; 
sie war ganz in den Besitz der Grafen von Salm gekommen, und ge- 
hörte zur Reunionszeit unter herzoglich lothringischer Oberhoheit der 
Grumbacher Linie dieses Geschlechtes. Die zeitweise Zugehörigkeit ist 
jedenfalls nicht zur Kenntnis der Reunionskammer gekommen, da sonst 
wohl Püttlingen als Zugehörigkeit mit reunirt worden wäre. 

Auch über die Lage von Castres und die Identität mit Bliescastel 
war die Kammer völlig im Unklaren; der General-Procurator bezeichnete, 
laut vorliegender handschriftlicher Notiz, einige Wochen später die 
Herrschaft Bliescastel als eine Zugehörigkeit der im Mai reunirten Herr- 
schaft Saaralben; der Kammerbote scheint aber Bliescastel, oder einen 
Ort ähnlichen Namens wie Castres ausfindig gemacht zu haben, da er 
den Beamten, bei dem er die Vorladung abgegeben, namentlich anführt. 

Als Hauptbeweisstück für die französischen Ansprüche dienten 
zwei Lehenserneuerungen bei den Bischöfen von Metz aus dem 13. 
Jahrhundert, die eine vom Grafen Heinrich von Castres in dem Jahre 
1226, die andere von Gräfin Elisabeth von Castres 1238 ausgestellt, 
beide nur auf die Grafschaft Castres lautend. Auch für die Zeit des 
Ueberganges eines Teiles der Herrschaft an die Grafen Salm konnte 
die Lehensherrlichkeit des Metzer Bischofs durch Vorlage von Urkunden 
nachgewiesen werden; aus den Jahren 1275 und 1284 wurden Lehens- 
erneuerungen des Grafen von Salm, aus den Jahren 1286 und 1297 


— 161 — 


Zeugnisse für die Ausübung von Hoheitsrechten seitens der Bischöfe 
vorgelegt; ähnlich den letzgenannten war auch die jüngste, im Jahre 
1338 vom Bischof Ademar von Metz vollzogene Urkunde. Die Beweis- 
stücke waren daher 31} Jahrhundert und mehr alt, und bezogen sich 
ausschliesslich auf die alte Grafschaft Castres. Thatsächlich waren, 
wenn auch ohne Kenntnis der Kammer, die Ansprüche auf. Püttlingen 
etwas besser begründet, da noch vom Jahre 1566 ein Huldigungs-Akt 
für diese Herrschaft bei dem Bischofe von Metz vorliegt '). 

Die Kammer hatte aber hiervon und von dem früheren Zu- 
sammenhange der (Gebiete keine Kenntnis, da in der Verhandlung und 
dem Schlussurteil nur von dem Herrn von Castres die Rede ist. Der 
Reunionsbeschluss kann daher auch nur auf die Herrschaft Bliescastel 
bezogen werden, für welche Graf Adolf von der Leyen die verlangte 
Huldigung leistete; am 27. November 1681 legte er ein eingehendes 
Lehensverzeichnis vor, nach welchem die Grösse seines Besitzes 4 OD) 
Meilen betrug. Aber auch für Püttlingen liegen Huldigungsakte zweier 
Herren vom 20. Mai 1681 für Justizgerechtsame vor, welche auf Be- 
schlagnahme auch dieser, etwa 11/2 [1] Meilen grossen Herrschaft durch 
Reunions-Commissare schliessen lassen. 


2 
Stadt und Herrschaft Dieuze. 
Sitzung vom 4. Juli 1680. 


Dieuze ?), heute eine Stadt des deutsch-lothringischen Kreises 
Chäteau-Salins, kommt im 13. Jahrhundert, auf welches die Kammer 
zurückging, mehrfach unter den Namen Doza, Dezia u.a. vor. Nach 
vorliegender Urkunde war die Stadt in sehr wechselndem Besitze ge- 
wesen; von Alters her der Dom-Kirche, dann der Magdalenen-Kirche 
zu Verdun gehörig, kam sie 1216 zum Teil als Erbschaft des Bischofs 
Jacob von Lothringen an das Herzogtum Lothringen ; nicht lange nachher 
finden wir aber das Stadtgebiet ganz im Besitz des Bistums Metz, von 
welchem es während der kurzen Zeit des lothringischen Besitzes von 
Bliescastel gegen einen Teil der letzteren Herrschaft dem Herzogtum 
abgetreten wurde. Zur Reunionszeit war die Stadt daher seit vier 
Jahrhunderten im rechtmässigen herzoglichen Besitze, unter dem sie 
Sitz eines Amtsbezirkes (prevôté de Dieuze et de Mesprick) wurde. 


1) Im Bezirks-Archiv zu Metz. 
?) Lepage, S. 42. 


— 162 — 


Was daher unter dem Namen »Herrschaft Dieuze» zu verstehen, ist 
ebensowenig gegenwärtig festzustellen, wie angenommen werden kann, 
dass die Kammer eine Vorstellung davon sich gemacht hatte. 

Ausser dem Bischofe von Metz hatte auch die Kirche Maria 
Magdalena zu Verdun Anspruch auf Dieuze erhoben und sich zur 
Vorlage von Rechtstiteln und Abstattung der Huldigung erboten; die 
Kammer ging aber über dieses Anerbieten zur Tagesordnung über, 
und verhandelte nur zwischen dem Bischofe von Metz und dem General- 
Prokurator als Klägern gegen den angeblichen Herrn (pretendu seigneur) 
von Dieuze in contumaciam. Die Begründung stützte sich ausschliess- 
lich auf drei Urkunden, einen Vertrag vom Jahre 1259 zwischen dem 
Herzog Friedrich von Lothringen und dem Bischof Jacob von Metz, 
laut welchem ersterer die Einkünfte von Dieuze, das er vom Bischof 
zu Lehen hat, diesem auf Lebenszeit zurücküberlässt, und zwei Lehens- 
erneuerungen aus dem 13. und 15. Jahrhundert; in ersterer bekennt 
Herzog Friedrich, in letzterem die Herzogin Wittwe Marie sich als 
lehensabhängig von dem Bischofe von Metz für Dieuze. Auf Grund 
dieser Urkunde sprach die Kammer die Reunion in der gewohnten 
Weise aus; eine Angabe über die Grösse des (Gebietes kann, da 
Huldigungs-Akte nicht vorliegen, nicht gemacht werden. 


22. 
Schloss, Flecken und Grafschaft Saarbrücken. 
Sitzung vom 8. Juli 1680. 


Die heutige Industrie-Stadt des Regierungs-Bezirks Trier war im 
10. Jahrhundert, bis auf welches die französischen Ansprüche zurück- 
singen, Hauptort und Grafschafts-Sitz des Saargaues. Die Nachricht 
jedoch !), dass die zugehörige Burg durch Kaiser Otto I. 951 zu Rom 
dem Bischof Adalbero von Metz geschenkt worden sei, dürfte, wie 
unten auszuführen ist, jedenfalls nichts anderes als eine Verwechslung 
mit dem Diplom Ottos IL, 999 zu Rom gegeben, sein, laut welchem 
dem Bischof Adalbero II. von Metz der Hof Völklingen, die Burg Quier- 
scheidt und der Warent-Wald zu Eigen gegeben wurden ?). 

Um die Mitte des folgenden Jahrhunderts trug Herzog Friedrich 
von Lothringen Schloss Saarbrücken vom Reiche zu Lehen, nach 
seinem 1965 erfolgten Tode schenkte König Heinrich IV. dasselbe erneut 

1) DD. III, Nr. 316. Völklingen. Quierscheidt und der Warent-Wald werden 
von Witte für Interpolation gehalten (?). Lothr. Jahrb. Vb, S. 90. 

*) Das folgende zumeist nach den Lothr. Territ., I, S. 181 ff. 


— 165 — 


dem Bistum Metz!). Fast gleichzeitig begegnet uns im Saargau der 
Stammvater der ersten Linie der Grafen von Saarbrücken, der Graf 
Siegbert im Elsass, der dem lothringischen Herzogshause verwandt 
sein dürfte; ihm verlieh 1080 der Kaiser Heinrich IV. das Reichsgut 
Wadgassen (»villam nomine Wadegozingen«). Die Linie dieser Grafen 
starb im Jahre 1235 aus; Streitigkeiten der Erbtöchter bezw. ihrer 
Gatten schlichtete in diesem Jahre der Bischof Jacob von Metz durch 
eine Teilung der gesamten Besitzungen ?), somit die weibliche Erb- 
folge anerkennend; von dem Bischof scheint hiernach bei dieser Ge- 
legenheit zum ersten Male neben der Burg auch die ganze Grafschaft 
als Metzer Lehen behandelt worden zu sein. 

Bei dieser Erbteilung kam die Grafschaft Saarbrücken selbst an 
den Gemahl der ältesten Tochter, Herrn Gottfried von Apremont?): 
aus dieser Ehe entstammten aber keine Kinder; die zweite Tochter 
Mathilde, vermählt in erster Ehe mit Herrn Simon von Commerey, in 
zweiter mit Herrn Amadeus von Mümpelsard, wurde infolge dessen die 
Stammmutter des zweiten Grafengeschlechtes. Mathilde erkannte die 
Lehensabhängigkeit der ganzen Grafschaft von Metz für sich und ihre 
Nachkommen, die Grafen von Commercy-Saarbrücken, nicht an; ein 
nach ihrem Tode bestelltes Schiedsgericht scheint auch zu Ungunsten 
des Bistums entschieden zu haben, denn auch spätere Lehensbriefe 
erwähnen als zum Bistum im Lehensverhältnis stehend nur die in der 
Urkunde Ottos III. von 999 aufgeführten Besitzungen. 

Die zweite Linie, Commercy-Saarbrücken, erlosch 1381 mit dem 
Grafen Johann; die Erbtochter Johanna, vermählt mit dem Grafen 
Johann von Nassau, brachte die Grafschaft dauernd an dieses Haus, 
vermehrt inzwischen durch die Erbkastenvogtei Herbitzheim, gleichfalls 
als Metzer Lehen. Die Abtei Herbitzheim, 4 km nordöstlich von Saar- 
alben gelesen, war von Alters her der Hoheit des Bistums Metz unter- 
stellt gewesen, welches sie unter Vorbehalt der an die Herrschaft 
Saaralben verlehnten Hochvogtei den Grafen von Saarbrücken zu 
Lehen gegeben hatte. Nach mehrfachen Afterverlehnungen hatten die 
Grafen von Nassau-Saarbrücken 1540 den ganzen Besitz wieder an 
sich gebracht und nannten sich seither Erbkastenvögte, Land-, Schutz- 
und Schirmherrn von Herbitzheim. Ausser Herbitzheim war zur Re- 


1) Beyer I, N. 357. In den Lothr. Territ. wird diese Schenkung als der 
erste sichere Erwerbstitel des Bistums bezeichnet, die Echtheit der Urkunde Ottos Ill. 
von 999 also anscheinend bezweifelt. 

?) s. Witte im lothr. Jahrb. Vb, S. 100 ff. 

2) 8, SR NL DE 
11* 


— 164 — 


unions-Zeit auch die Grafschaft Saarwerden im Besitz der Grafen von 
Nassau-Saarbrücken, die ihnen 1527 durch Erbschaft zugefallen war. 

Die Abtei Herbitzheim war zur Zeit bereits als Zugehörigkeit von 
Saaralben reunirt?), für die Grafschaft Saarwerden wurde eine besondere 
Sitzung angesetzt?); im vorliegenden Falle handelte es sich daher nur 
um die Reunion der eigentlichen Grafschaft Saarbrücken, die abweichend 
von der alten Gaugrafschaft fast ausschliesslich auf dem rechten Saar- 
ufer lag, und eine Grösse von etwa 10 U] Meilen hatte. ; 

Die Vorladung war, als eine der ersten, schon am 1. März zu- 
gestellt worden; infolge dessen hatte die Gräfin Eleonore Clara, Wittwe 
des Grafen Adolf und Vormund seines minderjährigen Nachfolgers, sich 
nach längeren Verhandlungen am 25. Juni zur Abstattung der ver- 
langten Huldigung bereit erklärt; die Kammer trat trotzdem in das 
förmliche Reunionsverfahren ein. 

Die Beweise stützten sich in erster Linie auf eine Eintragung, 
nach Regesten-Art, in dem Metzer Lehens-Verzeichnis, laut welcher 
Kaiser Otto I. dem Bistum 951 das Schloss Saarbrücken in gleichem 
Umfange, wie in der Einleitung für 999 angegeben, geschenkt haben 
soll. Nach Anführung des Inhaltes aus dem Register wird dann zwar 
in der Verhandlung gesagt, es sei der Kammer der genannte Akt des 
Jahres 951 vorgelegt worden; (»le dit acte de l'an 951«) es scheint 
aber damit der Teil des Verzeichnisses, und nicht die Urkunde selbst 
gemeint zu sein, da andernfalls, wie sonst stets bei vorhandenen Ur- 
kunden, der Inhalt der letzteren selbst entnommen worden wäre. Auch 
ist die Urkunde schon von den Benediktinern vergebens gesucht und 
bis heute nicht aufgefunden worden *). Andererseits sagt jedoch Meurisse : 
L’an 951 il (Adalbéron) fut en Italie, avec l’empereur Otton I, et étant 
à Rome cet empereur lui fit don du bourg et du chateau de Saar- 
bruck et de toutes ses appartenances et dependances«'). Es genügt 
der Hinweis darauf, dass Otto I. 951 weder Kaiser noch in Rom war, 
um die Unglaubwürdigkeit dieser Nachricht offenbar zu machen. Ist 
überdies die Urkunde Ottos III. der Kammer nicht vorgelegt worden, 
so dürfte die Annahme, dass die Nachricht über ein angebliches Diplom 
Ottos I. sich einfach auf das oben angeführte Diplom Ottos Ill. beziehe, 
die einfachste Lösung der Schwierigkeit sein”). Doch ist es nicht un- 


1) 9.514383. 

?) s. Einzel-Reunionen. 

3) Lothr. Jahrbuch III, S. 156. 

+) Meurisse, histoire des évêques de l’église de Metz; Metz 1634, S. 312. 
°) Nach Mitteilung des Privatdozenten Dr. Bloch in Strassburg. 


A 


möglich, dass eine Verwechslung mit Saarburg vorliegt, das in einer 
Urkunde Heinrichs I. vom Jahre 931 »Saarbruckum« genannt wird: »Con- 
firmamus itaque Saarbruckum cum dependentiis et pertinentiis ejusdem 
oppidi et omnibus exilibus suis (vaditibus) sitis tam in Alsatia, quam 
in Sargovia superiore subtus montes.« Der vorstehende Auszug findet 
sich in einer Handschrift der städtischen Bibliothek zu Metz!) und 
entstammt laut Randbemerkung einer Urkunde des bischöflichen Archivs 
zu Vic; es ist daher die Vermutung ausgesprochen worden, dass die 
Angaben der Schriftsteller über ältere Schenkungs-Akte für Saarbrücken 
auf ein Missverständnis dieser Urkunde bezw. eines Auszuges aus der- 
selben zurückzuführen sein könnten ’?). 


Als älteste Urkunden lagen der Kammer vor die Schenkung König 
Heinrichs IV. vom Jahre 1065 und eine Bestätigung derselben durch Kaiser 
Friedrich I. vom Jahre 1171. Weiter vorgelegt wurde eine Urkunde des 
Jahres 1237, laut welcher Bischof Jacob von Metz der Gräfin Laurette, 
Tochter des Grafen Simon von Saarbrücken, den Besitz der Grafschaft als 
Lehen des Bistums bestätigt; die zwei Jahre vorher stattgehabte Erbteilung 
kam dagegen nicht zur Kenntnis der Kammer; zwei andere Urkunden 
aus der zweiten Hälfte desselben Jahrhunderts lassen gleichfalls die 
Lehensherrlichkeit der Metzer Bischöfe erkennen. Aus dem folgenden 
Jahrhundert liegen keine Beweisstücke vor; aus dem 15. jedoch und 
aus dem 16. Jahrhundert wurden je vier, aus dem 17. Jahrhundert 
zwei Lehenserneuerungen von 1609 und 1640 von Seiten der Kläger 
der Kammer vorgelect ; zu letzteren kamen noch fünf Lehenserneuerungen 
aus den Jahren 1603, 1624, 1626, 1628 und 1648, welche die Gräfin 
ihrer Eingabe an die Kammer zur Rechtfertigung ihres Lehens-Besitzes 
beigefügt hatte. Ein Schreiben der bischöflichen Kanzlei vom Jahre 
1626 an den Grafen von Nassau-Saarbrücken, in welchem diesem die 
zur Abstattung der beabsichtigten Huldigung geeignete Zeit angegeben 
wird), bestätigt gleichfalls das Lehensverhältnis der Grafen. Nach 
dem Wortlaute der Urkunden hat aber zweifellos nur ein Teil der 
Grafschaft dem Bistum zu Lehen gestanden ; übereinstimmend werden 
in ihnen als Lehen aufgeführt die schon in dem Schenkungs-Akte 
Kaiser Ottos III. aufgeführten Oertlichkeiten, und zuerst in einer Lehens- 


1) Histoire ecclesiastique et civile de la ville et diocèse de Metz, par le 
père Benoit-Picard, religieux capucin de Toul, 1718. 

* Mündliche Mitteilung des Pfarrers Paulus, städtischen Bibliothekars zu 
Metz. Der Versuch einer Lösung dieser Frage liegt ausserhalb des Rahmens der 
vorliegenden Arbeit. 

3) Im Bezirks-Archiv zu Metz vorgefunden. Der Kammer nicht vorgelegt. 


ee 


erneuerung von 1431 das Vogtei (vouerie) über St. Avold!), also 
nur ein verhältnismässig kleiner Teil der Grafschaft, zu der die viel 
bedeutenderen Orte St. Ingbert, Neunkirchen, Ottweiler u. a. gehörten. 

Das Urteil der Kammer legte der Gräfin die Huldigung und Ein- 
reichung des Verzeichnisses für die in den Urkunden genannten Lehen 
und die »villages et lieux en dependances« innerhalb der gewohnten 
Termine von einem Monate bezw. 40 Tagen auf. Wie die Zugehörig- 
keiten aufzufassen waren, beweist das im Original vorliegende, vom 
9. Januar 1681 datierte Lehensverzeichnis der Gräfin; es umfasst den 
sanzen linksrheinischen Besitz der Grafen von Nassau-Saarbrücken, 
auch die ausdrücklich als Allod bezeichneten Gebietsteile, darunter 
die Städte Saarbrücken und St. Johann, die (bereits reunierte) Herrschaft 
Homburg, die (noch zu reunierende) Grafschaft Saarwerden, die schon 
reunierte Abtei Herbitzheim etc., im ganzen ein Gebiet von ca. 15U]- 
Meilen. In dieser ganz ungerechtfertigten Ausdehnung des Lehens muss 
im vorliegenden Falle hauptsächlich die Rechtsverletzung gefunden 
werden; hinsichtlich der thatsächlich noch zu Lehen stehenden Gebiets- 
teile rächte sich die unklare Fassung des Friedens-Instrumentes von 
1648, wenn auch die Nachsuchung der Lehenserneuerung seit Jahr- 
hunderten nur als eine Förmlichkeit beiderseitig aufgefasst sein mag; auch 
diese Reunion überstieg allerdings die ursprünglichen französischen For- 
derungen und wäre nicht möglich gewesen, wenn kaiserlicherseits der 
Ausdruck »diocesis« statt »distrietus« zugestanden worden wäre. Jetzt 
war natürlich der Besitz der Grafen nur mehr ein imaginärer; schon 
vor Einreichung der Huldigung war die Besatzung, die entgegen den 
Abmachungen des Nymweger Friedens in Saarbrücken und St. Johann 
seblieben war, bedeutend verstärkt worden; auch wurden der Graf- 
schaft Contributionen und Lasten anderer Art auferlegt ?). 

Im Jahre 1685 erfolgte die Einrichtung der französischen Ver- 
waltung, wobei Saarbrücken Sitz des Oberamtes (bailliage) für die 
ganze Grafschaft und eines Amtes (prevôté) wurde. 

23. 
Herrschaften und Grafschaft Saarwerden und Bockenheim 
(Bouquenom). 
Sitzung vom 11. Juli 1680. 

Saarwerden, auch Altsaarwerden zur Unterscheidung von dem 

1 km entfernten Städtchen Neusaarwerden genannt, ist heute ein Dorf 


dr a 5 
)es.29129: 
*) Köllner, Geschichte der Städte Saarbrücken und St. Johann, 1865, I, S. 318. 


« 


— 167 — 


des unter-elsässischen Kreises Zabern; Bockenheim liegt gegenüber 
Neusaarwerden auf dem rechten Ufer der Saar und ist mit diesem 
seit 1793 zu der Stadt-Gemeinde Saarunion vereinigt. 


Die Ortschaft (Alt-)Saarwerden'!) soll nach alter, nicht verbürgter 
Ueberlieferung 917 von Karl dem Einfältigen der Kirche in Metz ge- 
schenkt worden sein; die aus dem südlichen Teile des Saargaues 
entwickelte territoriale Grafschaft Saarwerden, zu der stets der Ort 
Bockenheim gehörte, war dagegen allodialer Besitz, das erste sichere 
Zeugnis hierfür scheint die weiter unten zu erwähnende Urkunde von 
1261 zu sein. Die Grafen, die aus dem Hause Metz-Luneville herge- 
leitet werden, scheinen jedoch in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts 
infolge unglücklicher Fehde mit dem Bischof von Metz die Oberlehens- 
herrlichkeit des Bistums für die Burgen Saarwerden und Bockenheim 
anerkannt zu haben. Diese erste Linie der Grafen von Saarwerden 
starb 1397 aus; die Grafschaft ging an die Schwester Walburga des 
letzten Grafen und deren Sohn, Grafen Friedrich von Mörs, über; der 
Bischof widerstrebte anfänglich zwar dieser Vererbung des Lehens, 
erteilte aber doch 1418 die Investitur. 


Als auch diese Linie 1527 mit dem letzten blödsinnigen Grafen 
ausstarb, sollte die Grafschaft infolge Erbvertrages an die Grafen von 
Nassau-Saarbrücken übergehen. Jetzt aber erklärte Bischof Johann 
von Metz, ein lothringischer Prinz, die Grafschaft, weil zum Teil auf 
dem rechten Ufer der Saar gelegen, nach deutschem Gewohnheitsrechte 
als Mannlehen?), und demgemäss heimgefallen; er belehnte damit am 
26. September 1527 seinen Bruder, Herzog Anton von Lothringen; der 
hieraus sich entwickelnde Erbfolgestreit war zur Reunionszeit noch 
nicht endgültig entschieden. Zwar wurde durch Beschluss des Reichs- 
tags vom 22. Oktober 1550 die Grafschaft dem Hause Nassau-Saar- 
brücken zugesprochen; beim Uebergang an die Linie Nassau-Weilburg 
1574 trat aber sogar ein dritter Bewerber auf, Graf Emich von Leiningen- 
Hartenburg, trotz früheren Verzichtes seiner Gattin, der Schwester des 
letzten Grafen aus der zweiten Linie. Der Streit ging nunmehr wieder 
an das Reichskammergericht, welches, die Leiningenschen Ansprüche 
beseitigend, durch Spruch vom 7. Juli 1629 dahin entschied, dass die 
alten Metzer Lehen, nämlich die Burgen Saarwerden, Bockenheim und 
der schon damals vergeblich gesuchte Wiebersweiler-Hof dem Herzog, die 


1) Der folgende zumeist nach den Lothr. Terr., S. 197 ff. 
2) Die Untersuchung der Frage der Berechtigung dazu würde im vorliegenden 
Zusammenhange zu weit führen. 


— 168 — 


tum Lothringen, auf Grund der Belehnung von 1527, der Rest der 
Grafschaft aber den Grafen von Saarbrücken zufallen solle. Der Herzog 
von Lothringen erkannte aber den Spruch nicht an, und bemächtigte 
sich noch in demselben Monat der ganzen Grafschaft. Im Westfälischen 
Frieden wurde zwar die Entscheidung von 1629 im allgemeinen be- 
stätigt, aber der zweideutige Zusatz: »salvis utrique competentibus 
juribus+<, und sogar noch ein Rechtsvorbehalt zu Gunsten der Leiningen- 
schen Ansprüche zugefügt. Herzog Carl IV. belehnte, diese Bestimmungen 
nicht beachtend, 1567 seinen natürlichen Sohn, Grafen Karl Heinrich 
von Vaudemont mit der ganzen Grafschaft. Zwar erkannte ein Schieds- 
gericht des Reichstages zu Regensburg (Kur-Mainz und Schweden) am 
14. Juli 1670 zum dritten Male im Sinne der erwähnten Teilung ; 
nunmehr aber mischte Frankreich, das in demselben Jahre des ganzen 
Herzogtums sich bemächtigt hatte, sich ein, und besetzte 1671 auch 
Saarwerden und Bockenheim als zum Herzogtum Lothringen gehörig, 

Dieser thatsächliche Zustand der Dinge dauerte zur Reunionszeit 
noch fort, da der Herzog von Lothringen den Frieden zu Nymwegen 
nicht anerkannt hatte. Die Vorladung der Kammer erfolgte Anfangs 
April bei der Ortsbehörde im Saarwerden; infolge dessen meldete der 
senannte Graf Karl Heinrich von Vaudemont am 15. April seine An- 
sprüche auf die Grafschaft an, und erklärte sich bereit, die geforderte 
Huldigung persönlich abzustatten; dasselbe Anerbieten erfolgte durch 
den Vertreter der Gräfin Eleonore Clara von Saarbrücken, worauf 
beide Parteien am 26. Juni auf die bevorstehende Kammerverhandlung 
verwiesen wurden. Die Grundlage für die Beweisführung der Kläger 
bildete in dieser eine Urkunde vom Juli 1261, laut welcher Heinrich, 
Graf von Saarwerden, sich für diese Grafschaft als Lehensmann des 
jischofs von Metz bekennt. Die Fortdauer dieses Lehensverhältnisses 
wurde durch 6 Urkunden aus dem 15. und 16. Jahrhundert nachge- 
wiesen ; in zwei in Abschrift vorgefundenen Verträgen vom Jahre 1484!) 
überlässt Graf Nicolaus von Saarwerden dem Grafen Emich von Leiningen 
mit Genehmigung des Bischofs Georg von Metz die Verwaltung und 
erteilt ihm zugleich die Anwartschaft als Erbe für den Fall seines Ab- 
lebens. Dieser Vertrag kam aber nicht zur Durchführung infolge der 
‚oben erwähnten Heimfallerklärung vom Jahre 1527, ebensowenig aber 
die vom Bischof versuchte Besitzergreifung; nach den beiden Haupt- 


1) Der Kammer nicht vorgelegt; der zeitweise Leiningen’sche Besitz kam 
daher nicht zu deren Kenntnis. Wahrscheinlich sind die Urkunden später von 
den Grafen Leiningen beigebracht worden, als die Reunion ihres Gebietes in 
Frage stand; s. Reunionen ohne Beschlüsse. 


— 169 — 


orten entsendete Commissare wurden durch die Bürger von Saarwerden 
und Bockenheim an Ausführung ihres Auftrages verhindert, wobei dem 
Schwestermann des verstorbenen Landesherrn, dem Grafen von Nassau- 
Saarbrücken der Treueid geleistet wurde; ein darüber an Ort und 
Stelle aufgenommenes (im Original erhaltenes) Protokoll wurde der 
Kammer vorgelegt; ebenso der Investiturbrief des Bischofs vom 27. 
September desselben Jahres für seinen Bruder, den Herzog Anton von 
Lothringen. Der dadurch entstandene Streit um den Besitz kommt 
in den weiter vorgelegten Urkunden zum Ausdruck; zu vier Lehens- 
erneuerungen der Herzöge von Lothringen, deren letzte von 1609 war, 
treten zwei der Grafen von Nassau-Saarbrücken, deren letzte gleichfalls 
von 1609, ohne dass ersichtlich, ob und in welcher Weise die Bischöfe 
Entscheidung zwischen den beiden Parteien getroffen haben. 

Die Reunionskammer traf ebensowenig Entscheidung zwischen den 
streitenden Parteien, sprach vielmehr in den gewohnten Formen das Ge- 
biet dem Bistum zu, und legte dem angeblichen Herren (pretendu 
seigneur) von Saarwerden, Bockenheim, Hof von Wisbersweiler und 
Zugehörigkeiten die Pflicht der Huldigung in der üblichen Zeit auf. Diese 
wurde zunächst auf Grund der öfter erwähnten Teilung von beiden Seiten 
erstattet und entgegengenommen. Am 9. Januar 1681 erschien Gräfin 
Eleonore Clara mit dem minderjährigen Grafen Friedrich Ludwig persön- 
lich in Metz, und leistete die verlangte Huldigung mit Vorlage des 
Lehensverzeichnisses, sie wurde darauf durch besondere Ceremonie im 
Januar des folgenden Jahres wieder in ihre Rechte eingesetzt; für die 
Metzer Lehen wurde am 16. Januar vom Grafen Karl Heinrich Huldigung 
erstattet, und am 23. September 1681 Lehensverzeichnis vorgelegt. 
Der Ausgleich des Streites wurde nunmehr dem Parlamente zu Metz 
übertragen, dessen Competenz nach erfolgter Reunion die Grafschaft 
unterstand: durch Erkenntnis vom Jahre 1683 sprach dieses den Be- 
sitz in seinem ganzen Umfange dem Hause von Nassau-Saarbrücken 
zu, natürlich unter Aufrechthaltung der französischen Landeshoheit. 
Die Gräfin legte nunmehr am 1. Mai 1683 Lehensverzeichnis für die 
ganze Grafschaft im Umfange von etwa 5T] Meilen vor. Durch den 
Frieden von Ryswick wurde jedoch der Unterschied zwischen früherem 
Lehen und stetem Allod wiederhergestellt, indem die Orte Saarwerden, 
Bockenheim und Wisbersweiler dem Herzoge von Lothringen, die 
ganze übrige Grafschaft aber dem Grafen von Nassau-Saarbrücken 
zuerkannt wurde. Thatsächlich aber waren die Grafen, wie hier nach- 
weisbar, ihrer Landeshoheit entsetzt; sie behielten bloss ihre Domanial- 
güter und gewisse geringe Gefälle und Rechte. Nicht lange nachher 


— 170 — 


wurden ihnen auch diese aberkannt, weil einer der Grafen in holländische 
Dienste getreten war !). 


24. 


Gebiet und Herrschaft Altheim. 
Sitzung vom 11. Juli 1680. 


Altheim oder Altheim zur Traube?) oder zur Tauben ?) ist das 
heutige Dorf Altenheim des Kreises Zabern, 5 km südöstlich der Kreis- 
stadt liegend. Im 14. Jahrhundert, auf welches die Ansprüche gegründet 
wurden, war die Ortschaft im Besitze der Herren von Geroldseck, die 
aber dafür dem Bistum Metz zu Lehen standen“). Später kam die 
Herrschaft in den Besitz der Bischöfe von Strassburg, von welchen sie 
das Kloster Maursmünster durch Kauf erwarb, soweit erkennbar unter 
Aufrechthaltung der Lehensherrlichkeit von Metz. Zur Reunionszeit 
war Altheim in reichsritterschaftlichem Besitze, gleichfalls ohne vorherige 
Ablösung des Lehensverhältnisses zu Maursmünster und Metz. Die 
Vorladung wurde bei der Ortsbehörde zu Altheim abgegeben. Die Be- 
weisführung gründete sich auf eine einzige, an sich ziemlich bedeutungs- 
lose Urkunde, einen Brief des Herrn Burchard von Geroldseck vom 
Jahre 1320 an den Bischof Heinrich von Metz, in welchem der Briel- 
schreiber um die Genehmigung bittet, der Gattin seines Sohnes ein 
Wittwen-Legat von 500 Mark auf Altheim und andere Orte, die dem 
Bistum zu Lehen sländen, anweisen zu dürfen. 

Auf Grund dieser einen Urkunde sprach die Kammer die Reunion 
in gewohnter Weise aus. Huldigungs-Akte liegen nicht vor, ein zu- 
verlässiger Anhalt für die Grösse des Gebietes ist daher nicht gegeben. 
Die Reunion ist deshalb von besonderem Belang, weil zum ersten 
Male damit der Begriff des districtus auch auf das Elsass und die 
Diözese des Bischofs von Strassburg ausgedehnt wurde, während im 
übrigen die Elsässer-Reunionen anderen Massnahmen vorbehalten 
blieben. Anscheinend aus diesem Grunde verwechselt Calmet?) das 
reunirte Gebiet mit dem 10 km südwestlich von Zweibrücken gelegenen 
Altheim, wenn auch nicht ausgeschlossen werden soll, dass auch die 


1) Mathis, Die Leiden der Evangelischen in der Grafschaft Saarwerden 1888, 
8. 197, 
?) Clauss, Historisch-topographisches Wörterbuch des Elsass, 1895, S. 16. 
*) Die Alten Territorien des Elsass, 1896, S.103 ff. 
‘) Meurisse, S. 497. 
°) Galmet, Notice, I, S. 5. 


—. 11 — 


Reunionskammer an letzterem Ort die Vorladung hat abgeben und 
die Reunion hat vollziehen lassen. Die einzige vorgelegte Urkunde be- 
zieht sich jedoch zweifellos auf Altheim bei Zabern. 


25. 
Stadt, Gebiet und Herrschaft Ottweiler. 
Sitzung vom 11. Juli 1680. 


Nach Auffassung der Kammer war das zu reunierende Gebiet 
der östliche Teil der Grafschaft Saarbrücken, in dessen Mitte die 
gleichnamige heutige Kreisstadt des Regierungsbezirkes Trier gelegen 
ist. Die Vorladung wurde infolge dessen dem Grafen von Nassau- 
Saarbrücken zugestellt. Die Beweisführung stützte sich aber aus- 
schliesslich auf dieselbe Urkunde von 1320, welche die Reunion von 
Altheim am gleichen Sitzungstag veranlasst hatte, und in welcher 
unter den die Einkünfte des Legates liefernden Ortschaften auch 
Ottweiler aufgeführt war. Es ist entweder damit ein 4 km östlich 
von Geroldseck gelegenes Dorf Ottersweiler, oder ein 3 km östlich 
Drulingen gelegenes Dorf, heute Ottweiler genannt, gemeint. Für 
erstere Annahme spricht die nahe Lage bei Geroldseck und Altheim, 
gegen dieselbe aber der Umstand, dass in der im Original heute noch 
vorliegenden Urkunde der Ort ganz zweifellos als Ottwiller geschrieben 
steht; auch war Ottersweiler ein Lehen der Bischöfe von Strassburg. 
Gegen die zweite Annahme aber muss neben der entfernten Lage auch 
die stete Zugehörigkeit des Ortes zur Grafschaft Saarwerden angeführt 
werden. Trotz des abweichenden Namens dürfte daher die Vermutung 
mehr begründet sein, dass es sich um das bei Geroldseck gelegene 
Dorf gehandelt habe, das zur Reunionszeit reichsritterschaftlich war !). 
Ganz abzulehnen ist jedenfalls die Annahme der Kammer, dass die 
Stadt der Grafschaft Saarbrücken in der Urkunde gemeint sei, da diese 
Allod der Grafen war und niemals in Beziehung zu Metz gestanden 
hatte; Graf Friedrich Ludwig von Saarbrücken erwiderte daher auf die 
ihm zugestellte Vorladung, dass er in seinen Papieren nichts darüber 
finden könne, dass Ottweiler jemals Lehen des Bistums Metz gewesen sei. 

Der Kammerbeschluss richtete sich gegen den »vermeintlichen 
Herrn« von Ottweiler (Otviller). Das Gebiet wurde dadurch zum zweiten 
Male reunirt, da dasselbe schon vorher in der Reunion der ganzen 
Grafschaft Saarbrücken einbegriffen war. 


Tr EIs, Terkit, Ss, 97: 


— 12 — 


26. 
Gebiet und Herrschaft Buchsweiler (Boussevillers). 
Sitzung vom 15. Juli 1680. 


Buchsweiler ist heute eine Stadt des Kreises Zabern, 7 km nord- 
östlich der Kreishauptstadt gelegen. Die französischen Ansprüche gingen 
von den Verhältnissen des 14. Jahrhunderts aus !), in welchem der Ort 
Sitz eines Amtes des Bistums Metz war, dessen Vogtei bis zum Anfange 
des Jahrhunderts die Herren von Hüneburg zu Lehen hatten. Von ihnen 
ging sie an die Herren von Lichtenberg über, deren gleichnamiger Stamm- 
sitz noch 1870 Festung war und gewaltsam genommen werden musste. 
Die Herren von Lichtenberg waren zugleich Vögte der Abtei Neuweiler 
und legten durch diese Aemter die Grundlage zu ihrem Territorialbesitz 
im Elsass, den sie, vorwiegend durch Kauf, fortgesetzt vermehrten. 
Schon 1314 bekannte Bischof Reinhold von Metz, den Herren Johannes I. 
und Hermann II. von Lichtenberg für ihre Verluste, die sie in seinem 
Heere bei Frouard erlitten hätten, 200 Mark Silbers zu schulden, wofür 
er ihnen zur Sicherheit sämtliche dortigen Besitzungen des Hochstifts 
verschrieb ?). 

Das Geschlecht starb in männlicher Linie 1480 mit Jacob von 
Lichtenberg aus; trotz der Lage rechts der Saar und der dadurch be- 
dingten männlichen Vererbung ging der Besitz infolge Privilegs Rudolfs 
von Habsburg vom Jahre 1289 an die Töchter über”); die Hälfte er- 
hielt Philipp Graf von Hanau, aus einer Seitenlinie dieses Geschlechtes, 
das sich von da ab Hanau-Lichtenberg nannte, während die regierende 
Linie in der Wetterau den Namen Hanau-Münzenberg führte; die 
andere Hälfte kam an die Grafen von Zweibrücken-Bitsch, deren Besitz 
wenige Jahre später, 1485, infolge Erlöschens des Ochsensteinschen 
Geschlechtes um deren Herrschaft vermehrt wurde. Ein Viertel der 
letzteren hatte dem Kloster Maursmünster gehört, kam aber jetzt an 
die Grafen Zweibrücken-Bitsch, die nunmehr ihrem Namen die Be- 
zeichnung Ochsenstein zufügten. Durch Heirat der Tochter des letzten 
dieser Grafen mit dem regierenden Grafen von Hanau-Lichtenberg 1570 


1) Das folgende nach den Els. Territ., S. 136, und Ristelhuber, l’Alsace 
ancienne et moderne, 186. 

?) Lehmann, urkundliche Geschichte der Grafschaft Hanau-Lichtenberg 1862, 
1, SF40, 

#) Spach, le comté de Hanau-Lichtenberg, in Bulletin de la soc. pour la 
cons. des mon. hist. d’Alsace 1860, III, S. 17. 


wurde der ganze beiderseitige Besitz mit Ausnahme der Herrschaft 
Oberbronn, welche 1551 an die Grafen Leiningen-Westerburg gefallen 
war, in einer Hand wieder vereinigt‘); unter den Grafen Friederich 
Casimir trat dazu auch nach Aussterben der Linie Hanau-Münzenberg 
1642 die Grafschaft in der Wetterau ?). Zur Reunionszeit bildete daher 
das beanspruchte Gebiet einen Teil der einheitlichen Grafschaft Hanau- 
Lichtenberg, deren Haupt- und Residenzstadt die Stadt Buchsweiler 
war. Abgesehen von den Besitzungen in der Wetterau, lag die Graf- 
schaft in sehr starker Zersplitterung mit dem Hauptteile und nicht 
weniger als 15 Enklaven im Unter-Elsass, mit je einem kleinen Ge- 
bietsteil im heutigen Grossherzogtum Baden und in der bayrischen 
Pfalz. Der Nachfolger des verstorbenen Grafen Johann Reinhard war 
damals minderjährig; die Vormundschaft führte Graf Christian von 
Pfalz-Birkenfeld, französischer Feldmarschall, der zum 1. März unter 
den üblichen Forderungen vorgeladen, am 19. Juni also anscheinend 
nach längeren Verhandlungen sich bereit erklärt hatte, die ver- 
langte Huldigung zu erstatten, und zwar sowohl für die ehemaligen 
Metzer Aemter Buchsweiler und Ingweiler als auch für die Herrschaften 
Ochsenstein, Geroldseck und alle zugehörigen Oertlichkeiten. Auch 
leste er eine grössere Anzahl von Urkunden vor, welche zum Teile 
Duplicate der Seitens der Kläger beigebrachten, alle aber den fran- 
zösischen Ansprüchen günstig waren. Die Kammer-Verhandlung hatte 
daher nur mehr den Charakter eines Aktes freiwilliger Gerichtsbarkeit, 
sing aber ganz in den gewohnten Formen unter Vorlage aller aufge- 
fundenen Urkunden vor sich. Die älteste von 1345, nur vom Pfalz- 
srafen vorgelegt, betraf eigentümlicherweise ausschliesslich das ehe- 
malige Lehensverhältnis der Herrschaft Ochsenstein zum Bistum Metz, 
wiewohl diese in einer besonderen Verhandlung am gleichen Tage und 
sogar auf Vortrag desselben Referenten (Cogney) reunirt wurde. Aus 
den folgenden Jahrhunderten wurden nicht weniger als 28 Urkunden, 
die älteste vom Jahre 1435, die jüngsten von 1658 und 1661 vor- 
gelegt, welche sämtlich die Lehensherrlichkeit des Bistums über die 
Herrschaften Buchsweiler, Ingweiler und Ochsenstein bezeugen, so dass 
das zur Reunionszeit noch fortbestehende Lehens-Verhältnis dieser 
Gebiete zum Bistum Metz ausser Frage steht. Der Spruch der Kammer 
erfolgte in gewohnter Form, umfasste aber ausnahmsweise nicht den 

1) Hinsichtlich des Verlustes”des grösseren Teiles der Grafschaft Bitsch, 
s. Reunion dieser. 

?) Bulletin, S. 24. 


— 14 — 


sanzen Besitz der Grafen von Hanau-Lichtenberg im Wege der Zu- 
echöriskeiten, sondern nur die Städte Buchsweiler, Ingweiler und neun 
zugehörige Dörfer, wie die älteste der bezüglichen Urkunden sie, wenn 
auch zum Teil mit anderer Schreibweise, aufführt; von den neun 
Dörfern sind sieben mit Sicherheit festzustellen, sechs im damaligen 
Amte Buchsweiler, eins im Amte Brumath gelegen; die beiden übrigen, 
das eine Quitschweiler, das andere in der Verhandlung Voltheim, in 
der Urkunde Wolmsheim genannt, waren anscheinend schon zur 
Reunionszeit verschwunden. Die Herrschaft Ochsenstein blieb also von 
dieser Reunion ausgenommen, die Vorlage der Urkunde von 1373 war 
daher völlig zwecklos. Im übrigen dürfte die Beschränkung der 
Reunion in diesem Falle nicht auf die geographische und territoriale 
Unkenntnis der Kammer-Mitglieder zurückzuführen sein, da anzunehmen 
ist, dass sie von dem die Reunion begünstigenden französischen Marschall 
über die Besitzungen der Grafen Hanau-Lichtenberg genaue Aufklärung 
erhalten hatten; der Grund wird vielmehr in der gleichzeitigen Tagung 
der Kammer (conseil souverain) von Breisach zu suchen sein, der 
die eigentlichen elsässischen Reunionen vorbehalten blieben; diese 
reunierte denn auch wenige Wochen später am 9. August 1680 die 
sanze Herrschaft Hanau-Lichtenberg und damit die Herrschaften Buchs- 
weiler und Ingweiler zum zweiten Male. 

Die Huldigung erstattete Pfalzgraf Christian im Namen der zwei 
minderjährigen Söhne des Grafen Johann Reinhard im April 1681; 
das vom 29. Mai 1683 datirte Lehensverzeichnis führt zunächst die 
von der Kammer namentlich genannten Orte auf, wobei Voltheim mit 
dem bei Strassburg belegenen allodialen Orte Wolfisheim verwechselt 
wird, während Quitschweiler, vom Pfalzgrafen Guichweiler genannt, 
nach seiner Angabe bereits vor einem Jahrhundert völlig zerstört worden 
war. Demnächst enthält das Verzeichnis aber auch die aus der Ochsen- 
steinschen Erbschaft herrührenden Besitzungen, und führt schliesslich 
die gesamten übrigen Teile der Grafschaft nebst allen Gerechtsamen 
der Grafen auf, wenngleich unter ausdrücklicher Hervorhebung des 
bisherigen Verhältnisses diese Teilgebiete als reichsunmittelbarer, oder 
als Lehen von Mainz, Strassburg u. a., jedenfalls mit Rücksicht auf 
den Spruch der Reunionskammer von Breisach. Die alten Lehens- 
Gebiete des Bistums Metz waren hiermit zweimal reuniert; innerhalb 
der von der Metzer Kammer festgehaltenen Grenzen kann deren Spruch 
wohl als einer der besser begründeten bezeichnet werden, da die 
Lehensherrlichkeit, auch abgesehen von dem Drucke des zweiten Reunions- 
Unternehmens, bis über die Mitte des laufenden Jahrhunderts hinaus 


— 15 — 


anerkannt worden war. Die Auslegung des Wortes »districtus« hatte 
allerdings auch hier nicht die Grenze der diöcesis berücksichtigt. 


27. 


Gebiete und Herrschaften Mark (la Marque), Maursmünster 
und Ochsenstein. 


Sitzung vom 15. Juli 1680. 


Nach vorstehender Ueberschrift teilte die Kammer das zu reunie- 
rende Gebiet in drei Teile, offenbar infolge eines seltsamen, die Unkenntnis 
der Gebiete verratenden Versehens, da es sich um die früher »Marca 
Aquilejensis« genannte »marche de Marmoutier«, die Mark des Klosters 
handelte, welches in der heutigen gleichnamigen Stadt des Kreises 
Zabern gelegen. ist. Ochsenstein ist heute Ruine, in der Nähe des 
Dorfes Reinhardsmünster gelegen, und gleichfalls zum Kreise Zabern 
gehörig. Die Abtei Maursmünster, die älteste des ganzen Elsass '), 
wurde 590 durch einen Jünger Columbans gegründet und erhielt schon 
vom Merowingerkönig Childebert Il. eine beträchtliche Schenkung an 
damals öde liegendem Lande, die sein Nachfolger Theoderich IV. be- 
stätigte. Unter der. Regierung Ludwig des Frommen durch Feuer 
völlig zerstört, wurde das Kloster von dem Bruder des Kaisers Drogo, 
Bischof von Metz, wiederhergestellt, zugleich aber auch der Oberhoheit 
des Bistums unterstellt. Die Bischöfe übertrugen die Vogtei den Herren 
von Geroldseck, welche die ihnen damit verliehene Machtbefugnis be- 
nutzten, um nach und nach die ganze herrschaftliche Mark mit den 
Kloster-Hintersassen in ihren Besitz zu bringen. Nach mehrfachen 
Teilungen und wiederholtem Besitzwechsel, welcher für die vorliegende 
Frage nur insofern Bedeutung hat, als keine Aufgabe der Oberlehens- 
herrlichkeit von Metz dabei zu erkennen ist, hatte zur Reunionszeit 
der Bischof von Strassburg Wilhelm Egon von Fürstenberg die Vereinigung 
des ganzen ehemaligen Klostergebietes in seiner Hand wieder herbei- 
geführt. Die Herrschaft Ochsenstein?) war von Alters her zur Abtei 
sehörig; die seit dem 12. Jahrhundert nachweisbaren Herren von 
Ochsenstein werden in dieser Zeit als die Vögte der Abtei bezeichnet; 
bald zu territorialer Selbständigkeit gelangend, vergrösserten sie in 
der Folge ihren Besitz durch weitere Belehnungen; im Jahre 1590 
erwarben sie auch ein Viertel der Klostermark von Maursmünster. 

1) Hertzog in den Beiträgen zur Landes- und Volkes-Kunde von Elsass- 


Lothringen. II. 9, S. 10. 
?) Das Folgende nach den Els. Terr., S. 143 ff,, und Ristelhuber. 


— 1760 — 


Nach Aussterben des Geschlechtes 1485 war der Besitz an die Grafen 
von Zweibrücken-Bitsch und nach deren Aussterben 1570 an die Grafen 
Hanau-Lichtenberg gekommen. Diese waren zur Reunionszeit im Besitze 
der Herrschaft, mit Ausnahme des erwähnten Viertels der Mark von 
Maursmünster, das 1631 von dem regierenden Grafen an den Herzog 
von Lothringen, und von diesem 1664 an den Bischof von Strassburg 
verkauft worden war. Die angeblichen Herren der zu reunierenden 
Gebiete waren daher der Bischof von Strassburg und der Graf von 
Hanau-Lichtenberg, dieser als minderjährig unter der Vormundschaft 
des Grafen Christian von Pfalz-Birkenfeld stehend. Der Ort der Zu- 
stellung der Vorladung ist in der Verhandlung nicht angegeben; nach 
Analogie der übrigen dürfte sie aber bei der Ortsbehörde zu Reinhards- 
münster und in dem Kloster Maursmünster erfolgt sein. Auf diese 
Vorladung erklärte Bischof Franz Egon von Fürstenberg am 26. Juni 
sich bereit, dem Verlangen nachzukommen, wenn der Bischof von Metz 
ihm die Lehens-Urkunde, auf welche der Anspruch sich stützte, vor- 
gelegt haben werde; schon am 3. Juli erfüllte er die Zusage durch seinen 
Regierungsrat Laurbruch zu Zabern (conseiller de la regence de Saverne), 
der in seinem Namen die verlangte Huldigung zu erstatten hatte, nicht 
nur für Maursmünster und alle Zugehörigkeiten, sondern auch für die 
Herrschaft Ochsenstein, welche ihm vom Grafen von Hanau mit Ge- 
nehmigung des derzeitigen Bischofs von Metz, Wilhelm Egon von 
Fürstenberg, verpfändet worden sei. 

Infolge dieser vollen Bereitwilligkeit des Bischofs fand eine eigentliche 
Verhandlung mit Vorlage von Urkunden nicht statt, vielmehr wurde einfach 
dem Bischof die nochmalige Erstattung der Huldigung und Vorlage des 
Lehensverzeichnisses innerhalb der gewohnten Fristen aufgegeben und 
die französische Landeshoheit über Maursmünster, auch hier in zwei 
Gebiete getrennt, und Ochsenstein nebst allen Zugehörigkeiten ausge- 
sprochen. Zweifellos war dem Bischofe von Strassburg Kenntnis von 
den bei der Reunion von Buchsweiler verwendeten Urkunden gegeben 
worden, welche die frühere Lehensherrlichkeit des Metzer Bischofs auch 
über die Herrschaft Ochsenstein ausser Frage stellten. Der bei vor- 
stehendem Beschlusse ausschliesslich angeführte Grund, dass Ochsenstein 
dem Bischof von Strassburg mit Genehmigung des Bischofs von Metz 
verpfändet worden sei, kann sich nur auf den Erwerb des zu Ochsen- 
stein gehörigen Viertels von Maursmünster im Jahre 1664, kurz nach 
der Wahl des Bischofs Wilhelm Egon, beziehen, und war daher in 
doppelter Hinsicht hinfällig ; einerseits wurde, wie wiederholt geschehen, 
ein Teil des Besitzes, der noch dazu zur alten Herrschaft Ochsenstein 


— 177 — 


nicht gehörte, für den ganzen gesetzt, andererseits war eine Ver- 
pfändung (»contrat d’engagement«) seitens des Grafen Hanau kein Grund, 
demselben die Landeshoheit zu entziehen. Es dürfte aus diesem Allem 
hervorgehen, dass der Bischof Wilhelm Egon, der bei der Wegnahme 
Strassburgs im folgenden Jahre eine so zweideutige Rolle spielen sollte, 
bereits damals im Einverständnis mit Frankreich war und als Lohn 
dafür die ganze Herrschaft Ochsenstein als Pfründe zu Maursmünster 
hinzu erhalten sollte; andernfalls ist in keiner Weise zu erklären, warum 
Ochsenstein nicht auf Grund der Urkunden für Buchsweiler mit reuniert 
worden ist, da diese nach den Kammer-Grundsätzen die volle Be- 
rechtigung dazu boten, während der Vertrag von 1664 auch nicht 
einmal den Schein eines Anspruches bot. Eine Lehenshuldigung des 
Bischofs Wilhelm Egon ist nicht vorgefunden; die Grösse des Gebietes 
ist aber für Maursmünster genau, für die alte Herrschaft Ochsenstein 
annähernd festzustellen und beträgt zusammen etwa 1'/s) Meilen. 


28. 
Schloss und Herrschaft Trognon. 


Sitzung vom 15. Juli 1680. 


Das zu reunierende Gebiet wird durch das heutige Dorf Heudicourt !) 
bezeichnet, welches im Departement Meuse 12 km nordöstlich von 
St. Mihiel gelegen ist. Im 13. Jahrhundert, bis auf welches die fran- 
zösischen Ansprüche zurückgingen, meist Troignon oder Trongnon 
genannt, hat die Ortschaft den Namen Heudicourt im Jahre 1737 er- 
halten, unter gleichzeitiger Erhebung der Herrschaft zum Marquisat. 
Trognon war von Alters her im Besitz der Grafen von Bar, stand 
aber dem Bistum Verdun zu Lehen?); dieses Verhältnis ist durch 
die zum Teil bei der Verhandlung vorgelegten Huldigungs-Akte vom 
13. bis zum 16. Jahrhundert nachweisbar. Die Lehensherrlichkeit wurde 
abgelöst durch einen Tausch-Vertrag vom 10. September 1564, laut 
welchem Bischof Nikolaus von Verdun die Herrschaft Trognon vorbe- 
haltlos abtrat. 

Die Vorladung erfolgte auf Veranlassung des Domkapitels zu 
Verdun bei der Örtsbehörde in Trognon; Urkunden allgemeiner Art 
wurden nicht vorgelegt; die Beweisführung stützte sich auf drei Ur- 
kunden; in der einen vom August 1240 datierten bekannte Graf Theobald 
von Bar sich als Lehensmann des Bischofs Raoul von Verdun für das 

1) Lienard, S. 110. 

2) Calmet, Notice, II, S. 678. 


12 


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Schloss Trognon; die zweite ist eine Lehenserneuerung des Herzogs 
Robert von Bar beim Bischof Theobald für den gleichen Besitz vom 
Juli 1399; laut vorgelester Urkunde vom 18. März 1403 endlich tritt 
Herzog Robert seine.Verduner Lehen, darunter Trognon, seinem Sohne 
Eduard ab und bittet den Bischof um Genehmigung. Diese die Lehens- 
herrlichkeit vor nahezu drei Jahrhunderten nachweisenden Zeugnisse 
genügten der Kammer, um die Reunion in gewohnter Weise auszu- 
sprechen. Ein Huldigungs-Akt liegt nicht vor; einen Anhalt für den 
Umfang des Gebietes dürfte daher nur der Bann des Dorfes Heudicourt 
geben; weitere Ortschaften sind wenigstens im Urteile nicht aufgeführt. 


29. 
Herrschaft Sierck und Stadt Port, genannt St. Nicolas. 
Sitzung vom 16. August 1680. 


Sierck ist heute eine Stadt des Kreises Diedenhofen: das die 
Stadt nur wenig überhöhende, sehr ausgedehnte Schloss wurde bis 
zum Jahre 1866 französischerseits als Festung behandelt. Dasselbe !) 
war Sitz eines alten, bis in den Anfang des 12. Jahrhunderts zurück- 
zuverfolgenden Adelsgeschlechtes; im Jahre 1442 wurde Arnold VI. 
von Kaiser Friedrich Ill. zum Reichsgrafen erhoben, hinterliess aber 
nur Töchter; mit seinem Bruder, dem Trierer Domherrn Philipp von 
Sierck, starb daher das Geschlecht 1492 aus. Das Verhältnis desselben 
zu Schloss und Herrschaft Sierck ist bisher nicht klargestellt, da letztere 
vom 12. Jahrhundert an zweifellos im herzoglich lothringischen Besitze 
waren; entweder waren die Herren von Sierck Schlossvögte gewesen 
oder führten ihren Namen nur als Glieder einer alten Familie innerhalb 
der Stadt. Im Jahre 1171 schenkte Herzog Mathias I. von Lothringen, 
Vater des Bischofs Dietrich von Metz, die Herrschaft diesem Bistum ; 
schon 1247 aber finden wir sie wieder als Metzer Lehen im Besitze 
der herzoglichen Familie, die zeitweise im Schlosse Residenz nahm, 
wie die urkundlich beglaubigte Anlage einer Hofkapelle am Fusse des 
Schlosses durch Mathias Il. beweist?). Bis zum Jahre 1661 war die 
Stadt Sierck Sitz eines herzoglichen Unteramtes, durch den Vertrag von 
Vincennes 1661 wurde sie jedoch mit 30 Dörfern nach Wahl des franzö- 
sischen Königs vom Herzog an Frankreich abgetreten ?). Die Kammerver- 


1) Das Folgende nach: Florange, Histoire des seigneurs et comtes de 
Sierck ; 1895. 

?) Mém. de la soc. d’arch. et d’hist. de la Moselle; 1887. XVII, S. 224. 

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— 119 — 


handlung hatte daher hier wie in vielen anderen Fällen nur den Zweck 
der Sicherung oder Sanctionierung des Erwerbes. Anders lagen da- 
gegen die Verhältnisse hinsichtlich der Stadt Port, dem heutigen 
St. Nicolas!) des Departements Meurthe-et-Moselle, 10 km südlich von 
Nancy gelegen, und im 13. Jahrhundert, auf welches die Ansprüche 
wieder zurückgingen, St. Nicolas de Port genannt. Der Name Port?) 
soll dem Umstande entstammen, dass die Meurthe hier anfängt schiffbar 
zu werden; den Zusatz erhielt der Ort, weil 1087 eine Reliquie des 
h. Nicolaus dahin gebracht und eine Kapelle dort erbaut worden war, 
Eine daselbst errichtete Abtei war Filiale von Gorze, stand aber wie 
die ganze Niederlassung unter der Landeshoheit Lothringens, die vielleicht 
aus der Vogtei entstanden sein mag. ‚Jedenfalls finden wir schon im 
15. Jahrhundert Abtei und Flecken landesherrlich ohne Beschränkung 
zu Lothringen gehörig, so dass die Beziehungen zu Gorze und demgemäss 
auch zum Bistum Metz von privatrechtlicher Natur gewesen sein 
müssen. Als König Karl VII. von Frankreich 1445 der Kirche und 
Ortschaft Port St. Nicolas einen Schutzbrief ausstellte, begründete er 
zwar diese Massnahme damit, dass die Abtei Gorze königlicher Gründung 
und von Frankreich lehensabhängig sei, erwähnte aber dabei keinerlei 
Beziehungen zum Bistum Metz. 

Zur Reunionszeit gehörte daher Port St. Nicolas abweichend von 
Sierck unbestritten zum Herzogtum Lothringen: die Zusammenfassung 
beider war Folge des Vorkommens in der gleichen Urkunde. 

Die Vorladung erfolgte auf Veranlassung des Bischofs von Metz 
bei der Ortsbehörde in Sierck und St. Nicolas. Verhandlungen infolge 
derselben fanden nicht statt, ebensowenig war der Beklagte beim 
Termine vertreten. Die Beweisführung beschränkte sich auf die Vor- 
lage zweier Urkunden von 1247 und von 1547. Laut ersterer ver- 
pflichtete Herzog Mathias von Lothringen sich gegenüber dem Bischof 
von Metz, dem Papste gegen den »ehemaligen« Kaiser Friedrich I. 
(contra Friedericum quondam *) imperatorem) Hülfe zu leisten, bei 
Strafe von 4000 Mark und dem Verluste des bischöflich Metzer Lehens 
Sierck und der Stadt Port im Uebertretungsfalle. In der Urkunde 
wird danach ausdrücklich nur Sierck, nicht auch Port als Lehen be- 
zeichnet; »eidem domino episcopo totum feudum nostrum castri nostri 
de Sierckes cum appenditiis, quod ab ipso tenemus, et villam nostram 
de Portu pro poena eadem obligantes«. Der Wortlaut lässt nur die eine 


1) Lepage, S. 135. 
2) Calmet, Notice, II, S. 154. 
3) Weil damals vom Papste abgesetzt. 


12* 


— 180 — 


Auslegung zu, dass der Herzog dem Bischofe sein Lehen Sierck nebst 
Zugehürigkeiten, und ausserdem sein Allod Port St. Nicolas verpfändet. 
In der Kammer-Verhandlung wurde aber, ähnlich wie in andern Fällen 
nachgewiesen, der Urkunde nachgeholfen, und das Lehensverhältnis auch 
auf die Stadt Port ausgedehnt; es heisst hier wörtlich: »à la perte du 
chateau et dependances de Sierck et de la ville de Port, qu'il avoue 
tenir en fief du dit ev&que de Metze. 

Die jüngere Urkunde besteht in einer Lehens-Erneuerung der 
Herzogin-Witwe Marie von Lothringen vom 13. Juli 1347 für alle Be- 
sitzungen die sie vom Bischof von Metz zu Lehen hatte, ohne namentliche 
Aufführung derselben ; die Urkunde beweist danach für die Ansprüche 
auf Sierck und St. Nicolas gar nichts. 

Nicht vorgelegt wurde der Kammer eine Urkunde vom Jahre 1523), 
in welcher ein Herr Philipp de Sierck, wahrscheinlich ein Sohn des 
unehelichen Sohnes Arnold des obengenannten Domherrn, der einen 
Teil der Privatgüter geerbt und sich ebenso wie seine Söhne wieder 
Herr von Sierck nannte, vom Herzog von Lothringen 600 Goldgulden 
geliehen erhalten zu haben bescheinigt und in welcher er den Herzog 
wiederholt seinen gnädigsten Herrn nennt. 

Die Vereinigung mit dem Bistum und Frankreich erfolgte in ge- 
wohnter Weise, Huldigungs-Akte liegen nicht vor; für die Bestimmung 
der Grösse muss wohl der durch den Frieden von Vincennes abgetretene 
Bezirk von 30 Dörfern nach Wahl des Königs zu Grunde gelegt werden, 
nicht die schwer feststellbare »Herrschaft« Sierck ; unter dieser Voraus- 
setzung würde der Umfang beider Gebiete etwa 3 U] Meilen betragen. 

Selbst bei Festhaltung des Reunions-Principes, dass etwaige Ge- 
bietsveränderungen innerhalb vier Jahrhunderten, die durch Urkunden 
nicht belegt worden sind, keine Berücksichtigung verdienen, muss die 
Aneignung der Stadt St. Nicolas als ein gänzlich unbegründeter Akt 
bezeichnet werden. 


30. 
Schloss, Gebiet und Herrschaft Kriechingen (Créhange). 
Sitzung vom 16. September 1680. 


Der Mittelpunkt des zu reunirenden Gebietes ist festzustellen durch 
das heutige Dorf Kriechingen des Kreises Bolchen in Deutsch-Lothringen. 
Die Ansprüche des Bischofs von Metz auf dieses Gebiet gingen bis 
zum 15. Jahrhundert zurück, waren aber zumeist auf Urkunden des 


!) Original im Bezirks-Archive zu Metz. 


16. und 17. Jahrhunderts gegründet. Schloss und Dorf Kriechingen !), 
im alten Niedgau gelegen, waren ursprünglich ein Teil der Herrschaft 
Falkenberg, die um die Mitte des 12. Jahrhunderts im Besitze der sich 
später nach der Herrschaft Finstingen benennenden Herren von Malberg 
war; ihre Burgmänner waren die ausserdem in der lothringischen 
Landschaft begüterten Herren von Kriechingen. Zu Anfang des 14. Jahr- 
hunderts verschwindet dieses erste Geschlecht derer von Kriechingen; fast 
gleichzeitig erscheint aber eine zweite Linie, gleichfalls lehensabhängig 
von Falkenberg, die in den folgenden Jahrhunderten auf verschiedene 
Weise, durch Kauf, Heirat etc., dabei auch durch Belehnungen von 
Seiten des Bistums Metz ihre Besitzungen derartig vergrösserte, dass 
die Herrschaft 1617 vom Kaiser Mathias zur Grafschaft erhoben und 
spätestens von dieser Zeit an als reichsunmittelbar behandelt ?) werden 
konnte. Sie umfasste zur Reunionszeit 17 Schlösser und 40 Herr- 
schaften, die in 4 Enclaven vom Herzogtum Lothringen und dem Bistum 
Metz umschlossen, auf dem linken Ufer der Saar, mit 2 Enklaven, Saar- 
wellingen und Püttlingen, auch Hessen-Püttlingen genannt), im Bereich 
der Grafschaft Saarbrücken lagen. 


Kriechingen gehörte zu den Herrschaften, auf welche das Metzer 
Parlament schon kurz nach dem Westfälischen Frieden seine Befugnisse 
auszudehnen versucht hatte; im Jahre 1677 war eine französische 
Besatzung in das Schloss gelegt worden, die aber vom Herzoge von 
Lothringen überfallen und gefangen ward; zur Reunionszeit finden wir 
die Grafschaft wieder im Besitze ihrer angestammten Herren. | 


Die Zustellung der Vorladung war schon am 18. März in Krie- 
chingen erfolgt; wie aus dem Urteile hervorgeht, waren der Kammersitzung 
längere Verhandlungen vorangegangen, am 14. Mai hatte der regierende 
Graf Kriechingen der Kammer erklären lassen, dass er den Beweis 
führen werde, nicht Vasall des Bistums zu sein, und sich erboten, 
den Urkunden des Bischofs andere entgegen zu stellen. Das An- 
erbieten wurde angenommen, die Kammerverhandlung daher anberaumt, 
um in derselben den Inhalt und die Beweiskraft der beiderseitigen 
Urkunden gegen einander abzuwägen. Französischerseits wurden, ab- 
gesehen von den nichtssagenden allgemeinen Urkunden, in erster Linie 

1) Lothr. Territ. S. 288 ff.; Chatelain, histoire du comté de Créhange im 
Lothr. Jahrb., III. Jahrg. 

2) Nach Lothr. Territ. S. 124 ist der Lehensverband 1617 gelöst worden; 
worauf diese Angabe sich stützt, ist nicht ersichtlich. 

8) Zum Unterschiede von den gleichnamigen Orten bei Saaralben und bei 
Diedenhofen s. S. 82. 


— 182 — 


Prokotolle über in Metz abgehaltene Vasallen-Tage vorgebracht; das 
älteste vom Jahre 1403, in welchem Herr Johann von Kriechingen 
unter den anwesenden Vasallen aufgeführt wird, ohne dass angegeben 
wäre, auf welchen Besitz die Metzer Lehensherrlichkeit sich bezog; 
genau ebenso verhält es sich mit einer Reihe jüngerer Protokolle aus 
den Jahren 1520—1569. Die letzte vom Kläger vorgebrachte Urkunde 
war aber den französischen Ansprüchen geradezu ungünstig; bei einer 
am 26. Januar 1566 in Metz abgehaltenen Versammlung der Stände 
des Bistums weigerten sich die Herren von Kriechingen, ebenso wie 
die anwesenden Grafen von Bitsch und Hanau-Lichtenbers !), die Beiträge 
für Reichszwecke an das Bistum zu zahlen, da sie reichsunmittelbare 
Herren seien und als solche Beiträge leisten müssten. Der Bischof 
bestand darauf, dass sie für die Lehen, die sie von seinem Bistum 
hätten, an ihn Beiträge zahlten, versprach sie aber zu entschädigen, 
wenn sie auch für diese Zahlung an das Reich leisten müssten; aus 
dem Sinne und Wortlaute der (im Original vorliegenden) Verhandlung 
geht zweifellos hervor, dass die Grafen zwar einzelne Lehen vom 
Bistum hatten, dass diese aber nur einen kleinen Teil ihrer Besitzungen 
und jedenfalls nicht den alten Stammsitz umfassten. In noch höherem 
Grade liessen die vom Grafen Johann Ludwig vorgebrachten Urkunden 
die französischen Ansprüche als hinfällig erscheinen. Nach Zeugnis 
dieser hatten im 16. und 17. Jahrhundert die Herren von Kriechingen 
unmittelbar mit dem Kaiser, dem oberrheinischen Kreisdirektorium und 
dem Reichskammergericht verkehrt; von dem Kreisdirektorium legten 
sie eine ganze Reihe von Quittungen und Aufforderungen zu Zahlungs- 
leistungen für das Reichskammergericht und die Kriegsführung des 
Reiches vor. Vom ‚Jahre 1597 wurde ausserdem ein Schutzbrief 
König Heinrichs IV. von Frankreich beigebracht, in welchem klar aus- 
gesprochen ist, dass Kriechingen zum Reich gehöre. Die wichtigsten 
Urkunden waren aber 3 Lehenserneuerungen der Grafen beim Bischof 
von Metz aus den Jahren 1561, 1600 und 1609, in welchen die 
bischöflichen Lehen einzeln aufgeführt sind; darnach waren dieselben 
nur: die Herrschaften Bacourt, Püttlingen und ein Teil der Orte 
Tetingen, Lellingen und Elferdingen. In letzter Linie legten die Ver- 
treter des Grafen einen Beschluss des Rates des Bistums Metz vom 
Jahre 1651 vor, dahin lautend, dass die Grafschaft Kriechingen reichs- 
unmittelbares Land und weder Lehen noch freies Allod des Bistums, 
vielmehr von diesem ganz unabhängig sei. 


') Bei diesen Reunionen nicht verwertet. 


— 15 — 


Auf den kaiserlichen Erlass von 1617, laut welchem der Lehens- 
Verband mit dem Metzer Bistum als formell aufgehoben angesehen 
werden musste, beriefen die gräflichen Vertreter sich hiernach nicht; 
trotzdem war auch den übrigen Beweisen gegenüber die ursprüngliche 
Absicht, das Gebiet für ein Lehen des Bistums zu erklären, nicht mehr 
durchführbar. Der Antrag der Kläger ging nunmehr dahin, die Kammer 
möge die Grafschaft als freies Allod des Bistums (»franc-alleu de 
l'évêché<) erklären und daher nach dem Gewohnheitsrecht der Gerichts- 
‚barkeit des Oberamtes Vic und des Parlamentes zu Metz unterstellen; 
begründet wurde diese Forderung nur damit, dass das Gebiet innerhalb 
der Haupt-Besitzungen des Bischofs von Metz gelegen sei (»6tant 
enclavé dans les seigneuries principales de l’église de Metz«). Die 
Verweigerung der Zahlung von Reichsbeiträgen durch Vermittelung des 
Bischofs im Jahre 1566 sei nur ein Beweis dafür, dass die Grafen 
sich ihren natürlichen Herren hätten entziehen wollen (pour se soustraire 
à leurs seigneurs naturels). Ganz hinfällig sei die Erklärung des bischöf- 
lichen Rates vom 17. Oktober 1651, da sie von Leuten ohne Vollmacht 
und ohne Kenntnis der Rechte ihrer Kirche (gens sans pouvoir ni 
connaissance des droits de son église) abgegeben seien. 

Der Kammerbeschluss trat dieser Auffassung im allgemeinen bei, 
unterschied aber hinsichtlich der Zugehörigkeit zum Bistum zwischen 
Lehen und Allod; die in den Urkunden von 1561, 1600 und 1609 
genannten Besitzungen wurden als Lehen, die ganze übrige Grafschaft 
als freies Allod dem Bistum zugesprochen; für erstere solle der Graf 
in der üblichen Frist die Huldigung erstatten, für das freie Allod aber 
das Parlament von Metz, zur Zeit Landesgerichtshof des Bistums, dem 
(rewohnheitsrechte entsprechend anerkennen, und eine Erklärung (dé- 
claration) des freien Allods und seiner Zugehörigkeiten innerhalb eines 
Monates abgeben; dann aber ward die ganze Grafschaft in gleicher 
Weise wie alle übrigen als Lehen reunierten Gebiete der vollen Sou- 
veränität der französischen Krone unterstellt. Das ganze Urteil unter- 
schied sich hiernach nur in einer unbedeutenden Formsache von den 
vorhergegangenen; thatsächlich bestand in der Art der Einverleibung 
in Frankreich ebensowenig ein Unterschied, wie zwischen der Erklärung 
(déclaration) und der Aufzählung (denombrement) der Gebietsteile ; 
dementsprechend unterscheidet sich das im Original erhaltene Lehens- 
verzeichnis in nichts von allen übrigen derartigen Schriftstücken. Das- 
selbe zählt die Einzelteile des Besitzes, darunter auch die Herrschaft 
Püttlingen und die gleichfalls rechtssaarische Enklave Saarwellingen- 
Reisweiler auf. Die Grösse des reunierten Gebietes ist danach genau 


— 184 — 


zu bestimmen, und beträgt rund 5 ÜMeilen. Auffallend ist bei der 
Reunion von Kriechingen, dass in der Begründung nicht auf die Aus- 
legung des Wortes »distrietus« als diöcesis zurückgegriffen wurde, da 
bei der französischen Forderung der Diözese die Einschränkung, dass 
die abzutretenden Reichsgebiete Lehen eines der Bistümer sein müssten, 
nicht ausgesprochen worden war!). Wie der angegebene Wortlaut des 
Erkenntnisses zeigt, war die geographische Lage der Grafschaft der 
einzige vorgebrachte Grund für die Reunion des weitaus grössten Teiles 
des Gebietes. 

Im Jahre nach dem Reunionsbeschluss, 5. Mai 1681, starb der 
letzte Graf der regierenden Linie; es entstand nunmehr ein Erbstreit 
zwischen der jüngern männlichen und der ältern weiblichen Linie, da 
die erstere die Grafschaft als Mannlehen, die letztere, auf den Wort- 
laut des Reunions-Beschlusses sich stützend, als Patrimonial-Lehen 
angesehen haben wollte. Das Parlament zu Metz, dem der Streitfall 
in Folge der Reunion überwiesen wurde, erkannte naturgemäss zu 
Gunsten der weiblichen Linie, da im Reunionsbeschluss auf das links- 
saarische (rewohnheitsrecht Bezug genommen war; die verwitwete 
Reichsgräfin Anna Dorothea von Ostfriesland, Schwester des 1681 ver- 
storbenen Grafen, war daher die Erbin; sie legte das schon erwähnte 
Lehens-Verzeichnis vor, und blieb auch nach dem Frieden zu Ryswick 
im ungestörten Besitz der Grafschaft. 


Stadt, Gebiet und Herrschaft Verton. 
Sitzung vom 24. Oktober 1680?). 


Verton ist das heutige Virton, eine Arrondissements-Stadt im 
südlichen Teil der belgischen Provinz Luxemburg. Von Alters her 
war der Ort unter dem heutigen?) Namen, wenngleich zur Diözese 
Trier gehörig, im Besitze des Bistums Verdun“), aber spätestens seit 
Mitte des 15. Jahrhunderts den benachbarten Grafen von Chiny zu 
Lehen gegeben, welche sie wiederholt jüngern Söhnen als Afterlehen 


!) Die wahrscheinliche Erklärung s. weiter unten. 

?) Ueber die Reunions-Sitzungen vom 24. Okt. 1680 (Virton), 21. April 1681 
(Chiny) und 5. April 1683 (Longwy etc.) s. auch Grob, zur Geschichte d. Jahre 
1680—1682 in Ons Hémecht, Organ des Luxemburger Geschichtsvereins 1898, 
IV. u. 1899 V. Verfasser sucht hier eingehend die besonders Spanien gegenüber 
nicht zweifelhafte Unrechtmässigkeit des französischen Vorgehens nachzuweisen. 

#) Jeantin, histoire du comté de Chiny 1859. 

*) Calmet, notice II. S. 888. 


— 15 — 


übertrugen. Verton wurde seither stets als ein Teil der Grafschaft 
Chiny angesehen und behandelt, ging daher auch mit dieser 1340 durch 
Kauf an das Herzogtum Luxemburg über, zunächst unter Aufrecht- 
haltung der Lehensherrlichkeit des Bistums Verdun, wie die zur Vor- 
lage gekommenen Urkunden erweisen werden. Da die ganze Grafschaft 
Chiny in besonderer Sitzung am 20. April 1681 reuniert wurde, dürfte 
die besondere Reunion Vertons auf die wiederholt hervorgehobene 
geographische Unkenntnis der Kammer zurückzuführen sein; anderer- 
seits wäre es auch möglich, dass durch die Besetzung von Verton die 
weiteren Grundlagen für die Ansprüche auf die ganze Grafschaft erst 
gefunden worden sind. 

Der Anspruch wurde erhoben von dem Domkapitel zu Verdun, 
die Vorladung bei der Ortsbehörde abgegeben; die Verhandlung fand 
in contumaciam statt. Vorgelegt wurden in erster Linie neun allgemeine 
Investituren der Bischöfe von Verdun; dann als erste Sonderurkunde 
für Verton ein Gesuch des Grafen von Chiny vom Jahre 1257 an den 
Bischof von Verdun, seinen gnädigen Herrn (loyal seigneur), die Unter- 
belehnung eines Sohnes mit der Stadt Verton genehmigen zu wollen. 
Es folgten drei Urkunden des Jahres 1268, nach denen der Graf Ludwig 
von Chiny von seinem Lehensherrn, dem Bischofe Robert von Verdun, 
600 Lire entliehen und demselben als Entgelt die Einkünfte seines 
Lehens Verton zurückerlassen hatte. Der Bischof hatte aber zur weiteren 
Sicherheit 4 Bürgen sich stellen lassen, darunter den Grafen von 
Apremont, dessen Verpflichtung eine der vorgelegten Urkunden enthielt. 
Die Einkünfte scheinen dem Bischof aber nicht genügt zu haben; im 
folgenden Jahre werden ihm auf Grund der Schuld vom Grafen Ludwig 
auch die Einkünfte der Stadt Etain überwiesen; in allen den genannten 
Schriftstücken wird der Graf ausdrücklich als der Lehensmann des 
Bischofs für Verton bezeichnet. Diese Lehensherrlichkeit dauerte auch 
zur luxemburgischen Zeit noch fort; wie zwei vorgelegte Lehenserneue- 
rungen beweisen, die eine bewirkt durch König Johann von Böhmen, 
Herzog von Luxemburg 1340, die andere in dessen Auftrage durch 
Beamte im Jahre 1348. Der Kammerbeschluss lautete auf Reunion 
der Herrschaft und Verpflichtung der Huldigung Seitens des angeblichen 
Herrn unter den gewohnten Formen. Lehenshuldigungen liegen nur 
für unbedeutende Gerechtsame Seitens dreier Privatpersonen zu Verton 
vor; eine Angabe über die Grösse des Gebietes kann daher nicht 
gemacht werden; nach dem Wortlaute der Urkunden, in denen keine 
anderen Oertlichkeiten genannt werden, scheint es sich nur um die 
Stadt und deren Gemarkung gehandelt zu haben. 


— 186 — 


Ihre frühere Lehensabhängigkeit dürfte nach den Urkunden ausser 
Frage stehen; da Verton aber zu den spanischen Niederlanden gehörte, 
konnten die Abmachungen des Westfälischen Friedens zwischen dem 
Reich und Frankreich hier keine Anwendung finden. 


32. 
Schloss, Gebiet und Herrschaft Bitsch. 
Sitzung vom 24. Oktober 1680. 


Bitsch, die durch die Belagerung von 1870 bekannte Stadt und 
Festung, gehört heute zum deutsch-lothringischen Kreise Saargemünd. 
Die Ansprüche Frankreichs gingen bis zum 13. Jahrhundert zurück. 
Das Schloss und die zugehörige Herrschaft war von Alters her ein 
Teil des Herzogtums Lothringen, und diente vor dem 14. Jahrhundert 
wiederholt zur Belehnung jüngerer Söhne oder anderer Verwandten 
des Herrscherhauses!); im späteren Mittelalter wird die Herrschaft 
infolge des gräflichen Charakters ihrer nunmehrigen Besitzer zumeist 
als Grafschaft bezeichnet. Im Jahre 1297 nämlich?) hatte Graf Eber- 
hard von Zweibrücken die Herrschaft Bitsch gegen Abtretung der 
Burgen und Vogteien Mörsberg (Marimont), Lindern und Saargemünd 
von dem Herzog Friedrich III. von Lothringen eingetauscht, worauf die 
von ihm vertretene Linie des Zweibrücker Grafengeschlechtes dauernd 
ihren Sitz in Bitsch nahm und dessen Namen ihrem Titel zufügte. 
Unter den Nachfolgern des Grafen Eberhard wurde die Herrschaft 
mehrfach vergrössert, insbesondere 1480 infolge von Heirat durch 
die nordöstliche Hälfte der Grafschaft Hanau-Lichtenberg, 1485 infolge 
von Erbschaft durch die Grafschaft Ochsenstein. 

Im Jahre 1570 starb das Geschlecht in männlicher Linie aus: 
Gemahl der einzigen Tochter des letzten Grafen war Philipp V. von 
Hanau-Lichtenberg, der auch sofort, »bevor noch Graf Jakob kalt ge- 
worden«, Besitz von Schloss und Herrschaft Bitsch ergriff. Die Eile 
war allerdings gerechtfertigt; neben ihm erhoben drei andere Familien- 
mitglieder weiblicher Erbfolge Ansprüche auf Teile der Grafschaft. 
Oberlehensherr war Herzog Karl III. von Lothringen, der, augenschein- 
lich von Verdrängungsplänen geleitet, zwar die Ansprüche aller vier Be- 

1) In einem sonst vortrefflichen Aufsatze von Creulzer, statistique du canton 
de Bitche (mémoire de l’académie nationale de Metz, XXXIII, Metz 1852, II, 
S. 147) wird Bitsch als »ancien fief de l’église de Metz« bezeichnet, aber keinerlei 
Beweis für diese Angabe beigebracht. 

*) Der Folgende nach dem Lothr. Jahrbuch IVa. S. 1 ff. 


werber durch Belehnungen befriedigte, unmittelbar darauf aber aus dem 
Versuche des Grafen Philipp, die Reformation in der Herrschaft einzu- 
führen, Grund oder Vorwand zum Einschreiten nahm. Nach Zurück- 
weisung eines von ihm zur Wiederherstellung der katholischen Religion 
entsandten Bevollmächtigten und Ablehnung anderer Forderungen 
wurden 1572 Schloss und Herrschaft Bitsch gewaltsam durch loth- 
ringische Truppen besetzt; nur durch rasche Flucht entging der Graf 
der Gefangenschaft. Er klagte nunmehr gegen den Herzog wegen 
Landfriedensbruches beim Kaiser; der Prozess nahm aber durch Ver- 
weisung an das Reichskammergericht den gewohnten langsamen Verlauf, 
während dessen die Herrschaft Bitsch wiederholt von Lothringen ander- 
weitig verpfändet wurde. Nachdem auch mehrere Reichstage und der 
oberrheinische Kreistag erfolglos mit der Sache sich beschäftigt hatten, 
traten endlich die Beteiligten selbst in Ausgleichverhandlungen, die 
1606 zu einem endgültigen Ergebnisse führten; nach dem getroffenen 
Uebereinkommen wurde der kleinere Teil der Grafschaft, das nach- 
herige Amt Lemberg, den Grafen zurückgegeben, der Rest aber blieb 
dem Herzogtum Lothringen einverleibt. Dieser Hauptteil der Grafschaft 
wurde 1668 von Herzog Karl IV. von Lothringen seinem uneben- 
bürtigen Sohne, dem Prinzen Karl Heinrich von Vaudemont, zu Lehen 
segeben, war aber zur Reunionszeit mit dem übrigen Lothringen im 
thatsächlichen Besitze Frankreichs, die Hauptstadt selbst allerdings erst 
seit wenigen Monaten, da sie während des zweiten Raubkrieges mit 
Zustimmung des Herzogs von Lothringen von kurfürstlich-mainzischen 
Truppen besetzt worden war. Nach dem Frieden von Nymwegen hatte 
darauf Ludwig XIV. den Kurfürsten‘ von Mainz zur Räumung auffordern 
lassen; da diese abgelehnt wurde, marschierte Marschall Humieres ‘ 
nach der Wegnahme von Homburg!) am 18. September gegen die 
Festung und erzwang mit nur 500 Dragonern und 2 Geschützen die 
Uebergabe ohne Blutvergiessen, da die Besatzung nur aus 40-50 
schlechten Soldaten (fort mauvais hommes) bestand). Die Reunions- 
kammer sollte nunmehr auch die rechtliche Vereinigung mit Frankreich 
bewirken. Da der Prinz von Vaudémont auf Grund der Vorladung 
mit der Kammer in Beziehung trat, lag hier, ähnlich wie bei Kriechingen, 
der Schwerpunkt der Verhandlungen nicht in der Kammersitzung; der 
Prinz hatte auf die Aufforderung, Urkunden für den Nachweis seiner 
Berechtigung vorzulegen, erklärt, solche nicht zu besitzen. Durch die 

DES E 86, 

2) Rousset, histoire de Louvois, III, S. 12, nach einem Briefe Louvois’ an 
den König. 


— 18 — 


Reichstags-Verhandlungen (bei dem Erbfolgestreite) sei der Beweis zu 
führen, dass die Grafschaft reichsunmittelbares Allod sei; er wolle aber 
die verlangte Huldigung leisten, falls Seitens des Bischofs der Beweis 
für die Lehensabhängigkeit seines Besitzes beigebracht werden könne. 
Infolge dieser Erklärung wurden dem Prinzen die nachfolgenden 
Urkunden zugestellt: 

1. Die Erklärung eines Herrn Alexandre von Bitsch vom Jahre 1251, 
dass er Lehensmann des Bischofs Jacob von Metz sei, ohne Angabe 
des Lehens. 

2. Sitzungsberichte über Vasallentage in Metz, abgehalten in den 
Jahren 1520 bis 1550, in denen unter den Vasallen an dritter Stelle 
die Grafen von Bitsch aufgeführt sind, wiederum ohne Angabe des Lehens. 

3. Der auch für die Reunion von Kriechingen!) verwertete Bericht 
über den Ständetag des Bistums vom 26. Januar 1566, laut welchem 
auch der Graf von Bitsch die Zahlung der Reichssteuern an den Bischof 
für die von letzterem abhängigen, auch hier nicht genannten Lehen 
verweigerte. Auf Grund dieser Urkunden scheint der Prinz zur Er- 
füllung der Lehenspflichten sich bereit erklärt zu haben; in der Kammer- 
sitzung wurde er unter den gewohnten Formen zum Vasallen des 
Bistums erklärt. Der Prinz kam den Forderungen baldigst nach; am 
16. Januar 1681 erstattete er die verlangte Huldigung, am 22. Dezember 
desselben Jahres legte er sein Lehens-Verzeichnis vor, welches, mit 
Ausnahme des Amtes Lemberg, die ganze Grafschaft mit einem Umfange 
von 10L] Meilen umfasst. 

Trotz der Bereitwilligkeit des seinem Vater unähnlichen Prinzen 
liegt es auf der Hand, dass dieser Reunion auch nicht der Schein 
eines Rechtes zur Seite stand, da an keiner Stelle ein Lehensverhältnis 
der Grafschaft Bitsch zum Bistum auch nur andeutungsweise ausge- 
sprochen wird. 

33. 
Schloss, Gebiet und Herrschaft Oberstein. 
Sitzung vom 7. November 1680. 

Der Hauptort der ehemaligen Herrschaft Oberstein ist heute eine 
kleine, von einer Schlossruine überhöhte Stadt der oldenburgischen 
Enclave Birkenfeld im Nahe-Gebiete. Die Herrschaft, hervorgegangen 
aus dem südlichen Teile des Nahegaues, war im 13. Jahrhundert, aus 
welchem die französischen Ansprüche hervorgeholt wurden, als Lehen 
des Erzbistums Trier im Besitze der Herren von Daun und Oberstein, 


1) s. S. 180; bei der Verwertung für Bitsch ist der 15. Januar angegeben; 
welches Datum das richtige, ist nicht festzustellen. 


— 189 — 


welche bis zu ihrem Aussterben, 1670, sich dauernd in demselben be- 
haupteten; die Herrschaft kam nunmehr in weiblicher Erbfolge an den 
Grafen Johann Karl August von Leiningen-Heidesheim, für welchen 
Graf Emich Christian von Leiningen-Dagsburg die Verwaltung führte. 
Dieser erhielt die Aufforderung, vor der Kammer zu erscheinen am 
10. August, reichte aber am 20. September eine Gegenvorstellung ein, 
in welcher er die Herrschaft als ein Lehen des Erzbistums Trier be- 
zeichnete. Zum Beweise dafür legte er eine Lehenserneuerung von 1327 
vor, bewirkt durch Wirich, Herrn von Daun und Oberstein, beim Erz- 
bischof Balduin von Trier, in welcher in bestimmter Weise die Herr- 
schaft Oberstein als Trierer Lehen bezeichnet ist. Dieser stellte der 
Bischof von Metz eine Urkunde von 1245 gegenüber, die aber nur 
durch den wiederholt hervorgehobenen Kunstgriff der Kammer im Sinne 
der Reunion zu verwerten war, da in ihr nämlich der Herr von Ober- 
stein zwar als Vasall des Bischofs von Metz bezeichnet wurde, aber 
keine Angaben darüber enthalten waren, auf welche Lehen diese 
Vasallität sich bezog; nach ihrem ganzen Inhalte ist vielmehr mit 
einiger Sicherheit zu schliessen, dass es sich um ein Lehen im Bereiche 
der Grafschaft Bar gehandelt hat, da das frühere Verhältnis des Herrn 
von: Oberstein zum Grafen von Bar in der Urkunde als gelöst und 
durch die Vasallität zum Bistum Metz ersetzt bezeichnet wird. Infolge 
dieser verschiedenen Auffassung kam es zur förmlichen Kammerverhand- 
lung; in derselben wurde auf Antrag der Kläger der Gegenbeweis 
der Grafen von Leiningen für null und nichtig erklärt, da die Urkunde 
in einer nicht genügend beglaubigten Abschrift vorgelegt sei, trotzdem 
auch die bischöfliche Urkunde nur in Abschrift vorlag‘); wolle man 
aber, so wurde weiter ausgeführt, die Abschrift gelten lassen, so be- 
weise das Schriftstück nur die Untreue des Vasallen, dessen älterer 
Herr der wahre und rechtmässige (veritable et legitime) gewesen sei. 
Die Kammer beschloss dementsprechend. Ein Huldigungs-Akt für die 
Herrschaft Oberstein liegt nicht vor; nach Karten ist die Grösse der- 
selben zu etwa 11/20] Meilen zu bestimmen. 


34. 
Gebiet und Herrschaft Rembercourt-aux-Pots. 
Sitzung vom 7. November 1680. 
Das Gebiet ist zu bestimmen durch die Lage des heutigen Fleckens 
Rembericourt-aux-Pots?) im Departement Meuse, 20 km nördlich der 


1) Die im Bezirks-Archiv zu Metz vorgefundene Abschrift ist beglaubigt; 
es ist zweifellos die der Kammer vorgelegte. 
2) Lienard, S. 190. 


=. 00 


Stadt Bar-le-Duc. Der Anspruch erfolgte durch das Domkapitel zu 
Verdun unter Zurückgehen bis auf das 15. Jahrhundert. Das Gebiet 
sehörte von Alters her zum Besitze des Bistums Verdun); sicher ist, 
dass die Bischöfe im späteren Mittelalter Lehensherren der Herrschaft 
waren und im Anfange des 16. Jahrhundert deren Verkauf an den 
Herzog von Lothringen in zwei Stufenfolgen genehmigten. Durch die 
früher erwähnten Tauschverträge von 1546 und 1561?) gewannen zwar 
die Bischöfe einen Teil ihrer Gerechtsame wieder zurück ; bereits 1561 
folgte aber die völlige und vorbehaltlose Abtretung des Gebietes an 
das Herzogtum durch Bischof Pseaume von Verdun. Der Beweis der 
früheren Zugehörigkeit zum Bistum Verdun wurde in erster Linie durch 
zwei Urkunden von 1400 bezw. 1403 geführt, laut welchen ein Edel- 
mann aus Rembercourt-aux-Pots dem Bischofe Huldigung erstattet und 
zwar in der ersteren für sein Lehen in der Stadt, in der zweiten für 
die Stadt selbst nebst abhängigem und zugehörigem Gebiete, also für 
die Herrschaft Rembercourt; in der letzteren Urkunde wird derselbe 
auch ausdrücklich als Herr von Rembercourt - aux - Pots bezeich- 
net. Die spätere Fortdauer dieser Lehensherrlichkeit wird durch 
eine Urkunde vom Jahre 1500 bezeugt, laut welcher Herzog Re- 
natus von Lothringen sich ausdrücklich als Vasall des Bistums für 
den Bann und die Herrschaft Rembercourt-aux-Pots bekennt und 
die schuldige Huldigung durch einen Bevollmächtigten abstatten zu 
dürfen bittet; wie aus der Urkunde hervorgeht, war der Besitz in 
demselben Jahre, aber nur zum Teil, durch Kauf in seine Hände ge- 
langt. Ausser dieser wurde eine ebenso beweiskräftige Urkunde vom 
Jahre 1527 vorgelest, laut welcher der Bischof von Verdun als Landes- 
herr der Herrschaft die Erlaubnis zum Verkauf eines Viertels an den 
Herzog Anton von Lothringen erteilt, sodass nunmehr das ganze 
Lehen im Besitze des Herzogs war. Der Beschluss der Kammer bietet 
nichts Erwähnenswertes; Huldigungs-Akte liegen nur für unbedeutende 
(rerechtsame vor; für die Grösse bieten daher nur Karten einen ge- 
wissen Anhalt, nach welchen das Gebiet einen Umfang von rund 
*/1 [0 Meilen haben dürfte. Da die frühere Lehensabhängigkeit zweifel- 
los ist, gehört die Reunion zu den nach französischer Auffassung des 
Westfälischen Friedens berechtigten. Das Gebiet wurde aber als Lehen 
dem Bistum Verdun zugesprochen, während es bei Geltendmachung 
des Wortes districtus zu Toul gekommen wäre, da es in dessen 
Diözese lag. 


1) Calmet, Notice II, S. 166. 
DÉS D RL) 


— 191 — 


35. 


Schloss und Flecken Mussey. 


Sitzung vom 28. November 1680. 


Von der ehemaligen Oertlichkeit ist heute nur noch eine im 
Walde gelegene Ruine, mit Namen Mussy!), übrig, welche nahe der 
Stadt Longuyon liegt, und also dem Departement Meurthe-et-Moselle 
angehört. Im 12. Jahrhundert wird das Schloss als Muceium castrum 
erwähnt), auch in der zur Begründung der Ansprüche aus dieser Zeit 
vorgelegten Urkunde. Im 14. Jahrhundert kommt dasselbe unter dem 
Namen Mussey vor, wird aber in späterer Zeit stets wie heute Mussy 
genannt. Der Name, den die Reunionskammer auf Grund der älteren 
Urkunden für das Schloss anwendet, hat in der mehrerwähnten 
Reunionskarte von Nolin anscheinend zu einer Verwechslung Veran- 
lassung gegeben, da in dieser Mussy gar nicht, das Dorf Mussey aber, 
welches 7 Kilometer nordöstlich der Stadt Bar-le-Duc liegt, mit einem 
angemessenen Reunionsgebiet von etwa */1 []Meilen eingetragen ist, 
was besonders die Willkürlichkeiten der Eintragungen in dieser 
Reunionskarte beweist. Dass auch die Kammer diesen Irrtum begangen 
haben sollte, darf bei der wiederholt nachgewiesenen Oberflächlichkeit 
nicht ganz ausgeschlossen werden, wenngleich in einer der vorgelegten 
Urkunden das Schloss ausdrücklich als »Mussey pres Longuyon« be- 
zeichnet wird; für die Vermutung spricht aber neben der angeführten 
Karten-Eintragung auch der Umstand, dass für alle anderen Reunionen 
die Ortsnamen damaliger Zeit angewendet wurden. 


Schloss Mussey?) war ursprünglich Besitztum der Erzbischöfe von 
Trier gewesen, aber bereitsim 12. Jahrhundert an das Bistum Verdun abge- 
treten worden. Anfangs des 14. Jahrhunderts verpfändete Bischof Niko- 
laus Schloss und Flecken dem Grafen Peter von Bar und bewirkte dadurch 
die dauernde Zugehörigkeit zum Herzogtum Lothringen-Bar, anfänglich 
unter Wahrung der Lehensherrlichkeit; nach 1436 ward, allerdings 
soweit erkennbar zum letzten Male, dem Bischofe von Herzog Renatus I. 
in der Kathedrale zu Verdun feierlich für Mussey gehuldigt. Während 
der Bedrängnis durch Frankreich hatte Herzog Karl IV. eine Zuflucht 
im Schlosse gefunden; als daher die Franzosen 1670 sich des ganzen 
Herzogtums bemächtigten, schleiften sie die dortigen Befestigungen und 
liessen eine Besatzung daselbst. 

1) Liénard, S. 163. 

2) Calmet, Notice I, S. 945. 


Be, — 


Die Vorladung erfolgte bei dem Forstmeister (gruyer) von Mussey; 
ihr wurde keine Folge gegeben. Die Ansprüche des Domkapitels von 
Verdun wurden zunächst durch ein Abkommen vom Jahre 1160 belegt, 
laut welchem Erzbischof Hillin von Trier Schloss und Flecken an den 
Bischof von Verdun als Lehen des Erzbistums abtritt, um für Frieden 
und Schadloshaltung der Kirche Verdun zu sorgen (»indemnitati et 
paci Virdunensis ecclesiae providere cupientes« heisst es in der im 
Original erhaltenen Urkunde)t). Weiterhin vorgelegt wurde die Urkunde 
ohne Datum, laut welcher durch Bischof Nikolaus von Verdun, der von 
1305—1312 regierte, Schloss Mussey dem Grafen Peter von Bar zu 
Lehen gegeben wurde; von dessen Nachfolgern wurden 3 Lehenserneuerun- 
gen beigebracht, 2 vom Grafen Eduard von Bar aus den Jahren 1315 
und 1322, eine vom Grafen Robert von Bar von 1399. Die Lehens- 
huldigung von 1436 kam dagegen nicht zur Kenntnis der Kammer. 
Schloss und Flecken wurden in gewohnter Weise reuniert; Huldigungs- 
Akte liegen nur für Einzelbesitzungen im Flecken Mussey vor; da aber 
in der Verhandlung sowohl wie in den Urkunden stets nur Schloss und 
Flecken Mussey angeführt werden, ist als Reunionsgebiet nur der Bann 
des letzteren anzusehen. 


36. 


Schloss, Gebiet und Herrschaft Rixingen (R&chicourt). 


Sitzung vom 5. Dezember 1680. 


Rixingen, das heutige gleichnamige Dorf des deutsch-lothringischen 
Kreises Saarburg, wird als Sitz einer besonderen Herrschaft zuerst im 
13. Jahrhundert, auf welches auch die Ansprüche der Kammer zurück- 
gingen, genannt. 

Im Jahre 1241 bestätigt Graf Dietrich von Rixingen einen Rechts- 
akt seines Bruders Heinrich, Landgrafen von Elsass; Graf Dietrich 
besass neben Rixingen auch die Herrschaften Forbach, Marimont?) und 
Habudingen; nach ersterer nannte er sich auch Graf von Forbach; 
wahrscheinlich ist er der Gründer dieser besonderen Linie°). 

1255 kamen die Herrschaften Rixingen und Marimont, anscheinend 
durch Auftragung, in Lehensabhängigkeit vom Bistum Metz. 1291 fand 
2) Abgedruckt bei Beyer, Mittelrheinisches Urkundenbuch 1860, I, No. 619; 
in der gedruckten Verhandlung wird die Urkunde irrtümlich auf 1159 datiert 
und der Erzbischof »Guillaume« genannt. 

?) Nicht zu verwechseln mit Marimont im Kreise Chäteau-Salins; dass nicht 
dieses anzunehmen ist, folgt zweifellos aus dem Lehens-Verzeichnis. 

®) s. Witte im Lothr. Jahrb., Vb, S. 83 ff. 


— 193 — 


sodann eine Teilung zwischen 2 Brüdern statt, von denen Graf Konrad 
Rixingen mit Marimont und Habudingen, sein Bruder Forbach erhielt. 
Des Ersteren Linie starb aber schon im Beginn des folgenden Jahr- 
hunderts aus; das Gebiet kam dadurch an den Gatten der Tochter 
Johanna des letzten männlichen Sprossen, den Grafen Fritzmann von 
Leiningen, dessen Linie sich von jetzt ab Leiningen-Rixingen nannte 
und die Lehensherrlichkeit von Metz dauernd anerkannte. Nach mehreren 
Teilungen vereinigte Graf Leiningen-Westerburg 1593 wieder beide 
(Gebiete in seiner Hand; 1669 gingen sie aber durch Kauf an den 
dänischen Kanzler Friedrich von Alefeld über, der zur Reunionszeit 
daher in deren rechtmässigem und unbestrittenem Besitze war. Die 
Vorladung wurde bei der Ortsbehörde in Réchicourt abgegeben; zum 
Termin war keine Beantwortung erfolgt. Die Begründung geschah in 
erster Linie durch Vorlage zweier Urkunden aus dem 13. Jahrhundert, eine 
Lehensauftragung vom Jahre 1255, laut welcher Dietrich Herr (Sire) von 
Rechicourt und Marimont sich beim Bischof Jacob von Metz für diese Herr- 
schaft als Lehensmann bekennt!) und einen Abtretungs-Vertrag von 1286, 
durch welchen Graf und Gräfin von Rechicourt die Einkünfte dieser Lehen 
‚ir 12 220 dem Bischof Bouchard von Metz zurücküberweisen. Aus 
der Leiningenschen Zeit wurden eine grosse Zahl von Lehenserneuerungen 
vorgelegt ; die- älteste vom Jahre 1416, die jüngste von 1593. 

Der Kammerbeschluss erfolgte in gewohnter Form; seitens des 
Kanzlers Alefeld wurde ihm alsbald Folge gegeben. Nach dem vom 
14. Mai 1681 datierten Lehensverzeichnis für die Grafschaft Réchicourt 
und die Herrschaft Marimont beträgt der Umfang beider Gebiete 
3 DOMeilen. Die Lehensabhängigkeit beider Gebiete bis zum Beginne 
des 17. Jahrhunderts steht nach dem Gesagten ausser Zweifel, zumal 
die Urkunden meist im Original vorgefunden sind, darunter die Lehens- 
erneuerung von 1593; auch gehörten beide Herrschaften zur Diözese 
Metz. Die Reunion dürfte daher als eine nach der französischen Aul- 
fassung des Westfälischen Friedens berechtigte zu bezeichnen sein. 
Ueber die sehr verschiedene staatsrechtliche Stellung eines deutschen 
und eines französischen Vasallen wird der so bereitwillige Kanzler 
wohl bald nach seiner Huldigung aufgeklärt worden sein. 

3% 
Stadt Etain und Zugehörigkeiten. 
Sitzung vom 9. Dezember 1680. 

Etain?) ist heute eine Stadt des Departements Meuse, 20 km öst- 

lich Verdun gelegen. Die Ansprüche auf die Stadt wurden bis auf das 


1) Von Witte anscheinend übersehen; s. 5. 82. 
?) Liénard, S. 79; Bonnabelle in mém. de la soc. d’arch. lorr., 5.3, VI, S. 73. 
13 


2 oe 


8. Jahrhundert zurückgeführt, hauptsächlich aber durch Urkunden des 
13. Jahrhunderts gestützt. Von Alters her der St. Eucharius-Kirche zu 
Trier gehörig, kam der Ort 1222 durch Tauschvertrag an die Kirche 
St. Madeleine zu Verdun!), deren Stiftsherren aber schon 1224 ihn nebst 
Zugehôrigkeiten dem Grafen von Bar unter Vorbehaltung einzelner Ge- 
rechtsame abtraten, wogegen der Graf sich verpflichtete, Etain niemals 
in andere Hände als die seiner Nachfolger oder der Herren von Briey 
kommen zu lassen?). Durch Ergänzungs-Vertrag von 1228 wurden die 
Gerechtsame der Kirche noch etwas vermehrt. Seit dieser Zeit ge- 
hörte Etain in stets unbestrittener Weise zu Bar und demgemäss später 
zum Herzogtum Lothringen-Bar und war Sitz eines Oberamtes und 
eines Unteramtes geworden. Die Vorladung. erfolgte bei der Orts- 
behörde im Namen der Kirche St. Madeleine, nicht des Domkapitels 
von Verdun; allgemeine Bistums-Urkunden wurden daher nicht vorge- 
lest. Zum ersten Male waren die grundlegenden Bestimmungen für 
Einsetzung und Thätigkeit der Kammer, die ja ausschliesslich den An- 
trägen der Bischöfe ihre Entstehung verdanken sollte, überschritten. 
Die Beweisführung verfolgte den Ort bis herunter zum 12. Regierungs- 
jahre des Königs Childebert IL, in welchem laut vorgelegter Schen- 
kungsurkunde Erzbischof Leodoinus von Trier den von seinem Vater 
ererbten Ort an die St. Eucharius-Kirche abgetreten hat?). Weiter vor- 
gelegt wurden der Tausch-Vertrag von 1222 nebst bezüglichen Weisungen 
des Trierer Erzbischofs und des Domkapitels an die Einwohner und 
die erwähnten Abtretungs-Verträge von 1224 und 1228 nebst ent- 
sprechenden Ergänzungs-Bestimmungen. In den in dem Protokolle ge- 
gebenen Auszügen werden zwar nur die Gerechtsame erwähnt, welche 
der Graf von Bar der Kirche überlässt, während die angebliche Ab- 
tretung unerwähnt bleibt; sie geht aber dennoch aus den Auszügen 
selbst hervor, da gerade die von den Grafen von Bar erworbene 
Landeshoheit durch solche Rücküberlassungen an die Kirche einge- 
schränkt werden sollte; die versuchte Erklärung, der Graf habe infolge 
von »pretentions générales et non expliquées diese von ihm abgetre- 
tenen Rechte sich vorher angemasst, ist völlig unerwiesen. 

Durch den Kammerbeschluss wurden in erster Linie die Stadt 
Etain nebst Bann und Zugehörigkeiten zum Eigentum der Kirche 
St. Madeleine erklärt, auch ihre Einkünfte vom Tage der Klage an 


') Abgedruckt bei Roussel, Histoire eeclésiastique et civile de Verdun, 1865, 
18.1632 

?) Calmet, Notice I, S. 413. 

?) Abgedruckt bei Beyer, Mittelrh. Urk. T, No. 7a (S. 9). 


— 19 — 


derselben zugesprochen. Des Weiteren wurde dann aber ohne jede 
Vermittelung dieses Eigentum als zusammenfallend mit dem weltlichen 
Besitze des Bistums Verdun bezeichnet, von einer Lehenserneuerung 
zwar abgesehen, die Landeshoheit des französischen Königs aber in 
sewohnter Weise ausgesprochen. 

Als Umfang des reunierten Gebietes ist nach Vorstehendem nur 
das Weichbild der Stadt selbst anzusehen. Die Rechtlosigkeit des Ver- 
fahrens ist ohne Weiteres einleuchtend, die Verdrehung des Sinnes der 
Urkunden des 13. Jahrhunderts eine noch stärkere, als sie bei früheren 
Reunionen beobachtet worden ist, sodass sie selbst durch den gegebenen 
Auszug nicht verschleiert werden konnte. Da es viel einfacher ge- 
wesen wäre, diese Urkunden der Kammer gar nicht vorzulegen, so 
muss gerade diese Verhandlung zu der früher vertretenen Auflassung 
führen, dass Urkunden, die sich auf das zu reunierende Gebiet bezogen 
nicht absichtlich unterschlagen worden sind; vielleicht fürchtete man 
bei der weiten Kenntnis, welche die Urkunden im Laufe der Jahre er- 
halten hatten, Anfechtungen auf Grund dieser oder etwa vorhandener 
Duplikate, denen man durch solche Auslegungen vorbauen zu können 
glaubte. 


98. 
Grafschaft Mörchingen (Morhange)!). 
Sitzung vom 12. Dezember 1680. 


Mörchingen !) ist die bekannte kleine, mit sehr grosser Garnison 
belegte Stadt des deutsch-lothringischen Kreises Forbach und wird 
wie von Alters her noch heute von der deutsch-romanischen Sprach- 
srenze berührt. Die ältere Geschichte ist nur wenig bekannt, da 1502 
das Archiv zugleich mit der ganzen Ortschaft durch Feuer zerstört 
wurde. Aus erhaltenen Copien von Urkunden ist nur soweit sicher 
festzustellen, dass um die Mitte des 14. Jahrhunderts Graf Simon 
von Salm aus der oberrheinischen Linie dieses weitverzweigten (ie- 
schlechtes unter der Lehensherrlichkeit des Herzogs von Lothringen 
Herr von Mörchingen war. Von seinem gleichnamigen Sohn und Nach- 
folger wird 1405 das Lehen Grafschaft genannt, anscheinend wie so 
häufig, seines persönlichen Charakters wegen; in der Folge laufen aber 
die Bezeichnungen Herrschaft und Grafschaft neben einander her. 
Gegen Ende des 15. Jahrhunderts war der Rheingraf Johann VI. Herr 


1) Recueil S. 206; die geschichtlichen Notizen nach Watrinet, in mem, d 
l. soc. d’arch. lorr., 3. S., XXII, S. 211. 


137 


LM HQE ES 


von Mörchingen, das er mit Püttlingen und einem Teile der Grafschaft 
Salm von seiner Mutter geerbt hatte; durch Heirat und Kauf vereinigte 
er auch das lothringische Lehen Diemeringen mit diesem Besitze, der 
1521 vereint in die Hände seines jüngeren Sohnes, des Rheingrafen 
Johann VII. von Kirburg, kam, in seiner Linie aber in der Folge wieder 
mehrfach geteilt wurde. Versuche der Grafen, sich von der Lehensherrlich- 
keit Lothringens frei zu machen, waren stets ohne Erfolg geblieben. 
Inhaber der Lehen Mörchingen und Diemeringen war zur Zeit der Er- 
richtung der Kammer Graf Johann X., der 1681 durch Erbschaft auch 
Püttlingen damit wieder vereinte; mit seinem 1688 erfolgten Tode 
erlosch diese Linie der Grafen von Salm-Kirburg, Mörchingen und 
Diemeringen verblieben aber seiner um 30 Jahre ihn überlebenden 
Gattin. 


Die Vorladung war schon am 28. März im Namen des Bischofs 
von Metz erfolgt; der Wild- und Rheingraf Johann X. von Salm-Kirburg 
erwiderte darauf, dass die Grafschaft niemals in irgend welchen Be- 
ziehungen zum Bistum Metz gestanden hätte. Im Auftrage der Kammer 
wurde dem Grafen darauf der Reunionsbeschluss über Saaralben zu- 
sestellt, in welchem ein Ort gleichen Namens als zu dieser Herrschaft 
zugehörig aufgeführt sei'). Der Rheingraf erwiderte darauf, dass dieses 
eine Verwechslung mit dem Orte Morange (deutsch Menrichingen) nahe 
Saaralben?) sein müsse, zumal seine Grafschaft viel bedeutender als 
die ganze Herrschaft Saaralben sei, also nicht wohl als Zugehörigkeit 
zu dieser bezeichnet sein könne. Diese Lage der Sache konnte seitens 
der Kammer nicht in Abrede gestellt werden; sie griff nun zu dem 
schon bei Kriechingen bewährten Mittel und erklärte dem Grafen, dass 
Mörchingen Enclave und daher freies Allod (franc-alleu) des Bistums 
sei; da der Bischof ein Interesse daran habe im Einzelnen kennen 
zu lernen, was seinen weltlichen Besitz ausmache sowohl als Enclave 
wie in anderer Weise (ayant le dit Seigneur evèque interêt, de con- 
naître tout le detail, qui compose le temporel de son evêché, par 
enclave ou autrement), so habe der Graf ein Verzeichnis der einzelnen 
Orte seiner Grafschaft vorzulegen. Ohne dessen Antwort abzuwarten 
erfolgte der Kammerbeschluss: der Bischof ward mit seiner angeblichen 
Forderung der Erklärung als Lehen abgewiesen, dann aber verfügt, 
dass die Grafschaft als Allod des Bistums anzusehen sei, weil sie in 
dessen Bezirk (»detroit«) liege; der Graf habe daher das Parlement 


ae. Lo 
?) Heute nicht mehr vorhanden, s. Lothr. Terr. S. 188. 


als zuständigen Gerichtshof anzuerkennen, den Treueid zu leisten und 
ein Verzeichnis der Ortschaften vorzulegen. Schliesslich erfolgte die 
Unterstellung unter die französische Landeshoheit in ganz gleicher 
Form wie bei den Lehen üblich. Ein Huldigungs-Akt des Wild- und 
Rheingrafen liegt nicht vor, die Grösse des Gebietes ist aber bei der 
bestimmten Begrenzung desselben genau festzustellen ; sie beträgt rund 
2] Meilen. 

Der Reunions-Beschluss bietet insofern besonderes Interesse, als 
er ohne Versuch des Beweises früherer Zugehörigkeit ausschliesslich 
auf der Lage der Grafschaft innerhalb des Distriktes des Bistums (dans 
le détroit dudit évêché) begründet ist, ohne dass jedoch der streitigen 
Verhandlungen des Westfälischen Friedens oder der französischen Auf- 
fassung Erwähnung geschieht. Da aber Mörchingen nicht innerhalb 
des weltlichen Besitzes des Bistums liegt, ist »détroite auch hier als 
Diözese aufzufassen. Daraufhin wird die Angliederung an Frankreich 
sachlich und staatsrechtlich in gleicher Weise wie für angebliche und 
wirkliche Lehen ausgesprochen. Es muss dahingestellt bleiben, ob die 
später geltend gemachte französische Auffassung des westfälischen 
Friedens-Instrumentes hier aus Absicht oder Unkenntnis nicht zur 
Geltung gebracht worden ist; wahrscheinlicher ist das letztere‘). Bei 
der steten Zugehörigkeit der Grafschaft zur Diözese Metz und der be- 
stimmten Ablehnung des Ausdrucks »districtus temporalis« seitens der 
französischen Bevollmächtigten auf dem Westfälischen Friedens-Kon- 
gresse entsprach diese Reunion thatsächlich der französischen Auffassung 
des Friedens-Instrumentes. 


30% 
Gebiet und Grafschaft Domèvre. 
Sitzung vom 23. Dezember 1680, 


Das von der Kammer beanspruchte Gebiet ist im vorliegenden 
Falle ein anderes als dasjenige, für welches der Urkundenbeweis zu 
führen versucht wurde. Innerhalb der in Betracht kommenden loth- 
ringischen Landschaft liegen nämlich heute, wie zur Reunionszeit, 5 Orte 
gleichen Namens: 2 im Departement Meurthe-et-Moselle, 3 im Departe- 
ment Vosges. Von den ersten beiden ist der kleinere auch Domevre- 
la-Haye genannt, ein Kantonort von etwa 400 Einwohnern, nördlich 
von Toul gelesen: der andere, auch Domevre - sur- Verouse genannt, 
zählt 1500 Einwohner, gehört zum Kanton Blamont, von dessen 


1) s, Reunion der Diözesen Metz, Toul und Verdun, 


=, 198 


Hauptort er 5 Kilometer südwestlich liegt. Die 3 Ortschaften des 
Departement Vosges gehören zu den Kantonen Chätel, Vittel und 
Epinal. Der besonders zu berücksichtigende Ort des Kantons Chätel 
liest 15 Kilometer südwestlich der Metzer Bischofsstadt Rambervilliers. 
Bei der Kammer herrschte völlige Unklarheit darüber, welcher der ge- 
nannten 5 Orte der zu reunierende sei. Die Vorladung wurde in 
Domèvre im Kanton Blamont abgegeben, wie die Erwähnung einer 
dort befindlichen Benediktinerabtei beweist!): die erste der vorgelegten 
Urkunden bezieht sich aber zweifellos auf Domevre-la-Haye, da nur 
dieses zur Diözese Toul gehört, von der in der Urkunde die Rede ist, 
auch 2 in unmittelbarer Nähe dieses Kantonortes gelegene Ortschaften 
in der Urkunde genannt werden. In 2 anderen wird jedoch Domevre 
in unmittelbaren Zusammenhang mit Rambervilliers gebracht, sodass 
diese auf Domevre im Kanton Chätel bezogen werden müssen; eine 
letzte Urkunde endlich lautet so unbestimmt, dass sie auf jeden der 
5 Orte bezogen werden kann. Sämtliche 5 Ortschaften gehörten zur 
Reunionszeit zum Herzogtum Lothringen. Die Urkunde für Domèvre- 
la-Haye besteht in einer Lehenserneuerung von 1364 für einen 
zwischen den Dörfern Menonville und Tremblecourt?) im Banne von 
Domevre gelegenen Wald; die beiden Urkunden für Domevre im 
Kanton Châtel betreffen die Verpfändung je der Hälfte von Domevre 
und Rambervilliers in den Jahren 1395 und 1397 seitens des Bischofs 
Raoul de Coucy an den Herzog Karl von Lothringen. Die- letzte 
Urkunde endlich ist die Lehenserneuerung eines Privatmannes für Be- 
sitzungen in Domevre, ohne Bezeichnung der Lage des Ortes, vom 
Jahre 1459; sie ist für die Beurteilung der Zugehörigkeit ohne jede 
Bedeutung. Für das wohl zunächst zur Reunion in Aussicht genommene Ge- 
biet von Domevre-Blamont liegen Huldigungs-Akte nicht vor, wohl aber in- 
folge des zweifellos zur weiten Kenntnis gekommenen Kammerbeschlusses 
und der im Oktober vorhergegangenen allgemeinen Aufforderung des 
Königs, solche für die übrigen 4 Orte gleichen Namens, nämlich für 
Domèvre-en-Haye ein Lehensverzeichnis des Marquis von Novéant-au-Pré 
für das »Marquisat« Domevre, für Domèvre im Kanton Vittel und 
Domevre im Kanton Epinal Huldigungsakte für Teilbesitzungen je eines, 
für Domèvre im Kanton Châtel für solche zweier Herren. In allen 
diesen Lehensbekenntnissen führen die Besitzer neben Domevre ihr 
sesamtes anderes Eigentum auf; da sicherlich keine der Huldigungen 

1) Ueber die Geschichte dieser Abtei s. Chatton in mémoires de la société 
d'archéologie lorraine, 1897, 3. S., XXV, S. 5 ff, 

?) Beide noch heute vorhanden, 


— 199 — 


zurückgewiesen, so ist der beabsichtigten kleinen Reunion eine ganz 
bedeutende, im Einzelnen schwer bestimmbare Ausdehnung auf Kosten 
des Herzogtums Lothringen gegeben worden. Kaum eine der früheren 
Reunionen dürfte bezeichnender für das Verfahren der Kammer sein, 
die augenscheinlich vorher von dem Vorhandensein mehrerer Orte 
gleichen Namens keine Idee hatte. Als ursprünglich beabsichtigte 
Reunion muss aber wohl die von Domèvre-Blamont angenommen 
werden, da hier die Vorladung abgegeben worden war: Calmet nimmt 
daher auch dieses als das reunierte Gebiet an, verwechselt es aber, 
der Kammer folgend, mit Domèvre-Rambervilliers, indem er zur Be- 
gründung der früheren Zugehörigkeit zu Metz die beiden Verpfändungen 
von 1395 und 1397 anführt!). Das reunierte Gebiet von Domèvre- 
Blamont hat dagegen, soweit erkennbar, nic.als in irgend welcher 
Abhängigkeit von Metz gestanden. 


40. 
Stadt und Herrschaft Gondreville. 
Sitzung vom 26. Dezember 1680. 


Gondreville besteht als Gemeinde heute nicht mehr, ist vielmehr 
seit dem Jahre 1812 mit dem Dorfe Vry?), das 15 km nordöstlich Metz 
im Landkreise der Bezirkshauptstadt gelegen, zu einer Gemeinde letzteren 
Namens verschmolzen. Eine Stadt desselben Namens liegt allerdings 
5 km unterhalb Toul an der Mosel. 

Auf Grund der Urkunden, welche der Kammer vorgelest und zum 
Teil noch im Original vorgefunden sind, hätten Ansprüche nur auf den 
zuerst genannten Ort erhoben werden können, da in ihnen Gondreville 
stets im Verein mit drei anderen in unmittelbarer Nähe des heutigen 
Vry belegenen Dörfern genannt wird. Trotzdem scheint die Kammer die 
Stadt Gondreville-Toul im Auge gehabt zu haben, da jener andere Ort 
von jeher im Territorium des Bistums Metz lag und zum pays Messin 
gehört hatte, also seit 1648 rechtlich mit Frankreich vereinigt war; auch 
ist in der mehrgenannten Reunionskarte von Nolin Gondreville-Metz 
sar nicht, Gondreville- Toul aber mit einem angemessenen Reunions- 
sebiete von etwa 11/1 [Meilen eingetragen und als Lehen des Bistums 
Metz bezeichnet, wiewohl diese lothringische Stadt niemals in irgend 
welchen Beziehungen zum Bistum gestanden hatte. Auch dass auf die 
Vorladung keinerlei Antwort erfolgte, spricht dafür, dass sie bei der 

1) Calmet, Notice, I, 364. 

?) Bouteiller, S. 278, 


— 200 — 


Stadt abgegeben worden ist, da die Metzer Behörden wohl sogleich 
die nötige Aufklärung gegeben hätten, während von lothringischer Seite 
niemals eine Berücksichtigung der Vorladungen erfolgte. Die Beweis- 
führung beschränkte sich auf Vorlage dreier Lehenserneuerungen von 
1413 und 1415 für Gondreville und die drei in der Nähe gelegenen 
Ortschaften Repuldange, Burange und Musey. Die Kammer sprach die 
Stadt (ville) Gondreville nebst Zugehörigkeiten in gewohnter Weise 
dem Bistum und der französischen Landeshoheit zu; ein Huldigungs- 
Akt liest aber bezeichnender Weise nur für das Dorf Gondreville-Metz vor. 

Auch hier verwechselt Calmet die beiden Ortschaften, indem er 
eine Geschichte der Stadt Gondreville-Toul giebt und deren Reunion 
auf Grund der vorstehend erwähnten zwei Urkunden erzählt'). 


41. 
Stadt und Herrschaft Neufchäteau. 
Sitzung vom 6. März 1681. 


Neufchäteau ist heute eine Stadt des Departement Vosges. Die 
frühere Herrschaft Neufchäteau ?) hatte von Alters her zum Herzog- 
tum Lothringen gehört, von dem sie Edelleuten zu Lehen gegeben 
wurde, die danach sich als Herren von Neufchäteau bezeichneten. Durch 
Vertrag vom 29. Juli 1220 sah Herzog Mathias II. von Lothringen sich 
senötigt, die Herrschaft, die hierbei noch als bisheriges Allod bezeichnet 
wird, dem Grafen Theobald von der Champagne als Lehen aufzutragen; 
die darauf begründete Lehensherrlichkeit ging 1285 bei der Vereinigung 
der Champagne mit Frankreich an dieses über, wie zwei Huldigungen 
Herzog Theobalds Il. bei Philipp dem Schönen 1300 und 1310 be- 
weisen. Ein Versuch des Herzogs Karl IL, sich 1410 der Lehens- 
herrlichkeit zu entziehen, missglückte; das Parlament zu Paris erklärte 
das Lehen für verfallen und verurteilte den Herzog zu einer hohen 
Geldbusse; schon 1413 aber ward der Herzog vom Könige begnadigt 
und als Vasall für Neufchäteau wieder eingesetzt. Aus dieser Stellung 
zur französischen Krone wurde aber Neufchâteau vom Könige Ludwig XI. 
1465 vollständig losgelöst; infolge der Konvention von St. Maur, wo 
nach Aeusserung Commines »le roi fut mis au pillage«, musste der 
König auf die Lehensherrlichkeit verzichten®). In der Urkunde vom 
Oktober d. J. heisst es von den Gebieten von Neufchäteau, Chatenois, 

1) Calmet, Notice I, S. 518. 


?) Calmet, Notice II, S. 120. 
°) Näheres s. bei Mourin, Recits lorrains, 1898, S. 127 f. 


201 — 


Montfort, Frouart und Grant wie folgt: »que dorénavant à toujours ils 
soient exemtes et mises hors de souveraineté de la couronne de France 
et de notre cour de Champagne, sans que nous, ni nos successeurs 
puissions prétendre aucun droit d'hommage, souveraineté ni jurisdietion« ). 
Wenige Jahre später, 1475, brachte Karl der Kühne von Burgund die 
Stadt in seinen Besitz; nach dessen Untergang trat aber sogleich wieder 
die lothringische Landeshoheit ein, unter der daher zur Reunionszeit 
Neufchäteau seit mehr als drei Jahrhunderten unbestritten gestanden 
hatte, wobei die Stadt Sitz eines Unteramtes geworden war. 

Als Kläger trat zum ersten Male der General-Prokurator Ravaulx 
allein auf, da die Beziehung zu einem der Bistümer nicht hatte fest- 
sestellt werden können ; dass darin eine Ueberschreitung der in dem 
Einsetzungs-Erlasse festgesetzten Befugnis der Kammer, in welcher 
einer der Bischöfe als Kläger vorgesehen ist, lag, wurde ähnlich wie 
bei der Reunion von Etain und einigen nachfolgenden nicht weiter 
berücksichtigt. Auch in dem Erlasse des Königs vom 17. September 1680, 
welcher die Vollmacht der Kammer erweiterte, konnte eine Recht- 
fertigung für dieses Vorgehen nicht gefunden werden, da auch nach 
diesem die Kammer beschliessen sollte über die »pays, terres, seigneuries 
et droits, cedès à Nous par les traités de Munster et des Pyrénéese, 
die Grafschaft Neufchäteau also hiernach nicht in Betracht kam. Zur 
Begründung seiner Klage führte der General-Prokurator zunächst den 
Nachweis, dass Neufchäteau lehensabhängig von den Grafen der Cham- 
pagne gewesen, und in diesem Verhältnisse an Frankreich über- 
gegangen sei. Zu diesem Zwecke wurden der Kammer vorgelegt: 
aus dem Jahre 1256 die Beglaubigung des Erlasses eines Grafen von 
der Champagne, worin die Rechte der Einwohner von Neufchâteau 
bestätigt werden; vom Jahre 1296 ein Erlass König Philipp des Schönen, 
worin er die Stadt als ein an ihn übergegangenes Lehen der Grafschaft 
Champagne bezeichnet ; ein Gnadenerlass desselben Königs vom Jahre 1300, 
in welchem er den Bürgern neue (terechtsame, wie Judenregal, Münz- 
schlagen u. s. w. verleiht. Wie aus den weiteren Urkunden hervorgeht, tra! 
König Philipp bald darauf die Lehensherrlichkeit über Neufchäteau seinem 
Sohne Louis ab, der‘ laut vorgelegtem Nachweise 1312 den Bürgern 
ihre Rechte bestätigte. In den folgenden Jahren scheint die Stadt 
Uebergriffen des Herzogs Friedrich von Lothringen ausgesetzt gewesen 
zu sein; gegen solche schreitet König Philipp V. 1322 ein, wobei er 
vom Herzoge sich für die Gebiete, wie sie in obiger Urkunde angeführt 
sind, Huldigung erstatten lässt. Die Ausübung ähnlicher landesherr- 


1) Die Urkunde abgedruckt bei Calmet, Il, preuves, S. 251, 


licher Rechte wurde weiterhin durch 5 Urkunden aus den Jahren 
1344 bis 1463 nachgewiesen; diesen für die früheren Zeiten voll- 
gültigen Beweisen folgte zum Schlusse die Vorlage zweier völlig nichts- 
sagender, die Ausübung landesherrlicher Rechte in den Jahren 1653 
und 1654, also der Zeit der französischen Besetzung, nachweisender 
Schriftstücke. Die burgundische Episode und die Abtretung der Gebiete 
durch König Ludwig XI. kam hiernach in der Kammer nicht zur Sprache; 
durch deren Beschluss ward daher Neufchäteau zum unmittelbaren 
Lehen der französischen Krone erklärt und dem angeblichen Herrn 
die Erstattung der Huldigungs-Akte innerhalb der gewöhnlichen Fristen 
aufgegeben; die Unterstellung unter die Landeshoheit Frankreichs unter- 
blieb naturgemäss ebenso wie die Bezugnahme auf die Verträge von 
Münster und Osnabrück. Huldigungen liegen nur vom Maire von Neuf- 
chäteau für die städtischen Gerechtsame und von einem Privatmanne 
für eine kleine Besitzung in der Stadt vor; für die Beurteilung der 
Ausdehnung. des reunierten Gebietes gewähren die Urkunden einen 
Anhalt, nach denen ausser den mehrgenannten 4 Gebieten auch noch 
die am Zusammenfluss der Meurthe und Mosel belegene Herrschaft 
Frouart dem alten Lehen zuzurechnen ist. Die Grösse kann danach 
zu etwa 6 [Meilen veranschlagt werden. 

Für die Beurteilung gewährt diese Reunion insofern ein besonderes 
Interesse, als die übliche Nichtberücksichtigung etwaiger Veränderungen 
im Laufe mehrerer Jahrhunderte hier die Erhebung nachweislich unhalt- 
barer Ansprüche ermöglichte; es mag dahin gestelit sein, ob die Ab- 
tretungs-Urkunde Ludwig XI. der Kammer bekannt war, immerhin braucht 
eine absichtliche Unterdrückung des Dokumentes nicht angenommen zu 
werden, da die Grafschaft infolge ihrer Lage innerhalb des Gebietes von 
Frankreich, Barrois mouvant und Toul, zum Allod der französischen Krone 
hätte erklärt werden können, ähnlich wie Kriechingen und Mörchingen. 

Sitzung vom 9. Dezember 1681. 

Die Gebiete von Chatenois, Frouart und Montfort, welche, wie 
vorstehend hervorgehoben, thatsächlich als Zugehörigkeiten von Neuf- 
chäteau angesehen werden konnten, wurden auf Grund der für die 
Reunion dieses (Gebietes vorgebrachten Urkunden in besonderer Sitzung 
ausdrücklich als Gebietsteile von Neufchäteau erklärt und nochmals 
in den gewohnten Formen reuniert. 

Sitzungen vom 26. Februar 1682 und vom 13. April 1682. 

Auch diese beiden Sitzungen bezogen sich auf das Gebiet von 
Neufchäteau, hatten aber nur die Regelung unwesentlicher Gerichts- 
verhältnisse zum Gegenstand. 


= © 


Sitzung vom 13. Mai 1683. 

Diese Sitzung wird anberaumt, um Beschwerden der Maires von 
Neufchäteau und Chatenois zum Austrag zu bringen; die wirkliche Ab- 
sicht war aber augenscheinlich eine Erweiterung der Reunion vom 
6. März 1681; bot dafür auch die bei andern Reunionen schon früher 
verwertete Zusammenstellung des früheren Kammerpräsidenten Thierry 
Alix die Möglichkeit, so musste sie doch wegen des inzwischen vom 
Könige abgelegten Versprechens, sich weiterer Reunionen zu enthalten, 
in verhüllter Form erfolgen. In dem Kartular von Alix waren die 
Domänen und Lehen von Neufchäteau aufgeführt, darunter Oertlich- : 
keiten, die, wie Bulgueville, Nivier zum Barrois mouvant oder, wie 
Allainville, zu Frankreich selbst gehörten; dadurch wird der früher nach- 
gewiesene, rein privatrechtliche Charakter dieser Arbeit auch für 
Neufchäteau dargethan. Durch den Beschluss wurden die Grenzen der 
Grafschaft etwas erweitert, besonders nach Süden hin; die Vergrösserung 
der Reunion hatte aber nicht entfernt den gleichen Umfang wie die für 
Vaudémont am gleichen Tage bewirkte ?). 


42. 
Städte und Herrschaften Arrancy und St. Pierre-Villiers. 
Sitzung vom 10. März 1681. 

Arrancy ?).ist heute ein Dorf im Departement Meuse, 5 km süd- 
lich von Longuyon gelegen, St. Pierre-Villiers®), eine Ortschaft in der 
Nähe dieses Dorfes und wie Arrancy zum Kanton Spincourt gehörig. 
Die Ansprüche auf beide gingen bis zum 15. Jahrhundert zurück. Von 
Alters her gehörten beide Orte zur unabhängigen Grafschaft Bar, 
Arrancy aber nach einer vorgefundenen, der Kammer nicht vorgelegten 
Urkunde von 1270 zu dieser Zeit als Lehen von Luxemburg; aus 
diesem Verhältnis hatte sich der gemeinsame Besitz (»terre commune«) 
beider Herzogtümer entwickelt, aus welchem Arrancy durch den Vertrag 
vom 15. Juli 1602 zwischen Lothringen, Luxemburg und Spanien, 
welcher zur Regelung streitiger Ansprüche zwischen diesen Mächten ge- 
schlossen wurde*), an ersteres allein überging. Zur Reunionszeit gehörten 

1) S. S. 120. 

2) Lienard S. 8, 

5) Liénard, S. 212. 

4) Der Vertrag wird erwähnt von Bertholet, histoire du duché de Luxem- 
bourg. 1743, Bd. VII, S. 56. Handschriftlich ist er im Bezirks-Archiv zu Metz 
vorgefunden, 


— 204 — 


die beiden beanspruchten Gebiete unbestritten zum Gebiete des Herzogs 
von Lothringen; Arrancy war Sitz eines herzoglich lothringischen Amtes. 
Als Kläger trat auch hier wieder keiner der Bischöfe, sondern die 
Aebtissin des Klosters St. Pierre-aux-Dames in Metz auf; die bei den 
beiden Ortsbehörden abgegebene Vorladung war unbeantwortet ge- 
blieben. Die Beweisführung beschränkte sich auf zwei Urkunden von 
1457 und 1588, nach welchen die Aebtissinnen des Metzer Klosters 
Teile ihrer Gerechtsame und Einkünfte in beiden Orten an die Her- 
zöge abgetreten hatten »unter dem Vorwande« des Schutzes (sous 
prétexte de protection et sauvegarde). Diese Abtretung sei, angeblich 
nach den Ausführungen der Aebtissin, ohne allen Grund und gegen 
alles Recht geschehen und daher als ungültig anzusehen; daher sei seit 
den Friedensschlüssen von 1648 und 1679 der König von Frankreich 
der wirkliche und rechtmässige Schutzherr (»veritable et legitime pro- 
tecteur«). Der wirkliche Sachverhalt ist dagegen zweifellos der, dass 
die Metzer Abtei Privatbesitzungen in fremden Territorien, hier also in 
Lothringen-Bar hatte und sich Schutzbriefe des Landesherrn erwirkte, 
wofür sie diesem einen Teil ihrer Gerechtsame und Einkünfte abtreten 
musste. Dem gegenwärtigen Vorgehen der Kammer stand wahrschein- 
lich die Aebtissin ganz fern; auch liegt kein Huldigungsakt von ihrer 
Seite vor, wenngleich der Kammerbeschluss ihr, nicht dem Herzoge 
von Lothringen, die Pflicht der Lehenserneuerung beim Bischofe von 
Metz auferleste. Da auch in den Urkunden keine weiteren Orte auf- 
seführt werden, bestand das reunierte Gebiet jedenfalls nur aus den 
beiden Dörfern und ihrer Gemarkung. 
Sitzung vom 5. April 1683. 

Zugleich mit der Reunion von Longwy, Longuyon und Marville, 
für welche diese besondere Sitzung anberaumt war!), wurde in ganz 
willkürlicher Weise ohne Anführung von Gründen die Reunion vom 
10. März 1681 auf das Amt Arrancy, also den lothringischen Ver- 
waltungs-Bezirk, ausgedehnt und damit auf einen Umfang von etwa 
2 [_]Meilen gebracht. 

43. 
Grafschaft Chiny°). 
Sitzung vom 21. April 1681°). 

Der gleichnamige Hauptort der Grafschaft ist heute eine zur 

belgischen Provinz Luxemburg gehörige Stadt, 15 Kilometer westlich 


1) s. weiter unten. 

?) Die geschichtlichen Nolizen nach Jeantin, histoire du comté de Chiny, 
1858, und Goffinet, les comtes de Chiny, 1880. 

#) Ueber die frühere Reunion eines Teiles der Grafschaft s. S. 184. 


= 0 


von Arlon gelegen. Anfangs des 13. Jahrhunderts, auf welches 
die französischen Ansprüche zurückgingen, war Chinei oder Chineis, 
wie es damals genannt wurde, Sitz einer in dem westlichen Teile 
des alten Waber-Gaues entstandenen territorialen Grafschaft, deren 
Begründung bis auf die Mitte des 10. Jahrhunderts zurückzuführen 
versucht wird. Das erste Grafengeschlecht starb in männlicher Linie 
1227 aus: der Besitz erbte aber, dem wälschen (Gewohnheitsrechte 
entsprechend, in weiblicher Linie sich fort. Vielleicht aus diesem 
Grunde hatte der letzte Graf, Louis IV., die Grafschaft dem Grafen 
von Bar zu Lehen aufgetragen. Seine Erbtochter Johanna war seit 
1220 mit dem Grafen Arnulf III. von Looz, dem bekannten Henne- 
gauer Geschlecht angehörig, vermählt, der nach dem Tode des Schwieger- 
vaters sich Graf von Looz und Chiny nannte. Er nahm bis zum 
Regierungsantritt seinen Wohnsitz in dem von ihm neu erbauten 
Schlosse Montmedy, um das sich rasch eine Ortschaft bildete: 1239 
wurde diese an Stelle von Chiny zur Hauptstadt der Grafschaft erklärt. 
Einer seiner Nachfolger, Graf Gottfried IL, verlor 1361 die Grafschaft 
Looz an den Bischof von Lüttich, Grafen Engelbert von der Marck, 
wobei er selbst zum Gefangenen gemacht worden war: im folgenden 
Jahre trat er seine Rechte auf beide Grafschaften an seinen Vetter, 
Grafen Arnulf von Rummen, ab, der die Belehnung nicht nur von dem 
Herzoge von Bar, sondern auch von dem Herzoge von Luxemburg 
erbat und erhielt. Chiny war inzwischen also auch in Lehensabhängig- 
keit von letzterem getreten !). 

Graf Arnulf wandte seine ganze Kraft der Wiedergewinnung der 
Grafschaft Looz zu: er verkaufte zu diesem Zwecke am 16. Juni 1364 
die Grafschaft Chiny mit Genehmigung des Herzogs Robert von Bar 
und unter Vorbehalt von dessen Rechten an den Herzog Wenzel von 
Luxemburg?). Von diesem Zeitpunkte an galt die Grafschaft als in- 
tegrierender Teil des Herzogtums Luxemburg, wenn auch das Verhält- 
nis zu Bar formell wenigstens weiter bestand und erst durch den 
früher im Zusammenhang der Ereignisse besprochenen Vertrag vom 
Jahre 1602 abgelöst wurde. 

Eine wesentliche Veränderung brachte der pyrenäische Friede, 
der die westliche Hälfte mit Montmedy und Jvry (Carignan) der fran- 
zösischen Krone zusprach. Die östliche Hälfte mit Chiny und Virton 
sehörte dagegen zur Reunionszeit unbestritten zum Gebiete des 
Herzogtums Luxemburg. Als Kläger trat ausschliesslich der General- 

2) Der Lehensbrief von Luxemburg abgedruckt bei Goflinet S. 536. 

?) Der Kaufakt abgedruckt bei Goflinet S. 540, 


— 206 — 


Prokurator Ravaulx auf, welcher die Vorladung bei der Ortsbehörde 
in Chiny abgeben liess, mit dem Auftrage, den angeblichen Herrn 
davon zu benachrichtigen. Die Beweisführung basirte auf 3 Momenten: 


1. dass durch die Abtretung der Hauptstadt Montmedy im pyre- 
näischen Frieden die ganze Grafschaft in Abhängigkeit zu Frankreich 
gekommen sei: 


2. dass die Grafschaft ein Lehen des Herzogtums Bar sei, das 
der Oberhoheit Frankreichs unterstehe: 


3. dass in der Grafschaft stets das Recht von Beaumont, dessen 
Herr der König von Frankreich sei, in Geltung gewesen sei. 


Zur Begründung des früheren Lehensverhältnisses zu Bar wurden 
sechs Urkunden aus dem 15. Jahrhundert vorgebracht, die an der 
Thatsache für die damalige Zeit keinen Zweifel lassen. Der vorerwähnte 
die Lehenshoheit Bars bestätigende Kaufakt von 1364 ward dagegen 
der Kammer nicht vorgelest. Dafür kam zur Vorlage ein das Lehens- 
verhältnis bestätigender Vertrag zwischen dem König-Herzog Wenzel 
und dem Herzog von Bar vom Jahre 1387, in welchem nach Aus- 
weis der Kammerverhandlung König Wenzel erklärt, das Lehen und die 
Grafschaft vom Herzog von Bar zu haben (de tenir le fief et comté 
de Chiny dudit duc de Bar). Eine weitere Lehenserneuerung aus den 
folgenden Jahrhunderten konnte aber nicht vorgebracht werden; das 
Lehensverhältnis scheint ‚danach, wenngleich nicht aufgehoben, von 
beiden Seiten als belanglos nicht mehr beachtet worden zu sein. Die 
übrigen zahlreichen Urkunden sowohl aus der grällichen wie aus der 
luxemburgischen und spanischen Zeit betreffen Bestätigungen von Ge- 
rechtsamen für die Bewohner und Zuweisung von Ortschaften unter 
die Gerichtsbarkeit von Montmedy und das Gewohnheitsrecht von Beau- 
mont, vom 13. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts, um daraus eine 
Art von Hoheitsrechten von Montmedy und Beaumont über den nicht 
abgetretenen Teil der Grafschaft abzuleiten. Schliesslich wurden der 
Kammer Auszüge aus dem Recht von Beaumont und anderen Gewohn- 
heitsrechten vorgelegt, um den Beweis zu führen, dass das Lehensrecht 
nicht verjähren könne. Der Beschluss der Kammer lautete auf Ab- 
stattung der Huldigung seitens des Herrn von Chiny innerhalb der ge- 
wohnten Fristen und Unterstellung der Grafschaft unter die französische 
Landeshoheit. 

Huldigungs-Akte liegen nicht vor; die Grösse des reunierten 
luxemburgischen Anteils der früheren Grafschaft beträgt rund 15 Meilen. 
Wenn selbst eine Verjährung des Lehens-Verhältnisses innerhalb dreier 


ae 


Jahrhunderte nicht zuzugeben sein würde, so war im vorliegenden 
Falle daraus keinerlei Recht für Frankreich abzuleiten; die Lehens- 
herrlichkeit war naturgemäss auf das Herzogtum Lothringen, nicht aber 
auf die Krone Frankreich übergegangen, da die Grafen von Bar nur 
mit einem Teile ihres unmittelbaren Besitzes, dem Barrois mouvant, 
von Frankreich lehensabhängig waren, keineswegs aber ihre eigenen 
Lehen als Afterlehen der Krone Frankreichs anzusehen hatten. Für 
letzteres Verhältnis ist auch nicht der Schatten eines Beweises vorge- 
bracht worden, während die Herzöge von Lothringen thatsächlich bis 
zum Anfange des 17. Jahrhunderts Lehensansprüche auf Chiny geltend 
gemacht, auf dieselben aber 1602 vertragsmässig zu Gunsten Spaniens 
verzichtet hatten. 

Die Durchführung des Reunionsbeschlusses kann im vorliegenden 
Falle genauer verfolgt werden). Gleich nach Ausfertigung des Ur- 
teils erschien ein französischer Oflizier bei dem Gouverneur des 
Herzogtums Luxemburg, Prinzen von Chimey, und forderte ihn auf 
Grund des Beschlusses auf, unverzüglich die spanischen Truppen aus 
einem Gebiete zurückzuziehen, das dem katholischen Könige nicht mehr 
gehöre. Die Aufforderung ward natürlich abgelehnt; sofort überschritten 
vier französische Kavallerie- Abteilungen die spanisch-niederländischen 
Grenzen, mit dem Auftrage, etwaiger Gewalt Gewalt entgegenzusetzen, sonst 
aber üppig (grassement) auf Kosten des Landes zu leben, bis es dem 
Könige von Spanien gefallen werde, sich und seinem Lande diese Last 
zu ersparen. Zur Anwendung von Gewalt kam es nicht; der Gouverneur 
zog vor den französischen Truppen seine Civil und Militär-Behörden 
zurück ; die Franzosen setzten sich in Besitz der Grafschaft und gingen 
sofort zur Erweiterung derselben nach der Theorie der Zugehörigkeiten 
über, nach welcher das gemäss dem vorstehenden Beschlusse reunierte 
Gebiet östlich bis zu den Thoren Luxemburgs ausgedehnt wurde; nur 
das Eintreten besonderer Umstände verhinderte die Wegnahme der Festung 
selbst im Frühjahr 1682 auf dem Reunionswege’?). 


Sitzung vom 5. April 1683. 


Nach der Reunion der Grafschaft Chiny trat, abgesehen von den 
unwesentlichen Vergrösserungen der reunirten Gebiete von Arry und 
Neufchateau im Herbste 1681, eine nahezu 2jährige Pause in den 
Reunionsbeschlüssen der Kammer ein. Der Grund dafür lag in den 
später im Zusammenhange zu schildernden Verhandlungen Frankreichs 


1) Rousset II, S. 213 ff,, nach dem Archiv des Kriegsministeriums, 


?) s, weiter unten. 


LAN ER 


mit dem Reiche, infolge derer im September 1681 in Frankfurt a. M. 
ein mehrmals verschobener Gesandten-Kongress zusammengetreten war: 
mit der Eröffnung desselben hatte Ludwig XIV. alle weiteren Reunionen 
zu unterlassen sich verpflichtet !). 

Anfangs kam Frankreich dieser Verpflichtung nach; als die Ver- 
handlungen des Kongresses sich aber in die Länge zogen und aussichts- 
los zu gestalten schienen, wurde das Mittel gefunden, die Reunionen 
wieder aufzunehmen; die Reunionsbeschlüsse wurden nämlich nicht 
mehr als solche gekennzeichnet, sondern erhielten eine unverfängliche 
3enennung, welche sie als naturgemässe Folge früherer Urteile oder 
sonstiger selbstverständlicher Verhältnisse erscheinen liessen. 

In der Sache aber wurden die Reunionen nicht nur fortgesetzt, 
sondern erhielten sogar eine, alles Frühere weit hinter sich lassende 
Ausdehnung: Ravaulx glaubte nunmehr sich keine Beschränkung mehr 
auferlegen zu müssen, und ging daher zu den ihm früher untersagten 
Massen-Reunionen über, dergestalt, dass nach wenigen Sitzungen der 
sanze Umfang der Diözesen Metz, Toul und Verdun, eingeschlossen 
das Herzogtum Lothringen-Bar der französischen Krone zugesprochen 
und damit der grösste Teil der früheren Reunions-Beschlüsse nochmals 
wiederholt war. 

Schon der in der überschriebenen Sitzung gefasste Beschluss 
lässt äusserlich in keiner Weise erkennen, dass durch ihn eine ganz 
bedeutende neue Reunion bewirkt wurde; er lautet: 

Arrêt de la Chambre royale de Metz du cinquième jour d’avril 
1633, qui cesse et annulle le jugement du grand conseil de Malines 
du vingt-cinquième juin 1687, et ordonne que l'arrêt de la dite 
chambre du vingt-unième avril 1681 sera exécuté selon sa forme et 
teneur. 

Den äusseren Rahmen für die Verhandlung vom 5. April 1683 
cab allerdings ein Protest ab, der den grossen Rat von Mecheln unter 
Berufung auf die Abmachungen des pyrenäischen Friedens am 25. Juni 
1681 erhoben hatte. In diesem Proteste war hervorgehoben worden, 
dass nur die in den Friedens-Bestimmungen besonders aufgeführten 
Gebietsteile, nicht aber Zugehörigkeiten (>dépendances+) derselben ab- 
getreten seien; jeder etwaige Zweifel sei durch den Vertrag vom 
12. Juli 1602 zwischen Spanien und Lothringen ausgeschlossen worden, 
da in diesem der Herzog von Lothringen auf alle etwaigen Lehens- 
rechte auf die Grafschaft Chiny ausdrücklich verzichtet habe, wofür er 
durch Zuweisung von Arrancy und anderen bisher gemeinsamen bezw. 


‘) Näheres s. weiter unten. 


— 209 — 


streitigen Gebietsteilen entschädigt worden sei. Der Reunionsbeschluss 
wird daher von dem grossen Rat als eine Gewaltthat und offenkundige 
Verletzung der Friedens-Verträge und des Völkerrechtes bezeichnet. 
Den Behörden und Einwohnern der Grafschaft war weiterhin bei Strafe 
verboten worden, den Forderungen der Kammer nachzukommen und 
eine andere Landeshoheit als die des Königs von Spanien anzuerkennen. 

Solche Proteste und Huldigungs-Verweigerungen waren in den meisten 
der reunierten Gebiete vorgekommen, aber einfach nicht beachtet oder 
wenn nötig mit Gewalt unterdrückt worden; in dem vorstehenden Falle 
wurde aber aus dem oben geschilderten Grunde eine besondere Sitzung 
anberaumt. In ihr wurde zunächst der Einspruch des Grossen Rates 
von Mecheln für hinfällig erklärt, da die Grafschaft Chiny von Alters 
her (»de toute ancienneté<) zu Bar gehört habe, dieses aber von der 
Krone Frankreich lehensabhängig gewesen sei, wobei also Barrois 
mouvant ohne weitere Begründung an Stelle der ganzen Grafschaft 
gesetzt wird. Der Vertrag von 1602 sei daher, so wird weiter aus- 
geführt, nur ein weiterer Beweis für die Berechtigung der französischen 
Ansprüche, da durch ihn das bisherige Lehensverhältnis zu Lothringen- 
Bar ausdrücklich anerkannt werde, die Vasallen aber die Rechte ihrer 
Oberlehnsherren (seigneurs dominants) nicht beeinträchtigen dürften ; 
dieser Oberlehnsherr der Grafschaft Bar sei von Alters her der König 
von Frankreich gewesen. Nunmehr wurde aber zu einer bedeutenden 
neuen Reunion übergegangen, für welche die nötigen Unterlagen jeden- 
falls inzwischen in den durchsuchten Archiven in Chinv und anderen 
besetzten Orten gefunden waren. Der General-Prokurator führte zu 
dem Zwecke aus, es scheine nach vorgefundenen Urkunden und dem 
Vertrage von 1602, dass vor Zeiten auch die Aemter Longwy, Longuyon, 
Marville und Arrancy zur Grafschaft Bar gehört hätten und dass Stenay 
Lehen des Bistums Verdun gewesen sei. Ein Zusammenhang dieser 
Gebiete mit der Grafschaft Chiny kam dabei nicht in Frage; er wurde 
künstlich geschaffen, um die Reunion mit Rücksicht auf das erwähnte 
Versprechen des Königs!) in verhüllter Form bewirken zu können; es 
werden daher die Reunionen von Longwy, Longuyon und Marville im 
Folgenden besonders zu behandeln sein, während Stenay ausscheidel, 
da die Kammer dessen Reunion nicht aussprach, jedenfalls weil es 
schon seit 1641 im rechtmässigen französischen Besitz war. Der Er- 
weiterung des Gebietes von Arrancy durch Hineinziehung des ganzen 
Amtsbezirks ist schon früher gedacht worden); es bleibt daher hier 

1) s. weiter unten, 

2103.81 203, 


— 210 — 


nur noch auf die volle Berechtigung des Mechelner »Protestes« und das 
Unzutreffende in den entgegengesetzten Ausführungen des General- 
Prokurators hinzuweisen. 


44. 
Aemter Longwy, Longuyon und Marville. 
Sitzung vom 5. April 1683. 


Longwy !), Stadt und Festung des Departements Meurthe-et-Moselle, 
ist bekannt durch die erfolgreichen deutschen Belagerungen von 1792, 
1815 und 1870. Longuyon?) liest 15 km südwestlich Longwy und ist 
eine Stadt des gleichen Departements; Marville?), 8 km westlich Longuyon 
gelegen, gehört zum Departement Meuse. 


Longwv war schon im frühen Mittelalter Hauptort einer Graf- 
schaft, deren Entstehung auf Herzog Reginard zurückgeführt wird, der 
damit den Gemahl seiner Tochter Mathilde belehnte. In der Folge 
wurde ihr Gebiet wiederholt mit Lothringen vereinigt, bezw. zur Aus- 
stattung neuer Sekundo-Genituren des lothringischen Hauses verwendet. 
In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts finden wir eine Gräfin 
Ermensinde, soweit erkennbar Tochter des Herzogs Adalbert I. von 
Lothringen, und vermählt mit dem Grafen Conrad I. von Luxemburg, 
als Gräfin von Longwy u. a. bezeichnet*). 1292 wurde die Herrschaft 
von Herzog Friedrich dem Grafen von Bar verkauft; erst durch die 
Vereinigung von Bar mit Lothringen kam die Grafschaft an Lothringen 
wieder zurück. 1370 war Longwy infolge der Gefangennahme des 
Herzogs Robert von Bar dem Könige Wenzel, Herzog von Luxemburg, 
zugleich mit Longuyon, Marville und andern Orten als Pfand für das 
beträchtliche Lösegeld gegeben worden; schon 1376 aber erfolgte die 
Einlösung und die bedingungslose Rückgabe an den Grafen. Gegen 
Ende des 30jährigen Krieges war Longwy letzter Zufluchtsort Herzog 
Karls IV. in seinem Lande; 1646 ward daher das Schloss von den 
Franzosen belagert und erstürmt. Durch den pyrenäischen Frieden 
wurde Longwy dem Herzog zurückgegeben, 1670 aber bei der erneuten 
Okkupation Lothringens von Frankreich zum zweiten Male mit Gewalt 
eingenommen und nunmehr geschleift; durch den Nymweger Frieden 


1) Bouteillier, S. 149. Clauteaux, Essai sur l’histoire de Longwy. 1829. 
3) Liénard, S. 138. 

8) Liénard, S. 143. 

*) Witte im Lothr. Jahrb., VIL b., S. 100 ff, 


— 211 — 


wurde zwar Stadt und Amt Longwy an Frankreich abgetreten, jedoch 
ohne Zustimmung Herzog Karls IV., der gegen die Festsetzungen dieses 
Vertrages protestierte!). Longuyon hat, abgesehen von der kurzen 
vorstehend erwähnten Verpfändung vom Jahre 1370, stets zu Barrois 
mouvant, bezw. zu Lothringen gehört. 

Marville soll schon 1039 von Kaiser Heinrich III. als besondere 
Grafschaft eingerichtet und dem Erzbistum Trier geschenkt worden 
sein”), was mangels anderweitiger Nachrichten allerdings zu bezweifeln 
sein dürfte); die Herren von Montjoie, welche wir Ende des Jahrhun- 
derts im Besitze der Grafschaft finden, sind daher wohl Lehensträger von 
Trier gewesen. Von ihnen ging Marville in weiblicher Erbfolge an den 
Grafen von Montfaucon über, der 1269 infolge Geldmangels das Gebiet 
zugleich mit Arrancy dem Herzog Heinrich von Luxemburg verpfändete. 
Der Uebergang wurde ein endeiltiger, die Hälfte beider Gebiete ward 
aber nicht lange nachher von Herzog Heinrich dem Grafen Theobald 
von Bar überlassen, um damit einen zwischen beiden entstandenen 
anderweitigen Streit zu beenden. Von diesem Zeitpunkte an blieb 
Marville, ebenso wie Arrancy, im gemeinschaftlichen Besitze von Luxem- 
burg und Bar-Lothringen, die beide in der Stadt Marville ihren Amt- 
mann hatten; auch nach dem Vertrage von 1602, durch den Arrancy 
ganz an Lothringen kam, blieb die Gemeinsamkeit der Besitzer von 
Marville aufrecht erhalten. 

Den luxemburgischen Anteil erwarb in der Folge Frankreich 
durch den pyrenäischen Frieden, den lothringischen durch den Vertrag 
von Vincennes 1661. Zur Reunionszeit war daher Longuvon recht- 
mässig im herzoglich lothringischen, Marville dagegen im französischen 
Besitze, während das Verhältnis Longwys seit dem Nymweger Frieden 
ein zweifelhaftes war; die drei Gebiete lagen aber damals wie von 
Alters her innerhalb der Erzdiözese Trier. 

Vorladungen wurden im vorliegenden Falle der nötigen Ver- 
schleierung der Reunion wegen nicht abgegeben. 

Die Verhandlung über Marville konnte ähnlich wie mehrere frühere 
nur den Zweck haben, eine Rechtsgrundlage mehr für die noch aus- 
stehende endgültige Auseinandersetzung mit Lothringen zu schaffen. 
Die Beweisführung stützte sich in erster Linie auf den vorgelegten 
Vertrag von 1292, laut welchem Herzog Friedrich von Lothringen das 


1) 8. S. 84, 

2) Calmet, Notice I, S. 760. 

3) Bei Görz, Regesten der Erzbischöfe zu Trier, 1861, und Bever, Mittel- 
rheinisches Urkundenbuch, nichts darüber enthalten, 


14% 


Schloss Longwy für 28,000 livres an den Grafen Heinrich von Bar 
verkauft und den Aftervasallen des Schlossbezirks, unter denen aber 
Besitzer von Longuvon oder Marville nicht genannt werden, befiehlt, 
den Grafen fürderhin als ihren Landesherrn anzusehen. Ebenso wurde 
die Urkunde des Vertrages von 1370 der Kammer vorgelegt, welche 
bezeugt, dass in diesem Jahre Schloss Longwy für 10000 Franken an 
den Herzog Wenzel von Luxemburg, den nachherigen deutschen König 
verpfändet worden war, um das Auslösegeld für den in Metz gefangen 
gehaltenen Herzog von Bar zu gewinnen, wobei der Rückkauf aus- 
drücklich vorbehalten war; die Vollziehung des Rückkaufs im Jahre 1376 
kam dagegen nicht zur Kenntnis der Kammer, war also, da sie ein 
für die französische Beweisführung günstiges Moment bildete, auch dem 
General-Prokurator nicht bekannt. Während in den beiden zuerst 
vorgelesten Urkunden ausdrücklich nur Longwy und Zugehörigkeiten 
aufgeführt werden, wurde dagegen vom gleichen Jahre 1370 ein Lehens- 
bekenntnis Wenzels vorgelegt, in dem auch Longuyon, Marville und 
Arrancy als Lehen der Grafschaft bezeichnet sind. Der Nachweis war 
damit geführt, dass die genannten Gebietsteile früher Lehen der Graf- 
schaft Bar gewesen und als solche an Lothringen gekommen seien; 
da nun die Grafschaft selbst ein Lehen Frankreichs sei, wurde einfach 
die Unterstellung der Aemter Longwv, Longuvon und Marville zugleich 
mit dem Amte Arrancy unter die französische Landeshoheit in der ge- 
wohnten Form des Verbotes an alle Beamte, Vasallen und Unterthanen, 
einen anderen Souverain als den König von Frankreich und einen anderen 
höchsten Gerichtshof als das Parlament zu Metz anzuerkennen, verfügt. 

Der hierüber ausgefertigte Beschluss enthält, wie oben erwähnt, 
in der Ueberschrift keine Erwähnung dieser bedeutenden Reunion; 
es wird durch diese vielmehr der Anschein hervorgerufen, als handele 
es sich in der ganzen Sitzung nur um Zurückweisung eines Protestes 
des Grossen Rates zu Mecheln gegen einen früheren, zu der vorliegenden 
Reunion nicht in Beziehung stehenden Beschluss. Der Eindruck, dass 
dadurch die Art der Reunion verhüllt werden sollte, wird noch ver- 
stärkt durch die unbeschreibliche Unklarheit und Verworrenheit, mit 
welcher der Beschluss abgefasst ist; fortgesetzt werden: in der Ver- 
handlung die Ansprüche auf die Grafschaft Chiny und auf die vor- 
stehenden (Gebiete untereinander gemischt, ohne dass aber irgend 
welche Beziehungen derselben zu einander angeführt werden. Als 
roter Faden geht vielmehr durch die weitläufigen Erörterungen nur 
die Behauptung, dass die Aemter früher lehensabhängig von Bar, dieses 
aber lehensabhängig von Frankreich sei; selbst dieser Scheingrund für 


ae 


die Reunion von Longwy, Longuyon und Marville, wie er auf Grund- 
lage der Urkunden allein möglich gewesen wäre, wird im Schlussurteile 
in keiner Weise zum Ausdruck gebracht; dieses lautet vielmehr un- 
vermittelt dahin, dass die Ansprüche des Grossen Rates zu Mecheln 
abzuweisen seien und dass die Grafschaft Chiny und die genannten 
Aemter als Frankreich einverleibt zu gelten haben. Diese Verworren- 
heit ist nicht durch die früher hervorgehobene Unklarheit des General- 
Prokurators allein zu erklären; vielmehr kam es ihm zweifellos darauf 
an, diese selbst für das Kammerverfahren völlig rechtlose und unhalt- 
bare Reunion möglichst zu verhüllen und die neu reunierten Gebiete, 
wenn auch unausgesprochen, als Zugehörigkeit der Grafschaft Chinv 
für den oberflächlichen Leser darzustellen, da selbst französischen 
Landsleuten die Einverleibung eines Gebietes auf Grund der Lehens- 
abhängigkeit von einem andern, dem alten Herzogtum Bar, das selbst 
noch nicht einverleibt, sondern nur zum Teile lehensabhängig von 
Frankreich war, als unberechtigt hätte erscheinen müssen; auch die 
Ersetzung uralter Schlossbezirke durch lothringische Aemter, also reine 
Verwaltungsbezirke, ist bezeichnend für die Willkürlichkeit des Ver- 
fahrens. Ausserdem aber dürfte das Versprechen des Königs gegenüber 
dem Kaiser, wenngleich nicht ausdrücklich für Lothringen mit ab- 
gegeben, auch hier der Hauptgrund für die Veschleierung gewesen 
sein. Der I/mfang, der für solche Aemter naturgemäss genau festzu- 
stellen ist, beträgt: 
für das Amt Longwy rund 5 U] Meilen, 
Longuyon » 1UJMeile, 
Marville >» 2 Cl Meïlen. 
Huldigungs-Akte liegen nur für einzelne Gerechtsame in den 
Städten Longwy, Longuyon und Marville vor. 


45. 
Herzogtum Bar. 
Sitzung vom 2. Juni 1683. 


Nachdem in der Sitzung vom 5. April 1683 Lehen von Bar ein- 
verleibt waren, was die Zugehörigkeit des ganzen früheren Herzogtums 
zur Voraussetzung hätte haben müssen, erfolgte die Reunion dieses 
Landes selbst nunmehr in einer besonderen Sitzung. Die Verhandlung 
wurde aber ähnlich wie die Reunion vom 5. April in eine andere 
Form gekleidet; die Ueberschrift des Beschlusses vom 2. Juni lautet 
wörtlich: 


— 214 — 


Arrêt, qui ordonne que tous les prétendus seigneurs des prévôtés 
et chatellenies de Pont-à-Mousson, St-Mihiel, Foug, la Chaussée etc. 
seront tenus d'en faire reprise et rendre en la dite chambre les fois 
et hommages qu'ils doivent au roi, comme seul seigneur souverain 
du comté de Bar.« 

Wenn schon die Schlussworte keinen Zweifel lassen, dass es 
sich um die Reunion der ganzen früheren Grafschaft handelt, so 
seht dies im einzelnen auch aus der Verhandlung selbst hervor, 
indem in dieser die 17 noch nicht durch Beschlüsse oder als Zu- 
gehörigkeiten reunierten Aemter der Reihe nach aufgezählt und zum 
Schlusse sämtlich der Krone Frankreich zugesprochen werden. Die 
hier zunächst kurz zu charakterisierenden Amtssitze waren: 


1. Pont-à-Mousson, die bekannte Moselstadt des Departements 
Meurthe-et-Moselle. 

2. St. Mihiel, heute Stadt des Departement Meuse, an der Maas 
gelegen. 

3. Foug, Ortschaft im Kanton Toul-Nord, zum Departement 
Meurthe-et-Moselle gehörig. 

4. Lavantgarde, heute als Ortschaft nicht mehr bestehend; das 
dort befindliche Amt wurde 1698 nach Pompey, 15 km südlich 
Pont-à-Mousson gelegen, verlegt. 

5. Norroy-le-Sec; Ortschaft des Kantons Conflans, im Departement 
Meurthe-et-Moselle. 

6. Pierrefort, heute als Gemeinde nicht mehr bestehend; die 
Ruine des früheren Schlosses liegt im heutigen Kanton Martin- 
court, Departement Meurthe-et-Moselle, etwa 10 km süd- 
westlich Pont-à-Mousson. Pierrefort war nicht eigentlich 
Sitz eines Amtes, scheint aber einen ähnlichen Verwaltungs- 
bezirk gebildet zu haben, da eine grössere Reihe von Ort- 
schaften als zu seinem (rebiete (terre) gehörig angeführt 
werden. 

. Sancy, Dorf im Departement Meurthe-et-Moselle, heute zum 
Kanton Audun-le-Roman gehörig, 18 km westlich Diedenhofen 
gelegen. 

8. Lachaussée Dorf, heute zum Kanton Vigneulle-lès-Hatton- 
chätel im Departement Meuse gehörig, 25 km nordwestlich 
Pont-a-Mousson gelegen. 


—] 


9. Bouconville, Dorf zum Kanton St. Mihiel Departement Meuse 
heute gehörig, 15 km östlich St, Mihiel gelegen, 


— 215 — 


10. Bourmont, Kantonort im Departement Haute-Marne, 12 km 
südlich Neufchateau gelegen. 

11. Lamothe, die im französisch-lothringischen Krieg häufig ge- 
nannte Festung, heute nur als Burgruine, nicht mehr als Ort- 
schaft bestehend, und zum Kanton Bourmont, Departement 
Haute-Marne gehörig. 

12. La Marche, Kantonort im Departement Vosges, in der Land- 
schaft Bassigny gelegen, später bekannt geworden als Geburts- 
ort des Marschalls Victor. 

13. Gondrecourt, Kanton im Departement Meuse, 20 km nord- 
westlich Neufchateau, nahe der barisch-französischen Grenze 
gelegen. 

14. Chatillon, Dorf im Kanton La Manche, Departement Vosges, 
in der Südspitze der Landschaft Bassigny gelegen. 

15. Pierrepont, Dorf im Kanton Bruyères, Departement Vosges, 
20 km östlich Epinal gelegen. 

16. Pierrefitte, Kantonort des Departement Meuse, 15 km westlich 
St. Mihiel gelegen. 

17. Conflans-en-Bassigny, Dorf des Kanton St. Loup, Departement 
Haute-Saöne, 12 km westlich der Stadt Luxeuil gelegen. 

Wie die Uebersicht zeigt, sind diese Verwaltungsbezirke in 
5 Gruppen zusammenzufassen : 

a) Norrov-le-Sec und Sancy im nördlichen Barrois-non-mouvant; 

b) Pont-à-Mousson, St. Mihiel, Foug, Lavantgarde, Pierrefort, 
Lachaussee, Bouconville im mittleren Barrois-non-mouvant, 
dazu Pierrefitte im mittleren Bar mouvant; 

c) Bourmont, La Mothe, La Marche, Chatillon, Pierrepont, Conflans- 
en-Bussigny, Gondrecourt im südlichen Barrois mouvant, zu- 
meist in der Landschaft Bassigny gelegen. 

Die Reunion dieser Aemter wurde vom General-Prokurator allein 
vor der Kammer beantragt; in seiner Begründung ging er davon aus, 
dass sie alle zu Barrois mouvant zu rechnen seien; wenn bisher ange- 
nommen worden sei, dass sie ganz oder zum Teil zum kaiserlichen 
Bar gehört hätten, so sei dies irrtümlicher Weise geschehen (»crues 
par erreur faire partie ou dépendre des terres et seigneuries que les 
comtes de Bar tenaient de l’empire, et non pas de la France«). 
Dieser Irrtum sei dadurch herbeigeführt worden, dass ein Teil der 
Urkunden bei einem Brande zu Paris vernichtet, ein anderer Teil nach 
England gebracht worden sei, und dass die Grafen von Bar die ihrigen 
verheimlicht hätten. 


— 216 — 


Zur Unterstützung dieser ungeheuerlichen Behauptungen wurde 
eine grosse Menge von Urkunden vorgelegt, welche in 3 Gruppen sich 
zusammenfassen lassen; in erster Linie wird auf Grund von Bekennt- 
nissen, die von Lehensträgern innerhalb der (Gebiete bei den Grafen 
von Bar vorgelegt worden waren, auf die Lehensabhängiskeit der ganzen 
Gebiete selbst geschlossen; eine zweite Gruppe von Urkunden bezeugt 
die Ausübung lehensherrlicher Rechte seitens der Grafen von Bar, wie 
Verpfändungen, Verschenkungen, Verkaufs-Genehmigungen gegenüber 
den Eigentümern solcher gräflichen Lehen; in dritter Linie endlich 
werden die, schon öfter erwähnten Zusammenstellungen des Kammer- 
präsidenten Alix vorgebracht, welche Domänen und Afterlehen solcher 
Besitzer innerbalb der genannten Gebiete nachweisen, aber, wie früher 
gezeigt, mit der staatlichen Zugehörigkeit solcher Güter in keinem 
/usammenhange stehen. In dieser Weise werden für Pont-a-Mousson 
allein 59 Lehenserneuerungen von Privatpersonen für herzoglich-barische 
Besitzungen oder Nutzungen, 6 Urkunden für Nachweis lehensherrlicher 
Rechte, und eine grosse Menge von Domänen und Afterlehensbesitzungen 
der Grafen nahe und ferne von Pont-a-Mousson aufgeführt, z. B. in 
Longwy, Longuyon, Briey, Morhange u. s. w. In ähnlicher Weise 
wird eine grosse Menge von Urkunden auch für die übrigen Gebiete 
vorgebracht, alle mit wenigen Ausnahmen völlig nichtssagend; nur für 
die Aemter La Mothe, La Marche und Conflans-en-Bussigny wird ein 
Huldigungs-Akt des Grafen von Bar beim König Karl von Frankreich 
vom Jahre 1391 beigebracht; diese gehörten aber zum Barrois mouvant, 
waren daher zweifellos von Frankreich lehensabhängig; ihre Lehens- 
abhängigkeit von Frankreich war daher unbestritten. In den übrigen 
Jrkunden kommen wiederholt Besitzungen vor, die unter fremder 
Landeshoheit, oder in einem der anderen Aemter gelegen sind; bei 
Lachaussee sind Zugehörigkeiten in Metz und Gorze, bei Sancy solche 
in Chäteau-Salins und Pont-a-Mousson aufgeführt; für die Aemter 
Lavantgarde, Pierrepont, Pierrefort und Pierrefitte werden aber über- 
haupt keine besondern Einzel-Urkunden vorgelegt; die ganze Beweis- 
führung für die Zugehörigkeit dieser Aemter besteht darin, dass inner- 
halb ihrer Gebiete Güter anderer Aemter durch deren Urkunden oder 
durch die Zusammenstellungen des Präsidenten Alix festgestellt werden 
konnten. Die Erklärung für die teils einseitigen, teils gegenseitigen 
Beziehungen ergiebt sich einfach dadurch, dass Lehensträger des Grafen, 
die Besitzungen an verschiedenen Orten hatten, nur an einer Stelle, 
wahrscheinlich ihrem Wohnsitze, Huldigungs-Akte und Abgaben den 
grällichen Beamten gegenüber zu erstatten hatten. Aus der ganzen 


— 217 — 


Art der Kammerverhandlung, aus der vorzugsweisen Berücksichtigung 
derjenigen barischen Landschaften, in denen noch keine Reunionen 
stattgehabt, aus der nahezu völligen Uebergehung des Nordens, wo 
Conflans, Briey, Etain, Longwy, Longuyon und Arrancy bereits früher 
reunirt waren, geht zur Genüge hervor, dass es sich in der That um 
eine Nachlese nicht berücksichtigter Gebietsteile handelte, durch deren 
Hineinziehung die ganze Grafschaft nunmehr französisches Gebiet werden 
sollte. Etwaige Enklaven ausserhalb des eigentlichen Bar fielen natur- 
gemäss als Zugehörigkeiten der französischen Krone zu. 

Der Kammerbeschluss lautete dementsprechend, dass die angeblichen 
Herren der 17 Aemter bezw. Schlossbezirke (also der Herzog von 
Lothringen) sowie alle Besitzer von Lehen in denselben innerhalb der 
gewohnten Zeiten Huldigung zu erstatten und Lehensverzeichnisse vor- 
zulegen hätten, und dass alle Beamten, Vasallen und Unterthanen der 
Souveränität des Königs und der Gerichtsbarkeit des Parlamentes unter- 
stellt würden. 

In gleich summarischer Weise wurde in den folgenden Monaten 
mit den noch nicht reunierten Teilen des eigentlichen Herzogtums 
Lothringen verfahren. 


46. 
Geistliche Gebiete des Herzogtums Lothringen. 
Sitzung vom 2. August 1683. 


Die Reunion der noch nicht einverleibten Teile des eigentlichen 
Herzogtums Lothringen wurde auf zwei Sitzungen verteilt und in eine 
noch weniger durchsichtige Form gekleidet. Der Beschluss der ersten 
Sitzung betraf ausschliesslich die Besitzungen geistlicher Herren; seine 
Ueberschrift lautet: 

»Arrêt portant defenses aux juges des bailliages, établis de 
l’autorit& des dues de Lorraine, de connaître des appellations 
des jugements, rendus par les juges des Seigneuries, qui 
appartiennent aux ecclesiastiques, lesquelles sont situées dans 
l'étendue des diocèses de Metz, Toul et Verdun. 

Nach dem Wortlaut dieses Beschlusses handelte es sich also 
nur um die Einsetzung eines anderen Berufungsgerichtes innerhalb 
der Diözesen der drei Bistümer. Der Inhalt des Beschlusses war 
aber ein ganz anderer, allen früheren entsprechender; er unter- 
stellte sämtliche im Herzogtum gelegenen geistlichen Besitzungen un- 
mittelbar der Landeshoheit Frankreichs. Solche geistliche Besitzungen 


— 218 


wurden aber in allen bisher noch nicht reunierten Aemtern des ge- 
samten Lothringens nachgewiesen; die Reunion erstreckte sich dem- 
gemäss auf einen grossen Teil Lothringens im Bereiche seines ganzen 
Umfanges. Das Verfahren, durch das dieser Zweck erreicht werden 
sollte, war im Einzelnen folgendes: In erster Linie wurde durch eine 
ausserordentlich weitschweilige geschichtliche Auseinandersetzung der 
Beweis zu führen versucht, dass die geistlichen Gebiete zwar that- 
sächlich der Gerichtsbarkeit, niemals aber rechtlich der Landeshoheit 
des Herzogtums unterstanden hätten; sie seien vielmehr reichsunmittelbar 
seblieben und daher durch den Westfälischen Frieden vom Reiche direkt 
an Frankreich abgetreten worden. Beginnend mit der Eroberung 
Galliens durch die Franken, stellte der General-Prokurator die Be- 
hauptung auf, dass schon zu dieser Zeit den geistlichen und den welt- 
lichen Herren Lehen (beneficia, später feuda genannt) verliehen worden 
seien. Erst die sächsischen Kaiser hätten ein Zusammenschliessen 
geistlicher und weltlicher Gebiete in Lothringen herbeigeführt, indem 
sie den geistlichen Würdenträgern die Herzogtümer, Markgrafschaften 
und Grafschaften gegeben hätten, die bisher im Besitze weltlicher 
Herren gewesen seien. Diese geistlichen Herren hätten aber nach den 
zeitigen Kanons weder Krieg führen noch Strafgerichtsbarkeit ausüben, 
überhaupt mit rein weltlichen Geschäften sich nicht befassen dürfen ; 
deshalb setzten die weisen Kaiser in dem Reiche Lothars bald einen, 
bald zwei ihrer vertrautesten Heerführer ein (»ces prudents empereurs 
commirent tantôt un tantôt deux des leurs plus affidés capitaines) um 
diese Geschäfte zu besorgen; wenn einer eingesetzt wurde, hiess er 
Herzog von Lothringen; waren es zwei, so hiessen sie Herzog von 
Oberlothringen oder Mosellanien und Herzog von Unterlothringen oder 
Ripuarien. Der letzte kaiserlicherseits zum Herzog von Oberlothringen 
ernannte sei Mathias, der Schwager Friedrich Barbarossas gewesen; 
nach dessen Tode, 1176, hätten seine Nachkommen entsprechend dem 
im Reiche herrschenden Gebrauch den’ Namen und die Eigenschaft (le 
nom et la qualite) als Herzog von Lothringen weitergeführt (also 
usurpiert) und fortgefahren, den Lehen, Gebieten und Herrschaften, die 
sie besassen, den Namen Lothringen zu geben. Die in ihrem Herzog- 
tume gelegenen geistlichen Gebiete der Kirchen und Abteien stammten 
überdies insgesamt entweder von den Königen der ersten beiden 
Familien (Merovinger und Karolinger) oder von den Bischöfen von Metz, 
Toul und Verdun her, keine derselben sei der Freigebigkeit der Herzöge 
von Lothringen zu verdanken. Im Jahre 1542 hätten weiterhin die Her- 
zöge von Lothringen vom Reiche das privilegium de non appellando ad 


cameram erhalten, naturgemäss aber habe dieses sich nicht auf die 
obigen geistlichen Gebiete beziehen können ; sie seien vielmehr unmittelbar 
der Gerichtsbarkeit des Reiches unterstellt geblieben, welches diese 
hätte so lange wahrnehmen müssen bis sie durch den Westfälischen 
Frieden, Artikel »primum quod supremum dominium« für den ganzen 
Bereich der Diözesen Metz, Toul und Verdun der Krone Frankreich 
abgetreten worden sei. So etwa war der Kern dieser kühnen, der 
‘geschichtlichen Entwickelung wie den staatsrechtlichen Verhältnissen 
in gleicher Weise ins Gesicht schlagenden Ausführungen, die offenbar 
darin gipfeln sollten, das Wort »districtuse unter Anwendung seiner 
Bedeutung als »jurisdietion«, auch auf den herzoglichen Teil der 
"Diözesen, auf den der Westfälische Friede sich nicht bezog, übertragen 
zu können. »l’empire a encore cédé à la France tous les droits, qui 
lui appartenaient sur les fiefs, terres et seigneuries, qui sont situés 
dans l'étendue des diocèses ou jurisdictions des dites églises de Metz, 
Toul et Verdun« heisst es in dieser Beziehung in der Begründung des 
Beschlusses vom 10. September 1683; aus einem Lehensrechtsbuche 
wird weiterhin districtus wie folgt definiert: »districtus est regis terri- 
torium, intra quem domino, vel eius magistratus est ius distringendi, 
iudicandi, et coercendi«. 

Nachdem durch diese neue Auslegung des Wortes distrietus 
zunächst die geistlichen Besitzungen im Herzogtum als durch den 
Westfälischen Frieden abgetreten hingestellt waren, galt es nun, 
diesen eine möglichst grosse Ausdehnung im Wege der Zugehörig- 
keiten (appendances et dependances) zu geben. Zu diesem Zwecke 
bediente man sich vor Allem wieder der Zusammenstellung des 
Kammerpräsidenten Alix, in welcher alle der Kirche gehörenden 
Besitzungen, geordnet nach den drei Oberämtern Nancy, Vosges 
und Allemagne und innerhalb dieser nach den Aemtern, aufgeführt 
waren. Dazu gehörte eine Menge von Oertlichkeiten, Gerechtsamen und 
sonstigem Eigentum in acht Aemtern des Oberamtes Nancy und sieben 
Aemtern des Oberamtes Vosges, also in dem ganzen Bereiche dieser 
Verwaltungsbezirke: im Oberamte Allemagne werden dagegen nur eine 
geringe Zahl von Besitzungen in zwei Aemtern angeführt, wieder wie 
bei Bar, dadurch zu erklären, dass dieser Teil des Herzogtums schon 
zum grössten Teil durch die früheren Reunionen einverleibt war. Unter 
den hier namentlich reunierten Besitzungen befindet sich aber auch die 
Herrschaft Baumbiedersdorf, westlich St. Avold gelegen, welche als 
Zugehörigkeit der Abtei Longeville reuniert wurde, während sie that- 
siichlich zu der längst ohne besondern Beschluss reunierten Herrschaft 


— 220 — 


Rollingen gehörte!). Eine kleine Nachlese erfolgte aber hier für die 
nordöstliche Landschaft, indem aus einer vorgelegten Investitur Kaiser 
Karls V. vom Jahre 1522 für den Herzog Anton von Lothringen und 
durch spätere Bestätigungen die Abtei Tholey (jetzt zum Kreise Ottweiler, 
Regierungsbezirk Trier, gehörig) und ihr Gebiet diesen geistlichen Be- 
sitzungen zuzurechnen das Recht abgeleitet wurde. Der Kammer- 
beschluss lautete den Anträgen des General-Prokurators entsprechend 
dahin, dass die herzoglichen Oberamtsgerichte sich des Eingreifens in 
die (rerichtsbarkeit aller dieser geistlichen Gebiete bei Strafe zu ent- 
halten hätten und dass die Beamten, Vasallen und Untertanen, welche 
diese Gebiete und ihre Zugehôrigkeiten bewohnten (habitants les dites 
terres et seigneuries et leurs dependances, appendances et annexes) 
keine andere Landeshoheit als die des Königs von Frankreich und 
keinen anderen höchsten Gerichtshof als das Parlament zu Metz anzu- 
erkennen hätten. 

Diese Form des Beschlusses gab naturgemäss den Vollziehungs- 
beamten das Recht, jeden Ort, in welchem eine noch so unbedeutende 
geistliche Besitzung oder Gerechtsame sich feststellen liess, für reuniert 
zu erklären und ihre Zugehörigkeiten nach Belieben ausdehnend selbst 
über die ganzen Oertlichkeiten noch weit hinauszugreifen. 


47. 
Die Diözesen Metz, Toul und Verdun. 
Sitzung vom 10. September 1683. 


In Ergänzung der früheren Beschlüsse, welche teils Einzel-Gebiete 
der drei Diözesen unmittelbar oder im Wege der Zugehörigkeiten, teils 
grössere Landschaften in allen Teilen derselben zugleich der französischen 
Krone zugesprochen hatten, erfolgte zum Schlusse eine umfassende auf 
den Gesamt-Umfang der Diözesen sich erstreckende Reunion, durch 
welche in erster Linie eine Nachlese der noch nicht reunierten Gebiets- 
teile innerhalb der Diözesen bewirkt werden sollte. Im Eingange zu 
diesem Beschlusse wird daher hervorgehoben, dass Frankreich die glor- 
reichen und berechtigten (légitimes) Früchte seiner Siege ganz pflücken 
und auch diejenigen Gebietsteile sich angliedern müsse, deren Besitzer 
bisher durch fremde und interessierte Mächte an Erstattung der Huldi- 
gung verhindert worden seien. 

Thatsächlich wurden durch diese Gesamt-Reunion die vorher- 
gehenden Beschlüsse zum grössten Teile überflüssig gemacht. Auch 


1) s. weiter unten. 


— 21 — 
dieser grossen Schluss-Reunion wurde ein unverfänglicher Titel gegeben. 
Die Ueberschrift des Beschlusses lautet nämlich: 


»Arret, qui ordonne à tous les ecclésiastiques et séculiers, qui 
jouissent de quelques terres et seigneuries dépendantes des évêchés 
de Metz, Toul et Verdun, de satisfaire à la déclaration du roi du 
17me octobre 1680.« 


Wie sehr dem General-Prokurator Ravaulx diese Verhüllung 
der letzten Reunionen durch unverfängliche Bezeichnung der Be- 
schlüsse glückte, geht daraus hervor, dass auch der Metzer Intendant 
Turgot sich täuschen liess und diese grössten aller Reunionen nicht 
als solche erkannte; in der früher erwähnten Denkschrift, in welcher 
er alle übrigen Reunionen richtig und vollständig aufzählt, führt er als 
letzte die von Chiny am 21. April 1681 an. 


In dem Inhalte des Beschlusses wird aber die Erläuterung desselben 
dahin gegeben, dass alle Geistlichen und Laien, welche im Besitze von 
Lehen, Gebietsteilen und Gerechtsamen sind, die im Bereiche der drei 
Diözesen sich befinden, gleichfalls den von den Bistümern abhängigen 
Besitzern zuzurechnen sind (»qui sont dependants ou font partie des 
évêchés ou principautés de Metz, Toul et Verdun, ou qui sont situés 
dans l'étendue de leurs dioceses«). Der Antrag des General-Pro- 
kurators ging dahin, dass alle diese Besitzer der französischen Krone 
huldigen und der Souveränität des Königs unterstellt werden sollten. 
Da nach den Gepflogenheiten der Kammer mit Sicherheit anzunehmen 
ist, dass dem Worte »terre« die denkbar weiteste Ausdehnung ge- 
geben, unter demselben nicht nur jede noch nicht reunierte Herrschaft, 
sondern jeder freie Grundbesitz überhaupt verstanden wurde, so bedeu- 
tete der Antrag des General-Prokurators nichts weniger als die Reunion 
der ganzen Diözesen, 

Auch für diese Massnahme wurde die Berechtigung nachzuweisen 
versucht, wobei die durchsichtige Schwäche der Darlegungen durch 
überaus weitschweifige geschichtliche Erörterungen und fortgesetzte 
Wiederholungen zu verschleiern der General-Prokurator sich bemühte. 
Der Kern seiner Darlegungen gipfelte in den zwei Behauptungen: 

1. dass durch den Westfälischen Frieden vom Reiche die geist- 
lichen Diözesen, nicht nur die weltlichen Gebietsteile der Bistümer ab- 
getreten seien; 

2. dass das Reich damit auch das Herzogtum Lothringen als 
innerhalb der Diözesen liegend abgetreten habe und zu dieser Abtre- 
tung berechtigt gewesen sei. 


— 222 — 


Zum Beweise der ersteren Behauptung werden die Vorgänge zu 
Münster, welche dem Abschlusse des Westfälischen Friedens voraus- 
gingen, und die von Gravel mit dem Schiedsgerichte zu Regens- 
burg in den sechziger Jahren geführten Verhandlungen eingehend 
besprochen unter besonderer Betonung der Verzichtleistung des kaiser- 
lichen Gesandten zu Münster auf den Zusatz des Wortes »temporalis« 
zu »districtuse. Auch ein Brief Serviens!) an das Parlament zu Metz wird 
dabei abschriftlich unter Bezugnahme auf die 1663 angeordnete Durch- 
forschung der Archive vorgelegt: » Copie collationnée le premier avril 1646 
par le commissaire, par Nous (le roi) député à la recherche des titres 
et droits, acquis à Notre couronne par le dit traité de Munster d'une 
lettre, &crite le deuxieme decembre 1647 par le comte de Servien au 
premier president de Notre Parlement de Metz.« 


Neu und daher erwähnenswert ist in diesen überaus weitschwei- 
figen Ausführungen nur die Bezugnahme auf die Abtretung der säku- 
larisierten Erzbistümer Bremen, Magdeburg und des Bistums Minden; 
für die Abtretung des weltlichen Besitzes dieser geistlichen Fürsten- 
tümer seien in dem Vertrags-Instrumente die Worte »archiepiscopatus, 
episcopatus« gewählt worden; also müsse auch unter dem Ausdrucke 
»episcopatus Metensis, Tullensis, Virdunensis« im Friedens-Instrumente 
der weltliche Besitz dieser Bistümer verstanden werden; durch den 
Zusatz »eorumque episcopatum districtus« sei daher ein Mehr bezeich- 
net worden als die ohnehin schon abgetretenen unmittelbaren Gebiets- 
teile der Bistümer. Eine gewisse Berechtigung wird diesen Ausführungen 
nicht abzusprechen sein, wie früher selbst ohne Rücksicht auf diesen 
Vergleich nachzuweisen versucht worden ist ?). 

Um so auffallender erscheint es aber, dass Ravaulx diese that- 
sächlich gute Grundlage, die bei den weitaus meisten Einzelreunionen 
hätte verwertet werden können, erst jetzt sich zu Eigen macht. Bei 
der wiederholt hervorgehobenen Oberflächlichkeit, mit welcher ver- 
fahren wurde, ist es nicht unmöglich, dass der General-Prokurator erst 
in letzter Zeit und zwar nach dem 2. August 1683 von den bezüg- 
lichen Verhandlungen Kenntnis erhalten hat; andernfalls würde er die 
ganze Reunionssitzung vom erstgenannten Tage und seine so schwie- 
rigen und geschraubten Begründungen in dieser Sitzung sich vollständig 
haben ersparen können. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass das Argument 
aus dem Grunde früher nicht hervorgezogen wurde, weil gleich von der 


1) s. Anhang und $. 56. 
2) 48, SN OD) 


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ersten Reunionssitzung an das Gebiet der Diözesen der drei Bistümer 
überschritten worden war. 

Soweit Kaiser und Reich Territorien innerhalb der drei Diözesen 
an Frankreich abzutreten berechtigt waren, konnte die Abtretung nicht 
ohne Grund von Frankreich gefordert werden. Weit schwieriger ge- 
staltete sich für den General-Prokurator der Nachweis für seine Theorie, 
dass die Berechtigung des Reiches im Westfälischen Frieden Abtretungen 
vorzunehmen auch auf Lothringen sich erstreckt habe, also auch die 
herzoglichen Teile der 3 Diözesen durch den Westfälischen Frieden 
an Frankreich abgetreten seien. Dieser Theorie direkt entgegen stand 
der Vertrag, durch welchen das Herzogtum in unzweideutigen Aus- 
drücken als unabhängig vom Reiche erklärt worden war. Die Art, 
wie der General-Prokurator diese Schwierigkeit überwand, übertrifft 
selbst alle seine früheren Leistungen. Jetzt rächte sich die staats- 
rechtlich unmögliche Doppelstellung, die Lothringen 1542 erstrebt und 
erreicht hatte. In seinem Antrage führte Ravaulx zunächst aus, dass 
in dem Reichsbeschlusse von 1542 gar nicht gesagt sei, was man über- 
haupt unter dem Herzogtum Lothringen zu verstehen habe (»oü est et 
ce que se peut être que le dit duch@«); dasselbe sei zum Teil Reichs- 
lehen geblieben, auch nach dem Vertrage von 1542, da nach diesem 
der Herzog */; der Beiträge eines Kurfürsten zu den Reichslasten bei- 
steuern müsse. Dieser Teil des Herzogtums sei es, welcher durch die 
bisherigen Reunions-Beschlüsse als lehensabhängig von den 3 Bistümern 
nachgewiesen worden sei; zwischen seiner Stellung zum Reiche und 
der des übrigen Herzogtums aber könne ein Unterschied nicht gemacht 
werden, denn die Herzöge von Lothringen hätten seit dem Jahre 1542 
die Reichssteuern nicht nur auf ihre Bistums-Lehen umgelegt (imposées 
et levées), sondern ausnahmslos auch auf alle anderen Gebietsteile, 
die sie als sogenanntes Herzogtum Lothringen besassen (»toutes les 
autres dont ils ont joui sous le nom de duché de Lorraine sans excep- 
tion d’aucune«). Hiernach habe Lothringen bis zum Jahre 1648 mit 
seinem ganzen Umfange zum Reiche gehört, sei also auch von diesem 
als innerhalb der Diözesen der Bistümer liegend an Frankreich abge- 
treten worden; wenn daran noch ein Zweifel möglich sei, so werde 
er beseitigt durch den Friedens-Vertrag von 1648 selbst; denn das 
Reich habe die Gelder, die es nach Artikel 16 des Vertrages von 
Osnabrück den Schweden habe zahlen müssen, ebensowenig auf das 
sogenannte Herzogtum Lothringen, wie auf die Bistümer umgelegt. 
Hierdurch sei aber erwiesen, dass das ganze Herzogtum 1648 in der 
Reichsmatrikel gelöscht und also an Frankreich abgetreten worden sei, 


Be. 


Die Hinfälligkeit dieser letzteren Darlegungen ist augenscheinlich; da 
Lothringen durch den Westfälischen Frieden nicht wiederhergestellt 
wurde sondern nach wie vor im französischen Besitze blieb, konnten 
naturgemäss die Kriegsentschädigungen auf das Herzogtum nicht mit 
umgelegt werden: in einem 1660, also unmittelbar nach Wieder- 
einsetzung des Herzogs aufgestellten Haushaltsplane sind dagegen unter 
den Ausgaben wieder die Beiträge zur Unterhaltung des Reichskammer- 
serichts zu Speier aufgeführt‘). 

Um aber diesen Ausführungen trotzdem den Schein einer Be- 
rechtigung zu geben, wurden der Kammer auch bei dieser Reunion 
eine grosse Zahl von Urkunden vorgelegt, darunter insbesondere Auf- 
forderungen deutscher Kaiser an die Herzöge von Lothringen, ihre 
Reichs-Beiträge zu zahlen und Ermässigungsgesuche der Herzöge aus 
den Jahren 1495 bis 1604; ferner Listen über die Verteilung dieser 
Beiträge auf die gesamten Verwaltungs-Bezirke Lothringens; endlich 
in 60 Foliobänden Steuerlisten der General-Einnahmen des Herzogtums 
aus den Jahren 1570 bis 1633 und vom Jahre 1661, in denen allen, 
ausgenommen allein die letztere, Steuern zur Abführung an das Reich 
aufgezählt sind. 

Um ausserdem zu zeigen, dass das ganze Territorium des Herzogs 
von Lothringen innerhalb der drei Diözesen gelegen sei, wurden Diözesan- 
verzeichnisse dieser letzteren vorgelegt, aus denen sich ergiebt — was 
ja ohnehin zweifellos — dass alle Aemter, Herrschaften und sonstigen 
Gebiete, die im Besitze der Herzöge gewesen unter dem Namen ab- 
hängiges, unabhängiges und angeblich unabhängiges Herzogtum Loth- 
ringen-Bar zum Bereiche der Diözesen oder zur geistlichen Gerichts- 
barkeit der Bischöfe gehörten (»que toutes les prévôtés, chatellenies, 
officiers, hautes-justices et autres terres et seigneuries, dont ont joui 
les ducs de Lorraine sous les noms de duché de Lorraine et Barrois 
mouvant, non mouvant et prétendu non mouvant sont situés dans 
l’etendue des diocèses ou juridictions spirituelles des évêchés de Metz, 
Toul et Verdun«). 

Der Beschluss der Kammer lautete auch in diesem Falle ganz 
dem Antrage des General-Prokurators entsprechend. Alle Besitzer 
von Lehen, Grundstücken und Herrschaften, die im Umfange der 
drei Diözesen gelegen seien, wurden zur Abstattung der Huldigung 
innerhalb eines Monates verpflichtet, alle Beamten, Vasallen und Ein- 
wohner der Landeshoheit Frankreichs und der höchsten Gerichtsbarkeit 
des Metzer Parlamentes unterstellt. Mit einem Zuge waren hiermit 

1) Digot, V, S. 455 ff. 


die noch nicht reunierten Teile des Herzostums und die innerhalb der 
Diözesen gelegenen reichsständischen (Grebiete der Krone Frankreich 
zugesprochen. 

Im einzelnen wurden von diesem Beschlusse betroffen: 

a) Das ganze Herzogtum Lothringen-Bar, soweit es nicht durch 
frühere Beschlüsse bereits reuniert war; einige zur Erzdiözese Trier 
gehörige Grenzstreifen im Norden sind wohl selbstverständlich als 
»Zugehörigkeiten« des Herzogtums angesehen worden. Die faktische 
Besitznahme Gesamt-Lothringens war hiernach in eine nach französischem 
Sinn staatsrechtlich gültige verwandelt worden. 

b) Von spanisch-niederländischem Gebiete die seit dem pyranäischen 
Frieden streitigen luxemburgischen Lehensherrschaften im weiteren Um- 
kreise Diedenhofens!); dieselben waren zur Zeit aber bereits längst 
ohne besondern Beschluss reuniert?). 

c) Von reichsunmittelbaren Gebieten die nicht unter frühere Be- 
schlüsse der Metzer Kammer fielen: 

1. Der grössere Teil der Grafschaft Dagsburg, deren kleinerer 

Teil zur Diözese Strassburg gehörte. Die ganze Grafschaft 
war aber als dem Unterelsass zugehörig bereits durch Beschluss 
der Kammer (conseil souverain) zu Breisach vom 9. 8. 1680 
reuniert worden. 

2. Die westliche Hälfte der Grafschaft Lützelstein, die seit 1452 

im Besitze des pfalzgräflichen Hauses war und deren östlicher 
Teil gleichfalls zur Diözese Strassburg gehörte; zur Zeit war 
aber auch diese ganze Grafschaft bereits durch Spruch der 
Kammer in Breisach vom 9. 8. 1680 reuniert. Infolge dieses 
Reunionsspruches bildeten beide Grafschaften für die Folge einen 
Bestandteil der Provinz Elsass, obwohl sie historisch zum Westrich 
gehörten und der Pfalzgraf von Lützelstein im westfälischen Frieden 
unter den Reichsunmittelbaren im Elsass genannt war’). 

3. Die Herrschaft Diemeringen, östlich von Saarwerden gelegen, 

die seit etwa 1!/s Jahrhundert im Besitz der rheingräflichen 
Linie von Salm-Kirburg war und mit der Herrschaft Mörchingen 
in Personal-Union stand; sie war daher als Zugehörigkeit von 
Mörchingen mit dieser zugleich am 12. Dezember 1680 wahr- 


Or Dothr, Territ,, S. 17%. 

2) S, Reunionen ohne Beschlüsse. 

3) Ludwig, die deutschen Reichsstände im Elsass, 1898, 5. 22. Die noch 
grössere Unsicherheit hinsichtlich der Nordgrenze des Elsass dauerte fort (S. 17), 
kommt aber bei der Metzer Reunion nicht zur Sprache. 


15 


te = 


scheinlich reuniert worden, wenn sie auch im Beschluss nicht 
besonders aufgeführt ist. 

4. Die Herrschaft Burgaltdorf, nordöstlich von Dieuze; sie war aber 
schon 1676 als zur Landvogtei Hagenau gehörig vom Parlament 
zu Metz der Krone Frankreich zugesprochen worden; sie fiel nun- 
mehr sowohl unter den Spruch der Kammer zu Breisach vom 
22. März 1680 wie den der Metzer Kammer vom 10.September 1683. 

5. Ein kleines Gebiet des deutschen Ordens mit dem Hauptorte 
Hundlingen, westlich von Saargemünd; dass dieses auch that- 
sächlich spätestens jetzt mit Beschlag belegt wurde, geht aus 
einem kaiserlichen Commissions-Dekrete an den Reichstag zu 
Regensburg vom 15. Dezember 168471) hervor, da in diesem 
unter den geschädigten Reichsständen der lothringischen Land- 
schaft auch der deutsche Orden genannt wird. 

6. Reichsritterschaftliches Gebiet derer von Kerpen, mit dem 
Hauptorte Lixingen, unmittelbar südlich an das des deutschen 
Ordens grenzend und derer von Stein-Kallenfels, nördlich 
Drulingen gelegen, mit dem Hauptorte Asweiler, beide von ganz 
geringem Umfange *): es ist anzunehmen, dass diese Reichsritter 
sich 1681 dem Schritte ihrer unterelsässischen Collegen, eine 
Deputation nach Paris zu schicken und ihre Unterwerfung dort 
anzubieten, angeschlossen haben werden, und die Huldigung 
vor dem Parlament zu Metz oder, wie die elsässische Ritter- 
schaft, vor besonderem Reunionskommissar leisteten). Da- 
gegen wird das gleichfalls innerhalb der Diözese gelegene 
Fürstentum Lixheim seit 1652 nicht mehr als reichsunmittelbar 
angesehen werden können; das gleichfalls jetzt lothringische 
Fürstentum Pfalzburg und die kurpfälzische Herrschaft Burscheidt, 
westlieh von Pfalzburg, gehörten zur Diözese Strassburg; auch 
war ein Teil des ersteren rechtsmässig, ein Teil des letzteren 
irrtümlich durch den Vertrag von Vincennes 1661 von Lothringen 
an Frankreich abgetreten worden; trotz Zugebens des Irrtums 
nahm Frankreich aber die ganze Herrschaft Burscheidt im An- 
schluss an die umliegenden Reunionen in Besitz. 

An zwei, im übrigen lothringischen Herrschaften hatten deutsche 
Standesherren Besitzanteile; Schloss und Burg der Herrschaft Frauen- 
berg, nordöstlich von Saargemünd, war in württembergischem, ein Teil 

') Pachner von Eggenstorff, III, S. 547 ff. 

?) Kirchner, Karte des Reichslandes Lothringen 1882. 

8) Reuss, !’Alsace au 17e siècle 1897, S. 531 


der Herrschaft Finstingen in rheingräflichem Besitze; es darf wohl als 
selbstverständlich angenommen werden, dass diese Herrschaften von 
Frankreich ganz zu Lothringen gerechnet wurden; ebenso müssen 
einige kleinere Enklaven reunierter Herrschaften als diesen zugerechnet 
angenommen werden, sodass sie nicht mehr unter den vorliegenden 
Beschluss fallen; dazu gehören die Dörfer Lettingen und Diedingen, 
südlich Saargemünd, die im Besitze der Grafen von Saarbrücken-Nassau 
waren, und der Warent-Wald bei St. Avold, von welchem Einzelteile, 
alle mit Dörfern, ausser zum Bistum Metz und zum Herzogtum Lothringen 
auch zur Grafschaft Saarbrücken und zur Herrschaft Blieskastel gehörten. 

Es liegt bei der summarischen Reunion der ganzen Diözesen die 
Frage nahe, warum dieses Verfahren nicht von vornherein eingeschlagen 
wurde und die Einzel-Reunionen auf Gebiete ausserhalb der Diözesen 
beschränkt blieben. Dass die Einzel-Reunionen innerhalb der Diözesen 
für die vorstehend skizzierte Beweisführung verwertet wurden, ist keine 
genügende Erklärung dafür, da auch die sonstigen Verhältnisse, insbe- 
sondere die Geldleistungen an das Reich die angebliche Abhängigkeit 
des Herzogtums vom Reiche darthaten. Es muss daher angenommen 
werden, dass der bisherige glückliche Verlauf des Reunions-Unterneh- 
mens, wie er als Folge der Schwäche des Reiches und der Hilflosigkeit 
des Herzogtums Lothringen sich gestaltet hatte, den Mut zu immer 
dreisterem und rücksichtsloserem Vorgehen gab!), sodass Louvois den 
anfänglich solchem summarischen Verfahren entgegengesetzten Wider- 
stand aufgab?) und die Erfüllung des Testamentes Richelieus, die Aus- 
dehnung Frankreichs bis zum Rheine, in erreichbare Nähe gerückt 
schien. Im Einklange hiermit wird die von gleicher Rücksichtslosig- 
keit zeugende Wegnahme Luxemburgs, die aber nicht zu den un- 
mittelbaren Aufgaben der Kammer gehörte, als ein weiterer Schritt 
auf diesem Wege anzusehen sein’). 


D. Reunionen ohne Beschlüsse. 


> 


Gleichlaufend mit den durch Kammerbeschlüsse vollzogenen Re- 
unionen ging das Bestreben, die erworbenen Gebiete zu erweitern und 
durch benachbarte zu vergrössern, ohne dazu einer besonderen Kammer- 
verhandlung zu bedürfen. Die Handhabe dazu bot einerseits der Be- 
griff der »Zugehörigkeiten«, wie er bei allen reunierten Gebieten zum 

1) Calmet, II, S. 853, sagt zur Begründung des nachherigen summarischen 
Verfahrens: »mais comme cette voie leur parut trop longue.« 

2) 5. S. 98. 

3) s. weiter unten. 


— 128 


Ausdruck gekommen war, andererseits der Erlass des Königs vom 
17. Oktober 1689, enthaltend die Aufforderung an alle mittelbaren und 
unmittelbaren Vasallen auch ohne besondere Vorladung für alle ihre 
Besitzungen und Gerechtsame Huldigung vor der Kammer bei Strafe 
der Einziehung zu erstatten‘). Durch diesen Erlass entstand in den 
bedrohten (rebieten, die sich infolge der bereits ausgesprochenen Re- 
unionen von Veldentz und Zweibrücken bis in die Nähe des Rheins 
erstreckten, eine wahre Panik; nicht nur die Territorialherren, sondern 
auch deren Lehensträger und sogar die Besitzer von allodialem und 
privatem Eigentume sahen sich in ihrem Besitztum bedroht. »Ainsi il 
n'y eut presque plus personne qui püt compter de posséder son bien 
en repos«?), sagt ein französischer Geschichtschreiber dieser Zeit. Ein 
sehr grosser Teil der sich bedroht fühlenden Besitzer zog es vor, sein 
Eigentum unter der französischen Souveränität sicher zu behalten, als 
der Gefahr sich auszusetzen, desselben von der Kammer für verlustig 
erklärt zu werden, und gab daher vor dieser die verlangten Erklärungen 
und Nachweisungen ab; innerhalb weniger Monate boten allein inner- 
halb der Diözesen Metz und Trier 650 angebliche Vasallen ihre Hul- 
digung an, von denen naturgemäss auch nicht ein Einziger abgewiesen 
sein wird. 

Hinsichtlich der Erweiterung durch den Begriff der »Zugehörig- 
keiten« wurde in folgender Weise verfahren: In die reunierten Gebiete 
wurden zugleich mit der militärischen Besetzung seitens der Kammer 
besondere Kommissäre entsandt, um die Ausdehnung der Gebiete fest- 
zustellen, und durch Untersuchungen in den Archiven Anhaltspunkte 
für deren Erweiterung zu gewinnen. Fanden sich Urkunden oder sonstige 
Anhaltspunkte vor, welche auch nur den Schein eines Anrechtes gewähr- 
ten, so erklärte der Reunions-Kommissar einfach das betreifende Gebiet 
als zugehörig, und daher in gleicher Weise wie das reunierte Stamm- 
gebiet der französischen Landeshoheit unterstehend. Besonders thätig 
wirkte in diesem Sinne ein Kapitän Simon, der nach erfolgter Reunion 
von Zweibrücken in Lauterecken seinen Sitz nahm, und die reunierten 
plälzischen Gebiete mit Erfolg auf Kosten ihrer Nachbarn, deren Länder 
er bereiste, zu erweitern bestrebt war. Von ihm sind eine grosse An- 
zahl von Briefen im Original erhalten, an den General-Prokurator Ravaulx 
gerichtet, welche über die Art dieser Reunions-Thätigkeit Aufschluss 
seben?). So heisst es in einem Briefe, datirt Lauterecken, 23. Oktober 1680: 

1) Dieser und der folgende Abschnitt: » Vorbereitete Reunionen« sind nahezu 
ausschliesslich nach handschriftlichen Quellen bearbeitet. 


>) Limiers, Histoire du règne de Louis XIV, 1718, IV, S. 31. 
*) Kinige im Anhang abgedruckt. 


229 — 


»Wir waren zu Wildenburg um die Reunion der Grafschaft Veldentz 
dort zu proklamiren: es ist der Hauptort eines Amtes von 12 Dörfern, 
deren Plan ich beifüge; der Amtmann hält es für möglich (»ne dis- 
convient pas«) dass es einstmals zu Veldentz gehört habe; es ist jetzt 
im Besitze des Rheingrafen von Morhange: ich schicke Ihnen auch ein 
Verzeichnis der Lehensabhängigkeiten von Grumbach, bei meiner Rück- 
kehr aus Sponheim und anderen Orten, wo wir heute hingehen; ich 
werde Sie wissen lassen, was wir gethan haben werden«. Am 22. Mai 1681 
schreibt derselbe Simon aus Lauterecken, er sei in Trarbach und 
Castellaun gewesen, giebt eine eingehende Beschreibung der zugehörigen 
Amtsbezirke, und verlangt Garnison, um sie in Unterthänigkeit zu erhalten. 
zumal der Kurfürst von Trier und der Pfalzgraf sich eines Teiles der- 
selben bemächtigt hätten; auf Grund welchen Rechtstitels die Besetzung 
erfolgen solle, wird nicht gesagt, obwohl die Aemter von den bisherigen 
Reunionsbeschlüssen nicht betroffen waren. In ähnlicher Weise verfuhr 
ein Kommissar in der reunierten Grafschaft Chiny; als dieser einen 
Bürger der Hauptstadt nach dem Umfange der früheren Grafschaft 
frug, soll letzterer ihm zur Antwort gegeben haben: »Ihr behauptet 
zu Metz, dass die Grafschaft die Hälfte der Welt ist, und dass die 
andere Hälfte’ von ihr abhängig ist (»en est la dependance«)!). 

Ein anderer Kommissar schreibt am 28. Juli 1682 (ohne Orts- 
angabe): »Da der König Herr von Luxemburg (soll heissen Teilen 
Luxemburgs) ist, so darf man nicht die Forderung der 3 Aemter 
Wittlich, Kilburg und Schönecken vergessen, welche die Erzbischöfe 
von Trier sich angemasst haben, nach meiner Denkschrift, die Herr 
v. Ravaulx in Händen hat.« 

Zu den grösseren Reunionen, welche auf diese Weise ohne jeden 
Kammerbeschluss und ohne jeden Schein eines Anrechtes vollzogen 
wurden, gehören, wie aus vorliegenden Schriftstücken ersichtlich: 

Die linksrheinischen Besitzungen der Grafen von Leiningen. 

Zur Erläuterung dieser Reunion erscheinen einige Angaben über 
die Besitzungen der Grafen erforderlich). Das Geschlecht zerfiel zur 
Reunionszeit in 2 selbständige, gegenseitig nicht erbberechtigte Linien, 
die der Grafen Leiningen-Hartenberg, meist einfach Grafen Leiningen 
senannt, und die der Grafen Leiningen-Westerburg: erstere zählte 4, 
letztere 2 regierende Häuser. In die alten Stammbesitzungen des Ge- 


1) Michel, histoire du Parlement de Metz, 5. 214. Eine ähnliche Aeusserung 


des Grossen Kurfürsten s. weiler unten. 
*) Das Folgende unter Benutzung von Brinckmeier, Genealogische Geschichte 


des Hauses Leiningen, 1890. 


— 230 — 


schlechtes, im ehemaligen Worms- und Speier-Gau der heutigen hessischen 
und bayrischen Pfalz liegend und aus einem grösseren Gebietsteile um 
Dürkheim und Grünstadt und mehreren kleinen Enklaven bestehend, 
teilten sich alle 6 Linien ; ausserdem gehörten, von rechtsrheinischen 
Besitzungen abgesehen, der Westerburger Linie die Grafschaften Ober- 
bronn und Niederbronn im Elsass, der Hartenberger Linie die Graf- 
schaft Dagsburg an der elsass-lothringischen Grenze gelegen und die 
Herrschaft Oberstein im Nahe-Gebiete!). Die Grafschaft Rixingen und 
die lothringische Lehensherrschaft Forbach waren kurz vorher verkauft, 
die elsässischen Besitzungen, eingeschlossen die ganze Grafschaft Dags- 
burg, durch Spruch der Kammer zu Breisach vom 9. August 1680 
reuniert worden. Der Kern der alten Landgrafschaft war im Besitze des 
Grafen Ludwig Eberhard von Leiningen-Westerburg-Rixingen; ein grosser 
Teil derselben gehörte aber zur Zeit zur Kurpfalz. * 

Nach einem im Original vorliegenden Briefe des Kapitän Simon 
aus Grünstadt, vom 13. Juni 1681, waren die Grafen von Leiningen 
in dortiger Landschaft im Besitze von 6 Schlössern, darunter Alt- 
Leiningen, 7 Flecken, 44 Dörfern und 5 Meiereien (métairies), während 
der Kurfürst von der alten Landgrafschaft 8 »grosse« Schlösser, 
darunter Neu-Leiningen, 19 Dörfer und 4 Meiereien hatte. Dieser 
kurpfälzische Besitz gründete sich auf einen, nach dem Tode des Land- 
srafen Hesso 1467 von der Linie Leiningen-Westerburg abgeschlossenen, 
1506 erneuerten Vertrag, der aber im Jahre 1618 von der Linie 
Hartenberg angefochten worden war. Zugleich hatte diese Linie für 
sich die ganze alte Landgrafschaft beansprucht, während kurz vorher, 
1615, der Graf von Leiningen-Westerburg die Erneuerung der alten 
Landgrafenwürde für sein Haus beansprucht hatte. Der daraus entstan- 
dene sogenannte Leiningen’sche Dignitäten-Streit dauerte zur Reunions- 
Zeit noch fort, und kam den französischen Bestrebungen in hohem 
Grade zu statten. Beide Linien hofften durch Entgegenkommen gegen 
Frankreich die Erfüllung ihrer Ansprüche und die Wiedergewinnung 
der kurpfälzischen Abtretungen zu erreichen. Vermehrt wurden die 
günstigen Aussichten Frankreichs durch einen Streit innerhalb des 
Westerburg’schen Hauses, indem der älteste Sohn des regierenden 
Grafen Ludwig Eberhard Schritte gethan hatte, seinen Vater für einen 
Verschwender erklären zu lassen und von der Regierung zu verdrängen 
hauptsächlich wegen des Verkaufs der Herrschaften Rixingen und 
Forbach. In einer im Konzepte erhaltenen Denkschrift des jungen 
Grafen Philipp Ludwig vom 5. Februar 1681 legt dieser der Reunions- 


1) Diese war durch Spruch vom 1. November 1680 reuniert; s. S. 188. 


kammer die Verhältnisse des Leiningen’schen Hauses an der Hand der 
Geschichte dar und sagt dann weiter: »Da der König von Frankreich 
infolge der Friedensschlüsse zu Münster und Nymwegen die Souveränität 
beansprucht, so unterwerfe er sich ihm von jetzt an (fait sa soumission 
dès à present) und bitte den König, ihn als legitimen Erben und 
Nachfolger des Landgrafen Hesso anerkennen, und ihm voll und ganz 
alle die Entfremdungen und Enteignungen (aliénations et usurpations) 
zurückerstatten zu wollen, die zum Schaden der Landgrafschaft 
im Laufe der Zeit vorgekommen seien; er bitte ferner um die 
Erlaubnis, nach Vasallen zu forschen, welcher Art und an welchem 
Orte immer sie seien, die von der Landgrafschaft lehensabhängig 
seien oder früher einmal gewesen seien. Mehr konnte die Kammer 
nicht verlangen, als ein derartiges verständnisvolles Eingehen auf 
ihre Absichten und Gepflogenheiten; eine ähnliche Bereitwilligkeit 
scheint, wie das Folgende beweist, auch von den übrigen Grafen 
sezeist worden zu sein; die Kammer sah daher von einer be- 
sonderen Verhandlung, für welche eine Urkunden-Sammlung laut 
vorgefundenem Verzeichnis bereits angelegt war, ab, zumal es auch 
ihren Grundsätzen keineswegs widersprochen haben würde, die ge- 
samten Besitzungen als »Zugehörigkeiten« der am 7. November 1680 
reunierten Leiningen’schen Herrschaft Oberstein zu beanspruchen. Ob 
Vorladungen an die Grafen bereits ergangen oder die Erklärungen nur 
Folge der allgemeinen Aufforderung des Königs vom 17. Oktober 1680 
waren, lässt sich aus dem vorliegenden Material nicht ersehen; doch 
erscheint ersteres nicht unwahrscheinlich, da auch die Grafen Leiningen 
zu den Reichsständen gehörten, die sich beschwerdeführend an Kaiser 
und Reich gewandt, und erst als ihnen vom Reiche die gewünschte 
Hilfe nicht ward, der Kammer gegenüber sich gefügig gezeigt halten. 
Das Reunions-Verfahren ihnen gegenüber ist durch einen Originalbrief 
des Kapitän Simon, datirt aus Grünstadt vom 13. Juni 1687') bis ins 
Einzelne zu verfolgen. Der Berichterstatter meldet danach, er habe 
die Grafen Leiningen hierher bestellt (>j'ai fait venir ici les comtes de 
Linange«), nach langem Streit über den Ort des Vollzugs der Reunion, 
da jeder wollte, dass sie bei ihm stattfände; auch habe er den Ladungs- 
Befehl in die vom Kurfürsten von der Pfalz usurpirten Gebiete geschickt, 
die dortigen Unterthanen seien aber vom Kurfürsten am Erscheinen 
verhindert worden. Wie Simon weiter berichtet, fand vor dem eigent- 
lichen Reunions-Akte ein Festessen statt, bei welchem unter Musik 
und Kanonendonner auf die Gesundheit des Königs, des Königlichen 


1) S. Anhang. 


Hauses und des Marquis Louvois getrunken wurde: »la vôtre (de Ravaulx) 
n'y a pas été oubliéee. Nach dem Festessen fand die eigentliche 
Reunions-Versammlung statt, in der Simon die Besitzergreifung voll- 
zogen zu haben meldet. Die Grafen wollten alsdann sogleich selbst 
den Treueid leisten, er antwortete ihnen, dass dies vor besonderen 
Kommissaren zu erfolgen habe (»que toutes ces choses se faisaient 
par des commissaires deputes«). Hierauf wurde seitens der anwesenden 
Menge auf die Gesundheit des Königs getrunken »unter unglaublichen 
Freudenbezeugungen«. Die Grafen hatten so viel Wein verteilen 
lassen, dass er nicht ganz getrunken werden konnte. Am folgenden 
Tage schickte Simon Befehl an alle Ortschaften, öffentliche Gebete für 
den König abzuhalten, was zur grossen Zufriedenheit des ganzen Volkes 
geschah (»au grand contentement de tout le peuple«). Simon berichtet 
weiter, dass er auch die vom Kurfürsten usurpirten Gebiete für ordnungs- 
mässig reuniert erklärt habe (j'ai déclaré la possession bien et valable- 
ment prise) und verlangt 2 Kompagnien Infanterie und einige Dragoner 
zur Wegnahme des Schlosses Neu-Leiningen, das der Kurfürst mit 
einem Sergeanten und 6 Dragonern besetzt halte. 

Die Hoffnung, durch den freiwilligen Anschluss an Frankreich 
wieder in den Besitz der ganzen alten Landgrafschaft zu kommen, 
scheint aber nicht in Erfüllung gegangen zu sein; in einem noch vor- 
liegenden Originalbriefe an Ravaulx, datirt aus Alt-Leiningen vom 
8. April 1685, schreibt der regierende Graf Leiningen-Westerburg : 
»neanmoins le prince palalin possède les plus belles et meilleures 
terres, que Vous avez promis de me faire restituer: j'espère, Monsieur, 
que cela se fera bientôt par Votre moyen«. Immerhin muss es auch 
hier als ein trauriges Zeichen für den Zustand des Reiches angesehen 
werden, dass deutsche Fürsten zwecks Vergrösserung ihres Gebietes 
die rechtlosen Gepflogenheiten des Königs sich zu Nutze zu machen suchten. 

Auf die vormals Leiningensche Herrschaft Forbach!) erstreckte 
diese thatsächliche Reunion sich nicht, da sie 1678 von dem Grafen 
Eberhard Ludwig für ein sehr Geringes (»presque pour un morceau de 
pain«) an den Erzbischof Hartard Freiherrn von der Leyen verkauft 
und von diesem im gleichen‘ Jahre an seinen Neffen, Anton Freiherrn 
von der Leyen, vermacht worden war. Letzterer hatte bereits am 
15. Mai 1680, jedenfalls auf Veranlassung der Metzer Kammer, den 
Lehenseid geleistet; das noch vorhandene Lehensverzeichnis ist aber 
erst vom 13. Februar 1684 datirt. Die bis dahin unbestrittene Lehens- 


') 5. Besler, (reschichte des Schlosses, der Herrschaft und der Stadt Forbach, 
1895, S. 46 ff. 


999 
SC 239 EE 


abhängigkeit der Herrschaft vom Herzogtum Lothringen scheint dabei 
von beiden Seiten mit Stillschweigen übergangen worden zu sein. 
In ähnlicher Weise wurde auch 
die alte Grafschaft Sponheim!) 


ohne besonderen Beschluss reuniert unter dem Vorwande der Zugehörig- 
keit zur Grafschaft Veldentz. Die Grafschaft Sponheim hatte ursprüng- 
lich aus mehreren getrennten Theilen unter besonderen Linien des Ge- 
schlechtes gestanden, aus denen früh sich die vordere Herrschaft mit 
dem Stammsitze Sponheim und dem Hauptorte Kreuznach a. d. Nahe 
und die hintere Herrschaft mit dem der Linie den Zunamen gebenden 
Schloss Starkenburg (jetzt Ruine im Kreise Zell an der Mosel gelegen) 
hervorhoben; eine dritte Herrschaft lag an der oberen Nahe mit dem 
Hauptorte Birkenfeld, wo gleichfalls ein Sponheimsches Schloss sich 
befand; einige kleinere Enklaven im pfälzischen Gebiete gehörten zur 
hintern Grafschaft. Im Jahre 1414 starb das Geschlecht der Grafen 
Sponheim-Kreuznach in männlicher, drei Jahre später auch in weiblicher 
Linie aus, wodurch ein kleiner Teil der vordern Grafschaft an die 
Kurpfalz fiel, der ganze übrige Besitz aber in der Hand der Starken- 
burger Linie vereinigt wurde. Schon 1437 starben jedoch auch die 
Starkenburger Grafen aus und wurden von Baden, Veldentz und der 
Kurpfalz beerbt. Infolge des Todes des letzten Grafen von Veldentz 
trat an Stelle dieses im Jahre 1444 Pfalz-Simmern. Um die Mitte 
des 15. Jahrhunderts gehörten daher zwei Fünftel der vordern Herr- 
schaft der pfälzischen Kurlinie, drei Fünftel sowie die ganze hintere 
Grafschaft Baden und der Linie Pfalz-Simmern gemeinschaftlich. Dieses 
Verhältnis dauerte zur Reunionszeit noch fort; wenn auch an Stelle 
von Pfalz-Simmern infolge Vereinigungen der Besitzungen gleichfalls 
die Kurpfalz getreten war. Ein endgültiger Teilungs-Vertrag zwischen 
dieser und Baden kam erst im Jahre 1707 zu stande. 

Seitens der Kammer wurde infolge vorstehend angegebener Be- 
erbung die ganze Grafschaft als eine Zugehörigkeit von Veldentz be- 
zeichnet, wiewohl kein Teil derselben jemals von diesem oder dem 
jistum Metz lehensabhängig gewesen war; selbst der früher als die 
Veldentzsche Erbschaft an die Kurpfalz gekommene Teil der vorderen 
Grafschaft wurde von der Reunion nicht ausgenommen. 

Eine besondere Verhandlung fand nicht statt; mit Vollziehung 
der Einverleibung war wieder der Capitain Simon betraut. Einen 


1) Das Folgende unter Benutzung von Weydmann, Geschichte der ehemaligen 


grällich-sponheimschen Gebiete. 1599. 


en, 


Versuch auf Kreuznach scheint dieser bereits bald nach der Reunion 
von Veldentz gemacht zu haben. In einem Briefe vom 8. Oktober 1680!) 
schreibt er an Ravaulx, dass der Gouverneur von Kreuznach Befehl 
habe, ihn und seine Begleiter zu arretieren, wenn sie dort eine Ver- 
kündigung machen sollten; »ce qui ne m'étonne pas« fügt er hinzu. 
Auch ein zweiter Versuch im folgenden Jahre schlug fehl; in einem 
Briefe aus Lauterecken vom 24. Juni 1681!) schreibt Simon, dass er 
einen Lieutenant nach Kreuznach gesandt habe um das Stadtgebiet 
für den Grafen von Pfalz-Birkenfeld (der Huldigung erstattet hatte) in 
Besitz zu nehmen; sein Abgesandter sei aber dort schlecht empfangen 
und ausgewiesen worden; man habe ihm bedeutet, dass wenn er wieder 
nach Kreuznach kommen sollte, um derartige Thorheiten zu machen 
(»pour faire de pareilles sottises«), er es zu bereuen haben würde. 
Wie Simon weiter berichtet, hatte er sich inzwischen nach dem 10 km 
westlich von Kreuznach gelegenen Schlosse Sponheim begeben und 
alle Beamten der vorderen Grafschaft dorthin bestellt; dort proklamierte 
er die Reunion, trotzdem der Kurfürst dreissig Dragoner entsendet hatte, 
um ihn daran zu verhindern; »ni ses defenses ni ses dragons ne 
m'ont empêché, de passer outre à l'exécution de ma commission, 
Geringeren Widerstand gegen die Reunion scheinen die badischen 
Mitbesitzer geleistet zu haben; am 23. Juni 1683 erstaltete die Mark- 
gräfin Marie Franzisca von Baden der Kammer zu Metz Huldigung und 
Lehensbekenntnis für die ganze hintere Grafschaft. Von Sponheim 
begab sich Capitain Simon, wie er Ravaulx bereits von Grünstadt aus 
angekündigt hatte, zu den Rheingrafen um deren (Gebiet, 
die Rhein- und Wild-Grafschaft 

in gleicher Weise zu reunieren. Das Geschlecht der Rheingrafen, 
welches seit dem Jahre 1400 auch im Besitze der alten Wildgrafschaft 
war, zerfiel zur Reunionszeit in drei Linien, Dhaun, Kyrburg und 
Grumbach; ihre Gebiete lagen enclavenartig im Rhein-Nahe-Gebiet, vor- 
wiegend von kurpfälzischem und kurtrierischem Lande umgeben. 

Die Rheingrafen hatten, anscheinend gleichfalls vorgeiaden, zur 
Huldigung sich bereit erklärt, da ihnen die Abrundung ihres Gebietes 
auf Kosten ihrer Nachbarn in Aussicht gestellt war. Bei Ankunft 
Simons setzten sie auch der Reunion keinen Widerstand entgegen, 
zeigten aber nunmehr hinsichtlich der ihnen zugedachten Erwerbungen 
sich ablehnend, wie aus vorgenanntem Briefe an Ravaulx vom 26. Juni 
hervorgeht »ils font des difficultés, plus de se faire mettre en possession 


I) s. Anhang. 


qu'ils en ont fait pour faire leurs reprises«. Sie erklären jetzt dem 
Capitain, dass die Gebietserweiterungen sie in Streitigkeiten mit den 
Kurfürsten von Mainz, Trier und der Pfalz bringen würden, dass sie 
es vorzögen friedlich zu besitzen was sie hätten und führten weitere 
Gründe an: »aussi impertinentes qui seront trop longues à deduire.« 
In Wirklichkeit hatten sie wohl im Gegensatze zu den Grafen Leiningen 
erkannt, dass sie nur als Werkzeug zu weiteren Reunionen benutzt 
werden sollten, wozu sie sich nicht herzugeben gedachten. Simon war 
daher auch von ihrer Weigerung sehr unangenehm berührt ; er schreibt 
weiter: »si on ne les presse rigoureusement on n'en viendra pas à bout.« 


Grafschaft Dalbers. 


Auf diesem in dem mehrgenannten Briefe ausführlichst geschilderten 
Reunionszuge hatte Simon auch den Grafen Dalberg aufgesucht, um 
dessen kleine nahe Kreuznach belegene Grafschaft zu reunieren; der 
Graf behauptete seinen Besitz vom Kaiser unmittelbar zu Lehen zu 
haben; »je lui ai dit, qu'il fallait aller discuter cela à la chambre 
royale«, wozu Dalberg sich bereit erklärte; das kleine Gebiet kann 
hiernach gleichfalls als reuniert angesehen werden. 


Herrschaft Bickelheim. 

Schliesslich meldet Simon seinem Herrn, dass der Pfalzgraf von 
Birkenfeld entdeckt habe, dass die Herrschaft Bickelheim zu 
der die Orte Sobernheim und Monzingen gehörten (alle an der Nahe 
südwestlich von Kreuznach gelegen) jetzt zwar im Besitze des Kaisers 
sei, aber früher zu Zweibrücken gehört habe; er fragt an, ob er den 
Pfalzgrafen in deren Besitz setzen solle. Wie sollte da nicht der Mut 
zu immer neuen Gewaltthaten kommen, wenn wiederholt deutsche 
Fürsten die schlimmsten Machenschaften der Kammer sich zu eigen 
machten ? 

Auch auf 

Teile des Kurfürstentums Trier 
erstreckten sich die Reunions-Unternehmungen der Kammer. Nach 
vorgefundenen handschriftlichen Aufzeichnungen hatte der Erzbischof 
sogar zu den ersten »Vasallen« gehört, welche nach Metz geladen waren, 
wo er sich über den Besitz der zum Erzstift Trier gehörigen, aber 
innerhalb der Diözese Metz gelegenen Stadt St. Wendel und ihrer 
Zugehörigkeiten als angeblichen Lehens des Bistums Metz ausweisen 
sollte. Zugleich war ihm eine Einschränkung der im Westfälischen 
Frieden aufrecht erhaltenen Metropolitan-Rechte des Erzbischofs auf 


die drei lothringischen Bistümer, welche nach einer besonderen Con- 
vention vom 12. Oktober 1661!) auch für die seither neu erworbenen 
Gebiete Frankreichs in Lothringen und Luxemburg in Kraft bleiben 
sollten, angesonnen werde. Der König verlangte jetzt, dass diese Rechte 
im französischen Teile der Kirchenprovinz durch einen besonderen 
Vikar wahrgenommen werden sollten, damit seine Unterthanen sich nicht 
an geistliche Machthaber ausserhalb des Königreichs zu wenden hätten. 
im Laufe des Frühjahrs 1680 wurde diese Forderung noch wesentlich 
erweitert; nach zwei Relationen des kurfürstlichen Gesandten am fran- 
zösischen Hofe vom 1. und 22. Juli 1680?) waren bis zu dieser Zeit 
französischerseits beansprucht: 

l. Im Saargebiete die Aemter St. Wendel, Merzig, Saargau, Ebers- 
wald und ein Teil des Amtes Grimberg. 

2. Die drei an der Maas gelegenen Ortschaften Fumey, Revin 
und Fepin, welche früher Besitzungen der Abtei Prüm gewesen und 
mit dieser an das Kurfürstentum Trier gekommen waren. Der Anspruch 
war vom Könige damit begründet worden, dass die Abtei diese Orte 
einer Schenkung des Königs Pipin verdanke, dass dieser sich aber die 
königliche Macht und den Schutz darüber vorbehalten habe. 

3. Im Moselgebiete das Dorf Cröv nebst Bann (districtus), das 
der Kurfürst gemeinsam mit der Grafschaft Sponheim besass, und die 
Gerichtsbarkeit in Beltheim, die der Kurfürst mit der Grafschaft Spon- 
heim und der Herrschaft Beilstein teilte. 

4. Eine grössere Zahl von lehensherrlichen Einzel- Besitzungen 
und Gerechtsamen in den Gebieten Pfalz-Veldentz, Sponheim, Saar- 
brücken, Leiningen, Leyen, Pfalz-Birkenfeld, Rheingralschaft und Kur- 
Mainz. 

In seinem Berichte meldet der Gesandte, dass der König jede 
schriftliche Erklärung über die Begründung dieser Forderungen ver- 
weigere; auch habe er den Vorschlag einer Conferenz mit Suspension 
alles weiteren Verfahrens abgelehnt, da die Entscheidung der Reunions- 
kammer in Metz zustehe. 

Der Erzbischof richtete nunmehr, wie aus handschriftlichen Notizen 
hervorgeht, zwei Briefe an die Kammer in Metz, infolge derer von 
der Durchführung des förmlichen Verfahrens Abstand genommen wurde. 
Der Inhalt dieser selbst nicht vorgefundenen Briefe wird nicht angegeben, 
dagegen liest ein Brief des Kurfürsten vom 8. November 1680 an die 


') Hontheim, historia Trevirensis 1750, Ill. 8. 738 ff. 


2) Hontheim, IIL S. 797 ff. 


DV 

wu) 

1 
| 


Behörden von St. Wendel vor, in welchem er diesen befiehlt, keinen 
Forderungen der Reunionskammer Folge zu leisten. 

Der Bischof von Metz wurde nunmehr von der Kammer veranlasst 
den Versuch zu machen, seine Gewalt in den zu seiner Diözese ge- 
hörenden beanspruchten Gebieten herzustellen, damit dann der fran- 
zösischen Auslegung des Westfälischen Friedens gemäss zu ihrer 
weunion geschritten werden könne. Aber auch dieser Versuch miss- 
glückte. Denn als der Erzbischof drohte, den Bischof vor den aposto- 
lischen Stuhl m Rom zu laden, nahm dieser sogleich von seinem Be- 
sinnen Abstand, wobei dahingestellt bleiben mag, ob er nicht auch 
hierbei nur den Namen zu dem Unternehmen herzugeben hatte. Ravaulx 
liess sich aber durch diese Misserfolge nicht nur nicht abschrecken, 
sondern ging nunmehr zu einem neuen Verfahren über, welches sogar 
noch eine Erweiterung der beanspruchten Gebiete versprach. Ein Teil 
der letzteren war nämlich im Besitze des Freiherrn Philipp Franz von 
Sötern, Erben des Fidei-Commisses des im Jahre 1652 verstorbenen 
Trierer Erzbischofs Philipp Christoph von Sötern. Streitigkeiten, welche 
aus Anlass dieser Erbschaft zwischen ihm und dem kurfürstlichen 
Nachfolger entstanden waren, hatte ein Compromiss vom Jahre 1654 
»super fidei-commisso Söteriano« geregelt !); für Forderungen des Frei- 
herrn an die kurfürstliche Kasse waren ihm die Einkünfte von St. Wendel 
zu Lehen gegeben und rückständige Ansprüche des Kurfürsten auf die 
bisherigen Söternschen Lehen, insbesondere Burg Dachstuhl und Haus 
Grimberg niedergeschlagen worden. Dieser Lehensträger des Trierer 
Kurfürsten, dem von den beanspruchten Gebieten auch Merzig zu Lehen 
gegeben war, wurde nunmehr auf Grund der für die Forderungen an 
Kurtrier aufgestellten Urkundensammlung, deren Verzeichnis noch vor- 
liegst, aufgefordert, sich als Lehensmann des Bischofs von Metz zu be- 
kennen; er erfüllte diese Aufforderung für seinen gesamten Besitz, so- 
dass nunmehr auch die bisher gar nicht beanspruchten Teile desselben, 
vor allem Dachstuhl selbst ohne besonderen Beschluss für die fran- 
zösische Souveränität beansprucht wurden. Infolge dessen erhielt Kapitän 
Simon auf seiner Reunions-Rundreise den Auftrag, sich nach Coblenz 
zu begeben und den Kurfürsten zu benachrichtigen, dass die genannten 
Gebiete reuniert seien. Simon beschreibt auch diese Begegnung in 
dem Juni-Briefe aus Lauterecken; als der Kurfürst seine Erklärung 
vernahm: »il a changé de couleur, et a été une heure comme un homme 
morte. Als er nach einer Stunde wieder zu sich gekommen war, gab 
er seiner Entrüstung über das Benehmen des Herrn von Sötern Aus- 


1) Hontheim Il. S. 69%. 


druck; er verwies den Reunions-Kommissar dann auf die zwischen dem 
Reiche und dem Könige schwebenden Unterhandlungen und gab ihm 
einen Brief an den General-Prokurator mit, der wohl einen Protest 
gegen diese Schmälerung seines Gebietes enthalten haben wird. Sötern 
legte aber am 22. November 1683 der Kammer ein (im Original vor- 
sefundenes) Lehensverzeichnis seines gesamten Besitzes vor, womit die 
Reunion auch dieser Gebietsteile entschieden war. 

Die fortgesetzte Weigerung des Kurfürsten, diese widerrechtlichen 
Usurpationen anzuerkennen, führte zu offenen Feindseligkeiten ihm 
gegenüber; nach der Einnahme Luxemburgs schickte Marschall Créqui 
ein Truppencorps unter Oberst Asfeld gegen Trier und liess die Be- 
seitigung der Stadt-Befestigungen verlangen (»conseiller à l'électeur 
de raser les fortifications de sa capitale«)!): da diese Forderung abge- 
lehnt wurde, rückten die französischen Truppen in die Stadt ein und 
beseitisten unter Zuziehung von Tausenden von Frohnarbeitern die 
Befestigungen durch Rasieren der Wälle und Ausfüllung der Gräben. 
Dieses mag einem neueren französischen Historiker zu der Auffassung 
Veranlassung gegeben haben, dass nur die Eigenschaft des Landes- 
herrn als eines der 8 Kurfürsten den König von der dauernden 
Besitzergreifung seiner Hauptstadt abgehalten habe, andernfalls: »il 
eût réuni cette fameuse cité à sa couronne, comme ayant relevé de 
Metz en temps du royaume d’Austrasie ou comme ayant été la métro- 
pole romaine des Gaulois?).« Die wirklich reunierten Gebietsteile des 
Kurfürstentums waren aber im Verhältnisse zum ganzen Umfange 
nicht bedeutend; nach der auf dem Ryswicker Kongresse 1697 vom 
Kaiser aufgestellten Rückgabe-Forderung werden für das Kurfürstentum 
Trier als »a camera Mettensi praetensa reunita« neben den vorher ge- 
nannten nur noch aufgeführt: das Thal Naelbach im Saar-Gebiete mit allen 
zugehörigen Ortschaften und ein Teil der Stadt Kirn a. d. Nahe, der dem 
Kurfürstentum zugehörig war. Ein Teil der Reunionen war danach 
von den Franzosen wieder aufgegeben worden, vor allem die kur- 
trierische, früher reichsunmittelbare Abtei Prüm, welche in der Be- 
schwerdeschrift der Reichsstände an Ludwig XIV. vom 8. Februar 1681 
als französischerseits besetzt angeführt war. Die Auffassung Rankes?), 
dass der Kurfürst von Trier am härtesten bedrängt worden sei, wird daher 
gegenüber der Einverleibung der ganzen Gebiete anderer Reichsfürsten 
nicht zugegeben werden können; auch die Landeshoheit über die 

1) Rousset, III, S. 262; nach einem Briefe Louvois an Créqui. 

?) Martin, histoire de France, XIV. 

3) Ranke, Sämtliche Werke, X, S. 338. 


= 239 — 


Herrschaft Oberstein war, wie die Verhandlungen vor der Kammer!) 
und die Relationen des Trierer Gesandten angeben, nur mehr eine 
nominelle. 

In ähnlicher Weise wurden ohne jeden Rechtsanspruch auch 
die Besitzungen des Barons Friedrich von Sickingen 
reuniert, der laut vorliegendem Original Akte für die Ehrenburg als 
Zugehörigkeit von Veldentz und die Herrschaft Schellodenbach als 
unmittelbaren Lehens des Bistums Metz die verlangte Huldigung 
erstattete: der zu ihm entsandte Reunions-Kommissar Herr von Gou- 
pilliers belegte darauf auch die Feste Landstuhl als Zugehörigkeit zu 
den übrigen Besitzungen für Frankreich mit Beschlag, wovon er in 
einem noch vorliegenden Briefe dem General-Prokurator Meldung 

erstattet. 
Weiterhin wurden 


Teile der Kurpfalz 


in die Reunion eingegriffen. Die Abtei Remersberg, französisch 
»Mont St. Remy« genannt, welche zum Privatbesitz der Kirche 
St. Remy zu Reims gehörte, wurde als von dieser lehensabhängig 
erklärt und mit 16 ihr gehörigen Dörfern reuniert; um aber jeden 
Zweifel an der Rechtmässigkeit dieser Reunion zu beseitigen, ward die 
Abtei gleichzeitig als eine Zugehörigkeit von Veldentz bezeichnet. Ganz 
ähnlich war das Verfahren hinsichtlich einer anderen kurpfälzischen 
Abtei, Eussenthal, und der Herrschaft Kirchheimbolanden; erstere 
wurde als zur Abtei Villers-Bettnach in Lothringen, letztere als zu den 
ehemals Leiningen’schen Besitzungen gehörig bezeichnet und auf dem 
Wege der einfachen Proklamierung reuniert. Wenngleich daher die 
Kurpfalz durch Beschlüsse der Metzer Kammer nicht betroffen wurde, 
waren schliesslich doch eine ganze Reihe von Gebietsteilen derselben 
nach der Theorie der Zugehörigkeiten zu Veldentz, Sponheim und 
Leiningen reuniert; dazu treten noch die Reunionen der Kammer zu 
jreisach, insbesondere Germersheim und Schloss Falkenburg umfassend, 
welches letztere mit schwerem Geschütze angegriffen wurde °). 
Eine Reunion grösseren Massstabes traf 

die Besitzungen der Grafen Hermann Franz und Otto 

Ludwig von Manderscheid-Blankenheim; 
sie ist deshalb von besonderem Interesse, weil damit zum ersten Male 
reichsständige Gebiete des linken Mosel-Ufers in Anspruch genommen 


A 8619. 188. 
2) Ranke, X, S. 338. 


wurden. Die Grafen leisteten die geforderte Huldigung und legten am 
18. August 1682 Lehens-Verzeichnisse vor, die noch im Original vorhanden 
sind. Sie wurden getrennt aufgestellt für die Grafschaft Manderscheidt, die 
Herrschaft Neuenburg, die Herrschaft Kail, alle drei in der Eifel gelegen, 
und die” Herrschaft und Baronie Reipoldskirchen im Lauter-Gebiete, 
östlich von Lauterecken gelegen. Diese vier sind vom gleichen Tage 
datirt, während das Lehensverzeichnis für die am Donnersberge ge- 
legene Herrschaft Falkenstein unter dem 3. Mai 1683 ausgefertigt ist. 

Ein Grund oder auch nur ein Vorwand für diese Reunion ist, 
soweit das vorgefundene Material erkennen lässt, nicht angegeben 
worden. 

Auf spanisch-niederländische Gebietsteile 
erstreckten sich die Reunionen ohne Beschlüsse insofern, als die an- 
seblichen Zugehörigkeiten zur Grafschaft Chiny derartig ausgedehnt 
wurden, dass sie schliesslich ausser der Hauptstadt nahezu das ganze 
Herzogtum Luxemburg umfassten. »Il se trouva, que le comté de 
Chiny avait eu jadis de nombreux arrière-fiefs, dont les attaches 
s’etaient successivement rompues; et lorsque les anneaux de cette 
chaîne féodale eurent été rassemblés par la chambre de Metz et 
ressoudés par les rudes ouvriers de Louvois (richtiger wohl Ravaulxs) 
il se trouva, que cette chaîne embrassait dans ses replis tant le duché 
de Luxemburg, sauf la ville capitale et 14 ou 15 villages isolés dis- 
persés ca et là ensérrés d’ailleurs, et tous sous la menace d’une 
dernière et fatale &treinte«; so drückt sich hierüber mit unverhohlener 
Ironie der Biograph Louvois aus!). 

Ausserdem aber wurden nunmehr mit Hülfe der Kammer die seit 
dem pyrenäischen Frieden streitigen drei Luxemburger Lehen in der 
Diedenhofener Landschaft, 

die Herrschaften Rodemachern mit dem Unter- 

lehen Preisch, Rüttgen und Püttlingen bei Rode- 

machern 
endgültig Frankreich einverleibt?). Die Einwohner von Rodemachern 
waren bald nach der von Frankreich auf Grund des Nymweger Friedens 
erfolgten Wiederbesetzung*) zur Huldigung nach Metz vorgeladen 
worden; Proteste des Statthalters in Luxemburg wurden, da die Kammer 
noch nicht errichtet war, von dem Metzer Intendanten ablehnend 
beantwortet. An die Unterthanen der Herrschaft Rüttgen erging am 


1) Rousset IIT, S. 214. 
2) 5. S, 82. 
SO ACTE 


— 241 


14. August 1680 ein Verbot des Gouverneurs von Diedenhofen, Befehlen 
aus Luxemburg Folge zu leisten; am 17. Oktober untersagte darauf 
die Reunionskammer die Ablegung des Lehenseides für den König von 
Spanien. Der Abschluss erfolgte für alle drei Herrschaften bei Ge- 
legenheit der Reunion von Chiny, indem zugleich die angeblichen Herren 
auch dieser Herrschaften aufgefordert wurden, vor der Metzer Kammer 
zu huldigen und Lehensverzeichnisse vorzulegen; dabei scheinen auch 
diese drei Lehen als Zugehörigkeiten von Chiny aufgefasst worden zu 
sein; in einem Briefe Vaubans vom 17. Oktober 1684), durch welchen 
dem Luxemburger Provinzial-Rat äusserlich noch die Gerichtsbarkeit 
zugestanden wird, heisst es, das Gericht zu Diedenhofen solle nicht 
in die Rechtsprechung der Luxemburger Richter eingreifen: »qu'ils 
avaient sur Rodemachern comme sur tous autres lieux de la comté 
de Chiny«. Das Zugeständnis war aber nur ein scheinbares, da gleich- 
zeitig das Gericht zu Diedenhofen ein königliches Placet zur Festsetzung 
der Ausübung der Gerichtsbarkeit in diesen Herrschaften erhielt. 

Die übrigen 17 Luxemburger Lehen kommen bei solchen Ver- 
handlungen nirgends mehr zur Sprache, müssen daher als von spanischer 
Seite aufgegeben angesehen werden. 

Zu ihnen trat aber nunmehr eine früher nie beanspruchte und 
zu Diedenhofen räumlich in keiner Beziehung stehende luxemburgische 
Enklave, die südlich Bolchen gelegene 


Herrschaft Rollingen (Raville). 


Aufeinen Teil derselben hatte früher der Bischof von Metz Oberlehensrechte : 
durch Schiedsspruch vom 4. November 1541 war aber die Souveränität 
dem Herzogtum Luxemburg zuerkannt worden, vorbehaltlich der 
Lehensherrlichkeit von Metz für einzelne, zwei Metzer Bürgern gehörige 
Lehen; nach einem erläuternden Abkommen vom Jahre 1615 sollte 
aber daraus kein Anspruch auf Souveränität und Gerichtsbarkeit für 
Metz zu folgern sein. Lehensträger Luxemburgs für °/s der Herrschaft 
waren zur Reunionszeit die Grafen von Kriechingen, die aber nicht 
lange vorher den Besitz an einen Herrn von Bonnecate verpfändel 
hatten; '/s war in andern Händen. Schon im Januar 1680 wurde die 
sanze Herrschaft ohne Beschluss reuniert und besetzt, von den 
Unterthanen die Huldigung erzwungen; ein Teil des Lehens, die 
Herrschaft Baumbiedersdorf, ward ausserdem in dem Beschlusse vom 
2. August 1683 als Zugehörigkeit der Abtei Longeville nochmals 


namentlich reunirt. 


1) s. Rousset, IIT, S. 261. 


16 


Einige andere, sonst nicht feststellbare Reunionen lassen sich aus 
den später im Zusammenhange zu erörternden Verhandlungen des 
Reichstags zu Regensburg erkennen. In einer Beschwerdeschrift der 
Reichsstände an Louis XIV. vom 18. Januar 1681 wird unter den 
besetzten Gebieten (abgesehen von elsässischen) auch die zum Kur- 
fürstentum Trier gehörige, vormalige reichsunmittelbare 

Abtei Prüm; 
in einer Relation der Frankfurter Deputirten vom 22. Dezember 1682 


auch 
Schloss Arenberg 


in der Eifel aufgeführt. 

In letzter Linie geben die Forderungen der verbündeten Mächte 
auf dem Friedens-Kongresse zu Ryswick einige Anhaltspunkte, wenn- 
gleich die bezüglichen Aufstellungen naturgemäss auch die während 
des Krieges eroberten und besetzt gehaltenen Gebiete umfassen. Aus 
diesem Grunde ist die spanischerseits aufgestellte Liste der »Reunionen 
und Okkupationen« für den vorliegenden Zweck nicht zu verwerten; 
in der vom Kaiser für das Kurfürstentum Trier erhobenen Rückgabe- 
Forderung werden aber einzelne Gebietsteile ausdrücklich als Reunionen 
der Metzer Kammer bezeichnet (»a camera Mettensi praetensa reunita«)!). 

Eine ähnliche Liste des Kurfürsten von Köln enthält die dem 
Bistum Lüttich abgenommenen Gebietsteile, ohne jedoch Reunionen 
und Okkupationen zu unterscheiden; für das Erzbistum Köln wird aber 
in der gleichen Eingabe nur ein Ersatz der Kriegsschäden gefordert; 
es ergiebt sich daraus, dass in dessen Umfang Reunionen wenngleich 
vorbereitet doch nicht durchgeführt worden waren. 

Ebenso lässt sich aus den Friedens-Verhandlungen und dem 
Wortlaut des Friedens-Instrumentes der Schluss ziehen, dass innerhalb 
des (Gebietes der Generalstaaten Reunionen nicht gemacht worden 
waren; nach $ 8 des Vertrages sollen gegenseitig alle diejenigen 
Gebietsteile zurückgegeben werden, welche seit Beginn des Krieges 
von der einen oder der anderen Seite besetzt worden waren. Nur 
persönlich war der Prinz von Oranien als Besitzer der 

Herrschaften Vianden und St. Vith, 
die zur Grafschaft Chmy gehören sollten, durch die Reunion dieser 
betroffen und vor die Kammer geladen worden?). 

Schliesslich sei noch erwähnt, dass auch die städtischen Behörden 
von Metz in ernstlichen Konflikt mit der Kammer geraten waren”). 
0) Actes et mémoires des négociations de la paix de Ryswick. 1707. II, 5. 93. 


2) Ranke, III, S. 345. 
3) Michel, histoire du Parlement de Metz, 1885, I, S. 212. 


pas 


Letztere halle von der Stadt Huldigung und Lehensverzeichnis für ihre 
Gerechtsame im Sinne des Königlichen Erlasses vom 17. Oktober 1681 
verlangt: der Oberschöfle und die Schöffen erstatteten die Huldigung 
am 28. April 1681, kamen auch den weiteren Forderungen insoweit 
nach, dass sie am 16. Mai 1683 ein Verzeichnis aller ihrer Gerecht- 
same vorlegten!). Die Kammer beanstandete aber, dass die Vorlage 
nicht auf dem vorgeschriebenen Wege erfolgt und dem Lehens- 
bekenntnis nicht die Urkunden zur Begründung der städtischen Gerecht- 
same beigefügt worden seien; sie behauptete darin eine Missachtung 
und einen Versuch zu erblicken, die Anmassung von Vorrechten ver- 
tuschen zu wollen; sie erliess daher am 18. Januar 1684 einen scharfen 
Befehl, in zwei Monaten nochmals Lehensbekenntnisse auf Grund und 
unter Beifügung bezüglicher Urkunden vorzulegen, widrigenfalls per- 
sönliche hohe Geldstrafen wider die städtischen Beamten verhängt 
werden würden. 

Da die städtischen Behörden naturgemäss nicht im Stande waren, 
ihre uralten Gerechtsame und Gefälle urkundlich zu belegen, hatte das 
Verfahren augenscheinlich nur den Zweck, die schon seit längerer Zeit 
systematisch betriebene Verkürzung der städtischen Vorrechte wenig- 
stens scheinbar rechtlich zu begründen. Seitens der Stadt wurde aber 
diese Beeinträchtigung so drückend empfunden, dass noch im Jahre 
1789 das Beschwerdeheft der Stadt vorwiegend die Entziehung dieser 
Vorrechte zum Gegenstand hatte, und dass einer im Jahr 1815 an 
Ludwig XVII. gesandten Huldigungs-Deputation aufgegeben wurde, 
den König an die Vorrechte der alten Reichsstadt zu erinnern ?). 


VI. Vorbereitete Reunionen. 


Wie eine grosse Zahl noch vorhandener Schriftstücke aus der 
Reunionszeit darthun, waren mit den von der Kammer beschlossenen 
und den ausserdem thatsächlich vollzogenen Reunionen die Ver- 
grösserungsbestrebungen keineswegs erschöpft; eine nicht geringe Reihe 
weiterer Erwerbungen war vielmehr beabsichtigt und zum Teil bereits 
in Vorbereitung genommen. Im Gegensatze zu den durchgeführten 
Reunionen, welche ganz vorwiegend auf die Gebiete zwischen dem 
Rhein und dem rechten Moselufer sich erstreckten, betrifft die Vor- 

1) Das auch verfassungsgeschichtlich interessante im Original vorliegende 
Schriftstück umfasst. die »biens patrimoniaux el d'octroi, dont elle a joui de 
tous temps, ensemble les privilèges, droits, usages, immunités et exemptions, 
dont les bourgeois de Metz jouissent«. 

2?) Westphal, Geschichte d. Stadt Metz, II, S. 375, und III, S. 16. 


16* 


bereitung weiterer Erwerbungen, vornehmlich die Landschaften zwischen 
dem Rhein und dem linken Moselufer, und liefert so einen neuen Be- 
weis für die mehrfach vertretene Anschauung, dass der eigentliche 
Zweck der Reunionskammern die Vollziehung des Vermächtnisses 
Richelieus, die Ausdehnung Frankreichs bis zum Rheine, war. 

Eine noch vorliegende Denkschrift vom Juni 1681, anscheinend von 
einem Emissär des General-Prokurators verfasst, zählt die Herrschaften im 
Gebiete der Kyll, eines nördlichen Nebenflusses der Mosel, unterhalb 
Triers in diese mündend, auf, mit dem Hinzufügen, dass sie teils reichs- 
unmittelbar seien, teils zum Herzogtum Luxemburg oder zum Kur- 
fürstentum Trier gehörten. Genannt werden: Jünkerath, Kronenburg, 
für welches das anscheinend freiwillig erstattete Lehensverzeichnis eines 
Grafen von Bussy vom Februar 1682 vorliegt, Schleiden, Manderscheidt 
(reuniert ohne Beschluss), Blankenheim, Gerolstein, Kerpen, Reifterscheidt, 
Wildenburg, Schönberg, Schaffenburg, Schönecken, Killburg, Abtei Prüm 
(reuniert ohne Beschluss). Ein ähnliches Verzeichnis liegt für die im 
»Lütticher Land« gelegenen Herrschaften vor. 

Für die vorgenannte Herrschaft Schleiden (terre et comte de 
Schleiden) lassen sich bereits weiter gediehene Vorbereitungen ver- 
folgen. Ein besonderes Verzeichnis weist als Zugehörigkeiten der- 
selben nach: Münstereifel, Schloss Schmidheim, die Grafschaft Neuenahr 
und »eine Menge anderer Lehen im Jülicher und Kölner Lande, von 
denen noch keine Einzel-Aufzählung gegeben werden kann, weil man 
die Urkunden nicht zur Hand hat«. Die Vergrösserung der Reunion 
dieser Grafschaft war danach im Sinne der weitestgehenden früheren 
Muster in Aussicht genommen. Eine andere Denkschrift erörtert in 
eingehender und zutreffender Weise die Verhältnisse des Jülich-Clever 
Erbschaftsstreites unter besonderer Betonung der Verwandtschaft des 
Erblassers mit den pfalzgräflichen Häusern Zweibrücken und Veldentz, 
zu deren reunierten Besitzungen günstigen Falles wohl ohne Scrupel 
ein Zugehörigkeits-Verhältnis konstruiert worden wäre. 

Für eine Reihe anderer Gebiete waren bereits Urkundensammlungen 
angelegt, so für die Abtei Stavelot, welche bis zum Jahre 1065 zurückgingen ; 
als Zugehörigkeiten werden eine grosse Zahl von Lehen im Jülicher, 
Kölner, Namürer und Lütticher Lande einzeln aufgeführt; bei vielen 
lindet sich der Zusatz: »faut s’informer où c’est«. Auch die bekannte 
Abtei St. Trond im Lütticher Bistum war zur Reunion bestimmt; nach 
einer anliegenden handschriftlichen Notiz sollte sie eine Zugehörigkeit 
des Bistums Metz sein, weil sie nach einer alten Chronik von einem 
Bischofe von Metz gegründet sei; eine gleichfalls erhaltene Aufzeichnung 


du 


FO 


von der Hand Ravaulx’ beliehlt sogar die Vorladung der Aebte und aller Va- 
sallen der Abtei vor die Kammer. Aus ähnlichem Grunde wird die Ortschaft 
Freutzburg im Jülicher Lande als der Kirche Verdun zugehörig bezeich- 
net. Ausführlichere handschriftliche Notizen nebst Urkundensammlung 
liegen über die Stadt Jupille, 3km unterhalb Lüttich an der Maas gelegen, 
vor; in einem Briefe aus Jupille (ohne Datum), von einem Emissär an 
Ravaulx gerichtet, heisst es u. a.: »Ich habe schon in einer früheren 
Denkschrift auseinandergesetzt, dass durch Urkunden zu beweisen 
ist, dass Lüttich, St. Hubert, Dinant, Mecheln, Maestricht zu Frank- 
reich im Lehensverhältnis stehen (»doivent relever de la France«). 
Nach einer anderweitigen Notiz gehört zu diesen Städten auch das 
flandrische Maubeuge. Urkundenverzeichnisse liegen ferner vor für das 
Herzogtum Mons, die Abteien Stürzelbronn und St. Pierremont, die Herr- 
schaften Schaumburg, Sultzbach, Choiseul, Spitzemberg und einige 
kleinere Oertlichkeiten, darunter Dörfer im Saargebiete. 

Aus dem Kölner Lande schreibt ein Emissär an Ravaulx hin- 
sichtlich der Herrschaften Lummersheim und Kerpen, von denen er 
viele Afterlehen aufführt, Folgendes: »Da man dem Könige im Vertrage 
von Nymwegen die Freigrafschaft Burgund abgetreten hat und dieses (also 
Burgund) den 10. Kreis des Reiches bildet, zu dem alle Orte hier am 
Niederrhein gehören, so könnte man leicht dieses (Gebiet in Anspruch 
nehmen« (»le roi pourrait aisément prétendre cette petite terre«). 
Hiernach scheint an geographischen Kenntnissen wie an Frivolität der 
Schüler den Meister noch übertroffen zu haben: jedenfalls aber legt 
der Brief Zeugnis dafür ab, welche Instruktionen ihm von diesem mit 
auf den Weg gegeben worden sind. 

Weitere nach handschriftlichen Notizen noch festzustellende Vor- 
bereitungen betreffen das Herzogtum Bouillon, die Abtei St. Hubert und 
die Herrschaft Hebermont in den Ardennen. In einem Briefe des Mi- 
nisters Louvois an einen Truppenkommandeur, datiert vom 10. No- 
vember 1680, wird diesem mitgeteilt, dass ein Emissär der Kammer zu 
Chassepierre arretiert worden sei, weil er nach Urkunden über diese 
Gebiete geforscht habe. Der Offizier wird deshalb angewiesen, den 
Amtmann von Chassepierre sogleich zu arretieren und in das Gefäng- 
nis nach Montmedy abzuführen »pour lui apprendre à obéir aux ordres 
de Sa Majesté. Diese Energie ward von Erfolg gekrönt; ein noch vor- 
handenes Urkunden-Verzeichnis beweist die Fertigstellung einer solchen 
Sammlung für das Herzogtum Bouillon. Ueber das Herzogtum Luxem- 
burg war hingegen wiederum eine noch vorliegende Denkschrift ent- 
sprechend der Bedeutung dieses (Gebietes angelegt worden mit dem 


— 246 — 


Titel: » Mémoire de l'état du pays de Luxembourg«. Sie enthält eine ein- 
sehende Beschreibung des Landes und ein Verzeichnis der hauptsächlichen 
Oertlichkeiten. Für eine derselben, die Stadt Esch, war wiederum eine 
der üblichen Sammlungen angelest worden, deren Verzeichnis noch vor- 
liegt. Ein ähnliches für die in der Nähe von Mezieres gelegene Herrschaft 
Montcornet weist Urkunden nach, die bis auf König Pipin zurückgehen. 

Ein anderer Emissär des (Greneral-Prokurators sendet einen Be- 
richt über das Lütticher Land, von welchem er die Herrschaften Ver- 
viers, Franchimont, Rochefort, Famen, Condrot und Montagu aufführt 
unter Zufügung von Anhaltspunkten für deren Reunierung; auch seine 
Bemühungen scheinen Erfolg gehabt zu haben; laut vorliegenden No- 
tizen waren die Behörden von Verviers und Spa vor die Kammer ge- 
laden und entsendeten im Januar 1682 Bevollmächtigte zur Vertretung 
ihrer Interessen nach Metz; über den weiteren Verlauf der Angelegen- 
heit giebt aber das vorgefundene Material keinen Aufschluss. Aber 
nicht ausschliesslich am Niederrhein, sondern auch in den eigentlichen 
Reunions-Gebieten des Mittelrheins waren weitere Erwerbungen in 
Vorbereitung begriffen. In dem vorliegenden Briefe eines Emissärs, 
ohne Angabe von Ort und Datum, meldet dieser dem General-Proku- 
rator, dass die Städte Boppard und Wesel (also Oberwesel) dem Bis- 
tum Trier, die Städte Oppenheim, Ingelheim, Kaiserslautern dem Kur- 
fürstentum Pfalz vom Kaiser geschenkt worden seien; Urkunden über 
dieselben seien aber schwer aufzutreiben, da auf das Gerücht der 
Reunion die Urkunden in das Innere des Reiches gebracht worden 
seien (»au fond de l’empire«), insbesondere die Akten des Reichs- 
kammergerichtes nach Frankfurt. 

Eine weiter vorgefundene Liste enthält Mitglieder des Adels aus 
der Rhein-Gegend, welche angeblich unter den Schutz des Königs auf- 
senommen sein wollen, darunter Herren aus Ingelheim und Heidesheim ; 
ein anderes noch vorliegendes Verzeichnis vom Januar 1682 weist die 
Namen von Edelleuten nach, welche vor die Kammer noch vorgeladen 
werden sollten, darunter die Grafen von Metternich-Virneburg-Beilstein. 
Kurze handschriftliche Notizen weisen ferner darauf hin, dass eine 
Reihe anderer (Gebiete zur Reunion in Aussicht genommen waren, 
nämlich: die zum Kurfürstentum Mainz gehörende Abtei Offenbach und 
die gleichfalls Mainzische Herrschaft Reidenbach, letztere in der Nähe 
der Stadt St. Wendel gelegen; ferner die zum Kurfürstentum Trier 
gehörenden Mosel-Dörfer Riol und Pommern und die bei Kreuznach 
gelegene Herrschaft Bretzenheim. Für Gebietsteile des Herzogtums 
Lothringen, deren Reunion durch die Kollektiv-Beschlüsse der beiden 


letzten Sitzungen überflüssig wurde, liegen Vorbereitungen in Urkunden- 
verzeichnissen oder anderen handschriftlichen Notizen vor hinsichtlich 
der Herrschaften Finstingen, Gondrexingen, Lixheim, Poussay, Burg- 
altdorf, Lörchingen, Hessen, Fontenay, Landremont, der Abteien Tholey, 
Villers-Bettnach und Freisdorf, sowie des Priorats St. Gille. Von der 
Abtei Villers-Bettnach war sogar ein Afterlehen reuniert worden, sodass 
auf thatsächliche Reunion auch der Abtei selbst zu schliessen sein wird. 


Auch auf blosse Gerechtsame wurden des ersten Festsetzens 
halber die Ansprüche in diesen Landschaften ausgedehnt; in einem 
Brief vom 30. Mai 1681 aus Meisenheim schreibt der viel genannte 
Capitän Simon: »Der Kurfürst von Mainz hat sich des vierten Teiles 
des Rhein-Uebergangs-Zolles in den Douanen von Mainz bemächtigt, 
der mehr als 200 Jahre lang dem Herzogtum Zweibrücken gehört hat; 
ich glaube, dass der Pfalzgraf von Birckenfeld Ihnen darüber schreiben 
wird, um zu erfahren, was dort zu thun ist.« 


Zweifellos würde die weitere Forschung in Archiven noch manche 
andere Anhaltspunkte für bereits durchgeführte oder vorbereitete 
Reunionen ergeben; die vorstehenden Uebersichten dürften aber im 
Verein mit den Kammerbeschlüssen den vollgültigen Beweis dafür 
liefern, dass die hier vertretene Auffassung der Aufgabe der Reunions- 
Kammer, die Erwerbung des ganzen linken Rheinufers für Frankreich, 
zutreffend und dass diese Absicht im weiteren Vorschreiten des Unter- 
nehmens immer unverhüllter zu Tage getreten ist; in den letzten 
Kollektiv-Beschlüssen der Kammer sowohl wie in den ohne Beschluss 
durchgeführten oder vorbereiteten Reunionen ist auch nicht mehr die 
Wahrung des Scheines eines Rechtsverfahrens zu erkennen. Ehe jedoch 
das Ziel erreicht war, erfolgte der nunmehr zu erörternde Abschluss 
der Kammerthätigkeit. 


VIL Schluss der Kammer. 


Die Sitzung vom 10. September 1683, in welcher die Reunion 
der ganzen Diözesen der drei Bistümer beschlossen worden, war die 
letzte eigentliche Reunions-Sitzung der Kammer. Die weitere Thätig- 
keit betraf nur mehr die Sicherung und innere Organisation der ge- 
machten Erwerbungen, und kam zumeist in der Form königlicher 
Edikte zum Ausdruck, bei deren Abfassung aber die Mitwirkung der 
Kammer oder richtiger vielleicht die Hand Ravaulx’ unverkennbar ist. 
Die nächste Massnahme erfolgte aber noch in Form eines Kammer- 
beschlusses, und bezweckte, das Mittel-Verhältnis der Lehensabhängig- 


Be ge 


keit des weitaus grössten Teiles der reunirten Gebiete von den Bis- 
tümern Metz, Toul und Verdun, wie es für die Begründung der 
Ansprüche für notwendig gehalten war, aufzuheben und die unmittel- 
bare Herrschaft der französischen Krone herzustellen, dabei gleichzeitig 
aber auch möglichst vieles Privateigentum in königliche Domänen zu 
verwandeln. Zu dem Zwecke wurden durch Kammerbeschluss vom 
4. Januar 1685!) alle Besitzer, welche sich als Vasallen der Bistümer 
bekannt und Huldigung geleistet hatten, aufgefordert, die Rechtstitel 
vorzulegen, kraft derer sie im Besitze ihrer Lehen seien. Naturgemäss 
waren bei dem künstlichen Aufbau der Beziehungen zu den Bistümern 
und bei den zahllosen nur aus Besorgnis erfolgten Huldigungen die 
wenigsten Besitzer hierzu im Stande; sie sahen sich also trotz ihres. 
Entgegenkommens in der Gefahr, ihres Besitzes beraubt oder im günstig- 
sten Falle aus freien Eigentümern zu französischen Domänenpächtern 
gemacht zu werden. Der Beschluss erstreckte sich in umfassendster 
Weise auf alle geistlichen und weltlichen Behörden und Herren »les 
chapitres des églises Cathedrales et Collegiales, abbés, prieurs et re- 
ligieux et autres vassaux, villes et communautés, reguliers et seculiers« ; 
der Termin war auf nur 14 Tage angesetzt, die Wegnahme der Ein- 
künfte und Güter angedroht (>ils y seront contraints par saisie de leur 
temporel et des biens des communautés et particuliers«). Man wird 
aber wohl nicht fehlgehen, wenn man den ganzen Massnahmen einen 
mehr staatsrechtlichen Charakter beimisst, zu dem Zwecke, an Stelle 
der früheren deutschen Selbständigkeit der Reichsglieder die straffe 
französische Staatsgewalt und Zentralisierung einzuführen ; wenigstens liegt 
keinerlei Anhalt für die Annahme vor, dass in den thatsächlichen privat- 
rechtlichen Verhältnissen eine Aenderung infolge des Beschlusses erfolgt sei. 

Einer solchen Zentralisierung dienten auch die in Form könig- 
licher Edikte getroffenen Massnahmen, welche vorwiegend die 
Organisation der Gerichte und die Verschmelzung der Rechtsprechung. 
in den bisherigen herzoglichen, bischöflichen und reichsständigen Ge- 
bieten zum Zwecke hatten. Unter Aufhebung der bisherigen loth- 
ringischen Oberamtsgerichte wurden vier Präsidial-Gerichte (sieges pre- 
sidiaux) in Metz, Toul, Verdun und Saarlouis, und zwei selbständige 
Oberamtsgerichte (bailliages) in Longwy und Epinal eingesetzt?), nach- 
dem ein fünftes, in Longwy errichtetes Präsidial-Gericht vor Eröffnung 
wieder aufgehoben worden war. Die Einsetzung dieser sechs Gerichts- 


1) Recueil S. 434. 
?) Recueil, S. 443. 


nt 


ohne bestimmtes Datum die Eintragung der Edikte durch das Parla- 
ment, den einzigen Gerichtshof letzter Instanz, unterm 26. Februar 1685). 
Die Zuständigkeit der Präsidial- und der zwei selbständigen Oberamts- 
gerichte war die gleiche, die Besetzung mit Richtern nur insofern eine 
verschiedene, als die ersteren als Spitze zwei Präsidenten und einen 
General-Stellvertreter (lieutenant-général), die letzteren nur einen General- 
Stellvertreter hatten. 

Der Bereich des Präsidial-Gerichtes zu Metz umfasste das pays 
Messin, die bischöflich-metzer und die zwischen diesen liegenden 
lothringischen und reichsständischen Gebietsteile, also den mittleren 
Teil der reunierten Landschaften, das Präsidial-Gericht zu Verdun in 
ähnlicher Abrundung den nordwestlichen, das Präsidial-Gericht zu Toul 
den südwestlichen Teil. 

Das Präsidial-Gericht zu Saarlouis bestand aus den östlich des 
Herzogtums gelegenen (Gebieten unter Abrundung durch kleine her- 
zogliche Enklaven und Grenzbezirke; für seinen Bereich wird in den 
Edikten wiederholt der Ausdruck Saar-Provinz (province de la Sarre) 
gebraucht; naturgemäss gehörten dazu auch die ohne besonderen Be- 
schluss reunierten Gebiete, welche in dem Edikt namentlich aufgeführt 
werden (prevötes et seigneuries de Licseim, Freistroff, St. Vendel, 
Fenestrange, les comtes de Sponem, Ringraviat du Rhin, landgraviat 
de Linanges etc.). Castres ist jetzt richtig als Herrschaft Bliescastel 
bezeichnet, die zur Grafschaft Sponheim gehörige Stadt Trarbach wird 
aber auch noch in diesem Edikt als besondere Herrschaft aufgeführt. 

Der Bezirk des Oberamtsgerichtes Longwv umfasste den nörd- 
lichen Teil des Herzogtums und die vormals luxemburgischen Gebiets- 
teile, der des Oberamtsgerichts Epinal vorwiegend das bisherige her- 
zogliche Oberamt Vosges. Die Eröffnung dieser sechs Gerichtshöfe 
sollte am 1. Juli 1685 erfolgen, musste aber wegen Personal-Schwierig- 
keiten bis zum 1. Oktober desselben Jahres verschoben werden. Ein 
besonderes Edikt vom 12. Juli 1685?) unterstellte ihnen alle Gerichte 
niederer Instanz und wies sie selbst an das Parlament zu Metz als 
Berufungs-Gericht?). Die Art dieser Gerichts-Organisation lässt keinen 
Zweifel, dass die Annexion des Herzogtums Lothringen und der übrigen 
reunierten Gebiete als eine dauernde angesehen wurde; der ohne 
ernsten Widerstand und ohne jedes Blutvergiessen erreichte Erfolg 
war ein so grossartiger, dass der König sich wohl dazu verstehen 
konnte, eine Ruhepause eintreten zu lassen und die volle Durchführung 


1) Recueil, S. 443. 
3?) Recueil, S. 459. 


oe 


seines Zieles auf einige Zeit zu verlagen; durch den mit Kaiser und 
Reich abgeschlossenen Vertrag vom 15. August 1684 verpflichtete er 
sich, zwanzig Jahre lang keine neuen Reunionen zu machen und keine 
Gebietsteile zu beanspruchen, in deren Besitz er beim Abschluss des 
Vertrages nicht bereits seit). Infolgedessen war für die Reunions- 
Kammer zu Metz die Stunde der Auflösung gekommen; sie erfolgte 
durch königliches Edikt vom 23. Dezember 1686); in diesem wird 
ausgeführt, dass infolge des genannten Vertrages die Kammer unnütz 
(inutile) geworden sei, da es sich nur mehr darum handelte, die Hul- 
digungs-Akte für die vor dem Vertrage erfolgten Reunionen entgegen- 
zunehmen. Die Kammer wurde infolge dessen ganz aufgelöst (éteint 
et supprimé); die Mitglieder traten in ihre früheren Stellungen beim 
Parlamente zu Metz zurück. ; 

Ravaulx wirkte aber noch weiterhin im Sinne seines Werkes: 
er empfahl nunmehr dem Könige, den erworbenen Besitz durch geeignete 
Mittel auch innerlich zu sichern. In einer Denkschrift, welche wahr- 
scheinlich aus der Zeit unmittelbar nach dem Schlusse der Kammer 
stammt), betitelt: »Rapport du procureur general Ravaulx sur les moyens 
à employer pour faire oublier aux Lorrains leurs anciens maitres«, 
zeigt er sich aber auch hierbei als masslos und sanguinisch. Als eines 
der Mittel empfiehlt er die Verlegung der Zollstellen von der französisch- 
lothringischen nach der Reichs-Grenze, wovon er sich viele Vorteile 
verspricht, insbesondere: »que les villes de Spire, Worms, Mayence, 
Coblence, Treve, Luxembourg seront obligées de demander au roi la 
grace, d'être reçu sous sa protection perpetuelle, sans que l’Empire 
ni autres puissent se plaindre avec justesse. 

Wie wir sehen, war Ravaulx mit dem Erreichten nicht zufrieden, 
sondern hatte immer noch die Erwerbung der Rheingrenze im Sinne. 

1) Näheres weiter unten. 

?) s. Anhang. 

3) Paulus, politique d’annexion francaise en Lorraine. Lothr. Jahrb. I, 1889. 


251 — 


DRITTER TEIL. 


Die Folgen der Kammerthätigkeit. 


IK 


Beschwerden über die Reunionen. 


Trotz der Schwäche und Zerrissenheit des Reiches konnte fran- 
zösischerseits nicht angenommen werden, dass das deutsche Reich der 
Thätigkeit der Kammer und der Vollziehung ihrer Beschlüsse ruhig 
zusehen würde. Der Einspruch von Seiten des Kaisers und des Regens- 
burger Reichstages war daher auch von Eröffnung der Kammer an von 
ihrem rührigen General-Prokurator ins Auge gefasst worden. Von ihm 
sind nicht weniger als fünf Denkschriften und ein gleichen Charakter 
tragender Brief an den Bischof von Metz erhalten, welche die Art der 
Abwehr etwaiger Proteste vorsehen. Die Denkschriften sind im Wesent- 
lichen übereinstimmenden Inhalts und bieten kaum neue Gesichtspunkte 
für die Art der Vertretung der französischen Ansprüche; sie sind vielleicht 
verschiedene Entwürfe für ein und dasselbe Schriftstück; nur eine davon 
ist datiert und zwar vom 8. Juli 1680. Die umfangreichste dieser Denk- 
schriften trägt die Ueberschrift: Bemerkungen gegen die Einwendungen 
(remarques contre les objections), welche gemacht werden können: 

1. Von den Reichsständen; 

2. Von dem Fürsten (prince) Karl von Lothringen (anscheinend 

absichtlich nicht mehr Herzog genannt): 

3. Von den bedeutenderen Reichsfürsten, dem Herzog von Zwei- 

brücken, dem Grafen von Hanau-Eichtenberg, etc. 

Die Widerlesung der angenommenen Einwendungen wiederholt 
in weitschweiliger und sophistischer Weise alles, was von der Vor- 
reunionskammer bis zur Gegenwart in diplomatischen, Friedens- und 
Kammer-Verhandlungen vorgebracht worden war: in der ersten Be- 
merkung wird daher die Eroberung des römischen Galliens durch 
»unsere Könige« (nos rois) geltend gemacht; in der letzten wird schon 
jetzt wie später in der Septembersitzung 1683 kurzweg behauptet, 
dass, wenn die Herzöge von Lothringen in dem Bereiche der Herr- 
schaften, die sie unter dem Namen »Herzostümer Lothringen und Bar« 
besessen, königliche Gewalt ausgeübt hätten, dies ohne Fug und Recht 
geschehen sei, da die Bischöfe von Metz, Toul und Verdun ihnen 
niemals die dazu nötige Investitur erteilt hätten. Von einem weiteren 
Eingehen auf den Inhalt der Denkschriften kann unter Bezugnahme 


252 — 


auf früher Gesagtes abgesehen werden. Das an den Bischof von Metz 
gerichtete Schreiben ist wesentlich kürzer und enthält die Instruktion, 
wie er auf etwaige ihm zugestellte Proteste antworten solle. Der 
General-Prokurator empfiehlt dem Bischof sich vor allem auf den Wort- 
laut der Friedensverträge zu berufen und den Grundsatz zur Geltung 
zu bringen: »contractus tantum valent quantum sonant«. 

Bei Unsicherheit des Datums in diesen Schriftstücken ist nicht 
festzustellen, ob sie vor oder nach dem Beginn der Verhandlungen 
zwischen Deutschland und Frankreich aufgesetzt waren; doch ist trotz 
des einen beigefügten Datums wahrscheinlich, dass die Entwürfe bereits 
vor Eingang von Protesten aufgesetzt worden sind und das Datum 
später zugefügt ist, da an keiner Stelle auf bereits erfolgte Proteste 
Bezug genommen wird. 

Allerdings fanden die Verhandlungen seitens der Reichsbehörden 
nicht mit der Kammer zu Metz sondern unmittelbar mit der französischen 
Regierung zu Paris statt. Erste Veranlassung dazu gaben die Ansprüche, 
welche schon vor ‘Errichtung der Kammer französischerseits auf 
Homburg und Bitsch erhoben worden waren und zur gewaltsamen 
Eroberung dieser Städte geführt hatten. Ein kaiserliches Kommissions- 
Dekret!), unter dem 10. Oktober 1679 an den Regensburger Reichstag 
gerichtet, forderte von den Ständen ein Reichsgutachten »über die von 
Seiten der Krone Frankreich unter allerhand nichtigen Prätexten ange- 
forderte Abtretung der sequestrierten Festung Homburg und an- 
massende Lehensherrlichkeit über die Metzischen Vasallen«. In diesem 
Kommissions-Dekret wird gesagt, dass die auf Homburg angezogene 
ratio feudi nicht weniger auf alle übrigen Metzischen Lehensträger 
angewendet werden könnte, und dass danach die Kurfürsten und 
Stände den französischen, gleichsam nach eigenem Belieben vorzu- 
nehmenden Gewaltthaten unterworfen werden würden. 

Das Reichsgutachten wurde genau nach vier Monaten erstattet, 
am 10. Februar 1680, also nach Errichtung der Kammer, aber vor 
Erlass des ersten Reunions-Beschlusses. In diesem Gutachten werden 
14 Beschwerdepunkte (gravamina) aufgestellt, von denen jedoch nur 
zwei die lothringischen Lehen betreffen, der 6. über die Prätensionen 
an die Metzer, Touler und Verduner Vasallen, und der 13. über die 
Okkupierung der Festen Homburg und Bitsch. Die Erörterung der 
ersteren Beschwerde lässt wieder die Unlösbarkeit des Streites über die 
Auffassung des Wortes »districtuse erkennen. »Unleugbar ist,« heisst 


‘) Das Folgende unter Benutzung von Pachner von Eggenstorff, Sammlung 
der Reichstagsschlüsse 1740. 


es in dem Gutachten, »dass gedachte Bistümer über die ausser den 
Distrikten und Territorien gelegenen Vasallen und Lehen keine Souve- 
ränität gehabt und von denselben, wie der Buchstabe bemeldeter 
Cession klärlich ausweiset, ausser den Distrikten nicht das Geringste 
abgetreten worden sei«. Schliesslich wird der Kaiser gebeten, er möge 
»ehest möglich vermitteln, damit alle Thätlichkeiten eingestellt oder 
wenigstens dem arbitrium sein Lauf gelassen werde«. Zum Beschwerde- 
punkt 13 wird hinsichtlich Homburgs auf den Westfälischen Frieden 
Bezug genommen, da nach dem Osnabrücker Instrument, Absatz: »co- 
mitibus Nassau-Sarapontanis« und dem Münsterschen, Absatz: »Dux de 
Cray« diese Feste dem gräflichen Hause zu restituieren sei; wegen der Feste 
Bitsch wird zunächst »von den gravatis nähere Information erwartet«. 

Die nunmehr folgenden Verhandlungen zwischen dem Reiche und 
dem französischen Könige, welche zugleich und vorwiegend die el- 
sässischen Reunionen betrafen, geben ein überaus trauriges Bild von 
der Schwäche Deutschlands und der Schwerfälligkeit und Ungeschick- 
lichkeit der Reichsbehörden, Eigenschaften, die in rücksichtslosester und 
sewandtester Weise von Ludwig XIV. und seinen Unterhändlern aus- 
genutzt wurden. .»C’tait plaisir d’avoir à faire à ces bons Allemands, 
et pour prendre sur eux l’avantage il ne fallait pas beaucoup de finesse«, 
sagt bei Erwähnung dieser Verhandlungen der Biograph Louvois 1). 
Schon die ersten Schritte des Reichstages gegenüber Frankreich wurden 
ganz ungebührlich verzögert; trotz mehrerer kaiserlicher Kommissions- 
Dekrete und fortgesetzt einlaufender Klagen über »noch immer conti- 
nuierende und täglich sich mehrende Klagen über französische Gewalt- 
thaten« dauerte es bis zum 27. Juli 1680, bis der Reichstag sich zu einem 
Schritte zu Gunsten der angegriffenen Reichsstände entschloss. An diesem 
Tage erlies er endlich ein Schreiben an den König von Frankreich, in 
welchem die Klagen der Reichsstände vorgetragen wurden und ihre 
Begründung wieder durch das unglückliche Wort »distrietus« versucht 
wird, da »praeter supradictos episcopatus eorumque districtus nil 
amplius cessum esse«. Unklugerweise wird schliesslich die Wieder- 
einsetzung des Schiedsgerichtes von 1665 gefordert, trotzdem dessen 
frühere Verhandlungen die völlige Unmöglichkeit einer friedlichen Ver- 
ständigung erwiesen hatten, und dem französischen Könige eine der- 
artige Versumpfung der Sache im höchsten Grade erwünscht sein 
musste. An demselben Tag erging auch ein Schreiben des Reichstages 
an den König von England, um ihn zu Vorstellungen und zur Ver- 
mittlung bei Ludwig XIV. zu bestimmen, da auf seine Autorität und 


1) Rousset, II, S. 26. 


Garantie der Friede von Nymwegen sich stütze. Erst nach drei Monaten 
erfolgte die Antwort des französischen Königs; in dem vom 10. Oktober 
datierten Schreiben stellt er sich höchst erstaunt über die erhobenen 
Klagen, die bewiesen, dass der Reichstag über den Gang der Ver- 
handlungen zu Nymwegen und die dortigen Abmachungen sehr schlecht 
unterrichtet sein müsse. Die bisher besetzten (Gebiete gehörten so 
rechtmässig der Krone Frankreich, dass man daran nicht zweifeln 
könne ohne es an gutem Glauben bei den feierlichsten und heiligsten 
Abmachungen fehlen zu lassen (sans manquer a la bonne foi des con- 
ventions les plus solennelles et les plus sacrées). Wenn aber trotzdem 
einer der Reichsstände sich benachteiligt glaube, so sei er gerne bereit 
eine Revision vornehmen zu lassen, da es ihm stets grosse Freude 
mache, zur Zufriedenheit seiner Nachbarn beitragen zu können.« 
Auch jetzt noch durchschaute der Reichstag die Absicht des Königs, 
Zeit zu gewinnen, so wenig, dass er sich an den Kaiser wandte um 
einen Bericht der (Gesandten über die Verhandlungen zu Nymwegen 
zu erhalten! Dieser ging wiederum erst nach vier Monaten durch 
Kaiserliches Kommissions-Dekret vom D. Februar 1681 dem Reichs- 
tage zu. Am 8. Februar erliess derselbe daraufhin eine zweite Be- 
schwerdeschrift an den König, die nichts Neues enthielt, sich auch 
vorwiegend mit den elsässischen Reunionen befasste. Zu gleicher Zeit 
war der Kaiser durch seinen Gesandten in Paris, den Grafen Mansfeld, 
unmittelbar mit dem König in Verhandlungen getreten, und hatte von 
ihm die Zusage erlangt, Deputierle zu einem Kongresse nach Speier, 
Worms, Mainz oder Frankfurt zu entsenden, und vom Tage des Zu- 
sammentrittes dieses Kongresses an sich weiterer Reunionen zu enthalten; 
eine Zusage, zu welcher der König auch dem jetzt eng mit ihm verbündeten 
srossen Kurfürsten !) gegenüber am 22. Januar 1682 sich verpflichtete. 

Die Einzelheiten über den Kongress konnten aber erst nach langem 
Zeitverluste festgestellt werden, da der König den gewünschten Be- 
sprechungen unter dem Vorwande von Unpässlichkeit, Jagden u. s. w. 
aus dem Wege ging; auch waren umständliche Verhandlungen zwischen 
Kaiser und Reichstag erforderlich, ehe eine Einigung dieser über Art 
und Zeitpunkt des Zusammentrittes erzielt wurde. Wiederum erst nach 
vier Monaten, am 7. Juni 1681, wurde dem Könige Frankfurt als 
Kongressort und der Johannes-Tag (24. Juni) als Termin vorgeschlagen. 
Frankfurt wurde von Frankreich angenommen, die Vertagung des Be- 
ginns aber auf den 31. Juli verlangt und erreicht. Aber auch an 
diesem Tage erschienen noch keine französischen Bevollmächtigten ; 


') s. weiter unten. 


erst am 9. September konnte der Kaiser dem Reichstage die Mitteilung 
zugehen lassen, dass laut Meldung des Grafen Mansfeld nicht nur des 
Allerchristlichsten Königs Bevollmächtigte den 7. September bereits 
von Paris abgereist seien, sondern dass man auch sonst bei selbigem 
Hofe zu der Sache immer näher schreiten wolle. Ueber die Gründe 
dieses Zögerns sollten Kaiser und Reich nur zu bald aufgeklärt werden: 
gerade in diese Tage fallen die Vorbereitungen für die grösste, in 
Deutschland am tiefsten empfundene Gewaltthat, die Wegnahme der 
alten Reichsstadt Strassburg. Schon waren die Gesandten Frankreichs 
in Frankfurt anwesend, als im französischen Hauptquartier zu Illkirch 
am 30. September 1681 die Kapitulation unterzeichnet ward, welcher 
noch am gleichen Tage der Einzug Louvois’ mit seinen Truppen in die 
bezwungene Hauptstadt des Elsass folgte!). Nunmehr konnte die Er- 
öffnung des Kongresses vor sich gehen und dem Versprechen, weitere 
Reunionen zu unterlassen, nachgekommen werden; auch dieses ward aber 
nur insofern erfüllt, als die nachherigen Kammerbeschlüsse ausschliesslich 
herzoglich-lothringische Gebietsteile betrafen und auch diese, wie früher 
hervorgehoben, unter verhüllten Bezeichnungen vollzogen wurden ?). 
Einen Lichtblick in dieser traurigen Zeit gewährt in Deutschland 
die Publizistik, welche beweist, dass auch in der Nation das Gefühl 
für die Deutschland zugefügte Schmach sich Ausdruck verschaffte. Die 
derzeitigen Flugschriften beschäftigen sich zwar vorzugsweise mit dem 
Verluste Strassburgs, nehmen aber, zum Teil wenigstens, auch auf 
den lothringischen Länder-Raub Bezug). Eine in Schlesien 1681 anonym 
erschienene Satire ruft in allerdings schwülstiger und überschwänglicher 
Weise die deutschen Fürsten zum Kampfe gegen Frankreich auf; viel 
bedeutsamer sind drei im folgenden Jahre erschienene Schriften des 
unter dem Namen Francopolita sich verbergenden österreichischen 
Staatsmannes Philipp Wilhelm von Hornick ; in der ersten, betitelt: 
» Wahrer Bericht von dem alten Königreich Austrasien«, spricht der Ver- 
fasser auf Grund der Schriften Cassans*) und Auberys?) die Befürchtung 
aus, »dass das bekannte um sich fressende Dependentien-Feuer auch 
rechtsrheinische Lande ergreifen werde, ja, dass der König das ganze 
diesseitige Deutschland als Anhang der Stadt und des Bistums Metz 
für sein Eigentum erklären werde«®). Die zweite Flugschrift: » Wahrer 


1) Erdmannsdörffer I, S. 661. 

2) Auch die Nachlese vom 10. Oktober 1683 betraf nur mehr herzogliche Ge- 
bietsteile, den kleinen Besitz des deutschen Ordens vielleicht ausgenommen; s. S. 226. 

3) Das Folgende unter Benutzung von Hölscher, Die öffentliche Meinung in 
Deutschland über den Fall Strassburgs ; 1896. 

MUSS URL Mes TS 010: | 

6) Interessant ist die Uebereinstimmung dieser Aeusserung mit der eines 
Bürgers von Chiny; s. S. 229. 


a 


Bericht von dem alten Königreich Lothringen« verteidigt die Rechte 
Deutschlands auf das Lothringer Land; in der dritten werden die Be- 
hauptungen Auberys ad absurdum zu führen gesucht. Unter den übrigen 
Schriften sind zwei besonders erwähnenswert, weil sie und zwar die 
eine bestimmt, die andere wahrscheinlich von Leibnitz herrühren. In 
der ersteren 1682 erschienenen sucht der Verfasser den französischen 
König zu bewegen, auf gütlichem Wege das dem deutschen Reiche 
Geraubte herauszugeben, damit endlose Kriege vermieden würden ; 
bei der zweiten etwa ein Jahr später erschienenen, die den Satiren- 
Charakter trägt, weist schon der Titel: »Mars Christianissimus« darauf 
hin, dass Leibnitz eine friedliche Verständigung mit Frankreich nicht 
mehr für möglich hält 1). 

Eine weitere kleine Flugschrift von nur sechs Seiten Text?) ist dadurch 
interessant, dass der Verfasser, trotzdem er ihr den Titel giebt: »Ein- 
fältige Gedanken eines aufrichtigen Patrioten« mit Schärfe die Einseitig- 
keit der Kammer als Gerichtshofes charakterisiert: »Es bringet aber 
die Rechtfertigkeit unter anderem mit sich, dass keiner sein eigener 
Richter sei, sondern seine Prätensiones durch unparteiische, unver- 
dächtige Schiedsmänner oder Mittelsleute willig untersuchen lasse, nicht 
aber, dass man wie die französischen Reuniones sofort zugreife und 
nachher sage: Gieb her, und frage nicht viel warum, so bleiben wir 
sute Freunde«. 

Energischer wendet sich in einer einige Jahre später erschienenen 
Schrift?) der gleichfalls ungenannte Verfasser an den Kaiser: »Ihre 
Kaiserliche Majestät versprachen in der Wahlkapitulation, dass Sie die 
Stände bei ihren Rechten und Gerechtigkeiten maintenieren und hand- 
haben, und wider alle unbillige Gewalt schützen wollen. Haben jemals 
die Stände kräftigen Schutz von Nöten gehabt, so ist es gewisslich in 
diesem Reunions-Wesen gewesen. Ist daher kein Wunder, wenn die 
in der Reunion stehenden Stände über Ihre Kaiserliche Majestät und 
des Reiches Abandonnierung wo nicht geklagt, so doch geseufzet haben«. 

Verfasser erwähnt dabei auch die verschiedene Stellung eines 
deutschen und eines französischen Lehensträgers; »man nannte sprich- 
wörtlich den Kaiser einen rex regum und den König von Frankreich 
rex asinorum, wegen der allerhand Lasten und Bürden, so man diesem 
elenden Tiere auferlegt, welche sie (die Franzosen) ohne Murren tragen, 
und noch dazu der härtesten Streiche gewärtig zu sein pllegen«. 

1) Das Nähere s. bei Hölscher. 

?) Erschienen Frankfurt, 1682. 

#) Der reunierte Vasall, 1689, S. 28. 


— 257 — 


Der in den reunierten Gebieten herrschenden Stimmung giebt eine 
andere, früher schon angeführte Flugschrift!) kräftigen Ausdruck: >» Dieu 
qui gouverne tout mettra fin à l'injustice de la France; il vous retirera 
de la rude captivité, semblable à celle d’Egypte«; mit diesen Worten 
wendet Verfasser sich an alle Reunions-Fürsten und Stände. Des 
Weitern sucht er aus Rechtsgründen den Beweis zu führen, dass die 
Herrn und Unterthanen der reunierten Gebiete wegen der weitern Rechts- 
verletzungen Frankreichs an ihre Huldigungen und Eide nicht mehr 
gebunden seien (»prouv& par les maximes des droits«). Den starren 
Rechtsmasstab wird man allerdings nicht anlegen dürfen, wenn Verfasser 
sagt: »Et puis, que le roi vous traite, messieurs, comme ses ennemis, 
n’abandonne-il point en même temps ses droits sur la réunion? Le 
souverain, qui doit être le père de ses sujets et le protecteur de ses 
princes, perd sa qualité, quand il agit comme contre ses ennemis: les 
enfants que le père traite trop indignement sont émancipés par l’auto- 
rité du juge: le mariage est dissolu, quand l'un ou l’autre impugne 
directement le nœud sacré du mariage.« 

Auch der Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden, durch die 
Kammern von Breisach und Metz in Mitleidenschaft gezogen, beteiligte 
sich. durch zwei energische Flugschriften an dieser Litteratur, die eine: 
»Marchio-Badenses vindiciae adversus praetensiones gallicas 1681«; die 
andere: »Compendiosum memoriale super compluribus Marchio-Baden- 
sibus gravaminibus<. Die erstere?) beginnt mit den Worten: »Commune 
istud malum, quo ad Rhenum Mosellamque Germani a Gallis se premi 
quaeruntur, etiam Badensem domum tetigite. 

Neben zwei Reunionen der Breisacher Kammer führt er dann die 
Wegnahme der alten Grafschaft Sponheim an, die weder im districtus 
temporalis, noch im diöcesis spiritualis gelegen sei, noch durch irgend 
ein vinculum vasalliticum zu den Bistümern gehöre. Auch sei für die 
Grafschaft, die grösser als förmlich reunirte Gebiete sei, nicht einmal 
ein Spruch der Kammer erfolgt: »per emissarios, partim publicos 
partim clandestinos affixum este, Als Emissär führt er den mehr- 


genannten Kapitän Simon an. 
IL. 


Der Kongress zu Frankfurt. 


Die französischen Abgesandten, welche im September 1681 in 
Frankfurt eintrafen, waren Herr de St. Romain und Herr de Harlev, 


1) La dissolution de la réunion, 1692, S. 172, 
?) Druckschrift auf der Universitäts-Bibliothek zu Strassburg. Einige weitere 
Acusserungen der öffentlichen Meinung s. bei Hölscher. 
17 


— 258 — 


die Kaiserlichen der Reichshofrat von Stratmann und die Regiments- 
Räte Pader und Rassler von Gamerswaagen; zu ihnen traten zehn 
Delegirte des Reiches, gestellt von Chur-Mainz, Chur-Sachsen, Oester- 
reich, Bayern, Bamberg, Pfalz-Lauteren, Sachsen-Weimar, Braunschweig 
und den beiden Reichsstädten Köln und Regensburg. Gleichzeitig aber 
hatte der König einen besonderen Gesandten, den Grafen Verjus de 
Grecy, für die Regelung der Reunions-Angelegenheiten beim Reichstage 
zu Regensburg ernannt, angeblich um diesem kund zu geben, welches 
seine Gesinnungen seien »um die Ruhe und den Frieden Deutschlands 
für die Zukunft sicherer und fester zu stellen« ; in Wirklichkeit jedoch, 
wie sich bald herausstellen sollte, um durch die gleichzeitigen Ver- 
handlungen über dieselbe Sache an zwei getrennten Orten Verwirrung 
und Verzögerung zu bewirken. Diese Absicht wurde aber, wenn auch 
erst nach längerer Zeit, von der anderen Seite erkannt; in einem 
Kaiserlichen Commissions-Dekret vom 11. Mai 1682 heisst es: »dass 
die französische Proposition an zwei Orten zu verhandeln, gefährlich sei und 
dass der Kaiser in eine solche Dismembration des römischen Reiches, 
worauf berührte französische Proposition abziele, nicht willigen könne«. 

Zu dieser Zeit waren die Verhandlungen in Frankfurt kaum 
über die Anfänge hinausgekommen, da die ersten Monate vollständig 
durch Form- und Etikette-Fragen zwischen den deutschen Bevoll- 
mächtigten, jedenfalls zur grossen Genugthuung der königlichen Ab- 
sesandten ausgefüllt wurden. In einer Relation der kaiserlichen und 
reichsständischen Deputirten vom 7. März 1682, also etwa ein halbes 
Jahr nach der Eröffnung des Kongresses wird gemeldet, »obgleich man 
gehofft hatte nach verschiedenen bisher obgeschwebten Präliminär- und 
Partikulär-Diffieultäten zu den wirklichen Traktaten schreiten zu können, 
so ereigneten sich nichts desto weniger noch andere Differentien, vor 
deren Ausgleichung die Bevollmächtigten von Oesterreich, Bamberg 
und Braunschweig sich weigerten an den Sitzungen Teil zu nehmen«. 
Die entstandenen Schwierigkeiten betrafen vornehmlich die Verteilung 
der Plätze in dem Sitzungssaale, für welche verschiedene Vorschläge 
mit Krokis in den Commissions-Dekreten und Gutachten zum Ausdruck 
oebracht wurden. Schliesslich wurde durch Commissions-Dekret vom 
11. März seitens des Kaisers ein besonderes Reichsgutachten »über die 
zu Frankfurt super modo conveniendi, se legitimandi, sedendi et trac- 
tandi hervorgetretenen Difficultäten« verlangt und nach Eingang ein 
notdürftiger Ausgleich der verschiedenen Ansprüche bewirkt. Nun 
aber erhoben die französischen Abgesandten neue Schwierigkeiten ; 
sie erklärten ihre Eingaben nur in französischer Sprache vorlegen zu 


wollen und verstanden sich erst nach weiteren Verhandlungen zu dem 
Entgegenkommen, eine lateinische Abschrift mit dem Worte »translatum« 
beizufügen. Deutscherseits wurde die Weglassung des Wortes »trans- 
latum« verlangt, von den französischen Gesandten aber abgelehnt. 
Kine Einigung konnte in Frankfurt nicht erzielt werden; die Streitfrage 
wurde an den Reichstag zu Regensburg abgegeben. Schliesslich fand 
man jedoch einen modus videndi, indem die deutschen Abgesandten 
nur die mit translatum versehenen lateinischen, nicht aber die fran- 
zösischen Texte entgegennahmen. 

Nunmehr ergriffen die Gesandten des Königs die Initiative und 
schlugen Anfangs April eine Lösung der Streitfrage in dem Sinne vor, 
dass Fraukreich zum Besten des Friedens sich auf Strassburg und 
diejenigen Länder und Orte beschränken wolle, in deren Besitz es sich 
vor Abreise der Gesandten nach Frankfurt befunden habe. That- 
sächlich war der König diese Verpflichtung schon im Januar desselben 
Jahres gegenüber dem grossen Kurfürsten eingegangen, welcher dafür 
seine Neutralität bei einem etwaigen Reichskriege zugesagt hatte. Den 
kaiserlichen Gesandten aber wurde weiterhin eröffnet: Im Falle der 
Zustimmung wolle der König, um einen noch grösseren Beweis von 
der Reinheit seiner Absichten zu geben und zu beweisen, wie weit 
er entfernt sei, Eroberungen jenseits des Rheins zu machen, 
in die Rückgabe Freiburgs gegen Schleifung der Festungswerke Philipps- 
burgs willigen. Zum ersten Male werden also hier in einem 
amtlichen Schriftstücke die Ansprüche Frankreichs auf 
das ganze linke Rheinufer, wenn auch in mittelbarer 
Form erhoben. Deutscherseits konnte natürlich auf dieses Aner- 
bieten nicht eingegangen werden; trotzdem hielt der Kaiser es für 
notwendig, ein Reichsgutachten darüber einzuholen, liess dann aber 
den französischen Gesandten erklären, dass auch über die früheren 
teunionen weiter verhandelt werden müsse. In der unter dem 28. April 
erfolgenden Antwort der französischen Gesandten wurde bereits ein 
cereizter Ton angeschlagen: »die Rechte des Königs erstreckten sich 
weit über die bisher gemachten Reunionen hinaus; es müsse daher 
eine bestimmte Antwort gefordert werden, ob der Vorschlag ange- 
nommen werde oder nicht: eine weitere Verzögerung würde der König 
als Ablehnung auffassen und deshalb berechtigt sein, eine andere als 
die bisherige Haltung anzunehmen«. Die verlangte bestimmte Ant- 
wort wurde jedoch nicht gegeben; der Kaiser schloss vielmehr bald 
darauf, am 10. Juni 1682, zur Stärkung seiner Stellung gegenüber den 
franzüsischen Forderungen mit der im Jahre 1679 gebildeten Union von 


Ur 


— 260 — 


Reichsständen des fränkischen und oberrheinischen Kreises die Laxen- 
burger-Alliance, um bewaffneten Widerstand zu leisten gegen die unge- 
rechten Ansprüche Frankreichs und die Verletzungen der Reichsgrenzen. 

Die Franzosen warteten noch fünf Monate. erklärten dann aber, 
nachdem sie zweifellos von dem Laxenburger Vertrage Kenntnis er- 
langt hatten, in einem Schreiben vom 28. September, die Geduld 
des Königs sei nunmehr zu Ende; infolge der Streitigkeiten zwischen 
den deutschen Bevollmächtigten, an denen sie nicht im Geringsten 
beteiligt gewesen, sei die lange Zeit fruchtlos verstrichen: eine der- 
artige Weise zu verhandeln entspreche weder Frankreichs noch 
des Reiches Würde. Frankreich müsse unterdessen ungeheure Auf- 
wendungen für sein Heer machen, um im Falle des Bruches sein 
Recht mit Gewalt durchzusetzen, der König halte sich daher nur mehr 
bis Ende November an seinen Vorschlag gebunden; sei sein Anerbieten 
bis dahin nicht angenommen, so werde er seine Rechte im weitesten 
Umfange wieder wahrnehmen. Gleichsam als wären sie besorgt, dass 
ihr Vorschlag nunmehr angenommen werden könnte, fügten sie in 
einem weiteren Schreiben vom 4. Oktober hinzu, dass auch nach ihrer 
etwaigen Abreise die Verhandlungen von dem Vertreter des Königs in 
Regensburg, dem Grafen Crecy weiter geführt werden könnten. Beide 
Schreiben glaubten die deutschen Deputirten »der Sache hoher und 
schwerer Wichtigkeit halber« dem Reichstage in Regensburg vorlegen 
zu müssen, weshalb zunächst umständliche Verhandlungen über die 
Form des Verkehrs zwischen Frankfurt und Regensburg stattfanden, 
denen endlose Denkschriften über den Stand der Angelegenheiten folsten. 
Auch zu Ende November konnte deshalb eine bestimmte Antwort den 
[französischen Bevollmächtigten nicht erteilt werden, sodass diese in 
der That von Frankfurt abreisten. Der wirkliche Grund für die Ab- 
reise ist in der Instruktion an den Gesandten Frankreichs in Wien, 
Grafen de Cheverny vom 10. Januar 1684 ausgesprochen ; danach war 
es zweckmässig erschienen den Kongress nach Regensburg zu verlegen, 
weil dort die Verhandlungen mit weniger Leidenschaft behandelt werden 
würden als in Frankfurt, wo völlige Herrschaft der österreichischen 
Bevollmächtigten hervorgetreten sei; in dieser Instruktion wird auch 
die wiederholte Stellung eines Endtermins damit begründet, dass bei 
den von der Reunion betroffenen Kurfürsten grössere Friedensneigung 
wahrgenommen worden sei'). Dem Reichstage wurde durch Relation 
vom 22. Dezember von der Abreise Kenntnis gegeben. In dieser be- 
richten die Frankfurter Deputirten, dass eine Entscheidung des Reichs- 


') Sorel, Recueil des instructions: Autriche. 1884. I. S. 96. 


— 261 — 


tags täglich erwartet worden sei, dass aber trotz aller Vorstellungen 
die französischen Gesandten zum Bleiben nicht hätten vermocht werden 
können; vor der Abreise sei aber von ihnen die Erklärung abgegeben 
worden, dass in Regensburg die Verhandlungen bis zum 1. Februar 1683 
noch fortgesetzt werden könnten. Der Kongress zu Frankfurt hatte 
hiermit sein Ende gefunden; nach umständlichen Berichten an den 
Kaiser und den Reichstag über ihre Thätigkeit und die Berechtigung 
des von ihnen vertretenen Standpunktes verliessen auch die kaiserlichen 
und reichsständischen Bevollmächtigen Frankfurt. 

Dass der grosse Kurfürst diese Verlegung von Frankfurt nach 
Regensburg im Interesse des Reiches bewirkt habe, wie von einer 
Seite behauptet aber nicht bewiesen wird), muss nach dem vorstehend 
seschilderten Verlaufe der Verhandlungen als höchst unwahrscheinlich 
bezeichnet werden. 


II. 


Der Waffenstillstands-Vertrag von 1684. 


Trotz der bei dem Schiedsgericht zu Regensburg und dem Kongress 
zu Frankfurt erwiesenen völligen Unmöglichkeit eines friedlichen Aus- 
gleiches der vorhandenen Gegensätze entschloss Kaiser Leopold sich, 
die Verhandlungen mit Frankreich noch weiter fortzusetzen. In einem 
an den Reichstag gerichteten Kommissions-Dekret vom 29. Dezember 1682 
wird die »Continuatio der Traktaten« in Regensburg für notwendig 
erklärt, und ein Reichsgutachten darüber eingefordert, in welcher 
Weise dies zu geschehen habe. Naturgemäss konnte bei dieser Art 
der Geschäftsführung auch der zweite von den Franzosen gestellte 
Termin nicht eingehalten werden; am 20. Januar richtet deshalb Graf 
Crecy ein Schreiben an den Reichstag, mit der Aufforderung, doch 
nunmehr zu den sachlichen Verhandlungen selbst überzugehen, da 
nach zehn Tagen sein Mandat erloschen sei. Auf Antrag des Reichs- 
tages selbst verlängerte jedoch der König das Mandat seines Gesandten 
am 10. Februar »um seinem aufrichtigen Wunsche, zur Befestigung 
des Friedens beizutragen, Ausdruck zu geben« auf unbestimmte Zeit. 
Gleichzeitig aber suchte der Kaiser durch weitere Bündnisse seine 
Stellung gegenüber Frankreich zu verstärken und sich für den immer 
mehr als unvermeidlich erscheinenden Krieg vorzubereiten; am 23. Ja- 
nuar 1683 wurde in Wien die Defensiv-Alliance »sowohl gegen die 


1) Berner in d. Preuss. Jahrb. 1886, Band 57, S. 613. 


262 


Türken als andere zustossende Gefahr« mit Kur-Bavern geschlossen, 
wobei der junge Kurfürst sich in Bereitschaft setzte, um seine Wallen 
mit den kaiserlichen zu vereinigen, sei es an der Donau oder am Rhein 
vsesen Frankreichs »sogenannte reunionspräjudizierliche Attentate und 
Usurpationes«!); im März 1683 traten weitere Reichsstände dem Bünd- 
nisse bei: im Februar und März 1683 schloss der Kaiser in Anlehnung 
an den Assoziations-Vertrag von 1681 erneute Bündnisse mit Spanien, 
Schweden und den Niederlanden behufs gegenseitiger Hülfe. Dem 
gegenüber bereitete auch Frankreich sich zum Kriege vor : an der deutsch- 
französischen Grenze wurden vier grosse Truppenlager errichtet, in 
Saarlouis, Bockenheim-Saarwerden, Molsheim und Bellegarde in Burgund, 
welche im Mai 1683 vom Könige selbst besichtigt wurden. 

Der Reichstag aber war über die unbegrenzte Verlängerung der 
französischen Vollmachten anscheinend so erfreut, dass er zunächst die 
Verhandlungen ganz ruhen lassen und der Erledigung von Formfragen 
seine Zeit wieder widmen zu können glaubte. Doch wird in einem kaiser- 
lichen Kommissions-Dekrete vom 3. Juli 1683 dem Reichstage das Aller- 
höchste Missfallen ausgedrückt, dass über die Art der Fortführung der Ver- 
handlungen die drei Reichskollegien sich nicht einigen könnten. Der 
Kaiser macht dann selbst einen Vermittelungs-Vorschlag für Hebung 
der vorhandenen Düifficultäten, worüber er ein Reichsgutachten ein- 
fordert. 

Für diese grosse Schwäche des Kaisers ist eine gewisse Ent- 
schuldigung darin zu finden, dass derselbe sich in der That Frankreich 
gegenüber in übler Lage befand. Alle seine Versuche, mit Hülfe der 
geschlossenen Allianzen einen Koalitions-Krieg gegen Frankreich zu 
erzielen, waren gescheitert, vorwiegend in Folge des entschiedenen 
Widerstandes, den der grosse Kurfürst allen solchen Bestrebungen 
entgegensetzte. Erbittert über den Nymweger Frieden und in der 
Hoffnung, mit Hülfe Frankreichs seine schwedischen Eroberungen 
wieder zu gewinnen, auf der andern Seite überzeugt von der Schwäche 
des Reiches und der Gefahr eines neuen Krieges mit Frankreich?), 
hatte er sich unmittelbar nach dem Friedens-Vertrage von St. Germain 
enger an Frankreich angeschlossen, und war am 25. Oktober 1679 
eine wesentlich gegen die Habsburger gerichtete Alllanz mit Ludwig XIV. 
eingegangen. S 8 des gleichfalls zu St. Germain abgeschlossenen 
Vertrages lautet: »Wenn der König einige Truppen nach Deutschland 

1) Erdmannsdörfler, Deutsche Geschichte, 1892, I, S. 669. 

?) Ueber die Motive der Politik des erossen Kurfürsten s. Berner 1. d, 
Preuss. Jahrb., 1886, Band 57, S. 593 ff. 


203 — 


oder anderswohin durch des Kurfürsten Lande zu bringen hat, so ge- 
stattet der Kurfürst den Durchmarsch, die Anlegung von Magazinen 
und im Notfall selbst Rückzug und Eintritt in seine festen Plätze... .«t), 
in einem noch weiter gehenden Briefe an den König vom 15. No- 
vember d. J. erklärte der Kurfürst sich geradezu für den treuesten 
Verbündeten des Königs, der über seine festen Plätze nach Belieben 
verfügen könne, da sie mit ihrem gesamten Inhalt doch nur zu seinem 
(des Königs) Dienst bestimmt seien?). Trotz der Reunion und der 
durch sie bewirkten Gefährdung vieler Protestanten in ihrem Glauben 
verstand sich der Kurfürst weiterhin dazu, durch ein am 11. Januar 1681 
abgeschlossenes Defensiv-Bündnis die Beziehungen noch enger zu knüpfen 
und die Verpflichtung einzugehen, diese Reunionen Frankreichs nötigen- 
falls mit bewaffneter Macht zu verteidigen; $ 4 des Vertrages lautet: 
»Um allen Schwierigkeiten der Auslegung und Ausführung des Traktats 
zu begegnen, wird weder Recht noch Unrecht des Requirenten, ob er 
Urheber der Differenz oder nicht ist, in Frage gestellt (»sans examiner 
le droit ou le tort que pourrait avoir l’alli& requérante) ein Angriff 
auf seine Rechte oder Lande genüst, ihm die pp. Hülfe faktisch leisten 
zu müssene. | 

Die Ausschreitungen der Reunionskammern beunruhigten und 
erregten zwar den grossen Kurfürsten, veranlassten ihn auch zu Vor- 
stellungen in Paris gegen dieses Verfahren; seine Haltung gegen 
Frankreich änderte er aber daraufhin nicht, gab sogar anscheinend 
das ganze linke Rheinufer, soweit nicht in seinem Besitze, verloren: 
er äusserte, nach einem Berichte des französischen Gesandten in Berlin 
vom 27. Juni 1681, sich öfter in dem Sinne: »que, si Sa Majeste 
voulait faire voir une fin à ses prétentions, quand se serait même au 
delà du Rhin (von Frankreich aus betrachtet), on se règlerait là-dessus, 
mais qu'il craignait qu'au premier jour on ne prétendit Magdebourg et 
Berlin « ?). 

Gewiss war diese Politik nicht im Interesse des Deutschen 
Reiches; auch dass der grosse Kurfürst dabei von der Gesinnung 
beseelt gewesen sein sollte, »durch Nachgiebigkeit und temporäres 
Zusammengehen mit Ludwig den erhobenen Arm des Königs zurück- 
zuhalten, den König zu beschäftigen bis sein eigener Arm wieder 
erstarkt genug war, dem Könige mit wuchtiger Kraft wieder den 

1) Mörner, Kurbrandenburgs Staatsverträge von 1601-1700; 1807, 5. 413. 

?) Prutz, aus des grossen Kurfürsten letzten Tagen, 1897, 5. 82. 


8) Prutz, S. 352. 


Meissel aus der Hand zu reissen und das Haupt des Feindes zu 
spalten« ') muss als mehr denn zweifelhaft bezeichnet werden. 

Ebenso unrichtig aber ist es, wenn von entgegengesetzter Seite 
das Verhältnis des Kurfürsten zum Könige in enge Verbindung mit der 
Entstehung der Reunionspolitik gesetzt, und dementsprechend das an- 
nähernde Zusammenfallen des ersten Bündnisses mit der Errichtung der 
teunionskammern in Zusammenhang gebracht wird?): nur eine Un- 
kenntnis der seit vielen Jahrzehnten von Frankreich systematisch ver- 
folgten Reunionsbestrebungen kann zu einer derartig haltlosen Auffassung 
führen. Auch das Verhalten des Kurfürsten nach dem Falle Strassburgs 
liefert den sichern Beweis, dass er nur notgedrungen die französischen 
Reunionen geschehen liess; nur drei Monate später, am 22. Januar 1682 
veranlasste er bei einer Erneuerung und Verlängerung des Vertrages von 
1681 Frankreich, auch ihm gegenüber die Bedingung einzugehen, keine 
weiteren Reunionen zu machen; im S 3 dieses Vertrages wurde 
nämlich festgesetzt: »Um den Reichsfürsten die Unruhe zu benehmen, 
welche sie über seine Prätensionen empfinden könnten, will der König, 
obschon es ihm leicht ist, seine (Gerechtigkeit auf mehrere Länder ver- 
möge des Westfälischen und des Nymweger Friedens und der Nymweger 
zwischen seinen und den kaiserlichen Gesandten gehaltenen Konferenzen 
zu erweisen, dennoch, um des Friedens willen, diese seine Prätensionen 
beschränken auf Strassburg und die Länder und Rechte, deren er seit 
dessen Unterwerfung genossen, sowie -alle die Länder, in deren Besitz 
er sich am Tage der Abreise seiner Gesandten zu den Konferenzen 
in Frankfurt befand, und erklärt, für sich und seine Erben auf alle 
Ansprüche am Reichslande verzichtend, dass er nichts weiter unter 
dem Namen von Dependenzen, Reunionen etc. prätendiren wolle, falls, 
was man auch für Rechte von der einen oder anderen Seite nochmals 
auffinden könnte, diese nichtig und ohne Einfluss auf die in diesem 
Artikel gesetzten Grenzen sein sollen«?). Wenn allerdings behauptet 
wird, dass der Kurfürst für die Wohlfahrt des ganzen Reiches ein 
Zugeständnis von unermesslichem Werte erhalten, und sogar, dass er 
in diesem Zeitpunkte das Ziel aller deutschen Patrioten thatsächlich 
erreicht habe, so muss dies als viel zu weit gehend bezeichnet werden); 
schon die nächste Zeit lehrte, dass das Zugeständnis gar nicht ernst 

1) Preuss. Jahrb., Bd. 57, S. 603. 

?) Onno Klopp, das Jahr 1683 und der folgende grosse Türkenkrieg; 1882, 
S, 68. 

3) Môrner, S. 426. 

*) Preuss. Jahrb., Bd. 57, S. 608. 


aaa 


gemeint war, und dass Frankreich sich dadurch nicht von weitern 
Reunionen abhalten liess, ausserdem aber hatte der König sich bereits 
seit einem Vierteljahr zu demselben Zugeständnisse dem Reiche gegenüber 
verstanden. 

Der Kurfürst aber, der einen Reichskrieg gegen das übermächtige 
Frankreich unter allen Umständen vermeiden wollte, schloss seinerseits 
am 14. September 1682 eine Art Rückversicherung mit dem König von 
Dänemark und dem Bischof von Münster in dem Bündnisse zu Neuhauss 
ab; die drei Mächte verpflichten sich danach zu gegenseitiger Unter- 
stützung im Kriegsfalle, wollen aber möglichst zur Aufrechterhaltung 
des Friedens zwischen Frankreich und dem Reiche beitragen. $ 4 
dient dem letzteren Zwecke und lautet: Kontrahenten bemühen sich 
allenthalben (auf betreffenden Separat-Konventen, Reichs- und Kreis- 
tagen, an Höfen etc.), dass die zwischen Kaiser und Reich einerseits 
und Frankreich andererseits schwebenden Differenzen durch einen be- 
ständigen Frieden abgethan werden. 

Dem Bündnisse mit Frankreich trug allerdings $ 6 Rechnung, der 
besagte: »Käme es mit Frankreich zu einer particuliere rupture, ohne 
Reichskonklusum, so wollen Kontrahenten mit ihrem Reichs- und 
Kreis-Kontingent dabei nicht konkurrieren. Erfolgt der Bruch durch 
Reichskonklusum, so bleibt es bei dem, was jeder der Herren Bundes- 
verwandten sich hierüber schon anderwärts deklariert und erboten 
hat«!). Ueber die friedliche Gesinnung aber, welche den grossen Kur- 
fürsten bei diesen Abmachungen leitete, äussert sich der französische 
Gesandte in einem Berichte an den König vom 23. Oktober d. Js.: 
»on peut dire aussi lorsqu'on pénètre dans sa pensée, que la vue qui 
gouverne le plus absolument sa conduite, est la paix«. Aus diesem Be- 
streben wird man daher auch das allerdings befremdende Verhalten 
während der Frankfurter Verhandlungen zu erklären haben, das sonst 
im Gegensatz zu der vorherigen Bekämpfung der Reunionen stehen 
würde; am 9. Dezember 1682 berichtet derselbe Gesandte: »Monsieur 
l'Electeur me répète plusieurs fois, que son sentiment avait toujours 
été, de n’accorder point de prolongation, mais de recommencer ou les 
réunions ou même les conquêtes, et au bout d'un temps, lorsque 
Votre Majesté serait en possession de quelques places, soumettre de 
nouveau ses intérêts au pied des premières propositions, en fixant un 
terme, au-delà duquel elle ne serait plus engagee.«*) Zweifellos waren 
diese »premières propositionse die Vorschläge, welche die Franzosen 


1) Mörner, 5. 433. 
2) Prutz, S. 357. 


266 — 


zu Frankfurt im April 1682 gemacht hatten, und in dem Vertrage 
Frankreichs mil dem grossen Kurfürsten vom Januar d. J. zum Ausdruck 
oekommen waren. 

War der Kaiser schon durch diese Politik des grossen Kurfürsten 
lahmgelegt, so wurde seine Lage noch wesentlich verschlimmert durch 
die täglich dringender werdende Türkengefahr. In dieser Bedrängnis 
aber durchschaute Kaiser Leopold so wenig den wahren Charakter des 
französischen Königs, dass er sich an das gute Herz desselben zu 
wenden beschloss; in einem Schreiben vom 11. Juli 1683 ersuchte er 
den Gresandten, Grafen Crecv, die übergrosse Türkengefahr dem Könige 
vorzustellen und ihn zu bitten, während dieser Gefahr dem Reiche 
keine Schwierigkeiten zu bereiten, was Crecy auch »ganz gutmülig« 
zu thun versprach. Welchen Eindruck die Schrift auf den König 
machte, ergiebt die früher schon angeführte Instruktion an den Gesandten 
Grafen Cheverny vom 10. Januar 1684, in welcher dieser angewiesen 
wird, weder mündlich noch schriftlich etwas von sich zu geben, was 
dem Hofe von Wien die Mittel erleichtern könne, mit den Türken 
Frieden zu schliessen; demgemäss spricht ein neuerer französischer 
Schriftsteller es unumwunden aus, dass der König mittelbar die Türken 
zum Kriege ermunterte: »il voulait bien indirectement exciter les Turcs, 
mais non pas compromettre la couronne tres chretienne par une 
alliance publique avec le turban«!). Auch Rousset weist darauf hin, 
dass die Franzosen in den allgemeinen Jubel von Europa über die 
Errettung Wiens nicht einstimmten, datiert aber von diesem Zeitpunkt 
den Wendepunkt in der Geschichte Ludwig XIV ?). 

Gerade als die Gefahr am grössten war, benutzte sie der König, 
um seine vorläulige Etappe, die bisher vollzogenen Reunionen sicher 
zu stellen; »um sein Entgegenkommen zu beweisen und dem Reiche 
jede Veranlassung zur Sorge zu benehmen«, schlug er am 9. August 1685 
einen 30jährigen Waffenstillstand unter den früheren Bedingungen vor: 
wenn dieser Vorschlag nicht angenommen werde, fügte er hinzu, fiele 
alles der Christenheit erwachsende Uebel dem Reiche zur Last. Diese 
Scheinkonzession des Königs bewirkte in erster Linie das Scheitern 
der zwischen dem Kaiser und dem grossen Kurfürsten eingeleiteten 
Verhandlungen über die Teilnahme des Letztern am Kampfe gegen die 
Türken; Kurfürst Friedrich Wilhelm erklärte sich bereit, 16000 Mann 
oder mehr zur kaiserlichen Armee stossen zu lassen, stellte aber u. a. 
die Bedingung, dass der Kaiser die französischen Vorschläge annehme; 


1) Martin, histoire de France, XIV, S. 13. 
2) Ranke S. W., X, 5. 349, 


ae 


infolge Ablehnung der Bedingungen seitens des Wiener Hofes nahmen 
brandenburgische Truppen an dem Entsatze Wiens nicht Teil, wobei 
dahingestellt bleiben muss, ob das Anerbieten des grossen Kurfürsten 
überhaupt aufrichtig gemeint war!). Der französische Vorschlag wurde 
aber doch nicht völlig abgelehnt, sondern als Basis für die weiteren 
Verhandlungen angenommen; wovon am 31. August dem französischen 
Bevollmächtigten entsprechend Mitteilung gemacht wurde. 


Die Verhandlungen zogen sich aber, infolge des schwerfälligen 
Reichstags-Apparates, in gewohnter Weise weiter in die Länge; als 
jedoch endlich, am 10. März 1684 die Zustimmung von Kaiser und 
Reich den französischen (Gesandten ausgesprochen werden konnte, 
erhoben diese neue Schwierigkeiten, und suchten den Abschluss zu ver- 
hindern, da inzwischen der König zu neuen Gewaltthaten zu schreiten 
sich entschlossen hatte. Seine Stellung gegenüber dem Reiche war 
inzwischen eine noch günstigere geworden durch den Abschluss eines 
neuen Allianzvertrags mit dem grossen Kurfürsten, durch den dieser 
sich verpflichtete »de ne jamais permettre, autant qu'il dépendra de 
lui, que l’on prenne de la part de l’empire une résolution unanime 
tendante à une guerre contre la France directement ou indirectement«?). 


Am 23. Mai 1684 erhielt der Reichstag Kenntnis von der Be- 
lagerung Luxemburgs;?) am 21. Juni ward ihm der Anmarsch eines 
fliegenden Corps gegen Köln mitgeteilt. Durch Kommissionsdekret 
vom 12. Juni teilte der Kaiser dem Reichstage mit, dass er der Gefahr 
des Falles Luxemburgs an Frankreich »mit altem deutschen Löwen- 
mut zuvorzukommen entschlossen seit). Wenige Tage später, am 26., 
musste er aber von dem Verluste der Stadt dem Reichstage Kenntnis 
seben, wobei er ein Reichsgutachten einforderte, durch welche Mittel 
der fernere französische Einbruch zu verhindern sei. Trotz des offenen 
Friedensbruches gegen das verbündete Spanien wurde aber in Regens- 
burg ruhig weiter verhandelt. Die Verhandlungen wurden auch nich! 
abgebrochen, als bald nachher eine ähnliche Gewaltthat gegen das 
eich selbst erfolgte. Auf Veranlassung des Erzbischofs von Köln, 
Bischofs v. Lüttich, rückte eine bei der Belagerung Luxemburgs be- 

1) Erdmannsdörffer, I, 5. 680 {f. 

2) Erdmannsdörffer, I, S. 690; der Vertrag wurde hiernach im Februar 1684 
abgeschlossen, aber auf den 25. Oktober 1683 zurückdalirt. 

3) s. weiter unten. 

4) Dieses und das Folzende unter Benulzung von Pachner von Eggenstorff, 
IL: daneben wurde für die Frankfurter Verhandlungen besonders Ranke S. W. N 
benutzt. 


Ben, 


teiligte Truppenabteilung von hier nach dem Reichsbistum Lüttich und 
besetzte die Hauptstadt; der Befehlshaber liess darauf beide Bürger- 
meister hinrichten und beseitigte die Freiheiten, welche die Bürgerschaft 
segenüber dem Bischofe im Laufe der Zeit gewonnen hatte. 
Ungünstig für das Reich war es, dass die Generalstaaten am 
29. Juni einen 20jährigen Waffenstillstand mit Frankreich eingegangen 
waren. Die Forderung der deutschen Bevollmächtigten gleichfalls 
auf 20 statt 30 Jahre abzuschliessen, wurde französischerseits zwar 
angenommen; dagegen wurde die weitergehende Forderung, nur den 
Stillstand anzunehmen, die Bedingungen jedoch, unter denen die 
dem König einstweilen überlassenen Länder von ihm regiert werden 
sollten, erst später festzusetzen war, von den Franzosen abgelehnt. 
Deutscherseits wurde nunmehr ein die Einzelheiten in 15 Artikeln 
regelnder Vertragsentwurf aufgestellt, und am 31. Juli den Fran- 
zosen vorgelegt. Nach $ 2 sollten nicht nur alle nach dem 1. August 
1681 reunierten Gebiete zurückerstattet werden, sondern auch Alles, 
was vor diesem Termin nicht durch Spezial-Spruch der Kammer 
sondern nur »als wenn es pertinencia von den reunierten Stücken 
von Alters her gewesen, von den Beamten und Truppen that- 
sächlich in Besitz genommen worden seie. Da, wie bei Erörterung 
der Thätigkeit der Kammer nachgewiesen, dieses der grössere 
Teil der Reunionen war, dachte der König natürlich nicht entfernt 
daran, hierauf einzugehen. Graf Crecy erklärte diese Forderung für 
unannehmbar, und stellte den Beginn der Feindseligkeiten in Aus- 
sicht, falls nicht bis zum 15. August eine Einigung erzielt sei. Diese 
Terminsetzung hatte günstigeren Erfolg als die früheren ähnlichen 
Versuche; mit dem 8. August begannen mündliche Verhandlungen 
auf Grund eines von Crecy vorgelegten Entwurfes; die Franzosen 
nahmen den Saal, die Kaiserlichen zugleich mit Vollmacht seitens 
Spaniens betraut, das Refektorium des Dominikanerklosters zum Aufent- 
halt. Erregte Verhandlungen folgten; von Seiten des Reiches wurde 
verlangt, der König solle die Souveränität in den ihm vorläufig zuge- 
standenen Gebietsteilen nur im deutschen Sinne ausüben, keine neuen 
Befestigungen anlegen, keine neuen Zölle und Steuern auflegen, das 
Reichsgericht anerkennen; französischerseits wurde auch dieses abge- 
lehnt und nur zugestanden, dass die betroffenen Reichsfürsten nicht 
dem Könige’ selbst die Huldigung zu leisten brauchten; auch wurde 
den Protestanten die freie Religionsübung und Erhaltung ihrer Schulen 
und Lehrer zugestanden. Nunmehr war die letzte Nacht heran- 
gekommen; kurz vor Mitternacht erklärte Crecy, wenn man seine 


Bedingungen nicht annehme, werde er nach Mitternacht mit ganz 
anderen hervortreten; diesem Drängen war inzwischen grösserer Nach- 
druck gegeben worden, indem der König 120 Eskadrons in das Elsass 
hatte einrücken lassen; »Sa Majesté a crû qu'il ne pouvait qu'être à 
propos, de leur montrer une armée sur le Rhin, pour les obliger à 
conclure promptement<.') In der That erfolgte die Zusage der Kaiser- 
lichen gerade noch vor Mitternacht, die Unterschrift am folgenden 
Tage’). Am 15. August 1684 wurde demnach ein Waffenstillstands- 
vertrag auf 20 Jahre abgeschlossen ; in demselben war die entscheidende 
Streitfrage wiederum umgangen und durch eine verhängnisvolle Zwei- 
deutigkeit der französischen Auffassung voller Spielraum gewährt. Die 
massgebenden Punkte dieses Vertrages, soweit sie auf die lothringischen 
Reunionen Bezug haben, lauten: 

$ 4. Ideo durante hoc viginti annorum armisticio sacra christia- 
nissima Maiestas permaneat in libera quietaque possessione 
omnium quarumque ditionum et locorum, quae usque ad primum 
Augusti 1681 vigore sententiarum tribunalium Metensis, Brisacensis ut 
et Vesontini occupata sint. 

S 6. Restituet vero sacra christianissima Maiestas imperio omnia illa 
loca, quorum possessionem post primum Augusti 1681 sibi vindicaverit... 
si quid vero sine auctoritate dictorum tribunalium Metensis et Brisa- 
censis, ut et Vesontini, quod aliunde ad regem christianissimum non 
pertineret, ante 1. Augusti 1681 tantum nuda et simplici via facti 
occupatum esset, id quoque sacra christianissima Maiestas restituet. 

Da durch jeden Kammerbeschluss die Zugehörigkeiten mit reunirt 
worden waren, die Reunionen ohne Kammerbeschluss aber durch die 
Zugehörigkeit zu irgend einem der reunirten Gebiete fast stets motivirt 
worden waren, so musste die zweideutige Fassung alle französischen 
Ansprüche befriedigen; wenn in einzelnen Ausnahmefällen, z. B. für 
die rheingräflichen Besitzungen, die Zugehörigkeit nicht hätte festgestellt 
werden können, so gab der Absatz »quod aliunde« die Möglichkeit 
die Rückgabe zu verweigern. 

Das Herzogtum Lothringen, welches allein durch wirkliche Kammer- 
beschlüsse nach dem 1. August 1681 betroffen worden war, wurde in 
dem Vertrage nicht berücksichtigt, wie der Wortlaut des $ 6 beweist, 
Die Absichten Frankreichs hinsichtlich dieses erhellen aus der Instruktion, 


1) Rousset, S. 267; nach einem Briefe Louvois an den Marschall Créqui 
vom 11. August. 

?) Ranke S. W., X, S. 355; nach einem mémoire in den Spahnheim’schen 
Akten. 


hu ll à — 


welche dem (resandten in Wien Grafen von Vauguyon am 24 Ok- 
tober 1685 erteilt wurde!); danach sollte dieser jede Hoffnung be- 
seitigen, als könne der Herzog in irgend einen Teil seines Landes 
zurückkehren; das Herzogtum müsse als eine von der französischen 
Krone untrennbare Provinz Frankreichs angesehen werden. Dieselbe 
Instruktion ward mit nahezu gleichen Worten dem Gesandten, Grafen 
von Lusignan, vom 6. September 1087 wiederholt?). 

Nach Allem musste daher mit Bestimmtheit angenommen werden, 
dass von den gesamten Reunionen auch nicht das Geringste von 
Frankreich herausgegeben werden würde; der Vertrag, der im Sep- 
tember vom Kaiser, im November von Frankreich ratifiziert wurde, 
bedeutete daher für dieses die aller Voraussicht nach endgültige Be- 
hauptung aller reunirten reichsständigen Gebiete, war daher ein gross- 
artiger Erfolg, vielleicht die wertvollste Erwerbung, welche Frank- 
reich auf unkriegerischem Wege jemals gemacht hat. 

Von den ausserhalb des Reiches durch die Reunionen betroffenen 
Fürsten hatte besonders Wilhelm III. von Oranien eine gegen Frankreich 
gerichtete Aktion ins Werk zu setzen gesucht. Auf sein Betreiben 
war im März 1681 zwischen den Niederlanden und Schweden, dessen 
König durch die Reunion von Zweibrücken benachteiligt worden, der 
sogenannte Assoziations-Vertrag geschlossen worden, der eine grössere 
Bedeutung gewann, als noch im gleichen Jahre der Kaiser und der 
König von Spanien ihm beitraten. 

Letzterer war inzwischen mit Frankreich in noch ernstlichere 
und weniger unblutige Verwicklungen als das Reich geraten. Der 
diplomatische Krieg zwischen beiden Mächten hatte auch nach dem 
Frieden zu Nymwegen ohne Unterbrechung fortgedauert und zunächst 
zu einer Uebervorteilung Spaniens in der Grafschaft Namur geführt. 
In dem Friedens-Vertrage war die eigentümliche Bestimmung enthalten, 
dass Frankreich entweder die Stadt Charlemont von Spanien oder 
die dem Bistum Lüttich gehörende Stadt Dinant durch spanische Ver- 
mittlung erhalten solle. Durch geschickte und rücksichtslose Mass- 
regeln hatte der Marschall Humiere im April 1680 in den Besitz beider 
Städte sich zu setzen gewusst; »les Espagnols dupés se plaignirent 
de ce mauvais tour; on se moqua d’eux«?°). 

Dieser erste Erfolg des Krieges im Frieden (paix conquérante 
oder conquête pacifique nennt ihn Rousset) steigerte natürlich in hohem 

1) Sorel, recueil, I, S. 106. 


?)- Sorel, recueil, I, S. 117. 
8) Rousset, III, S. 14. 


Grade die Unternehmungslust des Königs und beeinflusste die Verhand- 
lungen der Friedens-Exekutions-Kommission, welche im Dezember 1679 
zu Courtrai zusammengetreten war. Da es sich vornehmlich um Rück- 
gabe französischerseits okkupierter Gebietsteile handelte, erhielten die 
(resandten die Anweisung, die Verhandlungen möglichst in die Länge 
zu ziehen; »il était de l'intérêt du roi, sans que cela parut, de ne pas 
pousser diligemment les affaires de la conférence « !). 
Diese Weisung wussten die Gesandten trefflich zu befolgen ; 
»idylle politique, symétriquement alternée comme les dialogues des 
bergers de Virgile»?) nennt der Biograph Louvois auf Grund ihm vor- 
liegender Akten die Verhandlungen. Diese Konferenz war daher ganz 
wie geschaffen, um die Regelung, das heisst die Verschleppung der 
aus den Metzer Reunionen zwischen Frankreich und Spanien ent- 
standenen Streitigkeiten zu bewirken. Diese knüpften an die am 
21. April 1681 ausgesprochene Reunion der spanisch-niederländischen 
Grafschaft Chiny an; die Kommissare Ravaulx’ hatten nach der 
Theorie der Zugehörigkeiten deren (Gebiet bis zum Glacis der Festung 
Luxemburg ausgedehnt, und sich nach und nach in den Besitz fast 
des ganzen Herzogtums gesetzt). 
Von dem Könige von Spanien aber, der in den Verlust von 
Chiny sich bereits gefunden hatte, war die Huldigung auch für die ihm 
als Afterlehen von Chiny abgenommenen Gebietsteile verlangt worden. 
Naturgemäss wurde dies verweigert, der französische Vorschlag aber 
angenommen, die Streitfrage der in Courtrai versammelten Exekutions- 
Kommission für den Nymwegener Frieden zu übertragen, wodurch diese 
den Charakter eines dem Frankfurter ähnlichen Kongresses annahm. 
In Courtrai wurde indessen nicht nur den berechtigten Beschwerden 
Spaniens in keiner Weise Rechnung getragen, vielmehr erhoben die 
französischen Bevollmächtigten nunmehr auch Forderungen auf namhafte 
Teile der spanisch-niederländischen Provinz Flandern, insbesondere die 
Burggrafschaft (bourggraviat) Gent, die Bezirke Alost, Beveren, Gram- 
mont, Ninove, Lessines und einen Teil von Quatre-métiers, anscheinend 
um sie später als Aequivalent für die reunirten luxemburgischen (tebiete 
auszutauschen. Zur Rechtfertigung dieser Gewaltthat stellte der franzö- 
sische Kommissar Favier die ungeheuerliche Behauptung auf: »que la 
paix n’annulle pas le droit de conquête, si ce n'est pour les places 
dont les traités ordonnent la restitution en termes precis«. 
7 1) Brief Louvois’ an den Gesandten Le Peletier bei Rousset, Ill, S. 16. 

?) Rousset, III, S. 16. 

3) 5. S. 240. Das Folgende nach Rousset, I, S. 217 I, auf Grund des 
Briefwechsels Louvois’. 


a, 


Da Spanien in gleicher Schwäche wie das Reich solche Forderungen 
nicht durch sofortigen Abbruch der Verhandlungen beantwortete, ging 
Frankreich seinerseits zu Gewaltthätigkeiten über. Die Truppenteile, 
welche die nächste Umgebung der Festung Luxemburg als dem Könige 
gehörig besetzt hielten, begannen den Verkehr aus und nach der Stadt 
zu erschweren und zu stören; allmählich gingen diese Belästigungen 
in das völlige Abschneiden der Festung von der Aussenwelt, im die 
förmliche Blokade über; Luxemburg war thatsächlich im Frühjahr 1682 
ohne vorherige Kriegserklärung belagert. In einer von Louvois inspi- 
rierten Flugschrift wurde aber ausgesprochen, der König wolle trotz 
der Blokade nicht den Frieden brechen, sondern nur den Besitz 
einiger anderer Gebiete, wie Alost, welche die Spanier ihm vorent- 
hielten, sich sichern; die Absichten des Königs wurden also geradezu 
umgedreht. Trotz des angeblichen Friedenszustandes wurde aber einer 
spanischen Fouragierung mit den Waffen entgegen getreten; der 
Zwischenfall konnte nur mühsam unter Vermittlung des Königs von 
England beigelegt werden. Spanien musste sich entschuldigen und eine 
Geldentschädigung an Frankreich zahlen. 


Wider Erwarten erfolgte plötzlich im März 1682 die Aufhebung 
der Belagerung; sie wird damit in Verbindung gebracht, dass der König 
zu dieser Zeit den Plan gefasst hatte, den Dauphin zum König und 
voraussichtlichen Nachfolger Kaiser Leopolds designieren zu lassen), 
wofür er nicht nur auf alle Reunionen verzichten, sondern sogar in 
die Rückgabe des Herzogtums Lothringen, der drei Bistümer und des 
Elsass willigen wollte. Eine besondere Bedeutung gewinnt in diesem 
Zusammenhange der Vertrag zu St. Germain vom 25. Oktober 1679 
zwischen Frankreich und dem grossen Kurfürsten, dessen $ 12 lautet: 
»Der Kurfürst verspricht in diesem Falle (bei etwaiger Königswahl) 
Niemanden als dem König seine Stimme zu geben, und wenn das 
nicht gelänge, dem Dauphin, auch in alle Wege dafür bei den andern 
Kurfürsten zu wirken.« 

Der Biograph Louvois’ bezeichnet diese plötzliche Aufhebung als 
einen »coup de Theätre«, giebt aber auch als Grund die Anwartschaft 
des Dauphin für die Thronfolge im Reiche an, die infolge der grossen 
Macht, die der König dem Reiche zugeführt haben würde, nach seiner 
Auffassung wohl annehmbar hätte scheinen können’). Wenn aber 
aus dieser nicht wegzuleugnenden Bewerbung von Onno Klopp die 

1) Martin, histoire de France, XIV, S. 19. 

?) Rousset, III, Ss. 223. 


Behauptung abgeleitet wird, dass sie »der eigentliche oder doch haupt- 
sächliche Zweck der Reunionen gewesen seir, so beweist auch diese 
Auffassung die völlige Unbekanntschaft des Verfassers mit der Ent- 
stehung und Entwicklung der Reunionstheorie. 

Die Aufhebung der Belagerung erregte in ganz Europa Aufsehen, in 
Spanien die lebbafteste Freude, in Frankreich aber grosses Missver- 
snügen. Man warf dem Könige vor, schwer gegen die Politik sich 
versündigt zu haben; man tadelte ihn, weil er die Vorteile ausser 
Acht gelassen habe, die das Glück und die Gunst der Verhältnisse 
ihm boten. Inzwischen waren die Verhandlungen in Courtrai in der 
bisherigen Weise fortgesetzt worden, zumal der König als Vorwand 
für die Einstellung der Feindseligkeiten vorschützte, er wolle Spanien 
nicht hindern, dem Kaiser gegen die Türken Hilfe zu leisten; im 
Januar 1683 erkannte Ludwig XIV. aber die Aussichtslosigkeit seines 
Vorhabens für die Nachfolge im Reiche; er entschied sich nunmehr 
für energisches Vorgehen in Flandern, hoffte aber auch hier ohne 
Krieg im Wege der einfachen Okkupation sein Ziel zu erreichen. Ohne 
Kriegs-Erklärung drang am 1. September 1683 ein Heer von 40000 Mann 
in Flandern ein; Spanien erklärte nunmehr seinerseits am 26. Oktober 
den Krieg, was der König mit der gewaltsamen Wegnahme von Courtrai 
und Dixemuden in der ersten Hälfte des November beantwortete. Im 
Dezember drang das französische Heer bis Bruges und Nieuport vor, 
wurde dann aber durch den Eintritt der schlechten Jahreszeit an 
weiteren Erfolgen verhindert. Auch eine zweite Unternehmung segen 
Luxemburg beschränkte sich auf ein ergebnisloses Bombardement der 
Festung am 19. Dezember, hervorgerufen angeblich durch Feindselig- 
keiten der Festungs-Besatzung; »sous prétexte de punir les courses de 
la garnison sagt ein zeitgenössischer Geschichtschreiber ‘). Im Früh- 
jahr 1684 folgte das Bombardement von Oudenarde und endlich die 
zweifellos dem ganzen Feldzuge als Endziel zu Grunde liegende Er- 
oberung der Festung Luxemburg, die in den letzten Tagen des April 
durch eine Truppenabteilung des Marschall Créqui eingeschlossen wurde?) ; 
am 8. Mai begann der Parallelen-Angriff unter Leitung Vaubans, am 
10. Mai das Bombardement, am 1. Juni war der Angrilf soweit vor- 
seschritten, dass die Capitulation zuerst allerdings unter nicht annehmbar 
erscheinenden Bedingungen angeboten ward; am 3. Juni erfolgte aber 
die Einigung, am 4. Juni die Uebergabe der Festung an Frankreich. 


1) [,imiers histoire du règne de Louis XIV. IV. 
2, Den Verlauf der Belagerung im Einzelnen s. bei Rousset Ill, S. 246 IT. 


IS 


— 214 — 


Während dieser Ereignisse hatten die mit Spanien verbündeten und 
zur Stellung eines kleinen Hilfskorps verpflichteten Generalstaaten sich 
sehr lau gezeigt; am 29. Juni schlossen sie selbständig mit Frankreich 
einen 20jährigen Waffenstillstand, mit der Verpflichtung, Spanien zum 
Beitritt zu veranlassen unter der Bedingung, dass dieses die besetzten 
flandrischen Plätze zurückerhalten, dagegen Luxemburg mit 14 oder 15 
umliegenden Dörfern, Chimay!) mit ebensovielen Ortschaften, ferner 
Bouvigne und Beaumont Frankreich überlassen sollte. Auf Grund 
dieser Bedingungen wurde der Walfenstillstand mit Spanien am 15. August 
dem gleichen Tage wie mit dem Reiche abgeschlossen, Flandern von 
den Franzosen geräumt, das dortige Truppenkorps nach dem Rhein 
gezogen. Man wird daher kaum fehlgehen, wenn man die ganze 
flandrische Unternehmung nur als ein Mittel ansieht, die Metzer Reunionen 
Spanien gegenüber zu sichern und durch die Besetzung von Luxem- 
burg zu vervollständigen. Jedenfalls war, wie dem Reiche so auch 
Spanien gegenüber ein grosser Erfolg erzielt; in der Hauptsache be- 
durfte es nur noch eines glücklichen Vorstosses gegen die Generalstaaten 
und das Kurfürstentum Köln und das Hauptziel, die Erwerbung des 
sanzen linken Rheinufers war der französischen Krone gesichert. 

Wenn dergestalt das Reunions-Unternehmen zunächst mit einem 
grossen Erfolge Frankreichs, mit einer Niederlage aller seiner Gegner 
abschloss, so hatte es doch eine günstige Folge für das Reich gehabt, 
die Durchführung der Reichskriegsverfassung von 1681, die wohl nur 
unter dem Druck der von Frankreich verübten und noch weiter zu 
erwartenden Vergewaltigungen zu Stande kam?). Der Normalbestand 
des deutschen Reichsheeres, für welches immer noch die alte Matrikel 
von 1521 die Grundlage war, wurde auf die Zahl von 40000 Mann, 
28000 Infanterie, 10000 Reiterei, 2000 Dragoner erhöht, die Aufbringung 
und eventuelle Vervielfachung organisatorisch sicher zu stellen gesucht. 

Wenn diese Reform immer noch eine höchst unvollkommene war, 
so wird sie doch, wie Erdmannsdörffer treffend sagt, bei der gegebenen 
Beschaffenheit der deutschen Reichsverfassung und bei der Gewalt der 
vorhandenen centrifugalen Kräfte, vielleicht die best erreichbare ge- 
wesen sein ?). 

IV. 
Der Friede zu Ryswick. 

Trotz aller schlimmen Erfahrungen erkannte der Kaiser noch immer 
die wahre Natur und die Absichten des französischen Gegners so wenig 

1) Stadt, südlich von Maubeuge gelegen. 


?) Ueber die Verhandlungen s. Fester, die armirten Stände. 1886. S. 29. 
#) Erdmannsdörffer, I, S. 657. 


| 
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1 
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dass er einem Gesuche des Herzogs von Lothringen nachgebend, dem Reichs- 
tage empfahl, ein »bewegliches« Zuschreiben an den König zu erlassen, 
um die Restitution des Herzogs in sein Land zu erwirken'). Auch 
hinsichtlich des Waffenstillstands-Vertrags hatte er sich gründlich ge- 
täuscht, wenn er glaubte, Frankreich werde auch nur den kleinsten 
Teil seiner Beute fahren lassen. Dass der König nicht im Entferntesten 
daran dachte, zeigte sich alsbald bei Durchführung des Vertrages. Es 
war nämlich festgesetzt worden, dass die Grenzscheidungen durch be- 
sondere Commissare vorzunehmen sein sollten ; die Durchführung dieser 
Bestimmung, an der naturgemäs die Franzosen kein Interesse hatten, 
wurde aber auch von den Reichsorganen so lässig betrieben, dass erst 
zwei Jahre später, am 26. Oktober 1686 vom Reichstage in einem 
Gutachten Regensburg als Ort für die Zusammenkunft der Commissare 
vorgeschlagen wurde; wieder nach mehr als einem halben Jahre wurde 
der Reichstag durch Kaiserliches Kommissions-Dekret vom 4. Mai 1687 
um schleunige Fortsetzung der »Armistiz-Exekutions und Limiten- 
Traktaten« ersucht. Inzwischen blieb Frankreich nicht nur im unge- 
störten Besitze aller reunierten Gebiete, sondern schritt durch Geltend- 
machung der bekannten pfälzischen Erbschaftsansprüche, welche teil- 
weise auf dem Wege der Zugehörigkeiten bereits reunierte (Gebiete 
betrafen, wie Lauterecken und: Sponheim und sogar durch Erweiterung 
der Reunions-Gebiete unentwegt seinem Ziele weiter entgegen. Mehrere 
Kundgebungen beweisen das Letztere; in einem Schreiben an den 
Papst vom 7. Februar 1687 beklagt der Kaiser sich darüber, dass 
Frankreich darauf ausgehe, dass ihm Alles, was es sowohl vor, wie 
nach dem Waffenstillstands-Vertrage besetzt habe, recht- 
mässig abgetreten werde; ebenso sagt der Kaiser in einem Commissions- 
Dekrete vom 1. November 1688 an den Reichstag, dass trotz des 
Vertrages vom August 1684 Frankreich dem Reiche einen Ort nach 
dem anderen weggenommen habe. 

Inzwischen aber hatte die Lage des Reiches sich wesentlich zum 
jessern gewendet. Im Türkenkriege wurden die kaiserlichen Fahnen von 
Sieg zu Sieg getragen ; zugleich aber bereitete sich ein Umschwung in der 
Politik des Grossen Kurfürsten vor, der doch erkannt haben mochte, dass 
Frankreich seine Stellung weniger als die eines geachteten Verbündeten, 
denn als eines dienstpflichtigen Vasallen auffasste, ohne den gehofften 
und verheissenen Lohn ihm zuzuwenden. Schon das im Juni 1685 
dem Kaiser gemachte Anerbieten, ihn mit wenigstens 16000 Mann 


I, Dies und die Reichstagsverhandlungen vor dem Kriege unter Benutzung 
von Pachner von Eggenslorf, Il. 
15* 


sesen die Türken zu unterstützen wurde trotz der entscheidenden 
Rücksichtnahme auf die französischen Interessen von Ludwig XIV. als 
eine Entfremdung aufgefasst; der König sah in dem Versprechen die 
Vorbereitung zum Verlassen des französischen Bündnisses und liess 
dem Kurfürsten deshalb die ernstesten Vorhaltungen machen. Am 
23. August 1685 aber wurde vom Grossen Kurfürsten die bis dahin 
unbeachtet gebliebene Defensiv-Allianz vom 8. März 1678 mit den 
Niederlanden erneuert und verlängert!). Frankreich erhob auch hier- 
gegen Einspruch und verlangte vom Kurfürsten eine Deklaration, ähn- 
liche Verträge für die Folge nur mit Zustimmung des Königs schliessen 
zu wollen. Diese Forderung und die gleichzeitige Aufhebung des 
Edikts von Nantes führten den völligen Bruch herbei; am 22. März 1686 
schloss der Kurfürst mit dem Kaiser zu Berlin ein 20 jähriges »geheimes, 
allgemeines, insbesondere aber gegen Frankreich gerichtetes Defensiv- 
Bündniss«, dessen $ 4 lautet: »Wenn danach das Reich oder ein Glied 
desselben von auswärtiger Macht angegriffen würde, unter dem Namen 
von Reunionen, Dependenzen etc., so benehmen sich Kontrahenten 
sofort unter einander, wie solchem zu begegnen, auf dass das Reich 
nicht gekränkt oder verkürzt, und dem Beleidigten gebührende Satis- 
faktion werde.« Nach $ 8 sollte der Kaiser dem Kurfürsten eventuell 
mit 12000 Mann, der Kurfürst dem Kaiser mit 8000 Mann helfen, 
beiderseits auf eigene Verpllesung und Kosten; $ 9 nahm eine etwaige 
Verstärkung dieser Hülfstruppen in Aussicht ?). 

"Wenige Monate später gelang der kaiserlichen Diplomatie die Er- 
neuerung und Erweiterung der im Juni 1685 abgelaufenen Luxemburger 
Allianz; am 9. Juli 1686 wurde zu Augsburg ein Bündniss-Vertrag 
zwischen dem Kaiser, Spanien, Schweden und einer grössern Zahl 
von Reichsständen geschlossen, dem in nächster Zeit noch weitere 
*eichsstände beitraten; die Spitze dieser gleichfalls zunächst geheim 
gehaltenen Bündnisse war wie das Berliner gegen Frankreich gerichtet. 
Der König, dem die Abmachungen nicht verborgen bleiben konnten, 
musste daher jetzt mit der Eventualität zu rechnen anlangen, seine 
Erwerbungen mit den Walfen verteidigen zu müssen. 

Zunächst aber machte er noch einen Versuch, auf unblutige 
Weise zum Ziele zu gelangen, indem er den Papst zum Vermittler 
zwischen Frankreich und dem Reiche anrief. In einem Kommissions- 
Dekret vom 2. April 1687 giebt der Kaiser dem Reichstage Kenntnis 


') Näheres s. Erdmannsdörffer, I, S. 701 ff. 
2) Mörner, S. 481. 


one 


von dem Inhalt eines Vorschlages, den der Künig an den Papst ge- 
richtet habe, und von seiner unter dem 7. Februar 1687 darauf 
erteilten Antwort. Der König hatte danach den Vorwurf erhoben, 
dass das Reich mit den Türken Frieden zu schliessen suche, um 
sich mit voller Kraft gegen Frankreich wenden zu können; zu dem 
Zwecke habe der Kaiser das Bündnis zu Augsburg geschlossen; er, 
der König, verlange daher, dass der Waffenstillstand vor Ende März 
in einen endeültigen Frieden verwandelt werde, und zwar ohne 
die geringste Veränderung (senza la minima alterazione) des ersteren: 
er bitte den Papst, in diesem Sinne die Vermittlung zu übernehmen. 
In seiner an den Papst gerichteten Erwiderung schlug der Kaiser 
zum ersten Male in diesen ganzen Verhandlungen einen festen und 
würdigen Ton an; unter bestimmter Ablehnung des kurzen Termins, 
als gegen die Abmachungen des Waffenstillstands - Vertrages ver- 
stossend, verlangt er Aufschub aller Verhandlungen bis zur Been- 
disung des Türkenkrieges. Zugleich richtet er ein Schreiben an den 
König, in welchem er die strikte Wiederherstellung des Zustandes vom 
1. August 1681 forderte, unter Rückgabe aller, nach diesem Zeitpunkte 
reunirten Gebiete, da nicht ersichlich sei, wie ohne Verletzung der 
öffentlichen Treue und ohne jede Prüfung des Rechtes Abtretungen 
sefordert werden könnten. Hierauf musste der König den Krieg für 
unvermeidlich halten, wollte aber anscheinend noch Zeit für weıtere 
Rüstungen und Befestigungen gewinnen; am 6. März 1687 erwiderte 
er dem Kaiser, dass bei dem Anrechte auf grössere Forderungen er 
den Vertrag vom 15. August nur aus Edelmut und Frömmigkeit, (par 
senerosite et piété) im Hinblick auf die Türken-Gefahr geschlossen 
habe; trotzdem wolle er von dem Verlangen sofortiger Umwandlung 
in einen endgültigen Friedens-Vertrag Abstand nehmen, in der Voraus- 
setzung, dass auch der Kaiser den Walfenstillstands-Vertrag unver- 
brüchlich halten werde, und dass die fortgesetzt zu Regensburg gegen 
ihn erhobenen Klagen, und die von Frankreich im Elsass bei Hüningen 
und auf der Insel Gisenheim (Fort Louis) errichteten Befestigungs- 
Anlagen nicht zum Vorwande für den Bruch des Wallenstillstandes 
genommen werden würden. 

Hierbei beruhigte sich der Kaiser zunächst wieder, bis die Er- 
bauung der Festung Montroyal im reunierten Mosel-Lande, inner- 
halb der früheren Grafschaft Sponheim ihn aus seiner Vertrauens- 
seliskeit aufrüttelte. Im Juni 1687 hatte der König s„egenüber 
Trarbach mit dem Bau dieser grossen Festung begonnen und seither 
unaufhörlich mit 50000 Mann unter starker Besetzung der Pässe der 


Be, 


Eifel und des Hundsrückens daran arbeiten lassen!). In einem Kom- 
missions - Dekret vom 11. November 1687 machte der Kaiser dem 
Reichstage Mitteilung davon, dass der König, trotz Versicherung der 
Innehaltung des Waffenstillstands-Vertrages »sehr kostbare und weit 
aussehende Fortifikationen unweit Trarbach aufführen lasse, und noch 
weitere Befestigungen zu errichten beabsichtige: dadurch sei die 
»causa possessionis ganz annulirt«, der Waffenstillstand also gebrochen ; 
auch sei Trarbach in der Grafschaft Sponheim gelegen, also weder 
durch den Spruch der Reunionskammer über Veldentz, noch in anderer 
Weise ein Anspruch darauf erhoben; über das dagegen einzuschlagende 
Verfahren wolle der Reichstag ein Gutachten vorlegen. Dieses Vor- 
sehen des Kaisers kam durch den Regensburger Gesandten natur- 
semäss zur Kenntnis Louvois’, welcher der im Bau belindlichen Festung 
Montroyal eine grosse Bedeutung beilegte. Am 18. Mai 1687 hatte er 
in diesem Sinn an den General-Kontrolleur geschrieben: »rien n’est 
plus beau que le poste, que j'ai été à visiter sur la Moselle, qui 
mettra les frontières du roi en telle sûreté, et les électeurs de Cologne, 
Trèves, Mayence et du Palatinat en telle dépendance, que cette 
frontière-ci sera meilleure et plus aisée à défendre que n'est celle de 
Flandre «+ ?). Die Vorbeugungsmassregeln, welche Louvois dementsprechend 
segen das beabsichtigte Einschreiten des Reiches traf, zeugen vielleicht 
mehr als irgend eine andere, bekannt gewordene Regierungshandlung 
von der völligen Skrupellosigkeit des Ministers. In einem Briefe vom 
27. November 1687 an den Präsidenten des Metzer Parlamentes ver- 
langt er von diesem Auskunft über die Besitz-Verhältnisse von Trar- 
bach, wobei er selbst Zweifel über die Berechtigung des Festhaltens 
dieser Reunion gemäss Vertrages von 1684 äussert. Dieser Auffassung 
kann der Präsident nur beigetreten sein, da die Grafschaft Sponheim 
zweifellos zu den nach dem genannten Vertrage zurückzugebenden 
Reunionen gehörte. Um trotzdem den Besitz behaupten zu können, 
befiehlt nunmehr Louvois dem Intendanten La Goupillière 
direkt die Vorlage gefälschter Dokumente; »Il est important 
que, si Vous n’avez pas fait d’impositions sur ce lieu, ou que Vous 
n’en ayez pas gardé des copies, Vous ne laissiez pas de m'envoyer 
des copies d'ordres et d’impositions faites sur la seigneurie de Trar- 
bach et sur quelques autres lieux de la seigneurie de Sponheim, dont 
le roi est en possession, lesquelles Vous daterez entre le 


1) Kurzer Entwurf der vornehmslen französischen Släidte und Festungen 
(in Deutschland); Hamburg, 1695, S. 534. 
?) Rousset, III, S. 344; nach Akten des Kriegsministeriums. 


— 279 — 


premier mai 1681 et le dixieme juillet et que Vous me 
renverrez aussi en même temps, observant de faire en sorte 
que personne ne puisse avoir connaissance de ce que je 
Vous mande«t), 

Diesem Befehle kam der Intendant getreulich nach: er legte eine 
Anzahl Dokumente vor, aus welchen hervorging, dass am 17. und 
20. Mai und am 23. Juni 1681 im Namen des Königs von der Graf- 
schaft Sponheim und im Besondern von Trarbach Besitz ergriffen 
worden sei; er fügt hinzu: »lesquels sont signés des officiers des lieux, 
afin que l’on ne puisse dire que ces pieces aient été faites 
après coup«. 

Wenn demgegenüber der Biograph Louvois’ sagt, man müsste 
glauben, dass diese Dokumente nicht gefälscht seien, so wird es wohl 
kaum Jemanden geben, der dieser Auffassung beitritt. Allerdings hatte 
eine Besitzergreifung im Mai 1681 stattgefunden, wie aus dem früher 
angeführten Briefe des Kapitain Simon sich ergiebt?); hiervon muss 
Louvois auch wohl Kenntnis gehabt haben, da sonst das vorgeschriebene 
Datum des Mai und Juni, mit Rücksicht auf die schon vor mehr als einem 
Jahre vorher stattgehabte Reunion des angeblichen Stamm-Gebietes, näm- 
lich der Grafschaft Veldentz nicht zu erklären wäre. Der Brief Simons trägt 
aber das Datum Lauterecken den 22. Mai 1681; wie aus der Reihen- 
folge zu schliessen, ist Simon von Trarbach zunächst zu Reunions- 
zwecken nach Castellaun gegangen, wo er einige Zeit sich aufgehalten 
haben wird; das Datum des 20. Mai ist daher ebenso unmöglich, wie 
das des 23. Juni, das des 17. Mai zwar möglich, aber nicht wahr- 
scheinlich, zumal die eingehende Beschreibung der Amtsbezirke von 
Trarbach und Castellaun auf einen längern Aufenthalt Simons innerhalb 
dieser schliessen lässt; auch ist wohl anzunehmen, dass Simon, falls 
er solche Besitzergreifungs-Patente hätte ausfertigen lassen, dieselben 
der Kammer früher vorgelegt haben würde. 

Der Zweck Louvois’ wurde aber jedenfalls erreicht; »Les Allemands 
prirent pour bon ce qu'on leur montra, et Vauban continua de fortilier 
Montroyal+ *). 

Bald jedoch erfolgten weitere Rechtsverletzungen seitens Frank- 
reichs, durch Anlage einer Rheinbrücke bei Fort Louis, und Vor- 
bereitung eines Brückenkopfes für dieselbe auf dem rechten Rheinufer; 
von diesen Befestigungen machte der Kaiser dem Reichstage durch 


1) Rousset, Ill, S. 28; nach Akten des Kriegsministeriums. 


> 


2) s, S. 229 und Anhanse. 


°) Rousset, IV, 5. 29. 


Kommissions-Dekret vom 21. August 1688 Mitteilung, da »hierzu nicht 
stillzuschweigen sondern, die Ab- und Einstellung dieser weitaussehenden 
Kontraventionen förderlichst zu begehren sein wirde. 

Inzwischen aber war der König mit seinen Kriegs-Vorbereitungen 
soweit gediehen, um zur Krönung seines Werkes vorgehen zu können; der 
Widerstand, den er bei dem Versuche, das Erzbistum Cüln und das Bistum 
Lüttich mit seinen Anhängern zu besetzen, allerseits fand, hatte ihm 
von Neuem den Beweis geliefert, dass dieses Endziel auf friedlichem Wege 
nicht zu erreichen war. Nur einen Monat nach vorstehender schwächlicher 
Aeusserung des Kaisers und noch vor Eingang des verlangten Reichs- 
gutachtens erliess Louis XIV. sein bekanntes Kriegsmanifest vom 
24. September 1688; am 18. Oktober erfolgte die Antwort des Kaisers, 
in welcher zum ersten Male die Reunionskammern offen und richtig 
charakterisiert werden, »als gewissermassen zum Hohn eingesetzte 
Gerichtshôfe (instituta per ludibrium Metis et Brisaci figura quadam 
iudiciorum)«, in denen französische Beamte in gleicher Person als 
Kläger, Zeugen und Richter verwendet würden. Inzwischen hatte der 
Krieg, dessen Einzelheiten hier nicht zu verfolgen sein werden, bereits 
mit der energischen Offensive Frankreichs begonnen; gleich nach seinem 
Ausbruch wendeten der Herzog von Lothringen und der König von 
Schweden sich in Denkschriften an den Reichstag, um dessen. Unter- 
stützung für die Wiedergewinnung des Herzogtums Lothringen bezw. 
Zweibrückens zu erlangen; im Reichsgutachten vom 19. August und 
22. September spricht der Reichstag sich zu deren (Gunsten aus, 
welcher Entschliessung der Kaiser beitritt. Zweifellos waren Kaiser 
und Reich dem bald darauf (1690) verstorbenen Herzoge Karl V. von 
Lothringen zu hohem Danke verpflichtet; andererseits aber sollte das 
warme Eintreten für ihn in den Friedens-Verhandlungen Deutschland 
teuer zu stehen kommen. 

Die Ereignisse der ersten Kriegsjahre nahmen aber, trotz zeil- 
weiliger grosser Erfolge weder militärisch noch politisch den von 
Louis XIV. erhofften Verlauf; auch die spanische Erbfolgefrage warf 
möglicherweise ihren Schatten schon voraus; jedenfalls machte sich 
frühzeitig beim Könige eine gewisse Friedens-Neigung geltend, die bald 
sogar zu Anerbietungen von Gebiets-Rückgaben seinerseits führen sollte. 
Vermittlungs-Versuche des Königs von Schweden 1691 und des Papstes 
Innocenz VII. 1691, beide vielleicht schon von Ludwig XIV. veranlasst), 
blieben zunächst erfolglos; in der Antwort, welche er unter dem 20. Januar 
dem Papste erteilte, giebt Kaiser Leopold zum ersten Male 


1) Neuhaus, der Friede zu Ryswick, 1873; 5. 6 ff. 


281 — 


der Ansicht Ausdruck, dass der König die Grenzen Frank- 
reichs bis an den Rhein ausdehnen wolle. Infolge der un- 
günstigen Lage, in welcher sich dieser, vornehmlich infolge der Er- 
schöpfung Frankreichs befand, wendete er sich im Juli 1693 mit dem 
Ersuchen um Friedens-Vermittlung an den König von Schweden. 

Die Verhandlungen'), welche erst nach vier Jahren in dem Frieden 
zu Ryswick zum Abschluss kommen sollten, tragen einen für Deutsch- 
land weit würdigeren und ehrenvolleren Charakter, als alle bisherigen, 
die Reunionen betreffenden; schon in dem erwähnten Vermittelungs- 
Gesuche erbietet der französische König sich zu weitgehendeg Zuge- 
ständnissen; Montroyal und Trarbach sollten geschleift und zurück- 
gegeben, auf alle Erwerbungen innerhalb der Pfalz verzichtet werden; 
für die Prüfung der übrigen Reunionen schlug der König ein neues 
Schiedsgericht vor; könne dasselbe sich nicht einigen, so solle die 
Republik Venedig einen endgültigen Schiedsspruch fällen. Hinsichtlich 
des Herzogtums Lothringen sollten die Festsetzungen des Nymweger 
Friedens in Geltung treten, die Zustimmung des Herzogs aber durch 
eine anderweitige Entschädigung auf Kosten Frankreichs erzielt werden. 
Noch weiter gehende Zugeständnisse liess der König im folgenden 
Jahre, nach dem Verluste Namurs, durch seinen Gesandten Amelot 
dem Könige von England anbieten, wobei er sich u. a. zur Rückgabe 
von Luxemburg und Strassburg verstehen wollte. Auf dieser Grundlage 
1694 abgehaltene Vorbesprechungen in Steckborn und Maëstricht 
führten aber wieder zu keinem Ergebnisse?), ebensowenig ihre Wieder- 
aufnahme zu Padua 1696, da der Kaiser von höchstem Misstrauen 
gegen Frankreich erfüllt war; anscheinend hatte er von der Instruktion 
gehört, welche Ludwig XIV. seinen nach Schweden geschickten Ge- 
sandten erteilt hatte, weder dem Könige von Schweden noch seinen 
Ministern etwas schriftliches zu geben. sei, es nun von seiner eigenen 
Hand oder der seines Sekretärs: der Kaiser forderte daher vor Allem 
genaue schriftliche Aufzeichnung der französischen Anerbietungen. In 
einer Denkschrift vom 22. Mai 1696 sprechen die kaiserlichen Bevoll- 
mächtigten dem schwedischen Vermittler gegenüber sich unumwunden 
dahin aus, dass man nicht genug Misstrauen gegen die französischen 
Kunstgriffe haben könne; es müsse daher die vollständige Wieder- 
herstellung des Westfälischen und des Nymweger Friedens-Vertrages 
sefordert werden. Louis XIV. versuchte trotzdem weilere Ausflüchte ; 

1) Das Thatsächliche in Folgendem zumeist nach: acles el mémoires des 
négocialions de la paix de Ryswick, Haag 1707. 

2, Schulte, Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden, 1892, I, S. 245 II, 


ne, 


er erklärte, nur solche Aenderungen der beiden Verträge verlangen zu 
wollen, welche der König von Schweden zur Befestigung des Friedens 
für geeignet halten werde; dem gegenüber bestand der Kaiser in noch 
bestimmterer Form auf seinem Verlangen; am 26. August 1696 erklärte 
er durch seinen Gesandten dem Könige von Schweden, dass er nur 
dann seine Vermittlung annehmen würde, wenn Frankreich die gefor- 
derte Erklärung in einer jede Zweideutigkeit ausschliessenden Form 
abgegeben haben werde. Dieser Forderung fügte der Kaiser am 
4. Oktober 1696 das Verlangen einer gleich bestimmten Erklärung 
hinsichtlich der völligen Wiederherstellung des Herzogtums Lothringen 
hinzu. Erst als Schweden sich erbot, nicht nur diese Ansprüche zu 
vertreten, sondern auch selbst die Garantie für deren Durchführung 
Frankreich gegenüber zu übernehmen, nahm der Kaiser die schwedische 
Vermittlung im Prinzip an, und ernannte zu seinem Bevollmächtigten 
für die zunächst im Haag zu führenden einleitenden Verhandlungen 
den Grafen Caunitz, den Grafen von Stratmann, der auch nach 
Frankfurt delegirt gewesen war, und den Baron von Seilern; zugleich 
erwirkte er bei den Verbündeten die Zustimmung, dass ein Vertreter 
des Herzogs von Lothringen bei den nunmehr beginnenden Friedens- 
Verhandlungen im Haag zugelassen werde. Der Vertreter Frankreichs, 
Herr von Cailleres, welchem schon seit längerer Zeit gestattet worden 
war, sich incognito in der Nähe des Haags aufzuhalten, nahm vom 
November an amtlich an den Verhandlungen teil, die zunächst noch 
den Charakter blosser Vorbesprechungen behielten. Seitens des Kaisers 
und der Verbündeten wurden dabei solche Forderungen erhoben, dass 
der König darauf nicht eingehen zu können glaubte. Sein Gesandter 
stellte ihm darauf vor, dass, wenn erst der Kongress eröffnet 
sei, man solche Intriguen zwischen den Verbündeten an- 
zetteln könne, dass dieser Friede durchaus vorteilhaft für 
ihn ausfallen werde; er möge in der Hinsicht sich nur auf die Ge- 
schicklichkeit seiner Unterhändler verlassen. Ludwig XIV. stimmte dem 
zu und ernannte zu seinem Bevollmächtigten neben Cailleres Herrn 
de Harley, einen der Gesandten beim Frankfurter Schiedsgericht, und 
den von den Regensburger Verhandlungen her bekannten Grafen Grecy. 
Eine sehr glückliche Wahl hatte Herzog Leopold von Lothringen, mil 
seinem Bevollmächtigten, dem Herrn Canon getroffen, da derselbe klug 
und geistreich war, und die Interessen seines Herrn in energischer 
Weise zu vertreten wusste. Schon im Januar 1697 legte er den 
zunächst noch im Haag versammelten Bevollmächtisten eine Denk- 
schrift vor, in welcher er auf die Vorteile der Wiederherstellung 


Lothringens als eines Ausfallthores gegen Frankreich hinwies. Infolge 
dessen bildete gerade die Frage dieser Wiederherstellung den Haupt- 
segenstand der ersten Friedens-Verhandlungen. 


Am 10. Januar 1697 legten die französischen Bevollmächtigten 
einen Vorschlag für die Friedens-Präliminarien vor, in welchem 
die Rückgabe Strassburgs, Luxemburgs und aller seit dem Nym- 
weger Frieden gemachten Reunionen bedingungslos zugesagt, die 
Wiederherstellung Lothringens aber gleichfalls nur nach den Bedin- 
sungen dieses Friedens (selon les conditions du dit traité de Nymwègue) 
angeboten wurde. Sofort liess der Kaiser Einspruch dagegen erheben, 
und das ungeschmälerte Herzogtum für Leopold zurückfordern. In den 
seinerseits aufgestellten Gegen-Präliminarien forderte er Herausgabe 
aller, unter irgend welcher Form seit dem Westfälischen Frieden 
französischerseits bewirkten Gebiets-Erweiterungen (»restituenda omnia 
a Gallia post pacem Monasteriensem eiusque execulionem quacumque 
ratione oceupatac). Hinsichtlich der lothringischen Bistümer wurde in 
denselben Präliminarien wieder der Ausdruck »districtuse gebraucht, 
jetzt aber wohl um nicht eingestehen zu müssen, dass die frühere 
Anwendung dieses Wortes die französischen Uebergriffe gerechtfertigt 
habe (»Galliam quoque ultra distrietus trium episcopatuum, quatenus 
hos olim spectarunt nihil praetendere debere«). 


Aehnliche Schwierigkeiten ergaben sich auch hinsichtlich der Rück- 
sabe der auf Kosten Spaniens gemachten Reunionen der Metzer Kammer. 
Am 5. Februar 1697 reichten die spanischen Bevollmächtigten dem Ver- 
mittler eine Liste der seit dem Nymweger Frieden in den Niederlanden 
bewirkten unrechtmässigen Gebiets-Erweiterungen ein ; französischerseits 
wurde die Behauptung entgegengestellt, eine Reihe dieser Gebiete gehöre 
nach den Friedens-Verträgen rechtmässig dem Könige von Frankreich und 
eine dementsprechende Gegenliste vorgelegt. Doch gaben die Verbündeten, 
um das Friedenswerk zum Abschlusse zu bringen, auch dieses Mal 
wieder nach; endlich kam es nach umständlichen Verhandlungen über 
den Ort des Friedens-Kongresses und die bei den Verhandlungen zu 
beobachtenden Formen zu der Eröffnung am 9. Mai 1697 im Schlosse 
Ryswick, trotzdem die französischen Bevollmächtigten auf ihrer Weigerung, 
die verlangten Erklärungen vor Eröffnung des Kongresses abzugeben, 
beharrt hatten. Die besondere Verwendung des eben zum Throne 
selangten jungen Königs von Schweden halle diese verhängnisvolle 
Nachgiebigkeit bewirkt; seine Bevollmächtigten mussten auch anfangs 
den Verkehr zwischen den zunächst wieder getrennt tagenden Parteien 


LL Re 


vermitteln. Soweit diese auf die Metzer Kammer sich bezogen, waren 
das Reich, Spanien und das Herzogtum Lothringen dabei beteiligt. 

Die Rückgabe der Reunionen der Metzer Kammer an das Reich ver- 
ursachte keine grösseren Weitläufigkeiten; sie war im Prinzip bereits 
vor Eröffnung des Kongresses vom Könige zugestanden, insbesondere 
in den Friedens-Vorschlägen vom 10. Februar als ausser Frage stehend 
anerkannt worden. Auch in den Präliminarien, welche die französischen 
Bevollmächtigten dem Kongresse selbst am 20. Juli 1697 vorschlugen, 
lautete ein Artikel ausdrücklich dahin, dass die von den Kammern be- 
wirkten Reunionen vollständig widerrufen würden, ohne auf den Rechts- 
anspruch der genannten Kammern Rücksicht zu nehmen; Frank- 
reich verzichtete dabei ausdrücklich auf die vor Eröffnung der 
Kammer auf Grund der Zweideutigkeiten des Westfälischen Friedens- 
Vertrages auf die Bistums-Lehen erhobenen Ansprüche; ein späterer 
Versuch, an den genannten Präliminarien zu deuteln, und die zur 
»Provinz Elsass« gehörenden (rebietsteile von der Rückgabe auszu- 
nehmen, scheiterte an dem entschiedenen Widerspruch der Kaiser- 
lichen‘). Am 26. August waren alle Schwierigkeiten beseitigt, die 
Franzosen gaben an diesem Tage die Erklärung ab, dass unter den 
zurückzugebenden (Gebietsteilen alle diejenigen zu verstehen seien, 
welche in der kaiserlicherseits aufgestellten Liste aufgeführt seien, 
soweit sie nicht zur Provinz Elsass gehörten, oder in einer von ihnen 
vorgelegten Liste nicht enthalten seien; in diese Liste waren aber auch 
die im Elsass gelegenen Reunionen der Metzer Kammer aufgenommen ; 
nämlich Buchsweiler, Maursmünster, Ochsenstein, La Marque (auch 
jetzt noch als besonderes Gebiet angenommen), Dagsburg, Salm- 
Langestein, Lützelburg, Altheim und Ottweiler?). Selbst das dem 
deutschen Orden in Lothringen gehörende Gebiet ward einbegrilfen, 
wiewohl es anscheinend aus Versehen in die kaiserliche Liste nicht 
aufgenommen worden war; die Herrschaft Burgaltdorf nördlich Dieuze 
blieb dagegen, als Lehen von Hagenau, von den zurückzugebenden 
Gebietsteilen ausgenommen), während die unter der Form von »Zu- 
gehörigekeiten« von Veldentz-Lützelsten und Leiningen - Westerburg 
reunirten elsässischen Gebietsteile an ihren rechtmässigen Herrn wieder 
zurückfielen. Nicht zurückgefordert wurde dagegen die kurpfälzische 
Herrschaft Burscheidt, die 1682 zum Elsass geschlagen worden war; 


1) Neuhaus S. 200. 
2) Die Grafschaft Saarwerden ist erst seit dem Jahre 1790 zum Elsass 
serechnel worden. 


SEE Bra rein 


da dies kein Grund für die Nicht-Rückgabe war, muss angenommen 
werden, dass die thatsächliche Besitzergreifung dieser sehr kleinen 
Enklave nach dem Vertrage von 1661 irrtümlicherweise als eine 
rechtliche angesehen worden war!) Die vorstehende Form wurde 
auch dem endgültigen Friedens-Instrumente zu Grunde gelegt, dessen 
$ 4 lautet: »restituentur.... occupata loca et iura, quae extra Alsa- 
tam sita, aut indice reunionum, a legatione Gallica exhibita, expressa 
sunt.< Um aber jedes Missverständnis auszuschliessen, wurden die 
etwa zweifelhaften Gebietsteile in den nachfolgenden Artikeln noch 
besonders aufgeführt. 

Die Reunionen der Metzer Kammer gegenüber dem Reiche waren 
daher durch den Friedens-Vertrag völlig aufgehoben; eine bedeutsame 
Folge ihrer Thätigkeit wurde aber trotzdem, unmittelbar vor Unter- 
zeichnung des Friedensvertrages durch eine Art Ueberrumpelung seitens 
Frankreichs erreicht, die sogenannte Ryswicker Klausel?). Am 27. Oktober, 
kurz vor Mitternacht, erhoben die französischen Bevollmächtigten plötz- 
lich die Forderung, dass an allen dem Reiche zurückzugebenden Orten 
die römisch-katholische Religion in ihrem jetzigen Zustande erhalten 
bleibe. Der Kaiser und die katholischen Stände entschlossen sich zur 
Annahme, weil sonst das ganze Friedenswerk gefährdet erschien; dem 
s 4 wurde die Klausel zugefügt: »religione tamen Romana catholica 
in locis sic restitutis, in statu, quo nunc est, remanente«. Gerade in 
die Zeit der Reunionen fällt der bedeutende Einfluss der Marquise de 
Maintenon und die Aufhebung des Ediktes von Nantes: das Katholi- 
sierungswerk war daher, wie in ganz Frankreich, so auch in den re- 
unierten Gebieten mit grösster Enschiedenheit gefördert werden ®); durch 
die genannte Klausel wurden die erzielten Ergebnisse zu dauernden 
gemacht. 

Auch die Einigung mit Spanien gelang, soweit sie die Metzer 
\eunionen betraf, jetzt ohne grössere Schwierigkeiten. In der früher 
erwähnten französischen Gegenliste waren zwar 82 Gebietsteile aulge- 
führt, welche der König als nicht unter die Reunionen fallend heraus- 
zugeben sich weigerte; doch gehörten sie sämtlich dem Hennegau oder 
der Grafschaft Namur an. standen daher zu der Thätigkeit der Kammer 
nicht in Beziehung. In dem Präliminar-Vorschlag vom 20. Juli machte 


DES 3.2226: 

?) Erdmannsdörffer, II, S. 82. Ueber frühere Krörterungen der Religions- 
frage s. Schulte, I, S. 201, 

3) s. Mathis, die Leiden der Evangelischen in der Grafschaft Saarwerden, 


1888; S. 208 ff. 


? 


— 286 — 


Frankreich das Anerbieten, Stadt und Herzogtum Luxemburg und die Graf- 
schaft Chiny gegen eine Anzahl anderer an Spanien abzutretender Städte 
einzutauschen und legte deshalb den Artikel 19 in doppelter Aus- 
fertigung zur wahlweisen Entscheidung vor; Spanien zog aber die Rück- 
oabe von Luxemburg und Chiny vor. Das Friedens-Instrument be- 
stätigte daher auch Spanien gegenüber die völlige Aufhebung der 
Metzer Reunionen. 


In Folge des entschiedenen Eintretens des Kaisers für den Herzog 
von Lothringen war auch dessen Wiedereinsetzung von Anfang an ausser 
Frage gestellt. In der ersten Verhandlung hatte Frankreich die Wieder- 
herstellung Lothringens innerhalb der Grenzen von 1670 angeboten, 
dafür aber die Abtretung von vier Wegen, jeder von einer halben 
Stunde (lieue) Breite, und den Besitz der vier Festungen Saarlouis, 
Longwy, Bitsch und Homburg beansprucht. Der Vertreter des Herzogs 
Canon verlangte dagegen die Grenzen des Jahres 1624; statt der 
seforderten Abtretungen wollte er Frankreich nur den »unschädlichen 
Durchmarsch« (transitus innoxius) durch das Herzogtum bis zur jen- 
seitigen Grenze und das Besatzungrecht in Saarlouis und Longwy 
zugestehen. Durch beiderseitiges Entgegenkommen fand eine Einigung 
auf Grund der Grenzen von 1670 und der Rückgabe der 1663 an 
Frankreich abgetretenen Festung Marsal in Lothringen statt, die in dem 
Präliminar-Vorschlag vom 20. Juli zum Ausdruck kam: ihm zufolge 
verlangte Frankreich nur mehr die Festung Saarlouis mit einem um- 
liegenden Gebiete von einer halben lieue, und den Durchzug durch 
das Herzostum unter jedesmaliger Bezahlung des für die Truppen be- 
nötigten Unterhaltes. 

Hinsichtlich der Festung Longwy kam ein Austausch-Vertrag zu 
Stande, nach dem die Festung mit ihren Zugehörigkeiten (pertinentiis 
et dependentiis) bei Frankreich verbleiben, dafür aber dem Herzoge 
von Frankreich ein gleichwertiges Gebiet (eiusdem amplitudinis et 
valoris praefectarum) überlassen werden sollte; bewirkt wurde diese 
Entschädigung allerdings erst 1718 gegen weitere Abtretungen seitens 
Lothringens, das dafür die metzer Kastellanei Rambervilliers erhielt. 

Weiterhin wurde dem Herzog eine demütigende Beschränkung hin- 
sichtlich der Befestigung seiner Hauptstadt Nancy auferlegt. Danach 
sollten »die Wälle und Basteien der Neustadt, wie nicht weniger beider 
Städte (der Neu- und Altstadt) Aussenwerke auf Ihrer Allerchristlichen 
Majestät Unkosten völlig dem Erdboden gleichgemacht und nimmer- 
mehr wieder repariert werden, ausgenommen, dass der Herzog und 


— 281 — 


dessen Nachfolger die Stadt mit einer schlechten und geringen Mauer 
ohne Winkel beschliessen können, wenn es belieben wird«. 7 

In ähnlicher Weise wurde auch die Entfestigung der beiden, 
unmittelbar vor Einsetzung der Reunionskammer von Frankreich ge- 
waltsam wesgenommenen Festungen Homburg und Bitsch!) durch 
einen besondern Artikel festgesetzt: auch ihre Festungswerke sollten 
vor Räumung durch Frankreich zerstört und nicht wieder aufgebaut 
werden dürfen. 

Der Herzog erhielt im Wesentlichen also seinen ganzen Besitz, 
vom Jahre 1670 eingeschlossen die Festung Marsal und die Enklaven im 
Elsass zurück, verlor aber dauernd die 1661 an Frankreich abgetre- 
tenen Gebietsteile, eingeschlossen allerdings die widerrechtlichen An- 
eienungen Frankreichs vom 14. Oktober 1661). 

Da die Rechtmässiskeit des Vertrages von 1661 mit dieser einen 
Ausnahme nicht wohl zu bezweifeln war, kann das Abkommen als 
ein unbilliges nicht bezeichnet werden. Zweifellos verdankte der 
Herzog dieses sehr günstige Ergebnis dem entschiedenen Eintreten des 
Kaisers zu seinen Gunsten: im Interesse des deutschen Reiches lag 
aber jedenfalls diese überwiegende Rücksichtnahme nicht. Das grössten- 
teils französisch sprechende, in seiner ganzen Ausdehnung von [ranzö- 
sischen Gebietsteilen durchsetzte Herzogtum lag derartig im Bereiche 
der Machtsphäre Frankreichs, dass der Uebergang an dieses nur 
mehr eine Frage der Zeit sein konnte. Gewiss wären durch Preisgabe 
wenigstens des dem französischen Sprachgebiete angehörenden Teiles 
des Herzogtums die Reichsstadt Strassburg, vielleicht auch die elsässischen 
Abtretungen von 1648 zu retten gewesen, im Verein mit dem deutschen 
Teile Lothringens ein dem heutigen Reichslande ähnliches Gebiet, das 
eine angemessene Entschädigung für den Nachfolger des hochverdienten 
Herzogs Carl V. abgegeben haben würde. 

Auch Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg hatte im Januar 
1696 in einem. sehr eindringlich gehaltenen Schreiben an den Kaiser 
auf die Unerlässlichkeit der Wiedergewinnung von Strassburg für das 
eich hingewiesen?). Der wahrscheinliche Verfasser dieser Denkschrilt, 
Paul von Fuchs, hatte schon 1694 in gleichem Sinne seinen Einfluss 
oeltend zu machen gesucht‘). Vor allem aber hätte der Kaiser mit 
Rücksicht auf zukünftige Verwicklungen Alles daran setzen müssen, 


1) s. S, 86. : 

21 .8,:9,.08,.° 

3) 1877 von Dr. Ebrard in Strassburg als lestschrift wieder herausgegeben. 
4) s. Preuss. Jahrb., 40. Band, 1877; 5. 569. 


a 


die Rheingrenze an keiner Stelle Frankreich zuzugestehen, nachdem 
er einmal, wenn auch spät, zu der Erkenntnis gekommen war, dass 
die Erwerbung derselben der Grundgedanke der französischen Reunions- 
politik gewesen war. Auch Aloys Schulte, der die Hauptschuld an 
dem Verluste Strassburgs dem Oranier, König Wilhelm III. von Eng- 
land zuzuschreiben sucht, sagt an einer anderen Stelle: »Es ist für 
die Gestaltung der Rheingrenze verhängnisvoll geworden, dass man 
am Kaiserhofe für das von französischen Festungen eingeschnürte 
militärisch unhaltbare Lothringen mehr Interesse hatte, als für die 
elsässischen Festungen oder auch den Breisgau«!). 

Der teilweise Erfolge im Elsass musste Frankreich immer wieder 
an das Vermächtnis Richelieus erinnern; nur zeitweise unter dem 
alternden Könige und seinen schwachen Nachfolgern schien der Ruf 
nach der Rheingrenze verstummt zu sein; zur Revolutionszeit wurde 
, zunächst von Dumouriez erneut erhoben, um von da ab bis auf 
unsere Tage die Politik Frankreichs Deutschland gegenüber zu be- 
herrschen. 


er 


Wenn daher der am 30. Oktober 1697 endgültig zwischen 
Frankreich und dem Reiche abgeschlossene Friedens-Vertrag von 
Ryswick eine volle Befriedigung nicht zu gewähren vermag, so war 
doch die völlige Aufhebung aller von der Metzer Kammer auf Kosten 
des Reiches gemachten Reunionen ein grosser Erfolg. Abgesehen von 
den frühere rechtmässige Abtretungen nur wiederholenden Reunions- 
3eschlüssen über Saarburg, Marslatour, Sierck, Delme u. a. bildete die 
Erwerbung Saarlouis’ thatsächlich das einzige Ergebnis ihrer umfang- 
reichen Thätigkeit?); selbst die Bewilligung einer Etappenstrasse war 
im Vertrag von 1661 unter wesentlich ungünstigeren Bedingungen von 
Lothringen erfolst. 

In Frankreich aber findet vielleicht mehr noch als anderwärts 
schliesslich nur der Erfolg Anerkennung; noch vor Ablauf des Jahr- 
hunderts sahen sich daher Ravaulx und seine Helfersheller einer 
scharfen Kritik der eignen Landsleute ausgesetzt. In der schon er- 
wähnten Denkschrift?) des Metzer Intendanten Turgot über die Zu- 
stände in den drei Bistümern nennt er die Reunions-Kammer eine 


1) Schulte, I, S. 430 bezw. S. 373. 

?) Eine ähnliche Aeusserung des Bischofs Fénélon wird als zweifellos 
apokrvph nicht angeführt. 

3) Mémoires historiques de la Lorraine et des trois évêchés de Metz, Toul 
et Verdun par M. Turgot, intendant de Metz, fait à Metz le 30 juillet 1699. 


an, 


»autorit@e sans bornes, aveugle et destituée de iustice« und fällt über 
die Reunionen folgendes Urteil: On commença les réunions sous 
prétexte de mouvance aux évêchés, mais cette ardeur et le zèle 
immodere et injuste de ceux qui en donnaient les mémoires, étendit 
trop loin ces prétextes, passant les termes de la justice et 
du droit par des procedures; les arrêts furent exécutés à main armée : 
l'on soumit les vassaux à reconnaitre la puissance; et cet exemple 
révolta tout et fit connaître qu'un ouvrage d'iniquité quelque 
avantageux qu'il soit, n'est jamais de duree«. 

Der Verfasser tadelt hiernach nur die Ausschreitungen der Metzer 
Kammer, erkennt also einen berechtigten Kern für ihre Thätigkeit an, 
wenn er auch die behauptete Lehensabhängigkeit von den drei Bis- 
tümern als Vorwand bezeichnet. In ganz gleichem Sinne äussert sich 
ein anderer Zeitgenosse, ein Freund Louvois’: »au lieu de se renfermer 
dans de justes bornes . .., ils pressaient les choses trop loin, et firent 
un si grand nombre de réunions tant dans l'empire, que dans les 
pays-bas espagnols, que les puissances de ces pays et surtout l’em- 
pereur en conçurent un grand ombrage. La France se mit par pro- 
vision en possession des pays réunis et s’ecarla un peu dans cette 
occasion des règles de la prudence et de la politique!).< Auch dieser 
Franzose betont demgemäss nicht die Unrechtmässigkeit des Reunions- 
Verfahrens an sich, sondern nur die dabei vorgekommenen Aus- 
schreitungen. 


Dieser Auffassung ist die französische Geschichtschreibung jener 
Zeit jedoch im Allgemeinen nicht beigetreten. So sagt der älteste 
Biograph Ludwigs XIV.?) über die Einsetzung der Reunions-Kammern: 
»Le roi très chrétien, ni les chambres, établies à Breisach et à Metz 
ne pouvaient prétendre avec raison, d'être seuls les interprètes des 
traités de paix, particulièrement dans les affaires où ils ne devaient 
être considérées que comme partiese. 

Auch die beiden folgenden Geschichtsschreiber der Zeit Ludwigs XIV. 
Larrey und La Hode versuchen an keiner Stelle eine Verteidigung der 
Kammer und ihres Gebahrens; beide heben die Misstimmung hervor, 
welche das Vorgehen des Königs in Frankreich selbst erzeugte; der 
erstere sagt in dieser Hinsicht?). »Toute la France n’applaudissait pas 
à l’ambition du monarque, mais on en rejettait la haine sur celle du 


1) Rousset, III, S. 31; nach einem ungedruckten Memoire. 
2?) Limiers, histoire du règne de Louis XIV., 1718; IV, S. 42. 
3) Larrev, histoire de France sous le règne de Louis XIV., 1733. VS. 42. 


19 


favori«; in gleichem Sinne äussert sich La Hode!) bei Besprechung 
des Ryswicker Friedens: »la publication de la paix causa une joie 
universelle, d'autant plus, qu'il paraissait que le roi très chrétien en 
rendant un si grand nombre de places, avait quitté tout dessein de 
s'agorandir.«< Von besonderem Interesse ist aber, dass La Hode das 
Wesen und Endziel der Reunionspolitik erkannt hat, wenn auch seine 
Ausführungen nicht buchstäblich richtig sind, vielmehr an Stelle der 
Absicht die vollendete Thatsache gesetzt ist. »Ces chambres (de Metz 
et de Brisach) réunirent insensiblement tout ce qui se trouvait entre 
le Rhin et la France, sous prétexte que ces fiefs particuliers avaient 
autrefois relevés, ou des trois évèchés ou du comté de Chiny, membre 
du duché de Luxembourg.« 

Von den Geschichtschreibern Frankreichs im 19. Jahrhundert 
spricht sich am entschiedensten gegen diese Politik Sismondi aus, 
indem er die Reunionen »usurpations violentes« nennt?) und von dem 
Ryswicker Frieden sagt: »peut-etre ils (les Francais) auraient dû re- 
garder ce traité comme le plus honorable de ceux que signa Louis XIV «?). 
Dagegen sagt Martin von den Reunionen: »ces entreprises procédaient 
d'une idée juste au fond« und von dem Zurückgehen der Kammer bis 
auf die ältesten Zeiten: «ceci eût tourné au burlesque s'il n’y eût en 
toutes ces mauvaises raisons quelque chose de sérieux et de profond, 
c'est-à-dire la revendication du vieux sol gaulois pour la France«f). 
Noch mehr weicht der neuere Biograph Ludwig XIV. Gaillardin hin- 
sichtlich des Ryswicker Friedens von Sismondi ab; »la paix de Ryswick 
était dans l’ensemble une défaite flagrante; ...la paix de Ryswick 
est restée dans le temps même et dans l'histoire ce quelle est réelle- 
ment, la première manifestation de la décadence de Louis XIV «.ÿ) 

Am zutreffendsten vielleicht beurteilt vom französischen Stand- 
punkte aus die Reunionen Dareste, wenn er sagt: »Le principe des 
réunions n'était pas contestable, mais rien ne l'était plus, que la 
manière dont elles s'accomplissaient; il suflisait d’avoir des prétextes, 
et de suivre en apparence la forme de la justice®).« 

Auch solche gemässigten Auffassungen stehen aber im Gegensatze 
zu der neuern deutschen Geschichtschreibung, welche nahezu einmütig 


1) La Hode, V, S. 239. 
2?) de Sismondi, histoire des Francais, XXV, 5. 411. 
3) de Sismondi, XXVI, S. 216. 

4) Martin, XIIL .S. 970.8. 

5) Gaillardin, V, S. 536 ff. 


6 n17 


, Dareste, histoire de France, 1873; V, S. 517. 


ag 


das Reunions-Prinzip zum Teil unter den schärfsten Ausdrücken ver- 
wirft, ohne auch nur zwischen den drei Gruppen von Reunionen, 
segsen Reich, Herzogtum Lothringen und spanische Niederlande zu 
unterscheiden. Nur Ranke beweist auch hier seine grosse Unparteilich- 
keit, indem er hinsichtlich der erstgenannten Gruppe eine Verschuldung 
nicht nur auf Seiten der Franzosen findet: »die Schuld der Deutschen 
bei den Reunionen war, dass sie frühere Unbestimmtheiten in den 
Verträgen geduldet, und selbst zuletzt, als dieselben zur Sprache 
kamen, Frieden geschlossen hatten, ohne sie zu heben; die wachsende 
Ueberlegenheit der Franzosen bewirkte dann, dass sie es endlich 
unternehmen konnten, die unbestimmt gelassenen Fragen ganz in ihrem 
Sinne für entschieden zu erachten, und zur Ausführung ihrer Ansprüche 
zu schreiten« !). 

Volle Klarheit in dieser Hinsicht wird allerdings erst eine archi- 
valische Bearbeitung der Verhandlungen über die lothringische Satis- 
faktions-Angelegenheit auf dem westfälischen Friedens-Kongresse unter 
besonderer Berücksichtigung des Briefwechsels der kaiserlichen Gesandten 
mit dem Hofe in Wien bringen können: bestätigen solche Forschungen, wie 
anzunehmen, die aus gedruckten Quellen geschöpfte, in den vorstehenden 
Ausführungen vertretene Auffassung, so wird auch in Deutschland eine 
mildere Auffassung des Reunions-Unternehmens an sich Platz greifen 
müssen. Man wird. selbst über Ranke hinausgehend, der Anerkennung 
sich nicht verschliessen können, dass die deutschen Unterhändler nicht 
nur die Unbestimmtheiten geduldet, sondern nach dem, was voraus- 
segangen, durch diese Duldung der französischen Auffassung ein Zu- 
seständnis gemacht oder zum Wenigsten den Bevollmächtigten ein 
gewisses Recht gegeben haben, ihre Auffassung für die zutreffende zu 
halten. 

Schwieriger noch liegt die Frage hinsichtlich der Reunion des 
Herzogtums Lothringen, da der Herzog bei den Friedens-Verhandlungen 
in Münster nicht beteiligt gewesen war, und da bei dem eigentümlichen 
staatsrechtlichen Verhältnisse des Herzogtums zum deutschen Reiche 
es mehr als fraglich war, ob die Krone Frankreich Abmachnngen mit 
Deutschland auch auf Lothringen zu beziehen berechtigt war. Hätten 
die Ansprüche Frankreichs sich auf die verhältnismässig kleinen Ge- 
bietsteile beschränkt, welche auch nach 1567 nachweislich dem Reiche 
zu Lehen standen,?) so würde man das gemässigte Urteil auch auf 
diese Reunion ausdehnen können, Selbst für die Rückforderung der 


1) Ranke S. W., X, S. 306, 
=) RAS Al, 


— 292 — 


in der zweiten Hälfte des vorhergehenden Jahrhunderts von den 
Bischöfen dem Herzogtum zugewendeten Abtretungen werden mildernde 
Umstände zuzuerkennen sein, wenngleich die Bistümer zu dieser Zeit 
weder rechtlich, noch auch wie die Reichsstädte thatsächlich unter 
französischer Oberhoheit gestanden hatten, die letztere vielmehr erst 
im Jahre 1614 ihnen aufoktroyiert worden wart). Aber wenn Oester- 
reich in der Mitte unseres Jahrhunderts zu der Erkenntnis gekommen 
wäre, dass es seinen italienischen Besitz dem nationalen Einheits- 
drange gegenüber auf die Dauer nicht würde behaupten können, und 
infolge dessen namhafte Teile an die Schweiz u. s. w. abgetreten hätte: 
zweifellos würde auch diese Gebiete Italien später zurückgefordert 
und ebenso zweifellos würde es die öffentliche Meinung auch in anderen 
Staaten Europas dafür auf seiner Seite gehabt haben. 

Durchaus zu verurteilen ist aber die Reunion des ganzen übrigen Loth- 
ringens, also des weitaus grössten Teiles der beiden Herzogtümer; »Macht 
geht vor Recht«, ist hier für die französische Krone die Parole gewesen. 

Mit gleicher Schärfe wird man sich auch gegen die dritte Gruppe, 
die Reunion von Gebietsteilen der spanischen Niederlande zu erklären 
haben: hier können weder irgend welche Rechtstitel noch mildernde 
Umstände angeführt werden; der grosse Rat von Mecheln war durch- 
aus berechtigt, das Reunions-Verfahren als eine Gewaltthat und offen- 
kundige Verletzung der Friedens-Verträge und des Völker-Rechtes zu 
bezeichnen. 

Wenn abweichend hiervon dem Reiche und Lothringen gegenüber 
eine gewisse Rechtsgrundlage für die Reunionstheorie als solche zu- 
zugeben sein wird, so finden doch dadurch die an das Burleske strei- 
fenden Ausschreitungen, welche auch diesen Ländern gegenüber durch 
die Art der Beweisführung der Kammer, und fast in noch höherem 
Grade durch die Tätigkeit der Reunions-Kommissare begangen wurden, 
nicht einmal eine Erklärung, geschweige denn eine Begründung. Um 
von diesen eine richtige Anschauung zu gewinnen, dürfte es unver- 
meidlich sein, das ganze Reunions-Unternehmen, wie in vorliegender 
Arbeit versucht, in Zusammenhang zu bringen mit den Jahrhunderte 
lang genährten, von Richelieu besonders energisch verfolgten Ideen 
von der historischen Mission Frankreichs zur Wiederherstellung des 
alten Frankenreiches und seiner Ausdehnung bis zum Rheine ?). 


cher ar 


?) Wichtige Hinweise auf diese Politik Richelieus enthalten auch die 
Maximes d'Etat von Richelieu (Collection de documents inédits, mélanges histo- 
riques, nouvelle série, Ill, 1880), auf die nachträglich Privatdozent Dr. Bloch in 
Strassburg mich aufmerksam machte. 


ae 


»La Gaule est barrée par les Pyrénées, les Alpes et le Rhin: ce 
sont des limites naturelles, la géographie n’en connaît pas d’autres« 1), 
damit ist klar auch der den Reunionen zu Grunde liegende Gedanke 
ausgesprochen; die Worte ferner, die Sorel von den Rheingelüsten 
Frankreichs zur Zeit der Herrschaft des Wohlfahrtsausschusses braucht : 
»ces idées sont dans l’air«?) lassen sich mit vollem Rechte auch auf 
die Zeit der Regierung der beiden Kardinäle und Ludwigs XIV. selbst 
anwenden. Dreimal im Laufe dieses unglücklichsten Jahrhunderts deut- 
scher Geschichte war der Anlauf zur Verwirklichung der Pläne gemacht 
worden; nur wenig fehlte daran, dass beim dritten Male das Ziel 
wirklich erreicht worden wäre. Da war es weniger der Widerstand 
des Reiches, als der Umschwung in der europäischen Stellung und 
Politik Ludwigs XIV., der im letzten Jahrzehnte die Durchführung ver- 
hinderte. 

Die Vollstreckung des Testaments Richelieus war damit zwar 
keineswegs aufgegeben, aber doch um ein Jahrhundert hinausgeschoben, 
um dann wieder bis in unsere Tage hinein die französische Politik 
Deutschland gegenüber zu beherrschen. 

Jahrhunderte lang hat so unser Vaterland unter der von Richelieu 
eingeleiteten Politik zu leiden gehabt; Grösse des Geistes werden wir 
aber auch bei unserem Gegner zu würdigen und daher rückhaltlos zu 
bekennen haben, dass nächst dem grossen deutschen Kanzler die 
sanze neuere Geschichte keinen so genialen, gewaltigen, um sein 
Vaterland verdienten Staatsmann aufzuweisen hat, wie den Kardinal 
Richelieu. 


2) Sorel, FE, S. 260. 
3, »orel, IV, 5. 175: 


294 


ANHANG. 


l: 
intwurf zu einem Königlichen Erlasse für Einsetzung der Reunions- 
kammer zu Metz. 
Metz. Bez.-Arch. B, 54. 


Durch das nachfolgende gleichfalls von Ravaulx entworfene Schriftstück findet 
die Seite 73 Anm. 7 ausgesprochene Vermutung ihre Bestätigung, da einzelne Wen- 
dungen des Konzeptes wörtlich wiederkehren. Von Interesse ist dabei, dass Ravaulx 
in diesem » Entwurf gebliebenen Erlasse sich selbst eine ungleich bedeutsamere Rolle 
zugeteilt hattes als er bei Einsetzung der Kammer wirklich erhielt. 

Louis, par la grâce de Dieu roi de France et de Navarre, à nos 
aimés et féaux Salut. Savoir faisons que Nous ayant été exposé par nos aimés 
et féaux George Aubusson de la Feuillade, ancien archevêque d’Embrun, évêque 
de l'église de Metz, Jacques de Fieulx, évêque de l’église de Toul, et Jean Ar- 
mand de Monchy d'Hocquincourt, évêque de l'église de Verdun tant pour eux, 
que pour leur clergé séculier et régulier de leurs églises, qu'ils ont eu avis, que 
notre procureur général en notre cour de Parlement, chambre des comptes de 
Metz voulait faire saisir les revenus temporels, tant de leurs évêchés, que du 
clergé séculier et régulier, qui compose les églises de Metz, Toul et Verdun, faute 
par eux, d'en avoir fourni à la chambre des aveux et dénombrements, contenants 
specifiquement tous les biens et droits temporels, dépendants des dites églises, 
et obtenu de nous ensuile les investilures necessaires, ce que leur est, quant à 
présent, impossible de faire, parce qu’encore bien que toutes les terres et 
seigneuries, qui sont situées dans l'étendue de leurs diocèses et de 
ceux des évêques de Bâle, Luxembourg, Spire, Worms, Mayence, 
Trèves, Liège et autres soient toutes dépendantes des églises et 
évêchés de Metz, Toul et Verdun qui étaient avant le traité de Munster 
trois principautés ecclésiastiques de l'empire à l'exception seulement de 
quelques unes qui sont du Palatinat, ou font partie des biens tem- 
porels des églises de Bâle, Strasbourg, Spire, Worms, Mayence: 
Trèves et Liège, comme il est justifié par les anciens cartulaires 
des dites églises de Metz, Toul et Verdun et les autorités des an- 
ciens auteurs. 

Si est cenéanmoins qu'eux et leur clergé seculier et résgulierne 
jouissent pas présentement de la vingtième partie de toutes les dites 
terres et seigneuries à cause que leurs prédecesseurs évêques et clergés ont fait 
un si mauvais usage et tellement negligé les biens et droits des dites églises qu'ils ont 
depuis près de quatre vingt ans cessé de contraindre leurs vassaux, de se rendre en leur 
cour pour l'exercice de la jurisdiction féodale de leurs églises, ainsi qu'ils etaient 
obligés ce qui les a reduit dans la necessité d’avoir recours à Nous leur souverain 


— 295 — 


et seigneur dominant des biens et droits dependants de leurs dites églises, pour 
avoir des juges, pardevant lesquels ils puissent faire assigner les détenteurs des 
terres et seigneuries dépendantes de leurs églises. Mais quoique naturellement 
ces sortes des matières dussent être traitées dans les causes et jurisdictions 
féodalles de leurs églises, néanmoins dans les circonstances et l'état présent des 
choses il leur est impossible de le faire, pour ce qu'il n'y a pas un de leurs 
vassaux, dont les fiefs ne soient commis de droit, ce qu'étant leurs dits vassaux 
se trouveraient juges et parties en leurs propres causes. À ces causes et autres 
considerations, à ce Nous mouvantes de notre certaine science, pleine puissance 
et autorité rovale, Nous avons commis ordonné et deput& et par ces pré- 
sentes signées de notre main, commettons ordonnons et deputons pour tous en- 
semble ou du moins au nombre de sept juges en dernier ressort et sans appel, 
tous procès et contestations mus et à mouvoir pour raison des droits, terres et 
seigneuries, faisants partie des biens temporels des églises ou évêchés de Metz, 
Toul et Verdun, circonstances ou dépendances de celles,en quelque lieux denotre 
domination que les dites biens, terres, droits et seigneuries soient 
assises et situées, Vous en attribuant à ces effets toute cour, jurisdiction et connai- 
ssance, et celle interdisons à toutes autres cours et juges. Et pour procureur général en 
la dite commission Nous avons commis et commettons notre aimé et féal Roland 
Ravaulx, notre conseiller en notre cour de parlement de Metz, pour v conclure 
en notre nom et faire telles requisitions pour Nous et le publique, qu'il avise 
bon être, auquel Nous avons donné et commis pour substituts en la dite com- 
mission les personnes de ........... 1), auxquelles Nous donnons pouvoir en cas 
de maladie ou autres empèchement de la personne du dit sieur Raxaulx, de 
faire les fonctions pour lesquelles Nous l'avons v deputé et commis; et pour notre 
greffier en la dite commission la personne de ......... 1) que Nous avons pa- 
reillement commis, même les avocats et procureurs de notre dit parle- 
ment de Metz, qui seront choisi par le dit sieur Ravaulx, pour occuper 
pour les parties, et afin qu'il v ait un lieu certain, où les personnes assignées 
puissent comparaître, Nous avons ordonné que nos dits commissaires s’assemble- 
ront en l'hotel commun de notre ville de Metz à tel jour et heure, qu'il sera par 
eux arrêté. Si donnons en mandement. (Schluss.) 


IL. 


Servien fragt beim Metzer Purlamente an, ob sich nachweisen lasse, 
duss das Parlament seine Rechtsprechung schon bisher nicht auf den Be- 
reich des weltlichen Besitzes der Bischöfe beschränkt, sondern auf die 
ganze Diözese ausgedehnt habe. 

Metz. Bez.-Arch. B, 50. Der Brief ist der gleiche wie der 8.57 an- 
geführte; die dortige Anmerkung bedarf daher der Berichtigung. Trotz der 
eigenhändigen Unterschrift Ravaulx’ ist das Datum zweifellos unrichtig, 
das S. 57 angegebene das zutreffende, du der Brief in den Stand der Ver- 
handlungen vom Dezember 1647 in keiner Weise passt. 


1) So.im Text. 


Copie de la lettre de Mr de Servien à un officier du parlement 
de Metz le 2 décembre 1647 (vorgelegt in der Sitzung der Reunionskammer vom 
10. September 1683). j 


Monsieur, 


Apprenant, que se présente une difficulté sur l'explication de ll’accommode- 
ment, ci devant fait entre les ambassadeurs du roi et ceux de l’empereur j'ai 
cru, que Vous n’auriez pas desagréable que je prise la liberté, de Vous demander 
vos sentiments sur cette question, que je tiens de très grande importance pour 
Sa Majesté. Vous verrez dans l’imprime, que je Vous envoie, en quels termes est 
conçue la cession que l’empereur doit faire au roi de tous les droits, que lui et 
l'empire peuvent avoir eu autrefois sur les trois évêchés. A présent les impé- 
riaux veulent restreindre cette cession au seul temporel des évêchés et aux fiefs, 
qui relevants d'eux ne conservent pas la qualité d'états immédiats de l'empire; 
pour bien resoudre la difficulté il faut considerer, qu'il y a de trois sortes de 
fiefs dans l’etendue des trois évêchés. Les uns relevent des évêques et n'ont 
point été immédiats de l'empire; ce sont les seuls que les impériaux voudraient 
laisser au roi. Les autres en relevent aussi, mais ne laissent pas par raison des 
mêmes fiefs, quoique mouvants des évêques, d’être immédiatement soumis à 
l’autorité de l’empereur, sans reconnaître autre superieur, que lui. Les troisièmes 
sont seulement situés dans l’&tendue des diocèses, ou jurisdiction spirituelle des 
évêques sans avoir jamais relevé d’eux par aucune dépendance temporelle. Les 
impériaux soutiennent aujourd’hui, qu’ils n’entendent point avoir cédé au roi les 
fiefs des deux dernières espèces. Nous disons au contraire, que la cession étant 
générale de tous les droits que l’empereur a eu dans les évêchés, tout ce, qu’y 
se trouve dans l'étendue des diocèses ou jurisdiction spirituelle des évêques doit 
être à l’avenir sous l'autorité du roi et ne connaître plus celle de l'Empereur, 
puisqu'il a cédé tout ce, qu'il lui appartenait. Outre que la cession étant conçue 
en termes généraux et faite sans aucune réserve, il n’y a pas lieu d’y apporter 
une exception. Nous avons une puissante raison pour appuyer notre opinion, qui 
est, que les impériaux pour l’accommodement avaient voulu concevoir la cession 
aux termes, qu'ils prétendent maintenant qu'elle doit être entendue, et avaient 
voulu ajouter au premier projet, qu'ils nous firent présenter une clause pour ex- 
cepter tous les fiefs des ducs, comtes et barons, gentilshommes, et autres, qui 
sont immédiatement soumis à l'empire. Mais avant été soutenu de notre part, 
que cette limitation ou exception n’y pouvait être mise, el que nous entendions, 
que la cession soit générale et sans réserve de tout ce, qui avait autrefois ap- 
partenu dans toute l'étendue des dites évêchés c'est à dire dans les limites des 
diocèses et non pas seulement des biens temporels des évêques, les impériaux 
acquiescèrent à nos raisons et consentirent, que l'exception soit ôtée; ils deman- 
dèrent aussi d'accord que les autres endroits où ils avaient mis: »in dictos episco- 
patus eorumque districtus temporalese, le mot temporales soit rayé pour les 
mêmes raisons, que je viens de représenter; encore qu'elles semblent concluantes, 
elles seront extrèmement fortifiées, si on peut justifier, que le 
parlement, etabli dans les dites évêchés ait fait reconnaître sa 
jurisdiction dans toute leur étendue tant spirituelle, que temporelle 
et si on peut aussi prouver, que le droit de protection que nos rois 
ont eu depuis longues années en ce pays là, soit étendue sur tous 


= 07 


ceux, qui ont leur demeure, dans les trois évêchés et que les gou- 
verneurs etablis par le roi leur aient fait reconnaître l'autorité de 
Sa Majesté. Car en ce cas nous aurons plus de droit de soutenir, que la cession 
de l’empereur doit être sans réserve, puisqu'elle ne fait que changer l’ancien 
droit de protection en celui de souveraineté et que par conséquent la dite sou- 
veraineté se doit prendre aujourd’hui aussi loin qu'a fait autre fois la protection. 
J'aurais l'honneur de Vous dire en passant, que les comtes de Nassau-Sarbruck 
sont ceux, qui apportent plus d'opposition à la prétention du roi bien qu'il ait 
souvent paru aux discours de leurs deputés, qu'ils ont été cités, pour prêter 
le serment de fidelité. Si la question était moins importante, je n’oserais pas Vous 
demander Votre réponse si librement, que je fais, en Vous assürant que je suis 


veritablement Monsieur 
Votre très humble 


Servien. 

Extrait du traité, fait à Munster le 13 septembre 1646. 

Primo, quod supremum dominium, jura superioritatis aliaque omnia, in 
episcopatus Metensem, Tullensem et Virdunensem, urbesque cognomines, eorum- 
que episcopatuum distrietus et nominatim Movenvicum eo modo, quo hactenus 
ad Romanum spectabant imperium in posterum ad coronam Galliae spectare 
debeant, reservato tamen jure Metropolitano ad Archiepiscopum Trevirensem 
pertinente. 

Collationné à son original par moi, commissaire deputé à la récherche des 
ütres justificatifs des droits acquis au roi par les traités de Munster et des 
Pyrénées. 

Ce fait rendu le 1 Avril 1664. 

Ravaulx. 


II. 


Königlicher Erlass, betreffend die Einsetzung der Reunions- Kammer 
zu Metz. 


Abdruck aus Recueil des arrets 8. 3. 

Arrêt du conseil d'état du roi pour l'établissement de la 
chambre royale à Metz pour juger de tous les procès et contesta- 
tions mues et à mouvoir par les évêques de Metz, Toul et Verdun 
pour raison de leurs biens et droits; avec la commission adresséé 
aux conseillers qui la doivent composer du 9 novembre 1679 et 
l’enregsitrement à la chambre de Metz du 11 decembre 1079. 

Donné à St-Germain en Laye le 23 octobre 1679. 

Extrait des registres du conseil d'état. 

Sur la requète, présentée au roi, étant en son conseil par messire George 
d’Aubusson de la Feuillade, ancien archevèque d’Ambrun et présentement 
evèque de Metz; Jacques de Fieux, evèque de Toul et Jean Armand de Monchy 
d’Hocquincourt, evèque de Verdun, tant pour eux que pour le clergé séculier et 
régulier de leurs églises; contenant, qu'ils ont eù avis, que le procureur général 
du parlement, chambre des comptes de Metz, voulait faire saisir les revenus 
temporels de leurs évêchés et du clergé séculier et régulier de leurs dites églises 
de Metz, Toul et Verdun, et ce, faute d’avoir par eux fait reprises de Sa Ma- 
jesté des biens et droits temporels dépendants de leurs églises et fourni à la 


298 — 


chambre des comptes des aveux el dénombrements contenants bien particuliere- 
ment tous les biens et droits dont élaient composés les dits trois évêchés et 
clergé, bien qu'il leur soit impossible pour le présent de fournir les dits aveux 
et dénombrements à cause du mauvais usage, que leurs prédecesseurs evèques 
et clergés de Metz, Toul et Verdun ont fait des biens et droits dépendants de 
leurs églises, ce qui fait, qu'il s'en faut beaucoup qu'eux et leur clergé ne 
jouissent a présent des biens et droits, qui leur appartiennent, lesquels ils ont 
tellement neglige, que depuis près de cent ans ils ont cessé de faire faire re- 
prises aux vassaux des dites églises des biens et droits, qu'ils en détiennent et 
de contraindre ceux qui en jouissent à litre d'engagement, d'échange ou par 
usurpation, de les déguerpir au profit de leurs églises, en laquelle jurisdiction 
féodale ils ne pourraient même se pourvoir, quand elle serait retablie, d'autant, 
qu'il n'y a pas un de leurs vassaux, dont les fiefs ne soient commis de droit, 
faute par eux d’avoir fait reprises de leurs églises des biens et droits, qui en dé- 
pendent, ainsi qu'ils v étaient obligés à chacune mutation, en sorte, qu'ils soient 
juges et parties en leurs causes, ce qui les oblige, d’avoir recours a Sa Majesté, 
comme à leur Souverain et Protecteur de toutes les églises de ce royaume, à ce 
qu'il lui plüt leurs donner des juges pardevant lesquels ils puissent faire assigner 
tous les détempteurs des biens et droits, dépendants de leurs églises et clergé, 
pour representer et produire les titres, en vertu desquels il prétendent avoir 
droit et jouir des dits biens et droits, si non et à faute de ce faire dans le 
temps prescrit par les ordonnances que les dits biens et droits seront réunis 
au domaine de leurs églises et clergé, et que cependant il plaise a sa Majesté 
faire defenses au dit procureur général de faire contre eux et leur clergé aucunes 
poursuites, faute par eux de fournir à la chambre les dits aveux et de dénombre- 
ment ou la dite requète et tout consideré: 

Sa Majesté, étant en son conseil a ordonné et ordonne, qu’il 
sera établie une chambre, composée d'un nombre d'officiers du parlement de 
Metz, qui seront choisis par Sa Majesté, pour prendre connaissance des usurpa- 
tions et alienations faites des dits biens et droits, appartenances et dépendances 
des dites églises et clergé de Metz, Toul et Verdun pardevant les quels il sera 
loisible aux dits évèques de Metz, Toul et Verdun, et à leur clergé, de procéder 
contre ceux, qui prétendent étre detempteurs des dits biens et droits, cependant 
a sursis et sursoit toutes poursuites qui puissent être faites par le dit procureur 
général, pour raison des dits aveux et dénombrements, jusqu'à ce qu’autrement 
par Elle en ait été ordonné. 

Fait au conseil d'état du roi, Sa Majesté v étant, tenu à St-Germain en 
Laye le vingt troisième jour du mois d'octobre mille six cent soixante dix neuf. 

signé Le Tellier. 
Folgen 3 weitere Erlasse betreffend: 
1. Bekanntmachung des vorstehenden Einselzungs-Dekretes, vom gleichen Tage; 
2. Ernennung des Parlaments-Präsidenten Thomas de Bragelongue zum Vor- 
sitzenden, der Parlamentsräte Irancois Jobal, Bernard Geoffroy, Jean 
Morel, Louis Fremyn, Mathieu Andry, Jean-Baptiste Elie, Pierre de Ville- 
mer, Pierre Langlois, Francois Chaffaut, Nicolas d’ Auburtin und Pierre 
Cogney zu Mitgliedern, des Parlumentsrates Roland Ravaulz zum General- 
Prokurator der Reunions-Kammer, vom 9. November 1679; 

3. Eintragung des Einsetzungs-Dekretes am 11. Dezember 1679, 


EM, 


Königlicher Erlass, betreffend die Erweiterung der Befugnisse der 
Teeunions- Kammer zu Metz. 
Abdruck aus Recueil des arrêts, S. 174. 


Déclaration du roi qui ordonne, que toutes les villes, commu- 
nautés et vassaux médiats ouimmédiats, ecclésiastiques et séculiers 
des trois évêchés de Metz, Toul et Verdun seront tenus de faire 
leurs reprises, foi et hommage de ce qu’ils en tiennent dans deux 
mois à peine de commise et que le droit de parcours aura lieu 
dans toute l’etendue des dits évêchés. 


Louis, par la grâce de Dieu roi de France et de Navarre; à tous 
ceux, qui ces présentes lettres verront; salut. Depuis, que par le traité de 
Munster l’empereur, les princes électeurs, princes et états de l'empire ont re- 
noncé en faveur de notre couronne à tous les droits, qui appartenaient à l’em- 
pire sur les villes et évêchés de Metz, Toul et Verdun et sur les détroits des 
dits évêchés, lesquels avant le dit traité de Munster étaient trois principautés 
ecclésiastiques de l'empire, nos premiers soins ont été d'en reconnaître l'état et 
les causes principales, tant de l’abandonnement de la plus grande partie 
des dites principautés, que de la misère extreme de ce qui est resté d’ha- 
bitants dans l'étendue des dits évêchés et leurs détroits et avant reconnu, que 
tous ces désordres procédaient principalement de ce, que pendant les guerres 
civiles et étrangères dont l'empire d'Allemagne a été affligé depuis son établisse- 
ment jusqu'au temps du dit traité de Munster les princes ecclésiastiques et sé- 
culiers de ce grand état et leurs vassaux médiats et immédiats ont sans droit 
ni pouvoir non seulement chargé de droits et devoir insolits les habitants des 
villes, bourgs et villages dépendants ou mouvants des dites principautés, mais 
encore usurpé sur les empereurs et les sujets de leur empire la plus grande 
partie des domaines et droits que les dits rois et empereurs dans l'établissemen] 
de leur domination avaient destiné tant pour en soutenir leur état et dignité, 
que faire vivre et subsister commodement tous les sujets de leur empire des 
quelles principautés, a Nous cedces par le dit traité de Munster, prenant un soin 
particulier pour donner moyen aux villes, bourgs et villages et autres commu- 
naulcs, qui en dépendent, de se rétablir et repeupler, Nous aurions par 
notre déclaration du 10 septembre 1663 ordonné, que les communautés, 
dépendantes ou situées dans l'étendue des évêchés de Metz, Toul et Verdun 
ou les détroits des dits évêchés rentreraient de droit en la possession de 
leurs droits, usages et biens communs, alienés ou usurpés sur les dites commu- 
en remboursant aux acquéreurs, qui se trouvent fondés en litres legitimes 
le prix de leurs acquisitions et engagements, et depuis par divers arrêts de notre 
conseil Nous aurions encore ordonné, que les Seigneurs des lieux représenteraient 
pardevant les commissaires, dont Nous avons composé une chambre, que Nous 
avons etablie en notre ville de Metz, les titres, en vertu desquelles ils prétendent 
et perçoivent des habitants, lieux, terres et seigneuries des droits, rentes et re- 
devances, tant personnels, que réels et mixtes, et les droits de faire troupeau à 
part dans chacune de leurs seigneuries, en exécution desquels arrêts plusieurs 
de nos sujets, jouissants des lerres et droits seigneurieux ayant produit leurs 


2,600 


litres pardevant les dits commissaires par arrêt de notre conseil du 24 juiliers 
dernier, Nous aurions ordonné, qu'en exécution des arrêts de la dite chambre, 
tous nos sujets, qui y auraient été condamnés ou le seraient ci-après, a faire re- 
prise des églises et clergés de Metz, Toul et Verdun, feraient leurs reprises, foi 
et hommage en la dite chambre et y fourniraient leurs aveux et dénombrements, 
avec les pièces justificatives de leurs droits et prétentions dans les temps et sur 
les peines, portées au dit arrêt jusqu'à ce que les évêques de Metz, Toul et 
Verdun, sachants le nombre et la consistance des fiefs mouvants de leurs 
églises et des domaines et droits dépendants de leurs évêchés puissent obtenir 
de Nous les investitures necessaires pour jouir des domaines et droits temporels 
dependants de leur dits évêchés. Mais d'autant, qu’en fournissant par les dits 
vassaux leurs aveux et denombrements ils seront obligés, outre les autres pièces 
justificatives de leurs prétendus droits et possession, de représenter les investi- 
tures, qu'eux et leurs predecesseurs ont ci-devant obtenues de ceux, de qui ils 
tiennent les dits prétendus droits seigneurieux, par le moven desquelles nos dits 
commissaires pourront connaître, de quels droits seigneurieux réels personnels et 
mixtes, les dits vassaux ont eu droit de jouir en conséquence des dites investi- 
tures et que d’ailleurs, si nos sujets des dites principautés, à Nous cedées par 
le traité de Munster, confirmé par celui de Nimègue étaient obligés de satisfaire 
aux dits arrêts de notre conseil du 5 janvier et 18 fevrier dernier, il faudrait, 
qu'ils produisissent deux fois les mêmes titres, et que nos commissaires pronon- 
cassent deux fois sur une même question, et même, que toutes les assignations, 
données aux vassaux des dits églises et clergés ne peuvent êlre si löt jugées 
joint que notre intention n'est, que de laisser jouir nos sujets des droits seigneu- 
riaux ou fonciers, qui leur sont legitimement dus, et de les empêcher de conti- 
nuer à l'avenir de jouir de ceux, qu'ils ont usurpés, lesquels sont à la foule et 
oppression de nos sujets des dites principautés, à ces causes et autres à ce, 
Nous mouvants, de l’avis de notre conseil et de notre certaine science, pleine 
puissance et autorité royale : 

Nous avons par ces présentes, signées de notre main dit et 
déclaré, disons et déclarons, voulons et Nous plaît, que toutes les 
villes et communautés, et tous les vassaux médiats et immédiats, 
ecclésiastiques ou séculiers des évêchés et clergé séculier et régu- 
lier des eglises de Metz, Toul et Verdun, engagistes ou bientenants 
des domaines et droits féodaux des dites eglises et tous autres que 
notre procureur général en la dite chambre fera assigner, suivant le 
pouvoir que Nous lui en avons donné par arrêt de notre conseil du 17 septembre 
dernier, seront tenus sur peine de commise, de faire leurs reprises, 
foi et hommage de Nous aux dites églises de tous les biens et droits, 
qu'ils tiennent en fiefs ou autrement de Nous ou des dites églises 
deux mois après la publication de la présente declaration et ensuite quarante 
jours après y bailler leurs aveux et dénombrements en bonne et due forme, 
contenants specifiquement les dits biens et droits et de produire leurs confirma- 
tions, investitures et autres titres et pièces justificatives de ceux; quoi faisant 
ils pourront continuer à jouir des biens et droits qu'ils prétendent leur appar- 
tenir en conséquence des dites confirmations, investitures, reprises et autres 
titres, qu'ils attesteront à leurs offres de satisfaire à la présente déclaration, sauf 
à faire droit en procédant à la vérification des dits dénombrements sur les droits 


ee 


usurpés par les dits vassaux, ou villes ou communautés ecclésiastiques et sécu- 
liers. Et quant au vain pâturage et droit de troupeau à part, voulons et Nous 
plaît, que tous nos sujets des dites principautés, a Nous cédées, jouissent entre 
eux du droit de parcours jusqu'aux équars des clochers; et à l'égard des 
seigneurs et autres, qui prétendent avoir droit de vain pâturage et troupeau à 
part, qu'ils pourront jouir du dit droit, sans qu'ils prétendent en delà du quart 
du dit vain pâturage, ni qu'il leur soit permis d’en abuser au préjudice et dom- 
mage des habitants des seigneuries où ils feront leur residence. Si donnons en 
mandements à nos aimés et féaux les officiers de notre cour de parlement de 
Metz, par Nous commis, pour tenir la chambre royale, établie en la dite ville de 
Metz, que ces présentes nos lettres de déclaration ils aient a faire enregistrer, 
et le contenu en celles faire exécuter, garder et observer selon leur forme et 
teneur sans y contrevenir ni souffrir, qu'il y soit contrevenu en aucune manière, 
Car tel est notre plaisir. En t@moin de quoi Nous avons fait mettre notre sceau 
à ces dites presentes. 

Donné à Versailles le dix-septième octobre l'an de grace mille six cents 
quatre vingt, et de notre règne le trente-huitième. 

signé Louis 
et sur le repli, par le roi 
; Le Tellier 


et scellées du grand sceau de cire jaune. 


Folgt die Einregistrirungs- und Veröffentlichungs- Verfügung vom 31. Oktober 1680. 


V. 


Original-Verhandlung über die gewaltsame Wegnahme des Schlosses 
Veldentz ?). 
Metz. Bez.-Arch. B, 56. 


Nous, Jean de Bienvenu, ecuyer, sieur de Mignonville, capitain au régi- 
ment de la couronne, ayant recu ordre de monsieur le comte de Bissy, lieutenant 
général des armées du roi, et des provinces de Lorraine et Barrois, commandant 
pour Sa Majesté dans les évêchés de Metz, Toul et Verdun et frontières et les 
troupes étant en les pays, gouverneur des ville et chateau d’Auxonne, en date 
du 4me juillet 1680, de nous rendre à Veldentz, avec le sieur de la Minotière, 
capitain au régiment des dragons du roi, commandant le détachement des dra- 
sons pour Veldentz, pour nous acheminer au lieu de Veldentz, nous serions par- 
tis de Vaudrevange (bei dem späteren Saarlouis) le 14me du dit mois et aurions 
été logés à Laussim (Losheim), le lendemain quinze à Dronnecken et le seize au 
dit Veldentz, où étant arrivés vers le midi, nous serions allés droit au logis du 
sieur Jean Georges Happel, prevôt de l'office du dit Veldentz, situé dans le 
vallon au pied du dit château, auquel ayant fait commandement de la part du 
roi de nous remettre le château du dit Veldentz, il nous aurait repondu, qu'il 
n'en était pas le maître, et qu'il ne se mêlait que de la recette du domaine 


1) Da die Benennung der deutschen Eigennamen einiges Interesse gewährt, ist 
in diesem und den fölgenden Schriftstücken die Schreibweise des Originals beibehalten, 


= JE 


du dit Veldentz; qu'il v avait un commandant avec quelques hommes au dit 
château de la part de monsieur le prince de la Petite-Pierre, auquel nous pou- 
vions nous adresser. Ensuite de quoi, ayant prié le dit oflicier ou prevôt, de 
vouloir venir avec nous, pour parler au dit commandant, il se serait transporté 
avec nous (après avoir laissé le sergent l’Epine avec six soldats de notre com- 
pagnie en la maison du dit prevôt, pour empêcher, qu'aucuns papiers ne puissent 
être divertis.) et étant arrivés à la barrière, vovant le dit commandant sur le 
rempart, les armes à la main, avec son monde, nous lui aurions dit, que nous 
avions une lettre à lui rendre de la part de monsieur le comte de Bissy, et qu'il 
voulût prendre la peine de la recevoir; ce, qu'il aurait fait, accompagné d’un 
soldat armè, et la dite lettre lui ayant été rendue à travers de la dite barrière, 
aurait repondu, qu'il ne savait pas lire la francais; et l’avant mise ès mains du 
sieur Keller, procureur du roi au dit Vandrevange, que nous aurions amené ex- 
près avec nous, pour nous servir d’interprete, celui sieur Kæller aurait ouvert la 
dite lettre et en ayant fait explication au dit commandant, que l'intention de Sa 
Majesté était qu'il nous rendit le dit château, il nous aurait repondu, qu'étant 
commandant de la part de monsieur le prince de la Petite-Pierre, il ne pouvait 
pas le faire sans son ordre, nous priant de vouloir lui donner du temps, pour 
l'en avertir; et lui avant repliqué, que cela ne se pouvait pas et que, s'il faisait 
difficulté de nous rendre le dit château, nous serions obligés d’agir par voies de 
fait il n'aurait pas laissé de se défendre toujours sur ce, qu'il ne pouvait point 
se rendre de la sorte, ce qui nous aurait obligé de faire avancer les dragons, 
qui auraient coupé la porte de la dite barrière, et voyant que cela ne l’obligeait 
pas à se rendre, nous aurions détaché dix dragons avec des haches, qui auraient 
passé outre et coupé la première porte du dit château et les trois autres sui- 
vants pour y entrer; après quoi élant entrés et nous étant saisis de la place et 
fait occuper les portes, le dit commandant avec trois hommes armés se serait 
presentés sans autre resistance; auquel comme au dit prevôt nous aurions fait 
entendre, que le dit lieu de Veldentz et ses dépendances étant une portion du 
lief mouvant de l'église de Verdun, dont le seigneur était condamné à faire re- 
prise de la dite église, dont la souveraineté avait été cedée au roi par le traité 
de Munster, confirmé par celui de Nimègue, nous étions venus au dit lieu par 
ordre du roi, pour entrer avec notre monde dans le dit château et y commander 
de la part de sa majesté. Mais d'autant que nous ne souhaitions v entrer que 
préalablement il ne fût dressé un bon et fidèle inventaire de tout ce, qui se 
trouverait dans la dite place, nous aurions ordonné au dit commandant et pre- 
vöt, de nous montrer tout ce qu'il y avait dans la dite place, tant de munitions, 
de poudre de guerre, titres et papiers, meubles meublants ou autres choses gé- 
néralement quelconques. En l'éxécution duquel commandement, verbalement 
fait, le dit commandant nous aurait ouvert les magasins du dit château et fait 
voir ce, qui s’est trouvé dans ceux et sur les remparts, savoir 5 pièces de feu, 
1 livre de calibre, 7 arquebuses à croc, dont deux de fonte, 2 boîtes de feu, 
120 boulets, 160 balles d’arquebuses à croq, 160 grenades chargées, 50 livres de 
poudre, 260 livres de plomb de gros calibre, 160 livres de mèche et 131 tour- 
teaux goudronnés; de quelles munitions de gueïre a été fait inventaire separé 
par le sieur de Goiset, commissaire commandé pour la conduite de l'artillerie au 
dit Veldentz; et par le prevöt nous aurait élé ouvert une chambre, proche du 
dit magasin, dans laquelle nous aurions trouvé 4 méchants lits de plume, ser- 


— 3085 


vants à la garnison, trois?) plats, six assiettes, une aiguiere el un viel bassin, 
un chandelier d’etain et un de cuivre quantité de losanges rondes pour vitres 
dans un coffre et un pannier d’osier. Ce fait nous aurions procedé à la visite du 
dit château et de ses bâtiments, lesquels nous aurions trouves en fort méchant 
état, suivant la description, que nous en avons fait apart. Ensuite de quoi, avant 
laissé le dit château à la garde du sieur Mouetrv, lieutenant de notre compagnie, 
nous serions retourné du dit château au logis du dit prevôté, auquel nous 
aurions fait entendre, que pour notre décharge il était à propos, 
que nous fissions la visite des titres, papiers et enseignements, 
qu'il pouvait avoir, convenant les droits et jurisdictions du dit 
Veldentz; lequel en consequence nous avant fait voir plusieurs inventaires et 
comptes, touchant les rentes et revenus de la dite terre de Veldentz. Nous nous 
serions saisis de trois comptes, consistants en recette et dépense, paraphés par 
premier et dernier, que nous avons jugé les plus importants, et demeurés entre 
nos mains, savoir le premier de l’année 1627, qui n’est pas entier et les deux 
autres des années 1660 et 1663, qui ne sont pas conclus et arrêtés: et non con- 
tents de ce, nous avons fait faire ouverture au dit prevôt de toutes les chambres 
de sa maison, buffets et coffres, lesquels ayant exactement visité, même la cave 
et le grenier, nous avons néanmoins trouvé aucuns autres papiers, nous avant 
representé par le dit prevöt, que pendant les guerres le château de Veldentz 
aurait été occupé par les Espagnols, comme encore l'année dernière 1679 par 
les impériaux, qui n’y auraient rien laissé, et que longtemps auparavant les 
litres de la maison pouvaient avoir été transporté à Loutrec et de la à Stras- 
bourg; qu'à son parti entier il n'était prevôt et ne faisait son domicile au dit 
Veldentz que depuis trois ans. De tout quoi nous avons dressé le présent pro- 
cès-verbal, pour servir en temps des lieux ainsi que de raison, qui s'est fait au 
dit Veldentz le dit jour seize juillet mille six cent quatre vingt, en présence du 
sieur Keller, procureur du roi au baillage d'Allemagne et du sieur Cavyot, que 
nous aurions mené exprès, pour rediger par écrit le procès-verbal, inventaire et 
visite du dit sieur Happel, prevôt, et des dits sieurs de Mignotière capitaine de 
dragons et Guisot, commissaire d'artillerie. 

gez. (eigenhändig) Mignonville; De la Minotiere, Guisot, J. G. Happel, grand 
prevöt, C. E. Koeller, Cayot. 


VI. 


Original-Briefe des Reunions-Comimissars Capitain Simon. 
Metz. Bez.-Arch. B, 57. 
r 

Capitain Simon berichtet über seine Reunions-Thätigkeit im Gebiete der früheren 

Grafschaft Veldentz und deren Umgegend. 
à Lautrek le 23 octobre 1680. 

Passant ici A mon retour de Veldentz le bailli m’a rendu les deux lettres, 
que Vous m'avez fait l'honneur de m'écrire, l'une du 13me, l'autre du 17% du 
présent moi. Nous avons fait les saisies à Veldentz, où j'ai trouvé quantité 

1) Die Zahlen im Original wie hier, teils in Buchstaben, teils in Ziffern an- 
gegeben. 


— 304 — 


de vin, qui appartient à des étrangers du pays de Trèves et de Luxembourg, 
qui possèdent des biens, les uns en propre, les autres par engagements, et le 
tout dépendant du comté de Veldentz. Je l'ai fait arrêter jusquà ce, 
qu'ils Vous vient justifié, à. quel titre ils les tiennent qui est le 
véritable moyen de connaître les démembrements du dit comté. 

Deux gentilshommes de ce pays là m’etant venu trouver, pour avoir leur 
vin m'ont donné leur écrit, dont je Vous envoie copie; après quoi je leur ai 
laissé aller ce qui était à eux, d'autant plus que ce, qu'ils possèdent, ne provient 
pas du domaine du seigneur. Si d’autres viennent faire la même chose, mandez 
moi, monsieur, s'il Vous plait, si Vous trouver bon, qu'ils soient traités de la 
même manière. 

Nous avons été à Wildenbourg, signifier l'arrêt de Veldentz; c'est un 
château chef-lieu d'un bailliage, composé de douze villages, dont je Vous envoie 
l'état. Le baillif de ce lieu ne disconvient pas qu'il n'ait autrefois 
dépendu de Veldentz. Il appartient présentement à monsieur le Rhingrave de 
Morhange. Je Vous envoie aussi la dépendance de Grumbach, à mon retour de 
Sponheim et des autres lieux, où nous allons aujourd’hui, et je Vous ferai savoir 
ce que nous aurons fait. 

Je vous envoie copie d’un article de la lettre, que monsieur le chevalier 
Perrin m'écrit, afin que je sache de Vous, monsieur, si Vous entendez, que je lui 
rende compte de tout ce, que je fais dans ce pays ici par Vos ordres et qu'il 
ait le premier part de tout ce, qui se passe pour en faire sa cour aux dépens 
d'autrui. Je ne suis pas accoutumé à recevoir des mercuriales de cette manière; 
si Votre intention est, de recevoir par ses mains toutes les nouvelles de ce pays 
ici, je le ferai avec plaisir, si Vous me l’ordonnez, mais je ne crois pas, que 
Vous le prétendiez ainsi, et il me serait fort fâcheux, de dépendre de tant de 
personnes. Je sais, que pour le fait de la guerre il est juste que je lui 
donne toutes les nouvelles, qui concernent le service du roi, mais pour celles, 
qui regardent la chambre royale je pretends ne les devoir qu'à Vous seul. 
Monsieur le comte de Manderscheid, envoyé à Metz son aumonier pour prendre 
ses papiers, il attend monsieur le commissaire avec beaucoup d’impatience; si 
vous êtes en état de le faire partir, Vous l’obligerez infiniment, de l'envoyer avec 
le porteur. La prise de possession de ce comté de Falkestein reduira les plus 
opiniätres de ce pays ici. 

J'ai appris, que monsieur le duc des Deux-Ponts se dispose à sortir de 
Landsperg pour se retirer à Heidelberg chez monsieur le prince palatin. Il me 
semble, qu'il serait bon, si l’homme qu'il a envoyé à Metz n’a pas fait ce que 
Vous souhaitez, de se mettre en possession de Meisenheim. 

Quant aux officiers des lieux saisis, il n'y a point de qualité et 
tous de très peu de mérite; gens très mal intentionnés au service 
du roi, qui sont plus des espions que des serviteurs, et qui ne font 
des révérences que pour convaincre et pour faire leurs affaires 
particulières et en un mot, nullement propres au service du roi. 
Voilà ce que je Vous peux dire touchant ces messieurs là, et qu'il est bon, de 
ne se pas presser, à donner des charges à ces gens là. Le plus honnête homme 
de tous est le prevôt d'ici, qui fait les choses d'assez bonne grace, et donne 
toutes les lumières, qu'il peut, et qui est un homme, qui a de quoi repondre de 
ses actions, tous les autres n'étant que des vagabonds. 


=... 505, 7 


Nous avons encore tant de travail pour la signification de cet arrêt, que 
je ne crois pas que monsieur de Vivice puisse s'en retourner de {rois semaines; 
ainsi ne Vous ennuvez pas après lui; il est en très bonne santé. 

Pour ce, qui regarde Offenburg, c'est une abbaye autrefois très riche, qui 
s'appelle Diseboberg, qui a des grandes dépendances considérables, qui sont 
possédées partie par monsieur le prince palatin, partie par madame la landgrave 
de Hesse, et par monsieur le duc de Deux Ponts; elle est située sur une mon- 
tagne, qui n’est commandée de nulle part, entre la Glane et Laneau (Nahe), à 
quatre heures d'ici, deux heures de Meisenheim, et trois heures de Creistnac 
(Creuznach) dans le baillage de Meisenheim, où l'arrêt de Veldentz est affiché; 
Je m’informerai exactement de ses revenus, et Vous le ferai savoir. Je suis 
avec respect 

Monsieur 
Votre très humble et très obéissant serviteur 
Simon. 


2 


Capitain Simon berichtet über seine Reunionsthätigkeit im (rebiete des Herzogtums 
Zweibrücken und der frühern Grafschaft Sponheim. 


A Lautrek le 22 mai 1681. 
Monsieur 

Jai été à Trarbach et à Castellaun; je passe ici parceque c'est mon che- 
min, pour aller à Birkenfeld, où je serai demain, pour me rendre samedi aux 
Deux-Ponts, où je trouverai monsieur le prince de Birkenfeld, que je mettrai en 
possession du comté de Deux-Ponts, et continuerai dans toutes les terres, dont 
il a fait reprises; jusqu'à ce j'ai entièrement executé ce que Vous m'avez or- 
donné à cet egard et lorsque cela sera fait, je commencerai par le landgraviat 
de Linange. 

Comme je crois, que Vous serez bien aise de savoir, ce que c'est de 
Trarbach et de Castellaun, je Vous en dirai deux mots, jusqu'à ce que j'ai le 
temps de Vous en dresser un mémoire plus ample. 

Trarbach est une petite ville, située sur la Moselle, deux heures au dessous 
de Veldentz, à moitiè chemin de Trèves à Coblence, cheflieu d'un bailliage, com- 
posé de vingt villages, la plupart desquels sont situés sur la Moselle. La ville a 
cent quatorze bourgeois; Traben qui est à l’opposite de Trarbach a vingt trois 
habitants; Cröve, qui est une heure au dessous, en a cent dix, et Einkirek 
(Enkirch), qui est une heure au dessous, en a cent quatre vingt, tous gens aisés, 
les autres villages, qui sont dans le Hontzrück n'étant pas si peuplés, mais le 
pavsan v étant assez accommode. Le château du dit Trarbach est très bon el 
sans comparaison beaucoup meilleur que celui de Veldentz. 

Castellaun est une petite ville fermée de brunes murailles, qui à un bon 
château, dans la basse cour duquel, qui est en sureté, il y a de belles écuries 
voütdes, où on peut loger cent chevaux et au dessus des dites écuries on peul 
loger les hommes et au dessus du haut de très bons greniers. Dans Île donjon 
on y peut loger assez commodement deux cent hommes, et pour peu qu'on tra- 
vaillerait à la ville et au château il y faudrait venir par les formes. Cette ville 
est située à cinq heures du Rhin et à cinq heures de la Moselle; elle est chef- 
lieu d'un bailliage composé de soixante et dix bourgs et villages; l'un desquels 


20 


— 306 — 


bourgs appellé Winningen est situé sur la Moselle à deux heures de Coblenz. 
Il me semble, qu'il soit très util au service du roi, d'avoir dans 
Trarbach et Castellaun des garnisons, pour tenir le pays dans le 
respect et obéissance; d'autant plus, que monsieur l'électeur de 
Trèves, monsieur l’electeur palatin et messieurs de Metternich et 
autres se sont emparés d'une partie des villages, et obligent la 
plupart des habitants des autres à reconnaître leur jurisdiction, et 
que si le roi n’a pas des gens sur les lieux pour empêcher ces usurpations el 
violences et maintenir ces nouveaux sujets, les habitants de ces lieux là seront 
tous les jours persécutés, el à la suite du temps contraints de déserter. Je me 
donnerais volontiers l'honneur de rendre compte de ces sortes de choses à mon- 
sieur le marquis de Louvois; mais la crainte que j'ai, qu'il ne trouve pas bon 
que je prenne cette liberté fait que je n'ose l’entreprendre; j'espère que Vous 
aurez la bonté monsieur de l'en informer. Je suis etc. 


D] 


Capitain Simon berichtet über die Vollziehung der Reunion der Lundgrafschaft 
Leiningen und weitere Reunions- Unternehmungen und Absichten, insbesondere in Worms 
und der Kurpfalz. 

A Grünstadt le 13 juin 1681. 
Monsieur 

A la sortie de Berigzabern j'ai fait venir ici messieurs les comtes 
de Linange, lesquels, après beaucoup de contestations sur le lieu de l’assem- 
blée, chacun voulant qu'elle se fit chez lui, sont enfin demeurés d'accord, que 
ce serait ici. Ensuite de quoi J'y ai fait venir tous leurs sujets, et ai envoyé 
des ordres dans tous les lieux du landgraviat, usurpés par monsieur l'électeur 
palatin, qui a envové partout de ses dragons, défendre aux habitants, d’obéir, 
même en a logé dans tous les villages, pour empecher les dits habitants d’en 
sortir. 

Pendant que Baudin et le lieutenant, que j'ai amené ici ont été signilier 
aux habitants des dits lieux les ordres, que je leur avais donné pour la dite 
assemblée J'ai été rendre visite à messieurs les comtes de Linange de Wester- 
bourg et d’Oberbronne, à ceux de Hartenbourg et de Bocquenom (Bockenheim); 
ils ont tous té moigné beaucoup de zèle au service du roi, et m'ont 
fait mille protestations de fidelité pour lui. 

La santé du roi et de toute la maison royale, celle de monseigneur le mar- 
quis de Louvois ont été bus au son des trompettes, timbales, tambours. hautbois, 
violons et autres instruments, et au bruit du canon, qu'ils ont partout fait ronfler 
pendant plus de 3 heures; la Votre n'v a pas été oublié. Enfin ils n'ont rien 
omis de tout ce qui a pu contribuer à faire connaître qu'ils sont bons fran- 
cais; car le lendemain de mon arrivée ils ont envoyé par tous les lieux, dont ils 
jouissent des ordres signés d’eux pour que l'on fit les prières publiques pour le 
roi; ce qui s'est exécuté dès le lendemain au grand contentement de tout le 
peuple. 

Le jour de l’essemblée arrivée, après que j'ai fait ce que je devais, et 
que je les ai eu mis en possession, ils ne se sont pas contentés, que leurs ha- 
bitants leur prestassent serment de fidelité; ils ont voulu, qu'ils le fissent aussi 


— 307 — 


au roi, et quoique je leur ai dit, que ces sortes de choses se faisaient par des 
commissaires deputés, ils m'ont répondu qu'ils etaient bien aises de commencer 
à établir l'autorité du roi par là, tous ces peuples l'ayant fait avec des témoig- 
nages de joie, qui sont incrovables. Tout ce jour s'est passé à boire à la santé 
du roi, messieurs les comtes leur avant fait distribuer du vin tant qu'ils en 
veulent boire pour cet effet. 


Les habitants des lieux usurpés par monsieur l'électeur palatin sur le dit 
landgraviat, n'étant comparu, j'ai donné défaut contre eux, et pour le profit ai 
déclaré, la possession bien et valablement prise, comme Vous verrez monsieur, 
par la copie du procès-verbal que je Vous envoie. Je Vous demande la grâce de 
me mander, si le dit procès-verbal est bien fait, afin que quand j'irai dans le bas 
comté de Sponheim, et que je ferai assigner Creulznach et autres lieux usurpés 
par monsieur l'électeur palatin, même chez les Rhingrafes, de la plus part des 
lieux desquels il s'est emparé, je fasse la même chose, et s'il y manque quelque 
chose, Vous auriez la bonté de lv ajouter et me le renvover. 


Les biens, dont messieurs les comtes de Linange ont joui jusqu'à présent 
et desquels ils sont encore en possession, consistent en six châteaux, sept bourgs, 
quarante quatre villages et cinq melairies, dans lesquels il-v-a quatorze-cent 
chefs de famille et autre fois il-y-en avait jusqu'à dix ou douze mille à ce que 
m'ont dit les dits comtes. 


Les usurpations, que monsieur l'électeur palatin à fait sur le dit land- 
graviat, sont huit grands bourgs, deux desquels sont fermés de bonnes murailles, 
avec un bon fossé et où il-y-a garnison, dix neuf beaux villages et quatre métairies, 
dans lesquels il peut y avoir deux mille chefs de famille: tous les lieux du dit 
landgraviat sont situés dans la plaine entre les montagnes et le Rhin, et entre 
Franckendal, Wormbs et Mayence, très bon pays et où les paysans sont à 
leur aise. 


Deux de mes chevaux m’ayant manqué en chemin, j'ai été obligé d'aller 
à Wormbs, pour en acheter d’autres; j’v ai vu monsieur d’Eltz, grand doyen du 
chapitre du dit lieu, à qui j'ai donné l'alarme pour des biens, qui lui appartien- 
nent et même ai touché l'accorde pour ceux de monsieur l'évèque et du cha- 
pitre. Le lendemain le dit sieur d’Eltz m'a envové son frère me dire, qu'il me 
viendra voir mardi prochain tant pour ses biens propres, que pour ceux du dit 
eveche; qu'il y serait venu lui même, mais que le chapitre s'étant assemblé sur 
ce que je lui avais dit, il ne pouvait quitter. Je lui ai donné rendez-Vous à 
Meisenheim, lorsque je l'aurai vu, je Vous rendrai compte de l'entretien, que 
nous aurons eu ensemble. 


Messieurs de la régence de Wormbs m'ont envoyé un de leurs docteurs 
faire des protestations pour la moitié de la ville et du château de Neuf-Linange, 
qu'ils disent leur appartenir; je les ai renvoyé à la chambre rovale el ai passé 
outre à l’éxécution de ma commission, ce que je crois qu'il les fera häter. 


Messieurs les comtes de Hohenlau ayant aussi usurpé cinq villages du 
dit landgraviat, je les ai réunis au corps et en ai mis possesseur messieurs de 
Linange. Si les dits comtes de Hohenlau allaient à Metz, pour faire 
les reprises des dits villages, il serait bon, de ne les point recevoir 
par procureur, et même de les obliger à faire reprises de tous les 


IR, 


—' Sr 


autres biens qu'ils possèdent"), ce qu'ils feront, pour tächer de con- 
server les dits cinq villages. 

Messieurs les comtes de Linange souhaiteraient fort d’avoir une garnison 
dans un des lieux du dit landgraviat, afin de se maintenir contre les violences 
de monsieur l'électeur palatin. Je ne trouve point d’endroit, où elle serait 
mieux qu'à Neuf-Linange, dans le château du quel lieu monsieur l'électeur a 
mis un sergent et six soldats pour chagriner les dits sieurs comtes. Je crois même 
qu'il serait très util au service du roi, d'avoir deux compagnies d'infanterie el 
quelques dragons pour tenir tout le pays dans le respect. 

En attendant l'échéance du jour de l'assemblée, j'ai refeuille 
les archives des dits sieurs comtes. Je trouve, qu’en l'an quatorze 
cent, quatre vingt et dixsept vassaux font reprises de Hesso, land- 
graf de Linange de quantité de beaux villages et autres grands 
biens, et entre autres de la ville de Freusheim et du château de 
Honec possedés par monsieur l'électeur palatin; tous les actes de foi et 
hommage, qu'ils ont rendus, sont inscris dans un livre, que monsieur le comte 
de Linange-Westerburg a en main, du quel j'ai fait un petit abrégé, que je Vous 
mettrai en main, lorsque j'aurai l'honneur de Vous voir. J'ai bien échauffé 
messieurs les comtes de Linange les uns contre les autres, qu'un premier jour 
ils seront tous à Metz et y porteront tous leurs titres, qui sont en grand nombre. 

Monsieur l'électeur palatin sachant que la ville de Pettersheim est une 
dépendance du comté de Falkenstein, a donné ordre, à ce que l’on m'a dit, pour 
en faire raser les mur.illes, ce qu'il faudrait empêcher s'il était possible, parce- 
que c'est un lieu où le roi pourrait loger des troupes, situé dans la plaine à 
une heure de Wormbs. Jamais pays n'a été si alarmé, que celui de 
monsieur l'électeur palatin; mais la plupart des sujets souhaitent 
passionnement d'être sous la protection du roi. 

La noblesse de ces quartiers là, que monsieur l'électeur pala- 
tin a depouillé attend ce jour là, comme les juifs le Messie. 

Je Vous envoie Monsieur la procuration, qu'un gentilhomme de ce pays-là 
a donné pour faire reprise de son bien. Il v en aura encore d’autres qui 
suivront. 

J'ai fait donner assignalion à messieurs les comtes de Nassau de Weil- 
bourg, des quels le comte de Nassau d'Ottweiler est tuteur; il s’est caché et n’a 
pas voulu, que personne de ses gens prit l'exploit; on l’a donné à son portier; 
s'il va a Metz, pour faire les reprises, je Vous prie Monsieur de l’obliger de les 
faire de Kirckheim, de Boland el de Gueileim, avec leurs appartenances et dé- 
pendances, qui sont grandes et considérables, et de ne lui point donner de quar- 
tier, parce qu'il fait, l'entendu dit, cent sottises, préjudiciables au service du roi, 
et fait tout ce qu'il peut pour empêcher les gentilshommes de ce pays là à se 
soumettre; a même déclaré contre messieurs les comtes de Linange de ce, qu'ils 
ont fait leurs reprises; ainsi il est bon (ce me semble) de mettre cet homme à 
la raison. 

Je Vous envoie l'exploit d’assignation qui lui a été donnée, ayant aussi 
fait saisir entre les mains de leur receveur, Je viens de recevoir la lettre, que 
Vous m'avez fait l'honneur de m'écrire le 9me du présent mois, comme j'ai 


') also selbst olme den Schein eines Rechtsanspruches. 


— 309 — 


achevé avec messieurs les comtes de Linange quant au landgraviat. Je partirai 
demain pour aller joindre monsieur le prince de Birckenfeldt, et prendre jour 
avec celui, pour le mettre en possession du bas comté de Sponheim. Et pendant 
que Baudin ira assigner les habitants de la dépendance du dit comté, J'irai à 
Coblentz, porter à monsieur l'électeur de Trèves la lettre que Vous lui écrivez, 
afin de ne point perdre temps. 

Je n'ai point d'ordre, pour mettre personne en possession du comté de 
Falkenstein et baronnie de Repoldskirchen; et comme monsieur l'électeur palatin 
a fait de grandes usurpations sur les dit comté et baronnie, et que ce sera une 
même querelle, qu'en ce landgraviat de Linange, mandez-moi, s'il Vous plait, 
monsieur, si je dois faire la même chose que j'ai fait au dit Linange, au cas 
qu'il m'arrive des ordres, pour les mettre en possession des dits comté et ba- 
ronnie. 

Je suis etc. 


4. 


Capitain Simon berichtet über seinen Besuch beim Kurfürsten von Trier in Coblenz, 
über Reunionsunternehmungen in der früheren Grafschaft Sponheim und bei den 
ktheingrafen, sowie weitere Absichten. 

A Lautrek le 24 juin 1687. 
Monsieur 

J'ai été a Coblentz où j'ai eu l'honneur de voir monsieur l'électeur, à qui 
j'ai rendu Votre lettre. A l’abord il a changé de couleur et a été une 
heure comme un homme mort; enfin s'étant reparé après avoir lu la lettre, 
il m'a dit, qu'il s’étonnait fort du procédé de Mr de Sötern, qui est pavé (à ce 
qu'il dit) et même au delà de ce, qui lui était du; comme je le veux justifier 
par ses quittances, lorsque le dit sieur de Sütern agira par les formes devant 
les juges, qui en doivent connaître, qu'il dit être le conseil de l'empereur et 
qu’enfin toutes ses prétentions ayant été reglées par un arrêt de la cour de 
Vienne, il n'était pas en peine de ces sortes de chicanes; qu'il était surpris de 
la mauvaise foi de ce gentilhomme. Après quoi il s'est étendu sur ce, que Dach- 
stuhl et les autres terres, qu’il possède, étant un fief de Trèves, comme il pré- 
tend, il en ait fait ses reprises à la chambre royale, mais que ces sortes de 
choses auraient leur temps, et qu'il esperait, que la conference de Francfort re- 
tablirait les choses à leur positive état et qu'il était persuadé, que le roi ne pré- 
tendrait, que ce qui lui appartient legitimement. Et ensuite, m’ayant fait mille 
honnêtetés, m'a dit, qu'il ferait reponse, et me l'envoyerait; sur quoi, lui ayant 
fait une profonde révérence, je me suis retiré. Le lendemain a six heures du 
soir il m’envoya par son chambelan et son secretaire la lettre ci-joint, laquelle 
ayant reçu je parlis encore le même jour. 

Pendant que j'étais au dit Coblentz, le lieutenant que j'ai ici el 
Baudin que j'avais envoyé à Creutznach y étant entrés sous un faux 
prétexts (sans quoi les portes leurs auraient été fermées) y passèrent 
le reste du jour tout tranquillement jusqu'au soir, que l’aide-major de la place, 
élant venu au cabaret, où ils logeaient s'informer tout particulièrement, qui ils 
élaient; mais le lieutenant lui avant dit, qu'ils étaient de la garnison de Lands- 
perg, qu'ils allaient à Bingen, cet aide-major, soit qu'il se soit delié de la chose 


— 310 — 


ou qu'il ait eu d’autres raisons, que je ne peux point deviner, mil une sentinelle 
devant la porte de leur logis, ce qui ne les empêcha pas dès la pointe du jour 
suivant de faire tout ce, qu'ils devaient; avant signifié au bailli du lieu parlant 
à sa personne la déclaralion du roi, l'arrêt de Veldentz et mon ordonnance en 
exécution de la commission obtenu en la chambre royale par monsieur le prince 
de Birckenfeld; ce bailli fut si interdit qu'il tremblait, comme s'il 
avait eu deux Jésuites à ses cotés et un bourreau derrière lui, et ne 
put ouvrir la bouche, que pour dire: »je proteste«, et comme l’aide-major 
de la place était chez lui, ıl prit les significations et les jeta devant les portes; 
sur quoi le dit lieutenant et Baudin elant sorti, en furent affichées autant à la 
porte de la maison de ville, que l’aide major fit arracher et qui furent rattachées 
une seconde fois par le dit Baudin et derechef arrachées par le dit aide-major; 
sur quoi la populace, etant accourue, la pluspart lémoignaient en être fort 
aises. Ensuite de cela, mes gens voulant sortir de la ville, trouverent les portes 
fermées, qui leurs furent ouvertes une heure après par l’aide-major, qui leur dit 
(en tremblant) de la part du gouverneur, que s'ils leur arrivait jamais de venir 
à Creutznach faire de pareilles sottises, qu'ils en repentiraient, et qu'il fallait 
être aussi effronté qu'eux, pour faire un coup pareil à celui là: voilà ce, qui 
s’est passé au dit Creutznach, où deux jours après monsieur l'électeur palatin a 
envoyé 200 dragons, desquels 30 ont été envovés à Sponheim, pour m'empêcher 
d'exécuter ma commission et comme J'avais pris jour au 23 du présent mois, 
pour mettre monsieur le prince en possession du dit Sponheim et que j'v avais 
fait assigner tous les ofliciers, maires et habitants du dit comté, appartenances 
et dépendances, pour les 9 heures du matin, monsieur l'électeur leur a à tous 
envoyé ordre de comparaître le mème jour au dit Creutznach pour les 6 heures 
du matin à peine de la vie, et défense sur mèmes peines à tous les dits offi- 
ciers, maires et habitants de se trouver au dit Sponheim, suivant les ordres, 
qu'ils avaient recu de moi. Mais ni ses défenses, ni ses dragons ne m'ont em- 
pêché de passer outre à l'exécution de ma commission; car m'étant rendu au 
dit Sponheim assez matin, pour y trouver les habitants, que jv ai retenu, j'ai 
mis le dit sieur prince en possession; de quoi j'ai dressé mon procès-verbal que 
J'ai fait signer au prevöt et gens de justice du dit Sponheim. Et à l'égard des 
messieurs de Creutznach, ceux de la ville de Kirbrick et autres dépendances du 
comté de Sponheim, qui n'ont point comparu j'ai donné défaut contre eux el 
pour le profit j'ai declaré la possession bien valablement prise avec les mèmes 
commandements et défenses, qu'au landgraviat de Linange. Vous me ferez plai- 
sir, Monsieur de me mander, si j'ai bien ou mal fait; car si la chose n'est pas, 
comme Vous la souhaitez, on peut encore y remedier, parceque mon procès- 
verbal n'a encore été vu de personne, n'en ayant point voulu donner de copie 
à monsieur le prince jusqu'à ce que j'ai de Vos nouvelles là dessus. 

Messieurs les Rhingrafs font autant de difficulté, et plus de se faire 
mettre en possession, qu'ils en ont fait pour leurs reprises, el comme ils ne 
m'avaient point fait de réponses sur deux lettres, que je leurs avais ecrit sur ce 
sujet, je les ai été voir, pour savoir leurs raisons. Ils m'ont dit qu'auparavant 
qu'ils puissent se faire mettre en possession, il fallait, qu'ils conferassent avec 
messieurs les électeurs de Mayence, Trèves et palatin avec lesquels ils disent 
avoir de grandes mesures à garder, que s'ils se faisaient mettre en possession 


et que l’on fit dans leurs terres les mèmes choses, que j'ai fait dans le land- 


— 911 — 


graviat de Linange et comté de Sponheim, cela leurs attirerait de grands affaires 
avec Is dits sieurs électeurs et que si elles venaient à se brouiller et chan- 
geaient de face, ils avaient ces électeurs pour enemis, lesquels ils veulent ab- 
solument conserver pour amis; qu'ils se contentent de posséder paisiblement ce 
qu'ils ont, et qu'ils n'en demandent pas d'avantage, avec bien d'autres raisons 
aussi impertinentes, qui seraient trop longues à déduire. Vous vovez bien, Mon- 
sieur, l'intention des pélérins, et que si on ne les presse vigoureusement, on n'en 
viendra jamais à bout; si Vous jugiez à propos de m'envoyer un ordre pour cela 
ou dans la lettre, que Vous me ferez l'honneur de m'écrire, et inserer un ar- 
ticle sur ce subject et me quereller d'importance, ıne menacer de me rendre 
responsable de tout cela, faute par moi d'exécuter incessamment la commission 
qui m'est adressée, je leur ferais voir cet article et les presserais rigoureuse- 
ment. Je serais mème bien aise, que cette affaire fut vidée avant la moisson; 
car n'ayant plus que celle là, celle des messieurs les comtes de Hanau, et de 
Linange et le comte de Ribaupierre, je tâcherais de les achever, pour aller mettre 
mes grains au logis. 

Ne sachant plus rien en deca du Rhin, dont on n'ait fait les 
reprises, que les châteaux et seigneurie d’Eberbourg, ceux de Dal- 
berg, de Guemund, de Metzenstein et de Mandelle, j'ai fait donner 
assignation aux seigneurs des dits lieux, de Vous envoyer les ex- 
ploits!). 

Hier passant à Meisenheim, je vis Mr le baron de Dalberg, qui me dit, 
que sa seigneurie était un fief mouvant immédiatement de l’empereur; je lui dis, 
qu'il fallait aller discuter cela à la chambre royale. Il me répondit, qu'il en- 
voyerait son bailli, et qu'en fin, s'il était obligé de faire comme les autres, il s’v 
résoudrait; ainsi pour peu que Vous le pressiez il fera ses reprises. 

Comme monsieur le prince de Birkenfeld trouve dans ses docu- 
ments, que la seigneurie de Bickelheim dépendait autrefois des 
Deux-Ponts, et qu'elle est présentement en sequestre entre les 
mains de l'empereur, qui tient une garnison dans le château du dit lieu; sur 
ce que monsieur le prince de Simmern qui la possedait étant mort sans enfants 
mâles, messieurs les électeurs de Mayence et de Heidelberg ont prétendu, qu'elle 
leurs appartenait, le premier par engagement, et l'autre par succession il m'a 
demandé ce, qu'il devait faire là-dessus; je lui ai dit, qu'il me semblait, être à 
propos, avant de rien faire, de Vous en écrire pour recevoir Vos ordres; cette 
seigneurie est considérable, le château est très bon; la ville de Sobernheim et 
celle de Munzingen, qui sont fort jolies, l’une située sur la rivière de Naü, el 
l'autre dans le Hontzrück en dépendent; mandez-moi, s'il Vous plait, Monsieur, 
si se dois l'en mettre en possession dans les lieux mêmes, ou si je les dois faire 
convoquer à Meisenheim, ou si je ne dois faire ni l'un ni l’autre, qu'elle con- 
duite j'aurai à tenir pour cela. 

Avant appris, que le sieur de Bourchet prétendait, que la seigneurie de 
Marxheim, dont monsieur de Hounolstein a fait reprise lui appartenait, j'ai fail 
en sorte pour nous assurer cette seigneurie de tirer de lui une procuration, 


1) Also aus keinem andern Grunde, als weil sie auf dem linken Rhein- 


ufer lagen. 


ee 


pour en faire les reprises; je Vous l’envoie Monsieur, et Vous prie de lui faire 
expédier ses affaires. 

Depuis que monsieur le prince de Birckenfeldt est en possession du duché 
de Deux-Ponts et du comté de Sponheim, ses officiers v persécutent les catho- 
liques, particulièrement à Trarbach et à Castellaun, où monsieur le prince de 
Bade (à qui appartenait la moitié de ce comté et où les catholiques sont en plus 
grand nombre que les Luthériens et Calvinistes) a toujours tenu des prêtres 
pour faire le service et leurs administrer les sacrements, lesquels on ne veut 
plus souffrir ayant fait défense aux Capucins de Berncastel, qui faisaient le ser- 
vice à Trarbach, de s’y trouver d'avantage et ordonné au curé de Castellaun, de 
sortir du château où il a toujours residé, ce qui met ces pauvres catholiques 
au désespoir. Ceux de Meisenheim, qui sont au nombre de vingt-trois familles 
et plus de cent cinquante domestiques catholiques sont extrèmement mal traités, 
auxquels on ne donne pas seulement la liberté, de venir à la messe de Lautrek, 
ni de faire baptiser leurs enfants par nos prêtres, encore moins recevoir les 
sacrements dans leur necessité, ces pauvres gens, mourants comme des chiens 
sans confession et sans communion. 

Si Vous aviez la bonté d’en écrire un mot au dit sieur prince, Vous feriez 
une grande charité et empêcheriez la désertion des catholiques, qui aimeront 
beaucoup mieux abandonner, que d'être traités de cette manière. 

Je Vous demande la grâce de me faire réponse sur ma précédente, et de 
Vous souvenir de Votre pauvre archidiacre, qui est avec un profond respect etc. 

J'oubliais de Vous dire, que monsieur le prince de Veldentz est allé à 
Ratısbone. 


VIL 


Déclaration du roi, portant suppression de la chambre royale établie 


à Metz, verifiée en Parlement le 25 décembre 1686. 
Abdruck aus recueil des arrêts, S. 461. 


Louis, par la grace de Dieu roi de France et de Navarre: à tous ceux, 
qui ces présentes lettres verront, salut, Comme par le trait& de trève, conclu à 
Ratisbonne le quinzième août 1684 entre Nous et notre très cher et très aimé 
frère l’empereur et l'empire, Nous avons promis pendant les vingt années, que 
la dite trève doit durer, de ne faire aucunes nouvelles réunions et de ne point 
prétendre de rentrer en possession d’aucuns lieux, dont Nous n'étions pas en 
possession le jour de la signature du dit traité, et qu'ainsi la chambre royale 
par Nous établie a Metz, en conséquence de l'arrêt de notre conseil du vingt- 
troisième octobre 1679 pour procéder aux dites réunions, devient inutile, d’au- 
tant plus, que ne s'agissant à présent que de la reception des hommages, aveux 
et dénombrements, qui n’ont pas encore été faits et fournis de ce, qui a été 
réuni avant la signature du dit traité, dont suivant celui la souveraineté Nous 
doit rester, il n'est pas convenable, que les officiers qui composent la dite 
chambre soient détournés de leurs fonctions ordinaires pour ce qui en reste 
à recevoir, savoir faisons, que pour ces causes el autres à ce Nous mouvants el 
de notre propre mouvement, plein puissance et autorité royale Nous avons éteint 
el supprimé, èteignons et supprimons par ces présentes, signées de 


— 3135 — 


notre main, l'établissement, par Nous fait de la dite chambre royale 
de Metz; voulons et Nous plaît que les présidents et conseillers, qui la composent, 
mème notre procureur général en celle, le greffier et les autres supôts de la dite 
chambre, soient tenus de se séparer pour vaquer aux autres fonctions de leurs char- 
ges, et que les seigneurs ou propriétaires des lieux, ci devant réunis, qui n’ont en- 
core fait les hommages qu'ils Nous doivent ou fourni les aveux et dénombre- 
ments, avec les pièces justificatives, ainsi qu'ils sont obligés, soient tenus d'y 
satisfaire en notre cour de Parlement, chambre des comples, aides et finances 
de Metz, tout ainsi, qu'ils auraient dû faire à la dite chambre royale de Metz; 
contre lesquels pourra notre procureur général en notre dit cour, prendre les 
conclusions et faire les blämes, s'il v échet, q’aurait fait notre procureur général 
en notre dite chambre. Voulons en outre, que les régistres et papiers de notre 
dite chambre soient remis par le greffier de celle en les mains du greffier de 
notre dite cour de parlement, lequel s’en chargera au bas de l'inventaire, qui 
en sera dressé, en présence de notre procureur général en notre dite cour et de 
notre procureur général en notre dite chambre. Si donnons en mandement a 
nos aimés et féaux, tenants notre dite cour de Parlement de Metz, que ces pré- 
sentes ils aient à faire publier et enrégistrer, et le contenu en celles faire entre- 
tenir garder et observer. Car tel est notre plaisir. En témom de quoi Nous 
avons fait mettre notre sceau à ces dites présentes. 

Donné à Versailles le vingt-huitiöme jour de novembre lan de grace mille 
six cent quatre vingt six, et de notre règne le quarante quatrième. 

signé Louis. 


Et sur le repli: par le roi Le Tellier, et scellée du grand sceau de cire 
jaune pendant à double queue de parchemin. 


Folgt der Einregistrierungs- Vermerk vom 23. Dezember 1686”). 


1) Ein solcher Erlass erging für die mit Reunionen beauftragten Kammern in 
Besançon und Breisach naturgemäss nicht. s. 8. 88. 


LE HERAPEL. 


l. 
DESERIFTION IS TORIOUE 


des 


Monnaies antiques mises à jour par M. E. Huber dans les fouilles 
du Herapel. (1886-_-1895.) 


Si l’on considère la petite surface qu’embrassaient ces fouilles, 
et les quantités de pièces ramassées à la surface du sol, jusqu'à ce 
jour, on devra admettre que l'importance de ce poste a du être sérieuse, 
ainsi que l'indiquent, du reste, les nombreux croisements de voies en 
ce lieu. 

Nos trouvailles se composent de pièces gauloises, grecques et ro- 
maines: ces dernières s'arrêtent aux règnes d’Honorius et d’Arcadius, 
en l'an 400. 

Nous ne parlons que pour mémoire des pièces frustes; nous en 
avons rencontré deux cent cinquante, dont quarante grands bronzes, 
cinquante moyens bronzes, du haut empire et cent cinquante petits 
bronzes du bas empire. 

Dans les anciennes forteresses de la Sarre, de la Moselle, de la 
Meuse, il a été trouvé quantité de pièces gauloises en même temps 
que des pièces romaines. En effet, ces points stratégiques étaient occupés 
par les Gaulois, tout d'abord. Ces forteresses devenues gallo-romaines 
ont été entourées de solides remparts à cause des attaques énergiques 
qu'elles ont du repousser fréquemment. Ces fortes murailles ont été 
renversées, puis reconstruites avec toutes sortes de matériaux. Sous les 
ils de Constantin on n’hesita pas à faire entrer dans les murailles les 
monuments païens, les tombes, les pierres votives: les anciennes 
sculptures furent nivelées par le marteau du tailleur de pierres. 

Ces reconstructions furent définitivement rasées par les invasions 
de 410 et de 450. 


Des monnaies Gauloises du Herapel. 

Il est utile de comparer le Herapel avec les forts établis a là 
même époque dans les régions de l'Est. 

M. l'abbé Fourot, professeur de rhétorique au Collège de St-Dizier 
(Haute Marne), a publié en 1887 un travail fort intéressant sur l’oppi- 
dum du Châtelet. On y a trouvé l’eleetrum, l'argent et le potin gaulois 
par quantités considérables: sr 9000 monnaies, il y avait 1600 gauloises. 

Dans ses Ætudes sur les monnaies antiques recueillies de 1502 à 
1874 au Châtel de Boviolles!) M. Maxe-Werly s'exprime ainsi: 


« Nous n'irons point chercher une explication des différents en- 
«blèmes des monnaies gauloises dans les rites druidiques. et sans con- 
«tester qu'ils aient pu être acceptés comme symboles politiques ou 
« religieux, nous nous bornerons à démontrer qu'ils doivent leur origine 
«soit aux marques monétaires inscrites sur les monnaies étrangères 
«prises comme modèles, soit à lignorance des monnaveurs gaulois. 
<soit enfin aux singuliers résultats produits par l’altération persistante 
« dans la représentation des types imites. » 

«Le Sanglier, porc ou verrat est un type essentiellement gaulois 
« qui se retrouve sur les monnaies de presque tous les peuples de la 
« Gaule, soit comme symbole politique ou religieux, soit comme enseigne 
«national. Dans le pays des Leuques, il affecte une forme particulière 
« qui le fait reconnaitre immédiatement, quelle que soit la barbarie de 
« son exécution. 

< Le Cheval apparail sur les monnaies de presque tous les peuples 
« de la Gaule, et selon la manière dont il est représenté, il devient 
« facile de déterminer la région à laquelle il appartient. » 

M. Maxe-Werly divise ensuite les monnaies gauloises de Boviolles 
en six groupes, avec dessins gravés dans le texte. 


Monnaies gauloises en or. 


Leukoise, !/s de statère d’or. Poids 1 gr. 70. Pièce concave. Face. Tête dia- 
dèmée tournée à droite, notée dans le 1°" groupe, 1re série des gauloises classées 
par M. Maxe-Werlv. 

Kevers. Même 1er groupe, mais 2° série. Cheval galopant à gauche, au- 
dessus un rameau à 8 branches et deux signes en forme de S. Au-dessous du 
cheval, une rouelle formée de neuf globules. Devant le poitrail une croisette dont 
les extrémités sont arrondies, 

1) L’oppidum de Boviolles placé sur la route de Toul à Reims avait pour 
mission de protéger les villes de Nasium et de Grand. 


| STE 


Leukoise, statere d’or. Poids 3,50. Pièce concave. Face. Tête barbare tournée 
à droite avec un gros œil de face; le profil est assez apparent. 

Elle est décrite de face et de revers dans le 1er groupe et la 28 serie des 
sauloises classées par M. Maxe-Werlv. 

Revers. Cheval galopant à droite; au-dessus de lui, un rameau à dix 
branches et deux signes en forme de S; au-dessous une rouelle formée de treize 
globules; devant le poitrail une croisette dont les extrémités sont arrondies. 

Leukoise, statere d'or. Poids 6,70. Pièce concave. M. Maxe-Werly place cette 
médaille dans le 3° groupe. Face. Têle de Janus imitée des monnaies de 
l'Italie portant la légende ROMA. 

Revers. Cheval galopant à gauche; devant la bouche, un fleuron en forme 
de feuille de trèfle; sous les jambes une rosace ou rouelle à huit ravons amincis 
et terminés par une boule. Au-dessus du cheval une Ivre surmontée d'un em- 
blöme en forme de nœud aux pointes allongées, 


Monnaies gauloises en argent. 


Leukoise, argent. Poids 2,—. Face. Tête de profil, à gauche, dont on ne voit 
qu'un œil et un bandeau, fraction d'une tête d’Apollon grec. 

Revers. Cheval marchant à gauche. Entre ses jambes, un triangle. Cette 
pièce est de bonne facture. 

Leukoise, argent. Poids 2,—. Face. Une personne assise à gauche, le bras 
droit levé, le gauche, pendant. Devant elle un rameau horizontal composé de 
plusieurs branches; au-dessous, un serpent. 

Revers. Un cheval marchant à gauche, la tête tournée également à gauche. 
Au-dessus de lui plusieurs globes et un grand croissant. Le globe principal et le 
croissant pourraient représenter le soleil et la lune; les plus petits globes, les 
étoiles. Au-dessus du cheval on aurait donc représenté le firmament. 

Cette pièce d'argent barbare et épaisse a été trouvée devant le temple 
du Herapel. 

Leukoise, argent. Poids 1,80. Piece de la civilisation grecque; imitation de 
monnaies de Marseille. Face. Tête à gauche avec diadème et collier. 

kevers. Cheval galopant à gauche; sous ses jambes, un triangle; sur le 
sol, une rouelle ou roue à quatre rayons. En face du poitrail, un troisième symbole. 


Monnaies Gauloises dites Leukoises. 


Monnaies de potin, sans inscriptions, pièces coulées en chapelet et montrant 
deux cassures de liaison. 

Ces pièces sont attribuées aux Leukes, Leuci, c'est-à-dire aux habitants du 
pays de Toul et de l'Est de la Gaule. 

Type n° 1. Face: Une tête vue de profil, à gauche et assez bien moulée. 

Revers. C'est le sanglier des enseignes des Gaulois: il est campé, fièrement, 
tes soles hérissées, se présentant à gauche. Entre ses jambes et sur le sol, deux 
demis-annelets surmontés d'un troisième demi-annelet qui les relit. 

Type n° 2. Même potin coulé. 5 pièces. Face: Une tête de profil diadèmée 
avec un gros œil rond et des mêches de cheveux relevées. 

Deux de ces pièces ont été trouvées devant le temple du Hérapel. 


En 1876, M. A. Dupriez cite dans ses Notices sur les votes romaines du He- 
rapel, la trouvaille qu'il a faite d'une semblable pièce, lors d'une promenade au 
Hérapel. 

En suivant la transformation des différents types de monnaies depuis 
l'époque grecque, on est en présence d'une imitation d'une tête d’Apollon grec 
de style barbare. 

Revers. Sanglier, aux soies hérissées, marchant à gauche. Entre ses jambes 
et sur le sol, une fleur à trois pétales, où rameau à trois branches plus ou 
moins longues. 

Type n° 3. 2 pièces. Mêmes pièces de potin que le type n° 2, sauf au 
revers, deux annelets sous le sanglier et sur le sol. 


Type n° 4. Un seul annelet. 


Monnaies Gauloises de Trèves. 


Bronze. Poids 2,60. Face: Une tête de Vénus diadèmée, à droite. 


Revers: Un taureau à gauche, levant le pied gauche. Au-dessus de lui 
GERMANVS el au-dessous de lui INDVTILI F. 

L'expression de Germanus fils d’Indutillus, était une forme gauloise réservée 
à des gens de distinction. 

La tête ressemble à la tête diadèmée de Vénus, à droite, gravée sur la 
pièce de Jules César 47 av. J.-C., portant pour légende C. CAESAR IMP. COS. 
ITER. (Voir Cohen 1, Jules César). 

Le revers portant un taureau marchant à gauche au milieu des légendes, 
est identique à celui de Jules César de l’an 43 av. J.-C. portant au-dessus d’un 
taureau, à gauche, la légende Q. VOCONIVS et au-dessous, le mot VITVLVS (voir 
Cohen 46, Jules César). 

6 Cette piece passe pour avoir été frappée à Trèves sous Auguste, et comme 
elle est aussi finement gravée que celles de Jules César, elle peut être de fac- 
ture romaine. 


Bronze. Poids 2,60. Pièce semblable à la précédente, mais un peu plus 
large et moins finement gravée. 

Disons au sujet de ces deux types de têtes de Vénus, ce que nous écrivions 
au sujet des autres monnaies gauloises: les types des médailles une fois créés 
par de bons graveurs, on confiait à des artistes de mérites divers, le soin de 
graver la quantité considérable de coins nécessaires à chaque émission. Certains 
d’entre eux ne savaient ni lire, ni comprendre les légendes latines. 


Bronze. Poids 2,10. Face: Un buste à droite avec légende incomplète pré- 
sentant à droite les lettres À 0. 

Revers. ARDA. Genre des statères d'or décrites, à savoir cheval galopant 
à droite. Entre les jambes une croisette à quatre branches dont les extrémités 
sont arrondies; devant le poitrail, un signe de forme en S. Au-dessus du cheval 
un croissant et l'inscription ARDA. 

Arda était chef des Trévires. Il est cité dans le deuxième livre des com- 
mentaires de César, lorsque fut pris Galba, chef de Soissons. 


Monnaies gauloises de Strasbourg. 


Potin. Poids 3,7. Pièces coulées en chapelets. Face. Tête d’Auguste, à droite. 
Légende ARG derrière la tête. La légende devant la tête est illisible. 

Revers. Un bœuf marchant à droite, dans un champ entouré de feuillages. 

Consulter au sujet de cette pièce fort rare et de son attribution à Stras- 
bourg, la brochure de M. Bretagne (Nancv, 1882). 


Monnaies gauloises de Châlons. 


Potin. Poids 4,—. Pièces coulées en chapelets et anépigraphes. Elles sont 
attribuées aux Catalauni (Chälons-sur-Marne) et sont fort communes. Face. Un 
guerrier gaulois. à la longue chevelure, s'avançant à droite, arme d'un javelot el 
d'un bouclier rond. Au-dessus, un symbole, au-dessous, un annelet. 


Monnaies gauloises du pays messin. 


Bronze. Poids 2,70. Face. Tête casquée, à droite. 
Revers. Cheval Pégaze à droite; daus le bas EDIO; une lettre semble man- 
quer, sans doute une M, ce qui ferait MEDIO. 


Médailles grecques du Hérapel. 


A propos d'un médaillon grec de l'Empereur Septime-Sévère, voici ce qu'écrit 
l'abbé Ledain: 

« Les antiquaires de Sarrelouis, de Sarrebruck et d’autres lieux, étaient 
« autrefois accourus vers notre montagne du Fieraple, située entre Folckling et 
Cocheren, à une petite distance de Forbach, afin de recueillir les objets rares et 
« précieux, et les médailles antiques, que les travaux de l’agriculture et les exca- 
vations ramenaient du sein de la terre, sıfr ce plateau dont les romains avaient 
« fait un camp retranché important el, en outre, mis en communication avec 
d’autres positions fortifiées, et avec des villes éloignées, au moyen de 
« larges voies stratégiques qui n’ont pas entièrement disparu). 


A 


A 


« Beaucoup de médailles romaines furent trouvées sur le Hiéraple et, dans 
leur nombre, il veut des médailles grecques et même un médaillon grec de l'Em- 
« pereur Septime-Severe. Ces dernières médailles avaient dü être apportées par 
« des soldats appartenant aux légions romaines qui de l'Orient avaient passé dans 

l'Occident de l'Empire. 


Le médaillon grec de Septime-Sévère, possédé d’abord par M. le 
baron Marchant de Metz, a passé après sa mort de la riche collection numismatique 
« qui lui avait appartenu, dans la collection numismatique de la ville de Metz, 


') Voyez les observations sur le Hiéraple, etc., par M. Altmayer, dans les mémoires de 
l’Académie de Metz de l’année 1828-1829. Voyez aussi la notice sur le Hiéraple par M. Victor 
Simon, dans les mémoires de l’année 1840-1841, et dans le bulletin de la Société d'archéologie du 
mois d'avril 1862, une Lettre de M. Gustave Lousteau, ingénieur au chemin de fer du Nord, mon 
ancien condisciple au Collège de Metz pendant les années 1824, 1825 et 1826. Enfin voyez aux 
notes supplementaires la note B. 


— 319 — 


< où il est encore. Voici la description qui en a été faite par M, Victor Jacob, l’un 
<des bibliothécaires: 

« Medaillon de bronze de Septime-Sévère, frappé à Périnthe en Thrace. 

«AV. K. 4. CEIITI CEVHPOC. ILE. Buste lauré de l'Empereur vêtu 
«du paludamentum, à droite. R/ DAAAEADEIA ITEPINOIQN à 
« l'exergue NEQKOPON. Hercule menace Echidna (Xe travail, raconté par 
« Hérodote). 

« Ce précieux médaillon a été trouvé au Hiéraple. 

M. R. Dupriez cite entre autres pièces trouvées au Hérapel en 1876 une 
monnaie de potin de O0 m 02 de diamètre et de 0 m 004 d'épaisseur, médaille 
impériale grec de l'Empereur Gallien: 

Gallien. Potin. Face: AVG. C. P. LIC. GALLIENO. C. GER. Sa tête laurée, 
à droite. R/ un aigle debout tenant dans son bec une couronne de chêne: à sa 
droite une branche de laurier, à sa gauche les lettres L 1. 

Cette médaille a été frappée à Alexandrie (Egvpte). Elle fait partie de ma 
collection. 

Trajan. Cuivre. Face. Buste de Trajan à droite, . . . I KO ... 

Revers. Aigle aux ailes déplovées, regardant à droite. 

On ne distingue de la légende que quelques lettres grecques. Pièce frappée 
à Alexandrie en Egvpte. 

Trajan. Potin. Face. Tête laurée de Trajan, à droite, buste nu. Légende illi- 
sible. À droite une contremarque portant les lettres AAK. Belle patine. 

Revers. Tête de femme tourelée, à droite. Légende illisible. 


Des monnaies romaines du Hérapel. 
Ateliers monétaires. 

L'Empereur Auguste se réserva le droit de faire frapper les 
monnaies d'or et d'argent. Le sénat fut autorisé à faire frapper les 
monnaies de cuivre, comme l'attestent les lettres S. C. (Senatus consulto) 
placées aux revers. 

La création des Ateliers monélaires provinciaux date de Gallien 
(an 253 de J.-C.). Les monétaires étaient tenus de se conformer aux 
ordres et aux prescriptions du directeur général qui résidait ordinaire- 
ment à Rome. 

Sous Gallien, ce magistrat s’intitulait Praefectus derarü el sous 
Constantin le Grand, Comes Sacrorum largitionum. 

Il était dépositaire des étalons, et ce n'était que par son ordre 
qu'on envoyait dans les provinces les coins et les poids étalonnés sur 


l'original. 
L'atelier de Rome fonctionna de 253 (Salonine) à 689 
Milan 253 , à 602 
» Siscia 253 , à 388 


» Constantinople » 255 ; a 741 


— 320 — 


L'atelier de Trèves fonctionna de 253 (Salonine) à 450 
» Carthage > 253 » à 695 

» Aquilée > 268 (Claude II) a 450 
Héraclée » 268 » à 266 

» Arles > 268 » à 395 

> Londres » 268 » à 413 

> Narbonne > 276 (Probus) à 450 

» Lyon > 283 (Carinus) a 415 

> Alexandrie » 285 (Dioclétien) à 685 


L'atelier de Trèves qui est celui qui nous occupe le plus parti- 
culièrement, frappa les pièces suivantes: 


Monnaies d'or. 


Dioclétien — Maximien Hercule — Constance Chlore -— Hélène 
— Galère Maximien — Fl. Valère Sévère — Maximin Daza — 
Maxence — Licinius père — Licinius fils — Constantin le Grand — 
Constant | — Constance II — Magnence — Décence — Julien Il — 
Hélène — Jovien Valentinien I — Valence — Gratien — Valen- 
tinien II — Théodose — Maxime — Victor — Eugène — Constantin III 
— Jovin — Théodose II. 


Monnaies d'argent. 


Postume — Postume jeune — Claude le Gothique — Aurélien 
Sévèrine — Tacite — Probus — Carus — Magnia Urbica -— Carin — 
Dioclétien — Maximien Hercule — Constance Chlore — Hélène 
Théodora -— Galere Maximien Fl. Valère Sévère — Maximin Daza 
Maxence — Romulus — Licinius père — Lieinius fils — Constantin le 
Grand —- Fl. Mac. Fausta — Crispus — Constantin II -— Constant I 
Constance II -— Magnence -— Décence — Jovien -— Valentinien I — 
Valence Gratien — Valentinien II — Théodose — Magnus Urbica 

Maxime — Victor Eugène — Arcadius — Jovin Attale — 


Theodose 11. 
Monnaies de cuivre. 


Salonine —- Postume — Claude le Gothique — Quintille — Au- 
rélien Sévèrine — Tacite — Florien — Probus --- Carus — Nu- 
mérien — Carin — Dioclötien — Maximien Hercule —- Constance 
Chlore Helene Théodora Galère Maximien -— (ralère Valeria 
— Fl. Valère Sévère — Maximin Daza Maxence — Romulus 
Alexandre (tyran) — Licinius père — Licinius fils — Constantin le 
Grand — Fl. Max. Fausta — Crispus — Delmace — Constantin Il 


Constant I Constance II Fausta — Vetranion Magnence 


SD 


— Décence Constance Galle Julien II — Helene Jovien 
Valentinien I -_— Valence Gratien — Valentinien II — Théodose — 
Maxime — Victor — Eugene — Arcadius — Théodose I. 


Les marques monétaires de l'atelier de Trèves (Treviri) ont pour 
radical les lettres T. TR. TS. 

Celles de l'atelier de Lyon (Lugdunum) LVC. LVG. LVGD. 

» de Rome (Roma) R. RO. ROM. 

» d'Arles (Arelatum) AR. ARL. 

» de Siscia S. SIS. SISC. 

» de Constantinople C. CON. CONS. 
>» d’Antioche AN. ANT. ANTI. 

» d'Alexandrie AL. ALE ALEE 

Quand il y avait plusieurs ateliers monétaires dans une même 
ville, le 1° était indiqué par P = prima, le 2° par 5 = secunda, le 
3° par T = tertia, le 4° par Q — quarta (sous entendu officina). Mais 
on n'a pas trouvé la marque du 9° atelier, bien que sachant qu'il 
existait; les Romains craignaient le nombre 9 et le 9° atelier était 
désigné par les chiffres 6 et 5. 

On rencontre sur les monnaies les abréviations suivantes: 

M. MO. MON. Moneta. 

C. Cussus. 

E. EX. Excussus. 

F Fabricatus. 

0. OB. OBS. Obsignatus. 

0. OF. OFF. Officina. 

T RP 1* atelier de Trèves. 
TRS 2° atelier de Trèves. 
R P 1% atelier de Rome. 

D'autres fois les sigles PS T Q étaient remplacés par les lettres 
grecques A B T 4 placées à l'exergue et regardées comme numéros 
distinctifs de chacune des quatre officines de l'atelier. L 

Sous Dioclétien et Maximien Hercule, empereurs, sous Constance I el 
Maximin Galère, Césars, on voit ces lettres 4 B T A et PS T Q dans 
l'ordre alphabétique correspondant précisément aux efligies des membres 
de la tétrarchie rangés eux-mêmes dans l’ordre de préséance qui leur étui 
attribué dans ce collège gouvernemental par la date de leur avenement. 


Dioclétien 1°" Auguste à l’exergue 1 ou P 
Maximien Hercule 2° » à , B » S 
Constance I je César A » GE | 
Maximien Galere 2° : à B 1:30 


2 1300 


La ième règlementation fut observée quand, par suite de l’abdi- 
cation simultanée de Dioclétien et de Maximien, les Césars Constance 
et Galère furent promus Augustes el respectivement remplacés par 
Sévère Il et par Maximin II dans la dignité de Césars, du 1° mai au 
24 juillet 306. 


Constance 1 1°" Auguste, à l’exergue 4 ou P 
Maximien Gal. 22 » à » B = 8 
Sévère II 1% > à » TER 


Maximin II Daza 2° » à » 2/5 

Les lettres I et H que lon rencontre sur ces mêmes monnaies 
sont les sigles des surnoms IOVIVS = Ioßtos, et HERCVLIVS = Hozoviuog, 
latins et grecs. 

Ils sont donnés par allusion aux divinités protectrices des deux 
têtes de la tétrarchie, Dioclétien et Maximien, ainsi que de leurs Césars 
respectifs Galère et Constance. | 

IOVIVS et HERCVLIVS étaient des qualifications politiques plutôt 
que de famille. 

Dioclétien et Max. Galère régnèrent en Orient, Maximien Hercule 


) 
7 


et Constance Chlore en Occident. 

Maximien avait donc près de lui Constance marié à Hélène de 
naissance plébéinne; elle fut répudiée par ordre afin de permettre à 
Constance de pouvoir aspirer au titre d'Auguste en épousant Théodora, 
belle-fille de l'empereur Maximien. 

Hélène se serait retirée au Hérapel où elle se serait vouée au 
culte catholique: elle aurait élevé son fils Constantin dans cette croyance. 

Notons également les nombreuses et belles pièces d'Hélène et de 
Théodora trouvées au Hérapel. 


Des monnaies impériales romaines. 

Le Denier d'or ou Aureus valait 25 deniers d'argent ou 50 quinaires 
d'argent. 

Le titre de l'or n'ayant point varié, les Romains ne consentirent à 
recevoir qu'en monnaies d'or les tributs imposés aux provinces conquises. 

Le Denier d'argent valait 10 as et portait souvent la marque X 
(dix) à l’exergue. - 

Le titre du denier d'argent fut abaissé de plus en plus depuis 
Néron jusqu'aux Antonins. Sous Septime Severe la monnaie contint 
beaucoup d’alliage. A partir de Gallien jusqu'à Dioclétien, l'argent dis- 
parut presque complètement pour être remplacé par du Billon, bronze 
saucé, c'est-à-dire couvert d'une légère feuille d'étain. 


Dioclétien rétablit la monnaie d'argent pur et ce métal ne cessa 
plus d’être en usage jusqu'à la chute de l'Empire d'Orient. 
Voici quelques analvses de deniers d'argent : 


Auguste 27 av. J.-C. à 14 de J.-C. Domitien SI à 96. 
Argent. JO Argent .. 85,95 
Opera 05 ee en 12270) 
Perte 1435 Cuivre . . 13,20 

700. Berter 41005 
1008 

Marc Aurèle 161 à 180. Gordien III 238 à 244. 
Argent . . 2,326 Argent . . 0,941 
Cuivre . . 0,592 Cuivre . . 2,262 
Etain et or 0,002 Etain et or 0,137 
2,920 3,940 
Gallien 260 à 268. 
Trajan Dèce 249 à 251. Argent. . 0,125 
Argent . . 1,490 Cuivre. . 22,125 
Civrer.- 2,213 Etain .. 0,900 
Etain et or 0,055 Perte . . 0,050 
5S 23,200 


Ces 23,200 représentent le poids de dix deniers de billon. 


Valeur proportionnelle de Vor à l'argent chez les Romains. 
An 207 av. J.-C. à l'époque de la création de la monnaie 
d'or Re to ONE 
An 53 av. J.-C. lors r I raid ke als Cesar et de Pompée 1: 8,90 
An 90 règne de Domitien . 12.01.30 
An 310 règne de Constantin le cn 12250 


Valeur proportionnelle de l'argent au cuivre chez les Romains. 
An 241 av. J.-C. commencement de la 1" guerre punique . 1: 140 
Anÿ217 av. J.-C. commencement de la 2° guerre punique . 1: 110 
An 10 de J.-C. au commencement de l'Empire. L 2:60 
An 396 d'après une loi 1 : 100 


Monnaies de cuivre. 
las ayant perdu sa valeur monétaire vers la fin de la République 
romaine, ne fut plus considéré que comme unité de poids, 
Le Grand bronze prit la place de l'as. 
Le Moyen bronze eut la valeur d'un demi-as. 


324 — 


Le Petit bronze, celle d'un demi-moven bronze ou d'un quart de 
Grand bronze. 

Ces trois monnaies de cuivre subirent peu à peu de nombreuses 
altérations dans le poids, le diamètre et l’epaisseur du flan, surtout à 
partir du règne de Postume. 

Le moven bronze fut très commun jusque sous les Antonins. 

Le petit bronze domina ensuite. Malgré ses imperfections, il eut 
le mérite de fournir des monuments du Bas-Empire à une époque où 
le grand et le moven bronze furent rares et même disparurent. 

Voici la composition de quelques monnaies de cuivre: 


Monnaie de Tibere 14 à 37 de J.-C. Caligula 37 à 41. 
Cuve er Cuivre : . 795 
ÉAIn EME Ss) Zinc al 
Plomb... 3,10 Ze 
Perte 7 20,10 

100,— Claude le Gothique 268 à 270. 
Postume 258 à 267. Cuivre . . 80,75 
Cure ner 0 Etain . A0 
Aroent 0e TOO Plomb... 11,55 
Zine et perte... 1,62 Perte . .. 0,12 
100, 100,— 


Discletien 284 a 315. Constantin le Grand 308 A 337. 


Cuivre .. 88,93 Cuivre . . 87,50 
Ärsent .. 1,50 Pine ass SO 
ne Etain. .. 7,14 
RO Plomb .. 4,26 
Perte . ._. 0,09 Perte . .. 0,19 
100, — 100. — 
Constance IT 350 à 561. 
Cuivre . . 88,01 Théodore I 379 a 39. 
Pince. UOTE Cuivre . . 90,04 
Blombr 105,05 ZINC ea 00 
Etain ... 4,08 Kram. 262 
Perie CU Plombr 7 


100,— 100, — 


Be — 


Octave Auguste (Caïus Octavius Cæpias). 

CAESAR AVGVSTVS TRIBVNIC POTEST. Sa têle nue, à droite. Revers 
C. ASINIVS GALLVS II, VIR A.A. A. F. F. autour de S. C; ce qui veut dire: 
Caius Asinius Gallus, triumvir auro, argento, oere, flando, fertundo ; senatus consulto. 

Moyen bronze. Cohen 368. 

DIVVS AVGVSTVS PATER. Sa tête radiée, à gauche. R’ Un autel. S.C. 
à l’exergue PROVIDENT. Pièce frappée sous Tibere. 

Trois movens bronzes. Cohen 228. 

DIVVS AVGVSTVS PATER. Sa tête radiée, à gauche. R/ S. C. Foudre ailé 
Pièce frappée sous Tibere. 

Deux movens bronzes. Cohen 249. 


Agrippa (Marcus Vipsanius Agrippa). 
M. AGRIPPA L. F. COS. Ill. Sa tête à gauche avec la couronne rostrale. 
R/ S. C. Neptune debout, nu, avec un manteau sur les épaules, tenant un dauphin 


et un trident. (27 av. J.-C.) 
Moven bronze. Cohen 3. 


Tibere (Tiberius Claudius Nero). 

TL CAESAR DIVI AVG. F. AVGVST. IMP. VIII. Sa tête laurée, à droite 
R/ PONTIF. MAXIM. Livie assise à droite, tenant un sceptre et une fleur. (An 16.) 
Cette pièce a un flan en cuivre recouvert d'une feuille d'argent. Elle est dite piece 
fourrée. La substitution du flan de cuivre à celui d'argent provient donc de l’ate- 
lier monélaire. 

Denier d'argent, Cohen 16. 

TI. CAESAR DIVI AVG. F. AVGVST. P. M. TR. POT. XXXVI, autour de S.C. 
R/ Quadrige à droite. (An 34.) 

Grand bronze. Cohen 66. 

ar: CAESAR TI. AVG.... Sa tête nue à gauche. R/ PONTIFEX 
MAXIM. TRIBVN. POTEST. . . autour de S. C. (An 21.) 

Moven bronze. Cohen 24. 

TI. CAESAR AVGVST. F. IMPER... Sa tête laurée, à droite. R/ ROM. ET A. 
Autel terminé par une colonne surmontée d'une victoire. 

Moyen bronze. Cohen 37, 

Caligula. (Caïus.) 

.... SAR AVG. GERM. . . Sa tête nue à gauche. R/ . . . Caligula haran- 
guant ses soldats. 

Grand bronze. Cohen 1. 

Même face, revers fruste. 

Deux movens bronzes. 

C. CAESAR AVG. GERMANICVS PON. M. TR. POT. Sa tete nue, à gauche 
R/ VESTA. S. C. Vesta assise à gauche, tenant une palère el un sceptre. An 37. 


ur 
97 


Deux movens bronzes. Cohen 27. 


— 326 — 


Claude 1er, (Tiberius Claudius Drusus.) 


TI. CLAVD. CAESAR AVG. P. M. TR. P. VII IMP. XI. Sa tête laurée, à droite. 
R/ PACI AVGVSTI. La paix ail&e marchant à droite et tenant un caducée incliné; 
elle est précédée par un serpent. (Pièce fourrée.) 

Denier d'argent inédit. Type de Cohen 58 avec PACI AVGVSTAE. 


TI. CLAVDIVS CAESAR AVG. P. M. TR. P. IMP. P. P. Sa tête nue, à gauche. 


R/S. C4 Pallas debout à droite lançant un javelot et tenant un bouclier. (An 41.) 
Trois movens bronzes. Cohen 84. 


Néron (Nero Claudius). 


NERO CAESAR AVGVSTVS. Sa tête laurée, à droite. R/ ROMA (à l’exergue). 
Rome assise à gauche sur une cuirasse, tenant une victoire et un parazontum, 
le pied droit posé sur un casque. 

Denier d'argent. Cohen 258. 

NERO CAE. GERM. IMP. Sa tête laurée, à droite. R/ PACE P. R. VBIQ. 
PARTA IANVM CLVSIT. S. C. Temple de Janus fermé, avec la porte à droite. 

Deux moyens bronzes. Cohen 170. 

IMP. NERO CAESAR AVG. PONT. MAX. TR. POT. P. P. Sa tête lauree, à 
droite. R/ SECVRITAS AVGVSTI, avec S.C. à l’exergue. La Sécurité assise à 
droite devant un autel paré et allumé; devant l’autel une torche enflammée. 

Moyen bronze. Cohen 330. 

IMP. NERO CAESAR AVG. P. MAX. TR. P. P. P. Son buste lauré à droite 
même revers. Cette piece de belle conservation possède une contremarque en 
creux sur la joue; on croit lire VESP. 

Moven bronze. Cohen 324. 

NERO CLAVDIVS CAESAR AVG. GER P. M TR. P. IMP. P. P. 7 Sarttete 
laurée à droite. R/ S.C. Sans légende. Victoire s'élevant en l’air à gauche, et 
tenant un bouclier sur lequel est gravé S.P. Q. R. (An 66.) 

Moyen bronze. Cohen 297. 

IMP. NERO CAESAR AVG. P. MAX. TR. P. P. P. Sa tête laurée, à droite. 
Revers de la pièce précédente. 

Trois movens bronzes. Cohen 302. 


Galba (Servius Sulpicius Galba). 
MT Pan sa Lele Jaurce à droite. R/ fruste. 
Grand bronze. 
Mémenface RIMSACNN La Liberté debout, à gauche, tenant un sceptre 
et un bonnet. 
Grand bronze. 
Vespasien (Flavius Vespasianus). 
IMP. CAES. VESP. AVG. CENS. Sa tête laurée, à droite. R; PAX AVG. La 
Paix appuyée sur une colonne. (An 72.) 
Denier d'or, Cohen 297. 


Titus (Titus Flavius Vespasianus). 


T. CAESAR VESPASIANVS. Sa tête laurée, à droite. R/ ANNONA AVG. 
L’Abondance assise à gauche. 

Denier d’or. Cohen 16. 

T. CAES: IMP. PON. TR. P. COS. VI CENSOR. Sa tete laurée, à droite. 
2/ VICTORIA AVGVSTI. S. C. Victoire marchant à gauche et tenant une couronne 
et une palme. (An 78.) 

Moyen bronze. 

T. CAES: IMP. AVG. F. TR. P. COS. VI CENSOR. Sa tête laurée, à droite. 
R/ VICTORIA NAVALIS. S. C Victoire à droite, debout sur une proue de navire 
terminée par un serpent, tenant une couronne et une palme. (An 73). 

Moven bronze. (Cohen 388. 


Domitien (Domitianus). 


CAES. DIVI VESP. F. DOMITIANVS COS. VII. Sa tête laurée, à droite. R/S.C 
Pallas debout, à droite, lançant un javelot et tenant un bouclier. (An 80.) 

Grand bronze. Cohen 434. 

IMP. CAES. DOMIT. AVG. GERM. COS. XI CENS. POT. P. P. Son buste 
lauré, à droite. R/ S. C. Légende illisible. La Paix debout à gauche, mettant le 
feu à un monceau d'armes, et tenant une corne d’abondance. (An 85.) 

Grand bronze. 


Légende illisible. Sa têle nue, à droite. Revers fruste. 
Cinq grands bronzes. 
... GERM. COS. XIII CENS. PERP. P. P. Sa tête laurée, à droite. 
R/ VIRTVTI AVGVSTI. S. C. La Valeur debout, à gauche. (An 89.) 
Moyen bronze. Cohen 653. 
. ITIANVS. . . . Sa tête laurée, à droite. R/ S. CG. Autel; à l’exergue 
PROVIDENT. (An 72.) 
Moyen bronze. Cohen 404. 
Légende illisible. Sa tête laurée, à droite. R/S. C. Légende illisible. Temple 
fermé, à quatre colonnes, sans fronton. À l’exergue AVGVSTI. 
Moyen bronze. 


Nerva (Marcus Cocceius Nerva). 


IMP. NERVA CAES. AVG. P. M. TR. P. COS. II P. P. Sa tête laurée, à 
droite. R/ FORTVNA AVGVST. La Fortune debout à gauche, tenant un gouvernail 
et une corne d’abondance. (An 97.) 

Denier d'argent. Cohen 66. 

IMP. NERVA CAES. AVG. P. M. TR. POT. U. Sa tête laurée, à droite 
R/ FORTVNA P. R. La Fortune assise à gauche tenant deux épis et un sceptre, 
(An 97.) 

Denier d'argent. Cohen 7, 


— 328 — 


.... CAES. AVG. P. M. TR. P... Sa tête laurée, à droite. R/S. C. Legende 
fruste. La Liberté debout à gauche, tenant un bonnet et un sceptre. 
Grand bronze. 


Même face, revers fruste. 
Deux grands bronzes. 


IMP. NERVA CAES. Sa tête laurée, à droite. R/ FORTVNA AVGVST. La 
Fortune debout, à gauche, tenant une corne d’abondance et un gouvernail. (An 96.) 
Moyen bronze, Cohen 61. : 


Trajan (Marcus Ulpius Trajanus). 


IMP. TRAIANO AVG. GER. DAC. P. M. TR. P. Son buste lauré et drapé, à 
droite. R/ COS. V P. P. S. P. Q. R. OPTIMO PRINC. L'Equité debout à gauche, 
tenant une balance et une corne d’abondance. (An 104 à 110.) 

Denier d'argent. Cohen 85. 


IMP. CAES. NERVA TRAIAN AVG. GERM. Son buste lauré, à droite. R/ P. 
M. TR. P. COS. II P. P. Victoire marchant à gauche et tenant une couronne et 
une palme. (An 101.) 

Denier d'argent doré. Cohen 242. 


Môme légende, même buste. R/ PONT. MAX. TR. POT. COS. II. Vesta voilée 
assise à gauche tenant une patère et une torche. (An 98.) 
Denier d'argent. Cohen 288. 


.. TRAIANO AVG. .. Son buste lauré, à droite. R/ Légende fruste. 
L'Arabie debout de face, regardant à gauche, tenant un rameau et un roseau; à 
ses pieds une autruche. A l’exergue ARAB. ADQ. (An 112.) 
Trois grands bronzes Cohen 27. 


Légendes illisibles. Sa tête à droite. R/ Dace assis à droite sur un bouclier. 
Grand bronze. 


Lésendes illisibles. Sa tête laurée, à droite. R/ Femme assise à droite. 
Deux grands bronzes. 


Légendes illisibles. Son buste lauré et drapé, à droite. R/ S. C. Trajan à 


cheval, à droite. 
Grand bronze. 


IMP. CAES. NERVA TRAIAN AVG. GERM. P. M. Son buste lauré, à droite. 
R/ TR. POT. COS. IT P. P.S. GC. Victoire marchant à gauche et tenant un globe, 
sur lequel on lit S. P. Q. R., et une palme. (An 101.) 

Deux moyens bronzes. Cohen 640. 


» 


Légendes frustes. Sa tête laurée, à droite. R/ Pont du Danube orné d’une 
tour à chacune des deux extrémités. 

Moven bronze. 

IMP. NERVA TRAIAN AVG. Son buste lauré, à droite. R/ Une table supportant 
une boule et un vase. A l’exergue S. C. 

Petit bronze provenant d'un denier d'argent fourré. 


22.4399 


mir 


Adrien (Publius Aelius Hadrianus). 


HADRIANVS AVGVSTVS. Son buste lauré et drapé, à droite. R COS. IN. 
Génie debout, à gauche, sacriliant sur un autel paré et allumé et tenant une corne 
d’abondance. 

Denier d’argent. Cohen 379. 


TRAIAN HADRIANVS... Sa tête laurée, à droite. R/ Illisihle. Femme 
debout, à gauche, portant une corne d’abondance. 
Trois grands bronzes. 
Fr HADRTIANVS2. 1.58 tete daurée, à droite. R/ : :.. SC. à l’exergue. 
Femme assise à gauche et tenant une corne d’abondance. 
Deux grands bronzes. 


ANVS ... Même tête. R/......SsS.C. La Clémence debout à 
gauche tenant un sceptre el une patère. 
Grand bronze. Cohen 215. 


. ANVS HADRI . .. Son buste lauré, à droite. R/ Femme debout, à 
gauche, portant une corne d’abondance. 
Grand bronze. 


ONHADERI . Memerbuste. "RINCONCOR .. La: Concorde assise A 
gauche tenant une patere; sous son siège une corne d’abondance; derrière elle 
une statuette de l’Esperance. (An 117.) 

Deux grands bronzes dont un avant été doré. Cohen 256. 


HADRIANVS AVGVSTVS. Son buste nu et drapé, à gauche. R/ IVSTITIA 
AVG. COS. III P. P. La Justice assise, à gauche, tenant une patère et un sceptre 
a l’exergue S. C. (An 117.) 

Grand bronze. Cohen 887. 


. Son buste lauré, à droite. R/ S. C.... Femme debout, à gauche. 
Grand bronze. 


. . HADRIANVS . . . . Sa tête laurée, à droite. R/ fruste. 


Trois grands bronzes. 


HADRIANVS AVGVSTVS. Même face. R/ $S. C. Femme debout, à gauche. 
Deux grands bronzes. 


IMP. CAESAR TRAIAN. .. Même face. R/.... M... COS. IIL $. C. 
Femme debout, à gauche, présentant une patère el portant une corne d’abondance. 

Grand bronze. 

. Même face. R/ fruste. 

Grand bronze. 

Sa tête nue à droite. R/.... Femme debout. 

Grand bronze. 

HADRIANVS AVGVSTVS. Son buste lauré, à droite. R/ ANNONA AVG. S. C. 
l’Abondance debout, à gauche, tenant deux épis qu'elle présente au-dessus du 
modius qui est à ses pieds, et portant à droite une corne d'abondance, A lexergue 
COS. III. (An 118.) 


Deux moyens bronzes. Cohen 178. 


— 330 — 


HADRIANVS : :.. Son buste lauré et drapé, à droite. R/... . Adrien 
et Sabine, debout, se donnant la main. 

Moven bronze. 

.... DRIANVS. Sa tete nue, à droite. R/ . . . Cheval galopant à droite. 

Moven bronze. 

Son buste drape et lauré, à droite. R/P.M. TR. P.... S. C. Femme 
debout, à gauche, portant une corne d’abondance. 

Moven bronze. 

Son buste drapé et lauré, à droite. R/ fruste. 

Quatre movens bronzes. 

Sa tête nue, à droite. R} . . . . Femme à gauche. 

Moven bronze. 

0... NINVS . . . Son buste lauré, à droite. R/.... COS I. A l'exergue 
ANNO—NIA et S. ( Femme debout, à gauche tenant une enseigne militaire 
penchée à gauche. 

Moven bronze. 

IMP. CAESAR TRAIANVS HADRIANVS AVG. Son buste lauré et drapé, à 
droite. R/ VIRTVTI AVGVSTI. S. C. La valeur debout à droite, le pied sur un 
‘asque, tenant une haste et un parazonium. 

Moven bronze. Legende. Face: Cohen 1465. Revers: Cohen 1470. 


Sabine (Sabina). 

SABINA AVGVSTA HADRIANI AVG. P. P. Son buste diadèmé, à droite; 
coiffure avec la queue. R/ CONCORDIA AVG. La Concorde assise à gauche, tenant 
une patere et un Sceptre; à l’exergue S. C. | 

Trois grands bronzes. Cohen 15 et 24. 

Même face et légende. R/ IVNONI REGINAE. S.C. Junon voilée, debout, à 
gauche, tenant une patere et un sceptre. 

Grand bronze. Cohen 38. 


Aelius (Lucius Aurelius Verus). 
AELIVS CAESAR . . . Son buste drapé, à droite. R/ TR. POT. COS. IL S.C. 
L'Espérance marchant vivement à gauche, tenant une fleur et relevant sa robe. 
Grand bronze. Cohen 56. 
AELIVS CAESAR. . . Son buste drapé, à droite. R/ . . . . TAS. Instruments 
de sacrifices. 
Grand bronze. (Altribution douteuse.) 


Antonin-le-pieux (Titus Aurelius Fulvus Boionius Arrius Antoninus). 

IMP. CAES. T. AEL. HADR. ANTONINVS PIVS P. P. Sa tête laurée, à droite. 
R/ TR. POT. XV. COS II. A l’exergue S. C. Antonin assis à gauche sur une 
chaise curule, tenant un globe el couronné par une victoire qui vole derrière lui. 

Grand bronze. Cohen 969. 


— 331 — 


..….  INVS AVG. PIVS.- Sa tête laurée, à droite. R/ ....'sS. CC. Femme 
debout, à gauche, portant une corne d’abondance. 
Grand bronze. 


IMP. ANTONINVS AVG. . . Son buste lauré, à droite. R/ .... S. C. 
Faustine debout, à gauche. De chaque côté un enfant. 
Grand bronze. 


ANTONINVS AVG. PIVS P. P. TR. P. COS. R/ S. C. Femme debout, 
à gauche, présentant une fleur. 

Grand bronze. 

... HADR. ANT. . . Sa tête laurée, à droite. R/.... S. C. L’Abondance 


debout à gauche, portant la corne d’Amalthee et présentant deux épis. A ses pieds, 
à gauche, le modius. 
Grand bronze. 


PU AVC AEINS Sa (te lauree sa droite Rl....R.A,r 7 SG 
Femme debout, de face, tenant des épis des deux mains. 
Grand bronze. 


.... VS AVG... Sa tête laurée, à droite. R/ Femme debout, à gauche. 
A ses pieds, à gauche, un autel. 

Grand bronze. 

ANTONINVS AVG. PIVS P. P. TR. P. XVI. Sa tête radiée, à droite. R/LI- 
BERTAS COS. III. S. €. La Liberté debout, à droite, tenant un bonnet et tendant 
la main gauche. (An 153.) 

Moven bronze. Cohen 534. 


> 


. Sa tête nue, à droite. R/ . . Femme tourelée, à droite, levant le bras 

droit et appuvée sur un bouclier. 

Moyen bronze. 

ANTONINVS AVG. PIVS P. P. TR. P. COS. II. Sa tele laurée, à .droite. 
R/... .. Femme debout, de face. 

Moven bronze. 

ANT... Même face. R/.... COS. III S. C. Génie tenant une haste en 
avant el courant à droite. 

Moyen bronze. 

... NINVS AVG. PIVS.. Sa tête radiée, à droite. R/.... Deux femmes 
debout. 

Moven bronze. 

...INVS... Sa tête laurée, à droite. R/...S.C. Femme debout, à gauche. 


Moyen bronze. 


Faustine mère (Annia Galeria Faustina). 


DIVA AVGVSTA FAVSTINA. Son buste à droite. R/ PIETAS AVG. La Piété 
deboul, à gauche, auprès d'un autel, levant les deux mains. 
Denier d'argent (pièce fourrée). Cohen 251. 


ER 

A Son buste à droite. R/ Temple à six colonnes. Une boule au fronton 
et un personnage au milieu de ce temple. A l’exergue AETERNITAS. 

Grand bronze. Cohen 69. 

DIVA FAVSTINA. Son buste drapé, à droite. R/ PIETAS AVG: $ C. La 
Piété voilée et debout à gauche, mettant un grain «’encens dans la flamme d’un 
autel à gauche. 

Grand bronze. Cohen 243. 

DIVA FAVSTINA. Même face. R/ AVGVSTA S.C. Vesta debout, à gauche, 
tenant un sceptre et baissant la main droite. 

Moyen bronze. Cohen 128 pour or et non pour M. B. 


Même face. R/ CONSECRATIO S. C. Vesta debout, à gauche, auprès d'un autel. 

Moyen bronze. Cohen 163. 

FAVSTINA AVGVSTA. Son buste à droite. R/ IVNO S. C. Junon debout à 
gauche, tenant un sceptre el une couronne au-dessus d'un autel. 

Deux movens bronzes. Cohen ? 

DIVA FAVSTINA. Son buste à droite. R/ IVNO. S.C. Junon debout, à 
gauche, tenant un sceptre et une couronne au-dessus d'un autel. 


pa 


Deux movens bronzes. Cohen 211. 


FAVSTINA AVGVSTA. Son buste à droite. R/.... Femme debout, à 
gauche; à ses pieds un autel. 
Moven bronze. 


Marc Aurele (Marcus Aurelius Antoninus). 


IMP. M. AVREL. ANTONINVS AVG. Sa tête laurée, à droite. R/ PROV. DEOR. 
TR. P. XV COS. III. La Providence, debout à gauche, tenant un globe et une corne 
d’abondance. (An 161.) 

Denier d'argent. Cohen 908. 


IMP. M. AVREL. ANTONINVS AVG. Sa tête laurée, à droite. R/ CONCORDIA 
AVGVSTOR. TR. POT. XV.S. C.; à l’exergue COS. Ill. Marc Aurèle et Lucius Verus 
debout se donnant la main; l’un d'eux lient un volume roulé et un stèle. (An 161.) 

Grand bronze. Cohen 64. 


... ANTO. . . Son buste lauré, à droite. R/....S.G Femme assise à 
gauche, tenant une victoire et un sceptre. 
Deux grands bronzes. 


M. ANTONINVS AVG. GERM... ATR... Son buste lauré, à droite. 
R/.... S.C. Femme debout de face, tenant une patere et une corne d’abondance. 


Grand bronze. 


M. AVREL. ANTONINVS. .. Même buste. R/.... Femme debout tenant 
un sceptre à gauche, à droite un globe sur un cippe. 

Grand bronze. 

M. ANTONINVS. .. Même buste. R/...S.C. Femme debout à droite, 
tenant une patère au-dessus d'un autel placé à ses pieds; de l’autre côté, un sceptre. 

Grand bronze. 


... . Même buste. R/...sS.C. L’Equite assise à gauche, tenant une 
balance et une corne d’abondance. 
Grand bronze. 


.….. Même buste. R/.... Femme assise à gauche, tenant deux épis el un sceptre. 
Grand bronze. 


IMP. . AVG. TR. P. Sa tête laurée, à droite. R/....S.C. Victoire à gauche, 
posée sur un socle et présentant une couronne de la main droite. 
Grand bronze. 


. M. ANTONINVS AVG. TR. P. XXVI Même face. R/ IMP. VI COS. IL S. C. 
Rome assise, à gauche, sur une cuirasse, tenant un sceptre, et le coude gauche 
appuyé sur un bouclier rond; derrière elle un bouclier ovale. (An 172.) 

Grand bronze. Cohen 284. 


M. ANTONINVS AVG. TR. P. XXIIL Sa tête laurée, à droite. R/ SALVTI 
AVG. COS. II. S. C. La Santé debout à gauche, nourrissant un serpent enroulé 
autour d’un autel et tenant un sceptre. (An 169.) 

Grand bronze. Cohen 544. 


CAESMANPE MM émeMbuste ROC OS ... S. C. Femme vue de 
derrière et à gauche, relevant son voile. 
Grand bronze. 


M. AVREL. ANTONINVS T. P. XXVIL Son buste lauré, à droite. R/.... COS. III; 
S. C. Femme debout à gauche tenant une couronne el une corne d’abondance. 


Grand bronze. 


M. AVREL. ANTONINVS AVG. TR, P. : .. Même buste. R/.... Femme 
debout, à gauche, tenant une victoire et un sceptre. 
Grand bronze. 


Même buste. R} . ... à l’exergue FORT. RED. La Fortune assise, 
à gauche, tenant un gouvernail et une corne d’abondance. 
Grand bronze. 


M. ANTONINVS TR. P. XXV. Sa tête laurée, à droite. R/ PRIMI DECENNALES 
COS. II. S. C. dans une couronne. (An 171.) 
Grand bronze. Cohen 495. 


. Sa tête laurée, à droite. R/ . . . Victoire marchant à gauche. 
Moven bronze. 


. son buste lauré, à droite. R/ Femme debout. Cette pièce est trouée ; 
elle aura été portée comme amulette ou bijou. 
Moven bronze. 


. . M. AVREL... Même buste. R/...S.C. La Concorde assise, à 
gauche, tenant une patère, la main gauche sur la poitrine; derrière le siège une 
corne d’abondance. (An 163.) 

Moven bronze. 

.. ANTONINVS AVG... Son buste lauré, à droite. R/....S.C. Femme debout, 
à gauche; à la main droite une baguette: au bras gauche une corne d’abondance. 

Moyen bronze. 


Pa ES 


AVRELIVS CAESAR AVG. PIL F. Son buste nu, à droite. R/ ... TA.S.C. 
Femme debout, à gauche, tenant une grande palme et une corne d’abondance. 
Moven bronze. 


Même buste. R/... VICTORI. . . VI. . Pallas de face, regardant à 
droite, le manteau flottant, tenant de la main gauche une haste et, de la droite, 
un bouclier sur lequel est inscrit S. C. 

Moven bronze. 


> 


. Même buste. I) . ... Femme debout, à gauche, tenant une patère 
sur un autel. 

Moyen bronze. 

Même buste. R/.... Marc Aurèle, debout, tenant une haste et 
présentant une victoire à Rome casquée assise sur une cuirasse et un bouclier, 
el tenant une haste. 

Moven bronze. 

AVRELIVS CAESAR AVG. PIT F. COS. II. Sa tête nue, à droite, avec barbe 
naissante. R/ CONCORDIA. $. GC. La Concorde debout, à gauche, tenant une pa- 
tère et posant la main sur une corne d’abondance attachée à un autel. (An 145.) 

Moyen bronze. Cohen 63. 

DIVVS M. ANTONINVS PIVS. Sa tête nue, à droite. R/ CONSECRATIO. 
Aigle sur un autel orné de guirlandes, à droite, et regardant à gauche. (Frappée 
après sa mort.) 

Moyen bronze. Cohen 86. 

+. ANTONINVS AVG Même buste AR /MTP PONS 200 ESA 
Hercule debout à gauche, avec la peau du lion et la massue. 

Moyen bronze. 


Faustine Jeune (Annia Faustina). 


FAVSTINA AVGVSTA. Son buste, à droite. R/ FECVND. AVGVSTAE. S. C. 
La Fécondité debout, à droile, entre deux jeunes filles et en tenant deux autres 
dans les bras. 

Deux grands bronzes. Cohen 96. 


I 


Son buste diadèmé, à droite. R/ ... . Femme debout. 
Grand bronze. 

. Son buste à droite. R/ TEMPOR. FELIC S. C. Faustine debout, à 
gauche, tenant deux enfants dans les bras; à ses pieds, de chaque côté, deux 
autres enfants lui tendent les bras. 

Grand bronze. Cohen 222. 

FAVSTINA AVG. PI AVG. FIL. Son buste à droite. R/ VENVS. S. C. Vénus 
debout, & droite, tenant une pomme el appuvée sur une colonne. 

Grand bronze. (Incdit.) Cohen indique en moyen bronze (271) Vénus à gauche. 

FAVSTINA AVGVSTA. Son buste à droite. R/ VENVS GENETRIX. Vénus 
debout tenant une victoire et un sceptre. 


Grand bronze. (Inedit.) Cohen 279, 280, 281 sont pour or et argent. 


FAVSTINA AVGVSTA. Son buste, à droite. R/ LAETITIA. S. C. La Joie debout, 
à gauche, tenant un sceptre et une couronne. 
Moven bronze. Cohen 151. 


Même face. R/ PIETAS. S. C. Faustine debout, à gauche, tenant une fleur 
et une corne d’abondance. 

Moven bronze. Cohen 174. 

FAVSTINA AVG. PIT. AVG. FIL. Son buste à droite. R/ VENVS. S. C. Vénus 
debout, à droite, tenant une pomme et ajustant sa coiffure de la main gauche. 

Moven bronze. Cohen 265 éndique Vénus à gauche. 

. . . . Même büste. R/.... Femme debout, à gauche. 

Moven bronze. 

FAVSTINA. . .. Même buste. R/ . . .. Femme debout à gauche. 

Moven bronze. 


Lucille (Annia Lucilla). 


LVCILLAE AVG. ANTONINI AVG. F. Son buste drapé, à droite. R/ CON- 
CORDIA. $. C. La Concorde assise, à gauche, tenant une patère et une corne 
d’abondance. 

Deux grands bronzes. 


Commode (Marcus Lucius Aelius Aurelius Commodus Antoninus). 


M. COMMODVS ANT. P. FELIX AVG. BRIT. Sa tête laurée, à droite. 
R/ MARTI PAC. P. M. TR. P. XIII COS. V P.P. Mars debout tenant un rameau 
et une haste. À ses pieds, des armes. Dans le champ S.C. (An 189.) 

Grand bronze. Cohen 352 pour MART : MARTI inédit. 

. . Son buste lauré, à droite. R/ MINER. AVC. P. M. TR. P. COS. VI S. C. 

Minerve marchant à droite el regardant en arrière, tenant de la main droite une 
branche de laurier et de la gauche, un bouclier et un javelot. (An 191.) 

Grand bronze. Cohen 360. 

COMMODVS ANTONINVS PIVS. Son buste lauré, à droite. R/...S.C. 
Victoire marchant à gauche et tenant un diadème des deux mains. 

Grand bronze. 

... OD. ANT... Sa tête radiée, à droite. R/ . . . . IOS. . . Victoire debout, 
à gauche. 

Grand bronze. 


» 


M. ANTONINVS AVG. Sa tête laurée, à droite. R/ TR."P. VI IMP. III COS. 
II P. P. L’Abondance debout, à gauche, tenant des épis el la corne d’Amalthee; 
à ses pieds le modius. (An 181.) 

Moven bronze. Revers du denier d'argent de Cohen 811. Inédit en Moven 
bronze. 

M. COMM. ANT. P. FEL. AVG. BRIT. P. P. Sa tête laurée, à droite. R/ VOTIS 
COS. VI dans une couronne de laurier. (An 190.) 

Moyen bronze. Cohen 998 pour argent. Inédit pour Moyen bronze, 


Crispine (Bruttia Crispina). 


CRISPINA AVGVSTA. Son buste à droite. R/ SALVS. S 
nourrissant un serpent enroulé autour d’un autel. 
Grand bronze. Cohen 33. 


.G. La Santé assise, 


Septime Severe (Lucius Septimus Severus). 


SEVERVS PIVS AVG. Sa tête laurée, à droite. R/P. M. TR. P. XII COS. I 


P.P. Génie nu debout, à gauche, sacrifiant près d'un autel allumé et tenant des 
épis. (An 206.) 
Denier d'argent. Les légendes de Cohen 469. Le revers de Cohen 475. 


. SEVERVS AVG. . . Son buste .drape et lauré, à droite. R/....M... 

Jupiter à demi nu, marchant à droite en menacant de sa haste et tenant la foudre 
de la main gauche. 
Grand bronze. 


IMP. P. SEPTIMVS. . . A. PIVS AVG. Son buste lauré, à droite. R/ VOTA 
PVBLICA. Sévère voilé, debout à gauche, sacrifiant sur un autel allumé; dans le 
champ S. C. (An 197.) 

Moyen bronze. Cohen 778. 


Julie (Julia Domna). 


IVLIA AVGVSTA. Son buste drapé, à droite. R/ HILARITAS. L’Allegresse 
debout, à gauche entre deux enfants, tenant une longue palme et une corne d’abondance. 
Denier d'argent. Cohen 79. 


IVLIA DOMNA AVG. Son buste drapé, à droite. R/ AEQVITAS AVG. L’Equite 
debout, à gauche, tenant une corne d’abondance. 
Grand bronze. Cohen 1. 


IVLIA PIA FELIX AVG. Son buste drapé, à droite. R/ CEREREM. >. C. 


Cérès debout à gauche, auprès du modius, tenant deux épis et un sceptre. 
Moven bronze. Cohen 13. 


Caracalla (Bassianus). 
ANTONINVS PIVS AVG. Son buste lauré, à droite. R/ PONTIF. TR. P. X 
COS. IT. Mars avec le manteau flottant, marchand à droite et portant une haste 
et un trophée. (An 207.) 
Denier d'argent. Cohen 431. 


Géta (Lucius ou Publius Septimius Julius Geta). 


GETA. . .. CAES. Son buste jeune et drapé, à droite. R/ PIETAS AVG.S. C. 
Grand vase et deux bâtons d’augure. 


Moven bronze. Cohen indique PIETAS et, pour l'argent. 


Julia Paula (Julia Cornelia Paula). 


à gauche, tenant une patere. Dans le champ une étoile. 
Deux deniers d'argent. Cohen 6. 


IVLIA PAVLA AVG. Son buste à droite. R/ CONCORDIA. La Concorde assise 


— 331 — 


Maesa (Julia Maesa.) 


IVLIA MAESA AVG. Son buste à droite. R/ FECVNDITAS AVGVSTAE. S. C. 
La Fécondité assise, à gauche, tendant la main à un enfant et tenant une corne 
d’abondance. 

Grand bronze. Cohen 11. 


Alexandre Sévère (Marcus Aurelius Severus Alexander). 


IMP. €. M. AVR. SEV. ALEXAND. AVG. Son buste lauré et drapé, à droite. 
à) P. M. TR. P. COS. P. P. Mars debout à gauche, tenant une branche d’olivier et 
une haste. (An 222.) 

Denier d'argent. Cohen 207. 


IMP. C. M. AVR. SEV. ALEXANDER. AVG. Même buste. R/ LIBERTAS AVG. 
La liberté debout avec ses attributs. 
Denier d'argent. Cohen 150. 


IMP. SEV. ALEXANDER AVG Son buste lauré, à droite. R/ ANNONA 
AVGVSTI. $. C. L’Abondance, à gauche, tenant des épis et une ancre; à ses pieds 
le Modius rempli d'épis. 

Grand bronze. Cohen 35. 


IMP. SEV. ALEXANDER AVG. Sa tête laurée, à droite. R/ LIBERALITAS 
AVGVSTI IL. S. C. La Liberté debout à gauche, tenant une tessère et une corne 
d’abondance. (Quatrième libéralité.) 

Moyen bronze. Cohen 137. 


IMP. CAES. M. AVR. SEV. ALEXAND. AVG. Son buste lauré, à droite. 
/ P. M. TR. P. VI COS.II P. P. La Paix courant à gauche, tenant une branche 
d’olivier et un sceptre. (An 227.) 

Moyen bronze. (Cohen 321. 


IMP. SEV. ALEXANDER AVG. Même buste. R/ P. M. TR. P. VIII COS. II 
P.P.S.C. Victoire debout à droite, posant le pied sur un casque et écrivant 
VOT. X sur un bouclier attaché à un tronc de palmier. 

Moyen bronze. Cohen 397. 


Même face. R/....S.(. Femme debout, à gauche, tenant une patère ou 
une couronne de la main droite levée. 
Moyen bronze. 


Orbiane (Sallustia Barbia Orbiana). 


SALL. BARBIA ORBIANA AVG. Son buste diadèmé, à droite, R/ CONCORDIA 
AVGG. La Concorde assise à gauche, tenant une palère et une double corne 
d’abondance. 

Deux deniers d'argent. Cohen 1. 


Même face. R/ VENVS GENETRIX. Vénus debout, tenant une pomme el 
une haste. 
Denier d'argent, défourré en partie. Cohen 80. 


=. 558 


Mamée (Julia Mamaea). 


IVLIA MAMAFA AVG. Son buste à droite. R/ IVNO CONSERVATRIX. Junon 
diadèmée et voilée, debout à gauche, tenant une patère et un sceptre; à ses 
pieds un paon. 

Denier d'argent. Cohen 35. 


IVLIA MAMAFA AVGVSTA. Son buste diadèmé, à droite. R/FECVNDITAS 
AVGVSTAE. $S. C. La Fécondité debout à gauche, tendant la main à un enfant et 
tenant une corne d’abondance. 

Moyen bronze. Cohen 9. 


IVLIA MAMAFA AVG. Son buste à droite. R/ FELICITAS AVG. S. C. La 
Félicité debout, à gauche, tenant un caducée et une corne d’abondance. 
Moyen bronze. Cohen 11. 


Gordien Ill dit le pieux (Marcus Antoninus Gordianus). 


IMP. GORDIANVS PIVS FEL. AVG. Son buste radié, à droite. R/ P. M. TR. 
P. II COS. Il P. P. Gordien, la tête nue, marchant à droite, tenant une haste 
transversale et un bouclier; dans le champ >. (€. 

Moven bronze. Cohen 245. 


IMP. GORDIANVS PIVS FEL. AVG. Son buste radié et drapé, à droite. 
R/ LAETITIA AVG. N. La Joie debout, à gauche, tenant une couronne et une ancre 
illon. Cohen 124. 


Même légende. Son buste lauré et drapé, à droite. R/ ROMAE AETERNAE. 
Rome assise, à gauche, sur un bouclier, tenant une victoire et un sceptre. 
Billon. Cohen 314. 


Philippe pere (Marcus Julius Philippus). 


IMP. M. IVL. PHILIPPVS AVG. Son buste lauré et drapé, à droite. R/ LAET. 
FVNDATA S.C. La Joie debout, à gauche, tenant une patère et un gouvernail, 
le pied droit posé sur une proue. 

Moyen bronze. Cohen 74. 

IMP. PHILIPPVS. Son buste lauré, à droite. R/ PROVIDENTIA AVG. La 
Providence debout, à gauche, tenant un sceptre; à ses pieds un globe. 

Moyen bronze. Face de Cohen 161, revers de Cohen 162 pour argent et 
non pour bronze. 

IMP. M. IVL. PHILIPPVS AVG. Son buste radié, à droite. R/ PAX AETERN. 
La Paix marchant à pas précipités, à gauche, tenant un branche d'olivier et un 
sceptre transversal. 


Billon. Cohen 106. 
Valérien César. 
VALERIANVS CAES. Son buste radié et drapé, à droite. R/IOVI CRESCENTI. 


Jupiter enfant assis sur une chèvre qui marche à droite. 
Billon. Revers de Gallien. Cohen 380, mais inconnu à Valérien. 


— 339 — 


Valerien pere (Caius Publius Lieinius Valerianus). 


VALERIANVS P. F. AVG. Son buste radié et drapé, à droite. R/ ORIENS 
AVGG. Le Soleil marchant à gauche, levant la main droite et tenant un fouet. 
Billon. Légende de la face inédite avec le revers de Cohen 134. 


IMP. VALERIANVS AVG. Son buste radié et drapé, à droite. R/ SECVRIT 
PERPET. La Sécurité debout, à gauche, les jambes croisées, tenant un sceptre et 
appuyée sur une colonne. 

Billon. Cohen 204. 


Gallien (Publius Licinius Egnatius Gallienus). 


GALLIENVS AVG. Son buste radié, à droite. R/ IOVI CRESCENTI. Jupiter 
enfant assis sur une chèvre qui marche à droite. 
Billon. Cohen 380. 


Même face. R/ LIBERO P. CONS. AVG. Panthère marchant à droite, à 
l’exergue B. 
Billon. Cohen 586. 


Mömes faces et revers; dans le champ A. 
Billon. 


Même face. R/ VBERITAS AVG. La Fertilité debout, à gauche, tenant une 
grappe de raisin et une corne d’abondance; dans le champ E. 
Billon. Cohen 1008. 


GALLIENVS AVG. Son buste radié, à droite. R/ ORIENS AVG. Le Soleil 
à demi nu, radié, debout à gauche, levant la main droite et tenant un globe dans 
la droite. j 

Billon. Cohen 687. 


Même face. R/ MARTI PACIFERO. Mars debout, à gauche, tenant une 
branche d’olivier de la main droite, et dans la gauche un bouclier et une haste. 
Dans le champ H. 

Petit bronze. Cohen 622. 

Même pièce. Dans le champ A. 

Petit bronze. 

Même face. AETERNITAS AVG. Le Soleil radié, à demi nu, debout à 
gauche, levant la main droite et tenant un globe de la main gauche ; dans le champ T. 

Deux billons. Cohen 38. 

Même face. R| PROVID. AVG. La Providence debout à gauche, indiquant 
avec une baguette un globe à ses pieds et tenant une corne d’abondance. 

Petit bronze. Cohen 862. 

GALLIENVS AVG. Sa tête radiée, à droite. R/ PVDICITIA. La Pudeur de- 
bout, à gauche, se couvrant le visage de son voile et tenant un sceptre transversal 

P. B. Cohen 89. 

GALLIENVS AVG. Même face. R/ SOLI COMS AVG. Pégaze à droite 
s'élevant en l'air. A l’exergue H. 

Billon. Face de Cohen 978, revers de Cohen 978 sauf légende. 


DU 


Salonine (Cornelia Salonina). 


SALONINA AVG. Son buste diadèmé, à droite, dans un croissant. R/PVDICITIA. 
La Pudeur debout, à gauche, tenant son voile et un sceptre. 
Deux billons. Cohen 92. 


Même face. R/ VENVS VICTRIX. Vénus à demi nue debout à droite, vue 
par derrière, appuyée sur une colonne et tenant une pomme. 
Deux billons. Cohen 134. 


SALONINA AVG. Son buste diadèmé, à droite, dans un croissant. R/ VESTA. 
Vesta debout, à gauche, tenant une patère et un sceptre transversal. 
Billon. Cohen 137. 


Postume (Marcus Cassianus Latinus Postumus). 


IMP. €. POSTVMVS P. F. AVG. Son buste radié et drapé, à droite. R/ ORIENS 
AVG. Le Soleil radié marchant à gauche, levant la main droite et tenant un fouet. 

Billon. Face de Cohen 211, revers de Cohen 211. Légende du revers de 
Cohen 213. 


Même face. R/ PAX AVG. La Paix debout, à gauche, tenant une branche 
d’olivier et un sceptre transversal; dans le champ P. 
Trois billons. Cohen 220. 


IMP. C. POSTVMVS P.F. AVG. Même face. R/ SALVS AVG. Esculape de 
face et regardant à gauche, appuvé sur un bâton autour duquel est enroulé 
un serpent. 

Trois billons. Cohen 348. 

IMP. C. POSTVMVS P. F. AVG. Son buste lauré et drapé, à droite. 
R/ VBERTAS AVG. La Fertilité debout à gauche, tenant une bourse et une corne 
d'abondance. 

Trois billons. Cohen 365. 


Victorin père (Piauvonius Victorinus). 

IMP. C. VICTORINVS P. F. AVG. Son buste radié et drapé, à droite. 
R/ PAX AVG. La Santé debout, à gauche, près d'un autel, nourrissant un serpent 
et tenant une haste renversce. 

Deux billons. Cohen 88. 

Même légende, Sa tête radiée, à droite. R/ PROVIDENTIA AVG. La Pro- 
vidence debout, à gauche, tenant une baguette et une corne d’abondance. 

Quatre billons. Cohen 101. 


Tetricus père (Caius pius Esuvius Tetricus). 


IMP. TETRICVS P. F. AVG. Son buste radié et drapé, à droite. R/ HILARITAS 
AVGG. L’Allegresse debout, à gauche, tenant une palme et une corne d’abondance. 

Trois petits bronzes. Cohen 32. 

Même face. R/ LAETITIA AVG. N. La Joie debout, à gauche, tenant une 
couronne et une ancre. 

Trois petits bronzes. Cohen 75. 


Même face. R/ PAX AVGG. La Paix debout, à gauche, appuyée sur une 
haste et montrant une branche d'olivier. 

Deux petits bronzes. Face Cohen 110, revers Cohen 110. 

IMP. C. TETRICVS P. F. AVG. Son buste radié et drapé, à droite. R/ PIETAS 
AVG. La Piété debout, à gauche, mettant un grain d’encens sur un autel et tenant 
‚une boîte à parfums. 
Deux petits bronzes. Cohen 116. 
IMP. C. TETRICVS P. F. AVG. R/ PIETAS AVGVSTO. Instruments de sacrifice. 
Trois petits bronzes. Cohen 120. 


| IMP. C. TETRICVS P. F. AVG. Son buste radié et drapé, à droite. R/ PRINC. 
IVVENT. Tétricus, à gauche, tenant une baguette et un sceptre. 

Deux petits bronzes. Face Cohen 130 pour or, revers Cohen 131. 

IMP. TETRICVS AVG. Son buste radié, drapé et cuirassé, à droite. 
R/ SALVS AVG. La Santé à gauche, tenant une couronne et une ancre. 

Deux petits bronzes. Face et légende de Cohen 149. Revers de Cohen 151. 

IMP. TETRICVS AVG. Son buste radié, à droite. R/SALVS AVG. La Santé 
debout, à gauche, près d'un autel, nourrissant un serpent et tenant une ancre. 

Petit bronze. Flan très épais. Cohen 149. 

IMP. C. TETRICVS P. F. AVG. Même face. R/ SALVS AVG. Même revers. 

Petit bronze. Face Cohen 145, revers Cohen 149. 


IMP. TETRICVS. Son buste radié et drapé, à droite. R/ VICTORIA AVGG. 
Victoire debout, à gauche, tenant une couronne et une palme. 
Trois petits bronzes. Légende, de la face, inconnue à Cohen avec ce revers. 


IMP. C. TETRICVS P. F. AVG. Son buste radié et drapé, à droite. R/ VIRTVS 
AVG. Mars, à gauche, tenant une haste et appuvé sur un bouclier. 

Trois petits bronzes, à flan épais. Face Cohen 200, revers Cohen 199. 

IMP. TETRICVS P. F. AVG. R/ VIRTVS AVG. 

Trois quinaires. Cohen 199. 

Nous avons trouvé 90 pièces en petit bronze, en quinaire et en très 
petit module. 

Ces pièces barbares ont la tête radiée; au revers une femme debout avec 
une haste, ou sceptre, où palme. Elles sont la répétition des pièces décrites plus 
haut. Si les revers en sont très barbares, il existe au contraire des bustes fort 
bien frappés, surtout dans les pièces de très petit module. 

Un de ces petits bronzes contient deux fois l'empreinte du même coin. 


Tétricus fils (Caius pius Esuvius Tetricus). 


C. PIV. ESV. TETRICVS CAES. Son buste radié et drapé, à droite. R/ PAX 
AVG. La Paix debout, à gauche, tenant une palme et une corne d'abondance, 


Petit bronze. Cohen 33. 


Même face. R/ PAX AVG. La Paix debout, à gauche, tenant une branche 
d'olivier et un sceptre. Dans le champ X. 
Petit bronze. Cohen 44. 


un. aa 


C. P. E. TETRICVS CAES. Son buste radié et drape, à droite. R/ PIETAS 
AVGVSTO. Instruments de sacrifices. 

Petit bronze. Cohen 55. 

C. PIV. ESV. TETRICVS CAES. Son buste radié et drapé, à droite. R/ SPES 
AVGG. L’Esperance marchant, à gauche, tenant une fleur et relevant sa robe. 

Quatre petits bronzes. Cohen 88. 

C. P. ES. TETRICVS CAES. Même face. R/ SPES PVBLICA. Même revers. 

Petit bronze. Cohen 95. 


C. E. P. TETRICVS CAESAR. Même face. R/ VIRTVS AVG. La Valeur 


casquée, appuyée sur un bouclier et tenant une haste. 
Petit bronze. Légende face, Cohen 92, revers Cohen 104. 


Claude II le Gothique (Marcus Aurelius Valerius Claudius). 


IMP. CLAVDIVS. Son buste radié, à droite. R/ AEQVITAS AVG. L’Equite 
debout à gauche, tenant une balance et une corne d’abondance; dans le champ X. 
Quatre petits bronzes. Cohen 6. 


IMP. C. CLAVDIVS. Même buste. Même revers. 

Deux petits bronzes. Cohen 6. 

DIVO CLAVDIO. Sa tête radiée, à droite. R/ CONSECRATIO. Aigle debout 
se retournant à droite. 

Petit bronze et quatre quinaires. Cohen 41. 

Mömes faces et revers, sauf l'aigle debout à gauche. 

Deux petits bronzes. Cohen 43. 


IMP. CLAVDIVS. Sa tête radiée, à droite. R/ CONSECRATIO. Autel carré. 
Petit bronze. Cohen 48. 


DIVO CLAVDIO. Même buste. R/ CONSECRATIO. Autel carré, avec flammes. 
Dix-huit petits bronzes et huit quinaires. Cohen 50. 


IMP. C. CLAVDIVS. Son buste lauré et cuirassé à droite. Légende inconnue 
à Cohen avec le revers n° 84: FIDES AVG. La Foi militaire, debout, présente une 
enseigne militaire et tient une bourse. Au-dessus X. 

Petit bronze. 


IMP. CLAVDIVS P. F. AVG. Son buste radié, à droite. R/ FORTVNA RED. 
La Fortune debout à gauche, tenant une corne d’abondance et un gouvernail; 
à l’exergue S. 

Petit bronze. Cohen 99. 


IMP. €. CLAVDIVS AVG, Même buste. R; IOVI VICTORI. Jupiter nu, debout 
à gauche, avec son manteau déployé derrière lui, tenant une foudre et un sceptre. 
Petit bronze. Cohen 129. 


. Sa tête radiée, à droite. R/ MARS VICTOR. Mars nu avec le man- 
teau flottant, marchant à droite, tenant une haste et un trophée; dans le champ H. 
Petit bronze. Cohen 154. 


IMP. CLAVDIVS AVG. Sa tête radiée, à droite. R/ MARTI PACIFERO. Mars 
debout, à gauche, tenant une branche d’olivier et une haste transversale; dans le 
champ X. 

Deux petits bronzes. Cohen 169. 


Même pièce. Dans le champ A. 
Petit bronze. 
Même face. R' PAX AVGVSTI. La Paix debout à gauche, tenant une branche 


d’olivier et une corne d’abondance. 
Petit bronze. Cohen 204. 


DIVO CLAVDIO. Sa tête radiée, à droite. R/ PIETAS AVG. La Picté debout 
à gauche, tenant une patère et appuyée sur une haste. 
Petit bronze. Cohen 212. 


IMP. CLAVDIVS AVG. Même buste. R/ PROVIDENT AVG. La Providence 
debout, à gauche, tenant un sceptre et indiquant un globe avec une baguette; 
dans le champ X. 

Petit bronze. Cohen 226. 


Même face. R/ Même légende. La Providence, tenant une corne d’abondance, 
indique avec une baguette un globe qui est à ses pieds. 
Petit bronze. Cohen 234. 


Même face. R/ SALVS AVG. La Santé debout à gauche, nourrissant un 
serpent qui s’élance d’un autel, et tenant un sceptre. 
Petit bronze. Cohen 262. 


IMP. C. CLAVDIVS AVG. Sa tête radiée, à droite. R/ VICTORIA AVG. Victoire 
debout, regardant à gauche, tenant une couronne et une palme. 
Quatre petits bronzes. Cohen 301. 


Mêmes faces et revers, mais barbares. 
Quinaire. 


Aurélien (Lucius Domitius Aurelianus). 


IMP. AVRELIANVS AVG. Son buste radié et cuirassé, à droite. R/ ORIENS 
AVG. Le Soleil radié, à demi nu, debout de face, regardant à gauche, levant la 
main droite et tenant un globe; à gauche, un captif, les mains derrière le dos, 
auquel il donne un coup de pied. A l’exergue C. 

Petit bronze. Cohen 140. 

Même face. R/ VICTORIA AVG. Victoire marchant à gauche, tenant une 
couronne et une palme; à ses pieds un trophée. A l’exergue F. 

Petit bronze. Cohen 253. 


Séverine (Ulpia Severina). 


SEVERINA AVG. Son buste diadèmé, à droite avec le croissant, R/ PRO 
VIDEN. DEOR. La Foi debout, à droite, tenant deux enseignes militaires en face 
du Soleil radié nu, avec le manteau sur l'épaule gauche, levant la main droite 
et tenant un globe; à l’exergue SAXT. 

Petit bronze. Cohen 12. 


Diocletien (Caius Valerius Diocletianus). 


IMP. DIOCLETIANVS AVG. Sa tête laurée, à droite. R/ GENIO POPVLI 
ROMANI. Genie coilfe du modius, debout à gauche, à demi-nu, tenant une palère 
et une corne d’abondance; dans le champ SH; à l’exergue TR. 

Moyen bronze. Série Cohen de 84 à 112. 


Même piece; à l’exergue AT. 
Moven bronze. 


Même piece; à l’exergue CT. 
Moyen bronze. 


IMP. DIOCLETIANVS P.F. AVG. Son buste lauré, à droite. Même revers; 
dans le champ CT; à l’exergue TR. 
Moyen bronze. 


Même piece; dans le champ BF; à l'exergue TR. 
Moven bronze. 


Même piece; dans le champ AT; à l’exergue TR. 
Moyen bronze. 


D. N. DIOCLETIANO P.F.S. (pro felici Seniori) AVG. Son buste lauré. à 
droite, tenant un livre. R/ QVIES AVGVSTORVM. Le Repos debout, à gauche, 
tenant un rameau baissé et un sceptre. (An 305.) Pièce frappée lors de l'abdication 
de Dioclétien. À l'exergue PTR; dans le champ SA. 

Moyen bronze. Cohen 430. 


IMP. C. DIOCLETIANVS P. F. AVG. Sa tête laurée, à droite. R/ SACRA 
MONET. AVGG. ET CAESS. NOSTR. La Monnaie debout, à gauche, tenant une 
balance et une corne d’abondance; à l’exergue P. T. 

Moyen bronze. Face Cohen 433, revers Cohen 435. 

Voir mémoires de l’Académie de Metz: 

Trouvaille d’Emmerswiller (Hérapel). Nous rappelons que la trouvaille 
d’Emmersweiler se composait de 1200 moyens bronzes saucés, faces à droite, 
revers GENIO POPVLI ROMANI frappés pour la plupart à Trèves. Ils étaient des 
empereurs Dioclétien et Maximien Hercule, et des deux Césars Galère Maximien 
et Constance Chlore. 


Maximien Hercule (Marcus Aurelius Valerius Maximianus). 


IMP. MAXIMIANVS P. F. AVG. Son buste nu et lauré, à droite. R/ GENIO 
POPVLI ROMANT. Génie lourelé à demi nu, debout, à gauche, tenant une patere 
et une corne d’abondance; à l’exergue LH. 

Moven bronze. Cohen 197. 


Même face et même revers. Dans le champ AT et TR à l’exergue. 
Moven bronze. 


Mêmes face et revers. Dans le champ C; à l’exergue TR. 
Moyen bronze. 


Mömes face et revers. Dans le champ CT; à l’exergue TR. 
Moyen bronze, 


Mêmes légendes. Son buste nu et lauré, à gauche. Même revers. Dans le 
champ A et une étoile. A l’exergue TR. 
Moyen bronze, de 25 mm de diamètre. Cohen 204. 


IMP. MAXIMIANVS AVG. Son buste lauré et cuirassé, à gauche. Même 
revers; dans le champ A, à l’exergue PLC. 

Moven bronze. Cohen 199. 

Même pièce, sauf le buste à droite. 

Moven bronze. 

Mêmes légendes et revers. Son buste nu et lauré, à droite. Dans le 
champ AT; à l’exergue TR. 

Deux moyens bronzes. 


IMP. MAXIMIANVS AVG. Son buste lauré et cuirassé, à droite. R/GENIO 
POPVLI ROMANI. Dans le champ SF; à l’exergue ITR. 
Moyen bronze, diamètre 28 mm. 


DIVO MAXIMIANO OPTIMO. Son buste lauré et voilé, à droite. R/REQVIES 
OPTIMOR MERIT. Maximien assis, à gauche, sur une chaise curule, levant la 
main droite et tenant un sceptre. (Pièce frappée après sa mort.) A l’exergue STR. 

Petit bronze. Cohen 499. 

Même face. R/ REQVIES OPT. MER. Même revers. A l’exergue, STR. 

Deux petits bronzes quinaires. Cohen 500. 


Constance I, Chlore (Flavius Valerius Constantius). 
CONSTANTIVS NOB. CAES. Son buste nu et lauré à droite. R/ GENIO 
POPVLI ROMANI. Génie tourelé à demi nu, debout, à gauche, tenant une patère 
de la main droite et portant une corne d’abondance, à droite; dans le champ, 
à gauche, A; à l’exergue TR. 
Moyen bronze. Cohen 107. 


Même pièce. Dans le champ AT; à l’exergue TR. 
Moyen bronze. 


Même pièce, avec H sous le buste. 
Trois moyens bronzes. 


Même pièce, mais rien sous le buste; dans le champ U; à l’exergue TR. 
Moven bronze. 


Même pièce; dans le champ CT; à l’exergue TR. 
Moyen bronze. 


CONSTANTIVS NOB. Son buste radié et drapé, à droite. R/ PIETAS AVGG. 
Constance en habit militaire et lauré, debout, à droite, tenant un sceptre et re- 
levant une femme tourelée, à genoux, qui tient une corne d’abondance. 

Petit bronze. Cohen 216. 


Hélène (Flavia Julia Helena). 

FL. HELENA AVGVSTA. Buste drapé, à droite, avec un diadème orné de 
perles. R/ SECVRITAS REPVBLICAE. Hélène voilée, debout, à gauche, tenant un 
rameau baissé et soutenant sa robe ; à l’exergue PTR el croissant (1er atelier de Trèves). 

Petit bronze, diamètre 19 mm. Cohen 10. 


546 


Même pièce sauf à l’exergue STR et croissant (2° atelier de Trèves). 
Petit bronze. Cohen 10. 


FL. IVL. HELENAE AVG. Buste diadèmé et drapé d'Hélène, à droite. R/ PAX 
PVBLICA. La Paix debout, à gauche, tenant une branche d'olivier et un sceptre 
transversal; à l’exergue TR S (2e atelier de Trèves). 

Sept petits bronzes, genre quinaires. Cohen 4. 


Même pièce. A l’exergue CONS. 
Petit bronze. 


Même pièce. À l’exergue TR P et une palme. 


Théodora (Flavia Maximiana Theodora). 


FL. MAX. THEODORA AVG. Son buste diadèmé, à droite. R/ PIETAS 
ROMANA. Théodora debout, de face, regardant à droite, tenant un enfant dans 
les bras; à l’exergue TR S avec une palme. 

Quatre petits bronzes. Cohen 3. 


Mêmes types, sauf la tête laurée et à l’exergue TR S avec une palme. 
Deux petits bronzes. 


Galère Maximien (Galerius Valerius Maximianus). 


MAXIMIANVS NOB. CAES. Son buste lauré et nu, à droite. R/ GENIO 
POPVLI ROMANI. Génie tourelé debout, à gauche, à demi nu, tenant une patère 
et une corne d’abondance; dans le champ F; à l’exergue TR. 

Moyen bronze. Cohen 63. 


Même pièce. Dans le champ AT; à l’exergue TR. 
Deux moyens bronzes. 


Même pièce. Dans le champ BT; à l’exergue TR. 
Deux movens bronzes. 


> 


Dans le champ CT; à l’exergue TR. 
Deux moyens bronzes. 


MAXIMILIANVS NOB. CAES. Sa tête laurée, à droite. R/ GENIO POPVLI 
ROMANI. Génie lourelé debout, à gauche, à demi nu, tenant une patère et une 
corne d’abondance; dans le champ CT; à l’exergue TR. 

Moyen bronze. Cohen 87. 


> 


Même pièce; dans le champ AT; à l’exergue TR. 
Deux moyens bronzes. 

Même piece; dans le champ CF; à l’exergue TR. 
Deux moyens bronzes. 

Même pièce; dans le champ FT; à l’exergue TR. 

Moyen bronze. 

Même pièce; dans le champ B; à l’exergue TR. 

Moyen bronze. 


Maximin Il Daza (Caius Valerius Galerius Maximinus). 


IMP. MAXIMINVS P.F. AVG. Son buste lauré et cuirassé, à droite. R/ GENIO 
POP. ROM. Genie coiffe du Modius, à demi nu, debout à gauche. tenant une 
patère et une corne d’abondance; dans le champ TF; à l’exergue PTR. 

Quatre moyens bronzes. Cohen 58. 


Licinius père (Flavius Valerius Licinianus). 


IMP. LICINIVS P. F. AVG. Son buste lauré et cuirassé, à droite. R/ GENIO 
POP. ROM. Génie à demi nu, debout, à gauche, coiffé du Modius, tenant une 
patère et une corne d’abondance; dans le champ TF; à l’exergue HTP. 

Deux petits bronzes de 20 mm de diamètre. Cohen 49. 


Constantin I le Grand (Flavius Valerius Constantinus). 


CONSTANTINVS AVG. Son buste lauré, à droite, avec le manteau impérial, 
tenant un sceptre surmonté d'un aigle. R/ BEATA TRANOVILLITAS, autour d'un 
autel surmonté d'un globe au-dessus duquel sont trois étoiles; sur l'autel, 
VOTIS XX; à l’exergue ‘PTR:. 

Petit bronze, diamètre 18 mm. Cohen 17. 

CONSTANTINVS AVG. Son buste lauré, à droite. R/D. N. CONSTANTINI 
MAX. AVG. autour d'une couronne dans laquelle on lit VOT XX au-dessus d’un 
croissant ; à l’exergue S. T. 

Petit bronze, diamètre 18 mm. Cohen 123. 


IMP. CONSTANTINVS P. F. AVG. Son buste lauré et cuirassé, à droite. 
R/ GENIO POP. ROM. Génie à demi nu debout, à gauche, tourelé, tenant une 
patère et une corne d’abondance. Dans le champ à droite, une étoile; à l’exergue PLN. 
Moyen bronze, diamètre 22 mm. Cohen 195. 


CONSTANTINVS MAX. AVG. Son buste lauré et drapé, à droite. R/ GLORIA 
EXERCITVS. Deux Soldats debout, casqués, tenant chacun une haste et appuyés 
sur un bouclier; entre eux, deux enseignes militaires; à l’exergue TRS. 

Quatre petits bronzes, diamètre 17 mm. Cohen 250. 


Même pièce. A l’exergue TR‘P. 
Petit bronze. 


Même pièce. A l’exergue TR.S. 

Petit bronze. 

FL. VAL. CONSTANTINVS NOB. C. Son buste lauré et drapé, à droite. 
R/ GENIO POP. ROM. Génie à demi nu, à gauche, tourelé, tenant une palere el 
une corne d’abondance; dans le champ SH; à l’exergue PTR. (An 307.) 

Moyen bronze, diamètre 27 mm. Cohen 196. 

CONSTANTINVSP. F. AVG. Son buste lauré, à droite. R/ GLORIA EXERCITVS 
Deux Soldats tenant entre eux une enseigne surmontée d'un étendard revêtu de 
la lettre M; à l’exergue TR.S. 

Deux petits bronzes, diamètre 48 mm. Variété de Cohen 252. 

Mêmes faces et revers. 

Quinaire, diamètre 12 mm. 


ee 


Même piece. Sur l’etendard X. 
Petit bronze, diamètre 18 mm. 


Même pièce. Sur l’étendard une couronne. 
Petit bronze. 


Mêmes légendes. R/ Les deux Soldats ont entre eux une enseigne mili- 
taire surmontée d’un étendard; à l’exergue TRP ou STR ou TRS. 
Quinze petits bronzes, diamètre 15 mm. 


Mèmes légendes et revers. 
Ce sont les revers de Cohen 241 à 257. 
Six quinaires, diamètre 13 mm. 


CONSTANTINVS AVG. Sa tête laurée, à droite. R/ PROVIDENTIAE AVGG. 
Porte de camp surmontée de deux tours; au-dessus, une étoile. 
Petit bronze. Cohen 504. 


IMP. CONSTANTINVS P. F. AVG. Son buste lauré et drapé, à droite. R/ SOLI 
INVICTO COMITI Le Soleil radié nu, avec le manteau déployé derrière lui. Il 
est debout, à gauche, levant la main droite, la main gauche tenant un globe. 
Dans le champ FT; à l’exergue PLC (Lyon). 

Deux petits bronzes, diamètre 22 mm. Cohen 513. 


Mêmes pièces. Dans le champ TF. A l’exergue PLC. 
Deux petits bronzes, diamètre 20 mm. 


Mêmes pièces. Dans le champ TF. A l’exergue P ARL (1er atelier d’Arles). 
Deux petits bronzes, diamètre 20 mm. 


CONSTANTINVS AVG. Son buste lauré et cuirassé, à droite, R/ SOLI 
INVICTO COMITI. Même revers. Dans le champ TF; à l’exergue PTR. 
Six petits bronzes, diamêtre 20 mm. Cohen 508. 


Même face, même revers. A l’exergue PTR. 
Trois petits bronzes, diamètre 18 mm. 


IMP. CONSTANTINVS AVG Son buste lauré et drapé, à droite. Même 
revers. Dans le champ HS; à l’exergue PLC. 
Petit bronze. Cohen 512. 


CONSTANTINVS AVG. Même face. R/ SOLI INVICTO COM TI. Même revers. 
Quinaire, diamètre 14 mm. Cohen 508. 


Mêmes faces et revers; mais au revers les deux enseignes militaires sont 
plus rapprochées l’une de l'autre; à l’exergue PLC. 
Petit bronze, diamètre 18 mm. Cohen 508 


Memes pieces. Les deux enseignes très rapprochées sont surmontées d'un 
drapeau et d'une couronne. A l’exergue SMRS. 
Petit bronze, diamètre 18 mm. Cohen 508. 


CONSTANTINVS AVG. Son buste cuirassé, à droite, avec le casque sur- 
monté d'un cimier N VICTORIAE LAET, PRINC. PERP. Deux Victoires debout 
posant un bouclier sur un autel. Sur le bouclier VOT. P. R; à l’exergue STR. 

Quatre petits bronzes, diamètre 18 mm. Cohen 631. 


Son buste cuirassé, à gauche, avec le casque surmonté d'un cimier et 
tenant une haste. 

Deux petits bronzes, diamètre 17 mm. 

CONSTANTINVS AVG. Son buste casqué et cuirassé, à droite. R/ VIRTVS 
EXERCIT. Etandard au pied duquel sont deux captifs accroupis. Sur l’&tandard 
NOT. XX. A l’exergue TR P. 

Trois petits bronzes. 

Mömes faces et légendes. 

Deux quinaires, diamètre 14 mm. 


Le peuple romain. Constantin et ses fils. 


POP. ROMANVS. Buste de jeune homme lauré et drapé, à gauche, avant 
derrière lui une corne d’abondance. R/ Etoile dans une couronne de laurier, avec 
le signe monétaire CONSD. 

Petit bronze, diamètre 14 mm. Cohen 2. 


Constantinople. 


CONSTANTINOPOLIS. Buste casqué et cuirassé, à gauche, tenant un 
sceptre. R/ Victoire debout, à gauche, posant le pied droit sur une proue de 
vaisseau, tenant un sceptre transversal et appuvée sur un bouclier; à l’exergue 
CONS. (Arles.) 

Trois petits bronzes, diamètre 18 mm. Cohen 21. 

Mêmes faces et revers. 

Deux petits bronzes, diamètre 16 mm. 

Mêmes faces et revers; à l’exergue TR. P. 

Six petits bronzes, diamètre 15 mm à 11 mm. 

Mêmes faces et revers; à l’exergue PLC. 

Trois petits bronzes, diamètre 15 mm à 11 mm. 

Mömes faces et revers; à l’exergue TRS. 

Six petits bronzes, diamètre 15 mm à 11 mm. 


Rome. 


Le 

VRBS ROMA. Buste de Rome, à gauche. R/ La Louve à gauche, allaitant 
Romulus et Rémus et les regardant; en haut, deux étoiles. 

Petits bronzes de 16 mm. Quinaires de 10 mm. 

Mêmes faces et revers; à l’exergue TRP. 

SIX pièces. 

Mömes faces et revers; à l’exergue PLC. 

Trois pièces. 

Mömes faces et revers; exergue illisible. 

Onze pièces, 


— 350 — 


Constantin apres sa mort. 

DIVO CONSTANTINO. Son buste voilé, à droite. R/ AETERNA PIETAS. 
Constantin debout, à droite, en habit militaire et le manteau déployé derrière lui, 
tenant une haste et un globe. Dans le champ X. 

Trois petits bronzes, diamètre 14 mm. Cohen 13. 


Crispe (Flavius Julius Crispus). 

IVL. CRISPVS NOB. CAES. Son buste lauré et cuirassé, à gauche, tenant 
une haste et un bouclier. R/ BEATA TRANOVILLITAS. Autel surmonté d'un globe 
sur lequel on voit trois étoiles; sur le devant de l'autel on lit VOTIS XX, à 
l’exergue STR. 

Trois petits bronzes. Diametre 19 mm. Cohen 22. 


CRISPVS NOB. CAES. Son buste lauré et drapé, à gauche. R/ DOMINORVM 
NOSTRORVM CAESS, autour d'une couronne de laurier dans laquelle on lit 
VOT. X; à l’exergue TSAVI. 

Petit bronze, diamètre 20 mm. Variétés de 62 à 69 Cohen. Inédite. 

CRISPVS NOB. CAES. Son buste lauré, à droite. R/ DOMINOR. NOSTROR. 
CAESS. autour d’une couronne de laurier dans laquelle on lit VOT X. 

Petit bronze, diamètre 20 mm. Cohen 65. 


CRISPVS NOB. CAES. Son buste lauré et drapé, à droite. R/ PRINCIPI 
IVVENTVTIS. Crispe debout, à gauche, en habit militaire, tenant de la main 
gauche une haste renversée, la droite s'appuyant sur un bouclier. 

Petit bronze, diamètre 19 mm. Cohen 100. 


FL. IVL. CRISPVS NOB. CAES. Son buste lauré, drapé et cuirassé, à gauche. 
R' PROVIDENTIAE CAESS. Porte de camp surmontée de deux petites tours entre 
lesquelles est une étoile; à l’exergue PTR. 

Petit bronze, diamètre 15 mm. Cohen 125. 


CRISPVS NOB. CAES. Son buste lauré, drapé, cuirassé, à gauche. 
R/ VICTORIAE LAETAE PRINC. Deux Victoires posant sur un autel un bouclier 
sur lequel est écrit VOT. P. R; à l’exergue PTR. 

Trois petits bronzes, diamètre 15 mm. Genre Cohen 148. Inédits. 


Constantin Il, le jeune (Flavius Claudius Julius Constantinus). 
CONSTANTINVS IVN. NOB. C. Son buste, à gauche, lauré et cuirassé, pré- 
sentant un globe surmonté d'une victoire. R/ BEATA TRANOVILLITAS. Autel 
portant l'inscription VOTIS XX. Au-dessus de l'autel, un globe surmonté de trois 
étoiles ; à l’exergue STR. 
Quatre petits bronzes. Cohen 13. 


Mêmes faces et revers. A l’exergue PTR. 
Trois petits bronzes. 


FL. CL. CONSTANTINVS IVN. NOB. C. Sa tête nue, à droite. R/ CLARITAS 
REIPVBLICAE. Le Soleil radié à demi nu, debout, à gauche, levant la main 
droite et tenant un globe, et un fouet de l’autre main; dans le champ TE; à 
l’exergue STR. 


‘ 


Petit bronze, diamètre 20 mm. Cohen 49 sauf la légende de la face. 


CONSTANTINVS IVN. NOB. C. Son buste lauré et cuirassé, à gauche. 
R/ PROVIDENTIAE AVGG. Porte de camp ouverte et surmontée de deux tours; 
entre les tours, une étoile; à l’exergue PTR et croissant. 

Petit bronze, diamètre 20 mm. Cohen 199. 


Même pièce. A l’exergue TRS. 
Petit bronze. 


CONSTANTINVS IVN. NOB. C. Buste lauré et cuirassé, à droite. R/ VIRTVS 
AVGG. Porte de camp ouverte et surmontée de quatre tours; au-dessus une 
étoile ; à l’exergue CONS (Arles). 

Petit bronze, diamètre 20 mm. Cohen 232. 


CONSTANTINVS IVN. NOB. C. Son buste radié avec le manteau impérial, 
à gauche. R/ VIRTVS EXERCIT. Etendard entre deux captifs assis à terre; sur 
l’etendard on lit VOT. XX. 

Petit bronze. Cohen 250. 


Mêmes légendes. Buste lauré et cuirassé, à droite. R/ Deux soldats casqués 
debout, en regard, tenant chacun une haste et appuvés sur leurs boucliers; entre 
eux, deux enseignes militaires; à l’exergue PLC. 

Deux petits bronzes. Inédite. 


Même face, mêmes légendes. Même revers. 
Trois quinaires. Inédits. 


Mômes légendes. R/ Entre les deux soldats une enseigne militaire avec le 
monogramme du Christ. 
Petit bronze. Inédit. 


Constant I (Flavius Julius Constans). 


FL. IVL. CONSTANS P.F. AVG. Son buste diadèmé, drapé et cuirassé, à 
droite. R/ TRIVMFATOR GENTIVM BARBARVM. L'Empereur debout, tenant de la 
main droite le labarum orné du monogramme du Christ et, de la gauche, la 
haste; à l’exergue SIS. (Scissia en Pannonie.) 

Medaillon d'argent, mod. 10'/2. Cohen 115. 

L’atelier de Trèves a frappé le même médaillon, mais en module 11, c’est- 
à-dire, un peu plus grand de diamètre. 


D. N. CONSTANS P.F. AVG. Son buste diadèmé et drapé, à gauche, tenant 
un globe. R/ FEL. TEMP. REPARATIO. Soldat casqué marchant à droite et se 
retournant; il entraîne un jeune captif hors de son habitation et tient une haste: 
derrière l'habitation, un arbre; à l’exergue PLC. 

Trois moyens bronzes, diamètre 21 mm. Cohen 18. 


Même pièce; à l’exergue AQS. 
Moyen bronze. 
Même pièce; à l’exergue TRP. 
Moyen bronze. 


Même face, mêmes légendes. Constant debout, à gauche, en habit militaire, 
sur un vaisseau allant à gauche; il tient un globe surmonté d'un phénix et le 


1. 


labarum; à droite, sur le vaisseau, la Victoire assise tenant le gouvernail et re- 
gardant l'empereur; à l’exergue PHRT. 
Moyen bronze. Face Cohen 14, revers Cohen 9. 


Même pièce; à l’exergue MOP. 

Moyen bronze. 

D. N. CONSTANS P. F. AVG. Son buste diadèmé et drapé, à droite. R/ FEL. 
TEMP. REPARATIO. Phémix radié, debout sur un globe: à l’exergue TRP. 

Trois petits bronzes. Cohen 21. 


Mömes pièces, mais le Phénix est sur un bücher. 
Deux petits bronzes. Cohen 22. 


CONSTANS P.F. AVG. Son buste laur& et drapé, à droite. R/ GLORIA 
EXERCITVS. Deux soldats casqués, debout, se regardant, tenant chacun une 
haste renversée et s’appuvant sur un bouclier; entre eux, deux enseignes sur- 
montés de drapeaux: à l’exergue TRS. 

Petit bronze. Face, légende Cohen 54, revers Cohen 69. 


Même pièce. Dans le haut, le labarum entre les deux enseignes; à l’exergue TRS. 
Petit bronze. 


Mêmes pièces, sauf dans le champ une coupe sur le drapeau surmontant 
l'enseigne ; à l’exergue PLC. 

Deux petits bronzes. 

Mêmes pièces. Dans le champ, deux palmes dans le haut du drapeau; à 
l’exergue AQS. 

Trois petits bronzes. 


Mêmes pièces. Dans le champ, M sur le drapeau au-dessus de l'enseigne : 
à l’exergue TRP. 

Dix-sept petits bronzes. 

Mömes pièces. Dans le champ, une couronne sur l'enseigne ; à l’exergue TRS. 

Dix petits bronzes. 

Mêmes pièces. 

Trois quinaires. 


FL. IVL. CONSTANS AVG. Son buste diadèmé et drapé, à droite. 
R/ SECVRITAS REIPVBLICAE. Victoire marchant à gauche et portant une cou- 
ronne ; à l’exergue SN et feuille de lierre PT. 

Trois petits bronzes. Légende de Cohen 104. Revers inédit. 


Même pièce, sauf la Victoire de grande taille, vue de face et tenant une 
couronne de la main droite; à l’exergue TRP. 

Petit bronze. Inédit. 

Mêmes pièces. Au revers une croix; la Victoire entraîne avec elle un en- 
fant, un captif, sans doute. 

Huit quinaires. Inédits. 

CONSTANS P. F. AVG. Son buste lauré et drapé, à droite. R/ VICTORIAE 
DD. NN. AVGG. Victoire tenant un diadème et marchant à gauche; à l’exergue PLE. 

Petit bronze. 


Mèmes pièces. A l’exergue CON. 
Deux quinaires. 


CONSTANS P. F. AVG. Son buste diadèmé et drapé, à droite. R/ VICTORIAE 


DD. AVGG. Q. NN. Deux Victoires marchant l’une vers l’autre et tenant chacune 


une couronne et une palme. 


Consta 


AVGG. 


Cette pièce fut frappée en l'honneur des cinq princes (quinque = ()) 
ntin Il, Constant, Constance, Delmace, Hanibalien, fin de lan 337. 

Dans le champ une feuille de lierre; à l’exergue TRP. 

Petit bronze. Cohen 179. 


Même piece: à l’exergue TRS. 
Petit bronze. 


Même pièce. Dans le champ une étoile; à l’exergue TRP. 


Petit bronze. Cohen 179. 
Même pièce. Dans le champ D; à l’exergue TRP. 
Treize petits bronzes. Cohen 179. 
Même pièce. Dans le champ D; à l’exergue TRS. 
Six petits bronzes. Cohen 179. 
Même pièce. Dans le champ C; à l’exergue TRE. 
Six petits bronzes. Cohen 179. 
Même pièce. Dans le champ M; à l’exergue TRP. 
Cinq petits bronzes. Cohen 179. 
Même piece. Dans le champ une palme; à l’exergue TRP. 
Douze petits bronzes. Cohen 179. 
FL. IVL. CONSTANS AVG. Son buste lauré et drapé, à droite. Rj VIRTVS 
NN. Soldat casqué debout, à droite, appuyé sur un bouclier posé à terre. 
Trois petits bronzes. Cohen 183. 
Constance II (Flavius Julius Valerius Constantius). 
FL. IVL. CONSTANTIVS NOB. C. Son buste lauré et cuirassé, à droite. 


R/ GLORIA EXERCITVS. Deux enseignes militaires entre deux soldats casqués ; 
arl’exergue TRS. 


Quatre petits bronzes. Cohen 104. 

Même pièce; à l’exergue SMALD. 

Petit bronze. 

Même pièce; dans le champ une couronne; exergue illisible. 
Petit bronze. 


Même piece; dans le champ une palme; à l’exergue SCOMS (2e atelier d'Arles). 
Petit bronze. 


Mêmes pièces, si ce n’est une seule enseigne, au lieu de deux, entre les 


deux soldats. 


Huit petits bronzes. 
Mêmes pièces. Dans le champ le labarum; à l'exergue COXS, 


Deux petits bronzes. 


ae 


Même pièce avec une seule enseigne; à l’exergue SIS (Siscia). 
Petit bronze. 


CONSTANTIVS P. F. AVG Mömes faces et revers; dans le champ une 
enseigne surmontée d’un étendard portant la lettre M: à l’exergue 
Cinq petits bronzes. Face: légende Cohen 99. Légende: revers Cohen 92. 


Même piece; sur le drapeau la lettre G; à l’exergue TR. 


Petit bronze. 


Même pièce; sur le drapeau la lettre Y; à l’exergue 
Petit bronze. 


Même pièce; sur le drapeau, une croix. 
Petit bronze. 


Même pièce; sur le drapeau I; à l’exergue PHR, 
Petit bronze. 


Mêmes pièces; sur le drapeau, un point. 
Deux petits bronzes. 


Mömes pieces; sur le drapeau, un point; à l’exergue TR. 


Trois quinaires. 

Pièce barbare. FL. IVL. CONSTANTIVS AVG. Buste lauré et cuirassé, à droite. 
R/ GLORIA EXERCITVS. Même type: un point sur le drapeau, en haut de l’enseigne 
comme pour les deux quinaires précédentes. Dans le champ, à gauche, une croix. 

Quinaire. Variété de Cohen 92. 

.... IVS P. F. AVG. Son buste drapé et cuirassé, à droite. R/SALVS 
REIPVBLICAE. Femme à gauche, posant la main sur la tête d'une personne 
accroupie. Une croix dans le champ; à l’exergue AQS. 

Trois quinaires. Cohen 177. 

... IVS NOB. C. Buste lauré et drapé, à droite. R/ VICTORIA ROMANORVM. 
Victoire marchant à gauche: à l’exergue PCON (1er atelier d’Arles). 

Deux quinaires. Variété de Cohen 271. 

Mème face. R/ VOT. XX MVLT. XXX dans une couronne. 

OQuinaire. 

CONSTANTIVS P.F. AVG. Son buste lauré et cuirassé, à droite. R/ VIC- 
TORIAE DD. NN. AVGG. Deux Victoires marchant l’une vers l’autre et présentant 
chacune une couronne. Au milieu une palme; à l’exergue TRS. 

Dix petits bronzes. Cohen 291 et 293. 

Même pièce. Dans le champ D. A l’exergue 

Petit bronze. 

Même pièce. Dans le champ E. A l’exergue 

Petit bronze. 

Même pièce. Dans le champ S. A l’exergue 

Petit bronze. 

Même pièce. Feuille de lierre. A l’exergue TRS. 

Six petits bronzes. 


Magnence (Flavius Magnus Magnentius). 


IMP. CAE. MAGNENTIVS AVG. Son buste nu-tête et drapé, à droite. 
R/ FELICITAS REIPVBLICE. Magnence debout, à gauche, en habit militaire, tenant 
un globe surmonté d'une Victoire et le labarum. Dans le champ A; à l’exergue TRP. 

Moyen bronze. Cohen 5. 

D. N. MAGNENTIVS P. F. AVG. Son buste nu et drapé, à gauche. Derrière 
le buste, la lettre A. R/ GLORIA ROMANORVM. Magnence en habit militaire, 
galopant à droite et s’appretant à percer de sa haste un ennemi à genoux, 
suppliant; sous le cheval, un bouclier et une haste brisée; à l’exergue TRP. 

Moyen bronze, diamètre 22 mm. Cohen 20. 


Mêmes pièces. A l’exergue TRP et croissant. 
Trois movens bronzes, diamètre 22 mm. 
Mêmes pièces. A l’exergue TRS. 

Trois movens bronzes. 

Mêmes pieces; à l’exergue PLC (Lyon). 
Deux movens bronzes. 


D. N. MAGNENTIVS P. F. AVG. Son buste nu et drapé, à droite. R/ SALVS 
DD. NN. AVG. ET CAES. autour du monogramme du Christ; les lettres A et 4 
sont placées dans ce monogramme; à l’exergue TRP. 

Quatre moyens bronzes, diamètre 25 mm. Cohen 29. 

D. N. MAGNENTIVS P. F. AVG. Son buste nu et drapé, à gauche. Derrière 
le buste, la lettre A. R/ VICT. DD. NN. AVG. ET CAES. Deux Victoires, debout 
tenant une couronne dans laquelle on lit VOT. V MVLT. X; à l’exergue TRP. 

Quatre moyens bronzes, diamètre 20 mm. 

Mêmes pièces. A l’exergue TRS. 

Quatre moyens bronzes, diamètre 20 mm. Cohen 41. 


Décence (Magnus Decentius). 

D. N. DECENTIVS FORT. CAES. Son buste nu-tête et drapé, à droite 
R/ SALVS. DD. NN. AVG. ET CAES, autour d'un monogramme du Christ, dans le 
champ, entre À et wo. 

Grand bronze. Cohen 13. 

D. N. DECENTIVS NOB. CAES. Son buste, nu-tête, drapé et cuirassé 
a droite. R/ VICTORIAE DD. NN. AVG. ET CAES. Deux Victoires debout 
posant sur un cippe une couronne dans laquelle on lit VOT. V MVLT. X; à 
l’exergue ASLC. 

Moyen bronze. Cohen 43. 


Julien II (Flavius Claudius Julianus). 
D. N. CL. IVLIANVS P. P. AVG. Son buste barbu diadèmé et drapé, 
à droite. R/ VOT. X,MVLT. XX dans une couronne de laurier; à l’exergue 
CONST. (Arles.) 
Denier d'argent, Cohen 144. 


He 


Valentinien I (Flavius Valentinius). 


D. N. VALENTINIVS P. F. AVG. Son buste diadèmé et lauré, à droite. 
R/ SECVRITAS REIPVBLICAE. Victoire marchant à gauche, tenant une couronne 
et une palme ; à l’exergue ANTA. 

Petit bronze. Cohen 37. 


Même face. Revers illisible. 
Quinaire. 


Valens (Flavius Valens). 


D. N. VALENS P.F. AVG. Son buste diadèmé et drapé, à droite. R/ VICTORIA 
AVG. Valens, Valentinien assis: au-dessus une Victoire; à l’exergue SMTES. 

Denier d'or. Cohen 53. 

D. N. VALENS P. F. AVG. Même face. R/ SECVRITAS REIPVBLICAE. Victoire 
marchant et tenant une couronne et une palme; à l’exergue TRP. 

Petit bronze. Cohen 47. 


Gratien (Flavius Gratianus). 


D. N. GRATIANVS P. F. AVG. Son buste diadèmé et drapé, à droite. R/ VIRTVS 
ROMANORVM. Rome assise de face, regardant à gauche, tenant un globe et un 
sceptre; à l’exergue TRPS. 

Denier d’argent. Cohen 55. 

Même face. R/ VRBS ROMA. Rome assise, à gauche, tenant une Vic- 
toire sur un globe et une haste renversée. Dans le champ une éloile ; à l’exergue 
ANOBES: 

Denier d’argent. Cohen 86. 


Theodose (Flavius Theodosius). 


D. N. THEODOSIVS P. F. AVG. Son buste, à droite, casqué et diadèmé et 
cuirassé, tenant une haste. R/ GLORIA ROMANORVM. Théodose casqué et en 
habit militaire, marchant à gauche sur un vaisseau, se retournant et levant la 
main droite; la Victoire est assise, tenant le gouvernail; dans le champ une 
couronne et une croix; à l’exergue ANTT (3e atelier). 

Moyen bronze. Cohen 19. 


Même légende. Son buste diadèmé et drapé, à droite. R/ VICTORIA AVGG. 
Victoire passant à gauche, tenant une couronne et une palme; à l’exergue LVGP 
(1er atelier Lyon). 

Deux quinaires: pour l'argent Cohen 35; pour quinaire ou petit bronze 
Cohen 41 avec AVGGG. (Inédit.) 


D. N. THEODOSIVS P. F. AVG. Son buste, à droite, diadèmé et drapé. 
N VIRTVS EXERCITI Theodose en habit militaire, debout, à droite, tenant 
un étendard et un globe, et renversant un captif d’un coup de pied. Dans le 
champ, à gauche, une croix: à l’exergue CONSB (2e atelier de Constantinople). 

Moven bronze. Cohen 54. 

On voit dans cette pièce combien est grande la décadence de sentiments. 


Maxime (Magnus Maximus). 


D. N. MAG. MAXIMVS P. F. AVG. Son buste diadèmé et drapé, à droite. 
R/ SPES ROMANORVM. Porte de camp ouverte, surmontée de deux tours entre 
lesquelles est une étoile; à l’exergue LVGP (Lyon, 1er atelier). 

Petit bronze quinaire. Cohen 7. 

Même pièce. À l’exergue TCON. 

Quinaire. 

D. N. MAG. MAXIMVS P. F. AVG. Même face. R/ VICTORIA AVGG. L'Empereur 
debout, tenant le labarum et une Victoire; à l’exergue LVGS (Lyon, 2e atelier). 

Moven bronze. Faces et revers ne concordant pas avec Cohen. 


Eugène (Eugenius). 


D. N. EVGENIVS P. F. AVG. Son buste diadèmé et drapé, à droite. R/ VIC- 
TORIA AVGG. Victoire marchant à gauche, tenant une couronne et une palme 
à l’exergue LVGS. 

Quinaire. Cohen 8. 


Honorius. 


D. N. ONORIVS. . . Son buste diadèmé et lauré, à droite. R/ SALVS REI- 
PVBLICAE. Victoire marchant à gauche, portant un trophée et trainant un barbare 
à genoux. Dans le champ le monogramme du Christ. 

Deux quinaires. Légende, de face, inédite. Revers de Cohen 32. 

Faces et revers de Cohen 32. 

Cinq quinaires. Cohen 32. 

D. N. ONORIVS. .. Même face. R/ VICTORIA AVGG. Victoire marchant à 
gauche, tenant une couronne et une palme. 

Quinaire. Légende, de face, inédite. Revers: légende de Cohen 37 avec 
revers de Cohen 39. 

D. N HONORIVS P. F. AVG. Très pelit buste diademe et drape, à droite. 
R/ VICTORIA. . . Victoire marchant à gauche, lenant un globe surmonté d’une 
croix el une couronne. 

Quinaire. Cohen 47 pour For. (Inédit.) 


Arcadius. 


D. N. ARCADIVS P. F. AVG. Son buste diadèmé el drapé, à droite. R/ CON- 
CORDIA AVGG. Arcadius tenant le labarum, Ja main gauche sur son bouclier; à 
ses pieds un captif agenouillé. 

Quinaire. 

Même face. R/ CONCORDIA AVGGG, autour d'une croix. 

Quinaire. 

Même face. R/ GLORIA ROMANORVM. L'Empereur debout, à droite, lenanl 
un elandard et un globe; à l’exergue SMNR. 

Moven bronze. 


Même face. R/ SALVS REIPVBLICAE. L'Empereur, à gauche, portant une 
palme et une couronne. 

(Juinaire. 

Memes légendes. L'Empereur, à gauche, trainant un caplif par les cheveux: 
à l’exergue CONST (3e atelier de Constantinople). 

Trois quinaires. 

Même face. R/ VICTORIA AVGGG. Victoire marchant, à gauche, et pré- 
sentant une couronne: à l’exergue LVCP. 

Sept quinaires. 

Même pièce; è l’exergue CONS. 

‘Quinaire. 

Même pièce. R!..... L'Empereur debout, à gauche, tenant une palme 
et mettant la main sur la tête d'un captif agenouillé à droite. Dans le champ, à 
gauche, le monogramme du Christ. 

Quinaire. 

Sabatier donne les dessins de deux pièces d’Arcadius, empereur d'Orient, 
frappées à Trèves, avec revers VIRTVS ROMANORVM et VRBS ROMA Texergue 
TRPS; nous n'avons trouvé au Hérapel que la marque de l'atelier de Lvon, et 
cela, sur sept petits bronzes quinaires d’Arcadius. 


359 


Kleinere Mitteilungen und Fundberichte. 


Une page d’histoire d’un village lorrain. 
Par N. Houpert. 


Si les documents abondent sur une des periodes les plus sombres 
du passé de la Lorraine, sur la guerre de Trente ans, nous ne possé- 
dons pas jusqu’ici, que je sache, une histoire générale de cette guerre 
en tant qu'elle concerne notre province. L'histoire particulière de nom- 
breuses localités, dont beaucoup, hélas! ont disparu dans cette terrible 
tourmente, est d’ailleurs suffisamment instructive pour nous représenter 
les ravages exercés par les troupes suédoises et que les écrivains de 
cette époque ont avec raison comparés à la dévastation de la Judée 
par les troupes de Titus. Il y eut alors, sans doute, de la part de nos 
ancêtres, des actions d'éclat, des résistances héroïques et des faits 
d'armes dignes d’admiration; mais ces actes de courage furent im- 
puissants à prévenir ou à mettre un terme aux calamités inouïes qui 
frappèrent la Lorraine: du moins sont-ils tout à l'honneur du nom 
lorrain et méritent-ils d'être enregistrés par la postérité. C'est d'une 
de ces résistances héroïques que je vais avoir lhonneur de vous entre- 
tenir: il s'agit du siège d’Insming, par les Suédois, en 1637. Person- 
nellement, je me hâte de le dire, je n'ai aucun mérite à retracer cette 
page d'histoire de mon village natal: tout le mérite en revient à M. 
l'abbé Lux, ancien curé d’Insming, décédé il y a dix ans. M. l'abbé 
Lux, qui était membre de la Société d'archéologie lorraine, avait re- 
cneilli et classé par ordre chronologique de nombreux documents his- 
toriques sur Insming. La relation du siège d’Insming par les Suédois 
est empruntée au manuscrit qu'il a laissé. 


La Seigneurie d’Amanges c'élait jadis le nom d'Insming 
était limitrophe et frontière du duché de Lorraine: car Kinger lo- 
calité distante de 3 kilomètres — était terre de Empire: Albestroll, 


Guéblange et Hellimer étaient terres de l'évêché de Metz. Celle posi- 
tion extrème délermina probablement les dues de Lorraine a fortilier 


celte place, à une époque qui nous est inconnue. Ce qu'il y a de cer- 
ain, c'est que sous René II de Vaudémont, duc de Lorraine, cette 
forteresse avait déjà existé depuis assez longtemps pour nécessiter des 
réparations. Ce duc, en effet, avait octroyé aux habitants d’Amanges 
une gabelle appelée Ungelt pour être employée à l'entretien de la ville. 

Le 28 mai 1555, le due Antoine continue aux habitants d’Aman- 
ses, le don qui leur avait été fait par René son père, d’une gabelle 
dite Ungelt, pour être convertie à l’entretien de la ville. 

»Comme il soit, disent ces lettres patentes, que noz subjectz 
d’Amanges nous avent fait supplier leur voulloir de rechief donner et 
octrover la ditte Gabelle . . . afin de tout mieulx povoir à l’advenir 
entretenire et fortiflier la ditte Ville d’Amanges, Ivmitrophe et aux 


frontières de noz pays . . . donnons et octroyons à noz dictz sub- 
jectz manans et habitans de notre ditte ville d’Amanges . . . la dicte 


Gabelle appelée Ungelt, pour icelle, prendre, avoir, lever et recepvoir, 
mettre, emplover et convertir à l'entretenement et restauration de la 
dicte ville . . . . et de l’employ qu'ilz en feront rendre compte et re- 
liequa à nos officiers de Dieuze, selon et en telle manière que puissions 
cognoistre icelle gabelle estre employée et la dicte ville entretenue et 
fortifiée. .:+. -« (Archives -de:Dieuze, 2 n° 2.) 

En 1627, le 3 juillet, un règlement dressé par Jean Philippe de 
Bourgogne, avant qualité de commissaire de la Chambre des Comptes, 
oblige les habitants d’Amange et toutes les localités appartenant à la 
Haute Mairie d’Amange; »à lentretienement de la Halle du dict 
Amange, portes, barrières et fossez de faire tous charrois et courvées 
de bras requises et necessaires.« (Archives de Dieuze.) 

Les fortifications d’Amange consistaient en un large fossé muré 
des deux côtés intérieurs, entourant ainsi la ville entière d'un double 
rempart. Deux grandes portes, garnies chacune d'un pont-levis, y livraient 
entrée: 1° la Gasselporte du côté de Réning ouvrait passage sur le 
vieux chemin de Dieuze qui, anciennement, faisait le tour extérieur 
des glacis. . . On a trouvé, vers le milieu de ce siècle, en déblayant 
l'emplacement d'une maison située presque en face de l'église actuelle, 
les fondations de deux tourelles de trois mètres de diamètre environ, 
et dont le fond était insondable. Ces deux tourelles protégeaient sans 
doute le pont-levis de la Gasselporte tout à la fois et servaient d'attache 
au mécanisme qui soulevait le pont. Entre ces deux tourelles existait 
un escalier taillé dans le roc de sable: il prenait toute la largeur com- 
prise entre les deux tourelles et descendait dans le fossé de la ville. 


2° La porte de Wittersbourg située sur la route de même nom. Entre 


2 


ces deux portes, il v avait au Hallenberg une poterne qui donnait sur 
un chemin couvert, se repliant trois fois sur lui-même à angles aigus, 
pour continuer en ligne directe jusqu'au < Moulins d'en bas». 

A l'intérieur de la place se trouvait une énorme tour (le Has- 
mingiac Villa de 1102) carrée, haute de cent pieds environ et munie 
aux quatre faces de deux meurtrières superposées obliquement dans 
deux étages différents. La maçonnerie, d'une épaisseur de plus d'un 
mètre, était faite avec de pelites pierres reliées ensemble par un ciment 
qui la rendait indestructible. En effet, quand en 1844, ce vieux témoin 
de l'origine même d’Insming, menacait ruine, comme on disait, sa dé- 
molition fut résolue: mais on ne put réussir dans cette œuvre de 
destruction qu'avec la mine qui arracha péniblement à ce vieux colosse 
de plus de 700 ans, d'énormes blocs de maçonnerie dont on ne par- 
venait pas à enlever une pierre. À l'intérieur de cette tour se trouvait 
un puits communiquant avec un souterrain qui passait sous le Prieuré 
et avait la direction du Mühlwald: c'est par ce souterrain que la tour 
et la place s’approvisionnaient en temps de siège. 

Une compagnie d’arquebusiers (Archives de Dieuze) recrutée pro- 
bablement dans la Prévôté d’Amange et entretenue par la ville (Ar- 
chives d’Insming, Liasse L. comptes de l'Hôtel de ville) était chargée 
de la garde et de la défense de la ville. Telle était la forteresse d’Ins- 
ming lorsqu'éclata la guerre de Trente ans. 


Les Suédois avant fait irruption dans la Lorraine, vinrent mettre 
le siège devant Amange (1637). La forteresse n'est pas prise au dé- 
pourvu. Joseph Bruland, un enfant d’Insming, pour lors juge et officier 
du duc Charles IV, voyant le danger qui menacait Insming, met la 
ville en état de défense et se prépare une citadelle en faisant murer 
tout le bas de la tour, dont les murs au rez-de-chaussée avaient douze 
à quinze pieds d'épaisseur. La retraite ainsi assurée, Bruland se mel 
à la tête des arquebusiers d’Insming tous bien résolus à se battre 
vaillanment jusqu'au dernier homme. Voyant bientôt sa troupe décimée 
par une lutte inégale contre un ennemi supérieur en nombre; ne pou- 
vant d'autre part compter sur la population d’Insming qui avail évacué 
la place à l'approche des Suédois, Bruland fait transporter dans la 
tour tous les papiers de la prévôté d'Insming, s’y renferme lui-même 
avec la poignée de braves qui lui restent et jure de mourir plutôt que 
de se rendre. 

Les Suédois prirent d'assaut une place qui n'était plus défendue 
et dont les murs étaient bien ébréchés: ils se répandirent dans la ville 


et commanderent l'assaut de la tour. Repoussés une première fois, ils 
ne perdent point courage: ils retournent à l'assaut à différentes reprises 
avec un accroissement de fureur: chaque fois ils sont repoussés avec 
des pertes qui leur deviennent de plus en plus sensibles. 

De guerre lasse, ils mettent le feu aux quatre coins de la ville 
et essayent à plusieurs reprises de réduire en cendres une tour qu'ils 
n'ont pu prendre d'assaut. Efforts inutiles! le feu ravage la ville mais 
laisse intacte, au milieu des ruines, une tour triomphante. 

Une dernière ressource restait à l'ennemi pour réduire une tour 
si vaillamment défendue: il faut la réduire par la famine. Cette dernière 
tentative ne devait pas plus leur réussir que les premières. Les braves 
défenseurs avaient toute facilité de s’approvisionner au dehors. »Il y 
avait en effet, dit Dom Calmet, dans cette tour un puits sec, dans le- 
quel-descendaient les gens de la tour pour gagner un chemin souterrain 
par où ils sortaient la nuit pour aller chercher les provisions nécessaires. » 
Les Suédois ayant échoué encore dans leur dernière entreprise contre 
la citadelle d’Insming, prirent le parti de se retirer. Mais l'antique 
Amange n’etait plus qu'un monceau de ruines fumantes dominées 
liérement par une tour intacte, au sommet de laquelle flottait encore 
le drapeau de Charles IV. 

Quant à la ville d’Amange, cette antique fortéresse, construite 
comme un boulevard sur les confins de la Lorraine et des pays de 
l'Empire; cette ville si florissante par son commerce, si glorieuse par 
ses institutions, offrait un spectacle navrant: sa population dispersée, 
son prieuré dévasté, sa Mère-cour, son Hôtel de ville, sa Prévôté, tout 
était détruit, tout excepté la tour et l'église St-Clément y attenant; et 
dans l'intérieur de ses murs fortement ébréchés, une poignée de braves, 
les défenseurs de la tour, pleuraient leur patrie qui n'était plus. Les 
cadavres qui jonchaient la terre aux alentours de la citadelle furent 
relevés et conlies religieusement à la terre sur la place devant le 
cimetière actuel. Partout le silence de la mort au milieu de la désola- 
tion universelle! 

A l'extérieur de la ville, Notre-Dame d’Amanges, cet antique ex- 
voto de Thierry Il comte de Bar, cette chapelle de Marie où la contrée 
toute entière aimait à invoquer la reine du Ciel, Notre-Dame d’Aman- 
ges si richement dotée jadis, n'existe plus. Les ruines recouvrent les 
restes des religieux Bénédictins égorgés par un ennemi qui faisait la 
guerre sans trêve ni merci. Une croix de pierre, monumentale par sa 
structure et son origine, respectée même par le vandalisme de 95, 
marque aujourd'hui la place où fut autrefois N.-D. d’Amanges. Dom 


303 — 


Claude de Villier, religieux bénédictin, la fil ériger en 1681 en mé- 
moire d'un sanctuaire dont la poussière est encore en haute vénéra- 
tion à Insining. Cette croix haute de deux mètres environ, porte en 
tête les armes de D. Claude de Villier, qui sont quatre cierges écar- 
telés sur champ d'argent. Sur le devant de l'arbre, un Christ en croix 
expirant; du côté opposé, une Vierge-mere couronnée portant l'Enfant 
Jésus; à droite St-Clément, premier évêque de Metz, avec son dragon, 
patron de l'église paroissiale, à gauche, St-Nicolas. Une tête d'ange 
orne la tête des deux croisillons. Sur la droite et la gauche du pié- 
destal, deux religieux bénédictins qui s’envolent au Ciel: sur la face 
de devant une tête de mort avec cette inscription creusée dans la 
pierre: »0 Tod wie bist du so bitter!« Voilà le monument funèbre 
qui rappelle tout à la fois une antique chapelle détruite et les reli- 
gieux qui y furent massacrés. 


Voila les ruines amoncelées à Insming par les Suédois: mais au- 
dessus de cette dévastation générale brille d'un éclat lumineux la 
vaillante défense d’Insming par Bruland et les quelques soldats. 
Charles IV content de ce beau fait d'armes, envoya à Bruland deux 
lettres pour le féliciter de sa noble conduite. 

Les murs de la ville fortement entames par les Suédois, furent 
absolument détruits par Louis XIV. Les pierres de ces fortifications 
servirent à reconstruire le nouvel Insming sur le plan de l'ancien 
Amange. Mais les fossés dégarnis restèrent visibles partout jusqu'à 
nos Jours. 

Les ravages des Suédois s'étendaient sur tous les villages de la 
prévôté d’Insming; la depopulation fut telle dans cette contrée, que 
trente ans après l'époque dont nous parlons, il y avait à peine quel- 
ques habitants. On lit en effet dans les comptes du Domaine de la 
prévôté de Dieuze pour l'année 1663: »La prévôté d’Amange a été 
déserte et abandonnée durant les guerres; depuis environ un an il v 
est rentré huit ou neuf pauvres habitants.« Qu'on veuille bien remar- 
quer que la prévôté d’Amange se composait d’Amange, Réning, Nel- 
ling, Grening, Petit-Tenquin, Petit-Rohrbach, Wittersbourg, Hunkirch 
et Léning. En 1660, la prévôté d’Amange comptait 38 ménages, en 
1667, 20 ménages, el en 1669, 34 ménages et 4 veuves. Louis XIV 


repeupla le pays avec des Picards et des Vermandois. 


— 3 


Kaminplatten in Diedenhofen. 


Von den beiden hier dargestellten gusseisernen Platten befindet 
sich die erste zweimal im Bereiche des früheren Schlosses, das eine 
Exemplar in dem sog. Château de Thion, welches frei im Schlosshofe 
steht, das andere in dem benachbarten Renaissancegebäude, welches 
jüngst von den Schwestern von Peltre zu Schulzwecken erworben 
worden ist. Letzteres Gebäude ist dasjenige, welches um die Mitte des 
vorigen und auch noch in unserem Jahrhundert von der Ueberlieferung 
als Wohnung Karls des Grossen bezeichnet wurde. Stemer (Traité du 
département de Metz 1756) sagt: »man sieht hier noch die Küchen 
dieses Künigs.« Das Haus gehörte damals einem Baron von Eltz. Zu 
Teissiers Zeiten (Histoire de Thionville 1828 $. 168 Anm.) war es unter 
zwei Besitzer geteilt, A. Barrault und Baron Bertrand. 

Die Platte ist 140 cm lang und 126 cm hoch. Sie zeichnet sich 
vor vielen anderen durch ihre aussergewöhnlich elegante Zeichnung aus, 
welche sie unmittelbar als Vorbild für ähnliche Füllungen geeignet er- 
scheinen lässt. Der Phönix sagt: » Flames sont fleurs ou je repren ma vie. « 


it 


Die andere Platte hat geschichtliches Interesse. Sie ist Jetzt in 
einem älteren Anbau des (1893%-—94 neu erbauten) Metzer Thores sichtbar 


369 — 


eingemauert und befand sich früher in einem 1872 abgebrochenen 
(rebäude, welches in unmittelbarer Nähe des Thores gegenüber der 
jetzigen Kommandantur gelegen war und in alten Karten als Arsenal 
bezeichnet ist. Die Platte ist 142 em lang und 97 — 22 em hoch. 
Der untere Teil ist vom Feuer verbrannt. Die Zeichnung setzt sich 
zusammen aus einem Rechteck und einer darüber befindlichen mittleren 
Muschelbekrönung, welche von zwei Fabeltieren flankiert wird. 


Das Rechteck ist von einem Fries umrahmt, in welchem rechts 
und links dieselbe Zeichnung wiederkehrt:3}Putten, Köpfe, Spiralen 
und Pflanzenornament sind ohne Beziehung aneinandergereiht. Im 
oberen Teile konımen einige Tiergestalten und die Gruppe eines Schalks- 
narren hinzu, deren Humor stark an denjenigen mittelalterlicher Kirchen- 
baukunst erinnert. . 

Die Mitte der Platte nimmt der kaiserliche Doppeladler ein. Darüber 
steht der Wahlspruch Karls V. und Philipps IL von Spanien »Plus 
oultre« und rechts und links die beiden Säulen des Hercules, welche 
ehemals die Enden der bekannten Welt bedeuteten. Oben befindet sich 
die Jahreszahl 1558 (?) in einem Schildchen, welches von zwei Putten 
sehalten wird, die auf den Säulen ruhen. 


Zu beiden Seiten der Mitteleruppe sehen wir Köpfe in Medaillons 
”n 


Be 


und prächtige Wappen mit Bändern, auf welchen deren Besitzer, zu- 
oleich offenbar die Besteller der Platte, genannt sind. Ich lese: Did. 
Le Gowerneur und Marguerite de Villers. Die beiden Medaillons kehren 
unter den Säulen wieder. Wenn die Jahreszahl 1558 richlig gelesen 
ist, so kann man wohl annehmen, dass die Platte aus der ersten Hälfte 
dieses Jahres stammt. Denn am 23. Juni endete die damalige Be- 
lagerung mit der Uebergabe der Stadt an die Franzosen, welche sie 
allerdings schon im nächsten Frühjahr an Spanien zurückgeben mussten. 

Die Photographie der letztbeschriebenen Platte ist durch das Ent- 
segenkommen des Herrn Majors und Ingenieurofliziers vom Platz 
Praetorius (vom Festungs-Bauwart Herrn Dübotzky) aufgenommen 
worden, während ich die Aufnahme der ersterwähnten Platte Herrn 
Oberlehrer Dr. Arnold vom Diedenhofener Gymnasium verdanke. 

‘s giebt in der hiesigen Gegend noch viele Kaminplatten aus den 
letzten Jahrhunderten. Wenn auch nur wenige gleiches Interesse wie 
die hier veröffentlichten beanspruchen können, so dürfte es sich meines 
Krachtens doch empfehlen, grösseres Augenmerk darauf zu richten. 
Manche werden als altes Eisen verkauft, die wohl aufbewahrt zu 
werden verdienten und vielleicht mit geringen Kosten erworben werden 
können. Knitterscheid. 


Bauinschrift in Diedenhofen. 


In einem der Strebepfeiler der alten Kriegsbäckerei, welche sich 
auf dem Hofe des jetzigen Garnison-Casinos in Diedenhofen befindet, 
war ein Stein mit folgender Inschrift eingemauert: 

Anno Dni 1555 Jehan de Heu seignelur| 

de Bletage ordofn|ez pour lelm|prelur| des Romailn|s 
au gowernemeln|t de Thionville et 

capitain de deux cens ho[mmlies a chvalullx 

pour le service de sa maiéste a 

faict faire ceste voulsure 


Die Inschrift ist 94 cm lang und 43,5 cm breit; sie befindet sich 
in einer prolilierten Umrahmung. Die Steinlänge entspricht der Breite 
des Strebepfeilers, so dass wir es also wohl mit einer eigentlichen Bau- 
inschrift zu thun haben, nicht mit einem irgendwo gefundenen und 
nachträglich wieder eingemauerten Stein. Die Inschrift war durch eine 
vorgebaute Mauer, die schon zu Anfang dieses Jahrhunderts bestand, 


— 367 — 


und einen daranstossenden Schuppen verdeckt, wodurch es »erklärlich 
ist, dass sie meines Wissens bis jetzt unbekannt war und z.B. bei 
Teissier (Histoire de Thionville 1828) nicht erwähnt wird. obwohl sie 
doch sicher für die Festungsgeschichte von Wichtigkeit ist. 

Nachdem Karl V. sich von dem Misslingen der Belagerung von 
Metz überzeugt hatte, begab er sich am 1. Januar 1553 nach Dieden- 
hofen und gab von hier aus den Befehl die Belagerung vollends auf- 
zuheben. Vielleicht ist sein damaliger Aufenthalt Veranlassung zur 
Entstehung der »voulsure« gewesen. Diese besteht im Erdgeschoss aus 
zwei hohen auf Pfeilern gewölbten Räumen, welche allerdings sesen- 
wärtig durch Mauern verschiedentlich eingeteilt sind. Der eine ist mit 
12, der andere mit 9 Kreuzkappen bedeckt; genauer genommen besteht 
die Wölbung aus sich durchdringenden Tonnen ohne Rippen und 
trennenden Gurtbögen. In dem kleineren Raume. dessen Gewölbe mit 
Erde bedeckt ist, befanden sich früher drei Backöfen, an den grösseren 
stiess ein solcher an. Der grössere Raum hat noch einen nicht ge- 
wölbten Aufbau, ein Obergeschoss, welches vom Wall aus zugänglich 
ist: ob es zur ursprünglichen Anlage gehörte, ist fraglich. 

Die Belagerung von 1558 scheint der bombensichere Bau glücklich 
überstanden zu haben. Er gehört wohl zu den letzten Werken der 
Kriegsbaukunst, die unter Karl V. errichtet wurden ; denn letzterer dankte 
schon anfangs 1556 ab. 

Die Metzer Paraigen-Familie de Heu starb in der Stadt selbst mit 
Gaspard de Heu 1560 aus. Die de Heu waren in Blettingen begütert. 

Das Garnison-Casino heisst auf alten Festungsplänen: «bâtiment 
servant de logement au lieutenant de roi», die Kriegsbäckerei:. «les 
souterrains où est établie la manutention de siège >. 

Die Inschrift ist jetzt in einem anderen Strebepfeiler desselben 


Gebäudes — an sichtbarer Stelle wieder eingesetzt. 
Knitterscheid. 


Das alemannisch-fränkische Grabfeld bei Busendorf. 


Das Grabfeld liegt ungefähr 500 m östlich von Busendorf an einer 
nach Nordwesten zum Niedthale abfallenden Anhöhe, Gewann au-dessus 
du four A chaux, Grundstück No. 836. Dasselbe wurde bereits vor 
mehreren Jahren bei Abränmungsarbeilen in einem an dieser Stelle 
betriebenen Steinbruche entdeckt, jedoch schenkte man den gefundenen 


Gegenständen keine Aufmerksamkeit und sie wurden durch die Un- 
kenntnis der Arbeiter zerstört. Erst seit Februar 1896, als ich zum 
ersten Male von diesen Funden erfuhr, wurden auf meine Anweisung 
hin die einzelnen Gräber einer genauen Durchsuchung unterzogen. 

Im Ganzen waren bis zum 5. Oktober 1898 (seit welchem Tage 
infolge des Eisenbahnneubaues in dem Steinbruche nicht mehr gear- 
beitet wird). also in einem Zeitraume von drei Jahren, 32 Gräber ge- 
öffnet worden. ‚Jedoch fanden. sich in nur 15 derselben Fundstücke 
vor. Eine etwa ebenso grosse Zahl, wenn nicht noch mehr, dürfte 
sich schon auf dem vorher freigelegten Raume befunden haben. Von 
diesen 52 Gräbern lagen 10 in der Richtung von Nordwest nach Süd- 
ost und 22 in der Richtung von Südwest nach Nordost. Dieselben 
lagen in regelmässigen Zwischenräumen von 1,00 bis 2,50 m reihenweise 
nebeneinander. Die einzelnen Ruhestätten bildeten einfache, der 
Körpergrösse entsprechende, in den Boden versenkte Gruben. Der 
Boden derselben war mit kleineren und grösseren Kalksteinplatten 
belest; ebenso befanden sich an den Lang- und Schmalseiten Stein- 
platten von 6—8 cm Stärke oder aufeinander gebaute Steine. In 
diese Art von Steinsarg wurde der Körper gelest. Darüber wurden 
dann wieder Steinplatten teils dachförmig, teils flach zusammengestellt 
und mit der übrigen Erde zugedeckt. Jedoch unterschied sich der 
Boden der Gräber durch seine rötliche Färbung von dem weisslichen 
Boden der Umgebung. Auffallend ist dabei, dass sich dieser Steinbau 
nur bei Gräbern mit Beigaben vorfand, während die übrigen nur Teile 
desselben zeigten. Es scheint das darauf zu deuten, dass eine heihe 
von (Gräbern schon früher geöffnet wurde. Bei manchen Gräbern 
diente als Unterlage der natürliche Fels, wonach sich auch die 
verschiedene Tiefe der einzelnen Gräber richtet. Sämtliche Gräber 
enthielten Schädel und Gebeine: die meisten waren aber in solch 
morschem Zustande, dass dieselben bei der Berührung zerfielen. 
Ein einziger Schädel konnte erhalten werden und dieser auch nur 
in Trümmern, während von einem zweiten nur einige Knochen noch 
vorhanden sind. 

An Fundstücken lieferten diese Gräber im Verhältnis wenig. Die 
Gesamtzahl derselben beträgt (die einzelnen Perlen mitgerechnet) 236, 
nämlich: 2 Kurzschwerte (Scramasax), 1 Bruchstück eines solchen, 
1 Lanze, 1 Wurfspeer, 1 Pfeilspitze, 7 Messer bezw. Ueberreste von 
Klingen, 1 Nagel, 3 grosse eiserne Gürtelschnallen, 2 Schuhschnallen, 
2 gewöhnliche Schnallen, 1 Bronzeschnällchen, 4 Riemenzungen, 2 
Bronzeringe, 2 Gewandnadeln (Fibula), 21 Bernsteinperlen, 1 Thonwürfel, 


I 


369 — 


173 bunte, verschiedenarlig geformte Thon- und Glasperlen und einige 
unkennbare Eisenreste. 

Nachstehendes Verzeichnis giebt näheren Aufschluss über die 
Zeit der Auflindung, Grösse und Lage der Gräber und Beschreibung 
der Fundstücke (die eingeklammerten Daten geben die Zeit der Auf- 
deckung) : 

1. | (2. X. 1895.) Länge, Breite und Tiefe unbekannt, ebenso der 

2. f folgenden 7 Gräber. Lage: Nordwest—Südost. 

In diesen beiden Gräbern sollen sich kleinere Eisengegenstände 
befunden haben, welche zerstört wurden. 

3. (2. X. 1895.) Lage: Dieselbe. 

In diesem Grabe fand sich ein Scramasax (Kurzschwert), von 
welchem ein Teil der Angel abgebrochen ist. Länge: 45,8 cm, 
Breite: 4,8 cm, Rückenstärke: 6,5 mm, mit vier Blutrinnen. In diesem 
Grabe soll sich noch eine Urne aus rotem Material befunden haben, 
welche jedoch auch zerstört wurde. Die Länge des Skeletts betrug 1,84 m. 

4. | 

D. 4 (1. [.-—8. 1. 1896.) Lage: dieselbe. Ohne Beigaben. 

6. | 

7. (9. 1. 1896.) Lage: Südwest— Nordost. 

Zur Seite fand sich eine eiserne Lanzenspitze von 36,3 cm Länge und 
3,1 cm Klingenbreite und der abgebrochene vordere Teil eines Kurz- 
schwertes ohne Blutrinnen. Länge: 15,7 cm, Breite: 2,4 cm, Rücken- 
stärke: 3 mm. 

8. (Anfang April 1896.) Lage: Südwest—Nordost. Ohne Beigaben. 

9. (Anfang April 1896.) Lage: Nordwest— Südost. Ohne Beigaben. 

10. (Anfang April 1896.) Tiefe: 0,20 m. Lage: Dieselbe. 

In der rechten Hüftengegend Ueberreste von zwei Messerklingen 
und eine Bernsteinperle. 

11. (14. VII. 1896.) Länge: 2,00 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,25 m. 
Lage: Südwest—Nordost. 

Links neben dem Kopfe eine Pfeilspitze von 8,6 cm Länge. In 
der Tülle befand sich noch Holzstaub. 

12. (17. VII. 1896.) Länge und Breite: Dieselbe. Tiefe: 0,60 m. 
Lage: Nordwest— Südost. Ohne Fundstücke. 

13. (17. II. 1897.) Länge und Breite: Dieselbe. Tiefe: 0,50 m. 
Lage: Südwest-—Nordost. Ohne Beigaben. 

14. (17. III. 1897.) Länge: 1,30 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,75 m. 
Lage dieses Grabes, sowie aller folgenden: Südwest—Nordost. 

Auf der linken Brustseite fanden sich eine kleine gelbe Thonperle 

24 


und eine Gewandnadel (Fibula) mit abgebrochener Nadel. Der untere 
Teil derselben bildet eine Kupferplatte von 5,6 em Durchmesser. Ueber 
dieser Platte befindet sich, mit 6 mm Zwischenraum, befestigt mit 9 
kleinen Kupfernieten, ein dünnes Goldplättchen von 5,2 em Durch- 
messer. Auf dem Rande desselben läuft ein dünner, seilartig gedrehter 
Golddraht. Ringsum auf diesem Plättchen befinden sich in gleichen 
Zwischenräumen sechs Perlen, drei aus blauem Glase und drei aus 
Perlmutter (von welch’ letzteren eine verloren ginge), alle à jour ge- 
fasst. In der Mitte war ein ovales Perlmutterplättchen, welches jedoch 
nur in Bruchstücken vorhanden ist, von 15:20 mm Durchmesser in 
einer ähnlichen Fassung mit vier kleinen Kupfernägeln in Goldverzie- 
rung befestigt, kreuzförmig umgeben von vier dreieckigen Glasstück- 
chen, ebenfalls in gleicher Fassung. Die übrige Fläche dieser Gold- 
platte ist mit zwei Kreisen so 8888 geformten Verzierungen bedeckt. 
Rings um diese Goldplatte war der Zwischenraum zwischen dieser und 
der unteren Kupferplatte mit einem Streifen Gold umfasst, welcher 
jedoch nicht mehr gefunden wurde. Rechts zu den Füssen fanden 
sich ein Nagel von 4,5 cm Länge mit gitterförmigen Verzierungen des 
Kopfes und ein eiserner Wurfspeer von 8,4 cm Länge. 

15. (3. X. 1897.) Länge: 1,80 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,50 m. 
Ohne Beigaben. 

16. (3. X. 1897.) Länge und Breite dieselbe, Tiefe: 0,70 m. Ohne 
Beigaben. 

17. (3. X. 1897.) Länge: ungef. 2,00 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 1,00 m. 

In der rechten Hüftenseite lag eine eiserne Gürtelschnalle von 
14 cm Länge und am Halse ein Halsband, bestehend aus einer ovalen 
Bernsteinperle und 11 bunten Thonperlen. In diesem Grabe lag der 
Körper verkehrt. 

18. (4. 1. 1898.) Länge: 1,80 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,50 m. 
Ohne Beigaben. 

19. (4.1. 1898.) Länge: 1,80 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 1,20 m. 

Links neben dem Kopfe lag ein kleines Kurzschwert von 16 cm 
Länge und 2,2 cm Breite, ohne Blutrinnen, welches jedoch in drei 
Stücke zerbrochen ist. An der Angel befinden sich noch Ueberreste 
des Holzgriffes. 

21. (8. 1.1898.) Länge: 1,80 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 1,20 m. 

Dieses Grab war reich an Beigaben. An den Füssen fanden 
sich zwei kleine Schnallen von 5,7 em Länge, zwei Riemenzungen 
von 4,4 und 4,6 cm Länge, welche mit je zwei Bronzenägeln 
an die Lederriemen befestigt waren, und zwei den Riemenzungen 


ähnliche Eisenteile, jedoch breiter und kürzer (2,4 : 3,5 em). Auf 
allen diesen (regenständen, welche wohl zum Befestigen des Schuh- 
werkes dienten, befindet sich eine flechtartige Verzierung aus dünnem 
Silberdraht, umgeben von einem Bandornament aus demselben 
Metalle. Im Becken lagen ein eisernes Messer von 10,5 cm Länge 
und 12 mm Klingenbreite, mit zwei. Blutrinnen auf der einen Seite, 
zwei Bronzeringe eines Gehänges — jedenfalls des Wehrgehänges 
von 4 cm Durchmesser und 7 mm Stärke bezw. 2.5 em Durchmesser 
und 6 mm Stärke, letzterer mit einem seitlichen Ansatz von 1,8 cm 
Breite, zwei kleinere und zwei grössere Thonperlen, eine gerippte Glas- 
perle, eine Bernsteinperle, ein roter durchlochter Thonwürfel von 
von 17:18 mm Grösse mit weissen kreuzförmigen Verzierungen, sowie 
eine gewöhnliche Eisenschnalle. In der linken Hüftengegend eine eiserne 
Gürtelschnalle von 12 em Länge. 

22. (5. III. 1898.) Länge: 1,30 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,80 m. 

Zwischen den Kniegelenken lag ein eisernes Messer von 11,5 em 
Länge und 1,5 cm Breite, an welchem sich noch Webstoffüberreste 
Inden; am Ilalse ein kleines Bronzeschnällchen und ein Perlengehänge, 
welches aus über 100 Bernstein- und buntfarbigen Thon- und Glas- 
perlen bestand. Es konnten jedoch nur 2 Bernsteinperlen und 83 Thon- 
und Glasperlen erhalten werden, während die übrigen in dem ganz 
durch das anhaltende Regenwetter erweichten Erdreich wegen ihrer 
winzigen Kleinheit verloren gingen. 

23. (7. LIL. 1898.) Länge: 2,00 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,70 m. 

In der linken Hüftengegend befand sich eine eiserne Gürtelschnalle, 
welche jedoch zerbrochen ist. 

24. (9. IIL 1898.) Länge: 1,80 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,80 m. 
Ohne Beigaben. 

25. (19. IV. 1898.) Länge: 1,50 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,50 m. 

In der Seite fand sich ein eisernes Messer von 17,5 cm Länge 
und 2,0 cm Breite. In diesem Grabe wurde kein Kopf gefunden, wohl 
aber in einiger Entfernung davon ein einzelner Kopf in 0,50 m Tiefe. 

26. (24. V. 1898.) Länge: 2,00 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 1,00 m. 

Es fanden sich zwei kleine unbestimmbare Eisenreste. 

27. (18. VII. 1898.) Länge: 1,70 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,60 m. 

In diesem Grab fand sich am Halse wieder ein Halsband aus 
54 buntfarbigen Thon- und Glasperlen und 7 grossen Bernsteinperlen 
bis zu 3,00 cm Länge und 1,6 em Durchmesser, und beim rechten 
Oberschenkel ein eisernes Messer von 11,0 em Länge und 1,7 cm 
Breite. 

24* 


28. (30. IX. 1898.) Länge: 1,90 m, Breite: 0,70'm, Tiefe: 0,50 m. 

Auf der Brust des Skeletts lag eine eiserne (rewandnadel (Fibula) 
von 5,6 cm Durchmesser. In der Mitte sitzt ein quadratischer Bronze- 
knopf von 8 mm Durchmesser, ringsum auf dem Rande in gleichen 
Abständen vier kleine Eisenknöpfehen. Die ganze Oberlläche ist mit 
einem rautenförmigen Gellecht aus dünnem Silberdraht überzogen. Im 
Becken fanden sich eine gewöhnliche Eisenschnalle und eine grössere 
Tonperle. Die Länge des Skeletts betrug 1,70 m. 

29. (1. X. 1898.) Länge: 1,80 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,80 m. 
Ohne Beigaben. Der Körper war mit über der Brust kreuzweise zu- 
sammengelesten Armen bestattet worden. 

30. (3. X..1898.) Länge: 1,40 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,70 m. 

Am Halse fanden sich 9 grosse Bernsteinperlen, einzelne von 
5,3 cm Länge und 2,0 em Durchmesser (2 derselben wurden jedoch 
zertrümmert) und 18 bunte Thon- und Glasperlen. Oberhalb des Kopfes 
ein Messer vom 13,5 cm Länge und 1,8 cm Breite; an demselben sitzen 
noch Ueberreste des Holzgriffes und der Holzscheide. 

31. (5. X. 1898.) Länge: 1,60 m, Breite: 0,60 m, Tiefe: 0,70 m. 
Ohne Beigaben. | 

32. (5. X. 1898.) Länge: 1,90 m, Breite: 0,90 m, Tiefe: 0,80 m. 
Ohne Beigaben. Der Körper lag diagonal im Grabe, von Südsüd- 
west -Nordnordost, woher sich auch die aussergewöhnliche Breite 
des Grabes erklärt. 

Von den vorstehenden Eisengegenständen sind manche durch den 
anhaltenden Rost stark beschädigt, während die Bronzegegenstände 
sämtlich gut erhalten sind und eine schöne Patina tragen. 

/wischen diesen Gräbern stiess man auf einige Gruben von 1,00 m 
Durchmesser mit Asche und gebrannter Erde, welche wohl als zu dem 
Grabfeldefgehürig zu betrachten sind. Ausserdem fanden sich in jedem 
(abe eine grössere Menge kleiner Holzkohlenreste. P. Schenecker. 


Römischer Münzfund bei Bentingen. 


Am 7. Oktober 1898 wurden bei Räumungsarbeiten an dem durch 
das nahegelegene Bentingen führenden Bache in geringer Tiefe drei 
römische Münzen gefunden. Dieselben sind Kupfermünzen von vorzüg- 
licher Erhaltung und gehören dem Ende des dritten und Anfang des 
vierten Jahrhunderts n. Ch. an. 

1. Imp. C. M. Aur. Probus Aug. Brustbild mit Strahlenkrone, 
Panzer und Feldherrnmantel nach rechts. 


Rs. Comes Aug. Stehende Figur nach links blickend, in der aus- 
sestreckten Rechten ein Oelzweig und in der Linken Schild und Lanze. 
Rechts im Felde: A. 

2. Imp. Maximianus Aug. Bärtiges Brustbild mit Helm, Strahlen- 
krone und Panzer nach rechts. 

Rs. Pax Augg. Figur wie vorstehend. Im rechten Felde: S (? un- 
deutlich.) Im Abschnitt em Hahn. 

3.D.N.Diocletianus P. F. Aug. Brustbild mit Lorbeerkranz nach rechts. 

Rs. Quies Augg. Stehende Figur nach links blickend, in der ge- 
senkten Rechten ein Lorbeerzweig, die Linke auf einen Stab stützend. 
Im Abschnitt P.L. N. Glänzende Patina. P. Schenecker. 


Römische Gebäudereste bei Alzingen. 


Am 22. April v. Jahres fand ich auf dem Felde zwischen Alzingen 
und Brettnach die Ueberreste eines Römerbaues. Einige Nachgrabungen 
führten auf eine unzählige Menge Ziegelstücke, sowohl Hohl- wie Flach- 
ziegeln. Bei weiteren Grabungen kamen Mauern zum Vorschein von 
0,30 m Stärke und stellenweise bis zu 2,00 m Höhe. Im Innern fanden 
sich eine Menge grösserer und kleinerer Nägel sowie Gefässscherben 
verschiedenster Form, einzelne Glasscherben, verkohlte Balkenreste, 
eine Menge Knochensplitter. Weiter fanden sich zwei Ueberreste eines 
Bronzegefässes (Griff und Siebteile), jedenfalls eines Weinsiebes. Nach 
glaubwürdigen Aussagen der Eigentümer der Nachbargrundstücke 
scheint dieser Bau von ziemlich ausgedehnten Dimensionen zu sein; es 
würden sich jedenfalls, um Klarheit zu schaffen, grössere Ausgrabungen 


verlohnen. Irgend welche Münzen oder Stempel wurden nicht gefunden. 
P. Schenecker. 


Von der Gesellschaft für 
lothringische Geschichte 
und Altertumskunde. 
(Geschenk des Herrn 
Dr. Ernst zu Metz als 
Vorsitzenden des Auf- 
sichtsrates der Aktien- 
brauerei S. Nikolaus zu 
Niederjeutz). 


Von der Ges. f. 1. G. u. A. 
‘Gesch. d. Herrn Haupt- 
mann a, D. Hoffmann. 


Desgl. 


Bericht über die Erwerbungen des städtischen Museums. 
l. Geschäftsjahr 1898. 
Von J. B. Keune. 


I. Vorgeschichtliche Altertümer Lothringens. 

Der Bronzezeit gehören an: 1) Depot eines Händlers, 23 Bronzegegenstände um- 
fassend, gefunden gelegentlich des Baues der Aktienbrauerei S. Nikolaus zu Nieder- 
jeutz bei Diedenhofen beim Ausheben des Ableitungsgrabens für einen Blitzableiter, 
in einer Tiefe von 50 cm. Vel. Wd. Korrbl. X VIE, 100. Bruchstücke des hart gebrannten 
srauen Thongefässes, welches die Bronzegegenstände enthielt; soweit als möglich 
wieder zusammengesetzt; der obere Teil mit parallelen vertieften Linien umzogen. 
Eine Lanzenspitze, lang 21,5 em, mit zwei Löchern in der Tülle zur Befestigung des 
Schaftes. Zwei Sichelmesser, das eine durchlocht, das andere mit Stift. Ein 
Doppelhaken, vermutlich als Fischangel dienend. Neun breite offene Arm- und 
Beinbänder mit gewölbter glatter Aussenseite; zwei davon haben am Rande ein 
Doppelloch zur Befestigung eines Anhängsels. Drei hohle offene Armringe mit 
quergestellten parallelen eingeritzten Linien oder erhabenen Rippen verziert. Eine 
Platte mit 8 abstehenden Ringen, vier unten, je einem zur Seite und zwei oben, 
unterhalb der letzteren und zwischen den vorletzten zwei viereckige Löcher. Die 
Platte gehörte zu einem Pferdegeschirr, wie die folgenden Stücke. Vier Ring- 
gehänge, je drei Ringe in einem vierten hängend. Zwei gerippte Röhren in Gestalt 
von hohlen Säulchen. Der Depotfund bietet mehrfache Übereinstimmung mit dem 
reicheren Depotfund von Wallerfangen im Kreis Saarlouis, jetzt im Museum zu 
S. Germain !), und gehört wie dieser einer späten Periode der Bronzezeit an?); es 
entsprechen sich nämlich in beiden Funden die Armbänder, die Ringgehänge und 
die Röhrchen. Aehnlich ist auch der Depotfund von Frouard im Museum zu 
Nancy (Wiener, Catalogue 7me éd., I, 130). 

2) Ein Lappenkelt und ein Hohlkelt, beide mit einem seitlichen kleinen 
Ring; gefunden in der Mosel bei Corny (Kreis Metz); Geschenk des Herrn 
Hauptmanns a. D. Hoffmann zu Queuleu bei Metz; vgl. Jahrb. IX, S. 319. 

3) Zwei schmale offene Armreife, auf der Aussenseile mit erhabenem 
verschlungenem Bandmuster verziert; mit acht anderen gleichen Armreifen?) und 
einem Bronzeschwert gefunden in einem Grabe bei Anlage des Bahnhofs Kalhausen 
in Lothringen; überwiesen durch Herrn Baurat Keller zu Metz. Die letzgenannten 
Fundstücke sind ebenso wie ein ebendaselbst in einem anderen Grabe gefundenes 


1) V. Simon, Mem. Acad. Metz 1851/52 S. 231—258 mit Tafel; Mortillet, 
Musée préhistorique, Paris 1851, Nr. 976 ff; vgl. auch S. Reinach, Guide illustré 
du Musée de S. Germain, S. 28 ff. Heltner im Jahresbericht der Gesellschaft 
für nützliche Forschungen zu Trier von 1894 bis 1899, S. 27 f. mit Tafel I, 
Fig. 7—12. 

2) Undset, Wd. Zs. V. S. 15 oben. 

°) Aehnliche Armringe aus dem benachbarten Mackweiler im Unter-Elsass 
in der Strassburger Sammlung Nr. 1200. 


Eisenschwert der La Tene-Zeit-von der Fisenbahnverwaltung irrtümlich der 
Sammlung der elsässischen Gesellschaft zu Strassburg überwiesen. 


4) Drei offene Armbänder, nach den Abschlussstollen zu sich verjüngend; 
die gewölbte Aussenfläche ist mit schmalgeripptem verschlungenem Bandmuster 
verziert. Ein Spiral-Armband. Die vier Fundstücke entstammen einem Hügel- 
srab (Tumulus) in der Gemarkung Schalbach bei Lixheim in Lothringen, 
vgl. Jahrb. IX, S. 321 f., Wd. Korrbl. XVII, 18, Sp. 36 f.; eines der drei gleichartigen 
Armbänder angekauft von der lothr. Gesellschaft, die drei anderen Geschenk des 
Herrn Schlosser zu Drulingen. 


Ausserdem gehören noch in die vorrömische Zeit: 5) drei halbierte gallische 
Münzen (Leuker), gefunden in Gräbern im Kreis Chäteau-Salins, mit einigen eben- 
daher stammenden halbierten römischen Münzen von Lyon geschenkt von Herrn 
Kreisbauinspektor Baurat Morlok zu Diedenhofen, und vielleicht auch 

6) ein sog. Weberstein oder Zeddelstrecker!) aus Thon in Gestalt eines 
schlanken abgestumpften Kegels, oben durchlocht; gefunden zu Metz, Juerue 
(»Judenstrasse<), 2 m unter dem Kellerniveau, Geschenk des Herrn Apothekers 
Szafranski. 


Il. Lothringische Altertümer aus der Zeit der römischen Herrschaft. 


1—4: Ausgrabungen der Gesellschaft für lothringische Geschichte und Alter- 
tumskunde unter örtlicher Leitung des Herrn Notars Welter aus Lörchingen. 


1) Fundstücke aus den gallo-römischen Grabfeldern im Bannwald bei 
Hültenhausen; vgl. Westd. Zs. XVII S. 351—352. 


Mehr als 20 kleine und grosse Grabsteine, meist von der jenen Gegenden 
eigenlümlichen Gestalt?); dieselben entbehren alle einer Grabschrift?) und, abge- 
sehen von einer sehr einfachen Einfassung der Mündung der ausgehöhlten 
Standfläche, welche sich zweimal (einmal, bei einem Doppelgrab, paarweise) 
findet, ist nur auf der Giebelseite eines dieser Steinblöcke ein eigenartiges, einem 
Werkzeug nicht unähnliches Zeichen (Dreieck mit einem Querbalken) eingehauen, 
die Giebelseite eines zweilen kleineren Steines ist mit drei Kugeln in Relief, die 
eines dritten mit einer eingeritzten linearen Verzierung versehen. Auch einige 
wenige Bruchstücke mit Relief-Verzierung in stilisierter Blaltform u. a. fanden 
sich. Von zwei Steinurnen mit runden steinernen Deckeln ist die eine mit vier 
Handhaben zum Tragen ausgestattet; ferner ist der Boden derselben durchlocht, 
aber durch eine steinerne Scheibe abgedeckt®). Unter den Beigaben ragt hervor: 

1) Vgl. Hoffmann, Steinsaal, S. 18, und Kleinaltertümer, S.9 (Lothr. Jahrb. IV, 
1, 8.194). 

2) Vgl. Uhrich, Mém. Acad. Metz 32, 1850—1851, S. 194 ff; de Morlet, Bull. 
soc. conserv. mon. hist. d’Alsace, 2e série, I (1862—1863), 2e partie S. 159 M.; 
L. Benoit, Mém. soc. arch. Lorr., 2° série, 10e vol. (Nancy 1868) S. 363 fl.; Bech- 
stein, Jahrb. d. Ges. f. lothr. Gesch. V, 2, S. 202 ff, Keune, Romanisierung Loth- 
ringens $. 33 f.; Abbildungen auch bei Caumont, Abécédaire, ve gallo-romaine, 
2e édition (1870), S. 519— 520. 

®) Vgl. Jahrbuch IX, S. 197, Anm. 5. 

4) Wahrscheinlich, um dem eingedrungenen Wasser den Ablauf zu gestatten 
und so einem Springen der Urne vorzubeugen. 


Verde Ges$p. 1. Gun A, 
(Gesch.d. Hrn. Schlosser 
in Drulingen,) 


Von der Ges. f. 1. G. u. A. 
(Gesch. d. H. Apothekers 
Szafransky. 


Von der Ges. f. 1. G. u. A. 


Von der Ges. f. 1. G. u. A. 


Desgl. 


— 3%6 — 


ein eisernes Hiebmesser in durchbrochener Bronzescheide, welches mit einem 
eisernen Beil, zwei Schnallen und einer Münze des Agrippa aus dem Jahr 27 vor 
Chr. in demselben Grab gefunden wurde. Von anderen Beigaben sind zu nennen 
eine eiserne Lanzenspitze und ein eisernes Messer (beide aus demselben Grabe), 
Eisenringe, Gewandnadeln (fibulae) in der La Tène- und in späteren Formen, 
eine kleine durchlöcherte Thonscheibe, der Ausguss eines Löffels aus Thon, 
Münzen, sowie ein vom Leichenbrand herrührender Klumpen, der aus zusammen- 
gebackenen Nägeln mit eingebackenen Münzen besteht. Unter den Bruchstücken 
von Thongefässen rühren mehrere von einem graufarbigen grösseren Topf her, 
auf dessen Bauch zwischen vertieften parallelen Strichen einerseits spitz und 
anderseits rund auslaufende Wellenlinien in hellerer Farbe aufgemalt waren, 
andere graufarbige Bruchstücke tragen auf der Aussenfläche verschlungenes 
Rankenwerk, wieder andere sehören zu einem mit erhabener Verzierung (ähn- 
lich: 3. Jahresbericht des Vereins für Erdkunde zu Metz für 1880, Tafel 2, Nr. 15) 
ausgestatteten kleineren Topf; auch Bruchstücke von Gefässen aus terra sigillata 
mit Verzierungen auf dem Bauch oder Ranken auf dem umgebogenen inneren 
Rand wurden gefunden. 

Bei dieser Gelegenheit seien auch noch die Fundstücke erwähnt, welche 
den nämlichen Begräbnisstätten entstammen und ein Jahr zuvor als Geschenk 
der Gesellschaft für lothr. Geschichte und Altertumskunde dem Museum einver- 
leibt worden waren. Dem Begräbnisplatz im Distrikt Nr. 90 entstammt ein 
Grabstein in Gestalt eines Häuschens mit schrägem Giebeldach (Länge 65 cm), 
Standfläche ausgehöhlt; die Stirnseite zeigt in einer kleinen Nische die roh ge- 
arbeitete Büste des Verstorbenen. — Auf dem Grabfeld im Distrikt 89 wurden 
im Juli 1897 gelegentlich eines Besuches desselben dureh die Gesellschaft f. lothr. 
Geschichte einige Gräber ausgehoben, und infolgedessen gelangten ins Museum: 
eine Steinkiste (Aschengrab) nebst einer als Deckel dienenden Steinplatte; an 
Beigaben eine emaillierte Spange (fibula) und eine Schnalle, beide aus dem näm- 
lichen Grab, ferner ein kleines Thongefäss und ein Nagel. Die Untersuchung der 
bei dieser Gelegenheit gefundenen verbrannten Knochenreste durch Herrn cand. med. 
Meinel bestätigte die bereits am Fundort von verschiedenen Seiten gemachte 
jeobachtung, dass — ebenso wie in den Gräbern im Wald Neu-Scheuern!) — 
mit den Toten Haustiere verbrannt und beigesetzt waren. 

Ueber zwei andere Fundstücke derselben Gegend, welche gleichzeitig ins 
Museum gelangten, s. Jahrbuch IX, S. 325--326. 


3 À: 


2) Aus dem gallo-römischen Grabfeld im Walde bei Ober-Valette?), Ge- 
meinde Alberschweiler, ausser einigen Bestandteilen von Steingräbern und zwei 
gefüllten Thonurnen an Beigaben ein grösseres und ein winziges Beil, ein eisernes 
Messer, eiserne (und bronzene) Charniere sowie eiserne Winkel von Holz- 
kisten, ein Schlüsselschild, eine Gewandnadel (fibula), Reste eines schwarzen 
Thongefässes mit erhabener Tierdarstellung und Boden eines schwarzen Gefässes 
mit dem Stempel: Avo. 

3) Aus einer ländlichen Bauanlage bei Lörchingen: Bronzestatuelle eines 
Bockes; Bruchstücke von bronzenen Gefässen (Schale, Fläschchen, Seihe); ein 


') Vgl. Jahrbuch IX, S. 326 ff.; Westd. Zeitschr. XVII, S. 350—351. 
2) Vel. Wd?Zs, AV >. 316; 


muschelförmiger und eine Anzahl runder Knöpfe aus Bronze von verschie- 
dener Grösse mit zwei oder einem Stift, Beschlagstücke; zwei Beschlagstücke aus 
Bronze, als Löwenköpfe gearbeitet, Rückfläche hohl; eine Rosette; der Bügel 
einer Bronze-Fibel; Oberteil einer Haarnadel aus Bein mit Kugelknopf; ein eiserner 
Spitzhammer; ein viereckiges und ein dreieckiges Charnier aus Bronze; zwei 
Eisenreife (ein kleiner) von einer aus Holzröhren gebildeten Wasserleitung, wie 
sie auch bei den Villenanlagen von S. Ulrich!) bei Saarburg i. L., Ruhlingen 
(Kr. Saargemünd) und anderen sich vorgefunden haben; Balkennägel und Eisen- 
ringe; viele Bruchstücke von Thongefässen; fünf Münzen. 

4) Aus einem ländlichen Gehöft zu Neufmoulins bei Heming (Kanton Lör- 
chingen): Hälfte einer Säule; Fingerring aus Bronze mit Kerben verziert; Bruch- 
stück einer Haarnadel aus Horn; Bruchstücke einer bronzenen Wagschale (?) und 
einer eisernen Lampe; kleine bronzene Tülle mit gezackter Oeffnung und einem 
zur Hälfte erhaltenen Kopfring; Haus- und Feldgeräte aus Eisen, nämlich zwei 
oder drei Doppelhaken und ein Hackmesser, alle mit Tüllen zum Einlassen in 
einen Stiel; ein kleineres Hackmesser; eine Axt; ein Messer; ein Hufschuh; zwei 
grosse Kuhglocken; ein Ei (Nestei?) aus Gvps; Bruchstücke von Thongefässen, 
darunter zahlreiche Scherben von schwarzen Gefässen mit Kerben u. dgl., ver- 
schiedene auch mit Tierdarstellungen (Jagd) verziert, teilweise recht gute Ware; 
41 Münzen, die Mehrzahl von Constantinus, andere von Helena, Constantius und 
Constans, Prägungen von Trier, einzelne von Lyon, Arles, Siscia. 

5) Ueber die im vorigen Bericht (Wd. Zs. XVII, S. 352) erwähnten Ausgra- 
bungen der Villenanlage zu S. Ulrich s. jetzt Wichmann, Lothr. Jahrb. X, S. 171—194 
mit den Tafeln 13—16. An kleineren Fundstücken wurden nachträglich dem 
Museum überwiesen: verschiedene Gewandnadeln; eine Haarnadel aus Bronze, 
deren Kopf fehlt; Fingerring aus Bronze; Beschlag in Muschelform mit zwei 
Stiften; Rest des Handgriffes einer bronzenen Kasserole; ein kleines Klappmesser 
mit Beingriff in Gestalt eines Delphins (Abbildung: Jahrb. X, Tafel 14, Fig. 4); 
vier Münzen von Tetricus Vater und Sohn, Diocletianus und Urbs Roma (Kon- 
stantin). 

6) Ausser diesen Funden aus dem Kreis Saarburg 1. L. ist noch aus dem- 
selben Kreis zu nennen das Bruchstück Kopf und Hals eines 
Mannes mit kurzem Bart, vermutlich Rest eines Grabdenkmals; Fundort: Garburg 
in der Nähe des oben genannten Hültenhausen (bei Lützelburg); übermittelt durch 
Herrn Notar Welter zu Lörchingen. 


eines Reliefs, 


Kreis Chäteau-Salins: 7) Eine Untersuchung von Bauresten im Gemeinde- 
wald von Fonteny durch Herrn Kreishauinspektor Rueff (1898 und 1899) ergab 
Bruchstücke von römischen Henkelkrügen und unter anderen Gefässresten eine 
verstümmelte kleine Schale aus terra sigillata mit der Marke PRIINIO, d. 1, Premio; 
ein flötenähnliches Charnier aus Knochen mit einem Loch in der mittleren von 
drei Abteilungen; Nägel, Austernse alen, Eberzähne und Tierknochen, eine Münze 
(Grosserz) des Hadrianus (7). 

Forbach: 8) 
des Merkur, 


Rödgen«: eine 


Herrn 


Büdingen (bei Maxstadt) »am 
durch 


Kreis Fundort 
Bronzestaluelte 


Colbus zu Altrip. 


Hufschuhe u. a.; übermittelt Pfarrer 


1) S, Wichmann, Lothr. Jahrb. X, S. 189/190. 


Von der Ges. f. 1. G. u. A. 


Desgl. 


Desgel. 
(Uebermittelt durch 
H. Notar Welter in 

Lürchingen.) 


Von der Ges, f.1.G. u. A, 


Dasel. 
(Vebermittelt durch H, 
Pfarrer Colbus in Altrip.) 


Von der Ges. f. I. G. u. A. 
(Gesch. d. H. S. Welter in 
Redingen.) 


Von der Ges. f 1. G. u. A. 
(Gesch. d. H. Baurats 
Morlok in Diedenhofen.) 


Teilweise geschenkt mit 
I, 1: teilweise ausge- 
graben von der Gesell- 
schaft für lothringische 
Geschichte und Alter- 
tumskunde. 


Von der Ges. f.l.G u. A. 


— 318 — 


Kreis Diedenhofen:, 9) Aus Redingen an der franzüsisch-luxemburgischen 
Grenze eine Schale aus terra sigillata mit dem zur Hälfte verwischten Stempel 
im inneren Boden: DRVCAVRSV. Geschenk des Herrn Symphorian Welter in 
Redingen. 


10) Gefunden beim Bau der Friedenshütte zu Nilvingen (bei Fentsch): 
Bodenstück eines Gefässes aus terra sigillata mit dem rückläufigen Stempel: 
VANEROI d. h. Vanero f(ecit); Geschenk des Herrn Kreisbauinspektors Baurats 
Morlok zu Diedenhofen. 


11) Aus einer römischen Ziegelei im Gelände der Aktienbrauerei S. Niko- 
laus zu Niederjeulz bei Diedenhofen; s. Wd. Korrbl. XVII, 100. Ausser einer Anzahl 
von verschiedenartigen Ziegeln mehrere gestempelte Ziegel: PARIATOR (von dem 
Anfangsbuchstaben ist nur die rechte Rundung erhalten) und zwei aneinander 
passende Bruchstücke mit demselben Namen (der obere Teil der Buchstaben ist 
verletzt); /RENTIVS (mit dem Spiegelbild von N und S) = [Flo]rentius; / IRISIM / 
d.h. | Vlérisim{i| (die ersten Buchstaben sind nur teilweise erhalten; durch den 
rechten unteren Strich des R geht ein Bogen, wie von einem S); ADIV/ d.i. 
Adiultex| oder Adkultece|. Ferner ein Thonschlüsselchen, zu ?/ etwa erhalten; 
die Aussenseite ist teilweise durch Ausstechen mit erhabenen XX verziert, ausser- 
dem ist eine geradlinige Kerbe eingeschnitten: die Verzierung ist nicht zum Ab- 
schluss gebracht, sondern teilweise ist nur das Muster eingeritzt. 


Umgebung von Metz: 12) In den an Altertumsfunden einstmals so ergie- 
bigen Kiesgruben des Herrn Mey zu Sablon!) stiess Herr Ludewig, Sohn, (1897 
und 1898) zufällig auf eine Anzahl von römischen Gegenständen, welche er — 
mit Ausnahme eines vollständig erhaltenen kleinen grauschwarzen Topfes und 
eines goldenen Fingerringes, in dessen Stein ein Hahn und ein Füllhorn (Sinn- 
bilder des Mercurius und der Felicitas) eingeschnitten sind — später dem Mu- 
seum (bezw. der lothr. Gesellschaft) schenkte. Eine kleine, von der lothr. Ge- 
sellschaft am 9. Juli 1898 unternommene Grabung machte wahrscheinlich, dass 
die Fundstelle ein Schuttablagerungsplatz gewesen. Unter den Fundstücken 
überwiegen die Bruchstücke von Thongefässen, insbesondere aus terra sigillata; 
unter letzteren verzierte mit Rosetten, Darstellungen eines Kriegers mit ausge- 
strecktem Schild, einer Jagd auf dem äusseren Bauch; eine Schale mit Ranken auf 
dem umgebogenen inneren Rand u. a., ferner solche mit den Marken im inneren Ge- 
fässboden [Alrrus f(ecit), CIIN/, |? Fellix feeit), Maccono | f(eeit)), NA////OF (miss- 
lungener Gefässboden), Tullus fe(cit), zwei andere mit einem Zeichenstempel, wie 
er auch sonst in Lothringen?) sefunden wurde. Ausserdem ein Salblôffel, Spiel- 
steine, eine Thonperle, Bruchstück einer Haarnadel aus Horn, ein Nagel und 
andere Eisenstücke, ein Eberzahn, fünf Münzen (Antoninus Pius, Faustina, 
M. Aurelius + = Cohen 90 u. a.). 


') Westd. Zeitschr. IL S. 249 ff. — Beiläufig sei bemerkt, dass das Metzer 
Museum auch die in den seither erschienenen Katalogen des Museums nicht ver- 
zeichneten beiden bronzenen Weihetäfelchen an Icovellauna (Bonn. Jahrb. 66 
S. 64 ff. mit Tafel IV, 1 und 2; Wd. Zeitschr. II S. 253) verwahrt. | 

2) So im Wald Neu-Scheuern: Wd. Ztschr. XVII S. 351; ebenso im Wald 
bei Ober-Valette (oben IH, 2) und zu Metz (jetzt im Museum). 


— 379 — 


Stadt Metz: 13) Beim Neubau der Kirche S. Segolena gefunden: a) von 
einem römischen Prachtbau Kapitäle und Schäfte von Säulen, worunter eine 
mächtige gedoppelte Säulentrommel; Bruststück der Marmorstatue eines gepan- 
zerten Mannes (vermutlich eines röm. Kaisers), die Brustseite des Panzers schmückt 
das Medusenhaupt, beiderseits davon Löwenköpfe mit Ringen in der Schnauze, 
von welchen ein Tuch in Falten herabhängt; b) als Untersatz einer Säule der 
alten Kirche (13. Jhd.) verwendet: Grabstein einer Frau mit dem Bild derselben 
und dem Rest einer Grabschrift darüber, s. Lothr. Jahrb. IX S. 331 f. 

14) Die Ausgrabungen in der Kirche S. Peter auf der Citadelle (s. nachher 
Ill, 1) förderten auch einige römische Fundstücke zu Tage, wie drei Ziegel des 
Grosszieglers Adiutex aus dem Ziegeldurchschuss der Umfassungsmauern !) mit 
den»Stempeln ..-.. VTICE, DP : ADI und: P : CAR: ADIVT ..., vgl. Lothr. Jhb. X 
S. 128/129. Römischen Ursprungs sind wohl auch die ebenda aufgefundenen 
Postamente (a. a. O. S. 149). 

15) Der, Westd. Zeitschr. XVI S. 319 erwähnten, ausserhalb der römischen 
Stadt gelegenen Fundstelle im Gelände des Zeughauses I entstammen ein Bronze- 
Charnier, ein Beschlagstück von einer Brustspange, das Stück einer geflochtenen 
Drahtkette und ein Spinnwirtel aus Thon, alle aus römischer Zeit, wie es scheint; 
Geschenk des Herrn Baurats Knitterscheid. 

Ila) Gipsabguss der zwei Bilderflächen des Trierer Steindenkmals, welches 
der Mediomatriker Indus?) dem Mercurius (und der Rosmerta) geweiht hat und 
dessen erhaltene Seitenfläche den Bildern des Esus und Tarvos Trigaranus 
des Pariser Denkmäls entsprechende Darstellungen zeigt (Westd. Korrbl. XV, 
19; Bonn. Jahrb. 100 S. 209; Archäol. Anzeiger XII S.16 f.; Revue celtique XVIII 
S. 256; vgl. Lothr. Jahrb. X, S. 35—36). 


Ill. Merovingische Zeit. 

Ueber die von der Gesellschaft für lothringische Geschichte veranlassten 
Ausgrabungen in der Kirche S. Peter auf der Citadelle s. Knitterscheid im 
Jahrbuch IX S. 97—111 mit den Tafeln 1—8 und X S. 120—152 mit den Tafeln 
1—12. Von hervorragender Wichtigkeit sind die Steinskulpturen aus der Zeit 
der Merovinger?), abgebildet a. a. O. X Tafel 5—12, mit einer Ausnahme 
(Tafel 5, 4) alles Pfosten und Füllungsplatien einer Steinschranke, ausser- 
dem aus gleicher Zeit*) zwei Grabsteine mit eingerilzten Kreuzen, wovon das eine 
beiderseits von einem stilisierten Christusmonogramm und mehrfachem A und @ in 
abwechselnder Folge eingefasst ist (a. a. O. Tafel 5, 1—2), schliesslich ein vielleicht 


1) Auch die ebendaher stammenden, von Ledain, Plusieurs notices d’arch. 
et de numism. = Mém. Soc. d’arch. Mos: XV S. 173/174 und S. 196, mit Tafel 
Nr. 10/11, veröffentlichten Ziegelstempel des Adiutex belinden sich im Museum; 
sie fehlen, wie andere früher und jetzt vorhandene Ziegelstempel in dem, seither 
gedruckten Verzeichnis der Altertumssammlung. 

2?) À. a. O. ist unter den Erwerbungen des Museums während des Geschäfts- 
jahres 1896 genannt ein an derselben Stelle und bei «derselben (Gelegenheit in 
angeschültelem Boden gefundenes Bruchslück eines Kaminmantels mit Wappen- 
schildern innerhalb blumenbesetzter Ringe ; überwiesen von Hrn. Baural Knitlerscheid. 

3%) Der Stein hal INDVS. 

4) Dieselben waren in die schmucklosen Pfeiler der romanischen Bauperiode 
vermauert. 


Von der Ges. f.1.G. u. A. 
(Geschenk des Herrn 
Erzpriesters Delles.) 


Von der Ges. f. 1. G. u. A 


Gesch. d. H. Baurats 


Knitterscheid. 


Ueberwiesen von S. Ma- 
jestät dem Kaiser. 


Von der Ges. f. I. G, u. A. 


Desgl. 


Gesch. d. H. Baurats 
Knitterscheill. 


Von der Ges. f. 1. G. u. A. 


Von (ler Ges. f. 1. G. u. A. 


(Gesch, d. H. Bezirks- 


präs. Freiherrn v. Ham- 


merstein.) 


= Be es 


früherer Zeit angehörender Kragstein mit einer männlichen Büste auf der Vorder- 
fläche und Pflanzenornamenten auf den Seitenflächen (a. a. 0. Tafel 5, 3 und 6, 
6). Die sämtlichen durch die Ausgrabungen gewonnenen Fundstücke hat Seine 
Majestät der Kaiser unter Vorbehalt des Eigentumsrechtes dem Museum über- 
wiesen; dieselben sind zum grösseren Teil noch an der Fundstelle untergebracht 
und werden nach Fertigstellung des im Bau begriffenen Flügelanbaues des Museums 
in dem Unterstock dieses Neubaues als geschlossene Sammlung Aufstellung finden*). 

2) Aus Bischdorf (bei Grosstänchen, Kreis Forbach) eine Lanzenspitze (lang 48cm), 
ein Scramasax (lang über 60cm einschl. des Griffes) und ein Glöckchen; Grabfund. 

3) Aus einem umfangreichen fränkischen Grabfeld zwischen Metrich und 
Klein-Hettingen (Kreis Diedenhofen): Glasschale!) und zerdrücktes Trinkglas?), jetzt 
aus vielen Bruchstücken zum grösseren Teil zusammengesetzt, beide ausgegraben 
am 19. Juli 1898. Die sonstigen auf dem Gräberfelde zu Tage geförderten Fund- 
stücke sind noch im Besitz der Eigentümer der dortigen Sandgruben, der Herren 
Gastwirt Brauer und Bürgermeister Brauer, beide zu Klein-Hettingen; vgl. Lothr. 
Jahrb. IX, S. 322—323. 

4) Einer Münze ähnliche Spange, ganz entsprechend der von Lindenschmit, 
Altertümer unserer heidn. Vorzeit I, Heft XII, Tafel 7, Fig. 18—19 und Hand- 
buch der deutschen Altertumskunde I, Tafel XXI, Fig. 3—4, abgebildeten besser 
erhaltenen Gewandnadel aus der Umgegend von Mainz. Geschenk des Herrn 
Baurats Knitterscheid ; Fundort wie oben II, 15. 


IV. Mittelalter und Neuzeit. 

1) Aus der Kirche S. Peter auf der Citadelle (siehe oben III, 1) gotische 
Fliesen®), s. Knitterscheid im Lothr. Jahrbuch X, S. 124 ff. mit Abbildungen auf 
den Tafeln 3 und 4 Ausserdem u. a. ein kugelförmiges Thongefäss mit zwei 
einander gegenüberliegenden Löchern im aufgebogenen Hals*); das Gefäss war leer 
und wurde, mit einer Steinplatte abgedeckt, leicht eingemauert unter Fussboden- 
höhe aufgefunden (a. a. 0. S. 124). 

2) Aus der Kirche S. Segolena stammen u. a. beim Neubau der Kirche auf- 
gefundene Reste von Grabplatten mit Inschriften und teilweise auch mit bild- 
lichen Darstellungen. 

3) Vom Herrn Bezirkspräsidenten wurden überwiesen die Inschriftplatten 
des im J. 1898 abgetragenen, nach Blondels Plänen erbauten und im J. 1764 


*) Für die Gleichzeitigkeit der Grabsteine mit den merovingischen Skulp- 
turen spricht z. B. auch der im Bull. Soc. des antiquaires de France 1882 $. 187 
abgebildete Altar aus dem Departement Bouches-du-Rhöne. 

1) Die Glasschale lag umgekehrt in der Erde, mit dem Boden nach oben. 

2) Das Trinkglas fand sich vor der Oeffnung eines gleichfalls von der Erd- 
masse zerdrückten umgeworfenen Thongefässes, in dem es ursprünglich (wie 
andere ebenda unversehrt gefundene Gläser) geslanden halte. 

3) Vebereinstimmung zeigen in Frankreich gesammelte Fliesen der Samın- 
lung des Herrn Dr. Forrer zu Strassburg i. E., von dem eine eingehende Veröffent- 
lichung über Fliesen demnächst zu erwarten steht, 

4) Ein entsprechendes, grösseres Thongefäss des Museums stammt aus dem 
Kloster der Récollets (Franziskaner) zu Metz. 


ee 


vollendeten Portals der Kathedrale!) nebst den darin vermauerten zwei Medailleri 
und sechs Geldstücken, nämlich einem silbernen und einem bronzenen Exemplar 
der auf die Vollendung des Baues geprägten Denkmünze?) und 6 Silbermünzen 
Ludwigs XV.; ausserdem eine in der Kathedrale gefundene Kupfermünze (Il deniers) 
Ludwigs XIV. 

4) Eine kleine Sonnenuhr aus Schiefer; gefunden und geschenkt mit I, 15. 

5) Ofenplatte mit der Darstellung des Aesculapius. 

Ausgestellt waren ausser dem unter II, 12 erwähnten römischen Fingerring 
des Herrn Ludewig ein Meissener Porzellan-Service des Herrn Harney zu Metz, 
Vorstehers an den Eisenbahnwerkstätten in Montienv. 

Mit Ablauf des im vorhergehenden berücksichtigten Geschäftsjahres 1. April 
1598 bis dahin 1899 sind die vorher getrennter Verwaltung unterstellten vier Ab- 
teilangen des Museums (Altertums-Museum; Münzsammlung; Gemäldesammlung ; 
Naturgeschichtliche Sammlung) unter einer Direktion vereinigt. 


IL Geschäftsjahr 1899 
(zugleich Fundberichte). 

I. Vorgeschichtliche Zeit. 

1) Stücke von Feuerstein, welche roh zugeschlagene Werkzeuge der älteren 
Steinzeit sein könnten; geschliffene Steinhämmer der jüngeren Steinzeit, die Mehr- 
zahl in Bruchstücken; Pfeilspitzen aus Feuerstein, welche aber auch einer spätern 
(der römischen und merowingischen) Zeit angehören können. Die genannten, ver- 
schiedenen Fundorten entstammenden Gegenstände hat Herr Bibliotheksdirektor 
Abbé Paulus in früheren Jahren gesammelt und jetzt dem Museum als Geschenk 
überwiesen. 

2) Aus einem Hügelgrab (tumulus) im Weiherwald bei Saaraltdorf (Kreis 
Saarburg i. L); ausgegraben im Auftrag der Gesellschaft für lothringische Ge- 
schichte durch Herrn Notar Welter aus Lörchingen: Bruchstücke eines grauen 
Thongefässes, zusammengesetzt und ergänzt von Herrn Oberregierungsrat Pöhl- 
mann zu Metz; mehrere hohle, glatte, geschlossene Halsringe aus Bronze, in 
Bruchstücken; vier dicke und zwei dünnere Armringe aus Lignit, d. h. holziger 
Braunkohle, nebst einer Anzahl von grösseren und kleineren Bruchstücken solcher 
Ringe; zwei schöne, höchst beachtenswerte Armbänder aus Bronze, deren spitz 
sewölbtes Mittelteil glatt gearbeitet ist, während die beiden Aussenseiten durch- 
brochen sind und das eine umgebogene Ende ausserdem in Kugelknöpfe ausläuft; 
Reste eines bronzenen Gürtelbeschlages, dessen Zusammensetzung Herr Ober- 
regierungsrat Pöhlmann freundlichst übernommen hat. 

Il. Zeit der römischen Herrschaft. 

1) Architekturstücke, gefunden in der Nähe des Höllenturmes (Tour d’enfer) 
auf der Citadelle, Stadtseite, d. h. im Innern der spälrömischen Ringmauer; über- 
wiesen durch Herrn Garnisonbauinspektor Fromm, 


1) S. Kraus, Kunst und Altert. in Elsass-Lothringen III, S. 518—519. 
2) Vgl. ausser Kraus a. a. 0. 5.519: V. Jacob, M&m, Soc. d’arch, Mos, VII, 
1866, S. 129f. 


Gesch. d. H. Bibliotheks- 
direktors Paulus. 


Von der Ges. f. I. G u. A. 


Ueberwiesen durch Herrn 
Bauinspektor Fromm, 


Gesch. d. H. Baurats 
Knitterscheild. 


Von der Ges. f. 1. G. u. A. 
(Gesch. d. Herrn Baurats 
Morlock in Diedenhofen.) 


Von der Ges. f.1.G. u. A. 


Desgl. 
(Gesch. d. H. Rittm.a D. 
Rennen in Oberhom- 
burg.) 


Von der Ges, f. 1. G. u. A. 


ee 


2) Kleine Thonfigur (Oberteil fehlt) eines Reiters, der den Eindruck eines 
Orientalen macht, Götterbild; gefunden bei Anlage der ersten Gefrieranlage am 
rechten Seille-Ufer vor dem Deutschen Thor zu Metz, Geschenk des Herrn Bau- 
rats Knitterscheid. — Mehrere entsprechende Reiterstatuetten sind neben zahl- 
reichen Thonfiguren der auch sonst häufig vertretenen sitzenden Göttin, welche 
Tiere u. a. im Schoss trägt, sowie einer Anzahl von Statuetten des Mars, 
der Minerva u. s. w. kürzlich in den Resten eines vom Provinzialmuseum zu 
Trier ausgegrabenen Tempelchens bei Thronecken im Hunsrück als Votivgaben 
gefunden. 


3) Markstein eines Kreuzweges; gefunden zwischen Kneuttingen und Fentsch 
(Kreis Diedenhofen), im Wald abseits von der Orne nach der »Le Castels ge- 
nannten Höhe zu ; geborgen durch Herrn Kreisbauinspektor Baurat Morlock in Dieden- 
hofen. Ueber einem 40 cm hohen Sockel, dessen untere, in die Erde einzulassende 
Hälfte nur roh behauen ist, erheben sich in einer Höhe von etwa 17 cm die nach 
den vier Seiten gerichteten Brusthbilder von vier bärligen Männern, zwischen deren 
Köpfen eine für die Opfergaben bestimmte kreisrunde, wenig ausgehöhlte Schale 
von 7!/» em äusserem Durchmesser das Steinbild oben in einer Höhe von ins- 
gesamt etwa 58 em abschliesst. Die Darstellung ist zusammenzustellen mit dem 
zu Trier-Löwenbrücken gefundenen Stein, welcher von Hettner, Röm. Steindenk- 
mäler des Provinzialmuseums zu Trier (1893) unter No. 71 aufgeführt und abge- 
bildet ist. Von anderen Abweichungen abgesehen unterscheidet sich das Trierer 
Denkmal von dem unsrigen dadurch, dass dort nur zwei der Brustbilder bärtig 
sind, während die beiden anderen den unbärtigen Merkur mit Flügeln am Kopf 
darstellen. Zum Vergleich kann ausser den vierköpfisen Hermen auch der Janus 
quadrifrons herangezogen werden; es sind aber die vier Männer zu der Zahl der 
allsemein als Kreuzweggottheiten bezeichneten sowohl einheimischen wie auch 
von auswärts eingeführten Götter zu rechnen, welcher vornehmlich weibliche, 
jedoch auch männliche Gottheiten, wie Mercurius, angehören. (Vgl. Keune im 
Jahrbuch VII, 1, S. 76—77). 


4) Gesimsstück (an der Inschriftseite lang 25 cm) mit dem Rest eines 
Namens aus einer Inschrift: GVSIVS oder wahrscheinlicher GVSTVS, in letzterem 
Fall zu Augustus zu ergänzen und als Beiname oder Einzelname eines roma- 
nisierten Eingeborenen zu erklären (vgl. Jahrbuch IX, S. 182). Das Bruchstück 
stammt von einem römischen Bauwerk (Tempelchen?) im Wald von Oberhomburg 
(Kreis Forbach), dessen Reste die Herren Apotheker Zimmermann und Notar 
Dr. Walther zu St. Avold auf Kosten der Gesellschaft für lothr. Geschichte unter- 
sucht haben. 


5) Oberteil eines aus einer oben abgerundeten Nische herausgearbeiteten 
Steinbildes des Mercurius; am Kopf Flügel; über die linke Schulter fällt der auf 
der rechten Schulter durch eine kreisrunde Spange zusammengehaltene Ueberwurf 
(Chlamys); in der Linken der Schlangenstab ; Gesamthöhe jetzt 71 cm. Gefunden 
im Park des Stahlwerks zu Oberhomburg (Kreis Forbach), Geschenk des Direktors 
des genannten Stahlwerks Herrn Rittmeisters a. D. Rennen. 


6) Kopfstück und Rumpf eines ähnlichen steinernen Merkurbildes, ge- 
funden im Linger Wald zwischen Enchenberg und Rohrbach (Kreis Saargemünd) ; 


— 383 — 


Höhe des Rumpfes rund 50 cm; geborgen durch Herrn Förster Reichelt zu 
Enchenberg '). 

7) Ausserdem gingen einzelne Geschenke ein von den Herren Bibliotheks- 
direktor Paulus (ein Hufeisen, mehrere Spinnviertel u. a.); Mittelschullehrer 
Chazelle zu Metz (kleines Bruchstück eines Mosaikfussbodens, gefunden bei An- 
lage einer Jauchegrube zu Niedwellingen bei Busendorf, Kreis Bolchen); Lehrer 
Hemmer (Hufeisen eines Maulesels; gefunden in der Lorrver Strasse zu Devant- 
les-Ponts beim Legen der Gasröhren ; übermittelt durch Herrn Oberlehrer Dr. Hoff- 
mann zu Longeville). — Ueber die römischen Münzen s. später. 

Ia. Eine Grabschrift auf der Rückseite des Bruchstückes einer anderen 
srossen Inschrift und der Schluss einer Grabschrift unterhalb einer Reliefdarstel- 
lung aus Carthago; Geschenk des Herrn Pfarrers Petit zu Augnv?). 


Ill. Merovingische Zeit. 

1) Einige Fundstücke aus einer Begräbnisstälte in einem dem Herrn Huber 
(aus Frankenthal) gehörigen Steinbruch bei Bollingen-Bettstein (Bassompierre), 
Kreis Diedenhofen; vermittelt durch die Herren Leo Winshach und Notar 
Dr. Bischoff zu Diedenhofen. Die Gräber waren aus Deckeln und sonstigen 
Stücken von früheren Steinsärgen zusammengestellt. 

2) Drei Stücke des Belags eines Messergriffes, nach der Angabe des Herrn 
Notars Welter aus Lörchingen gefunden in einem fränkischen Plattengrab zu 
Niederschalbach (Kreis Saarburg i. L.). 


IV. Mittelalter und neuere Zeit. 

1) Aus dem Kloster der Cülestiner, dem jetzigen Ingenieur-Zeughaus: Bruch- 
stück einer Grabschrift in erhabener gotischer Majuskel nebst einem kleineren 
in erhabener gotischer Minuskel, ausserdem eine schlanke Säule und eine guss- 
eiserne Kaminplatte; überwiesen durch Herrn Garnisonbauinspektor Fromm. 

2) Renaissance: Wappentier mit Bruchstücken des Wappens und anderem 
Zubehör, mit Farbenspuren. Pfosten eines Portals mit Darstellung eines Lands- 
knechts und darunter einer Badenden in Flachrelief. Gefunden als Baumaterial 
in Mauern des Hauses Noé, welches Herr Grätz zur Vergrösserung der Lothringer 
Bierhalle angekauft hat. Geschenk des Herrn Grätz®). 

3) Renaissance. Von zwei Genien gehaltene Tafel mit der Inschrift: »En 
touttes tes | oewres pense | à la fin qu’il |te fault morir. | 1578.« Aus Norroy-le- 
Veneur, Geschenk des Herrn Michel daselbst. 

4) Vier gusseiserne Kaminplatten aus dem Bezirkspräsidium (Adam und 
Eva und drei Wappendarstellungen, die eine aus dem J. 1625, eine zweite mil 
den Wappen der Stadt Metz und der Stadtjungfrau mit der Lilie aus dem J. 1742). 
Geschenk des Herrn Bezirkspräsidenten. 


1) Das Bruchstück eines Merkurbildes »aus Enchenberg bei Bitsche im 
Museum zu Strassburg No. 2412 (rechtes Bein eines Merkurs, der in der gesenkten 
Rechten einen Beutel über einen Bock zwischen dessen Hörnern hält, eine häufiger 
vorkommende Darstellungsweise). 

?) Eine ausführlichere Besprechung wird an anderer Stelle gegeben. 

3) Im Keller des nämlichen Hauses dient als Untersatz eines Pfeilers ein 
grosser, jedenfalls von einem römischen Grabdenkmal herrührender Block, dessen 
Vorderseite eine gut gearbeitete mythologische Darstellung zeigt. 


Von der Ges f. 1. G. u. A. 


Desgl. 


Gesch. d. H. Dr. Frantz 


Gesch. d. H. Colbus in 
Altrip und Humbert in 
Metz. 


Von der Ges. f. I. G. u. A. 


Ueberw. durch H. Bau- 
rat Keller 


Sale 


5) Zwei gusseiserne Kaminplatten, eine mit dem französischen und eine 
mit dem lothringischen Wappen und mehrfach verschlungenem L (= Leopold, 
Herzog von Lothringen) im Giebelaufsatz ; beide aus dem J. 1701, letztere gegossen 
in Quint bei Trier. Geschenk des Herrn Dr. med. Frantz zu Metz, aus dessen Haus 
(Bischofstrasse) sie stammen. 

6) Einzelne andere Geschenke gingen ein mit Il, 1, sowie von der Gesell- 
schaft f. lothr. Geschichte (Sendung des Herrn Pfarrers Colbus zu Altrip) und 
H. Unterprimaner Humbert zu Metz. 


V. Münzen. 

a) Mehrere gallische Münzen, geschenkt mit I, 1, darunter eine der Me- 
diomatriker (= Chabouillet No. 8946 ff.), eine der Leuker (vgl. Chabouillet No. 9062ff.), 
eine des »Germanus Indutillie (= Chabouillet No. 9245 ff.) u. a. (wie Chabouillet 
No. 8171). 

b) Römische Münzen): 

1) Vor allem ist hervorzuheben eine reiche Gabe der Gesellschaft für 
lothr. Geschichte, welche einen zweckmässig gebauten Münzschrank mit einer 
Auslese von 2584 Münzen aus dem Münzfund von Nieder-Rentgen (Jahrbuch VII, 2, 
S. 1—43) geschenkt hat. Die Anordnung der Münzen ist Herrn Prof. Dr. Wich- 
mann zu verdanken. 

2) Vier Kupfermünzen, gefunden beim Abtragen des Walles vor dem 
Deutschen Thor?); Geschenk des Herrn Klere zu Montigny: zwei des Nero, eine 
des Trajan und eine der Urbs Roma (Konstantin). 

3) Sechs Kupfermünzen, gefunden (lose in der Erde) beim Stationsbau 
Gandringen; je zwei des Valentinianus I, Valens und Gratianus mit den Reversen: 
Securitas reipublicae, Gloria Romanorum und Victoria Auggg. Ueberwiesen durch 
Herrn Baurat Keller zu Metz. 

4) Einzelne Münzen gingen ein als Geschenke der Gesellschaft für lothr. 
Geschichte (L. Aelius Caesar = Cohen 57, gefunden bei Arbeiten im Hornwerk 


1) Bei dieser Gelegenheit seien einige im Lande gefundene römische Münzen 
genannt, welche mir früher von Schülern übergeben wurden: 

a) Gefunden im Garten des Herrn Viville vor dem Theobaldsthor zu Metz: 
1) Faustina Augusta, Rückseite Hilaritas ; 2) Constantinopolis, Trierer Prägung. 

b) Gefunden im Schulhof des Gymnasiums zu Montigny : Constantinus Aug., 
Rückseite: Soli invicto, Trierer Prägung. 

c) Gefunden auf dem Herapel: 1) Imp. Caes. Vespasian. Aug. cos. VIII p. p., 
Rückseite: Fides publica; 2) Imp. Caes. Domit(ianus) Aug. Germ. cos. XVI cens., 
tückseite: Fortunae Augusti; 3) Münze des 4. Jhdts. 

d) Gefunden bei Ruhlingen (Kreis Saargemünd) : Constantinus iun(ior) nob. C., 
Rückseite: Providentiae Caess., Trierer Präguns. 

2) Vgl. Jahrbuch IX, S. 319, wo andere bei der gleichen Gelegenheit ge- 
machte Funde genannt sind (doch sind die beiden Isis-Statuetten nicht, wie 
Jahrbuch X, S. 456 irrtümlich angegeben ist, von der Gesellschaft f. lothr. Ge- 
schichte gekauft). Ebenda wurde auch eine Goldmünze des Vespasian gefunden, 
welche sich noch im Besitz des Herrn Klere befindet, ausserdem ein liard de 
Lorraine vom J. 1708 (vgl. de Sauley, monn. de Lorraine pl. XXX, 3) und ein 
Zwei-Sols-Stück Ludwigs XVI vom J. 1792, welche beiden letzteren Herr Klere ge- 
schenkt hat. 


vor der Citadelle, der Gesellschaft geschenkt von Herrn Dr. Gnädinger; Constan- 
tinus = Cohen 342, gef. bei fränkischen Gräbern am Bahnhof Hagendingen 1894) 
sowie von dem Quartaner der Oberrealschule Heppe, übermittelt durch Herrn 
Prof. Dr. Rebender (Constantius nob. C. mit dem Revers: Genio populi Romani und 
im Felde S F). 

c) Mittelalterliche und neuere Münzen. 

Angekauft wurden: 1) Goldmünze des Herzogs Robert von Bar (Herzog 
seit 1335), Florentiner Typus, Nachbildung des florin d’or von Carl V. von Frank- 
reich (de Saulev, monn. des comtes et ducs de Bar, PI. IV, 11 und S. 34): ge- 
funden in Queuleu bei Metz. 

2) Silbermünze des Herzogs Leopold von Lothringen aus dem J. 1712 (de 
Sauley, monn. de Lorr., S.221 mit pl. XXX, 7), gefunden beim Abtragen einer 
Mauer zu Destrich, Kreis Forbach. 

Ausserdem gingen einzelne Geschenke ein von den Herren Oberforstmeister 
Ney, Forstmeister Hallbauer u. a, auch eine silberne und eine bronzene Preis- 
medaille des Metzer Gartenbauvereins vom J. 1899. 

d) Dem Museum waren zur Besichtigung bezw. Bestimmung übergeben die 
bei den Fortbauten oberhalb Saulny gefundenen Münzen, nämlich: 

«) 97 Münzen aus einem ländlichen Merkurheiligtum !) links von der nach 
SL. Privat führenden Strasse. Die bereits vorher von Herrn Prof. Dr. Wichmann be- 
stimmten Münzen reichen von Nero bis Arcadius. 

5) Gefunden lose in der Erde am Waldrande rechts von der Strasse nach 
St. Privat: 47 Münzen aus der 1.Hälfte des 16. Jhdts. bis zum J. 1552, in dem 
sie vermutlich verscharrt sind. 1—2) Zwei bugnes der Stadt Metz; 3) Jakob, 
Erzbischof von Trier (1503—1511), Coblenzer Prägung; 4-19) nebst 3 Bruch- 
stücken: Erzbistum Cöln: Hermann IV (JJ. 1505, 1508); Philipp II (JJ. 1511, 1512, 
1515); Hermann V (JJ. 1517, 1519); 20—21) Stadt Cöln (eine aus dem J. 1515); 
22-28) Herzog Johann III von Jülich-Berg (JJ. 1511, 1512, 1513, 1515); 29) Pfalz- 
graf bei Rhein, Kurfürst Ludwig V (J. 151/); 30) Ludwig XII von Frankreich 
(1497— 1514); 31—36) Franz I von Frankreich (1515—1547); 37—46) Heinrich Il 
von Frankreich (sechs aus dem J. 1551, eine von 1552, zwei andere: 155); 
47) in der Dauphiné geprägter französischer Douzain oder Blanc. 


1) Demselben Heiligtum entstammen Bruchstücke eines aus einer Nische 
herausgearbeiteten Merkurbildes, ein Stein mit der Darstellung des Merkur und 
Resten der Weihinschrift, ein Messer, Bruchstücke von Thongefässen. 


Gesch. d. H. Oberforst- 
meister Ney, Forst- 
meister Hallbauer. 


— 386 — 


Bücherschau. 


Essai historique sur les Institutions judiciaires des Duchés de Lor- 
raine et de Bar, avant les reformes de Leopold I par Charles 
Sadoul, avocat à la Cour d'Appel de Nancy, Docteur en droit 
(Librairie administrative Berger-Levrault et comp. à Paris et 
Nancy. 1898). 


Auf dem Gebiete der Gerichtsbarkeit herrschte im alten Lothringen die 
mannigfaltigste Verschiedenheit. Teils stand sie den Dorfgemeinden und Städten, 
teils den Herzögen und Freiherrschaften zu, bis sie endlich durch Leopold I. 
eine volle einheitliche Regelung erfuhr. Der gelehrte Herr Verfasser hat sich 
um die Rechtsgeschichte Lothringens sehr verdient gemacht, dass er sich der 
grossen Mühe unterzog, aus dem kaum entwirrbaren Stoffe, der sich nicht 
bloss in der neueren französischen Litteratur, sondern auch in der der letzten 
Jahrhunderte sowie in alten Urkunden zerstreut findet, im vorstehenden Werke 
ein klares und übersichtliches Bild der Entwicklung dieses Zweiges des Rechts- 
lebens zu entrollen. Nach kurzem Rückblick auf die vor dem 13. Jahrhundert 
liegende Zeit, in welcher die richterliche Gewalt in ihrem ganzen Umfange regel- 
mässig den Dorfgerichten, bestehend aus dem Bürgermeister als Vorsitzenden und 
seinen Schöffen als Beisitzern, über ihre Mitbürger zustand, beginnt die Haupt- 
darstellung mit dem zu jener Zeit erfolgenden Ansichreissen der Gewalt durch 
die Landesherren, die Herzöge und Freiherrschaften, welche dieselbe als einen 
Auslluss ihrer Souveränelät erklärten. Daneben bleiben teilweise die Schöffen- 
gerichte in den Gemeinden mit geringeren Befugnissen bestehen, wofür die Ge- 
meinden an die Herren Naturalabgaben zu entrichten hatten. Jene neuen Herr- 
schaftsgerichte (prévôtés und baillages) bildeten sich zu Aufsichtsgerichten über die 
Gemeindegerichte und zugleich zu Berufungsgerichten für die der Zuständigkeit 


der letzteren unterliegenden Sachen aus. Ihr Uebergewicht wuchs fortgesetzt. 


Als die Herzöge, Barone und Herren den Gerichten selbst nicht mehr vorsassen, 
sondern diese ihre Befugnisse an die von ihnen ernannten Beamten übertrugen, 
wuchsen infolge eigenmächtiger Anmassungen deren Machtbefugnisse immer mehr, 
zumal als diese Aemter käuflich geworden oder auch als ehrende Auszeichnung 
verliehen wurden. Im herzoglichen Lande erhielt ein solcher Herrschaftsrichter 
den Titel »scultetus«, und in dessen deutschem Gebiete »Schultheisse. Die Be- 
fugnisse dieser Herrschaftsrichter waren sehr verschieden je nach der Oertlich- 
keit. Oft waren sie zugleich Gouverneure der befestigten Plätze und militärische 
Chefs des Gebiets. Dass hierbei manche Uebergriffe und Ungerechtigkeiten vor- 
kamen, ist erklärlich. So erzählt der Verfasser (S. 26), dass Herzog Mathieu II. 


Be 


von Lothringen einen solchen ungerechten Richter mit Ruten peitschen liess und 
verbannte, an der Thüre des Gerichtssaales Ruthen und Peitschen anmalen liess, 
damit sich sein Sohn, der ihm im Amte nachfolgte, immer daran erinnern sollte 
»de bien juger«. 

Im Herzogtum Bar gingen deren Machtbefugnisse noch weiter. Es stand 
ihnen die gesammte höhere Civil- und Strafjustiz zu, und sie waren Berufungsrichter 
für die wenigen den Gemeindegerichten belassenen Sachen. Ausserdem genossen 
dieselben noch eine Reihe grosser Vorrechte hatten Anspruch auf Strafgelder 
und Naturalabgaben der Bewohner u. dergl. Am weitgehendsten war die Macht 
des Prévôt von Nancy. — Diese Herrschafts- und Gemeindegerichte bildeten die 
Untergerichte. Das Verfahren war bei ihnen im Ganzen und Grossen das Gleiche. 
Bis zum 13. Jahrhundert galt in Strafsachen das Anklageverfahren. Die Vertei- 
dieung erfolgt mittelst Eides, Eideshelfer, Ordalien, Prüfungen mittelst des 
Kreuzes, eiskalten und siedenden Wassers, glühenden KEisens oder Dampfes. 
Nachher‘ wurde das Inquisitionsverfahren aus dem Kirchenrechte übernommen. 
Dasselbe war aber ein höchst summarisches. Vom 16. Jahrhundert ab handelten 
die Herrschafts- und Gemeinderichter von Amtswegen gegen die auf frischer 
That Ertappten. Nachher führten die Herzöge die Staatsanwaltschaft (le mini- 
stere public) als Vertreter der Anklage ein. Es wurden die Vorschriften über 
die Zulässigkeit sofortiger Verhaftung mit ihren Folgen besser geregelt, ferner 
diejenigen über das Verhör der Beschuldigten und Zeugen, sowie bezüglich der 
Strafen, namentlich die der Todesstrafe und Verstümmelung. Die vier Arten der 
Folter, welche nach einander zur Erzwingung des Geständnisses bestimmt waren, 
wurden unter die Obhut eines Arztes gestellt. Es werden hiernach diese Folter- 
arten näher festgestellt. Die auf der Folter gegebenen Geständnisse werden 
nach ihrem Werte geprüft. Während früher das Volk zur Mitwirkung beim Ur- 
teil berufen wurde, ging dies Recht später auf einen gewählten und durch den 
Seigneur bestimmten Gerichtshof über. Hier war das Verfahren ein sehr rasches 
und oberflächliches. Allmählich wurde die richterliche Gewalt selbst noch ge- 
mindert, dazu nachlässig und fanatisch. Der Strafvollzug artete in Grausamkeiten 
gegen die Verurteilten aus, namentlich bei der Todesstrafe mittelst Verbrennung, 
die stets gegen Hexen und Ketzer verhängt wurde. — Die Civilsachen wurden vom 
jährlich gewählten Dorfrichter in verschiedenen Jahressitzungen abgeurteilt; das 
Verfahren hierbei war ein mannigfaltiges, mehr und mehr in das Belieben des 
Richters gestellt, dem auch jegliche Erfahrung mangelte. 14 Tage nach dem 
Spruche war das Urteil voilstreckbar, wenn nicht Berufung einselest war. — 
Gegen die Kriminalurteile gab es Anfangs kein Rechtsmittel. Der Strafrichter 
galt für unfehlbar. Das einzige Mittel in Lothringen bestand darin, dass man 
noch die Erholung des Gutachtens der Schöffen zu Nancy beantragen konnte. 
Nachher liess man wegen Rechtsverweigerung eine Beschwerde zu, und findel 
man, dass häufig die Gemeindeverwaltungen als Berufungsgerichte für die Urteile 
der benachbarten Gemeinden galten; manchmal durfte man sich zu diesem 
Zwecke an ein ausländisches Gericht, z. B. nach Verdun wenden. Diese Uebung 
wurde allmählig ziemlich allgemein. In einigen Seigneurien bildeten sich souve- 
räne Obergerichte, präsidiert vom Baron oder einem seiner Beamten. Dies war 
ein besonderes Privilegium. Gegen die Urteile dieser Gerichte gab es kein 
Rechtsmittel. Die Lothringer Herzöge haben lange dies angemasste Recht be- 
stritten und manchmal mit Erfolg. Für die Unterthanen der Herzöge bestanden 


25* 


— 388 — 


besondere Riltergerichte. — Als Ausnahmsgerichte kamen vor: Handels-, Berg- 
werks-, Salzwerks-, Forsigerichte, jedes mit besonderem Verfahren. Noch sind 
zu erwähnen die besonderen Richter für die Huren, dann die Schiedsgerichte, 
die kirchlichen Gerichtshöfe und sewissermassen internationalen Gerichte. — Im 
6. Kapitel (S. 109 ff.) beschreibt der Verfasser insbesondere die Gerichte von 
Nancv, im Vogesenlande und in den deutschen Gebieten, im 7. Kapitel handelt 
er von den Adelsgerichten und ihren Prärogativen, die ebenda bis zum Jahre 1634 
bestanden haben. Als sich das Herzogtum Lothringen mehr und mehr ausdehnte, 
namentlich als das Herzogtum Bar dazu kam, wurden nur grosse Amtsgerichte 
geschaffen, deren Mitglieder angesehene Leute waren und verschiedene Vorrechte 
senossen. Es waren dies namentlich die Gerichtshöfe zu Bar, St. Mihiel und 
Bassigny, für welche auch ein zu Bar wohnhafter Generalprokurator bestellt 
wurde. In Epinal entstand ein Appellationsgericht, bei dem die gegen die Amts- 
gerichte eingelegten Berufungen verhandelt und entschieden wurden. Das Ver- 
fahren war hier zwar ein sehr summarisches, doch war man damit sehr zufrieden. 
Das 9. Kapitel handelt von den Lehensgerichten, den grossen Gerichtstagen zu 
Sankt-Mihiel und dem souveränen Gerichtshof, die sich sämmtlich erst nach der 
Vereinigung von Lothringen und Bar im Jahre 1431 bildeten. Der Verfasser 
legt deren Zusammensetzung, Zuständigkeit und Wirkungskreis klar auseinander, 
im 10. Kapitel giebt er eine Darstellung der Rechnungshöfe von Lothringen und 
Bar, die thatsächlich Verwaltungsgerichtshöfe waren, und sich nicht etwa blos 
mit Finanz- und Domänenangelegenheiten beschäftigten. Endlich bestand ge- 
wissermassen als höchstes Gericht der herzogliche Gerichtshof, zu dem der Her- 
zog die Richter aus der mächtigen Klasse des Ritterstandes berief. Derselbe 
unterscheidet sich nur wenig von den oben erwähnten Rittergerichten, aber 
wurde vom Herzog eingeführt, um ein Gegengewicht gegen die Uebergriffe der- 
selben zu bilden. Zur Zuständigkeit des herzoglichen Gerichtshofes gehörten 
namentlich die wichtigsten Civilsachen. — Diese verwickelten Zustände der Loth- 
ringer (Gerichtsbarkeit führten zu den unbeschreiblichsten Unzuträglichkeiten und 
Justizverweigerungen, und wurden erst durch Leopold I. vollständig neu organi- 
siert. — Solches ist in grossen Zügen der Ueberblick des Inhalts des ganz treff- 
lichen Werkes. Nur das eine vermisse ich hier, ebenso wie ich bereits bei einer 
früheren Besprechung des Werkes von Bonvalot hervorgehoben habe, dass näm- 
lich die ganz hervorragenden rechtsgeschichtlichen und sonstigen geschichtlichen 
Werke deutscher Schriftsteller älterer und neuerer Zeit, in denen der hier be- 
handelte Stoff bereits mit grossem Fleisse und bewunderungswerter Gründlichkeit 
dargestellt ist, gar keine Berücksichtigung gefunden haben. 
Grünewald, Geh. Justizrat in Metz. 


In den Sitzungsberichten der Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien 
(Phil.-Hist. Klasse Band 141) giebt C. v. Duncker einen aktenmässigen Bericht über 
den Besuch des Herzogs von Lothringen in Berlin und die Verlobung 
des Kronprinzen Friedrich (1732). Herzog Franz Stephan von Lothringen 
der zukünftige Gemahl der Maria Theresia, besuchte auf Wunsch des Kaisers eine 
Reihe europäischer Hôfe, insbesondere auch Berlin. Der Zufall wollte es, dass zu 
derselben Zeit König Friedrich Wilhelm I. beschlossen hätte, seinen Sohn mit der 


D 


— 389 — 


Prinzessin von Braunschweig-Bevern zu verheiraten, um die auch von der Königin 
unterstützten Pläne eines englischen Heiratsprojektes zu durchkreuzen: Da die 
Prinzessin in Berlin weilte und der Kronprinz dem Heiratsprojekt zugestimmt 
hatte, wollte der König, dass Franz Stephan den Brautwerber spielen solle. Das 
lehnte der Herzog mit Rücksicht auf den Wiener Hof, der England gegenüber den 
Eindruck vermeiden wollte, als sei das Heiratsprojekt mit Braunschweig-Bevern 
von Wien ausgegangen, ab. Interessant ist auch für die lothringische Geschichte 
das freundschaftliche Verhältnis, das sich zwischen Herzog Franz und Kronprinz 
Friedrich entwickelte und in einer bis 1740 geführten Korrespondenz, die Duncker 
im Wortlaute seiner Abhandlung folgen lässt, Ausdruck findet, W. 


Ein geschichtlicher Streifzug in die Umgegend von Metz von Prof. 
Dr. L. Stünkel. Wissensch. Beilagezum Jahresbericht desLyceums 
zu Metz. 1898. 


In französischer Zeit haben die Lokalforscher mit Vorliebe die Geschichte 
einzelner Dörfer oder Ortschaften bearbeitet. Leider fehlt aber diesen Studien 
meist die kritische Sichtung der Quellen, sodass sicher beglaubigte Nachrichten 
mit Notizen aus späteren unzuverlässigen Bearbeitungen in bunter Reihe gemischt 
waren. Sodann sind diese kleinen Abhandlungen in den verschiedensten oft schwer 
zugänglichen Zeitschriften zerstreut und können infolgedessen nur von Leuten zu 
Rate gezogen werden, die sich in dieser Litteratur gründlich auskennen, Auch was seit 
1570 auf diesem Gebiete geleistet ist, konnte bisher zum grössten Teile nicht den 
Anspruch erhalten, auf selbständiger Forschung basiert zu sein; vielfach sind die 
französischen Darstellungen kritiklos wiedergegeben. Demgegenüber ist die vor- 
liegende Schrift mit Freuden zu begrüssen. Stünkel ist systematisch vorgegangen 
und behandelt einheitlich die Porte Serpenoise, Sablon, Montigny, Frescatv und 
St. Blaise. Die ältere Litteratur beherrscht er vollständig, hat aber nichts bei 
seiner Darstellung aufgenommen, was er nicht selbst kritisch nachgeprüft hat. So 
ist seine Arbeit ein wirklich sicherer und zuverlässiger Führer für die Ortskunde 
der genannten Dörfer und Baulichkeiten. Mehrfach sind es auch neue Resultate, 
die er uns bietet; so stellt er die Lage des bischöflichen Frohnhofs und späteren 
Schlosses in Montigny fest, giebt uns Sicherheit darüber, wo sich dereinst die 
stolzen Giebel der Abtei St. Arnulf erhoben u. s. w. Hoffentlich setzt der Ver- 
fasser seine Studien auf diesem Gebiete fort; er kann des aufrichtigen Dankes 
aller, die an der Geschichte des Melzer Landes Interesse nehmen, sicher sein. WM. 


Zur Geschichte der Jahre 1680--1682 von Pfarrer Jacob Grob in »Ons 
Hemecht«, Organ des Luxemburger Geschichts-Vereins, IV, 
Saa2l I VS SONT: 


Der Aufsatz behandelt die Reunionsthäligkeit Ludwigs XIV. in den ge- 
nannten Jahren, kommt daher durch ein eigentümliches Zusammentreffen fast 
gleichzeitig mit der in das vorliegende Jahrbuch aufgenommenen Arbeit, wenn 


auch unabhängig von dieser, zum Abschluss. 


— 390 — 


Wenn auch äusserlich nicht erkennbar, zerfällt die Arbeit von Jacob Grob 
in 3 Hauptteile; in dem ersten, die Paragraphen 1—5 umfassenden, wird nach 
einleitender Anführung einiger Gewaltthätigkeiten des französischen Königs nach 
dem Frieden von Nymwegen die Thätigkeit der Metzer Reunionskammer im All- 
gemeinen behandelt; der zweite schildert in 7 weiteren Paragraphen die gegen 
das Luxemburger Land gerichteten Reunions-Beschlüsse der Metzer Kammer und 
deren Ausführung im Besondern; der 3. Teil endlich befasst sich in den 3 letzten 
Paragraphen mit der Belagerung der Festung Luxemburg in den Jahren 1681 
und 1682. 


In dem ersten, dem allgemeinen Teil, fällt der Verfasser, wie bisher stets 
von nichtfranzösischer Seite geschehen, ein äusserst scharfes Urteil über die 
Reunionstäligkeit Ludwig XIV., ohne jedoch zwischen den 3 Arten von Reunionen 
gegen das Reich, gegen das Herzogtum Lothringen und gegen die spanischen 
Niederlande zu unterscheiden; in seiner ganzen Schärfe wird dieses Urteil nach 
dem Ergebnisse der in unserem erwähnten Aufsatze niedergelegten Untersuchun- 
gen nur für die letztgenannten Reunionen aufrecht zu erhalten sein. Auf diese 
letzteren beziehen sich äusserlich und nach Auffassung des Herrn Verfassers 
3 Reunionsbeschlüsse der Kammer vom 14. Oktober 1680, vom 21. April 1681 und 
vom 5. April 1683, welche ihrem Wortlaute nach angeführt und besprochen 
werden. Thatsächlich war, wie auch der Herr Verfasser fühlt, wenn auch nicht 
ausführt, die Benennung des letztgenannten Beschlusses, nämlich die Zurück- 
weisung eines Einspruches des Mechelner grossen Rates nur eine Verschleierung 
des Inhaltes, um trotz gegebenen Versprechens neue Reunionen aussprechen zu 
können, die zwar unmittelbar nur herzoslich-lothringische Gebietsteile, die 
3 Aemter Longwv, Longuyon und Marville, als »Zugehörigkeiten« zu diesen aber 
auch einen grossen Teil des Luxemburger Landes umfassten. Letzteres war 
aber inzwischen, wie Verfasser näher schildert, thatsächlich schon ohne Ab- 
warten eines Beschlusses reuniert worden; von besonderem Interesse ist hierbei 
die eingehende, an keiner anderen Stelle bisher noch behandelte Schilderung 
der Gewaltthätigkeit und Grausamkeit der Franzosen bei dieser völlig rechtlosen, 
nicht einmal durch Scheingründe motivierten Eroberung des Luxemburger Landes; 
mit vollem Rechte bezeichnet Verfasser (V S. 278) die damaligen Verwüstungen 
als ein würdiges Seitenstück zu Ludwigs XIV. Zerstörung der Pfalz. 


Auch im 3. Teile, der Beschreibung der Belagerung der Festung Luxem- 
burg in den Jahren 1681 und 1682, bringst Verfasser interessante Einzelheiten auf 
Grund umfassenden, archivalischen Materials; dagegen wird unter den Gründen 
für die plötzliche Aufhebung der Belagerung im März 1682 die Hauptsache, näm- 
lich der Plan Ludwig XIV., den Dauphin zum deutschen Könige und voraus- 
sichtlichen Nachfolger Kaiser Leopolds designieren zu lassen, nicht erwähnt. 


Im Ganzen bildet die Arbeit des Herrn Pfarrers Grob einen schätzens- 
werten Beilrag für die Kenntnis eines von der Geschichtschreibung bisher etwas 
stiefmütterlich behandelten Zeitabschnittes. RR 


— 391 — 


Die alten Territorien des Bezirks Lothringen nach dem Stande vom 
1. Januar 1648. 1. Teil. Herausgegeben von dem Statist. Bureau des 
Kais. Ministeriums für Elsass-Lothringen. Strassburg 1898. 


Nachdem das Statist. Bureau des Ministeriums im Jahre 1896 »Die alten 
Territorien des Klsasse nach einer Bearbeitung des Oberlehrers Dr. Joh. Fritz 
herausgegeben hatte, ist jetzt der erste Band, welcher Lothringen betrifft, er- 
schienen. Den Hauptanteil an der Bearbeitung dürfte diesmal der Vorstand des 
Bureaus, Ministerialrat du Prel selbst haben. Wesentliche Unterstützung leisteten 
der Direktor der Metzer Stadtbibliothek Abbé Paulus und Pfarrer Chatelain von 
Wallersberg. 


Es ist ein überaus schwieriges Unternehmen, das mit den »lothringischen 
Territorien< begonnen ist; denn einmal fehlen hier so gut wie alle Vorarbeiten» 
sodann aber sind die lothringischen Herrschaftsverhältnisse so verwickelt wie 
kaum in einem andern deutschen Landesteile. 


Was die Vorarbeiten angeht, so haben wir in Lothringen noch keine Unter- 
suchung über die Entwicklung der bischöflichen Territorien, wie sie im Elsass 
Dr. Fritz für den weltlichen Besitz der Bischöfe von Strassburg geliefert hat; 
freilich fehlt uns hier auch ein Urbar, auf dem Fritz für das Elsass fussen konnte. 
Dann steht noch eine Arbeit aus über die alten Gaue; das Königsgut in Lothringen 
hat noch keine wissenschaftliche Berücksichtigung gefunden u. a. m. 


Die Entwicklung der Territorien aber hat sich grossenleils auf ganz anderer 
Grundlage vollzogen als wie im Elsass. Mit Ausnahme des Herzogtums, des Bis- 
tums und des Pays Messin haben wir überhaupt keine geschlossenen Herrschafts- 
gebiete. Die Herrengeschlechter von Bolchen, Finstingen, Rodemachern etc. ver- 
fügten vielmehr über eine Menge von Rechten in zerstreut liegenden Ortschaften 
als über ein bestimmtes Gebiet und es kommt in Lothringen ausserordentlich oft 
vor, dass die Hochgerichtsbarkeit in demselben Dorf 5, 6 und mehr Herren zusteht. 


So gehörte denn eine ungeheure Ausdauer dazu, Licht in diese verworrenen 
Verhältnisse zu bringen und was das Statistische Amt geboten hat, wird dauernd 
eine Grundlage für die lothringische Geschichtsforschung bleiben. Es ist mit 
ausserordentlicher Sorgfalt gearbeitet worden und in den Anmerkungen steckt 
eme Fülle wissenschaftlichen Materials. Es fragt sich nur, ob mit der Zergliederung 
der Hoheitsrechte nicht zu weit gegangen ist, 


Es lässt sich einwenden, dass der Besitz der Hochgerichtsbarkeit noch kein 
entscheidendes Kriterium der Landeshoheit ist. Im Pays Messin ist beispielsweise 
die Hochgerichtsbarkeit vielfach oder meist in den Händen der Klöster resp. 
Klostervögte oder der städtischen Adelsgeschlechter, trotzdem steht die eigentliche 
Landeshoheit ohne allem Zweifel den städtischen Behörden zu. Nach den Goü- 
tumes du pays Messin ist die Appellation auch vom Hochgericht an die Dreizehner 
gewahrt, wenn sie auch auf die Fälle beschränkt wird, in denen eine Unregel- 
mässigkeit beim Gerichtsverfahren stattfand. Auch Zölle und Steuern wurden von 
der Stadt bestimmt und ebenso hatte Metz die Militärhoheit in seinem gesamten 
Gebiete. So wird es auch in anderen Gebieten der Fall gewesen sein, deren ge- 
nauere Kenntnis sich mir vorläufig entzieht. Die angeblichen Hoheitsrechte sind 
eben nichts anderes als veräusserliche Einnahmequellen, und wenn ein Herr "/s des 


Be 


Dorfbannes mit der Blutgerichtsbarkeit besass, so besagte das nichts anderes 
als !/s der Einkünfte. 

Für die noch ausstehende Bearbeitung der bischöflichen Territorien möchte 
ich auf eine Erscheinung hinweisen, die für die Entwicklung dieses Machtgebiets 
von Belang sein dürfte. So weit ich sehe, besitzt in den ältesten Zeiten das Bis- 
tum als solches überhaupt keine Territorien. Es setzt sich zusammen aus den 
Besitzungen der einzelnen kirchlichen Stifter. An diese, nicht an das Bistum, 
werden die Schenkungeu der Gläubigen gerichtet; dass aber implicite das Bistum 
bedacht werden soll, geht aus dem vielfach wiederkehrenden Wortlaute: »mo- 
nasterio S. Arnulli (Gorziensi) seu episcopatuie, deutlich hervor. Das Bistum als 
solches wird zum ersten Male, soweit ich sehe, bedacht in der Urkunde Heimrichs IL., 
der im Jahre 1018 das jus forestandi in dem grossen Königswalde nördlich, öst- 
lich und südlich der Stadt Metz Thiodrico episcopo suisque successoribus überlässt. 

in. 


Im Journal d'archéologie Lorraine 1899 p. 54ff. bringt Ch. Pfister in 
sorgfältig kritischer Ausgabe die Texte oder Regesten der in der Bibliothek von 
Nancy befindlichen Urkunden bis zum Jahre 1300. Eine Reihe von Stücken hat 
auch für Metz und den Bezirk Lothringen Interesse, so die Urkunden der loth- 
ringischen Herzöge Simon I. und Friedrich IL, der Metzer Bischöfe Theoderich IE, 
Bertram und Gerhard, der Aebtissin Imago von St. Glossinde u.a. 

In demselben Jahrgang p. 175 bringt P. Marichal einen Nachtrag zum Cata- 
logue des Actes de Mathieu II, darunter eine Urkunde des Herzogs für St. Theo- 
bald in Metz betr. das Patronat der Kirche von Haves. m. 


Die Mémoires de l'Académie de Metz 1896—1897 (ed. 1899) enthalten 
p. 61--166 einen Aufsatz von F. des Roberts über die Herrn von Saulny. Der Ver- 
fasser stellt die ihm zugänglichen urkundlichen Notizen über den Ort chronologisch 
zusammen; da er aber die Urkunden des Metzer Bezirksarchivs nicht eingesehen 
hat, so bleibt die Arbeit lückenhaft. 

Bis zum 15. Jahrhundert gehörte der Ort der Abtei S. Martin und dependierte 
mit dieser vom Herzogtum Lothringen. Erst nach dem Tode des Herzogs Stanis- 
laus ıst er französisch geworden. 

Die Seite 83 geäusserte Ansicht, die Kirche Marie la Ronde sei schon im 
Jahre 1337 mit der Kathedrale vereinigt, d. h. die Trennungsmauer sei beseitigt 
gewesen, weil sie Notre-Dame la Ronde au Grand-Moulier genannt wird, ist unrichtig. 

Im. 


In demselben Bande p. 173 berichtet M. Auvray über Ausgrabungen, die 
er in der Nähe von Chérisey vorgenommen hat. Die Fundstücke gehören 
der römischen Zeit an. Erwähnenswert sind zwei Stempel »Medicuss und »Ja- 
nuarius«e, ein Thongefäss, das von einer Steinkiste umschlossen war und die Reste 
einer Statue. 

Auvray schliesst dann weilere Notizen über zerstreute Funde von Stein- 
werkzeugen und einen Bronzering, die in derselben Gegend gefunden sind, an. W, 


— 393 — 


Das Metzer Dombaublatt (12 und 13) p. 8 ff. bringt eine Arbeit von H. V. 
Sauerland: »Erbauer und Bauzeit des vorigen romanischen Metzer 
Doms«. Der Verfasser polemisiert scharf gegen Prost, der die Ansicht vertreten 
hat, Theoderich I. habe die alte merowingische Kathedrale niedergelegt und den 
Neubau des romanischen Hauses begonnen; Adalbero II. habe dann die Arbeit 
fortgeführt, Theoderich II. aber die Kathedrale vollendet. Den Hauptanteil am 
Bau misst Prost Theoderich II. zu. »Prosts Begründung ist jedoche — sagt S. — 
»durchaus unhaltbar ; sie erweist sich bei näherer Prüfung als eine ganz un- 
wissenschaftliche Vermittelung zwischen den Dombaunachrichten Sigeberts von 
Genbloux und denen des Verfassers der Gesta epp. Melt.« 

Mit diesen Vorwürfen thut S. dem Altmetzer Gelehrten entschieden Un- 
recht. Gewiss ist, wie Sauerland trefflich ausführt, die Nachricht Sigeberts, der 
Theoderich I. den Neubau zuschreibt, höher zu bewerten als die Notiz der Gesta, 
welche das grosse Werk allein für Theoderich I. in Anspruch nehmen. Aber 
Prost hat sich nicht allein auf die Gesta gestützt; er führt als schwerwiegenden 
Beweis für seine Auffassung an, dass Theoderich II. an besonders ausgezeichneter 
Stelle, in der Mitte des grossen Chors, seine Grabstätte gefunden und dass ein 
kostbares Kreuz die wahrscheinlich!) auf ihn bezügliche Inschrift trug: Deoderi- 
cus huius aedis fundator«. Weiter bemerkt er, dass ein Werk wie die romanische 
Kirche nicht in einem Zeitraum von 20 Jahren — so lange regierte Theoderich 1. 
— auszuführen war. Wenn dem gegenüber Sauerland bemerkt, Ausgrabungen 
der letzten Jahrzehnte hätten ergeben, dass der romanische Bau »nieht so sehr 
gross« gewesen sei, so irrt er. Ich habe in einem Vortrage nachgewiesen, dass 
es eine dreischiffige Kirche gewesen ist und schon Prost hat festgestellt, dass sie 
sich nach Westen hin bis zu den heutigen Türmen erstreckte; die Ausdehnung 
nach Osten aber ist dadurch festgelegt, dass der Chor der romanischen Kirche 
noch bis in das 16. Jahrhundert dem heutigen Bau in gleicher Eigenschaft 
diente. Es war nach alledem ein ungemein stattliches Bauwerk, um das es sich 
handelt. 

Wie wenig angebracht aber der Ausdruck »unwissenschaftlich« für Prosts 
Thätigkeit ist, erweist sich durch eine Notiz der Gesta episcoporum Mettensium, 
auf welche zum ersten Male in diesem Jahrbuche IV, 240, hingewiesen ist. Hier- 
nach ist der Dom am 27. Juni 1040 geweiht worden, also unter Theoderich Il. 
Sauerland selbst giebt auf Grund dieser Bemerkung zu, dass der Weihe irgend 
eine Bauthätigkeit Theoderichs II. voraufgegangen sein muss. Wir dürfen wohl 
weiter sagen, es müssen recht erhebliche Bauteile gefehlt haben, wenn die 
Weihe noch nicht früher hat stattfinden können. War das aber der Fall, so kann 
als erwiesen gelten, dass Theoderich II. einen wesentlichen Anteil am Ausbau 
des Gotteshauses hatte. Darum ist es ein müssiges und unfruchtbares Beginnen, 
den einen oder den anderen Theoderich als den eigentlichen Erbauer zu feiern. 
Beide haben daran gebaut; das hat Prost nachgewiesen und das muss Sauerland 
zugeben. Welche Bauteile Theoderichs I. und Theoderichs II. Wirksamkeit zuzu- 
schreiben sind, das wird sich vermutlich niemals mit Bestimmtheit nachweisen lassen. 

I", 


1) Das Kreuz hatte auf der anderen Seite die Inschrift: Deodericus praesul. 
(Genau dieselbe schlichte Bezeichnung des Geschenkgebers stand aber auf dem 
oewaltisen Kronleuchter, der über dem Grabe Theoderichs IL, hing. 


oO 


= 


Der mittelalterliche Profanbau in Lothringen. In Abbildungund 
kurzer Beschreibung mitgeteilt von W. Schmitz. Düsseldorf, bei 
Friedrich Wolfrum. 


W. Schmitz hat bei seinem Wesgange von Metz den schlimmen Eindruck, 
den seine Publikation der gemalten Holzdecke hinterlassen hatte, insofern etwas 
verwischt, als er uns in dem vorliegenden Werke einen wertvollen Beitrag zur loth- 
ringischen Kunstgeschichte hinterlassen hat. In gut ausgeführten Zeichnungen giebt 
S. die Gesamtansicht und die architektonischen Einzelheiten der wenigen noch er- 
haltenen Profanbauten des 12.—16. Jahrhunderts wieder, und wie fleissig er den 
Resten nachgespürt hat, ersieht man daraus, dass manches Baustück hier überhaupt 
zum ersten Male veröffentlicht wird. Der Text beschränkt sich auf die notwendigsten 
Erläuterungen. Es wäre wünschenswert gewesen, dass die verschiedenen Einzel- 
heiten unter grösseren Gesichtspunkten zusammengestellt würden, wie das der Ver- 
fasser_bei den Kaminen, Fenstern und Thüren versucht hat. Insbesondere hätte 
es sich wohl ermöglichen lassen, die charakteristischen Merkmale des Metzer Bürger- 
hauses einheitlich zusammenzufassen. ‘Wenn auch die innere Einteilung der alten 
Häuser fast durchweg den Ansprüchen der neueren Zeit zum Opfer gefallen ist, 
so hätte sich doch schon aus dem Frontalaufbau, der Fenstereinteilung etc. ein 
Bild der inneren Einteilung gewinnen lassen. Aber auch das Gegebene genügt, um 
dem Herausgeber den Dank der lothringischen Geschichtsforscher zu sichern. 

Hervorgehoben soll noch werden, dass auch diese Publikation dem ver- 
ständnisvollen Interesse des Ministeriums ihr Dasein verdankt, insofern der Ver- 
fasser durch eine reiche Subvention unterstützt worden ist. Leider hat dies S. zu 
erwähnen vergessen. W. 


In den «Mémoires de l'académie de Stanislas» veröffentlicht Abbé Eugen 
Martin eine wertvolle Studie über «Le Gouvernement de Léopold et les 
évêques de Toul. Nachdem durch den westfälischen Frieden die Annexion 
von Metz, Toul und Verdun durch Frankreich auch staatsrechtlich anerkannt war, 
hatte der König den Anspruch erhoben, die Bischöfe, welche bis dahin von den 
Kapiteln gewählt- worden waren, selbständig zu ernennen, wie ihm das seit den 
Zeiten Leos X. für das Königreich zustand. Selbstverständlich trug Ludwig XIV. 
dafür Sorge, dass gule Franzosen für diese wichtigen Stellungen promoviert wurden. 
Nun umfasste die Diöcese von Toul den wichtigsten Teil des Herzogtums Lothringen 
mit der Hauptstadt Nancy. So war es denn unausbleiblich, dass schwere Konflikte 
mit der herzoglichen Regierung entstehen mussten, und da Ludwig in der Person 
des Bischofs Henry de Thyard de Bissy einen von rücksichtslosem Ehrgeiz 
erfüllten, streitsüchtigen Prälaten nach Toul geschickt halte, dessen oberstes 
Prinzip es war, dem Einfluss Frankreichs auf die Angelegenheiten des Herzogtums 
Geltung zu verschaffen, so haben diese Konllikte auch eine hoch politische Bedeutung 
für die Entwickelung des Herzogtums angenommen. 

Schon Beaulieu hat in seiner Geschichte des Herzogtums unter Leopold 
dem Kampfe der weltlichen und geistlichen Gewalt eingehende Beachtung geschenkt, 
aber erst die Monographie Martins legt die Entstehung und Entwickelung des 
Konfliktes bis in ihre Fasern blos. Vor allem ist hier auch interessant der 


— 395 — 


wissenschaftliche Streit zwischen den Vertretern des Bistums mit denen der 
lothringischen Abteien Senones, Moyen moutier, Etival, Domêvre und dem Kapitel 
von St-Dié, welche ihre Unabhängigkeit von Toul zu verfechten suchten. Wir 
brauchen nur die Namen der Vorkämpfer Benoit Piccard und Charles Louis Hugo 
zu nennen, um auf die Bedeutung der beiderseitigen Ausführungen für die 
lothringische Geschichte hinzuweisen. Es dürfte von Wert sein, das Urkunden- 
material, auf welches man sich beiderseits stützte, einer diplomatischen Prüfung 
zu unterwerfen. Der Verfasser, welcher in seiner Darlegung eine vornehme 
Objektivität zu wahren versteht und durchaus kritisch zu Werke gegangen ist, 
wird am ersten in der Lage sein, diese Untersuchung vorzunehmen. u 


Metz. Documents généalogiques d'après les registres des paroisses 
1561—1792 par l'abbé F.-J. Poirier. Paris 1899. 


In Deutschland ist im letzten Jahrzehnt ein lebhaftes Interesse für die 
alten Kirchenbücher lebendig geworden und man hat in zahlreichen Landesteilen 
begonnen den Bestand dieses wichtigen Urkundenmaterials aufzunehmen. Sonder- 
barerweise ist man aber im allgemeinen bei dieser äusseren Statistik, die doch 
nur eine Vorarbeit sein kann, stehen geblieben. Welche Bedeutung das trockene 
Material für die geschichtliche Forschung haben kann, zeigt uns Poirier im vor- 
liegenden Werke. Mit unermüdlichem Fleisse und gründlichster Sorgfalt hat der 
Verfasser die zahllosen Bände der Metzer Kirchenbücher durchgearbeitet und 
alles daraus entnommen, was auf die Angehörigen des Adels, der Beamtenschaft, 
des Klerus, der Armee und der bürgerlichen Geschlechter Bezug hat. So spiegelt 
sich uns in diesem Werke die Entwicklung einer neuen Zeit, nachdem die alte 
reichsstädtische Verfassung der Stadt, die wesentlich von den Paraigen repräsen- 
tiert wurde, durch die Ereignisse des Jahres 1552 dahin gesunken war. Die alten 
städtischen Adelsgeschlechter waren ausgestorben oder hatten das Metzer Gebiet 
verlassen. Jetzt hält ein neuer Adel seinen Einzug und zahlreiche bürgerliche 
Beamte werden auf Grund eines königlichen Dekrets von 1658 nach 20jähriger 
Dienstzeit beim Metzer Parlament in die Adelsmatrikel eingetragen. Diese Mass- 
regel ist ein Mittel gewesen, um die Bewohnerschaft auch in ihrer politischen Ge- 
sinnung französisch zu machen, und so sehen wir in diesem Emporkommen eines 
neuen Adels einen für die Geschichte der Stadt bedeutsamen geschichtlichen Vorgang. 

Von grösstem Nutzen wird aber Poiriers Werk für genealogische Studien 
sein; denn der Verfasser stellt, soweit ihm dies auf Grund seines Materials 
möglich ist, den Familienzusammenhang zwischen den einzelnen Namen her. Auch 
dieses schwierige Unternehmen ist ihm durch die ungemein übersichtliche Anord- 
nung des Druckes auf das Beste gelungen. Auf die Resultate, welche sich des 
weiteren für die Geschichte des Metzer Schulwesens ergaben, auf die zahlreichen 
seschichtlichen Eintragungen, welche die Pfarrer bei wichtigen politischen Ereig- 
nissen in ihre Kirchenbücher gemacht haben, weist P. in der Einleitung selbst hin. 


Möchte es dem wohlthuend objektiven wissenschaftlichen Sinne des Ileraus- 
sebers vergönnt sein, die ergebnisreichen Studien auch für die übrigen Kirchen- 
bücher Lothringens fortzusetzen oder möge ihm wenigstens ein Nachfolger er 
stehen, der mit gleicher Sorgfalt und Unermüdlichkeit dieses Werk auf sich nimmt 


— 396 — 


Was Poirier geschaffen, wird für die Metzer Geschichtsforschung von 
z 2 


Le] 


dauerndem Werte bleiben. W. 


Chan Heurlin. Poëme patois-messin par Brondex et Mory. Nancv, 
Libr. Sidot, 1900. 


Das Patois messin weicht von Jahr zu Jahr dem Hochfranzösisch oder 
der deutschen Sprache. Seit dem Tode des besten Kenners, Hubert Vion, der 
auch litterarisch diesen Dialekt vielfach verwertete, hat sich kein Lothringer 
wieder gefunden, der mit der Kenntnis der Sprache die Fähigkeit verbunden 
hätte, sie litterarisch zu handhaben. Mit um so grösserem Danke ist es zu be- 
grüssen, dass die Buchhandlung Sidot in Nancy eine Neuausgabe des hervor- 
ragendsten Patois-Werkes »Chan Heurlin« veranstaltet und gleichzeitig eine 
hochfranzösische Uebersetzung beigegeben hat. Chan Heurlin, ein komisches, 
oft äusserst derbes Bauernepos, hatte für die 5 ersten Gesänge, die 1787 er- 
schienen, Albert Brondex aus Sainte-Barbe zum Verfasser, 1825 kam dann eine 
Neuausgabe heraus, die in zwei weiteren Abschnitten das Gedicht zu Ende führte; 
als Verfasser nannte sich der aus Metz gebürtige Didier Mory. 

Es ist zu hoffen, dass das Werk in seinem neuen, äusserst vornehmen und 
von V. Masson in Metz mit lustigen flotten Zeichnungen geschmückten Gewande 
auch in Kreisen der Eingewanderten Freunde findet. W. 


Le bibliographe moderne, Courrier international des archives et des biblio- 
thèques bringt m No. 9 des Jahrgangs 1898 einen Aufsatz des Herausgebers 
Archivar M. Stein über »La collection Dufresne et les archives lorraines« 
Herr Stein stellt sich voll und ganz auf den Standpunkt, den wir in der Ange- 
legenheit einnehmen und klar gelest haben und zweifelt nicht daran, dass die 
französischen Gerichte auch in letzter Instanz die Beschlagnahme der durch Du- 
fresne pere entwendeten Urkunden aufrecht erhalten werden. Interessant ist, 
dass Stein das Verzeichnis, welches Archivar Duvernoy von den im Nancyer 
Archiv zur Zeit in Arrest liegenden Urkunden aufgestellt hat, zum Abdruck bringt; 
im wesentlichen giebt es allerdings nur die auf Toul bezüglichen und aus Toul 
stammenden Stücke. w: 


Als zweites Heft der »Beiträge zur Anthropologie Elsass-Lothringens« er 
schien eine Arbeit vom Stabsarzt Dr. @. Brand über die Körpergrösse der 
Wehrpflichtigen des Reichslandes Elsass-Lothringen. 

Auf breitester Grundlage — 105561 Untersuchungen werden in Betracht ge- 
zogen hat Brand die Resultate seiner Statistik tabellarisch zusammengestellt 
und Professor Schwalbe hat hierzu drei treffliche Karten entworfen, welche durch 
Farben und Schraflierung die Grössenverhältnisse, nach Kantonen geordnet, klar- 
legen. Als Hauptergebnis glaubt Brand gefunden zu haben, dass die Grösse 
weder durch Wohnort noch durch Lebensweise, sondern fast ausschliesslich durch 
die Rasse bestimmt ist. 

Das klingt sehr bestechend, aber nachgewiesen ist es nicht. Vor allem 
hat sich Brand gar nicht genügend klar gemacht, wie die Rassen im Reichslande 


a 


eigentlich verteilt sind. Er beschränkt sich ganz allgemein darauf, zu sagen, 
nach Westen hin nehmen die Romanen zu; die wichtigen Arbeiten Wittes aber 
über die Nationalitätsgrenzen im Reichslande sind ihm entgangen. Gerade diese 
hätte er der Anwendung seiner Resultate auf das zeschichtliche Werden 
unseres Landes zu Grunde legen müssen. Aber wenn das auch geschehen wäre, 
so hätte doch die Landesgeschichte aus seiner Arbeit keinen Gewinn ziehen 
können. Die urromanischen Kantone Vernv, Delme, Vic, Pange zeigen beispiels- 
weise dieselben Grössenverhältnisse wie Markolsheim, Benfeld, Andolsheim, Neu- 
breisach, in denen sicher nicht ein Romane übrig geblieben ist. Das romanische 
Metzer Land und Vigy haben sogar grössere Leute als die germanischen Kantone 
Brumath, Bischweiler und Hagenau. Hier müssen also wohl andere Gründe für 
die Grössenverhältnisse der Bewohner bestimmend sein. 

Ich zweille nun gar nicht daran, dass die überaus mühsamen und wahr- 
scheinlich auch exakten Tabellen für andere Forschungszweige von Bedeutung 
sind, die Geschichtsforschung kann sie jedoch nicht verwerten. W. 


Der verstorbene Metzer Gelehrte Auguste Prost hat der Société nationale 

des antiquaires de France ein Legat von 100000 Frs. vermacht mit der Bestim- 
mung, dass aus dem Zinsertrag alljährlich ein Band oder ein Fascikel mit 
Quellen oder Darstellungen, die sich auf Metz beziehen, veröffentlicht werden. 
Als erster Band ist das Verzeichnis des Prostschen litterarischen Nachlasses, 
den er der Nationalbibliothek hat zukommen lassen, erschienen. (S. die Be- 
sprechung im Jahrhuch IX, p. 348 ff). Band Il und IE enthält einen Abdruck 
des Cartulaire l’abbave de Gorze aus der Metzer Stadtbibliothek. So dan- 
kenswert die Wiedergabe des hochwichtigen Urkundenbuchs auch ist, man wird 
doch bedauern müssen, dass sich der Bearbeiter, Herr A. d’Herbonez, auf diese 
eine Urkundensammlung beschränkt und nicht ein Urkundenbuch des Klosters 
Gorze veröffentlicht hat. Es lag kein Grund für ihn vor, seinem Arbeitsgebiet 
so enge Grenzen zu ziehen; denn die Pariser Nationalbibliothek besitzt selbst 
eine Reihe von Gorzer Originalurkunden und das Metzer Bezirksarchiv stand ihm 
völlig offen. | m. 


Seit langen Jahren erscheint in Nancy unter der Redaktion von Goutiere- 
Vernolle eine Kunstzeitschrift »Lorraine Artiste«, die in vollem Masse verdient, 
auch im deutschen Bezirke Lothringen beachtet zu werden. Die Aufsätze, welche 
Goutière-Vernolle mit seinen Mitarbeitern veröffentlicht, sind in französischer und 
deutscher Sprache geschrieben, und bekunden damit schon, dass es nicht nur 
der französisch gebliebene Teil Lothringens ist, an dessen Bewohner sie sich 
wenden. Interessant ist es vor allem, zu sehen, dass sich in Französisch-Loth- 
ringen seit Jahren die Kunst in hervorragendem Masse entwickelt hat, und 
dass man wohl berechtigt ist von einer spezifisch »lothringischen Kunst« zu 
sprechen. Es wäre wünschenswert, wenn auch in Metz von diesem Aufschwunge 
Notiz genommen würde und wir hier Gelegenheit bekämen uns durch eigene An- 
schauung ein Urteil über die Werke von Gallet, Prouvet u. a. m., vor allem aber 
von Friant zu bilden. 


Be. 


Etwas vorsichtiger dürfte der Herausgeber in der Wahl seiner historischen 
Mitarbeiter sein. So veröffentlicht — es ist allerdings bisher das einzige derartige 
Produkt — ein Herr Marsy einen Aufsatz über »Metz et ses champs de bataille«. 
Der Verfasser mischt eine topographische Beschreibung mit geschichtlichen Notizen 
und unendlich viel Phrasen. Zur Erheiterung der Leser und zur Charakteristik 
der geschichtlichen Auffassung des Verfassers sei folgender Erguss hier wieder- 
gegeben: L’Allemagne sans cesse par ruse ou par force tente de s’en emparer. 
(se. du pays lorrain). Metz ne s'exerce, ne se développe, ne vit que pour son indé- 
pendance et par sa liberté. L'Allemagne v attente toujours rapace et tyrannique ; 
la France de plus en plus généreuse et cordiale la respecte et l'aime ! W. 


Das Reichsland Elsass-Lothringen. Landes- und Ortsbeschreibung heraus- 
gegeben vom Statistischen Bureau des Ministeriums für Elsass-Lothringen. 
Das grossartig angelegte Werk ist in seiner ersten Lieferung im Verlage von 
Heitz & Mündel in Strassburg erschienen und man wird sagen müssen, dass es 
dem Herausgeber im vollen Masse gelungen ist, Mitarbeiter zu gewinnen, wie sie 
die Bedeutung des Unternehmens verlangte. Die geographische Schilderung des 
Reichslandes ist von Gerland, die meteorologischen Verhältnisse beschreibt Her- 
gesell, die Geologie hat Prof. Bücking übernommen, für Flora und Fauna sind die 
competentesten Bearbeiter in Graf Solms und Döderlein gefunden worden. Für 
uns ist besonders interessant Cap. VI: Die Bevölkerungsverhältnisse. Professor 
Schwalbe hat hier die physische Natur der Bewohner untersucht und Cap. VI: 
die Sprachverhältnisse, a) im deutschen Sprachgebiete von Prof. Martin, b) im 
französischen von Dr. This. Weiter enthält der Band noch einen Abschnitt über 
(Gewerbe und Handel von Haug, Hertzog und Rick, über Entwickelung des Post- 
und Telegraphenwesens von May und endlich über die Eisenbahnen von Föhlinger. 

m 


Geschichte der ehemaligen Grafschaft Saarbrücken. Nach Fr. und 
Ad. Köllner neu bearbeitet und erweitert von Ruppersberg. 1. Teil. Von der 
ältesten Zeit bis zur Einführung der Reformation. Saarbrücken 1899. 


Wer bisher die Geschichte der mittleren Saargegend kennen lernen wollte, 
war auf das 1841 erschienene Werk von Fr. Köllner: »Geschichte der Grafen und 
Fürsten von Saarbrücken«, resp. auf die »Geschichte der Städte Saarbrücken und 
St Johann« 1856 von Ad. Köllner, des ersteren Sohn, angewiesen. Abgesehen 
davon, dass beide Werke sogar antiquarisch nicht mehr zu haben sind, genügen 
sie auch den Ansprüchen, die heute an ein solches Werk gestellt werden, nicht 
mehr. Ausserdem sind seitdem viele auf die genannte Gegend bezügliche Urkunden 
und Aktenstücke bekannt und manche einschlägliche Arbeiten veröffentlicht worden. 
Auf Anregung des hiesigen Kreisausschusses hat nun Professor Ruppersberg das 
neue Werk unter Benutzung alles bekannten Materials ausgearbeitet. Dasselbe 
genügt vollständig allen Anforderungen, die man an eine solche Arbeit stellen 
kann. Der Zusammenhang mit der allgemeinen Geschichte ist in dem ganzen 
Buche, soweit es das Verständnis der Landesgeschichte erfordert, nachgewiesen. 
Der Verfasser hat nun nicht blos für Fachgelehrte, sondern für einen weiteren 


Kreis geschrieben. In der Vorgeschichte werden die ältesten Bewohner des Saar- 
gebietes, dann die keltische, die römische und die alemannisch-fränkische Zeit be- 
handelt, sowie die kirchlichen Stiftungen. Dann folgt der erste Teil der Geschichte 
der Grafschaft Saarbrücken in 3 Abschnitten: 1. Entstehung der Grafschaft und 
das älteste Grafengeschlecht (1080—1274). 2: Das Haus Saarbrücken-Commercy 
(1274—1381). 3. Das Haus Nassau-Saarbrücken bis zur Reformation (1381—1574). 
Hier werden die einzelnen Grafen der Reihenfolge nach behandelt und was von ihnen 
bekannt ist, wird mitgeteilt. Stammtafeln, Verzeichnisse der Lehensleute und Beamten 
und einige Weistümer sind ihres Ortes resp. am Schlusse beigefügt, wie auch einige 
Nachbildungen von Grabmälern und Siegeln. Um dies hier zu bemerken, so ist 
der Druck und die ganze Ausstattung des Werkes eine vorzügliche. Besonders 
aufmerksam möchte ich machen auf die sehr lichtvolle Schilderung der keltischen 
und der römischen Zeit und die des Erzbischofs Adelberts I. von Mainz, eines 
geborenen Grafen von Saarbrücken, wohl die beste Biographie dieses gewaltigen 
Kirchenfürsten und Reichskanzlers Heinrichs V., die in so engem Rahmen von 
16 Druckseiten geschrieben ist. Manchen Aufstellungen des Werkes kann ich nun 
nicht zustimmen, manche müssen meines Erachtens modifiziert werden. Hier sei 
nur Einiges herausgegriffen. Die früheste geistliche Stiftung der Gegend ist, 
abgesehen von der noch älteren Kirche des Dorfes Bischmisheim, sicherlich das 
Stift St. Arnual, dessen Anfang auf die Schenkung des Hofes Merkingen seitens 
des Königs Theudebert Il (596—612) an den Metzer Bischof Arnualdus zurück- 
geführt wird. Bei der Darstellung der Geschichte dieses Stiftes hat der Verfasser 
aber die Nachricht, einer Metzer Urkunde von 1372, dass Arnual von Anfang an 
(initialiter) der zweite Sitz des Metzer Bistums gewesen, nicht verwertet. Da nun 
noch andere enge Beziehungen dieses Stifts zum Metzer Domstift sich nachweisen 
lassen, ist die Annahme, dass die vom Bischof Adelbero aus St. Arnulf vertriebenen 
Kleriker sich hier niedergelassen hätten, wohl nicht glaublich. Es hat den An- 
schein, als ob das Stift St. Arnual eine Art Filiale des Metzer Domstifts gewesen 
sei. — Grafen von Saarbrücken erscheinen zum ersten Male um 1118 in dem 
Freiheitsbriefe ihres Bruders, des Erzbischofs Adalbert I. von Mainz, für die 
Bürger seiner Residenz. Während nun die Saarbrücker Geschichtsschreiber Kremer 
und Köllner dieselben aus dem ardennischen Geschlechte abstammen lassen, hat 
Witte in diesen Jahrbüchern (Band V) versucht, sie als eine Seitenlinie der 
lothringischen Herzöge elsässischer Abstammung nachzuweisen. Ruppersberg 
kommt wieder auf das ardennische Geschlecht zurück, 
Zweig desselben als Kremer. — Von diesem ersten Saarbrücker Grafenhause 
entstammen bekanntlich die Grafen von Zweibrücken und das zweite Leiningische 
Haus. Eine Tochter des ersten Saarbrücker Grafen war die zweite Frau des 
Herzogs Friedrich II. von Schwaben, also die Stiefmutter von Friedrich Barba- 
rossa. — Die Frage nach dem ursprünglichen Bestand der Grafschaft Saarbrücken 
wirft der Verfasser gar nicht auf, konnte sie auch mit Rücksicht auf den weiteren 
Leserkreis nicht behandeln. Dieselbe erfordert, wie noch einige andere, sehr 
eingehende Untersuchungen, die nur Fachleute interessieren können. Soviel aber 
ist als sicher anzunehmen, dass 1118 unsere Grafen erst die Burg Saarbrücken, 


aber auf einen andern 


nach der sie sich nannten, als Metzer Lehen besassen, nicht aber schon den Hof 
Völklingen und die Wälder Quierscheidt und Warndt, wie sich leicht nachweisen 
lässt. Die genannten vier Stücke bildeten als Metzer Lehen etwa von 1230 —40 
an den Hauptbestandteil der Grafschaft. Von 1460 an, nicht, wie der Verfasser 


— 400 — 


annimmt, von 1475 an, werden dieselben einzeln in den Lehensbriefen aufgeführt, 
während bis dahin in denselben nur die Rede von der Grafschaft Saarbrücken 
ist. Andere Lehen und die Allode der Grafen lagen zerstreut in der Pfalz, im 
Lothringischen und Trierischen. Auch war der Besitz derselben durch Heirathen, 
Erbschaften und Teilungen vielfachem Wechsel unterworfen. Ich will hier nur 
andeuten, dass, wenn auch nur kurze Zeit, gegen Ende des 11. Jahrhunderts 
Saargemünd, Blittersdorf, Thedingen, die Herrschaft Marimont und Lindres als 
Allode in den Händen unserer Grafen waren. Die Geschichte der Grafen des 
zweiten Saarbrücker und des Nassauischen Hauses bietet selbst dem Kenner 
weniger Anlass zu Ausstellungen, da hierbei der Verfasser sich auf noch anderes 
Material als die blossen Urkunden stützen konnte und dieselbe auch schon mehr 
bearbeitet vorfand. Fassen wir nun unser Urteil kurz zusammen, so müssen wir 
sagen, dass Ruppersberg uns hier ein Werk seliefert hat, wie wir es für alle der 
‚vielen kleinen Herrschaften unseres Landes wünschen möchten. 
Saarbrücken. Jungk. 


Joseph Levy, Geschichte der Stadt Saarunion seit ihrer Entstehung 
bis zur Gegenwart. Vorbruck-Schirmeck bei Hostetter 1898. 490 S. 


Das Werk zerfällt in 2 Hauptteile, von denen jeder mit einer grösseren 
Zahl von Beilagen ausgestattet ist: eine bürgerliche Geschichte und eine religiöse 
Geschichte ; erstere nimmt nur 98 Seiten, also etwa den vierten Teil des Werkes 
in Anspruch, eine für die wechselreiche Geschichte der Stadt sehr geringe Zahl, 
zumal noch die Hälfte nahezu mit statistisch-administrativen Notizen ausgefüllt 
ist. (S. 49—89 u. S. 95—98.) Gegen Schluss des ersten Hauptteiles (S. 90) führt 
Verfasser an, dass die Stadt Saarunion durch Dekret des National-Convents vom 
16. Juni 1794, welches die Städte Bockenheim und Neusaarwerden, letzteres gegen- 
über Bockenheim auf dem linken Saarufer gelegen, zu einem Gemeinwesen ver- 
einigte, entstanden ist. Nach dem Titel des Werkes, Geschichte der Stadt Saarunion 
seit ihrer Entstehung bis zur Gegenwart wäre daher zu erwarten gewesen, 
dass bis zum Zeitpunkt der Vereinigung die Geschichte beider Städte gegeben 
worden wäre; es wäre dies um so notwendiger gewesen, als mit dem Jahre 1527, 
dem Aussterben des zweiten Geschlechtes die Grafen von Saarwerden, ein völliges 
Auseinandergehen der Geschichte beider Städte sich anbahnt, da Bockenheim zu 
dem vom Bistum Metz lehensabhängigen, Neusaarwerden aber zum allodialen 
Besitze der genannten Grafen gehört hatte. Statt dessen giebt aber der Herr 
Verfasser nur eine Geschichte der Stadt Bockenheim. Wollten wir aber nunmehr 
auch das Werk nur als eine solche auflassen, also den Titel in gewissem Sinne 
korrigieren, so ergiebt sich auch dieses nicht als zutreffend, da die Nicht- 
berücksichtigung des einen Bestandteiles den Verfasser veranlasst hat, von dem 
genannten Unterschiede zwischen Lehen und Allod völlig abzusehen, und dadurch 
Ungenauigkeiten und Verwechslungen auch hinsichtlich Bockenheims allein sich 
auszusetzen. Schon beim Entstehen des Erbfolgestreites im Jahre 1527 wäre der 
Unterschied hervorzuheben gewesen, da die Ansprüche Lothringens doch nur 
Folge der frühern Lehensabhängigkeit von Metz gewesen waren; auch hätte 
hier betont werden müssen, dass neben Lothringen und Nassau-Saarbrücken 
noch ein dritter Bewerber in der Person des Grafen Emrich zu Leiningen-Harten- 
berg, gleichfalls infolge weiblicher Erbfolge, und also, wie Nassau-Saarbrücken, 


ae 


nur für das Allod in Betracht kommend, auftrat, da dessen Ansprüche noch bis 
ins folgende Jahrhundert hinein das Reichskammergericht, und selbst nachher 
noch den Westfälischen Friedens-Kongress beschäftigten. Eine noch folgen- 
reichere Ungenauigkeit beweist aber die gedachte Nichtherücksichtigung bei Er- 
örterung des Spruches des Reichskammergerichtes zu Speier vom 7. Juli 1629; 
denn durch dieses Urteil wurden nicht, wie (S. 30) gesagt ist, die Grafschaft Saar- 
werden, sondern nur die Metzer Lehen, nämlich Altsaarwerden, Bockenheim und 
Wiebelsweiler-Hof dem Herzoge von Lothringen, die ganze übrige Grafschaft 
jedoch den Grafen von Nassau-Saarbrücken zugesprochen. Das angeführte Mandat 
Kaiser Ferdinand IL vom 3. August 1629 (S. 35) bezieht sich daher auch nicht 
auf die rechtmässiger Weise vom Herzoge besetzt gehaltenen Orte, also nicht 
auf Bockenheim, sondern auf die unrechtmässiger Weise beanspruchte übrige 
Grafschaft, eingeschlossen Neusaarwerden. 

Hinsichtlich des westfälischen Friedens, durch welchen der gedachte Reichs- 
kammergerichts-Beschluss bestätigt wird, herrscht naturgemäss wieder die gleiche 
Unklarheit; dass »unsere Gegend« im Besitz des Herzogs blieb, war durchaus 
gerechtfertigt, nicht aber, dass der Herzog seinen natürlichen Sohn, den Grafen 
von Vaudemont, mit der ganzen Grafschaft belehnte. Die endgültige, wirklich 
durchgeführte Teilung zwischen Lothringen und Nassau-Saarbrücken in dem 
mehrgedachten Sinne erfolgte 1698 durch den Frieden zu Ryswick; sie wird im 
Werke nicht erwähnt; vielmehr wird die Zeit zwischen 1684 und 1791 völlig 
übergangen, also auch die Regierung Stanislaus-Leszvnskis über Bockenheim, und 
die im Jahre 1767 zugleich mit dem ganzen Herzogtum Lothringen erfolgte Ver- 
einigung der Stadt mit Frankreich. Statt dessen führt Verfasser die Einverlei- 
bung der übrigen Teile der Grafschaft Saarwerden durch Dekret vom 14. Februar 
1793 als auch auf Bockenheim bezüglich an, wiewohl dieses damals schon seit 
26 Jahren rechtmässig im französischen Besitze war. 

Wesentlich eingehender als die bürgerliche behandelt Verfasser die reli- 
giöse Geschichte, natürlich aber auch hier wieder bis 1794 nur Bockenheim be- 
rücksichtigend. Diese religiöse Geschichte wird in 2 Hauptteile, die Zeit vor 
dem 19. Jahrhundert und in diesem geteilt, und befasst sich in dankenswerter 
Weise auch mit dem protestantischen und israelitischen Kultus sowie mit dem 
Schulwesen; sie enthält eine Menge kirchengeschichtlich interessanter, auf um- 
fassenden Studien gedruckter und ungedruckter Quellen beruhender Einzelheiten. 
Eine völlig erschöpfende Geschichte kann aber naturgemäss durch solche nicht 
gegeben werden; wir würden im Besondern allerdings mit Rücksicht auf den 
ersten Teil, die bürgerliche Geschichte, es für zweckmässiger gehalten haben, 
wenn Verfasser seinem Werke den Titel: »Beiträge zur Geschichte der Sladi 
Saarunion« gegeben hätte; in diesem Falle würde die von anderer, allerdings 
den Kernpunkt auch durchaus übersehender Seite schon beanstandete nicht völlige 
Verarbeitung und Ausnutzung des vorgebrachten Materials weniger ins Gewicht 
fallen, die Kritik über die immerhin sehr verdienstliche und wertvolle Zu- 
sammenstellung also eine wesentlich günstigere sein können. IN. 


Pierre Boyé. Stanislas Leszcezynski et le Troisième Traité de Vienne. 
Paris, Berger-Levrault 1898. 

Nachdem wir vor einigen Jahren durch Beaumont in die Geschichte 

Lothringens unter Herzog Leopold eingeführt wurden, liegt uns jetzt ein sehr 


26 


2, 


umfangreiches Werk über den letzten Herzog von Lothringen und Bar, den ehe- 
malisen Polenkönig Stanislaus Leszezynski vor. 


An der Hand zahlreicher Briefe und mit Benutzung teilweise noch nicht 
herausgegebener Archivalien (Wiener Staatsarchiv) sowie der einschlägigen Lite- 
ratur schildert Bové bis ins Kleinste die Geschicke Stanislaus’ und die Wechsel- 
wirkung äusserer Umstände und innerer Eigenschaften, die für die Gestaltung 
seines Lebens und Wirkens massgebend waren. Die überschwenglichen Lobes- 
erhebungen, mit denen die Nachwelt den oft vom Unglück: verfolgten, öfter aber 
vielleicht noch vom Glück begünstigten Schwiegervater Ludwig XV. überhäufte 
(Stanislas le bienfaisant) weist der Verfasser entschieden zurück. Er zeigt viel- 
mehr, dass Stanislaus ein Mann von mittelmässiger Begabung und mit schwan- 
kendem Charakter war, der als ehemaliger Günstling Karls XII. von masslosem 
Ehrgeiz getrieben, immer im richtigen Moment einflussreiche Persönlichkeiten für 
sich zu interessieren verstand und dadurch die Erfüllung eines grossen Teiles 
seiner oft recht ungerechtfertigten Wünsche erreichte. 


Das Buch geht über die Jugendzeit Stanıslaus’ rasch hinweg und beginnt 
erst mit einer eingehenden Schilderung der Verhältnisse nach dem Sturze und 
Tode Karls XIL Damals wurde der Verbannte aus seiner bedrängten Lage nur 
durch die Laune der Mme de Prie, der Maitresse des Herzog-Regenten von Frank- 
reich gerettet, welche die Verheiratung seiner Tochter an Ludwig XV. durch- 
zusetzen wusste. Nachdem nun Stanislaus wieder Verbindung mit Persönlichkeiten 
sefunden hatte, an die er sich anklammern konnte, beginnen seine Bemühungen, 
die Krone Polens zurück zu erlangen und dauernd in seinem Besitz zu erhalten. 
Während des polnischen Erbfolgekrieges wird uns meisterhaft die zögernde, 
oft gewissenlose Politik des allmächtigen Kardinals Fleury geschildert, der am 
Schlusse der unendlich langwierigen Friedensunterhandlungen mit dem Kaiser die 
Abtretung der Herzogtümer Lothringen und Bar für Stanislaus erreicht. 


Auch jetzt noch hofft Stanislaus, der eigentlich wenig Interesse für seine 
neuen Besitzungen zeigt, auf seine endliche Rückkehr nach Polen. Hr: 


Robert Parisot. Le royaume de Lorraine sous les Carolingiens (843—923). 
Avec deux cartes. Paris 1899. XXXI u. 820 S. gr. 80. 


Das umfangreiche Buch giebt uns, unter Beschränkung auf die politischen 
Verhältnisse, eine ausführliche Geschichte des karolingischen Lothringens. Die 
Art der Behandlung des Stoffes lässt erkennen, dass dem Verfasser die Jahrbücher 
der Deutschen Geschichte als Muster gegolten haben. So bietet denn sein Werk 
für das karolingische Mittelreich Lothringen das Gegenstück von Dümmler’s 
Geschichte des ostfränkischen Reiches. Ja beide Werke behandeln bei den innigen 
Wechselbeziehungen der karolingischen Teilreiche, insbesondere des ostfränkischen 
und des lothringischen, denselben Gegenstand, nur dass für Parisot die lothringischen 
Verhältnisse, für Dümmler die ostfränkischen die Perspective abgegeben haben. 
Dieser lothringische Standpunkt des Verfassers bildet denn auch eine wesent- 
liche Eigenschaft des Buches. Nicht zum Mindesten liegen in ihm die Vorzüge des 
Werkes begründet. Wesentlich dieser Standpunkt und ein warmes Empfinden für sein 


= sa a 


Lothringen und seine lothringischen Landsleute haben den Verfasser befähigt, ge- 
wisse Verhältnisse des karolingischen Lothringens in entsprechender Weise zu wür- 
digen. In richtiger Erkenntnis der Dinge stellt sich bei ihm, wie bisher sonst nirgends 
das lothringische Mittelreich als das Hauptland der karolingischen Monarchie dar. 
Durchaus zutreffend ist seine Würdigung des Vertrages von Meersen, durch den 
das Reich Lothars II. ohne Rücksicht auf die Sprachgrenze und teilweise selbst 
ohne Rücksicht auf Bistums- ja sogar Grafschaftsgrenzen zwischen Ost- und West- 
franken hälftig aufgeteilt wurde. Auch sonst hat sein Buch der früheren Forschung 
gegenüber wesentliche Fortschritte aufzuweisen. Die verschiedenen, zeitlich oft 
schwer auseinanderzuhaltenden Normanneneinfälle erfahren eine ins Einzelne ge- 
hende Behandlung, wie denselben unseres Wissens bisher nirgends sonst eine 
ähnlich genaue zu teil geworden ist. Sehr grosse Verdienste sodann hat sich der 
Verfasser um die politische Geographie des karolingischen Mittelreiches erworben, 
wobei ihm sein umfassendes Studium der Urkunden und das Heranziehen der 
Münzen sehr zu statten kamen. Die Geschichtsforschung hat somit allen Grund, 
das Erscheinen des Parisot’schen Buches mit Freuden zu begrüssen. Dürfte es 
doch nunmehr bei dem derzeitigen Stand der Quellen, die der Verfasser trotz 
umfassender archivalischer Nachforschungen nach eigenem Geständnis (S. XIV) 
nur um Weniges und Unwesentliches zu bereichern vermochte, in der politischen 
Geschichte des karolingischen Lothringens kaum noch Fragen geben, die hier 
nicht gelöst oder doch in ihrer Lösungsmöglichkeit umgrenzt sind. ABEER 


Die Beziehungen der Herzöge von Lothringen zum deutschen Reiche 
im 13. Jahrhundert mit Berücksichtigung der übrigen loth- 
ringischen Gewalten. Von Bruno Gumlich. Halle 1898. 81 S. 


Der Verfasser hat mit grossem Fleiss alle Nachrichten gesammelt, die 
über die deutschlothringischen politischen Beziehungen im 13. Jahrhundert vor- 
handen sind und hat es auch nicht gescheut, vielfach archivalisches Material 
heranzuziehen. So bietet uns seine Schrift eine dankenswerte Ergänzung zu den 
französischen Werken (die deutschen sind nicht nennenswert), die wir über die 
lothringische Geschichte dieser Zeit besitzen; denn diese haben unbewusst oder 
auch absichtlich gerade die deutschen Beziehungen Lothringens möglichst bei 
Seite gelassen. 

Es wäre vielleicht wünschenswert gewesen, wenn Gumlich einen weniger 
langen Zeitraum bearbeitet hätte, dafür dann aber auf die allgemein- und inner- 
politischen Fragen, von denen naturgemäss die jeweilige Gestaltung der deutschen 
Beziehungen abhängen musste, mehr eingegangen wäre. m. 


Der sechste Band des Strassburger Urkundenbuchs, das in Bearbeitung von 
Dr. Johannes Fritz im Trübnerschen Verlag zu Strassburg 1899 erschienen ist, 
enthält eine Reihe von Urkunden und Namen, die auch für die Geschichte von 
Lothringen und Metz in Betracht kommen. 

Die Stadt Metz steht noch in freundschaftlichen Beziehungen zu Strassburg ; 
sie schiekt dorthin Kundschaft über kriegerische Gefahren, die sich in Lothringen 


20* 


ll: 


zusammenziehen und erhält andererseits ein Hilfegesuch von Strassburg zum 
Beistand gegen den Strassburger Bischof. Interessant ist vor allem, dass Strass- 
burg die Aufnahme von Metz in den Rheinischen Städtebund betreibt; zum 
wirklichen Beitritt ist es jedoch nicht gekommen. Dagegen hat Saarburg 1388 
ein enges Bündnis mit Strassburg auf 10 Jahre geschlossen und dasselbe wiederholt 
verlängert. Wenn es zunächst auffällt, dass bei einem Defensivbündnis der Einsatz des 
mächtigen Strassburg der kleinen lothringischen Stadt gegenüber zu ungleich ist, 
so erklärt sich doch Strassburgs Verhalten aus dem Wunsche, sich mit der Freund- 
schaft Saarburgs den wichtigen Übergang über die Vogesen zu sichern. Auch 
sonst werden zahlreiche Korrespondenzen zwischen den beiden Städten mitgeteilt, 
die auf das deutlichste bekunden, wie Saarburgs Beziehungen durchaus nach dem 
stammesgleichen Elsass gehen. Auch die Beziehungen zum Herzogtum Lothringen, 
die allerdings meist feindlicher Art sind, desgleichen zur Grafschaft Saarwerden, 
zu den Herrn von Rixingen u. a. werden vielfach gestreift. W. 


Joseph Knepper, Nationaler Gedanke und Kaiseridee bei den Elsässer 
Humanisten. Ein Beitrag zur Geschichte des Deutschtums und der poli- 
tischen Ideen im Reichslande. (Erläuterungen und Ergänzungen zu Janssens 
Geschichte des deutschen Volkes, herausgegeben von Ludwig Pastor. I. Band, 
2. u. 3. Heft; Freiburg 1. B. Herder 1898.) 

Im Allgemeinen ist man gewohnt, in den Humanisten des 15. und 16. 
Jahrhunderts nur begeisterte Schwärmer des Altertums, Bewunderer der Griechen 
und Römer zu erblicken, die auf ihre eigene 7 it, auf deutsche Sprache und Sitte 
mit Verachtung herabsahen. Um so mehr ist es daher zu begrüssen, dass der 
Verfasser des obigen Buches uns ein anderes Bild vorführt. Er will, wie er selbst 
sagt, eine der eigenartigsten und wohlthuendsten Erscheinungen der humanistischen 
Bewegung des Elsasses einem grösseren Kreise von Gebildeten näher bringen, 
und diesen seinen Zweck hat er völlig erreicht. Er führt uns »eine Schaar wackerer 
Männer vor, die in einer trüben, bangen Zeit das Panier des Deutschtums im Elsass 
hochgehalten, die für den nationalen Gedanken mutig und unverzagt gekämpft 
haben mit allen ihnen zu Gebote stehenden Waffen«, und wir können ihm nur 
völlig beipflichten, wenn er sagt, dass diese Männer einen berechtigten Anspruch 
darauf haben, noch jetzt von jedem gebildeten Deutschen beachtet und gewürdigt 
zu werden. 

Die Schlettstädter Humanisten (im weitesten Sinne Germanen), ein Jacob 
Wimpfeling, Thomas Wolf, Thomas Murner, Hieronymus Gebwiler, Beatus Rhe- 
nanus, Jacob Spiegel u. a. nehmen einen besonderen Ehrenplatz in der Geschichte 
der deutschen Wissenschaft ein, und was uns diese Leute besonders interessant 
macht, ist die glühende Begeisterung für deutsches Wesen, die rührende Vater- 
landsliebe, die sich in ihren Worten ausspricht; sie sind die wahren Verfechter 
des Deutschtums in einer Zeit, die nicht zu den glänzendsten unserer Geschichte 
gehört, und in einem Lande, das leider heut zu Tage verschiedentlich anderen 
Ansichten huldigt. Schon damals schielte Frankreich nach der Rheingrenze, und 
die Furcht, von dem westlichen Nachbarn vom Reiche losgerissen zu werden, 
war nicht ganz unberechtigt, wie die späteren Ereignisse bewiesen haben. So 
griffen denn die elsässischen Humanisten zur Feder, um ihr gutes Recht, ihr 
Deutschtum zu verteidigen und den welschen Gelüsten entgegen zu treten. 


— 405° — 


Der Verfasser hat es sich nun zur Aufgabe gemacht, den nationalen Ge- 
danken und die Kaiseridee bei den elsässischen Humanisten uns vorzuführen und 
hat damit ein Thema berührt, das noch einer weiteren und tieferen Bearbeitung 
wert wäre. Er selbst bietet uns mehr eine Stoffsammlung, indem er aus den 
Schriften der Humanisten auszieht, was sich über Vaterland, Kaisertum u. a. bei 
ihnen findet, ohne es genauer zu zergliedern und auf seine (Quellen zurückzuführen. 
Und doch wäre es wohl gerade hier am Platze gewesen, auf die Beweggründe 
näher einzugehen und zu zeigen, wie die Liebe zur heimischen Scholle, die stets 
bei den Elsässern hoch entwickelt war, die natürliche Abneigung gegen welsches 
Wesen und Sprache, und die Furcht, gewaltsam dem deutschen Reiche ent- 
fremdet zu werden, auf sie eingewirkt. Gewiss waren sie gute Deutsche, aber in 
erster Linie doch elsässische Partikularisten, die bei einer Angliederung an Frank- 
reich für ihr eigenes Volkstum fürchten mussten; auf diesen Punkt hätte meines 
Erachtens der Verfasser grösseren Nachdruck legen sollen. Zu bedenken ist 
ferner, dass fast sämtliche Humanisten sich der phrasenreichen. übertreibenden 
lateinischen Sprache bedienten, und so mag manches in ihren Schriften, wie die 
widerlichen Lobhudeleien Maximilians, die Vergleiche dieses doch nur höchst 
mittelmässigen Herrschers mit den grössten Helden des klassischen Alter- 
tums und der deutschen Vorzeit, dem ciceronianischen Latein zuzuschreiben 
sein, ohne dass wir deshalb den Schriftstellern gleich feilen Byzantinismus vor- 
zuwerfen hätten. 


Doch der Verfasser des überaus fleissig gearbeiteten und lehrreichen Buches 
hat es selbst nicht beabsichtigt, sein Thema systematisch zu ordnen und zu zer- 
gliedern. Ihm kommt es eben nur darauf an, einen Beitrag zur Geschichte des 
Deutschtums und der politischen Ideen im Reichslande zu liefern, auf dessen 
Ergebnissen andere weiter bauen können, und diesen Zweck erfüllt das Buch 
völlig. Die bedeutendsten und wichtigsten Stellen aus den Werken der elsässischen 
Humanisten hebt er heraus, soweit sie Deutschtum und Kaisertum betreffen. Er lässt 
eben seine Quellen reden, ohne sich selbst mit seinen eigenen Gedanken und 
Ansichten vorzudrängen, und dadurch erhält das Werk eine gewisse natürliche 
Frische, wenn auch die Einheit des Stils darunter leiden muss. Möge der Ver- 
fasser uns bald mit einem grösseren systematischen Werke über das Deutschtum 
der elsässischen Humanisten beschenken! 

Wenngleich nun diese in erster Linie auf ihr engeres Vaterland Bezug 
nehmen, das Elsass stets im Vordergrund der Betrachtung steht, so wird doch 
auch Lothringen nicht ganz vergessen. Gebwiler vor allen sucht lang und breit 
zu beweisen, dass letzteres ein echt deutsches Land sei. Er untersucht deshalb 
die wechselnden Geschicke unserer Heimat von den Zeiten Ludwigs des Frommen 
und Lothars an und hebt immer wieder hervor, dass Lothringen dem deutschen 
Reiche gehöre und keinem andern. Er erinnert ausdrücklich an die kaiserliche 
Jurisdiktion über Metz, Toul und Verdun, betont, dass die Metzer noch immer 
jährliche Abgaben an die kaiserliche Kasse zahlen und dass Kaiser Karl IV. nicht 
nur in Metz die goldene Bulle erlassen, sondern auch dort die (Grafschaft Bar 
zur Markgrafschaft erhoben habe. — Möge das Werk vor allen in Elsass-Lothringen 
fleissig gelesen werden und dazu beitragen, dass der deutsche Gedanke wieder bei 
uns so lebendig werde, als bei den alten elsässischen Humanisten. Grimme, 


— 406 — 


Die Geschichte der Alamannen als Gaugeschichte« von Julius Cramer. 
Breslau 1899. Heft 57 der Untersuchungen zur deutschen Staats- und 
Rechtsgeschichte (Herausgeber Dr. Gierke, Berlin). 


Der Verfasser beabsichtigt, wie der Titel sagt, eine Geschichte der Aus- 
breitung nicht nur des ganzen Alamannenvolkes, sondern auch der Bildung und 
territorialen Veränderungen der einzelnen Gaue von den Zeiten der ersten Nieder- 
lassung der Alamannen im Süden an zu geben. Mit grossem Fleisse hat er dabei 
die alte und neue einschlägige Litteratur durchforscht und verarbeitet. 

Sehr ausführliche Auszüge aus Ammianus Marcellinus, Procop und anderen 
alten Autoren dürften besonders den Geschichtsfreund erfreuen: dem Historiker 
bringen sie natürlich nichts Neues, abgesehen davon, dass bisweilen eine Quelle 
mit der anderen verglichen, eine durch die andere erläutert oder ergänzt wird. 

Ob die_so ausführlichen Schilderungen von Schlachten, wie die bei Strass- 
burg (357) und andere, in einer Arbeit, wie die vorliegende, notwendig. waren, 
darüber wird man verschieden urteilen, je nachdem man die Bezeichnung »Ge- 
schichte der Alamannen« sich eben zurecht legt. Soviel geht eben doch aus dem 
Ganzen hervor, dass weniger eine politische als eine Siedelungs-Geschichte beabsich- 
tigt war. In diesem Sinne wird denn auch das allmähliche Fortschreiten der ala- 
mannischen und juthungischen Niederlassungen, namentlich auch auf dem linken 
Rheinufer, an der Hand der Quellen, soweit diese zureichen, beschrieben, auch 
die Grenze zwischen Alamannen im engeren Sinne und Juthungen-Schwaben zu 
ziehen versucht. 

Wo die (Quellen uns im Stiche lassen, sucht der Verfasser dieselben zu er- 
gänzen, indem er hilfsweise andere »Urkunden« zu Rate zieht, nämlich die 
Ortsnamen. Darin hat er nun gewiss an sich sehr recht gethan. Die Ortsnamen sind 
ohne Zweifel eines der geeignetsten Mittel, solche Lücken nach Möglichkeit auszu- 
füllen. Leider hat es aber der Verfasser mit recht zweifelhaftem Nutzen für seine 
Untersuchung angewandt. Auf Grund der Ortsnamen nimmt der Verfasser an, 
dass die Alamannen colonisierend Lothringen in der Gegend der Saar und Mosel, 
ferner Luxemburg, ja Limburg bis in die Gegend von Mastricht, besetzt haben, 
dass sie in der ganzen Rheinprovinz bis Jülich und Köln sassen, »zerstreut, 
zwischen Maas und Mosel mit ripuarischen, zwischen Mosel und Rhein mit 
chattischen Franken«. (S. 188. 252.) 

Und worauf gründet sich diese Ansicht von einer so ungeheuren Ausdehnung 
alamannischer Siedlungen und von einem innerlich so ganz unwahrscheinlichen 
Durcheinanderwohnen von Alamannen und Franken, nicht in abhängiger, sondern 
in gleichberechtigter Stellung ? 

Hier ist die Molivierung: »Arnold erklärt für alamannisch die Endungen 
ingen, weiler, hofen, ach, brunn, beuren, stätten; für fränkisch heim, bach, 
dorf, hausen, scheid« (S. 249). Esist wahr, so schrieb Arnold vor fünf und zwanzig 
Jahren, (vgl. Ansiedlungen und Wanderungen deutscher Stämme, Marburg 1875), und 
er sagtnoch: die ingen sind minder entscheidend, weil sie den Alamannen nicht 
ausschliesslich eigen sind; dagegen ist weiler untrüglich, weil es bei 
keinem andern deutschen Stamm vorkommt, bei Alamannen aber unendlich oft. 
Nun müsste es doch an und für sich schon bedenklich erscheinen, nach so langer 
Zeitohne Weiteres auf der Aufstellung emesGelehrten, selbst vom Rule Arnolds, weiter- 
zubauen, Bei einiger Prüfung hätte aber der Verfasser gefunden, dass das untrüg- 


— Fl 


liche weiler längst von Gröber und andern Romanisten als ächt romanisch betrachtet 
wird. Heyne in seinem Wörterbuch der deutschen Sprache schreibt einfach: 
weiler kommt von romanisch villare ; dasselbe sagt Kluge in seinem ethymologischen 
Wörterbuch Damit erklärt sich die Begrenzung des Vorkommens von weiler im 
Allgemeinen diesseits des limes, namentlich auch in der Rheinprovinz, ungezwungen 
ohne alamannische Einwirkung, die ja doch für alle villers und villare nicht 
angenommen werden kann; und damit war dann gegen die »ingen« die von 
Arnold selbst nahegelegte Vorsicht geboten. 

Aber der Verfasser wusste auch, dass neuerdings mit ziemlichem Erfolg 
in die Arnold’schen Theorien Bresche gelegt worden war, er kannte ja Wellers 
Schrift »Die Besiedlung des Alamannenlandes«, Stuttgart 1898, ebenso auch 
Schiber, »Die fränkischen und alamannischen Siedlungen in Gallien ete.,« Strass- 
burg 1894. Das gruppenweise Auftreten der heim, das der Verfasser betont (S. 253), 
das Fehlen des alamannischen ingen im Stammlande am rechten Rheinufer, die 
Erklärung, dass die ingen, wenn vorhanden, so vor dem fränkischen heim ver- 
schwinden mussten (u. a. b. S. 254), das Alles konnte der Verfasser in letzterer 
Arbeit erörtert finden und es ist schwer zu erklären, warum er über diese Unter- 
suchung, die er anführt, ohne einen Versuch der Widerlegung hinweggeht, wenn 
man nicht annimmt, dass er die beiden flüchtig erwähnten Arbeiten von Schiber 
und Witte erst etwas spät, nachdem das Buch schon ziemlich fertig war, kennen 
lernte, so dass sie ihm höchstens das Konzept zu stören drohten, und er nun 
allenfalls das daraus verwertete, was in seimschon abgeschlossenes System passte. 


Aber abgesehen davon, die Landeskunde schwäbisch-alamannischer Gegenden 
musste ihm doch schon einiges Misstrauen gegen die unbedingte Richtigkeit der 
Arnold’schen Sätze erregen. Wenn hausen fränkisch ist, wie kommt es, dass diese 
Endung über das ganze Baden ziemlich gleichmässig verteilt, im Süden (besonders 
bei Ueberlingen) häufiger ist, als im fränkischen Teile; dass Thurgau und ein 
Teil von Zürich so zahlreiche hausen und ersterer fast keine hofen aufweisen? 


Ebenso ist das »fränkische« bach über Baden vollkommen gleichmässig 
verteilt, natürlich ist es als ein »Ortsname der Was:erscheiden< in gebirgigen 
Gegenden am häufigsten. Auch das »fränkische< dorf hätte der Verfasser am 
häufigsten in der Nähe des Bodensees gefunden und bei näherem Nachforschen 
dann ermitteln können, dass es für den in und nach der Karolingerzeit germanisierten 
Osten so recht charakteristisch ist, im alten Salier-Lande aber fast ganz fehlt. 


Indessen, solche Untersuchungen lagen dem Verfasser ferne, wie denn die 
»Ortsnamenforschung«,resp. dieWürdigung der Ergebnisse derselben seine schwächste 
Seite zu sein scheinen. Dies erhellt aus seiner, an längst verschwundene Zeiten ge- 
mahnenden Art und Weise, aus den Ortsnamen überall! das Vorkommen der ihn beson- 
ders interessierenden Stämme herauszulesen. Da lag in der Gegend von Besançon 
zur Merowinger Zeit in den Bergen ein Bezirk »Seudingum«. Der Verfasser sieht da 
nun Alamannen (S. 203) wohl ohne zwingenden Grund. Denn die Gegend wurde 
jedenfalls sehr bald Gebiet der Burgunder, und auch sie haben zahlreiche O.-N. 
auf ingen hinterlassen (schon Gröber wies darauf hin). Seudilio aber ist der Name 
eines Burgunders, dessen Grabstein (v. 487) zu Briord gefunden wurde. (Binding, 
Geschichte des burg.-roman. Königreichs S. 397.) Es lag mir daran, dies hervor- 
zuheben — ein Vorwurf soll dem Herrn Verfasser aus seiner abweichenden An- 
sicht natürlich nicht gemacht werden, 


Ba 


Anders liegt die Sache schon, wenn er S. 243 Schwabing bei München als 
eine suevische Siedlung betrachtet, Riezler, glaub ich, und andere verweisen schon 
auf den Personennamen Suabo, dessen Koseform Suabilo augenscheinlich in 
Schwablishausen und Schwabelwies steckt. Dennoch wird auch letzteres (bei 
Regensburg) samt 5 anderen Ortsnamen aus der Oberpfalz, werden ferner 
Schwabmünchen, Schwabelsberg, Schwab-Ecg, Schwabmühlhausen aus der bair. 
Provinz Schwaben, wo doch alles voll Suaven war und daher die Bezeichnung 
»schwäbisch« ganz unpractisch wäre, als Orte herangezogen, deren Namen eine 
»Schwabensiedlung« bezeichnen. Ja der Verfasser schreckt nicht davor zurück, 
ähnlich benannte Orte in Coburg-Gotha, Weimar-Eisenach, Hessen, Sachsen, 
Preussen und Mecklenburg-Schwerin als beweiskräftig für schwäbische Siedlung, 
wie es wenigstens den Anschein hat, heranzuziehen. Vergl. S. 244. Aber noch 
bedenklicher ist die Methode, nach der der Verfasser allenthalben Reste von 
Lentiensischen Colonien entdeckt. Lentenach = Lentieny im Canton Freiburg, 
dessen deutsche und romanische Form sofort den alten gallo-römischen Orts- 
namen — Personennamen mit angehängtem acum -— zeigt (wahrscheinlich Lun- 
diniacum, man müsste aber die älteste urkundliche Form prüfen können) ist 
ihm eine lentiensische Siedlung, ebenso Lens, deutsch Leis im Wallis, und 
die Lenzerhaide hinter Chur hat ihren Namen von demselben Volksstamm. 
(S. 209.) Aber noch mehr: Der Lenzweilerhof bei Forbach, Linzersmatt bei Geb- 
weiler, Lenzen bei Altötting, die Lenzenmühle bei Rosenheim (Alt-Bavern), Lenzen- 
haus, Lenzenbrunn, Lenzenmühle in Mittel-, Unter- und Oberfranken werden ohne 
Bedenken als Orte »lenzischen Namens« bezeichnet. Warum nicht auch Lenzen- 
hof bei Riga? Sieht der Verfasser nicht, dass er zuviel beweist ? 

Ist nicht Lanzo ein bekannter germanischer Personenname, der sich zu 
Landfried, Landolt etc. verhält, wie Gunzo zu Gunomar, Guntobald ete. Die 
bair. Orte Lenzmünle und ähnliche dürften sogar von dem bekannten bair. 
»Lenz«, »Lenzl« für Lorenz herkommen — nun, es sind eben die verschiedensten 
Ableitungen für alle citierten Orte denkbar, die von Fall zu Fall zu erörtern 
wären, nur meistens nicht die von Lentienses, am wenigsten mit dem Anspruch 
auf sichere Ableitung, die nur allenfalls für Lenzburg und namentlich für Linz 
bei Pfullendorf zutreffen dürfte. Es ist mir leid, diese Ausstellungen an einer 
so fleissigen und gewiss nicht unverdienstlichen Arbeit hervorheben zu müssen, 
aber unwidersprochen sind solche Leistungen zu sehr geeignet, entweder den 
Leser mit falschen Vorstellungen zu erfüllen oder aber die Ortsnamenforschung 
zu discreditieren. 

Im Uebrigen wird ja die Arbeit von vielen mit Interesse und Nutzen ge- 
lesen werden, da das Meiste durchaus nicht auf toponomastische Untersuchung 
begründet ist. ch. 


Karl Weller »Besiedlung des Alamannen-Landes«, Sonderabdruck aus den 
Württembergischen Vierteljahrsheften für Landesgeschichte, Neue Folge VIT. 


Der kurze Raum von 50 Seiten genügt dem Verfasser, eine treffliche 
sedrängte Uebersicht über den neuesten Stand der Siedlungsgeschichte zu geben. 
Im Allgemeinen scheint er von den sich bekämpfenden Ansichten mit gutem Blicke 


— 409 — 


die empfehlenswertere »probableres herausgegriffen zu haben, in anderen Fällen 
verhält er sich vorsichtig referierend, und überlässt dem Leser, in den angezogenen 
Büchern sich des Näheren zu unterrichten, so z. B. hinsichtlich des Widerspruches, 
den die Ansicht Maurers über die urgermanischen Markgenossenschaften von 
‘englischer und französischer Seite erfahren hat. 


Der Ansicht ist aber auch der Verfasser, dass die ältesten Ansiedlungen der 
Alamannen im Zehntland einen genossenschaftlichen Charakter hatten, dass die 
Ansiedlungen der Stämme nach Gauen und Untergauen (Hundertschafter) und zu- 
letzt nach Sippen erfolgten, entsprechend der Heeresverfassung des streitbaren 
kolonisierenden Stammes; in dieser Hinsicht folgt der Verfasser rückhaltslos den 
Bahnen, die ich in meiner Untersuchung über »fränkische und alamannische Sied- 
lungen in Gallien« eingeschlagen habe. Auch darin stimmt er mit dieser Arbeit 
überein, dass die Ortsnamen auf ingen der Ausdruck dieser Sippensiedlungen 
und keineswegs als charakteristisch für alamannische Siedlungen anzusehen sind; 
dass ein Vordringen von Alamannen in die Gegend von Jülich oder Köln nur auf 
einem Raub- oder Heereszug denkbar sei, dass die Sippensiedlungen sich auch 
bei andern als alemann. Völkern, so bei Franken, Longobarden, in Brittanien 
durch Gründung von Ortsnamen dieser Bildung kennzeichnet. 


Dagegen ist der Verfasser, der namentlich auch die wirthschaftsgeschicht- 
lichen Arbeiten mit sorgsamen Blicke verfolgt hat, der Meinung, dass die Orts- 
namen auf heim von denen auf ingen nicht zu unterscheiden, namentlich nicht 
als Herrensiedlungen aufzufassen seien. 


Seine Begründung dieses Widerspruchs gegen die betreffenden Ansichten 
des oben zitierten Buches ist zum Teil wenig beweisend, wir meinen besonders 
den Hinweis auf die Form ingheim. Schon Förstemann zweifelte, ob ingaheim 
die Siedlung der ingen, einer Sippe, oder die Siedluug eines Einzelnen bedeute, 
wobei statt des Genitivs die adjektivische Form ing dem Personennamen ange- 
hängt wurde. 

Er hat sich für die letztere Alternative entschieden. In manchen Fällen, 
vielleicht in vielen, ist diese Annahme sicher richtig. In einzelnen Fällen liefert 
Förstemann den überzeugenden Beweis, dass der Name nie diese Deutung zu- 
lasse. Immerhin mag in vielen andern Fällen inga die Bedeutung eines Gen. 
pluralis haben. 

Eine dritte Möglichkeit bleibt bestehen — es könnte ja, wenn heim nicht dorf, 
sondern unbedingt Dorf leibeigenen Bauern bedeutete, wie wenigstens Seebohm 
behauptet, auch ein ingen das in Unfreiheit gerieth, und «das geschah früh und 
ausserordentlich häufig in gewissen Gegenden, ingaheim geheissen worden sein, 
wenigstens in den Urkunden. In der That heissen manche Orte in Südwest- 
deutschland, die urkundlich ingaheim, incheim lauten, jetzt wieder (?) ingen 
schlechtwesg. 

Der Versuch Wellers, die »heim« in Baden und Elsass als Gründungen wirt- 
schaftlich fortgeschrittener Alamannen zu deuten (a. a. 0. S. 32. 33) ist auch 
nicht sehr glücklich, denn die Besiedlung Helvetiens, wo ingen vorherrscht, geschah 
ja viel später als die der rechtsrheinischen Rheinebene. 


Bezüglich der weiler vertritt Weller die jetzt vorherrschende Ansicht roma- 
nischen Ursprungs, wenigstens des Wortes, und da er die Alamannentheorie für 


ee 


den deutschen N.-W. verwirft, so hat er keinen Anlass jene weiler der Rhein- 
provinz den Alamannen zuzusprechen. Auch die Spuren dichterer romanischer 
Bevölkerung am Bodensee werden gestreift; nur die Schweiz, namentlich die 
(Grenzen der alamannischen und burgundischen Siedlung dorten, scheint mir zu 
wenig berücksichtigt. Jedenfalls kann die kleine Schrift, die so vieles Wichtige 
und Ansprechende in knapper, aber klarer Sprache enthält, Freunden der Sied- 
lungsgeschichte nur bestens empfohlen werden. Sch. 


Emil Erbrich, Lieder aus dem Metzer Lande. Französische Volkslieder ver- 
deutscht. Metz, Even. 1893. 


— Metzer Bilder und Lieder. Metz, Scriba. 1899. 


Ueber den poetischen Wert beider Sammlungen ein Urteil zu fällen, ist 
hier nicht unsere Aufgabe, und wir können um so eher darauf verzichten, als 
alle Kundigen längst darüber einig sind. Wenn wir dennoch die Bändchen einer 
Besprechung unterziehen, so reizt uns besonders der Inhalt, der für uns von 
grossem Interesse ist. Gerade heute, wo man mit Vorliebe die Kulturgeschichte 
behandelt, wo man den Pulsschlag des Volkes zu fühlen sucht, auf Sitten und Gebräuche 
ein so grosses (Gewicht legt, ist es sicherlich ein nur lebhaft zu begrüssendes 
Unternehmen, auch den Klängen des Volkslieds zu lauschen, um so mehr in 
unseren Gegenden, die Jahrhunderte lang dem Deutschtum entfremdet waren und 
stets dem französischen Sprachgebiete angehört haben. — Erbrich bietet uns in 
seinen »Liedern aus dem Metzer Lande« eine freie Uebertragung und Nach- 
bildung altlothringischer Volkslieder, die in den 60er Jahren im Auftrage der 
französischen Regierung gesammelt und vom Comte de Puymaigre herausgegeben 
wurden. Das Werk ist nicht nur selten geworden, sondern auch dem grossen 
Publikum ziemlich unverständlich, da ein Teil der Lieder im Metzer Dialekt ab- 
gefasst ist. Um so lebhafter ist Erbrichs Werkchen zu begrüssen, das uns einen 
tiefen Blick thun lässt in die lothringische Volksseele. Und merkwürdig: wie viel 
deutsches Sinnen und Minnen, Fühlen und Denken klingt uns aus diesen Liedern 
entgegen; ist es doch, als schlügen die Laute des deutschen Volksliedes an unser 
Ohr, wenn wir lesen von Scheiden und Meiden und Wiedersehn, von ewiger 
Liebe oder Untreue u. s. w. Bietet nicht das Gedicht »Treue Liebes den gleichen 
Inhalt als das deutsche von den zwei Königskindern, die einander so lieb hatten ? 
Wie muten uns nicht die Wanderlieder an! Das ist echt deutsches Fühlen, und 
diese Gedichte zeigen besser, als dickleibige Geschichtswerke, wie sehr auch auf 
die französisch sprechende Bevölkerung Lothringens das Deutschtum eingewirkt 
hat und dass diese Wirkung noch angedauert hat, selbst als die politische Zu- 
sehörigkeil zum Deutschen Reiche längst der Geschichte angehörte. Besonders 
interessant sind die sogenannten Trimazos oder Mailieder, die dem Metzer Lande 
eigentümlich waren; um so mehr ist es zu bedauern, dass sie jetzt fast völlig 
verschwunden sind. 


Haben nun die Lieder aus dem Metzer Lande vor allem kulturgeschicht- 
lichen Wert, so liegt der Schwerpunkt der »Metzer Bilder und Lieder« mehr auf 


— 411 — 


dem Gebiete der eigentlichen Geschichte. Die Absicht des Dichters war, hervor- 
ragende Freignisse aus der wechselvollen Vergangenheit des Metzer Landes 
poetisch darzustellen, und so führt er uns denn mit sicherer Hand durch eine 
Reihe von Jahrhunderten. Wir sehen den hehren Glaubensboten St. Clemens auf 
der Höhe von Dornot im Gebete, lernen die Gräuel der Normannenzüge kennen, 
bewundern die Nächstenliebe des Bischofs Peter und freuen uns über das schöne 
poetische Denkmal, welches Erbrich dem biedern, schlichten Bäcker Harelle ge- 
setzt hat, um so mehr, als die Inschrift am Römerthor, die einst seine That ver- 
kündete, leider der Thorerbreiterung zum Opfer gefallen ist. Aber nicht nur im 
das graue Altertum und Mittelalter versetzt uns der Dichter, auch die Geschichte 
der Stadt Metz in neuerer Zeit hat er nicht vergessen. Der Besuch unseres 
Heldenkaisers im Mai 1877, die Eröffnung des Wilhelm-Viktoriastifts in Kurzel, 
die Gedenktage der grossen Schlachten um Metz, sie werden besungen und ver- 
herrlicht. Dass auch in dieser Sammlung einige Trimazos als speziell Metzer 
Landesgesänge Aufnahme gefunden haben, ist nur zu loben. So bietet uns also 
das Werk im dichterischen Gewande eine willkommene Ergänzung und Be- 
reicherung der historischen Schriften über Metz und Umgegend, und wir wollen 
wünschen, dass es von allen Freunden vaterländischer Geschichte nicht nur ge- 
schätzt, sondern auch eifrig gelesen werde. Grimme, 


2. 


BERIELER 
über die Thätigkeit der Gesellschaft für lothringische Geschichte und 
Altertumskunde 
vom 1. April 1899 bis 1. April 19001). 


Geschenke 
erhielt die Gesellschaft vom 1. April 1898 bis 1. April 1900 von 
nachfolgend genannten Herren: 

Direktor a. D. Box, Fortsetzung seines Werkes: »Le pays de la Sarre«. 

Dr. wen. Ersst als Vorsitzender des Aufsichtsrats der Aktienbrauerei 

S. NıcoLAus zu Niederjeutz (S. 374, 378). 

Baurat KeLLer in Metz (S. 374). 

Rentner SCHLossEr in Drulingen (S. 375). 

Apotheker SzaArransky in Metz (S. 375). 

Notar WELTER in Lörchingen (S. 377). 

Kreisbauinspektor Rverr in Chäteau-Salins (S. 377). 

Pfarrer Cozeus in Altrip (S. 377). 

Symphorian WELTER in Redingen (S. 378). 

Baurat Morrock in Diedenhofen (S. 378, 382). 

STUD. CHEM. LupewiG in Metz (S. 378). 

Erzpriester DEerrÈs in Metz (S. 379, 380). | 

Bezirkspräsident FREIHERR VON HAMMERSTEIN (S. 380). 

Garnisonbauinspektor Frouu in Metz (S. 381, 383). 

Baurat KnirrerscHeID in Metz (S. 382). 

\ittmeister a. D. Rennen in Oberhomburg (5. 382). 

Förster REICHELT zu Enchenberg (S. 383). 

Pfarrer Perır zu Augny (S. 383). | 

Ingenieur Hvper zu Diedenhofen-Frankenthal (S. 383). 

Ihnen Allen sei auch an dieser Stelle der verbindlichste Dank für diese 
reichen Zuwendungen ausgesprochen. 

Vorstandssitzung am Donnerstag, dem 6. April 1899, nachmittags 4 Uhr 
im Bezirkspräsidium. 

Anwesend der Vorsitzende, von Daacke, Grimme, Keune, Kaufmann, Paulus, 
Welter, Wichmann, Wolfram. 

Der Schatzmeister von Daacke legt die Rechnung für 1898-99 und den 
Haushaltungsplan für 1899-1900 vor. Der Voranschlag wird in folgender Form 
vom Vorstande genehmigt: 

Voranschlag 
der Gesellschaft für lothringische Geschichte und Altertumskunde 
für 1899-1900. 


Einnahmen: 


Titel I. Veremsbeiträpe a. ne MRC Ba 
LES Beibänlten: SN N) 

III. Beihülfe zur Herausgabe lothring. Geschichtsquellen 3300 » 

IV Sonstiee. Einnahmen Sl 

Zusammen . . . . 9300 #. 


1) Die französische Uebersetzung hat Herr Archivsekretär und Mitglied 
der Gesellschaft Christiany freundlichst übernommen. 


Ian 


Compte-rendu 


des travaux de la Société d'histoire et d'archéologie lorraine 
du 1 avrıl 1899 au de avril 1900): 


Des cadeaux 
ont été donnés à la Société, du 1er avril 1898 au 19 avril 1899, par les personnes 
ci-après dénommées : 

MM. Box, directeur e. d., suite de son ouvrage «Le pays de la Sarre ». 
Dr. Ernst, médecin, comme président ‘du conseil de surveillance de 
la brasserie par actions St-Nicolas à Basse-Yutz (p. 374, 378). 

KELLER, conseiller d'architecture, à Metz (p. 374). 
SCHLOSSER, rentier, à Drulingen (p. 375). 
SZAFRANSKY, pharmacien, à Metz (p. 30). 
WELTER, notaire, Lürchingen (p. 377). 
RUEFF, inspecteur des travaux publics d'arrondissement à Château- 
Salins {p. 377). . 
CozBus, curé, à Altrip (p. 377). 
WELTER, Symphorien, à Rédingen (p. 378). 
Morrock, conseiller d'architecture, à Diedenhofen (p. 378, 382). 
stud. chem. Lupewic, à Metz (p. 378). 
DELLES, archiprêtre, à Metz (p. 379, 380). 
BARON DE HAMMERSTEIN, president de la Lorraine (D. 380). 
From, inspecteur des travaux publics de la garnison, à Metz (p. 381, 383). 
KNITTERSGHEUD, conseiller d'architecture, à Metz (p. 382). 
RENNEN, capitaine de cavalerie en retraite, à Oberhomburg (p. 382). 
REICHELT, garde-forestier, à Enchenberg (p. 383). 
PETIT, curé; à Augny (p. 383). 
Huser, ingénieur à Diedenhofen-Frankenthal (p. 383). 


À toutes ces personnes nous expriinons également à cet endroit nos meil- 
leurs remerciements pour leurs précieux dons. 


Séance du Bureau le jeudi, 6 avril 1900, à 4 heures de l'après-midi, 
a l'hôtel de la Présidence. 


Sont présents: MM. le Président, de Daacke, Wichmann, Grimme, Keune, 
Kaufmann, Paulus, Welter et Wolfram. 

M. de Daacke, trésorier, présente les comptes de l'exercice 1898-99, ainsi 
que le projet de budget pour l’exercice 1899-1900. Le projet est approuvé ainsi 
qu'il suit: 

PROJET DE BUDGET 
de la Société d'histoire et d'archéologie lorraine 
pour l'exercice 1899-1900. 


Recettes : 
IMiremlelousationss ME CU. . LL: , 3200 # 
» Il. Subventions . . 2.222000 
» III. Subvention pour la public ation de sources concer- 
nant l'histoiretde larkorraine, nn 3 "3300: 
Be VERReFeltes-divensest 2, CE A. "d'un BUNTES 
Total des recettes . . ,. 9300 Mk. 


) Traduction due à l’obligeance de M. Christiany, secretaire aux archives 
départementales, membre de la Société. 


ae 


Ausgaben: 


Titel I. Jahrbuch, Druckkosten und Honorar . . : . . 3200 # 
Il. Auscrabungen © .. . Wu ses RE RDS 

» Ill. Ankauf historischer Gegenstände, Büchern etc. . 400 » 
IV. Sonstige Drucksachen, Schreibmaterial ete. . . . 250 » 

V. Herausgabe lothring. Geschichtsquellen . . . . 3300 » 

VI. Insgemein, Portokosten, Botenlöhne etc. . . . . 1300 » 
Zusammen (balanciert) . . . . 9300 # 


Für den Sommer 1899 werden 3 Ausflüge in Aussicht genommen: 1. nach 
teichersberg—Justberg—Rombach, 2. nach Mörchingen, 3. nach Norroy-le-Ve- 
neur—Feves. 

Vom Jahrbuche 1898 sollen 100 Exemplare mehr gedruckt und den Teil- 
nehmern an der Generalversammlung der Geschichtsvereine überreicht werden. 
Dem Förster in Kedingen werden 30 Mk. zu Ausgrabungen bewilligt. 

Für einen Münztisch zur Aufnahme des Niederrentgener Fundes werden 
Professor Dr. Wichmann 250 Mk. zur Verfügung gestellt. 

Das Abkommen mit der Druckerei, welches Dr. Wolfram mit Herrn Freise 
für den Druck des Jahrbuchs getroffen hat, wird in der den Akten einverleibten 


Fassung genehmigt. 


Sitzung am Donnerstag, dem 6. April 1899, nachmittags 5 Uhr 
im Bezirkspräsidium. 


Anwesend die obengenannten Vorstandsmitglieder, zu denen noch Herr 
Huber kommt, und etwa 20 Mitglieder. 


Neu aufgenommen werden die Herren Professor Köhler-Metz, Abb& Sibille- 
St. Julien, Regierungssekretär Neubauer-Metz, Oberleutnant Freiherr von Auten- 
ried, Leutnant Wolff und Alwes vom Infanterie-Regiment 97, Saarburg. 

Der Vorsitzende teilt den Rechnungsabschluss und den Voranschlag für 
1899 mit. Ohne Widerspruch angenommen. Zu Rechnungsprüfern werden er- 
nannt die Herren Forstmeister Hallbauer und Direktor Dr. Rech. 

Herr Welter berichtet kurz über seine Ausgrabungen und Funde bei La 
Valette, desgleichen über die Tumuli bei Schalbach. Er wird ersucht, die Lei- 
tung der Ausgrabungen bei Schalbach zu übernehmen. 

Herr Oberlehrer Dr. Keune spricht über gallorömisches Kulturleben in 
Lothringen und zwar speziell über die Religion an der Hand zahlreicher bezüg- 
licher Gegenstände und Abbildungen. Der Vorsitzende dankt im Namen der An- 
wesenden. Der Vortrag wird im Jahrbuche erscheinen 


Sitzung am Donnerstag, dem 18. Mai 1899, nachmittags 5 Uhr 


im Bezirkspräsidium. 


Anwesend vom Vorstande: von Hammerstein, Huber, von Daacke, Kauf- 
mann, Keune, Paulus, Wiehmann und etwa 35 Mitglieder. 

Der Vorsitzende berichtet über die Besichtigung der St. Peters-Abtei durch 
Ihre Majestäten den Kaiser und die Kaiserin und teilt mit, dass der Kaiser der 
Gesellschaft 3000 Mk. überwiesen und bestimml habe, dass die Fundgegenstände 


— 45 — 


Depenses: 


Titre I. Annuaire, impression et honoraires . . . .. 3200 HM. 
=, Folies. A Er AR PO 

» III. Achat d'objets historiques, livres etc.. . . . . 400 » 
» IV. Imprimés divers, frais de bureau, etc. . . 250 

»  V. Publication de sources concernant l'histoire de la 

Lorraine . . SL S300 

» VI. Frais de port, courses et dé penses diverses . . 1300 » 

Total des dépenses . . . 9300 #. 


Le Bureau projette, pour le courant de l'été prochain, 3 excursions: 10 à 
tichemont— Justemont-—-Rombas, 2° à Morhange, 3° à Norroy-le-Veneur—Fêves. 
Le tirage de l’annuaire 1898 sera augmenté de 100 exemplaires destinés à être 
distribués aux différents membres de l'Assemblée générale des Sociétés historiques. 
30 M. sontjalloues au garde-forestier de Kedingen pour l'exécution de fouilles. 

Pour la confection d’une armoire destinée à renfermer les monnaies de 
Niederrentgen, le bureau vote un crédit de 250 M. 

Le contrat passé entre M. le Dr Wolfram et M. Freise pour l'impression 
de l'annuaire est approuvé sous les conditions suivantes: L’imprimerie s'engage 
à imprimer les manuscrits de la Société d'une manière continue; elle engagera 
à cet effet un compositeur au courant de la partie. La Société consent à paver 
pour chaque cahier Garmond (petit romain), langue allemande (600 exemplaires) 
54 Mk., pour chaque cahier caractère petit, langue allemande, 65 Mk. Surtaxe 
pour les langues étrangères (vieil allemand, vieux français ou latin) par cahier 
Garmond 5 Mk. et par cahier caractères petits 6 Mk. Pour 100 exemplaires en 
plus la Société s'engage à payer une surtaxe de 5 Mk. 

Séance du jeudi, 6 avril 1899, à 5 heures de l’apres-midi, 
a l'hôtel de la Présidence. 

Sont reçus au nombre des membres de la Société: MM. le Dr Köhler, pro- 
fesseur à Metz, l’abb& Sibille, curé à St-Julien, Neubauer, secrétaire de gouverne- 
ment à Metz, le baron d’Autenried, lieutenant en premier, Wolff et Alwes, 
lieutenants au régiment d'infanterie n° 97, à Saarburg. 

M. le Président soumet à l'assemblée les comptes de l'exercice 1898-99 
ainsi que le projet de budget pour l'exercice 1899-1900, lesquels sont approuvés 
sans discussion. M. Hallbauer, inspecteur des forêts et M. le Dr Rech, directeur, 
sont chargés de la vérification des comptes. 

M. Welter, notaire, fait un rapport succinct sur les fouilles et les trou- 
vailles faites dans les environs de La Valette, ainsi que sur les tumuli près de 
Schalbach. M. Welter est prié de se charger de la direction des fouilles à pra- 
tiquer à Schalbach. 

M. Keune donne ensuite lecture d’un rapport sur la civilisation gallo-romaine 
en Lorraine et, en particulier, sur la religion en vigueur à la même époque. 
Dans le cours de sa conférence il montre un grand nombre d'objets et de figures 
qui ont rapport à la matière. M. le Président remercie au nom de l'assemblée. 
Le rapport de M. Keune sera publié dans l'Annuaire. 

Séance du jeudi, 18 mai 1899, à 5 heures de l'après-midi, 
à l'hôtel de la Présidence. 

Assistent à la séance: MM. de Hammerstein, Huber, de Daacke, Kaufmann, 
Keune, Paulus, Wichmann, membres du Bureau, el environ 35 sociétaires, 

M. le Président fait connaître à l'assemblée que leurs Majestés l'Empereur 
et l’Impératrice ont visité l'ancienne église abbatiale de St-Pierre, 


— 46 — 


in Metz bleiben sollen. Er giebt ferner Kenntnis von dem Kongress zu Arlon, 
von dem die Grundkarten betreffenden Schreiben des historischen Seminars in 
Leipzig und des Herrn Bechstein in Strassburg. 

Als neue Mitglieder werden aufgenommen: Dr. Max. Jaunez-Saargemünd 
und Grenzpolizeikommissär Nordmann-Amanweiler. 

Zur Verlesung gelangt ein Brief des geologischen Instituts in Darmstadt, in 
dem mitgeteilt wird, dass die in der St. Peters-Abtei gefundene Säule aus kara- 
rischem Marmor ist. Hinweis auf die eingegangenen Tauschschriften. Darauf 
hält der Vorsitzende, Freiherr von Hammerstein, den angekündigten Vortrag über 
den Kardinal Anne d’Escars de Givry, Bischof von Metz, und die französischen 
Annexionsabsichten auf das Fürstbistum Metz, in welchem er im Gegensatz zu 
Sauerland (Jahrb. 1893) zeigt, dass der Bischof, obwohl selbst Franzose, die Ein- 
verleibung des Fürstbistums in Frankreich verhindert hat. (Gedruckt Jahr- 
buch X, 153 ff.) 


Ausflug am Sonnabend, dem 22. Juli 1899, nach Norroy-le-Veneur und Feves. 


Etwa 20 Mitglieder fuhren mit dem Zuge 2% Uhr nach Amanweiler. Von 
dort aus ging es unter Führung des Vorsitzenden auf schattigem Waldwege nach 
dem im Bau begriffenen Fort bei Saulny, wo die Funde, deren Ausgrabung und 
Erhaltung man der Sorgfalt des Herrn Hauptmanns Frank von der Fortifikation 
dankt, besichtigt wurden. Es handelt sich um ein Merkurheiligtum, von dem 
noch ein Standbild des Merkur vollständig, ein anderes in Stücke geschlagen 
zu Tage gefördert worden ist. Nach kurzer Erfrischung in der unweit ge- 
lesenen Kantine Abstieg nach Norroy-le-Veneur. Dort unter Führung des 
Herrn Architekten Blaue Besichtigung der Kirche und vor allem der romani- 
schen Krypta, deren Zugang insofern sehr schwierig war, als die Anwesenden 
durch einen engen Schacht hinuntersteigen mussten. Dann wanderte man 
weiter bis Fèves, wo die in den Jahren 1523—26 gebaute Kirche besichtigt 
wurde. Auch hier übernahm Herr Blaue den erläuternden Vortrag. Nach kurzer 
Erfrischung (ausgezeichneter Fever Wein), die von Herrn Schiffer angeboten 
wurde, begaben sich die Anwesenden nach Maizieres, um von da aus nach einem 
auf der schattigen Veranda der dem Bahnhof gegenüberliegenden Restauration 
eingenommenen Abendimbiss, die Rückreise nach Metz anzutreten. 


Vorstandssitzung am Dienstag, dem 18. August 1899, mittags 12 Uhr 
im Bezirkspräsidium. 


Anwesend: von Hammerstein, von Daacke, Wichmann, Wolfram. 

Es wird beschlossen einen Vertreter zu dem Kongresse belgischer Ge- 
schichtsvereine nach Arlon zu schicken. Mit der Vertretung wird Archivdirektor 
Dr. Wolfram beauftragt. 

Zu der Generalversammlung der deutschen Geschichtsvereine sollen 5 Ver- 
treter entsandt werden. In Aussicht genommen werden Keune, Paulus, Welter, 
Wichmann, Wolfram. 

Herrn Privatdocent Dr. Bloch sollen als Entschädigung für seine Reise nach 
Paris 140 Mk. gezahlt werden (Kollationierung des Kartulars von St. Vanne). 


— 41 — A 


Sa Majesté l'Empereur a daigné accorder à la Société un don de 3000 Mk. 
et a ordonné que les trouvailles faites dans cet édifice fussent déposées au musée 
de Metz. M. le Président donne ensuite communication du programme du congrès 
historique d’Arlon, de la lettre du séminaire historique de Leipzig et de celle de 
M. Bechstein de Strassburg, toutes deux relatives aux cartes fondamentales. 

Sont recus membres de la Société: MM. le Dr Max Jaunez à Saargemünd 
et Nordmann, commissaire de police, à Amanweiler. 

Il est donné lecture d’une lettre de l'Institut géologique de Darmstadt con- 
firmant que la colonne découverte dans l’église St-Pierre est en marbre de 
Carrare. Les publications reçues en échange de notre annuaire sont passées en 
revue. M. le baron de Hammerstein, président de la Société, fait ens ite une con- 
férence sur le cardinal Anne d’Escars de Givrv, évêque de Metz, et sur les in- 
tentions de la France d’annexer l'évêché de Metz. 

L’orateur établit, contrairement à l'opinion émise par M. Sauerland (An- 
nuaire 1893), que le prélat, quoique francais, a fait opposition à la réunion de 
l'évêché de Metz à la France. ; 


Promenade archéologique à Norroy-le-Veneur et Fêves du 22 juillet 1899. 


Promenade archéologique à Norroy-le-Veneur et Fêves du 22 juillet 1899. 

20 sociétaires environ prirent le train de 2,05 h. pour se rendre à Aman- 
weiler. De là, la Société, précédée de son Président, se rendit par des chemins 
ombragés et au travers de la forêt jusqu’au fort en construction de Saulny, où 
on eut l’occasion de voir les fouilles et trouvailles faites sous la direction de 
M. Frank, capitaine du génie. 

Il s’agit d'un sanctuaire dédié à Mercure, dont on a trouvé une statue bien 
conservée et une autre brisée en plusieurs morceaux. Les promeneurs prirent 
une collation dans la cantine située à proximité et descendirent ensuite vers 
Norroy-le-Veneur. Ils y visitèrent l’église et, en particulier, la crypte si roman- 
tique, dont l'entrée est très difficile en ce sens que le visiteur est obligé de 
descendre par une galerie étroite. L'on poursuivit ensuite la route jusque Fêves, 
où l’on visita l’église construite pendant les années 1523—26. Ici, comme à Norroy- 
le-Veneur, M. Blaue, architecte, donna les explications nécessaires. Après avoir 
accepté quelques rafraïchissements (vin de Fêves excellent) offerts par M. Schiffer, 
les excursionnistes descendirent vers Maizières. Après le souper pris à la hâte 
sous la veranda ombragée du restaurant situé vis-à-vis de la gare, la Société s'en 
retourna par le train à Metz. 


Séance du Bureau le mardi, 18 août 1899, à midi, à l'hôtel de la Présidence. 


Sont presents: MM. de Hammerstein, de Daacke, Wichmann et Wolfram. 

Le Bureau décide d’envoyer un délégué de notre Société au congrès des 
Sociétés historiques de la Belgique qui aura lieu à Arlon. Le choix tombe sur 
M. le Dr Wolfram, directeur des archives. 

5 délégués de notre Société iront la représenter à l'Assemblée générale des 
sociétés historiques de l'Allemagne. Sont désignés à cet effet MM. Keune, Paulus, 
Welter, Wichmann et Wolfram. 

Une indemnité. de 140 Mk. pour frais de voyage est allouée à M. le 
Dr Bloch, professeur agrégé à l’université de Strassburg, pour un voyage qu'il a 
entrepris à Paris dans le but d'y collationner le cartulaire de Ste-Vanne. 


27 


— 48 — 


Vorstandssitzung am Donnerstag, dem 26. Oktober 1899, nachmittags 4 Uhr 
im Bezirkspräsidium. 


Anwesend der Vorstand mit Ausnahme der Herren de Verneuil und Dorvaux. 

Archivdirektor Wolfram beantragt eine Organisation für Herausgabe loth- 
ringischer Geschichtsquellen zu schaffen und schlägt vor, fünf Herren zu ernennen. 
Angenommen. Die Wahl wird auf die nächste Sitzung Mitte November verschoben. 

Dr. Wolfram beantragt für Herausgabe des Wörterbuchs der lothringischen 
Dialekte der damit betrauten Kommission eine bestimmte Summe, die für Fertig- 
stellung des Manuscripts ausreicht, zur Verfügung zu stellen. Die Kosten für 
Drucklegung können von der Gesellschaft nicht aufgebracht werden. Wie diese 
zu ermöglichen ist, bleibt der Zukunft vorbehalten. Angenommen. Herr Professor 
Follmann soll um eine Aeusserung ersucht werden, wie hoch er sich die Her- 
stellungskosten des Manuscriptes denkt. Auf Antrag Professor Wichmanns werden 
Herrn Baurat Knitterscheid 200 Mk. zur Untersuchung des Flohturmes in Dieden- 
hofen zur Verfügung gestellt. 

Desgleichen erhält Herr Keune 100 Mk. um Ausgrabungen im Museumsgarten 
vorzunehmen. 


Sitzung am Donnerstag, dem 26. Oktober 1899, nachmittags 5 Uhr 
im Bezirkspräsidium. 


Anwesend die obengenannten Vorstandsmitglieder und etwa 20 Mitglieder. 

Neu aufgenommen werden Abbé Cuny-Montigny, Divisionspfarrer Kliche- 
Montienv, Professor Dr. Ficker-Strassburg, Ingenieur Grauvogel, Rittmeister a. D. 
Rennen, Generaldirektor der Stahlwerke Gouvy & Co.-Oberhomburg i. L., Notar 
Hartmann-Saaralben, Hvpothekenbewahrer Ungerer-Saarburg, Domherr Wagner, 
Gemeinderatsmitglied Glockengiesser Bour, Professor Krüger-Metz, Pfarrer Weber- 
Diedersberg, Pfarrer Hourt-Gosselmingen. 

Der Vorsitzende legt die eingegangenen Tauschschriften vor und macht 
darauf aufmerksam, dass jetzt das Bibliothekszimmer der Gesellschaft den Mit- 
gliedern täglich zur Verfügung steht. — Von den Grundkarten ist ein neues Blatt 
fertig geworden, das der Vorsitzende in der Versammlung cirkulieren lässt. — 
Herr Florange in Paris hat eine Brochüre über »Une medaille d’un personnage du 
XVIe siecle« übersandt. Dank. Desgleichen Herr Dr. Forrer in Strassburg 2 Werke 
über den Odilienberg. Dank. 

Herr Knitterscheid hat eine Inschrift von 1555 von einem alten Thore von 
Diedenhofen abgeformt und legt sie der Gesellschaft vor. Dank. 

Archivdirektor Wolfram berichtet über die Versammlung der belgischen 
Geschichtsvereine in Arlon. Nachdem er die liebenswürdige Aufnahme, die ihm 
zuteil geworden ist, hervorgehoben hat, geht er auf die einzelnen Beratungsgegen- 
stände ein, soweit sie auch für Lothringen von Interesse sind. Besonders ist es 
die Frage nach Alter und Bestimmung der Mare, die Anregung zur Anfertigung 
populärer Darstellungen der Heimatsgeschichte, die Sammlung der Stadtrechte, 
der Weistümer und die Denkmalsschutzgesetzgebung, die er als erwähnenswert 
hervorhebt und in ihren Grundzügen erläutert. Eine Debatte knüpft sich an den 
Vorschlag, für Lothringen Tafeln mit den hauptsächlich vorkommenden Altertümern 
anfertigen und in den Schulen verteilen zu lassen. 


MUR 


Séance du Bureau du jeudi, 26 octobre 1899, à 4 heures de l’apres-midi, 
a l'hôtel de la Présidence. 

Sont présents: les membres du Bureau à l’exeption de MM. de Verneuil et 
Dorvaux. 

M. Wolfram, directeur des archives, demande à ce que l’on procède main- 
tenant à une organisation pour la publication des sources de l’histoire lorraine 
et propose la formation d'une commission de 5 membres. La proposition est 
adoptée; l'élection de ces membres est remise à la séance de la mi-novembre. 
M. Wolfram propose enfin de mettre à la disposition de la commission chargée 
de la publication du dictionnaire des dialectes lorrains, une certaine somme suffi- 
sante pour terminer le manuscrit. Les frais d'impression ne pourront pas être 
pris à la charge de la Société. Le moyen de couvrir ces frais sera recherché à 
une époque ultérieure. Cette proposition est également adoptée. M. Follmann, pro- 
fesseur, sera prié de donner son avis sur le montant des frais pour la confection 
du manuscrit. 

Conformément à la demande de M. le Dr Wichmann, professeur, le Bureau 
alloue à M. Knitterscheid, conseiller d'architecture, la somme de 200 Mk. nécessaire 
pour l'examen de la « Tour des puces» à Thionville. 

La somme de 100 Mk. est enfin allouée à M. Keune pour l'exécution de 
fouilles dans le jardin du Musée. 


Séance du jeudi, 26 octobre 1899, à 5 heures de l'après-midi, 
à l'hôtel de la Présidence. 

Assistent à la séance: Les membres du Bureau désignés ci-dessus et en- 
viron 20 sociétaires. 

Sont reçus membres de la Société: MM. l'abbé Cuny, professeur à Montigny, 
Kliche, aumönier divisionnaire à Montigny, le Dr Ficker, professeur à Strassburg, 
Grauvogel, ingénieur à Oberhomburg, Rennen, ancien chef d’escadron et directeur 
général des aciéries Gouvy & Co. à Oberhomburg, Hartmann, notaire à Saaralben, 
Ungerer, conservateur des hypothèques à Saarburg, l'abbé Wagner, chanoine 
honoraire à Metz, l'abbé Weber, curé à Diedersberg, l'abbé Hourt, curé à 
Gosselmingen. 

M. le Président fait circuler les publications reçues en échange de notre 
annuaire et annonce à l'assemblée que la nouvelle salle de la bibliothèque de 
la Société est ouverte pour les sociétaires tous les jours. Une nouvelle planche 
des cartes fondamentales qui vient d'être terminée est soumise à la connaissance 
de l’Assemblée. M. Florange de Paris a offert à la bibliothèque de la Société une 
brochure intitulée »une médaille d’un personnage du 16° siècles et M. le Dr Forrer 
de Strassburg, deux publications sur le Mont St-Odile. Remerciments. 

M. Knitterscheid présente un moule d'une inscription datant de l'année 1555 
qu'il a fait prendre sur une des anciennes portes de Thionville. M. le Président 
lui exprime ses remerciments. 

M. le Dr Wolfram rend ensuite compte des travaux de l'assemblée géné- 
rale des Sociétés historiques de la Belgique qui a eu lieu à Arlon. II parle de 
l'accueil très cordial qui lui a été fait et relate les différentes malières qui } 
ont été traitées, en tant qu’elles présentent de l'intérêt pour la Lorraine. La 
question de l’âge et de la nature des mardelles, l'histoire locale écrile d'une 
manière populaire, la collection des privilèges des villes, des sentences judi- 
ciaires et la législation pour la conservation des monuments historiques y ont été 


m 
27° 


— 420 — 


Sodann spricht Professor Wichmann über die Strassburger Versammlung 
der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine. Nachdem er die Reden der 
Hauptversammlungen charakterisiert hat, wendet er sich vor allem dem Vortrage 
des Professors Wolff aus Frankfurt a. M. zu: Aufgabe der Westdeutschen Geschichts- 
vereine nach der Auflösung der Reichslimeskommission. Die Verhandlungen über 
diesen Punkt haben durch Anwesenheit des Sekretärs des archäologischen Instituts 
sehr an Bedeutung gewonnen und es hat sich in erfreulicher Weise eine Ueber- 
einstimmung des genannten Herrn mit den Vertretern der Geschichtsvereine dahin 
herausgestellt, dass den Geschichtsvereinen eine Vertretung in der zu erwartenden 
deutschen Sektion des archäologischen Instituts einzuräumen ist. Schliesslich er- 
örtert Archivdirektor Wolfram noch die in der Ill. und IV. Sektion und in den 
vereinigten Sektionen zur Verhandlung gestellten Fragen, soweit sie ein allgemeines 
Interesse bieten. 


Schluss der Sitzung 6!/» Uhr. 


Sitzung am Donnerstag, dem 23. November 1899, nachmittags 5 Uhr 


im Bezirkspräsidium. 


Anwesend der Vorstand ausser Grimme, Paulus, Dorvaux, de Verneuil, 
von Daacke und ca. 40 Mitglieder. 


Neu aufgenommen werden Bürgermeister Dr. Mosser-Amanweiler, Kauf- 
mann Levy-Saarburg, Professor Dr. Hoffmann-Metz (Arnulfsschule), Generalober- 
arzt a. D. Dr. Schmiedt-Metz, Privatdocent Dr. H. Bloch-Strassburg. 


Die im Schriftenaustausch eingegangenen Publikationen werden vorgelest. 


Oberst a. D. Dr. Kaufmann spricht »Ueber die Folgen des westfälischen 
Friedens für Lothringen«. Redner weist nach, dass mit dem Ausdruck »episcopatus 
cum distrietu« etwas anderes gemeint sein müsse, als wenn einfach wie bei Bremen 
und Minden gesagt wäre »episcopatus<. In der That ergeben die Verhandlungen, 
dass die kaiserlichen Vertreter ursprünglich den Zusatz temporalis verlangt, auf 
Widerspruch von französischer Seite aber fallen gelassen haben. Im weiteren 
wird gezeigt, wie verhängnisvoll für Deutschland der nunmehr zweideutig ge- 
wordene Ausdruck districtus geworden ist, insofern die Franzosen nicht nur die 
Territorien der Bistümer, sondern auch die Diöcese und selbst die ausserhalb der 
Diöcese gelegenen Lehen des Bistums verlangt haben. Erst der Friede von Rys- 
wyck hat die französischen Ansprüche, soweit sie sich auf Lothringen bezogen, 
in ihren Ausschreitungen beseitigt, dafür aber das Elsass preisgegeben. Näheres 
über den Inhalt der hochinteressanten Ausführungen ergiebt die im Jahrbuch XI 1ff. 
gedruckte Arbeit des Redners über »die Geschichte der Metzer Reunionskammern«. 


Notar Welter giebt einen Bericht über Ausgrabungen eines Tumulus 
im Weiherwald bei Saaraltdorf und legt die Fundstücke vor. Der Tumulus, der 
zu einer Gruppe von 24 Grabhügeln gehört, war ca. 1,70 m hoch. Die Gräber 
lagen seitlich des Centrums. Es fanden sich 2 broncene durchbrochene Arm- 
ringe, 6 Lignitringe, 2 Torques aus Bronce, Reste eines Gefässes, ein broncener 
Gürtelbeschlag. Die Ausgrabungen sollen fortgesetzt werden. 


BE N 


l'objet de débats très intéressants. Une discussion s'élève au sujet de la question 
de savoir, s’il y a lieu de faire exécuter et distribuer dans les écoles de la Lor- 
raine des tableaux représentant les objets antiques que l'on rencontre le plus 
fréquemment dans nos contrées. 

M. Wichmann, professeur, rend compte des différentes séances du congrès 
général des Sociétés d'histoire et d’archéologie de l'Allemagne qui a eu lieu, 
cette année, à Strassburg. Tout en caractérisant les discours qui y ont été pro- 
noncés, il insiste tout particulièrement sur la conférence faite par M. Wolff, pro- 
fesseur à Frankfort-sur-le-Main, dont le sujet portait: Quels sont les devoirs des 
Sociétés historiques de l'Allemagne occidentale après la dissolution de l’admi- 
nistration appelée »Reichslimeskommission«! Comme le Secrétaire de l'Institut 
archéologique assistait à la séance, les débats ont gagné en importance; il a 
été agréable de constater qu'une entente a pu se faire entre ces messieurs, en 
ce sens que les sociétés d'histoire obtiendront le droit de se faire représenter 
dans la section allemande de l'Institut archéologique, dont on espère la forma- 
tion. Finalement M. le Dr Wolfram discute les questions qui ont été traitées dans 
la 3e et 4e section du congrès ainsi que dans les sections réunies. La séance est 
levée à 6!/2 heures. 

Séance du jeudi, 23 novembre 1899, à 5 heures de l’apres-midi, 
a l'hôtel de la Présidence. 

Sont présents: Les membres du Bureau, à l'exception de MM. Grimme, 
Paulus, Dorvaux, de Verneuil et de Daacke et environ 40 sociétaires. 

Sont admis au nombre des membres de la Société: MM. le Dr Mosser, 
maire d’Amanweiler, Levy, négociant à Saarburg, l'abbé Dr Hoffmann, professeur 
à l’école St-Arnould à Metz, Dr Schmiedt, médecin-général à Metz, Dr Bloch, pro- 
fesseur agrégé à l’université de Strassburg. On passe en revue les publications 
reçues en échange de notre annuaire. | 

M. le Dr Kaufmann, colonel en retraite, fait une conférence sur »les consé- 
quences du traité de Westphalie pour la Lorraine«e. L’orateur démontre que l’ex- 
pression »episcopatus cum districtus veut dire tout autre chose que l'expression 
simple »episcopatus<, telle que cette dernière a été employée dans les cas ana- 
logues des évêchés de Brême et Minden. En effet, il ressort des débats que les 
délégués imperiaux ont exigé en premier lieu que l’on ajoutât à »episcopatus« 
l'adjectif »temporalis«; mais avant rencontré de l'opposition de la part des délé- 
gués français, ils y ont renoncé. M. Kaufmann prouve en outre, combien l’ex- 
pression »distrietus«, dévenue désormais ambiguë, a été pernicieuse à l'Allemagne, 
en ce sens que la France faisait valoir ses droits de propriété, non seulement 
sur le territoire de l'évêché, mais encore sur le diocèse tout entier et même 
sur les fiefs de l'évêché situés en dehors du diocèse. Le traité de Ryswyk mil 
enfin un frein aux exigences et transgressions de la France, du moins en ce qui 
concerne la Lorraine. Par contre, on dût lui abandonner la province de l'Alsace. 
On trouvera les détails de cette intéressante conférence dans lannuaire Al, 
pages 1 et ss. sous le titre: »Histoire de la Chambre de Réunion de Metze par 
M. le Dr Kaufmann. 

M. Welter, notaire, donne un aperçu des fouilles qu'il a fait pratiquer sur 
un »lumuluse situé dans la forêt dite Weiherwald, près de Saaraltdorf, et soumet 
en même temps à l'assemblée les objets qui y ont été trouvés. Ge tumulus fait 


partie d'un groupe de 24 monticules et mesure une hauleur de 1,70 m, Les si 


Ba = 


Kreisdirektor Freudenfeld in Saarburg hat einen römischen Skulpturenstein 
mit dem Bilde einer Göttin (Juno?) und ein broncenes Gefäss, dessen Bestimmung 
und Alter noch nicht festgestellt ist (römischer Leuchter ?) übersandt. Dank. 

Schluss der Sitzung 6!/» Uhr. 


Sitzung, am Donnerstag, dem 14. Dezember 1899, nachmittags 3 Uhr 
im Museum der Stadt Metz. 


Die gut besuchte Versammlung wurde in Vertretung des abwesenden Ver- 
einsvorsitzenden durch Archivdirektor Dr. Wolfram eröffnet. Von Seiten der Stadt 
war Bürgermeister Freiherr von Kramer mit einigen Mitgliedern des Ge- 
meinderates erschienen, um den Münzfund von Niederrentgen, den die Gesell- 
schaft der Stadt zum. Geschenk macht, entgegenzunehmen. Die Ueberreichung 
begleitete Dr. Wolfram etwa mit folgenden Worten: Die Gesellschaft sei erfreut, 
der Stadt Metz durch diese Gabe ihren Dank zum Ausdruck bringen zu können. 
Die Stadt Metz habe jederzeit in entgegenkommender Weise die Arbeiten der 
Gesellschaft zu fördern gesucht. Insbesondere aber habe der derzeitige Ge- 
meinderat mit seinem Bürgermeister wiederholt bekundet, dass er mit warmem 
Interesse und aufrichtigsem Wohlwollen der Gesellschaft gegenüberstehe. Ja, er 
beteilige sich auch selbst in thätiger und freigebiger Weise an den historischen 
Arbeiten, insofern er für Urkundenpublikationen und die Erweiterung des städti- 
schen Museums die nötigen Mittel bewilligt habe. Die Steine und Metalle, so 
fuhr der Redner fort, welche dieses Haus birgt, sind gewissermassen der stoffliche 
Niederschlag der Metzer Geschichte. So reich diese Geschichte ist, so reich sind 
auch diese steinernen und metallenen Urkunden. Aber sie sind noch viel zu 
wenig bekannt in den Kreisen der Bürgerschaft, und auch der Fremde ist bisher 
achtlos an unserem Museum vorübergegangen. Die Gesellschaft vereinigt sich 
mit der Stadt in dem Bestreben, den historischen Sinn und das Interesse am 
Museum in der Bürgerschaft zu wecken und zu vertiefen, draussen aber dem 
Museum diejenige Beachtung verschaffen zu helfen, die ihm nach seiner Bedeutung 
zukommt. Möge auch unsere heutige Gabe der Stadt ein Zeichen sein, dass wir 
kein schöneres Ziel für unsere Arbeit wissen, als der Heimat, die wir durch Geburt, 
Wahl oder Beruf hier gefunden haben, zu dienen. 

Der Bürgermeister übernahm die Gabe mit Worten herzlichen Dankes 
und der Versicherung, dass auch die Stadt erfreut sei, mit der Gesellschaft die- 
selben Ziele verfolgen zu können. Er wolle keine Versprechungen machen, aber 
die Hoffnung spreche er aus, dass es gelingen werde, den Kleinoden dieses Hauses 
auch eine Fassung zu geben, die ihrer würdig sei. Er rechne dabei auf die 
Mitarbeit und die Unterstützung der Gesellschaft. 

Hierauf gab Professor Wichmann, dessen selbstloser und unermüdlicher 
Arbeit die Einordnung der Münzen zu danken ist, einige Erläuterungen über den 
Fund. Es sind 2500 verschiedene Typen, die der Stadt überwiesen werden. Das 
Metall ist eine schlechte Silberlegierung, wie sie in der 2. Hälfte des 3. Jahr- 
hunderts im römischen Reiche eingeführt war. 

Auch der praktische und geschmackvolle Münzschrank, den die Gesellschaft 
gleichfalls zum Geschenk macht, ist nach Angaben Professor Wichmanns gebaut 
und vom Hoflieferant Thomas zur Zufriedenheit der Auftraggeber angefertigt 
worden. 


pultures qu'on a fouillées se trouvaient un peu à côté du centre du tumulus. 
On y a découvert 2 bracelets en bronze, 6 anneaux en lignite, 2 »torques« en 
bronze, des restes d'un récipient, une armature -de ceinture en bronze. Les 
fouilles seront continuées. 

M. Freudenfeld, directeur de l'arrondissement de Saarburg, a envoyé à la 
Société une pierre sculptée datant de l’époque romaine et représentant une déesse 
(peut-être Junon?), un récipient en bronze, dont la nature et l'âge n'ont pas en- 
core pu être déterminés (peut-être un chandelier romain ?). 

La séance est levée à 6!/2 heures. 


Séance du jeudi, 14 décembre 1899, à 3 heures de l’apres-midi, 
| au musée de la ville de Metz. 

La séance à laquelle un grand nombre de sociétaires prennent part, est 
présidée par M. le Dr Wolfram, en remplacement de M. le Président empêché. La 
ville de Metz est représentée par le Maire, M. le baron de Kramer, et par plu- 
sieurs membres du Conseil municipal, lesquels acceptent, au nom de la ville, la 
trouvaille des monnaies de Niederrentgen dont notre Société a fait don au Musée. 
Avant l’acte de remise M. Wolfram prononce un discours dont voici le résumé: 
La Société d'histoire et d'archéologie lorraine se réjouit de pouvoir donner à la 
ville de Metz une preuve de sa reconnaissance. En tout temps la ville a fait des 
avances pour seconder les travaux de la Société. Le Conseil municipal actuel, 
d'accord avec le Maire, a prouvé à différentes reprises, combien il portait inté- 
rêt à l’extension de la Société. Le Conseil s'est même associé activement et avec 
largesse aux travaux historiques, en ce sens qu'il a vôté les fonds nécessaires 
pour la publication de documents et pour l'agrandissement du Musée. Les pierres 
et les métaux, continue l’orateur, qui sont renfermés dans cet édifice sont en 
quelque sorte les témoins visibles de l’histoire messine. Car Metz est aussi riche 
par son histoire que par ses documents de pierre et de métal. Il est regrettable 
que ces monuments soient trop peu connus de la bourgeoisie messine; les 
étrangers traversent également la ville, sans prêter aucune attention à notre 
Musée. La Société d'histoire et d'archéologie lorraine est tout disposée A s’asso- 
cier à la ville, lorsqu'il s'agira d’eveiller et de faire croître, tant parmi le public 
messin que parmi les étrangers, lintérêt et l'attention qui sont dûs à un établisse- 
ment si important. Puisse le don que nous faisons aujourd'hui à la ville, être un 
indice que, dans nos travaux, notre seul but est de servir le pavs, auquel nous 
appartenons soit par la naissance, soit par le choix, soit par la profession. 

M. le Maire accepte le don en exprimant ses remerciments les plus sin- 
ceres. Il ne fait, dit-il, aucune promesse, mais il exprime la conviction qu'on 
réussira à donner aux joyaux renfermés dans cet édifice une demeure digne 
d'eux. Il compte à cet effet sur la collaboration et sur l'assistance de la Société. 

M. Wichmann, professeur, dont le zèle infatigable a réussi à classer les 
monnaies, donne ensuite quelques explications au sujet de la trouvaille de Nieder- 
rentgen. La collection offerte à la ville se compose de 2500 types différents. Le 
métal est un mauvais alliage d'argent, tel qu'il était employé sous l'empire romain, 
dans la seconde moitié du 3 siècle. 

L’armoire renfermant les monnaies, également un don de la Société, esl 
construite avec autant de commodité que de bon goût. Elle a été exécutée, d'après 
les données de M. Wichmann, par M. Thomas, fournisseur de la Cour, à la grande 


salisfaction des intéressés. 


N‘ 


Nach der Uebergabe hielt Dr. Forrer aus Strassburg seinen Vortrag 
über die Entwickelung des keltischen Münzwesens. Es war bisher angenommen 
worden, dass die Münzen mit den primitiven, oft unkenntlichen Typen die ältesten 
in der Entwickelungsweise seien und dass erst allmählich die keltische Stempel- 
schneidekunst zu grüsserer Vollkommenheit gelangt sei. Dr. Forrer brachte 
an der Hand einer grossen Zahl von Zeichnungen, die die Entwickelung eines 
Münzstempels veranschaulichen, den Nachweis, dass es sich gerade umgekehrt 
verhalte. Die ältesten Münzen seien Nachbildungen von klassischen Stücken aus 
der Zeit Philipps von Macedonien und Alexanders des Grossen. Je weiter das 
Datum der keltischen Münzanfertigung von dieser Periode entfernt sei und je 
weiter das Gebiet des keltischen Stammes von den Ländern der griechischen 
Kultur abliege, um so mehr habe sich das Bild der keltischen Münze verschlechtert. 

Für den Vortrag, der die ungeteilte Aufmerksamkeit der Zuhörer bis zum 
Schluss fesselte, sprach Dr. Wolfram den Dank der Anwesenden aus. 

Am Schlusse der Sitzung wurden neuaufgenommen: Oberlehrer Bouvv, 
Abbé Dr. Reumont-Montigny, Felix Gouvy, Forstassessor Ilse, Bürgermeister 
Siebert-Oberhomburg i. L., Lehrer P. Klingler-Metz, Ingenieur Huber und tech- 
nischer Eisenbahnbetriebssekretär Reipsch-Beauregard b. Diedenhofen. 


Sitzung am Donnerstag, dem 28. Dezember 1899 nachmittags 5 Uhr 
im Bezirkspräsidium. 


Anwesend der Vorsitzende, Huber, Grimme, Keune, von Daacke, Wolfram 
und etwa 30 Mitglieder. Neu aufgenommen wird Leutnant Rödier-Metz. Der 
Vorsitzende giebt Kenntnis von einem Schreiben des Bürgermeisters Brauer 
in Kleinhettingen, das die beantragten Ausgrabungen auf dem Gemeindebanne 
gestattet. Herrn Pfarrer Colbus in Altrip wird der Dank ausgesprochen für 
Uebersendung eines Messinstrumentes des 17. Jahrhunderts. Hierauf erteilt der 
Vorsitzende das Wort Archivdirektor Wolfram zu einem Vortrage über »Das Ende 
des Herzogtums Lothringen«. Der Vortragende geht aus von einem Vergleiche 
zwischen dem Untergange Polens und Lothringens. Während dort der Adel die 
Zertrümmerung des Staates verschuldet hat, ist es hier das Herzogshaus. Nachdem 
die Entwickelung Lothringens zum Freiherzogtum geschildert ist, stellt er die 
Frage, ob dieses Staatsgebilde fühig gewesen sei, in dem Zusammenstoss zwischen 
Frankreich und Habsburg seine Selbstständigkeit zu erhalten. Von deutscher Seite 
droht ihm keine Gefahr, dagegen hat Frankreich seit dem Anfange des 14. Jahr- 
hunderts von der Rheingrenze geträumt. Redner verfolgt nun die verschiedenen 
Versuche Frankreichs auf Annexion Lothringens, erwähnt die Verträge von Vic, 
’aris und Montmartre und schildert dann ausführlicher, wie Wilhelm III. von England 
den Vorschlag macht, dass Lothringen bei Aufteilung der spanischen Monarchie 
an den Sohn des französischen Dauphin im Austausch gegen Mailand gegeben 
werden solle. Weiter wird die Stellung Lothringens in den Wechselfällen des 
spanischen Erbfolgekrieses und der Friedensverhandlungen von Gertrudenburg, 
Utrecht und Rastatt verfolgt und endlich die diplomatische Mission de la Baunes 
in der polnischen Erbfolgefrage und bei Regelung der Anerkennung der prag- 
malischen Sanktion klar selest. 

Archivassistent Dr. Hund legt eine in Queuleu gefundene Goldmünze vor 
und bestimmt sie als einen Robertusgulden des 14. Jahrhunderts. | 


L’acte de remise des monnaies étant terminé, M.le Dr Forrer de Strassburg 
commence sa conference sur le développement des monnaies celtiques. Jusqu'ici 
on admettait généralement que les monnaies avec types primitifs et quelques fois 
méconnaissables étaient les plus anciennes monnaies de l’époque de développement 
et que l'art de graver ne s'était perfectionné que peu à peu. Au moyen d'un 
grand nombre de dessins donnant un aperçu du développement des différents 
coins de monnaies M. le Dr Forrer prouve le contraire, c’est-à-dire, que les 
monnaies les plus anciennes sont des imitations de pièces classiques de l’époque 
de Philippe de Macédoine et d’Alexandre-le-Grand. Plus la date de la fabrication 
des monnaies celtiques est éloignée de cette époque, de même, plus la race 
celtique est éloignée des pays imprégnés de la civilisation grecque, plus l'effigie 
des monnaies celtiques est reconnue comme étant mauvaise. 

M. le Dr Wolfram, au nom de l'assemblée, remercie M. Forrer pour sa con- 
férence qui a tenu en éveil, jusqu'à la fin, l'attention des auditeurs. 

Finalement il a été procédé à la réception de quelques nouveaux membres 
de la Société. Ce sont: MM. l’abb& Bouvy et l'abbé Dr Reumont, professeurs à 
Montigny, Felix Gouvy à Oberhomburg, Ilse, assesseur de ladministration fo- 
restière et Siebert, maire à Oberhomburg, P. Klingler, professeur à Metz, Huber, 
ingenieur et Reipsch, secrétaire de l'administration des chemins de fer à Beauregard. 

Séance du jeudi, 28 décembre 1899, à 5 heures de l'après-midi, 
à l'hôtel de la Présidence. 

Assistent à la séance: MM. de Hammerstein, Huber, Grimme, Keune, 
de Daacke, Wolfram, membres du Bureau et environ 30 sociétaires. 

M. Rödler, lieutenant à Metz, est admis comme membre de la Société. 

Il est donné lecture d’une lettre de M. Brauer, maire de Kleinhettingen, 
par laquelle ıl autorise la Société à faire pratiquer des fouilles sur le ban de 
Kleinhettingen. M. le Président exprime ses remerciments à M. l'abbé Colbus, curé 
à Altrip, pour l'envoi d'un instrument de mesure du 17 siècle. La parole est 
donnée ensuite à M. le Dr Wolfram, directeur des archives, pour sa conférence 
sur «la fin du duché de Lorraine ». L’orateur établit d’abord une comparaison 
entre la ruine de la Pologne et celle de la Lorraine. La ruine de la Pologne doit 
être attribuée à la noblesse, tandis qu'en Lorraine elle a été causée par la famille 
ducale. Après avoir exposé le développement de la Lorraine jusqu'à sa formation 
en duché indépendant, M. Wolfram se demande si, au milieu des luttes entre la 
France et la maison de Habsbourg, ce duché a été capable de sauvegarder son 
ndependance. Du côté de l'Allemagne aucun danger le menace, Il n’en est pas 
de même du côté de la France qui, dès le commencement du 142 siècle, songeail 
à la frontière formée par le Rhin. L'orateur traite ensuite des différentes lenta- 
tives de la France, en vue d’annexer le duché de Lorraine; il mentionne les 
traités de Vic, Paris et Montmartre et explique plus longuement la proposition de 
Guillaume III d'Angleterre tendant à faire un échange de la Lorraine avec Milan 
pendant que la royauté espagnole était abandonnée au fils du dauphin de France. 
l établit ensuite la situation de la Lorraine pendant les péripélies de la guerre 
de succession espagnole et pendant les préliminaires des traités de paix de Ger- 
trudenburg, Utrecht el Rastatt et fixe le but de la mission diplomatique de 
M. de la Baunes dans la question de la succession de la Pologne et lors de lappro- 
bation, par les puissances, de la pragmatique sanction. 

M.le Dr Hund, archiviste-adjoint, présente une monnaie en or découverte 


=, 1000 


Glasmaler Thiria legt der Versammlung eine Reihe höchst wertvoller Glas- 
malereien des 15. und 16. Jahrhunderts, die zum grössten Teile aus der Kirche 
St. Barbe, stammen vor und verspricht, die Gesellschaft zu einer grösseren Aus- 
stellung solcher Gemälde demnächst einzuladen. 

Schluss der Sitzung 6!/» Uhr. 


Sitzung am Donnerstag, dem II. Januar 1900, nachmittags 5 Uhr 
v im Bezirkspräsidium. 
Anwesend der Vorsitzende, Oberst Dr. Kaufmann, Direktor Paulus, Direktor 
Keune, Dr. Wolfram und ca. 40 Mitglieder. 
Neuaufgenommen wurden Dr. Favmonville, Buchhändler Lupus, Regierungs- 
baumeister Schwend. 


In Bollingen, Kreis Diedenhofen, sind Grabfunde gemacht, von denen 
Notar Bischof Mitteilung hierher hat gelangen lassen. Keune wird ersucht, 
zur Besichtigung dorthin zu gehen. 


Darauf erteilt der Vorsitzende das Wort Herrn Professor Dr. Bour zu einem 
Vortrage über die Entwickelung der altchristlichen Basilika, dargestellt im An- 
schluss an St. Peter. In seiner Einleitung behandelt der Vortragende kurz die 
neuesten Ansichten in Betreff der schon so vielfach erörterten und für das zu 
besprechende Thema grundlegenden Frage über den Ursprung der altchristlichen 
Basilika. Ausführlich befasst er sich mit der Ansicht von Professor Dehio, der 
die Basilika aus dem Atrium des bürgerlichen Privathauses (und dessen Anhängsel 
tablinium, alae u. s. w.) herleitet und weist dieselbe aus historisch-archäologischen 
und technisch-formellen Gründen ab. Den Kern der altchristlichen Basilika hätte 
man zu suchen in den Grundzügen des profanen Basilikaschemas, als Gattung 
betrachtet, zu denen, infolge der verschiedenen Kultusbedürfnisse der ersten 
Christen und entsprechend ihrem Eklekticismus, weitere anderswoher genommene 
Elemente hinzugekommen wären. — Weiler kommen zur Sprache die Vorgebäude 
der altchristlichen Basilika, Peribolos, Atrium, Narthex, wobei deren Ursprung 
aus dem Temenos des Tempels bezw. aus dem Atrium des Privathauses nach- 
gewiesen, Anlage und Form beschrieben, sowie Zweck und Verwendung bestimmt 
werden. Zugleich wird auch dargelegt, wie das Weihwasserbecken im Inneren 
der Kirche sich stufenweise aus dem Brunnen im Atrium entwickelt habe. Für 
St. Peter ist ein Peribolos nicht anzunehmen, eher aber ein Atrium in der Form 
eines Kreuzganges mit dem sich anschliessenden Kloster, wahrscheinlich auf der 
Südseite gelegen. Der Narthex der alten Kirche bleibt durch weitere Aus- 
grabungen festzustellen. Uebergehend zur eigentlichen Basilika behandelt Dr. Bour 
Anlage, Grundriss, Aufriss im allgemeinen und erklärt sodann eingehend die 
Einzelglieder des Aufbaues (Säulen- und Pfeilerstellungen und Verbindung durch 
Architrav und Arkade, Decke und Dach, Fenster und Eingänge) und deren Ver- 
hältnis zur profanen Basilika. In St. Peter hätten wir, wenigstens für das Ende 
der Merovingerzeit, eine dreischiffige Säulenbasilika (?) ohne Emporen, mit offener 
Balkenaecke; die Eingänge auf der Frontseite sind noch aufzuweisen ; die Seiten- 
schiffe entbehrten der Fenster. Das bei Z (Jahrb. X, Taf. I) angebrachte ist 
späteren Datums und sollte offenbar einen Blick in die Basilika vom angrenzenden 
Kloster aus gestatten. Von einer ausführlichen Beschreibung des Presbyleriums 


enr 


à Queuleu qu'il désigne comme étant un florm Robert en or du 14e siècle, tels 
qu'on en a constatés dans les pays rhénans. 

M. Thiria, peintre sur verre, soumet à l'assemblée une série de vitraux 
très précieux du 15° et 16e siècle qui proviennent, pour la plupart, de l’église de 
Ste-Barbe. M. Thiria espère pouvoir présenter plus tard aux membres de la So- 
ciété une série plus considérable de vitraux semblables. 

La séance est levée à 6 heures !/». 

Séance du jeudi, Il janvier 1900, à 5 heures de l'après-midi, 
a l'hôtel de la Présidence. | 

Assistent à la séance: MM. le Président, le Dr Wolfram, le Dr Kaufmann, 
Paulus, Keune et environ 40 societaires. 

Sont admis au nombre des membres de la Société: MM. le Dr Faymonville, 
Lupus, libraire, Schwend, ingénieur du gouvernement. 

M. Bischof, notaire à Thionville, fait savoir à la Société qu'on a découvert 
plusieurs anciennes sépultures à Bollingen, arrondissement de Thionville. M. le 
D' Keune est chargé de se rendre sur les lieux, afin de constater ces découvertes. 

La parole est ensuite accordée à M. le Dr Bour, professeur au grand sémi- 
naire. Il parle sur le développement de la basilique chrétienne et l’ancienne 
église abbatiale de St-Pierre, à la citadelle de Metz. 

Dans son introduction, l’orateur mentionne brièvement les opinions les plus 
récentes sur l’origine de la basilique chrétienne des premiers siècles; la question 
a été si souvent étudiée et discutée; elle est fondamentale pour le sujet de la con- 
férence. M. le Dr Bour expose plus longuement l'opinion de M. le professeur Dehio 
qui voudrait retrouver l'origine de la basilique chrétienne dans l’atrium de la 
maison privée (avec ses dépendances, tablinium, alae, elc.). Cependant, pour des 
raisons historiques et archéologiques, voire même techniques et formelles, cette 
solution ne saurait être admise. D'après lui le noyau de la basilique chrétienne 
— et, par conséquent, aussi son origine — doit être recherché dans les éléments 
constitutifs de la basilique profane, considérée comme genre. Les exigences du 
culte chrétien d'un côté, l’ecleetisme des premiers chrétiens de l’autre, auraient 
fait ajouter dans la suite d’autres éléments empruntés d'ailleurs. 

Viennent ensuite le peribolos, Vatrium et le narthex. On en montre l'origine 
dans le temenos du temple payen et dans l’atrium de la maison privée; on dé- 
termine le but de ces parties de la basilique chrétienne et on en donne une 
description détaillée. L’orateur montre également comment le bénitier de nos 
églises modernes n’est qu'une transformation successive du cantharus (ou fontaine) 
qui se trouvait au milieu de l’atrium. — L'église de St-Pierre n'élait pas entourée 
d’un peribolos; mais on peut supposer l'existence d'un atrium, sous forme de 
cloître, probablement du côté sud. L'existence du narthex ne pourra être prouvée 
que par des fouilles ultérieures, exécutées devant la façade de l'église. 

Passant à la basilique proprement dite, M. le Dr Bour traite d'abord du 
plan de l'édifice en général; puis il entre dans le détail des différentes parties 
de la construction (savoir: colonnes et piliers, architraves et arcades, plafond et 
toiture ; fenêtres et entrées) et en montre les analogies dans la basilique profane, 
— Dans St-Pierre nous aurons à voir, du moins pour la fin de la période méro- 
vingienne, une basilique à trois nefs, séparées par des colonnes (?); les tribunes 
font défaut, de même les fenêtres dans les nefs latérales: le plafond n'a dû être 
qu'une simple charpente, sans caissons. La fenêtre z (pl. I. Annuaire 1898), d'une 


und anderer hierher gehörigen Punkte (Altar, Ciborium, Cathedra, Subsellien, 
innere Dekoration und äussere Aubauten) muss wegen vorgerückter Stunde Ab- 
stand genommen werden. Es werden nur noch die Presbyteriumsschranken be- 
rücksichtigt, Ursprung, Form und Anlage erklärt und dabei das Relief von St. Peter 
ausführlicher gedeutet. Christus wird dargestellt, gekennzeichnet durch das über 
dem benimbten Haupte im Giebeldreieck hängende Kreuz, bekleidet mit Pallium 
und Tunica — letztere weit, aber fälschlich erhaben, ausgeschnitten —, die Rechte 
segnend oder sprechend emporhaltend. Der Daumen ist trotz der evident dem 
Beschauer zugewandten Handlläsche nach aussen gerichtet. Der Gegenstand in 
der Linken ist weder eine Fibula, weil zu gross, noch eine Hostie (in dieser 
Stellung später und näher gekennzeichnet), noch eine Bauschung des Gewandes 
(weil in diesem Falle die Falten nicht passen würden), sondern die Weltkugel 
(Weltscheibe ?). Abbildungen von früheren und gleichzeitigen Monumenten (b. Grisar, 
Geschichte Roms und der Päpste im Mittelalter, p.26, p.29,,p. 202 
Kraus, Roma Soterranea p. 275, Spamer, Konversationslexikon III p. 968 
Art. Deutschland) stellen sowohl die Kugel als auch das vermeintliche Bäffchen 
klar. Der Vortragende schliesst mit dem Wunsche, es möchten behufs definitiver 
Lösung der Frage über die ursprüngliche Bestimmung von St. Peter an be- 
stimmten Punkten weitere Ausgrabungen stattfinden. 

Dem lebhaften Beifall der Zuhörer giebt der Vorsitzende in warmen Worten 
beredten Ausdruck. 


Sitzung am Donnerstag, dem 25. Januar 1900, nachmittags 5 Uhr 
im Bezirkspräsidium. 


Anwesend der Vorsitzende, Dr. Wichmann, Dr. Wolfram, Dr. Grimme, Keune 
und etwa 35 Mitglieder. 

Neu aufgenommen wird Oberléhrer Abbé Mever, Metz, Arnulfschule. 
Darauf erteilt der Vorsitzende Herrn Professor Dr. Wichmann das Wort zu 
einem Vortrage: »Krieg um Metz in alter Zeit«. Der Vortragende vergleicht die 
Kriege von 1324, 1444 und 1552. Nach einer kurzen Darstellung der politischen 
Verhältnisse, durch welche diese Kriege herbeigeführt sind, geht er auf die Art 
der Kriegführung ein. Zunächst vergleicht er die Taktik und stellt fest, dass 
1324 eine eigentliche Belagerung von Metz nicht stattgefunden hat, sondern ledig- 
lich das Gebiet des Metzer Landes rings um Metz durchzogen und verwüstet 
wurde. 1444 wird Metz schon eingeschlossen, doch nicht so, dass es von aller Ver- 
bindung abgeschnitten gewesen wäre, erst 1552 erleidet es eine regelrechte Ein- 
schliessung und Beschiessung. Weiter vergleicht der Redner die Art der Waffen, 
die Zahl der Kämpfer, die Kampfesart, die Verluste, die Verproviantierung, geht 
dann auf die Persönlichkeiten der führenden Personen ein und schliesst mit einer 
Schilderung der Folgen, welche diese 3 Kriege für Metz gehabt haben. 

Der Vorsitzende dankt Namens der Anwesenden für die zuverlässige und 
wissenschaftlich gründliche Belehrung, die der Redner der Versammlung gegeben 
hat. Nach Professor Wichmann lest Direktor Keune einen Fund von Silbermünzen 
des 16. Jahrhunderts, die auf dem Fort Saulny zu Tage gekommen sind, vor. Des- 
gleichen bespricht er nochmals die Goldmünze, zu welcher Dr. Hund in der vor- 
letzten Sitzung ‚Erläuterungen gegeben und die er auf Robert von Burgund zurück- 
geführt hatte. Keune zeigt, dass es eine Münze Roberts von Bar (nach 1356) sei. 

Schluss der Sitzung 6'/2 Uhr. 


date plus récente, a été établie pour permettre aux habitants du couvent de voir 
ce qui se passait à l'intérieur de la basilique. 

L'heure étant avancée, l’orateur renonce à une description détaillée du 
presbylerium et de tout ce qui s'y rapporte: autel, ciborium, chaire épiscopale, 
sieges des prêtres. Passant également sur la décoration intérieure et les construc- 
tions extérieures qui font plus ou moins partie de la basilique, il s'arrête un 
instant sur le cancel dont il explique l’origine, la forme, la fin et vient enfin à 
parler du cancel de l’église St-Pierre, en particulier du relief, reproduit pl. 12. 
Ann. 1898. C'est l'image du Christ, la tête couronnée du nimbe; au-dessus dans 
le triangle du fronton la croix. Le Seigneur est revêtu du pallium et de la tunique, 
dont l'ouverture pour laisser passer la tête, au lieu d'être taillée dans la pierre, 
est représentée en relief. La main droite, levée pour bénir ou pour parler, est mal 
réussie en ce sens que le pouce est tourné à l'extérieur, quoique l'intérieur de 
la main est évidemment du côté du spectateur. L'objet que tient la main gauche 
n'est pas une fibula ou agrafe à cause de sa grandeur; ce n’est pas une hostie; 
plus lard seulement ou la représente ainsi dans la main de quelqu'un; du reste, 
la croix en indiquerait le caractère sacré; — ce n'est pas non plus une espèce 
de bourrelet dans l'habit que les plis semblent exclure. L'objet en question n'est 
autre chose que le globe terrestre (ou la terre sous forme de disque ?). En faisant 
circuler des reproductions de monuments plus anciens ou de la même époque 
que le cancel de St-Pierre, M. le Dr Bour démontre d'une manière visible la 
vérité de ses assertions par rapport au globe terrestre et par rapport au prétendu 
rabat. (Voir Grisar, Geschichte Roms u. d. Päpste im Mittelalter I p. 6, p. 29, p. 275; 
Kraus, Roma Gotteranea, p. 275; Spamer, Konversationslexicon III p. 968.) — En 
terminant, l’orateur exprime le désir de voir continuer les fouilles, du moins à 
certains endroits déterminés, afin de permettre aux archéologues de résoudre dé- 
finitivement la question de la destination primitive de l'édifice. 

M. le Président se fait l'interprète de l'assemblée en exprimant à l’orateur 
ses meilleurs remereiments. 

Séance du jeudi, 25 janvier 1900, à 5 heures de l'après-midi, 
à l'hôtel de la Présidence. 

Sont présents: MM. le Président, Wichmann, Wolfram, Grimme, Keune et 
environ 35 sociétaires. 

M. l'abbé Meyer, professeur à l’école St-Arnould, est recu membre de la Société. 

M. le Dr Wichmann, professeur, prend ensuite la parole pour entretenir 
l'assemblée sur »les guerres autour de Metz dans les temps anciens«. Il établit une 
comparaison entre les guerres de 1324, 1444 et 1552. Après avoir développé suc- 
cinctement les circonstances politiques qui ont été causes de ces guerres, il vient 
à parler de la manière dont ces guerres ont été faites. En comparant la tactique 
qui y a été employée, il constate qu'en 1314 il n’y a pas eu de siège proprement 
dit; l'ennemi s’est contenté de parcourir et de dévaster le pays aux alentours de 
Metz. En 1444 la ville a été cernée, il est vrai, mais toutes les communications 
n'ont pas été interrompues. Ce n'est qu'en 1552 qu'elle a subi un siège et un 
bombardement selon toutes les règles de l'art de la guerre. L'orateur établit en- 
suite une comparaison entre le genre des armes, le nombre des combattants, le 
genre de combat, les pertes, l’aprovisionnement des deux parties belligerantes et 
enfin les personnes qui furent à la tête des deux camps opposés, Il termine par 
une description des conséquences que ces trois guerres ont eu pour la ville de Metz. 


— 430 — 


Vorstandssitzung am Donnerstag, dem 15. Februar 1900, nachmittags 4 ‘4 Uhr 


im Bezirkspräsidium. 


Anwesend von Hammerstein, Huber, Wichmann, von Daacke, Paulus, Keune 
Wolfram, entschuldist Dr. Grimme. 

Auf der Strassburger Generalversammlung der deutschen Geschichts- und 
Altertumsvereine ist angeregt worden, den wissenschaftlichen Vereinen westlich 
des Limes eine Vertretung in der projeklierten römisch-germanischen Central- 
kommission des archäologischen Instituts zu sichern. Von Seiten der Vereine soll 
zur weiteren Verhandlung der Angelegenheit am Sonntag, dem 25. Februar“ in 
Frankfurt eine Beratung stattfinden. Archivdirektor Wolfram wird als Vertreter 
dorthin geschickt und es wird ihm Vollmacht erteilt, im Namen der Gesellschaft 
an den Beschlüssen teilzunehmen. Wünschenswert erscheint es, dass von den 
5 Vereinsvertretern nur 4 fest gewählt und 1 Platz immer für denjenigen Verein 
reserviert bleibt, in dessen Gebiete die Centralkommission Ausgrabungen vor- 
nehmen lässt. 

Der Antrag des Archivdirektors Professor Dr. Wiegand in Strassburg, Jahr- 
buch 4—10 für die Bibliothek des vatikanischen Archivs einzusenden, wird stalt- 
geseben. Diejenigen Bücher in der Bibliothek der Gesellschaft, welche nicht 
Vereinspublikationen sind, sollen der Archivbibliothek unter Wahrung des Figen- 
tumsrechts der Gesellschaft überwiesen werden. 


Sitzung am Donnerstag, dem 15. Februar 1900, nachmittags 5 Uhr 


im Bezirkspräsidium. 


Anwesend die vorgenannten Vorstandsmitglieder und etwa 30 Mitglieder. 

Neu aufgenommen werden Kreisdirektor Cordemann-Diedenhofen und Notar 
Bettembourg-Kurzel. 

Nach Vorlage der eingegangenen Vereinspublikationen erhält das Wort 
jibliotheksdirektor Abbe Paulus zu einem Vortrage: »Les manuscrits lorrains et 
messins de la bibliothèque nationale de Paris«e. Der Vortragende giebt zunächst 
Mitteilungen über die Bedeutung und den Gesamtumfang der Natialbibliothek und 
verbreitet sich dann eingehender über die Handschriften, welche für Metz und 
Lothringen von Interesse sind. Dank des Vorsitzenden. 

Nach Paulus spricht Museumsdirektor Keune über: »Die Inschriften “aus 
dem Gebiete des römischen Metz. Der Vortragende teilt die Inschriften in Bau-, 
Weih-, Grabinschriften und instrumenta, und erläutert an zahlreichen Beispielen 
ihren Inhalt und ihre Form. An Stelle des Vorsitzenden, der während des Vortrags 
abgerufen wird, dankt der Vicepräsident Huber. Schluss der Sitzung 6'}> Uhr. 


Sitzung am Donnerstag, dem 23. März 1900, nachmittags 5 Uhr 
im Bezirkspräsidium. 


Anwesend: Vicepräsident Huber, Professor Wichmann, Keune, Kaufmann, 
Paulus, Wolfram und etwa 25 Mitglieder. 


M. le Président remercie M#Wichmann pour les renseignements savants et 
approfondis qu'il vient de donner à l'assemblée. 

M. Keune présente ensuite une trouvaille de monnaies d'argent du 16e siècle 
faite au fort de Saulny. Il revient à parler de la monnaie d'or au sujet de la- 
quelle M. le Dr Hund avait donné des renseignements dans l’avant-dernière 
séance. Ce dernier crovait devoir attribuer cette monnaie à Robert de Bourgogne, 
faute - d'un autre duc portant ce nom au 14° siècle. M. Keune prouve ce- 
pendant qu'elle est de Robert de Bar, qui, d'abord comte, devint ensuite duc 
en 1364. 

La séance est levéé à 6 heures 1/2. 


Séance du Bureau du jeudi, 15 février 1900, à 4 heures !; de l'après-midi, 
a l'hôtel de la Présidence. 


Sont présents: MM de Hammerstein, Huber, Wichmann, de Daacke, Paulus, 
Keune, Wolfram. M. Grimme est empêché. 

Lors de l’assemblee générale des Sociétés d'histoire et d'archéologie de 
l'Allemagne on a fait la proposition tendant à assurer aux Sociétés savantes 
situées à l’ouest du »Limes« le droit de se faire représenter à la Commission cen- 
trale romano-germanique de l'Institut archéologique. Afin de débattre la question, 
ces Sociétés se réuniront en conférence le dimanche 25 février, à Frankfort sur- 
le-Main. 

M. le Dr Wolfram, directeur des archives, est chargé, au nom de la Société, 
d’assister à cette conference; le Bureau l’autorise à prendre part aux délibéra- 
tions. Il serait à désirer que, parmi les 5 délégués des sociétés, 4 fussent élus 
définitivement et que la 5? place restât toujours réservée à la Société, dans le 
ressort de laquelle la Commission centrale fait pratiquer les fouilles. 

Il est donné suite à la proposition de M.le Dr Wiegand, professeur et di- 
recteur des archives à Strassburg, qui consiste à ce que l’on envoie les volumes 
4—10 de notre annuaire à la bibliothèque des archives du Vatican. Les livres 
de la bibliothèque de la Société qui ne sont pas des publications périodiques de 
Sociétés savantes, seront versés à la bibliothèque des archives départements iles, 
sans préjudice du droit de propriété de la Société. 


Séance du jeudi, 15 février 1900, à 5 heures de l'après-midi, 
k à l’hötel de la Présidence. 

Assistent à la séance: Les membres du Bureau désignés ci-dessus et en- 
varon 30 sociétaires. 

Sont reçus membres de la Société: MM. Cordemann, directeur de l’arron- 
dissement de Diedenhofen, et Bettembourg, notaire à Kurzel. 

M: le Président fait circuler les publications historiques reçues en échange 
de notre annuaire, puis M. l'abbé Paulus, directeur de la bibliothèque de Metz, donne 
lecture d’un compte-rendu sur »les manuscrits lorrains et messins déposés à la 
bibliothèque nationale de Paris«. Il donne des renseignements sur l'importance 
et l'étendue générale de la bibliothèque nationale en faisant ressortir les manus- 
crits qui ont de la valeur pour Metz et la Lorraine. M. le Président remercie. 

M. Paulus ayant terminé, M. Keune, directeur du Musée, entretient 
l'assemblée.sur »les inscriptions à Metz sous l'époque romaines, L’orateur dis- 
tingue les inscriptions: gravées sur des édifices, les dédicaces aux divinités, les 


— 4852 — 


In Vertretung des erkrankten Vorsitzenden wird die Sitzung vom Vice- 
präsidenten Huber aus Saargemünd eröffnet. Nach Aufnahme von Professor 
Dr. E. Bour, Metz, Gutsbesitzer René Ditsch, Finstingen, und Leutnant Soltmann 
vom Infanterie- Regiment 174, Metz, wird Abbé Cuny das Wort erteilt zu 
seinem Vortrage über den Vertrag vom 23. August 1581 zwischen Karl IL von 
Lothringen und Philipp von Nassau - Saarbrücken. Das wichtige Abkommen 
betrifft insbesondere die Abtei Wadgassen, die Abtei Lubeln, die Herrschaft 
Bolchen und die Salinen von Salzbronn. Der Redner, der auch reiches, urkund- 
liches Material zur Vorgeschichte des Vertrags und der in demselben berührten 
Gebietsteile herangezogen hat, sutht namentlich die verschwommenen territorialen 
und hoheitsrechtlichen Verhältnisse klar zu stellen und geht zum Schluss noch 
näher auf den auch nach dem Vertrage sich fortsetzenden Streit über die Salinen 
ein. Der Schriftführer, welcher dem Redner dankte, hob besonders hervor, dass 
der Vortrag einen wesentlichen Beitrag zur lothringischen Territorialgeschichte 
gebe und bat um Fortsetzungen der einschlägigen Forschungen. Hierauf ergriff 
Baurat Morlok aus Diedenhofen das Wort, um Erläuterungen über die Auf- 
findung eines hochinteressanten römischen Steines zu geben, dessen Bergung ihm 
zu danken ist. Direktor Keune erklärte das Stück für ein an einem Kreuzweg 
aufgestellten Votivaltar oder einen Grenzstein. 

Der Schriftführer legt einen von Baurat Tornow erstatteten Bericht über 
die Auffindung dreier Bischofsstatuen in der Krypta der Metzer Kathedrale 
vor. Die eine Figur ist durch das beigegebene Wappen als Bildnis des Bischof 
Ademar von Monthil kenntlich; auch die beiden anderen gehören dem 14. Jahr- 
hundert an. 


Zum Schlusse besichtigt die Versammlung noch einen von Rittmeister a. D. 
tennen in Oberhomburg liebenswürdigst geschenkten Merkurstein. 


Schluss der Sitzung 6 !/» Uhr. 


inseriplions funéraires et les inscriptions appelées »instrumenta« et explique par 
de nombreux exemples leur contenu et leur forme. M. Huber, vice-président, re- 
mercie pour M. le Président qui s'est absenté avant la fin de la séance. 

La séance est levée à 6 heures !2. 


Séance du jeudi, 23 mars 1900, à 5 heures de l’apres-midi, 
à l'hôtel de la Présidence. 

Assistent à la séance: MM. Huber, vice-président, Wichmann, Keune, Kauf- 
mann, Paulus, Wolfram, membres du Bureau, et environ 23 sociétaires. 

En remplacement de M. le Président baron de Hammerstein, empêché pour 
cause de maladie, M. Huber, vice-président, occupe le fauteuil de la présidence. 

Sont reçus au nombre des membres de la Société: MM. le Dr E. Bour, pro- 
fesseur d'histoire ecclésiastique à Metz, René Ditsch, propriétaire à Finstingen, 
et Soltmann, lieutenant au régiment d'infanterie n° 174, à Metz. 

La parole est accordée à M. l'abbé Cuny pour entretenir l'assemblée sur 
le traité du 23 août 1581 entre Charles III de Lorraine et Philippe de Nassau- 
Saarbrücken. Cet important document concerne particulièrement l'abbaye de Wad- 
gassen, l’abbaye de Longeville-lès-St-Avold, la seigneurie de Boulay et les salines 
de Salzbronn. 

L’orateur mentionne une quantité de documents qui ont trait à l’époque 
précédant le traité et aux territoires qui en ont fait l’objet. Il cherche à éclaircir 
entre autres la situation si embrouillée des territoires et des seigneuries et parle 
ensuite des luttes qui ont été engagées au sujet des salines avant et après la 
conclusion du traité. Le secrétaire de la Société remercie au nom de l'assemblée 
et fait remarquer que la conférence de M. l'abbé Cuny est de nature à nous 
faire comprendre plus facilement l'histoire si compliquée des territoires lorrains. 
Il le prie de vouloir bien continuer ses travaux en ce sens. 

M. Morlock, conseiller d'architecture à Thionville, donne quelques ren- 
seignements au sujet d'un bloc de pierre sculpté très intéressant, datant de 
l’époque romaine, qu'il vient de découvrir et qu'il présente à l'assemblée. 
M. Keune, directeur du Musée, est d'avis que cette pierre représente, ou un autel 
votif ou une pierre de délimitation, plantée au croisement de deux routes. 

Le secrétaire soumet à l'assemblée un rapport de M. Tornow, conseiller 
d'architecture, par lequel il informe M. le Président qu'il a découvert trois sta- 
tues d’evöques dans la crypte de la cathédrale de Metz. Les armoiries sculptées 
sur l’une de ces statues sont de l’évêque Adémar de Monthil; les deux autres 
statues proviennent également du 14e siècle. 

Finalement l'assemblée prend encore connaissance d’un bloc de pierre sur 
lequel est représenté le dieu Mercure. M. Rennen, ancien chef d’escadron, à 
Oberhomburg, l'a mis gracieusement à la disposition de la Société. 

La séance est levée à 6 heures !/2. 


28 


Pe 


Verzeichnis 


der 


Mitglieder der Gesellschaft für lothringische Geschichte und Altertumskunde 


nach dem Stande vom 1. April 1900. 


TABLEAU 


DES 


MEMBRES DE LA SOCIÉTÉ D'HISTOIRE ET D’ARCHÉOLOGIE LORRAINE. 


1. Herr 
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29 


5, 


A. Ehrenmitglieder. — Membres honoraires. 
Dr. Kraus, Professor an der Universität Freiburg. 
E. Huger, Fabrikant, Saargemünd. 
LEMPFRID, Gvmnasialdirektor, Thann. 


B. Ordentliche Mitglieder. -- Membres titulaires. 
Apr, Kommerzienrat, Forbach. 
G. Apr, Fabrikbesitzer, Forbach. 
ALBERT, Notar, Saargemünd. 
ALEXANDER, Ludwig, Saarbureg. 
ALFELD, Stadtbibliothekar a. D., Metz. 
Dr. Anacker, Kreisarzt, Diedenhofen. 
Dr. Asverus, Sanitätsrat, Metz. 
Aupry, Kaufmann, St. Quirin. 
ÄUDERERT, Direktor der Mittelschule, Metz. 
Bac, Lehrer, Longeville. 
Dr. Barer, Regierungs- und Schulrat, Metz. 
Bargier, Niederlinder. 
VON BARDELEBEN, Generalleutnant z. D., Berlin W. 
JARTHELS, Apotheker, Saargemünd. 
Dr. Bastıan, prakt. Arzt, Lixheim. 
BavEr, Apotheker, Metz. 
JAzın, Notar, Metz. 
VAN DER BEGKE, Hüttendirektor, Ückingen. 
BECKER, Pfarrer, Lixheim. 
BECKER, Bauunternehmer, Metz. 
BENDEL, Oberlehrer am bischöll. Gymnasium, Montignv. 
BEntz, Abbé, Oberlehrer, Montigny bei Metz. 
BerGrozp, Mittelschullehrer, Metz. 
BERR, I. Beigeordneter, Saarburg. 


) 


Besten, Professor, Direktor der Realschule, Forbach. 
BETTEMBoURG, Notar, Kurzel. 


30. Bibliothek des Bezirksarchivs, Metz. 


31. 
32. 
33. 
34. 
35 


49. 
0. 
51. 


92. 


Bezirkspräsidiums, Metz. 


29 3 
A der Stadt Hagenau. 
3 des Landesausschusses für Elsass-Lothringen, Strassburg 


Herr Bickerx, Apotheker, Bolchen. 


„ 


DE 


Dr. Biscuorr, Notar, Diedenhofen. 

Biscuorr, Regierungsassessor, Strassburg 1. E. 

Dr. BrocH, Privatdocent, Strassburg i. E.-Ruprechtsau. 
BrumnAarpt, Regierungs- und Baurat, Metz. 

Bock, Vic a. d. Seille. 

Bour, Gemeinderatsmitglied, Metz. 

Bour, Abbé, Professor, Bitsch. 

Bour, Pfarrer, Deutsch-Oth. 

Dr. E. Bour, Professor, Metz, Priesterseminar. 

Bouvy, Oberlehrer, Montignv, 

Dr. BRAND, Sanitätsrat, Bürgermeister, Saarburg. 
Braxpr, Gutsbesitzer auf Kammerholz bei Lörchingen. 
Braun, Pfarrer, Mécleuves. 

Dr. Bremer, Professor, Bonn. 

BrickA, Ingenieur, Direktor der Glashütte, Vallerysthal. 
BROICHMANN, Gymnasiallehrer, Saarburg. 

Dr. Bruch, Regierungsrat, Metz. 

Buch, Ingenieur, Longeville. 


53. Bürgermeisteramt Bitsch. 


54. 
56. 
Dire 
DS. 
59. 
60. 
61. 
62. 
63. 
64. 
6. 
66. 
67. 
68. 
69. 
70. 
zul 
12. 
Tex 


RN Diedenliofen. 
5 Dieuze. 

er Forbach. 

» Metz. 

R Saaralben. 

= Saargemünd. 
A St. Avold. 


Herr Dr. Büsına, Landgerichtsrat, Metz. 


CaïLLoub, Baurat, Weissenburg. 

CHALER, Pfarrer, Waldwiese. 

CHALIGNY, Bürgermeister, Vic. 

CHATELAIN, Pfarrer, Wallersberg. 

CHATELAIN, Pfarrer, Montigny. 

CHAZELLE, Lehrer, Metz. 

Guristiany, Abbé, Seminaroberlehrer, Pfalzburg. 
CHRISTIANY, Archiv-Sekretär, Metz. 

Cousus, Pfarrer, Altrip. 

CORDEMANN, Kreisdirektor, Diedenhofen. 
Courte, Hauptlehrer, Metz. 

Cuny, Abbe, Montignv. 

von Daacke, Regierungs- und Forstrat, Metz. 
Darr, Polizeipräsident, Strassburg 1. E. 

DECKER, Notar, Kattenhofen. 

Dr. Derieusweiver, Gymnasialdirektor, Saarburg 1. L. 


1. 


E. 


28* 


— 456 


78. Direktion der Bezirksirrenanstalt Saargemünd. 

79. Herr Dırsc#, F. Rene, Gutsbesitzer, Finstingen. 
80. ,, Dünmer, Apotheker, Metz. 

81. ,, Döur, Baurat, Metz. 

82. ,„  Dorvaux, Direktor am Priesterseminar, Metz. 
83. ,, VAN DEN DRiEscH, Kreisschulinspektor, Metz. 
84. ,„ Duyarpin, Bildhauer, Metz. 

55. ,, Dr. Dünnter, Professor, Geheimer Regierungsrat, Berlin. 
86. ., Duroxr, Abbé, Insmingen. 

87. ,, Dr. Enter, Generaloberarzt, Metz. 

88. ,, Dr. Erxsr, Regierungs- und Schulrat, Metz. 
89. ,, Dr. men». Ernst, prakt. Arzt, Metz. 


90. ,„ Ernst, Bauinspektor, Saarburg 1. L. 
91. ,,  ErrinGer, Pfarrer, Puzieux. 
92. ,, Faye, Rentner, Lörchingen. 


93. ,„ Dr. FaymonviLLe, Metz. 

94. ,„ Dr. Ficker, Professor, Strassburg i. E.' 

95. vox FISENNE, Baurat, Garnison-Bauinspektor, Danzig. 
96. ,, Frrzau, Rechtsanwalt, Diedenhofen. 


97. . FreiscHer, Stadtbaumeister, Metz. 
98. ,, FLorANGE, Numismatiker, Paris. 
99. ,, FLoranGe, TH., Ingenieur, Brüssel. 


100. ,, Dr. FozzmanN, Professor, Metz. 

101. ,, FozscaWeILEr, Pfarrer, Morsbach. 

102. ,, Dr. FREUDENFELD, Kreisdirektor, Saarburg i. L. 

103. ,, Feiprıcı, Stadtarchivar, Metz. 

104. ,„ Frirscn, Abbé, Oberlehrer, Montignv. 

105. ,, FROMMHAGEN, Oberstleutnant, Weissenburg. 

106. FRORATH, Kommunalbaumeister, Diedenhofen. 

107. ,„ Fürst, Apotheker, Chäteau-Salins. 

108. , Freiherr von GAGERN, Kreisdirektor, Hagenau. 

109. ,, Garrzscu, Betriebsinspektor, Saarburg i. L. 

110. , Freiherr von GEMMINGEN, Kreisdirektor, Forbach. 
111. ,„  GEorGer, Bezirkstagsmilglied, Foulcrey. 

112. ,, _GEPPERT, Oberstleutnant, Strassburg i. E. 

113. ,„ Dr. Gittler, prakt. Arzt, Noveant. 

114. , Dr. GNÂpinGer, Gvmnasiallehrer, Metz. 

115. ,,  GoETz, Regierungssekrelär, Metz. 

116. ,„ Gouvy, Oberhomburg i. L. 

117. ,„ von GRAFENSTEIN, Rittmeister z. D., Neunkirchen. 
118. ,„  GnAUvOoGEL, Ingenieur, Oberhomburg i. L. 

119. ,„, vox Grimm, Hauptmann, Feld-Art.-Regt. 33, St. Avold. 
120. , Dr. Grimme, Oberlehrer, Metz. 

121. ,, Di. Grorkass, Bürgermeister, Rodemachern. 

122. Gymnasialbibliothek, Saargemünd. 

123. Herr Haas, Erster Staatsanwalt a. D., Geh. Justizrat, Metz. 
124. , Haren, Justizrat, Metz. 

125. ,, von Hagen, Oberleutnant im Infanterie-Regiment 174, Metz. 


126. Herr Haux, Oberlehrer, Grunewald bei Berlin. 

127. „ HarzBauEr, Forstmeister, Montigny. 

128. ,, Dr. Hazuer, Pfarrer, Diedenhofen. 

129. , Hamant, Abbé, Oberlehrer, Montigny. 

130. ,, Hamm, Justizrat, Metz. 

131. ,, HAMMERBACHER, Leutnant, Dieuze. 

132. „ Freiherr von Hamnmerstein, Bezirkspräsident, Metz. 
133. „ Dr. Hanıer, Landrat a. D., Landonvillers. 

134. ,, Hartmann, Notar, Saaralben. 

135. ,„ Dr. Hasse, prakt. Arzt, Diedenhofen. 

136. ,, Haupt, Oberst a.D., Giessen. 

137. ,„ Freiherr von Hausen, Hauptmann z. D., Loschwitz. 
138. ,„  v. Heerıngen, Oberst u. Brigadier d. 4. Gendarmerie-Brigade, Magdeburg. 
139. ,„ Heim, Bürgermeister, St. Avold. 

140. , Heister, Bezirkstagsmitglied, Metz. 

141. „ Henxeouım, Notar, Wallersberg. 

142. ,„ Herring, wissenschaftlicher Hülfslehrer am Lyceum Metz. 
145. ,, Heruesrrorr, Photograph, Metz. 

144. „ Herrmann, Lycealdirektor, Metz. 

145. ,, Dr. Hermann, Professor, Montignv. 

146. ,, Hertzog, Architekt, Metz. 

147. ,„ Dr. Herrzoc, Spitaldirektor, Colmar. 

148. ,„ HeypeGcer, Baurat, Metz. 

149. ,„ Dr. Heyues, Pfarrer, Walscheid. 

150. „ Hirermann, Hauptmann, Infanterie-Regiment 157, Brieg i. Schl. 
151. „ Hinrichs, Oberförster, Beauregard b. Diedenhofen. 
152. „ Horrmann, Baurat, Saarburg i. L. 

153. ,„ Dr. Horrmann, Oberlehrer, Longeville. 

154. ,„ Dr. Horrmann, Professor, Metz, Arnulfschule. 

155. „ Hovrerr, Redakteur des « Lorrain », Metz. 

156. ,„ Hourr, Pfarrer, Gosselmingen. 


157. ,„ Hueer, Ingenieur, Beauregard b. Diedenhofen. 
158. ,, Hücx, Leo, München. 


159. „ Dr. Huxp, Archivassistent, Metz. 

160. ,, Dr. M. Jaunez, Saargemünd. 

161. ,„ JEAN, Pfarrer, Dürkastel. 

162. ,„ ILse, Forstassessor, Oberhomburg i. L. 
163. ,„ Dr. Josten, Professor, Metz. 

164. ,, Inte, Amitsgerichtsrat, Bitsch. 


165. ,„ JunG, Oberrealschullehrer, Metz. 
166. , Karcher, Gutsbesitzer, Neunkirchen. 
167. ,„ Dr. Kaurmann, Oberst a. D., Queuleu. 


168. ,„ Kavser. Resierunesrat, Colmar i. BE. 
2) ? D 
169. Keiz, Kommunalbaumeister, Metz. 
2) ) ? 
170. ,„, Kerrer, Hauptlehrer, Gorze. 
171. ,„. Dr. Keune, Direktor des Metzer Museums, Montligny. 
172. ,, Kincu, Abbé, Escheringen. 
173. ,  Kincuner, Kreisbauinspektor, Wohlau i. Schl. 


174. Herr Krıcne, Divisionspfarrer, Montignv. 

175. ,,  KLINGLER, Lehrer, Metz. 

176. ,,  Krorstecn, Ober-Stabsarzt, Saarburg. 

177. ,„ Knaur, Oberpostdirektor, Metz. 

178. ,, v. D. Kxeseseck, Oberstleutnant, Strassburg 1. E. 
(70 KNITTERSCHEID, Baural, Metz. 

180. ,„ Freiherr von Kramer, Bürgermeister, Metz. 
181. ,,  Kreps, Oberst, Metz. 


182. ,, KRrEnER, Erzpriester, Mörchingen. 
183. ,„ Krüger, Professor, Metz. 

184. ,, Krürer, Hauptlehrer, Metz. 

185. ,„ Kücazy, Erzpriester, Saarburg. 


186. ,, Künne, Leutnant im Infanterie-Regiment 136, Dieuze. 


157. ,  Lagroise, Landesausschussmitglied, Wuisse. 
188. ,, Dr. Lacer, Domkapitular, Trier. 


189. , Lang, Buchdruckereibesitzer, Metz. 

190. ,, LanzBErG, Amtsgerichtsrat a. D., Vic. 

191. Larue, Mittelschullehrer, Metz. 

192. ,,. Lauge, Bauingenieur, Ars a. d. M. 

193. Lazarp, Kommerzienrat, Metz. 

194. ,, Leiner, Gerichtsvollzieher, Château-Salins. 
195. , Lemoine, Kreisschulinspektor, Chäteau-Salins. 
196. ,,. Leronp, Lehrer, St. Julien. 


197. ,, Lespranp, Abbe, Oberlehrer, Montigny. 

198. ,, LeucxerrT, Notar, St. Avold. 

199. ,„ Levy, J., Notar, Saarburg. 

200. ,, Levy, Kaufmann, Saarburg. 

201. ,, Freiherr von Liegenstein, Polizeipräsident, Metz. 
202. ,„ von Lorper, Bürgermeister, Saargemünd. 

203. ,„ Lorenz, Ingenieur, Karlsruhe. 


204. Lothringer Bürgerzeitung, Diedenhofen (Metz). 

205. Lothringer Zeitung, Metz. : 
206. Herr Lücker, Oberstleutnant, Kommandeur d. Fuss-Artillerie-Regiments 8, Metz 
207. , 
208. ,, Lupus, Buchhändler, Metz. 

209. ,„ Lurz, Brauereibesitzer, Saarburg. 

210. Lyceum, Metz. 

211. Herr Dr. MarckwArn, Bibliothekar, Strassburg 1. E. 


De. LupewiG, Oberstabsarzt, Metz. 


212. ,, Frhr. MarscHazz v. BixpersTEIN, Oberleutnant, Infanterie-Regt. 98, Metz. 
213. ,„ Dr. Marrın, Professor, Strassburg i. E. 

214. ,„ Dr. Marin, Abbe, Nancy, Ecole St. Sigibert. 

215. ,,  Martzour, Oberförster, Chäteau-Salins. 

216. ,,  Mavkıecher, Kreis-Bauinspektor, Chäteau-Salins. 

217. ,„ Dr. MEıseL, Geheimer Sanitätsrat, Metz. 

218. ,, Mexpzer, Kreisschulinspektor, Saargemünd. 


219. ,„ Mennv, Kreisdirektor, Château-Salins. 
220). ,„ Mer, Rentamtmann, Chäteau-Salins. 
221. Messin, le, Metz. 


FE 


— :459 — 


222. Metzer Presse, .Metz. 
223. Herr MEuriN, Hvpothekenbewahrer, Saargemünd. 


224. 
225. 
226. 
227. 
228. 
229. 
230. 
231. 
232. 
233. 
234. 
236. 


238. 
239. 
240. 
241. 
242. 
243. 
244. 
245. 
246. 
247. 
248. 
249. 
250. 
251. 
252. 
253. 
254. 
255. 
256. 
291. 
258. 
299. 
260, 
261. 
262. 
263. 
264. 
265. 
266. 
267. 
268. 
269. 


„ 


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22 


3) 


Dr. Meyer, prakt. Arzt, Saarburg. 

Meyer, Abbé, Oberlehrer, Metz, Arnulfschule. 

Morrock, Baurat, Diedenhofen. 

Dr. Mosser, Bürgermeister, Amanweiler. 

Mürrer, Arpnons, Mitarbeiter der Monumenta Germaniae, Berlin. 
Nezs, Konsul, Johannesburg in Transvaal. 

NEUBAUER, Regierungssekretär, Metz. 

NEuBOURG, Hauptmann, Dieuze. 

Ney, Oberforstmeister, Metz. 

NIEDERKORN, Pfarrer, St. Johann-Rohrbach. 
NIGETIET, Seminardirektor und Schulrat, Metz. 
NorDMANN, Grenzpolizeikommissär, Amanweiler. 


Oberrealschule, Metz. 
237. Herr Dr. von ÖESTERLEY, Regierungsassessor, Metz. 


2) 


2) 


1) 


‘OuxGEer, Mittelschullehrer, Metz. 


Orprter, Landrichter, Metz. 

PAEPRE, Garnisonbauinspektor, Saarburg. 
Pari, St. Julien. 

Paurus, Abbé, Direktor der Stadtbibliothek, Metz. 
Dr. PAworeck, Sanitätsrat, Bolchen. 
Perir, Pfarrer, Augny b. Metz. 
PönLmann, Oberregierungsrat, Metz. 
Poirier, Pfarrer, Peltre. 

Porrsox, Seminarlehrer, Metz. 

Pünner, Kreisschulinspektor, Metz. 
Racöczv, Generalsekretär, Metz. 


Realschule, Forbach. 
Herr Dr. Rec, Gymnasial-Direktor, Montigny. 


29 


ıecH, Mittelschullehrer, Metz. 

Dr. REBENDER, Professor, Metz. 

EME, Redakteur der Metzer Zeitung, Metz. 

RENNEN, Rittmeister a.D.u. Generaldirektor d. Stahlwerke, Oberhombureg 1. L. 
Rernarz, Forstmeister, Alberschweiler. 

Reısen, Techn. Eisenbahnbetriebssekretär, Beauregard b. Diedenhofen. 
DR. Reumont, Abbé, Montignv. 

Reurer, Kommunalbaumeister, Bolchen. 

RHEINART, Regierungsassessor, Saargemünd. 

RicHARD, Bürgermeister, Rozerieulles. 

Rıcnarp, Mittelschullehrer, Metz. 

Rıcnarn, Lehrer, Moulins. 

Freiherr von Rıcnrnoren, Baurat, Metz. 

Rıck, Gewerberat, Metz. 

urr, Oberförster 
EDLER, Leutnant im Infanterie-Regiment 98, Metz. 


, Alberschweiler. 


{ÖHRIG, Rechtsanwalt, Metz. 
Rock, Bürgermeister, Weiher, Post Alberschweiler. 


— A 


270. Herr Roos, Rentamtmann, Lörchingen. 

271. ,„ RornerneL, Ingenieur, Chäteau-Salins. 

Roerr, Kreisbauinspektor, Schlettstadt. 

273. „ Sanson, Pfarrer, Aulnois. 

274. ,, SAUERESSIG, Oberlehrer, Metz. 

275. ,, Dr. H..V. SAUERLAND, Trier. 

276. ,„ ScABELL, Major, Saarburg. 

277. ,„, VAN DER SCHAAF, S. Gravenhagen, Raamstraat 29. 


278. ,„ ScuaAntz, jun., Freiwald bei Finstingen. E 
279. „ Scenarrr, Buchhändler, Diedenhofen. 
280. „ ScHENMEL, Wasserbauinspektor, Saargemünd. 


281. ,„ ScHEnECKER, Notariatsgehilfe, Busendorf. 

282. ,„ Scnieer, Oberlandesgerichtsrat, Colmar. 

283. „ ScuLosser, Gutsbesitzer, Drulingen. 

284. „ Dr. J. vox Scntungerger, Präsident des Landesausschusses, Gebweiler. 
285. VON SCHLUNBERGER, Gutsbesitzer, Gutenbrunnen, Kreis Zabern. 
286. , Dr. Schuieor, Generaloberarzt a. D., Metz. 

287. „ Scnörruın, Major, Infanterie-Regiment 53, Köln. 

288. „ SCHRADER, Apotheker, Mondelingen (Lothr.). 

289. „ SCHREIBER, Amtsrichter, ‚Sierck. 

290. ,„ Dr. ScHrick, Sanitätsrat, Metz. 

291. ,„ Scarôper, Oberförster, Bolchen. 

292. „ Scrwexp, Regierungsbaumeister, Metz. 

293. „ Scrısa, Hofbuchhändler, Metz. 


294. ,„ SEEGER, Kreisdirektor, Bolchen. 
295. ,„ SEICHEPINE, Kaufmann, Chäteau-Salins. 


296. Seminar für Geschichte des Mittelalters an der Universität Strassburg. 
297. Herr Dr. SENGEL, Sanitätsrat Forbach. 

298. Dr. SEIFERT, Professor, Metz. 

299. ,, SIBILLE, Notar, Vic. 

300. „ Sie, Bürgermeister, Lellingen, Kr. Forbach. 

301. ,, Size, Abbe, St. Julien. 

302. ,„ Sreserr, Bürgermeister, Oberhomburg 1. L. 

303. „ Sımerz, Leutnant, Infanterie-Regiment 131, Longeville. 
304. „ Sorrmann, Leutnant im Infanterie-Regiment 174, Metz. 
305. ,, Sommer, Generalmajor, Colmar 1. E. 

306. ,, Dr. SorGius, Notar, Bolchen. 

307. Staatsarchiv, Coblenz. 

308. Herr Dr. SraAcH von GOLTZHEIM, praktischer Arzt, Dieuze. 
309. „ Dr. Stern, praktischer Arzt, Metz. 


310. ,, Srırr, Notar, Busendorf. 
311. Strasser, Generalleutnant z. D., Wiesbaden. 
2) ’ ? 


312. „ Da. STÜNKEL, Professor, Metz. 
313. „ Tuaizmonr, Pfarrer, Oberginingen. 


314. ,, Terra, Glasmaler, Metz. 

315. .„ Tmmrıor, des Freres-Pröcheurs, Corbara (Corse). 
316. ,, Tunis, Abbé, Oberlehrer, Montigny. 

317. ,, Dr. Tunis, Oberlehrer, Strassburg 1. E. 


li — 


518. Herr Tnisse, Lehrer, Delme. 


319. 
320. 
321. 
B22. 
BP: 
324. 
325. 
326. 
Ball. 
328. 
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332: 
333. 
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B3D. 
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B3l. 
338. 
Ball: 
340. 
341. 
342. 
343. 
344. 
345. 
346. 
DA 
348. 
349. 
350. 
351. 
392. 
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354. 
90), 
326. 
DONE 
358. 
350. 
360. 


donné 


2) 


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») 


Tomas, Amtsgerichtssekretär, Lörchingen. 
TuorELLE, Pfarrer, Lorrv-Mardigny. 

Dr. TurAEMER, Professor, Strassburg. 

Dr. Tuupıcnun, Professor, Tübingen. 

TiLLESSEN, Oberst, Metz. 

Torxow, Regierungs- und Baurat, Metz. 

Trapp, Regierungs-Bauführer, Strassburg. 

Unr, Salineningenieur, Berka a. d. Werra. 

Ury, Oberrabiner, Strassburg i. E. 

Baron Üxkürr, Gutsbesitzer, Les Bachats b. Langenberg. 
VALLET, Peter, Landesausschussmitglied, Loerchingen. 
DE VERNEDI, Kreistagsmitglied, Fleury. 
VETTER, Amtsrichter, Weiler b. Schlettstadt. 
Graf v. Virrers, Kreisdirektor, Metz. 

Viorraxp, Landesausschussmitglied, Pfalzburg. 
VUILLAUME, Erzpriester, Vic. 

WacGxer, Domherr, Metz, Arnulfschule. 
WAGNER, Ingenieur, Beauregard b. Diedenhofen. 
WAGNER, Pfarrer, Freisdorf. 

Waux, Stadtbaurat, Metz, 

Dr. WALTHER, Notar, St. Avold. 

WEBER, Banquier, Bolchen. 

WEBER, Pfarrer, Diedersberg, Post Albesdorf. 
Weis, Gymnasialoberlehrer, Saarburg. 

WELTER, Notar, Lörchingen. 

WELTER, Symphorian, Redingen. 

Dr. WEXDIING, Oberlehrer, Diedenhofen. 

Dr. Werner, Apotheker, Bolchen. 

WETTER, Pfarrer, Deutsch-Avricourt. 

Dr. WEYLAND, Pfarrer, Vernéville. 

Dr. Wıcnmann, Professor, Metz. 

Professor Dr. WıeGann, Archivdirektor, Strassburg i. E. 
Dr. WiNGKELMANN, Stadtarchivar, Strassburg i. E. 
Winkert, Kaufmann, Metz. 

Dr. Wire, Professor, Hagenau. 

Dr. Worrram, Archivdirektor, Metz. 

Worrer, Bürgermeister, Forbach. 

ZEHLER, Major, Weissenburg. 

Dr. ZÉLIQZON, Oberlehrer, Metz. 

ZIMMERMANN, Apotheker, St. Avold. 

ZwickEr, Abbé, Metz. 

ZWILLING, Oberförster, Dieuze. 


Von den 349 Mitgliedern des Vorjahres sind 25 ausgeschieden. Neu ein- 
getreten sind 36, sodass ein Zuwachs von 11 Mitgliedern zu verzeichnen war. 


L'année dernière, la Société comptait 349 membres, sur lesquels 25 on! 


leur démission. Depuis, 36 nouvelles inscriptions ont eu lieu, en sorte 


que cette année le chiffre des membres est en avance de 11 sur celui de l'année 
précédente. 


Br 


‘Der Vorstand besteht bis zum 1. April | Jusqu'au 1% avril 1900 le bureau se 
1900 aus den Herren: - | compose de MM. 


Freiherr von HAmMERSTEIN, Vorsitzender. 

Fabrikant Huser, Saargemünd, stellvertretender Vorsitzender. _ 
Archivdirektor Dr. Worrranm, Schriftführer. 

Professor Dr. Wıcnmann, stellvertretender Schriftführer. 
Regierungs- und Forstrat von DAACkE, Schatzmeister. 
Museumsdirektor Dr. KEuNE, Montigny 

Kreistagsmitglied pe VERNEUIL, Fleury 

Professor Abbé Dorvaux, Direktor am Priesterseminar 
Stadtarchivar Friprıcı 


à Beisitzer. 
Notar WELTER, Loerchingen : 
Oberlehrer Dr. GRIMME 
3ibliotheksdirektor Abbé Pavrvs, 
Oberst a. D. Dr. Kaurmann, Queuleu 
Der erste Schriftführer — Le Secretaire: 


Archivdirektor Dr. Wolfram. 


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