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Full text of "Jahrbuch der Hamburgischen Wissenschaftlichen Anstalten"

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HARVARD    UNIVERSITY 


LIBRARY 

OF  THE 

MUSEUM  OF  COMPARATIVE  ZOÖLOGY 


\Jui.;bL.   i^2.n 


JUL  2  S  1929 


Jahrbuch 


der 


Hamburffischen 

^  i  i.  l;  /.  ' 

Wissenschaftlichen  Anstalten. 


II,  Jahrgang. 


Hamburg  1885. 

Gedruokl,  liei  Tli.  (i.  Mcissuer,  K.  H.  Senats  Buchdrucker. 


Stadtbibliothek 

Bericht  des  Directors  Professor  Dr.  Eyssenhardt 

in  die  durch  den  am  31  December  1883  erfolgten  Austritt 
des  Herrn  Dr.  Waliher  freigeworden^e  zweite  Secretairstelle  wurde  von 
der  I  Sectiou  der  Oberschulbehörde  am  8  Januar  1884  Herr 
Dr.  juris  Alfred  Kuesfer  gewählt.  Derselbe  war  seit  dem  1  Juni  1878 
als  Hültsarbeiter  an  der  Bibliothek  thätig. 

Am  8  Mai  1884  beschloss  die  Section  von  der  Anstellung 
eiues  stündigen  Hülfsarbeiters  für  jetzt  abzuseilen,  sich  aber  damit 
einverstanden  zu  erklären,  dass  der  in  Artikel  !);>  Ruljr.  1  des  Staats- 
budgets für  1884  für  einen  Hülfsarbeiter  bewilligte  Betrag  von  ^2500 
im  laufenden  Jahre  für  die  der  Stadtbibliothek  auf  Anordnung  des 
Directors  zu  leistende  Hülfsarbeit  verausgabt  werde.  Denniach  wurde 
mit  (Jenehmigung  der  I  Section  der  Oberschulbeluirde  am  1  Juli 
Herr  Dr.  piiil.  Jolimui  Friedrich  Vof/elreidcr  zu  Avisseuschaftlicher  und 
am  1  August  1884  liohert  ßlmund  Dietrich  Vollmer  zu  technischer 
Hülfsarbeit  berufen. 

Der  Bücherbestand  der  Bibliothek  wurde  nach-  Ausweis  des 
Accessionskataloges  um  317fi  Nummern  vermehrt,  von  denen  durch 
Schenkung  2108  Nummern  erworben  wurden.  Dazu  kamen  die  Zeit- 
schriften, von  welchen  l(i(i  gehalten  werden;  bei  den  letzteren  lässt 
sich  die  Zahl  der  Bände  nicht  genau  feststellen,  da  sich  das  Er- 
scheinungsjahr nicht  immer  mit  dem  Kalenderjahre  deckt;  man  kann 
vielleicht  circa  200  Bände  auf  das  Jahr  rechnen. 

A'on  grösseren  Schenkungen  haben  wir  besonders  hervorzuheben 
eine  Anzahl  Werke  aus  verschiedenen  Gebieten,  welche  uns  aus  der 
Erbschaft  des  Herrn  GiDüher  Gensler  zufielen,  sowie  eine  Sammlung, 
meist  der  Niederländischen  Literatur  angehöriger  Bücher,  welche  Herr 
/leinrieh  Glimmann  der  Bibliothek  überwies.  Aus  dem  Nachlass  des 
Herrn  Friedricli  Gilhow  fiel  uns  ein  werthvolles  Üelgemälde,  Portrait 
Handels,  zu. 

Das  Lesezimmer  Avurde  von  3520  Personen  besucht,  welche 
8GÜU  Werke  benutzten. 

Ausgeliehen  wurden  in  Handjurg  74',I8  gedruckte  Bücher. 

Nach  41  auswärtigen  Orten  fanden  Büchersendungen  statt,  und 
zwar  wui'den  versandt  nach:  Harburg  24  Bände,  Lübeck  20,  Bargstedt 


]Y  Stiultbil.iliutlK'k. 

IS,  Gestemünde  17,  Cuxhaven  und  Neukloster  je  14,  iSclileswig  l'^, 
Kiel,  Lauenburg  und  Neukaien  je  11,  Breslau  10,  München  9,  Berlin 
und  Süderhastedt  je  8,  Güstrow,  Meischendorf  und  Rostock  je  5, 
Bremen,  Göttingen,  Heidelberg,  Krempe,  Marburg  und  Rendsburg  je  4, 
Altenburg,  Bargum,  Gent,  Halle,  Magdeburg  und  Schwerin  je  3,  Eutin, 
Höxter,  Jever,  Lüneburg,  Tübingen,  Werningerode  und  Zwickau  je  2, 
Niederkrüchten,  Gr.  Ottersleben,  Stockholm,  Strassburg  und  Stuttgart  je  1, 

Handschriften  wurden  benutzt  von  Einheimischen  12,  nach  aus- 
wärtigen Bibliotheken  versandt  4. 

Die  Gesammtzahl  der  Entleiher  betrug  G5(). 

Neben  den  regelmässig  weitergehenden  bibliothekarischen 
Arbeiten  ist  die  Uebertragung  des  Real-  in  den  Nominalkatalog  im 
vergangenen  Jahre  für  die  Fächer  PJ,  Theologische  Polemik,  und  PK, 
Theologische  Irenik.  sowie  für  den  vierten  Theil  von  PL,  Praktische 
Theologie,  und  für  (^^L  Philologie  der  nord-,  ost-,  mittel-  und  süd- 
asiatischen Völker  und  der  asiatischen  Indogermanen,  und  etwa  den 
sechsten  Theil  von  QH,  Hebräische  (Rabbinische)  Philogie,  beendigt 
worden.  Gelingt  es,  diese  Arbeit  in  den  nächsten  Jahren  in  ähnlicher 
Weise  zu  fördern,  so  kann  die  Bibliothek  einer  wirklichen  Ordnung 
ihrer  Kataloge,  die  bis  jetzt  vielfach  nur  zum  Scheine  vorhanden  war, 
entgegensehen. 

Li  genauem  Zusammenhange  hiermit  steht  die  in  Angriff  ge- 
nommene und  wenigstens  für  den  philologischen  und  theologischen 
Saal  durchgeführte  Erneuerung  der  Bordsignaturen.  Dieselben  sind, 
soweit  sich  ermittehi  liess,  in  dem  bei  weitem  grössten  Theile  der 
Bibliothek  seit  dem  Jahre  1872  nicht  erneuert  Avorden,  und  stimmen 
deshalb  fast  nirgends  mehr  mit  den  auf  den  Brettern  stehenden 
Büchern.  Die  Beendigung  dieser  unerlässhchen  Arbeit,  ohne  deren 
Ausführung  ein  Buch  nur  schwer  zu  finden  ist,  erhoffen  wir  im 
nächsten  Jahre. 

Ln  Gemäßheit  der  Vorschrift  des  Gesetzes  vom  21  Mai  1883 
wurde  zu  Ostern  1884  Heft  I  der  „Mittheilungen  aus  der  Stadt- 
bibliothek zu  Hamburg"  herausgegeben. 

Dieselben  enthalten  ungedruckte  Stücke  aus  dem  Werke  des 
Damascius  linooiai  /.cd  LvGtic,  ein  bisher  nicht  gedrucktes  spanisches 
religiöses  Gedicht,  und  ein  bisher  ebenfalls  noch  nicht  herausgebenes 
Breve  Urban's  VHI,  dessen  Existenz  mau  nur  vermuthet  hatte,  und 
worin  der  Papst  dem  Spanischen  Dichter  Quevedo  auch  für  den  Fall 
seiner  Verheirathung  gewisse  Pfründen  lässt. 


Bi)tanis('lior  Garton.  V 

Botanischer  Garten. 

Bericht  des  Professors  Dr.  H.  &.  Reiclienbach. 

Zuvörderst  sei  die  fast  vollendete  Fertigstellung  des  Gitters 
hervorgehoben,  welche  nunmehr  der  Anstalt  einen  sehr  lange  entbehrten 
Schutz  bietet. 

Die  Bepflanzung  des  voriges  Jahr  entholzten  Areals  hat  nunmehr 
Statt  gefunden.  Es  wird  die  Aufgabe  sein,  dasselbe  nach  Entfernung 
des  unbrauchbar  gewordenen  Buschwerks  auf  Seite  der  neuen  Strasse 
durch  neue  Sträucher  und  Bäume  derartig  einzurahmen,  dass  der  Blick 
auf  Häuser  und  städtisches  Treiben  gehemmt  wird.  Dann  wird  das 
stille  abgegrenzte  Gebiet  seinen  leider  augenblicklich  nothgedrungen 
genommenen  Reiz  wiederum  gewinnen.  Eine  Wasserleitung  fehlt  noch 
immer.  M(")ge  der  folgende  Sommer  nicht  zu  grosse  Trockenheit  bringen. 
In  dem  Uebergangszustand,  in  dem  sich  die  Anstalt  befindet,  wo  die 
schönen  alten  Vorräthe  durch  Strassenbau  vernichtet  sind  und  die 
neuen  Pflanzungen  Jahre  bedürfen,  ehe  sie  sich  behaglich  einrichten, 
haben  wir  einen  mebrfach  beengten  Zustand  zu  erleiden. 

Bei  der  Vermehrung  unserer  Bestände  kam  es  wesentlich  darauf 
an,  energisch  einen  der  grössten  Uebelstände  zu  beseitigen,  den  Mangel 
an  Holzgewächsen.  Oftenbar  ist  lange  Zeit  hindurch  jede  Lücke  durch 
Kxemplare  der  schon  vorhandenen  Arten  ausgefüllt  worden.  Die 
Mehrzahl  der  (Koniferen  kann  überdies  nicht  mehr  gezogen  werden. 
Der  Kohlenstaub  tödtct  viele  dieser  Pflanzen. 

Wir  haben  eine  statthche  Anzahl  auserlesener  Gehölze  von 
Herrn  Dr.  T)iecl:  auf  Zr»schen  bei  Merseburg  erhalten  und  wenn  einige 
Jahre  in  dersell)en  Weise  fortgefahren  wird,  wird  die  Sammlung  ganz 
anders  erscheinen,  als  ehedem.  Grosse  Schwierigkeiten  bereitet  die 
Zeit  der  Pflanzung,  da  im  Erühjahr  oft  kaum  ein  paar  Wochen  Bezug 
und  Einstellung  gestatten..  Eine  Reihe  von  Käufen  wurden  gemacht 
bei  den  Herren  Haage  &  Schmidt,  F.  A.  Haage  jun.,  Biipiwl  &  Klinli 
(P.  Smith  &  Co.),  Sander. 

Geschenke  erhielten  wir  von  den  Herren  Senator  Hayn  (Capsicum 
little  gem.  Williams),  L.  F.  Blolim  hier  (mehrere  Hedera  Helix  arborea), 
Baron  von  Müller  in  Melbourne  (Cycadeensamen),  Xolte  in  Buenos  Ayres 
(Bromeliaceen  und  Orchideen),  Relinghausen  (Orchideen  aus  Brasilien), 
Schlossermeister  Keding  (sechs  Orchideen),  Klempnermeister  Meyer 
(mehrere  Zwiebelgewächse).  Unter  den  vom  Referenten  gelieferten 
Objecten  befindet  sich  eine  Sammlung  (Orchideen  aus  Cochinchina. 


VI  Sloniwario. 

Getauscht  liabon  wir  mit  dem  kaiserlichen  I>otanischen  Garten 
zu,  St.  Petershurg-,  dem  grosslierzoglichen  Garten  zu  Gnrlsrulie,  dem 
königlichen  Berggarten  zu  TTerrenhausen  hei  Hannover,  mit  Herrn 
Consnl  Kicnasf-ZöU;/,  ITir.^l.iuden-Ziirich,  M<i(](mss-(jYa\)()yv.  i\Iecklenl)nrg- 
Schwerin. 

Unsere  Ausstellungen  sind  in  der  ii])lichen  Weise  ausge- 
führt worden. 

Für  Unterrichtszwecke  lieferten  wir  220  408  Exemplare. 

Die  Vorträge  iiher  Botanik  für  Lehrer  hehandelten  im  Sommer 
und   Winter  alle   Discijdinen   dieser  Wissenschaft  wie  ehedem. 

Die  Olierschulhehörde  hat  es  angeordnet,  dass  dem  neuhe- 
grüudeten  Botanisclien  Garteu  zu  l»ostock  von  Seiten  der  }Iaml)urger 
Anstalt  freunillich  Hülfe  geleistet  werde.  Iss  sind  zunächst  180  Arten 
Kalthauspflanzen  dorthin  gesou(hH  und  nntürlich  mit  wärm.stem  Danke 
angenommen  worden.  .Vis  der  Haml)urgische  Botanische  Garten  he- 
gründet  wurde,  hat  derselht-  in  iihidicher  Art  vielfache  Unterstützung 
erhalten. 


Sternwarte. 

Bericht  des  Direktors  Dr.  George  Riimker. 

Die  Witterung  des  v(n'flosspnen  Jahres  wnr  der  heohachtendon 
Thätigkeit  unserer  Sternwarte,  hesonders  in  der  ersten  Hälfte  dessellien, 
wenig  günstig,  und  es  konnten  nur  an  127  Nächten,  je  nach  dem  Zu- 
stande der  Luft,  längere  oder  kürzere  Zeit  hindurch  Beohachtungen 
augestellt  werden. 

Die  den  Beohachtinigen  günstigen  Nächte  vertheilten  sich  nuf 
die  einzelnen  Monate  wie  folgt:  Im  Januar  hatten  wir  8  theilweise 
heitere  Nächte,  im  Fehruar  0,  März  10.  April  10,  Mai  10,  Juni  !), 
Juli  8,  August  10,  Septemher  18,  Oktober  12,  Novend)er  1  :>  und 
Dezember  10. 

An  den  Meridianinstrnnienten  wurden,  abgesehen  von  den  fiii- 
die  Zeitbestimmungen  erforderlichen  Beobachtungen,  vorzugsweise  die 
Bestimmungen  von  Fi.xstern-  und  Planetenpositionen  fortgesetzt,  und 
an  dem  Aequatoreal,  neben  einer  Reihe  v(m  Doppelsternbestimmungen, 
namentlich  die  im  vorigen  Jahre  erschienenen  Kometen  und  einzelne 
der  kleinen  Asteroiden  beobachtet.  Von  den  am  Meridiankreise  an- 
gestellten Fixsternbestimmungen  wurde  ein  grosser  'fheil  in  den 
..Astronomischen  Nachrichten  ■   verütfentlicht. 


Sternwavto.  VII 

Im  Jahre  18SI  sind  aclit  iieiio  Astoroidon  liiiiziigekommoii, 
welche  von  den  Herren  Falisa  m  Wien,  Luther  in  Düssohh)rf,  Ktiorrc 
in  IJcrlin  nnd  BorcUij  in  Marsf-ille  entdeckt  wurden.  Die  /nhl  der 
uns  bekannten  kleinen  Planeten  in  der  ({rn])pc  /wischen  Mars  nnd 
Jupiter  betrug  am  Schlüsse  des  Jahres  244.  Unser  Konieten- 
verzeichniss  wurde  durch  drei  neue  Kometen  vermehrt.  Von  diesen 
hh"el»  der  erste,  von  Herrn  D.  Boss  zu  Melbourne  entdeckt,  nur 
wenige  Tage  sichtbar,  und  es  konnte  derselbe  überhaupt  nur  auf  der 
südlichen  Erdhälfte  1)eo]>achtet  werden.  Der  zweite,  von  Herrn  Barnard 
zu  Nashville  V.  S.  am  l(i.  Juli  am  südwestlichen  Himmel  entdeckte, 
ziemlich  schwache  Komet,  konnte  in  unsern  (iegenden  mit  Hülfe 
grösserer  lichtstarker  Ferni'öhre  bis  in  den  November  hinein  verfolgt 
werden.  Die  Untersuchungen  ergaben,  dass  dieser  Komet  ein 
periodischer  ist,  welcher  sich  in  einer  kurzen  Umlaufszeit  von  etwas 
über  5  Jahren  um  die  Sonne  bewegt.  Der  dritte  ziemlich  helle  Komet 
wurde  von  Herrn  Wolf  m  Heidell)erg  am  17.  September  im  Sternbilde 
des  Schwans  entdeckt  und  konnte  bis  zum  Schlüsse  des  Jahres  beob- 
achtet werden.  Auch  dieser  Komet  ist  ein  periodischer,  welcher  sich 
den  Berechnungen  zufolge  in  elliptischei'  Bahn  mit  einer  Umlaufszeit 
von  beiläufig  7  Jahren  um  die  Sonne  bewegt.  Ausserdem  ist  noch 
die  nach  der  Vorausberechnung  gegen  Schluss  des  Jahres  erfolgte 
Wiederkehr  des  periodischen  Kometen  von  EncJiC  anzuffdiren. 

Die  Wirksamkeit  der  der  Leitung  der  Sternwarte  unterstellten 
I\'.  Abtheilnng  der  deutschen  Seewarte  (Chronometer-Prüfuugs-Institut) 
war  auch  im  Jahre  1 8S4  eine  sehr  rege.  Ne])en  ihren  laufenden  Arbeiten 
und  der  alljährlich  auf  derselben  auf  Anordnung  der  Kaiserlichen 
Admiralität  stattfindenden  allgemeinen  Chronometei- -  Konkurrenz - 
Prüfung,  ül)er  deren  Besultate  in  den  „Annalen  der  Hydrographie  und 
maritimen  Meteorologie'  ein  eingehender  Bericht  erschienen  ist,  wurde 
die  Mitwirkung  der  Abtheilung,  insbesondere  noch  von  wissenschaftlichen 
Instituten,  sowie  von  der  deutschen  Polarkommission  und  verschiedenen 
im  vorigen  Jahre  ausgegangenen  geographischen  Forschungsexpeditionen, 
behufs  Prüfung  ihrer  Piäcisionsnhren,  in  Anspruch  genommen.  Auch 
die  Theilnahme  der  Phedereien  an  den  Arbeiten  der  Abtheilung, 
wenngleich  sie  noch  immer  Vieles  zu  wünschen  übrig  lässt  und  der 
Grösse  unseres  Seeverkehrs  durchaus  nicht  entspricht,  hat  sich  doch 
um  ein  Bemerkbares  gehoben,  und  es  steht  zu  erwarten,  dass  unsere 
grossen  Khedereien,  in  richtiger  Erkenntniss  des  ihnen  dadurch  mit 
Bezug  auf  die  Sicherheit  der  Navigation  erwachsenden  Vortheils.  sich 
mehr  und  mehr  daran  gewöhnen  werden,  nur  auf  der  Abtheilung 
geprüfte    Marine -Chronometer    für    ihre    Schiffe   zu    verwenden.      Eine 


VIII  Sternwarte. 

gi'(issere  Al)liandlung  über  die  wissenschaftlichen  Ergebnisse  der  4.,  f)., 
und  G.  in  den  Jahren  1880  — 1884  im  Chronorncter-Prüfungs-Institnte 
abgehalteneu  Konkurren5^-Prüfungen  von  im  Ganzen  Ol  Mariue-Chrono- 
raetern,  Avird  demnächst  im  Jahrgang  VI  des  „Archivs  der  deutschen 
Seewarte"  verüft'entlicht  Averden. 

Der  auf  dem  Thurm  des  Quaispeichers  aufgestellte  Zeitball, 
hat  im  vorigen  Jahre  sehr  befriedigend  funktionirt,  und  es  sind  nur 
drei  Fälle  vorgekommen,  wo  der  Ball  nicht  gefallen  ist.  Von  diesen 
Phallen  sind  einer  auf  eine  plötzlich  entstandene  Leitungsstörung  und 
zwei,  wahrscheinlich,  auf  Verseheu  bei  der  Bedienung  des  Balles  am 
Aufstellungsorte  zurückzuführen.  Sonstige  Fehlsignale,  Avie  Fälle  avo 
der  Ball  nicht  im  riclitigen  Momente  gefallen  Avar,  haben  sich  nicht 
ereignet.  Auch  bei  den  der  Aufsicht  der  SternAvarte  unterstellten 
Zeitballstationen  in  Cuxhaven  und  Bremerhaven  sind  im  vorigen  Jahre 
sehr  AA'enige  Fehlsiguale  —  in  Bremerhaven  4  und  Cuxhaven  3  — 
zu  verzeichnen  gewesen,  Avelcher  günstige  Umstand  wohl  in  erster 
Linie  der  grossen  Sorgfalt,  mit  der  der  Betrieb  überAvacht  Avird,  zuzu- 
schreiben ist.  Auch  die  an  der  Br)rse  angebrachte  sympathetische 
Uhr  ist,  mit  Ausnahme  eines  Tages,  avo  in  Folge  einer  in  der  Nähe 
der  Kabellinie  geschehenen  Aufgrabung  eine  Leitungsstörung  entstand, 
in  beständiger  Uebereinstimmung  mit  der  ihren  Gang  kontrollirenden 
Pendeluhr-  auf  der  SteruAvarte  gCAvesen.  P'ibenso  hat  auch  die  zAveite 
am  Eingang  der  Sternwarte  betindhche  sympathetische  Uhr  stets  mit 
der  Börsenuhr  und  der  Normaluhr  der  StcniAvarte  sich  in  Ueberein- 
stimmung gezeigt. 

Der  Instruraentenbestand  der  Sternwarte  Avurde  durch  ver- 
schiedene kleine  Ankäufe  ergänzt,  und  auch  die  Bibliothek  durch 
Ankäufe,  soAvie  durch  eingegangene  Averthvolle  Geschenke  um  ein 
Erhebliches  vermehrt.  Für  die  Instandhaltung  und  Ergänzung  des 
Instrumentenbestandes  Avurden  im  verflossenen  Jahre  J(f  7 HO  und  für 
die  Bibliothek  M  8G0  verausgabt. 

In  Folge  der  in  den  letzten  Dezennien  sich  stetig  ausdehnenden 
V^irksamkeit  der  SternAvarte,  ihrer  sich  anhaltend  mehrenden  Beständen 
an  Instrumenten,  Büchern  u.  s.  av.,  und  der  eingehenden  Beziehungen, 
Avelche  die  Anstalt  mit  den  auf  ihre  Hülfe  angeAviesenen  hiesigen 
Fachkreisen  unterhält,  reichen  die  gegeuAvärtig  vorhandenen  Bureau- 
und  Aufstellungsräume  für  die  Bedürfnisse  der  Sternwarte  in  keiner 
Weise  mehr  aus,  und  ist  in  dieser  Beziehung  jetzt  ein  Nothstand  ein- 
getreten, Avelchem,  falls  das  Institut  in  seiner  normalen  l'hitAvicklung 
niclit  gehemmt  Averden  soll,  nur  durch  eine  Vcrgrüsserung  der  Dienst- 


Muscvuu   fi'ii'  Ivmist    1111(1   (iowi'vlic.  IX 

räume   —   sei   es    mittelst    eines  Anbaues   oder   in   anderer  geeigneter 
Weise  —  abgeholfen  werden  kann. 

Zu  Anfang  des  Jahres  schied  der  Observator  der  Sternwarte, 
Herr  Dr.  Ki'idner,  aus  seiner  Stellung  hier  aus,  um  einem  Eufe  an  die 
Königliehe  Sternwarte  zu  Berlin  Folge  zu  leisten,  nnd  trat  Herr 
Dr.  ScJirader,  welcher  uns  im  Jahre  1882  verlassen  hatte,  um  dic^ 
Leitung  der  nach  Süd-(ieorgien  ausgesandten  deutschen  Polarex])edition 
zu  übernehmen,  nach  seiner  nunmehr  erfolgten  llückkehr  in  seine 
frühere  Stellung  an  der  Sternw^arte  wieder  ein. 


Bericht 

über  (Ins 

Hamburgisclie  Museum  für  Kunst  und  Gewerbe 

erstattet  vom  Director  Dr.  Jiistus  Brinckmann. 


Die  Verwaltung. 

Die  technische  C-ommission  des  Museums  für  Kunst  und  Gewerbe 
bestand  im  Jahre  1884  aus  den  nämlichen  Herren  wie  im  Vorjahre. 
An  Stelle  des  nach  Ablauf  der  gesetzlichen  Zeit  zu  Ende  des  Jahres 
1884  ausgeschiedenen  Herrn  Buchdruckerei-Besitzers  Ferdinand  Scldotla' 
wurde  der  Kaufmann  Herr  (^(irl  Poperf  zum  Mitgliede  erwählt. 

Die  Commission  hat  im  Jahre  1884  vier  Sitzungen  gehalten  und 
wie  in  früheren  Jahren  einzelne  Angelegenheiten  durch  besondere 
Commissionen  erledigt. 

Eine  Aenderung  im  Bestände  der  Angestellten  des  Museums 
hat  nicht  stattgefunden. 

Die  von  Senat  und  Bürgerschaft  für  die  Anstalt  bewilligten 
Mittel  beliefen  sich  im  Jahre  1S84  auf  y^  IT)  500  für  Gehalte  (wovon 
^500  für  Hülfsaufsicht),  .^15  000  für  die  Vermehrung  der  Samm- 
lungen, uf  4500  für  die  Bibliothek  (wovon  v^  1")00  für  Hülfsarbeit) 
und  uf  7800  (wovon  Jf  500  Nachbewilligung  für  Buchbinderarbeit) 
für  die  allgemeinen  Verwaltungskosten.  Letztere  vertheilten  sieh 
folgendermaassen : 


X  ]\Iusoiim   für  Kunst  und   (ünverlio. 

Eestanrirungs-  und  Aiifstelliiogsarbeiten J(  ;7;1 1^,49 

Reisen,  Fracht  nnd  Yerpacknng „  1000,22 

Drucksachen,  Bnchbinderarheit,   Schreilnnateiial .  .  „  1049,05 

Tageshhltter  nnd  Inserate „  17;;, 70 

Porto  nnd  kleine  Rnreananslagen    „  211,S2 

Reinlialtnng „  1 204, SO 

Verscliiedone  nothwcndige  nnd  kleine  Ansgahen .  .  „  02o,n8 

J6  7700,90 

Eigene  Einnahmen  liatte  die  Anstalt  —  abgesehen  von  den 
Zuwendungen  zur  Vermehrung  der  Samndnngon  —  uur  aus  dem  Erlös 
der  I'.erichte  des  Museums,  welche  für  das  Jahr  1^84  mit  J^  \'\  an 
die  Haupt-Staatskasse  abgeliefcM't  wurden. 

Die  Vermehrung  der  Sammlungen. 

Ausseroi'dentliche  Bewilligungen  durch  die  Ihnlgethchrtrden  wie 
im  Jahre  1882  anliisslich  des  Verkaufes  der  /''«///'sehen  Samndung 
sind  nicht,  eingetreten.  Dank  den  grossen  \'ernijichlnissen,  mit  denen 
im  Jahi'c  1S82  Fräulein  Dorii^  Jleuricffc  J^Inr/c  (icoiyii)c  ScJiiiJJ'cr  nnd 
im  Jahre  ISS.*^)  Uoyy  Johann  Jaroh  Ditvid  Keddermann  sich  dauernden 
Nachruhm  als  grossmüthige  Förderer  unserer  Anstalt  gewonnen  hahen. 
konnten  wiederholt  günstige  (ielegenheiten  zum  Ankauf  hervorragend 
schöner  und  kostbarer  Alterthümer  ergriffen  werden,  deren  Erwci'bung 
die  laufenden  Älittel  uns  nicht  erlaubt  hätten. 
Aukäut>  Dank   dem  Ncd(Jermann?,c\\c\\   Vermächtniss   konnte  eine  Reihe 

:iiis  iieiTi  T.egat  J^ostbarer   vergoldeter   Silberplatten ,    meisterliche   Treibarbeiten    eines 

lies   Hpvvn  .T.  J.  *=>  ^  ' 

1).  \e(ia«mann.  der  bedeutendsten  Lütticher  oder  Maestrichter  (loldschmiede  der  Glitte 
des   1 .5.  Jahrhunderts  angekauft  werden.    Diese  acht  Platten,  zu  deren 
,  Erwerbung    die   Theilnahme    des   Directors    an    der   Flanderfahrt    des 

hansischen  Geschichtsvereins  Gelegenheit  bot,  stellen  eben  so  viele 
Vorgänge  aus  dem  Leben  des  heiligen  Servatius  dar.  Ihre  Bedeutung 
iu  kunst-  und  sittengeschichtlicher  Hinsicht  ist  eine  ganz  hervorragende 
und  verdient  eingehendere  Würdigung,  als  ihnen  im  Rahmen  dieses 
Berichtes  zu  Theil  werden  kann.  Wahrscheinlich  zierten  sie  ursprünglich 
ein  Reliquiar  des  genannten  Heiligen  oder  den  jetzt  verschollenen  I^nter- 
satz  einer  Reliquien-Büste  desselben,  welche  sich  vor  Zeiten  in  dem 
Schatz  der  an  Erinnerungen  des  heiligen  Servatius  so  reichen  Stifts- 
Kirche  desselben  zu  Maestricht  befunden  hat.  Hierüber  Licht  zu  ver- 
breiten muss  weiteren  Forschungen  in  den  Inventaren  der  Kirchenschätze 
jener  Gegend  vorbehalten  bleiben. 


Mu'^fuin    ITir  Kunst   und   (icwcrlx'.  XI 

KoiiutcMi    Avir    mit    dipsoii   Meistevworken    inittelaltcrHclicr  Gold-      ifückgnbo 

tli's  fjortionarsi 

sclimiodekinist  uiisoror  an  liervornigomlon  Metall-Arheitoii  dos  gotlnsclien  ,1,,).  Kiicin. 
Stiles  noch  sehr  arnieii  Saiiindung  Stücke  allerersten  Hanges  ein-  ^^-  ^'''^'''• 
verleihen,-  so  wurde  uns  /um  lohhaftesten  ]'>edauern  aller  Freunde  des 
Museums  und  Ftirderer  des  hamhurgischen  Kunstge\verl)es  um  diescll)e 
Zeit  ein  nicht  minder  hodoutendes  Werk  gothischer  Cloldschmiedekunst 
wieder  entzogen,  welches  seit  dem  Tage  der  Faciffnung  dor  Sammlungen 
zu  ihren  scluinsten  Schau-  und  Lehrstücken  geluirt  hatte.  Das 
Lectionarium  mit  dem  thronenden  Christus,  ein  Geschenk  des  Iliurioli 
rothekowe  an  die  Kirche  St.  Potri  zu  lTand)urg,  welches  im  ersten, 
1841  orschieiu^non  r.audo  der  Zeitschrift  dos  \'eroins  für  lTaml)ui'gischo 
(loschiclite  hoschriohon  u.nd  ahgol)ildot  ist,  wurde  uns  ohne  ersicht- 
lichen («rund  durch  einen  licschliiss  der  Uoedo  dieser  Kirche  wieder 
entzogen  und  niusste  an  dioselho  zurückgeliefert  werden,  um  dem 
gemeinen  Besten  entfremdet,  in  dunklem  Gewahi'sani  verschlossen  ge- 
halten zu  werden.  Hoffentlich  hat  es  sich  hiorhei  nur  um  eine  sinnen- 
fälhgo  Wahrung  des  iMgontlniiiis  der  Kirche  gehandelt  und  kehrt 
dieses  lehrreiche  Work  alter  hamhurgischer  Goldschmiodekunst  bald 
wieder  an  die  Stolle  zurück,  an  welcher  jetzt  nur  sein  photogi-aphisches 
Bild  sein  Andenken  wach  hält. 

I'ür  den  schon  im  vorjährigen  Bericht   aufgeführton   lleiuertrag       Ankauf 
der    Luther -Ausstellung   im    Novemhcr    Ü^SP.    konnte    als    ^^Pdeutsa.me  .^^^'^  ^i^^j^yi.l^.llllj^,. 
Gahe  ein  dem  Fnde  des  1.0.  Jalirhundorls  entstammender  Alxnidmahls-     ii^v  i.uiiuir- 
kelch   aus   vergoldetem    Sil])or   angekauft   werden,    ein    gutes    Beispiel 
jener   schlichten  Art   spätgothischer  Kelche,    wie    sie   noch    vielfach   in 
norddeutschen   Kirchen,    u.    a.    auch    in    St.  Kathariuen    zu    Ilamhurg, 
sich  im  Geln'auch  erhalten  halien. 

Unter  den  letztwilligen  Zuwendungen,  welche  uns  das  Jahr  1S84  Vevmiirhtuiss 
gehracht  hat,  ist  zunächst  das  Vermächtniss  des  hiesigen  Malers  ^''''^'''^"'^■f.ji,',!^^,.,.,;,!,',!.'^.,. 
Oensier  zu  erwähnen.  Schon  hei  Lehzeiten  hatte  Günther,  von  jeher  gleich 
seinem  Bruder  ilA/r/Zn  ('Cnsler  ein  warmer  Förderer  unserer  Bestre1)ungen. 
uns  die  kunstgewerhlichen  Aufnahmen  und  Entwürfe  Martinas  überwiesen, 
lotztwillig  hat  er  den  Schreilischrank  seines  Bruders  nehst  zwei  alten 
StiUden  hinzugefügt.  Dieser,  nach  Martin"s  h>ntwiirfen  unter  Benutzung 
alter  Schnitzwerke  aus  dem  ehemaligen  Kloster  St.  Jfdianuis  gehauto,  mit 
dem  Künstlerwappen  und  Martinas  Monogramm  geschmückte  stattliche 
Schreibschrank  steht  jetzt  in  unserer  Sanunlung  als  ein  gutes  und 
nachahmenswerthes  Beispiel  des  Geschmackes  unserer  hamhurgischen 
Neu-Gothiker  aus  der  Mitte  doi-  40pr  Jahre,  zugleich  aher  als  ein 
würdiges  Bepositorinm,  auf  wtdchom  Martin's  vielseitige  Aufnahmen 
und    Entwürfe,     zeitlich     und     (irtlich     in    ihres     Frhehers     würdigen 


XII  Museum  fiir  Kunst  und  Gowerbo. 

Ledermappen  geordnet,  dauerndes  Zeugniss  geben  werden  von  dem 
Streben  eines  Mannes,  welcher  durch  sein  eigenes  Schaffen  dem  ham- 
burgischen Kunsthandwerk  gesunde  Bahnen  gewiesen  und  durch  seinen 
kundigen  und  freundschaftlichen  Rath  dem  Hamburgischen  Museum 
für  Kunst  und  Gewerbe  ebensosehr,  wie  dem  ersten  Director  desselben 
in  den  ersten  und  schwersten  Jahren  als  wärmster  Freund  sich 
beAvährt  hat. 
veniuiciitniss  l^^in  im  .luni  d.  J.    18S4    durch    die  Herren  Oberlandesgerichts- 

Adoiph  Fried-  Präsident  Siemldmj  Dr.  und  G.  von  Bargen  als  Testamentsvollstrecker 
vidi  Moiir.  fies  Herrn  Adolph  Friedrich  Mohr  dem  Museum  ausgezahltes  Legat  von 
1000  Mark  bot  der  Verwaltung  willkommene  Gelegenheit,  die  in  den 
früheren  Jahren  zurückgebliebene  Sammlung  orientalischer  Lackarbeiten 
um  eine  Reihe  schöner  Stücke  zu  bereichern.  Darunter  einige  Medicin- 
Büchschen,  Inro's,  von  alter  Goldlackarbeit,  zum  Theil  mit  Einlagen  von 
Perlmutter,  Elfenbein  und  Metallen.  Auf  einem  dieser  Inro's  ist  der  nächt- 
liche Flug  von  Leuclitkäfern  über  einem  mit  vielerlei  Sumi)fpflanzen,  der 
gellien  Teichrose  (Nuphar  japonicum),  dem  Pfeilkraut  und  der  Wassernuss 
(Trapa)  bestandenen  Gewässer  dargestellt;  ein  anderes  zeigt  einen  Bretter- 
steg, der  im  Zickzack  in  ein  mit  iierlmutterschimmernden  Schwerdtlinien 
bewachsenes  Wasser  gebaut  ist;  ein  drittes  einen  Jagdfalken  auf  ge- 
schnitztem Ständer;  ein  viertes  aus  der  Vogelschau,  durch  Nebelstreifen 
gesehene  belebte  Ilügellandschaften,  aus  denen  der  Schneekegel  des 
Fusiyama  aufragt;  ein  fünftes  ist  mit  schwarzgeHeckter  Bambusrinde 
belegt,  auf  welcher  Schueekristalle  und  allerlei  aus  Motiven  der  Fichte 
und  der  Ptlaumenblüthe  abgeleitete  Blumenkristalle  in  Goldlack  gemalt 
sind;  ein  sechstes  ist  auf  einem  Grunde  von  abgeschliffener  Haitisch- 
haut mit  Darstellungen  von  Stiehblättern  japanischer  Schwerdter  ge- 
ziert, deren  verschiedene  Metallfarben  auf  das  Täuschendste  im  Lack 
nachgeahmt  sind.  Zwei  größere  Stücke,  eine  Dose  und  ein  scepter- 
förmiges  Ehrenzeichen  sind  schöne  Beispiele  des  rothen  geschnitzten 
chinesischen  sog.  Peking-Lackes.  Die  Dose  ist  mit  einem  von  Wellen 
umwogten  Drachen  und  den  Emblemen  der  „Acht  Unsterblichen"  dei- 
Tao-Lehre  reich  verziert,  das  Scepter  mit  p]mblemen  des  chinesischen 
Buddhismus  auf  zartgeschnittenen  Grundmustern.  Ein  drittes  Stück 
—  eine  kleine  Dose  nach  dem  Motiv  einer  Lotosfrucht  —  vertritt  jene 
Abart  des  geschnittenen  Lackes,  bei  welcher  wechselnd  aufgetragene 
Schichten  rothen  und  schwarzen  Lackes  auf  den  schrägen  Schnitt- 
flächen zu  Tage  treten.  Das  werthvollste  Stück  der  Ankäufe  aus  dem 
Mohr'schen  Legat  endlich  stammt  aus  der  vom  Kunstgewerbemuseum 
zu  Berlin  angekauften  Sammlung  des  Deutschen  Geschäftsträgers  in 
China,  Herrn  von  Brandt;    es  ist   ein  altes  Wandbild  in  Lackmalerei, 


Musfuiii    i'iir   Kunst    uml   (icwcrhc 


XIII 


des  Fräulein 

Anua  Kuiilio 

Christiane 

Wcrcliau. 


\)ii-  sillirrurn 

Willkoimuen  doi 

Schlosser- 

gcselleu. 


dessen  iiatüilicli-iici  in  die  scliiiiale  hohe  Fläehe  gezeiehiietes  Bumbiis- 
imd  Rosengebüsch  einen  Beweis  dafür  giebt,  daß  die  Kunst  Chinas 
vor  Zeiten  der  uns  so  sympathisch  berührenden  Naturauffassung  der 
Japaner  viel  näher  stand  als  in  unseren  Tagen. 

Endlich  wurde  uns  durch  Herrn  Dr.  Hcinridt  Donnenhery  als  vuriuiiciitni.ss 
Testamentsvollstrecker  des  Fräulein  Anna  EmiUe  Christiane  Werchaii 
die  Anzeige,  daß  diese  Dame  unserer  iVnstalt  zur  Vermehrung  der 
Sammlungen  die  Summe  von  5Ü0U  Mark  hinterlassen  habe.  Über  die 
Verwendung  dieses  willkommenen  Zuschusses  zu  den  angesichts  der 
steigenden  Preise  schöner  Alterthümer  nicht  sehr  ausgiebigen  regel- 
mässigen Mitteln  werden  Avir  im  folgenden  Jahre  zu  berichten  haben. 
In  diesem  Zusammenhange  ist,  wenngleich  es  sich  nicht  um 
eine  Schenkung,  sondern  um  eine  andere  Art  der  Zuwendung  handelt, 
mit  dankbarster  Anerkennung  des  Vorgehens  der  Kranken-  und  Sterbe- 
kasse der  Schlossergesellen,  eingetragenen  Ilülfskasse  No.  15,  zu  ge- 
denken. 

Der  Vorstand  und  die  Mitgliedschaft  dieser  Kasse  haben  ihre 
zwei  aus  den  Zeiten  der  Zunft  überkommenen,  bei  der  Aufhebung 
letzterer  den  (Jesellen  verbliebenen  „Willkommen"'  dem  Museum  zu 
inmierwährender  Aufbewahrung  unter  dem  Vor- 
behalt des  Nutzungsrechtes  bei  gewissen  feier- 
lichen Anlässen  überwiesen.  Vorstand  und  Mit- 
glieder haben  sich  durch  dieses  PJntgegenkommen 
um  das  Museum  wahrhaft  verdient  gemacht;  denn 
Ijeide  Willkommen  haben  nicht  nur  zunftgeschicht- 
lichen Werth,  sie  verdienen  auch  in  kunstgewerb- 
licher Hinsicht  ihre  Aufstellung  in  einer  öffentlichen 
Sammlung.  Das  grössere  der  beiden  Gefässe,  ein 
Pokal  mit  Deckel  und  dem  vollen  Behang  der  im 
Laufe  von  anderthalb  Jahrhunderten  gestifteten 
silbernen  Schildchcn,  stammt  aus  dem  Jahre  1673. 
Als  Deckelknauf  dient  ein  Löwe,  der  einen  Schild 
mit  dem  Schlosserwappen  hält:  über  zwei  gekreuzten 
Pistolen  zwei  gekreuzte  Schlüssel,  über  ihnen  ein 
senkrechter  Hammer  unter  einer  Krone.  Der  Auf- 
Ijau  des  Gefässes,  die  mit  grossen  Blättern  um- 
sponnenen kräftigen  Buckeln  an  Fuss  und  Becher, 
der  Bacchus -Knabe  als  Träger  des  letzteren 
erinnern  au  den  leider  vor  einem  Jahrzehnt  nach 
auswärts  verkauften  schönen  Willkomm  der  Brauer- 
Brüderschaft   aus  dem  Jahre    IGH9,    ohne  freilich 


XIV 


]Miiscuni   l'ür  Kunst  und  Gewerbe. 


demselben  an  Scliwimg  und  Feinheit  gleich  zw  kommen.  Die  Schilder, 
deren  ältestes  aus  dem  Jahre  1742,  deren  jüngstes  aus  dem  Jahre  18o() 
stammt,  vertreten  alle  Wandelungen  des  Geschmacks  in  diesem  Zeit- 
raum und  verewigen  mit  den  Inschriften  am  Becher  selbst  die  Namen 
zahlreicher  Gewerksgenossen.  Schöner  und  merkAvürdiger  als  dieser 
AVillkomm    ist    das    zweite    Stück    in   Gestalt    eines   grossen    silbernen 

Schlüssels.  Auf  einem  schön 
profilierten,  mit  geschwungenen 
Rundfalten  gezierten  Fur.se  steht 
der  Schlüssel  mit  dem  eine  volle 
Flasche  "Weines  fassenden  Kohre 
nach  oben  gerichtet.  Die  Raute 
ist  jederseits  mit  reichen,  getrie- 
benen Arabesken  geschmückt, 
deren  Motive  —  gebrochene 
liandgeschlinge,  Akanthusblättcr, 
Fruchtgellänge  und  Engelsköpfe 
-  die  Entstehung  des  Schlüssels 
in  den  Anfang  des  vorigen  Jahr- 
hunderts versetzen,  wie  solches 
die  Jahreszahl  1711  bestätigt, 
welche  wir  als  erste  auf  dem 
mit  Namen  ganz  bedeckten  Klee- 
blatt-Rohre lesen,  das  durch  ein 
reich  profiliertes  Gesenk  mit  der 
Raute  verbunden  ist.  Auf  der 
Stirn  des  Bailes  endlich  ist  die 
aul  einer  geilügelteu  Kugel 
stehende  Glücksgöttin  eingra- 
viert. Ein  Ihunburger  Silber- 
stempel macht  es  sehr  wahr- 
scheinlich, .dass  diese  treffliche 
Arbeit  ein  Erzeugniss  hiesigen 
Kunstrieisses  ist.  Ihre  Bedeutung 
für  das  Museum  ist  um  so  höher 
zu  schätzen,  als  bei  der  Auf- 
hebung der  Zünfte  vor  zwanzig 
Jahren  die  alten  Silbergefässe 
fast  ausnahmslos  vertrödelt 
wurden,  —  nur  noch  die  Korpo- 
ration der  Älaler  hat  ihre   alten 


Museum  für  KuiiJ^t  und   Grwrrlie.  XV 

btattlicheu  (Jetässe  erhalten  uuil  diebelbcii  schon  seit  Jahren  im 
Museum  zu  Jedermann«  Freude  zur  Schau  ausgestellt. 

Wie,  vuu  den  erwähnten  Ankäufen  aus  letztwilligen  ZuAvenduugen    Ankaufe  au.s 

T      o  1  *  1  •     1  1     11      Staatsmitteln. 

abgesehen,  die  bamniluugen  der  Anstalt  vermelirt  worden  sind,  erhellt 
aus  der  Übersicht,  welche  die  um  die  Summe,  von  loüüO  Mark  an- 
gekauften 4(il  Stücke  nach  l(i  technischen  und  \)l  geschichtlichen 
Gruppen  gesondert  aufführt.  Zu  dieser  Übersicht  ist  Folgendes  zu 
bemerken. 

Über  die  Hälfte  des  Betrages,  754b  Mark  55  Pf.,  ist  allein  den 
Erzeugnissen  der  metallotechnischen  Gewerbe  zugewendet  und  damit 
der  Anfang  gemacht  worden,  die  dahin  gehörigen  Gruppen  der 
Sammlung,  für  welche,  von  den  Ankäufen  aus  der  PauVschen  Samm- 
lung und  der  durch  Doubletten -Verkäufe  bezahlten  Sammlung  des 
Baueruschmuckes  abgesehen,  bis  dahin  Alles  in  Allem  nur  oG  035  Mark 
73  Pf.  verausgabt  werden  konnten,  in  einem  ihrer  Wichtigkeit  ent- 
sprechenden Umfang  zu  vervollständigen.  \o\\  jener,  den  Metall- 
arbciten  zugewendeten  Summe  ist  wieder  die  Hälfte  der  Sammlung 
japanischer  Schwerdtornamente  zu  Gute  gekommen,  welche  ihrer 
eigenartigen  technischen  Bedeutung  halber  dieses  Jahr  zuerst  als  eine 
besondere  Gruppe  in  der  Übersicht  der  Ausgaben  auftreten. 

Der  näclistholie  Betrag  ist  mit  3101)  Mark  5(i  Pf.  der  kera- 
mischen Sammlung  zu  Gute  gekommen,  für  welche  damit  im  Ganzen, 
abgesehen  von  den  Ankäufen  aus  der  PauFschen  Sammlung,  rund 
50  000  ]\lark,  annähernd  ein  Fünftel  des  Gesainmt- Aufwandes  für  die 
Sammlungen  der  Anstalt  verausgabt  worden  sind.  Unter  den  hierher 
gehörigen  Ankäufen  nahmen  die  hamburgischen  Fayence-Ofen  des  18. 
Jahrhunderts  den  ersten  Platz  ein. 

In  der  Vermehrung  der  für  das  hamburgische  Kunstgewerbe 
so  wichtigen  Sammlung  der  Möbel  und  Holzschnitzereien  ist  ein  zeit- 
weiliger Stillstand  eingetreten,  da  nur  1237  Mark  80  Pf.  für  dieselbe 
verausgabt  werden  konnten,  eine  Thatsache,  welche  sich  nicht  durch 
ein  Nachlassen  unsererseits  in  dieser  Richtung,  sondern  dadurch  erklärt, 
dass  die  Anstalt  mit  den  in  unserer  Gegend  häufiger  vorkommenden 
Möbelarten  und  Schnitz  werken  holländischen  und  holsteinischen  Ursprungs 
im  Allgemeinen  recht  gut  ausgestattet  ist  und  die  Anschaffung  feiner 
italienischer,  niederrheinischer  und  französischer  Möbel,  wie  sie  auf 
unserer  Wunschliste  stehen,  nur  durch  besondere  (ilücksfälle,  die  sich 
in  letzter  Zeit  nicht  darboten,  erreicht  werden  kann.  Nach  wie  vor 
bleibt  das  Augenmerk  der  Verwaltung  der  Ausfüllung  gerade  dieser 
Lücken  in  erster  Reihe  zugewendet. 


WI  MusL'Uiii   IVir  Kunst   und  Gcwl'I'Iic. 


Uebersicht  der  Ankäufe 

für  das  Hamburgische  Museum  für  Kunst  und  Gewerbe 
aus  dem  Budget  des  Jahres  1884. 


I.    Nach  technisc'lien  Gruppen. 


Stück.  Prei.s.      Stück.  Prci.*. 

1.  Jlf    Pf.  Jtf     Pf. 

Gewebe    <)         375,90 

Stickereieil 45         508 

Spitzen 1  -iX 

Posanientier-Arbeiteu Ki         215,20 

Textil- Arbeiten  im  Ganzen 71  l  120,10 

2.  Bucheinljäiide  und  Lcder 21  21(),40 

8.    Fayencen  und  Oefen 7(i      2  908, IH 

l'ur/.ellan fl         501.40 

Keraniisflie  Arbeiten  im   (ianzcn 98  ;;  409. öfi 

4.    Glas i  1 5(» 

ö.  3IobL'l 10       L  0.38 

lb>l/sclniit/.ereien    10  19i).80 


IIulzarl)eitcn  im   Ganzen 20  1  2-37.80 

(i.    Lackarbeiten 4  (iO 

7.  Schmiedeeisen 18  1  58 1  ,(> 7 

8.  lironze,  Kupfer,  Zinn   etc. 17  1  2.'57.öO 

9.  Pidebnctallarbeiten   7  748 

1 0.  Emailarbeitcn (i  1 25 

11.  Japanische  Schwerdtornamcnte  und  andere  kleuie  ]\Ietaliarlieiten 

gemischter  Technik 170  3  981,38 

12.  Kleines  Geräth  aus  verschiedenen  Stofll'u 13  47  7, HO 

13.  Korbflechtarbeiten   2  107, !»9 

14.  Architectonische  Ornamente --  — 

15.  Arljciten  der  polygraphischen  Kiuiste    3  472 

16.  Verschiedene  Techniken    9  75  ' 

im  Ganzen 4H1  15  000 


IL    Nach  geschichtlichen  (inippcn. 


Sttick.  r'r.'i.-^ 

.Hf     PI 


Europa :    l .  Prähistorisches — 

2.  Glassisches   Alterthum 1  120 

3.  Mittelalter 5  851 

4.  XVL  Jahrhundert • 52  1  555,67 

5.  XVn.  Jahrhundert 38  1  377,80 

6.  XYIII.  Jahrhundert 130  4  647,56 

7.  XIX.  Jahrhundert 8  1 20 

8.  Galvanos — 

Orient:     9.  l'rrsicn   und  Indien 4  264 

10.  China 5  132 

11.  Japan 217  5  920.07 

12.  Anderer  Herkunft ^  .  .  .      1 11.90 

im  Ganzen    461        15  000 


Museum  fiir  Kuust  und  Gewerbe.  X\  II 

Uebersicht  der  Ankäufe 

für  das  Hamburgische  Museum  für  Kunst  und  Gewerbe 
in  den  Jahren  1869 — 1884  einschliesslich. 


I.     Nach  teclmisc'lieii   (ini|)])en. 

stück.  Preis   Ji, 

1.  (icwelie,   Stickereien.   Spitzen.  ]'i)s;nuentier-Arl)eiten 499  19428, H5 

2.  ]}uelieinliihule   und   Leder    90  7  390,15 

:{.    Kei-!unisehe  Arheiteu  (und   Oet'en) 1493  «7  441,68 

4.  (;las  und   (ilasiuidei'ei 215  7  512,69 

5.  Möl)el  und  Ilulzsehnitzereieu    295  54 182,23 

(i.    Laekarbeiten   62  5  654 

7.  Sfhuiiedeeiseu 253  15  871,48 

8.  Brouzo.  Kupiev.  Zinn   ete 291  23  330,34 

9.  Edelnietallarhciten 143  19  044,88 

10.    lMuailarl)eiten 49  15  215,57 

1 1.')  Jiil'<^"''^f''^'^  SeliwerdtiM-tuinieute  und  andere  kleine Metallarlteiten 

jreuiiscliter  Toebnik    170  3  981,38 

12.2)Klcnics  (xeräth  aus  versehiedeneu  Sloffeu 13  477,60 

13.3)KorbHeehtarl)eiten    2  107,99 

14.    Architectunisebe  Ornamente 60  3  646 

1 5.'*) Arbeiten  der  pülygrapbiseben  Künste 3  472 

16.    Versebiedene  Teehniken  und  Galvanos 436  9  490,18 

im  Ganzen 4074  253  246,82 

IL    Nach  p;eschiclitliclaen  Gruppen. 

stück.  Freis  Ji, 

Europa :    1.    Präbistorisehes '. 6  375 

2.  Classiscbes  Altertbum 355  8  282,80 

3.  Mittelalter 91  17  238,83 

4.  XVI.  Jabrbundert 609  75  336,50 

5.  XVII.  Jabrbundert   601  41  343,38 

6.  XVIII.  Jabrbunderl 1149  55  768,37 

7.  XIX.  Jabrbunderl 215  14  233,41 

8.  (ialvanos 7  715,50 

Orient:     9.    Persien  und  Indien 389  12  614,92 

10.  Cbina  und  Japan.  .  .^ 606  26  861,21 

11.  Andere)-  Herkuni't 46  476,90 

im  Ganzen 4074  253  246.82 


' )  Die  unbciloutemlcn  hierher  ftchörigeu  Ankäufe  aus  frühereu  Jalirgäugen  wurden  je 
nach  dem  Vorwiegen  eines  Metalles  früher  unter  den  Gi'uppen  7,  s,  \\  verrechnet.  Die 
eigenartige,  der  abendläudisclien  Technik  nahezu  unhekanntc  Mischung  dei*  Metalle, 
welche  die  japanischen  Schwerturnamente  auszeichnet,  rechtfertigte  ihre  gesonderte 
Aufführung,   sobald  die  Ankäufe  erheblicher  wurden. 

-)  Die  Geräthe-Samnilung.  welcher  erst  Jetzt  erheblichere  Mittel  zugewendet  werden 
können,  verlangt  nunmehr  gleichfalls  eine  Absonderung  %cin  den  verschiedenen 
Gruppen,  welchen  die  einzelnen  Geräthe  sich  je  nach  dem  verarbeiteten  Stoffe 
(Metall.  Holz.  Elfenbein  u.  .s.  w.;  anreihen  Hessen. 

3^1.4)   Die   geringfügigen  Ankäufe  in  diesen  Gruppen  wurden  früher  unter  der  letzten,   die 
verschiedenen  weniger  bedeutenden  Techniken  unifassendcu  Gruppe  verrechnet. 


^YJJJ  JMuseum   für  Kiuist,  iiiul   Gewerbe. 

Den  Holzarbeiten  zunächst  kommen  die  Textil- Arbeiten  im 
Hinblick  auf  die  für  das  Jahr  1885  beabsichtigte  Schaustellung  der 
Stickereien.  Die  übrigen  Aufwendungen  vertheilen  sich  über  die  anderen 
Gruj)pen  des  Kunstgewerbes,  von  denen  die  Gruppe  der  Korbflecht- 
arbeiten und  diejenige  der  polygraphischen  Gewerbe  zuerst  selbständig 
aufgeführt  erscheinen. 

Zu  der  Übersicht  nach  geschichtlichen  Gruppen  ist  zu  bemerken, 
dass  mit  den  nachgewiesenen  Ausgaben  für  Erzeugnisse  Chinas  und 
Japans  der  Aufwand  für  diese  Länder  erst  ein  Zehntel  des  Gesammt- 
aufwandes  und  damit  noch  bei  Weitem  nicht  die  ihrer  Bedeutung 
eulsprechende  Höhe  ea-reicht  hat.  Dasselbe  gilt  in  verstärktem  Maasse 
für  die  mittelalterliche  Kunst,  welche  mit  nur  einem  Funfzehntel  des 
Aufwandes  auftritt,  ungerechnet  freilich  des  noch  nicht  ausgewiesenen 
Kaufpreises  der  Sanct  Servatius -Platten  aus  der  Neddermann'schen 
Erbschaft,  durch  dessen  Hinzurechnung  sich  der  Antheil  der  mittel- 
alterlichen Kunst  an  den  auf  die  Sammlung  verwendeten  Mitteln  auf 
ein  Neuntel  erhöht. 

Das  Jahrhundert  der  Renaissance  ist  im  Jahre  18S4  weniger 
bedacht  worden,  aus  früheren  Ankäufen  war  ihm,  seiner  hohen  Be- 
deutung entsprechend,  schon  nahezu  ein  Drittel  des  Gesammtaufwandes 
zugeflossen.  Dagegen  ist  das  wichtige  18.  Jahrhundert  diesesmal  aus- 
giebiger, danach  im  Ganzen  mit  etwas  mehr  als  einem  Eünftel  der 
viertel  Million  Mark  bedacht  worden,  welche  Alles  in  Allem  vom 
Jahre  1861)  bis  zum  Schluss  des  Jahres  1884  der  Verwaltung  für  die 
Ankäufe  zur  Verfügung  standen  und  in  den  Eeclmungsübersichten 
ausgewiesen  sind. 
Lücken  der  So  anseliulich  sicli  der  Bestand  unserer  Sammlungen  auch  dar- 

bietet, wird  doch  der  Kundige  leicht  zahlreiche  Lücken  entdecken,  vor 
deren  Ausfüllung  Avir  nicht  beanspruchen  dürfen,  die  eine  und  haupt- 
sächliche unserer  Aufgaben,  die  Darstellung  der  Technik  und  der 
Geschichte  des  Kunstgewerbes  in  einer  Auswahl  typischer  Stücke,  auch 
nur  annähernd  erreicht  zu  haben.  Wenn  Avir  uns  vergegenwärtigen, 
dass  Bildwebereien  (Arazzi,  Gobelins),  dass  mittelalterliche  Stoffe,  be- 
sonders die  unter  dem  Einfluss  des  Orients  in  Sicilien  und  Italien 
gewebten,  dass  Bucheinbände  aus  der  Bibliothek  Grolier's  und  anderer 
Büchersammler  der  französischen  und  italienischen  Renaissance,  dass 
altgriechische  Vasen  des  schönen  Stiles,  Tanagra-Figuren  und  rothes 
samisches  Geschirr,  dass  die  rothgoldig  lüstrirten  Majoliken  des 
Maestro  Georgio  von  Gubbio,  die  schönen  Arbeiten  der  grossen  Ma- 
joliken-Maler der  Zeit  Rafael's,  die  plastischen  Thonarbeiten  Palissy's, 
die  kunstvollen  Platten-Malereien  der  berühmten  Delfter  Fayencemaler, 


SammlunK. 


]\riiseinu  fiir  Kunst  und  Gewcrlic.  XIX 

Schuabelkrüge  aus  Siegburger,  Jagd-,  Ai)ostel-  und  PlaDetenkrügc  aus 
Kreusseuer  Steinzeug,  feine  Ijemalte  Porzellan-Statuetten  der  Blütliezeit 
Meissens  und  der  ihm  nacheifernden  Porzellan-Manufacturen,  englische 
Fritten-PorzelUme,  dass  deutsche  mittelalterliche  Bildfenster  aus  Kirchen, 
sclnveizer  Kabiuet-Glasmalereien,  dass  alte  venetianische  Gläser  mit 
Emailmalereien  und  Flügelgläser,  dass  feingeschnitzte  Möbel  der 
italienischen  und  französischen  Renaissance,  französische  Boulemöbel, 
metallbeschlageue  Möbel  von  Caffieri,  von  Piesenor,  von  Gouthiere  oder 
anderen  französischen  Meistern  des  IS.  Jahrhunderts  noch  völlig  fehlen, 
dass  die  Gewebe  und  Spitzen  überhaupt,  die  Elfenbein-Schnitzarbeiten, 
die  italienischen  Bronzen  und  die  deutschen  Zinnwaaren  des  IG.  Jahr- 
hunderts, die  altchinesisclien  Porzellane  und  die  orientalischen  Töpfer- 
arbeiten überhaupt,  dass  Schmuck  und  Geräthe  im  Allgemeinen  nur 
erst  ganz  lückenhaft  vertreten  sind,  so  erhellt,  ein  wie  weiter  Weg 
zum  Ziele  noch  zurückzulegen  bleibt  und  wie  sehr  die  Anstalt  der 
nachhaltigsten  Unterstützung,  sei  es  durch  Schenkung  von  Alterthümern, 
sei  es  durch  die  Zuwendung  von  Geldmitteln  zum  Ankaufe  solcher, 
auch  fernerhin  bedarf. 

Von  den  planmäüigeu  Arbeiten  für  die  Aufstellung  und  Ordnung  Aufstellung 
der  Sanunlungen  konnte  im  Jahre  1S81  u.  A.  die  Einrichtung  eines 
besonderen  Saales  für  die  Schaustellung  der  alten  hamburgischen  Ofen, 
deren  Beschreibung  wir  in  dem  Berichte  des  Jahres  1882  gegeben 
haben,  durcligeführt  Averden.  Zehn  solcher  alten  schönen  Eayence-Ofen 
mit  Blaumalereien  der  Zeitgenossen  Sonuins  konnten  aus  den  Bruch- 
stücken Avieder  mehr  oder  minder  vollständig  aufgebaut  werden  und  neben 
ihnen  fand  auch  der  fein  modellirte  Roccoco-Ofen  aus  weißglasirter  Fayence, 
Avelchen  Herr  Bruno  Fi(jlhciii  dem  Museum  geschenkt  hat,   seinen  Platz. 

Die  neue  Ordnung  der  keramischen  und  der  Glas-Sammlung  und 
in  Verbindung  dandt  die  aus  Gründen  der  Sicherheit  Avünschenswerthe 
Verweisung  der  Metall- Arbeiten  in  die  Gänge  wurde  in  Angrift* 
genommen  und  durch  die  Einrahmung  und  provisorische  Schaustellung 
einer  Aveiteren  Anzahl  aou  Stickereien  die  endliche  Ordnung  derselben 
in  den  ihnen  bestimmten  Ijeiden  Sälen  rechts  vom  Haupteingange 
vorbereitet.  Von  der  Schaustellung  der  im  vorjährigen  Berichte 
erwähnten  kleinen  japanischen  Metallarbeiten  mußte  noch  Abstand 
genommen  Avei'den,  theils  Aveil  erst  die  Hälfte  dieser  Sammlung  in 
das  Eigenthum  des  Museums  übergegangen  Avar,  theils  Aveil  erst  durch 
die  in  Aussicht  genommene  neue  Ordnung  der  Sammlung  von  Schmiede- 
eisen-Arbeiten in  besonderen  Sälen  günstig  beleuchtete  Plätze  für  die 
tausend  Nummern  dieses  metallischen  Orbis  pictus  japanischer  Natur 
und  Kunst  beschafft  werden  mußten. 

h* 


der  liambur- 
gischeu  Oefen. 


XX  Muscmii  füi'  Kunst  und  Gc\vcMi)t'. 

Die  dauernde  Ausstellung  neuer  Arbeiten. 

Die  dauernde  Ausstellung  neuer  Kunstgewerbs-Erzeugnisse  ist 
unter  denselben  Bedingungen  wie  in  den  Vorjahren  fortgeführt  worden. 
Auch  in  diesem  Jahre  aber  erwiesen  sich  die  in  unseren  früheren 
Berichten  dargelegten  Umstände  als  ein  Hinderniss  für  die  völlige 
Entfaltung  dieses  Theiles  unserer  Einrichtungen.  Von  den  Hiesigen, 
Avelche  sich  durch  die  Ausstellung  ihrer  Arbeiten ,  bald  verkäuflicher, 
bald  auf  Bestellung  angefertigter,  ausgezeichnet  haben,  sind  u.  A.  zu 
nennen:  Die  Firma  J.  D.  Heijmann  mit  der  für  das  königlich 
rumänische  Winterpalais  zu  Bukarest  angefertigten  Einrichtung  eines 
Musiksaales  und  einer  von  dem  hiesigen  Orgelbauer  Woljsteller  gebauten 
Orgel;  Gem'g  Hnlbe  mit  zahlreichen  Erzeugnissen  seiner  sich  immer 
glänzender  entfaltenden  Ledertechnik,  u.  A.  einem  für  das  königlich 
bayerische  Schloss  Trausnitz  gearbeiteten  Lehnstuhl ;  Buchbindermeister 
G.  J(A)sen  und  C.  W.  Korff  mit  Ledereinbänden  mit  Handvergoldiing; 
H.  KäclienJioff  &  Hartig  mit  einem  für  Herrn  Bäckermeister  Grosskreuz 
nach  dem  Entwurf  des  Architekten  H.  J.  Plöhn  gearbeiteten  Zimmer- 
getäfel ,  zu  welchem  der  Bildhauer  Sattler  die  Schnitzereien  geliefert 
hatte;  G.  C.  Mahr  mit  Speisezimmer -Möbeln  aus  mattem  Jacaranda; 
Aloys  DenofJi  mit  der  Statuette  einer  weiblichen  Idealfigur  aus  Eichen- 
holz mit  theilweiser  Vergoldung  und  Bemalung;  der  Münz-Medailleur 
Johannes  Lorenz  mit  einer  nach  seinem  Modelle  im  Auftrage  der  Frau 
C.  Walzberg  Wwe.  für  das  Grabmal  ihres  Mannes  gegossenen  heral- 
dischen Bronzeplatte  und  dem  für  das  getäfelte  Zimmer  des  Töpfer- 
meisters A.  D.  C.  Warustedt  geschnitzten  Friese;  P.  J.  Dieckmann 
Wive.  &  Sohn  mit  Bildfenstern  für  Villen  des  Architekten  Otto  Kohl 
und  mit  geätzten  Spiegelscheiben  für  die  Villa  Kirsten;  Walther  ä'  Depiic 
ebenfalls  mit  geätzten  Spiegelscheiben ;  de  Bruycher  d"  Kalüc  mit  Bild- 
fenstern in  Lackmalerei;  die  Ofenfabrik  und  Kunsttöpferei  von 
A.  S'piermann  &'  Wessely  mit  plastisch  und  durch  Bemalung  verzierten 
Ofen,  grossen  Prunkvaseu  nach  C.  Börncr's  Modell  und  Ziergefässen  aus 
Majolica;  das  Atelier  für  Kunststickerei  von  Frau  Dr.  Marie  Meyer  mit 
einer  auf  auswärtige  Bestellung  ausgeführten  prachtvollen  Decke  eines 
Speisetisches  in  vielfarbiger  Seidenstickerei  auf  Tuch  und  Sammet; 
Frau  Minna  Kauf  hold  mit  gestickten  Fahnen  hiesiger  Innungen;  die 
Firma  C.  G.  Ulrich  Nachf.  mit  dem  gestickten  Banner  des  Neustädter 
Bürgervereins,  Wilhelm  Weimar  mit  von  ihm  mittelst  des  Glühstiftes 
■  auf  Holz  gebrannten  hamljurgischen  Ansichten  und  decorativen  Füll- 
tafeln für  Möbel;  Schlossermeister  Eduard  Schmidt  cO  Sohn  mit  Ge- 
räthen  aus  Schmiedeeisen. 


Musciiiii   l'iir  Kunst  und   (l(_'\VL'rlio.  XXI 

Boten  diese  und  manche  andere  tüchtige  Aussteller  erfreuliche 
Beweise  für  die  Fortschritte  des  heimischen  Kunsthandwerks,  so  hielten 
die  anlässlich  der  Erfahrungen  des  Vorjahres  schon  erörterten  Gründe 
uns  davon  ab,  im  Jahre  1884  ein  möglichst  vollständiges  Bild  dieser 
Fortschritte  in  einer  Weihnachtsmesse  zusammenzustellen.  Die  mit 
der  Kunstgewerbe  -  Abtheilung  des  .Gewerbe -Vereins  augeknüpften 
Verhandlungen  führten  dahin,  den  Versuch,  die  Weihnachtsmesse 
durch  eine  Verloosung  ausgezeichneter  Kunstgewerbserzeugnisse  ham- 
burgischen Ursprunges  zu  beleben,  für  das  Jahr  1885  in  Aussicht  zu 
nehmen. 

Unter  den  auswärtigen  Ausstellern  während  dieses  Jahres  haben 
mehrere  der  ersten  Glasmalerei-Anstalten  Deutschlands,  C.  v.  Boiiclir, 
F.  X.  Zettler,  C.  H.  Bwddiardt  &  Sohn,  alle  drei  in  München,  Hertd 
&'  Lerch  in  Düsseldorf,  Dr.  H.  Oidtmann  in  Linnich,  Reg.-Bez.  Aachen, 
wetteifernd  durch  ganze  lieihen  schöner  Arbeiten  das  Interesse  der 
Hamburger  für  diese  schöne  Kunst,  die  in  unserer  Stadt  leider  nur 
in  bescheidenem  und  der  großen  Nachfrage  bei  Weitem  nicht  genügendem 
Umfange  geübt  wird,  rege  erhalten.  Die  Aussichten  auf  Bestellungen 
für  die  zahlreichen  neuen  Kirchenbauten  und  die  Vervollständigung 
des  Glasbilderschmuckes  der  Kirchen  St.  Nicolai  und  St.  Jacobi  haben 
hierbei  eben  so  sehr  mitgewirkt,  wie  die  erfreulich  zunehmende  Aus- 
stattung der  Wohnhäuser  mit  gemalten  Fenstern.  Sonst  beschickten 
unsere  Ausstellung  noch  HeimicJi  Seitz  in  München  mit  Gefässen  aus 
getriebenem  Kupfer,  Heinrich  Semermann  in  Flensburg  mit  seinen  in 
Holzfarbe  bemalten  Abformungeu  Brüggemann'scher  Schnitzwerke  im 
Dom  zu  Schleswig,  die  Ofenfabrik  von  Tilleroy  tO  BocJi  in  Dresden 
mit  Ofenkacheln. 

Sonder-Ausstellungeu,  zu  welchen  das  Museum  die  Anregung 
oder  die  Gelegenheit  bot,  fanden  mehrfach  statt.  Um  Ostern  gleich- 
zeitig eine  von  dem  „Verein  für  Hamburgische  Geschichte''  beschaffte 
Ausstellung  von  Hamburgensien,  Erinnerungen  aus  der  Franzosenzeit 
unserer  Stadt,  und  eine  Airsstellung  von  Gesellenstücken,  bei  welcher 
sich  18,  in  Innungen  vereinigte  Gewerbe  mit  90  Ausstellungsgegenständen 
betheiligt  hatten  und  50  Diplome  mit  Ehrengeschenken,  Büchern  und 
Reisszeugen  von  einer  ans  Delegirten  hiesiger  Innungen  unter  dem 
Vorsitz  des  Directors  Dr.  Brinchnann  bestehenden  Jury  vertheilt 
wurden.  Im  Juni  wurden  die  1 10  Konkurrenz-Entwürfe  füv  den  Neubau 
des  naturhistorischen  Museums  ausgestellt  und  im  October  die  sieben 
Pmtwürfe,  w^elche  sich  um  den  von  der  Bau-Deputation  ausgesetzten 
Preis  für  den  Entwurf  eines  Kandelabers  für  elektrische  Beleuchtung 
bewarben. 


^^^■[J  ]\r\is('iim  für  Knnsit   und   (iowci'bc. 

Leih -Ausstellung  alter  Berliner  Porzellane. 

Von  der  Vermehrung  des  Anschauimgsstoffes  der  Sammlungen 
durcli  Anleihen  bei  auswärtigen  und  hiesigen  öffentlichen  und  privaten 
Sammlungen  hat  die  Verwaltung  des  Museums  bisher  Abstand  genommen, 
theils  weil  es  an  Schau  schränken  für  diesen  Zweck  gebrach,  theils 
weil  einzelne  übele  Erfahrungen  es  rathsamer  erscheinen  liessen,  kunst- 
gewerbliche Alterthümer  in  privatem  Besitz  zu  belassen,  anstatt  durch 
ihre  Schaustellung  im  Museum  zu  ihrer  Veräusserung  an  Händler  und 
Fremde  den  Weg  zu  bahnen.  Die  grossen  Leihausstellungen,  wie 
u.  A.  auch  die  letzten  Münchener  und  Karlsruher,  endigen  bekanntlich 
ausnahmslos  mit  einem  kunstgewerblichen  Deficit,  insofern  stets  viele 
und  gerade  die  werthvoUsten  Alterthümer  durch  dieselben  nicht  nur 
an's  Licht  gezogen,  sondern  in  die  Hände  kaufkräftiger  Ausländer 
übergeführt  werden.  Dagegen  kann  kein  Vorkaufsrecht  die  Museen 
schützen,  weil  nach  Entfernung  der  ausgestellten  Alterthümer  aus  der 
Ausstellung  der  private  Eigenthümer  wieder  in  den  vollsten  uncon- 
trolirbaren  Genuss  seines  Verfügungsrechtes  eintritt.  Kleine  Museen  mit 
vorwiegend  leihweise  zusammengebrachtem  Bestände  sind  aus  diesem 
firunde  die  vortheilhaftesten  Fundgruben  für  den  Antiquitätenhandel. 
Thrill-  Dennoch  wagten   Avir   einen    Versuch    mit   einer    solchen    Leih- 

AiLssteUiuig    ausstellung,    als    die    königlich   preussische   Porzellan -Manufactiir    die 

vou  Bei'liuei'  °  o  x  -t  o    i  n  i 

Porzoiianfii.  von  uns  ihr  gebotene  Gelegenheit  zur  zeitweiligen  Schaustellung  der 
vielen  technischen  und  künstlerischen  Neuheiten,  mit  welchen  sie  in 
den  letzten  Jahren  unter  des  Bildhauers  Skissmann  Hellhorn  künst- 
lerischer Leitung  ihren  alten  lliihm  wiederzubeleben  begonnen  hat, 
auf  das  entgegenkommendste  annahm. 

Waren  den  Porzellanen  im  Allgemeinen  bisher  geringere  Auf- 
merksamkeit und  bescheidenere  Mittel  als  den  Fayencen  unserer 
Sammlung  zugewendet  Avorden,  so  hatte  doch  eine  Reihe  glücklicher 
Käufe  gerade  die  Gruppe  der  Berliner  Porzellane  so  sehr  begünstigt, 
dass  kaum  irgend  eine  öffentliche  Sammlung  die  reizvollen  Erzeugnisse 
dieser  Manufactur  aus  der  Zeit  Friedrichs  des  Grossen  und  Friedrich 
Wilhelm  H.  in  gleicher  Schönheit  aufzuweisen  vermochte.  Hinzukam, 
dass  der  Geh.  01)er-Iiegierungsrath  Herr  A'.  Lüders  in  Berlin,  welcher 
der  Kgl.  Porzellan-Manufactur  seit  einigen  Jahren  als  commissarischer 
Leiter  vorsteht,  die  Güte  hatte,  uns  seine  eigene,  an  typischen  Stücken 
der  verschiedenen  Perioden  der  Manufactur  sehr  reiche  Sammlung 
auf  längere  Zeit  zur  Verfügung  zu  stellen. 

Unter  diesen  LTinständen  schien  der  Gedanke  verlockend,  nun 
auch   von   anderen    (iffentlichen  Sammlungen   und    aus  privatem  Besitz 


]\Iiis(Mim  iiir  Knust   und   (ic\vorl)(\  XXIII 

weiteres  Material  heraii/iizielien,  um  so  die  heutigen  Leistungen  der 
Manufactur  im  Zusanmienliang  mit  den  liülieren  vorzuführen,  sie  als 
ein  Glied  in  dem  liiO jährigen  Entwickelungsgang  der  Manufactur  zum 
V'^erständniss  zu  bringen. 

Aeussere  Gründe  nöthigteu  uns  zu  einiger  Beschränkung.  Von 
(iffentlichen  Aufforderungen  wurde  daher  Abstand  genommen.  Wo  wir 
aber  anklopften,  wurde  uns  auf  das  Freundlichste  aufgethan.  Von 
öffentliclien  Sammlungen  waren  es  das  Bayrische  Gewerbeniuseum  in 
Nürnberg  (Director  Herr  von  Stegmann)  und  das  Nordböhmischo 
Gewerbe-Museum  in  lleichenberg  (Vorsteher  Herr  Architect  W.D.Yivie), 
welche  alte  Berliner  Porzellane  von  hervorragender  Schönheit  bei- 
steuerten. Zur  Herbeischaft\ing  von  Porzellanen  aus  privatem  Besitz 
trat  eine  aus  den  Herren  Kduard  Behrens  jr.,  AdolpJi  Oodeffrou  und 
Washington  von  dt  ii  Hellen  bestehende  Commission  mit  gutem  Erfolge 
in  Thätigkeit.  Dank  diesen  Herreu,  die  auch  aus  eigenem  Besitz 
Werthvolles  beisteuern  konnten,  gelang  es  der  Museums-Verwaltung 
ein,  wenn  auch  nicht  vollständiges,  so  doch  anziehendes  und  sehr 
lehrreiches  Bild  der  Leistungen  der  verschiedeneu  Periodeu  der  Manu- 
factur zusammenzustellen. 

Die  Vorläufer  aus  der  Manufactur  Wegeli's  und  seines  Nach- 
folgers Gotälionshij,  die  verschiedenen  Perioden  der  1703  zur  königlichen 
Manufactur  erhobenen  Anstalt,  ihre  Blüthezeit  in  den  70er  und  80er 
Jahren  und  das  folgende  Jahrhundert  langsamen  Piückganges  bis  zur 
Wiederbelebung  in  unseren  Tagen  konnten  durch  charakteristische, 
zum  Theil  sehr  schöne  Schaustücke  vorgeführt  Averden,  für  deren 
leihweise  I  eberlassung  Avir,  abgesehen  von  den  schon  Genannten,  den 
Herren  Maler  PJiüip2)  Arons  in  Berlin,  Kunsthändler  Gustav  Leinj  in 
Berlin,  Kunsthändler  A.  S.  Drey  in  München,  soAvie  den  hiesigen 
Herren  Otto  L.  Alirens,  August  Ballin ,  Eduard  Behrens,  Fräulein 
Marianne  Busse,  Herrn  Adolph  Fröscheis,  Frau  Gustav  Oodeffrog,  Frau 
Caroline  Kordheim,  geb.  Cohen,  Graf  A.  de  Pina,  Herrn  W.  A.  Schmidt, 
Frau  Dr.  TJlex  Wwe.,  Herrn  J.  G.  H.  Winclder  zu  besonderem  Danke 
verpflichtet  sind. 

Am  10.  December  1884  konnte  die  zwei  Säle  füllende  Aus- 
stellung eröffnet  werden.  Sie  blieb  bis  in  den  Februar  des  folgenden 
Jahres  geöffnet.  Die  Erinnerung  an  sie  wird  in  der  Sammlung  durch 
den  um  manch  gutes  Stück  bereicherten  Schauschrank  der  alten 
Berliner  Porzellane,  auf  dem  eine  mit  Kaiser  Wilhelm's  Bildniss  und 
einer  Ansicht  seines  Palais  geschmückte  Prachtvase,  ein  von  Herrn 
Bürgermeister  Kirchenpaner  Dr.  dem  Museum  leihweise  anvertrautes 
kaiserliches  Ehrengeschenk,    den    Mittelpunkt   der   ganzen    kern  mischen 


XXIV  ,  ^lusc'um  für  Kunst   und   ricwoi'lie. 

Sammlung  bildet,  sowie  durch  einen  in  der  dauernden  Ausstellung 
neuer  Arbeiten  untergebrachten  Schrank  zur  wechselnden  Schaustellung 
neuester  Erzeugnisse  der  Manufactur  wacherhalten. 

Das  Verstäudniss  der  ausgestellten  alten  und  neuen  Porzellane 
hat  der  Director  im  Januar  1885  durch  eine  Reihe  kritischer  Vorträge 
zu  fördern  gesucht,  welche  er  vor  einem  kleineren  Zuhörerkreise  in 
den  Ausstellungssälen  hielt. 

Die  Bibliothek. 

Für  die  Vermehrung  der  Bibliothek  konnten  im  Jahre  1884 
.^  38 11,04  verausgabt  werden,  wodurch  sich  der  Gesammtaufwand  für 
diese  Abtheilung  der  Anstalt  auf  J^  22  035,08  erhob. 

Geschenke  kamen  der  Bibliothek  nur  in  geringer  Zahl  zu  Gute, 
dafür  aber  ein  desto  kostbareres,  welches  wir  wieder  der  Güte  des 
Herrn  J.  C.  D.  Hohidr  verdanken.  P's  ist  das  von  der  Kunsthandlung 
von  Adolf  Gutbier  in  Dresden  herausgegebene  grosse  Werk  mit  Repro- 
ductionen  der  Tafelbilder  und  Fresken  Rafaels  in  einem  kostbaren,  mit 
No.  8  numerirten  Abdruck  der  Prachtausgabe. 

Für  die  geordnete  Aufstellung  der  Bibliothek  fehlte  es  auch  in 
diesem  Jahr  an  Räumen.  Die  Bücher  blieben  in  dem  Arbeitszimmer 
des  Directors  in  provisorischer  Aufstellung. 

Der  Besuch  und  die  Benutzung  der  Anstalt. 

Während  des  Jahres  18«4  ergab  sich  folgender  Besuch  der 
Sammlungen : 

Januar 0  602 

Februar 7  500 

März 9  430 

April 22  714 

Mai   G  032 

Juni 8  597 

Juli 5  845 

August 7  057 

September    6  170 

October 6  133 

November 8  G03 

December   6  746 

zusammen.  .  .  .101  429  Personen, 
wovon  43  797  allein  auf  die  Sonntage  entfielen.  Die  hohe  Besuchs- 
ziffer   des    April    erklärt    sich    wieder    durch    den    üblichen    Andrang 


]Mus(Miiii    für  Kunst   iiiul   («cwei'lic.  XX.V 

Scliaiiliistiger  währeiul  der  Ostertage,  die  auffallend  geringe  des 
December  durch  den  Ausfall  der  Weihuaclitsmesse,  welche  in  den 
beiden  vorhergehenden  Deceniherniouaten  II  GM  ho/..  10  1S5  Besucher 
in  die  Anstalt  geführt  hatte. 

Der  Besuch  der  Lesezimmer  gestaltete  sich  folgendermassen : 

Januar B99 

Februar  . 314 

März 85G 

April .267 

Mai 233 

Juni ]  58 

Juli 134 

August 150 

September 171 

October 170 

November 171 

December 151 

zusammen 2674  Besucher 

gegen  233(1  im  Jahre  1 883  und  1922  im  Jahre  1S82.  Auf  (15  Abende 
enttielen  von  jenen  2674  Besuchern  729,  die  übrigen  1945  kamen  auf 
die  Tagesstunden  von  10  bis  4  bez.  5  Uhr.  Die  Entleiher  von  Büchern 
sind  bei  diesen  Angal)en  nicht  gerechnet. 

Die  am  1,  Januar  1884  erclffnete  Gipsleihanstalt  zählte  während  Gipsieihanstait 
dieses  Jahres  30  Abonnements,    von  denen   1 1   auf  Zeichenlehrerinneu, 
9  auf  die  Gewerbeschule  für  Mädchen  und  Töchterschulen,  und  5  auf 
berufsmässige    Bildhauer,     die    übrigen    5    auf   I^ehrer    und    Zeichner 
enttielen. 

Darf  aus  diesen  bescheidenen  Ergebnissen  des  ersten  Jahres 
ein  Schluss  auf  die  praktische  Bedeutung  der  neuen  Einrichtung 
noch  nicht  gezogen  werden,  so  ist  doch  eine  grosse  Theilnahme 
der  Fachleute  so  lange  nicht  zu  erwarten,  bis  nicht  w^esentlich 
grössere  Mittel  zur  Anschaffung  der  Abgüsse  zur  Verfügung  stehen, 
als  jene  im  Jahre  1883  vom  Gewerbeverein  beigesteuerte  Summe  von 
1000  Mark.  Diese  1000  Mark  Capital  ergaben  durch  die  Abonnements 
einen  Ertrag  von  77  Mark,  welcher  zur  Anschaifung  weiterer  Abgüsse 
vertragsgemäss  verwendet  wurde. 


XXVI  Chemisches  Staats -Laboratorium. 


Bericht  über  das 

Chemische  Staats  -  Laboratomm 

für  das  Jahr  1884, 

erstattet  von  Direktor  Dr.  F.  Wibel. 

Aiigfineiiip  Aiii  7.  Jaimai*  des  verflossenen  Jahres  wurde  das  Disziplinar-  nnd 

Wrwaitun^-.  pensions-Gesetz  für  die  nicht  richterlichen  Beamten  des  Hamburgischen 
Staates  piil)lizirt.  Wie  dadurch  für  alle  diese  Beanitenkategorieen  und 
damit  auch  für  den  unterzeichneten  Direktor  ein  lange  ersehnter  Wunsch 
in  Erfidlung  gegangen,  so  trat  auch  die  Nothwendigkeit  hervor,  die 
Stellung  des  Assistenten  am  Institut  nach  Maßgabe  dieses  Gesetzes  zu 
regeln.  Es  konnte  dies  in  Veil)indung  mit  dem  schon  im  vorigen 
Jahresbericht  erwähnten  Antrage  auf  (ilehaltserhöhung  desselben  um  so 
eher  geschehen,  als  bei  erfolgter  Bewilligung  eine  größere  (Jewähr  dafür 
geboten  war,  den  Assistenten  dauernder  an  das  Institut  gefesselt  zu 
sehen ,  während  bei  einem  aus  pekuniären  Rücksichten  erfolgenden 
häufigeren  Wechsel  die  Bestimmungen  jenes  (iesetzes  mannichfach 
erschwerend  gewirkt  haben  würden.  Nachdem  unter  dem  2.  April  d,  J. 
die  Bürgerschaft  die  beantragte  Gehaltserhöhung  auf  P)500  J(  bewilligt 
hatte,  wurden  am  1.5.  Mai  von  der  S.  T.  Ersten  Sektion  der  Ober- 
schulbehörde die  nöthigen  Aenderungen  in  der  bisherigen  Distruktion 
des  Assistenten  beschlossen  und  7,ur  Kenntniss  E.  H.  Senates  und  der 
Bürgerschaft  gebracht.  Es  lautet  der  §  1  dieser  Instruktion  nunmehr: 
„Der  Assistent  des  Chemischen  Staats -Laboratoriums  ist  ein  fest- 
angestellter Beamter  im  Sinne  des  Disziplinar-  und  Pensionsgesetzes 
für  die  nicht  richterlichen  r>eamten  vom  7.  Januar  1884. 

Derselbe  wird  nach  Maßgabe  §  31  des  genannten  Gesetzes 
zunächst  versuchsweise  auf  1  Jahr  mit  einer  vierw(ichentlichen  Frist 
kündbar  angestellt.  Die  etwaige  Auflösung  des  Dienstverhältnisses 
erfolgt  vorkommenden  Falles  durch  die  Erste  Sektion  der  Oberschul- 
behörde auf  Bericht  des  Direktors.  Dem  Assistenten  steht  wilhrend 
dieses  Probejahres  eine  vierteljährliche  Kündigung  zu. 

W^ünscht  der  Assistent  nach  seiner  definitiven  Anstellung  das 
A  erhältniss  zum  Chemischen  Staats-Laboratorium  zu  lösen ,  so  hat  er 


Ar'iiili'vniu 


Chomisohcs  Staats -Laboratorium.  XX\  II 

sein  Kntlassungsgesiicli  wenigstens  drei  Monate  vor  seinem  beabsichtigten 
Austritt  einznreiclien.  Der  Austritt  darf  in  der  Iiegel  nur  am  Schlnü 
des  Semesters,  zu  Ostern  oder  zu  Michaelis,  erfolgen." 

Gleichzeitig  mit  jener  riolialtserhrduing  bewilligte  auch  di(> 
Bürgerschaft  die  Krhcihung  des  Postens  für  die  sonstigen  Ausgaben 
des  Institutes  um  die  Summe  von  1500.^,  welche  hauptsächlich 
mit  Ivücksicht  auf  die  Beschaffung  einer  weiteren  Hülfskraft  für  die 
dem  Institute  obliegenden  chemischen  Arbeiten  beantragt  war.  Ans 
verschiedenen  Gründen  konnte  Avährend  des  verflossenen  Jahres  nur 
interimistisch  eine  solche  gewonnen  werden;  dagegen  ist  mit  dem 
Anfange  des  neuen  Jahres  eine  definitive  Gestaltung  auch  nach  dieser 
Richtung  möglich  gewesen  und  damit  hoffentlich  eine  einigermaßen 
fühlbare  Erleichterung  für  die  Thätigkeit  der  bisherigen  Beamten, 
wie  eine  ersprießliche  Förderung  für  die  Leistungen  der  Anstalt 
geschaffen. 

Wenn  es  schon  aus  vielen  anderen  (nninden  ein  lange  gehegtes  r.auiichr 
Bedürfniss  gewesen  ist,  so  war  es  für  den  luntritt  einer  neuen  Hülfskraft 
gradezu  eine  Vorbedingung,  mittelst  einer  durchgreifenden  Umgestaltung 
der  beiden  nau})t-Arbeitsräume  den  erforderlichen  Platz  zu  gewinnen, 
der  nun  einmal  von  chemischen  Arbeiten  heutigen  Tages  verlangt  wird. 
Ms  wurden  zu  diesem  Zweck  die  in  beiden  Iläumen  befindlichen  Arbeits- 
tische anders  gestellt,  fünf  neue  eingefügt,  die  entsprechenden  Gas-, 
Wasser-  und  Abfiußleitungen  angelegt  ,  zwei  Fenster  zu  Abzügen 
(Kapellen),  eines  zu  einem  Saudbade  umgeändert,  und  statt  des  in 
Wegfall  gekommenen  (jrebläsetisches  zur  Ausführung  von  (ilüh-  und 
Schmelzoperationen  in  jedem  P\aume  ein  Wassertrommelgebläse  von 
Warmbrunn,  Quilitz  &  Co.,  Berlin,  mit  direkter  Wasserleitung  angebracht. 
Letztere  functioniren  vortrefflich  und  bieten,  für  je  zwei  Gebläselampen 
ausreichend,  auch  eine  erfreuliche  Zeitersparniss,  da  mau  gleichzeitig 
und  unbeaufsichtigt  mehrfache  Schmelzoperationen  auszuführen  vermag. 
Mit  dieser  während  des  ersten  Halbjahres  successive  vollendeten  neuen 
Fiiu'ichtung  ist  aber  auch  die  letzte  Mciglichkeit  ausgenutzt,  in  dem 
kleinen  Gebäude  Arbeitsraum  verfügbar  zu  machen.  Und  wenn  in 
dieser  Beziehung  der  derzeitige  Zustand  freilich  nur  höchst  bescheidenen 
Ansprüchen  genügt  und  sich  in  vieler  Beziehung  direkt  hinderlich 
erweist,  so  ist  doch  Avenigstens  mit  diesem  endlichen  Abschluß  neben 
der  Befriedigung  des  augenblicklichen  unabweislichen  liedürfnisses  auch 
die  beruhigende  Aussicht  verbunden,  vorläufig  so  lange  dauernden  und 
so  tiefgreifenden  Stcirungen  durch  derartige  bauliche  Arbeiten  schlechter- 
dings nicht  mehr  ausgesetzt  sein  zu  kcinnen. 


XXVIII  Chemisches  Staats -Laboiatorium. 

Aiisciiaftinigen.  Die  iii  diesem  Jahre  Dank  der  oberwähnten  Be\viih"giu)g  Seitens 

Goschenko.  ^^^^,  Behörden  nnd  der  Bürgerschaft  zur  Verfügung  stehenden  grör3eren 
Geldmittel  haben  freilich  gleichfalls  durch  die  vorbesprochenen  Um- 
änderungen wie  durch  den  Eintritt  einer  neuen  Hülfskraft  zu  erheb- 
lichem Theile  in  Anspruch  genommen  werden  müssen.  Einerseits  ist 
die  Ausrüstung  der  neuen  Arbeitsplätze  mit  den  nöthigen  Standgefäßen, 
Glaswaaren,  Stativen  und  sonstigen  Geräthschaften  davon  zu  bestreiten 
gewesen ,  andererseits  wurde  die  schon  längst  ersehnte  Anschaffung 
zweier  neuer  chemischer  Waagen  nunmehr  zur  absoluten  Nothwendigkeit. 
Die  eine  bisher  vorhandene  Waage  älterer  Konstruktion  von  Meyerstein, 
Göttingen,  w^urde  dadurch  zur  Benutzung  für  die  vorgeschrittenen 
Praktikanten  verfügbar;  von  den  beiden  neuangeschafften  Waagen 
neuer  Konstruktion  dient  die  eine  aus  der  Fabrik  von  (i.  Westphcd, 
Gelle,  zu  allgemeinem  Gebrauch  für  die  Beamten  der  Anstalt,  die 
zweite  aus  der  Fabrik  von  P.  Bunge,  Handjurg,  ausschließlich  für  die 
gerichtlich-chemischen  Arbeiten,  welche  ja  eine  besondere  Sicherheit 
und  Sorgfalt  erheischen.  Außerdem  bereicherte  sich  der  Apparaten- 
Ix'stand  besonders  durch  folgende  Erwerbungen;  ein  transportabler 
(Jasheizofen  von  Sierers  (('■  Co.  hieselbst,  ein  Mikroskop,  eine  Objekt- 
platte für  feine  Bewegung  des  Objektes  und  ein  feines  Aneroidbaro- 
meter  von  Ä.  Kriiss  hieselbst,  die  obgenannten  Wassertrommelgebläse 
von  Wanuhunn,  Quilitz  <{'•  Co.  Berlin,  einen  lleserve-Apparat  für  den 
Reichspetroleumapparat  von  B.  Pensky ,  Berlin,  zwei  electrolytische 
Apparate  nach  Hofmcuin,  ein  Apparat  nach  Classen  für  quantitative 
Electrolyse,  eine  Normal-riatinschaale  für  Wein-Untersuchungen,  ver- 
schiedene Pvknometer,  Lactobutyrometer  u.  dgl.  von  ('.  StelUufi  hie- 
selbst. Glas-  und  Poi'zellaiiwaaren  wurden  von  Boäloi,  Tiöhlü/,  Hehmidt, 
SeJirader  &  Boosen,  HteUhuj  hieselbst,  die  Chemikalien  hauptsächlich 
von  Beelier  cC'  Frcuicli,  Hamburg,  Kalühaum,  Berlin,  Trominsdorf,  Erfurt, 
und  SeJmchardf,  Görlitz,  bezogen.  Die  Anschaffungen  für  die  Biblio- 
thek des  Institutes  mußten  sich  auf  die  fortlaufende  Ergänzung  der 
Zeitschriften  und  den  Erw^erb  einiger  der  Avichtigsten  neuen  Er- 
scheinungen beschränken.  An  Geschenken  sind  in  diesem  Jahre  zu 
verzeichnen:  drei  Stufen  Silber-  und  Kupfererz  von  Herrn  J.  C.  Plage- 
mann,  eine  Büchse  mit  einem  5000-  und  900-Maschensieb  in  Messing- 
fassung von  den  Herren  Nagel  &  Kaemp,  diverse  Borax -Krystalli- 
sationen  hiesiger  Fabrik  von  Herrn  J.  8.,  WiftmaclvS  Anleitung  zur 
Erkennung  von  Beimengungen  in  Iloggen-  und  Weizenmehl  von  Herrn 
Senator  Versmann  Dr. ,  Jahrbuch  der  wissenschaftlichen  Anstalten 
Bd.  I  von  S.  T.  Erster  Sektion  der  Oberschulbehörde  sowie  eine 
Anzahl  Druckschriften  im  Austausch. 


Chemisches  Staats- Laboratorium.  XXIX. 

Die  \'er\v:iltuiig  des  Institutes  erhebt  iu  rein  julniinistrativer  Tiiätigkoit 
Iliclitung  mit  jedem  Jahre  erhöhte  Ansprüche.  von  der  liir  die 
Bibliothek  aufziiwendeuden  Arbeit  ganz  abgesehen,  hat  sich  das 
Aktenniaterial  bereits  so  angehäuft,  daß  dasselbe,  um  die  erforder- 
liche Uebersicht  und  damit  die  nothwendige  Verwerthbarkeit  für  die 
eigentlichen  Arbeiten  zu  gewähren,  neu  eingerichtet  werden  mulHe. 
Es  sind  zu  dem  Zwecke  zahlreiche  Spezial-Akten  nach  den  Materien 
geordnet  angelegt  und  die  älteren  Akten  ihnen  eingereiht  worden,  so- 
weit dies  bis  jetzt  möglich  war.  Zum  Abschlufs  hat  diese  Arbeit  so 
wenig  gebracht  werden  können  wie  die  Revision  des  Inventars  und 
der  Kataloge,  da  eine  Kraft,  welche  den  Schreiberdienst,  die  Instand- 
haltung und  Fortführung  des  Archivs,  der  Bibliothek  und  der  Kataloge 
zu  besorgen  vermöchte,  nicht  zur  Verfügung  steht. 

Hinsichtlich    der   im  Jahre   1884    erledigten  Anforderungen   und 
Arbeiten  bietet  die  nebenstehende 


Uebersicht 

nebst  den  angefügten  Bemerkungen  den  entsprechenden  Einblick.  In 
derselben  erscheinen,  was  zur  Erlangung  eines  richtigen  Gesammt- 
urtheils betont  werden  muß,  alle  geringfügigen  Erledigungen  nur  aus- 
nahmsweise, die  gesammte  zur  allgemeinen  Verwaltung  gehörige 
Korrespondenz  gar  nicht,  und  ferner  sind  die  beiden  besonderen 
Arbeitsgebiete  der  amtlichen  Petroleum-Controlle  und  der  (  ontrolle  für 
Nahrungsmittel,  Genußmittel  und  Gebrauchsgegenstände  ebenfalls  aus- 
geschlossen. 

Hervorgehoben  zu  werden  verdient,  daß  sich  Seitens  der  Behörden 
allraählig  das  Bedürfnis  herausgestellt  hat,  über  eine  Reihe  von  Fragen 
periodisch  fortlaufende  Untersuchungen  ausgeführt  zu  sehen.  Zur  Zeit 
werden  solche  im  Staats-LaBoratorium  unternommen  über  die  Gewässer 
des  Centralfriedhofes  zu  Ohlsdorf,  über  die  Rieselanlagen  in  Fuhlsbüttel 
und  Friedrichsberg  und  ihre  Wirkungen,  über  die  Normalproben  für 
die  Taritirung  des  Weizenmehls,  über  die  bei  den  Zollanschlußbauten 
zu  verwendenden  Portland-Cemente.  Endlich  wurden  noch  im  Hinblick 
auf  die  auch  für  Hamburg  wachsende  Cholera-Gefahr  eine  größere  Zrdd 
von  öffentlichen  und  privaten  Brunnen-  und  Quell-Wässern  untersucht, 
um  über  ihre  eventuell  erforderliche  Außerbrauchsetzung  rechtzeitig 
unterrichtet  zu    sein. 

Uebersicht 


XXX 


Chemisches  Staats -Laboratorium. 


Uebersicht 

über   die  Seitens   des  Chemischen  Staats -Laboratoriums  in 
1884  ausgeführten  Untersuchungen,  abgestatteten  Gutachten, 

Berichte  etc. 


]ii. 


IV. 


VI. 

VII. 
VIII. 


b. 


Allgemeine  Verwaltung: 

Motivirte  Eingabeu,  Berichte  u.  s.  w 

riitersiuhiingeii  iin<l  IJiitiieliten  für  (Jerielite : 

Mord,  Körperverletzungen,  Sittenverbrechen,  ver- 
dächtige Todesursachen  (Gifte,  Flecken  u.  s.  w.). 

Brfind Stiftung,  Explosionen  u.   s.  w 

Medicinalpfuscherci,  Nahrungsmittel,  IJetruu',  Schrifi- 
vergieichuuL:',   Saclibeschiidignng  u.   s.  w 


Verliinull fingen  vor  dm  (ierielilen: 

Schwurgericlit 

Landgeiicht 

Schöil'eiigoricht 

Sonstige  (  OberJandesgericIit,  Handelsgericht,  Secamt) 

^erliandliiiigen  vor  ileni  l  iilersuciningsgericlile  und 
damit  \erbnndene  rnlersneliungen.  Ausgrabungen, 

Seetionen  und  ('orres|M»ndenz 

l'nleisM(linngt'n.(inla<lilen  liir  ^ledicinallMirean.  l'oli/.ei- 
und   andere  l'ieiiörden: 

Verdächtige  'J'odesur.sache,  fi  aglicheVergiftiuig  u  s.w. 

Nahrungsmittel   und  Gebrauchsgegenstände 

Fabriken  und   gewerbliche  Anlagen 

Allgemeine  sanitäre  Untersuchungen 

Diverse  andere  Untersuchungen   und  Gutachten  .... 


Besieliligungen    von   Fabriken,    gewerblielien  Anlagen 

u.  s.  w 

Conferenzen  und  (ounnissionen   mit  anderen  15eliörden 
l'nter.sueliungen  ans  eigener  Initiative 


Zusammen 


4 
1 

22 


4 
15 
19 
14 

15 


23 


27 


G7 

16 

2 

23 


174 


gegen  206  Nummern  in  1883. 


riiemisfhcs  Staats- Laboratcirium.  XXXI 

1.  ÜDtersuchungen  und  Gutachten  für  Gerichte. 

(Uebersicht  iinter  II.) 
Jouraal. 

No.  2.  Fall  K.  Arscii-iicluilt  künstliclier  Tilunieiistriiiißc.  Unter  den  Arsenik  in 
verscliieilenen  in  dieser  Riclitunii'  nntersucliten  lUumen  nnd 
lUättern  erwiesen  sich  speziell  Eplieublätter  nnd  grüne  Frucht- 
knoten als  stark  Arsen-  und  Kupl'eihaltig,  so  daß  sie  als  der 
Kaiserl.  V.  ().  vom  1.  Mai  188;2  zuwiderlaufend  he/.eichnet 
Averden  mußten,  insofern  nuxn  von  der  sachlich  gerechtfertigten 
Voraussetzung  ausgeht,  daß  sie  (nentuell  als  ,,r)ekleidungs- 
gegenstände'"  dienen. 
..  17,  8().  Fälle  1).  und  H.  Verfälschung  gemahlenen  Kaffees  mit  Kaitv-c  mit 
SniTOgat.  Nach  den  analytischen  Bestimmungen  ergah  sich 
im  Falle  I).  ein  Surrogat -Zusatz  von  ca.  25%,  im  Falle  H. 
ein  solcher  von  55%,  wohei  in  letzterem  Falle  die  Mittheilung 
von  Interesse  ist,  daß  nach  späterem  Eingeständnis  des  Be- 
schuldigten 50 — 58  70  Zusatz  thatsächlich  erfolgt  sind.  Man 
sieht  hieraus,  wie  nahe  sicli  unter  Umständen  die  Ergelniisse 
chemischer  I'rüi'uug  zu  dem  wirklichen  Sa(di verhalt  stellen. 
.,  18,  2'J,  80,  :!8.  Fälle  E.  L.  H.  und  (;.  cV'  K.  Verialscluing  ci.'H.t  v,  ,- 
von  IM'effer.  In  allen  diesen  I'älleii  drehte  es  sich  um  die 
Frage,  ol»  und  in  wie  weit  eine  Beimischung  von  sandigen 
und  erdigen  Theilen  im  gemahlenen  Pfeffer  als  eine  \<'i- 
fälschung  im  8inne  des  Gesetzes  zu  hetrachten  sei.  Gefunden 
wurden  in  vorliegenden  Fällen  an  Gesammt-Asche  (auf  luft- 
trockene Substanz  lierechnet)  10%,  14,5  %<,  I0,i»%,  7"e,  !l,7%, 
5%,  und  komite  hei  Aveiter  gehender  Untersuchung  in  einem 
Falle  ein  direkter  Zusatz  von  Ziegelmehl,  in  einem  andern 
von  Ziegelmehl,  Mörtel  oder  Kreide  u.  dgl.  nachgewiesen 
werden.  Dürfte  bezüglich  dieser,  letzteren  kaum  ein  Zweifel 
darülier  obwalten,  daß  objectiv  eine  Fälschung  vorliegt,  so 
wird  dagegen  von  "vielen  Seiten  überall  da  ein  solcher  Rück- 
schluß in  Frage  gestellt,  avo  sich  eine  minder  auffällige  Art 
der  \'erunreinigung  ergibt.  Denn  die  alsdann  angetroffenen 
Beimengungen  von  Sand,  mit  Säuren  unzersetzbaren  Silicaten 
etc.  werden  von  ihnen  als  ..natürliche  ^'eruureinigungen•■  durch 
die  l)eim  Ernten,  Verpacken  etc.  der  Waare  hineingeratheneu 
Staub-  und  Erd-Bestandtheile  angesehen  und  bezeichnet,  welcbe 
zu  entfernen  theils  nicht  möglich,  theils  vom  Verkäufer  niclit 
zu  verlangen  sei.  Den  Urs])rung  jener  \'erunreinigungen  selbst 
einmal  zugegeben,    —    obwohl    sich    daliinter    natürlich    auch 


lalisciiunj. 


XXXII 


Chemisches  Staats  -  Laboraturium. 


Journal 


Bleihaltige 

Glasur  an  Kocli- 

töpfeu 


Nt 


>)0 


BloigHhall     vi'u 

Sclmupftaback 

u.  ö.  w. 


alle  uiisaul)erii  ^lanqjiilatioiicn  vorstecken  können.  —  so  müssen 
(loch  die  1)eiden  wesentlichen  Schlußl)ehanptniioen  (lurchaus 
/nrück<>ewiesen  werden.  Wie  leicht  es  praktisch  möglich  ist 
nnd  auch  thatsächlich  durchgeführt  wird,  jene  Verunreini- 
gungen zu  entfernen,  heweist  am  schlagendsten  die  Thatsache, 
daß  der  im  Kleinhandel  verkaufte  sogenannte  ,, ganze  Pfeffer" 
Aschenniengen  von  3,5 — 4,5  "/o  liefert,  wie  in  Bestätigung 
anderweitiger  Untersuchungen  auch  die  vielfachen,  gelegentlich 
der  obigen  Fälle  besonders  analysirten,  Proben  hiesiger  Krämer 
ergeben  hal)en.  Allerdings  ist  diese  Waare  eben  gesiebt, 
Avährend  man  beim  Vermählen  des  Pfeffers  wohlweislich  die 
ungesiebte  resp.  ungereinigte  Rohwaare  verwendet  und  sich 
die  Unreinheiten  vom  Käufer  mitbezahlen  läßt.  Xacli  dem 
Urtheile  der  kautinännist-hen  Sachverständigen  soll  dies 
„Usance''  sein;  wenn  aber  dieser  ( lesichtspunkt  bei  der  Aus- 
legung des  Nahrungsmittelgesetzes  maßgebend  sein  darf,  so 
muß  die  in  jenen  Richtungen  sich  l)ewegende  chemische  Be- 
urtheilung  gegenstandslos  sein  und  bleilx'ii. 

54,  5(i.  Fall  L.  Verkaui  von  Kochtöpfen  mit  bleihaltiger 
Glasur.  Da  einzelne  'J'öpfe  stark  bleihaltig  liefunden  wurden, 
so  mußten  30  Proben  aus  dem  ganzen  Lager  von  11  —  UJ  000 
Töpfen  untersucht  werden.  Es  stellte  sich  dabei  eine  große 
Verschiedenheit  in  der  Menge  des  durch  halbstündiges  Kochen 
mit  10 "/o  Essig  ausziehbaren  Bleis  heraus,  Avie  dies  bei  der 
abweichenden  Beschaffenheit  der  (rlasur  von  vornherein  zu 
erwarten  war.  IJei  einer  größeren  Anzahl,  namentlich  bei  den 
stark  und  liell)raun  glasirten  Töpfen  wurden  jedoch  erhel)- 
lichere  Mengen  Blei  in  Lösung  geführt,  welche  l)is  zum 
Maximum  von  43  Milligramm  auf  je  100  Kubikzentimeter 
Inhalt  oder  von  17  3  Milligramm  auf  je  100  <>)uadratzentimeter 
Oberfläche  stiegen.  In  strafrechtliclier  Beziehung  verlief  der 
Fall  resultatlos. 

07,  79.  P'all  H.  resp.  L.  &  Gen.  Blei-Gehalt  einer  Metallfolie 
für  Schnupftaback  resp.  des  Schnupftabacks  selbst.  Die  zur 
Verpackung  des  Tabacks  verwendete  Metallfolie  war  wesentlich 
Blei;  sie  bestand  im  Ganzen  aus  91  %  Blei  und  9  '^*'o  Zinn. 
Allein  dieses  Zinn  war  auf  der  Innenseite  der  Bleifolie  auf- 
gewalzt, so  daß  die  Behauptung  entstehen  konnte,  die  eigentlich 
mit  dem  Taback  in  Berührung  kommende  Verpackung  sei 
Zinnfolie   und   somit  allen  gesetzlichen  Anforderungen  Genüge 


Chemisches  Staats -LalMiraluriuiu.  XXXIII 

Junnial 

geschelii-'ii.  \'()ii  sac.liverbtäucligeni  Standpunkte  konnte  und 
mußte  diese  Meinung  allerdings  leicht  zurückgewiesen  werden, 
da  einmal  dieser  Ueberzug  selbst  seiner  geringen  Dicke  und 
seiner  Rissigkeit  halber  nur  einen  ganz  unerheblichen  Schutz 
gegen  die  Extraktion  von  Blei  bietet,  wie  thatsächlich  fest- 
gestellt wurde,  und  da  zweitens  die  Hauptgefahr  einer  Zufuhr 
von  Blei  jedenfalls  durch  Abbröckeln  und  Eindrücken  der 
Eolie  bei  dem  wiederholten  Oeffnen  und  SchlieCjen  solcher 
Schnupftabackspackete  entsteht.  Im  ^'erfolg  der  weiterhin  aufge- 
worfenen Frage,  ob  denn  thatsächlich  Blei  in  jenen  Schnupf- 
taback  gelangt  sei,  wurde  nun  eine  überraschend  große  Menge 
dieses  Metalles  in  dem  Taback  selbst  gefunden,  nämlich  in 
100  grm  der  lufttrockenen  Probe  =  0,2925  grm  Blei,  und 
zwar  war  diese  Gesamtmenge  lediglich  und  ganz  in  dem  sauren 
Auszug  des  Tabacks  enthalten,  Avährend  andererseits  die  direkte 
Prüfung  auf  Chromgelb;  Glätte,  Mennige  und  derartige  Blei- 
\  erbindungen  negativ  austiel.  Durfte  mit  Rücksicht  auf  alle  in 
Betracht  kommenden  Umstände  mit  Recht  bezweifelt  werden, 
daß  jene  Gesamtmenge  Blei  durch  Extractiou  aus  der  um- 
hüllenden Metallfolie  entstamme,  so  mußte  andererseits  deren 
Gegenwart  zuni  größeren  Theile  auf  die  direkte  Verwendung 
von  Blei-Salzen  bei  der  Verfertigung  des  Schnupftabacks 
zurückgeführt  werden. 
No.  40.  Fall  L.  Als  ..rein"  verkaufter  Cacao  war  mit  Kartoffel-  Cacao. 
Stärkemehl  verunreinigt  resp.  verfälscht. 

„     57,    105.      I''älle  M.   und  S.    Butter.       In     beiden    Fällen    war    mit    Knu^^ibutiPi-. 
Sicherheit    festzustellen,    daß    reine    Kunstbutter    ohne  Zusatz 
von  Naturbutter  vorlag. 

„  t)9,  80,  121.  Fall  B.  Vergiftete  Suppe.  Die  ausgedehnte  auf  Vergiftoto 
alle  möglichen  Gifte  sich  erstreckende  Untersuchung  führte  "''''"■ 
zu  keinem  anderen^  Resultate,  als  daß  der  Suppe  möglicher- 
Aveise  Seesalz  oder  Bittersalz  zugesetzt  worden  sei,  da  in 
derselben  immerhin  auffallende  Mengen  von  Magnesia  (0,086  "u) 
gefunden  wurden  und  jene  Stoffe  die  beim  (lenusse  hervor- 
tretenden Erscheinungen  (Idttorer  Geschmack  und  Erbrechen) 
zu  erklären  geeignet  Avaren.  Allein  auch  diese  Möglichkeit 
verlor  sehr  an  Wahrscheinlichkeit,  nachdem  die  anderweitig 
vorgenommene  botanische  Untersuchung  der  der  Suppe  beige- 
mischten Kräuter  die  höchst  wahrscheinliche  Gegenwart  von 
Allium    Porrum    in    Stengel    und    Blatttheilen    ergeben    hatte^ 


XXXIV 


Chemisches  Staats  -Laliorntorium. 


Betrug  bei       ^(^)_ 
Lieferung  von 
Petroleum. 


Gefährlichkeit 
vou  L)yuamit. 


Regeueratiou 
von  Schrift. 


Vergiftung 
durch  ?Schwefel- 


Junnial 

welche  ersterc  sich  durch  eiuen  besonders  hohen  Gehalt  von 
Schwefelsäure  auszeichnen  (cf.  E.  Wolff,  Aschenaualysen  1871, 
p.    10(),  No.  29). 

84.  Fall  F.  Die  erhobene  Anklage  wegen  Betrugs  bei  Lieferung 
von  Petroleum  in  früher  von  F.  selbst  ihrem  Inhalte  nach 
abgewogenen  Kannen  wurde  von  demselben  schlauer  Weise 
damit  zu  entkräften  versucht,  daß  das  später  gelieferte  Minder- 
gewicht lediglich  auf  die  höhere  Temperatur  zurückzuführen 
sei,  da  er  jene  Auswägung  bei  strenger  Winterkälte  vorge- 
nommen habe.  Dabei  drehte  es  sich  um  Gewichtsdifferenzen 
bis  1  Pfund.  Auf  Grund  der  bei  sehr  niederen  Temperaturen 
ausgeführten  Bestimmungen  des  spez.  Gewichtes  käuflichen 
Petroleums  gegenüber  dem  bekannten  bei  mittlerer  Zimmer- 
temperatur konnte  dem  F.  nachgewiesen  werden,  daß  die 
betreffenden  Kannen  durch  die  von  ihm  angezogene  Ursache 
höchsleus  Differenzen  von  '/s — Vs  Pfund  im  Gewicht  aufzu- 
weisen vermögen. 

88,  94.  Fall  P.  &  Co.  Dieser  interessante  vor  dem  Hanseatischen 
Oberlandesgericht  verhandelte  zivilrechtliche  Fall  betraf  die 
Frage,  ob  die  Anwendung  von  '/'-'  Kil.  Dynamit  zur  Sprengung 
in  einem  Bohrloche  von  220  Meter  Tiefe  mit  Gefahr  für  die 
auf  dem  betreff.  Grundstück  befindliche  Fabrikanlage  verbunden 
sei.  Mußte  selbstverständlich  diese  Frage  rein  theoretisch  und 
bei  weitgehendster  Fassung  des  Begriffs  „Gefahr"  bejaht  werden, 
so  mußte  andererseits  unter  gründlicher  Würdigung  aller  bei 
vorliegender  Frage  in  Betracht  kommenden  Special-Punkte  die 
Wahrscheinlichkeit  des  Eintritts  dieser  Gefahr,  wie  auch  die 
eventuell  erfolgende  Schädigung  als  so  gering  beurtheilt  werden, 
daß  man  von  praktisch-sachverständigem  Staudpunkte  aus  die 
auf  Gefährlichkeit  gegründeten  Einreden  und  Maßnahmen  der 
Gegenpartei  nicht  als  berechtigt  anerkennen  konnte. 
147.  Fall  K.  und  Gen.  Mord.  Für  den  Chemiker  trat  die  Auf- 
gabe hervor,  die  Bruchstücke  zweier  mit  Bleistift  geschriebener 
Briefe,  welche  in  einem  Graben  gefunden  Avorden  und  stark 
beschmutzt  waren,  thunlichst  lesbar  zu  machen.  Durch 
geeignete  Behandlung  mit  einem  Wasserstrahl,  verdünnten 
Säuren,  ammoniakalischem  Wasser  etc.  gelanges,  fast  sämmtliche 
vorhandene  Schriftzeichen  deutlich  hervortreten  zu  lassen. 

171.  Fall    S.     Tod    durch    fragliche   Vergiftung.      Die    Obduktions- 
erscheinungen  sprachen  für  die  Anwendung   eines   Aetzmittels 


Clicmisches  Slaats-Laljoratorium.  XXXV 

(Säiiren,  Alkalien,  Mctallsalze  etc.).  Da  aber  jedenfalls  der 
Tod  erst  längere  Zeit  nach  der  eventuellen  Zufuhr  dieses 
■Mittels  erfolgt  ist,  so  konnte  derselbe  möglicherweise  noch 
durch  weitere  Einführung  anderer  schädlicher  Substanzen 
herbeigeführt  sein.  Unter  diesen  Umständen  mußte  eine 
systematische  Prüfung  auf  alle  möglichen  Stoffe  eingeleitet 
werden.  Dieselbe  verlief  zunächst  resultatlos,  allein,  da  gerade 
die  gewöhnlichen  Aetzmittel  (Säuren  und  Alkalien)  relativ 
lange  in  den  Körpergeweben  verharren,  so  Avar  die  Unter- 
suchung noch  in  dieser  Eichtung  auszudehnen.  Dies  war 
freilich  nur  auf  quantitativem  Wege  möglich.  Die  in  den 
verschiedenen  Asservaten  gefundenen  Mengen  an  Chlor  und 
Alkalien  hielten  sich  ganz  innerhalb  der  Grenzen  der  natürlichen 
{ Normal- )Werthe.  Dagegen  erschien  die  Schwefelsäure  in  ver- 
hältnismäüig  auifallcnder  Menge,  z.  B.  in  iVsservat  IV.  (Leber, 
Milz,  Niereu)  mit  0,1125  grm  auf  100  grm  Originalsubstanz, 
so  daß  schließlich,  unter  voller  Berücksichtigung  der  großen 
für  solche  Schlußfolgerungen  erforderlichen  Vorsicht,  das  Urtheil 
wenigstens  dahin  lauten  konnte,  daß  eine  außergewöhnliche 
Zufuhr  von   Schwefelsäure  nicht  unwahrscheinlich  sei. 

2.  Untersuchungen  und  Gutachten  für  andere  Behörden 
und  Verwaltungen. 

(Üebersieht  uuter  "\'.) 
Die    requirirenden   Behörden    waren:    E.    H.    Senat,    Oberschul- 
behörde, Medizinal -Bureau,  Polizei -Behörde,    Bau-Polizei,  Deputation 
für  indirekte  Steuern,  Eriedhofs-Deputation,  Bau-Deputation,  das  Königl. 
Schwedisch-Norwegische  Consulat  etc. 

Jourual. 

No.  o.  108,  loO,  \-2-u  130,  130,  137,  146,  150,  160.  Untersuchungen  Brunneu- und 
verschiedener  hiesiger  öffentlicher  oder  zu  öffentlichem  Consum 
in  Schulen  etc.  gelangender  Privat  -  Pumpbrunnen ,  Quellen 
und  sonstiger  Gewässer,  Avelche  zum  Theil  ein  für  den  Genuß 
brauchbares,  zum  Theil  ein  stark  verunreinigtes  und  daher  zu 
beanstandendes  Wasser  ergaben. 

„  l.  Fall   P*   Creme -Chokolade- Tafeln.       Die    Erkrankung   zweier        creme- 

Kinder  rief  die  Vermuthung  wach ,  daß  dieselbe  durch  den 
Genuß  jener  Tafeln  herbeigeführt  sei.  Die  Untersuchung 
ergab  Abwesenheit  etwaiger  Kupfer  -  Salze  (vom  Einkochen 
des  Zuckersyrups  in  kupfernen  Pfannen  herrührend),  keinerlei 


XXXVI 


Chemisches  Staats -Laboratorium. 


Joui'iial 


Vorfälscliuiig     J^y 
von  Portlancl- 
Ccment. 


14. 


Centi'al-Friedhof 
Ollisdorf. 


37, 


GähruDgsprodukte  resp.  Rückstände,  gute  Beschaffenheit  des 
verwendeten  Stärkesyrups,  dagegen  die  Anwesenheit  von  Peru- 
Balsam  als  Surrogat  für  Vanille.  Da  aber  von  letzterem  nur 
die  einer  Tafel  entsprechende  Menge  von  0,013  grm.  gefunden 
wurde,  so  mußte  bezweifelt  werden,  daß  in  diesem  Gehalte 
die  Ursache  der  Erkrankung  gelegen  haben  könne. 
15,  10,  38,  08.  Prüfungen  diverser  Portland  -  Cemeute  auf 
Zusätze  von  Schlackenmehl,  Kalk  u.  s.  w.  Die  hierauf 
bezüglichen  Untersuchungen  mußten  anfangs  nach  selbst- 
gewählten Methoden  ausgeführt  werden,  da  es  bisher  an 
einem  allgemein  angenommenen  und  in  seiner  Zuverlässigkeit 
anerkannten  Prüfungsverfahren  in  dieser  schwierigen  Frage 
durchaus  fehlte.  Im  Jahre  1884  selbst  erschien  dann  eine 
Publication  von  Ii.  und  W.  Fresenius  (Ztschr.  analyt.  Chem. 
XXIII  p.  l'/5),  welche  an  einem  größeren,  denselben  vom 
Vorstande  des  Vereins  deutscher  Gement-Fabrikanten  darge- 
botenen Untersuchungs- Material  den  methodischen  Nachweis 
von  Verfälschungen  (zunächst  vom  Schlackenmehl  und  Kalk) 
und ,  unter  Anwendung  gewisser  Grenzwerthe ,  eine  sichere 
Beurtheilung  über  eine  vorhandene  Verfälschung  und  ihre  Art 
zu  geben  versprach.  Es  Avurde  nun  auch  diesseits  diese 
Methode  an  verschiedenen  vorliegenden,  auch  bekanntermaßen 
verfälschten  Ccmenten  durchgearbeitet,  allein  meine  Erfah- 
rungen hierbei  gestatteten  mir  nicht,  die  an  jene  Publikation 
geknüpften  Hoffnungen  auf  zweifellose  Entscheidungsmittel 
als  erfüllt  anzusehen.  So  wenig  wie  ich  den  Schumann'schen 
Apparat  für  die  specifische  Gewichts-Bestimmung  zweckmäßig, 
bequem  und  sicher  gefunden  habe,  ebensowenig  wollte  es  mir 
bei  der  chemischen  Prüfung  gelingen ,  Resultate  zu  erzielen, 
welche  einer  übereinstimmenden  Auslegung  fähig  waren.  Zum 
Theil  mag  dies  darauf  beruhen,  daß  die  eventuell  vorhandenen 
Zusätze  ihrer  Menge  nach  sehr  zurücktraten,  zum  Theil  aber 
glaube  ich  doch  auch  in  der  Unsicherheit  der  Methoden  selbst 
den  Grund  dafür  linden  zu  müssen.  Von  eclatanten  Fällen 
abgesehen ,  wird  man  sich  meiner  Ueberzeugung  nach  meist 
gezwungen  sehen,  seineu  Ausspruch  auf  den  ,, Verdacht"  einer 
vorliegenden  Verfälschung  zu  beschränken,  ohne  den  klaren 
Beweis  für  eine  solche  liefern  zu  können. 
118.  Fortsetzung  der  periodischen  Untersuchungen  der 
Brunnen-  und  Drainage  -  Wässer   des  Central  -  Friedhofes    zu 


Chemisches  Staals -Labnrntoiium.  XXXVII 


Joiiriiiil 


Olllsdorf.  Die  den  Winter  1883/84  und  den  Sommer  18S4 
umfassenden  Prüfungen  ergaben  als  Gesammtresultat,  daß 
irgend  welche  Verunreinigung  der  Wässer  durch  Zufuhr  von 
FäuhiiUprodukten  aus  den  mit  Gräbern  belegten  Theilon  des 
Friedhofs  nicht  zu  bemerken  war. 
No.  ')'),  8f».  Fall  K.  Die  betreffende  chemische  Fabrik  Heß  ihre  Vfnum'iiiigung 
Abwässer  frei  in  die  Flbe  laufen  und  erhob  auf  das  behördliche  J'^;;,,-j|';i^^^^^^^^^^^ 
Kinschreiten  hin  die  Einrede,  daß  dieselben  nur  minimale 
Verunreinigungen  des  anliegenden  Elbarmes  bewirkten.  Es 
wurden  deshalb  aus  verschiedenen  Theilen  des  letzteren  in 
wechselnder  Entfernung  von  der  Fal)rik  und  zugleich  aus  der 
fi-eien  Elbe  Wasserproben  geschöpft  und  analytisch  der 
Nachweis  geführt,  daß  in  jenem  Eibarm  die  Schwefelsäure 
eine  Steigerung  bis  zu  50  "/o,  das  Eisen  eine  solche  bis  mehr 
als  200  %  gegenüber  dem  Gehalte  des  eigentlichen  Eibwassers 
offenbare. 

,,  (iO.  Die  Frage,  ob  und  in  wie  weit  die  Eieselfeldei-  in  Fuhlsbüttel  Rips<^itviapv  in 
und  Friedrichsberg  auf  die  Beschaffenheit  des  Wassers  der  pjlt^^f^il^^jj^i "^"'^ 
Alster  und  des  Eilbecks  Einfluß  hätten,  veranlaßte  die  Prüfung 
der  betreffenden  GeAvässer  oberhalb  und  unterhalb  jener 
Anlagen.  Das  Ergebniß  derselben  war,  daß  eine  solche  mit 
einer  \'erunreinigung  verknüpfte  Einwirkung  nicht  erkennbar 
ist,  daß  jedoch,  wie  bereits  früher  vielfach  festgestellt  worden, 
das  Eilbeck  -  Wasser  schon  in  verhältnißmäßig  unreinem 
Zustande  auf  das  Hamburgische  Gebiet  übertritt. 

„       7(1.  Fall  G.     Die  Verheerungen,  welche    die  freilich  nur  vorüber-     schäaiiciip 
gehend    so  kräftigen   Ausdünstungen    einer    Fal)rik   unter  der"^""'^^";'!""",-" 
1  tianzenwelt    der    Nachbarschaft    ausgeübt    hatten,     wurden 
Gegenstand  chemischer  Prüfung,  da  es  nothwendig  erschien,  au 
der  Hand  objektiver  Beweise  diejenige  unter  den  verschiedenen 
nahegelegenen   Fabriken   bezeichnen    zu    können,    welche    die 
Ursache  jener  Verwüstung  gegeben  hatte.     Die  Untersuchung 
der  mannigfachen  beschädigten  Pflanzen  auf  spektroskopischem 
Wege    ergab   als    zweifellose    Ursachen    der   Erkrankung    die 
Zufuhr  besonders    von  Salzsäure,    dann    aber  auch  Schwefel- 
säure, Phosphursäure,  Ammoniak,  Kalk  etc.    Daraufliin  konnte 
die  schuldige  Fabrikanlage  mit  Sicherheit  eruirt  werden. 
„    DT).  Fragliche   \'ergiftung.      Ein   Matrose    sollte   von   der    in    der     vorgiftung 
eingelieferten    Elasche      l)efindlichen     Flüssigkeit     getrunken '^"'■'^'■•*"=''"i''"'''- 
haben     und      daran     gestorben     sein.  Die      Untersuchung 


XXXVIII  Chemisches  Staats -lialioratni-imn. 

Jouvual 

stellte  fest,  daß  der  Flascheninhalt  aus  sogenanntem  flüssigen 
Opodeldoc  (Linimentum  saponato-camphoratum  liquidum) 
bestand,  in  welchem  sonstige  giftige  Bestaudtheile  irgend 
welcher  Art  nicht  nachzuweisen  waren.  Es  ist  nun  keine 
Frage,  daß  schon  der  Camphor-Gehalt  unter  Umständen  eine 
tödtliche  Wirkung  auszuüben  vermöchte,  —  von  den  anderen 
Bestandtheilen  des  Medicamentes  ganz  abgesehen,  —  wenn 
nämlich  entweder  ein  größeres  Quantum  des  letzteren  genossen 
oder  bei  seiner  Bereitung  ein  größerer  Zusatz  von  Camphor, 
als  er  z.  B.  nach  der  Pharm,  germ.  vorgeschrieben  ist,  erfolgt 
wäre.  Im  vorliegenden  Falle  waren  nun  höchstens  20 — 21  grm 
der  Mischung  in  den  Körper  eingefülirt,  welches  Quantum 
jener  Vorschrift  gemäß  etwa  0,:"»  grm  Camphor  entsprecheji 
und  damit  nach  der  Meinung  der  Toxikologen  eine  tödtliche 
Vergiftung  ausschließen  würde.  Schwieriger  war  die  Be- 
antwortung der  Frage ,  ob  in  dem  gegebenen  Präparat  der 
Gehalt  des  Camphors  ein  größerer  gewesen,  da  die  (pianlita- 
tive  Bestimmung  dieser  Substanz  in  derartigen  Gemischen 
auf  große  Hindernisse  stößt.  Die  darauf  bezüglichen  im 
Laboratorium  vorgenommenen  Untersuchungen  liaben  vorläufig 
zu  einem  wirklich  befriedigenden  Resultate  nicht  geführt  und 
blieben  für  den  vorliegenden  Fall  insofern  bedeutungslos,  als 
der  Auftraggeber  l)ei  der  völligen  Ungewißheit,  ob  über- 
haupt der  Matrose  von  dieser  Flüssigkeit,  geschweige  denn 
wieviel  von  derselben  er  getrunken  liabe,  auf  einen  weiteren 
Verfolg  der  Sache  keinen  Werth  legte. 

])nciiii?.iipi\  No  110.  Dachpappe  von  H.  &  Co.  in  Potsdam.  Es  drehte  sich  um 
die  Frage,  ob  dieses  Baumaterial  den  Ansprüchen  des  ^  28 
unseres  Bau -Polizei -Gesetzes  vom  23.  Juni  1882  genüge. 
Diese  Frage  konnte  unbedingt  bejaht  werden,  Aveil  das  zur 
Prüfung  eingesandte  Material  sich  als  ein  schwer  entzünd- 
liches und  schwer  verbrennliches,  jedenfalls  also  ein  nicht 
feu ergefährliches  erwic s . 

Kattoo  in  Tiit^hi.  „  1 1  a.  Fall  B.  ii'  K.  Kaffee  in  gepreßten  Tafeln.  Dieser  Fall  ist 
deshalb  von  Interesse,  weil  sich  die  von  einem  sachverständigen 
Konkurrenten  ausgeführte  Denunziation  als  gänzlich  unbe- 
rechtigt herausstellte,  da  der  Untersuchung  zufolge  die  Tafeln 
aus  achtem  Kaffee  ohne  Zusatz  irgeml  eines  Surrogates 
bestanden. 


Chemisches  Staats -Labointnrinm.  XXXIX 

Journal 

No.  1 1  i.  Die  Frage  der  Desinfektion  eiserner  Schiftsräume  veraulaüte  Dnsintektion 
eine  gröüere 'Versuclisreihe  darüber,  ob  nnd  inwieweit  f^jsen*''"^'''""*'^' '^*^'"^''" 
durcb  wässrigc  Karbolsänre-Lcisnngen  verscbiedener  Konzen- 
tration angegriffen  wird.  Es  ergab  sich  dabei,  daü  die 
Koriosion  an  sich  eine  recht  geringe  ist,  daß  sie  aber  wächst 
mit  der  Verdünnung  der  Karbolsäure-Lösung. 
„  \\1.  Kino  Butter-jMilch  sollte  nachtheilige  Wirkungen  bei  dem  Genuß  v  Kni.ivriirJtiKi^ 
geäußert  haben  und  zwar  in  Folge  eines  Kupfergehaltes,  '^""''^"""''■i'- 
welclier  von  den  Käufern  mittels  eines  Tischmessers  nach- 
gewiesen sein  s(dl.  und  an  Avelchem  auch  der  betreffende 
Arzt  den  Absatz  von  Kupfer  gesehen  haben  will.  Da  von 
der  Buttermilch  selbst  Nichts  asservirt  worden,  da  hingegen 
in  dem  zum  Einholen  der  Milch  benutzten  Gefäße  und  eben- 
so in  verschiedenen  aus  demselben  Geschäfte  bezogenen 
anderen  Buttermilchproben  ein  Kupfergehalt  chemisch  nicht 
nachzuweisen  war,  so  blieb  nur  die  Zweifelfrage,  ob  nicht 
bei  jener  ersten  Kupfer-Prüfung  ein  Irrthum  obgew^altet  habe. 
An  dem  eingelieferten  Messer  w\ar  freilich  ein  dünner  Korro- 
sionshauch zu  bemerken,  allein  die  subtilste  Prüfung  ließ 
kein  Kupfer  entdecken;  allerdings  war  auch  dieses  Messer 
inzwischen  Avieder  geputzt  worden.  Andererseits  ergab  eine 
besondere  darauf  gerichtete  Versuchsreihe,  daß' Buttermilch 
mit  Kupfersalzen  versetzt  eine  lebhaft  grüne  Färbung  an- 
nimmt, die  ihre  Verkäutiichkeit  ausschließt,  bis  die  Menge 
des  Kupfers  etwa  nur  0,01%  beträgt.  Eine  derartige  Butter- 
milch giebt  aber  bei  der  Prüfung  mit  einem  eisernen  Messer 
erst  nach  8 — 10  Minuten  eine  wirkliche  von  Kupfer  her- 
rührende röthliche  Ueberzugsfarbe,  während  dieselbe  bei  der 
fraglichen  Milch  bereits  in  2  Minuten  hervorgetreten  sein,  die 
Milch  selbst  aber  keine  Farbe  gehabt  haben  soll.  Dem- 
gegenüber blieb  es  immerhin  das  Wahrscheinlichste,  eine  irr- 
thümliche  Deutung  der  bei  guter  Buttermilch  an  einem  ein- 
getauchten Messer  erkennbaren  rr)thlichen  Farbe  auf  Kupfer- 
gehalt anzunehmen,  oder,  da  auch  hiefür  sichere  Anhalts- 
punkte fehlen,  das  Richtigste,  an  dem  Ergebniß  festzuhalten, 
daß  die  fragliche  Milch  wenn  überhaupt  so  doch  nicht  mehr 
als  0,035—0,1  grm.  Kupfer  pro  Liter  enthalten  haben  mag. 
„  U'.»,  1()4.  Diese  Untersuchungen  betreffen  die  Feststellung  der  neuen  Normaiin-obpn 
Normalproben  für  die  Tarifirung  des  Weizenmehls  nach  denf"i"  Weizpnmeiii. 
schon  in  fridieren  Jahresl)erichten  erwähnten  (Jesichtspunkten. 


Xfi  Chemisches  Staats -Laboratorium. 


Journal 


Kupfer-Gehalt  ^q    ]48_  j)[^>  Havarie   einer   Schiffsladmig   mit   Zucker   und    die    daliei 

von   Zucker.  ti-it  ••  ^  n  -t-i-,-  11 

iiiogliche  Verimreinigimg  desselben  mit  gleichzeitig  yerladenem 
Kupfervitriol  veranlaßte  die  Frage,  wie  weit  die  einfache 
Ferrocyankalinm-Knpfer-Probe  bei  gewöhnlichem  gelblichen 
Farin-Zucker  noch  wirksam  in  ihrer  Farbe  sei.  Es  stellte 
sich  dabei  heraus,  daß  letztere  iiocli  deutlich  hervortrete, 
wenn  zu  100  000  Gewichtstheilen  Zucker  eine  Lösung  mit 
ca.  3  Gewichtstheilen  Kupfervitriol  träte.  Da  obiger  Zucker 
bei  umfassender  Prüfung  keine  Kupfer-Reaktion  gezeigt  hatte, 
somit  jedenfalls  sein  Kupfervitriol -Gehalt  weniger  als  3  auf 
100  000  Theile  betrug,  so  konnte  diesseits  die  Ladung  für 
unbedenklich  erklärt  werden. 

Tuverkäuflicher    „     166.  Fall  S.     In  zwei  Prol)en  gerichtlich  beschlagnahmten  Weines 
''^^'  waren  zwar  direckt  gesundheitsschädliche  Bestandtheüe  nicht 

nachgewiesen  worden,  allein  dieselben  waren  so  zAveifellos 
ungenießbare  Kunstprodukte  aus  mit  Alkohol  verschnittenem 
Naturwein  unter  Zusatz  von  „Couleuren"  beliebiger  Art,  daß 
sie  als  unverkäuflich  bezeichnet  werden  mußten. 

Gesundheit.s-      „     167.  Fall  F.     Es  war  die  durch  eine  Erkrankung  veranlaßte  Frage 
gefähriiciikeit  ^^^    beantworten,    ob    in   der  Emaille   einer  Kaffeekanne   von 

emaillirter  ' 

BieciiKesehirre.  der  Art  der  jetzt    so    verbreiteten    eraaillirten   Blechgeschirre 

gesundheitsschädliche  Substanzen  enthalten  seien.  Die  Unter- 
suchung ergab  als  Bestandtheile  der  eigentlichen  Glasurmasse : 
Thonerde,  Kalk,  Borsäure,  Kieselsäure,  Zinnoxyd,  als  färbenden 
Zusatz  Kobalt  und  als  Verunreinigungen  in  höchst  geringen 
Mengen  bis  Spuren:  Baryt,  Antimon,  Arsenik,  letztere  beiden 
wie  begreiflich  von  Kobalt  oder  Zinnoxyd  herrührend.  Diese 
Mengen  waren  aber  so  unbedeutend,  daß  von  einer  Gesundheits- 
Gefährlichkeit  derselben  weder  in  vorliegendem  Falle  noch 
sonst  die  Rede  sein  kann. 

schiftriproviaut     ,,     169.  Schiff  E.  &  L.      Die    an   Bord    dieses    Schiffes   eingetretenen 
und  bkorbut.  Skorbutfälle  führten  zur  Prüfung  einerseits  des  Trinkwassers 

auf  seine  Reinheit ,  andererseits  speziell  des  Pökelfleisches 
auf  seinen  Nährwerth.  Li  der  ersteren  Frage  konnte  die 
Abwesenheit  irgend  nennenswerther  Mengen  von  Seewasser, 
im  letzteren  Falle  der  noch  recht  erhebliche  Nährwerth  des 
asservirten  Pökelfleisches  (auf  1  Kilo  knochenfreies  Fleisch: 
179  grm.  Proteinstofte  und  318  grm.  Fettj  konstatirt  werden. 


Chemisches  Staats -Ijal)oratoriam.  XLI 

Die  amtliche  Petroleum-Kontrolle. 

Dieselbe  ist  im  verflossenen  Jahre  nach  den  iin  vorigen  Jahres-      AmtiiciK^ 

.  l'otroleuin- 

berichte   geschilderten  Gesichtspunkten,  nnr   m    erweitertem    umiange,      KoiitroU(>. 
diirchgefüiirt. 

Auf  Wunsch  des  Vereins  hiesiger  Petroleum-Importeure  wurde 
nämlich  die  amtliche  Kontrolle,  Avelche  der  getroffenen  Vereinbarung 
gemäß  bisher  auf  die  von  Mitgliedern  dio-;es  Vereins  importirten 
Ladung^  n  beschränkt  war,  nunmehr  auf  ..alles  hier  eingehende  Petroleum, 
soweit  dasselbe  für  Deutschland  bestimmt  und  noch  nicht  anderweitig 
amtlich  getestet  ist,"  ausgedehnt,  nachdem  dieser  Wunsch  diesseitig 
empfohlen  worden  war  und  unter  dem  8.  Mai  d.  -I.  die  Genehmignng 
der  Ersten  Sektion  der  Obei'schulbehörde  gefunden  hatte. 

Im  Ganzen  wurden  geprüft: 

1SS4  gegen  188P.. 

48H  Proben  in  970  Bestimmungen  aSii  in  (157  Bestimmungen, 
von  welchen  9  Proben  2  Proben  P»ussisch.  Pe- 

troleum waren 
und        5  Proben  11   Proben 

einen  Mindertest,  d.  h.  einen  Entflammungspunkt  von  unter  2P'  Gels, 
bei  700  Millim.  Barom.  zeigten.  Mehrfach  wurden  auch  noch  andere 
Petroleumsorteu  und  Importe  einer  Prüfung  unterzogen. 

Eine  im  Anfange  des  Jahres  vorgenommene  Revision  der 
Petroleum-Läger  hiesiger  Zwischen-  und  Kleiu-Händler  erstreckte  sich 
auf  24  Läger  in  2ß  Proben  mit  52  Bestimmungen  und  ergab  überall 
eine  dem  Reichstest  entsj)rechende  Beschaffenheit  der  Waare. 

Dio  Kontrolle  der  Nahrungs-  und  Genul.-.mittel  sowie  Nahrungsniittc 

der  Gebrauchsgegenstände  nach  dem  Gesetze  vom  14.  Mai  1879 

Avurde  von  den  liierzu  ausgebildeten  Polizei-Ofiiciauten  unter  den  im 
vorigen  Bericht  mitgetheilten  Voraussetzungen  in  der  Weise  ausgeübt, 
daß  dieselben  beliebig  Proben  einkauften  und  dann  im  Laboratorium, 
wo  ihnen  zwei  Arbeitsplätze  zur  Verfügung  gehalten  werden,  unter-, 
suchten.  In  22  Fällen  unter  124  Proben  war  das  Ergebniß  ihrer 
Prüfungen  derartig,  daß  dasselbe  der  Polizeibehörde  zur  Kenntniß  und 
event.  Weiterverfolgung  übergeben  wurde. 

Leider  waren  die  Ofticianten  während  des  größten  Theiles  des 
Jahres  fast  ganz  durch  andere  dienstliche  Pflichten  so  in  Anspruch 
genommen,  daß  jene  systematische  (Kontrolle  nur  mangelhaft  verwirklicht 
werden  konnte. 


XLII  Chemisches  Staats -Laboiatorium. 

3.    Die  Unterrichtsthätigkeit. 

Während  im  Sommerseniester  des  Jahres  l<s84  nur  die  praktischen 
Uebungen  im  Lahoratorinm  abgehalten  wurden,  trat  im  WiTiterhalbjahr 
neben  denselben  auch  eine  Wiederaufnahme  der  Vorträge  (über 
Unorganische  und  Analytische  Chemie  in  7  Stunden  wöchentlich)  ein. 
Die  Verlegung  der  Vortragsstunden  auf  2  resp.  3—4  Uhr  Nachmittags 
gegenüber  den  früheren  von  8  —  0  Uhr  resp.  10  Uhr  Morgens  hat  sich 
hinsichtlich  der  Frequenz  sehr  bewälivt  und  dü}-fte  deshalb  für  die 
Folge  festzuhalten  sein. 

Die  Zahl  der  Theilnehnier  an  den  Vorträt^en  und  praktischen 
Uebungen  im   Laboratorium  betrug: 

1.  Januar-Ostern       Sommer         Wintei'        inlssi    überluuipt 

Ins  ult.  Dec. 
7  10  17  25 

von   welchen  7  K»  12  20 

im    Ijaboratorium    arbeiteten.       Ihrem     Berufe     nach    i;ruppiiteu     sich 
dieselben  in 

Chemiker  C Anfänger  und   (ieübtere)  .  .    C! 

Lehrer 2 

Kaufieute  resp.  Fabrikanten 7 

Polizei-Ofticianten ;{ 


25 

Damit  steigt  die  (Jesammtzahl  derer,  welche  in  den  5  Jahren 
seit  Beginn  der  regelmäßigen  Unterrichtsthätigkeit  iui  Institute  eine 
Anleitung,  Ausbildung  und  Förderung  ihrer  chemischen  Studien  ge- 
funden haben,  auf  81.  Die  Einnahme  an  Honorar  etc.  bis  ult. 
December  1884  betrug  J^  1517,10  gegen   y^  410,50  in   1883. 

4.    Die  Verbreitung  chemischer  Kenntnisse 
in  weiteren  Kreisen 

hat  auch  im  vergangenen  Jahre  mit  Hücksicht  auf  die  anderen 
amtlichen  Arbeiten  und  Pflichten  nicht  in  dem  wünschenswerthen 
Grade  gefördert  werden  können  und  wird  erst  bei  einer  ausgiebigeren 
Entlastung  der  Beamten  des  Instituts  zu  ihrem  Rechte  zu  gelangen 
vermögen.  Einzelne  Vorträge  in  Vereinen  sind,  soweit  es  Zeit  und 
Kraft  erlaubten,  gehalten  worden. 

Die  Beibehaltung  der  zwei  amtlichen  Sprechstunden,  11  — 12 
und  4 — 5  Uhr,  ergal)  sich  wegen  des  zahlreichen  Zuspruches  als  Noth- 
wendigkeit. 


Chemisclies  Staats -Ijiil)orat(irium.  XLIII 

5.    Die  Ausführung  wissenschaftlicher  Untersuchungen. 

(Uebersicht  unter  YIII.) 
Nur  ein  n-eringcv  Tlicil  aucli  dieser  Arbeiten  verdankt  der  Iroien 
Initiative,  ^velell(>  nur  allzusehr  dureli  die  l'x'rufstliätiokeit  einoeenot 
wird,  iiire  Veranlassuu".  Meist  sind  dieselUeu  durcli  die  in  den 
tiüliereu  Abseluiitteu  (1  u.  2)  oeschilderteu  rntersneliun-ien  l)edin<it, 
oder  aber  durcli  si)e/lelle  Anreoun^'  und  auf  Wuuscli  hiosin-er  Ver- 
waltun.ueu  entstanden.      Fawähnenswertli   sclieiiieii    die    naebfolucuden : 

Jlllll  IKll. 

No.    9.[.  .".1,   11.      liitersueliun^en    diverser    .Vvtelaete     und     Knoehen- 
reste  prähistoriselier  (irabl'unde. 
f)  1 .   90.  Untersueluin,«>en  über  die  IJestininiuui!;  des  spezif.  (rcwichtes 
von   Portland -Zement   nacli    Schumann    und    über  die  Nach- 
weisbarkeit von   verfälschendeu  Zusätzen  in  demselben. 
8-2.  Ueber  die  Fettbestimmung  der  Mikdi  mittels  der  Factobutyro- 

meter  nach  verschiedenen  Methoden. 
91.  Untersuchung  einer  fraglichen  Masse  aus  einem  iirii hi- 
storischen Grabe.  Der  lauggehegte  Zweifel,  ol)  hi<'V  ein 
natürlicher  Zinnstein  oder  aber  eiu  durch  langsame  Oxy- 
dation wirklichen  Zinn-Metalles  entstandener  Körper  vorläge, 
konnte  einerseits  durch  den  Nachweis  der  Abwesenheit  aller 
Kieselsäure  und  andererseits  direkt  durch  das  Auftreten 
sehr  kleiner  Zinn-Flitter  in  (h>r  Masse  im  Sinne  der  zweiten 
Alternative  entschieden  werden.  Das  ehemalige  Zinn-Metall 
erwies  sich  zugleich  als  stark  Kupfer-  und  Blei-haltig,  neben 
kleinen  IJeimengungen  von  Eisen  und  Antimon. 
9S.   Arbeiten   über    die    (piantitative    Bestimmung    des    Camphors 

in  oihcinellen  Gemischen. 
99,   1G2.  Begutachtungen  von  sehr  hoch  entHammbaren  Tetroleum- 
Sorten  (White  Eose,  Water  White.  Korff's  Kaiser-Oel). 
..  Itl.    112.   li:').    Abschlieüende  Untersnchungen  über  die  Verwend- 
barkeit des  Amylalkohols  für  quantitative  Bestimmungen  und 
Trennungen  unorganischer  Salze. 
„111,   115.  Analyse  eines   sclu'in  krystallisirten  Apatits  aus  Mexico, 
in  welchem  zugleich  ein  erheblicher  Gehalt  an  Ceroxyd  ge- 
funden wurde,   nel)st  kritischer  T^ntersuchung  ül)er  die  Pen- 
held'sche  Fluor-Bestimmung. 
.,  U;?,.   Prüfung  diverser  Knochenreste   und   daraus  gefertigt(M-   Arte- 
facte  aus   dem   südlichen   ^h^\ico. 


XLIV  Cliemisches  Staats -Lnboratdrium. 

Journal 

No.  172.  rntorsuchun<2;  der  (iallert-Massen  von  Pectinatella  ]itap;uifica. 
Die  ül)erfaust<iTof.5eii  liyalinen  Massen  von  selir  auffallender 
Festiiikeit  l)ei  wenig  hervortretender  Structiir  ül)erraselien 
zunächst  durch  ihren  außerordentlichen  Wassergehalt.  l>ei 
Stücken,  die  äußerlich  völlig  ahgetrocknet  waren,  ergah 
sich  l)eim  Eintrocknen  ülier  Schwefelsäure  im  Vacuurn,  ohne 
Anwendung  irgend  welcher  Erwärmung,  ein  aus  einer  dünnen 
Haut  l)estehe]uler  Rückstand  von  0,.->3"/o  der  angewandten 
Masse,  so  daß  also  ein  Wassergehalt  von  O9,7^yo  vorliegt. 
I'vS  dürfte  dies  wohl  den  größten  hekannten  Wasserticdialt 
organischer  (Jehilde  repräsentireu.  Zwischen  feinen  Tüchern 
ausgepreßt  wird  nur  Wasser  entfernt  und  es  hleiht  ein 
schleimiges  von  eigenartigen  Häuten  (Memhranen)  (hn'ch- 
zogenes  Tiesiduum  mit  einem  (iehalte  von  immer  noch 
S0,?)7*'/o  Wasser  und  nur  lO.fio^/o  Trockensuhstanz.  Diese 
letztere  vertlieilt  sicli  auf  0.8()"/u  Asche  (Mineralsuhslanzen), 
2,47 "/o  in  Salzsäure  iTisliche  Organische  Substanz,  (i,0:;"/n  in 
verdünnter  Kalilauge  hlsliche  stark  Schwefelhaltige  Alhu- 
minate  und  l,2r)"/o  nacli  weiterer  I)ehandlung  mit  Alkohol 
und  Aether  zurückl)leil)enden  reinen  Chitins,  als  derjenigen 
Suhstanz,  welche  wolü  die  ol)genannten  membram'isen  Scheide- 
wände der  (ballerten  l)ildet.  Die  IJehereinstimmung  mit  wirk- 
lichem Chitin  konnte,  abgesehen  von  den  übrigen  Reactionen, 
auch  dadurch  sein'  schTni  erwiesen  werden,  daß  die  0.70.5  grm. 
des  fast  weißen  Rückstandes  bei  der  lUdiandlung  nach 
Ledderhose  ausgezeichnetes  Salzsaures  (ilycosamin  lieferten. 
..  17:'),  17  4.  Die  Arl)eiten  über  die  direkte  Extraktion  von  Mineral- 
salzen aus  PHanzentheilen  durch  verdüinite  Säuren  sowie  die 
Dromide  alkvlisirter  Kni)ferammoniumbasen  sind,  soweit  es 
die  Inans})ruchnahne  durch  amtliche  Arbeiten  gestattete, 
auch  in  diesem  Jahre  weiter  gehirdert. 
Leber  die  oberwähuten  Lntersuchungen  jiräliistorischer  Funde 
ist  r)ericht  erstattet  in  der  Al)handlung  von  Dr.  E.  Raittenheir/,  Jahr- 
buch der  wissenschaftlichen  Anstalten  zu  Hamburg  für  1888  j).  80  ff', 
nebst  Anhang,-  und  in  der  Abiiandlung  von  Dr.  O.  OUlicaisen  in  den 
Verhandlungen  der  Derliner  Anthropol.   (iesellschait   1S84  p.  r)28. 


Naturhistorisclies  JMiisfum.  XLV 

Bericht 

iibor  das 

Naturhistorische  Museum  zu  Hamburg 
für  das  Jahr  1884 

erstattet  vom  Direktor  Professor  Dr.  Pagensteclier. 
Unter  dem  Vorsitze  seiner  Maeniticenz  des  Herrn  Bürgermeister      Muscum.s- 

...  l<onuiUKSiou. 

Dr.  Kirchen])mier  ist  in  1884  die  Museumskommission  gebiklet  gewesen 
von  den  Herren  Dr.  Jolm  Israel,  Dr.  J.  Tli.  Ikhn,  Director  Dr.  H.  Bolau, 
Dr.  J.  G.  Fischer,  A.  Fartz  und  dem  kier  berickterstatteuden  Director. 

In  erfreulichster  Weise   kaben  Mitglieder   der  Kümmissiun    sick      i'''r«')ni'ii 

_    "-  ,  _        woklio    am  Mu- 

aucli  an  den  Avissensckaftlicken  Arbeiten  des  jMuseums  betkeiligt.  soum  si-mbeitfit 
Namentlick  bat  Herr  Dr.  FiscJier  aucli  im  vergangenen  Jakre  die  iiiii"'"- 
Pieptilien,  Amphibien  und  Fiscke  gänzlick  beaufsicktigt  und  behandelt 
in  um  so  umfassenderer  Arbeit,  als  durch  verschiedene  Umstände  in 
diesen  Klassen  /ahlieicke  Neuigkeiten  eingingen.  Su  hat  auch  Herr 
Dr.  Beim  die  Arbeit  geleitet,  durch  welche  die  Tischbein'sche  JSanim- 
luug  in  geeignete  Verfassung  gebracht  werden  soll.  Herr  Dr.  Bolau 
ist  behiiltlich  gewesen,  Mängel,  welche  sick  früker  in' Bezeichnung  und 
Katalogisirung  eingeschlichen  hatten,  aus  seiner  Erinnerung  aufzuklären 
und  hat  uns  unterstützt  durch  die  literariscken  Hülfsmittel  der  zoulo- 
giscken  Gesellsckaft.  Ferner  kat  Herr  G,  Gercke,  wie  in  den  ver- 
gangenen Jakren,  die  I"\-eundlickkeit  gekabt,  die  Dipteren  unter  seiner 
Aufsickt  zu  halten. 

Die  im  Gesetze  vui-gesehene  Ernennung  Aveiterer  Custoden  zu 
dem  für  Mineralogie,  Herrn  Dr.  0.  Alägge,  zu  l)eantragen,  kat  man, 
trotz  des  dringenden  Bedürfnisses,  wegen  Mangels  von  Arbeitsräumen, 
nock  x\nstand  genommen.  ,  Als  wissenschaftlicher  Hülfsarbeiter  wurde 
übrigens  auch  iti  1S84  Herr  Dr.  G.  Ffeffer  für  Mollusken,  Krebse  und 
Echinodermen  verwendet. 

Die  Bearbeitung  der  Klassen  und  Ordnungen,  l'ür  welcke  andere 
Arbeitskräfte  nicht  vorhanden  waren,  namentlich  der  Säugethiere, 
\'ögel,  Schmetterlinge,  Würmer,  Korallen,  Schwämme  übernahm  der 
Director  neben   den  \'erwaltungsgeschäften  und  dem  Rechnungswesen. 

Zu  dem  ersten  Präparator  Herrn  F.  Biickinaiui  kam  als  zweiter 
in  nunmehr  fester  Anstellung  Herr  J.  Itzerott.  Als  Gehülfe  wurde  in 
mancherlei  Arbeiten   Herr   W.  Gammelt   beschäftigt    und    es    ist    auch 


XLVI  Naturhistorisches  Museum. 

diese  Stelle  für  ISyö  unter  dem  Titel  eines  Zeicliuers  und  Sclireil)ers 
als  eine  feste  vorgesehen.  Die  Aufsicht  im  Museum  wurde  von  Herrn 
DömJing,  an  Sonntagen  und  Feiertagen  zugleich  von  je  einem  der 
Prä])aratoreu,  die  Aufsicht  in  der  Garderobe  von  Frau  E.  Weber  ver- 
sehen. Als  Präparatoreleven  arbeiteten  M.  Buse  und  H.  Förtmeyer. 
Musouiiisiiau.  Was  den  Museumsbau  betrifft,  so  wurde  von  der  Baucommission 

das  Programm  bekannt  gemacht,  der  Termin  für  die  erste  Conkurrenz 
auf  den  30.  April  1884  gestellt  und  als  Preisrichter  unter  Vorsitz  des 
Herrn  Landgerichtsdirektors  Dr.  Föhring  hier  die  Herren  Baurath 
H.  Ende  in  Berlin,  Mitglied  des  Senats  der  Akademie  der  Künste, 
Oberbaurath  Dr.  von  Leins  in  Stuttgart,  Architekt  J.  E.  Ahrens  hier 
und  der  Direktor  eingesetzt.  Es  gingen  von  ir2,  beziehungsweise 
rechtzeitig  von  1()8  Architekten  Pläne  ein,  einige  mit  alternativen 
Vorschlägen.  Dieselben  wurden,  nach  Durchrechnung  durch  Beamte 
der  Baudeputation,  vom  Preisgerichte  während  der  Tage  vom  5. — 8.  Juni 
geprüft. 

Als  ^'erfasser  der  als  die  preiswürdigsten  bezeichneten  5  Pläne 
ergaben  sich  aus  den  Motto-Couverts  in  alphabetischer  Folge  die  Herren: 
Kirchenpainr  und  rhilippi  in  Hamburg,  //.  Nahrcnholi  und  C.  Throiiicker 
in  Berlin,  Heinr.  ]\[ülhr  in  Bremen,  Sdnu/dl  und  Xcikc/iiKinii  in 
Hamburg,  tSempcr  und  Krui/sch  in  Handjurg. 

Solches  wurde  von  der  Baukommission  am  15.  ,luni  bekannt 
gemacht.  Alle  diese  Architekten  sind  in  die  zweite  Conkurrenz 
eingetreteu. ') 

Angesiclits  der  instruktiven  Arbeiten  der  ersten  Conkurrenz  prä- 
zisirte  das  Preisgericht  die  Haupterfordernisse  des  Baues  in  Folgendem : 

1.  Grosser ,  einheitlicher,  von  l^inbauten  möglichst  freier 
Centralsaal. 

;i.    Reiche  Durchbrechung  der  Wände  des  Centralsaales. 

'6.  Ausgiebigstes  Oberlicht  mit  \'ermeidung  gesuchter,  nutzloser 
Aufbauten. 

1.  Ausgekragte,  frei  schwebende  (jallerien  unter  \'ermeidung 
kostspieliger  und  störender  architektonischer  Stützenanorduung. 

5.  Eingang  von  der  Seite  des  Steiuthorwalles  und  Erhaltuug 
der  Nordfront  für  die  Arbeitsräume. 

6.  Zugang  zu  der  Haupttreppe  ohne  Durchschueidung  des 
Centralsaales. 


*)    In  der  eiigereü  CuDkurrcuz   ist  am   21.   Februar  1885  der  l'lau  der  Herren 
Semper  &  Krutisch  als  der  beste  ausgewälill  worden. 


>.'ataihistorist'hcs  Museum.  XLVII 

7.  /iisainiiieiik'guiit!;  der  lUlume  für  Arbeit,  Verwallunj;-  uiul 
Uutcrriclit  gegen  die   Nordseite. 

y.  Gelilialnien  längs  der  Fensterfronten  für  die  Räume  mit 
hohen   Schrankkompartimenteu. 

!).  jNhiglichst  au  die  Decken  reichende  Fenster  in  den  Sammhings- 
räunien. 

So  haben  unter  der  Hand  der  konkurrirenden  und  der  preis- 
richtenden Architekten  unsere  Ideen  sich  zu  deutlichen  Hauptzügen 
gestaltet,  in  deren  Verfolgung  Handourg  ein  eigenartiges,  den  Zweck 
mit  dem  geringsten  Kostenaufwande  erfüllendes  Museum  zu  erwarten  hat 

Herr  Bürgermeister  Dr.  KircJicnimuer  ist  aus  der  Baukom- 
mission, deren  Vorsitz  er  führte,  ausgetreten  und  durch  Herrn  Senator 
M.  Th.  Hoyn  ersetzt  worden. 

In  den  dermalen  benutzten  Bäumlichkeiteu  ist  eine  Aeuderuug  rinvi.sorisciic 
nicht  vorgekommen.  Fs  ist  aber  die  Ausräumung  grosser  Museums- 
gegenständc  in  einen  [jrovisorischen  Bau  beantragt,  zu  welchem  der 
Verwaltungsrath  der  Zoologischen  (jesellschaft  für  einige  Jahre  das 
Terrain  gewähren  will.  ')  Nur  so  wird  die  Unterbringung  der  neuen 
Frwerbungeu  und  die  Herstellung  der  Ordnung  zu  ermöglichen  sein, 
welche  als  \'orbereitung  für  die  Beziehung  des  neuen  Museums  mit 
sehr  umfassender  Arbeit  angestrebt  werden  niuss.  Vielleicht  wird 
dann  die  Heizung  des  Museums  wieder  aufgenommen  werden  können, 
durch  deren  Aussetzung  die  (iesundheit  der  Bediensteten  und  die 
t'onservirung  der  Objekte  gefährdet  ist. 

üas  Mobiliar  der  Arbeitsräume  ist  fertig  gestellt.  Im  Museum  M'ihiiiar. 
sind  die  zwei  neuen  Sehränke  für  Schwämme  schön  ausgefallen.  j\Ian 
darf  erwarten,  dass  bei  Ausführung  im  Grossen  solche  sieh  billiger 
stellen  werden,  Fs  sind  einige  Aveitere  derartige  ■  Schränke  für  niedere 
Thiere  ei'beten,  damit  in  den  älteren  die  geordnete  Aufstellung  der 
Reptilien  und  Fische  vollendet  Averden  könne,  sowie  ein  Insekten- 
schrank  und  ein  Oonchylierischrank,  In  Verwendung  dieser  Schränke 
für  zunächst  fertig  gestellte  Fheile  der  Sammlungen  können  die  danach 
fertig  Averdenden  jedesmal  in  leer  gemachte  Kasten  und  Schiebladen 
methodisch  eingeordnet  Averden.  Die  Construktion  der  neuen  Schränke 
ist  überall  so  erbeten,  dass  sie  für  das  neue  Museum  in  jeder  Be- 
ziehung geeignet  sind.  Fhi  massiger  Bestand  an  neuen  Schränken 
Avird  späterhin  gestatten,  die  alten  nach  und  nach  zu  geeigneter  Form 
umzuarbeiten. 


')    i«t  iu   1885  vuü  Seuat   uud  liüi'gerschal't  geuehmigt. 


XL VIII  Naturhistorisches  Museum. 

Haiidbibiiotiii'k.  Die    Eiiu'iclituiig    einer   Hundhibliuthek    hat    grosse    Fortschritte 

gemaclit.  Aus  der  für  dieselbe  uud  für  Instrumente  gemeinsam 
gewährten  einmaligen  Bewilligung  sind  J6  05^2,44  und  aus  dem 
Ordinarium  noch  J6  4S,(i5  für  diesen  Zweck  verwendet  worden.  Als 
werthvollere  sind  von  den  angeschafften  die  folgenden  Werke  anzuführen: 

Proceed.    of  the   Zoolog.    Soc.  of  London,    colour.  illustr.,    compl. 

Dumont  d'Urville  Voyage  de  l'Astrolobe. 

Schrencks  Reisen  im  Amurlande. 

Peters  Reise  nach  Mozambique. 

V.  d.  Decken  Reise  in  Ostafrica. 

8  Abtheilungen  der  Novara-Reise. 

Richardson  &  Gray  Zoology  of  the  Erebus  &  Terror. 

Ehrenberg  &  Hemprich  Symbolae  physicae. 

Hcuglin  Ornithologie  von  Ostafrika. 

Rüppell  Neue  Wirbelthiere  zur  Fauna  Abyssiniens. 

Barker,  Webb  iV:  Berthelot  Faune  des  lies  Canariea. 

Bouai)arte  Iconographia  della  Fauna  Italica. 

Bijdragen  tot  de  Dierkundc   1  —  I). 

Sharpc   iMonography  of  the  Alcedinidae. 

Bleeker  Atlas  ichthyologi(jue. 

Martini  &  Chemnitz,  Conchylien-Cabinet  N.   A. 

Philippi   Abbildungen  von  Conehylien. 

Mc-Intosh  British  Aunelids. 

Kokscharoft'  Materialien  z.  Mineral.   Russlands. 

Hessenberg  Mineralogische  Notizen. 

Mallard  Traite  de  Crystallograi)hic. 

Einige  Schriften  sind  von  Privaten  und  von  (lesellschaften 
geschenkt  worden;  eine  grosse  Zahl  Abhandlungen  kam  vom  Institut 
national  de  Geneve.  Die  Versendung  des  Jahresberichts  mit  den  auf 
das  Museum  bezüglichen  Abhaudhmgen  aus  dem  Jahrbuche  der 
Hamburgischen  wissenschaftlichen  Anstalten  ist  von  der  Bitte  begleitet 
worden,  uns  im  Austausche  geeignete  niuseologische  und  Gesellschafts- 
schriften zukommen  zu  lassen. 
Jn.stiuiiioiitc.  Für    Instrumente     wurden     aus     der     einmaligen     Bewilligung 

J^  o477,5(i  und  aus  dem  Ordinarium  J6  ;i(JO.i'J  verwendet.  Von  den 
angeschafften  sind  hervorzuheben:  Elektromagnet,  feine  Wage,  ReÜexions- 
goniometer,  Po]arisationsaj)parat  und  Polarisationsmikroskop,  Mikroskop 
von  Zcm,  Lupen  mit  Stativen  und  eigens  angegebenen  Objekthaltern, 
gröbere  technische  und  feinere  anatomische  Bestecke,  Injektionsspritzen, 
ein  Doi)pelbhisba1g,  eine  gewöhnliche  Wage.  Ein  01)jektiv  wurde  von 
Herrn  Dr.  J.  (t.  Fischer  geschenkt. 


Naturhistorisches  MuseuTn. 


XLIX 


Vom   1.  März  1884  an  ist  das  Museum  nach  dem  neuen  Eegulativ  RenutzuuK  des 
täglich  mit  Ausnahme  des  ersten  Oster-  und   ersten  Weihnachtstages, 
des  Himmelfahrtstages,  sowie  derjenigen  Montage,  welche  nicht  Festtage 
sind,  unentgeltlich  von   11—3  Uhr  geöffnet  gewesen. 

Die  P'utleihung  von  Gegenständen  aus  dem  Museum  zur  Be- 
nutzung hei  Vorträgen,  zum  Schulunterrichte  und,  nach  auswärts,  zu 
wissenschaftlichen  Untersuchungen  hat  in  gewohnter  Weise  stattge- 
funden. Namentlich  sind  Objekte  von  Süd-Georgien  und  aus  dem 
Massailande  auswärtigen  Gelehrten  zur  Bestimmung  anvertraut  worden. 
Für  die  Walausstellung  wurden  der  Zoologischen  Gesellschaft  werthvolle 
Stücke  geliehen  und  haben  zum  Erfolge  dieser  Ausstellung  wesentlich 
beigetragen.  Wenn  wir  damit  einen  Theil  des  Dankes  abtrugen,  zu 
welchem  das  Museum  dieser  Gesellschaft  in  jedem  der  vergangenen 
20  Jahre  verpflichtet  Avurde,  so  hat  die  Gesellschaft  dem  Museum 
aufs  Neue  ihre  Gunst  bewiesen,  indem  sie  ihm  die  3  grossen  ausgestellt 
gewesenen  Walskelette  zur  Hälfte  des  Kostenpreises  zum  Kaufe  ange- 
stellt hat. 

Unter  den  dem  Museum  geAvordenen  Geschenken  sind  folgende     Geschenke. 
als  grössere,  meist  als  Sammlungen  bildende  hervorzuheben: 

Von  der  Zoologischen  Gesellschaft  23  Säugethiere,  einige 
Schädel  von  solchen,  21  Vögel,  G  Eeptile  und  Amphibien,  ver- 
schiedene Eier  und  andere  Thiere. 

Von  der  Geographischen  Gesellschaft  der  Rest  der  zoo- 
logischen und  mineralogischen  Gegenstände,  welche  Herr  Dr.  G. 
A.  Fischer  auf  seiner  im  Massailande  aus  Veranlassung  der 
gedachten  (iesellschaft  gemachten  Reise  gesammelt  hat;  zu  den 
im  vorigen  Berichte  erwähnten  noch  etwa  250  Vögel,  33  Eier, 
einige  Nester,  32  Säugethiere  nebst  Köpfen,  Schädeln,  Gehörnen, 
eine  Käfersammlung,  einige  andere  Insekten,  Skorpione,  Spinnen 
u.  a.,  auch  Gesteine  vom  Kihma  NdjaroV).  Herr  Dr.  Fisdier  fügte 
Mehreres  bei,  was  er  sonst  auf  seinen  Reisen,  besonders  auf 
Zanzibar  gesammelt  hatte. 


1)  Da  die  Schmetterlinge  dieser  Sammlung  nicht  l;esouders  beschrieben  sind, 
drucken  wir  hier  die  vom  Direktor  über  dieselben  dem  Reiseberichte  des 
Herrn  Dr.  G.  A.  Fischer  beigefügten  Bemerkungen  ab.  Derselben  waren 
nur  fünf: 

Hypolimuas  Misippus  L.  vom  Naiwascha-Sec, 
Pieris  Severina  Cr.  „  „  ,, 

Eurema  Brigitta  Cr.  „  ,,  „ 

Syntomis  sp.  (nahe  S.  Hübuei-i)  Küste, 
Braluuaea  Neumayeri  ,s;^;.  nov.  Ssigirari. 
Die  zwei  Exemplare  von  Pieris  Severina  Cr.,    beide  Weibchen,    sind    nicht 

d 


]j  Naturhistorisches  Museum. 

Diircli  die  Fürsorge  des  Herrn  Wociiuann  die  Sammluiigen 
des  Herrn  H.  Soyaux  auf  Ssibange-Farm,  Gaboon,  diesmal  mit  107 
sorgftältig  behandelten  Schmetterlingen ,  und  die  tler  Herren 
Cai^itaine  der  westafrikanischen  Linie  Hujrfer  und  MelcJieiisen, 
vorzüglich  Ileptilien,  Amphibien,  Fische,  Insekten  in  Spiritus.  Im 
Januar  1885  sind  bereits  wieder  sehr  reiche  Sammlungen  von 
den  Herren  Soyaux  und  Hiqjfer  eingetroffen. 

Von  Herrn  Consul  FhiUppi  in  Mozambique  mit  ausser- 
ordentlichem Geschick  auf  den  Klippen  daselbst  gesammelte  Thiere 
mit  einer  Menge  bis  dahin  im  Museum  nicht  vertretener  Arten 
von  Krebsen  und  Gorgoniden. 

Von  Herrn  F.  H.  SfecJier  Reptilien,  Fische,  Insekten, 
Krebse  von  Nossibe  bei  Madagaskar. 

Von  Herrn  Statlimn  15  ausgestopfte  Vögel  von  Helgoland. 
Von  Herrn  stud.  C.  C.  StuliJmann  70  Schmetterlinge  von  Hainan. 
Für    zahlreiche    kleinere   Geschenke   ist   den  Gebern   der  Dank 
direkt  und  in  den  öffentlichen  Blättern  ausgesprochen  worden. 
Ervvcrbuugen.  Die   grösstc    Frwcrbung    war    die    der   Hymenopterensammlung 

des  verstorbenen  Herrn  Oberforstmeisters  Tii<(hb('in  in  Eutin.  Die 
Sammlung  hat  hohen  Werth  durch  die  darin  niedergelegte  Thätigkeit  des 
berühmten  Sammlers,  macht  aber  durch  die  Mängel  der  äusseren  Be- 
handlung grosse  Arbeit.  Vom  Mitsenm  Godcffroy  wurden  sehr  schöne 
Korallen  und  das  Skelet  des  Palapteryx  elephantopus  Owen ,  von 
Francli  iu  London  eine  Hatteria  punctata  Gray,  vom  Antiquar  (Jolin 
hier    eine   Kollektion    Vogelbälge   aus    Hopetown,    von    Herrn   Sdilufer 


schwefelgelb  aul'  der  Unterseile,  sonderu  weiß,  gleich  sulcheu  vom  Cap  und 
von  Zanzitjar.  Die  Brahraaea  Neumayeri  Pageustecher  spannt  über  12  cm. 
Sie  kommt  der  B.  lucina  Drury  und  Swanzii  Butl.  nahe ;  weifse  mit  braunen 
Wellenlinien  versehene  Binde  über  Vorder-  und  Hiuterflügel;  nach  aus- 
wärts von  derselben  die  Wellenlinien  auf  dem  chocoladefarbigem  Grunde 
bis  zu  den  Randflecken  reichend,  von  diesen  der  erste  und  vierte  bis 
siebente  des  Vorderflügels  mit  schwarzem  Stern,  der  zweite,  dritte,  achte 
blafs,  ledergelb,  alle  mit  weißem  Außensaum,  sielieu  Randflecke  des  Hinter- 
flügels vom  Grunde  wenig  unterschieden,  nierenfürmig  mit  einem  Striche 
im  Innern;  Wurzel  des  Hinterflügels  einfarbig  chocoladebraun.  Auf  dem 
Vorderflügel  einwärts  von  der  weißen  eine  braune  Binde,  in  der  Mitte  am 
schmälsten,  vorn  sehr  breit,  nahe  der  Vorderader  mit  vier  unregelmäßigen, 
dunklen,  hell  auslaufenden  Flecken.  Die  Wurzel  mit  zackigen,  hellen  und 
rostrothen  Linien  gebändert,  Fühler  blaßgelb;  Leili  mit  rostrotheu  Seg- 
menträndern ;  auf  der  Unterseite  die  Flügel  wurzelwärts  der  Binde  ein- 
farbig chocoladebraun,  nur  Vordersaum  und  vom  Hinterflügel  verdeckter 
Theil  der  Vorderflügel  heller,  sonst  wie  oben.  (Das  Massailand  von 
Dr.  med.  G.  A.  Fischer;   Hamburg,   L.  Friederichseu  &  Co.    1885.    p.  150.) 


Naturhistorisches   Museum.  LI 

liier  eine  aiisf,'c/.eichnete  Spierjglaiizstiife,  von  Yoif/f  d''  Hoihgesany  eine 
Sammlung  Dünnschliffe  gekauft.  Die  übrigen  Ankäufe  sind  unbedeutend. 
Sie  Avurden  überliaupt  ermöglicht  durch  die  jetzt  gestattete  Verwendung 
des  Erlöses  aus  Doubletteu  für  das  Museum. 

Die    Aufwendungen   für   Aptirung   waren   bedeutend   wegen    der      AptinuiK. 
Fülle    der   Eingänge   in    1888    und    1884    und    der   Nothwendigkeit  die 
alten  Bestände  hervorzuziehen  und  das  bereits  Aufgestellte  in  schickliche 
Verfassung  zu  bringen. 

Die  Einnahmen  und  Ausgaben,    soweit  sie  durch  die  Rechnung     jiwiinmig. 
des  Direktors  gingen,  balanciren  mit  folgenden  Zahlen : 

Hülfsarbeit 4        '^2<),— 

Einmalig   zur  Anschaffung    von  Büchern  und  Instru- 
menten      „    10  ()(K),— 

Anschaffung,    Aptirung  u.   s.  w.  bewdligt  J6  4  500, — 

dazu  aus  Doublettenverkauf „     771,28 

„      5  271,28 

Allgemeine  Verwaltungskosten  (Aufsicht,  Bureauu.  dgl.)   „         800, — 

Uneigentlichc  Einnahmen  und   Ausgaben „  2,40 

J^  IG  383,68 
Die  Inventarvermelirung  soll  erst  auf  1.  Mai  1885  festgestellt  Vcnu.'hnmg, 
werden.  Was  die  höheren  Thiere  betrifft,  so  sind,  wenn  wir  die  zum 
'l'heil  schon  im  vorigen  Berichte  erAvähnten  Vögel  des  Herrn  Dr.  G.  A. 
Fi^<Jur  hier  ganz  und  ebenso  die  grade  unter  den  Händen  der  Prä- 
paratoren befindlichen  Säuger  und  Vögel  des  Herrn  HumUol  von 
Madagaskar  und  die  Vögel  von  Hopetown  einrechnen,  an  bisher  nicht 
vertretenen  Arten  zugewachsen:  46  Säuger,  218  Vögel,  54  Reptilien, 
1)  Amphibien.  62  Fische.  Es  ist  darunter  eine  sehr  erhebliche  Zahl 
für  die  Wissenschaft  neu,  wie  zum  Theil  die  wissenschaftlichen  Beilagen 
zu  diesem  Berichte  ausweisen. 

Die  Bearbeitung  und  Einordnung  der  grossen  Samndungen  aus  Arbeiten. 
Westafrika,  dem  Massailande  und  Süd-Georgien,  sowie  der  genannten 
kleineren  hat  in  1884  die  Kräfte  der  wissenschaftlichen  Arbeiter  sehr 
in  Anspruch  genommen.  Sind  doch  in  1883  und  1884  etwa  4000 
Nummern,  die  einzelnen  öfters  mit  sehr  vielen  Individuen  in  den 
Eingangskatalog  eingetragen  Avorden.  Doch  wurde  in  allen  Theilen  der 
Sammlung  an  der  Verbesserung  der  Bestimmung  und  Aufstellung  der 
älteren  Objekte  Aveiter  gearbeitet.  In  der  mineralogischen  Abtheilung 
Avurden  diese  Arbeiten  soweit  gefördert,  dass  die  Vollendung  der 
Mineralien -Bestimmung  bis  zum  Schlüsse  des  Jahres  1885  erwartet 
Averden  darf. 


LH  Physikalisches  Kabinet. 


Physikalisches  Kabinet. 

Bericht  des  zeitigen  Vorstehers  Dr.  August  Voller. 

'  Das  physikalische  Kabinet  hat  sich,  soweit  die  Beschränktheit 
der  Zeit  und  Kraft  des  Vorstehers  ermöglichten,  im  verflossenen  Jahre 
stetig  weiter  entwickelt.  Wie  seit  mehreren  Jahren  erstreckte  sich 
die  Thätigkeit  desselben  auf  regelmässige  Curse  wissenschaftlicher 
Vorlesungen,  auf  die  Leitung  praktischer  Uebungen  im  Laboratorium, 
auf  die  Erstattung  von  Gutachten  für  Behörden,  sowie  auf  den  Verkehr 
mit  dem  Publikum  hinsichthch  der  Ertheilung  von  Auskunft  und 
wissenschaftlichen  Rathschlägen  in  Angelegenheiten  technisch  -  physi- 
kalischer Natur. 

Unter  den  von  Seiten  der  Behörden  requirirten  Berichten  und 
Gutachten  w-aren  diejenigen  betreffend  Blitzschlagfälle  im  letzten  Sommer 
besonders  zahlreich  (14);  ein  auf  Grund  der  gemachten  Wahrnehmungen 
als  nothwendig  erkanntes  Regulativ  für  die  Anlage  und  Unterhaltung 
von  Blitzableitern  ist  in  der  Vorbereitung  begriffen. 

Die  durch  das  Bedürfniss  des  Publikums  hervorgerufene,  im 
letztjährigen  Bericht  näher  dargelegte  Thätigkeit  des  Vorstehers  hat 
auch  neuerdings  stetig  zugenommen  und  zahlreiche  Besprechungen, 
Correspondenzen  und  experimentelle  Arbeiten  erfordert;  während  des 
Winters  allein  wurden  44  wichtigere  Fälle  der  Art  zur  Erledigung 
gebracht. 

Die  Vorlesungen  des  Berichterstatters  waren  gut  besucht.  Es 
wurden  während  des  Winters  öffentliche  Vorlesungen  über  die  praktische 
Anwendung  der  Elektricität  gehalten,  welche  sich  einer  so  starken 
Theilnahme  erfreuten,  dass  ein  grosser  Theil  der  Anmeldungen  wegen 
Ueberfüllung  des  Hörsaales  unberücksichtigt  bleiben  musste.  An 
nicht  öffentlichen  Vorlesungen  Avurden  im  Sommersemester  „allgemeine 
Mechanik"  wöchentlich  2  stündig,  im  Wintersemester  „allgemeine 
Elektricitätslehre"  ebenfalls  2  stündig  gehalten;  an  der  letzteren 
nahmen  22  Hörer  Theil.  Ausserdem  wurde  im  Sommer  und  Winter 
Avöchentlich  4  Stunden  „physikalisches  Praktikum"  gehalten;  im  Winter 
nahmen  an  demselben  9  Praktikanten  Theil. 

Ausser  von  Seiten  des  Vorstehers  wurden,  wie  in  früheren 
Jahren,  so  auch  diesmal  von  Herrn  Dr.  Hoppe  im  Auftrage  der  Ober- 
schvdbehörde  wöchentlich  4  Stunden  öffentliche  Vorlesungen  über  ver- 
schiedene  Abschnitte    der  Physik   im  Hörsaale   des  Kabinets  gehalten. 


^Iiiseum  für  Völkerkunde.  LIII 

Das  wachsende  Interesse,  welches  dem  physikah"schen  Kabiuet 
von  Seiten  des  Pu1)likunis  mehr  nnd  mehr  entgegengebracht  wird, 
zeigte  sich  ancli  in  der  Ueberweisnng  znm  Theil  sehr  werthvoller 
Instrumente  an  die  Sammlungen  desselben.  So  wurde  von  Herrn 
Capt.  ScJiiUl'  ein  von  demselben  mit  Unterstützung  der  Kellinghuseu- 
Stiftung  zum  Zwecke  magnetischer  Beobachtungen  auf  See  erworbenes 
ßamhcrr/schc.s  Inklinatorium  mit  sämmtlichen  für  die  Bestimmung  der 
8  erdmagnetischen  Elemente  erforderlichen  Einrichtungen  dem  Kabinete 
übergeben.  Ebenso  überwies  Herr  Uhrmacher  Dciiclcer  demselben  unter 
einstweiligem  Vorbehalte  des  Eigenthumsrechtes,  jedoch  im  Uebrigen 
zu  unbeschränktem  (icbrauche,  einen  grossen,  höchst  werthvollen 
(■oinparator  für  Bestimmung  linearer  Äusdehnungscoefticienten  mit 
doppelter  mikroskopischer  i\.blesung,  dessen  optischer  Theil  seiner  Zeit 
aus  der  berühmten  Werkstelle  von  Dr.  Hugo  ScJiriider  hierselbst 
hervorgegangen  ist.  Desgleichen  wurden  von  mehreren  andern  Seiten 
kleinere  Instrumente  u.  s.  w.  dem  Kabinet  als  Geschenk  überwiesen. 
Allen  freundlichen  Eörderern  unserer  Anstalt  sei  hierfür  Avärmster 
Dank  erstattet. 

Die  auch  im  Uebrigen  durch  das  regelmässige  Jahresbudget 
stetig,  wenn  auch  nur  langsam  wachsenden  Sammlungen  des  Kabinets 
wurden  auch  ausserhalb  unseres  Laboratoriums  wieder  häufig  benutzt; 
es  wurden  etwa  150  Apparate  in  38  Fällen  ausgeliehen. 


Museum  für  Völkerkunde. 

Jahresbericht  des  Vorstehers  C.  W.  Lüders. 

Das  verflossene  Jahr  ist  wiederum  besonders  günstig  zur  Ver- 
mehrung und  Completirung  des  Museums  gewesen.  Die  Geschenke, 
die  freundlichst  eingeliefert  sind,  beziftern  sich  auf  .''»^S  Nummern, 
vertheilt  auf: 

Asien   122 

Afrika 238 

Amerika 37 

Oceanien 120 

Europa 6 

523  Nummern. 
Besonders  hervorzuheben  sind  darunter  die  von  der  Geographischen 
Gi'sdlschaß   hier   überwiesenen,    von   dem    Herrn    Dr.    Fischer   aus    dem 


Liy  Museum  für  Völkeikuude. 

Massai-Lniule  Afrikas  mitgebrachten  Gegenstände  ca.  200  Nummern, 
dann  eine  reiche  Kollektion  von  ca.  HO  Nummern  von  den  Südsee- 
Inseln  durch  Herrn  R.  J.  Robertson,  ferner  von  dem  Herrn  Consul 
Dr.  Bicher  in  Berlin  eine  Anzahl  von  25  Nummern  von  den  Molukken- 
Inseln,  und  von  dem  Herrn  C.  Hcujenheck  20  Nummern  Gegenstäude 
von  Ceylon. 

Von  dem  Museum  in  Leiden  haben  wir  durch  Tausch  einiger 
Doubletten  eine  bedeutende  Completirung  von  Gegenständen  zu  den 
Malaischen  Inseln  erhalten. 

Angekauft  wurden   1 1 3  Nummern  und  zwar  von : 

Asien 43 

Afrika  . 28 

Amerika 10 

Oceanien 32 

IIB  Nummern. 

Das  Verzeichniss  der  ganzen  Sammlung  ist  jetzt  fertig  gestellt 
und  ist  der  Bestand  am  Ende  des  Jahres   1884,  wie  folgt: 

von  Asien 1514 

„     Afrika .  .1144 

„     Amerika 1873 

„     Oceanien 0(19 

„     Europa 85 

5585  Nummern. 

So  sehr  wir  nun  auch  zufrieden  sein  können  mit  dem  guten 
Erfolge  und  dem  sich  immer  mehr  bethätigenden  Interesse  für  das 
Museum,  so  sehr  müssen  wir  bedauern,  dass  die  Räumlichkeiten  jetzt 
in  keiner  Weise  mehr  ausreichen.  Wir  waren  schon  in  die  Noth- 
wendigkeit  versetzt,  den  Inhalt  eines  grossen  Schrankes  in  Kisten 
wegzupacken,  um  nur  neuangekommene  Sachen  wieder  aufstellen  zu 
können.  Hotfentlich  wird  bald  Wandel  darin  geschafft,  damit  wir 
niemals  in  eine  Bedrängniss  kommen,  die  uns  nöthigen  könnte,  werth- 
volle  Geschenke,  welche,  wie  es  oft  vorkommt  an  die  Bedingung  ihrer 
Schaustellung  geknüpft  werden,  von  der  Hand  zu  weisen. 


Sammlinig-  vorgesehichtlichei'  Alter thnmer.  LV 

Sammlung  vorgeschichtlicher  Altertümer. 

(Bericlit  von  Dr.  E.  Raiiteiiberg.) 

Im  Jahre  1884  ist  die  Sammlung  vorgeschichtlicher  Altertümer 
um  oOf)  Gegenstände  (258  Katalog-Nummern),  unter  denen  38  geschenkt 
waren,  vermehrt  worden. 

Urnen,  zum  Teil  mit  interessanten  Beigaben  sind  geschenkt 
von  den  Herren  Beclcer  (Sande),  B.  Schrader  (Barsbüttel),  W.  Ändresen, 
Ch.  Miclicrts  (ReinbelO,  l^r.  C.  Amsinck,  Schcmh  (Hambnrg)  und  von 
Fräulein  .1.  Bösclier  (Altenwalde);  Bronzegeräte  von  den  Herren 
>6'/>'a?/er  (Tesperhude;  zwei  leider  nicht  ganz  vollständig  erhaltene  große 
Bronzefibulä  von  nordischem  Typus,  nach  Hildebrand  Typus  E,  vgl. 
Undset,  Etudes  sur  Tage  de  bronze  de  la  Hongrie  I,  73  ff.).  Anton 
Garlitt  (sehr  schöne  Nadel),  Dr.  Bauer  (Nadel),  AJbrecht  (Lanzenspitze), 
H.  Dösclier  in  Altenwalde  (Celt),  E.  Meyer  in  Kleinmühlen  (Messer, 
Pincette,  Pfriem) ;  Steingeräte  von  den  Hen*en  Flügge  (Escheburg), 
Ändresen  (Reinbek),  Ruutenherg  (Schönweide),  AJirend,  Lähning  und 
R.  Jansen  (Hamburg),  sechs  Fläschchen  mit  Speiseresten  aus  dem 
Pfahlbau  bei  Wangen  von  Herrn  F.  Worlee,  Menschenknochen  aus  der 
Erpfinger  Höhle  von  Herrn  Dr.  Ferher.  Endlich  ist  zu  erwähnen, 
daß  Herr  .1.  von  OhJendorj)'  die  Abformuug  eines  bei  Grässe  in 
Mecklenburg  gefundenen  Schwertes  mit  Golddrahteinlage  gütigst  ge- 
stattet hat. 

Von  der  Bau -Deputation  ist  durch  Herrn  Ober -Ingenieur 
F.  A.  Meger  ein  beim  Bau  des  Isebeck-Canales  in  der  Tiefe  von 
4,2  m  gefundenes  Geweili  eines  starken  Dammhirsches  der  Sammlung 
zugewiesen;  Herr  Director  Streng  hat  die  Gefäßreste  aus  3  im  Hofe 
des  Central-Gefängnisses  befindliclien  Herdstellen  derselben  freundlichst 
zugestellt.  Herr  Friedhofsverwalter  Cordes  hat  wie  im  vorigen  Jahre 
den  Fundstellen  auf  dem  Central -Friedhofe  in  Ohlsdorf  genaue  Auf- 
merksandvcit  geschenkt,  und  es  sind  die  sämtlichen,  namentlich  durch 
die  Sorgfalt  des  Gärtners  Herrn  Frisch  dort  gefundenen  Gegenstände: 
der  untere  Mahlstein  einer  Handmühle  aus  Granit,  zahlreiche  ürnen- 
scherben,  ein  kleiner  Thonbecher,  in  unsre  Sammlung  gelangt.  Auf 
Ersuchen  der  Commission  haben  die  Behörden  und  ein  Hoher  Senat 
bestimmt,  daß  die  Steinkreise  und  Steinsetzuugen,  die  bei  den  Arbeiten 
dort  freigelegt  sind,  erhalten  bleiben  sollten  und  so  sind  denn  von 
Herrn  Cordes  diese  Denkmäler  der  Pietät  unsrer  Vorfahren  in  die 
neuen  Friedhofsanlagcn  mit  größtem  Geschick  eingefügt. 


LVI  SaniniluDg-  vorgeschifhtlicber  Alterthiuncr. 

Uuter  den  aDgekaiiften  Steingeriiten  siiul  zu  erwähnen  ein 
Steinbammer  von  0,305  m  Länge  und  4,75  k  Schwere,  ein  Dolch  von 
grauem  Flint  von  0,32  m  Länge,  eine  fast  gleichseitig-dreieckige  große 
Lanzenspitze,  mehrere  Meißel  von  vorzüglichem  Schliff  und  tadelloser 
Erhaltung  und  ein  Beil  von.  grauem  Flint.  welches  in  meisterhafter 
Weise  zugehauen  ist.  Aus  der  Gegend  zwischen  Elbe  und  Weser 
sind  in  diesem  Jahre  die  zur  Sammlung  des  Herrn  Sclieper  in  Lebe 
gehörigen  Urnen  mit  reichen  Beigaben:  Messern,  Pincetten,  Scheren, 
Ringen,  Fibeln,  Schlüsselhaken  (i  mit  Tierkopf),  Ohrringen  etc.  in  die 
Sammlung  gekommen  (vgl.  Bericht  im  Jahrbuch  von  1884  S.  LXKVI). 
Von  einem  in  der  Gegend  von  Cadeuberge  (bei  Westerham)  gelegenen 
Begräbnißplatze  sind  eine  Anzahl  von  Urnen  mit  Beigaben  von  Bronze 
und  Eisen  aus  der  La-Tene-Periode  augekauft.  Sämtliche  LTrnen 
sind  mit  dem  vollen  Inhalt  an  Erde,  Knochen  und  den  Beigaben  von 
dem  Finder  eingeliefert,  und  so  war  eine  genaue  Avissenschaftliclie 
Untersuchung  derselben  möglich;  besonders  häufig  fand  sich  die 
eiserne  Fibula  des  genannten  Typus,  der  Gürtelhaken  und  die  Gürtcl- 
verbindung  mit  Pving  und  Klammern.  Von  den  Bronzen  ist  erwähnens- 
wert eine  Nadel  von  0,16  ni  Länge  mit  flachem  conceutrisch  gerilltem 
Kopf;  außerdem  eine  eiserne,  am  Halse  gebogene  Nadel  mit  schwerem, 
massivem,  fast  wie  eine  Halbkugel  gestaltetem  Kopfe  von  Bronze  (nach 
ündset,  das  erste  Auftreten  des  Eisens  S.  310  von  holsteinischem 
Typus).  Die  Publication  der  für  die  von  Südwesten  herwirkenden 
Cultureinflüsse  wichtigen  Objecte  ist  für  das  nächste  Jahrbuch  in 
Aussicht  genommen. 

Durch  Zeitungsberichte  und  Mitteilungen  von  Freunden  unsrer 
Sammlung,  nach  denen  in  Cuxhaven  wertvolle  Fundgegenstände  an 
Privatpersonen  verkauft  und  in  deren  Besitz  zum  Teil  zerstört  oder 
doch  entwertet  sein  sollten,  wurde  die  Commission  auf  die  namentlich 
in  der  Heide  bei  Altenwalde  gemachten  Urnenfunde  hingewiesen. 
Einige  Sachen  wurden  von  den  Findern,  meistens  Arbeitern,  die  nach 
Steinen  für  die  Uferwerke  suchten ,  käuflich  erw^orben ,  und  die 
Freundlichkeit  mehrerer  dort  wohnender  Grundbesitzer  hat  die 
wissenschaftliche  l^ntersuchung  einiger  Fundstellen  ermöglicht.  Herr 
Degenhardt  gestattete  Nachgrabungen  auf  der  westlich  vom  Dorfe 
gelegenen  Heide  (Fundobjecte:  ein  Bronzecelt  in  einer  leider  zer- 
störten großen  dickwandigen  Urne);  auf  dem  Grundstücke  des  Herrn 
Behrmann,  welches  neben  dem  von  dem  Provinzial -Museum  in 
Hannover  systematisch  ausgebeutetem  Urnenfelde  liegt,  ist  bei  der 
planmäßigen  Abgrabung  eines  ziemlich  langen  Streifens  in  der  ganzen 
Breite  des  Ackers  leider  nur  eine  kleine  Urne  gefunden.    Ein  auf  der 


Samnilmin  Ilambiirgisolier  Altertliümer.  LVII 

IToltjer  Höhe  (Bosit/  dos  Herrn  Hi'ihrnann)  belegener  Hüge].  dessen 
Hauptgrab  schon  früher  ansgeuommen  war,  ergab  am  ol)eren  Rande 
eine  große  wohlerhaltene  Urne  von  rotem  Thon  mit  einer  flachen 
Deckelschale  nnd  einer  Eisentibula  vom  La -Tene- Typus,  sowie  drei 
andre  große  (iefäße  mit  ähnlichen  Eisentibula  und  viele  zum  Teil 
reich  ornamentierte  Scherben.  Am  erfreulichsten  ist  die  Ausbeute  auf 
dem  Grundstück  des  Herrn  Höht  gewesen,  von  dem  für  nnsre 
Sammlung  27  Urnen  vom  sächsischen  Typus  mit  guten  Beigaben 
(Acc.  Kat.  1884  Nr.  168  — 23G,  vgl.  Jahrbuch  H.  1885  S.  1G9  tf.)  ge- 
wonnen  sind. 

Eine  auf  Anregung  des  Herrn  Ingenieur  Krause  unternommene 
Untersuchung  eines  Feldes  bei  Ulzburg  ergab,  daß  dort  ein  ebenfalls 
aus  sächsischer  Zeit  stammender  Urnenfriedhof  gewesen  ist,  der 
jedoch  durch  frühere  Grabungen,  wenigstens  an  den  uns  zugänglichen 
Stellen  zerstört  war.  Charakteristische  Gefäßscherben  wurden  zahlreich 
gefunden,  und  es  ist  gelungen  einige  Gefäße  w'enigstens  in  ihrer  Form 
und  ihren  Ornamenten  zu  reconstruieren  (Acc.' Kat.  1884  Nr.  237 — 241). 

Leider  hat  die  Mehrzahl  der  zum  Teil  recht  ansehnlichen, 
interessanten  und  wertvollen  neuen  Erwerbungen  nicht  ausgestellt 
werden  können,  da  auf  dem  der  Sammlung  zugewiesenen  Corridor 
kein  Raum  frei  war,  und  die  Ausräumung  und  Verpackung  der  schon 
längere  Zeit  dort  ausgestellten  Gegenstände  wegen  der  Zerbrechlichkeit 
der  meisten  nicht  ratsam  erscheinen  kann. 

Die  Bibliothek  ist  um  51  Werke  und  Hefte  vermehrt.  Herr 
Frisch  hat  12  Brochüren,  zum  Teil  erste  Publicationen  epochemachender 
Funde,  die  Gruppe  Hamburg-Altona  der  Deutschen  Anthropologischen 
Gesellschaft  sämtliche  von  auswärtigen  Vereinen  und  Instituten  ihr 
übersandten  Schriften  (27  Nummern)  geschenkt. 


Sammlung  Hamburgischer  Altertliümer. 

Berlclit  von  Dr.  A.  H.  Kellingliuseu,  d.  Z.  Vorsitzender  der  Commission. 

Ein  Verzeichniss  der  im  Jahre  1884  für  die  Sammlung  hani- 
burgischer  Altertliümer  neu  erAvorbenen  Gegenstände  ist,  wie  in  früheren 
Jahren,  in  den  Mittheilungen  des  Vereins  für  hamburgische  Geschichte 
publicirt  worden;  unter  denselben  dürfte  besonders  eine  durch  gütige 
Vermittelung  des  Herrn  Senator  Raiyp  erworbenen  Sammlung  silberner 
und   zinnerner  Trinkgefässe    der   Kranken-    und   Sterbecasse    der   Huf- 


LVIII  Botanisclies  Museum. 

und  Schmiedegeselleu  hervorzuheben  sein:  eine  Sammhmg,  welche 
sich  durch  ihre  Vollständigkeit  und  durch  viele  vortrefflich  erhaltene 
Gegenstände  auszeichnet. 

Das  luteresse  für  die  Sammlung  zeigt  sich  auch  durch  die 
wachsende  Zahl  der  eingehenden  Geschenke,  leider  ist  aber  der  Raum 
noch  immer  derartig  beschränkt,  dass  an  eine  vortheilhafte  Aufstellung 
aller  Sachen  nicht  entfernt  gedacht  werden  kann.  Ein  von  der  Com- 
mission  und  dem  Verein  für  hamburgischc  Geschichte  an  die  S.  T. 
Oberschulbehördc  gerichtetes  Gesuch  um  Ueberlassung  des  von  der 
Stadt  angekauften  früher  Hartmeyer  sehen  Erbes  am  Fischmarkt  konnte 
leider  nicht  bewilligt  werden,  und  doch  wird  das  Erforderniss  grösserer 
Räume  mit  jedem  -lahre  dringender;  es  ist  zu  wünschen,  dass  den 
gerechten  Anfoi'derungen  auf  Raum,  dessen  die  Sammlung  hamburgischer 
Alterthümer  iiedarf,  bald  (ienügo  geleistet  wird. 


Jahresbericht 

ülici'    (las 

botanische  Museum  zu  Hamburg 

für  1884. 

Erstattet  vom  Professor  R.  Sadebeck. 

KiiuiiiiicLkeitfii.  Nachdem    im    Laufe    des    Berichtsjahres    die    III.  Section    der 

Oberschulbehörde  die  von  ihr  als  Sitzungssaal  u.  s.  w.  innegehabten 
Lokalitäten  den  Zwecken  des  botanischen  Museums  überlassen  hatte, 
wurde  die  definitive  Aufstellung  der  Sammlungen  ermöglicht  und 
Hiifsarbeiton.  sofort  in  Angriff  genommen.  Behufs  der  hierzu  erforderlichen  Arbeiten 
wurden  die  Herren  W.  J.  Gorerfs  und  A.  Voigt,  stud.  phil.  von  dem 
Referenten  gegen  Zahlung  eines  vorher  vereinbarten  Honorars  heran- 
gezogen, Herr  Goverts  während  des  ganzen  Berichtsjahres,  Herr  A.  Voigt 
vom  24.  October  des  Berichtsjahres  au.  Herr  Dr.  0.  Warhurg,  der  in 
uneigennützigster  Weise  die  erste  Einrichtung  und  Ordnung  der  Holz- 
sammlung bereits  im  Vorjahre  besorgt  hatte,  hatte  auch  im  Laufe 
des  Berichtsjahres  wieder  die  große  Ereundlichkeit,  die  neu  hinzuge- 
kommenen Stücke  zu  untersuchen  und  einzuordnen. 

Trotz  dieser  Hilfeleistungen  ist  es  bei  der  großen  Anzahl  der 
vorhandenen  Objecte  nicht  möglich  gewesen,  die  Ordnung  derselben 
soweit  herzustellen ,    daß    das  Museum   schon   im  Laufe  des  Berichts- 


Botanisches  ISIusenm.  LIX 

Jahres  dem  Piil)]ikuin  zugänglich  gemacht  werden  konnte;  aber  die 
Aufstelhmg  ist  doch  znr  Zeit  dieser  Berichterstattung  so  weit  vorge- 
schritten, daü  die  Eröffnung  des  Museums  in  wenigen  Wochen  er- 
folgen wird. 

Obwohl  es  wiinschenswerth  gewesen  wäre,  die  Trennung  der  Aiiiii.iiuiigon 
einzelnen  Abtheilungen  in  der  im  vorigen  Jahresbericht  bezeichneten  '  ^'"^  ^"''^'^u^«'^- 
Art  und  Weise  aufrecht  zu  erhalten,  so  machten  doch  die  Ivaumver- 
hältnisse  eine  etwas  gedrängtere  Aufstellung  nöthig  und  es  wurden 
daher  die  im  vorigen  «lahresbericht  bezeichneten  ersten  beiden  Ab- 
theilungen vereinigt  in  eine  ..Abtheilung  für  allgemeine  wissen- 
schaftliche und  angewendete  Botanik".  Diese  Bezeichnung 
hebt  zugleich  die  'i'hatsache  hervor,  daü  es  den  hiesigen  Verhältnissen 
angemessen  erschien,  auf  wissenschaftlicher  Clrundlage  namentlich  auch 
die  Eohproducte  des  Handels  vorzuführen  und,  unterstützt  von  dem 
unten  näher  besprochenen  Laboratorium,  die  durch  das  Fehlen  eines 
Instituts  für  Waarenkunde  vorhandene  Lücke  cinigermaüen  auszufüllen. 
Auch  die  Droguen,  welche  bisher  als  pharmacognostische  Sammlung 
ein  abgetrenntes  Ganzes  darstellten ,  wurden  in  diese  Abtheilung  auf- 
genommen; aber  die  Rohstoffe  des  Handels  und  die  Droguen  bilden 
keine  eigenen  Unterabtheilungen ,  sondern  sind  mit  Rücksicht  auf  die 
wissenschaftliche  Anordinnig  an  den  gegebenen  Stellen  aufgestellt. 

Auch  die  Abtheilung  für  Pflanzenkrankheiten  und  Bildungs- 
abweichungen, sowie  diejenige  für  Pilze  lieü  nach  den.  vorhandenen 
Objecten  eine  Vereinigung  mit  der  land-  und  forstwirthschaftlichen 
Abtheilung  zu,  so  daü  das  gesammte  Listitut  zur  Zeit  folgende 
Abtheilungen  enthält : 

1)  Abtheilung  für  allgemeine  wissenschaftliche  und  angewendete 
Botanik. 

;2)  Abtheilung  für  Pflauzenkrankheiten  und  Pilze. 

:>)  Abtheilung  für  Algen. 

4)  Herbarium  generale. 

5)  Herbarium  Hand)urgense. 
0)  Das  Laboratorium. 

Die  letztere  Abtheilung  wird  am  Ende  des  Berichtes  eine 
gesonderte  Besprechung  finden;  die  Mittheiluugen  über  den  Stand 
der  übrigen  Abtheilungen  dagegen  sollen  im  Nachfolgenden  zunächst 
zusammengefaüt  werden,  namentlich  bezüglich  ihres  Zuwachses, 
welcher  im  Laufe  des  Berichtsjahres  in  Folge  mehrerer  Ankäufe 
folgender  war: 

1)  Die  pflanzlichen  Obiecte  der  argentinischen  Ausstel-         ^'™° 

■•■  t>  o  ^  Er\ve'rl)ung(ni 

lung,  welche  im  Monat  Juni  1S84  in  Bremen  stattfand.  Dieselben  auvch  .vukaui'. 


LX  Botanisches  Museum. 

bildeten  auf  der  genannten  Ausstellung  eine  eigene  große  Abtheilung 
und  enthielten  folgende  Gruppen:  a.  (Gartengewächse,  h.  In- 
dustrielle Pflanzen,  c.  Cerealien,  d.  Arznei-Pflanzen, 
e.  G  e r b  s 1 0  f f h al  ti  g  e  P f  1  a n  z e n  ,  f.  F  ar b  s  t o  f f h a  1 1 i  g e  P  f  1  a n  z  e  u, 
g.  Hölzer.  Es  ist  namentlich  den  Bemühungen  des  Don  Julio 
Victorica,  des  Chefs  des  landwirthschaftlichen  Departements  der  ar- 
gentinischen Pvepublik  zu  danken,  daü  diese  Sammlungen  eine  that- 
sächlich  sehr  bedeutende  Reichhaltigkeit  und  somit  eine  Vollständig- 
keit erhielten,  welche  sonst  wohl  schwer  zu  erreichen  gewesen  wäre. 
Mit  alleiniger  Ausnahme  der  Hölzer  waren  sämmtliche  Objecte 
in  zweckentsprechenden  (jlashäfen  oder  Flaschen  ausgestellt  und 
in  dieser  Form  auch  dem  botanischen  Museum  übergeben  worden. 
Die  „Gartengewächse"  enthielten  im  Ganzen  151  Nummern,  von 
denen  90  den  großen  Pteichthum  der  in  Argentinien  gebauten, 
verschieden  Phaseolus-  (Bohnen-)  Arten  und  Varietäten  derselben 
darthun.  Unter  den  „industriellen  Pflanzen"  ist  hervorzuhel)en 
Tabak  aus  den  Provinzen  Tucuman,  Corrientes  und  Santa  Fe, 
Baumwolle  von  Corrientes,  Salta  und  Jujuy,  Wallnuß  aus  den 
höher  gelegenen  Gegenden  von  Cordoba,  San  Luis,  Mendoza  und 
Tucuman,  Mandeln  von  Salta,  Cordoba,  Mendoza,  Senf  von 
Catamarca  u.  s.  w.,  Rhicinus  von  mehreren  Punkten  und  besonders 
die  sog.  Erdnuß  (Arachis  hypogaea),  welche  in  Santa  Fe,  Cordoba 
u.  s.  w.,  in  beträchtlicher  Menge  angebaut  und  zur  Bereitung 
feiner  Oele  nach  Frankreich  ausgeführt  wird.  Die  „Cerealien"  bilden 
ebenfalls  eine  sehr  umfangreiche  Collection,  in  welcher  ausser 
Weizen,  Eeis,  Mais,  Gerste,  Hafer,  Roggen,  auch  der  sogenannte 
Negerhirse  (Sorghum),  Buchweizen,  Hirse  u.  s.  w.  vertreten  sind. 
Die  „Arznei-Pflanzen"  umfassen  mehr  als  9JW  Nummern  und 
geben  uns  ein  deutliches  Zeugniss  von  der  reichen  Erfahrung  der 
Bewohner,  die  Pflanze  oder  einzelne  Theile  derselben  für  Heil- 
zwecke zu  verwenden.  Unter  den  „gerbstoffhaltigen  Pflanzen"  ist 
die  Anacardiacee  Quebrachia  Lorentzii,  im  Handel  als  Quebracho 
Colorado  bekannt,  als  weitaus  am  wichtigsten  hervorzuheben ;  außer- 
dem werden  noch  Duvaua  sinuata  (ebenfalls  eine  Anacardiacee), 
Sapium  aucuparium  (F^uphorbiacee),  u.  s.  w.  ihres  Taningehaltes 
wegen  sehr  geschätzt.  Die  „farbstoffhaltigen  Pflanzen"  bilden  eine 
Collection  von  etwa  40  Arten,  von  denen  besonders  der  Anil  (Indigo- 
fera  Anil)  zum  Blaufärben,  Algarobillo  (Prosopis  spec.)  zum  Schwarz- 
färben, Romerillo  (Heterothalamus  brunioidesj  zum  Gelbfärben  u. 
s.  w.,  eine  ausgebreitetere  Verwendung  finden.  Die  „Holzsaramlung" 
endlich,  welche    in     ]1)>^   Nummern    fast    150  verschiedene    Arten 


Botauisclies  Museum.  LXI 

aus  säniintlicheii  Proviuzcn  Argeiitinieus  enthält,  Aviderlegt  damit 
zugleicli  die  so  oft  hervorgehobene  Ansicht,  daß  die  La  Plata- 
Staaten  durch  die  Anuuth  der  Baumvegetation  characterisirt  sind.  — 
2)  Eine  ca.  200  Arten  enthaltende  Sammlung  chilenischer  Pflanzen, 
darunter  namentlich  Farne.  —  3)  Eine  Sammlung  von  etwa  50 
selteneren,  ostindischen  Gefäßkryptogamen,  darunter  z  B.  die  mor- 
phologisch interessante  Selaginella  pentagona  mit  den  Gallen.  — 
4)  Die  im  Laufe  des  Berichtsjahres  erschienenen  Lieferungen  der 
HerpelFscheu  Sammlungen  getrockneter  Hutpilze.  —  5)  Mehrere 
Pflanzenmodelle  aus  der  Fabrik  botanischer  Modelle  von  Robert 
Brendel.  —  ß)  Die  ersten  Lieferungen  der  Chr.  Jauch'schen 
Flora  artefacta.  —  7)  Einzelne  Objecte,  z.  B.  Pandanus-Frucht- 
stände  von  den  Fidji-Liseln  u.  s.  av. 

Einen  nicht  geringeren  Zuwachs  erhielt  das  Institut  durch 
Geschenke,  deren  große  Anzahl  nicht  gestattet,  jedes  einzelne  an  dieser 
Stelle  namhaft  zu  machen.  Die  größeren  CoUectionen  oder  wichtigeren 
einzelnen  Objecte,  welche  auf  diese  Weise  eingingen,  sind  folgende: 

1)  Eine  etwa  150  verschiedene  Arten  enthaltende  Sammlung  Oesciiouke. 
von  Hölzern  aus  dem  botanischen  Institut  zu  Tübingen,  z.  Th. 
noch  mit  Bestimmungen  von  H.  v.  j\Iohl;  durch  gütige  Vermittelung 
des  Herrn  Dr.  0.  Warlnof/  erhalten.  - —  2)  Eine  Collection  von 
Früchten,  Samen  u.  s.  w.  wichtiger  (Kulturpflanzen  Ceylons,  von 
den  Singhalesen  im  Laufe  des  Berichtsjahres  nach  Hamburg 
gebracht;  Geschenk  des  Herrn  Haf/anbecl,-.  —  Peinige  kleinere 
CoUectionen  von  Proben  der  gangbarsten  färb stoff haltigen  Roh- 
producte;  Geschenk  der  Adf'enr/esellschqft  für  FarhhoUfahricate  ^u 
Hamhurr/.  —  4)  Eine  Reihe  mophologisch-  und  pathologisch- 
interessanter Stammstücke ')  aus  den  Hamburgischen  Forsten,  auf 


')  Unter  dieser  am  18.  Mai  des  Berichtsjahres  dem  botanischen  Museum  zu- 
gegangeneu Sendung  befanden  sich  einige  Stammstücke  von  Larix  europaea, 
welche  sog.  Krebsstellen  enthielten.  Der  Verdacht,  daß  dieselben  auf  die 
Infection  von  Peziza  Willkonnnii  Hart,  zurückzuführen  seien,  musste  am 
22.  Mai  an  Ort  und  Stelle  leider  bestätigt  werden  und  hiermit  zugleich 
die  Thatsache ,  daß  der  ganze  Lärchenbestand  unrettbar  verloren  ist.  Es 
ist  also  dieser  gefährliche  Pilz  von  den  Alpen  nun  auch  bis  in  unsere  Ge- 
genden vorgedrungen  und  es  wird  zunächst  nicht  mehr  gelingen,  Lärchen- 
bestände  aufzuforsten.  Auch  da,  wo  man  versucht  hat,  Lärchen  mit  Kiefern 
gemischt  zu  Beständen  zu  vereinigen,  wie  z.  B.  in  dem  Langenhorner  Re- 
vier, zeigt  sich  die  verheerende  Wirkung  des  Tilzcs  bereits  bei  kaum 
10- jährigen  Pflanzungen,  so  daü  von  jedem  weiteren  Versuch,  Lärchen 
anzupflanzen,  als  einem  durchaus  vergeblichen,  abgerathen  werden  muß. 


IjXII  Botanisches  Museum, 

Veranlassung  der  Fiuaiizdeputatioii  niitgetlieilt  vuii  Herrn  Förster 
Leopoldt.  —  5)  Eine  Cüllection  hypogaeischer  Pilze;  Geschenk 
des  Herrn  Director  Dr.  Hesse  in  Marburg.  —  G)  Wichtige  und 
interessante  Pilzformen  der  Agaricus-  und  Polyporus-Gruppe  aus  der 
Umgegend  von  Hamburg;  Geschenk  des  Herrn  Dr.  med.  EkJtelbaum. 
—  7)  Eine  Sammlung  südAvestafrikanischer  Farne;  Geschenk  des 
Herrn  von  Föppinghcmsen.  —  S)  Die  von  Herrn  Dr.  Toeppen  im 
Winter  1883/84  in  Paraguay  gesammelten  pflanzlichen  Objecte; 
Geschenk  des  Herrn  Dr.  C.  Kraepelin.  —  9)  Eine  Sammlung  von 
Farnen  der  Insel  Madeira;  Geschenk  des  Herrn  Dr.  Traun.  — 
10)  Mehrere  Exemplare  der  Aeste  von  Mimosa  unguis  cati  aus 
Mexiko,  mit  höchst  eigenthümlichen,  in  der  Litteratur  bis  jetzt 
noch  nicht  beschriebenen  verholzten  Gewebewucherungen,  deren 
Bildung  höchst  wahrscheinlich  auf  einen  durch  Insectenstich 
hervorgerufeneu  Eeiz  zurückzuführen  ist;  Geschenk  des  Herrn 
Senator  Rapi).  - —  11)  Ein  Beispiel  der  Lianeneutwicklung  in 
Kanierun;  durch  gütige  Vermittelung  des  Herrn  Director  Dr. 
Brinhinan.ii  erhalten.  —  1:3)  Ein  völlig  ausgebildeter  sogenannter 
„Hexenbesen"  von  Fagus  silvatica'),  aus  Volksdorf;  Geschenk 
des  Herrn  W.  von  Ohlendorff.  —  \'.\)  Zwei  Fruchtstände  von 
Vanilla  planifolia,  aus  Bourbon;  (jescheiJc  der  Herren  Gehriider 
Sander  XacJiJ'.  ■ —  14)  Mehrere  fossile  Hölzer  und  Stammslücke; 
Geschenk  des  Herrn  Dr.  med.  C.  Kri'f/er.  -  15)  Mehrere 
Culturpflauzen  der  Tropen  in  l)lühenden  und  fruchttragenden 
Exemplaren,  wie  z.  B.  Arachis  hypogaea,  Guizotia  abyssinica 
Cass.  u.  s.  w. ;  Geschenk  des  Herrn  H.  Heyne.  —  IH)  Eine  reiche 
Collection  von  Frühlingsptlanzen ,  namentlich  Succulenten  der 
Umgegend  v(m  Florenz;  Geschenk  des  Herrn  Dr.  Ber<jeest  in 
Florenz.  —  17)  Eine  Sammlung  südtyroler  Pflanzen;  ebenfalls 
Geschenk  des  Herrn  Dr.  Benjeest.  —  18)  Eine  interessante 
Sammlung  südostaustralischer  Gefäßkryiitogamen ;  Geschenk  des 
Herrn    Professor   Dr.  Schomhuryl:   in    Adelaide.    —    18)    Ast-    und 


')  Bei  dieser  Gevvebewucherung  is(  es  dem  Refereiiteu  ebeufalls  gelungen,  als 
die  Ursache  derselben  einen  Pilz  zu  ermitteln,  dessen  Mycelium  in  den  Knospen 
überwintert.  Das  einzige,  bis  jetzt  beobachtete  Beispiel  dieser  höchst  eigen- 
artigen Bildung  ist  im  Z^ovember  des  Berichtsjahres  im  Vulksdorfer  Forst 
gefunden  worden,  aber  es  ist  leider  nicht  möglich  gewesen,  noch  ein  zweites 
Exemplar  aufzufinden,  um  an  demselben  die  weitere  Entwicklung  und  die 
Sporenbildung  des  (ju.  Pilzes  zu  untersuchen ;  nach  den  bisherigen  Beobach- 
tungen ist  es  indessen  unwahrscheinlich,  daß  der  qu.  Pilz,  wie  man  vermuthen 
sollte,  zu  der  Gattung  Exoascus  gehört  (man  vgl.  Band  1  dieser  Jahrbücher). 


Botanisches  Museum.  LXIII 

StaiiuDstiicko  von  Fichten,  Tannen,  Birken  u.  s.  w.  als  demon- 
strative Beispiele  einiger  gefährlicher  liaunikrankheiten  aus  den 
Forstrevieren  des  Fichtelgcbirges;  vom  Referenten  dem  Institut 
überwiesen. 

Das  Inventar  des  Laboratoriums  konnte  im  Laufe  des  Li'ixirainnum. 
Berichtsjahres  durch  die  Anschatfung  einiger  durchaus  nothwendigen 
Instrumente,  darunter  namentlich  zwei  Mikroskope,  vermehrt  werden. 
Die  Arbeiten,  welche  im  Laboratorium  ausgeführt  wurden,  erstrecken 
sich  auf  alle  Zweige  der  wissenschaftlichen  Botanik  und  waren 
zu  einem  Theile  hervorgerufen  durch  die  auf  den  Excursionen 
gemachten  Beobachtungen ,  zum  Theil  durch  einige  Fragestellungen, 
welche  bei  dem  Repetitorium  der  neueren  botanischen  Litteratur 
angeregt  worden  w^aren,  zumeist  aber  durch  Anfragen,  welche  von  außer- 
halb an  den  Referenten  gerichtet  waren.  Die  letzteren,  52  an  der  Zahl, 
wurden  erst  seit  Mitte  Mai  des  Berichtsjahres  notirt,  da  sie  von  da 
an  in  einer  merkbar  gesteigerten  Anzahl  erfolgten ;  es  ist  daher  nicht 
möglich,  dieselben  au  dieser  Stelle  durchweg  zu  specialisiren.  Die 
dadurch  erforderlich  gewesenen  Arbeiten  waren  aber  zu  einem  großen 
Theile  in  der  That  recht  zeitraubend,  namentlich  z.  B.  mehrere 
Untersuchungen  über  Krankheitserscheinungen  einiger  Culturptlanzen, 
ebenso  auch  einige  von  der  Staatsanwaltschaft  eingeholteSachverständigen- 
Gutachten  über  die  pÜanzlicheu  Bestandtheile  anscheinend  vergifteter 
Speisen  ;  vor  Allem  aber  die  Untersuchungen  über  Droguen  und  Roh- 
producte  des  hiesigen  Handels,  welche  sich  z.  Th.  auf  bis  jetzt  gänzlich 
unbekannte  Pflanzen  oder  Pflanzentheile,  Früchte,  Samen,  Blätter, 
Hölzer,  Rinden  oder  Wurzeln,  zum  Theil  auf  die  Bestimmung  und 
Untersuchung  bereits  bekannter  PÜanzenarten  bezogen. 

Im    Laufe    des    Berichtsjahres    werden    von    dem    Referenten    voriesungeu 
folgende   Vorlesungen  gehalten: 


im 

Lalxircitorium. 


Im  Sommer  Semester   1S84: 

1)  Biologie  der  niederen  Pilz-  und  Algenformen. 

2)  Mikroskopisches  Practicum.  a.  Anleitung  zu  mikroskopischen 
Arbeiten  aus  dem  Gesamratgebiete  der  wissenschaftlichen  Botanik, 
b.    Einführung  in  die  technische  Mikroskojne. 

0)  Botanische  Excursionen. 

Im  Wintersemester   1884/85. 

1)  Repetitorium   der  neueren  botanischen  Litteratur. 

3)  Mikroskopisches  Practicum  (wie  im  Somniersemester). 
3)    Botanische  Excursionen. 


LXIV  Botanisches  Museum. 

Das  mikroskopische  Practiciim,  welches  zum  Theil  mit  Rück- 
sicht darauf  erweitert  worden  war,  daß  unter  Anderen  auch  Studirendeu 
der  Medicin  uud  Naturwissenschaften  während,  der  verhältnißmäßig 
langen  Ferienzeit  Gelegenheit  gegeben  werde,  die  während  der  Univer- 
sitätsvorlesuugen  nicht  immer  bequem  zu  besuchenden,  wohl  aber  sehr 
zeitraubenden  Hebungen  in  der  Anwendung  des  ]\Iikroskopes  gewisser- 
maßen nachzuholen ,  fand  —  außer  am  Mittwoch  —  täglich  etwa 
4  stündig  statt.  Der  Besuch  vertheilte  sich  nach  den  einzelnen  Ständen 
in  folgender  Weise:  5  Candidaten,  resp.  Studirende  der  Medicin  und. 
Naturwissenschaften,  2  Chemiker.    1  Beamter,   1   Arzt  und  a  Kaufleute. 


Die  Vögel  Süd- Georgiens, 


nach  der  Ausbeute 


der  deutschen  Polarstation  in  1882  und  1883. 


Von 


Prof.  Dr.  Pagen stec lief 


Mit    oinor    Tafel    in    Farbondrueko 


1 'ie  von  der  deutschen  Expedition  auf  Süd -Georgien  an 
der  Royal-Bai,  54"  31'  S.  B. ,  8G"  5'  W.  L.  Gr.,  während  eines 
Aufenthaltes  vom  21.  August  1882  bis  5.  September  1883  gesammelten 
Thiere  sind  von  der  deutschen  Polar-Commission  dem  Natur- 
historischen  Museum  der  Stadt  Hamburg  in  1884  in  dankens- 
Avertliester  Weise  überlassen  worden,  zunächst  damit  in  unserem 
Museum  eine  vollständige  Vertretung  aufgestellt  werde. 

Diese  Aufstellung  ist  für  die  Wirbelthiere  in  der  Hauptsache 
in  1884  zum  Abschluss  gekommen.  Zurück  ist  nur  ein  Seeleoparden- 
skelet,  Bruchstücke  von  Seeelephantehskeleten,  einiges  Material  an 
Vögeln  in  Spiritus  zur  Bereitung  von  Skeleten  und  Eingeweide- 
präparaten. 

An  Säugethieren  sind  überhau])t  nur  die  genannten  zwei  Robben- 
arteu  gefunden  worden,  indem  die  Ohrenrobben  jenes  Gebiet  verlassen 
zu  haben  scheinen.  Die  wenigen  aber  sehr  interessanten  Arten  von 
Eischen  zu  beschreiben,  hat  Herr  Dr.  /.  G.  Fischer  übernommen.  Die 
nach  der  Zald  der  Arten,  freilich  nicht  der  neuen,  reichste  Ausbeute 
hahen  die  Vögel  geliefert. 

Von  der  ornithologischeu  Sammlung  konnten  somit  auch  der 
Naturhistorischen  Gesellschaft  in  Dan  zig,  welche  allein  aus  ihren 
Mitteln  zu  den  Kosten  der  I']xpeditiün  beigetragen  luitte,  12  Vogel- 
bälge von  10  Arten  aus  den  Doubletten  als  Geschenk  der  Polar- 
kommission abgegeben  werden,  ebenso  an  Herrn  Professor  Bern  in 
Breslau,  welcher  auf  Sammlung  von  ^'ogelembryonen  besonders 
hingewiesen  hatte,  deren  25;  käutlich  abgegeben  Avurden  an  das  K. 
Museum    zu    Berlin    dort    erwünschte    10  Vogelbälge    von   10  Arten, 

1* 


Eiulfituiip 


4  Pageusteclier,  Vogel  Süd-Gcorgieus. 

auch  ein  Seeleopard,  au  eiueu  Häudler  4  Bälge  vom  Köuigspiuguin 
uud  au  die  Museeu  vou  Berlin  und  Wiesbadeu,  sowie  an  mehrere 
andere  Käufer  im  ganzen  39  Eier.  Von  den  nach  Berlin  gegebenen 
Doubletten  hat  unterdessen  Herr  Cahanis  den  Anthus  als  eine  neue 
Art  A.  antarcticus  beschrieben  ').  Die  Eier  befanden  sich  mit  Aus- 
nahme derer  von  Pygoscelis  papua  Scop.  meist  in  schlechtem  Stande. 
Einen  Seeelephant,  2  Seeleoparden  und  etwa  50  ausgestopfte 
Vogel  konnten  wir  bereits  im  Juli  1884  gelegentlich  der  von  der 
zoologischen  Gesellschaft  eingerichteten  imposanten  Wal- Ausstellung 
zu  einem  Thierbilde  vereinigen,  Avelches,  mit  dem  auf  Grund  der 
Originalaufnahmen  des  Herrn  E.  MosfJiaff  naturwahr  ausgeführten 
Hintergrunde  von  vergletscherten  zur  Royal-bai  abfallenden  Gebirgen, 
einen  ausgezeichneten  Mittelpunkt  jener  Ausstellung  bildete.  Man 
hatte  dazu,  von  der  trockenen  Aufstellung  systematischer  Museen 
etwas  absehend,  die  Erscheinungen  des  Thierlebens  durch  lebhaftere 
Stellungen  in  Gruppen  und  die  im  Heranwachsen  eintretenden  Ver- 
änderungen des  Gefieders  durch  Präpariren  der  Nestlinge  und,  Aveil 
deren  wenige  waren,  auch  dem  Ausschlüpfen  ganz  nahe  stehender 
Embryonen  dargestellt.  Es  sind  seitdem  noch  einige  interessante  Nest" 
liuge  hinzugekommen,  so  dass  das  Museum  in  dieser  Abtheilung  um 
etwa  GO  ausgestopfte  Vögel  von  22  Arten,  um  2o  Eier  von  14  Arten 
nebst  einem  Neste  und  um  mehrere  Serien  von  Embryonen  vermehrt 
worden  ist. 

Eür  die  ausserordentliche  Bereicherung,  welche  dem  Museum 
schon  aus  dem  hier  Angezeichneten  erwachsen  ist,  geziemt  es  sich  an 
dieser  Stelle  den  schuldigen  Dank,  wie  der  Polarkommission,  so  auch 
den  Herrn  auszusprechen,  welche,  der  Station  auf  Süd-Georgien  au- 
gehörend, unter  sehr  schwierigen  Umständen  so  reiche  Sammlungen 
angelegt  und  glücklich  heimgebracht  und  so  die  Möglichkeit  geschaffen 
haben,  in  einem  deutschen  Museum  für  lange  Zeit  die  faunale  Be- 
schaffenheit jeuer  merkwürdigen  Insel  durch  Originalstücke  zu  doku- 
mentiren.  Wenn  auch  alle  Mitglieder  der  Expedition  Hand  geliehen 
haben,  so  ist  doch  die  an  den  Sammlungen  niederer  Thiere  in  noch 
höherem  Grade  zu  erkennende  Sorgfalt  und  Geschicklichkeit  des  die 
Expedition  als  Arzt  begleitenden  und  bei  ihr  die  Zoologie  vertretenden 
Herrn  Dr.  r.  d.  Stehlen  vorzüglich  hervorzuheben. 
AUgemeines  Eine    gewisse    Beklemmung    verursachten    für  die  uachfolgende 

üiier  die  Ornis  ßßgßjjj.gi}ji^,jjg    ^[q    Zweifel,    wie    weit    man    in    der  Artunterscheidung 

Süd- GeorgieiLS.  i       .        n  n    ■,  tt  r  r^  1       •  •  1 

gehen  und  Anderen  lolgen  solle.     Im    Ganzen    scheint   mir,    es   werde 


1)   Journal  f.  Ornithologie  1884    32.  p.  254. 


Pagenstecher,  Vöopl  Süd-Georgiens.  5 

die  Bereiclierung  unserer  Kenntnisse  eher  dahin  führen,  die  Arten 
grade  antarktischer  Vögel  zu  vermindern.  Ks  heruht  die  (Ueich- 
artigkeit  der  Ornis  antarktischer  Gebiete  auf  älnilichen  Bedingungen, 
Avie  sie  für  gewisse  arktische  Landthiere  gelten.  Was  von  scharfer 
Unterscheidung  festgestellt  werden  kann  und  der  Ornis  von  Süd- 
Georgien  einen  bestimmten  örtlichen  repräsentativen  Charakter  giebt, 
hat  ein  hervorragendes  Interesse.  Aber  selbst  bei  dem  reichsten 
Materiale  findet  eben  diese  Feststellung  Schwierigkeiten,  grössere  bei 
der  doch  nur  massigen  Anzahl  von  aus  Süd-Georgien  gebrachten 
Individuen  und  deiu  mittelmässigen  Vergleichsmateriale  unseres  Museums. 
Wir  haben,  auch  wo  einige  Erwägungen  gemacht  werden  konnten,  uns 
selbst  der  Aufstellung  neuer  Arten  enthalten  zu  können  geglaubt.  Das 
Wenige,  was  wir  über  von  Anderen  aufgestellte  zweifelhaften  Werthes 
sagen  kcinneii.  mag  an  den  betreffenden  Stellen  gelesen  werden. 

Die  Expeditionen,  welche  1874^1 875  zur  Beobachtung  des  VorgiiMch  mit 
Venusdurchgauges  nach  Kerguelen  gemacht  worden  sind,  haben  '^'"'"»'■i''"- 
eine  reiche  Vogelausbeute  von  jener  Insel,  von  welcher  einiges  schon 
durch  ältere  Besucher  bekannt  war,  mitgebracht.  Diese  bildet  durch 
ihre  Vollständigkeit,  sowie  wegen  der  ähnlichen  antarktischen  Lage 
und  Beschaffenheit  der  zwei  Länder  jedenfalls  das  beste  Vergleichs- 
material. Indem  wir  die  Ausbeute  von  Süd-Georgien  mit  der  von 
Kerguelen  tabellarisch  zusammenstellen,  lassen  wir  in  der  Tabelle 
die  von  den  Beschreibern  jener  Expedition  gemachten  Artunterschei- 
dungen bestehen,  uns  ihnen  bestmöglichst  anschliessend.  Wir  wollen 
al)er  die  Meinung  nicht  verhehlen,  dass  grade  eine  Vereinfachung  der 
drei  Listen  von  Kerguelen,  soweit  zulässig,  den  vergleichenden 
Ueberblick  verbessern  würde. 

Die  Tabelle  weist  nach,  dass  auf  den  zwei  Inseln  des  von 
b(isesten  Unwettern  durchfurchten  antarktischen  Meeres  42  Vogelarten 
erlegt  wurden ;  davon  geliören  20  zu  der  Familie  der  Sturmvögel,  7  zu 
der  der  Pinguine,  je  4  zu-  der  der  Möven  und  der  der  Albatrosse, 
B  zu  der  der  Pelekaniden,  eine  zu  der  der  Enten,  diese  39  Arten  also 
sämmtlich  zur  Ordnung  der  Schwimmvögel.  Die  in  2  Arten  vertretene 
Gattung  Chionis  ist  neuerdings  neben  die  Charadriaden  gestellt 
worden  '),  verträgt  sich  aber  ähnlich  gut  mit  dem  Wasser  wie  Wasser- 


•)  Vergl.  Dr.  Anton  Reichenow,  Osteologie  von  Chionis  minor  und  Stellnng 
der  Gattung  im  System.  Journal  f.  Ornithologie  1876.  24.  p.  84.  Kidder 
macht  daraus  ciuc  besomlcre  Ordnung  der  Chi  on  omorph  ae  zwischen 
Chauidrindcn  und  Cccomorphcn,  welch'  letztere  die  Sturmvögel,  Möven, 
Tauclicr,   A!k(^   enthalten    und    welchen    die    Pin<Jfuine   zuniiclist    stehen. 


6  Pagenstecher,  Vögel  Süd-Georgiens. 

liühner.  Eine  einzige  slidgeorgisclie  Art  ist  ein  Laiidsingvogel,  immerhin 
aiicli  noch  den  Strand  liei)ond  und  für  die  Winternahruiig  von  ihm 
abhängend.  Neben  ihm  sind  die  Seeschwalben,  welche  überhaupt 
Insektennahrnng  gerne  nehmen,  noch  am  meisten  auf  das  Land  ange- 
Aviesen.  Für  die  übrigen  hat  dieses  nur  den  Werth  der  Stelle  zum 
Rulien  und  Brüten  und  den,  dass  das  Meer  am  Strande  in  seinem  Aus- 
wurf allerlei  Nahrung  zuriicklässt.  Die  Ente,  obwohl  eigentlich  eine 
Süsswassereute,  muss  doch  auch  wegen  der  Beschränkung  der  süssen 
Gewässer  ihre  Nahrung  meist  an  den  Klippen  suchen  und  verrätli  im 
Winter  durch  den  Thraugesclimack  die.-e  Lebensweise. 

Li  der  Tabelle  ist  das  Vorkommen  des  Vogels  durch  *  l)ezeichnet. 
Ist  sicher  gestellt,  dass  der  Vogel  gebrütet  hat,  wenn  auch  nicht 
immer  durch  mitgebrachte  Eier,  so  ist  das  durch  **  angezeigt.  Unter 
CotU'S  stehen  die  aus  den  ,,Contril)utions  to  the  natural  history  of 
Kerguelcn  Island,  made  in  connection  with  the  American  Transit  of 
Venus  Expedition  1874,  liy  J.  IL  Kidder,  Ornithology  liy  A.  Pllliott 
Coues ,  Oology  l)y  Kidder  and  Couos,  Smithsouian  miscellaneous 
collcctions  XIII,  1878"  entnommenen  Resultate,  unter  Sharpe  die  aus 
dem  ,, Account  of  the  petrological,  botanical  and  zoological  collcctions 
made  in  Kerguelen's  Land  and  Rodriguez  during  the  Transit  of 
Venus  expeditions  1874  — 187'),  Birds  by  B.  B.  Sharpe,  Eggs  by 
Howard  Saunders,  Philosophical  Transactions  1874  vol.  1G8,  Extra- 
volum"; unter  (Jahanis  die  aus  .,Cal)anis  und  Reichenow  Uebersicht 
der  auf  der  Exjjedition  Sr.  Maj.  Schiff  (Jnzelle  gesammelten  Vögel, 
Cabanis  Journal  für  Ornithologie  187G  ]).  84",  sowie  ,, Aufzählung 
der  V(")gol  Kergnelens  und  Beschreilning  der  neuen  Arten  ibid. 
1875   p.    450". 

Von  den  4:2  Arten  sind  37  auf  Kerguelen  gefunden  nnd  das 
Brüten  daselbst  ist  für  '24  sicher  gestellt  worden,  Avährend  auf  Süd- 
Georgien  nur  22  Arten  erlegt  und  das  Brüten  von  18  sicher  ge- 
stellt wuirde. 

Dabei  ist  jedoch  zu  bedenken,  dass  auf  Kerguelen  drei  Ex- 
peditionen gesammelt  haben  und  zwar  in  der  Brütezeit,  so  dass  der 
längere  Aufenthalt  der  deutschen  Expedition  auf  Süd-Georgien  das 
nicht  ausgleicht.  Diejenige  Expedition,  welche  für  sich  auf  Kerguelen 
am  meisten  Vogelarten  erlegt  hat,  die  englische,  übertrifft  mit  31  schon 
weit  weniger  Süd-Georgien  als  das  alle  zusammen  (hun. 

Zweitens  ist  zu  bedenken,  dass  die  Süd -Georgia- Expedition, 
weil  das  Schiff  sie  aussetzte  und  am  2.  Septend)er  verliess,  sehr 
geringe  Ilülfsmittel  hatte,    während   die  Schwierigkeiten,  das  Feld  der 


Pagenstecher,  Vnoel  Siul-Geoigiens.  7 

Untersuchungen  auszudelmon,  duich  die  Tlnwegsamkeit  des  Strandes  und 
Hinterlandes  und  den  unruhigen  Charakter  des  Meeres  sehr  grosse 
waren.  Aucli  waren  die  Aufgahen  für  alle  Mitglieder  eigentlich  andere 
als  das  zoologisclic  Sammeln.  So  konnten  vereiuzelt  auf  der  Insel 
hriitende,  sie  hesuchende,  oder  über  ihren  Gewässern  streichende, 
namentlich  nächtliche  Vögel  leicht  dieser  Expedition  entgehen.  Es 
kann  dcshah  auf  das  Eehlen  gewisser  Vögel,  namentlich  der  Aestre- 
lata- Arten,  mehrerer  Diomedea-Arten,  des  Eregattvogels  nicht  voll 
ständig  der  Werth  gelegt  werden,  Avelcher  sonst  darin  liegen  würde. 

Drittens  scheint  ein  Thcil  des  Uehcrgewichtes  von  Kerguelen 
auf  eine  nicht  sehr  berechtigte  Artenabsonderung  geschoben  werden 
zu  dürfen,  l)esonders  in   der  Gattung  Prion. 

Einen  Vortheil  Init  die  Süd-Georgia-Expedition  durch  ihr  längeres 
Wrweilen  gehabt,  den,  von  Nestlingen  nnd  jungen  \  (igcdn  mehr  lie- 
obachten   zu   kiinnen. 

In  der  Verschiedenheit  der  Vögel  von  Kerguelen  und  Süd- 
Ge Orgien  spielt  die  Repräsentanz  durch  nahe  Verwandte  eine  ge- 
Avisse  Rolle.  Elf  auf  Kerguelen  brütend  angegebene  Arten  sind 
von  Süd-Georgien  überhaupt  nicht  gebracht.  Fünf  davon  sind, 
wenn  überhaupt  zur  Artunterscheidung  berechtigt,  dnrch  nächste 
Verwandte  vertreten.  Die  übrigen  sind  mit  Ausnahme  einer  Pinguinart 
hoch-pelagische  Vögel,  welchen,  falls  sie  auch  Süd- Georgien  nicht 
ganz  vermeiden,  doch  Kerguelen  in  mehreren  P»ezieliungen  günstiger 
sein  mag,  ein  wenig  näher  den  gemässigten  Breiten,  wärmeren  Meeren 
gegenüber  und  grösser.  Während  Kerguelen  srimit  mehr  eine  all- 
gemeine pelagische  Brutstätte  zu  sein  scheint,  hat  Süd -Georgien 
durch  seinen  Pieper  und  seinen  Schneestnrmvogel  mehr  einen  be- 
sonderen lokalen  Ausdruck,  und  hängt  sieh  mit  diesem  an  die  Süd- 
spitze Amerikas  und  die  Ealklandsinseln.  Vielleicht  stellt  das  härtere 
Klima  von  Süd-Georgien  die  Brütezeit  ein  wenig  später,  Avas,  wenn  es 
sich  genau  bestätigen  lässt,  Tast  nothwendig  eine  Einengung  der  Ornis 
mit   sich  Ijringen  würde. 

Ergänzende  Bemerkungen  über  Leben  nnd  Brutgeschäft  konnten 
wir  den   schönen  Mittheilunsien  des  Herrn  Dr.    117//  entnehmen.  ') 


')  Die  Insel  Süd -Georgien.  Mittheiluugen  V(in  der  dentscheii  rolarstation 
daselbst  1882,83.  Von  K.  Mostliaff  und  Dr.  II.  Will.  2.  Das  Exkursions- 
geViiet  der  deutschen  Polarstation  auf  Süil  -  Georgien  in  geognostischer, 
floristiseher  und  launistischer  Beziehung  von  Dr.  IL  NVill.  Deutsehe 
Geogni).his(li('  DÜitter   1SS4.  VII.   II.   2.   p.    IIG. 


Pagensteoher,  Vöo-cl   Süd-Georgiens. 


Vergluichcnde 
Tabelle. 


PI 

Kerguel en 

o 

N 

CD 

im  Einzelnen  nach 

■^           a,         s 

«j                  t.                B 

a     ?    a 

1 

Aüthus  autarcticus  Cab 

*      * 

2 
3 

4 

Chionis  alba  Gm 

*      * 

*     * 

*  * 

*     * 

Chiouis  minor  Hartl 

* 

Querquediila    Eatoni    Sharpe    (Ker- 

5 

guelensis  Clarke) 

*      * 
* 

*  * 

*  * 

*  * 

*  * 

■■):          * 
* 

*    * 

/ 

Eudyptes  chrj'^solophus  Brandt 

*    * 

6 

Eudyptes  diadematus  Gould  ') 

* 

7 

Eudyptes  chrysocome  Forst 

* 

* 

8 

Eudyptes  saltator  Stepli 

*     * 

*          * 

Piii,j;iiiiie  / 

0 

Pygoscelis     papua     Scop.    (taeniata 

10 

Peale) 

*  * 

*  * 

*      * 

*  * 

:H          * 

*    * 

Pygoscelis  antarctica  Forst 

11 

Aptenodytes  bmgirostris  Scop.  (Pen- 

12 

nanti  Gray) 

*          * 

*  * 

*  * 

*  * 

*  * 

* 

Pelecanoides  ui-iualiix  Gm.  2) 

* 

13 
14 

15 

Puffinus  Kuhlii  Boie  •*) 

*          * 

* 

*  * 

*  * 

*  * 
* 

* 

*         * 

1 

Procellaria  Nereis  Gould      

* 

Oceanites  oceanica  Kubl  ■•) 

IT) 

Oceanites  tropica  Gould 

* 

* 

17 

Oceanites  melanogastra  Gould 

■1-          * 

* 

* 

j 

18 

Ossifraga  gigautea  Gm.  ■'■)   

*          * 

*     * 

■jf  * 

* 

* 

Stunn-    j 

1 

19 
20 
21 

22 

Tlialassoica  tenuirostris  And 

Aestrelata  Lessoui  Garnot 

Aestrelata  mollis  Gould 

Aestrelata  Kidderi   Coues    (?  :grisea 
Kühl) 

* 

*  * 
* 

*  * 

*  * 

*  * 

* 

*         * 
* 

* 
* 

/ 

23 

Aestrelata    Itrevirostris    Less.     (ma- 

f 

24 

cropterus  Smith) 

*  * 

*  * 

*  * 

*  * 

*  * 

Halobaena  coerulea  Gm 

25 

Pagodroma     nivea     Gm.      (Novege- 
orgica  ?)  

Transport. . .  . 

*          * 

13.11 

20.  14 

12.11 

17.10 

12.3 

Anmerkungen  ')    Die  Amerikaner  erhielten  zwar  Nachricht,  dass  dieser  Vogel  auf  Kerguel  en 

zur  Tabelle.  niste,  fanden  ihn  aber  selbst  nur  auf  Herd's  Insel. 

''^)    Für  Süd -Georgien  iu  dem  als  Varietät  anzusehenden  P.  Berardi. 

•')    Auch  die  Amerikaner  lieoltachteten  einen  Puffinus,  alier  ohne  ihn  bestimmen 
zu  können. 

■*)    Die  Amerikaner  sahen  selbst  das  Ei   nicht;    sie  sprechen  nur  von  dem  von 
jNIr.  Edfon. 

•')    Die  Ameiikaner  sahen  zwar  nicht  das  Ei,  aljer  das  Dunenjunge. 


Pao:ensteclier,  Vögel  Süd-Georgions. 


Sfiinn- 
vöücl 


All>ati'ossft< 


Möveii  1111(1 
sclnval  1)011 


Pcl<'- 
kaiiiden 


Trauspoi  t    .  .  . 

Daption  capense  L.  ') 

Majaqueus  aequinoctialis  L 

Prion  vittatns  Forst.  '^) 

Prion  turtur  Smith 

Prion  ariel  Gonld  •*)    

Prion  desolatus  Gm.  ^) 

Diomedea  exnlans  L 

Dioiiiedea  melanoplirys  Temm 

Diomedea  cvilminata  Gonld 

Diomedea  fiüiginosa  Gm 

Stercorarins  (iNIegalestris)  antaretieus 

Less 

Larns  Dominieanus  V, 

Sterna  vittata  Gm.  ■') 

Sterna  virgata  Gab 

Plialacroeorax      eariinrnlatns      Gm. 

(all)iventer  Less.)  ") 

Plialacroeorax  verrucosus  Cal).   .  .  . 
Tachypetes  aijuilns  L 


Kerguelen 


Vcrgleichonde 
Tabelle. 


■A 

im  Einzelnen 

N 

a 

4) 

CS 

o 

^ 

CD 

«J 

e 

a 

Cl 

o 

cc 

o 


la.  11 


20.14 


12.11 


17. 


10  12  3 

* 


22.  Is'sT.  24  21.  19'31.  17  25.5 


Im  Einzelnen  is^t  Folgendes  zu  bemerken. 

Der  auf  Süd -Georgien  gefundene  und  von  der  P^xpedition  als 
correudera  V.  bezeichnete  Pieper  ist  ein  besonders  grosser  Pieper, 
grösser  als  die  gewöhnlichen  Wasserpieper,  sehr  ähnlich  dem  in  Pa- 
raguay und  auf  den  Falklan  sinseln  heimischen  Anthus  correudera 
Vieillot.    Cahams  hat,  wie  oben  bemerkt,  ihn  alsbald  unter  dem  Namen 


Anthus 
antarclicns. 


>)    Von   den   Amerikanern   nur   gesehen,    nicht    erlegt,      ^\"ül   sagt:    „vielleicht    Anmerkungen 
brüteten    sie    auch    auf   der    Insel    (Sü  d- G  cor  gi  en  )  ".      Stwler    führt   von     zur  Tabelle. 
Kerguelen  noch  Procellaria  (Daption)  atlantica  Gonld  au. 

2)    Die  Engländer  fanden  nur  den  Kopf  im  Magen  des  Riesensturmvogels. 

•')    Nach  Sharpe  ist  Prion  ariel  nur  der  unerwachsene   P.  turtur. 

■")    So  ist  nach  Sharpe  auch  Prion  desolatus  identisch  mit  P.  turtur. 

■•)   Ist  nicht  albistriata  Gray.    Nach  Shnrpe  ist  St.  vittata  bei  Goues  =  St.  virgata. 

^)    Die    Nester    auf    S  iid  -  G  c  o  r  gi  en    waren    unzugänglich;     man     sah    a1)er 
die  Jungen. 


IQ  Pagenstecher,  Vögel  Süd-Georgiens. 

Anthus  an tarcticiis  als  neue  Art  mit  folgender  Diagnose  beschrieben: 
„Hat  die  Grfjsse  der  Feldlerche  und  ist  einer  der  grössten  Pieper. 
Er  ist  durch  seine  Grösse,  durch  die  starken  Tarsen  und  langen 
Zehen,  sowie  durch  die  stärker  markirten  längeren  dreieckigen  Schaft- 
flecke an  der  Brust  und  an  den  Weichen  auf  den  ersten  Blick  von 
seinen  nächsten  Verwandten ,  A.  corrcndera  Vieill.,  furcatus  Orb.  und 
Bogotensis  Sei.  zu  unterscheiden.  Die  äusserste  Steuerfeder  ist  jeder- 
seits  an  der  Aussenfahne  und  längs  des  Schaftes  der  Innenfahne  weiss. 
Der  Spitzentheil  desselben  an  der  Aussenfahne  dunkel,  an  der  Innen- 
fahne weiss.  Alle  übrigen  Steuerfedern  ohne  weisse  Färbung.  Unter- 
schwanzdecken an  der  ßasalhälfte,  sowie  ein  Schaftstrich  an  der  Spitze 
derselben  duidvelbraun."  Die  dann  gegebenen  Masse  des  nach  Berlin 
abgegebenen  Männchens  stellen  wir  mit  denen  eines  Weibchens 
(vgl.  Fig.  1)  und  eines  jungen  Männchens  zusammen  und  lassen  im 
übrigen  das  jener  Beschreibung  zuzufügende  folgen: 

n.lt.  Miiniidi.  alK   Woilteh.  jung.   Mäiinch. 

Long,  tot cm.  18,0  17,2  15,7 

ala „  S,r,  8,2  7,9 

cauda 7,3  7,0  G,3 

rostrum „  1,5  mutil.  1,4 

tarsus „  2,3  2,2  2,1 

hall.   c.  ung „  2,4  2,3      sine  ung.    1,0 

uug „  1,2  1,3  mutil. 

dig.   med.   c.  ung.  .     .   „  2,3  2,2  2,0 

Flerr  Calauis  hat  demnach  ein  besonders  grosses  Exemplar 
bekommen. 

Die  Abbildung  von  Bogotensis  ')  giebt  dieser  Art  übrigens 
nicht  minder  starke  Tarsen  als  unsere  Exemplare  des  antarcticus 
haben.  Der  Schwanz  ist  jedenfalls  im  Vergleiche  mit  correndera,  -') 
welchem  durch  den  goldbraunen  Grundton  des  Federkleides  dieser 
Piper  nahe  steht,  der  am  meisten,  verschiedene  Theil.  Bei  dem  jün- 
geren Thiere,  bei  welchem  der  Grundton  des  Gefieders  mehr  blassfahl- 
brauu  sich  zeigt,  die  Brustfleckeu  kleiner  sind,  ist  auch  diese  Ver- 
schiedenheit etwas  geringer.    Der  schwärzliche  Fleck  an  der  Spitze  der 


')  Proceedings  of  tlie  Zoological  Society  of  London  Illnstrations  1855—60 
Aves  pl.   101. 

2)  Tableau  encyclopediqnc  et  mL'tliodique  des  trois  regnes  de  la  nature.  Or- 
nithologie ])ar  Bonnaterre  et  continuee  par  Vieillot  I.  1823  p.  325.  Le 
Pipi  correndere   (Alondra  correndera  de  M.  de  Azara). 


Pagciisteclier,  Vögel  Süd-Geor<iieas.  11 

äussersten  Schwanzfeder  greift  über  den  Schaft  hinüber  auf  die  Iiinon- 
falnic,  ist  aber  vom  weissen  Saume  gän/licli  eingefasst.  Die  zweite 
Schwanzfeder  kommt  durcli  den  weissen  Ausseusaum  und  Randsaum 
der  äussersten  nahe;  auf  einer  Seite  hat  auch  ihre  Innenfahne  nocli 
einen  fast  1  cm  langen  weissen  Stricli  nel)en  dem  Scliaft.  iJei  der 
diitten  Scliwanzfeder  ist  noch  die  Spitzenumrandung,  übrigens  bei  ihr 
und  den  übrigen  der  Aussensaum,  bei  der  sechsten,  aufliegenden  auch 
der  Innensaum  licll.  Audi  die  Unterarmschwingen  sind  aussen  und 
innen  liell  gesäumt.  Diese  jungen  Thierc  sind  dem  Anthus  campestris  L. 
zum  Verwecliseln  ähnhch,  doch  sind  Kehle  und  Bauch  fleckig  und  es 
ist  im  Getieder  etwas  mehr  rothl)raun,  z.  B.  an  den  Hosen.  Sie  sind 
auch  nur  wenig  stärker.  Die  Mittelfedern  des  Schwanzes  sind  beim 
jungen  Männclien  etwa  P>  mm ,  beim  alten  Thierc  um'  sehr  Avenig 
kürzer  als  die  äusseren.  Das  erwachsene  Weil)chen  ist  dem  Männchen 
gleich.  Im  Vergleiche  greift  l)ei  Anthus  correndera,  mit  welchem  die 
schwarze  Mitte  der  Federn  bei  goldbra,unen  Itändern  am  Kopf  und 
Rücken,  die  feine  Säumung  der  Schwungfedern  und  das  weissliche  Kinn 
sehr  gut  stimmen,  das  Weisse  am  Schwanz  weiter  einwärts  und  die 
Schwanzmittelfedern  sind  länger.  Bei  Bogotensis  fehlen  die  grossen 
Brustflecken.  Im  Ganzen  sind  diejenigen  Eigenschaften,  welche  sich 
im  Heranwachsen  kräftiger  entwickeln,  bei  A.  antarcticus  mehr  ausge- 
prägt, wie  das  bei  vorn  Aequator  sich  weiter  entfernenden  Formen 
der  Fall  zu  sein  pflegt. 

Bei  den  Eiern  der  Pieper  kommt  liekaimtlich  manche  Varia- 
bilität vor.  Die  von  A.  correndera  werden  von  Vicillot  beschrieben  als 
Aveiss  mit  rothen  Punkten  am  dickereu  Ende.  Das  einzige  vom  Anthu.s 
von  Süd-Georgien  bekannte  hingegen  ist  trüb  graugrün,  dicht  bedeckt 
mit  schmutzig  rothbraiinen  Strichen  und  Flecken,  2:3  mm  lang,  17  mm 
breit  (vgl.  Fig.  2).  In  der  Gr/isse  kommt  es  unter  den  in  unserem  Museum 
vertretenen  dorn  \'ou  Anthus  australis  Gould  am  nächsten.  Dieses  ist 
aber  spitzer  und  viel  heller.  Die  von  A.  campestris,  arboreus,  ai^uaticus, 
von  welchen  wir  nur  dunkle  Eier  haben,  sind  alle  kleiner,  minder 
grün,  mehr  in"s  Grauröthliche.  Das  Nest,  nach  117//  zwischen  dem 
Toussokgras,  aus  trocknen  Halmen  gebaut,  aussen  den  gröbsten, 
innen  fast  pferdehaarfeinen  Fasern,  niisst  im  Durchmesser  des  äusseren 
Umkreises  etwa  10  cm,  in  dem  der  Höhlung  etwa  9  cm.  Will  glaubt 
sich  zu  erinnern,  dass  dieses  einzige  Ei  neben  dem  Jungen  im  Neste 
gefunden  wurde.  Wir  haben  aber  drei  Nestjunge  erhalten.  Das  aus- 
gestopfte grösste  ist  im  Braun  des  Gefleders  trüber,  der  Bauch  statt 
mit  gelber  mit  schnnitzig  weisser  Zeichnung  versehen,  der  Nagel  der 
Hinterzehe  schon   sclir  entwickelt.     Die  beiden  anderen,  deren  Schwung- 


12  Paoenstecher,  Vögel   Süd-Georgiens. 

federn  eben  vorzukommen  beginnen,  sind  noch  sehr  sparsam  befiedert. 
Auch  von  den  erwachsenen  haben  wir  noch  zwei  Exemplare  in  Spiritus ; 
leider  sind  alle  alten  Exemplare  an  Schnabel  oder  Sporen  beschädigt. 
Will  berichtet  sehr  hübsch  über  das  lerchenartige  Aufsteigen, 
Flattern  und  liebliche  Singen  des  Vogels,  wie  er  den  Käfern  und 
Fliegen  nachstelle,  im  Winter  die  Tangwurzeln  absuche  und  bis  30  km 
vom  Lande  entfernt  auf  dem  Riesentange  Futter  suchend  gefunden 
werde.  So  könnte  seine  Herkunft  von  Süd-Amerika,  von  wo  er  eine 
Heise  von  etwa  170  geogr.  Meilen,  vielleicht  mit  einem  Ruhepunkte  auf 
den  Aurora -Inseln  zu  machen  hat,  begriffen  werden.  Dieser  Vogel 
überwintert  aber  auf  Süd-Georgien,  ist  also  jedenfalls  abgeschnitten 
von  seinem  süd-amerikanischen  Ursprung;  hat,  wenn  man  das  aus  dem 
eiuzigen  Ei  schliessen  kann,  sein  Ei  den  Umständen  angepasst  und 
ist  selbst  zu  einem  energischeren  Körper- Bau  gekommen.  Man  wird 
also  wohl  ohne  grosses  Bedenken  Herrn  Cahams  in  Aufstellung  der 
besonderen  Art  folgen  dürfen.  Wie  es  scheint,  hat  Kergu eleu  einen 
Vogel  gleicher  Gattung  nicht  aufzuweisen.  Es  ist  dabei  zu  erwägen, 
dass  der  A.  antarcticus  von  Süd -Georgien  dorthin  noch  ein  Viertel 
der  Erde  zu  umkreisen  hätte,  mindestens  ein  Drittel  des  Weges  ohne 
Ruhepunkte,  ausser  etwa  auf  Eis.  Die  Ausbreitung  eines  süd- 
afrikanischen Pieper  nach  Kerguelen  würde  immerhin  leichter  sein, 
aber  doch  viel  schwieriger  als  die  eines  südamerikanischen  nach  Süd- 
Georgien  wegen  der  fast  doppelt  so  grossen  und  nicht  durch  die  Reise - 
gelegenheit  schwimmender  Pviesentange  in  gleicher  Weise  gemilderten 
Entfernung. 
chiniiis  nii.H.  Chionis  alba  Gm.  ist  bekanotlich    ein  Vogel    der  Falklands- 

und l'euerlands -Inseln  (Eremiten -Inseln),  dessen  W^andern  mit  den 
Riesentangen  wohlbekannt  ist.  Nach  W/U  ist  das  Männchen  grösser. 
Unsere  Exemplare  haben  eine  Länge  von  P>9 — 44  cm,  somit  einen 
Zoll  mehr  als  die  verschiedenen  von  Coues  für  Chionis  minor  Hartl. 
gegebenen  Maasse,  aber  auch  mehr  als  die  Falklandsexemplare  von 
Ch.  alba  in  unserem  Museum.  Nach  Will  ist  der  Schnabel  gelblich, 
an  der  W^urzel  grünlich  angehaucht,  die  Auswüchse  im  Gesichte 
sind  blassröthlich,  die  Beine  und  Füsse  grau.  An  den  Spiritus- 
exemplaren sind  Basis  der  Schnabeldecke,  Kuppe  und  Spitze  des 
Schnabels  bleifarbig,  sonst  ist  der  Schnabel  horngelb ;  die  Gesichts- 
warzen sind  gelblich,  die  Beine  hornfarbig,  an  der  Vorderkante  des 
Laufs  heller,  an  Hinterkante,  Zehen,  Sohlen  dunkelhorngrau.  Von 
unseren  Spiritusexemplaren  hat  eines  die  Gesichtswarzen  sehr  aus- 
gezeichnet ausgebildet.  Der  warzige  Fleck  auf  der  Wange  mit  hirn- 
artigen   Windungen    reicht    bis    zum    Ohr;    über    der    Schnabelwurzel 


Paguustcchcr,  Yögel  Süd-Georgieus.  13 

bilden    die  Warzen    verschiedene   wulstartig    (|ueriiljer   gelegte    Reihen, 
welche  mit  Federreihen  abwechseln  (vgl.  Fig.  :>). 

Diese  Art  stellt  sich  zu  der  um  die  Augen  und  an  den  Füssen 
rotlien,  aber  schwarzgeschnäbelten  Ch.  minor  Hartl.  von  Kerguelen 
in  ähnlich  geringe  Differenz,  wie  etwa  verschiedene  nordische  Schnee- 
hühnerarten  zu  einander.  Das  Museum  Godeffroy  hat  ein  Exemplar 
der  kleineren  Art,  Avelches  uns  über  die  Unterscheidung  vergewissern 
konnte.  Zur  Entscheidung,  ob  die  als  Ch.  necrophaga  Vieillot  abge- 
sonderte Form  von  Australien  und  Neuseeland  nicht  doch  auch  eine 
gute  Art  darstellen  möchte,  fehlt  in  Hamburg  alles  Material.  Es 
wäre  recht  sonderbar,  wenn  neben  der  besondern  Art  von  Kerguelen 
gegen  Ost  und  West  nur  die  gleiche  Art  sich  fände. 

Chionis  alba  nistet  nach  Will  auf  Süd-Georgien  Ende  October 
in  engen  Felspalten  und  legt  wahrscheinlich  nur  ein  Ei.  Die  Nest-  • 
statten  blieben  aber  unzugänglich.  Das  Ei  von  Chionis  minor  ist  von 
Cahanis  und  BcicJicnom  beschrieben  und  abgebildet.  Es  ist  gross,  bunt, 
kein  Höhlenei  und  stimmt  gut  zu  der  jetzigen  systematischen  Stellung 
der  Gattung.') 

Man  könnte  nach  unserem  einzigen  Exemi)lare  zweitein,  ob  man  (iu,.i(|U'iiuia 
die  Kriekente  von  Süd -Georgien  wirklich,  wie  es  die  Herrn  von 
der  Expedition  getlian  haben,  zu  Querquedula  Eatoui  Sharpe  stellen 
solle.  In  der  Schnabelfarbe  steht  dasselbe  zu  letzterer,  aber  darin, 
dass  der  olivschwarze  Flügelspiegel  kaum  eine  Spur  von  Metallglanz 
hat  und  hinten  nicht  mit  weisser,  sondern  nur  mit  der  blassleder- 
braunen,  schliesslich  etwas  helleren,  das  Weisse  gcwissermassen  vor- 
aussehen lassenden  Linie  abschliesst,  eher  zu  der  Falklands-Ente  Q. 
creccoides  King,  Üavirostris  V.  bei  Gray.  Eine  Vertretung  in  Neu- 
seeland wird  durch  die  gleichfalls  ganz  nahe  stehende  Q.  gibberifrons 
gebildet.  Das  Stück,  welches  wir  haben,  ist  ein  Männchen  aus  dem 
Juli,  also  der  dortigen  Winterszeit,  vielleicht  noch  jung  und  daraus 
der  Mangel  der  Ausbildung  des  Spiegels  zu  erklären.  (Ein  Mitglied 
der  Expedition  Herr  Dr.  ScJtrader  bestätigte  seitdem  meine  Vermuthung.) 

Diese  Ente  lebt  nach  Will  in  grossen  Flügen,  wurde  auch  in 
Little-Haven  an  der  Nordküste  und  selten  auf  dem  suraptigen  Plateau 
gefunden.  Das  Nest  wird  zwischen  den  Grashügeln  sehr  versteckt,  wo 
Will  durch  Zufall  Anfangs  December  eins  mit  vier  Eiern  fand.  Die 
massig  gespitzten  Eier  sind  blassgraugelb.  Das  eine,  Avelches  wir  von 
zweien    bewahrt   haben,    ist    52  mm    lang    und    38   breit.     Wir  haben 


Kai  Olli. 


')   Jourual  f.  Ornithologie   1876.  24.  p.  327.  T.  I,  Fig.  2. 


14  Pagenstecher,  Vögel  Süd-Georgiens. 

zwei  Junge  ausgestopft,  deren  eines  aus  einem  der  Eier  vom 
18.  December,  das  andere,  gleich  klein,  vom  16.  Februar  ist,  Beweis 
zweimaliger  Brutperiode.  Diese  Thierchen  haben  einen  hellen  Schnabel- 
nagel, sind  hell  raausebraun,  um  die  Augen  und  an  Kehle  und  Bauch 
weisslich,  mit  langen  Haarenden  der  Dunfederu.  Im  ScliAvanze  sind 
einige  an  die  Stipituren  erinnernde  Federn  mit  ziemlich  steifem  Schaft 
und  locker  stehenden  ziemlich  steifen  Rami.  Auch  die  Engländer 
fanden  auf  Kerguelen  bei  einigen  die  Brut  schon  am  9.  December 
fertig,  während  andere  erst  in  der  ersten  Februarwoche  legten.  Die 
Amerikaner  sahen  vom  10  November  ab  Paarung,  vom  15.  December 
ab  Eierlegen. 

Pygsoceiiö  Vou  den  Pinguinen  ist   Pygoscelis    antarctica   Forst,  eine 

Falklandform.  Das  Männchen,  -welches  wir  behalten  haben,  ist  aus 
dem  Juni.  Dr.  Will  erzählt,  dass  von  den  Steinbrechpinguinen 
zwei  Pärchen  brüteten.  Das  soll  nach  ihm  Spheniscus  demersus  sein, 
welcher  Name  von  Ähhot  für  magellanicus  gebraucht  worden  ist.  Die 
in  der  Liste  der  Expedition  als  Steinbrechpinguine  bezeichneten  Stücke 
gehören  aber  zu  Pygoscelis  antarctica. 

PvRosceiis  Pygoscelis   papua  Scopoli,    taeniata    Peale   war    nicht   nur 

paima.  ^|^  Falklaudform,  sondern  schon  durch  die  Reise  des  Erebus  und 
Terror  auch  als  Kerguelenform  bekannt  geworden.  Die  deutsche 
Expedition  konnte  diese  Pinguine,  welche  Eselspinguine  genannt  worden 
sind,  in  sechs  Kolonien  zu  Tausenden  beobachten.  Wir  erhielten  vier 
Stück,  von  welchen  wir  ein  Männchen  aus  Ende  Juli  und  ein  Weibchen 
selbst  aufstellten.  Eier  sind  von  diesem  Pinguine  über  fünfzig  mitge- 
bracht worden,  Avelche  zunächst  als  Speise  für  den  Fall  der  Noth 
gesammelt  waren;  auch  in  erheblicher  Zahl  Embryonen  von  etwa 
8  bis  etwa  oO  Tagen.  Die  ersten  von  unseren  bebrüteten  Eiern  sind 
am  4  und  9  November  angezeichnet  und  am  5  und  14  December  aufge- 
nommen. Es  wurden  aber  am  18  December  deren  noch  in  grösserer 
Zahl  aufgenommen,  welche  ein  minimales  Alter  von  9  — 17  Tagen  und 
nach  der  Entwickelung  der  Embryonen  wahrscheinlich  kein  erheblich 
grösseres  hatten.  Nach  TT7//  wurden  die  ersten  Eier  Ende  Oktober 
gefunden  auf  Brutplätzen  auf  dem  Grasboden  des  „Hochplateau's 
(100  m  hoch)"  und  der  höheren  Theile  der  Thäler.  Die  Amerikaner 
fanden  auf  Kerguelen  ein  Junges  bereits  am  4.  December  ausge- 
schlüpft und  man  gab  an.  schon  am  12.  October  Eier  gefunden 
zu  haben.  Die  Legezeit  mag  also  zwei  volle  Monate  dauern. 
Will  giebt  an,  dass  die  Eier  zwischen  7  —  9  cm  in  Länge  variirten, 
ihr  Eiweiss  bläulich  schillernd,  der  Dotter  rothgelb  sei.  Von  den 
uns  zugekommenen  haben  drei  gemessene  69  zu  63,  70  zu  60,  70  zu 


Pagenstecher,  Vögel  Süd-Georgiens.  15 

58  mm  in  Länge  und  Breite;  sie  sind  genmdet,  zum  Tlicil  nahe  der 
Kugelform ,  die  Farbe  geht  ein  wenig  aus  Weiss  in's  Grün  der 
Enteneier  über.  Die  Schale  ist  dick.  Nach  Couef^  legen  sie  zunächst 
ein  Ei  und  nach  zwei  Monaten  zu  dem  jungen  Vogel  ein  zweites. 
Nach  Will  ist  die  Be])rütung  der  Eier  in  sechs  Wochen,  das  ganze 
Brutgeschäft  anfangs  März  zu  Ende.  Bei  der  Fütterung  der  Jungen 
werden  breite  Pfade  zur  See  getreten.  Eltern  und  Junge  verlassen 
die  Brutplätze,  um  an  einem  geschützten  Orte  den  Federwechsel 
abzuwarten. 

Unsere  Embryonen  messen 

bei  minimaler  Brutzeit  von   12  Tagen:     5,5  cm  an  Länge, 

99  10  0 

24  13  3 

31  14  5 

n  n  5)  »       "^^  5>  10,U     „  „ 

Die  von  13,3  cm  sind  schon  dicht  befiedert.  Die  Arme  sind 
anfänglich  verhältnissmässig  schlank.  Der  Oberarm  verkürzt  sich 
allmählich  relativ,  der  Unterarm  wird  mehr  und  mehr  in  die  breite, 
llossenartige  Hand  mit  hineingezogen.  Wenn  der  Ilumpf  schon  ganz 
befiedert  ist,  haben  Arm  und  Hand  nur  an  der  Hinterkaute  Federn. 
Der  Kopf  hat  dann  eine  schwarze  Kappe  bis  über  die  Augen;  Stirne 
und  Rücken  sind  grau;  der  Bauch  ist  schmutzig  weiss.  Eiue  Hand 
pflegt  über  das  Gesicht  gelegt  zu  sein.  Nestvögel  haben  wir  leider 
nicht  erhalten.   Nach   Will  gingen  die  Jungen  im  September  zu  Wasser. 

Die  vier  in  der  Tabelle  aufgeführten  Pinguine  aus  der  Gattung     Eudyptcs 
Eudyptes  sind  von  Sliarpe   durch  Streichung   vou  diadematus  auf  drei   ciu-ysoiopims 
reduzirt    worden.      Bei   dem   geringen   mir   zugängigen  Materiale  muss     diadematus. 
ich  mich  einer  Entscheidung  darüber,    ob  man  soweit  oder  auch  noch 
weiter  gehen  könne,  enthalten.    Unser  einziges  Exemplar  von  E.  chry- 
solophus  Brandt    ohne  Datum  (nro  8403)   ist  jung  und  bei  Beginn 
der   Mauser    getödtet.      Bereits   Kidder    wurde    durch   Capitain  Fidler 
belehrt,    dass    dann    die    Pinguinbälge    stets    unbrauchbar    sind.      Es 
können    deshalb   für   die   Bestimmung   wesentliche  Merkmale   kaum  an 
ihm    festgestellt    werden.      Der    Vergleich    mit    dem   nur    durch  einen 
von  gefundenen  Ueberresten  abgeschnittenen  Kopf  (nro  9035)   vertre- 
tenen, von  der  Expedition  für  E.  chrysocome  Forst,  angeseheneu,  nach 
Will    angeblich    noch    in    zwei  Exemplaren,    aber  auch  in  der  Mauser 
beobachteten  Yj.  diadematus  Gould  ist  somit  unsicher. 

Unsere  beiden  Stücke  sind  darin  ganz  gleich,  dass  auf  die 
zunächst    der    Schnabclwurzel    stehenden,    übrigens   bei  8493    grauen, 


1(3  Pagenstecher,  Vögel  Süd-Georgiens. 

bei  9035  erst  grauen,  dann  ganz  sclnvarzen  Stirufedern  in  Querreihen 
solche  folgen,  welche  aus  weisslicliem  Duncntlieil  ins  Schwefelgelbe 
und  dann  in's  Oraugegelbe  übergehen,  so  dass  nur  noch  die  Spitze 
schwarz  ist,  endlich  diejenigen,  Avelche,  sehr  verlängert,  meist  gar 
nichts  Schwarzes  mehr  an  sich  haben,  sondern  aus  reinem  Weiss  durch 
Schwefelgelb  in  Orangegelb  übergehen. 

Hingegen  misst  der  Schnabel  von  9035  vom  Mundwinkel  ab 
27'",  von  der  Stirne  über  dem  Kulm  23,5'",  damit  22  und  L5'",  in  der 
Höhe  über  dem  Kinnwinkei  aber  1'"  meh]-  mehr  als  der  von  8403, 
ist  überhaupt  viel  massiger  und,  wie  bereits  JVül  betont,  rostbraun, 
nicht  schwarz.  Er  hat  zahlreiche  Zuwachsstreifen  und  gehörte  jedenfalls 
einem  alten  Thiere,  welches  den  E.  diadematus  Gould  in  etwas  kleiner 
Ausgabe  repräsentirte.  Es  ist  nicht  unwahrscheinlich,  dass  der  Schnabel 
im  Alter  erheblich  von  dem  der  jungen  Thiere  abweicht.  Wenngleich 
unsere  Stücke  nicht  ausreichen,  um  die  Angabe  von  Sharpe  sicher  zu 
bestätigen,  dass  E.  diadematus  identisch  mit  dem  E.  chrysolophus 
nach  seiner  Diagnose  sei,  so  Averden  doch  die  beiden  Stücke  näher  zu 
einander  gehören,  als  zu  irgend  welchen  anderen  Pinguinen.  Leider 
ist  auch  unser  Material  an  Skeletten  zu  gering,  um  Aufschluss  zu 
geben,  das  ältere  nicht  einnud  liinlänglich  bezeichnet. 
.   .      .  .  Der  Königspinguin  von  Süd- (j  e  orgien  ist  iedenfalls  von 

longirostris.  gleicher  Art  wie  der  von  Kerguelen,  Aptenodytes  longirostris  Scopoli, 
Pennanti  Gray,  Patagonica  Pennant.  Schon  Erebus  und  Terror  brachten 
ihn  von  Kerguelen  mit.  Er  ist  niclit  minder,  sicher  nach  Coiies, 
auf  den  Ealkl  and  sin  sein  vertreten.  Ob  und  wie  diese  Art  sich 
geographisch  gegen  A.  Eorsteri  Gray,  Patachonica  Eorster  abgränze,  ist 
wohl  für  jetzt  nicht  festzustellen. 

Wir  haben  ein  erwachsenes  Paar  und  ein  Dunenjunges  aufgestellt. 
Die  erwachsenen  Stücke  messen  von  der  Spitze  des  Schnabels  bis  zu 
der  des  Schwanzes  117,  das  Dunenjunge  84  cm.  Will  giebt  als  Höhe 
der  stehenden  Thiere  etwa  1  m,  als  Gewicht  17  kg  an.  Man  beobachtete 
sie  leider  erst  gegen  das  Ende  des  Aufenthaltes,  iin  Juni,  in  grösserer 
Menge  sowohl  auf  dem  Südufer  der  Royal-bai  als  in  Little-Haven  mit 
weit  fortgeschrittenen  Jungen. 

Eür  die  Schnabellänge  ist  das  Maas  über  den  Kulm,  welches 
Coues  und  SJiarpe  augegeben  haben,  wegen  der  an  der  Wurzel  unweit 
reichenden  Beriederung  minder  charakteristisch  als  das  vom  Mund- 
winkel aus.  Wir  messen  daselbst  beim  Weibchen  13  cm,  beim  Manne 
etwas  Aveniger,  wobei  dessen  Schnabel  an  der  Spitze  mehr  abgebogen 
ist,  und  stimmen  so  mit  dem  grössten  Masse  von  Schlegel.  Die  Jungen 
sind  chokoladebraun.     Nach   Will  tragen   sie  das  Dimenkleid  noch  im 


Pageiistcclicf,  Vögel  Süd-Geurgiens.  17 

September.  Nucli  der  obigen  Will  entlehnten  Bemerkung  über  das 
späte  Finden  wird  es  auf  einem  Irrthum  beruht  haben,  dass  in  der 
Liste  der  uns  abgegebenen  Stücke  ein  Ki  von  diesem  Pinguin  aufge- 
nommen war.     Jedenfalls  haben  wir  keins   erhalten. 

Nach  Will  sind  alle  diese  Pinguine  ständige  Bewohner  der  Insel. 

Von  Pelecanoides    (Halodroma)    haben    wir   vier  erwachsene     iviwanoides 
und  vier  den  Eiern  entnommene  Dunenjunge  aufgestellt.     Es  sind  auf  """'^^"-'^  ^^r. 

.  .  Berai'di. 

äusserst  geringe  Merkmale  von  P.  uriuatrix  Gm.  P.  Garnotii  Less. 
und  P.  Berardi  Q.  &  G.  unterschieden  Avorden.  Die  südgeorgischen 
Stücke  könnten  nach  der  Länge  von  8 "  zu  P.  Garnotii  gehören.  Sie 
haben  aber,  wie  für  Berardi  angegeben,  in  der  Hauptsache  helle,  graue 
oder  gelbbraungraue  Füsse,  mit  noch  helleren  Zehengelenken,  wodurch 
die  Tintenschwärze  der  Sohle,  der  Nägel,  des  Saumes  der  Schwimm- 
häute, längs  der  Zehen  etwas  einwärts  ziehend,  um  so  merklicher 
absticht.  An  den  Schnäbeln  sind  einige  Masse  sehr,  andere  wenig 
verschieden.  Die  Breite  an  der  Stirne  schwankt  zwischen  3,5 — -4'", 
die  Länge  über  dem  Kulm  zwischen  0,5  —  7,5'",  wobei  der  Unter- 
schied hau2)tsächlich  auf  dem  Wachsthum  des  Schnabelhakens  beruht, 
während  das  seitliche  Längsmass  des  Schnabels  vom  Mundwinkel  aus 
ziemlich  dasselbe  bleibt.  Der  Oberschnal)el  ist  schwarz,  der  Unter- 
schnabel gelblichbraun,  im  oberen  Tlieile  schwarz.  Will  erwähnt 
dieses  Vogels  nicht,  also  auch  nicht  seines  Brutgeschäftes.  Vielleicht 
ist  er  mit  Prion  zusammen  geworfen,  mit  welchem,  wie  ]nit  Halobaena 
coerulea  er  im  Brüten  in  unterirdischen  (iängen  auf  einem  Ei  und 
nächtlichen  Leben  auf  Kerguelen  übereinstimmend  gefunden  wurde, 
nur  dass  etwa  die  Gänge  etwas  weniger  tief  und  weniger  gewunden 
waren.')  Eaton  fand  das  erste  Ei  bereits  am  oL  October.  Die  beiden 
Eier,  welche  wir  aufgestellt  haben,  aus  dem  December,  massen  40  zu 
30  und  38  zu  32  mm  in  Länge  und  Breite.  Sie  zeigen  bei  einer 
rundlichen  Gestalt  wenig  Unterschied  der  beiden  Enden.  Unsere 
ziemlich  weit  fortgeschrittenen  Embryonen  sind  aus  dem  Januar,  der 
kleine  Nestvogel  ist  vom  2^2.  Januar.  Diese  sehen  aus  wie  Mäuse, 
einfarbig  hellbraungrau,  unten  wenig  heller,  Kehle  federarm.  Der 
Schnabel  ist  blassbläulichgrau,  der  Unterschnabel  am  Kehltheil  Aveisslich. 
Die  Nägel  sind  schwarz,  die  Schwimmhäute  hellgrau  mit  schwarzem, 
schmalem  Saum  und  etwas  dunklerem  Mittelstreif,  die  Füsse  blass- 
bläulichgrau. Auch  von  den  5  Embryonen,  welche  Herr  Prof.  Born 
erhielt,  Avaren  4  als  aus  dem  Januar  bezeichnet. 


•)  Nach  der  MittheiluDg  des  eben  zui'ückgekehrteu  Herrn  Dr.  Clauss  Lrütete 
Pelecanoides  weiter  aufwärts  und  mehr  unter  lockerem  Gestein,  Prion  im 
toitigen  Boden. 

2 


li 


Pasfcnsteoher,  Yön;i?l  Süd-Georgiens. 


Procella.ria 
Nereis. 


Oceanites 


Pufflinis  Kuhiii.  Dass  Puffiuus  Kiihlii  Boie   nicht  auf  Süd -Georgien  erlegt 

worden  ist,  hat  wohl  nur  vom  Zufall  abgehangen,  unser  Museum  hat 
beispielsweise  diesen  weitverbreiteten  Vogel,  wie  von  Australien,  so 
von  Cap  Hörn. 

Procellaria  Nereis  Gould  ist,  wie  von  Süd-Georgien  und 
Kerguelen,  auch  von  Neu-süd-wales,  den  Philipps-,  Norfolk-,  Nopean- 
Inselu  bekannt,  somit  von  grösster  antarktischer  Verbreitung.  "Wir  haben 
ein  einziges  Stück  erhalten.  Wül,  indem  er  diese  und  die  nächste  Art  als 
kleine  Schwalbensturjnvogelarten  zusammenfasst,  sagt,  dass  sie  M'ie  Ma- 
jaqueus  und  Prion  Nachtvögel  seien,  in  gedrängt  nebeneinander  sich  fin- 
denden halbkreisförmigen  Erdlöchern,  auf  vegetationslosen  Schuttfeldern 
der  Bergliäuge  genistet  und  Ende  April  mit  den  Jungen  die  Insel  verlassen 
hätten.  Das  einzige  Ei  ist  33  mm  lang  und  25  mm  breit,  an  einem  Ende 
mehr  gerundet.  Gegen  dieses  Ende  gedrängt  stehen  sehr  feine  rothe  Punkte, 
welche  übrigens  spärlich  sich  auch  schon  von  nahe  der  Spitze  ab  finden. 

Oceanites  melanogastra  Gould,  welche  unser  Museum 
meianogastra.  schon  von  iVustralicn  hatte,  wird  wie  0.  leucogastra  Gould  wohl  nur 
als  eine  Varietät  von  ().  tropica  Gould,  grallaria  Licht,  zu  betrachten 
sein,  mit  welcher  Annahme  sich  unsere  Tabelle  erheblich  vereinfachen 
würde.  Unser  aufgestelltes  Exemplar  hat  gleich  den  in  Spiritus  bewahrten 
vollständig  den  sonst  manchmal  lückenhaft  erscheinenden  schwarzen 
Bauchmittelstreif  bei  Aveissen  Elanken.  Die  Schwimmhaut  hat  bei  den 
Spiritusexemplaren  in  jedem  Eelde  einen  breiten  gelben  Streif  vou  der 
Basis  aus;  schwarz  sind  Saum,  Zehen,  ein  Schwimmhautstreif  längs 
dieser  und  die  Nägel.  Ein  Ei,  40  mm  lang,  27  mm  breit,  welches 
bezeichnet  war:  „nereis I  Klippenpärchen",  dürfte  nach  Grösse  und 
Eärbung  hierher  gehören.  Die  Punkte,  welche  nach  Khlder  und  Voiies 
eine  Ausnahme  für  P.  Nereis  bilden,  konimen  bei  diesem  Ei  ganz  wie 
Shmjie  für  ().  oceanica  angiebt,  in  einer  Zone  nahe  dem  stärkeren 
Ende  gedrängt,  am  Ende  selbst  aber  nur  spärlich  vor.  Sie  gehen  mehr 
ins  Rothschwarze.  So  linden  auch  am  spitzen  Tlieile  des  Eis  sich 
ungemein  feine  schwärzliche  Punkte.  Üebrigeus  ist  der  Unterschied 
des  dickeren  Endes  sehr  gering.  Nach  den  Beobachtungen  auf  Kerguelen 
nisten  die  Sturmschwalben  mit  gefleckten  Eiern  offen  im  Grase. 
Färbung  mindert  bekanntlich  die  Abkühlung  blos  liegender  Eier,  fleck-, 
punktweise  und  gürtelartige  wohl  immerhin  mit  Nutzen  für  Netze, 
Bündel,  Kränze  von  Gefäßen.  Bei  Höhlenbewohnern  fällt  dieser  Nutzen 
weg;  so  haben  die  in  Löchern  brütenden  Sturmvögel  rein  weiße  Eier. 

0.  oceanica  Kühl,  Wilsoni  Bonaparte  scheint  über  die  Meere 
beider  Hemisphären  verbreitet  zu  sein.  Es  ist  wohl  Zufall,  dass  sie 
zwar  von  Kerguelen,  aber  nicht  von  Süd- Georgien  gebracht  wurde. 


Oceanites 
oceanicr,. 


Pagenstcfher,  Vögel  Süd-Georgieus.  19 

Von  Ossifraga  gigantea  Gm.  erhielten  wir  zwei  dunkle  und      ossifraga 

ß.'iir<intP(i 

zwei  weisse  Exemplare.  Eins  der  letzteren  gaben  wir  nach  Berlin. 
Nach  Will  fand  man  den  Riesensturmvogel  zu  jeder  Zeit  in  grossen 
Mengen  auf  dem  Hochplateau  und  der  Landzunge,  in  welche  das 
Plateau  östlich  abfiel.  Will  sagt:  „Die  jungen,  einjährigen  Thiere  sind 
dunkelbraun,  ältere  hellgrau,  während  sehr  alte  Vögel  fast  völlig  Aveiss 
sind:  in  das  dichte  weisse  Gefieder  sind  nur  einige  schwarze  Federn 
eingestreut."  Die  Vermuthung,  dass  das  weisse  Kleid  eine  regel- 
mässige Alterstufe  sei,  findet  allerdings  immer  mehr  Anhänger  gegenüber 
der,  dass  es  eine,  in  gewissen  Oertlichkeiten  gewöhnlicher  gefundene 
Varietät  sei.  Von  Geschlecht  und  Jahreszeit  hängen  nach  Hcldegel 
Aenderungen  des  Gefieders  bei  den  Sturmvögeln  nicht  ab.  Unsere 
drei  Stück  sollen  sämmtlich  Männchen  sein,  aus  der  Zeit  von  April 
bis  Anfang  Juli,  also  aus  Herbst  und  Winteranfang  der  arktischen 
llegion,  und  der  weisse  steht  nach  der  Jahreszeit  zwischen  den  zwei 
dunklen.     Sie  ergeben  folgende  Masse: 


Nro.  1. 

Nro.  2. 

Nro.  3. 

vom  April. 

weiss,  vom  Juni. 

Anf.  Jvüi 

Schnabel  v.  Mundw.  40,0'" 

44,2'" 

43,fi"' 

üb.  d.  Kulm  20,0"' 

23,0'" 

24,0'" 

Breite  der  Nasdecke 

an  der  Wurzel  .  .  .  20,0'" 

23,0'" 

24,0'" 

Flügellänge 18,5'"  (=  50  hm)   19,0'"  (=  53  cm)  20,0"'  (=  54  cm) 

Das  weisse  Exem.plar  hat  also  nicht  in  jeder  Beziehung  die 
grfjssten  Masse,  was  nicht  grade  entscheiden  würde,  da  wirklicli  manche 
Vögel  mit  der  grösseren  Befestigung  des  Skelets  und  Gefieders  kleiner 
zu  werden  scheinen.  Ich  möchte  dasselbe  aber  auch  nach  der  minderen 
Begleichung  oder  Abplattung  der  erhobenen  ]\littelnalit  der  Nasendecke 
eher  für  jünger  halten  als  Nro.   3. 

Das  kleinste  Exemplar  ist  gleichmässig  russschwarz,  mit  nur  wenig 
helleren  Federrändern,  hat  die  Schäfte  der  Schwungfedern  minder  weiss, 
als  die  übrigen,  ermangelt  auch  des  weissen  Fleckes  am  Kinn.  Das 
dritte  Stück  entspricht  der  Beschreibung  von  Sliarpe^  die  Gegend  um  die 
Augen  nnd  die  Kehle  sind  am  hellsten.  Das  weisse  Exemplar  hat  an 
Rücken,  Brust,  Bauch  einige  zerstreute  Flecken  durch  halbe  oder  ganz 
braune  Federn,  auch  ebenso  nnregelmässig  und  asymmetrisch  einige 
Fahnen  von  Schwungfedern  halb  oder  ganz  russbraun.  Das  von  ScJile(/el 
beschriebene  weisse  Exemplar  des  Leydener  Museums  war  auch  ein 
Männchen.     Die  weissen  Stücke  waren  auf  Süd-Georgien  sehr  selten. 

Nach  W/U  begann  die  IJrütezeit  anfangs  November.  Das  Nest 
Avnrde  aus   Moos    und   (»ras    oebaot.     ludou    meint,    die    Eier    Avürden 


20  Pagenstocher,  Yöoel  Süd-Gcorg-ieus. 

7AI  derselben  Zeit  gelegt,  wie  die  des  Königspinguins;  das  wäre  Mitte 
Oktober.  Nach  Kidder  schreitet  der  Riesensturmvogel  zuerst  von 
allen  zur  Brut. 

Unsere  Eier  messen  110  zu  08,  lOG  zu  68,  104  zu  GG  mm. 
Sie  haben  stellenweise  matte  grüngraue  Flecken.  Unsere  Embryonen 
sprechen  für  Beginn  der  Legezeit  früh  im  Oktober,  aber  für  eine  Dauer 
derselben  durch  einen  Zeitraum  von  etwa  sechs  Wochen.  Wir  haben 
Embryonen  vom  25.  und  29.  November,  Avelche  von  der  Schnabelspitze 
über  den  Kopf  nach  hinten  gemessn,  nur  3, .5  cm  haben,  vom  9.  Dezember 
solche  von  7,5 — 8 — 9,5  cm.  Einer  mit  minimaler  Brutzeit  von  23 
Tagen  vom  21.  November  bis  14.  Dezember  misst  11  cm;  sieben  vom 
14.  Dezember  messen  10 — 12^ — 13cm;  einer  vom  10  Dezember  misst 
13,5  cm.  Zwei  unbezeichnete  messen  15  cm  und  der  grösste  aus  ange- 
picktem Ei  vom  20.  November  hat  30  cm  Länge.  Dieses  Thierchen 
haben  wir  ausstopfen  lassen.  Es  ist  w^eiss,  an  Nacken,  Bücken, 
Schenkeln,  Flügeln  leicht  grau.  Der  Schnabel  ist  gelbweiss,  an  der  Spitze 
bräunlich.  Die  Füsse  sind  hellgraugrün,  die  Schwimmhaut  ist  heller. 
Das  Dunenkleid  ist  minder  locker  als  bei  Majaqueus,  Belecanoides, 
Frion,  Pinguinen,  namentlich  am  Kopfe  fast  bürstenartig  dicht.  Die 
dunkle  Untermischung  im  Federkleide  fehlt  den  Stücken,  welche  am 
14.  December  10 — 12  cm  massen,  noch  gänzlich,  bei  den  von  13  cm 
findet  sie  sich  bereits  am  Bücken.  Herr  Professor  Born  hat  Embryonen 
vom  25.  November  bis  zum  14.  Dezember  erhalten. 
Nutzen  des  Die  Wahrscheinlichkeit,    dass  bei  dieser  Art  ein  Farbenwechsel 

Fiirbenweeii.spis.  gjj-^^j.^^^^  Avenu  aucli  vielleicht  nicht  nothwendig  das  weisse  Kleid  in 
einem  genau  bestimmten  Lebensjahre  fertig  wird,  gestattet,  eine  Be- 
trachtung über  den  Nutzen  dieses  Farbenwechsels  bei  gewissen  Schwimm- 
vögeln einzuschieben.  Nehmen  wir  den  gemeinen  Schwan  und  die 
anderen  arktischen  Schwilne  zum  Beispiel.  Den  jungen  Vogel,  welcher, 
nachdem  er  im  Frühjahr  ausgeschlüpft  ist,  zunächst  geringe  Kraft  zur 
Vertheidigung  und  zur  Flucht  hat,  macht  sein  grauliches  Gefieder 
auf  dem  offenen  Wasser  und  kahlen,  moorigen  Ufern  wenig  bemerklich ; 
der  erwachsene  bedarf,  sobald  offenes  Wasser  ihm  die  Entfaltung 
seiner  grossen  Kraft  gestattet,  solchen  Schutzes  nicht,  erfreut  sich 
aber  dessjeuigen,  welchen  das  nun  weisse  Kleid  ihm  gewährt,  wenn 
Eis  die  Gewässer  schwerer  w'egsam  macht  und  Schnee  die  Ufer  deckt. 
Es  ist  nicht  leicht,  zwischen  den  Eisschollen  Schwäne  zu  entdecken. 
Ob  und  wie  solches  auf  den  Biesensturmvogel  anzuwenden  sei,  ist  freilich 
recht  unklar.  Es  wäre  ja  möglich,  dass  die  älteren  Vögel  weiter  in 
die  südlichen  Eismeere  gingen  als  die  jüngeren  oder  im  Winter  ihnen 
treuer  blieben  und  zwischen  dem  Eise  fischten.     Vor  welchem  Feinde 


Pageiisteeher,  Vögel  Süd-Georgions.  21 

freilicli  sie  sich  im  Eise  oder  auf  dem  Schnee  zu  schützen  hätten, 
sehen  wir  nicht  recht.  Die  in  jenen  (jlet^enden  die  llaubvögel  ver- 
tretende Ilauhmöwe  wagt  sich  wohl  an  junge,  aber  schwerlich  an  alte 
Pdesensturmvögel.  Immerhin  möchte  man  das  russschwarze  Jugendkleid 
zwischen  weissem  Kleide  im  Ei  und  weissem  Kleide  im  Alter  als  eine 
secundäre  nützliche  Erwerbung  betrachten. 

Der  Umstand,  dass  so  häufig  Federn  oder  Theile  von  Federn 
in  sonst  weissem  Kleide  an  gewissen  Stellen  dunkel  bleiben,  erläutert 
sich  vielleicht  dadurch,  dass  dunkle  Federn  widerstandsfähiger  sind, 
so  dass  in  stärker  angestrengten  Theilen  die  Behauptung  dunkler 
Farben  Nutzen  bringt. 

Eaton  erhielt  auf  Kerguelen  Nestlinge  von  Grösse  eines 
Cochinchinahuhns.     Nach   Will  waren  die  Jungen  Anfang  April  flügge. 

Dass  Thalassoica  tenuirostris  Aud.,  welche  auf  Kerguelen  nur     Timiassoica 
vereinzelt  vorzukommen  scheint,  auf  Süd -Georgien  gar  nicht  erlegt 
Avurde,    ist  zu  verwundern,    da  dieser  Vogel   grade    am  gewöhnlichsten 
von   Cap  Hörn    und    der  Westküste    Südamerikas   gebracht   wird,    von 
wo  auch  wir  ihn  mehrfach  haben. 

Bekanntlich  hat  Boncqmrtc  von  Pagodronia  nivea  Gm.  eine     PuRoaionKi 

1  T      ,         ITT-       11  ,  1  •      •  -VT  T-.  niviM  miiiin'. 

var.  minor  abgesondert.  Wir  haben  unter  dem  irrigen  JNamen  rro- 
celhiria  alba  von  der  Expedition  die  Billge  von  einem  Paare  jener 
reizenden  Sturmvögel  aus  dem  Monate  Juli,  eines  weiteren  Weibchen 
vom  „Vexirberg",  welche  drei  wir  selbst  aufgestellt,  und  einen  Balg 
erhalten,  welchen  wir  nach  Berlin  gegeben  haben,  auch  noch  5  Stück 
in   S]3iritus. 

Wir  nehmen  an,  dass  einige  uns  an  unseren  Stücken  aufge- 
fallenen Merkmale  den  früheren  Beschreibern  in  ungenauer  Unter- 
suchung oder  wegen  Variabilität  entgangen  seien.  Andernfalls  hätte 
Süd-Georgien  hiermit  eine  eigenthümliche ,  dort  festsitzende,  passend 
als  Novegeorgica  zu  bezeichnende  Art,  wofür  vielleicht  spricht,  dass 
nach    Will  diese  Viigel  kein«  Menschenfurcht  kannten. 

Unser  Männchen  misst  34,  die  Weibchen  messen  33  cm.,  die 
den  Schwanz  überragenden  Flügel  fast  2G  cm.  Es  kommen  die  Einzel- 
masse den  von  Schlegel  angegebenen  ganz  nahe;  vollständig  ent- 
spricht die  Länge  der  Flügelspitze  mit  10  cm.  Die  Schäfte  der 
Schwungfedern  sind  aber  nicht,  wie  Gmeliu  angiebt,  schwarz,  sondern 
weiss.  Es  finden  sich  nur  auf  den  Rami  der  Aussenfahnen  mikro- 
skopisch feine,  schwarze  Längsstrichelchen  und  Pünktchen,  welche 
gegen  die  Unterarmscliwingen  hin  mehr  und  mehr  verschwinden,  hin- 
gegen   auf    den    Sjiitzen     der    ersten     oder     der    ersten     und    zweiten 


22  Pageiistecher,  Vögel  Süd-Georgiens. 

Schwungfeder  der  Weil^chen  sich  zu  einem  scliwärzlicheu  Flecke 
erheben.  Ferner  sind  einige  Haarfederu  im  vorderen  Augenwinkel 
und  von  dort  aufsteigend  gegen  den  oberen  Lidrand  schwarz,  auch 
dieses  ausgebildeter  bei  den  Weibchen,  ein  bis  dahin  unbeschriebenes 
Merkmal  (vgl.   Fig.  4). 

Nach    der    Flügellänge   kommen    diese    Stücke    zur   var.    minor 
Bonaparte. 

Dieser  Sturmvogel  nistete  nach  Will  auf  den  Bergen  in  der 
Nähe  der  See  in  schwer  zugänglichen  Felsspalten.  Die  V()gcl  Hessen 
sich  ruhig  mit  der  Hand  fangen.  Man  fand  nur  einige  gefrorene  Eier. 
Das  einzige  Ei,  welches  wir  erhalten  haben,  ist  rein  weiss,  beidseitig 
ziendich  schlank  gespitzt,  doch  immerhin  an  einem  Ende  mehr  gerundet. 
Es  misst  62  zu  30  mm. 
Dnptioucnpen.sp.  Vou  Daptioo  capcusc  L.  haben  wir  ein  Weilichcu  vom  A])ril 

und  eiu  Männchen  vom  Juli.  Letzteres  hat  im  Anschlüsse  an  die 
dunkle  Kehle  einige  Federn  der  Halsseiten  mit  dunklen  Spitzen,  während 
das  Weibchen  hier  reiner  weiss  ist.  Auch  ist  das  Männchen  erheblich 
stärker.  Dieser  Vogel  zeigte  sich  nach  W/U  auch  während  des  Winters 
in  der  Nähe  des  Landes;  vielleicht  habe  er  auch  auf  der  Lisel  gebi'ütet. 
Maiaquens  Bei  unserem  Exemplare  von  Majaqueus  (Fulmarus)  aequi- 

aeqiünoftiaiis.  noctialis  L.,  einem  Männchen,  beschränkt  sich  das  Weiss  der  Kehle  auf 
den  Schnabelkehlwinkel  in  einer  Länge  von  nur  1  cm.  Dieser  Vogel  besucht 
nach  Will  die  Insel  nur,  um  dem  Brutgeschäfte  obzuliegen  und  traf 
Anfangs  Oktober  ein,  um  die  etwa  1  m  tief  in  den  Basen  gegrabenen 
Nestlöcher  in  Besitz  zu  nehmen.  Man  fand  Ende  November  die  ersten 
Eier;  die  Amerikaner  fanden  sie  auf  Kerguelen  vom  IH.  December 
an.  Ln  März  und  April  Avurden  auf  Süd- Georgien  die  Nesthöhlen 
wiederholt  von  Schnee  bedeckt.  Ende  April  waren  die  Jungen  noch 
nicht  flügge,  aber  Anfangs  Mai  schien  das  Gros  fortgezogen.  Die 
Amerikaner  aber  meinen,  dass  die  Jungen,  an  deren  Bumpfe  sich  im 
November  noch  stellenweise  Dunen  fanden,  vor  December  nicht  zu 
fliegen  anfingen.  Die  Eier  messen  auf  87  mm  Länge  54—55  Breite. 
Das  stumpfe  Ende  ist  gut  ausgezeichnet.  Sie  sind  weiss,  nur  mit 
Erdschmutz  bedeckt.  Embryonen  vom  14.  Januar  messen  19,  einer 
aus  aufgepicktem  Ei  vom  25.  Januar  28  cm,  kleinere  sind  unbezeichnet. 
Die  Embryonen  sind  ganz  dunkelfarbig.  Der  grösste,  reife,  welchen 
wir  haben  ausstopfen  lassen,  ist  kaffeebraun;  das  ganze  Gefieder  ist 
sehr  locker.  Der  Schnabel  ist  schmutzig  gelb,  das  Nasenrohr,  der 
Nagel  und  der  weiche  Streif  am  Unterschnabel  sind  schwärzlich.  An 
den  Beinen  sind  Laufbein  und  Schwinnnhaut  schmutzig  gelb;  das 
LTebrige  schwärzlich. 


Pageastechcr,  Vögel  Süd-Georgiens.  23 


'rinn  turtur. 


Unsere  ziemlich  zahlreichen  Exemplare  von  Prion,  Avelcho  als 
P.  clesolatus  bezeichnet  waren,  fallen  bei  massiger  Verschiedenheit  der 
Schnabelgrösse  nach  dem  Schnabelumriss  sämmtlich  in  das  Diagramm, 
Avelches  l^Juirpc  für  Prion  turtnr  Smith  und  Kühl,  oder,  wenn  man 
darin  sicher  den  Prion  desolatus  Gmehu  erkennen  will,  für  dieseii 
gegeben  hat.  Dass  turtur,  ariel  und  desolatus  zusammen  gezogen 
Averden  müssen,  kann  wohl  nicht  bezweifelt  werden;  es  erscheint  aber 
nicht  unmöglich ,  dass  die  grossschnäbligen  vittatus  gleichfalls  nur 
sehr  alte  Thiere  zu  dieser  Art  sind.  Bei  unseren  Stücken  in  Alkohol 
ist  der  Schnabel  blaugrün,  das  Nasenrohr,  die  rinnenartige  Stelle  vor 
diesem  und  eindringend  zwischen  Seitentheile  und  Nagel,  sowie  die 
Aveiche  Linie  der  Unterkieferseiten  schwarz.  Die  Schwimmhäute  sind 
schmutzig  gelblichweiss  mit  dunklen  Mittelstreifen,  Nägel,  Zehen  und 
Streifen  längs  dieser  grau. 

Nach  Will  kamen  die  Vögel  mit  Procellaria  aequinoctialis,  also 
Anfangs  October.  Das  Brutgeschäft  wird  in  Höhlen  und  denen  der 
Kaninchen  ähnlichen  Gängen  besorgt.  Eins  unserer  Eier  ist  aus  dem 
Januar;  Eatoii  erhielt  solche  von  Prion  desolatus  auf  Kerguelen 
am  29.  November.  Die  weissen  Eier,  taubeneiähnlich ,  messen  48  zu 
35  und  50  zu  o()  mm.  Sie  sind  fast  gleichmässig  an  den  beiden  Enden 
gerundet.  Es  ist  hier,  wie  anderwärts,  auffällig,  dass  so  gewöhnlich 
Eier ,  welche  im  Vergleiche  mit  anderen  derselben  Art  lang  sind, 
nicht  auch  breiter,  vielmehr  schmaler  sind,  so  dass  die  Eorm  stärker 
verschieden  ist,  als  die  Masse. 

Unsere  sehr  verschieden  reifen  Embryonen  sind  alle  aus  dem 
Januar.  Die  Dunenjungeu  haben  ein  mausegraues,  etwas  dunkleres 
und  lockeres  Kleid  als  die  von  Pelecanoides;  ihr  hellgrauer  Schnabel 
ist  an  der  Spitze  hellgelb;  die  Eüsse  sind  hellgrau,  die /S'chwimmhäute 
schmutzig  weisslich.  Eaton  sagt,  dass  auf  Kerguelen  die  meisten 
Jungen  vor  Abreise  der  Expedition,  im  Eebruar,  ausgeflogen  seien. 
Auf  Süd-Georgien  waren  sie  Ende  April  noch  nicht  flügge,  auch 
öfter  unter  dem  Schnee  begraben.  Anfang  Mai  krochen  halbflügge  Junge 
aus  den  Nestern  und  dann  war  Alles  verschwunden. 

Unsere  Diomedea  fuliginosa  Gm.,  ein  Weibchen,  ist  im  Diomedea 
Februar  erlegt.  Gekommen  waren  die  Thiere  am  16.  October.  Die 
Nistplätze  mit  dem  einzigen  Jungen  lagen  nach  Will  an  unzugänglichen 
Felswänden.  Unser  YA  misst  99  zu  77  mm,  ist  massig  zugespitzt  und 
hat,  beschränkt  auf  den  stumpfen  Pol,  eine  Menge  winziger  braunrother 
Punkte.  Nach  beigefügter  Notiz  hat  es  265  Grannn  gewogen.  Wir  haben 
auch  ein  Dunenjunges.  Dasselbe  ist  blassgraubraun ,  an  der  Kehle, 
Schnabelwurzel  und  um  die  Augen  heller,  ohne  den  weissen  Augenriug 


fuli;rinosa. 


24 


Pageusteclier,  Vögel  Süd-Georgieus. 


Diomedea 
melauophiys 

Megalpstris 
antarcticus. 


der  Erwacliseiieu  zu  haben.     Der   Schnabel  ist  schwärzhch,  der  Nagel 
schwarz;   die  Füsse  sind  bräimlichschwarz  mit  hellerer   Schwimmhaut. 

Auch  die  Amerikaner  fanden  die  Vögel  am  '23.  October  im 
Begriffe  zu  legen  und  das  erste  Ei  auf  Kergueleu  am  2.  November. 

Von  Diomedea  melanoplirys  Temm,  erhielten  wir  ein  im 
März  erlegtes  Männchen.     Es  ist  auf  dem  Wasser  geschossen  worden. 

Von  Megalestris  antarcticus  Less.  haben  wir  aus  dem  Juni 
ein  altes  Stück,  welches  ausser  dem  charakteristischen  weissen  Flügel- 
spiegel einige  zerstreute  Federn  am  Halse  weiss  hat.  Die  ganze  Länge 
beträgt  68  cm,  die  des  Tarso-metatarsus  reichlich  7,  des  Schnabels 
von  der  Mundspalte  zur  Spitze  nahezu  8  cm.  Dass  diese  Vögel  die 
eigentlichen  kühnen  und  zudringlichen  Raubvögel  jeuer  Gegenden 
sind,  zu  Wasser  und  zu  Lande,  an  Alten,  Jungen  und  Eiern,  Lebenden 
und  Aas,  Fleisch  und  Fisch  ist  bekannt.  Ihre  Brutperiode  dauert 
nach  Will  von  Ende  November  bis  Anfang  März.  Eins  unserer  Eier 
ist  vom  24.  November,  misst  7  7  zu  53  mm,  ist  rasch  zugespizt, 
graugrün  mit  oberilächlichen,  zwar  ungleich  grossen,  im  ganzen  aber 
grösseren  braunen  und  kleineren  tiefer  liegenden,  überdeckten  grauen 
P'lecken,  dichter  und  grösser  am  stumpfen  Ende.  Das  zweite  misst 
7()  zu  52,  hat  einen  mehr  olivbraunen,  vielleicht  im  Brüten  verfärbten 
Grund  und  Flecken,  wie  das  erste.  Die  Eier  sind  von  dem  Moos,  in 
welchem  sie  meist  liegen,  nach  Will  schwer  zu  unterscheiden.  Die 
Amerikaner  fanden  Eier  am  17.  November  und  20.  Dezember.  Embryonen 
aus  dem  Jjinuar  sind  ziemlich  weit  entwickelt.  Die  Duuenjungen  sind 
milchkaffeebraun,  an  Mundwinkel  und  Kopfseiten  etwas  lichter.  Mitte 
März  hatten  sie  nach  Will  das  vollständige  dunkelbraune  Gefieder, 
Hessen  sich  aber  noch  füttern. 

Die  einzige  eigentliche  Möve,  Larus  Dominicanus  Licht.,  mit 
Dominicanus.  schwarzcm  Mantel  und  rothem  UnterschnabelHeck,  ist  den  beiden 
antarktischen  Inseln  gemeinsam,  auch  von  den  Falklandsinseln  und 
Patagonien,  selbst  von  Brasilien  bekannt.  Wir  hal)en  ein  erwachsenes 
Weibchen  von  Ende  Juli,  ein  unausgefärbtes  Stück  und  ein  Dunen- 
junges vom  14.  Dezember.  Letzteres  hat  eine  dunkle  Schnabelwurzel, 
auf  dem  schmutzig  grauweissen  Kleide  braune  Zeichnungen,  einen 
Streif  jederseits  vor  dem  Auge,  mehrere  Flecken  symmetrisch  über 
den  Augen  und  auf  der  Stirnmitte.  Auf  dem  Hinterkopfe,  den  Wangen, 
den  Seiten  der  Kehle  erscheinen  solche  Flecken  grösser  und  minder 
gesättigt.  Auf  dem  Rücken,  Avelcher  im  allgemeinen  dunkler  ist  als 
der  Bauch,  zeichnen  sie  sich  nur  wenig  aus.  Diese  scheckige  Färbung 
ist,  wie  bei  Sterna,  Grundlage  des  graubraun  und  weiss  gemischten 
Jugendkleides,  bei  welchem  die  Beine  schwarz  sind. 


Larus 


Pagcnstccher,    Vögel   Süd-Gcorgicus  25 

Zwei  unserer  Eier  sind  vom  14.  December,  eins,  wenn  ich  richtig 
lese,  vom  20.  Januar.  Mitte  März  fangen  nach  Will  die  Jungen  au 
zu  fliegen.  Die  Masse  unserer  Eier  sind  75  zu  52,  73  zu  49,  77  zu 
54.  Sie  sind  auf  einer  bald  mehr  in's  Gelbgraubrauue,  bald  mehr 
in's  Grüne  gehenden  Grundfarbe  mit  grossen  sepiabraunen  oder  oliv- 
braunen, mehr  oder  Aveniger  durch  Verdeckung  grauen  Flecken,  plumpen 
und  feinen  gemischt,  gezeichnet.  Das  erste  ist  das  spitzeste  und  am 
meisten  dem  der  Raubmöve  ähnlich;  das  zweite  hat  mehr  röthlichen 
Ton  im  Braunen;  das  dritte,  aus  dem  Januar,  ist  massig  spitz.  Die 
Avie  die  vorigen  zu  zweit  landeinwärts  abgelegten  Eier  sind  wie  jene 
dem  Boden  in  der  Färbung  angepasst. 

Die  Beschreibungen  der  antarktischen  Sterna-Arten,  insbesondere  stonui  virgata 
der  St.  virgata  Cabanis ')  bieten  Ungleichheiten  oder  Ungenauigkeiten, 
welche  der  Absonderung  neuer  Arten  von  der  Sterua  vittata  Gm.  die 
Schärfe  nehmen.  Wir  haben  von  der  süd-georgischen  Sterna  vier 
Stück  aufgestellt,  ein  erwachsenes  Pärchen,  ein  unausgefärbtes  und 
unausgewachsenes  aber  flügges  Stück  und  ein  Dunenjunges.  Das 
Männchen  ist  am  4.  August  erlegt,  das  Weibchen  mit  Brutfleck  Ende 
Juli.  Es  hat  weisse  Federn  unter  die  schwarzen  der  liaube  gemischt. 
Die  jüngeren  Thiere  sind  leider  ohne  Datum.  Wir  haben  sieben 
Embryonen  aus  dem  Januar,  deren  Brutzeit  von  etwa  8  Tagen  bis 
nahe  zur  Vollendung  zählen  wird.  Nach  Will  begann  das  Brüten  im 
Januar  und  im  März  flogen  die  jungen  Thiere,  wenn  auch  noch 
ungeschickt.  Die  Amerikaner  fanden  aber  auf  Kerguelen  von  ihrer 
angeblichen  Sterna  vittata  Gmelin  schon  im  Dezember  Junge  und  Avie 
bei  vielen  Sturmvögeln  beide  Geschlechter  brütend. 

Unsere  erwachsenen  Sterna  nun  weichen  von  der  Diagnose 
der  St.  vittata  Gm.  durch  den  nicht  reiuAveissen  Schwanz  ab,  scheinen 
auch,  in  Uebereinstimmung  mit  TF///'.s  Angabe  korallrothe  Füsse 
gehabt  zu  haben.  Sie  besitzen  dabei  gewisse  für  Sterna  virgata  Gab. 
als  charackteristisch  aufgeführte  Merkmale,  aber  nicht  alle.  Sie  haben, 
im  Vergleiche  mit  der  Beschreibung  dieser  Art  bei  ('ahanif<  und  Sliürpe 
nicht  nur  die  oberen  Schwanzdecken ,  sondern  auch  die  unteren ,  die 
Afterdeckfedern  und  die  Unterflügeldecken,  besonders  beim  Weibe, 
viel  heller  als  Oberseite,  Brust  und  Vorderbauch,  weiss  oder  fast 
weiss ,  was  für  vittata  Gm.  spricht.  Der  Aveisse  Gesichtsstreif  geht 
Avie  Cahanis  für  virgata,  Hharpe  aber  für  vittata  sagt,  unter  dem 
Auge  durch,  nicht  Avie  Sharpe  für  virgata  sagt:  superciliar.  Er  um- 
gränzt,  wie  Gmelin  für  vittata  hervorhebt,  die  schwarze  Kappe  gänzlich. 


')  Jouruiil  für  Oruithologie   1875.  23.  p.  449. 


26  Pagenstecher,  Yögel  Süd-Geoi-giens. 

Die  Spitze  des  korallrotlien  Schnabels  ist  schwärzlich,  was  nirgends 
gesagt  wird.  Die  Aiissenfahne  der  ersten  Schwungfeder  ist  bei  weissem 
Schafte  fast  schwarz,  was  bei  SJiarpe  eins  der  Merkmale  von  virgata 
gegen  vittata  ist,  und  die  Hälfte  der  Innenfahue  sehr  dunkel,  während 
die  folgenden  Schwungfedern  auf  der  Aussenfalme  zunächst  eher  heller 
sind  als  auf  der  lunenfahne,  nur  dass  der  Innensaum  dieser  der 
Folge  der  Federn  nach  allmählich  breiter  und  breiter  rein  weiss  wird. 
Da  die  schwarzen  Scheitelfedern  an  der  Wurzel  weiss  sind,  kann  durch 
verschiedene  Umstände  die  Haube  weissscheckig  werden.  Die  Steuer- 
federn haben  graue  Aussenfahnen.  Der  Schwanz  erscheint  dadurch 
im  Ganzen  grau,  Avährend  auch  SliCDj^e  für  vittata  einen  weissen 
Schwanz  angiebt;  er  ist  aber  beim  Männchen  etwas  heller  als  beim 
Weibchen. 

Unser  Männchen  misst  35,5,  das  Weibchen  33  cm,  womit  diese 
Stücke  die  Mitte  haben  zwischen  8hari)&s  Mass  für  virgata  mit  12" 
engl.  {Cabanis  I3V2"  franz.)  und  für  vittata  mit  15"  3'".  Der  Schwanz 
hat  mit  13  cm  bis  zur  Spitze  der  äusseren  Feder  ungefähr  die  von 
Cabanis  angegebene  Länge.  Die  Flügel  messen  gut  37  cm,  sind  also 
etwas  länger,  als  sie  nach  Sharpe  bei  den  beiden  Arten,  nach  Cabanis 
bei  virgata  sind. 

Auch  Sterna  nistet  auf  dem  mit  Moos  bedeckten  Boden.  Wir 
erhielten  nur  ein  ganzes  und  ein  halbes  Ei.  Jenes  ist  47  mm  lang, 
lang,  32  breit,  ziemlich  spitz;  das  stumpfe  Ende  ist  sehr  ausgezeichnet. 
Die  Farbe  ist  dunkeloliv  mit  braunen  Flecken  verschiedener  Grösse, 
oberflächlichen  und  tieferen,  auf  dem  einen  Ei  grösseren  und  zer- 
streuteren, auch  in  etwa  in  einem  Gürtel  stärker  auftretend. 

Das  Nestjunge  ist  grau  mit  zerstreuten  dunklen  Flecken ,  um 
die  Augen  heller,  unten  grauweiss.  Beim  un ausgefärbten,  29  cm  langen 
Vogel  haben  die  Federn  an  Kappe,  Nacken,  Flügeldecken  weissliche 
Binden  auf  graubraunem  Grunde.  Spuren  dieser  Binden  zeigen  auch 
die  Enden  der  übrigens  bereits  ziemlich  wie  bei  den  erwachsenen  ge- 
färbten Schwung-  und  Steuerfedern.  Das  Weiss  am  Ende  der  ünter- 
armschwingen  ist  noch  schmutzig,  Kehle,  Brust,  Bauch  leicht  braun 
gemustert,  jene  mehr  weissbraun,  diese  mehr  weiss.  Die  weisse  Kopf- 
binde ist  noch  wenig  merklich. 

Der  Schnabel  misst  über  dem  Kulm  bei  den  drei  älteren 
Exemplaren  3,1 — 2,9 — 2,7  cm,  vom  Mundwinkel  bis  zu  1  cm  mehr, 
beim  Männchen  4,1  cm.  Der  des  Dunenjungen  ist  kurz,  über  den  Kulm 
wenig  mehr  als  1  cm  lang,  vom  Mundwinkel  aus  1,5  cm.  Er  gleicht 
im  Oberschnabel  etwas  dem  der  Möven,  ist  fast  hakig,  während  der 
Unterschnabel    fast    keinen    Kinnwinkel    hat.        Er    ist    durchgehend 


Pageustoi'luM-,  Vögel   Süd-Goorgiens.  27 

schwärzlich.  Beim  flüggen  Jungen  reicht  die  schwärzliche  Färhung 
auf  dem  Kulm  bis  zai  den  Naslöchern.  So  im  Heranwachsen  verringert, 
mag  sie  hei  Stücken,  Avelche  älter  shid,  als  unsere  ohen  l)eschriel)enen, 
auch  in  Süd-Georgien  ganz  verschwinden. 

Die  Abweichungen  dieser  Seeschwalbe  von  den  Diagnosen  der 
virgata  und  vittata  haben  uns  nicht  bestimmen  können,  eine  neue  Art 
aufzustellen,  vielmehr  zweifelhaft  gemacht  ül)er  die  Berechtigung  der 
unterschiedeneu.  "Wir  haben  sie  dahin  gestellt,  wohin  sie  mehr  zu 
passen  schien. 

Bei  unseren  Phalacrocorax  carunculatus  Gm.  hat  das  im  Juli  Piiaiacvocoiax 
getödtete  Männchen  ^51,5,  das  Weibchen  29,5cm  Flügellänge,  sodass 
schon  letzteres  etwas  die  von  Sclilegel  angegebenen  Masse  übertrifft. 
Beide  haben,  Avie  auch  ein  drittes,  in  Spiritus  bewalirtes  Stück,  die 
Aveisse  Flügelbinde,  keins  eiuen  Kückentleck,  der  Maun  hat  keine  Feder- 
haul)e.  Die  in  der  Kehlhaut  vorragende  Federsclmebbe  ist  beim  Weil)e 
deutlicher  als  an  der  stärkeren  Kehlhaut  des  Mannes.  Die  Karunkeln 
an  der  Schnabelwurzel  sind  massig.  Nach  Will  sind  sie  aher  zur  Zeit 
der  Paarung  lebhaft  blau  und  gelb  gefärbt.  Die  Oberseite  des  Weibes 
ist  minder  glänzend  als  die  des  Männchens  und  geht  etwas  ins  Braune. 

Coues  stellt  seine  Kerguelen-scharbe  auch  zu  carunculatus  Gm., 
obwohl  sie  des  Aveissen  Flügelbandes  entbehrt.  Cahanis  ')  hingegen 
macht  daraus  seinen  Halieus  verrucosus ,  Avelcher  im  Vergleiche  mit 
dem  carunculatus  von  Neu-Seeland  kleiner,  an  Schnabel  und  Füssen 
kürzer  sei,  aller  Aveissen  Abzeichen  ermangele,  stärkere  Karunkeln  und 
die  Federschnebbe  fast  bis  zum  Kinne  habe.  Aus  dem  obigen  erhellt,  dass 
für  die  unterscheidenden  Merkmale  mindestens  zum  Theil  Vermittlungen 
bestehen,  beziehungsAveise  sie  von  Geschlecht,  Alter,  Jahreszeit  abhängen. 

Die  deutsche  Expedition  fand  auf  Süd-Georgien  bei  ihrer  Ankunft 
die  Kormorane  schon  vor;  die  Brutplätze  wurden  erst  im  Februar 
bemerkt,  als  die  Jungen  schon  sehr  herangewachsen  Avaren.  Die  deutsche 
Expedition  erhielt  auf  Kerguelen  einfarbig  nussbraune  Dunenjunge, 
unten  nur  mit  einigen  wei^sgrauen  Federchen,  das  ganze  Gesicht  nackt. 


»)    Journal  f.  Ornithologie  1875.  23.  p.  450.  Abbild.   187G.  24.  I.  I, 


Pagenstecher,  Vogelausbeute  aus  Sud-Georgien.  Zum  Bericht  über  das  Naturhist.  Museum  zu  Hamburg  1884. 


1.  Aiithus  antarc'ticus,  Cab.  9. 

2.  Ei  desselben. 

3.  Chionis  alba,  Gnü. 

4.  Pagodroma  nrv^ea,  Gml.9 


■r;^'y^^^:ißfV»n(^^^ 


W  Gummeh  ae. 


,i  I-  Tlir.htRr  "hrh 


Die  von 

Dr.  G.  A.  Fisclier 

auf  der 

im  Auftrage  der  geographischen  Gesellschaft  in  Hamburg 

niiternoinmenen 

Reise  in  das  Massai-Land 

gesammelten 

Säugethiere 


von 


Prof.   Dr.   Pagensteche7\ 


Mit  einer  Tafel  in  Farbendruck. 


Die  von  Herrn  Dr.  G.  A.  Fisclier  auf  seiner  im  Auftrage  der 
geogra])]iisclien  Gesellscluift  zu  Haml)urg  im  Jahre  1883  in  das 
Massailand  ausgeführten  Heise  gesammelten  Thiere  und  Mineralien 
sind  von  der  gedachten  Gesellschaft  als  ein  lu'iclist  dankenswerthes 
Geschenk  dem  Naturhistorischen  Museum  üherwiesen  worden. 

Die  Bearheitung  der  Reptilien,  Amphibien  und  Fische  durch 
Herrn  Dr.  J.  G.  Fischer  und  die  der  Käfer  in  der  Hauptsache  durch 
Herrn  Professor  Dr.  Gcrstöcker  wurden  in  1884  bereits  so  zeitig 
fertig,  dass  diese  Arbeiten  als  Beilagen  zum  Jahresberichte  des 
Museums  für  1883  im  Jahrbuche  der  Hamburgischen  wissenschaft- 
lichen Anstalten  I.  Jahrgang  erscheinen  konnten. 

Eine  Uebersicht  der  Vögel  hat  Herr  Dr.  G.  A.  Fischer  seitdem 
selbst  in  der  Zeitschrift  für  die  gesammte  Ornithologie  1884  (Budapest) 
gegeben. 

Ueber  die  Säugethiere  soll  hier  Bericht  erstattet  werden.    Wie 
mehrfach   zu    den  Vögeln   früher  gesammelte   Stücke,    so   hat  zu   den 
Säugern   Herr  Dr.  Fischer   den   auf  Zanzilnir   erlegten   Colobus  Kirkii 
als    sein  Geschenk   Ijeigelegt.      Eine    annähernd   volle  Vertretung    der 
Fauna  des  durchwanderten  Gebietes  liegt  nicht  vor.    In  seiner  Reise- 
skizze ')  hat  Dr.  Fisclwr  von  Säugern   als  beobachtet   noch    angeführt 
Elenantilope,  Giraffe,    Zebra,    gestreiftes  Gnu,  Warzenschwein,    Büffel, 
Nilpferd,    Rhinoceros,    Hyäena   crocuta,    Löwe,    Cynocephalus   1)abuin, 
Hase;    als    von  den  Massai  zum  Mantel   benutzt  Cercopithecus   pyge- 
rythrus,    Hyrax,   „Wildkatze"   (unzweifelhaft  Lynx  sp.),    Leopard;    von 
der  Jagd  und  den  Spuren  des  Elephanten  ist  die  Rede. 

Das  grosse  Wild  war  besonders  reich  in  den  lichten  Waldungen 
und  dem  Graslande  bei  Klein-Aruscha,  aber  die  reichste  Fauna  gab 
der  dichte  Wald  bei  Gross-Aruscha  am  Maeruberge. 


1)  Mittheilungen  der  geographischen  Gesellschaft  in  Hamburg  1882  — 1883, 
Heft  1,  p.  36;  G.  A.  Fischer,  Bericht  über  die  im  Auftrag  der  geographischen 
Gesellschaft  in  Hamburg  unternommene  Reise  in  das  Massailand. 


32  Pagenstecher,  Säugethiere  des  Massailaudes. 

Affen  und  Halb-  1     Colobus  Kirkü  J.  E.  Gray.    Balg  und  Schädel  eines  weib- 

lichen aufZanzibar  erlegten  Thieres  (Eingangs-Catalog  8175  u.  8716). 
Der  Schädel  vom  C.  Kirkii,  hier  leider  durch  den  Scliuss  sehr 
l)eschädigt,  entfernt  sich  durch  die  geringe  Entwicklung  des  Gebisses, 
namentlich  der  Eckzähne,  von  den  beiden  folgenden  Arten  und 
kommt  darin  und  durch  den  tiefen  Eindruck  im  Jochfortsatz  des 
Oberkiefers  dem  C.  ferrugineus  111.  viel  näher,  w^elcher  gleich  ihm 
auch  in  der  Färbung  vom  gewöhnlicheren  Verhalten  der  Colobus 
abweicht.  Die  Nasenbeine,  welche  bei  C.  ferrugineus  sehr  schmal 
sind,  wobei  die  Nasenöffinung  des  Schädels  der  von  Semnopithecus 
gleicht  und  die  Zwischenkiefer  fast  das  Stirnljein  erreichen,  sind  hin- 
gegen bei  C.  Kirkii,  obwohl  auch  hier  die  Zwischenkiefer  sehr  hoch 
reichen,  plump  und  die  Nasenöffnung  ist  oben  breiter  als  gewöhnlich. 
Der  Zwischenraum  zwischen  den  Schläfenleisten  des  Schädels  ist  bei 
C.  Kirkii  schmaler  als  bei  den  anderen  CoIoIjus  und  Semnopithecus, 
welche  ich  vor  mir  habe.  Es  ist  zu  bedauern,  dass  die  (Gelegenheit 
zum  Vergleiche  der  Backentaschen-  und  Magen -Bildungen  nicht 
gegel)en  ist. 

2.  Colobus  palliaius  Peters.  Balg  und  Schädel  eines  ziemlich 
ausgewachsenen,  bei  der  Ortschaft  Pangani  am  IG.  August  1883 
erlegten  Männchens  (E.-C.  7G94  u.   7605). 

Die  Gesässschwielen  sind  gelb ;  von  ihnen  Ins  zum  Hodensack 
verläuft  auf  dem  Damme  ein  schmaler  Streif  rein  weisser  Haare,  mit 
seinen  Wurzeln  die  Gesässschwielen  ein  wenig  umgreifend. 

Der  Schädel  ist  dem  vom  C.  guereza  Rüpp.  sehr  ähnlich.  Im 
Vergleiche  mit  dem  eines  weiblichen  Guereza  von  Abyssinien  in 
unserem  Museum  ist  er  stärker,  im  Zwischenkiefer  breiter,  im  Hinter- 
hauptkamm viel  kräftiger,  in  der  von  diesem  begränzten  Hinterhaupt- 
flache  etwa  6  mm  breiter.  Das  wird  durch  das  Geschlecht  begründet 
sein,  denn  dieser  Schädel  reicht  nicht,  um  die  Kopfhaut  des  folgenden 
Stückes   zu  füllen. 

3.  Colobus  Guereza  JRi'qip.  Balg  eines  grossen  Männchens, 
erlegt  in  Gross-Aruscha  am   17.  Juli  1883  (E.-C.   7696). 

Das  Weiss  greift  vom  Hinterrücken  um  die  Gesässschwielen 
und  erreicht  die  Wurzel  des  Hodensacks. 

4.  Cercopithecus  (Chlorocebus)  rufoviridis  laid.  Geoffr.  Balg 
und  Schädel  eines  in  Ngurumän  am  26.  Juni  1883  erlegten  Männchens 
aus  der  Gruppe  der  Cercopithecus  mit  rothbraunen  Haaren  am  After 
und  unter  der  Schwanzwurzel  (E.-C.   7697  u.   7698). 

Es  scheint  mir,  dass  C.  rufoviridis  Geoffr.  und  C.  pyperythrus 
Cuv.  nicht  scharf  unterschieden  seien  und  unser  Individuum  vermittle. 


Paijfenstccher,  Säugethiere  des  Massailaudes,  33 

■wenn  es  auch    iiaeh    den  Besehreilnuigcn,    insl)esoiulor('    eiiu-s   Stückes 
vom  Zaiul)esi,  hei  SchUgeV)  mehr  mit  der  ersten  Art  stimmt. 

Au  Scheitel,  Vorderrückeii  und  Schultern  ist  das  (iell)  dt^r 
Ilaare  durch  p;raue  Wurzeln  und  schwarze  Ringe  sehr  getrübt;  es 
kommt  hingegen  in  der  zweiten  Hälfte  des  Rückens  ein  ziemlich 
reines  Gelbroth,  deutlicli  abgesetzt,  zur  Erscheinung.  Die  x\ussen- 
liäche  der  Arme  von  ül)er  dem  Ellenbogen  ab  und  die  der  Hinter- 
beine vollständig,  selbst  über  den  Rücken  weg  zur  Verbindung  der 
zwei  Seiten  vor  der  Schwanzwurzel,  sowie  die  Oberseite  des  Schwanzes 
sind  grau,  indem  die  mit  schwarzen  abwechselnden,  sonst  gelben  Ringe 
der  Haare  daselbst  zu  weissen  abblassen.  Das  letzte  Sechstel  des 
Schwanzrückens,  die  Schwanzspitze,  die  Hände  und  Füsse  sind  fast 
schwarz;  das  Gesicht  mit  Einschluss  des  Kinns  ist  ganz  schwarz; 
eine  Stiiiibinde  und  der  Backenbart  sind  ziemlich  rein  weiss ;  Kehle, 
Bauch  und  Innenseite  der  Gliedmaassen  sind  schmutzig  weiss. 
J.  E.  Gray  heljt,  wie  es  scheint  durch  einen  Schreiljfehler,  die 
weisse  Stirnlnnde ,  ferner  die  schwarzen  Hände  nicht  gebührend 
hervor,  characterisirt  ül)erhau})t  die  Farben  nicht  gut.  Der  Schädel 
kommt  einem  in  unserer  Sannnlung  als  von  C.  Sabaeus  Cuv.  ErxL, 
gTiseoviiidis  Desm.  herrührend  bezeichneten  nahe.  Er  ist  etwa  1  cm 
kürzer  und  in  allen  Beziehungen  zarter,  wohl  nicht  allein  wegen 
minderen  Alters.  Der  Augenrand  ist  minder  ausgebreitet,  die  Nase 
stärker  eingedrückt,  die  Eckzähne  sind  schlanker,  die  äusseren  oberen 
Schneidezähne  schmaler.  Leider  ist  von  dem  \'ergleichstück  nicht 
zu  ermitteln,  ob  es  aus  Ost-Africa  (C:  engythithea  Gray)  oder  West- 
Africa  herrühre  und  welcher  Art  es  eigentlich  angehöre. 

5.  Otoliciius  crassicaudatus  Geoffr.  Junges  Männchen,  am 
17.  Juli  1883  in  Gross -Aruscha  in  einem  Akazienwalde  am  Fusse 
des  Maeruberges  erlegt  (E.-C.  7726  u.  9183). 

Die  Länge  des  Rumpfes  beträgt  nur  27,  die  des  Schwanzes 
87  cm.  Die  braune  Oberseite  ist  stark  mit  grau  gemischt,  die 
Gegend  über  den  Augen  am  reinsten  grau ,  die  Arme  und  der 
Schwanz  am  reinsten  braun,  letzterer  dunkelbraun,  an  der  Spitze 
schwarzbraun.  Längs  der  Schlüsselbeine  gi'eift  das  Braun  ziemlich 
rein  auf  die  übrigens  grauweisse  Bauchseite  über,  Kehle  von  Brust 
unvollkommen  trennend. 

6.  Megaderma  (Lavia)  frons  Geoffroy.    Weibliche  Thiere  erlegt    Fiedei 
bei    Ndalata    unweit    des    Vulkans   Dönyo   Xgai    und   im   März    1883 


')  Musee  d'hist.  natur.  des  pays-bas  VII  1876,  p.  78. 


34  Pagensteclier,  Säugethiere  des  Massailandes. 

in  Nguriiman,  Männchen  erlegt  am  33.  Januar  1883  in  Maurui 
(E.-C.   7712,  7715,  7716). 

Die  Weibchen  haben  ausser  den  gewöhnlichen  Zitzen  gleiche 
zitzenähnliche  Anhänge  auf  dem  Schamberge    wie  die  Rhinolophiden. 

7.  Nycteris  hispida  Schreier.  Männchen  am  13.  Januar  1883 
in  Maurui  erlegt  (E.-C.   7714). 

8.  Nycteris  aethiopica  Dohson.  Ein  Weibchen,  welches, 
wenigstens  im  Vergleiche  mit  Dobson  Catalogue  of  the  Chiroptera  in 
the  CoUection  of  the  Brit.  Mus.  p.  165,  nicht  ausgewachsen  zu  sein 
scheint  (E.-C.  7713).  Vom  Lager  in  Ivlein-Aruscha  am  Rongaflüsschen, 
welches  sein  Wasser  vom  Kilima-Ndjaro  und  Maeruberge  bezieht, 
am  23.  Juli  1883. 

9.  Taphozoiis  Maiiritiauus  Geoffr.  Ein  Männchen  von  Pangani, 
dem  Ausgangs-  und  Endpunkte  der  Reise,  5,  August  1883  (E.-K.  7717). 
Die  oberen  Schneidezähne  sind  bereits  ausgefallen. 

insecteufresstr.  ^^-     Rhyucliocvoii    Petei'si    Barhoza    du    Bocage.       Ein    aus- 

gewachsenes Männchen  von  Pangani  (E.-C.  7725).  Unter  der  Schwanz- 
wurzel liegt  eine  Drüse  und  veranlasst  einen  nach  hinten  scharf 
abgeschnittenen  Wulst.  Die  Oeffnung  derselben  ist  in  der  Mittellinie 
nach  hinten  gerichtet. 

11.  Crocidura  Fisclieri,  nova  species.  (Eig.  1;  Schädel  Eig.  2 
u.  3.)  Ein  altes  Männchen  von  Nguruman  (E.-C.  7718  u.  9184). 
Diese  Spitzmaus  kommt  C.  canescens  Peters ,  Sorex  argentatus 
Victorin  und  cyaneus  Duvernoy  am  nächsten.  Körper  bis  zur  be- 
haarten Wurzel  des  Schwanzes  9,2  cm,  Schwanz  einschliesslich  dieses 
Theils  4,8  cm,  Oberseite  blaugrau  mit  einem  braunen  Schimmer,  am 
Kopfe  wenig  mehr  ins  Braune,  Schnauze  oberhall)  der  Spürhaare  und 
seitlich  Ins  zu  den  Augenl)rauen,  Oberlippe  unterhalb  der  Spürhaare, 
Kinn,  Hals,  hinter  den  Ohren  aufsteigend,  Bauch  und  in  bestimmter 
Abgrenzung  die  Seiten,  Aftergegend,  Unterarme  und  Vorderfüsse, 
Unterschenkel  und  Hinterfüsse  weiss  mit  Spuren  von  Grau,  indem 
die  basale  Hälfte  der  Haare  grau  ist.  Ohren  gut  entwickelt,  hinterwärts 
dünn  grau  behaart,  am  Rande  und  an  dem  Rande  der  Klappe  be- 
wimpert. Schwanz  hinter  der  dicht  behaarten  Wurzel  spärlich  weiss 
behaart.  Schwanz  und  Schnauze  erschienen  während  der  Bewahrung 
in  Spiritus  besonders  dick  und  deren  Haut  weiss.  Im  Ausstopfen 
sind  die  Dicke  und  die  Weisse  der  Haut  an  beiden  Theilen  ver- 
schwunden. Muffel  gespalten.  Hinternägel  wenig  stärker  als  Vorder- 
nägel. Der  al\gehäutete  Schwanz  vierkantig,  an  den  Oelenken  wenig 
anschwellend.  Schädel  (Eig.  2)  26  mm  lang,  28  Zähne,  Wirbel 
7  +  14  +  6+3+17.      Die  hintere  Abtheiluns  des  ersten  oberen 


Pai^eustccher,  Säugethiere  des  Massailaudes.  35 

Schueidezalnis  mir  lialb  so  lanj^'  in  der  Sagittaleii,  als  die  vordere, 
mit  der  Sclineidc  im  Aussentheile  den  ZAveiten  Schneidezahn  fort- 
setzend, aber  von  (hassen  Spitze  überragt;  der  zweite  obere  Schneide- 
zahn an  der  Basis  so  hing  wie  der  dritte  und  der  Eckzahn  zu'^aninien; 
dritter  Schneidezahn  mal  Eckzahn  einander  sehr  ähnlich;  vorderer 
Zacken  des  Reisszalms  niedriger  als  der  Eckzahn.  Erster  unterer 
Schneidezahn  an  der  Hinterkante  zweimal  sehr  schwach  aiisgerandet ; 
zweiter  wenig  länger  als  hoch,  dem  Eckzalm  im  ümriss  der  Basis 
sehr  ähnlich,  aber  in  der  Spitze  viel  niedriger. 

Keine  der  Peters'schen  Arten  von  Mozambique  hat  wie  diese 
nur  3  Sakralwirbel.  Darin  und  gänzlich  in  den  Wirbelzahlen  stimmt 
unsere  Art  mit  Sorex  vulgaris  L.  überein.  Von  cyaneus  Duv.  unter- 
scheidet sich  unsere  Art,  wie  es  scheint,  durch  etwas  geringere 
Grösse,  kürzeren  dicken  Schwanz,  plumpe  Schnauze,  die  weisse,  an 
den  Seiten  aufsteigende  Färbung  des  Bauches  und  die  l)raunen 
Seitenstreifen  des  Gesichtes.  Die  C.  gracilipes  Peters  vom  Kilima 
Ndjaro  ist  schön  zimmtbraun,  canescens  Peters  unten  grau  mit  hell- 
])raunem  Schwänze.  Im  Ganzen  ist  die  lilaugraue  Färlnnig  unter  den 
ostafrikanischen  und  südafrikanischen  Crocidura  viel  seltener  als 
die  braune. 

12.  Bdeogale   piiisa  Peters  (crassicauda  Peters   varV).      Al^ge-    Raubthiere. 
löster  Kopf,  Vorderbein    und  Hinterbein   eines   bei  Bajamojo  erlegten 

Thieres  (E.-C.  7724  u.   U170). 

Diese  Theile  mussten  auf  die  gell)geringelten  Kopfhaare  hin 
zu  dieser  grösseren  Art  gestellt  werden.  Der  Schädel  ist  aber  eher 
kleiner  als  der  der  kleineren  Art,  der  crassicauda  Peters,  nach  der 
Ablnldung  des  Autors ,  obwohl  das  Thier  ausgewachsen  zu  sein 
scheint.  Die  männliche  puisa  von  Peters  ist  nach  den  gemäss  der 
Abbildung  stark  abgekauten  Zähnen  jedenfalls  ein  sehr  altes  Stück 
gewesen.  Seine  Exemplare  von  crassicauda  waren  ein  Weibchen  und  ein 
junges  Männchen.  Es  ist  sehr  wohl  anzunehmen,  dass  das  Männchen  im 
Allgemeinen  grösser  wird,  während  sein  Schweif  gedrungener  bleibt. 
Dann'^  dürfte  jjuisa  nur  die  gelbliche  Varietät  zu  crassicauda  sein. 
Leider  wissen  wir  von  unserem  Exemplar  nichts  ül)er  das  Geschlecht. 

13.  Helogale  uiidulata  Feters.  Ein  Männchen,  bei  Gross- 
Aruscha  am  Maeruberg  am  22.  Juli  erlegt  (E.-C.   7730  u.   9093). 

Die  Zeichnungen  der  Füsse  bei  Peters  sind  nur  für  die  Be- 
grenzung der  nackten  Sohle  massgebend;  übrigens  sieht  in  dieser 
Zeichnung  die  Sohle  aus  wie  ausgestopft,  die  Falten  und  Höcker 
sind  nicht  gebührend  angegeben. 

4* 


36  Pagenstecher,  Säugethiere  des  Massailandes. 

Wiederkäuer.  14    Kobus    elli/i-sipryiiiiius   Ogilhy.     Schädel  mit   Hörnern    und 

Kopfliaut   von   einem   ziemlich    erwachsenen   männlichen,    am  27.  Juli 
in  Klein- Aruscha  erlegten  Thiere  (E.-C.  7708  u.   7709). 

Die  Hörner  haben  21  Knoten,  messen  nach  der  hinteren 
Krümmung  57  cm  in  Länge  und  klaffen  an  den  S^jitzen  30  cm. 

15.  Eleoirag-us  (Redunca)  arimdiuaceus  Shaw.  Schädel  mit 
Hörnern  eines  im  Februar  in  Maurui  erlegten  jugendlichen  Thieres 
(E.-C.  7707). 

Wohnort,  Gestalt  der  Hörner,  geringe  Grösse  lassen  eher  auf 
die  genannte  Art  als  auf  E.  reduncus  Pall.  scliliessen.  Vergleichs- 
material  haben  wir  leider  nicht.  Die  Hörner  messen  bei  10  bis 
11  Wülsten  nach  der  Krümmung  nicht  mehr  als  22,  in  der  Sekante 
nur  1(5  cm  in  Länge  und  klaffen  oben  18  cm.  Die  grösste  Länge 
des  Schädels  ist  25  cm. 

16.  Cephalophus  Naialeusis -S'wwY/^  Dalg  und  Schädel  eines  jungen 
in  Gross-Aruscha  am  19.  Juli  erlegten  Weil)chens  (E.-C.  7099  u.  7700). 

Die  Beschreibung  von  Smith  passt  gut,  nur  sind  die  Ohren 
innen  weiss,  mit  Ausnahme  eines  braunen  Flecks  an  der  Wurzel  der 
Hinterkante.  An  der  Wurzel  der  Vorderkante  ist  das  weisse  Haar 
'sogar  etwas  buschig.  Von  der  Aljljildung  ])ei  Smith  unterscheidet 
sich  unser  Stück  sehr  durcli  die  dunkeln  Beine.    Es  ist  kaum  1,5'  hoch. 

17.  Nesolragiis  Kircheiipaueri,  iiova  species.  Balg  mit  Schädel 
eines  jungen  in  Gross-Aruscha  am  18.  Juli  erlegten  Bockes 
(E.-C.  7701  u.  7702). 

Diese  Antilope  muss  von  N.  moschatus  Düben  getrennt 
werden.  Sie  hat  auch  Merkmale,  welche  für  N.  Livingstonianus 
Kirk  (Proc.  Zool.  Soc.  1864  p.  657)  nicht  angegeben  sind.  Mit 
weiterer  Rücksicht  auf  Musealexemplare  und  auf  Reiseberichte  ist 
anzunehmen,  dass  in  der  Gattung  Nesotragus  eine  grössere  Zahl  von 
Arten  auf  dem  Continente  und  auf  den  Inseln  Zanzibar,  Chapani, 
Mombas  unterschieden  werden  kann.  Bis  zu  welchem  Grade  solche 
durch  Uebergänge  verbunden  sind,  wird  sich  erst  allmählich  heraus- 
stellen. Unser  Thier  misst  von  der  Schnauze  bis  zur  Schwanzwurzel 
57  cm,  der  Schwanz  bis  zu  den  Spitzen  der  Haare  1 1  cm,  wobei  er, 
besonders  mit  Rücksicht  auf  die  gTosse  Betheiligung  der  Haare  an 
dieser  Länge ,  im  Vergleiche  mit  anderen  Nesotragus  sehr  kurz 
"erscheint.  Die  Schulterhöhe  ist  35  cm,  die  Länge  der  Hörner 
6,5  cm.  Das  Haar  steht  im  allgemeinen  und  besonders  an  der 
Hinterkante  der  Schenkel  dicht.  Stirn,  Scheitel,  Nacken,  Rücken 
und  Seiten  sind  dunkelbraun,  indem  die  Haare  an  der  Wurzel  grau, 
gegen   die   Spitze    aber  mit   Schwarz    und    Goldbraun    geringelt    sind. 


Pagenstoclicr,  Säugethiero  des  Massailandes.  37 

Nasenwurzel  mit  scliwarzem  Strich;  Kranz  um  die  Augen  und  Seiten 
der  Nase  dünnl)eliaart  und  hell;  ()])erli})pensaum ,  Unterlippe,  Kinn, 
Kehle  und  jederseits  ein  umsehriehenes  Flcekclieii  auf  dem  Sclieitel 
natdi  innen  von  der  Wnr/el  der  Oliren  weiss.  Ohren  aussen  grau, 
innen  und  an  der  unteren  oder  hinteren  Kante  der  Muschel  weiss. 
Backen  und  Unterhals,  die  weisse  Kehle  vom  weissen  Bauche 
scheidend,  roth.  Schultern  l)is  zur  Hälfte  des  Oberarms,  Seiten, 
Sclienkel  l)is  über  die  Hacken  hinaus  unter  Einmischung  einer 
grösseren  Zald  weisser  Stichhaare  in's  Graul)raune  fallend.  An  der 
Brust  wird  das  Weiss  der  Unterseite  durch  zwei  vom  Halse  aus- 
laufende rothe  Streifen  in  einen  Mittelstreif  und  zwei  Achselstreife 
geschieden.  Von  der  Achsel  aus  steigt  es  nur  wenig  an  der  Innen- 
Üäche  und  der  Hinterkante  der  Arme  hinab,  an  der  Innenfläche  der 
Hinterbeine  dagegen  mit  einem  schmalen  Streifen  fast  l)is  zur  Mitte 
des  Laufes.  Uebrigens  sind  die  Beine  roth,  hinten  und  vorn  an 
den  Fesseln  schwarz.  Der  langhaarige  Schwanz  ist  auf  der  Oberseite 
dunkler  als  der  Hinterrücken,  an  den  Seiten  grau  gleich  den  Körper- 
seiten, unterhall),  so  Aveit  die  Rübe  reicht,  weiss.  Die  Hörner  haben 
etwa  12  scharfe  und  rauhe  Ringe;  sie  stehen  mit  den  Spitzen  um 
5,5  cm  von  einander,  etwa  1  cm  mehr  als  die  Achsen  an  der  Basis 
und  ragen  um  einige  Millimeter  nach  vorne  über.  Die  Ohren  messen 
0,8  cm  in  Länge,  l)ei  unserem  N.  moschatus   nur  5  cm. 

Der  Schädel  misst  von  der  Spitze  der  Hornzapfen  l)is  zum  Ende 
der  Zwischenkieferl^eine  13  cm,  ein  ganz  geringes  mehr  als  der  eines 
N.  moschatus  Düben,  welcher  nacli  der  Beschaffenheit  der  Näthe  eher 
etwas  älter  gewesen  und  von  der  Insel  Zanzil)ar  uns  als  Geschenk 
des  Herrn  Consul  Buete,  welcher  diese  Thiere  züchtete  '),  zugekommen 
ist.  Er  ist  im  ganzen  etwas  energischer  gebaut;  die  Muskelleisten 
sind  kräftiger,  die  Löcher  für  Gefässe  und  Nerven  grösser,  damit 
liedeutenderen  LTmfang  dieser  wichtigen  Weichtheile  anzeigend,  öfter 
mit  überragenden  Platten  ül)erdeckt,  im  Uebrigen  die  Knochen  feiner. 
Vornehmlich  ist  der  vom  Zwischenscheitell)ein  herrührende  Theil  des 
Hinterhauptes  etwa  um  'A  breiter,  das  Scheitelbein  ist  etwas  länger, 
die  Stirnbeinnaht  hingegen  um  etwa  V5  kürzer.  Die  Nasenbeine  sind 
um  0,5  cm  länger  und  um  0,2  cm  l)reiter,  auch  stärker  gewöll)t.  Die 
Thränengrul)e  ist  weiter,  tiefer  und  vorzüglich  am  unteren  Theile  der 
Hinterkaute  schärfer  begrenzt.  Das  Thränenbein  ist  im  Bereiche 
dieser  Grube  stärker  ausgedehnt,  auf  Kosten  des  vorderen  Theiles 
des   Jochbogens,    aber    in    dem    am   Nasenrücken    betheiligten    Stücke 


1)    r.  ä.  Decken  Reise  I,  p.  H9. 


38  Pasrenstecher,  Säug-ethiere  des  Massailancles. 

minder  und  lässt  fine  grössere  Lücke.  Der  knöcherne  (iehörgang  ist 
stärker  und  weiter.  Die  Stirnzapfen  verlaufen  parallel;  indem  sie  an 
der  Wurzel  weiter  von  einander  entfernt  sind  als  bei  N.  moschatus, 
kommen  sie  an  der  Spitze  einander  näher  als  bei  dieser  Art  und 
sind  stärker. 

Der  Schädel  steht  uacli  allem  diesem  dem  des  von  Herrn  Ruete 
geschenkten  Thieres  gegenüber  wie  der  eines  wilden  dem  eines 
domesticirten  Thieres.  Das  hatten  wir  bemerkt  und  niedergeschrieben, 
bevor  wir  darauf  aufmerksam  wurden,  dass  Herr  Riiete  diese  Thierchen 
auf  Zanzibar  gezüchtet  habe.  Damit  stimmt  das  reiche,  rauhe,  dunkle, 
gegen  den  weissen  Bauch  stark  abgesetzte  Haarkleid  im  Vergleiche 
mit  dem  spärlicheren,  weicheren,  graueren,  am  Bauche  minder  ver- 
scliiedenen  der  Zanziliarstücke.  Es  ist  sehr  wahrscheinlich,  dass  nicht 
nur  die  von  Herrn  Ruete  gezüchteten  Thiere  die  milderen  Formen 
haben,  sondern  dass  diese  in  den  stark  bebauten  und  milden  Gegenden 
der  Küste  und  der  Insel  Zanzibar  allgemein  sind.  Das  vielfach  regne- 
rische und  über  4000  '  liocli  gelegene  Gebiet  von  Gross-Aruscha  giebt 
viel  härtere  Lebensl)edingungen. 

Nach  Vollendung  dieser  Arl)eit  ist  uns  ein  männlicher  N.  moscliatus 
von  Zanzil)ar  aus  dem  Zoologischen  Garten  zugegangen,  welcher  die 
gleichen  Verschiedenheiten  gegen  den  N.  Kirchenpaueri  zeigt,  wie  das 
Stück  von  Herrn  Ruete. 

Unser  Museum  besitzt,  angeblich  von  Zanzi])ar,  von  welcher 
Insel  auch  Baron  v.  d.  Decken  neben  Nesotragus  moschatus  und  Nano- 
tragos  pygmaeus  eine  dritte  Antilope  erwähnt,  noch  einen  weiblichen 
ausgestopften  Nesotragus,  in  Avelchen  leider  der  Schädel  mit  eingestopft 
ist  und  auf  welclien  deshalb,  auch  mangels  des  Männchens  uiul  wegen 
der  minderen  Sicherheit  der  Herkunft  hier  weiter  als  wegen  der  Färbung 
nicht  eingegangen  werden  soll.  Die  Färl)ung  dieses  Stückes  vermittelt 
ein  wenig  zwischen  denen  von  Ruete  und  von  Dr.  Fischet',  kommt  al)er 
im  allgemeinen  dem  letzteren  näher.  Es  fehlen  jedoch  die  zwei  weissen 
Flecken  vor  den  Ohren  und  die  schwarzen  Fesseln.  Das  Weiss  greift 
vom  Bauche  weiter  gegen  den  Hals  hinauf,  immer  noch,  ohne  mit 
der  weissen  Kehle  zusammenzutreffen  und  ist  an  der  Innenseite  der 
Beine  ausgebreiteter.  Ueber  ein  weibliches  Skelet  unseres  Museums, 
wozu  ein  zu  früh  gel)orener  Foetus  gehört,  fehlt  ausser  der  Angabe 
von  Zanzi])ar  als  des  Vaterlandes  jede  weitere  Nachricht.  Vielleicht 
ist  es  von  der  eben  erwähnten  Art. 

18.  Oazell.i  Granu  Brooke.  Balg  mit  Schädel,  Hörnern  und 
Fussknochen  von  einem  älteren,  al)er  noch  nicht  ausgewachsenen, 
am  29.  Juli  1883   in  Klein-Aruscha   erlegten  Bocke   und  Schädel  mit 


Pa<i'onstochor,   Säup-othiero  dos  Massailandes.  39 

TT()rnorn  von  oinom  jun,ü;(Mi  liocko,  welclier,  als  or  ain  25.  Mai  1883 
am  Naiwascha  erlogt  wurde,  noch  einige  Schneido/ähnc  des  ersten 
(ieltisses  hatte  und  erst  nalic  daran  war,  die  niitticreu  Scliaut'cln  oder 
Ki'satzzaniien  vorzuhrinuen   (E.-C.   770o — 7705). 

Die  Hörner  des  grösseren  Bockes  messen  nach  der  Krümmnng 
52  cm  und  sind  so  <>;estreckt,  dass  die  Grade  nur  1 — 2  cm  weniger 
ergiel)t;  sie  klnÜcn  ;iu  den  Spitzen  27  cm  und  hnheii  IS  Wülste.  Die 
25  cm  langen  Höriier  des  jungen  Bockes  bestehen  nur  aus  dem  vorn 
ühergeneigten  Theile  des  spätem  (iehörns,  nämlich  dem  glatten 
Jugendgelu'irn  und  liinf  Wülsten,  welch  letztere  nacli  dem  Zahnstande 
im  Vergleiche  mit  (h'iii  Znhnwechsel  des  Schafes  wohl  gewiss  niclit 
Jahresringe  sind.  Der  junge  Schädel  ist  mit  25  cm  etwa  3  cm  kürzer 
als  der  des  älteren  Bockes. 

Das  mächtige  Gehörn,  der  Seidenglanz  auf  Rücken  und  Seiten, 
die  Zeichnungen  ;in  Kopl'  und  Rumpf,  die  Kfh'perlu'ihe  machen  es 
unzweifelhaft,  dass  man  (i.  Granti  Brooke  vor  sich  liat,  deren  Vor- 
kommen sich  somit  an  das  in  Ngogo  und  Tubugwe  nördlich  anschliesst. 

Der  ausführlichen  Beschreibung,  welche  Brooke^)  gegeben  hat, 
ist  wenig  znzui'ügen,  ]iau[)tsäclilich  das,  dass  unser  Tliier  den  duidvlen 
Seitenstreifen  des  Rumpfes  niclit  hat,  welcher  aber  auch  der  Al)l)ildung 
nach  Sj)e]<:e^)  felilt  und  welchen  Brooke  selbst  in  der  Darstellung  der 
Gattung  Gazella'*)  als  fehlend  l)ezeichnet.  Auch  ist  der  schwarze, 
das  Auge  umzingelnde  und  durch  dasselbe  nach  vorn  gehende  Fleck 
nicht,  wie  die  l)esehreil)ung  von  1878  und  die  Holzsclniitte  es  dar- 
stellen, zum  Mundwinkel  herunter  geführt,  bildet  vielmehr  vor  dem 
Auge  nur  noch  ein  Dicieck.  Das  ist  etwas  mehr  als  in  der  Figur 
nach  Speke,  soviel  wie  in  der  nach  den  lebenden  Exemplaren  von 
Kirk*).  Dem  schwarzen  Streifen  der  Abbildungen  von  1878  entspricht 
hier  am  Rande  des  Aveissen  Streifens  nur  eine  stärkere  Sättigung  des 
Braun.  Für  ihn  und  den  Seitenstreifen  des  Rumpfes  findet  sich  also 
eine  Veränderlichkeit,  in  welcher  nach  dem  geringen  vorliegenden 
Materiale  der  Rumpfstreif  ])eständiger  zu  sein  scheint,  ohne  dass  er 
doch,  wie  Brooke  meint,  ganz  charakteristisch  für  die  Art  wäre.  Ich 
habe  Herrn  Dr.  G.  A.  Fischer  hierüber  konsultirt  und  von  ihm  er- 
fahren, dass  Weibchen  und  junge  Thiere  die  duid<len  Färl)ungen  im 
Gesichte  und  an  den  Seiten  stets  ausgeprägter  haben.    Diese  Streifen 


»)  Proceed.  of  the  Zool.  Soc.  of  London  1878  ]).  723. 

•-=)  Ibid.  1872  pl.  41. 

3)  Ibid.  1873  p.  550. 

•1)  Ibid.  1875  ])].  59. 


40  Paoensteelior,   Säufyethiere  des  Massailandes. 

sind  vermutlilich  Uel)eiTeste  einer  in  einer  früheren  Periode  den 
ganzen  Rücken  liedeckt  haltenden  dnnkleren  Färbung. 

Die  Farbe  der  Anssenfläche  der  Ohrmuschel  kann  genauer  dahin 
beschrieben  werden,  dass  sie  in  der  oberen  Hälfte  mehr  und  mehr 
in's  Graue  übergelit.  An  der  Wurzel  dieser  gTauen  Partie  liegt 
ziemlicli  in  der  Mitte  der  Muschel  ein  Ijrauner  Fleck ;  el)enso  ist  der 
Saum  braun. 

Am  Schwänze  greift  gegen  die  Spitze  die  schwarze  Färbung 
von  der  Bauchseite  gegen  den  Rücken  so  über,  dass  schliesslich  weisse 
Haare  nur  ganz  s])ärlich  untermischt  gefunden  werden.  Auch  das 
entspricht  mehr  der  Darstellung  von   1872. 

Thomson,  welcher  fast  gieiclizeitig  mit  Dr.  Fischer  das  Gel)iet 
des  Küima-Ndjaro  l)esuclite,  giebt  in  einer  Vignette ')  die  Abbildung 
der  Hörner  einer  angeblich  neuen,  aber  nicht  beschriebenen  Gazelle, 
G.  Thomsoni,  welche  allem  Anscliein  nach  diese  Art  ist. 

]  9.  Aepyceros  melampus  Lkht.  Ganzer  Schädel  mit  Hörnern 
von  einem  am  Naiwascha  -  See  am  1.  Juli  1883  erlegten  Bocke. 
(F.  K.   770(i). 

01)wohl  mit  Ausnahme  der  sagittalen  die  Nälite  nocli  unver- 
wachsen sind ,  messen  die  Hörner  schon  ganz  nahe  00  cm  in  Länge 
entlang  der  Krümmung  und  hal)en  je   20  Knoten. 

20.  Alcelaphiis  (Biibalis)  Licliteiisteiiiii  Peters.  Hirnschädelstück 
und  Gehörn  eines  männlichen,  nach  Beschaffenheit  der  Nähte  noch  nicht 
ausgewachsenen  Thieres    vom   Dönyo   Ngai    am  3.  Juli    (E.  K.   7710). 

Ist,  von  Dr.  Fischer  als  bu1)a]is  angesehen,  ohne  Zweifel  obiger 
Ali  zuzutheilen  und  schliesst  sich  also  das  Vorkommen  im  Massailande 
dem  am  Zambesi  und  in  Mozambique  an. 

Die  glatten,  ziemlich  parallel  der  Schädelachse,  a])er,  diese 
horizontal  gedacht,  etwa  10  cm  höher  verlaufenden,  graden  und  gegen 
die  Spitzen  wenig  konvergirenden  Endtheile  der  Hörner  (das  Jugend- 
gehörn) messen  von  dem,  von  oben  gerechnet,  ersten,  wenig  ausgeprägten 
Wulste  al)  13  cm  an  Länge,  während  sie  31 — 32  cm  von  einander 
entfernt  sind.  Der  S-förmige,  bei  Horizontalstellung  des  Schädels 
und  ebenso  von  oben  her  gerechnet,  abwärts,  einwärts,  vorwärts 
verlaufende  Wurzeltheil  der  Hörner  besitzt  etwa  15  Wülste,  von 
welchen  die  jüngsten  und  untersten  grösstentheils  zu  einer  glatten, 
breiten  Platte  zusammenfliessen.  Der  vierte  Wulst  von  oben  her  ist 
der  kräftigste   und   l)ezeichnet    das    äussere  vordere  Knie,  der  neunte 


1)    Thomson,  through  the  Massailand  1885,  p.  .53(i:  erscliieiieii.  nachilem  unsere 
Arbeit  bereits  zum  Drucke  gegeben  war. 


Papfonsteohov,  Siiii.ootliioro  dos  Massailandes.  41 

und  zehnte  bezeieluien  das  innere  und  hintere  Knie  des  Horns  und 
den  Ueberuanfi'  zur  ausi2;el)reiteten,  niclir  nach  vorn  strebenden  l>asal- 
])artie.  Die  Hrirncr  messen  /war  an  (h'r  äuss(>ren  Kante  etwa  40  eni 
in  Län,i>e,  jedoeli  in  der  ^ra(h'n  Enti'erimnu'  von  der  Basis  zur  Spitze 
nur  30  cm.  Die  S|)annun<;-  mit  32  eni  ist  also  rehitiv  sehr  gross. 
Der  gerippte  Theil  fiUn-t,  von  der  Wurzel  aus  gerechnet,  das  Hörn 
hauptsächlich  nach  auswärts  und  zAvar  weit  über  die  von  E.  BlijfJiV 
für  r>.  major,  B.   bubalis  und  15.   caanui  gegebenen  Diagramme  hinaus. 

Der  Hirnschädel  hat  Ijei  22  cm  Länge  noch  ein  Stückchen 
von  den  Nasbeinen. 

\ou  den  3  Schädeln,  welche  das  Museum  als  von  B.  caama 
Sund.,  alle  angel)licli  aus  Südafrika  besitzt,  hat  der  eine  (uro  3)  erst 
die  graden  Spitzen  des  Gehörns  gebildet  und  kann  zum  Vergleiche 
nicht  viel  benutzt  werden,  da  man  nicht  ersehen  kann,  wie  die  Hörner 
später  sich  verhalten  haben  würden.  Die  beiden  anderen  haben,  uro  2 
am  ausgestopften  Thiere ,  die  \  förmige  Anordnung  der  Hörner, 
welche  nach  Bli/tJi  ausschliesslich  für  caama  gilt.  Sie  sind  wahr- 
scheiidich  beide  jünger  gewesen  als  das  Stück  des  Herrn  Dr.  Fischer^ 
Während  uro  2  und  3  die  Nasenbeine  oben  spitz  ausgezogen  Imben, 
hat  uro  1 ,  welches  sehr  wahrscheinlich  von  Dr.  Zeyher  bei  einer 
von  Süden  aus  weit  vordringenden  Reise  gesammelt  Avorden  ist, 
dieselben  ol)en  Jdndich  gerundet  wie  das  Fischersche  Exemi^lar.  Das 
letztere  zeichnet  sich  vor  allen  anderen  aus  durch  den  breiteren 
sattelartigen  Zwischenraum  zwischen  den  Hörnern,  die  viel  stärkeren 
Basen  der  Stirnzapfen,  die  vollere  und  ])reitere  Stirn,  die  stärker 
vortretend'en  Augenhölilenrämler,  die  kantige ,  l)reite  Entwicklung  der 
Stirnbeine  über  der  Thränengrube. 

Einige  Schädeleigenschaften  scheinen  den  B.  Lichtensteinii 
mehr  als   die   übrigen  Bubalus   dem  (imi  zu  nidiern. 

Der  von  Thomson  angeführte,  al)er  nicht  beschriebene,  angel)lich 
neue  A.  Cokii^)  ist  allem  Anscheine  nach  diesen  Art. 

21.    Sciiirus   pallialiis   Peters,   oriiaiiis   Gray  18G4.     Ein   sehr       ^ager. 
schönes    erwachsenes    Mänin-hen    von    l'angani  nahe   der  Küste   (E.  K. 
7727  u.   !)0!)1). 

Rumpf  24,  Schwanz  20,  dessen  Rül)e  21  cm  lang;  5  obere 
Backzähne,  der  vordere  ziemlich  kräftig.  Der  Schädel  ist  mit  51  mm 
um  3  mm  länger  als  bei  Peters.  Es  ist  wohl  kein  Zweifel,  dass  dieser 
Gelehrte  ein,    ol)wohl    trächtiges,    doch    unausgewachsenes    Weibchen 


')    Pnjcocil.  of  the  Zool.  Soc.   of  London    18(i9,   p.   53. 

''')   1.  c.   Titrlvion,'tt.\   p.   •^■>0.  ,.,.  4H9.  aiicli  vielleicht  ]).  97. 


42  Paoensteeher,  Säugethiere  des  Massailandes. 

dieses  Eichhörnchens  vor  sich  gehaht  hat.  Die  Al)hihlung  des  oanzen 
Thieres  ist,  wie  auch  in  anderen  Fällen,  hei  Peters  schlecht,  aher 
die  Schädelzeichnungen   sind  gut. 

22.  Sciurus  multicolor  Rüppell?  iimtalnlis  Peters  1852. 
Weihchen  von  Paugani  (E.  K.   7728  und  9089). 

Rumpf  23,  Schwanz  ISO,  dessen  Rühe  25  cm  hing;  4  ol)ere 
Backzähne.  Wachsthum  noch  nicht  ahgeschlossen.  Das  lange  Haar 
ist  nahe  der  dunklen  Ihisis  ausgedehnt  schein  rostroth,  dann  mit 
al)wecliselnden  schwarzliraunen  und  gelliweissen  Ringen  versehen.  Die 
Haare  scheinen  weiss  gesjiitzt,  in  der  weit  iil) erwiegenden  Menge  der 
Fälle  ist  al)er  am  Rumpfe  die  äußerste  feine  Spitze  schwarz  und 
wird  nur  leicht  übersehen;  an  den  langen,  sonst  schwarz  und  roth 
geringelten  Haaren  des  Schwanzes  hingegen  sind  die  Spitzen  oft  weiss. 
Backen,  Augenring,  Futcrseite,  Innenseite  der  Gliedmassen,  grüsster 
Theil  der  Yorderheine,  llinterl)eine  von  ülier  der  Ferse  al)  roth,  Brust 
wenig  l)lasser.  Auch  an  der  Unterseite  des  Schwanzes  tritt  das  Roth 
mehr  hervor. 

()l)wohl  im  Wachsthum  noch  nicht  ahgeschlossen,  ist  der 
Schädel  mit  5:')  mm  gegen  unseren  Sciurus  cepapi  kolossal,  kommt 
in  der  Erscheinung  den  Alt1)ildungen  von  mutabilis  l)ei  Peters  sehr 
nahe,  besonders  auch  in  der  Stirnbeineintiefung,  näher  al)er  für 
Einzelheiten  der  von  EUppell.  Auch  die  Farbenbeschreihung  stimmt 
bei  Ri'qypell  viel  besser  als  l)ei  Peters.  Die  Abl)ildungen  des  ganzen 
Thieres  sind  wohl  l)ei  beiden  nicht  viel  werth.  Die  Breite  auf  den 
Jochbogen  l)eträgt  nach  Peters  l)ei  mutabilis  28,5,  hier  .31,  bei 
Ri'qipell  32  mm.  Das  Exemplar,  Avek-hes  Huct^)  als  von  Zanzil)ar 
gekommen  zu  mutalhlis  setzt,  steht  unserem  nälicr  als  das  von  Beters 
selbst.  Immerhin  ist  dieses  näher  an  unserem  als  cepapi  Smith.  Der 
Fortsatz  des  Oberkiefers  unter  dem  Infraorbitalloch  und  vor  dem 
ersten  Backzahn  ist  stärker  als  in  l)eiden  Abbildungen,  kommt 
Xerus  näher. 

23.  Sciurus  cepapi  Smith  var.  Ariisccusis.  Ein  Mäunchen  von 
Paugani  nahe  der  Küste,  und  ein  Weil)chen  von  Gross-Aruscha,  im 
Juli   am   Maeruberg   erlegt   (E.  K.   7731   und  7477;    7729    und  8932). 

Das  Weibchen  ist  im  Rumpfe  17,5,  im  ScliAvanze  bis  zu  den 
Spitzen  der  Haare  18,5  cm  lang,  das  Mämichen  im  Rumpfe  20,  im 
Schwänze   19  cm. 

Die  Schädel  stimmen  genau  mit  der  Al)l)ildung  von  Peters. 
Es    könnte    uns    aber    irre   machen,    dass  Peters   die  Darstellung   von 


')  Nouvelles  Arcliives  du  Musöe  d'hist.  nat.  Serie  3.  II,  p.   152. 


Pasi'onKtcfhcr,   Säufifetliioro  des  Massailandos.  43 

Smifh  vortrcftiicli  nciiiit,  während  dessen  Al)l)Lldun,<;-  auf  unsere  Stücke 
hcrzlieli  sclileelit  i)asst.  Es  sind  5  ohere  Baek/älnie  da.  Das  Haar 
ist  schwär/,  nielirt  mit  t^rau  l)is  in's  Ocker-,  (ioldocker-jidhe  und 
Rostrothe.  Die  Hüekenhaai-e  sind  zum  Theil  «ianz  schwarz,  nu-ist 
aber  mit  einem  am  V(3rderrUcken  nu'hr  p-auen,  am  Ilinterrücken  nnd 
am  Kopfe  nu'hr  o-elbrothen  Rin^c  vor  (h'r  schwarzen,  we^^cn  ihrer 
l'"eiiiheit   weni^'  anftallendcn   Spitze  ausgerüstet. 

Auf  dem  Hinterrücken  ordnen  sich  das  Scliwarz  nnd  das  Gelb- 
roth scholl  ein  wenig  in  feine  Binden,  welche  auf  (h'r  Wurzel  des 
Schwanzes  l)ei  lebliaftem  Ansdruck  des  (;ell)roth  breiter  nnd  deutlicher 
sind,  weiterhin  auf  der  Unterseite  des  Schwanzes  sehr  deutlich  hervor- 
treten, auf  der  Oljerseite  aber,  wo  die  langen  Ilaare  in  grosser  Aus- 
dehnung l'ahl  gespitzt  sind,  minder  liemerkbar  sind.  An  Backen, 
Hals,  Schulter,  nn-lir  an  Unterar'ni,  Hamk  Mittelfnss,  Fuss  tritt  das 
Roth  reiner  hervor.  Ein  Ring  um  das  Auge  und  die  Lippen  sind 
weisslich,  die  kurz  behaarten  Ohren  an  der  VorderHäche  rostg(db,  an 
der  Hinterriäche  weisslich  mit  dunkler  Spitze,  Kehle,  Bauch,  Innen- 
iläche  der  Arme  und  Scheiik(d  schmutzig  weiss  langhaarig.  Die 
schwarzen  Schnuri-en  ülierragen  das  Ohr.  Die  Schneidezähne  sind  an 
der  Vorderiläche  rotlibraun.   Wahrscheinlich  mehr  als  21  Schwanzwirbel. 

Diese  Form  kommt  nelten  dem  C'epapi  Smith  auch  dem  multicolor 
Rül)pell  nnd  dem  Aubryi  M.  Edw.  sclir  nahe.  EüppeU  liildet  bei 
multicolor  nur  4  obere  Backzähne  ab  nnd  giebt  dem  Theile  des 
Oberkieferbeins,  welcher  über  Jochliein  und  Thränenbein  hinaus  mit 
Stirn])ein  und  oberem  Theile  des  Zwischenkiefers  in  Verbindung  tritt, 
eine  viel  geringere  Ausdehnung,  als  sie  sich  Itei  unserem  Stücke 
findet.  Ich  kann  danach  die  Zusammenwerfung  V)  von  multicolor  und 
cepapi  nicht  billigen.  Zu  letzterem  stellen  sich  unsere  Stücke  etwa 
als  eine  kleine,  langhaarige,   dunkle  Gebirgsform. 

24.  Xeriis  fiiscus  Hiiet.  Ein  Männchen  aus  Ngurunuin  im 
März  (E.  K.   7732  und   901)0). 

Länge  des  Rumpfes  26,  des  Schwanzes  22  cm,  Schneidezähne 
an  der  Vorderwand  bernsteingell).  In  der  Farbe  des  Rumpfes  prägt 
das  Roth  sich  stark  aus;  grau  erscheint  kaum.  Die  Haare  am  Bauch 
und  der  Innenfläclie  der  Glieder  haben  keine  graue  Basis.  Durch 
das  allmählige  Erh'ischen  der  braunen  Ringe  sind  sie  gelbweiss,  an 
der  Basis  ist  ein  winziges  Stückchen  braun.  So  sind  auch  die 
Aussenseiten  der  Gliedmassen,  soweit  sie  nicht  abblassen,  röthlichbraun. 
Der  Schwanz  hat  auf  der  LTnterfläche  einen  schönen  rothen  Mittelstreif. 


')  Trouessart  Catalooue  des  Mammiferes,  Rongeurs,  p.  26. 


44  Pagenstecher,  Säugethiere  des  Massailandes. 

25.  (Trapliiuiiis  iiniriiiiis  Desm.  Ein  Männchen  von  Nguruman 
am  25.  Aprü  (E.  K.   7723). 

Gesammtlänge  16  cm,  davon  reiclüich  die  Hälfte  der  Schwanz. 
Bei  der  kolossalen  Entwickhmg  der  Hoden  hat  man  es  jedenfalls 
mit  einem  erwachsenen  Thiere  zu  thiin.  üel)er  die  Variabilität  dieser 
Art  vergieiclie  man  Alsfon,  Proceed.  of  the  Zool.  Soc.  of  London 
1875  p.   817. 

26.  Meriones  Schlegelii  Smuts.  Ein  Männchen  von  Nguruman 
im  März  (E.  K.  7711   und  9087). 

Die  (jrösse  ist  wie  die  von  leucogaster  Peters,  aber  die  Fuss- 
sohle  ist  anders  und  das  Weiss  um  die  Augen  und  hinter  (h'u  Ohren 
ist  deutlich. 

27.  Mus  arborariiis  Peters.  Zwei  Männchen  von  Nguruman 
im  März  und  26.  Juni  (E.  K.   7733  und  <)092,   7734  und  7452). 

Die  Warzen  der  Eusssohlen  sind  in  der  Aufeinanderfolge  der 
Eeihen  zangenartig  zusammen  zu  greifen  sehr  geeignet  und  dadurch 
zum  Klettergeschäfte   dienlich. 

22.  Mus  microdon  Peters  (Schädel  Fig.  4  u.  5).  Ein  Pärclien,  am 
Naiwascha  -  See  in  einem  aus  Halmen  bereiteten  Neste  in  einem 
Akazienstrauche    gefangen  (E.  K.  7720   und    9185;    7736    und   9186). 

Das  Weibchen,  trächtig  gefunden,  ist  im  Rumpfe  11,5  cm  lang; 
der  Schwanz,  verstümmelt,  hat  nur  8,8  cm;  das  Männchen  misst  9,5  cm 
im   l\umi)fe,   9,7  im  Schwänze.     Das  Weil)chen  hat  neun  Paar  Zitzen. 

29.  Mus  silaeeiis  Wagner  (Schädel  Fig.  6  u.  7).  Ein  Männchen 
von  Gross  -  Arusclui  am  Fusse  des  Märuberges  am  18.  Juli  1883 
erlegt  (E.  K.  7735  und  9187). 

Der  Schwanz  hat  ungefähr  die  Körperläuge,  so  dass  die 
Beschreil)ung,  aber  nicht  die  Massangal)e  von  Wagne)'  richtig  ist. 
Er  ist,  da  1 — 2  letzte  Wirbelchen  verloren  sind,  sogar  etwas  länger 
gewesen.  Die  ganze  Länge  des  Tliiers  ist  27  cm  oder  10"  franz.; 
somit  muss,  wie  Giebel  schon  geargwöihnt  hat,  l)ei  Wagner  ein  Druck- 
fehler mit  3"  V"  statt  richtig  5"  V"  anzunehmen  sein,  bei  einer 
Rumpflänge  von  4"  9'".  Ln  Haar  gleicht  diese  Maus  der  vorigen 
nur  etwas  im  Gesicht,  am  Rumpf  ist  sie  schön  braun,  jene  aber  fleckig 
grau.  Am  Schädel  ist  die  Fissura  incisiva  weiter  und  relativ  kürzer 
als  l)ei  der  vorigen  Art,  erreicht  nur  den  Anfang  des  ersten  Backzahns. 
Die  Zähne  sind  im  ganzen  etwas  kleiner  (vgl.  microdon  flg.  5,  silaceus 


1)    AViegmann's  Archiv  1842  p.   11   (nicht   1843,  wie   Trouessart  angiebt). 


Pagenstocbcr,  Säugethirre  (lc>>  Massailandes.  45 

fio-,  7);  der  erste  des  Oberkiefers  ist  kürzer  als  die  zwei  anderen 
zusammen,  der  letzte  besser  entwickelt  als  bei  M.  microdon,  an  der 
Innenseite    deutlich  mit  zwei    eins})rin,ucndcu  Falten. 

30.  Mus  (Lemniscoinys)  barbarus  L.  var.  Massaicus.  Zwei 
Männchen,  ein  ziemlich  erwachsenes  vom  Naiwascha-See  am  1 1 .  Mai, 
Avelchem  der  ^Tösste  Theil  der  Schwanzhaut  fehlt,  und  ein  junges, 
von  Nguruman,  welches  den  letzten  Backzahn  noch  nicht  vorgeschol)en 
hat  (E.  K.  7719  und  9177;  7721   und  9178). 

Diese  Stücke  gehören  zu  den  Streifenmäusen  mit  unpaaren 
dunkeln,  paarigen  hellen  Binden.  Zum  Vergleiche  in  dieser  Gruppe 
haben  wii-  eins  angel)lich  aus  Algerien  und  eins  sicher  aus  Säo  Tome. 
Bei  dem  algerischen,  etwa  18  cm  messenden,  wccliseln  mit  vier 
breiteren  hellen  Streifen  jederseits  3  schmale  ab.  Der  siebte  und 
der  achte,  ziemlich  gleich  deutlich,  schon  unter  dem  Ohr  beginnend, 
biegen  sich  in  der  Mitte  zum  Bauche  hinal),  der  letztere  so  sehr, 
dass  er  nicht  mehr  vollständig  durch  ein  dunkles  Band  vom  hellen 
Bauch  abgegränzt  ist;  doch  ist  auf  der  Schulter  noch  der  Anfang 
des  neunten  hellen  Streifens  deutlich.  Bei  dem  sehr  schlechten 
Stücke  von  Säo  Tome,  etwa  23  cm  lang,  shul  die  hellen  Streifen 
gieichmässig  schmal  und  in  fast  kontinuirliche  Fleckenreihen  aufgelöst, 
wie  es  Gray  für  pulchella  angiebt, ')  so  dass  in  der  vollständigsten 
Reihe  etwa  18  Flecken  auf  die  volle  Länge  des  ßum})fes  kommen. 
Gray  giel)t  solcher  Streiten  6  an,  jederseits  nach-  der  übrigens 
schlechten  Abbildung.  Durch  die  Auflösung  ist  die  Zählung  noch 
un])estimmter ;  man  kann  aljer  annehmen,  dass  bei  unserem  Stücke 
die  Zahl  der  Streifen  der  Summe  der  Ijreiten  und  der  schmalen  der 
algerischen  gleich  kommen  würde,  wenn  eine  hinlängliche  Deutlichkeit 
der  Streifen  auf  den  Seiten  vorhanden  wäre. 

Die  Abweichung  der  Stücke  aus  dem  Massailande  von  M. 
barbarus  L.  Ixnvegt  sich  im  gewissen  Sinne  in  entgegengesetzter 
Richtung.  Auf  dem  pechschwarzen  Grunde  des  Rückens  sind  bei 
dem  jungen  Thiere  eigentlich  nur  vier,  nicht  grade  breite,  goldocker- 
gelbe Streifen  jederseits  recht  deutlich,  welche  den  Streifen  1,  3,  5,  7 
von  barbarus  entsprechen;  die  zwei  weiteren  fallen  in  die  undeutliche 
Zeichnung  der  Seiten.  Beim  älteren  Thiere  sind  die  Zwischenfelder 
minder  rein,  in  sie  ockergelbe  Haare  eingestreut  und  zw^ar  in  der 
Mitte  deren  mehr,  so  dass  Spuren  der  sekundären  Binden  zu  Stande 
kommen.  Hingegen  neigen  die  Hauptbinden  ein  wenig  zur  Auflösung 
in  Flecken.     Das  Haar  ist  bei  beiden  Stücken  lang;    die   Innenfläche 


1)  Procecd.  of  the  Zool.  Soe.  of  London,  1864,  p.  57. 


46  Pagenstecher,  Säugetliiere  des  Massailandes. 

der  Ohren  schön  rostroth  hehaart,  l)esser  heim  Jungen;  auf  der 
Aussenfläche  der  Ohrmuschel  steht  ohen  vorn  ein  dunkler  Fleck. 
Das  Eostrothe  erscheint  auch  an  der  Schwanzwurzel,  den  Tarsen, 
der  Nasenspitze,  im  Augenring,  so  dass  die  Färhung  im  Ganzen  recht 
lebhaft  ist.  Die  Schnurren  sind  scliwarz,  auf  dem  Kopfe  viele  rost- 
farbige Haare  eingestreut.  Die  Unterseite  ist  nicht  rein  weiss, 
sondern  grauröthlich  weiss,  der  Schwanz  oben  schwärzlich,  unten 
graugelb,  spärlich  Ijehaart.  Die  zwei  Thierchen  messen  22  und  14  cm; 
auf  den  Schwanz  kommt  davon  eher  etwas  mehr  als  auf  den  übrigen 
Körper. 

Es  wird  vom  Interesse  sein,  l)ei  den  verschiedenen  Streifen- 
mäusen das  Kleid  verschiedener  Lebensalter  zu  vergleichen,  ob  die 
jungen  Thiere  vollständiger  gestreift  sind,  als  alte.  Soweit  es  sich 
etwa  um  eine  lokale  Varietät  handelt,  erscheinen  auch  in  diesem 
Falle  die  von  Herrn  Dr.  Fischer  erlegten  Stücke  nicht  als  Thiere  der 
Steppe,  sondern  als  solche  ])ewaldeter,  vielleicht  ge])irgiger  Regionen. 

31.  Deiidromys  juiiiiilio  Wagner  (Schädel  Fig.  8.  u.  9).  Ein 
junges  Weibchen  von  Ngurumän  (E.  K    7722  und  9191). 

Bei  dieser  Maus  wird  die  Greif  band  zum  Klettern  von  Zweigen 
gebildet  durch  die  Gegensetzung  der  fersenartigen  harthäutigen  Hand- 
wurzel gegen  die  schlanken  Zehen. 


Pagenstecher,  Säugethiere  aus  dem  Massailande,  Zum  Bericht  über  das  Naturhist.  Museum  zu  Hamburg  1884. 


.r^ 


1-3  Crocidura  Fisclierinovspö.   4-5  Mus  inicrodoii  Peters  9. 

6-7  Mus   silaceus  Wagner  ö.  8-9  Dendromys  piumlio'Wagner  9. 


Ichthyol  ogisclie 


und 


herpetologische  Bemerkungen 


von 


Dr.  J.  G.  Fischer 

in  Hamburg. 


Hierzu  vier  Tafeln^ 


Inhalt. 


Seite 
I.    Über  Fische  aus  Süd-Georgien 49 

II.    Über     einige    afrikanische    Fische     des    Naturhisturischen    Museums    in 

Hamburg  (2) 66 

III.  Über  eine  neue  Art  Cottus  von  Barbadoes 78 

IV.  Ül)er  eine  Kollektion  von  Amphibien  und  Reptilien  aus  Mindanao 80 

V.    Herpetologische  Bemerkungen 82 


I.  über  Fische  von  Süd-Georgien. 


l'ie  von  der  Doutsflion  Polarkommission  im  J.  1882  nach  über  Fische  von 
Süd-Georgien  entsandte  Expedition  hatte  bekanntlicli  anf  dieser  Insel  ^"' "<5''°i"sien. 
ihre  Station  unter  54*'  31'  S.  Br.  und  3ÖV5'  W.  L.  v.  Gr.»)  AuPser 
anderem  selir  wertvollen  zoologischen  Material,  dessen  Untersuchung 
und  I>eNclir('i])uug  v(jn  neueren  Arten  durcli  dazu  l)erufene  Fachgeleln^te 
erfolgt  ist.  l)rachte  die  Expedition  auch  eine  Sammlung  höchst 
interessanter  Fische  lieim.  Diese  gehuigte  in  den  Besitz  des  Natur- 
historischen Museums  in  Ilandnirg,  und  ward  von  der  Direktion  des 
letzteren  dem  Verfasser  d.  Bl.  zur  wissenschaftlichen  Bearl)eitung 
ühergeben. 

Nach  gefälliger  Mitteilung  des  Fülirers  der  Expedition,  des 
Herrn  Dr.  C.  Schrader,  sind  die  meisten  dieser  Fische  unterhall)  der 
Station  bei  den  Klipi)en  gefangen  worden.  Die  größeren,  u.  X.  sehr 
viele  Notothenien  in  verschiedenen  Arten,  sind  mit  der  Angel,  einige 
auch  aus  dem  Magen  erlegter  Pinguine,  erbeutet  worden.  Viele  der 
kleineren  (IIar})agifer,  Scleroc(^ttus)  waren,  wie  eine  von  Herrn 
von  den  Steinen  an  dem  l)etreffenden  Gefäße  befestigte  Etikette 
besagte,    am   Ll'er   mit  der  Hand  gegriffen. 

Außer  einigen  sclion  l)ekannten  Arten  (Notothenia  coriiceps 
Richds,  Harpagifer  bispinis  Richds)  enthielt  die  Kollektion  sieben 
neue  Species,  von  denen  zwei  zugleich  als  Typen  neuer  Gattungen  zu 
gelten  haben.     Ich  lasse  hier  die  Beschreibungen  derselben  folgen. 


')  \^\.  E.  Mosthaff  und  Dr.  Will  „Die  Insel  Süd-Georgien,  Mitteilungen  von 
iler  Deutschen  Polarexpcdition  1882 — 83"  in:  Deutsehe  Geographische 
Blätter,  herausgegeben  von  der  Geographischen  Gesellschaft  in  Bremen, 
Bd.  VII,  Heft  2. 

5 


sp.  u. 


50  J-  ^^-  Fischer,  Fische  aus   Süd-Georgien. 

1.  Chaenichthys  georgianus  sj).  n. 

von  Süd-Georgien.') 

Taf.  I,  Fig.  1  und  2. 

D.  0—44;  A.   32;  P.  33;  Ve.   %.  L.  lat.   103. 

ChaenicMhys  Keiiic  Vordere  Rüekeiißosse.     Kopflänge   2  Vs  mal,  Höhe   8  mal 

georgianus  jj^  Jer  Totallänge  entlialten.  Auge  IV2  mal  so  lang  wie  hoch;  Längs- 
durchmesser  desselben  2  mal  so  groß  Avie  der  schmale,  von  scharfen 
Orbitalleisten  gesäumte  Interorl)italraum  ;  er  ist  nicht  ganz  G  mal,  der 
vertikale  Augendurchmesser  fast  0  mal  in  der  Kopflänge  enthalten. 
Schnauze  breit,  spateiförmig,  mit  kleinem,  niclit  hakenförmig  ge- 
krümmten Höcker  vor  dem  Ende,  vor  welchem  dasjenige  des  Unter- 
kiefers wenig  vorragt.  Kiemendeckel  am  hinteren  oberen  Rande  mit 
ZAvei,  drei  oder  vier  von  einem  gemeinschaftlichen  Mittelpunkt  aus- 
stralenden ,  schwach  einwärts  gekrümmten  Staclieln.  Hintere  I'artie 
des  O])erkopfes  Mach,  von  fast  würfelförmigem  Aussehen.  Oberkiefer- 
knochen schmal,  hinten  etwas  verbreitert;  sein  hinteres  Ende 
liegt  um  einen  vertikalen  Durchmesser  des  Auges  vor 
der  dem  vorderen  Orbitalraude  entsprechenden  Verti- 
kalen. Zähne  sehr  klein,  in  schmalen  Binden  am  Zwischen-  und 
am  Unterkiefer.     Keine  Zähne  am  Gaumen  und  am  Vomer. 

Die  bei  C  h  a  e  n  i  c  h  t  h y  s  r  h i  n  o  c  e  r  a  t  u  s  Eichards.  vorhandene 
erste  Dorsale  fehlt  gänzlich.  Die  allein  vorhandene  (zweite) 
Rückenflosse  beginnt  dicht  liinter  der  der  Brustflossenwurzel  ent- 
sprechenden Vertikallinie,  ihr  Anfang  liegt  um  die  Länge  des  Ober- 
kieferknochens vor  demjenigen  der  Afterflosse.  Letztere  Avie  auch 
die  Rückenflosse  reichen,  wenn  niedergelegt,  mit  ihren  Enden  ül)er 
den  Anfang  der  Schwanzflosse  hinaus.  Die  Rückenflosse  besteht  aus 
einem  ungeteilten  und  43  geteilten,  ziemlich  steifen,  die  Afterflosse 
aus  32  verzweigten,  recht  biegsamen  Stralen.  Von  denen  der 
letzteren  ragen  die  von  Haut  umschlossenen  Enden  der  ersten  Stralen 
über  die  verl)indende  Flossenhaut  hervor.  Die  abgerundete  Brust- 
flosse besteht  aus  23  gegliederten  Stralen,  von  denen  der  oberste 
der  kürzeste  und  nicht  verzweigt  ist.  Die  Bauchflossen  haben  einen 
ungeteilten  und  sechs  verzweigte  Stralen,  von  denen  die  drei  äußeren 
von  Haut  überzogen  sind. 

Schuppen  fehlen.  Die  liinter  dem  oberen  Ende  der  Kiemen- 
öffnung beoinnende  Seitenlinie  verläuft  nahe   der  Wurzel  der  Rücken- 


')   Gatt:   Chaenichthys  Richardson,  Zoul.  Erebus  and  Terror,  Fishes  p.   13; 
Chaen.  rhinoceratus  Richds.  von  Kergueleuland,  1.  \.  PI.  VI,  Fig.  1,  2,  3. 


J.  G.   Fihiclicr.   Fiselu'  ans   Siid-dcor^ion.  51 

tlo.sse    und    gt'lit    nahe    vor  dem   Ant'an;^»'   der  Sclnvanzilosscnwurzel  in    Chacnichtuys 

plötzlicher    Krüniniium'    al)wärts.    um    in    der   Mitte    des  .Schwanzstiels     Kß"i"sianus 

.  .  .         '  .  .  sp.  n. 

Aveiter  zu  verlaufen,  /uulcich  aber  einen  kurzen  Ast  in  entgegen- 
gesetzter Kichtung  nach  vorn  zu  entsenden.  Die  Seitenlinie  hesteht 
aus  kleinen,  länglich  ovalen,  dicht  unter  der  Haut  und  dieser  hart 
anliegenden  Kin)chenplättchen ,  welche  der  Länge  nach  von  einer 
Köhre  durchbohrt  sind.  Die  Oberfläche  dieser  Plättchen  erscheint 
auch  bei  stärkerer  Vergrößerung  nicht  rauh,  wie  sie  es  bei  Ch. 
rhinoccratus  sein  soll.  Ich  zähle  deren  auf  dem  Hauptstamme  103, 
auf  dem  Endteile  8. 

Die  Farl)e  ist  einfach  dunkell)raun,  an  der  Unterseite  wenig  heller. 

31{iße. 
Länge  des  Kopfes  bis  zum  Ende  des  ol)ersten  Kiemendeckel- 

stachels    173  mm 

Körperhöhe  (in  der  Gegend  der  Brustflosse) 50    ., 

Länge  des  Fisches  bis  zum  Anfang  der  Schwanzflosse   .....    410    „ 

•,      Ende         „  „  490    „ 

Auge,  Längsdurchmesser   30    ,, 

Auge,  vertikaler  Durchmesser 20    ., 

Interorl)italraum 15    ,, 

Von  der  Schnauzensi)itze  1)is  zum  Ilinterrande  der  Orbita  ..     112     ., 
Von  hier  weiter  Ijis    zum  Ende    des    ol)ersten   Kiemendeckel- 

stachels ■  •  •  •       61     ., 

Von  der  Schnauzenspitze  Ins  zum  Anfang  der  Kückenflosse.  .  .     195     ,, 

.,      „  .,  .,       ,,        ■ ..  .,    Afterflosse 265    ., 

Bei  der  sonst  sehr  großen  Übereinstimmung  unserer  Art  mit 
dem  von  Kerguelenland  stammenden  Ch.  rhinoceratus  Eichards. 
ist  der  gänzliche  Mangel  einer  ersten  Rückenflosse  sehr  auftallend. 
Bei  der  letztgenannten  Art  besteht  diese  aus  sieben  schlanken  Stacheln 
und  ist  durch  einen  Zwischenraum  von  der  zweiten  getrennt.  Die 
Vermutung,  es  könne  bei  unseren  beiden  Exemplaren  die  erste  Rücken- 
flosse durch  eine  Verletzung  zerstört  sein,  ist  gänzlich  ausgeschlossen. 
Nicht  nur  zeig^t  die  Haut  in  der  Gegend  zwischen  Hinterkopf  und 
Rückenflosse  keine  Spur  einer  Verletzung,  sondern  es  fehlen  a.uch, 
wie  wir  durch  genauere  Untersuchung  eines  unserer  beiden  Stücke 
feststellen  konnten,  die  den  Dornfortsätzen  der  Wii'ljel  aufliegenden 
Flossenstralenträger. ') 

')  Die  Flossenstralenträger,  wie  auch  die  Flossenstralen  selbst,  haben  bei 
inisereni  Fisch  eine  eigentümliche  Form  (Taf.  I,  Fig.  2a).  —  Die  Ötralen 
der  Dorsale  und  Anale  (mit  Ausnahme  der  zwei  ersten  der  Rückenflosse) 
sind    nemlich    nicht    in    derselben    Weise     verzweigt    wie     bei     anderen 


53  J-  Ct.  Fischer,  Fische  aus  Süd-Geurgien. 

chaenichthys  (ileiclnvolil    wird    man    ])ei  der  j^roßen  Varial)ilität,    denen  die 

georgianus     jrj^^^.jjp    ^[^,^    äuCBei'sten    Südens  —  vielleicht  zu  ihrem  Vorteil  —  aus- 

sp.  n. 

gesetzt  zu  sein  scheinen,  zweifelhaft,  oh  diesem  Mangel  einer  ersten 
Dorsale  eine  größere  systematische  Bedeutung  —  etwa  als  Art-  oder 
gar  als  (lattungscharakter  —  heizumessen  ist.  Mindestens  ist  von 
einem  sonst  mit  zwei  getreiniten  Rückenflossen  versehenen  Fisch  der 
südlichen  Breiten  (Harpagifer  hisi)inis  Richards.)  durch  den  Ent- 
decker dieser  Art  unter  mehreren  normal  gehildeten  Exem})laren  ein 
Stück  gefunden  worden,  das  keine  Spur  einer  ersten  Dorsale  besaß '). 
Dies  ist  gewiß  eine  Bestätigung  des  allgemein  anerkannten  Umstandes, 
daß  die  Aljwesenheit  oder  die  Bildung  eines  Organs  bei  einzelnen 
Tiergeschlechtern  nur  geringen  systematischen  Wert  haben  kann, 
während  sie  l^ei  anderen  unzweifelhaft  den  Wert  eines  Art-,  Gattungs- 
oder gar  Familiencharakters  besitzt. 

Auch  daß  die  bei  Ch.  rhinocceratus  vorhandenen  zwei 
getrennten  Dorsalen  bei  unserer  Art  zu  einer  einzigen  zusammen- 
gerückt und  verschmolzen  seien,  ist  nicht  anzunehmen.  Nicht  nur 
zeigen  die  auf  den  ersten  folgenden  Strafen  der  allein  vorhandenen 
Dorsale  dieselbe  geteilte  Form  der  folgenden,  es  lindet  sich  auch 
kein  Einschnitt,  keine  Lücke,  die  auf  zwei  Abteilungen  der  Rücken- 
flosse schließen  ließe. 

Außer  dem  Mangel  der  ersten  Rückenflosse  mögen  hier  noch 
folgende  Merkmale  hervorgehoben  werden,  durch  die  sich  Ch.  geor- 
gianus von  Ch.  rhinoceratus  unterscheidet: 

1 .  Das  Maul  ist  weniger  tief  gespalten.  Der  Oberkieferknochen 
ist  kürzer:  sein  hinteres  p]nde  liegt  bei  geschlossenem  Maule  weit 
(um  einen  vertikalen  Augendurchmesser)  vor  der  Vertikalen  vom 
Vorderrande  der  Orbita,  Avährend  dassell^e  bei  rhinoceratus  bis 
unter  das  Centrum  des  Auges  reicht. 


Fischen,  sondern  bestehen  von  ihrer  Wurzel  an  aus  zwei  vollkommen 
getrennten,  nel)  e neinander  liegenden  Knochenstäbchen  (D  I)  und  A  A,) 
die  nur  durch  die  sie  umgebende  Haut  juit  einander  in  Verbindung  gehalten 
werden.  Jede  Hälfte  trägt  an  ihrem  schwach  nach  außen  gebogenen 
Anfangsteil  ein  Gelenkköpfehen  (a),  das  in  eine  entsprechende  Gelenkpfanne 
des  breiten,  fast  napiförmigen,  an  der  distalen  Fläche  ausgehöhlten  Flossen- 
trägers (x)  hineinpaßt.  Letztere  fügen  sich  nicht,  wie  bei  den  meisten 
Teleostiern,  als  stabförmige  Leistchen  zwischen  je  zwei  Dornfortsätze  der 
Wirbel  ein,  sondern  liegen  breit  mit  ihrer  konvexen  Fläche  dem  distalen 
Ende  derselben  auf. 

Richardson,  1.  1.  pag.  10:  One  specimen  is  entirely  destitute  of  a  first 
dorsal,  and  bears  no  mark  of  the  back  having  received  any  injury. 


.7.  G.  Fisolior,  Fischo  aus  Süd-Goorfrif». 


53 


9..  Der  Intororl)italrainii  ist  viel  kleiner,  er  beträgt  mir  die 
Hallte  vom  Längsdurcluiiesser  des  Auges,  wiilirend  er  Ixn  (Mi.  rliiiio- 
ceratus  größer  ist  als  das  letztere  (1,22   :    1). 

?}.  Die  (allein  vorhandene)  zweite  Rückenflosse  hat  hei  unserer 
Art  eine  größere  Zahl  von  Stralen  (44  gegen  34  his  oö)  und  ihr 
Anfangspunkt  ist  vom  HinteiTande  der  Orliita  nicht  so  weit  entfernt, 
wie  letzterer  von  der  Schnauzenspitze,  wovon  ])ei  Ch.  rhinoceratus 
das  Umgekehrte  der  Fall  ist. 

f).  Der  Anfang  der  Afterflosse,  l)ei  ("h.  rhinoceratus  nur  wenig 
hinter  dem  der  zweiten  Dorsale  gelegen  (um  3  liis  4  Stralen  der 
letzteren),  erscheint  liei  unserer  Art  weiter  nach  hinten  gerückt  (um 
14  l)is   15   Stralen  der  Rückenflosse). 


Cliaoniclithys 

KPorKianws 

.s]i.  n. 


Das  Naturhistorische  Museum  verdankt  der  Südsee-Expedition 
zwei  ganze  Exemplare  und  vier  einzelne  Ktipfe  dieses  Fisches,  sämtlich 
aus  Süd-Georgien,  No.  3010  und  3855  der  Fischsammlung. 


2.  Notothenia  marmorata  sj).  n. 

aus  Süd  -  Georgien. 

B.   (i;  D.   5/33;  A.   2G   (28);  Pe.   22;   Ve.    1/5;  L.  lat.   (10—05. 

Kopf  vorn  breit,  zwischen  den  Augen  platt,  Interorliitalraum 
zweimal  so  groß  wie  der  vertikale  Augendurchmesser.  Länge  des 
Kopfes  viermal,  Körperhöhe  4^  mal  in  der  Totallänge  enthalten. 
Horizontaler  Durchmesser  der  Orbita  wenig  kürzer  als  die  Schnauze, 
4]  mal  in  der  Länge  des  Ko^ifes  enthalten.  Der  Unterkieter  ragt 
ganz  wenig  über  den  Oberkiefer  vor;  das  Ende  des  letzteren  reicht 
bei  geschlossenem  Maule  ganz  oder  beinahe  bis  zur  Vertikalen  vom 
Centrum  des  Auges. 

Li  beiden  Kiefern  steht  eine  äußere  Reihe  großer,  kegel- 
förmiger, etwas  gekrümmter  Zähne,  dahinter  olien  wie  unten  eine 
nach  den  Seiten  schmaler  werdende  Binde  dicht  gedränofer,  feiner, 
spitzer  Zähne. 

Die  Stacheln  der  ersten  Rückenflosse  sind  wenig  biegsam, 
bei  dem  größeren  Exemplar  sogar  recht  steif;  keiner  von  ihnen 
reicht,  niedergelegt,  bis -zum  Anfang  der  zweiten  Dorsale,  die  mit 
der  ersten  nur  ganz  wenig  durch  eine  zarte  Haut  verltuiiden   ist.     Die 


Notothenia 

marmorata 

sp.  n. 


54  'T-  Gr.  Fischer,  Fische  aus  Süd-Georgien. 

Nototiienia     Straloii    (lor    zweiten  Rückenflosse    und    der  Afterflosse    nelinien  nach 
marmorata    ]j[j^^pj^  allmählich  an  Höhe  al).    Die  Baiichflossen  sind  merklich  kürzer 

sp.  n. 

als  die  Brustflossen ;  der  hintere  Saum  der  letzteren  ist  nicht 
abgerundet,  sondern,  l)is  auf  einen  kleinen  unteren  Teil,  gerade 
abgestutzt.  Ebenso  erscheint  der  hintere  Saum  der  Schwanzflosse,  wenn 
diese  ausgebreitet  ist;  in  zusammengelegtem  Zustande  ist  derselbe 
leicht  konkav   eingeschnitten. 

Der  Kopf  ist  oben  nicht  lieschuppt,  nur  die  Supraskapularregion 
und  die  olieren  Partieen  des  Kiemendeckels  und  des  Vorderdeckels 
sind  mit  Schuppen  besetzt.  Diese,  wie  auch  die  Körperschuppen, 
mit  Ausnahme  der  in  der  Gegend  liinter  der  Brustflosse  gelegenen, 
zeigen,  auch  vergrößert,  keine  Einker])ungen  oder  Zähnelungen  am 
HinteiTande.  Die  Schuppen  der  Seitenlinie  sind  durch  aufliegende 
Röhren  ausgezeichnet;  im  abgesetzten  hinteren  Ast  durchl)ohrt  dieselbe 
15  l)is  17  Schuppen;  dieser  Ast  l)eginnt  um  vier  Schu})})en  vor  dem 
Ende  des  Hauptteiles.  Von  der  Kiemenr)fthung  l)is  zur  Wurzel  der 
Schwanzflosse    werden   (>()  l)is   (iö   Scliuppen  gezählt. 

Die  Oberseite  des  Kopfes  (zwischen  und  hinter  den  Augen)  ist 
durch  zahlreiche ,  dicht  gedrängte  kleine  Tuberkeln  rauh ;  zwischen 
letzteren  treten  einzelne  (5  bis  7)  symmetrisch  geordnete  Schleini- 
poren  hervor. 

Der  Raum  zwischen  den  Bauchflossen  ist  ganz  mit  Schuppen  bedeckt. 

Die  am  Kopfe  gelegenen  Schleimporen  zeigen  eine  ähnliche 
Anordnung  wie  bei  anderen  Arten :  ein  Hall)kreis  derselben  liegt 
unterhall)  der  ()rl)ita,  ein  zweiter  h'ings  des  Hautsaumes  des  I'raeo- 
perkulum  und  Sulioperkulum,  eine  Reihe  von  drei  bis  vier  liegt  auf 
der  die  Unterkieferäste  bedeckenden  Haut.  Auch  vorn  auf  der 
Oberschnauze  flnden  sich  einzelne  symmetrisch  angeordnete  Schleim- 
poren, von  denen  sich  das  vordere  Naslocli  nicht  unterscheiden  läßt ; 
das  zweite  ist,  wie  gewöhnlich,  röhrenfcirmig,  vorragend. 

Die  Far])e  der  jüngeren  Exemplare  (23  cm)  ist  oben  dunkel 
olivengrün,  Bauch  gelb ;  Seiten  undeutlich  marmoriert  durch  dunklere 
Färl)ung  einzelner  Schu])pen.  Erste  Rückenflosse  gell)  mit  breiter, 
schräg  abwärts  längs  ihrer  Mitte  verlaufender  schwarzer  Binde  ; 
zweite  Dorsale  gelb  mit  zwei  Ins  drei  unregelmäßigen,  hin  und  wieder 
verschmelzenden  schwarzen  Längsbinden;  Afterflosse  mit  dunklen,  zu 
unregelmäßigen  Längsbinden  sicli  vereinigenden  Flecken. 

Bei  dem  älteren  Stück  (44  cm)  sind  die  dunklen  Längsbinden 
der  Rücken-  und  Afterflosse  ganz  verwaschen;  die  Marmorierung  der 
Seiten  ist  dagegen  deutlicher  dadurch,  daß  viele  Rücken-  und  Seiten- 
schuppen mit  schwarzem  centralen  Fleck  luid  hellerem  Saume  unregel- 


J.   n.  Fischor,  P'isclio  aus   Siid-Goorfilon.  55 

mäßig  zwIscIkmi   (1<'ii   ii1)ri,i;('n  ztn'stvcut   liefen.      Px'i   kciiKMii  der  Ix'idcii     Nototiienia 
Lxeniplare  hat  die   IvitMiiculiMut  oiueu   (limklcreu  bäum.  ^^  ^^ 

Drei  Exemplare  aus  Südgeorgien,  resp.   von  42,  2:')  und  Ki  (in. 


Von  den  ül)rigen  Arten  mit  wenig  l)escliup])tem  Kopfe  ist  die 
unsrige  in  folgenden  Puidcten  verschieden : 

1.  Bei  Not.  eornucula  Richds.  zu  der  nach  Steindachnet' 
auch  N.  virgata  Richds.  und  marginata  Richds.  zu  ziehen  sind, 
steht  die  erste  Dorsale  mit  der  zweiten  in  näherem  Zusanmienhang, 
der  Interorbitatrauin  ist  kleiner  als  der  Augendurchmesser,  der  Raum 
zwischen  den  Bauchflossen  ist  nur  in  seinem  mittleren  Drittel  mit 
vScliuppen  besetzt,  und  die  Kieferzähne  stehen  nach  f^feindachner  nur 
in  zwei  Reihen. 

2.  Auch  hei  Not.  coriiceps  Richds.  (D.  5 — 34)  ist  der 
Interorbitalraum  kleiner,  als  1x4  unserer  Art  (dort  1  Vs,  hier  das 
Doppelte  des  vertikalen  Augendurchmessers),  die  Mundspalte  ist 
kleiner,  die  Schuppen  sind  größer  (54  in  einer  Reihe  von  der  Kiemen- 
öftnung  l>is  zur  Wurzel  der  Schwanzliosse). 

3.  Bei  Not.  cyanobrancha  Richds.,  (D.  4/36)  sind  die 
beiden  Rückenflossen  mit  einander  verl)unden,  die  Stirn  und  die 
Oberseite  des  Kopfes  sind  sehr  glatt,  die  Zähne  lieider  Kiefer 
stehen  in  nur  zwei  Reihen. 

4.  Not.  purpuriceps  Richds.  unterscheidet  sieh  außer  der 
abweichenden  Flossenformel  (D.  4/35)  durch  grcißere  Schuppen  und 
durch  zweii'eihige  Zähne  der  Kiefer. 

5.  Not.  phocae  Richds.  hat  D.  4/25,  und  eine  in  ihrer 
Mitte  höhere  zweite  Rückenflosse. 

G.  Von  der  wol  zu  einer  anderen  Al)teilung  gehörigen  Not. 
Rossii  Richds.  sei  nur  hervorgehoben,  daß  die  erste  Rückenflosse 
7  Stacheln,  und  daß  sowol  die  zweite  als  auch  die  Afterflosse  vor 
deren  eigentlichen  Stralen  einen  kurzen  Stachel  besitzt. 

7.  Not.  hassleri'ana  Steind.  hat  nur  4  Stacheln  in  der 
ersten  Dorsale,  die  Kieferzähne  in  einer,  In'ichstens  zwei  Reihen,  und 
nur   10  bis   17   Stralen   In   der  Brustflosse. 


3.  Notothenia  angustifrons  xp.  v. 

aus  Süd-Georgien. 

B.    ß;   D.    r;— 29;   A.    30;   P.    22;   V.    V.o ;    L.    lat.    50—53.  ,.  ,  „     . 

'  5  5  7  5  fvntotlieiiia 

Kopf  seitlich  nlclit  stark  aufgetriel)en,    vorn   mäßig  zugesi)itzt;     ansustitrons 

'  . '  sp.  u. 

obere  Kinidade   vorstreckl)ar.  l)ei  geschlossenem  Maul  vorn  nicht  ül)er 


sp.  n. 


5G  J.  G.  Fischöl',  Fische  aus  Süd-Georgien. 

Notothenia  den  Unterkiefer  vorraoend;  das  Ende  des  01)erkiefers  reicht  l)is  zur 
angus  1  lons  Yj^>p|^{]^r^|gjj  yqj,!  Vorderrande  der  Orbita.  Interorbitalraum  sehr 
schmal,  2  V2  mal  in  dem  vertikalen  Durchmesser  des  Auges  enthalten, 
nur  für  zwei  Reihen  winziger  Schuppen  Platz  ])ietend.  Längsdurch- 
niesser  des  Auges  1  'A  mal  in  der  Länge  der  Sclmauze,  4  mal  in  der- 
jenigen des  Kopfes  enthalten.  Letztere  ist  'A  von  der  Totallänge 
des  Fisches.  Erste  Rückenflosse  heträchtlich  niedriger  als  zweite, 
deren  höchster  dritter  Stral  1  '/2  bis  2  mal  in  der  Kojiflänge  enthalten 
ist.  Die  Wurzeln  der  beiden  Dorsalen  sind  nicht  durch  Haut  verbunden; 
niedergelegt  reichen  die  längsten  Stacheln  der  ersten  bis  zum  Anfange 
der  zweiten.  Letztere,  ebenso  wie  die  Afterflosse,  nimmt  vom  Anfang 
an  allmählich  an  Höhe  ah.  Brust-  und  Schwanzflosse  haben  den 
hinteren  Rand  abgerundet;  die  Bauchflossen  sind  zugespitzt,  kürzer  als 
die  Brustflossen. 

Kopf  oben  l)is  zu  den  Naslöchern  mit  kleinen,  stark  gezähnelten 
Schuppen  bedeckt;  größere  bekleiden  die  Deckelstücke  bis  auf  einen 
kleinen  freien  Rand  derselben.  Körperschuppen  —  mit  Ausnahme 
der  zwischen  den  Bauchflossen  gelegenen  —  stark  gewimpert,  in 
fünfzig  Reilien  vom  hinteren  Ende  des  Kiemendeckels  bis  zum  Anfange 
der  Schwanzflosse,  auf  dem  sich  noch  n  bis  4  Reihen  Schui)pen  l)e- 
finden.  Die  Seitenlinie  wendet  sich  von  der  Kiemenspalte  an  mit 
leichter  Krümmung  nach  ol)en  und  verläuft  parallel  mit  der  Rücken- 
linie bis  zum  23.  Stral  der  zweiten  Rückenflosse  —  1  '/■-'  Schuppen 
von  der  Wurzel  der  letzteren  entfernt  — ,  wird  hier  unterljrochen  und 
läuft  nun  zwei  Schuppen  tiefer  und  um  einige  Schuppen  nach  vorn 
verschoben  an  der  Seite  des  Schwanzstiels  in  der  eigentlichen  Seiten- 
furche. Dieser  hintere  Teil  der  Seitenlinie  tritt  bis  zum  Anfang  der 
Schwanzflosse  auf  15  Schuppen  zum  Vorschein.  Alle  Schujjpcu  der 
Seitenlinie  sind  durch  sehr  deutliche  Röhren  ausgezeichnet.  —  Der 
Raum  zwischen  den  beiden  Bauchflossen  ist  ganz  mit  kleineren,  am 
Rande  nicht  gewimperten  Schuppen  bedeckt. 

Oberseite  bräunlich,  Baucli  gelb.  Rücken  und  Seiten  unregel- 
mäßig schwarz  gefleckt  und  quer  geljändert;  eine  etwas  deutlichere 
Querbinde  geht  von  der  Wurzel  der  Brustflosse  durch  den  Anfang  der 
ersten  Rückenflosse  zur  Brustflosse  der  anderen  Seite  hinüber.  Kiemen- 
haut weiß  ohne  dunkleren  Saum.  Rücken-  und  Schwanzflosse  mit 
dunklen  unregelmäßigen  Punktreihen. 

Zwei  p]xemplare  aus  Süd-Georgien  No.  3921  der  Fischsammlung 
des  Naturhistorischen  Museums ;  resp.  88  und  82  mm  lang. 


J.  Ct.  l-'ischer,  Fische  aus  Süd-Georgien.  57 

Uci  der  Voriil  cid  Hing  mit  anderen  Arten  kommen  nnr  diejenigen  Notothpnia 
in  Px'traelit.  hei  denen  ebenfalls  der  Kopf  bis  zn  tlen  Nasliiehern  ])e-  ^^^^^^  '^ """ 
selini)i)t  ist.      Von  diesen  hat: 

1.  Not.  tes  seil  ata  Riehds.  viel  kleinere  Sehnijjx'n  (80 
zwischen  Kiemenöffnnng  und  Anfang  der  Schwanztlosse),  nngewiniperte 
Schuppen,   einen  breiteren  Kopl  etc. 

2.  Not.  sima  Riehds.  hat  dagegen  gröüere  8chn})i)en  (4') 
zwischen  Kiemenöffnung  und  Anfang  der  Schwanzflosse),  einen  l)reiteren 
Interorl)italraum  (nach  Richardsons  Abbildung)  und  kleinere  Schuppen 
in  der  Supraskapulargegend  als  auf  dem  Kopfe,  während  l)ei  unseren 
Exemi)laren  das  Entgegengesetzte  der  Fall  ist. 

;-).  Not.  longipes  Steind.  hat  eine  gröru're  Stirnl)reite, 
längere  Bauchtlossen,  der  untere  Ast  der  Seitenlinie  durchbohrt  nur 
6  bis  1 2  Schuppen,  und  es  fehlen  die  dunklen  Punktreihen  auf  Rücken- 
nnd   Schwanzflosse. 


4.  Harpagifer  bispinis  EüMs. 

aus  Süd- G-eorgien. 

Von   den  Mitgliedern   der  Polarexpedition  wurden  an  dem   Ufer     Harpagifer 
der  Station  in   Süd-Georgien  dreizehn  Exemplare  dieses  interessanten  ijispinis  Riciuis. 
Fischchens  mit  der  Hand  gegriffen.     l)iesell)en  variieren  sehr  in  Bezug 
sow'ohl  auf  die  Färbung   als  auch  auf  die  Zahl  der  Flossenstralen. 

Drei  Exemplare  sind  einfarbig  dunkelbraun  ohne  Spur  einer 
helleren  Marmorierung.  Drei  zeigen  diesell)e  (irnndfarbe  mit  l)loßer 
Andeutung  hellerer  Flecke.  Die  übrigen  eiullich  sind  braungrau 
mit  gelblich  geschecktem  Hiiiterleibe  durch  breite  gell)e,  vom  Rücken 
bis  fast    zur  Afterflosse  herabsteigende  scharf  a])gesetzte  (^)uerl)Lnden. 

Die  meisten  Stücke  haben  vier,  einige  wenige  nur  drei  biegsame, 
kurze  Stacheln  in  der  ersten  Dorsale.  Die  Zahl  der  Stralen  in  der 
zweiten  Rückenflosse  schwankt  zwischen  21  und  24,  in  der  Brustflosse 
zwischen  IG  und  17,  in  der  Schwanzflosse  zwischen  II)  und  15;  nur 
die  Bauchflossen  haben  bei  allen  Exemplaren  konstant  dieselbe  Zahl 
von  0  Stralen. 

Die  Seitenlinie  ist  bei  den  meisten  Stücken  durch  17,  bei 
einigen  durch   20  Knochenplättchen  markiert. 

Die  am  Kopfe  liegenden  Schleimporen  sind  bei  allen  Exemplaren 
von  derselben  Anordnung.  Ein  Hall)kreis  davon  liegt  um  die  untere 
Augenhälfte  herum,  ein  zweiter  am  Saume  der  das  Praeoperculum 
und   das  Suboi)erculum   bedeckenden    Haut.      Elf   Schleimporen    liegen 


58  J-  t^.  Fii5clier,  Fische  aus  Süd-Geoi-oien. 

Harpagifer     in    gerader    Linie    jederseits    in    der    Haut    unter    dem    Unterkiefer, 
)ih]imit,    "^  1^  ^- j||gi^j.p].g  Paare,  symmetrisch  angeordnet,  zwischen  und  vor  den  Augen. 
Die  größten  Exemplare  messen  96  mm. 

Die  genannten  13  Stücke  stehen  unter  No.   3908  in  der  Fisch- 
sammluni»;  des  Naturhistorischen  Museums. 


Sclerocottus  //.  n. 

Scierocottus  Hahitus  Cottus  ähnlich.  Haut  glatt,  ohne  Schuppen;  Oherseite 

g- n-  des  Kopfes  mit  granulierten  Knochenplatten  hedeckt. 
Kopf  außerdem  mit  symmetrisch  gelagerten  Schleimporen.  Zähne  in 
den  Kiefern,  auL  Vomer  und  an  den  Gaumenbeinen.  Zwei  gut  entwickelte 
Rückenflossen;  die  unteren  Stralen  der  Brustflossen  nicht  verzweigt. 
Bauchflossen  thoracisch,  mit  wenigen  Stralen.  Kiemendeckel  mit 
stumpfer  Spitze,  Vorderdeckel  mit  starken  Stacheln  besetzt.  Seiten- 
linie vollständig.  Sechs  Kiemenhaiitstralen ;  Kiemenhautrand  frei 
vom  Isthmus.     Pseudobranchien  sind  vorhanden. 

Die  Gattung  ist,  wie  Harpagifer,  ein  südlicher  Repräsentant 
von  Cottus,  Centridermichthys  etc.  Sie  unterscheidet  sich  von  der 
allein  in  Betracht  kommenden  Gattung  Harpagifer  in  folgenden 
Punkten : 

1.  Die  Seitenlinie  erstreckt  sicli  ganz  bis  zum  Schwänze.  — 
2.  Die  erste  Rückenflosse  besteht  aus  schlankeren,  höheren  Stachehi 
in  größerer  Anzahl  (10  gegen  3  bis  4).  —  3.  Die  Bauchflossen  sind 
nicht  jugular  sondern  thoracisch  und  hal)en  nur  sehr  wenige  Stralen 
(\  gegen  \).  —  4.  Der  Rand  der  Kiemenhaut  ist  nicht  mit  dem 
Isthmus  verwachsen.  —  5.  Die  Oberseite  des  Kopfes  ist  nicht  nackt, 
sondern  mit  granulierten  Knochenplatten  l^edeckt. 


5.  Sclerocottus  Schraderi  ^p-  n.') 

von  Süd-Georgien. 

Tai.  I.     Fig.  3.  u.  4. 

B.   G;    D.   10/15;    A.   18;    P.   18;    Ve.   V2. 

Sclerocottus  ^^'^P^^  mäßig   abgeplattet,    Kcirper   vorn  abgerundet,    hinten  zu- 

schraderi  sp.n.s.^y,ii,^(,,i„.earückt;     Oberkiefer    etwas    vorstreckbar.      Schnauze    wenig 

kürzer  als  der  Längsdurchmesser  des  Auges,  dieser  doppelt  so  gross 


»)  So  benannt  zu  Ehren  des  Herrn  Dr.  C.  Schradci:  des  Führers  der  Südpolar- 
Expediiion. 


J.   G.  FisehcM-,  Fisclio  aus  Siul-dteoroion.  59 

wie  der  liitcrorhitnlriiniu.  Koptliiiinc  ciwn  viermal,  ITiilic  (in  der  Sei.n-ocottus 
(it'iit'iul  der  Ih'ustHosseii  gcmesscu)  last  si('l)oimiai  m  der  1  otallaiij^c 
outhaltcn.  —  Kicmondeckel  am  ol)ereii  Ende  durch  einen  Hautlappen 
verläufiert,  vor  letzterem  mit  eiiu'r  stumpfen  Si)itze.  Am  liinteren 
laide  des  \^^rdeckels  ein  sehr  starker  und  lautier,  mit  zwei  eiu-  und 
aufwärts  «^•el)o<i-enen  «großen  Widerhaken  versehener  Stachel;  Unterrand 
des  Vordeekels  mit  drei  starken  nach  unten  und  vorn  p;erichteten 
Stacheln,  von  denen  der  vorderste  der  i^rtiüte  ist.  Etwas  vor  dem 
Auji'e  steht  jederseits  ein  stumpfer  Höcker. 

Schuppen  fehlen  !:>;änzlich.  Interorhitalraum  —  his  fast  zu 
den  Naslöchern  —  und  liintere  Stirngegend  mit  granulierten,  unregel- 
mäßig fünf-  oder  sechseckigen,  auch  ovalen,  Knochmijlättchen  hedeckt, 
die  sich  rückwärts  und  seitlich  auch  ül)er  den  Su})raskai)ularrauni 
erstrecken.     (Taf.  I,  Eig.  4). 

Die  Seitenlinie  beginnt  vom  Hinterhaupt  ühcr  der  Kiemen- 
spalte und  verläuft,  indem  sie  sich  der  Eückenriossenwurzel  immer 
mehr  nidiert,  l)is  zum  Ende  der  zweiten  Dorsale,  biegt  hier  mit 
kurzer  Krümmung  nach  unten,  und  verläuft  nun  —  ohne  unterbrochen 
oder  abgesetzt  zu  sein  —  in  der  halben  Höhe  des  Schwanzstiels  bis 
zum  Anfang  der  Schwanztiosse.  Ich  zähle  in  der  Seitenlinie  53  längliche 
Knochenplättchen. 

Kleine  Zähne  stehen  in  schmalen  r)inden  im  Oberkiefer  und 
im  Unterkiefer,  mehr  vereinzelt   am  Vomer  und  an  den  (niumenbeinen. 

Wie  bei  den  Notothenien  und  bei  Harpagifer  ist  der  Kopf  mit 
symmetrisch  geordneten  Schleimporen  versehen.  Eünf  derselben  liegen 
unter  dem  Auge,  jedoch  nicht  wie  bei  Harpagifer  in  ehiem  Kreis- 
l)ogen,  sondern  in  einer  etwas  wellenhirmig  nach  hinten  ziehenden 
Linie ;  der  mittelste  liegt  gerade  unter  dem  Centrum  des  Auges. 
Zwischen  den  Augen,  etwas  weiter  nach  vorn  gerückt,  liegt  jederseits 
eine  kleine  Pore.  Vor  dem  vorderen  Augenrande  liegt  ein  rr)hren- 
h'irmiges  Nasloch,  gleich  davor  ein  kleiner  s])itzer  Höcker.  Das 
vordere  Nasloch  ist  von  den  an  der  Schnauze  liegenden  Schleim- 
poren nicht  zu  unterscheiden. 

Die  erste  EückenHosse  hat  zehn  schlanke  Stacheln ').  von  denen 
der  dritte  und  vierte  die  längsten,  etwas  kih'zer  als  die  in  der  (legend 
der  Brustflossen  gemessene  KöriJerhöhe  sind.  Vom  vierten  an  fallen 
diesell)en  in  ihrer  Höhe  rasch  ab;  der  letzte,  sehr  kleine,  ist  durch 
eine  zarte  Haut  mit  der  Wurzel  des  ersten  Strales  der  zweiten  Dorsale 


1)    Durch  oin  Vei  sehen  des  Zeiehners  hat  diese  Flosse  auf  Taf.  I,  V\g.  3    elf 
Stacliehi  erhalten. 


60  J-  C^-  Fischer,  Fische  aus  Süd-Georgien. 

Seierocottus  verbunden.  Letztere  besteht  aus  15  gegliederten  Stralen.  —  Die  aus 
Schraden  sp.  n.  j2  Straleu  l)esteliende  Afterflosse  beginnt  etwas  vor  der  zweiten  Dorsale ; 
ihr  Ende  liegt  genau  unter  demjenigen  der  letzteren.  Der  freie 
Schwanzstiel  ist  etwa  viermal  so  lang  wie  hoch.  —  Die  Brustflosse 
ist  groß;  sie  besteht  aus  19  Stralen,  von  denen  die  unteren  unver- 
zweigt sind.  —  Die  Wurzeln  der  kleinen,  nur  aus  einem  steifen  und 
zwei  biegsamen  Stralen  bestehenden  Bauchflossen  liegen  nahe  neben 
einander,  hinter  denjenigen  der  Brustflossen.  —  Die  Schwanzflosse  ist 
—  in  ausgebreitetem  Zustande  —  hinten  gerade  abgestutzt;  sie  besteht 
aus  IG  Stralen,  von  denen  je  die  drei  oberen  und  unteren  beträchtlich 
kürzer  sind  als  die  übrigen. 

Die  Farbe  ist  oben  braun,  unten  weiß.  Der  Rücken  zeigt 
undeutliche  dunklere  Marmorierung,  die  an  den  Seiten  und  nach  dem 
Bauche  herab  gegen  die  hier  helle  Grundfarbe. scharf  abgesetzt  ist  und 
in  der  Form  einer  Längsreihe  von  tiefbraunen  Flecken  erscheint.  Die 
Rückenflossen  sind  weißlich  gefärbt;  die  erste  zeigt  zwei,  die  zweite 
3  undeutliche  dunkle  Querbinden,  die  von  oben  schräge  nach  hinten 
zu  den  Stralenwurzeln  absteigen.  —  Die  Brustflosse  ist  weiß  mit  brauner 
oberer  Hälfte  ihrer  Wurzel  und  mit  3  bis  4  quer  stehenden  bogen- 
förmigen Punktreihen.  Auch  die  Schwanzflosse  zeigt  mehrere  undeut- 
liche  Querreihen  von  auf  den   Stralen  liegenden  Punkten. 

Maße.  Totallänge  mit  Schwanzflosse  82  mm;  desgl.  ohne  die 
letztere  68  mm;  Kopflänge  20  mm;  größte  Breite  des  Kopfes  18  nmi; 
Schnauze  vom  Vorderrande  der  Orbita  an  gemessen  4  mm;  Längs- 
durchmesser des  Auges  5  mm;  Höhe  des  Körpers  in  der  Gegend  der 
Brustflossen  19  mm;  von  der  Sclinauzens])itze  l)is  zum  Anfang  der 
ersten  Rückenflosse  22  mm;  von  demselben  Punkt  bis  zum  Anfang 
der  zweiten  Dorsale  37  mm;  von  der  Sclmauzenspitze  bis  zum  Anfang 
der  Afterflosse  3.5  mm;  längster  Stachel  der  ersten  Dorsale  11  mm; 
Länge  der  Brustflosse   18  mm;  Länge   der  Bauchflosse   13  mm. 


Ein  Exemplar  aus  Süd-Georgien.     No.  3888  der  Fischsammlung 
des  Naturhistorischen  Museums. 


Gj-miiplichth}'; 


Gymnelichthys  g.  n. 

K(")ri)er  lang,  seitlich  zusammeugedrückt.  Haut  dünn,  schuppen- 
los, keine  Seitenlinie.  Rückenflosse  lang,  um  den  Schwanz  herum- 
laufend iMul  mit  der  Afterflosse  zusammenfließend.  Brustflossen  wohl 
entwickelt,  mit  lauter  verzweigten  Stralen.     Keine  Bauchflossen.    Die 


J.  G.  FiscluT,  Fisflie  aus  Si'ul-(u'()r<iicn.  61 

obere  Kinnlade  ist  leiclit   vorstrcckliar;    sie    wird    ausschließlich    vom  GymuniiLhthys 
/ahntragenden  Zwischenkiet'er    G;e])ildet,    hinter  welchem,    parallel    mit  ^''  "" 

ihm.  der  Oberkiefer  liegt.  Zwischenkiefer,  Unterkiefer,  \'omer  und 
(iaumenbeine  mit  spitzen  Zähnen  besetzt.  —  Der  infraorbitale  Knochen- 
ring ist  nicht  geschlossen  und  steht  mit  den  Deckelknoclien  des 
Kiemenapparates  nicht  in  Verbindung.  Sechs  Kiemenhautstralen,  vier 
Kiemenbogen  mit  doppelten  Blättcbenreilien ;  keine  Pseudobranchien. 
—  Drei  große  Blinddarmanhänge  am  Pylorus. 


Wie  die  (iattungen  Cottus  und  Centridermiclithys  im  Süden 
durch  Harpagifer  und  Sclerocottus,  so  werden  die  nordischen  Lycodidae 
in  hohen  südlichen  Breiten  durch  die  Gattung  Gymuelichthys  vertreten, 
die  in  ihren  künstlichen  Merkmalen  am  meisten  mit  dem  Genus 
Gymnelis  Reinh.  übereinstimmt. 


6.  Gymnelichthys  antarcticus  sj).  u. 

aus  Süd  -  Georgien. 

Taf.  II,  Fio-  9. 

B  e  s  c  h  r  e  i  b  u  n  g. 
D.   97  (+  C.    13  +>  A.   74;  Pe.    13. 

Form.  Lang,  seitlich  zusammengedrückt.  Ko})f  (bis  zum  oberen  Gymnelichthys 
Ende  der  Kiemenspalte)  siebenmal,  Höhe  (des  Kumpfes)  vierzehnmal  ''»"^J^i'^^i'^us 
in  der  Totallänge  enthalten.  Der  After  liegt  am  Ende  des  ersten 
Dritteiis  der  Totallänge.  Der  Augendurchmesser  ist  wenig  kleiner 
als  die  Schnauzenlänge,  und  fünfmal  in  der  Ko})flänge  enthalten, 
dabei  etwas  größer  als  der  Interorbitalraum.  Wange  Heischig.  Obere 
Kinnlade  leicht  vorstreckbar;  der  Oberkiefer  li(\gt,  wie  oben  gesagt, 
ganz  hinter  dem  Zwischenkiefer;  sein  durch  die  Haut  verstecktes 
Hinterende  reicht  l)is  hinter  den  Hinterrand  der  ()rl)ita. 

Haut  durcliaus  schuppenlos,  schlaff,  den  Ol)er-  und  den  Unter- 
kiefer dick  und  lippenartig  überziehend.  Keine  Andeutung  des 
Haui)tstammes  einer  Seitenlinie,  deren  Kopfteile  dagegen  durch 
sogenannte,  symmetrisch  gelagerte,  Schleimporen  angedeutet  sind. 
Eine  Reihe  von  sechs  l)is  acht  solcher  Poren  liegt  im  Halbkreis 
unterhall)  des  Auges  herum,  ein  zweiter,  Aveiterer  na]1)la"eis  an  der 
den    Saum    des    Vordeckels    l)edeckenden    Haut;    einzelne    hnden    sich 


sp.  n. 


62  J-  ti.  Fischer,  Fische  aus  Süd-Georgien. 

Gyiuneiichthys  uiiterliall)  (ItT  Uuterkieferselieiikel ,  andere  auf  der  Schnauzenspitze. 
Von  letzteren  ist  das  zweite  Naslocli  nicht  zu  unterscheiden ;  das 
erste  ist  röhrenförmig,  und  nahe  dem  Yorderrande  des  Zwischen- 
kiefers gelegen. 

Zähne  spitz,  last  kegelförmig,  am  Zwischenkiefer  wie  am 
Unterkiefer  ganz  vorn  in  mehreren,  an  der  ganzen  Seite  in  einer 
einzelnen  Reihe  gelegen;  hier  wechseln  etwas  größere  mit  kleineren 
so  ah,  daß  zwischen  je  ZAvei  der  ersteren  etwa  zwei  his  drei  hall) 
so  große  stehen.  Keine  durch  besondere  Größe  ausgezeichneten 
Reiß-  oder  Hundszähne.  Kleine  spitze  Zähne  stehen  am  Vorderrande 
des  Vomer  in  einer  kleinen  (Tru])pe,  an  jedem  Gaumenbein  in  einer 
einzelnen  Reihe. 

Kieiiieiiapparat.  Es  sind  vier  vollstäiulige  Kiemen ,  keine 
Nebenkiemen  vorhanden.  Nach  Entfernung  der  Haut  zälilt  man  sechs 
Kiemenhautstralen.  Die  Kiemenspalte  ist  kurz,  schräge  vor  und  noch 
etwas  über  der  Brustflossenwurzel  gelegen. 

Flossen.  Die  anfangs  niedrige  und  dicht  von  Haut  überzogene 
Rückenflosse  beginnt  über  der  Wurzel  der  Brustflosse.  Erst  nach 
Entfernung  der  sie  einhüllenden  Haut  läßt  sich  die  Zahl  der  an  der 
Rückenkante  stehenden  Stralen  auf  1)7  feststellen.  Alle  sind  sehr 
Aveich  und  l)iegsam,  die  drei  ersten  nicht  verzweigt.  Ohne  einen 
iVbsatz  laufen  dieselben  in  die  der  —  nicht  gesonderten  —  Schwanz- 
flosse über;  dieser  möchten  der  Lage  nach  lo  Stralen  zuzuzählen 
sein,  die  am  zugespitzten,  hier  aber  etwas  abgestutzten  Schwänzende 
stehen.  Ebenso  ist  die  Afterflosse  von  der  vorhergehenden  nicht 
geschieden;  sie  enthält  74  sehr  weiche,  mit  ihren  Enden  über  die 
Elossenhaut  etwas  hervorragende  Stralen,  von  denen  die  zwei  ersten 
nicht  verzweigt  sind.  —  Bauchflossen  fehlen.  Jede  Brustflosse  enthält 
13  verzweigte  Stralen. 

Farbe.  Oben  dunkelbraun,  nach  den  Seiten  herab  heller  bis 
gelblich.  Rücken-  und  Afterflosse  schwarz,  gegen  das  Ende  des 
Schwanzes  hin  allmäldich  heller.  Bei  dem  kleinsten  (110  mm) 
Exemplar  findet  sich  ein  weißer  Streif  von  der  Mitte  des  Oberkiefers 
unter  dem  Auge  durchgehend  his  zum  Ende  des  Vorderdeckels  und 
ein  weißer  Fleck  hinter  und  unter  der  Wurzel  jeder  Brustflosse. 
Beide  Abzeichen  fehlen  den  übrigen    Stücken. 

Vier  Exemplare  von  110  bis  ^'^0  mm  Länge  aus  Süd-Georgien. 
No.   3902  der  Eischsammlung  des  Naturhistorischen  Museums. 


J.   G.  Fischer,   Fische  aus  Süd-Geuroien.  63 

7.    Liparis  Steineni  sp.  n/) 

von  Süd-Georgien. 

Die  erste,  in  antarktisclieu  Gewässern    iiut'geruiidene    Form    aus  i^'i'aris  steiueui 
der  Familie  der  Discoboli,  in  auffallender  Weise  mit  ihren  nordischen 
Verwandten  übereinstimmend. 

B.   5;  44—45;  A.   36;  Pe.   3-> ;   C.    10. 

Charaktere.  Die  vertikalen  Flossen  stoßen  znsammen.  Die 
Analflosse  beginnt  unter  dem  zehnten  Stral  der  Rückenflosse;  Bauch- 
scheibe oval,  halb  so  lang  wie  der  Kopf.  Die  Brustflosse  reicht  nicht 
ganz  bis  zum  Anfang  der  Afterflosse;  sie  hat  keine  eigentliche  Ein- 
buchtung; ihre  vier  untersten  Stralen  reichen  mit  den  Enden  über  die 
Flossenhaut  hinaus,  der  erste  derselben  so  weit,  daß  dadurch  der  Anschein 
eines  Einschnittes  entsteht.  Interorbitalraum  breiter  als  die  Schnauzen- 
länge. —  Gelbbraun,  Oberseite  des  Rumpfes  und  vertikale  Flossen  dunkler. 

B  e  sclireibun  j;-. 

Form.  Der  Körper  wie  l)ei  den  anderen  Arten  in  dem  vorderen 
Dritteil  dick  und  aufgetrieben,  in  den  zwei  letzten  stark  zusannnen- 
gedrückt,  hinten  zugespitzt.  Die  größte  Körperhöhe  ist  etwas  geringer 
als  die  Länge  des  Kopfes  (bis  zum  oberen  Ende  der  Kiemenspalte 
gemessen)  und  lieinahe  fünfmal  in  der  Totallänge  enthalten.  Das 
Auge  reicht  mit  seinem  ol)eren  Eande  hart  an  die  mäßig  konvexe 
Stirnfläche;  sein  Durchmesser  ist  l'A  mal  in  der  Schnauzenlänge,  ^ 
mal  im  Interorliitalraum  enthalten.  —  Schnauze  l)reit,  wenig  konvex, 
auf  ihrer  Oljerseite  mit  drei  mäßigen  Höckern,  von  denen  der  mittlere 
stärker  hervorragt.  Die  obere  Kinnlade  ragt  nicht  ül^er  die  untere 
vor.  Die  Mundspalte  ist  fast  horizontal;  sie  reicht  bei  weitem  nicht 
bis  an  die  dem  Vorderrande  des  Auges  entsprechende  Vertikale, 
sondern  endigt  um  etwa  einen  Augendurchmesser  vor  derselben.  Die 
Zunge  ist,  wie  bei  den  meisten  andere  Arten,  breit  und  dick,  die 
Lippen  erscheinen  durch  die  sie  bedeckende  Haut  mäßig  aufgetrieben. 
—  Die  Kiemenspalte  ist  ein  kurzer,  etwas  schräger  Schlitz,  dessen 
oberes  Ende  l)is  ül)er  den  Anfang  der  Brustflosse  reicht.  —  Der 
After  liegt  dem  Anfange  der  Analflosse  etwas  näher,  als  dem  Hinter- 
rande der  Bauchscheibe. 


')  So    benannt    zu    P^hren    des    um    die  Samml\uigen    der  SüdiJohu--Expedition 
hochverdienten  Mitgliedes  der  letzteren.  Herrn  ron  den  Steinen. 


64  J-  G-  Fischer,  Fische  aus  Süd-Georgien. 

Liparis  steineni  Kieiueu.     Es  sind  (bei  doppelte,  eine  einfache  Eeilie  Kiemen- 

blättchen  vorhanden,  keine  Pseudobranchien  (das  an  der  Stelle  der 
letzteren  liegende  Organ  erweist  sich  als  ein  Kiemendeckelmiiskel 
mit  (piergestreiften  Fasern).  An  der  proximalen  Seite  sind  die 
Kiemenl)ogen  mit  ziemlich  kurzen,  warzenähnlichen  Fortsätzen  versehen. 
Fünf  Kiemenhautstralen. 

Zähne  klein,  dreispitzig,  dicht  gedrängt  in  breiten  Binden  am 
Unter-  wie  am  Oberkiefer. 

Haut  dünn  und  lose.  Kopf  mit  symmetrisch  gelagerten  Schleim- 
poren, von  denen  eine  Reihe  jederseits  auf  der  Haut  liegt,  die  den 
Saum  des  Vordeckels  l)ekleidet.  Andere  finden  sich  auf  der  Schnauzen- 
spitze und  unter  der  Symi)hysis  des  Unterkiefers.  Hinteres  Nasloch 
in  einer  weiten  ziemlich  kurzen  Röhre,  die  ebenso  weit  vom  Auge, 
wie  vom  Lippeimande  entfernt  ist;  vorderes  ziemlich  nahe  vor  jenem, 
einer  Schleimpore  ähnlich. 

Flosse«.  Die  Stralen  der  vertikalen  Flossen  sind  in  eine  sie  lose 
umgebende  Haut  einge])ettet,  und  können  erst  nacli  deren  Entfernung 
gezählt  werden.  Die  aus  44  bis  45  Stralen  l)estehende  Rückentiosse 
beginnt  ein  weidg  hinter  dem  Niveau  der  Brustflossenwurzel;  ihr 
letzter  Stral  schließt  sich  an  den  obersten  der  Schwanzflosse  an. 
Die  Analflosse  (oß  Stralen)  beginnt  unter  dem  zehnten  Stral  der 
Dorsale  und  eine  kleine  Strecke  hinter  dem  After;  ihr  letzter  Stral 
ist  durch  eine  zarte  Haut  mit  dem  untersten  der  Schwanzflosse 
verbunden.  —  Die  Brustflosse  (32  Stralen)  ist  wie  bei  anderen  Arten 
sehr  breit  und  lang,  reicht  jedoch  nicht  ganz  bis  zur  Afterflosse ;  ihre 
Flossenhaut  erstreckt  sicli  bis  unter  die  Partie  vor  der  Bauchscheibe 
und  ist  hier  au  die  Körjjerhaut  angewachsen.  Eine  eigentliche 
Einbuchtung  am  Rande  dieser  Flosse,  wie  bei  anderen  Arten,  ist 
nicht  vorhanden,  doch  sind  die  vier  untersten  Stralen  über  die 
P'lossenhaut  hinaus  verlängert,  und  namentlich  der  erste  derselben 
reicht  Aveit  id)er  die  nächst  oberen  Stralen  nach  hinten,  wodurch 
allerdings  der  Anschein  eines  Einschnittes  im  Hinterrande  der  Flosse 
entstellt.  —  Die  Bauchscheil^e  ist  am  Rande  frei,  stark  entwickelt, 
oval,  etwa  1 '/»  mal  so  lang  wie  l)reit  und  hall)  so  lang  wie  der  bis 
zum  oberen  Ende  der  Kiemenspalte  gemessene  Kopf.  An  jeder  Seite 
des  ovalen  Centrums  der  Scheibe  sieht  man  vier  schwach  gekrümmte 
Hervorragungen,  die  vielleicht  ebenso  vielen  Bauchflossenstralen 
entsprechen.  Warzige  Vorragungen  am  Umfange  der  Scheibe,  Avie 
bei  L.  vulgaris  Plem.  und  L.  Montagui  Donov.  sind  nicht  zu 
unterscheiden. 


J.  G.  Fisflicr.   Fisclio  aus  Sikl-Gooro-ion. 


65 


Farbe.     Gelblidi    l)raun,    dio    01)erseite    von  Rumpf  und    Kopf  Liparis  stoi 
durch   feine  Punkticrunji-,    und    die    vertikalen   Flossen   (namentlich  in         ^i'- " 
zusammengelegtem  Zustande)  dunkler.     Die   Schwanzflosse   zeigt,  aus- 
gebreitet, verwaschene   duidvle  Querl)inden. 

Zwei  Exemplare  von  resp.  65  und  70  mm  Länge,  No.  3945  der 
Fischsammlung  des  Naturhistorischen  Museums.  Nach  einer  auf  dem 
])etreffenden  Gefäße  befindlichen  Notiz  des  Herrn  von  den  Steinen 
waren  dieselben  am  Ufer  der  Station  in  der  Eoyal  Bai  mit  der  Hand 
gegrifieu. 


oinom 


66  J.  G,  Fischer,  airikanische  Fische  (2). 


II.  Über  einige  afrikanische  Fische  des 
Naturhistorischen  Museums  in  Hamburg  (2). 

1.   Apogon  roseus  sjh  n. 

von   Mozambique. 

D.  7/'/fl;    A.  'Vio;    L.  lat.   27;    tr.   10. 

Apogou  roseus  ^  Höhe  3'/-' mal,  Kopflänge  4  mal  in  der  Totallänge  enthalten, 
sp.  11.  Dqy  Augendurchmesser  ist  etwas  kürzer  als  die  Schnauze,  größer  als 
der  Interorbitalraum ,  und  etwa  3  mal  in  der  Kopflänge  enthalten. 
—  Der  Saum  des  Vorderdeckels  ist  gezähnelt,  der  des  Praeorbitale 
stark  gesägt.  Der  Oberkieferknochen  reicht  bei  geschlossenem  Maul 
nicht  ganz  bis  unter  den  Vorderrand  der  Orbita.  —  Erster  Stachel 
der  Rückenflosse  sehr  klein,  mit  der  Spitze  kaum  aus  der  Haut 
hervorragend.  Rücken  gelblich,  durch  die  mit  schwarzen  Punkten 
dicht  besetzten  Schuppenränder  ins  Grünliche  spielend;  Kopfseite, 
Kehle  und  Brust  rosa,  Körperseite  und  Bauch  gelb.  Eine  tief  rosa 
glänzende  Längsbinde  von  der  Kiemenöffnung  längs  der  Seitenmitte 
zum  Anfang  der  Schwanzflosse.  Alle  Flossen  gelb ;  ein  sclnvarzer 
Fleck  an  der  Spitze  der  ersten  Rückenflosse. 

Ein  kleines  Exemplar  (60  mm)  von  der  Küste  von  Mozambique, 
ein  Geschenk  des  Herrn  Konsul  Pliilippi  an  das  Naturhistorische 
Museum.     No.   3432  der  Fischsammlung. 


2.   Pristipoma  affine  ^/>. 

von  Eloby,   Westafrika. 


n. 


D.   12/16;    A.   3/10;    L.  lat.   56  —  58;    L.  tr.   7/16. 

rristipoma  Die  Totallänge  ist  oVunal  so  groß  wie  die  Körperhöhe,  SVi  mal 

aifme  sp.  ii.  g^j  g^.^^g  ^  ^jg  ^jjg  Länge  des  Kopfes.  Die  Schnauze  ist  etwas  länger 
als  der  Augendurchmesser,  letzterer  3V2  mal  in  der  Kopflänge  ent- 
halten. Mundspalte  klein;  der  Oberkiefer  reicht  mit  seinem  Ende  bis 
zur    Vertikallinie    vom    vorderen    Nasloch.     Interorbitalraum    schwach 


J.   (t.   P'iscliiT.   idVikaiiisclie   Fisclie  (2) 


67 


konvex;  Hinterraüd  des  Vorderdeckels  gezähnt,  sehr  wenig  ausgerandet;     1'ri.stii.ama 
ünterrand  ganzrandig.    Der  stachelige  Teil  der  Rückenflosse  fällt  nach    "^*^'^"  "'^i'"  '^' 
hinten  stark   ab,    so    daß    der  erste  gegliederte  Stral  etwa  dreimal  so 
laug  ist,    wie   der  letzte  Stachel.     Rückenflosse  nicht   beschuppt,    am 
Grunde  derselben  eine  schuppige  Scheide.     Schwanzflosse  ausgerundet. 
Zweiter  Stachel  der  Afterflosse  stärker  und  etwas  länger  als  der  dritte. 

Grundfarbe  grau.  Jede  Schuppe  des  Rückens  und  der  Seiten 
mit  einem  braunen  Fleck;  diese  Flecke  ordnen  sich  in  Linien,  welche 
oberhalb  der  Seitenlinie  schräge  nach  hinten  aufsteigen,  unterhalb  der 
letzteren  ihr  parallel  sind.  Rückenflosse  mit  einer  Binde  schwarzer  Flecke 
längs  der  Basis,  der  stachelige  Teil  oben  durch  eine  sehr  schmale 
schwarze  Linie  gesäumt.  Ein  tiefschwarzer  Fleck  auf  dem  hinteren 
Ende  des  Kiemendeckels. 

Sehr  verwandt  mit  P.  suillum  C.  V.,  das  aber  in  den  weichen 
Teilen  der  Rücken-  und  After-Flosse  je  einen  Stral  weniger  (bezw. 
1.5  und  9)  hat.  Bei  letzterem  zeigt  außerdem  der  hintere  Rand  des 
Vorderdeckels  eine  tiefe  Einbuchtung,  das  Auge  ist  viel  kleiner  (Durch- 
messer nur  Vg  der  Kopflänge) ,  und  der  Kiemendeckel  zeigt  keinen 
schwarzen  Fleck.  —  Das  ebenfalls  verwandte  Pr.  lineatum  C.  V.  hat 
außerdem  noch  eine  größere  Mundspalte  etc. 

Drei  Exeniplare  aus  Eloby,  Westafrika,  ein  Geschenk  des  Herrn 
Kapitain  Hupfer;  No.  3897  und  3898  der  Fischsammlung  des  Xatur- 
historischen  Museums. 


3.  Trachinus  lineolatus  •'<p-  '^• 

von    St.    Thome    (West- Afrika). 
Taf.  n.     Fig-.  10. 

D.   5/27;    A.  26;    Pe.   14;    Ve.   '/n ;    C.   19. 

Die  Körperhöhe  ist  4:'/2mal,    Kopflänge  5mal  in  der  Totallänge      Trachinus 
enthalten.     Schnauze  stumpf,   kleiner  als  das  Auge.     Interorbitalraum  ^^"*'°^^^"®  ^i'- '^■ 
vertieft  und  sehr  eng.     Der  obere  Rand  der  Orbita  liegt  in  der  Profll- 
linie    des  Kopfes.     Das  Auge    ist  4'/2mal   in   der  Kopflänge    enthalten. 
Maul    sehr   schief;    hinteres   Ende    des    Oberkieferknochens    reicht    bis 
unter  den  Hinterrand  der  Orbita. 

Ein  sehr  kleiner  Stachel  über  dem  Vorderrande  jedes  Auges. 
Praeoperculum  mit  vier  Stacheln;  zwei  nach  vorn  gerichtete  an  seinem 
unteren  Rande,  von  denen  der  vordere  der  größte  ist;  der  dritte  steht 
gerade  am  Winkel,  der  vierte  über  demselben.  Stachel  des  Kiemen- 
deckels   sehr   stark.     Praeorbitale   mit  einfachem,    ziendich  stumpfem, 

6* 


G8  J-  Ci.  Fischer,  afrikauiüchc  Fische  (2). 

Trachimis      an    der   Schnauze    nicht    vorragendem    Stachel.      Keine   Granulationen 
liueoiatus  Sil.  u.  ^^^^£    den     oberen    Schädelknochen     oder    dem    Infraorbitalriuge.      Der 
bogenförmig  gekrümmte  Rand  des  Supraskapulare  ist  gezähnt. 

Die  beiden  Kiefer,  der  Vomer  und  die  Gaumenbeine  tragen 
schmale  Binden  kleiner  Zähne,  unter  denen  sich  größere  (Reißzähne) 
nicht  linden. 

Die  beiden  Rückenflossen  sind  kaum  durch  einen  Zwischenraum 
von  einander  getrennt.  Die  erste  besteht  nur  aus  fünf  Stacheln , 
von  denen  der  letzte,  kleinste  etwa  halb  so  lang  ist,  wie  der  unmittelbar 
darauf  folgende  erste  Stral  der  zweiten  Dorsale.  Letztere  hat  27,  die 
Afterflosse  26  Stralen.  Von  den  14  Stralen  der  Brustflosse  ist  der 
oberste  steif,  nicht  gegliedert,  die  fünf  untersten  nicht  verzweigt.  Die 
Schw'anzflosse  ist  gerade  abgestutzt.  Die  Stralen  der  Afterflosse  sind 
kürzer,  aber  etwas  steifer,  als  die  der  zweiten  Dorsale.  Die  Spitze 
der  Brustflosse  reicht  bis  zum  siebenten  Stral  der  Anale.  Die  Wurzel 
der  Bauchflosse  steht  etwas  vor  dem  hinteren  Ende  des  Suboperculum; 
ihr  Ende  reicht  genau  bis  zum  Anfang  der  Afterflosse. 

Grundfarbe  hellbraun.  Oberseite  des  Kopfes  durch  unregelmäßige 
helle  Streifen  und  Eleckchen  geädert,  lieber  der  Seitenlinie  eine  Reihe 
von  auf-  und  abwärts  ziehenden,  oder  wellenförmig  gebogenen  hejlen 
Linien,  welche  die  Breite  einer  Schuppe  einnehmen.  Unter  der  Seiten- 
linie eine  Reihe  von  etAva  zehn  vom  Bauche  aus  schräge  nach  oben 
und  hinten  aufsteigenden  hellen  Linien,  die  ebenfalls  eine  Schuppe 
breit  sind  und  Zwischenräume  von  5  bis  0  Schuppen  zwischen  sich 
Lassen.  Diese  Linien  kreuzen  sich  mit  den  vom  Rücken  nach  unten 
und  hinten  schräge  herabsteigenden  Schuppenreihen ,  was  dem  Tier 
eine  mehr  oder  weniger  deutliche  netzförmige  Zeichnung  giebt.  — 
Vorderer  und  oberer  Teil  der  ersten  Rückenflosse  schwarz.  Flossen- 
haut der  zweiten  Dorsale  mit  zwei  Längsreihen  ovaler  heller  Flecke 
mit  dunklerem  Rande;  ähnliche  Flecke  stehen  in  mehreren  undeut- 
lichen Querreihen  auf  der  die  Stralen  verbindenden  Flossenhaut  der 
Schwanzflosse. 

Totallänge  =  95mm;  Hohe  =  21  mm;  Kopf  =  28mm. 


Von  allen  bekannten  Arten  außer  der  charakteristischen  Färbung 
durch  den  Besitz  von  nur  fünf  Stacheln  der  ersten  Rückenflosse,  die 
außerdem  der  zweiten  besonders  nahe  liegt,  verschieden.  Die  genaueste 
Untersuchung  läßt  einen  —  auch  bei  anderen  Arten  wegen  seiner 
Kleinheit  leicht  übersehenen  —  sechsten  Stachel  nicht  finden.  Außerdem 
haben  Tr.  draco  L. ,  araneus  C.  V.,  radiatus  C.  V.  nicht  einen, 
sondern  zwei  Stacheln  über  dem  Vorderrande  jeder    Orbita,    während 


.1.   (i.   FisflitT,   afVikaiiisclie  Irische  (2).  BO 

Tr.    viperci    C.  V.    an  dieser  Stelle   gar  keinen  Stachel  besitzt.     Von      Tracinnus 
Tr.  cornutus  (iay  (Küste  von  Chile,  1).  7/25;  A.  25)  wird  jederseits""'"'"^^'' *^^'- "• 
vor   dem  Auge    ein  langer   und    zurückgekrümmter  Stachel   angegeben, 
während   T.   radiatus    C.    V.    noch    durch   die    auf  der  Oberseite  des 
Kopfes   und    am    Infraorbitalring    befindlichen    (iranulationen    gekenn- 
zeichnet ist. 

Ein  Exemplar,  No.  119  der  Fischsammlung  des  Naturhistorischen 
Museums.  Gesammelt  im  Jahre  1851  an  der  Insel  St.  Thome  (West- 
afrika) von  dem  damaligen  Sammler  des  Museums,  Herrn  Weiß. 


4.  Mugil  productus  sj).  n. 

von  Eloby. 

1).   4/V.s;    A.   ^/lo;    L.   lat.   28;    L.   tr.    11. 

Die  Körperhöhe  ist  o'V4  mal  in  der  Länge  (ohne  Schwanzflosse)  Mugii  productus 
enthalten  und  gleich  der  Länge  des  Kopfes  bis  zum  Ende  des  Kiemen-  '^^'^  "■ 
deckeis.  Der  Kopf  ist  viel  länger  als  hoch,  am  Hinterrande  des 
Auges  etwa  halb  so  hoch  wie  laug.  Der  Literorbitalraura  ist  platt, 
nicht  ganz  so  breit,  wie  die  halbe  Kopflänge.  Die  Naslöcher  liegen 
nahe  hintereinander,  das  zweite  in  der  Mitte  der  Entfernung  des 
ersten  vom  Vorderrand  des  Auges.  Schnauze  breit,  platt,  so  lang 
wie  der  Augendurchmesscr.  Oberlippe  dünn;  vorderer  Winkel  des 
Unterkiefers  stumpf.  Der  freie  Raum  am  Kinn  zwischen  den 
Unterkieferästen  ist  lanzettförmig,  nach  hinten  schmal  und  lang  aus- 
gezogen. Der  Praeorbitalknochen  ist  schuppig,  winkelig  gebogen,  am 
Ende  abgestutzt  und  hier,  wie  an  seinem  vorderen  unteren  Eande, 
gesägt.  Am  Auge  befindet  sich  kein  adiposes  Lid.  —  Der  Anfang 
der  ersten  Ptückenflosse  liegt  demjenigen  der  Schwanzflosse  etwas 
näher,  als  dem  Sclinauzenende,  über  der  zehnten  Schuppe  der  Seiten- 
linie. Ihr  erster  Stachel  ist  ebenso  lang  und  dick  wie  der  zweite, 
seine  Länge  drei  Viertel  von  derjenigen  des  Kopfes.  Die  zweite 
Rückenflosse  ist  höher  als  die  erste,  niedriger  als  der  Körper  an  der 
Stelle  ihres  Anfanges.  Die  Schwanzflosse  ist  stark  ausgerandet,  einer 
der  über  ihrer  Mitte  gelegenen  Stralen  (der  achte)  über  den 
Hin t er r and  der  Elo;. se  hinaus  stark  verlängert;  sein  Ende 
reicht  über  die  Endlappen  der  Flosse  hinaus.  Die  Afterflosse  ist  nur 
wenig  niedriger  als  die  zweite,  beträchtlich  höher  als  die  erste 
Rückenflosse.  Die  Wurzel  der  Brustflosse  liegt  oberhalb  der  Mitte 
der  Körperhöhe  an  dieser  Stelle ;    sie    zeigt  keine  zugespitzte  Si'-huppe 


70  J-  Ct.  Fischer,  afrikanisclie  Fische  (2). 

Mugii  productus  iji  ihrer  Achsel  und  ist  länger  als  die  Entfernung  vom  Vurderrand 
des  Auges  bis  zum  Hinterrand  des  Kiemendeckels. 

Oben  blaugrau,  Seiten  und  Bauch  gelb.  Ein  dunckler  Fleck 
an  der  Basis  der  Brustflosse. 

Ein  Exemplar  von  Eloby,  Geschenk  des  Herrn  Kapitän 
Hupf  er ,  No.  8874  der  Fischsammlung  des  Naturhistorischen  Museums 
in  Hamburg. 

5.   Sphyraena  Hupferi  sp.  n. 

von  Cameroon. 

D.   5,   V'j;    A.   Vo;  L.  lat.    157. 

Sphj-raena  ^^^  Höhe  des  Körpers  ist  7V2   mal  in  der  Totallänge  enthalten, 

Hupferi  sp.  n.  ^\q  Länge  dcs  Kopfes  wenig  mehr  als  viermal.  Der  Augendurchmesser 
ist  6V2  mal  in  der  Länge  des  Kopfes  enthalten.  Die  Brustflossen, 
etwas  kürzer  als  die  Bauchflossen,  sind  IOV2  mial  in  der  Totalläuge 
enthalten  und  erstrecken  sich  über  den  Anfang  der  Bauchflossen 
hinaus.  —  Der  Kiemendeckel  hat  keine  Spitze,  sondern  einen 
schmalen  hinteren  häutigen  Saum.  Die  Schuppen,  mit  denen  er 
bekleidet  ist,  sind  mehr  als  dreimal  so  groß,  wie  diejenigen  auf  dem 
Vorderdeckel.  Letzterer  ist  abgerundet.  Der  Oberkieferknochen  reicht 
gerade  bis  zur  Vertikalen  vom  Vorderrand  des  Auges.  Der  Unter- 
kiefer ist  vorn  ohne  fleischigen  Anhang,  mit  stumpfer  Spitze.  —  Der 
Oberkiefer  hat  zwei  Paare  großer  Fangzähne,  von  denen  die  des 
zweiten  Paars  die  größeren  sind.  Der  Rand  des  Oberkiefers  ist  mit 
etwa  50  sehr  kleinen  kegelförmigen  Zähnen  besetzt.  Das  Gaumenbein 
jeder  Seite  trägt  eine  Pieihe  von  sechs  sehr  großen  seitlich  zusammen- 
gedrückten Zähneu.  —  Am  Unterkiefer  stehen  nach  dem  sehr  starken 
Fangzahn  fünf  sehr  kleine  Zähne  dicht  gedrängt;  auf  diese  folgen 
13  große,  seitlich  abgeplattete,  vorn  und  hinten  schneidende  Zähne, 
von  denen  die  vier  ersteren  allmählich  au  Größe  zunehmen. 

Der  Ursprung  der  ersten  Rückenflosse  liegt  gerade  über  dem 
der  Bauchflossen,  der  Schnauzenspitze  viel  näher,  als  dem  Anfange 
der  Schwanzflosse.  Der  Zwischenraum  zwischen  den  beiden  Rücken- 
flossen ist  GV2  mal  in  der  Totallänge  enthalten,  fast  ebenso  groß  wie 
die  Entfernung  der  Unterkieferspitze  vom  Hinterrande  des  Auges. 

Farbe.  Oben  bläulich -grau,  unten  weiß;  vom  Rücken  aus 
geht  eine  größere  Zahl  (14  — 16)  bogenförmiger  (Konvexität  nach  vorn 
gerichtet)  dunkler  Querbinden  nach  unten  und  hinten  schräge  herab, 
ohne  die  untere  Bauchfläche  zu  erreichen.  Sie  sind  etwas  schmaler, 
als  die  zwischen  ihnen  liegenden  hellen  Zwischenräume. 


.].   (i.   l-'isclier,   aiVikanisclic    l''iscli(>  (2).  71 

Maße.      Kopf  von  der  Spitze  des    Unterkiefers    bis  zum  Ende     Sphyraena 
des  Hautsaumes  hinter  dem  Kiemendeckel  =  14  cm.  —  Von  letzterem  "'^i'''-^"'  **i^- 'i- 
Punkte    bis    zum    Anfange    der   Schwanzflosse  =   oO  cm.    —   Letztere 
selbst  10  cm.   —  Höhe  =  7 '/2  cm.  —  Entfernung   der   beiden    Rücken- 
flossen =  8V2  cm.  —  Totallänge  des  ganzen  Fisches  54  cm. 

Das  beschriebene  Exemplar,  No.  3869  der  Fischsammlung  des 
Naturhistorischen  Museums,  stammt  von  Cameroons  (Westafrika).  Es 
ward  von  Herrn  Kapitän  Hupfer  gefangen ,  dem  zu  Ehren  die  Art 
benannt  wurde. 


6.   Dascyllus  carneus  sp.  n. 

von   Mozambique. 

Taf.  II.     Fig.  5. 

B.  5;  D.  12/16;  A.  2/12;  Pe.  20;  Ve.  Vs ;  C.  5/18/.3;  L.  lat.  27;  tr.  4/11. 

Charaklei'e:  Praeoperculum  und  Praeorbitale  sehr  schwach  Dascynus 
gezähnelt;  Operculum  ohne  Spitzen.  Fleischfarbig;  eine  sehr  matt  '^'^  "^"'^  ^^'' "' 
angedeutete  dunkle  Querbinde  vom  Anfang  der  Pdickenflosse  bis  zu 
den  Bauchflossen ,  zuweilen  eine  zweite  noch  mehr  verwaschene  vom 
Ende  der  Dorsale  zur  Afterflosse.  Die  stachelige  Rückenflosse,  die 
Bauchflossen  und  die  Anale  schwarz;  Schwanzflosse  und  Brustflossen 
gelblich,  letztere  mit  einem  schwarzen  Fleck  im  oberen  Teil  ihrer  Wurzel. 

Form.  Das  von  der  Schnauzenspitze  ansteigende  Profil  ist  ein 
Kreisbogen.  Die  Körperhöhe  ist  zweimal,  die  Länge  des  Kopfes  bis 
zum  Ende  des  Kiemendeckels  viermal  in  der  Totallänge  (inclus.  Schwanz- 
flosse) enthalten.  Schnauze  kurz,  halb  so  lang  wie  der  Augendurchmesser, 
letzterer  gleich  dem  Interorbitalraum.  Mundspalte  klein,  schief;  das 
Ende  des  Oberkieferknochens  liegt  vor  der  dem  Vorderrande  des  Auges 
entsprechenden  Vertikalen. 

Zähne  in  beiden  Kiefern  in  sehr  schmalen  Binden ,  diejenigen 
der  vordersten  Reihe  groü,  kegelförmig,  dicht  neben  einander  stehend. 

Flossen.  Die  erste  Rückenflosse  beginnt  etwas  hinter  den 
Brust-  und  den  Bauchflossen.  Ihr  erster  etwas  isoliert  stehender 
Stachel  ist  kurz,  etwa  ein  Drittel  des  zweiten;  der  dritte  ist  der 
längste,  dreimal  in  der  Körperhöhe  enthalten;  von  ihm  an  fällt  dieser 
Teil  der  Flosse  nach  hinten  ab ,  so  daß  ihr  letzter  Stachel  nur  etwa 
halb  so  hoch  ist,  wie  die  längsten  Stralen  der  weichen  Dorsale.  Anale 
kurz,  mit  zwei  Stacheln  und  13  Stralen,  ganz  unter  der  zweiten 
Abteilung  der  Rückenflosse  gelegen.     Letztere,  wie  die  Afterflosse  und 


72  J-  t^-  Fiscliov.  afi'ikaniselie  Fische  (2). 

Dascyiius      cüe   Flosseohaut   zwischen    den  Stacheln    der   ersten  Rückenflosse,    zur 
carneus  sp.  n.  Hälfte  mit  Schnppen  bedeckt.     Schwanzflosse  am  Ende  eingeschnitten, 
ihr  oberer  Lappen  der  längste. 

Die  Sclmppen  sini  am  Rande  gewimpert,  diejenigen  der  Körper- 
seite etwa  dreimal  so  hoch  wie  lang.  Zwischen  dem  Ende  des 
Kiemendeckels  und  dem  Anfange  der  Schwanzflosse  liegen  27  Quer- 
reiheu.  Alle  Partieeu  des  Kopfes  sind  mit  Schuppen  bedeckt.  — 
Die  Seiteulinie,  vom  oberen  Ende  der  Kiemenspalte  beginnend,  besteht 
aus  einfachen  —  ganz  einzeln  auch  aus  doppelten  —  Röhren.  Sie 
läuft  parallel  der  Rückenkante  bis  zur  Mitte  der  zw-eiten  Dorsale. 
Hier  hört  sie  scheinbar  auf.  Doch  bemerkt  man  bei  geeigneter  Ver- 
größerung, daß  gerade  unter  ihrem  Ende  auf  den  Schuppen  derjenigen 
Reihe,  die  sich  längs  der  Mittellinie  der  Schwanzseite  erstreckt,  kleine, 
einzeln  oder  zu  zwei,  auch  drei,  zusammenstehende  Höckerchen  sich 
befinden,  die  auf  den  Schuppen  der  benachbarten  Reihen  fehlen.  Man 
dürfte  um  so  eher  geneigt  sein,  diese  Reihe  für  eine  Fortsetzung  der 
unterbrochenen  Seitenlinie  zu  erklären,  als  in  derselben  statt  jener 
Höckerchen  auch  einzelne  wirkliche  Röhren  sich  finden ,  die  für  die 
eigentliche  Seitenlinie  charakteristisch  sind.  —  Ein  solcher  hinterer 
und  abgesetzter  Teil  der  Seitenlinie  findet  sich  bekanntlich  bei 
D.  aruanus;  er  wird  hier  schon  von  Cuvier  und  Valenciennes  erwähnt. 

Farbe  gesättigt  fleischfarben  oder  rosenrot.  Eine  verwaschene 
dunkle  Querbinde  steigt  vom  Anfange  der  Dorsale  hinter  die  Brust- 
flosse herab  und  setzt  sich  bis  zum  Anfang  der  Bauchflosse  fort. 
Bei  den  größeren  Exemplaren  findet  sich  eine,  dem  kleinsten  Stücke 
fehlende ,  noch  matter  angedeutete  zweite  dunkle  Querbinde  zwischen 
der  weichen  Dorsale  und  der  hinteren  Hälfte  der  Afterflosse.  Die 
erste  Rückenflosse,  mit  Ausnahme  des  mit  Schuppen  besetzten  Basalteils 
der  Flossenhaut,  ist  schw^arz,  ebenso  die  Bauchflossen  und  die  After- 
flosse. Die  Schwanzflosse  und  die  Brustflossen  sind  gelb;  ein  kleiner 
schwarzer  Fleck  liegt  am  oben  Wurzelteil  der  letzteren. 

Maße  des  größten  Exemplars:  Totallänge  mit  Schwanz- 
flosse =  80  mm.  Desgleichen  ohne  letztere  =  G3  mm.  Größte 
Höhe  =  40  mm.  Länge  des  Kopfes  bis  zum  Ende  des  Kiemen- 
deckels =  20  mm.     Längster  Stachel  der  Rückenflosse  =  lo  mm. 

Am  nächsten  ist  unsere  Art  verwandt  mit  D.  xanthosoma  ßlk. 
von  Borneo.  Bei  diesem  ist  die  Grundfarbe  nicht  rot,  sondern  gelb, 
und  es  findet  sich  nur  eine,  aber  deutlichere,  und  nur  l)is  zu  den  Brust- 
flossen —  nicht  bis  zum  Bauche  —  sich  erstreckende  Querbinde. 
Jede  seiner  Schuppen  zeigt  einen  kleinen  bläulichen  Streif,  der  auf 
unseren   Stücken   fehlt.      Derselbe   hat   außerdem    einige    Schuppen   in 


J.  (t.  Fisclici'.   atVikaniscIic  Fische  {■>).  yg 

(1er  Seitenlinie  weniger   (25  gegen  27)    und  einen    Stral    in   der  After-      Dascyiius 
tlosse  mehr  (Ve.  713  gegen  vü). 

Drei  Exemplare  von  der  Küste  von  Mozambiqiie,  ein  Geschenk 
des  Herrn  Konsul  PJiüipin.  No.  oS37  der  Fisclisammlung  des  Natur- 
historischen  Museums. 


7.   Coris  Hupferi  ^p-  n. 

von  Liberia. 

D.  7r^;    A.  'tu-    P.   Vi.,;    V.   Vs;    L.  lat.  72;  L.  tr.  27. 

Die  Höhe  ist  4'/3  mal,  der  Kopf  (his  zum  Ende  des  Kiemen-  coris  Hu  fori 
deckeis)  4^4  mal  in  der  Totallänge  enthalten.  Die  Schnauze  ist  doppelt,  sp,  n. 
der  Interorbitalraum  1 '/2  mal  so  lang  wie  der  Augendurchinesser. 
Die  Oberlippe  ist  Üeischig,  faltig,  die  Unterlippe  in  zwei  herabhängende 
Lappen  gespalten,  die  nicht  in  einander  übergehen.  Von  der 
Rückenflosse  sind  keine  der  Stralen  oder  Stacheln  verlängert;  ihre 
letzten  Stralen  reichen,  ebenso  wie  diejenigen  der  Afterflosse,  bis 
zum  Anfange  der  Schwanzflosse;  letztere  ist  abgestutzt.  Die  Brust- 
flossen sind  etwa  halb  so  lang  wie  der  Kopf  und  viel  kürzer  als  die 
Bauchflossen ;  die  zwei  äußersten  Stralen  der  letzteren  sind  verlängert 
und  reichen  bis  zum  Anfange  der  Afterflosse. 

Die  Seitenlinie  verläuft  bis  .  zum  letzten  Dritteil  ihrer  Länge 
parallel  mit  der  Kurve  des  Kückens  auf  der  fünften  oder  sechsten 
Schuppenreihe,  biegt  dann  unter  dem  sechsten  Stral  der  weichen 
Rückenflosse  plötzlich  nach  unten,  und  verläuft  nun  auf  der  elften, 
weiter  hinten  auf  der  achten  Schuppenreihe. 

Farbe  schwarzblau,  am  Bauche  heller,  Brust-  und  Kehlgegend 
gelb.  Rückenflossen  schwarzblau  mit  einer  gelben  Binde  längs  der 
Basis  und  einer  viel  schmaleren  längs  des  oberen  Randes,  der 
wiederum  fein  schwarz  gesäumt  ist.  Afterflosse  gelb  mit  graublauem 
Saum,  der  durch  eine  feine  schwarze  Linie  eingefaßt  ist.  Brustflossen 
gelb,  Bauchflossen  hellgrau,  Schwanzflosse  schwarzgrau.  Kopf  schwarz- 
braun, Ende  des  Kiemendeckels  mit  schwarzem  Fleck.  Eine  dunkle, 
von  zwei  gelben  Linien  eingefaßte  Binde  vom  Auge  bis  zum  Hinter- 
rande des  Kiemendeckels,  eine  feine  gelbe  Linie  vom  Mundwinkel 
bis    zum  hinteren  Rande  des  Vorderdeckels. 

Ein  Stück,  No.  3935  der  Fischsammlung,  von  Nifao  (Liberia), 
ein  Geschenk  des  Herrn  Kapitän  Hupfer. 


74  <T-   fr.  Fischer,  afrikanische  Fische  (2). 

8.   Fierasfer  punctatus  sj).  n. 

von  Mozambique. 

Fierasfer  ^^®  Kopflänge  ist  achtmal  in  der  Totallänge  enthalten,  doppelt 

puntatus  sp.  ii.  SO  groß  wie  die  hinter  der  Brustflosse  gemessene  Körperhöhe,  dreimal 
so  groß  wie  die  Breite  des  Kopfes  und  viermal  so  groß  wie  eine  Brust- 
flosse. Der  After  liegt  vor  der  Wurzel  der  letzteren.  Die  Rückenflosse 
ist  sehr  schwach  entwickelt,  an  dem  größten  Teil  des  Rückens  kaum 
wahrzunehmen,  erst  gegen  das  Körperende  deutlicher.  Die  Kiemen- 
öffnung  ist  weit,  der  ganze  Isthmus  bleibt  von  den  vereinigten  Kiemen- 
häuten unbedeckt. 

Der  Oberkiefer  trägt  eine  einzelne  Reihe  sehr  kleiner,  unter 
einem  fast  rechten  Winkel  hakenförmig  umgebogener  Zähne.  Diejenigen 
des  Unterkiefers  stehen  ebenfalls  in  einer  einzelnen  Reihe,  sind  merklich 
gi'ößer  aber  weniger  gekrümmt  als  die  des  Oberkiefers;  die  drei  ersten 
derselben  sind  klein ,  dann  folgen  sechs  größere  und  dann  wieder 
merklich  kleinere.  Eigentliche  Reißzähne  finden  sich  weder  am  Ober- 
noch  am  Unterkiefer.  Auch  der  Gaumen  trägt  jederseits  eine  Reihe 
kleiner,  schwach  gekrümmter  Zähne.  Am  Vomer  steht  ein  einzelner 
sehr  großer  Reißzahn. 

Farbe  gelbbraun,  Kopf  und  Körper  überall  dicht  mit  kleinen 
schwarzen  Punkten  und  Fleckchen  bedeckt,  wodurch  das  Tier  ein 
dunkelbraunes  Ansehn  gewinnt. 

Maße:  Totallänge  =  230  mm;  Kopf  =  20  mm;  Körpeshöhe 
(hinter  der  Brustflosse  gemessen)  =  1 Ö  mm  ;  Breite  des  Kopfes  =  10  mm; 
Länge  der  Brustflosse  =  8  mm. 

Die  Art  unterscheidet  sich 

1.  durch  einreihig  gestellte  Zähne  in  den  Kiefern  von  F.  neglectus 
Pets.;  affinis  Gnth. ;  Homei  Richds. ;  acusBrünn;  dentatusCuv. ; 

2.  durch  den  Mangel  von  Reißzähnen  in  den  Kiefern  von  F.  caninus 
Gnth.;  deutatus  Cuv. ; 

3.  durch  den  Besitz  von  nur  einem  großen  Reißzahn  am  Vomer  von 
F.  neglectus  Pets.;  gracilis  Bleek.; 

4.  durch  abweichendes  Verhältnis  der  Kopflänge  zur  Totallänge  (1 : 8) 
von  F.  caninus  Gnth.  (1:7);  dentatus  Cuv.  (1:9V2);  Homei 
Richds.  (1  :  7V2);  lumbricoides  Bleek  (1:21);  neglectus 
Pets.  (1:10);  gracilis  Richds.  (1:11). 

Das  einzige  Exemplar  des  Naturhistorischen  Museums  stammt 
aus  Mozambique,  ein  Gescheide  des  Heirn  Konsul  Fhilip])i.    Es  steckte 


.T.   G.  Fisclicv,  itfVikiiiiisclit-   Kisclif  (2).  75 

bis  an  den  Kopf  in  der  Atliomliölile  einer  grolien  Holothiirie,  die  von      Fierasfar 
Herrn  Z)r.  Ffejf'(^r  als  Holothuria   scabra  Jaeg.  Var.   tigris  Brandt i''''''*''*''' '^'- ''' 
bestimmt  worden  ist. 

No.  3920  der  Fischsammlung. 


9.  Pellonula  modesta  sp.  n. 

von  Westafrika. 
D.   17;    A.   18;  P.   15;    V.  7;    L.  lat.   4(i;    L.  tr.   14—16. 

Höbe  viermal,  Kopflänge  fünfmal  in  der  Gesamtläoge  enthalten.  peiiomiia 
Bauch  stark  /Aisammeugedrückt  und  gekielt,  nicht  gesägt.  Keine  '""f^esta  sp.  n. 
Seitenlinie.  Augendurchmesser  gleich  der  Schnauzenlänge,  3 Vi  mal  in 
der  Kopflänge  enthalten.  Unterkiefer  sehr  wenig  vorragend.  Ober- 
kieferknochen breit,  fast  bis  zum  Centrum  des  Auges  reichend.  Zähne 
winzig,  in  einer  Reihe  am  Zwischen-  und  Unterkiefer.  Vomer,  Gaumen- 
beine, Zunge  ohne  Zähne.  Der  Anfang  der  Rückenflosse  liegt  etwas 
vor  demjenigen  der  Bauchflossen  und  ist  dem  Schnauzenende  merklich 
näher  als  dem  Anfange  der  Schwanzflosse.  Die  Brustflosse  reicht 
nicht  bis  zum  Anfange  der  Bauchflossen,  der  von  dem  Anfange 
der  Schwanzflosse  durch  12  Schuppen  getrennt  ist.  —  Die  inneren 
Anhänge  der  Kiemen  bogen  sind  borstenförmig  und  länger  als  der 
Augendurchm  esser. 

Rücken    blaugrün,    Seiten    und    Bauch    gelblich.      Keine    helle 
Seitenbinde. 

Drei  Stück  von  Eloby,    gesammelt  und  eingesandt  von   Herrn 
Kapitän  Hupf  er. 

No.   3907  und    3912    der   Fischsammlung   des  Naturhistorischen 
Museums. 

10.   Monacanthus  (Aluteres)  fuscus  sj).  n. 

"  von  Cameroon. 

Tafel  II,  Fig.  6. 
D.    1/3G;    A.   38;    P.    13;    C.    12. 
Keine  Bauchflosse;  Beckenfortsatz  ganz  in  der  Haut  versteckt.    Mmiacuntiiiis 
Haut   sammetartig,    ohne    Schuppen,    ohne   Borsten    oder   andere   Vor-      lAiuteres) 
ragungen    an    der  Seite    des  Schwanzes.      Oberes    Schnauzenprofil   fast 
gerade,  sehr  wenig  konkav;    Rücken   zwischen  der  ersten  und  zweiten 
Rückenflosse    merklich    vertieft.      Körper    laug;    seine    Höhe    bei   aus- 
gestrecktem Beckenfortsatz)  ist  2 '^2  mal  in  der  Länge  (ohne  Schwanz- 
flosse) enthalten ;  die  zwischen  den  beiden  Rückenflossen  gemessene  Höhe 


76  J-  <^T.  Fischer,  afrikanisclie  P^iselie  (2| 


Monacantiius    l)eträgt    Vi  der  Totalläiige  vmd   ist  gleich  der  Entfernung  des   hinteren 

(Alu 
fuscu 


(    u  eres)      Orbitah'andes  von  der  Schnauzenfläche.    Schwanzflosse  lang,  gleich  der 


größten  Höhe   des  Körpers.      Der   Schwanzstiel   ist   so   lang  wie  hoch. 

Der  Stachel  der  ersten  Rückenflosse  ist  mit  drei  Reihen 
abwärts  gerichteter  Stacheln  besetzt,  von  denen  eine  vorn,  eine  an 
jeder  Seite  liegt;  die  hintere  Fläche  trägt  keine  Stacheln  und  zeigt 
eine  von  unten  nach  oben  verlaufende  Furche.  Er  steht  gerade  über 
dem  Centrum  des  Auges  und  ist  dünn  und  kurz,  etwa  halb  so  lang 
wie  die  Schnauze.  - —  Die  Wurzel  der  kurzen  Brustflosse  liegt  unter 
der  vorderen  Hälfte  des  Auges,  ein  kleiner  Teil  der  Kiemenspalte  noch 
vor  dem  Vorderrand  des  letzteren. 

Die  zweite  Rückenflosse  hat  30 ,  die  Afterflosse  38  zarte 
Stralen,  Die  ersten  sieben  Stralen  der  letzteren  haben  eine  gewisser- 
maßen isolierte  Stellung,  sofern  der  achte  mit  dem  vorhergehenden 
zwar  durch  Flossenhaut  verbunden,  aber  doppelt  so  weit  von  ihm 
entfernt  ist,  wie  die  übrigen  von  einander. 

Einfarbig  dunkelbraun,  ohne  alle  Abzeichen. 

Maße:  Totallänge  120  mm;  Schw^anzflosse  34  mm;  Schnauze 
(vom  vorderen  Augeurand  bis  zur  Schnauzenspitze)  25  mm;  Höhe 
(bei  ausgestrecktem  Beckenfortsatz)  35  mm;  Höhe  (in  der  Mitte 
zwischen  den  beiden  Rückenflossen  gemessen)  30  mm;  von  der 
Schnauzenspitze  bis  zum  Stachel  der  ersten  Rückenflosse  38  mm ; 
von  demselben  Punkte  bis  zum  Anfang  der  zweiten  Dorsale  54  mm; 
Stachel  der  ersten  Rückenflosse  13  mm;  Schwanzflosse  34  mm. 

Am  nächsten  ist  unsere  Art  verwandt  mit  Mon.  (Aluteres) 
Heudeloti  Hollard,  der  jedoch  abweichende  Maßverhältnisse  und  einen 
starken,  vorn  wie  hinten  mit  Spitzen  besetzten  Dorsalstachel  besitzt. 

Ein  Exemplar,  No.  3943  der  Fischsammlung  des  Natur- 
historischen Museums.  In  Cameroon  gesammelt  von  Herrn  Kapitän 
M  elcher  tsen. 


11.   Tetrodon  (Hemiconiatus)  guttifer  Bennett. 

^  ^    ,  Ein  vorzüglich  erhaltenes  Exemplar  dieses  seltenen  Fisches,  das 

Tetroden  _     °  ^  .  ' 

(Hemiconiatus)  vou  Herrn  Kapitaiu  Hupfer  dem  Naturhistorischen  Museum  aus  Eloby 
guttifer  Kounett.  (^^Yest  -  Afrika)  zugesandt  wurde,  veranlaßt  als  Ergänzung  zu  der 
Beschreibung  Günthers  (Cat.  Fish.  Brit.  Mus.  VHI,  272)  zu  einigen 
Bemerkungen,  die  um  so  mehr  am  Platze  sein  dürften,  als  das 
Bennettsche  Originalexemplar  verloren  gegangen  ist,  und  das  von 
Günther  untersuchte  Stück  des  Britischen  Museums  sich  in  aus- 
getrocknetem Zustande  befand. 


J.   G.  P'isclior,   afrikauisclic  Fisdic   (-2).  77 

D.   11;    A.   9;    P.   20;    C.   11. 
Der    aus    unregelmäßigen    Knochenstücken    bestehende    Panzer      Tetroden 

(Hemicoiiiatii 
;uttifer   Benett. 


erstreckt  sich  nur  bis  zu  den  Seiten  des  Bauches  herab,    ohne   unten  *■  °™'°""''''*^^'^^ 


zu  einem  vollständigen  Panzer  zusammenzuschlieCien.  (Günther  sagt  in 
der  Gattungsdiagnose:  the  latter  [scutes]  forming  a  continuous 
carapace  round  the  trunk).  Erst  hinter  der  Afterflosse  schheßt 
sich  der  hier  aus  verwachsenen  und  von  Haut  bedeckten  Stacheln 
bestehende  Teil  des  Panzers  auch  an  der  Ventralseite  vollständig. 

Bauch  und  Kehle  sind  bei  dem  frischen  Weingeistexeniplar 
vollkommen  glatt  und  zeigen  auch  dem  betastenden  Finger  keine 
Rauhigkeiten,  Die  Spitzen  der  hier  hegenden  Stacheln  sind  voll- 
kommen in  die  Haut  eingebettet  und  treten  erst  beim  Eintrocknen 
der  letzteren  hervor.  Herauspraepariert  erweisen  sie  sich  als  winzige 
(bei  unserem  49  cm  laugen  Exemplar  beträgt  ihre  Länge  nur  l'/2mm) 
schlanke  Stacheln  mit  drei  Wurzeln  (nach  Günther  sind  dieselben 
tworooted),  von  denen  zwei  näher  bei  einander  liegen  (Taf.  H  Fig.  7). 
Die  Nasengrube  hat  keine  OefFnung  und  ist  mit  einem  hinten  höheren 
Hautsaum  umgeben,  der  sich  jederseits  zu  einem  tentakelförmigen 
Hautlappen  erhebt. 

Farbe:  Oben  und  an  den  Seiten  schwarzgrau,  nach  dem  Bauche 
herab  heller,  letzterer  weiß;  alle  Flossen  gelblich,  Schwanzflosse  oben 
und  unten  schwarz  gesäumt.  Die  Grenzen  der  unregelmäßigen  den 
Panzer  bildenden  Schildchen  durch  hellgraue  Linien  markiert,  wodurch 
am  Rücken  und  an  den  Seiten  des  Mittelrumpfes  eine  netzartige 
Zeichnung  entsteht;  ein  breiter  schwarzer  Fleck  vom  Auge  herab  zur 
Kehlgegend.  Basis  der  Brustflossen  schwarz.  Auf  dem  Kopf  drei 
Paare  symmetrisch  verteilter  kleiner  weißlicher  Flecke;  von  letzteren 
finden  sich  6  bis  9  ziemlich  entfernt  stehende  in  einer  etwas  gebogenen 
Reihe  an  jeder  Seite. 

Maße:  Totallänge. 49 '/2  cm;  Schwanzflosse  U'/^cm;  Brustflosse 
5 '/2  cm;  Afterflosse  7  cm;  Rückenflosse  8  cm;  von  dem  Schnauzenende 
bis  zum  Vorderrande  der  Kiemenöftuung  IOV2  cm;  von  demselben 
Punkt  bis  zum  Auge  5  cm;  Augendurchmesser  2  cm;  vom  Hinterrande 
der  Orbita  bis  zum  Vorderrande  der  Kiemenspalte  5  cm;  von  der 
Schnauzenspitze  bis  zum  Anfange  der  Rückenflosse  25  cm;  von  letzterem 
Punkte  bis  zum  Anfange  der  Schwanzflosse  12'/-' cm;  der  Anfang  der 
Afterflosse  fällt  gerade  unter  das  hintere  Ende  der  Rückenflossenwurzel. 

No.  3944   der  Fischsammlung   des   Naturhistorischen  Museums. 


78  J.   Ci.  Fischer,  neue  Cottus-Art  vuii   Bai-badoes. 


III  Über  eine  neue  Cottus-Art  von  Barbadoes. 

Cottus  maculatus  sjh  n. 

von  Barbadoes. 

Taf.  11,  Fig.  8. 

D.  8/12;  A.   9;  Pe.   15;  Ve.   1/2;  C.    13. 

^'"tt"**  Kopfiiidit  abgeplattet;  Körper  und  Schwanz  zusammengedrückt. 

^  "^  ■  ■  Die  Kopflänge  ist  fast  viermal,  die  hinter  dem  Kopf  gemessene  Körper- 
höhe fast  fünfmal  in  der  Totallänge  enthalten.  Der  Längsdurchmesser 
des  Auges  ist  gleicli  der  Länge  der  Schnauze,  und  mehr  als  dreimal 
in  der  Kopflänge  enthalten.  Vor  dem  Auge  stehen  zwei  kleine 
Stacheln.  Der  von  holien  Orhitalleisten  gesäumte  Raum  zwischen  den 
Augen  ist  eng,  etwa  hallj  so  w^eit,  wie  der  vertikale  Augendurch- 
messer. Hinter  demselben  ziehen  sich  zwei  niedrige,  stumpfe,  je  in 
einen  kurzen  Stachel  endigende  Leisten  bis  dicht  vor  den  Anfang  der 
Rückenflosse;  diesell)en  schließen  eine  längliche  Vertiefung  ein.  Die 
obere  Kinnlade  ragt  nicht  über  den  Unterkiefer  vor;  das  Ende  des 
Oberkieferknochens  liegt  unter  dem  Centrum  des  Auges. 

Die  Kicmenhaut  ist  l)reit  mit  dem  Isthmus  verwachsen.  Es 
sind  sechs  Kiemenhautstralen  und  wohl  entwickelte  Pseudobranchien, 
so  wie  eine  große  Analpapille  vorhanden. 

Die  Haut  ist  vollkommen  schu2)})enlos,  ohne  Hautlappen  und 
ohne  knöcherne  oder  schuppenähnliche  Vorragungen  mit  Ausnahme 
der  in  der  Seitenlinie  liegenden  länglichen  Knochenplättchen.  Letztere 
beginnt  über  der  Kiemenspalte,  Avendet  sich  mit  leichter  Krümmung 
nach  hinten  und  etwas  nach  unten,  unter  der  zweiten  Dorsale  wieder 
etwas  nach  ü])en,  verläuft  nun  nahe  der  Wurzel  dieser  Flosse,  und 
biegt  sich  am  freien  Sclnvanzstiel  Avieder  nach  unten,  um  in  der  Mitte 
der  SchwanzflossenAvurzel  zu  endigen. 

Der  Vorderdeckel  ist  mit  drei  einfachen  nicht  mit  Nel^en- 
sprossen  versehenen  Stacheln  bcAvehrt;  von  diesen  ist  der  unterste 
und  vorderste  sehr  klein  und  ein  Avenig  nacli  vorn  gerichtet.  Von 
den  ])eiden  anderen  dicht  neben  einander  am  hinteren  Ende  der 
Vorderdeckelplatte  gelegenen  ist  der  untere  klein,  der  obere  sehr 
lang,     länger    als    der    Längsdurchmesser    des    Auges.       Das     Subo- 


J.  G.  Fisclici-,  iicnc  Cottas-Ai-t  von  IJarbadoes.  79 

pcrciiluin  liat  zwei  kleine  nacli  unten  «icrielitcte  Spitzen.    Der  KienuMi-        Cottus 
deckel    trägt    einen    nur    an     seinem    Ende    freien,    ülnigens    aui'go- "^'"^"''^^"^  "^^''^ 
wachsenen  Stachel    der    sowohl    längs    der    oljeren    wie    der   unteren 
Kaute  durch  eine  Reihe  kleiner  Spitzen  l)ewehrt  ist. 

Kleine  spitze  Zähne  stehen  gedrängt  in  beiden  Kiefern  und 
am  Vomer.     Die  (Taumenl)einc  sind  zahnlos. 

Die  erste  RückeuHosse  Ijeginnt  nahe  am  Hinterkopf;  ihre  vier 
ersten  Stacheln  sind  von  nahezu  gleicher  Höhe ,  fast  so  lang  wie  die- 
jenige des  Körpers;  der  letzte  Stachel  ist  durch  eine  zarte  Haut  mit 
dem  Anfange  der  zweiten  Dorsale  verl)unden.  Diese,  aus  12  Strafen 
bestehend,  ist  fast  ebenso  hoch  wie  die  vorige,  hinten  abgerundet  und 
hier  durch  ein  Häutclien  an  den  Scliwanzrücken  angeheftet.  Auch 
die  aus  9  Strafen  bestehende  Afterflosse  ist  ziemlich  hoch;  sie  beginnt 
etwas  hinter  der  zweiten  Rückenflosse  und  hört  vor  dem  Ende  der 
letzteren  auf.  Die  Drustflosse  ist  lang;  sie  l)esteht  aus  18  unver- 
zweigten Stralen;  ihre  Spitze  reicht  über  den  Anfang  der  Afterflosse 
hinaus.  —  Die  Bauchflossen  entspringen  nahe  bei  einander  und  be- 
stehen aus  einem  Stachel  und  nur  zwei  gegliederten  Stralen.  Ihr  Ende 
reicht  bis  zur  Anali)apille. 

Farbe  oben  hellbraun,  unten  gell)lich;  Rücken  und  Seiten  durch 
größere,  unregelmäßige,  weißliche  Flecken  gescheckt  und  marmoriert. 
Die  obere  Hälfte  der  Brustflosse  ist  braun,  die  untere  weiß ;  sie  zeigt 
mehrere  Querreihen  schwärzlicher  Punkte.  Die  Schwanzflosse  ist 
unregelmäßig  weiß  und  l)raun  quer  gebäudert.  Die  zweite  Dorssale 
und  die  Afterflosse  haben  unregelmäßige  Längsreihen  dunkler  Punkte. 
Die  Bauchflossen  sind  weiß. 

3Iaße:  Kopf  bis  zum  Ende  des  Kiemendeckels  25  mm;  Total- 
länge mit  Scliwanzflosse  93mm;  dieselbe  ohne  letztere  72  mm;  Schnauze 
8  mm ;  Längsdurchmesser  des  Auges  8  mm ;  Höhe  des  Körpers  dicht 
hinter  dem  Kopfe   18mm;  vierter  Stachel  der  ersten  Dorsale   14  mm. 

Durch  die  Zalil  der  Flossenstralen  ist  unsere  Art  am  nächsten 
mit  C.  bubalis  Euphr.  verwandt,  von  dem  sie  sich  aber  durch  den 
Besitz  von  nur  3  (gegen  4)  Stacheln  am  Vorderdeckel,  durch  die 
größere  Länge  der  nur  zweistraligen  Bauchflossen  und  der  Brustflossen 
unterscheidet. 

Ein  Exemplar,  No.  3523  der  Fisehsammlung  des  Xatur- 
historiscben  Museums  in  Hamljurg.  Gesammelt  und  an  dasselbe  im 
.Jahre   1872  eingesandt  von  Herrn  Kapitän  EhrJ/ardf. 


80  J-  Gr.  Fischer,  Liste  von  Aiii})hi)iien  und  licptilien  vcm  Mindanao. 


IV.  über  eine  Kollektion  von  Amphibien  und 
Reptilien  von  Mindanao. 


Reptilien  und  ^^^^    Direktion    des    Kgl.    Zoologischen    Museums    in    Dresden 

Amphibien  aus  ersuclite  niicli  im  vorigen  Jalire  (1884)  um  die  Bestimmung  einer  Anzahl 
von  Amphibien  und  Eeptilien,  welche  von  HeiTn  Dr.  Schadenberg  1881 
und  1889  in  Süd-Mindanao  gesammelt  waren.  Bemerkungen  über 
einzelne  derselben,  so  wie  die  Beschreibung  der  darunter  gefundenen 
neuen  Species  folgen  weiter  unten  im  V.  Teile  dieser  Arbeit. 


1.  Rana  Everetti  Boulg. 

2.  Hyloraiia  erythraea  Schi. 

3.  Micrliyla  aehaüua  Tsch. 

4.  Meyaloplirys  inonlaiia  Kiihl,  h  et  2- 

5.  Tiliqiia  rufescens  Shmv. 

6.  Keueiixia  smaragdina  Less. 

7.  Hiniilia  fasciata  Gray. 

8.  Eumeces  (Riopa)  gracilis  sp.  n.    (S.  85). 

9.  Eumeces  (Riojwi)  Schadeiibergi  s}).  n.  (S.  87). 

10.  Tiai'is  subcristata  Blytli,  6  et  5- 

11.  Hemidadylus  Cocieaui  D.  et  B. 

12.  Typhlops  bramimis  Daud. 

13.  Calamaria  Gervaisii  D.  et  B. 

14.  Simotes  pliaeiiüchalimis  Cope. 

15.  Geophis  Schadeiibergi  sp.  n.     (S.  93). 

16.  Coiiipsosoma  inelaiuirum  D.  et  B.,    Variet.   erythruruni 
SaJ.  Müll.    (S.   IUI). 

17.  Tropidoiiotiis  spilogaster  Boie. 

18.  Tropidonotus  aiiriculaiiis  Gntli. 

19.  Deudrophis  pictiis  Gmel. 

20.  Chrysopelea  oriiata  Shaw. 

21.  Tragops  prasinus  Seid. 

22.  Idem,  Var.  laetus  Cope. 


J.  G.  Fisrher,   liifstt-   von  Aiiipliilncii    und    Ilc|)t  ilicii   vnii   IMindiinao.  81 

23.  Lycodoii  aulicns  L.  Var.:  y,  Gntli.  Kept.  Br.  Ind.  31 G.  üLptiiien 

34.  Cvclochorus  linealiis  Pveinh.  Var.  inaculnlus  Jan.  und  Amphibien 

aus  Mlndauao. 

■2').  Dipsas  (Icndroplula  Ixihiw. 

20.  Dipsas  («uiraoiiis  Steindch. 

T/.  Amblycephalus  boa  KnJd. 

!28.  Psammodyiiastes  pulveruleiitiis  Boic. 

29.  Hydi'(4)liis  loi'eata  Gray. 

80.  Callophis  callig-astei'   Wiefjm. 

01.  Naja  Iripiidians  Merr. 

02.  Haiiiadryas  elaps  SrhJ. 

33.  Trimeresiirus  Wagleri  Schi.   Yar. 

34.  Trimeresiirus  eryfiiruriis  Cant. 

35.  Trimeresiirus  Hcliadeubergi  sp.  n.   (S.  116). 


g2  J-  ^-  l'isclicr,  Ilerpt'tulugisclic  liciucrkungen. 


V.  Herpetologische  Bemerkungen. 

1.  Tachydromus  Wolteri  sp.  n. 

aus  Korea. 

Charaktere:  Eilckenscliuppeii  stark  gekielt,  in  acht  Längsreilien, 
die  der  zwei  mittleren  von  gleicher  Grölk  nnd  Regelmäßigkeit,  jedoch 
mit  einer  kurzen  Reihe  kleinerer  Schuppen  zwischen  denselben;  Bauch- 
schuppen in  acht  Längsreihen,  glatt,  nur  die  der  zwei  äußersten  Reihen 
schwach  gekielt.  Vier  Paare  Submentalia.  Eine  Inguiualpore  jederseits. 
Oben  bräunlich  grau,  unten  weiß;  eine  blendendweiße  Seitenbinde  vom 
Rostrale  aus  bis  zur  Weiche. 

B  e  s  c  h  !•  e  i  b  u  n  g. 
Tachydromus  Körperforiii  luäßig  sclilaük;   die  Krallen  der  Vorderfiiße  reichen 

Wolteri -.s]..  11.  |j-^  \ii\Yx  vor  das  Auge,  die  der  Hinterfüße  nicht  bis  zur  Achsel; 
werden  beide  Gliedmaßen  an  den  Leib  gelegt,  so  treffen  Hund-  und 
Fuß-Wurzel  zusammen. 

Kopfscliilder.  Rostrale  groß,  gewölbt,  auf  die  Scbnauzentiäche 
heraufgebogen ,  seine  Spitze  durch  die  median  in  einem  Punkte 
zusammentreffenden  Nasalia  von  der  des  luternasale  getrennt. 
Letzteres  groß,  breit,  secbseckig;  die  vorderen  wie  die  hinteren  Kanten 
stoßen  unter  stumpfen  Winkeln  zusammen;  die  seitlichen  sind  die 
kleinsten  und  stehen  mit  dem  ersten  Frenale  in  Berührung.  Prae- 
fontalia  viereckig,  median  breit  zusamm.enstoßend,  die  Außenränder 
abgerundet.  Frontale  sechseckig,  vorn  wenig  breiter  als  hinten, 
doppelt  so  lang  wie  in  der  ]\Iitte  breit;  der  vordere  wie  der  hintere 
Winkel  ist  stumpf,  die  Scitenränder  sind  leicht  eingebuchtet.  Fronto- 
parie talia  unregelmäßig  fünfeckig,  länger  als  breit;  durch  die  längste 
innere  Kante  mit  einander  in  Berührung,  durch  die  kleinsten  hinteren 
Kanten  von  jeder  Seite  an  das  sehr  kleine  unregelmäßig  sechseckige 
Interparietale  stoßend.  Letzteres  berührt  mit  seiner  hinteren 
Spitze  ein  winziges  dreieckiges  Occipitale,  so  die  beiden  unregel- 
mäßig viereckigen  Parie talia  ganz  von  einander  treimend;  die  Hinter- 
ränder der  letzteren  sind  gerade  abgestuizt  und  bilden  eine  nur  durch 
das  sehr  kleine,  hier  etwas  nach   hinten   vorragende  Occipitale    unter- 


J.   (i.   Fisclici-,   lIc'i-pt't<ili),uisflR'    I5cMi('rl<ung(ni.  §3 

brochene  gerade  Linie.  Vier  Supraorbi  talia,  das  zweite  und  dritte  Tiiciiydromus 
sehr  groß  und  allein  mit  dem  Frontale  in  Berührung;  das  erste  und  "^^'oI^itI  sp.  n. 
das  vierte  sind  außerordentlieli  klein  und  könnten  auch  als  das 
Anfangs-  und  End-Schildchen  von  einer  Ileihe  Körnerschuppeu  gelten, 
die  zwischen  Supraorbitalia  und  Superciliaria  eingeschaltet  ist.  Von 
den  letztgenannten  (im  ganzen  fünf)  sind  die  zw^ei  ersten  sehr  lang, 
jedes  so  groß,  Avie  die  drei  folgenden  zusammen;  das  zAveite  reicht 
nach  hinten  über  das  Centrum  des  Auges  hinaus.  Nasale  groß, 
rhombisch,  mit  dem  Nasloch  in  seiner  Mitte,  durch  seine  obere  Spitze 
jnit  demjenigen  der  anderen  Seite  hinter  dem  Rostrale  zusammen- 
stoßend. Zwei  Frenalia  hinter  einander,  beide  von  gleicher  Höhe 
und  bis  zum  Canthus  rostraKs^heraufreichend,  das  zweite  aber  mehr 
als  doppelt  so  lang  als  das  erste.  —  Die  Schläfe  ist  von  Körner- 
schuppen bedeckt,  die  wenig  größer  sind,  als  diejenigen  an  der  Seite 
des  Halses;  längs  des  Aiißenrandes  jedes  Parietale  liegen  jedoch  drei 
größere  Schildchen.  Oberlippenschilder  links  G,  rechts  7;  das 
vorletzte  sehr  große  und  als  Suborbitale  unter  dem  Auge  liegende  ist 
oben  viel  länger  als  unten.  Infralabialia  G,  von  ziemlich  gleicher 
Höhe,  das  dritte  und  vierte  die  längsten.  Auf  das  große  Kinnschild 
folgen  vier  Paare  Submentalia,  welche  von  vorn  nach  hinten  an  Größe 
zunehmen;  das  vierte  ist  so  groß  wie  die  drei  vorhergehenden 
zusammen. 

Körpersc huppen.     Die   hinter  den  Parietalia  liegenden  kleinen 
Körnerschuppen    werden    allmählich    größer    und    gehen    nach    7    bis 
8  Pieihen  in  die  Form  stark   gekielter  Päickenschuppen  über;    letztere 
stehen  in  8  Längsreihen ;    zwischen    die  zwei  median  gelegenen  —  die 
übrigens   so    groß   und    regelmäßig    sind,    wie    die   übrigen    —    schiebt 
sich   auf  dem    Mittelrücken    noch    eine   kurze    Pieihe  kleiner  Schuppen 
ein.     Von  dem  Beginn  der  regelmäßig  gekielten  Form  bis  zur  Gegend 
des  Hüftgelenks  zählt   man   28   bis    29  Querreihen.    —    Kehlschuppen 
klein,  glatt,  ganz  allmählich  —  ohne  daß  eine  Andeutung  eines  Hals- 
bandes   größerer    Schuppen    vorhanden    wäre    —    in    die    Form    der 
Bauchschilder  übergehend.     Diese  stehen  in   8  Längsreihen,    sind  von 
der  Brust   bis   zum  After    glatt,    indem   nur    die   Schildchen   der  zwei 
äußersten  Reihen  und  diejenigen  vor  der  Brustgegend  einen  schwachen 
Kiel    besitzen.      Bis    zum    After    werden    o2    Querreihen    eigentlicher 
Bauchschilder  gezählt.     Praeanalschild    sehr  groß,    größer    als  die 
vier    davorliegeuden    Schuppen    der    zwei    letzten  Bauchschilderreihen. 
Vor  demselben  an  jeder  Seite  eine  große,  stark  hervorragende  röhren- 
förmige   Inguinalpore.    —    Schwanzschuppen    der    dorsalen    Avie    der 
ventralen  Fläche  stark  gekielt  mit  nach  hinten  hervorragenden  Spitzen. 


g4  J.   <-'•  Fischer,  Hfrpetuloo'isehe  Bemerkungen. 

Tachydronius  —  Köi'perseite  uiicl  Hiuterfläche  der  Gliedmaßen  mit  Körnerschuppen, 
woiteri  sp.  n.  Vorderfläche  der  letzteren  mit  gekielten  großen  Schuppen  bedeckt. 
Handfläche  und  P\ißsohle  sind  mit  Körnerschuppen,  Finger  und  Zehen 
oben  wie  unten  je  mit  einer  Reihe  glatter  Schienen  schuppen  bekleidet; 
von  letzteren  ist  die  der  winzigen  Kralle  an  der  Unterseite  vorher- 
gehende erweitert  und  aufgetrieben,  wie  Günther  dies  auch  von 
T.  septentrionalis  berichtet.  (Rept.  Br.  Ind.  71). 

Farbe  oben  graubraun,  unten  bläulich  weiß.  Eine  rein  weiße, 
vom  Rostrale  beginnende  Binde  läuft  durch  die  Frenalgegend,  das 
untere  Augenlid  und  die  Ohröft'nung  über  die  Schulter  fort  längs 
der  Korperseite  bis  zur  "Weichengegend,  um  sich  an  der  Yorderfläche 
des  Oberschenkels  zu  verlieren.  Dieselbe  verläuft  im  untern  Teil 
einer  schwarzen  Seitenbinde,  die,  hinter  dem  Auge  beginnend,  über 
Schulter-  und  Beckengegend  und  längs  der  Seite  des  Schwanzes  sich 
fortsetzt. 


Durch  den  Besitz  von  vier  Paaren  Submentalia  sowie  durch 
die  Abwesenheit  der  Kiele  auf  den  mittleren  Bauchschildern  schließt 
sich  unsere  Art  an  T.  japonicus  D.  &  B.  und  an  T.  amurensis 
Pets.  0  an.  Von  letzterer  weicht  sie  durch  den  Besitz  von  nur  einer 
Inguinalpore  jederseits  (gegen  3),  sowie  dadurch  ab,  daß  die  Schuppen 
der  mittleren  dorsalen  Reihen  nicht  kleiner  sind,  als  die  benachbarten. 
T.  japonicus  D.  B.  hat  nur  0  Schuppenreihen  am  Rücken,  zwischen 
deren  mittlere  sich  nach  Ililgendorf'-^)  zuweilen  eine  rudimentäre 
siebente  einschiebt.  Außerdem  hat  diese  Art  zwei  Inguinalporen 
jederseits  und  ein  größeres,  nach  Hilgendorf  zuweilen  geteiltes 
Occipitalschild. 

Hier  ist  wohl  der  Ort,  auf  die  Verwandtschaft  der  asiatischen 
Gattung  Tachydromus  mit  dem  westafrikanischen  Genus  Holaspis 
hinzuweisen.  Die  Längsreihen  größerer  Schuppen  am  Rücken,  die 
Körnerschuppen  der  Seiten,  die  großen,  reihenweise  geordneten  Bauch- 
schilder, die  Regelmäßigkeit  der  Kopfschilder,  die  Anwesenheit  großer 
Submentalia  und  endlich  die  Uebereinstimmung  in  dem  Bau  der 
Zunge,  deren  hintere  fleischige  Partie  mit  konvergierenden  (en 
chevrons)  Reihen  von  Papillen  besetzt  ist  —  alle  diese  Merkmale 
lassen  jene  beiden  Gattungen  beziehungsweise  als  die  asiatischen  und 
afrikanischen  Formen  einer  und  derselben  Familie  auffassen,    die  man 


»)   S.  B.  Nat.  Fr,  Berlin  1881,  No.  4,  76. 
2)  1.1.  1880  No.  8,  p.  112. 


J.   (!.   l'^ischcr,  Tr(M'i)cti>lii.L;isclic   ncmoi'knnor'ii.  85 

mit  (lein  Namen  der  Hol  aspiclae  bezeichnen  könnte.    Die  afrikanische  Tachydromus 
Form  ist  ii.  A.  durch  den  Besitz  von  Scheidvclporen  und  einen  platten,      "  ''^'  ^^''  "" 
am    Rande    gesägten    Schwan/,     die    asiatische    durch    Inguinalporen 
und  einen  runden  Schwanz  gekennzeichnet. 


Das  der  vorstehenden  Beschreibung  zu  Grunde  liegende 
Exemplar  (No.  940  meiner  Privatsammlung)  ist  mir  nebst  anderen 
koreanischen  Reptilien  und  Amphibien,  über  welche  später  berichtet 
werden  wird,  von  Herrn  C.  Wolter,  dem  Vertreter  des  Hamburgischen 
Handluugshauses  II.  C.  Ed.  Meyer  &  Co.  aus  Chemulpo  in  Korea 
eingesandt  worden. 


2.    Eumeces  (Riopa)  gracilis  sp.  n. 

von  Mindanao. 

Taf.  III,  Fig.   1. 

Charaktere.    Sehr  schlank,  Beine  kurz,  weit  von  einander  ent- Kumeces (Riopa) 
fernt.     Unteres  Augenlid  opak ,   ohne  eigentliche    durchsichtige  Scheibe.   ^''''"^'^  ^i'-  "• 
Ohröffming  klein,  punktförmig.    Supranasalia  stossen  hinter  dem  Rostrale 
nicht  zusammen,    ebensowenig  die  Parietalia  hinter  dem  Interparietale. 
Braun,  jede  Schuppe  mit  einem  dunklen  Querfleck  am  Hinterrande. 

Beschreibung. 

Form.  Körper  lang,  dünn,  im  Durchschnitt  abgerundet  vier- 
eckig; Schwanz  nicht  abgesetzt  (die  Endspitze  fehlt  leider).  Beine 
kurz;  die  vorderen  reichen  bei  weitem  nicht  zur  Ohröftnung,  die  hinteren 
sind  etwa  doppelt  so  lang  wie  jene.  Die  Länge  der  vorderen  Glied- 
maßen ist  mehr  als  siebenmal  in  der  Entfernung  zwischen  Achsel 
und  Weiche  enthalten.  Die  dritte  und  vierte  Hinterzehe  sind  von 
gleicher  Länge. 

Kopfschilder.  Rostrale  gewölbt.  Internasale  etwas  breiter 
als  lang,  mit  dem  Rostrale  breit  zusammenstossend,  so  die  Suprana- 
salia trennend.  Fronto parietalia  mit  einander  in  Berührung. 
Interparietale  länger  als  breit,  mit  vorderem  rechten,  hinterem 
spitzen  Winkel.  Parietalia  schmal,  ihre  hinteren  Enden  durch  die 
Spitze  des  Interparietale  getrennt  und  hier  kaum  noch  in  einem  Punkte 
mit  einander  in  Berührung.  —  Hinter  dem  kleinen  Nasale  liegen 
ein  kleines  Nasofrenale  und  zwei  große  Frenalia  hinter  einander.  Sechs 
Supralabialia,  davon  das  erste  fast  doppelt  so  lang  Avie  jedes  der 


8G  J-  Ct.  Fisclier,  Hevpetolofyische  Bomevkunffen. 

Eumeces (Riopa)  zwei   folgenden;    das  dritte  und  vierte,    unter  dem  Ange  liegend,  sind 

graciiis  sp.  n.   jjjß|j|-    di^ij-ch   besondere    Größe    ausgezeichnet.      Sechs    Infralabialia 

von    ziemlich    gleicher   Größe.    —    Hinter   dem   Mentale    liegen    ein 

großes  einfaches  und  mehrere  Paare  durch  zwischengelagerte  Schuppen 

getrennte  größere  Submentalia. 

Körperschiippeii  glatt,  breiter  als  lang,  hinten  abgerundet,  in 
24  Ileihen  rund  um  den  Körper;  diejenigen  der  Seiten  und  des 
Bauches  nicht  merklich  kleiner  als  diejenigen  des  Kückens.  Von  der 
Achsel-  bis  zur  Weichen-Gegend  werden  längs  der  abgerundeten  Eücken- 
kante  49  Querreihen  gezählt.  Keine  Reihe  größerer  Schuppen  unter  dem 
Schw^anze.  Prananalschuppen  etwas  größer  als  die  benachbarten  Bauch- 
schuppen. 

Farbe  oben  und  unten  kastanienbraun.  Auf  jeder  Rücken-  und 
Seiten-Schuppe  ein  schwarzer  Fleck,  wodurch  Punktreihen  entstehen. 
Jederseits  am  Rücken  eine  Reihe  fleckenloser  Schuppen,  wodurch  hier 
der  Anschein  einer  helleren  Längsbinde  hervorgebracht  wird. 

Maße.  Kopf  und  Rumpf  ß7  mm;  Schwanz  (defekt)  35  +  x  mm; 
Von  der  Schnauzenspitze  bis  zum  Ohr  9  mm ;  vom  Ohr  bis  zum  Vorder- 
bein wiederum  9  mra ;  von  der  Achsel  bis  zur  Weiche  45  mm;  Vorder- 
bein 6  mm;  Hinterbein  12  mm. 


Durch  die  sehr  schlanke  Form  und  durch  die  Berührung  des 
Internasale  mit  dem  Rostrale  ist  unsere  Art  nahe  verwandt  mit 
Eumeces  isodactylus  Gnth.  (Rept.  Br.  Ind.  23,  T.  XIII,  A),  von 
dem  sie  sich  aber  durch  die  größeren  Schuppen  und  die  Farbe 
unterscheidet.  —  Mit  Eum.  punctatus  Gr.  stimmt  dieselbe  durch 
die  Schuppengröße  (24  Läugsreihen)  und  auch  einigermaßen  durch 
die  Farbe  überein,  doch  stoßen  bei  letzterem  die  Supranasalia  beider 
Seiten  hinter  dem  Rostrale  zusammen  und  die  Gliedmaßen  sind  länger. 
Letzterer  Umstand,  so  wie  auch  die  Farbe  und  die  Schuppengröße 
unterscheiden  unsere  Art  —  ganz  abgesehen  von  dem  Mangel  einer 
eigentlichen  durchsichtigen  Scheibe  des  unteren  Augenlides  —  auch 
hinlänglich  von  Riopa  albopunctata  Gr.,  I».  Hardwickii,  Senira 
bicolor  Gr.  u.  a.  Arten. 


Ein  Exemplar  mit  leider  defekter  Schwanzspitze,  Fligentum 
(No.  846)  des  Kön.  Zoolog.  Museums  in  Dresden,  gesammelt  von 
Hrn.  Dr.  Sdiachmherg  auf  Mindanao. 


,T.  (f.  Fisclii'i',  IIci'p('t()loois('li('  Bi'inorkiiiio'on.  87 

3.    Eumeces  (Riopa)  Schadenbergi  ^j>.  it. 

von  Mindanao. 
Tafel   III,    Fiour    2. 

€har.ik1<M'('.  Körper  gedrungen.    Beine  und  Krallen  selir  kurz.  Eumeces  (Riopa) 
Keine  durchsichtige  Augenscheibe.    Schuppen  in  28  Längsreihen,  zwischen  ^ciia.ionhoi-gi 
Achsel    und  Weiche  in  46  Querreiheu.    Supranasalia    groß,    hinter    dem 
Rostrale  zusammenstoßend.    Überall  dunkelbraun.    Acht  dunklere  Längs- 
linien auf  dem  Rücken. 

Beschreibung. 

Form.  Körper  kräftig,  im  Durchschnitt  abgerundet  viereckig; 
Schwanz  stark,  nicht  abgesetzt,  langsam  zugespitzt,  wenig  länger  als 
der  übrige  Ktirper.  Beine  kurz:  die  vorderen  reichen  nicht  bis  zur 
Oliröffuung,  die  hinteren  sind  nicht  ganz  doppelt  so  lang  wie  jene. 
Finger  und  Zehen  kurz,  die  dritte  und  vierte  Hinterzehe  von  gleicher 
Länge.  unteres  Augenlid  am  llande  mit  einer  Reihe  winziger 
Schüppchen,  von  denen  die  mittelste  die  größte  ist.  ■ —  Ohröftnung 
rund,   often,  ganzrandig. 

Kopfschilder.  Rostrale  gewölbt,  auf  die  Schnauzenfläche 
heraufgebogen.  Supranasalia  groß,  dreieckig,  mit  der  Innern 
Spitze  hinter  dem  Rostrale  zusammenstoßend.  Praefrontalia 
rhombisch,  durch  das  mit  dem  Liternasale  in  Berührung  stehende 
Frontale  von  einander  getrennt.  Letzteres  rhombisch,  wenig  länger 
als  breit.  Fron t opariet alia  groß,  median  zusammenstoßend  und 
so  das  Frontale  von  dem  ziemlich  großen  Literparietale  trennend. 
Parietal  ia  schmal,  bandartig,  zu  einem  halbkreisförmigen  Schilde 
(V  individuell)  hinter  der  Spitze  des  Interparietale  mit  einander  ver- 
schmolzen. —  Vier  Snpraorbitalia,  davon  das  zweite  das  größte 
ist  und  mit  einer  Spitze  median  über  die  anderen  vorragt.  — • 
Hinter  dem  Nasale  liegt  ein  kleines  Nasofrenale  und  zwei  große 
Frenalia  hinter  einander.  Je  sechs  Schilder  umsäumen  jederseits  die 
Ober-  und  Unterlippe;  die  unter  dem  Auge  liegenden  Supralabialia 
sind  nicht  größer  als  die  übrigen.  —  Hinter  dem  Mentale  liegt  ein 
einfaches  Subraentale;  die  übrigen  an  die  Infralabialia  stoßenden 
Schuppen  sind  vor  denen  der  Kehle  nicht  ausgezeichnet. 

Körpers{'hii]>i)en  glatt,  breiter  als  lang,  hinten  abgerundet,  am 
Bauche  nicht  viel  kleiner  als  am  Rücken,  in  )l^  Längsreihen  (rund 
um  die  Mitte  des  Körpers  gezählt).  Von  der  Achsel-  bis  zur 
Weichengegend  zählt  man  längs  der  oberen  abgerundeten  Seitenkante 
40  Querreihen.  Keine  Reihe  größerer  Schuppen  unter  dem  Schwänze. 
Praenanalschuppen  kaum  größer,  als  die  vorhergehenden  Bauch- 
schuppen. 


88  J-   ^-  Fisclior,  ITerpetolotiischo  Beinevkiino-en. 

Eumeces  (Eiopa)  Farbe.       Oben    und    unten     gleichmäßig    dunkelbraun.       Jede 

Schadenbergi  gd^^ippg  (^[g^.  mittleren  acht  dorsalen  Reihen  mit  einem  schwarzen 
Längsstreifen,  welche  Streifen  in  ihrem  Zusammenhange  acht  schwarze 
ununterbrochene  Längslinien  bilden,  die  sich  in  geringerer  Zahl  auch 
auf  dem  Schwanzrücken  fortsetzen.  —  Seiten-  und  Bauch-Schuppen 
mit  schwachem  dunkleren  Saume. 

Maße.  Kopf  und  Rumpf  85  mm;  Schwanz  92  mm;  Totallänge 
177  mm;  von  der  Schnauzenspitze  bis  zum  Ohr  14  mm;  von  der 
Achsel  bis  zur  Weiche  52  mm;  Breite  des  Körpers  15  mm; 
Vorderbein   11   mm;  Hinterbein   19  mm. 

Der  gedrungene  Körper,  die  Kürze  der  Glieder,  der  Mangel 
einer  durchsichtigen  Augenscheibe,  die  Zahl  der  Schuppen  und  die 
Färbung  unterscheiden  unseren  Eumeces  Schadenbergi  von  den  übrigen 
verwandten  Formen. 

Ein  Exemplar  (No.  845)  des  Königl.  Zoolog.  Museums  in 
Dresden,    durch  Herrn   Dr.  ScJiadenherg  von  Süd-Mindanao  eingesandt. 


4.  Euprepes  (Euprepes)  Pantaenii  sp.  n. 

aus  Westafrika. 
Taf.  III  Fig.  3,  a  und  b. 

Euprepes  Charaktere:    Frontoparietalia  bald  getrennt,   bald  median  mit 

Pantaenii  sp.  n.  einander  verschmolzen.  Interparietale  ein  längliches  Viereck  mit  sehr 
spitzem  vorderem  und  hinterem  Winkel;  Körperschuppen  in  der  Mitte 
des  Rumpfes  in  29  Längsreihen ,  auf  dem  Rücken  mit  drei  bis  fünf 
Kielen.  Oben  olivengrün,  unten  grünlich  weiß;  längs  der  Mitte  jeder 
Seite  eine  schmale  weiße  Längsbinde. 

Beschreibung. 
Form.  Ziemlich  schlank,  Kopf  kurz,  Schwanz  etwa  l'/smal  so 
lang  wie  die  Entfernung  der  Schnauzenspitze  vom  After.  Beine  kurz; 
die  Kralle  des  längsten  Fingers  reicht  bis  zur  Frenalgegend,  diejenige 
der  längsten  (vierten)  Hinterzehe  reicht  nicht  bis  zur  Achsel.  Werden 
beide  Gliedmaßen  einer  Seite  an  den  Leib  gelegt,  so  treffen  sich  die 
Wurzeln  der  Finger  und  Zehen.  Erstere  wachsen  in  ihrer  Größe  in 
folgender  Reihenfolge:  1,  5,  2,  3  =  4;  letztere:  1,  2,  5,  3,  4.  —  Unteres 
Augenlid  mit  großer  durchsichtiger  zentraler  Scheibe.  Ohröffhung 
groß,  kreisförmig,  mit  drei  bis  vier  wenig  vorragenden  Spitzen  am 
Vorderrande. 


.1.   Ci.   I''isclicr.   ]It'ii)i't(il()oiscli(^   r.oniorkuiiü'cii.  89 

Ko])fschil(lei'.  Rostrale  breiter  als  hoch,  gewölbt.  Supranasalia  Euproijos 
schmal,  median  mit  einander  in  Berührung.  Internasale  etwas  '^^  a*^"'i  '^i'- "• 
breiter  als  lang;  die  vorderen  Kanten  stoüen  nnter  stumpfem  Winkel 
zusammen,  die  hinteren  sind  eingebuchtet,  nnd  würden  unter  spitzem 
Winkel  zusanimenstoüen,  wenn  nicht  die  hintere  Spitze  des  Schildes 
durch  das  damit  in  Berührung  stehende  Frontale  abgestutzt  erschiene. 
Praefrontalia  länglich  viereckig  mit  vorderen  abgerundeten  Kanten, 
median  nicht  mit  einander  in  Berührung.  Frontale  länglich;  die 
kürzeren  vorderen  Kanten  sind  unter  spitzem  Winkel  gegen  einander 
geneigt;  die  viel  längeren  Seitenkauten  konvergieren,  die  kleinsten, 
hinteren  Kauten  stoßen  unter  rechten  Winkel  zusammen ;  doch  ist 
bei  einem  der  vorliegenden  Exemplare  das  hintere  Ende  des  Frontale 
individuell  mit  den  beiden  ebenfalls  zu  einem  Schilde  verwachsenen 
Fronto})arietalia  verschmolzen  (Taf.  III  Fig.  3  a).  Diese  bilden  mit 
ihren  inneren  Hinterrändern  einen  spitzen  Winkel,  in  den  sich  das 
Vorderende  des  Interparietale  hineinlegt.  Dies  ist  ein  lang- 
gezogenes schmales  Viereck,  doppelt  so  lang  wie  breit,  dessen  vorderer 
spitzer  Winkel  größer  ist  als  der  hintere,  dessen  beiden  Seitenwinkel 
entsprechend  stumpf  sind.  —  Parietal ia  groß,  dreieckig,  jedes  mit 
abgerundetem  Hinterrande,  hinter  dem  Interparietale  entweder  nicht 
oder  nur  in  einem  Punkte  zusammenstoßend.  Hinter  denselben  liegen 
zwei  kurze,  seitlich  sehr  ausgedehnte,  bandartige  Occipitalia.  Supra- 
orbitalia  4,  von  denen  das  zweite  bei  weitem  das  größte  ist. 
Sieben  Superciliaria.  Nasale  länglich  viereckig;  das  runde  Nas- 
loch liegt  in  seiner  Mitte.  Zwei  Frenalia  hinter  einander,  das  zweite 
höher,  und  in  seiner  oberen  Kante  länger  als  das  erste.  Sieben 
Oberlippenschilder;  das  fünfte,  sehr  große,  liegt  als  Suborbitale 
unter  dem  Auge;  sein  Vorderrand  steht  vertikal,  ebenso  wie  der 
Hinterrand,  der  obere  ist  nicht  größer  als  der  untere.  Sieben 
Infralabialia;  das  zweite  ist  sehr  klein,  die  beiden  letzten  sind 
schuppenförmig,  länghch.  Hinter  dem  Kinnschilde  liegt  ein  großes 
einfaches  Postmentale;  auf  dies  folgen  zw^ei  Paare  Submentalia, 
von  denen  die  des  ersten  Paares  aneinander  stoßen ,  die  des  zweiten 
durch  eine  dreieckige  Schuppe  von  einander  getrennt  sind. 

Köri)ers('hu])i)eii  am  Nacken  und  an  der  Schwanzwurzel  mit 
fünf,  am  Ptückeu  mit  drei  Kielen,  am  Bauche  glatt.  In  der  Mitte  des 
Rumpfes  werden  29  Längsreihen  gezählt,  zwischen  Achsel  und  Weiche 
33  bis  35  Querreihen.  Praeanalschuppen  etwas  größer,  als  die 
benachbarten.  An  der  Unterseite  des  Schwanzes,  vom  zweiten 
Drittel  an  auch  an  der  Dorsalseite,  eine  Reihe  großer  sechseckiger 
Schilder. 


90  J.  G.  P'isclicr,  Ilerpetologisclie  Beinei'kungen. 

Euprepes  Fai'Le.     Eückeii   olivenfarbig,   nacli   den    Seiten   lierah    diinlder, 

Pantaenii  sp.  n.  ^^j^^^j^  grünüclnveir?.  Von  der  weiCkm  Oberlippe  geht  jederseits  eine 
weiße  Binde  durch  die  untere  Hälfte  des  Ohrs  hart  über  dem  Schulter- 
gelenk fort  längs  der  Mitte  der  Körperseite  bis  zur  Weiche;  dieselbe 
umfaf.Jt  anfangs  zwei  bis  drei,  von  der  Mitte  des  lUmipfes  an  nur 
eine  Schuppenreihe.  Keine  helle  oder  dunklen  Flecke  an  irgend  einem 
Teile  des  Körpers,  keine  dunklen  Säume  der  Kopfschilder. 

Maße  in  mm.        Totallänge.     Schwanz.     Vorderbehi.     Hinterbein. 

a:  183  109  94  33 

b:         193  120  25  35. 

Das  Exemplar  a  stammt  von  Sierra  Leone,  gesammelt  von 
Herrn  S.  Stahl,  No.  7  99  meiner  Privatsammluug;  h  gehört  zu  den 
letzten  Sendungen  des  um  das  Lübecker  Museum  hochverdienten, 
vor  kurzem  am  Cameroon  ermordeten  Herrn  Karl  Pantaemus;  zu 
seiner  Ehre  wurde  die  Art  benannt.  Das  Stück  ist  No.  1760  des 
Naturhistorischen  Museums  in  Lübeck. 

Die  große  Übereinstimmung  beider  Exemplare,  von  denen  nur 
das  eine  (a)  verschmolzene  Frontoparietalia,  und  sogar  das  Frontale 
mit  denselben  verwachsen  zeigt,  während  bei  dem  anderen  (b')  diese 
Schilder  getrennt  sind,  läßt  es  übrigens  nicht  ratsam  erscheinen,  eine 
solche  Verschmelzung  der  Frontoparietalia  als  Artcharakter  zu  ver- 
wenden, wie  es  bei  Eup.  bistriatus  Gr.  (^=  vittatus  Gravh.- =  Graven- 
horstii  D.  B.),  bei  Eup.  Delalandii  D.  B.  und  bei  Eup.  Isselii 
Pets.  geschehen  ist. 


Euprepos 


5.   Euprepes  (Euprepes)  Warthii  sp.  n. 

aus  Ostindien. 

Charaktere:  Supranasalia  zusammenstoßend.  Unteres  Augenlid 
(Eupropos)  mit  großer  durchsichtiger  Scheibe.  Vorderer  Rand  der  Ohröffnung  mit 
Avarthii  sp.  n.  ^.^^^  spltzeu,  vorrageudeu  Schuppen.  Körperschuppen  in  38  Längsreihen, 
diejenigen  des  Rückens  mit  drei,  der  2  bis  4  dorsalen  Mittelreihen  mit 
nur  zwei  Kielen.  Praeanalschuppen  nicht  merklich  größer,  als  die  der 
Umgebung.  Eine  Reihe  großer  unterer  Schwanzscliilder.  —  Braun,  unten 
bläulich  grau,  einzelne  Seiten  schuppen  je  mit  einem  weißen  Fleck. 


.T.   (i.  Fischer.  irr'r]ict()logisclu'  r>ciii(M'l<mi,ü'Pii.  91 

P)Gsclireil)iiug. 

Köi'iM'i'foi'in  /iemlicli  gedvungon,  Schwanz  nicht  abgesetzt,  rasch  Kuja-opes 
zugespitzt,  fein  aushiufend.  Beine  ziemlich  kurz;  tlio  Krallen  der  an  ^VT^jlJJI^i*"'^!^'^'',, 
den  Leib  gelegten  Vorderfüße  reichen  bis  zur  Mitte  des  Auges;  die- 
jenigen der  Hinterfüße  nicht  ganz  bis  zur  Achsel.  Nach  ihrer  Größe 
folgen  die  Finger  in  der  Ordnung:  1,  2,  5,  4,  3,  die  Zehen:  1,  2,  5,  B,  4, 
Unteres  Augenlid  mit  sehr  großer  durchsichtiger  Scheibe.  Ohröffnung 
ein  vertikal  stehendes  Oval,  ihr  Vorderrand  mit  vier  zahnartigen  Schuppen. 

Kopfschildcr.  Ilostrale  wenig  breiter  als  hoch,  auf  die  Schnauzen- 
fläche heraufgebogen,  durch  die  hier  zusammentreffenden  schmalen 
Supranasalia  von  dem  rhombischen  Internasale  getremit.  Letzteres 
wenig  breiter  als  lang.  Praefrontalia  fünfeckig,  breit  mit  ein- 
ander in  Beridirung.  Frontale  länglich  mit  konvergierenden  Seiten; 
die  vorderen  Kanten  bilden  einen  stumpfen  Winkel,  die  hinteren  sind 
abgerundet.  Frontop arietalia  groß,  fast  so  lang  wie  das  Frontale, 
breit  zusammenstoßend.  Int  er  parietale  dreieckig  mit  abgerundeter 
hinterer  Spitze,  die  beiden  Parietalia  bis  auf  einen  Punkt  von 
einander  trennend.  Hinter  denselben  keine  durch  besondere  Größe 
ausgezeichneten  Occipitalia.  Vier  Supraorbitalia,  von  denen  das 
erste  das  kleinste,  das  zweite  das  größte  ist.  Nur  dies  letztere  steht 
mit  dem  Außeurande  des  Frontale  in  Berührung.  —  Nasale  viereckig, 
mit  dem  Nasloch  in  der  Mitte,  ganz  auf  dem  ersten  Labiale  ruhend. 
Hinter  demselben,  bezw.  auf  dem  2.  und  3.  Labiale  stehend,  zwei 
größere  viereckige  Frenalia,  und,  auf  dem  vierten  Lippenschilde 
ruhend,  ein  kleineres  drittes,  dessen  vorderes  Ende  sich  teilweise  bis 
unter  die  Augenspalte  erstreckt.  Ueber  dem  zweiten  Frenale  beginnt 
eine  Pieihe  von  fünf  Superciliarschildern,  von  denen  die  zwei  ersten 
die  längsten  und  höchsten,  das  dritte  das  kürzeste  und  niedrigste  ist. 
Jedes  Augenlid  ist  an  seinem  Rande  mit  einer  Reihe  kleiner,  aber 
vorragender,  viereckiger  Schildchen  eingefaßt.  Hinter  dem  Auge  folgen 
bis  zur  Ohröffnung  5  bis  0  Pveihen  größerer  glatter  Schläfenschuppen. 
—  Supralabialia  sieben,  das  fünfte  sehr  groß,  mit  vertikalem 
Vorder-  und  Hinterrande;  dies  und  das  sechste  liegen  unter  der 
Orbita.  —  Neun  Infralabialia,  die  hinteren  wenig  kleiner  als  die 
vorderen  und  mittleren.  Hinter  dem  sehr  großen  Kinnschilde  liegt 
ein  unpaares  und  zwei  Paare  größerer  durch  Schuppen  getrennter 
Submentalia,  auf  die  längs  der  Infralabialia  jederseits  noch  4  bis  5 
größere,  länglich  viereckige  Schilder  folgen. 

Kör])erschii]»i)eii  in  der  Mitte  des  Kcirpers  in  38  Längsreihen, 
davon  10  auf  dem  PJicken,  hier  und  an  der  oberen  Seitenpartie 
dreikjelig.      Von    der  Achselgegend    bis    zur  Weiche   werden  längs  der 


92  -T.  G.  Fischer,  Ilerpetologisclie  Born  erklingen. 

Euprepes      ahgenindeten  seitlichen  Kückenkante  32  bis  34  Schuppen  gezählt.    In 
(Enprepes)     ^j^^.  -^[[[Iq    (\qy  Päickengegend   wird    der    mittlere    der    drei  Kiele  s;anz 

Warthii  sp.  ii.  .  >        .  . 

schwach  und  verschwindet,  so  daß  die  Schuppen  der  vier  dorsalen 
Mittelreihen  —wie  bei  Tiliqua  bicarinata  Pets,  aus  Hongkong  — 
zweikielig  erscheinen.  —  Bauchschuppen  glatt,  abgerundet.  Praeanal- 
schuppen  nicht  merklich  grösser,  als  die  übrigen.  Die  innere  Hand- 
und  Fußfläche  ist  mit  abgerundeten  Höckerschuppen,  die  untere 
Fläche  der  Finger  und  Zehen  mit  einfachen  Schienenschuppen 
bekleidet. 

Farbe  oben  einfach  braun,  unten  weißlich  grau.  P]inzelne 
unregelmäßig  zerstreute  Schui)pen  der  Körperseite  zeigen  einen  hinteren 
weißen  Fleck,  andere  einen  vorderen  schwarzen  Saum.  Ein  solcher 
findet  sich  auch  auf  der  proximalen  Plälfte  der  Schuppen  an  der 
seitlichen  Grenze  des  Pvückens,  wodurch  hier  eine  sehr  schwache 
dunkle  Läugslinie  entsteht.     Das  Kinnschild  ist  schwarz  gefärbt. 

Das  vorliegende  Stück  mißt  von  der  Schnauzenspitze  bis  zum 
After  38  mm,  der  Schwanz  desselben  75mm.  Es  ist  Eigentum  des  Köuigl. 
Naturalienkabinets  in  Stuttgart  (No.  2285),  gesammelt  von  Herrn 
Warth  in  Dehra-Dun,  in  einer  der  Nordwest-Provinzen  von  Ostindien. 


6.   Rhegnops  Sargii  ^^p.  n. 

aus  Guatemala. 

(Rhegnops   Cope,   Proc.  Ac.  Philad.   18GG,   128). 
Rhegnops  Drei  von  Herrn  Konsul  Sarr/   au  das  Köuigl.  Naturalieukal)inet 

Sargii  sp.  n.    ^^^     Stuttgart    aus     Guatemala    eingesandte    Exemplare     zeigen    über- 
einstimmend folgende  Schuppenformel: 

Sq.    15.   Oc.   0—2;  Lab.  ^^;    "ö^; 

,     .       .     30—38 
Te.   1  +  1;  Ve.   135—142  +  Vi  + 

Alle  drei  stimmen  mit  Copes  Rh.  visoninus  aus  Honduras 
in  der  Pholidosis  ziemlich  überein,  doch  ist  die  außerordentliche  Aus- 
dehnung der  Kehlfurchenschilder  noch  weiter  getrieben,  als  bei  dem 
typischen  Elxemplar  dieser  Art.  Es  wird  nämlich  durch  sie  jederseits 
das  zweite  Infralabiale  nicht  nur  zu  einer  länglichen  Linie  reduziert, 
sondern  überhaupt  teilweise  von  der  Begrenzung  der  Unterlippe  ausge- 
schlossen, an  die  sich  hier  eben  das  Kehlfurchenschild  vordrängt,  so 
durchaus  an  die  entsprechende  Bildung  von  Adelphicos  Jan.  erinnernd. 


J.  (i.    I''isclicr.   llcrnrtoloyisclic    I>ciiii'r]<uiio-eu. 


93 


Bei    R.  visoninus    erstreckt    sich    auüerdeni  jedcrseits   eine  auf  der      mmsuoiis 
fünften  Scliuppenreihc   liegende   dunkelbraune  Linie    vom  Nacken  zum    '"^'"'^''^  ^^''  "' 
Schwanz,    während    unsere    drei    Stücke    übereinstimmend   unten  gelb, 
üben    dunkelbraun    gefärbt    sind    und    keine  Spur  solcher  Längsl)inden 
zeigen.     —    Die    Länge    des    Schwanzes    variiert   bei  unseren  Stücken 
zwischen  '/ü  und  'Aj  der  Totallänge.     Ich  finde  folgende  Zahlen: 


Ventralia. 

x\nalsc]iild. 

Untere 
SclnvanzschiUler. 

Länge 
Total. 

in  mm 
Schwanz. 

a. 

141 

l/l 

28 

250 

28 

b. 

142 

l/l 

26 

273 

31 

c. 

135 

Vi 

38 

27G 

44 

Zu  bemerken  ist  noch,  daß  die  Gattung  Rhegnops  Cop9 
(186G)  in  allen  Merkmalen  mit  Jan's  Adelphicos  (18G2)  überein- 
stimmt, so  dal.i  nur  der  von  Jan  angegebene  Fundort  Java  seines 
Ad.  quadrivirgatus  verhindert,  sowohl  den  Cope'schen  R.  visoninus, 
als  auch  unsere  Art  der  Gattung  Adelphicos  Jan  zuzuzählen. 


7.  Geophis  Schadenbergi  sji  n. 


von  Mindanao. 
Tafel  III,    Fig.    4. 


Sq.  17;  Oc.  0—2;  Lab. 


8    e_ 

8'  4.  5' 


/  58  63  \ 

\~2  V)- 


1+2  +  3;  Ve.  (179  —  193)  +  1 
63 


<1).  n. 


Charaktere:  Frontale  fünfeckig,  merklich  länger,  als  breit;  acht      Geopiüs 
Oberlippenschilder;  Frenale  lang;   kein  Praeokiilare;  17  Längsreiheu  von  ^ciiadcnbergi 
Schuppen.  —  Oben  einfarbig  braun   oder  dimkelgrau ,    Bauchseite  gelb. 

B  e  s  c  h  r  e  i  b  u  n  g. 
Form:     Körper    ziemlich    schlank,     mäßig    zusammengedrückt, 
IBauchseiten  abgerundet,     Kopf  lang,  schmal,   eben  so  wenig  abgesetzt 


sp.  n. 


94  J.  G.  Fischer,  Ilerijctulogisclic  Beiiierkuugon. 

Geophis  wie  der  Schwanz;  letzterer  ^  bis  l  der  Totalläoge.  Schnauze  spitz 
Sciiiuienbcrsi  ^^^^  abgerundetem  Canthus.  Auge  ziemlich  groß  mit  runder  Pupille. 
Kopfschilder:  Rostrale  schmal,  höher  als  breit,  mit  der 
oberen  Spitze  ein  wenig  zwischen  die  sehr  kleinen,  unregelmäßig  fünf- 
eckigen Internasalia  eindringend.  Praefrontalia  sehr  groß,  ihre 
gemeinschaftliche  Naht  mehr  als  viermal  so  lang  wie  die  der  Inter- 
nasalia, mit  der  Seitenfläche  zum  Frenale  herabgebogen,  und  über  dem 
letzteren  an  die  Orbita  tretend.  Frontale  fünfeckig,  1^  mal  so  lang 
Avie  breit;  der  Vorderrand  ist  gerade,  die  Seitenränder  konvergieren 
wenig,  die  Hinterränder  treten  unter  spitzem  Winkel  zusammen, 
Parietalia  groß;  ihre  gemeinschaftliche  Naht  etwa  so  lang  wie  das 
Frontale;  der  äußere  Teil  des  Vorderrandes  steht  mit  dem  oberen 
Postokulare  in  Berührung.  Jedes  Supra orbitale  schmal,  hinten 
wenig  breiter  als  vorn,  wo  es  an  den  Hinterrand  des  Praefrontale 
seiner  Seite  stößt.  Zwei  sehr  kleine  Nasalia,  zwischen  denen  das 
Nasloch  in  der  Mitte  liegt.  Ein  sehr  langes  Frenale  (etwa  viermal 
so  lang  wie  hoch)  erstreckt  sich  längs  des  seitlichen  Praefrontalrandes 
an  die  Orbita  mit  einer  Kante,  die  etwa  halb  so  groß  ist,  wie  die 
an  das  Auge  stoßende  Naht  des  Praefrontale.  Es  ruht  auf  dem  3., 
4.  und  5.  Labiale.  —  Praeokularia  fehlen.  —  Zwei  Po  stokularia; 
das  untere,  länglich  viereckige,  ruht  mit  seiner  unteren  schmalen  Kante 
auf  dem  sechsten,  mit  der  hinteren,  breiteren  auf  dem  siebenten 
Labiale;  das  obere,  höher  als  jenes,  ist  dreieckig  mit  nach  hinten 
gerichteter  Spitze.  Temporalia  1  +  2  +  3.  Das  erste  ist  bei  weitem 
das  größte  und  ruht  auf  dem  siebenten  und  achten  Oberlippenschilde 
und  steht  mit  beiden  Postokularia  in  Berührung;  das  oberste  der 
dritten  Pveihe  ist  doppelt  so  groß  wie  das  entsprechende  der  zweiten. 
Ausnahmsweise  sind  die  beiden  SchUifenschilder  der  zweiten  Reihe  bei 
einem  Exenii)lar  an  der  linken  Seite  zu  einem  einzigen  Schilde 
verschmolzen.  —  Acht  Oberlippenschilder  jederseits,  davon  die 
vier  ersten  sehr  klein;  das  längliche  fünfte  trägt  außer  dem  Frenale 
und  dem  Praefrontale  mit  zur  Begrenzung  des  vorderen  Augenrandes 
bei;  das  sechste,  größer  als  eines  der  vorhergehenden,  liegt  unter  dem 
Auge,  und  begrenzt  mit  seinem  kürzeren  oberen  Rande  die  Orbita. 
Das  achte  ist  bei  weitem  das  größte  von  allen.  —  Acht  Paare  Unter- 
lippenschilder,  von  denen  die  sehr  schmalen  des  ersten  Paares 
hinter  dem  schmalen,  bandartigen  Mentale  an  der  Kiunfurche  zusammen- 
stoßen. Das  fünfte  ist  von  allen  das  größte  und  zugleich  das  letzte 
derjenigen,  die  von  außen  an  das  Kehlfurchenschild  ihrer  Seite 
stoßen.  Letzteres  ist  groß,  mit  demjenigen  der  anderen  Seite  fast  eine 
Kreisfläche  darstellend.     Auf  dies  Paar  folgen,    an  die  hinteren  Kehl- 


Sp.   11. 


J.   (i.  Fischer,  lIcrpctnlDgisclie  Bciiici-kuiigcn.  95 

furclienscliilflei-  mancher  Leptognatlius-Arten  erinnernd,   noch  zwei  Paar       Geopins 
größerer,  in  tler  Kehlfurche  zusamnienstorjendcr  Schikler.  bc  laj^eu^cigi 

Körpcrs('hup}KMi  glatt,  ohne  Endporen,  von  rhombischer  Form, 
nach  den  Seiten  herab  wenig  größer,  in  17  Längsreihen.  Bauchschilder 
seitlich  ziemlich  stark  heraufgebogen,  ohne  KantcD.  Analschild  einfach, 
untere  Schwanzschilder  doppelt. 

Farbe  oben  rotbraun  (zweites  Exemplar  schiefergrau)  nach  den 

Seiten  heller,  ganz  ohne  alle  dunkle  oder  helle  Streifen  oder  sonstige 

Abzeichen.     Bauchseite  gelb. 

Untere 
Maße  in  mm.      Totallänge.   Schwanz.  Bauchschilder,  gchwanzschuppcn. 

a.  (iOO  97  193  5S 

1).         485  94  179  (33 

2 
Von  den  bei  der  Vergleichung  in  Betracht  kommenden  indischen 
Arten  ist  unser  Geophis  Schadenbergi  durch  seine  zugespitzte 
Schnauze,  sein  langes  Frenale ,  die  durch  letzteres  in  der  Größenent- 
wickelung  behinderten  Nasalia  und  vorderen  Lippenschilder  am  nächsten 
mit  G.  microcephalus  Gnth.  und  G.  stenorhynchus  Gnth.  verwandt. 
Beide  unterscheiden  sich  durch  den  Besitz  von  nur  G  Oberlippenschildern, 
durch  ein  sechseckiges  Frontale  von  gleicher  Länge  und  Breite,  durch 
nur  13 — 15  Längsreihen    von  Schuppen,    durch  die  Färbung  und  eine 

geringere  Zahl  von  Bauchschildern  (148  +  — ^  bei  microcephalus, 

AI 

,^^        ,_. ,     ,     17 — 37  bei  stenorhynchus). 
129  —131   + ^^ -^  ' 

Zwei  Exemplare,  in  Süd-Mindanao  gesammelt  von  Herrn  Dr. 
SchadenhcKj.  Eigentum  des  Kön.  Zool.  Museums  in  Dresden,  No.  1293 
und  129-1  der  Schlangensammlung. 


8.   Virginia  fasciata  ^p.  n. 

aus  Guatemala. 

Sq.  17;  Oc.  0—2;  Lab.  -^;  --^;  Te.  1+2  +  3. 

/        3.4 

Charaktere:    Schuppen  gekielt,   in  17  Läugsreilien :   zwei  kleine      vii-giuia 
Internasalia ;    kein  Praeokulare,  zwei  Postokularia;    sechs  Supralabialia;  ^'^^^^^^^  ^^'- ^■ 
Analschild   einfach;    mehr  als  180  Baiichscliilder.     Graubraun  mit  zalil- 
reichen    schwarzen  Querbinden;    Bauch    gelblich   mit   unregelmäßig  zer- 
streuten schwarzen  Flecken. 


96  J-   ^"-  l'isL'her,  Hcrpctiilogische  Eeiiierkuiigen. 

Beschreibung. 
Virginia  Körperforiii  ziemlich  gedrungen,  Kopf  wenig  abgesetzt.    Schwanz 

fasciata  sp.  n.  j^ijgegetzt,   rasch  verdünnt,    spitz  auslaufend,   Vo  bis   Vs  der  Totallänge. 
Auge  klein,  Pupille  vertikal  oval. 

Kopfschilder.  Rostrale  klein,  ganz  an  der  Vorderfläche  der 
Schnauze  gelegen.  Zwei  sehr  kleine  dreieckige  Internasalia.  Prae- 
frontalia  groß,  viereckig,  so  breit  wie  lang,  seitlich  auf  das  lange 
Frenale  herabgebogen,  mit  der  äußeren  hinteren  Spitze  über  dem 
letzteren  an  die  Orbita  tretend.  Frontale  fünfeckig,  wenig  länger 
als  breit  und  als  eines  der  Praefrontalia ;  die  Seitenränder  schwach 
konvergierend,  die  Hinterränder  unter  rechtem  Winkel  zusammen- 
tretend. Parietalia  groß,  so  lang  oder  etwas  länger,  als  ihre 
Entfernung  von  der  Schnauzenspitze,  ihr  Vorderrand  jederseits  mit 
dem  oberen  Postokulare  in  Berührung,  die  Hinterränder  abgerundet. 
Zwei  Nasalia  von  fast  gleicher  Größe,  das  Nasloch  in  der  Mitte 
zwischen  beiden.  Ein  langes  viereckiges  Frenale,  auf  dem  2.  und 
3.  Labiale  ruhend  und  zugleich  mit  letzterem  so  wie  mit  dem  Prae- 
frontale  die  Orbita  von  vorn  begrenzend.  Kein  Prae okulare.  Zwei 
viereckige  Po  st  okular ia,  das  obere  größer  als  das  untere;  letzteres 
ruht  auf  der  Naht  des  4.  u.  5.  Labiale.  Schläfen schil der  1  +  2, 
das  erste  groß,  rechteckig,  auf  dem  fünften  Labiale  liegend.  Der 
Außenrand  des  Parietale  wird  von  zwei  länglichen  Schildern  begrenzt, 
von  denen  jedoch  das  zweite  zuweilen  in  zwei  kleinere  geteilt  ist. 
Sechs  Oberlippenschilder,  von  vorn  nach  hinten  an  Größe 
zunehmend,  das  sechste  bei  weitem  das  größte ;  das  Auge  liegt  über 
dem  vierten,  doch  beteiligt  sich,  Avie  oben  gesagt,  auch  das  dritte 
durch  sein  hinteres  oberes  Ende  an  der  vorderen  Begrenzung  der 
Orbita.  Kinnschild  klein.  Sieben  Infralabialia  jederseits,  die 
des  ersten  Paares  an  der  Kehlfurche  zusammentretend;  das  fünfte  ist 
das  größte  und  zugleich  das  letzte,  das  außer  den  vorhergehenden  mit 
Kehlfurchen  schildern  in  Berührung  tritt.  Von  letzteren  sind  die 
des  ersten  Paares  drei-  bis  viermal  so  groß  wie  die  des  zweiten.  An 
letzteres  schließt  sich  eine  Reihe  Kehlschuppen  an.  Körper  schuppen 
in  17  Längsreihen,  rhombisch  mit  abgerundeter  hinterer  Spitze,  nach 
den  Seiten  herab  beträchtlich  größer  werdend.  Sie  sind  bis  auf  die 
der  2  (3)  äußeren  Reihen  mit  mäßigen  Kielen  versehen,  welche 
namentlich  nach  den  Seiten  herab  schwächer  werden.  Das  Anal- 
schild  ist  ungeteilt,  die  unteren  Schwanzschilder  sind  paarweise 
geordnet.  Die  Zahl  der  Bauchschilder  beträgt  184  bis  196,  die  der 
Subkaudalia  51   bis  56  Paare. 


J.  G.  Fischer     Herpetologische  BcMnerkuugen. 


97 


Am  Oberkiefer  stehen  jetlerseits  0  kleine  nach  hinten  gebogene       Virginia 
Zähne,  von  denen  keiner  isoliert  steht  und  keiner  gefurcht  ist.  fasciata  sp.  n. 

Farbe.  Oben  schmutzig  braun-grau,  unten  gelblich.  Viele  (bei 
b  bis  zum  After  37,  bei  a  45)  schwarze,  weißgesäumte  Querbinden. 
Diese  sind  in  der  Mitte  des  Rückens  am  breitesten,  hier  meist  durch 
einen  Zwischenraum  von  einer  Schuppe  getrennt,  doch  auch  hin  und 
wieder  zusammenfließend ;  nach  den  Seiten  herab  verschmälern  sie 
sich  rasch  und  nehmen  hier  nur  eine,  am  Aüfange  des  Körpers  auch 
zwei  Schuppen  ein.  Auch  auf  der  Dorsalfläche  des  Schwanzes  sind 
(10 — 14)  solcher  Querbinden  zu  beraerkeu,  die  jedoch,  namentlich 
gegen  das  Ende  hiu,  mehr  oder  weniger  mit  einander  verschmelzen. 
Die  Querbinden  erstrecken  sich  bis  auf  die  äußeren  Enden  der  ihrer 
Stellung  entsprechenden  Bauchschilder  in  Form  eines  schwarzen,  auf 
jedem  vierten  oder  füuften  Ventrale  liegenden  Fleckes  herab.  Außer- 
dem zeigt  die  Bauchfläche  eine  nach  hinten  zunehmende  Zahl  unregel- 
mäßig geordneter  runder,  auch  viereckiger,  schwarzer  Flecke.  Unterseite 
des  Schwanzes  mit  dicht  gedrängten  meist  viereckigen,  unregelmäßig 
zerstreuten  schwarzen  Flecken.  —  Kopf  oben  schwarz,  welche  Farbe 
sich  auch  auf  den  oberen  Teil  einzelner  Labialia  herabzieht.  Bei 
einem  Exemplar  ist  auch  das  Mentale,  das  erste  Paar  der  Infralabialia 
und  ein  Teil  der  Kinnfurchenschilder  schwarz  gefärbt. 

Die  beiden  vorliegenden  Exemplare  besitzen: 


Bauch- 
schilder 

Analschild 

Untere 

Schwanzsch. 

Totallänge 
in  mm 

Schwanz 
in  mm 

a. 

196 

1 

51 
~2" 

673 

110 

b. 

184 

1 

56 

T 

520 

108 

Unsere  Art  ist  von  allen  bekannten  Species  dieser  Gattung 
durch  das  ungeteilte  Analschild,  durch  die  größere  Zahl  der  Bauch- 
schilder und  Subkaudalia  sowie  durch  die  Farbe  verschieden.  Im 
übrigen  stimmt  sie  am  meisten  mit  V.  elegans  Kenn.  (1859) 
überein. 

Zwei  Exemplare  (No.  2454)  des  Königl.  Naturalieukabinets  in 
Stuttgart,  an  dasselbe  eingesandt  aus  Guatemala  durch  Herrn 
Konsul  Sarg. 


7 

0 

1 
l" 

98  J-  ^'-  Fii^flier,    Herpetulogisclie  Beraeiknugen. 

9.   Enicognathus  bilineatus  ^p.  n. 

aus  Santos. 
Taf.  Iir.  Fig.  5. 

Sq.   17-,  Oc.   1  —  2;  Lab. 

Te.    1   +  3;  Ve.   140  + 

Enicognathus  Charaktere:     Kopf    oben    scliwarz,    von    einer   gelben    Super- 

bihueatus  sp.  n.  ziüarlinie  gesäumt :  eine  blaugraue  Mittelbinde  längs  des  Rückens,  jeder- 
seits  davon  eine  feine  schwarze  Längslinie  auf  rötlich  grauem  Grunde; 
Bauch  gelb,  jederseits  mit  einer  schwarzen  Fleckenreihe. 

Beschreibung. 

Kopfschilder.  Piostrale  wenig  breiter  als  hoch,  gerade  die 
obere  Scbnaiizenfläche  erreichend.  Praefrontalia  drei  bis  viermal 
so  groC?  v'ie  die  Internasalia,  seitlich  zum  Frcnnle  berabgebogen. 
Frontale  fünfecldg,  doppelt  so  lang  wie  ])reit;  A'orderrand  gerade, 
Seitenränder  fast  parallel ,  Hinterränder  unter  spitzem  Winkel  zu- 
sammentretend. Parietalia  grofj,  ihre  gemeinschaftliche  Naht  etwas 
kürzer  als  das  Frontale;  das  äußere  Ende  des  Vorderrandes  steht 
mit  dem  größten  Teil  des  oberen  Postokulare  in  Berührung.  Die 
hinteren  Enden  weichen  zur  Aufnahme  einer  Nackenschuppe  unter 
rechtem  Winkel  auseinander.  Zwei  Nasalia  von  gleicher  Größe. 
Frenale  klein,  viereckig,  auf  der  Mitte  des  zweiten  Labiale  ruhend. 
01)ere  Spitze  des  Prae okulare  auf  die  Stirnfläche  heraufgebogeu, 
jedoch  von  der  Außenecke  des  Frontale  entfernt  bleibend.  Von  den 
zwei  Postokularia  ist  das  obere  doppelt  so  groß  wie  das  untere; 
letzteres  ruht  auf  der  Naht  zwischen  dem  vierten  und  fünften  Labiale. 
Das  einzige  Temporale  der  ersten  Reihe  sehr  groß,  mit  dem  sechsten 
und  siebenten  Lippenschilde  in  Berührung;  dahinter  noch  2  +  3 
kleinere.  Supralabialia  7,  vom  ersten  bis  zum  sechsten  alluiählich 
an  Größe  zunehmend ;  das  dritte  und  das  vierte  liegen  unter  der  Orbita. 
lufralabialia  8;  die  des  ersten  Paares  hinter  dem  Mentale  an  der 
Kinnfurche  zusammentrefiend,  die  der  ersten  fünf  Paare  mit  Kehl- 
furchenschildern in  Berührung.  Letztere  schmal,  die  des  zweiten  Paares 
1*2  mal  so  lang  wie  die  des  ersten,  mit  ihren  Enden  zur  Aufnahme 
einer  großen  Kehlschuppe  auseinanderweichend. 

Körperschuppen  länglich  rhombisch,  glatt,  in  17  Längsreihen, 
die  der  äußeren  Reihen  al'niählich  gi'üßer.  Die  dorsalen  und  seitlichen 
Schuppen    des    Schwanzes    werden    gegen    das    Ende    hin    beträchtlich 


J.   G.  Fischui',    Ik'rijelulogisclio  Liciuei-kuiigeu.  99 

ffröfser   und    sechseckig.     Das    letzte   Ende    wird    von    einer    einlachen    Knicognatims 
länglichen    llornspitze    gehildet.     Bauchschilder   seitlich    wenig    heraut- 
gebogen;   Anale  geteilt,   untere   Sehwanzschuppen  paarig. 

Farbe.  Oben  rötlich  grau,  die  einzelnen  Schuppen  schwarz 
gepulvert.  Die  Schuppen  der  fünf  dorsalen  Mittelreihen  bläulich,  so 
eine  raattgefärbte  Mittelbinde  bildend,  welche  vom  Hinterhaupt  beginnt 
und,  ohne  gegen  die  rötlich  grauen  l)enachbarten  Schuppen  scharf  ab- 
gesetzt zu  sein,  sich,  längs  des  Körpers  verschmälert,  bis  zum  Ende 
des  Schwanzes  erstreckt.  —  Jederseits  auf  den  Schuppen  der  vierten 
Reihe  (von  aufsen  gezählt)  eine  feine  schwarze,  oben  hellgesäumte 
Längslinie;  dieselbe  beginnt  seitlich  am  Hinterhaupt  und  verläuft  bis 
zum  Ende  des  Schwanzes.  —  Kopf  oben  schwarz,  diese  Färbung  ein- 
gefaüt  durch  eine  jeilerseits  vom  Rostrale  beginnende  gelbe  Längslinie, 
die  über  die  Frenalgegend  und  das  Auge  fortläuft,  und  sich  bis  zum 
oberen  Temporale  der  zweiten  Reihe  erstreckt.  Auf  jedem  Parietale, 
nahe  der  Mittelnaht  ein  kleiner  gelber  Fleck  (an  En.  taeniolatus  er- 
innernd). Rostrale,  Lippen  und  Kehlgegend  gelb,  das  Gelb  der  Ober- 
lippe scharf  abgesetzt  gegen  das  Schwarz  der  Zügel-  und  der  Schläfen- 
Gegend.  Auf  jedem  der  ersten  fünf  Oberlippenschilder  ein  kleiner 
schwarzer  Fleck,  auf  einigen  Infralabialia  und  Kehlschuppen  einzelne 
zerstreute  Flecke  von  gleicher  Farbe.  —  Bauchseite  gelb;  an  dem 
Aufaenteile  jedes  Bauchschildes  ein  in  die  Länge  gezogener  scharf 
markierter  schwarzer  Fleck,  wodurch  jederseits  eine,  auch  unter  dem 
Anfange  des  Schwanzes  noch  sichtbare,  schwarze  Fleckeureihe  entsteht. 

Totallänge  325  mm;  Schwanz  OO  mm. 

Unter  den  Arten  mit  17  Schuppeureihen,  mit  sieben  Oberlippen- 
sehildern  und  mit  1  -f  2  Schläfenschuppen  erinnert  unsere  Art  durch  die 
weifse  über  Frenalgegend,  Auge  und  Schläfe  fortziehende  Linie  und 
die  zwei  Fleckenreihen  des  Bauches  einigermaßen  an  En.  elegans  Jan. 
(Arch.  p.  la  Zool.  H,  268)  der  jedoch  durch  zwei  breite  braune  Seiten- 
binden, und  die  abweichende  Zahl  der  Bauschilder  Il64  +  -^1  ^^i'^" 
länglich  unterschieden  ist   '). 

Ein  von  einem  Händler  gekauftes  Exemplar  (No.  858)  meiner 
Privatsammlung,  angeblich  aus  Santos. 


1)  Jan  o-iebt  dieser  Art  ein  „Anale  eutiero'S  was  bei  keinem  Enicognathus 
bisher  beobachtet  wurde.  Die  Abbildung  in  der  Jcouographie  (Livr.  16, 
PI.    I,  Fig.  o)  zeigt  ein  geteiltes  Aualschild. 


100  J.  G.  Fischer,    Herpetologische  Bemerkuugen. 

10.    Scaphiophis  albopunctatus  Pets. 

Monats-Ber.  Akad.  lierliu  1870  pag.  645. 
Taf.  III.  Fig    6. 

Scaphiophis  Zwei     dem    Braunscliweiger    Museum     gehörige     Exemplare 

aiboiumctatus  r^^y^  72!)8  uucl  7299)  dieser  merkwürdigen  Schlauge  zeigen  eine  größere 

Pcts.  ' 

Zahl  von  Schuppeureihen  als  das  typische  Stück  der  Berliner  Samm- 
lung, nemlicli  27,  hezw.  29  gegen  23.  Bei  einem  derselben  (7299)  ist  das 
Frenale  beiderseits  mit  dem  Postnasale  verschmolzen  (Tafel  III  Fig.  (ic), 
während  das  zweite  die  von  Peters  beschi'iebene  isoHerte  Lage  zeigte 
(Fig.  Ob).  Die  Parietalia  sind,  wie  bei  dem  tyi^ischen  Stücke,  in 
kleinere  Stücke  geteilt,  jedoch  nicht  in  nnregelmäßiger  Weise,  sondern 
—  bei  beiden  Exemplaren  übereinstimmend  —  in  7  Schilder,  welche 
in  drei  Reihen  vollkommen  symmetrisch  gelagert  sind,  und  im  Kleinen 
die  Gestalt  mittlerer  und  hinterer  Kopfschilder  wiederholen,  nemlich  die 
drei  Reihen  von  1)  zwei  Praefrontalia,  von  2)  einem  Frontale  und 
zwei  Supraokularia,  und  von  3)  zwei  Parietalia.  (Taf.  III  Fig.  6a). 
Es  scheint  hiernach,  daf.j  eine  biild  so,  bald  anders  stattfindende  Zer- 
teilung  der  Parietalia  in  kleinere  Schilder  nicht ,  wie  Peters  meinte, 
eine  abnorme  ist,  sondern  ebenso  zu  dem  Charakter  der  Gattung 
gehört,  wie  der  das  Auge  vollständig  umschließende  Schilderkreis. 

Die  Exemplare  zeigen  folgende  Maße: 


Bauch- 
schilder 

Analschild 

Schwanz- 
schilder 

Totallänge 
in  m 

Schwauzlängc 
in  m 

a 

225 

Vi 

65 
2 

0,458 

0,074 

b 

240 

Vi 

64 

2 

0,395 

0,065 

Berliner 
Exemplar 

210 

'/i 

64 

0,352 

0,057 

Die  beiden  Stücke  des  Braunschweiger  Museums  stammen  aus 
Nubien,  ein  Geschenk  des  Herrn  Pieiche.  —  Das  Originalexemplar  der 
Berliner  Sammlung  war  aus  Keta  (Guinea)  eingesandt. 


.T.  G.  Fischer,    Ilerpetologische  P.omctlaingeu.  101 

11.   Compsosoma  melanurum  '^V7//. 

\':ir.   cnjiliriiru'iti  Sal.   Müll. 

Herr  Dr.  ScJiadenhcrg  saimnelte  in  Süd-Mi iidaiiao  vier  Exemplare  compsosoma 

der   durch    rötlielien  Scliwanz  e-elcennzeichiieten  Varietät,  die  deiunacli  melanurum 

eine    ziemlich    weite     Verbreitung    zu    haben     scheint.     Wie    Günther  var. 

(Pr.  Zo.    So.    Lo.   187P.,    109)   liervorhelit.    haben  Dumeril   und  Bibron  evythrurum 

^  .  Sal.  Müll. 

dieselbe  von  Java  (als  Plagiodon  erythrurus)  beschrieben,  und  wurde 
sie  von  Jan  zweimal,  als  PI.  erythrurus  von  Java  (Livr.  20  PI.  IV. 
Fig.  3)  und  als  Elaphis  melanurus  Var.  manilensis  D.  B.  von  Manila 
(Liv.  21,  PL  IV.  Fig.  2)  abgebildet. 

Zwei  alten  P^xemplaren  (1,43  m  und  1,07  m)  fehlen  alle  dieser 
Art  eigentümlichen  schwarzen  Streifen  und  sonstigen  Abzeichen  au 
Kopf,  Hals  und  Körper.  Zwei  junge  Stücke  zeigen  zahlreiche,  eine 
Schuppe  breite,  weiße,  auf  dem  Rücken  meist  in  zwei  Hälften  geteilte 
Querbinden,  die  dann  an  beiden  Seiten  mit  einander  abwechseln. 
Jede  derselben  geht  von  einem  schwarzen  quadratischen  Fleck  am 
Ende  eines  Bauchschildes  aus.  Ein  schwarzer  Streif  unter  dem  Auge 
an  der  Grenze  des  fünften  und  sechsten  Oberlippenschildes,  ein  zweiter 
vom  Auge  aus  schräge  nach  hinten  abwärts  an  der  Grenze  der  Schläfen- 
schuppen und  des  siebenten  und  achten  Labiale. 

Im  übrigen  stimmt  diese  Varietät  mit  typischen  Stücken  über- 
ein. Doch  finden  sich  in  der  Pholidosis  einzelne  derselben  eigen- 
tümliche Abweichungen : 

Außer  der  rot  und  nicht  schwarz  gefärbten  hinteren  Körper- 
partie nämlich  ist 

1.  der  Vorderrand  des  Frontale  merklich  kürzer  als  jeder  der  schwach 
konvergierenden  Seitenränder ; 

2.  jedes  Parietale  nur  wenig  länger,  die  gemeinschaftliche  Naht  beider 
Schilder  sogar  kürzer  als  das  Frontale; 

3.  bei  Stücken,  die  dem,  Typus  angehören,  stehen  die  beiden  Posto- 
kularia  nur  mit  dem  oberen  der  zwei  länglichen  vorderen  Tempo- 
ralia  in  Berührung,  dagegen  bei  den  Exemplaren  von  Mindanao 
beide  Schläfenschuppen  der  ersten  Reihe  an  dieselben  stoßen: 

4.  die  Körperschuppen  stehen  konstant  in  21,  nicht  in  1!)  Längsreilien. 

Die  Schuppenformel  ist  wie  gewöhnlich: 

S.p   21;  Lab.   ~-   — ?— ;    Oc.   1—2;  Tc.  2  +  2; 
10       4  .  o  .  b 

/SO    —    99\ 
Gul   1  +  2;  Ve.  (215-229)  -f  1   +  ^-         ^\. 


102  J-  G.  Fischer,    Herpptologisolm  Bemerkungen. 

Vier   Stücke    (No.     1271,    1272,    1289,    1291)    des    Kögl.    Zool. 
Museiirns  in  Dresden,  gesammelt  von  Herrn  Dr.  Sclmdciüierg. 


12.   Zamenis  diadema  Schi,  (nee  Blyth) 

Var.  atriceps  Fisch. 
vom  Himalaya. 

Grundfarbe  oljcn  oelblicli  HeisclifarLeu,    unten   heller.      Oberteil 

Zamenis 

diadema  Sciii.  des  Kopfcs  uud  Nackeus  (() — 7  Schuppen)  tief  schwarz.     Ehie  größere 
(nee  Biytii)     2;ahl    kleiner,    eine    bis    zwei    Schnippen    eiunehmender,    und    einzelne 

Var.  atriceps 

Fiseh.  größere,  auf  7 — 8  Schuppen  sich  erstreckende,  tief  schwarze  /lecke 
liegen  sehr  unregelmäßig  auf  der  ganzen  Oberfläche  zerstreut.  Ober- 
lippenschilder gelb  mit  schwarzem  hinteren  Saum.  Kinn,  Unterlippe 
nnd  Kehlgegend  gelblich.  An  dem  änßeren  Teil  einzelner  Bauchschilder 
in  ganz  nnregelmäßiger  Folge  je  ein  viereckiger  schwarzer  Fleck,  der 
sich  meist  auf  den  durch  die  Bauchkante  abgegrenzten  seitlichen 
Teil  des  Bauchschildes  beschränkt,  nur  selten  auf  den  mittleren 
Teil  des  letzteren  übere-reift. 


Obgleich  durch  die  Färbung  vollkommen  abweichenrl,  stimmt 
das  vorliegende  Stück  im  Habitus  wie  in  der  Pholidosis  fast  gänzlich 
mit  den  Beschreibungen  und  Abbildungen  typischer  Exemplare  überein. 

Der  Körper  ist  ziemlich  sclüank,  der  Kopf  länglich,  mäßig 
abgesetzt.  Eine  deutliche  Bauchkante  jederseits,  die  Banchschilder 
in  der  Richtung  dieser  Kante  durch  Abnutzung  hinten  stark 
eingerissen. 

Im  Oberkiefer  stehen  13  ohne  Lücke  auf  einander  folgende 
Zähne,  von  denen  der  letzte  nngefurcht  und  nicht  merkhch  grcißer 
ist,  als  die  vorhergehenden. 

Die  Praefrontalia  sind  vom  Frontale  durch  eine  Ileihe  von  vier 
Schildchen  getrennt.  Von  den  vorhandenen  drei  Frenalschildern 
liegen  die  zAvei  unteren  kleinereu  anf  dem  zweiten  und  dritten  Lippen- 
schilde und  füllen  die  Lücke  zwischen  dem  Postnasale  nnd  dem 
mittleren  Praeokulare  aus,  während  das  über  jenen  beiden  gelegene 
dritte  mit  dem  oberen  Praeokulare  in  Berührung  steht.  Während 
nämlich  den  bisher  beschriebenen  Stücken  nur  ein  einziges  Praeokulare 
zugeschrieben  wird,  hat  nnser  Stück  deren  drei;  das  oberste,  größte, 
ist  auf  die  Stirnfläche  heraufgebogen  nnd  steht  in  einem  Punkt  mit 
der  vorderen  Außenecke  das  Frontale  in  Beridirung.    Drei  Postocularia 


J.   G.  Fisc'liei',  Ilerpotologisclio  l'emerkmigoii.  103 

sind  YOrhaiulen,    und  zwei   Siiboknliivia  vorvollstäiuligen  den    diis   Auge       Zamenis 
nmffebeiiden  Scliüderkreis;    diese    Subolcularia   sind   die   beiden  letzten     '/''"'"o,  ^? ! ' 

cj  '  (nee  rsiytU; 

von  fünf  acccssorischen  Schildclien,  die  in  einer  Reihe  liegen  \nid  als  Var.  atrioeps 
abgetrennte  Teile  des  vierten  bis  achten  Oberli})penschildes  sich  ^'^*^^" 
darstellen.  Schläfenschnppen  zahlreich  (mehr  als  20)  von  nnregel- 
mäßiger  Form.  —  13  (rechts  11)  Oberlippenschilder,  15  Unterlippen- 
schilder jederseits.  —  Sclnippen  in  2*)  Längsreihen,  länglich  oval, 
jede  mit  zwei  Endporen,  diejenigen  der  15  dorsalen  Mittelreihen 
gekielt.  Die  Kiele  Averden  nach  dem  Schwänze  hin  schärfer  nnd 
bilden  auf  letzterem  nnd  auf  dem  letzten  Drittel  des  Körpers 
fortlaufende  Längsleisten.  Auf  die  zwei  Paare  Kinnfurchenschilder 
von  fast  gleicher  Länge  folgen  vier  Ileihen  länglicher  Kehlschuppeu, 
242  Bauchschilder,  ein  nugeteiltes  Analschild  nnd  98  Paare  Bauch- 
schilder. 

Totallänge:   1,475  m;    Schwanz:  0,315  m. 

Das  vorliegende  Stück  ist  Eigentum  des  Naturhistorischen 
Museums  in  Braunschweig  (No.  771)(»),  welches  dasselbe  dem 
Missionsprediger  Herrn  F.  Krüger  verdankt. 


13.   Dromicus  coeruleus  s/).  n. 

aus  Guatemala. 
Taf.    IV.,    Fig.    7. 

Sq.   17;  Oc.   1-2;    Lab.  -t;  ® 


10'    4  .  5  .  {) 

Te.  2  +  x;  Ve.   182  +  l/i  +  ^-. 

Schlank;    Schuppen    g'latt,    ohne   Poren;    oben    blaugriin,    unten     dromicus 
bläulicliweiß :    auf  dem  Rücken  viele  schmale  hellgraue,   dunkelgesäumte  coeruieus  sp.  n. 
Querbinden;  ein  schwarzer  Streif  vom  Auge  aus  nach  hinten. 

Beschreibung. 

F(n'm.  Pecht  schlank;  Kopf  länglich,  mäüig  abgesetzt;  Inter- 
orbitalraum  gleich  der  Entfernung  des  Auges  von  der  Schnanzenspitze; 
Pupille  rund;  jederseits  eine  leichte  Bauchkante;  Schwanz  nicht 
abgesetzt,  lang,  ein  Drittel  der  Totallänge. 

Zlihiie.  Ln  Oberkiefer  jederseits  18  bis  20  starke  nach  hinten 
gebogene  Zähne.  Hinter  denselben  und  von  ihnen  durch  eine  kleine 
Lücke  getrennt,  zwei  stärkere,  ungefurchte. 


104  -T-  fir.  Fischer,    Herpetologisclie  Bemerkungen. 

Dromicus  Kopfscliildcr.     Rostrale  breiter  als  hoch,  auf  die  Schnaiizen- 

coeruieus  sp.  n.  spitze  lieraufgebogen.  Internasalia  etwa  '/s  von  der  Grüße  der 
Praefrontalia;  letztere  seitlich  breit  zum  Frenale  ihrer  Seite  herab- 
gebogen. —  Frontale  länger  als  seine  Entfernung  von  der  Schnauzen- 
spitze, schmal,  fünfeckig,  mit  eingebuchteten  Seitenkanten;  die  kurzen 
Hinterkanten  treffen  unter  rechtem  Winkel  zusammen.  Parietalia 
breit,  ihre  gemeinschaftliche  Naht  kürzer  als  das  Frontale.  Das 
Supraorbitale  jederseits  groß,  gewölbt,  so  lang  wie  das  Frontale 
und  breiter  als  dieses  in  dessen  zusammengezogener  Partie.  Zwei 
Nasalia,  das  zweite  hrdier  als  das  erste.  Ein  langes  Frenale  von 
trapezförmiger  Gestalt,  auf  dem  zweiten  und  dritten  Labiale  ruhend. 
Ein  Prae okulare,  auf  die  Stirnfläche  heraufgebogen,  mit  dem  Fron- 
tale nicht  in  Berührung.  Zwei  P  os  tokularia,  das  obere  mindestens 
dreimal  so  groß,  wie  das  auf  dem  sechsten  Labiale  ruhende  untere ; 
beide  mit  den  Schläfenschuppen  der  ersten  Reihe  in  Berührung.  Von 
letzteren  liegen  zwei  lange  längs  der  letzten  zwei  Oberlippenschilder, 
3  bis  4  längs  des  Außenrandes  jedes  Parietale.  Neun  Supra- 
labialia;  das  vierte,  fünfte  und  sechste  stoßen  an  die  Orbita,  das 
sechste,  höchste,  begrenzt  dieselbe  auch  teilweise  von  hinten.  Infra- 
labialia  zehn  jederseits,  davon  sechs  mit  Kinnfurchenschildern  in 
Berührung;  die  des  ersten  Paares  stoßen  hinter  dem  dreieckigen 
Mentale  an  der  Kinnfurche  zusammen.  Von  den  Kinn  furchen- 
schildern sind  die  des  zweiten  Paares  halb  so  breit  aber  doppelt 
so  lang  wie  dies  des  ersten;  dieselben  weichen  mit  ihren  Enden  aus- 
einander und  fassen  ein  Paar  länglicher  Kehlschuppen  zwischen  sich. 
Auf  letztere  folgen  sofort  die  Bauchschilder,  die  in  abgerundeten 
Kanten  etwas  an  die  Seitenflächen  des  Körpers  heraufgebogen  sind. 
Das  Analschild  ist  geteilt,  die  unteren  Schwanzschilder  sind  paarig. 

Die  Köi'i)ers('hii])pen  sind  länglich  oval,  glatt,  ohne  Poren,  und 
stehen  in  der  Mitte  des  Paimpfes  in   17  Längsreilien. 

Farbe.  Die  Grundfarbe  der  Oberseite  ist  grünlich  l)lau,  jede 
Schuppe  schwarz  gesäumt.  Bis  zum  letzten  Viertel  des  Piumpfes 
ist  der  Rücken  von  vielen  (46)  hellen,  dunkler  gesäumten  Querbinden 
gekreuzt,  welche  in  der  Längsrichtung  des  Körpers  eine  Schuppe  breit 
und  durch  Zwischenräume  von  3  bis  4  Schuppen  von  einander  getrennt 
sind.  (Taf.  IV,  Fig.  7  d).  Vom  unteren  Postokulare  geht  ein  schw^arzer 
Streif  längs  der  oberen  Naht  der  letzten  Supralabialia  nach  hinteu. 
Oberlippenschilder  gelblich  grün,  ihre  hellere  Farbe  scharf  abgesetzt 
von  dem  tieferen  Ton  der  übrigen  Seitenteile  des  Kopfes.  Kehlfurchen- 
schilder mit  einzelnen  symmetrisch  gelegenen  schwarzen  Flecken; 
unterer    Saum    der  Infralabialia    schwarz.     Ein    schwarzer   dreieckiger 


J.  (i.   Fiscliei',    ITerpelologisclic  Reinftrlvunyoii.  105 

Fleck  auf  der  Mitte  des  N'ordersauiiis  der  ersten  fünf  Bauclischilder,  Diomicus 
auf  den  dann  folgenden  fünf  jederseits  ein  weniger  deutlicher;  letztere  """'"''""''''■  "" 
beide  verlieren  sich  von  da  an  allmählich  in  einen  dunkleren  Vorder- 
rand der  Bauclischilder;  auch  die  unteren  Schwan/schilder  zeigen  an 
ihrer  gemeinschaftlichen  Naht  einen  dunkleren  Saum,  wodurch  an  der 
Unterseite  des  Schwanzes  eine  schwach  markierte  dunklere  Zickzack- 
binde entsteht.     Totallänge  1,01m;  Schwanz  0,35  m. 

Ein  Stück  (No.  5030  b)  des  Naturhistorischen  Museums  in 
Braunschweig,  eingesandt  an  dasselbe  von  Herrn  Konsul  Sarij  in 
C  o  b  a  n  (G uatemala). 

14.  Leptognathus  alternans  sp.  n. 

aus  Santos. 

Taf.  IV,  Fig.  8, 

Sq.   15;  Oc.  2  —  2;  Lab.  ^Ao;  -y^.— ;    Te.   1  +  2  +  3; 


Ve.   197  +   1  + 


4.   5. 
110 


2 

Charaktere.     Schuppen  glatt,    diejenigen    der  dorsalen    Mittel-  Leptognathus 
reihe  nicht  größer.     Drei  Paare  Kinnfurchenschilder,  diejenigen  des  ersten  aiteruans  sp.  n. 
Paares  kaum  länger  als  breit,   seitlich  von  denen  des  dritten  Paares  ein 
Schaltschild.   Rötlichgran,  jederseits  mit  einer  Reihe  (24  +  15)   großer 
ovaler  dunkelbrauner  Flecke,  die  mit  einander  abwechseln  und  sich  weder 
am  Rücken  noch  am  Bauche  berühren. 

Be  Schreibung. 

Form.  Körper  stark  zusammen  gedrückt,  schlank,  Kopf  stark 
abgesetzt,  ziemlich  hoch;  Schwanz  ein  Drittel  der  Totallänge.  Auge 
groß,  Pupille  vertikal;  Stirugegend  gewölbt. 

Kopfschilder.  Rostrale  wenig  breiter  als  hoch,  mit  dem 
oberen  Rande  gerade  auf  die  Schnauzenfläche  heraufreichend.  luter- 
nasalia  klein,  etwa  ','4  ^0  groß  wie  die  Praefrontalia.  Frontale  breit, 
fünfeckig;  vorderer  Rand  gerade,  solang  wie  das  ganze  Schild,  Seiten- 
ränder wenig  konvergierend,  hintere  unter  stumpfem  Wiukel  zusanmi en- 
treffend. Parietalia  sehr  groß,  etwa  so  lang  wie  Frontale  und 
Praefrontalia  zusammen,  hinten  abgerundet,  die  Außenecke  des  Vorder- 
randes jederseits  mit  der  Hälfte  des  oberen  Praeokulare  in  Berührung.  — 
Nasale  geteilt,  das  Nasloch  liegt  in  seiner  Mitte.  —  Frenale  etw\as 
höher  als  lang,  an  der  linken  Seite  durch  die  Praeokularia  von  der 
Orbita  ausgeschlossen,  rechts  zwischen  diesen  zwei  Schildern  bis  an 
dieselben  herantretend  (Taf.  IV,  8  b).     Praeokularia  schmal,  das  untere 


lOG  -T.  G-  Fischer,   Ilerpotologisclie  Bemei'kiing-en. 

LeptoKnatims  riilit  auf  dem  4.  Labiale,  das  oljere  reicht  niclit  ganz  auf  die  Stirn- 
aiternans  sp^flji^che  hcrauf  uiid  bleibt  weit  von  der  Außenecke  des  Frontale  entfernt. 
Zwei  Post  okular  ia,  das  obere  etwa  doppelt  so  hoch  wie  das  untere; 
letzteres  ruht  auf  der  Naht  zwischen  dem  sechsten  und  siebenten  Labiale. 
■ —  Obei-lippenschilder  0,  die  vorderen  etwas  höher  als  lang,  die  hinteren 
breiter  als  hoch;  das  vierte  und  fünfte  begrenzen  die  Orbita  von 
unten.  Zehn  Paare  Infralabialia,  die  des  ersten  Paares  hinter  dem 
Mentale  an  der  Kehlfurche  zusammentreffend,  die  der  ersten  sieben 
Paare  mit  (den  zwei  ersten)  Kehlfurchenschildern  in  Berührung.  Von 
letzteren  sind  drei  Paare  vorhanden;  diejenigen  des  ersten  sind  halb- 
kreishh'mig ;  an  das  Ende  des  Schildes  der  zweiten  Reihe  der  linken, 
und  der  dritten  an  der  rechten  Seite  ist  in  dem  bis  zu  den  Lifralabialia 
bleibenden  Zwischenraum  je  ein  viereckiges  Schild  eingeschaltet.  — 
Schläfenschup  pen  in  drei  Eeiheu,  dasjenige  der  ersten  besonders  groCj. 

Körperschuppen  in  1 5  Läugsreihen,  länglich  oval,  glatt,  die- 
jenigen der  dorsalen  Mittelreiche  nicht  gröfser,  als  die  benachbarten. 
Bauch  Schilder  ar.  die  Körperseiten  heraufgebogen,  ohne  seitliche 
Kiele.     Analschild  ungeteilt;  untere  Schwanzschuppen  paarig. 

Farbe.  Grundfarbe  der  Oberseite  rötlich  grau,  unten  weiß. 
Kopf  hellbraun ;  auf  jedem  Parietale  ein  großer  dunkelbrauner  hell- 
gesäumter ovaler  Fleck,  und  einzelne  kleine  dunkle  Flecke  und  Punkte 
unregelmäßig  zerstreut  auf  dem  hintern  Teil  des  Frontale,  dem  Pvest 
der  Parietalia  und  der  Temporalia.  —  Sechs  Schuppen  hinter  den 
Parietalia  beginnt  ein  großer  dunkelbrauner,  vorn  weißgesäumter  Fleck, 
der  quer  über  den  Nacken  bis  zu  den  Bauchschildern  herabreicht  und 
sich  rechts  bis  zur  12.,  links  bis  zur  15.  Querreihe  von  Schuppen 
erstreckt.  Hinter  ihm  beginnt  nach  einem  Zwischenräume  von  sechs 
Schuppen  jederseits  eine  Eeihe  (24+15)  großer  länglich  ovaler,  dunkel- 
brauner, schwarz  gesäumter  und  dann  weiß  eingefaßter  Flecke  bis 
zum  Ende  des  Schwanzes.  Dieselben  sind  etwa  so  lang  —  oder 
wenig  kürzer  —  wie  die  hellen  Zwischenräume;  diejenigen  der  einen 
Seite  wechseln  mit  denjenigen  der  anderen  ab  und  verschmelzen 
nirgends  mit  denselben,  sondern  lassen  oben  die  Schuppen  der 
dorsalen  Mittelreihe  unberührt  und  steigen  auch  ventralwärts  nur  bis 
zu  den  äußeren  Enden  der  Bauchschilder  herab.  Lippen,  Kehlgegend 
und  Ventral  seile  des  Halses  weiß.  Vom  zAveiten  Viertel  der  Körper- 
länge an  zeigen  sich  auf  den  Bauchschildern  erst  einzelne,  dann 
Juiufiger  dicke  schwarze  Längsstriche,  die  an  verschiedenen  Stellen  zu 
mehreren  unregelmäßigen  und  oft  unterbrochenen  schwarzen  Längs- 
liinden  zusammentreten. 

Maße.     Totallänge  02  cm;    davon  der  Schwanz   107  mm. 


J.  Ct.  Fisclier.    Herpotologisclio  Piomeikuiig-eu.  107 

Durcli  <lie  Pliolidosis  am  iiüclisten  verwandt  mit  Leptog.    Copei   Leptognathus 
Gnth.    von  Surinam  (Ann.  &  Mag.   N.  H.  (4)  IX,    187:2,    pg.  30),    der  "^'^'"^'^"'^ ''^i'- "• 

14G 

aher    eine    gröüere   Zahl    von    IJancliscliiUlern    (Ve.    21 S  +   1   +  —^ 

nnd  von  Oberlippeuschildern  10  bis  11)  liat.  Die  Flecke,  durch 
welche  diese  Art  geziert  ist,  sind  weniger  zahlreich,  als  bei  der 
unsrigen  (15  gegen  39)  nnd  bleiben  nur  in  der  Mitte  und  am  Ende 
des  Körpers  an  beiden  Seiten  getrennt,  während  die  übrigen  zu  Ringen 
(die  erste  auch  am  Bauche)  geschlossen  sind. 

Ein  Exemplar,  No.  857,  meiner  Piivatsannnlung.     Gekauft  von 
einem  Händler.     Angeblich  aus  Santos. 


15.   Leptognathus  albocinctus  -w.  n. 

aus  Californien. 

Taf.  IV,  Fig.  9. 

Sq.  15;  Oc.  2-2;  Lab.  -^r;   Te.   1   +   1+2;  Ve.   178  +  \  +  ^. 

Charaktere.    Isodont.    Keine  Inte rnasalia.     Schuppen  glatt,  Leptoguatim.s 
in  15  Längsreilien,  ohne  Poren,  diejenigen  der  dorsalen  Mittelreihe  nicht    "i^ocinctus 
gröPer   als    die    benachbarten.      Drei    Paare    Kinnfurchenschilder;    die 
Infralabialia  des  ersten  Paares  treffen  hinter  dem  Kinnschilde  zusammen. 
Analschild  ungeteilt.  —  BrauD,  mit  vielen  schmalen  weißen  bis  zum  Bauche 
herabgehenden  Querbindeu.     Unterseite  braun  und  weiß  marmoriert. 

Beschreibung. 

Form.  Körper  rundlich,  schwach  zusammengedrückt.  Kopf 
breit,  abgesetzt  mit  steil  abfallender  Frenalgegend.  Pupille  elliptisch, 
Schwanz  abgesetzt,  etwa  ein  Sechstel  der  Totallänge. 

Zlllme.  Die  (9)  Zähne  des  Ober-  wie  die  des  Unterkiefers  nnd 
des  Gaumens  nolimen  von  vorn  nach  hinten  etwas  an  Größe  zu. 
Keiner  steht  isoliert,  keiner  ist  gefurcht.  Das  Ende  des  Oberkiefers 
ist  eine  hohe  dünne  Knochenplatte  mit  fast  schneidendem  Rande. 

Kopfschilder.  Rostrale  dreieckig,  so  hoch  wie  breit,  gerade 
die  obere  Schnauzenfläche  erreichend.  —  Internasalia  fehlen.  — 
Praefrontalia  groß,  gewc'ilbt.  —  Frontale  fünfeckig,  anderthalb 
mal  so  lang  wie  breit,  so  lang  wie  die  Praefrontalia;  die  Seitenränder 
sind  parallel,  der  von  den  Hinterrändern  gebildete  Winkel  ist  wenig 
größer  als  ein  Rechter.  —  Parietalia  groß,  so  lang  wie  die  Ent- 
fernung ihrer  vorderen  Kante  von  der  Schnauzenspitze;  ihre  Außen- 
ränder sind  etwas  eingebuchtet,    die  llinterränder  sind  abgestutzt  und 


108  "T-  G.  Fischer,   ITcvpetoloüiselie  Remorkiingeu. 

Leptognatiras  l)iklen  zusammen  eine  gerade  Linie;  hinter  der  letzteren  liegen  zwei 
aibocmctus  (\^yq]^  besondere  Gröf.'je  ausgezeichnete  Schuppen.  —  Supraorhi  talia 
vorn  etwa  halb  so  breit  wie  das  Frontale,  hinten  etwas  breiter.  — 
Die  zwei  Nasalia  haben  ziemlich  dieselbe  Größe.  - —  Das  Frenale 
ist  fünfeckig,  wenig  länger  als  boch ;  der  obere  Rand  ist  parallel  dem 
unteren,  welcher  auf  dem  zweiten  und  dritten  Lippenschilde  ruht.  — 
Zwei  sehr  kleine,  dreieckige  Praeokularia  von  gleicher  Grciße ; 
auch  das  obere  liegt  ganz  an  der  Seitenfläche  des  Kopfes,  ohne  die 
Stirnfläche  zu  erreichen.  —  Zwei  viereckige  Postokularia,  von 
denen  das  oljere  größere  teilweise  auf  die  Stirnfläche  übergebogen 
und  hier  mit  dem  Vorderrande  des  Parietale  in  Berührung  ist.  — 
Temporalia  1  +  1  +  2,  dasjenige  der  ersten  Picihe  mit  beiden 
Postokularia  zusammentreffend,  und  wenig  größer  als  dasjenige  der 
zweiten  Reihe.  —  Sieben  Supralabialia;  das  vierte  und  fünfte 
begrenzen  von  unten  die  Orbita,  das  sechste  und  siebente  sind  die 
größten.  —  Von  den  neun  (an  der  rechten  Seite  zehn)  Infralabialia 
stoßen  diejenigen  des  ersten  Paares  an  der  Kinnfurche  zusammen ; 
das  sechste  ist  jederseits  das  größte;  die  der  ersten  sechs  Paare  sind 
mit  Kinnfurchenschildern  in  Berührung.  —  Von  den  letzteren  sind 
drei  Paare  vorhanden,  diejenigen  des  ersten  etwa  dreimal  so  lang  wie 
diejenigen  des  zweiten;  die  des  dritten  Paares  sind  unregelmäßig 
sechseckig,  und  erscheinen  in  ihrer  Lage  gegen  die  vorhergehenden 
verschoben,  so  daß  ihre  gemeinschaftliche,  etwas  schräge  gelegene 
Naht  sich  kaum  als  die  Fortsetzung  der  Kinnfurche  darstellt. 

KörjK^rseliiijUH'ii  glatt,  ohne  Poren,  diejenigen  des  Mittelrückens 
nicht  größer,  als  die  benachbarten.  Bauchschilder  ohne  seitliche 
Kiele,  wenig  an  die  Körperseite  heraufgebogen.  —  Analschild 
ungeteilt.  Untere  Schwanzschilder  paarweise  geordnet.  Am  Ende 
des  Schwanzes  eine  kurze  kegelförmige  Hornspitze. 

Farl)e.  Päicken  und  Seiten  kastanienbraun,  gekreuzt  von  (bis 
zum  After  17)  weißen  Querliinden,  die  in  der  dorsalen  Mittellinie 
eine  Schuppe  einnehmen,  sich  nach  den  Seiten  herab  verbreitern  und 
hier  über  zwei  bis  drei  Schuppen  erstrecken.  Die  erste  dieser  weißen 
Querbinden  liegt  dicht  hinter  dem  Kopf  zwei  Schuppen  vom  Ende  der 
Parietalia  entfernt,  und  dehnt  sich,  seitwärts  herabsteigend,  nach  vorn 
über  die  letzten  Oberlippenschilder  sowie  über  die  ganze  Kinn-  und 
Kehlgegend  aus.  Manche  dieser  weißen  Querbinden  sind  in  der  Mitte 
des  Rückens  unterbrochen,  in  welchem  Falle  die  beiderseitigen  Hälften 
mit  einander  abwechseln.  —  Am  Schwänze  finden  sich  sieben,  ebenfalls 
zum  Teil  in  alternierende  Seitenstreifen  aufgelöste  Querbinden.  — 
Bauchseite  unregelmäßig  braun  und  Aveiß  marmoriert. 


J.  G.  Fischer,  Ilei'petologischc  Beuierkungen.  109 

Das  offenbar  iiocli  junge  Exemplar  ist  25  cm  lang,    davon    auf  Lcpiogmitims 
den  Sclnvauz  (),)l  cm  kommen.     Es  ist  Eigentum  des  Naturliistorischen     'ii''0"nctus 
Museums  in  Lübeck  (No.   171)1),  dem  es  aus  San  Francisco  von  Herrn 
James  Behrens  eingesandt  wurde. 


Durch  die  zu  zwei  großen  Schildern  (Internaso-Praefrontalia 
nach  Peters)  verwachsenen  vorderen  Kopfschilder  erinnert  unsere  Art 
sehr  an  einige  Arten  der  Gattung  Elapomorphus  (El.  coronatus  Sauv., 
El.  d'Orbignyi  Schi.,  El.  erythronotus  Pets. ,  u.  A.).  Die  isodonte 
Bezahnung,  das  große  Auge  mit  elliptisch  -  vertikaler  Pupille,  das 
doppelte  Nasale,  das  große  Frenale,  der  Besitz  von  zwei  Prae-  und 
zwei  Post-Ocularia,  so  wie  die  geringere  Zahl  der  Ventralia  und  der 
Gesamthabitus  veranlassen  uns,  sie  nicht  zu  jener  Gattung,  sondern 
bei  gleichzeitiger  Berücksichtigung  des  Kieferbaues  und  der  drei  Paare 
von  Kinnfurchenschildern  zu  Leptognathus  zu  ziehen.  Immerhin  bleibt 
dahingestellt,  ob  weiteres  Material  jene  Verschmelzung  der  vorderen 
Kopfschilder  als  eine  individuelle  Bildung  darthun  wird,  Vv^as  kaum 
wahrscheinlich  ist.  Jedenfalls  scheint,  auch  abgesehen  von  dieser 
Form  der  Internasopraefrontalia,  unsere  Art  von  den  übrigen  bisher 
bekannten  Leptognathus-Arten  verschieden  zu  sein. 

Durch  die  Färbung  erinnert  sie  zunächst  an  Leptog.  fasciatus 
Gnfh.  aus  Mexico.  Bei  diesem  sind  aber  die  Schuppen  der  drei  dorsalen 
Mittelreihen  und  diejenigen  der  Beckengegend  gekielt,  17  Schuppen- 
reifen vorhanden,  und  2  Schläfenschuppen  in  der  zweiten  Reihe  ge- 
legen. —  Der  ebenfalls  recht  ähnliche  Lept.  Dumerilii  Jan.  hat 
17  Längsreihen  von  Schuppen,  Te.  1  +  2,  breitere  Kopfschilder,  ein 
kürzeres  Frenale,  keine  großen  Schuppen  hinter  den  Parietalia  etc. 


16.  Hoplocephalus  Muelleri  sp.  n. 

von  Queensland. 

Sq.  17;  Oc.  1—2-,  Lab.—,  ^^  Te.  1  (2)  +  3 ;  guL  4;  Ve.  118+1+38. 

( I       o .  4 

Charaktere.  Kopf  mäßig  breit,  hinten  platt  und  abgesetzt.  Hopiocej-iiuius 
Superciliargegend  nicht  vorragend.  Frontale  fünfeckig,  zweimal  so  lang  Mueiieri  .sp.  n. 
wie  breit.  Zwischen  den  Kehlfurchenschildern  des  zweiten  Paares  eine 
längliche  Schuppe.  Oben  einfarbig  graubraun;  Lippen,  Kinn-  und  Kehl- 
gegend grau  mit  gelben  Flecken  auf  den  einzelnen  Schildern.  Bauch 
gelbgrau,  jedes  Ventrale  mit  schwarzen,  vom  Hinterrande  ausgehenden 
länglichen  Flecken. 


110  J-  tr.  P'ischer,  llerpetolugische  Bemerkungen. 

Beschr  eibiiDg. 
Hopiocopiiaius  Form.     Im    ganzen    gedrungen.     Kopf    hinten    platt;    abgesetzt 

eu  si).  11.  ^^^^^^  Halse;  Schwanz  wenig  abgesetzt,  fein  endigend,  nicht  ganz  g 
der  Totallänge.  Frenalgegend  nicht  vertieft;  Superciliargegeud  nicht 
vorragend. 

Kopfschilder.  Rostralc  wenig  breiter  als  hoch,  auf  die 
Schnauzen  fläche  heraufgebogen.  luternasalia  dreieckig  mit  abge- 
stumpfter vorderer  Spitze,  halb  so  lang  wie  die  Praefr ontalia. 
Diese  breiter  als  lang,  hinten  verschmälert,  mit  der  vorderen  Aufienecke 
(die  auf  der  linken  Seite  unseres  Exemplars  als  besonderes  Schildchen 
abgetrennt  ist)  auf  den  hinteren  Teil  des  Nasale  heridjgebogen. 
Frontale  fünfeckig,  zweimal  so  lang  wie  breit;  die  Seitenränder  sind 
parallel,  die  hinteren  stoßen  unter  spitzem  Winkel  zusammen.  Parietalia 
grof?,  ihre  gemeinschaftliche  Naht  wenig  kürzer  als  das  Frontale;  die 
Außenränder  sind  gleichmäßig  gekrümmt,  die  Hinterränder  abgerundet; 
die  vordere  Außenecke  steht  jcderseits  mit  dem  oberen  Postokularc  in 
Berührung.  Nasale  länglich,  hinten  zugespitzt,  auf  dem  ersten  und 
einem  Teil  des  zweiten  Labiale  ruhend;  das  Nasloch  liegt  etwas  hinter 
der  Mitte.  Frei^ale  fehlt.  Praeokulare  groß,  unregelmäßig  vier- 
eckig, auf  dem  '2.  und  3.  Labiale  stehend,  etwas  auf  die  Stirnfläche 
heraufgebügen,  mit  dem  h'rontale  nicht  in  Berührung.  Von  den  zwei 
Postokularia  ruht  das  untere,  größere,  auf  dem  4.  und  5.  Lippen- 
schilde. Ein  Temporale  in  erster  Pieihe,  von  dem  an  der  linken 
Seite  unseres  Exemplars  ein  oberes  kleineres  Schildchen  abgetrennt 
ist,  mit  beiden  Postokularia  in  Berührung;  von  den  Schläfen  schuppen 
der  zweiten  Pieihe  schiebt  sich  die  untere,  größte,  ziemlich  tief  zwischen 
die  beiden  letzten  Labialia  ein,  ohne  den  Lippenraud  zu  erreichen; 
längs  des  Außenrandes  jedes  Parietale  liegen  fünf  Schläfenschuppeu; 
drei  andere  begrenzen  ihre  Hinterränder.  Supraorbitalia  groß, 
vorn  nicht  viel  schmaler  als  hinten.  Sechs  Supralabialia,  das 
dritte  größer  als  die  zwei  ersten,  das  5.  und  6.  die  größten.  Das 
Auge  liegt  über  dem  3.  und  4.  Sechs  Infralabialia,  die  des 
ersten  Paares  an  der  Kinnfurche  zusammen  trefieud;  die  ersten  vier, 
allmählich  an  Größe  zunehmend,  mit  den  Kehlfurchenschildern  in 
Berührung,  die  zwei  letzten  etwas  länger,  aber  niedriger  als  das 
vierte.  Die  Kehlfurchenschilder  beider  Paare  ziemlich  von  gleicher 
Größe;  die  des  zweiten  Paares  von  vorn  nach  hinten  auseinander 
weichend,  um  eine  längliche  Kehlschup})e  zwischen  sich  zu  nehmen. 

Körperschuppeu  in  17  Längsreihen,  glatt,  ohne  Endporen,  die 
der  drei  äußeren  Reihen  merklich  größer  als  die  übrigen.  Auf  die 
Kehlfurchenschilder    folgen    fünf  Reihen    kleiner    Kehlschuppen,    118 


J.  G.  Fiscbur,    llerpclulngische  i5ciuerku!igcii.  111 

IJauclischildcr,    ein     einfaches    Anulscliiltl    und     08    ungeteilte    untere  iioiiioccpiiaius 
bcliwanzscniiaer.  ' 

Farbe.  Oben  graubraun  ohne  Quer-  oder  Längsbindon  an 
Kopf  und  Körper.  Unten  grau;  Lippen-,  Kehlfurchenschilder  und 
Kehlschu})pen  mit  Ulugiichcn  gelben  Flecken,  die  sich  auch  auf  den 
zwei  äuüersten  Schuppenreilien  des  Halses  finden.  Bauchschilder  je 
mit  4  bis  5  verwaschenen  schwarzen,  von  deren  Hinterrande  ausgehenden, 
länglichen  Flecken,  deren  Zahl  sich  nach  hinten  verringert,  und  die 
sich  auf  den  Schildern  nahe  vor  der  Aftergegend  zu  zwei  undeutlichen 
Längsreihen  ordnen.  Unterseite  des  Schwanzes  hellgrau,  mit  ver- 
waschenen schwarzen  Flecken  auf  der  Mitte  und  teilweise  auch  an 
den  Seiten  der  unteren  Schwauzschilder. 

Die  Totallänge  des  vorliegenden  Exemplars  beträgt  202  mm. 
davon  der  Schwanz  52  mm. 


Von  den  bisher  bekannten  Arten  ist  die  unsrige  am  nächsten 
mit  H.  curtus  Schi,  verwandt,  bei  welchem  freilich  in  der  Regel  19 
statt  17  Schuppenreihen  gefunden  werden.  Das  längere  Frontale,  der 
Mangel  der  schwarzen  Hautsäume  der  Schuppen  und  die  geringere 
Zahl  der  Ventralia  und  der  unteren  Schwanzschilder  unterscheiden 
sie  hinlänglich  von  dieser,  die  letzteren  Merkmale  zugleich  mit  der 
Zahl  der  Schuppenreihen,  der  Form  der  Frenalgegend,  der  Farbe  etc. 
auch  von  allen  übrigen  beschriebenen  Arten. 


Das  beschriebene  Stück  war  von  Herrn  Baron  F.  von  Müller 
aus  Queensland  an  das  Kögl.  Naturalienkabinet  in  Stuttgart  eingesandt 
worden  (No.   2377  dieser  Sammlung). 


17.    Dinophis  fasciolatus  sp.  n. 

aus  Westafrika. 
Taf.  IV,  Fig.  10. 

Sq.    17;    Oc.   8  —  4;    Lab.  ^;    Te.  1 ; 

Ve.    21!)    +  y  +  ("\f^    +   1). 

Charaktere.     Schuppen  in  17  Längsreihen.      Acht  Oberlippen-      Diuophis 
Schilder,    davon  das    siebente  das  gröl.'ite,    das    achte    miUug  entwickelt,     i'^-^^ioiatus 
Nur  ein  großes  Scliläfenschild,    unter    dessen    hinterem   Ende  noch    ein 
(zwei)    kleineres;   jenes    steht   mit    dem   zweiten  oberen  Postokulare  in 
Berührung   und   reicht  so  weit  nach  hinten  wie  die  Parietalia.    Hinter 


n>. 


112  J.  G.  Fischer,    Herpetologische  Bemerkungen. 

Dinophis      den  letzteren  zwei  gröfsere  scliildälinliclie  Scliuppen,  die  eine  etwas  kleinere 
^''Tp°u^''^     zwischen  sich  fassen.     Grün,  mit  vielen  schwarzen  von  der  Rückenmitte 

aus  schräge  nach    hinten    absteigenden   Querhindeu.     Bauchschilder  und 

Schwanzschuppen  schwarz  gesäumt. 

Beschreibung. 

Form.    Körper  schlank,  wenig  zusammengedrückt.     Kopf  etwas, 
Schwanz  niclit  abgesetzt;   letzterer  'A  der  Totallänge. 

Kopfsc'hilder.  Unsere  Art  vereinigt  in  mehrfacher  Beziehung 
die  Formen  bisher  bekannter  Arten.  In  Bezug  auf  die  oberen  Kopf- 
schilder, die  übrigens  bei  allen  Arten  ziemlich  dieselbe  Form  haben,  sei 
auf  die  Abbildung  Tafel  IV,  Fig.  10  b  verwiesen.  —  Es  sind'  drei 
Prae-  und  vier  Postokularia  vorhanden;  von  ersteren  ruht  das 
unterste,  wie  gewöhnlich,  auf  der  Naht  des  dritten  und  vierten  Labiale; 
das  oberste  ist  auf  die  Stirnspitze  heraufgebogen  uud  trifft  mit  der 
äuCieren  Vorderecke  des  fünfeckigen  Fontrale  zusammen.  Von  den 
Postokularia  ruht  das  untere  wie  bei  den  übrigen  Arten  auf  der  Naht 
des  vierten  und  fünften  Labiale;  das  oberste  steh.t  mit  dem  Vorder- 
rande des  Parietale  in  Berührung.  —  Acht  Oberlippenschilder,  von 
denen  das  vierte  wie  gewöhnlich  an's  Auge  tritt.  Das  siebente  ist  das 
größte  und  steht  oben  mit  dem  ünterrande  des  Temporale,  vorn  mit 
dem  zweiten  (unteren)  Postokulare  in  Verbindung.  Das  achte,  etwa  hall) 
so  groß  wie  das  vorhergehende,  ist  vom  Ende  des  Temporale  durch 
eine  dazwischen  gelagerte  größere  Schläfenschuppe  getrennt.  Neun 
Infralabialia ;  die  des  ersten  Paares  stoßen  an  der  Kinnfurche  zu- 
sammen; die  fünf  ersten  grenzen  jederseits  an  Kinnfurchenschikler. 
Die  beiden  Paare  der  letzteren  sind  von  gleicher  Größe.  Hinter  den 
Enden  des  zweiten  liegt  eine  kleine  Kehlschuppe. 

Körperschiippeu  glatt,  an  den  Seiten  wie  gewöhnlich  schmal, 
in  ansteigenden  Reihen  geordnet;  diejenigen  der  äußersten  Reihe 
größer,  rhombisch,  diejenigen  der  Mittelreihe,  ebenfalls  größer  als  die 
benachbarten,  füufeckig.  Die  Zahl  der  Längsreihen  beträgt  sieben  zehn, 
und  ist  am  Halse  dieselbe  wie  am  Körper;  erst  am  letzten  Drittel 
des  Rumpfes  verringert  sich  die  Zahl  derselben  auf  15,  später  auf  18. 
Bauchschilder  219,  davon  die  zwei  ersten  sehr  klein;  sie  sind 
seitlich  etwas  heraufgebogen,  jedoch  ohne  Kanten.  Das  Anale  ist 
geteilt.  Schwanzschuppen  in  120  Paaren.  Am  Ende  des  Schwanzes 
eine  kleine  kegelförmige  Hornspitze. 

Farbe.  Blaugrün.  Vom  Halse  an  —  etwa  nach  drei  Kopf- 
längen beginnend  —  zieht  sich  längs  des  Körpers  eine  große  Zahl 
schwarzer  A-förmiger  Querliuien,  welche,  in  der  Rückenmitte  beginnend, 


Durch  den  Besitz  eines  einzigen  sehr  langen  Temporale  nnd 
dreier  größerer  schildähnlicher  Schuppen  hinter  den  Parietalia  erinnert 
unsere  Art  an  D.  Jamesonii  Traill.  und  D.  Welwitschii  Gnth. 
Beide  sind  aber  durch  den  Besitz  von  nur  13  Längsreihen  von 
Schuppen  verschieden.  Auch  die  durch  einen  Zwischenraum  von  zwei 
Schuppen  getrennten ,  nach  hinten  schräge  absteigenden  schwarzen 
Querbinden  unterscheiden  unseren  fasciolatus  von  Welwitschii 
und  Jamesonii.  Wenn  auch  einzelne  Exemplare  der  letzteren  Art 
(No.  381  des  Hamburger  Museums)  schwarze,  durch  die  hinteren 
Schuppensäume  gebildeten  Querlinien  zeigen,  so  steigen  diese  in  der 
Mitte  der  Körperlänge  nicht  nach  hinten,  sondern  nach  vorn  schräge 
herab  und  sind  durch  keine  Zv/ischenräume  ungesäumter  Schuppen- 
reihen getrennt.  —  Die  drei  übrigen  bisher  bekannten  Arten  besitzen 
im  Gegensatz  zu  der  unsrigen  zwei  vordere  bis  an  die  Postokularia 
reichende  Temporalia.  Außerdem  liegt  bei  diesen  drei  Arten  hinter  den 
Parietalia  eine  Reihe  kleinerer  (nicht  drei  größerer)  Schuppen.  Bei 
denselben  ist  ferner  das,  vorletzte  Labiale  klein  und  reicht  nicht  bis 
an  die  Postokularia  und  es  fehlen  ihnen  die  dunklen  nach  hinten 
schräge  absteigenden  Querbinden. 


Ein  Exemplar,  No.  862  meiner  Privatsammlung.  Gekauft  vom 
Lehrer  Herrn  Th.  Wiintram,  der  es  von  einem  Missionsprediger  aus 
Westafrika  — •  ohne  nähere  Angabe  des  Fundorts   —  erhielt. 

Totallänge  48cm;    Schwanz   16cm. 


•     Nach  dem  jetzigen  Stande   unserer  Kenntnisse   ordnen  sich  die 
jetzt  bekannten  Dinophis -Arten  in  folgende  zwei  Gruppen  : 

9 


sp.  n. 


J.  G.  Fischer,  Ilerpetologische  Bemerkungen.  113 

mit  ihren  Schenkeln  schräge  nach  hinten  absteigen.  Sie  werden  Dinopiüs 
durch  die  schwarzen  Säume  abwechselnder  Querreihen  der  i''«ci'^ia,tu.s 
Schuppen  gebildet,  so  daß  sie  je  durch  einen  Zwischenraum 
von  zwei  Schuppen  von  einander  getrennt  sind.  Vom  dritten 
Viertel  der  Rurapflänge  an  werden  diese  Querlinien  dadurch  undeutlich, 
daß  alle  Schuppen  einen  schwarzen  hinteren  Saum  erhalten,  wodurch 
hier  eine  unregelmäßig  netzförmige  Zeichnung  entsteht.  Die  Bauch- 
schilder haben  einen  dunkleren  hinteren  Saum,  der  bei  den  vorderen 
nur  schwach  angedeutet  ist,  nach  hinten  immer  dunkler  und  endlich 
tief  schwarz  wird.  Jede  der  unteren  Schwanzschuppen  ist  ringsum 
tief  schwarz  gesäumt.  Die  kleine  Hornspitze  am  Ende  des  Schwanzes 
ist  rein  Aveiß.  —  Die  oberen  Kopfschilder  sind  in  geringem  Grade, 
die  seitlichen,  namentlich  die  Infralabialia,  stark  schwarz  gesäumt. 


114  J-  G.  Fischer,  Herpetologische  Bemerkuugen. 

Dinoiiiiis  I.     Niir  ein   an  die  Postokularia  stoßendes  Temporale,    so  weit 

^"^^sTn*^^^     nach    hinten    reichend  Avie    die   Parietalia;    hinter    den    letzteren   drei 

größere  schildähnliche  Schuppen;    das  vorletzte  Labiale  sehr  groß,  an 

die  Postokularia  stoßend. 

a.  13  Längs  reihen  von  Schuppen. 

1.  220  Bauchschilder;  acht  Supralabialia;  die  schwarzen  Hintersäume 
(wenn  solche  vorhanden)  der  aufeinander  folgenden  Schuppenreihen 
bilden  in  der  Mitte  des  Körpers  nach  vorn  absteigende  Querhnieu, 
ohne  Zwischenräume  ungesäumter  Schuppenreihen  :  D.  Jamesonii 
Traill. 

2.  213  Bauchschilder;  sieben  Supralabialia;  einfarbig  grün  oder  mit 
einzelnen  gelben  Flecken:  D.  Welwitschii  Gnth. 

b.  17  Längsreihen  von  Schuppen. 

3.  219  Bauch  Schild  er;  acht  Supralabialia;  die  schwarzen  Säume 
abwechselnder  Schuppenreihen  bilden  Querbinden ,  welche  in  der 
Mitte  des  Körpers  nach  hinten  absteigen.    D.  fascio latus  Fisch. 

IL  Zwei  an  die  Postokularia  stoßende  Temporalia;  hinter  den 
Parietalia  eine  Reihe  nicht  durch  besondere  Größe  ausgezeichneter 
Schuppen;  vorletztes  Labiale  klein,  nicht  bis  zu  den  Postokularia 
reichend. 

4.  17  bis.  11)  Schuppenreihen;  225  bis  270  Bauchschilder;  das  obere 
Temporale  reicht  so  weit  nach  hinten,  wie  die  Parietalia:  D. 
angusticeps  Smith. 

5.  10  Schuppenreiheu;  20G  Bauchschilder;  das  obere  Temporale  der 
ersten  Reihe  reicht  nicht  so  weit  nach  hinten  wie  die  Parietalia: 
D.  intermedius  Gnth. 

6.  23  Schuppenreihen;  258  Bauchschilder;  das  obere  Temporale 
der  ersten  Reihe  reicht  nicht  so  weit  nach  hinten  wie  die 
Parietalia :  D.  p  o ly  1  e p i s  Gnth. 

Aus  vorstehender  Uebersicht  ergiebt  sich  übrigens  als  wahr- 
scheinlich, daß  nach  einer  Vergleichung  eines  größeren  Materials 
mehrere  Arten  nur  den  Wert  von  Varietäten  behalten  dürften.  Das 
dürfte  insbesondere  von  angusticeps  und  polylepis  gelten,  nachdem 
Peters  (Mossamb,  Amph.  137)  bei  einem  zu  der  ersteren  Art  gezogenen 
Stücke  an  verschiedenen  Stellen  des  Körpers  21,23  und  nahe  dem 
Kopfe  25  Schuppenreihen  gezählt  hat.  —  Wenn  außerdem  Formen 
aus  der  Gruppe  I  gefunden  werden  sollten,  bei  denen  ein  zAwites 
vorderes,    die  Postokularia  berührendes   Temporale    als    durch   Längs- 


iT.  G.   Fischer,  Tlcrpeiologischc   ücincrkuugen.  115 

teilung  des  großen  vorletzten  Labiale  entstaiuleii  iiacligewiesen  wiii'de,  Dinophis 
so  würden  die  Unterschiede  zwischen  (Iruppe  I  nnd  II  /um  größten  i'^^'-'^'^^^tus 
Teile  verschwinden.  Die  l)ei  Stücken  derselben  Art  nachgewiesene 
Variabilität  in  der  Zahl  der  Augenschilder  und  der  Ventralia  würde 
sogar  die  Vermutung  nahe  legen,  daß  die  bis  jetzt  unterschiedeneu  Arten 
höchstens  als  Varietäten  einer  und  derselben,  im  Osten  wie 
im  Westen  des  tropischen  Afrika  vorkomincnden  Species  zu 
betrachten  seien. 


18.    Naja  haje  L.   Yar.  leucosticta  Fisch. 

'J'af.  IV,  Fig-.   11. 

Das   Naturhistorische   Museum    in    Hamburg   besitzt   eine    west-      Xaja  haje 
afrikanische  Varietät  von  Naja  haie  L.,  die  sich  in  mehreren  Punkten     ,  ^-  ^f.^\ 

<>  J  ^  ^  ^  leucosticta 

von  den  bisher  beschriebenen  Formen  nnterscheidet.    Dabei  zeigen  die         Fi.sch. 
sechs  vorliegenden  Exemplare   [yow  Cameroons,   vom  Gaboon  und  von 
Ogowe)  eine  so  große  Übereinstimmung,  daß  die  Vermutung,  es  handele 
sich  um  eine  individuelle  Abweichung,    völhg  ausgeschlossen  erscheint. 

Ein  Vorder-,  drei  Hinteraugenschilder.  Sechstes  Oberlippenschild 
mit  den  zwei  unteren  Postokularia  in  Berührung.  Drittes  und  viertes 
Supralabiale  an  die  Orbita  reichend.  Längs  des  Außenrandes  der 
Parietalia  zwei  längliche  Schilder.  —  Am  Anfange  des  Halses  28,  in 
der  Mitte  des  Körpers  10,  nahe  dem  Schwänze  13  Längsreihen  von 
Schuppen.  —  Mehr  als  220  ßauchschilder,  ein  ungeteiltes  Anale,  (U  bis 
71  Paare  unterer  Schwanzschilder,  auf  welche  letzteren  eine  unpare 
kegelförmige  Llorn  spitze  folgt. 

Schnauze  bräunlich.  Oberkopf,  Päicken  und  Oberseite  des 
Schwanzes  schwarz.  Ii^inzelne  Rückenschuppen  mit  weißen  Flecken  an 
ihren  seitlichen  Grenzen;  dieselben  ordnen  sich  an  jüngeren  Exemplaren 
am  Hinterrücken  zu  einer  großen  Zahl  dicht  stehender,  nur  um  eine 
Schuppenreihe  getrennter,  quergestellter  weißer  Halbringe  (Taf.  IV, 
Fig.  11  d.)  Seiten  des  Kopfes  gelblich.  Die  fünf  letzten  Ober-  und 
Unterlippenschilder,  sowie  die  vorderen  Schläfenschuppen  gelb  mit 
hinterem  schwarzen  Saum.  Kinn,  Kehle  und  erstes  Dritteil  des  Halses 
weiß,  letzteres  unten  mit  4  bis  5  breiten  schwarzen  Querbinden.  Vom 
zweiten  Dritteil  an  ist  die  ganze  Unterseite  sclnvarz.  —  Die  einfache  am 
Ende  des  Schwanzes  stehende  kegelförmige  Hornschuppe  weiß  mit 
schwarzer  Spitze.  —  Bei  einem  Exemplar  (No.  4280,  vom  Gaboon)  sind 
auch  die  letzten  sieben  Paare  Subkaudalia  weiß  mit  schwarzer  Einfassung. 


116 


J.   G.  Fischer,  Ho.rpetolopische  Bemerkungen. 


Naja  haje 
L.  Var. 

leucosticta 
Fisch. 


Durch  die  Färl)in'ig  <les  Rüclieris,  der  lioraigeii  Schwanzspitze, 
der  Lippenscliihler,  sowie  durch  die  große  Zahl  der  Rauchschikler 
unterscheidet  sich  die  Var.  leucosticta  von  allen  hisher  heschriehenen 
Formen. 

3Iaße. 


No. 

Fundort. 

Gul. 

Vent. 

An. 

Scand. 

Totallänge 
in  m. 

Schwanz 
in  m. 

7299 

Cameroon. 

o 

227 

1 

f^' 

0,522 

0,086 

7300 

» 

3 

228 

1 

f- 

0,536 

0,09 

7301 

n 

3 

227 

1 

67    , 

0,518 

0,092 

7302 

n 

3 

229 

1 

67    . 

0,519 

0,095 

7048 

Ogowe. 

3 

226 

1 

f+^ 

0,565 

0,095 

4280 

Gaboon. 

3 

227  +  Va 

1 

^^^ 

1,245 

0,225 

Hinter  dem  Giftzahn  stehen  hei  allen  Stücken  dicht  hinter  ein- 
ander zwei  kleine  solide  Zähne.  Der  von  Peters  (^Moss.  Aniph.  137) 
als  Gattuugscharakter  von  Naja  aufgeführte  Besitz  von  einem  soliden 
Zahn  hinter  dem  Giftzahn  gilt  nur  für  die  asiatische  Form  (tripudians). 
Vergl.  meine  Bemerkung  hierüber  in  Familie  der  Seeschlangen, 
Hamburg  1856,  pag.  22. 


19.  Trimeresurus  Schadenbergi  sp.  n. 


von  Mindanao. 

Sq.  21;  Lab.   \^r'\\\    Ve.   173—175;  A.   1;  Sc.  ^'^~^^. 
11  — 13  2 

Trimeresurus  Charaktere.   Zweites  Oberlippenschild  begrenzt  vorn  die  Gesichts- 

schadenbergi   gTube.     Ueber    dem   Rostrale    ein   oder   zwei    Schildchen   zwischen    den 

^^' ^'        Supranasalia.     Obere    Kopfscliilder   klein,   glatt.     Körpersclmppen  nach 

dem  ersten  Drittel  der   Länge  in   21  Längsreihen;    nur  diejenigen   das 


J.  (i.  Fischöl-,   Ilerpctologisclii;   ncinoikiingi'ii.  117 

Rückens  leiclit  gekielt,  die  der  äiiüeren  Reihen  glatt.  —  Oben  grün  mit   T.imeresums 
unregelmillUg-   braunen  Querbinden,   nnten  scliwarzgrau ;    an   jeder  Seite    ^'' '']^^^_\^'^' 
eine  Fleckenbinde  von  mit  einander  abwechselnden  gelben  und  tiefbraunen 
Flecken. 

Beschreibung. 
Form.  Körper  stark  zusammengedrückt;  Kopf  abgesetzt,  über 
der  Augengegend  hoch,  nach  hinten  seitlich  abgerundet,  Schnauzen- 
gegend oben  etwas  vertieft.  Schwanz  .5V2  bis  0  mal  in  der  Totallänge 
enthalten,  am  Ende  mehr  oder  weniger  eingerollt,  als  Greifschwanz 
nicht  so  entwickelt,  wie  bei  anderen  Arten. 

Schui>peii  lind  Scliilder.    Schuppen  des  Oberkopfes  klein,  voll- 
kommen glatt,    diejenigen   auf  der  Schnauze  wenig  größer  als  die  des 
Mittelkopfes.     Schläfenschuppen,    Schuppen    der  Kehle   und    der  Hals- 
seite  vollkommen   glatt,    spiegelnd.    —    Über  der  Spitze  des  Rostrale, 
zwischen    den    ovalen  Supranasaha,    hegen    entweder    zwei    oder    ein 
einzelnes  Schildchen.      Auf    das    Supranasale    folgen    jederseits    längs 
des    Canthus     drei    kleinere    Schildchen     bis     zum     Vorderrand     der 
Orbita.    —    Superciliarschilder    etwa    2   mal    so    lang    wie    breit    (bei 
einem  Exemplar  je  in  zwei  Schildchen  (piergespalten).  —  Oberlippen- 
schilder   10    bis    11;    das    zweite    bildet    bei    allen   Exemplaren   die 
vordere  Begrenzung   der  Gesichtsgrube,    das    dritte   ist  wie  gewöhnlich 
das    größte    und    reicht    bis    zum    Suborbitale    hinauf.       Bei    einem 
Exemplar    ist    dies    auch    mit    dem   kürzeren    aber  fast  ebenso  hohen 
vierten  der  Fall,  das  aber  bei  anderen  Stücken  ebenso  wie  das  fünfte 
durch    eine    Reihe    Schuppen    vom    Suborbitale    getrennt   wird.     Vom 
fünften    an    nehmen    die    Oberlippenschilder    ziemlich   gleichmäßig    an 
Größe    ab.     Von    den    11    bis    1.3    Paaren    Unterlippen  schildern 
stoßen   die    des   ersten  Paares  hinter  dem  großen  dreieckigen  Mentale 
an   der   tiefen  Kehlfurche   zusammen,    die    der    ersten   drei  Paare  sind 
jederseits   mit   dem    großen   (ersten)   Kehlfurchenschilde   in  Berührung. 
Vom  dritten  bis  zum  achten  sind  die  Infralabialia  von  ziemlich  gleicher 
Größe,    um    dann    nilmählich  kleiner  zu  werden.     Auf  das  erste  Paar 
großer  Kehlfurchenschilder  folgen  noch  C  bis  7  Reihen  kleinerer  Kehl- 
schuppen,   von    denen    die    vorderen    noch   das   Ende    der  Kehlfurche 
zwischen  sich  fassen  und  paarweise  an   der   letzteren   liegen,    während 
die  folgenden  unregelmäßig  quer  gelagert  sind  und  wie  zerteilte  Bauch- 
schilder erscheinen.  —  Unter  dem  Auge  liegt,   wie  bei  anderen  Arten 
dieser  Gattung,    ein  langes  und    schmales  Suborbitale,    das  sich  hinter 
der  Orbita    etwas   in    die  Höhe  zieht,  und  dem  hier  zwei  kleine  Post- 
okulari.'i  als  Fortsetzung  dienen.     Die  Schliifcnschuppen    sind  unregel- 


sp.  n. 


]]g  J.  G    Fisflier,  Herpetolog-iscbe  Bemorknngeii 

Trimeresiirus   mäßig   fünf-    oder  secliseckig,   glatt  und  etwa  doppelt  so  groU  wie  die 
Sohadenbergi   {W^q^-  dieser  Stelle  liegenden  hinteren  Kopfscliuppen. 

Körperscliiijipeii  in  der  Mitte  des  Körpers  in  31  Längsreihen, 
länglich  oval,  nach  dem  Bauche  herab  größer  und  viereckig;  nur  die- 
jenigen der  0- — 11  dorsalen  Mittelreihen  sind  deutlich  aber  sehr 
schwach  gekielt;  die  Kiele  werden  nach  den  Seiten  herab  immer 
schwächer;  in  der  Mitte  der  Körperlänge  sind  die  Schuppen  der  drei 
bis  fünf  äußeren  Reihen  ohne  jede  Spur  von  Kielen. 

Fai'be.  Oberseite  dunkelgrün,  Hals  und  Rücken  gekreuzt  von 
zahlreichen  tiefbraunen  unregelmäßigen  Querbinden.  Letztere  nehmen 
meist  eine  bis  zwei  Schuppen  ein,  lösen  sich  an  vielen  Stellen  (bei 
älteren  Stücken)  in  Flecke  auf,  oder  anastomosieren  mit  einander.  Rire 
seitlichen  Enden  reichen  nicht  ganz  bis  auf  die  Bauchschilder  herab, 
sondern  treffen  meist  auf  die  gleich  zu  erwähnenden  gelben  Flecke, 
welche,  mit  schwarzbraunen  abwechselnd,  an  jeder  Seite  des  Bauches 
in  einer  Reihe  liegen.  Bei  den  kleineren  Exemplaren  bleibt  die  Natur 
der  Querbinden  besser  erhalten  und  eine  Auflösung  in  Flecke,  eine 
Verzweigung  derselben,  wird  hier  viel  seltener  beobachtet.  Schwanz 
oben  mit  Querbinden,  unten  braun  und  grün  marmoriert;  das  Ende 
ist  bei  jüngeren  F'.xemplaren  gelb. 

Oberseite  des  Kopfes  dunkelgrün  mit  vielen  zerstreuten  und 
unregelmäßig  geformten  schwarzen  oder  tiefbraunen  Flecken.  Vom 
Auge  zieht  sich  eine  breite,  zwei  Reihen  Schläfenschuppen  einnehmende 
und  die  hinteren  Oberlippenschilder  säumende  dunkelbraune  Binde 
7.um  Ende  der  Mundspalte.  Ober-  und  Unterlippe  gelb,  doch  ziehen 
sich  durch  dieselben  zwei  tiefbraune  breite  Binden  senkrecht  herab, 
die  erste  von  der  Gesichtsgrube  aus,  die  zweite  vom  Auge  abwärts 
durch  die  an  der  Mitte  der  Lippenhälften  liegenden  Schilder.  Kinn- 
und  seitliche  Kehlgegend  gelb  und  dunkelbraun  marmoriert. 

Die  Bauchseite  ist  dunkelgrau,  die  äußeren  Enden  der  Ventralia 
von  tieferem  und  mehr  bräunlichem  Ton.  Längs  jeder  Seite,  auf  der 
äußersten  und  der  vorletzten  Schuppenreihe  zieht  sich  eine  Reihe  von 
hellgelben  und  von  tiefljraunen  Flecken,  die  mit  einander  abwechseln; 
letztere  sowohl  wie  jene  nehmen  eine  bis  zwei,  selten  mehr,  Schuppen 
ein  und  geben  durch  den  scharfen  Gegensatz  ihrer  Farben  dem  Tiere 
ein  sehr  charakteristisches  Aussehen.  Bei  jungen  Exemplaren  sind 
die  tiefbraunen  Flecke  kleiner  als  die  gelben  und  nehmen  häufig  nur 
eine  (die  letzteren  3 — 5)  Schuppe  ein,  wodurch,  mehr  als  bei  alten 
Stücken,  der  Anschein  einer  gelben,  oft  durch  schwarze  Punkte  unter- 
brochenen Seitenbinde  entsteht. 


J.  G.  Fisclici',  llerpetulogische  Bcinerkungen. 

Mafse. 


119 


Schuppen- 
reiheu 

Bavich- 
scliildei- 

Schwanz- 
schilderpaare 

Totallänge 
in  cm 

Schwanz 
in  cm 

a. 

21 

175 

G9 

72 

18 

b. 

21 

173 

69 

51 

8,4 

c. 

21 

175 

68 

33 

6 

Drei  Exemplare,  No.  1257  und  1258  des  Kgl.  Zoolog.  Museums 
in  Dresden,  gesammelt  auf  Süd-Mindanao  von  Herrn  Dr.  Seliadenberg. 


Die  beschriebene  Art  scheint  am  nächsten  verwandt  zu  sein 
mit  Tr.  Jerdonii  Gnth.  (Proc.  Z.  Soc.  Lond.  1875,  231).  Auch 
diese  Art  hat  21  Schuppenreihen  und  das  zweite  Oberlippenschild 
bildet  die  vordere  Grenze  der  Zügelgrube.  Doch  ist  die  Zahl  der 
Bauchschilder  und  Schwanzschuppen  verschieden,  die  oberen  Kopf- 
schilder sind  noch  kleiner,  als  bei  unserer  Art  (fast  körnig)  und  statt 
brauner ,  bis  fast  zu  den  Bauchschildern  herabreichender  schmaler 
Querbinden  auf  grüner  Grundfarbe  zeigt  diese  Art  eine  Vertebral- 
reihe  unregelmäßig  rhombischer  Flecke,  sowie  eine  zweite  längs  der 
Bauchseite. 


Trimpresui'u.s 

Sohadenhergi 

sp.  u. 


Bezeichnung  der  Abbildungen. 
Tafel  1. 

Fig.  1.  und  2.      Chafiiielitliy  s  georgianus  Fisch.,  S.  50. 

1.  Der  ganze  Fiscli  in  halber  Größe. 

2.  Kopf,  von  oben  gesehen. 

2a.  Schematische  Darstelhmg  der  Flossenstralen  und  deren  Träger. 
—  V.  Wirbelkörper;  A.,  A.  und  D.  D.  die  beiden  neben  einander 
liegenden  Hälften  eines  Strals  der  Analflosse  resp.  der  Eücken- 
flosse  ;  a,  a  Gelenkköpfchen  der  Flossenstralen,  den  Gelenkpfannen 
des  Flossenstralenträgers  (cc)  entsprechend.  Vgl.  die  Note  auf  S.  51. 
Fig.  3    und    4.      Sclerocottus  Sehr  ade  ri  Fisch.,  S.  58. 

3.  Das  ganze  Tier  in  natürlicher  Größe. 

4.  Kopf  von  oben  gesehen,  viermal  vergrößert. 


Tafel  11. 

Fig.     5.  Dascylhis  carneus  Fisch.     S.  71. 

„       6.  Monacanthus  fuscus  Fisch.     S.  75. 

„       7.  Ilautstachel    aus    der    Mitte    der    Kehlgegend    von  Tetrodon  (Hemi- 

c  o  n  i  a  t  u  s)  g  u  1 1  i  f  e  r  Bennett,  viermal  vergrößert.     S.  76. 

„       8.  Gott  US  macu  latus  Fisch,  in  natürlicher  Größe.    S.  78. 

„       9.  Gymnelichthys  antarcticus  Fisch.,  in  natürlicher  Größe.     S.  61. 

„     10.  Trachinus  lineolatus  Fisch.,  in  natürlicher  Größe.    S.  67. 


Tafel  111. 

Riopa  gracilis  Fisch.  Oberseite  des  Kopfes,  viermal  vergrößert.  S.  85. 
Riopa  Schadenbergi  Fisch,  desgleichen,  zweimal  vergrößert.  S.  87. 
Euprepes  Pantaenii  Fisch.   —    a:    Oberseite,   b:    Seitenansicht    des 

Kopfes,  zvireimal  vergrößert.     S.  88. 
Geophis    Schadenbergi    Fisch.    ■ —    a:    Oberseite,    b:    Seitenansicht, 

c:  Unterseite  des  Kopfes,   IW^  mal  vergrößert.     S.  93. 
Enicognathus    bilineatus    Fisch.    —    a,  b,    c  wie  vorhin,  zweimal 

vergrößert.     S.  98. 
S  c  a  j)  h  i  o  p  h  i  s    a  1  b  o  p  u  n  c  t  a  t  u  s    Fets.    —    a :    Oberseite    des   Kopfes ; 

b:  Seitenansicht  von  Exemplar  7298;  c:  desgleichen  von  Exemplar 

7299  (Verschmelzung  des  Frenale  mit  dem  Postnasale);  d:  untere 

Ansicht  des  Kopfes.     (Alle  Figuren  in  zweifacher  Vergrößerung). 

S.  100. 


Fig. 

1. 

V 

2. 

V 

3. 

4. 

Bezt'ichnuni;'    der   Aliliildiiiij^-en.  121 

Tafel  IV. 

Fig.      7.     T>ro  111  icus    cocr  ii  1  c  us    Fl'^cJi.    S.    103.     cu    I).    <::   Ausichtcu   ili's  Kopfes, 

(l:    Seiteiiiinsiclit    aus    der    Mitte    des    l!niii|ilcs  ;    alle  l'^iguren    in 

iiatiirlielier  (ir(')ße. 
„       8.     Ii  e  ))t  o^'ii  a  tlins     all-eriians    Fisch,.     S.   105.     a,    h,    c.    Ansieliten  des? 

Ko]ifes,  zweimal  vergrößert. 
,,       9.     L  ep  togua  tu  US    albocinctus    Fisch.    JS.   107.     a,  b,  c   wie    in  Fig.  8, 

viermal  vci'größert. 
„     10.     Diiinphis     fas eil)  latus    Fisch.     S.  111.    a:    Seitenansicht;     h:    obere 

Ansicht  des  Ko])fes;    c:   Seitenansicht  aus  der  Mitte  des  Iiiiinpfcs; 

r  V(n-n,  /?   liiiiten.    —  Alle  Figuren  in  zweifacher  Vergrößerung. 
„     11.     Naja    haje  L.  T'rtr.,  leueosticta  Fisch.,  S.   115.    a,  &,  c  Ansichten  des 

Kopfes:  d:    Seitenansicht  aus  der  Mitte  des  Euinpfes. 


.I.(i. Fischöl'. .Ii'hlhv()l()(|i.sch('  iHnacrkunjicii.  Ziiiii  lici'iclil  iilnr  il;is  Xaliirliistdrisi'lic  .Musfuiii  zu  HainUui'n  fiir  löiik 


.1.  tir.Fi.scliei',  .I(  htli.  ii  horpot.  Bcinorkungon. 
Zum  Ilci'it'ht  über  das  Xatuilüstimscht'  Museum  zu  Ilarahun)  l'ür  lu84'. 


Fig.}). 


Tar.IT 


Fl,/  W  hr:{ 


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Wr^immo^    ^ol 


^+v,  fi«,,t«  nr-Ti^;-! 


.I.Ci.riscluT.  ,l(htli  11  lii-r|ir|    ricnu'i'kuiuH'U 
Zniii  Uci'irhl  iiliiMMliis  Xalurliistorisilu'  Museum  zu  Iluniluu'ij  liir  Unit. 


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Fi;j.  I. 


Fia.-:. 


Fir,A. 


Fifj. 


I.aAiifilvrrfMiill": 


Jalubich  (\t>i>  HamV.iu'ij.  ivn.ssoiisch.  Anstalteiv  IT,  I8u5. 


.1. (i. Fiscilor.  .Ichlh.ii.  lioppct.  IU'iui'i'kuii()cii. 
Zum  r.i'iuht  ülici-  (Ins  Xatui'liisloi'isL'he  Mii.seiuu  zu  llamlmiHi  tür  lilßk 


Tar.u: 


l'i(f.  /. 


:.:£x^^ 


Fia.-'J. 


Fi  (f.  lü. 


Vifj.  II. 


$$f^>. 


iiH-AastvSCHuller.Jena- 


.lalu'Uiuli  »Icr  llaiuburjj.  wisscusch.  Aiislaltcn  II,  liitJö. 


Megaioglossus  Woermarini 


eine  neue  Form 


makrogiosser  Fledermäuse 


von 


Prof.  i)r.  Pageustecher^ 


Mit    einer    Tafel    in    Farbendrucke. 


IN  eben  den,  in  einem  vorausgegangenen  Aufsatze  aufgeführten 
Fledermäusen  aus  dem  Massailande  in  Ostafrika  hat  das  Museum  in 
letzter  Zeit  durch  verschiedene  Keisende  westafrikanische  von  Gaboon 
und  vom  Rio-Pongo  erhalten.  Alle  diese  gehören  bereits  beschriebenen 
Arten  an. 

Hingegen  befand  sich  unter  den  von  Herrn  H.  Soyaux  auf 
Sibange-Farm  gemachten  Sammlungen  eine  neue  und  höchlich  über- 
raschende Form,  eine  langzüngige  fruchtfressende  Fledermaus  in  einem 
einzigen  Exemplare,  einem  hochträchtigen  Weibchen.  Man  weiß,  daß 
die  fruchtfressenden  Fledermäuse  in  Afrika  durch  nicht  wenige  kurz- 
züngige  Formen  vertreten  sind.  Namentlich  ist  die  Gattung  Epomophorus 
ganz  westafrikanisch,  Cynonycteris  zumeist  afrikanisch.  Die  Gruppe 
der  makroglossen  fruchtfressenden  Fledermäuse  hingegen  ist  bis  dahin 
weiter  westlich  als  das  Himalayagebirge  nicht  gefunden  worden.  Sie 
ist  überhaupt  an  Arten  sehr  arm.  Die  von  Dohson  aufgestellten 
vier  Gattungen  haben  jede  deren  nur  eine.  Notopteris  kommt  den 
Fidji-Inseln  zu,  Melonycteris  Neu-Irland  und  Duke  of  York,  Eonycteris 
Moulmein  und  Birma,  während  Macroglossus  eine  ziemlich  weite 
geographische  Verbreitung  hat,  vom  Himalaya  an  über  Hinter-Iudien 
und  die  Sunda  bis  Nordwest-Australien  und  vielleicht  Neu-Irland. 
Diese  Fledermäuse  lecken  mit  einer  vorn  mit  rückwärts  gerichteten 
harten  Papillen  besetzten,  in  der  Mitte  mehr  gepflasterten  Zunge  die 
Oberhaut  von  Früchten  weg  und  dann  deren  Fleisch  und  Saft, 
während  ihre  schmalen  und  kaum  das  Zahnfleisch  überragenden  Back- 
zähne im  Kaugeschäfte  nur  sehr  Avenig  leisten  kcinnen.  Man  kcinnte 
sie  statt  Fruchtfresser  passend  Fruchtlecker  nennen. 

Zwei  Gattungen,  Notopteris  und  Eonycteris,  haben  den  Zeige- 
finger ohne  Kralle,  womit  sie  der  großen  Mehrzahl  der  Microchiroptera, 
insbesondere    denjenigen,    welche    Insekten    im  Fluge  jagen,    äholicher 


10(5  Pageiistecher,   Megaloglossus  Woermanni. 

werden  und  unter  den  Megacliiroptera,  Frugivora  der  meisten  Autoren, 
nur  in  Cephalotes  Gesellschaft  finden.  Die  beiden  anderen  Gattungen 
haben,  gleich  dem  Ptcste  der  Megachiroptera,  die  Zeigefingerkralle  und, 
indem  diese  die  des  Daumens  unterstützt,  mehr  Fähigkeit  in  den 
Bäumen  uniherzuklettern,  auch  leichtere  Bewegung  auf  dem  Boden. 

Diesen  Gattungen  mit  Zeigefingerkralle  schließt  sich  die  neue 
westafrikanische  Art  an,  auch  dadurch,  daß  ihre  Zwischenkieferhälften 
unter  einander  verwachsen  sind.  Wäre  nicht  von  Macroglossus  durch 
TJohson  Melonycteris  generisch  abgetrennt  worden,  auch  schon  durch 
Jiamsay  als  Chiropteruges  von  Pteropus,  so  würde  man  sich  auch  für 
die  afrikanische  Art  mit  der  Gattung  Macroglossus  haben  beholfen  können. 

Die  Diagnose  von  Macroglossus  ist:  Schwanz  kurz  (derselbe 
hat  in  Wirklichkeit  drei  Wirbel,  den  letzten  als  Unterlage  eines 
Knötchens  der  Haut),  Flughaut  von  der  Basis  der  vierten  Zehe;  von 
Melonycteris:  Schwanz  fehlend,  Flughaut  von  der  Basis  der  dritten 
Zehe,  bei  gleichen  Zahnzahlen. 

Dagegen  stellt  sich  unsere  neue  Gattung  folgendermaßen: 

Megaloglossus:  Schwanz  mit  zwei  gegen  das  Os  sacrum  und 
unter  einander  beweglichen,  aber  gänzlich  versteckten  Wirbeln,  der 
zweite  verkümmert,  Flughaut  mit  3  Fältchen  von  der  Basis  der 
zweiten  und  der  dritten  Zehe. 

In  dem  einen  Merkmal  vermittelt  also  die  Gattung  Megaloglossus 
zwischen  Macroglossus  und  Melonycteris,  im  anderen  entfernt  sie  sich 
weiter  von  Macroglossus  als  Melonycteris.  Sie  nähert  sich  in  der 
Anordnung  der  Gaumenfalten,  indem  die  zwei  letzten  gespalten  sind, 
mehr  Melonycteris. 

Es  ist  nicht  unwarscheinlich ,  daß  auch  die  neue  Art  allein  in 
ihrer  Gattung  steht  und  man  wird  dann  Gattungscharakter  und  Art- 
charakter vielleicht  überhaupt  nicht  zu  trennen  in  der  Lage  sein. 
Jedenfalls  wird  man  für  jetzt  über  das  obige  mit  Sicherheit  nicht 
hinaus  gehen  können. 

Nach  nachfolgender  Tabelle  liält  die  neue  Art  in  der  Größe 
die  Mitte  zwischen  Macroglossus  minimus  Geoffr.  und  Melonycteris 
melanops  Dol)s. 

Macroglossus    Megaloglossus    Melonycteris 
mmimus  J      Woermanni  $     melanops  J 
incl. 
Schwänzchen 

Körperlänge  von  Nasenspitze  an 8;^   mm  90  mm  120  mm 

Länge  des  Schädels   26      „  29    „  38     „ 

Entfernung  von  Augenmitte  bis  Schnau- 
zenspitze   13     „  15    „  19,5  ,,, 


Paefenstoclior,  Meojaloglossus  Woornianni.  127 

Macroglossus    Mcgaloglossus    Mcloiiycteris 
miiihims  J       Wofruraiini  $      ]ih'Iuiii)])S  5 
iucl. 
Schwän/clion 

Entfernung    von    Aiigenniitte  bis  zum 

unteren  Winkel  der  Ohröfi'nung .  .  .\9.  nun  11  mm  K»,;')  mm 

Länge  der  Zunge 21      „  ~l^  „  28  „ 

Höhe  der  Ohröffnung 12     „  13),  1  <">  „ 

Vorderarm 38     „  45  „  02  ,. 

Daumen  mit  seinem  Metacarpus  ...  .15     „  19  „  2')  „ 

Dritter  Finger 70     „  80  „  130  „ 

Fünfter  Finger 55      „  ijG  „  8-"j  ?, 

Unterschenkel 17     „  20  ,.  28  „ 

Fuß  ohne  Sporn 10,5  „  12  „  18 

Rechnet  man  alle  genommenen  Maße  jeder  Fledermaus  zusammen 
und  dividirt  durch  die  Zahl  der  Maße,  so  hat  Megaloglossus  das 
1,21,  Melonycteris  das  1,54  fache  von  Macroglossus.  Über  diesen 
Durchschnittsfaktor  gehen  bei  Megaloglossus  hinaus  die  Zunge  mit 
1,83,  die  Schnauze  mit  1,33  und  der  Daumen  mit  1,20,  bei  Melonycteris 
der  dritte  Finger  mit  1,85,  der  Fuß  mit  1,71,  der  Daumen  mit  1,00, 
der  Unterschenkel  mit  1,05,  der  Vorderarm  mit  1,03.  Megaloglossus 
ist  hiernach  die  größtzungige  Macroglosse  und  zum  Klettern  gut  geeignet. 
Der  Fersensporn  ist  größer  als  bei  Macroglossus. 

Was  die  Zähne  betrifft,  so  hat  die  neue  Fledermaus  die  Formel 
der  beiden  anderen  Gattungen: 

2  +  3  +   1   +  4  +   IJhJ^  +  2 

3  +  3+1+4  +  1   +  3  +  3 

Die  oberen  Schneidezähne  sind  fast  aequidistant,  in  der  Mitte 
wenig  weiter  von  einander  entfernt,  die  Krone  der  unteren  ist  in  zwei 
körnerartige  Lappen  getheilt ,  der  obere  Eckzahn  hat,  wie  bei  den 
anderen  Gattungen  die  vordere  Einne,  in  welcher  der  untere  gleitet. 
Der  erste  obere  Lückzahn  ist  vom  Eckzahn  deutlich  getrennt,  wie  bei 
Macroglossus,  während  er  bei  Melonycteris  dichter  an  diesen  rückt. 
Die  beiden  folgenden  Lückzähne  sind  im  vorderen  Theile  gut  entwickelt 
und  etwas  hakig  gespitzt,  während  Ijei  Macroglossus  der  vordere, 
hakige  Teil  früh  abschleift  und  bei  Melonycteris  der  Zahn  mehr  im 
Ganzen  und  plumper  sich  zuspitzt.  So  ist  namentlich  der  zweite  obere 
Lückzahn  recht  kräftig.  Die  Jochbogen  sind  weniger  nach  außen  ge- 
drängt als  bei  Macroglossus  und  setzen  sich  vorne  etwas  höher  an. 

Die  Umrandung  der  Naslöcher  steht  im  ganzen  minder  vor  als 
bei  Macroglossus,    Die  Naslöcher  werden  theilweise  überdeckt  von  einem 


128  Paopnsteclier,  Meofaloolossus  Woermanni. 

deutliclien  Zipfel  des  oberen  oder  inneren  Randes.  Die  Oberlippe  ist 
breiter,  plumper  als  bei  Macroglossus,  ihre  Mittelkerbe  eher  tiefer. 

Die  Zunge,  indem  sie  die  gleiche  Ljlnge  hat,  wie  die  des  erheblich 
größeren  Melonycteris,  auch  ähnlich  breit  und  dicker,  viel  massiger  als 
bei  Macroglossus  ist,  hat  mich  zu  der  Gattungsbenennung  Megaloglossus 
veranlaßt.  Sie  ragt  schon  beim  ungeborenen  Jungen  aus  dem  Munde 
hervor.  Ihr  Mittelfeld  mit  einem  Pflaster  von  Platten,  jede  mit 
drei  nach  hinten  gerichteten  Zähnen,  hat  fast  die  Ausdehnung  wie  bei 
Melonycteris,  namentlich  eine  größere  Breite  als  bei  Macroglossus. 
Haar  dicht,  weich,  dunkler  als  bei  Macroglossus,  umbra- braun,  auf 
der  Unterseite  graubraun,  Flughäute  dunkelbraun.  Zitzen  groß,  an  den 
Brustseiten,  ungefähr  in  der  Höhe  des  Ellenbogens. 

Nach  dem  um  unser  Museum,  insbesondere  für  west-afrikanische 
Thiere,  so  hoch  verdienten  Herrn  Adolf  Woermann  habe  ich  diese 
Fledermaus  Megaloglossus  Woermanni  zu  nennen  mir  gestattet.  Sie 
wird  als  ein  Beweis  einer  gewissen  alten  Fauualbeziehung  zwiscl)en 
westafrikanischen  und  malayischen  Gegenden  betrachtet  werden  können, 
wie  er  ähnlich  in  den  anthropomorphen  Afteu  vorliegt,  hier  mit  einer 
Ausdehnung  nach  Polynesien,  wie  sie  für  Fledermäuse  möglich  ist. 
Wahrscheinlich  wird  sich  das  Thierchen  weiter  verbreitet  finden,  da 
die  westafrikanische  Fauna  sich  von  der  ostafrikanischen  im  allgemeinen 
erst  am  Tanganika-See  und  Albert-Nianza  trennt. 

Außerdem  waren  von  Gaboon  gekommen:  Phyllorhina  fuliginosa 
Tem.,  die  reizende,  wegen  der  farblosen  Flügel  im  Mondlicht  minder 
gesehene  Vesperugo  pulcher  Dobson,  vom  Pvio  Pongo  Rhinolophus 
Landeri  Martin  und  ein  kleiner  noch  nicht  bestimmter  Vesperugo. 


Erklärung  der  Tafel. 


1.  M  egalo  «T^lo  s  sus  Woeriiianni  Pag.  in  natiirliclier  (iröPse. 
la.  Dessen  Oberkiefer  von  der  Gaunienseitc. 

Ib.  Dessen  Oberlippe  und  Zunge. 
Ic.  Dessen  Flugliautausatz  am  Fuß. 

2.  Melony cter is  nielanops  Dohsoii,  Oberkiefer  von  dei'  Gaumenseite. 
2a.  Dessen  Oberlippe  und  Zunge. 

2b.  Dessen  Flughautansatz   am  Fuß. 

'6.     Macroglossus  minimus  Gcoffr..  Ol>crkiefcr  von  der  Gaumenseite. 

3a.  Dessen  Oberlippe  und  Zunge. 

8b.  Dessen  Flugliautansatz  am  Fuß. 


rii()oiiNt('clu'i',  M('i|al(U|l(issiiN  Woi'iiiiaiuu 

Ziuu  r.t'i'irlil  iilicr  (las  XaluHiistoiischc  Musriiiii  /.u  llaiuburii  l\irlS81-. 


Fi<f.  I". 


Fig.l. 


Fig.19. 


Fig.  ?i 


Gummel!  del 


.lalirlmcli  dci'  Ilaiiiliui'i).  wisscnscli,  Aiislaltcii  11,  188,' 


L;thJbst7(j.CMiiller,j2ni 


Verzeichnis 

der  von 

Dl',  fi.  A.  Fischer 

auf  der 

im  Auftrage  der  geograpliisclien  Gesellschaft  in  Hamburg 

unternommenen 

Reise  in  das  Massai-Land 

gesammelten 

Myriopoden  und  Arachnoiden 

von 

Dr.   F,  Kar  seh. 


Mit    einer    Tafel, 


1  olydesmns  (Oxydesiniis)  Fischeri,  o^,  nov.  spec.  (Fig.  1,  3,  2a). 
Margo  lateralis  segmentorum  alatonira  suhdenticulatus,  segmenta  alata 
macnla  media  flava  transversa  ornata,  segmenta  1 — 3  graniilis  crassis 
medium  versus  crescentibus  armata,  angulis  anterioribus  segmentorum 
alatorum  rotundatis. 

Niger,  alis  segmentorum  alatorum  flavo-marginatis,  dorso  vitta 
flava  marginc  anteriore  nigro  segmentorum  interrupta  media  latiore 
ornato,  segmento  ultimo  nigro.     Long,  maris  adulti  54  mm. 

Diese  schöne  ostafrikanische  Art  gehört  zur  Formengruppe  des 
gleichfalls  ostafrikanischen  effulgens  Karadi,  und  unterscheidet  sich 
von  dieser  durch  bedeutendere  Körperlänge  und  verhältnismäßige 
Breite,  die  vorn  gerundeten,  bei  effulgens  sehr  spitzen,  Seiten 
der  Segmentflügel  und  das  schwarze,  bei  effulgens  gelbe,  letzte 
Eückenschild. 

Wie  bei  deu  verwandten  Arten  sind  auch  hier  wieder  die 
Rückenflächen  der  geflügelten  Segmente  durch  feine  Netzfurchen  in 
drei  getäfelte  höckertragende  Querfelder  abgetheilt;  auf  den  mittleren 
Leibessegmenten  nimmt  das  gelbe  Mittelband  je  gegen  vier  Täfelchen 
der  beiden  hinteren  Felder-Querreihen,  welche  niedrige  und  kleine 
Hügelchen  tragen,  ein,  auf  den  drei  vordersten  Segmenten  dagegen 
nimmt  das  Mittelband  nur  je  zwei  nebeneinander  liegende  Täfelchen 
in  Anspruch,  welche  ganz  aus  stark  gewölbten  gestreckten  Hügeln 
bestehen  und  zwar  auf  dem  ersten  Segmente  nur  die  mittleren  Hügel 
der  hintersten  Tafelquerreihe,  auf  dem  zweiten  und  dritten  die  aller 
drei  Querreihen.  Während  bei  effulgens  die  gelbe  Färbung  sich 
vom  Rande  der  Hügelunterseite  ununterbrochen  über  die  ganze  Bauch" 
fläche  der  betreffenden  Segmente  hinzieht,  bleiben  bei  Fischeri  die 
unteren  Seiten  der  geflügelten  Segmente  schwarz  und  nur  der  Vorder- 
rand   ist    in    der    Mitte,     soweit    die    Beine    reichen,     gelblich.      Djr 


136  Karsch,  Myriopodcn  und  Arachnoiden. 

13.  Rliax  termes,  nov.  spec,  o^,  $.  Aus  der  Ebene  am  Lon- 
gidoberge,    Massai-Land.   (Fig.  G.) 

Digitus  mandibularnm  mobilis  (inferior)  dentibus  binis,  crassiore 
basali,  minore  anteriore  munitus;  pedum  maxillarium  pedumque  primi 
paris  metatarsus  spinis  10  — 12  brevibus  robustis  munitus,  tarsus 
muticus, 

Color  varius,  fusco-testaceus,  mandibulae  dorso  fusco-subvittatae, 
lateribus  infuscatae ,  digitis  nigris ;  caput  nigrum ,  in  mare  margine 
antico  late  testaceo,  tborax  infuscatus,  abdomen  in  femina  pallide 
flavidum  plagis  segmentalibus  duris  nigris,  in  mare  brunneo-incanum, 
segmentis  duobus  ultimis  dorso  pallide  flavis;  pedes  palpique  testacei, 
metatarso  pedum  maxillariura  apice  tarsoque  nigris,  pedum  primi  paris 
metatarso  apice  tarsoque  in  $  nigris,  in  o^  tarso  tantum  nigro. 
Mandibulae  maris  robustissimae  flagello  crasso  praeditae.  Long.  foem. 
ca.   50,  maris  ca.   55  mm. 

Die  im  männlichen  Geschlechte  durch  ungemein  kräftige 
Mandibular- Antennen  ausgezeichnete  Art  steht  dem  Rhax  ochropus 
(Duf.)  Simon  sehr  nahe;  auch  hier  sind  Metatarsus  plus  Tarsus  cer 
Maxillarfüße  (9,5  mm)  kürzer  als  die  entsprechende  Tibia  (11  mm). 
Der  Hinterleib  des  Weibchens  erscheint  termitenähnlich  ausgedehnt 
(ca.  30  mm  lang),  seine  schwarzen,  scharfgerandeten,  stark  chitinisirten 
Segmentplatten  von  den  bleichen  weichen  Verbindungshäuten  scharf 
abgegrenzt;  der  Mann  ist  viel  derber  und  kräftiger  gebaut  als  das 
Weib.  Das  Flagellum  des  Mannes  ist  im  Gegensatze  zu  ochropus 
kräftig  und  lang  und  die  Bewehrung  des  Metatarsus  der  Vorderbeine 
eine  andere,  als  Simon  sie  für  ochropus  angiebt. 

14.  Solpiiga  capitulata,  nov.  sj)cc.,  cj^,  $.  Aus  der  Ebene  am 
Longidoberge,  Massai-Land.     Fig.  7. 

C5^  :  Flagellum  ad  basin  digiti  immobilis  (superioris)  mandibularnm 
post  dentem  primum  situm,  corpore  chelae  brevius,  apice  capitulatum; 
pedes  maxillares  pedesque  testacei,  concolores. 

$:  Pedes  maxillares  concolores,  tarso  brevi,  metatarsus  setis 
robustis  brevioribus  subtus  vestitus.  Digitus  mandibularnm  superior 
cum  Serie  dentium  vestitus,  1  o,  2oque  fortibus  subaequis,  dens  3us 
similis  a  praecedentibus  denticulo  unico  parvo  separatus.  Segmentum 
ventrale  primum  margine  anteriore  subrectum.  Chelae  cum  capite 
setis  fulvis  ad  basin  infuscatis  vestitae.  Abdomen  vitta  dorsali  nigra 
obliterata  ornatum,  ad  latera  flavido  pubescens.     Long.   36  mm. 

Das  Weib  dieser  Art  hat  große  Ähnlichkeit  mit  Solpuga 
setifera  Oliv.,   der  Mann   mit  S.  brunnipes  Duf.     Der  Körper  des 


Karseli,  Myrii)iio<lpii   iiiul   Ai'iiclmuidi'u.  I37 

Weibes  ist  bleich  yelierbeiigclb,  nur  die  Finger  der  8cliecrcn  sind 
scliwary, ;  beim  Manne  reicht  das  schwärzliche,  vorn  der  Länge  nach 
tief  gefurchte  Flagelluni  ein  wenig  über  die  vordere  Hälfte  des  Stammes 
der  Kieferfühler  hinaus,  ist  etwas  nach  außen  convex  gebogen  und 
liegt  mit  seiner  knopfförraig  verdickten,  fein  gezähnelteu  Spitze  zwischen 
den  starken  stachelförmigen  Borsten  des  Stammes  der  Scheeren  versteckt. 
15.  OroniJi'^)  ornafiim ,  nov.  spec. ,  $.  Aus  der  Ebene  am 
Longidoberge,  Massai-Land.     Fig.  8  und  9. 

Digitus  immobilis   (superior)    mandibularum   dentibus    7    extus, 

basali    majore    4  o,    Go,    7o  et    2o,  3o,   5o    minoribus,    digito  mobili 

(inferiore)   dentibus  3,  medio  minore  instructus.     Pedes  2.  et  3.  paris 

metatarso    aculeis  flavis  3  dorsalibus,    tibia   aculeo    singulo  subapicali 

munito.      Corpus    omnino   tlavo- villosum.     Pedes  sat  longi. 

i 

C'olor  davo-testaceus,  digitis  antennarum  mandibulariuiii  nigris, 
capite ,  paliioruni  maxillariuni  i)eduni(|ue  articulis  intermediis  supra 
ini'uscatis,  submarmoratis,  mandibularum  corpore  supra  vittis  singula 
"2  longitudinalibus  brunneo- marnioratis  ornato,  abdominis  dorso  vittis 
o  nigris  longitudinalibus  e  maculis  tribus  subperfectis  singuli  segmenti 
forinatis  ornato.     Long.    )l:l — 23  mm. 

Die  zierliche  kleine  Art  ist  hauptsächlich  durch  die  drei  schwarzen 
Längsstreifen  des  Abdominalrückens  auf  den  ersten  Blick  schon 
charakterisiert.  Die  Bildung  der  drei  vordersten  abdominalen  Bauch- 
platten erinnert  au  die  \oi\  S/mon  für  seinen  Datames  genicu latus 
gelieferte  Zeichnung  (conf.  Ann.  Soc.  Ent.  Fr.,  1879,  PI.  3,  Fig.  31). 
Ein  Bein  des  vordersten  Paares  mißt  13  mm  und  ist  auftallend  dünn 
und  zart,  ein  solches  des  zAveiten  11,5,  eines  des  dritten  14,  eines  des 
hintersten  21  mm. 

Die  neue  Gattung  gehört  zum  Formenkreise  der  Gruppe 
Solpuga-Datames,  unterscheidet  sich  aber  von  allen  anderen 
Solifugen- Gattungen  durch  die  Zweiteiligkeit  des  Tarsus  sämmtlicher 
echten  H  Laufbeine  und  ihre  auffallend  mächtig  entwickelten  2  Haft- 
läppchen am  Ende  jedes  derselben,  so  daß  für  die  Gattung  Ceroma 
folgende  Charaktere  maßgebend  sind: 

Uugues  gialni.  Spiraculorum  pectina  nulla.  Pedes  maxillares 
subtus  setis  (vel  spiuis)  iregulariter  dispositis  instructi.  Tuber 
oculiferum  setis  multis  ac  inordinatis  munitum.  Tarsi  pedum  secundi, 
tertii,  ({uarti  (ultimi)  paris  biarticulati  (salteni  in  foemina).  Pulvilli 
pedum  crassi,  longi.      Pedes   ultimi  paris  singulo  laniellis   5   muiiiti. 


2)  Ceroma  iiov.  gciur,.  vuiii  griech.  zu  /.T^mj/).,  das  l'Haste  r, 

11 


138  Karscli,   Myriii|ii)(l('n   und   Aracliiioiilen. 

Über  Aut'cutlialt  und  LebensgeAvohülieitcü  der  hier  buschriubciien 
(lirtkankerarten  teilt  Herr  Dr.  G.  A.  Fischer  nach  seinen  Beobachtungen 
das  Folgende  mit: 

„Wurden  alle  in  der  trocknen  Ebene  unweit  des  Longidoberges 
gesammelt,  wo  sie  sich  besonders  an  sandigen  Stellen  fanden.  Sie 
graben  7  —  8  cm  lange,  ziemlich  senkrecht  verlaufende  Gänge,  in  deren 
näherer  Umgebung  sie  immer  angetroffen  werden,  und  in  welche  sie 
sofort  flüchten ,  wenn  man  sich  nähert.  In  denselben  angelangt, 
wenden  sie  sich  gleich  um  und  sehen  mit  dem  Kopfe  kampfbereit 
hervor.  Schneidet  man  ihnen  den  Weg  zu  ihrer  Höhle  ab,  so  stellen 
sie  sich  mit  aufgerichtetem  Kopfe  und  geöffneten  Zangen  dem  Angreifer 
entgegen  und  vertheidigen  sich  kräftig.  Die  an  der  Küste  vor- 
kommenden kleinereu  Arten  halten  sich  besonders  gern  auf  sandigen 
Fußpfaden  auf,  wo  sie  auch  ihre  Gänge  anlegen.  Sie  heißen  bei  den 
Suaheli  „Schirmalehe"  und  werden  für  sehr  bösartig  gehalten.  Man 
behauptet,  daß  ihr  Biß  Schafe  und  Ziegen  tödten  könne  und  reibt 
als  Gegenmittel  das  noch  warme  Blut  eines  Hahnes  in  die  aufge- 
schnittene Bißwunde." 


Erklärung  der  Tafel. 


Fip-.   1.     l'ol  y  (1  ('S  Hill  s  Fischcri  S}).  n.   ^,  in  natürlicher  r;n")ßo. 

„  2.  Jlasis  seiner  Copulationsapparate  mit,  dem  rcclitsseiti,<>fn  l'onis;  ^a,  äußere 
(Tabel  des  rechtsseitigen  Penis,  in  der  Iiuhelagc  bei  der  Betrachtung  der 
Bauchseite  des  Thieres  von  der  inneren  Lamelle  der  inneren  (ialiel  ver- 
deckt; l)eide.  Figuren  stark  vergröfsert. 

„     :3.     Fpeira   s[)ectator,    $,  natürliche  Gröfse. 

„     4.      \'ulva   dersellien,   stark  vergrößert. 

„      5.     l'eliudbi  US  niuticus  n.  sp.    J,   natiirliclie   Größe. 

„  6.  Außenseite  des  linken  KiererFiihlers  von  IJliax  tcrnics  it.  sp.  ^,  in 
natürlicher  Größe. 

„  7.  Innenseite  des  linken  KieferliUilers  von  Solpuga  (.'a  p  i  t  u  1  a  t  a  ;(.  .s;^).  ^■. 
links  vergrößert,   rechts  in   natiirlicher  Größe. 

„     8.     Ceroma  ornatuiii   n.  .S7>.    $. 

,,  9.  Endglieder  der  beiden  hintersten  Beinpaare:  III.  oberhalT)  ist  ein  Bein 
des  vorletzten  Paares,  IV  eines  des  letzten  von  der  Schiene  an ,  beide  in 
natürlicher  Größe;  III  unterhaD)  ist  ein  Bein  des  vorletzten,  IV  des  letzten 
vom  Vortarsus  (Metatarsus)  an,  beide  vergrößert. 


Die  Zeichnungen  stammen  aus  der  Feder  des  Herrn  stud.  Erich  Engel. 


U* 


!■)<].  I. 


l\iu'.st.'h,  Myiioimdoii  ii.  iVi'arhiuudcii  aus  (Iciu  Massaihiiulo. 
Zum  Bericht  über  das  Xaturlusliinschc  Musfiiin  zu  llanümrij  tiii'  KSSl. 


.lahrbuch  der  llainbuni.  wssnisrli,  Aiistallcn  II.   ISSfi 


litliinst75.Ci!allsr,JeJiia 


Die  Seesteriio  Siid-Geoi'oiens 

nach  der  Ausbeute 
der  deutschen  Polarstation  in  1882  und  1883. 

Von 

Prof.  Dr.  Th.  Studer 
in  BerD. 


Mit    zwei    Tafeln. 


ihe  zahlreiclipn  im  Jahre  1S74  ausgesandten  Expeditionen  zur 
Beohaclitnng  des  \'enusdnrcligane;os  hatten  uns  mit  der  Fauna  einer 
mitten  im  südlichen  indischen  Ocean  gelegenen  Insel,  Kerguelenslaud, 
in  ausgiehigem  Maüe  l)ekannt  gemacht.  Es  hatte  sich  dahei  das 
eigentümliche  Resultat  ergehen,  daü  jene  Fauna,  sowohl  die  des 
Landes,  üh  auch,  und  zwar  noch  in  erhöhtem  MaÜe,  diejenige  des 
Meeres  nm  meisten  Zusammenhang  zeigte  mit  der  des  südlichsten 
Teiles  des  amerikanischen  Kontinentes.  Namentlich  für  die  Echino- 
dermen  und  für  die  Mollusken  war  die  Ähnlichkeit  der  heiden  Eaunen 
hervortretend  und  wiederholt  hatte  ich  Gelegenheit  genommen  auf 
dieselbe  aufmerksam  zu  machen.  (S.  Antarkt.  Echinodermen.  Monatsber. 
d.  Berl.  Akad.  187(i.  Eauna  von  Kerguelenslaud.  Wiegmanns  Archiv 
f.  Naturg.  XXXXV.  Jahrg.,  I.  Bd.  u.  a.  a.  0.). 

Es  hatte  sich  gezeigt,  daß  viele  Arten  von  Kerguelenslaud 
identisch  sind  mit  südamerikanischen  oder  ihre  nächsten  Verwandten 
in  solchen  finden,  daneben  allerdings  kamen  auch  Arten  vor,  welche 
ein  ganz  eigentümliches  Gepräge  zeigten. 

Es  muüte  nun  von  größtem  Interesse  sein,  die  Eauna  einer 
der  Südspitze  Amerikas  näh-er  gelegenen  Insel  des  antarktischen  Meeres 
kennen  zu  lernen  und  diese  Gelegenheit  wurde  gel)oten  dadurch,  daß 
die  deutsche  Polarkommission  in  1882  und  1883  eine  meteorologische 
Station  auf  Süd-Georgien  einrichtete.  Herr  Dr.  v.  d.  Steinen,  der 
Expedition  als  Arzt  und  Naturforscher  beigegeben,  sammelte  mit 
großem  Fleiße  zahlreiche  Stücke  auf  diesem  bis  dahin  fast  noch  unbe- 
kannten Eilande. 

Die  Objekte  sind  von  der  Polarkommission  dem  Hani])iirgischen 
Museum  überlassen  worden.  Ich  bin  der  Kommission  und  dem  Museum 
zu  Danke  ver])flichtet.  dnß  mir  die  Bearbeitung  der  Asteroiden  anver- 
traut wurde. 


144  Stiidor,  Seesterne  Süd-Georgiens. 

Die  Zahl  der  gesainmclteii  Arten,  meist  in  zalilrelcliei],  in 
Spiritns  wolil  konservierten  Exenijilaren,  l)elänft  sieh  anf  14,  darnnter 
0  Stelleriden,  von  welchen  7  nen,  und  ;"»  Ophiurideu,  von  welchen  1 
neu  für  die   Wissenschaft  sind. 

Die  meisten  Arten  wurden  in  tlacliem  Wasser  gesammelt,  welches 
nicht  tiefer  als  14  Faden  untersucht  ist.  Forschungen  in  tiefem  Wasser 
Avürden  wohl  die  Formenzahl  noch  hedeutend  vermehren. 

Was  den  ('harakter  der  P'auna  hetrifft,  so  zeigt  sich  hei  den 
Stelleriden,  wie  in  allen  his  dahin  untersuchten  antarktischen  (iewässern, 
ein  Uherwiegen  von  Asteriaden  gegonüher  anderen  Familien;  von  den 
gesammelten  Stelleriden  kommen  f)  Arten  auf  die  Familie  der  Asteriaden, 
die  auch  individuell  am  reichsten  vertreten  sind,  zwei  anf  die  Pedicella- 
steriden,  je  eine  auf  die  Eehinastei'iden  und  die  (lymnasteriden.  I'"ür 
die  antarktische  l'auna  sind  neu  die  (Jatlungen  Anasterias  Perr. 
und  Stichaster.  Unter  den  Ophiuriden  kommen  drei  Arten  auf 
die  Familie  dei'  ()])]iioderiiKitid  en  und  zwei  auf  diejenige  der 
A  m])hiu  rid  en.  Neu  für  die  antarktische  l'auna  ist  die  Gattung 
Ophioceramis.  Wie  schon  mehrfach  hei  Fchinodermen  der  arktischen 
und  antarktischen  Meere  konstatiert,  linden  sich  auch  hier  Arten,  weiche 
nicht  freie  Tiarvenzustände  halben,  sondern  hei  denen  die  Eier  sich  in 
hesonderen  Rruthältern  zu  vollkommenen  Tieren  entwickeln.  Nehen 
dem  schon  hekannten  Beispiel  der  Ophiogl}  pha  hexactis  Smith  fand 
sich  noch  eine  Stelleride  mit  eigentümlicher  Brutpflege,  Stichaster 
nutrix  n.  sp.  Was  die  Verwandtschaftsverhältnisse  der  Arten  mit 
denen  von  anderen  (legenden  hetrifft,  so  lassen  sich  solche  nur  mit 
Kergueleusland  konstatieren,  während  Analogieen  mit  solchen  von  der 
Südspitze  Amerikas,  nach  den  gegenwärtigen  Kenntnissen  wenigstens, 
sich  nicht  nachweisen  lieüen.  Vielleicht,  daü  dieses  Resultat  nach 
der  Veröffentlichung  des  durch  die  französischen  Expeditionen  auf 
Feuerland  erlangten  Materiales  sich  noch  anders  gestaltet. 

Von  den  neun  Stelleridenarten  sind  zwei,  Asterias  meridio- 
nalis  Perr.  und  Porania  antarctica  Smith  Kergueleusland  und 
Süd-Georgien  gemeinsam,  die  anderen  sieben  bis  dahin  noch  eigen- 
tümhch.  Von  den  fünf  Ophiuriden  kommt  Ophioglypha  hexactis 
Smith  auf  Kergueleusland,  Marion-Island  und  Süd-Georgien  vor,  nur 
scheint  sie  an  letzterem  Orte  sich  zu  bedeutenderer  Größe  zu  entwickeln. 
Von  den  übrigen  vier  Arten  sind  zwei  sehr  nahe  verwandt  mit 
solchen  von  Kerguelensland ;  so  Ophioglypha  Martensi  ih  sp. 
von  Süd-Georgien  mit  0.  Deshayesii  Lyni.  von  Kerguelensland, 
Amphiura  affinis  11.  sj).  von  Süd-Georgien  mit  A.  tomentosa 
Lym.  von  Kerguelensland. 


Slmlt^r,  Scr-RtPino   Süd-fienr^icns. 


14.5 


Ui'Iicr  dir  W'ilciliiiii;-  tlor  Sccstonio  in  der  iiinft-elhaeiusch 
;nit;iil<!isclicn  l;(\^i()ll,  wio  ich  doli  ('(»iiiplox  v(»ü  Inseln  siidlicli  vom 
40.  (Inul,  von  Siidainorikii  ösUicli  l)is  zu  Kergnolonslainl  liczciclnuMi 
möflito,  ,^iol)t  die  Iium-  boifidt^cnde  TaljclU'  iVufsclduü. 


-                   - 

Siuis])itzc' 

Si'id-             Ki'v- 
Aiiici-ik;ts  ,           , 
uimI        I    ■ 

Siid- 
(iiMii-yia. 

K;ilklan(ls-l       himl. 

Inseln. 

Astorins  Itraiulti   IJcll             

:h 

\ 

alba  Bell    

:f: 

„          obtusispinosa  Bell    

* 

„          Cunninghanii  Perr 

* 

„          rupicola  Verrill 

■■\: 

„          neglecta  ]*ell    

A- 

Bellii   8tnd                        

* 

„          Studeri  Bell . 

* 

meridionalis  Perr                

* 

* 

ppi'v'ifii^i   Smitli             .  .  c 

* 

ruffispina   Stps 

* 

„          antarcticns  l^ütk 

* 

snlcifer  Perr 

* 

„          georgiaua  Sind 

* 

„          Steineni  StuJ 

* 

„         spectabilis  Phil 

-•!: 

varius  Pliil                

* 

Anasterias  Perrieri  Stnd 

* 

Stichaster  nutrix  Stnd 

* 

Lal)idiaster  radiosus  Liitk. 

=i-- 

Pedicellaster  scaber  Smitli 

* 

„              octoradiatus  Stnd 

* 

Sarsii  Stnd 

■^ 

Calvasterias  antipodnm  Bell 

•} 

Ecliinaster  spinnlifer  Smith    

=!-- 

Cribrella  Pagenstecheri  Stnd 

* 

Pentagonaster  singnlaris  M.  Tr 

* 

„               paxillosus  Perr 

:.': 

Bellii  Stud 

„               meridionalis  Smith    

* 

Calliderma  Grayi  Bell 

'■^■'- 

14G 


Shuler,  Seosteme  Siul-Georoiens. 


Südspitze 

Süd- 

Ker- 

Amerikas 

und 
Falklands- 

guelens- 
land. 

Süd- 
Georo'ia. 

Inseln. 

Poraiiia  antarctica  Smith    

* 

* 

„        inagelhaeiiica  Stiid 

■\- 

(ianeria  falklaudica  Gray 

* 

Leptoptychaster  Kergiielensis  Smith    

* 

t'ycethra  simplex  I)ell     

* 

Asteriiia  fimbriata  Perr 

* 

Luidiaster  liii-sutiis  Stml 

;!; 

('teiiodiseiis  aiistralis  Lütk 

■■;.• 

Pteraster  aflinis  Smitli    

„       rugatiis  Sladen 

t- 

stclliffr                                     .... 

-■!: 

„        semiroticulatus  Shidon 

:h 

Ivptaster  vpitucosus  Shidfu 

:\: 

i!)(?rof  riuator                       

■'fi 

cibljpr  Sladpii                         

&■ 

Ophiogona  laevigata  Stud 

* 

Ophioglypha  carinata  Stud 

* 

„            verrucosa  Stud 

* 

„            hrevispiua  Smith    

* 

„            ambigua  Lym 

:!: 

„           hexactis  Sm. 

* 

* 

„           elevata  Lym. 

■•i= 

„           DeshayGsi  Lyui 

* 

„            Martensi  Stud 

:.>•• 

„            Lymani   Lütk 

=1: 

Ophiocten  sericeum  Ljgm 

* 

„          amitinum   Lym 

:!: 

=1= 

Ophioceramis  antarctica  Stud 

:): 

Ophioconis  antarctica  Lym 

* 

Ophiactis  asperula  Lütk 

Amphiura  Studeri  Lym     

* 

magelLauica  Ljgm 

* 

„          tomeutosa  Lym 

^f: 

„         patagouica  Lym 

,,          antarctica  Lym 

* 

Sfmlcr,   Si'ostci'iic   Siid-Gcoro-iens. 


147 


Südspitzi- 

Süd- 
Amerikas 

und 

l<':dklands- 

Jnselii. 

Ker- 

yiiidciis- 
land. 

Süd- 
(i<'()i-f4ia. 

Aiiii)Iiiiira  aflinis  Sind 

1 

„          Lymani  Stiid 

Ojdii.iraiitlia  vivipara  Ljgni 

inia^ijo  r^vm 

* 
* 

* 

* 

Opliioscolox  Koeppingeri  Boll 

Ophiomyxa  vivipara  Stiul 

Astrophyton  Lyinaiii  Bell 

Astrotoma  Agassizii  Tiym 

Astroereas  carnosiis  Lyni.     ,  .  . 

*' 

Bei  nachfolgender  Bescln-eilning  und  Aufzählung  der  gesammelten 
Arten  l)in  ich  fiii-  die  Stellenden  dem  in  neuerer  Zeit  von  Perrier 
vorgeschlagenen  Systeme  gefolgt,  das  dem  jetzigen  Stand])unkte  nnsrer 
Kenntnisse  am  hesten  ents])iicht.  (S.  K.  Perrier,  Memoire  sur  les 
Etoiles  de  mer  receuillies  dans  la  mer  des  Antilles  et  le  Golfe  du 
Mexiqne    pg.  DU  n.   f.  Nonvelles  Archives  du  Museum  '2.  Ser.  T.  VI). 


Ord.  Stelleridea 

Sii1)oid.  Forcipulatae  Pen:    Fam.  Pedicellasteridae. 

Pedicellaster,  Lomi. 

P.  octoradialiis  n.  sp.  (fig.   1   a— d.)     Scheihe  flach,  kreisrund, 
mit  acht  ahgeflachten  am  P'.ude  stumpfen  Armen. 


R  =  6 


mm.  r  = 


0  n 


,5  mm.  R  =  2,4  r.  Arme  an  der  Basis  2  mm. 


Die  Scheibe  erscheint  flach,  kreisrund,  doch  ist  sie  durch  keine  Ring- 
furche  von  den  Armen  abgesetzt.  Vier  Armwirbel  treten  iu  die 
Zusammensetzung  der  Scheibe  ein.  Der  Mund  liegt  in  der  Mitte  einer 
muskulösen  Mundhaut,  welche  sich  in  dem  weiten  Mundrahmeu  ausspannt. 
Die  Armfurchen  sind  weit,  mit  zwei  Füücheureihen  im  Anfang,  die 
Füüchen  sind  zylindrisch  am  Ende  mit  kleinen  Saugscheiben.  Sie 
stehen  zuerst,  wie  bei  Brisinga  und  Labidiaster,  einander  vollkonnnen 
parallel,  gegen  die  Mitte  des  Armes  wird  ihre  Anordnung  unregelmiil.ng, 
in  zwei  bis  drei  Segmenten  ordnen  sie  sich  in  drei  Peihen,  gegen  die 
Spitze    dos   Armes    zu    stehen    sie    wiodei-  paarig.      Die   Adambulacral- 


PiHlieeUaster 

octoradiatus 

11.  sp. 


148  RIikIpv,  Sopst,f>ino  Rürl-Georgiens. 

platten,  welche  zugleich  den  T'aiul  der  Arme  nach  aiiüen  l)ilden,  tragen 
nur  je  einen  Stachel,  so  dafj  nur  eine  einzige  lleihe  Amhulacralpapillen 
vorhanden  ist.  Diese  sind  relativ  lang,  zylindrisch.  Die  innerste  bildet  mit 
denen  des  benachl)arten  Armes  zwei  divergierende  Mundstacheln,  welche 
von  den  Mundecken  bis  auf  den  halben  Radius  der  Mundscheibe  reichen. 

Der  Dorsalteil  der  Scheibe  wird  von  einem  Balkennetz  von 
schwachen  Kalkstäben  gebildet;  die  Maschen  des  Netzes  sind  sehr  weit 
und  das  Netz  locker  im  Zentrum  der  Scheibe,  gegen  den  Kand  wird 
es  dichter  und  bildet  einen  Riug  von  festeren  Kalkgebildeu,  welche  die 
Scheibe  umgeben.  Die  Arme  sind  platt,  nehmen  von  der  Basis  bis  zur 
Spitze  wenig  an  Breite  al)  und  sind  am  Ende  stumpf  abgerundet.  Ihr 
Balkennetz  ist  weitmaschig,  die  Maschen  rechtwinklig  und  zwar  dadurch, 
daü  drei  Reihen  radinl  gerichteter  Kalkstäbe  die  Mitte  und  die  Rvänder 
des  Armes  einnehmen  und  durch  senkrecht  darauf  verlaufende  Stäbe 
verbunden  worden.  Die  Seiten  der  Arme  fallen  senkrocht  ab,  zwischen 
den  Stäben  ihres  Kalknetzes  treten  Kiemenfül.'schen  hervor,  Avelche  eine 
einzige  Reihe   bilden. 

T)ie  liadialplatte  (11g.  1  e)  des  Armes  ist  grof.i,  (|uer  verbreitert, 
konvex,  sie  bildet  auf  der  Venti-alseite  eine  Rinne,  durch  welche  ein 
un])narer  verlängerter  Tentakel  hervorti'itt.  Scheibe  und  Arme  sind 
bedeckt  mit  kurzen  zylindrischen,  am  khide  kollienfcirmig  verdickten 
Stacheln ,  deren  Obertläche  rauh  nnd  zackig  ist.  Auf  dem  Zentrum 
der  Scheibe  stehen  sie  auf  den  Kreuzungsstellen  der  Kalkbälkcheu 
unregelmäßig  nnd  spärlich  zerstreut,  auf  dem  dichten  Kalknetz  des 
Scheibenraudes  in  dichter  Anhäufung.  Auf  den  Armen  lassen  sich  eine 
nnregelmäüige  Medianreihe  und  zwei  Seitenreihen  unterscheiden,  eine 
Reihe  etwas  verlängerter  Stacheln  verläuft  am  Seitenraude  jedes  Armes. 
Pedicellarien  sind  über  die  ganze  Oberfläche  der  Scheibe  und  der 
Arme  auf  den  Maschen  des  Balkennetzes  zerstreut.  Namentlich  dicht 
stehen  sie  zwischen  den  Stacheln  am  Scheibenrande,  auf  den  Armen 
finden  sie  sich  zahlreich  zwischen  den  drei  dorsalen  Stachelreihen, 
ebenso  sind  sie  zahlreich  auf  der  Radialplatte,  die  außerdem  mit  vielen, 
14 — 15,  Stacheln  besetzt  ist. 

Die  Pedicellarien  zeigen  den  Typus  derjenigen  mit  gekreuzten 
Scheerenblättern  (Pedicellaires  croises  Perr.)  und  sind  sehr  ähnlich  den- 
jenigen der  Asteriaden  (fig.  1  d.)  Jedes  Blatt  ist  löffeiförmig  ausge- 
höhlt und  besitzt  am  Ende  eine  breite  Schneide,  die  fein  gezähnt  ist,  das 
untere  Ende  des  einen  Scheerenblattes  verlängert  sich  bedeutend  über 
die  Kreuzungstelle  hinaus,  ein  Charakter,  den  auch  die  Pedicellarien 
von  P.  typicus  zeigen.  Die  Länge  des  Gebildes  beträgt  0,G  mm,  die 
Breite  0,05  mm.     Diese  Form  der  Pedicellarien  weicht  bedeutend  von 


Sluilur,  ScL'skriu'  Siul-(ic'orgiciis.  149 

der  der  eigentlichen  Brisingidcn  ab,  bei  welchen  am  Rande  der  Schneide 
noch  eine  ge/ähnte  Platte  liervorragt,  welche  l)ei  denen  der  Asteriaden 
lehlt.  Die  Aladreporenphitte  ist  sehr  klein,  unter  Stacheln  verborgen. 
Sie  liegt  am  Scheibenrande  im  Winkel  von  zwei  Armen  außerhalb  des 
Stachelkranzes. 

Farbe  im  Leben  nach  Dr.  v.  d.  Steinen  weißgelb  ^  JMitte 
und  mittlerer  Dorsalteil  der  Arme  pfirsichblütrot.  Südgeorgien  in 
14  Faden  Tiefe. 

Der  Fund  von  mehrstraligen  Formen  unter  den  wenigen  bis 
jetzt  bekannten  Arten  der  Gattung  Pediccllaster,  P.  sexradia  F.  Perr. 
in  der  Tiefe  des  atlantischen  Oceans  und  P.  octoradiatus,  ist  von  großem 
Interesse.  Es  wird  dadurch  diese  Gattung  mehr  den  vielstraligen 
Brisingidae  genähert,  von  denen  sie  direkt  zu  den  Asteriaden  über- 
leitet. Den  letzteren  nähert  sie  die  Bildung  des  Skelettes,  die  Form 
der  kreuzförmigen  Pedicellarien  und,  wie  Perrier  (fitoiles  de  Mer  re- 
ceuillies  dans  la  mer  des  Antilles  18b4)  gezeigt  hat,  des  Mundramens, 
der  anfängt  einen  ambulacralen  Typus  anzunehmen.  Bei  der  vor- 
liegenden Form  tritt  auch  schon  die  Tendenz  auf,  die  Zahl  der 
Füßchenreihen  zu  vermehren. 

Pedicellaster   Sarsii,    n.    i<p.    (Fig.  2.  a.  b.)      Fünfstralig,    mit    Peiiiceiia«ici- 
dorsal  deutlich  begrenzter,  kreisrunder  Scheibe  und  fünf  verlängerten, 
abgeplatteten  stuni[)feu  Armen;  Ambulacralpapillen  einreihig,  zylindrisch. 

Die  Art  gleicht  im  Habitus  sehr  dem  nordischen  Pedicellaster 
typicus  Sars,  unterscheidet  sich  aber  namentlich  durch  die  regel- 
mäßige Verteilung  und  stärkere  EntAvicklung  der  Stacheln,  die  sich 
sehr  ähnlich,  wie  bei  der  vorigen  Art  verhalten.  P  =  9  mm.  r.  =■ 
2  mm.  R  ^^  4,5  r.  Breite  der  Arme  an  der  Basis  2  mm.  Die 
Scheibe  erscheint  kreisrund,  tiach,  durch  einen  Stachelkranz  vom 
Ursprung  der  Arme  abgegrenzt,  die  Arme  selbst  dorsal  Hach,  scharf 
gegen  die  senkrechten  Seiten  abgesetzt,  die  Ventraltläche  nur  durch 
die  breite  Armfurche  und  die  Adambuiacralplatten  gebildet.  Der  Mund 
liegt  im  Zentrum  einer  Mundhaut,  die  Füsschen  stehen  in  der  Am- 
bulacralfurche  sehr  unregelmäßig,  selten  zu  zweien,  häutiger  zu  drei 
und  vier,  doch  ohne  regelmäßige  Querreihen  zu  bilden.  Jede  Ambu- 
lacralplatte  trägt  nur  einen  relativ  langen,  zylindrischen,  gefurchten 
Stachel ;  der  innerste  bildet  mit  dem  der  aiuleren  Seite  auf  dem  Mund- 
ecke zwei  Zähne,  welche  divergierend  über  die  IMundhaut  vorragen; 
unmittelbar  über  diesen  Zähnen  erheben  sich  ein  bis  zwei  langgestieltc 
gerade  Pedicellarien.  Die  Dorsalseite  der  Scheibe  ist  bedeckt  mit 
kurzen  stumpfen  Stacheln,  von  denen  7- — '.)  in  der  Mitte  stehen,  un- 
regelmäßig  kreisförmig    um    einen  Zeutralstachel,    während    eine   Reihe 


150  SLiiLlei-,  Sccsteriic  Hiid-Güorgieus. 

giößorer  Stacheln  einen  Kranz  um  den  Scheil)enian(l  Lüdet.  Die 
Medianlinie  jedes  Armes  wird  von  einer  Eeihe  analoger  Stacheln  ein- 
genommen, ebenso  der  scharfe  dorsale  Seitenraud.  Ebenso  wird  der 
ventrale  Seiteurand  des  Armes  von  Stacheln  eingenommen,  die  in 
gewissen  Abständen  paarweise  stehen  nnd  sich  direkt  nach  außen  an 
die  Ambulacralpapillen  anschließen.  Die  senkrechte  Seitenwand  der 
Arme  zwischen  der  dorsolateralen  und  der  ventrolateraleu  Stachelreihe 
ist  von  einer  Reihe  Poreu  durchbohrt,  durch  welche  die  Kiemenfüßchen 
treten.  Die  gekreuzten  Pedicelhxrien  stehen  auf  der  Scheibe  zwischen 
dem  Randstachelkranze  verteilt,  auf  den  Armen  bilden  sie  unregelmäßige 
Längsreihen  auf  den  Seitenfeldern  zwischen  der  medianen  Stachelreihe 
und  den  Dorsolateralstacheln.     Süd-Georgien.  No.  7583. 

Ein  einziges  Exem})lar,  ohne  genaue  Fundorts-  und  Farbeu- 
angabe.     Im  Spiritus  bräunlich. 

F;mi.    Asteriadae. 

Asterias  L. 

^«terias  Astei'las  gTorgiaiia  ii.  sp.      (Fig.  oa  —  d).    R  =  5,4  —  n  r. 

Vom  Habitus  des  A.  riibeus,  mit  fünf  Armen,  die  Ambulacralpapillen 
in  zwei  Reihen,  schlank,  am  Ende  etwas  verdickt  und  abgeplattet. 
Nach  außen  davon  zwei  l)is  drei  Reihen  größerer,  platter  Stacheln. 
Scheibe  dicht  besetzt  mit  kleinen,  am  Ende  abgestumpften  und  rauhen 
Stacheln,  zwischen  denen  zahlreiche  Kiemenlußcheu  hervortreten.  Ein 
Interambulacralfeld  auf  dem  ventralen  Teil  der  Scheibe  und  der  Seiten- 
teil der  Arme  zwischen  der  ventralen  Stachelreihe  und  den  Dorsal- 
stacheln nackt,  Madreporenplatte  klein .  zwischen  den  Stacheln  und 
Kiemenfüßchen  verborgen,  nahe  dem  Scheibenrande. 

Die  größeren  Exemplare  haben  einen  Scheibenradius  von 
7—8  mm,  einen  Armradius  von  38  mm,  daher  Fl  =  5,4  r.  Dicke  der 
Arme  an  der  Basis  10  mm.  Bei  jüngeren  Flxemplaren  beträgt  der 
Scheibenradius  4  mm,  die  Armlänge  22  —  24,  daher  R  =  5,4  —  6  r;  da- 
neben kommen  Individuen  vor,  bei  welchen  die  Arme  kürzer  und 
breiter,  der  ganze  Habitus  überhaupt  gedrungener  erscheint.  Dieses 
mag  teils  von  Geschlechtsunterschieden ,  teils  vom  Erhaltungszu- 
stande abhängen,  sämtliche  größeren  Hxemplare  wurden  nämlich  nach 
einem  Sturme  am  Strande  aufgelesen  und  in  totem  Zustande,  zum  Teil 
abgescheuert  und  durch  eingetretene  Fäulniß  abgeplattet,  in  Spiritus 
gesetzt.  Die  frisch  konservierten  Exemplare  sind  kleiner;  sie  halben 
einen  großen  Radius  von  22  —  24  mm.  Die  Arme  sind  abgerundet, 
dick,    sich  allmählich  gegen  das  stumpfe  Ende,  das  bei  Allen  dorsal- 


Studci-,  SecstcM-in;  Si'ul-Georgious.  151 

Avürts  uiiigcbogcii  ist,  verscliiuälenKl.  Die  Arm  furche  ist  breit,  die 
InUkheii  stehen  sehr  uuregelinäßig  /u  4  in  einer  Reihe  und  besitzen 
breite  Saugscheiben.  Die  Adanibuhicralphitten  tragen  zwei  Reihen  von 
Papillen,  die  gleich  groß  sind  und  schlanke,  etwas  in  radialer 
Richtung  abgeplattete  Stäbchen  darstellen,  welche  am  Ende  etwas 
verbreitert  und  rauh  sind;  sie  sind  länger,  als  die  Dorsalstacheln,  da- 
gegen kürzer  und  schlanker  als  die  Seitenstacheln  der  Arme.  Auf 
der  Scheibe  verschwindet  die  äußere  Papille,  so  daß  an  den  Mund- 
ecken nur  noch  zwei  zylindrische  Stacheln  über  die  Mundhaut  nach 
innen  vorragen.  Die  Unterseite  der  Scheibe  zeigt  zwischen  den  Ur- 
sprüngen der  Arme  ein  nacktes  Feld,  das  sich  seitlich  auf  die  Arme, 
zwischen  die  Ambulacralpapillen  und  die  Seitenarmstacheln  als  schmaler 
Streifen  fortsetzt.  Nach  außen  und  oben  folgen  nun  die  lateralen 
Armstacheln,  welche  bei  jüngeren  Exemplaren  eine  unregelmäßige,  bei 
älteren  zwei  bis  drei  Reihen  bilden.  Sie  sind  mehr  zylindrisch,  am 
Ende  abgestumpft  und  doppelt  so  dick  als  die  Ambulacralpapillen,  an 
ihrer  Basis  tiuden  sich  gekreuzte  Pedicellarien.  Dorsalwärts  folgt  eine 
Reihe  blasenförmiger  Kiemenfüßchen  und  dann  ein  dichter  Besatz  von 
kurzen ,  am  Ende  verdickten  und  radiär  gefurchten  Stacheln,  w^elche 
die  Seitenteile  der  Arme  und  die  ganze  Dorsalseitc  des  Seesterns  dicht 
bedecken;  zwischen  ihnen  treten  zahlreiche  Kiemenfüßchen  hervor. 
Die  Madreporenplatte  wird  durch  die  dicht  stehenden  Stacheln  ganz 
verdeckt,  nur  bei  abgeriebenen  Exemplaren,  wo  die  Stacheln  zum  Teil 
verloren  gegangen  waren,  ließ  sich,  das  Skelett  und  die  Madreporen- 
platte erkennen.  Bei  solchen  zeigt  sich  die  letztere  nahe  dem  Scheiben- 
rande  nahezu  im  Armwinkel.  Sie  ist  klein ,  mit  nur  wenig  radiären 
Furchen,  umgeben  von  einem  Eing  aus  Kalkbälkchen,  der  mit  Stacheln 
besetzt  ist.  Das  ganze  Dorsalskelett  der  Scheibe  und  der  Arme  be- 
steht aus  einem  Netzwerk  von  groben  Kalkbälkchen,  die  nur  enge 
Maschenräume  zwischen  sich  lassen,  durch  welche  die  Kiemenfüßchen 
austreten;  erst  gegen  die  Seiten  der  Arme  wird  das  Netzwerk  regel- 
mäßiger, die  Kalkstäbe  ordnen  sich  parallel  senkrecht  auf  die  Längs- 
richtung der  Arme  und  lassen  große  Maschenräume  zwischen  sich,  durch 
welche  die  großen  lateralen  Kiemenfüßchen  durchtreten.  Pedicellarien 
kommen  in  zwei  Formen  vor,  1)  gerade,  klappenförmige,  aus  zwei 
langen  Blättern  bestehend,  die  auf  querovalem  Träger  stehen  (Fig.  3  d) 
und  2)  gekreuzte,  zangenförmige.  Ihre  Blätter  siud  kurz,  mit  breiter, 
am  Ende  stumpfer  Schneide.  Die  ersteren  finden  sich  an  den  INlund- 
winkeln,  ventral  von  den  Mundstacheln  und  auf  dem  Räume  dorsal  der 
ventrolateralen  Stachelreihe,  die  gekreuzten  komincn  an  der  Basis  der 
Stacheln,  namentlich  an  den  Seitenteilen  der  Arme  vor. 


Stcineni  u.  sii. 


152  Studcr,  Hecstcruc  Snd-Gcurgieas. 

Diese  Art  scliciut  selir  häufig  zu  sein  iiucii  den  zalih'eiclieu 
l'ixeniiilareii ,  welche  von  Heini  Dr.  v.  d.  Steinen  bei  Südgeurgieii 
gesammelt  worden  sind. 

Es  gehören  dahin  folgende  Nummern  des  Katalogs:  7G00,  ein 
Exemplar;  7572,  drei  Stück,  jung;  7581,  junges  Exemplar;  7578,  drei 
Stück;  7594,  16  Stück,  bei  Sturm  angeschwemmte,  alles  größere 
Exemplare,  bei  den  meisten  sind  die  Ambulacralpapillen  und  zum  Teil 
auch  die  Stacheln  abgerieben,  einzelne  wurden  zAvischen  den  Wurzeln 
des  ausgeworfenen  Tangs  gefunden. 
A.s(eTia8  Asferias  Steiiieiii  n.  S2).  (Fig.  4  a.b.)   Fünfstrahlig.    R  =  4,  2  r. 

Sehr  ähnlich  im  Habitus  der  vorigen  Art,  mit  zwei  Papillenreihen 
längs  der  Armfurche,  die  Ambulacralpapillen  breit,  in  radialer  lUchtung 
abgeplattet,  drei  bis  vier  v.entrolaterale  Stachelreihen  längs  der  Arme, 
die  Stacheln  platt,  zugespitzt,  lanzettförmig.  Dorsalhaut  der  Scheibe 
und  der  Arme  nachgiebig,  mit  zahlreichen  Kiemenfüßchen  und  mit 
sehr  kurzen  papillenartigen  Stacheln  bedeckt.  R.  =  40.  r.  =  11. 
K  =  4,  2  r.  Diese  Art  ist  sehr  ähnlich  der  vorigen,  zeigt  aber 
kürzere  und  rascher  sich  zuspitzende  Arme. 

Die  Bauchfurche  wird  von  zwei  Reihen  kurzer  Stacheln  begienzt, 
zwei  auf  jeder  Adambulacralplatte,  beide  sind  gleich  groß,  am  Ende 
stumpf,  aber  nicht  verbreitert  und  in  ratlialer  Richtung  etwas  abge- 
plattet. Nach  außen  davon  folgt  die  ventrolaterale  Stachelreihe,  bestehend 
aus  abgeplatteten,  lanzettförmigen  Stacheln,  doppelt  so  dick,  aber 
wenig  länger  als  die  Adambulacralstacheln,  dann  eine  zweite  Reihe 
von  Stacheln,  die  im  Anfang  des  Armes  zu  zwei,  dann  zu  drei  stehen 
und  sich  bis  an  das  Ende  der  Arme  verfolgen  lassen. 

Diese  ventrolateraleu  Stachelreihen  beginnen  erst  vom  freien 
Teile  des  Armes  an  und  lassen  auf  dem  ventralen  Teil  der  Scheibe 
ein  interradiales  Feld  frei,  auf  welchem  vereinzelte,  gerade  Pedicellarien 
stehen,  dasselbe  setzt  sich  bis  auf  den  Dorsalteil  der  Scheibe  als 
schmale  Zone  fort.  Die  geraden  Pedicellarien  lassen  sich  auf  die 
Arme  verfolgen  und  bilden  eine  Reihe  zwischen  den  ventrolateraleu 
Armstacheln  und  den  Adambulacralstacheln;  zwischen  der  untersten 
Reihe  der  ventrolateraleu  Stacheln  und  der  darüber  liegenden  Reihe 
stehen  Kiemenfüßchen,  eine  zweite  Reihe  solcher  findet  sich  dorsal 
von  der  zweiten   Lateralstachelreihc  an  der  Seite  jedes  Annes. 

Der  ganze  Rückenteil  des  Armes  ist  dicht  besetzt  mit  kleinen 
papillenartigen  Stacheln,  welche  am  oberen  Ende  verdickt  und  abge- 
rundet sind  und  keine  radiären  Furchen  tragen.  Dieselben  stehen  am 
dichtesten  auf  der  Scheibenmitte,  wo  sie,  dicht  aneinander  gedrängt, 
einen  polygonalen  Querschnitt  annehmen;  lockerer   stehen  sie  auf  den 


Studer,  Sccstcruo   Süd-Georgiens.  153 

Annen;  dort  sind  sie  auch  ungleich ;  es  ragen  immer  einige  gröüere 
über  die  kleineren  hervor,  die  gröf.?eren  sind  zahlreicher  an  den  Seiten 
der  Arme  und  bilden  dort  mehrere  Längsreihen.  Das  Scheibenskelet 
ist  sehr  locker  und  daher  die  Dorsalhaut  der  Scheibe  und  der  Arme 
weich  und  nachgiebig. 

Die  Madreporenplatte  ist  klein,  sie  steht  auf  dem  halben 
Scheibenradius  und  ist  von  etwas  größeren,  keulenförmigen  Stacheln 
umgeben,  die  aber  keinen  regelmäfjigen  Kranz  bilden. 

Von  Pedicellarien  finden  sich  zweierlei  Formen  vor.  Erstens 
gekreuzte  und  zweitens  gerade,  bestehend  aus  zwei  Scheerenblättern  mit 
geraden,  schwachgezähnten  Schneiden,  die  auf  einem  querovalen  Träger 
stehen;  sie  haben  eine  Länge  von   1  mm  und  eine  Breite  von  0,5  mm. 

Sie  finden  sich  auf  dem  freien  Interradialfeld  auf  der  Ventral- 
seite der  Scheibe,  ebenso  auf  den  dorsalen  Interradien  der  Scheibe  in 
den  Armwinkeln,  dann  in  einer  Reihe  zwischen  den  Andjulacralpapillen 
und  den  Ventrolateralstacheln. 

Dieser  Seestern  wurde  bei  Sturm  an  die  Küste  geschwenimt. 
Die  Färbung  ist  nach  Angabe  von  Herrn  Dr.  r.  d.  Steinen  im  Leben 
hellgelb  l)is  orange,  im  Spiritus  weißlich.  No.  IbS)^).  Ein  junges 
Exemplar  dieser  Art   möchte  7SS1    sein. 

A.  meridioiialls  Fvrr.  Ein  stark  abgeriebenes  Exemplar,  mit  einem  Asterias  meri- 
R.  von  S5  mm,  stimmt   gut    mit  den    zwar   kleineren  Exemplaren   von  •^•'^'"^i"^  i'^ii"- 
Kerguelensland  iiberein.    Wurde  bei  Sturm  an  die  Küste  angeschwemmt. 
No.  75!)r.. 

Aiiasf  erlas   Perrier.    (Revision  des  Stellerides  du  Museum  p.  81.) 

Die  Gattung  wurde  von  Perrier  im  Jahre  1874  für  einen  See- 
stern unbekannten  Fundortes  aufgestellt,  der  sich  in  Bezug  auf  Form 
und  Verhalten  der  Ambulacralfüßchen,  sowie  der  Pedicellarien  au  die 
Gattung  Asterias  anschließt,  aber  von  dieser  durch  die  eigentümliche 
Reduktion  des  Skeletes  abweicht.  Die  einzige  dahin  gerechnete  Art, 
A.  min  Uta  Perr.,  erinnert  im  Habitus  an  eine  Asterina,  mit  der  sie 
die  Dicke  der  Scheibe  und  die  Kürze  der  Arme  gemein  hat.  Die  von 
Perrier  angegebenen  Gattungscharaktere  passen  gut  auf  einen  großen 
Seestern  der  Sammlung  von  Süd-Georgien,  welcher  zwar  sehr  defekt, 
und  dessen  Ventralseite  ganz  abgerieben  ist,  der  aber  enie  Anzahl  Cha- 
raktere zeigt,  die  ihn  als  neue  Art  dieser  Gattung  zurechnen  lassen. 

A.  Perrieri  n.  ^i.  Habitus  des  Asterias  rubens  mit  verdickter     Anasterias 
Scheibe    und    allmählich    sich  zuspitzenden  Armen,    welche    liei    dem     ^^^^^'  '    "  ''^' 
vorliegenden  Exemplar  dorsalwärts  eingerollt  sind.  R.  75  mm,  r.  14  mm. 
R  =  5,  3  r.     Von  Skeletteilen  lassen  sich  die  Armwirbel,  die  Adam- 
bulacralplatten   und   seitliche    Armplatteu   unterscheiden,    ferner,    die 


154  Studer,  St'cstoiiic  Siid-Geuigieus. 

Scheibe  begreiizeiul ,  ein  Ring  von  sehr  locker  verbundenen  Kalk- 
balken; im  übrigen  ist  der  Körper  von  einer  weichen  dicken  Haut 
bedeckt.  Der  delecte  Zustand  des  Seesterns,  an  dem  die  ganze  Unterseite 
abgescheuert  ist,  erlaulit  nicht  mehr  mit  Genauigkeit  die  Zahl  und 
Form  der  Amljulacralpapillen  anzugeben,  nur  auf  einzelnen  am  meisten 
einwärts  gelegenen  Adambulacralplatten  lassen  sich  noch  vereinzelte 
stachelförmige  Papillen  wahrnehmen ,  die  vermuthen  lassen,  daß  eine 
einzige  Reihe  feiner  zylindrischer  Stacheln  die  Ambulacralfurche 
säumt ;  el)enso  lassen  sich  zwei  divergierende  Spinen  unterscheiden, 
welche  von  den  Mundecken  ül)er  die  Mundhaut  vorragen.  Eine  Reihe 
von  gröberen  zylindrischen  Stacheln ,  von  denen  nur  Avenige  erhalten 
sind,  schließt  sich  nach  außen  an  die  Ambulacralpapillen  an,  dann  folgt 
auf  einen  nackten  Raum  eine  zweite  Reihe  von  kurzen,  zylindrischen 
und  feinen  Stacheln,  die  beweglich  sind  und  sich  bis  an  das  Ende  des 
Armes  verfolgen  lassen.  Diese  l)eiden  Stachelreihen  bezeichnen  die 
P^nden  der  quer  verlängerten  Seitenarmplatten.  Der  Rücken  der  Scheil)e 
ist  mit  einem  Kranz  von  unregelmäßig  stehenden ,  s})itzen  Stacheln 
l)edeckt,  Avelche  auf  einem  Ring  von  locker  verl)undenen  Skeletstäben 
aufsitzen;  wenige  ähnliche  Stacheln  sind  auf  der  Glitte  der  Scheibe 
zerstreut  und  sehr  vereinzelte  treten  hin  und  wieder  auf  dem  dorsalen 
Teil  der  Arme  auf.  Die  Madreporen})latte  liegt  außerhalb  des  dorsalen 
Skeletringes ,  zeigt  zahlreiche  feine  gewundene  Furchen  und  ist  von 
fünf  größeren  Stacheln  umgeben. 

Pedicellarien  sind  außerordentlich  zahlreich  über  den  ganzen 
Körper  verteilt.  Man  unterscheidet  gerade  Pedicellarien  mit  geraden 
Schneiden,  die  auf  einem  kurzgestielten  (pierovalen  Träger  stehen,  in 
der  Armfurche,  innerhalb  der  Papillen,  an  den  Mundecken,  ferner  auf 
dem  Rücken  der  Arme ,  avo  sie  in  der  Mittellinie  zerstreut  stehen. 
Viel  zahlreicher  sind  die  kleineren,  gekreuzten  Pedicellarien.  Sie  sind 
auf  dem  Zentrum  der  Scheil)e  zerstreut,  namentlich  zahlreich  aber 
auf  den  Armen,  von  der  Mitte  nach  den  Seitenteilen  immer  an  Zahl 
zunehmend,    bis    sie    an    den    Seiten    die    Haut   vollständig   bedecken. 

Das  Tier  wurde  nach  einem  Sturme  an  der  Küste  angeschwemmt 
gefunden.     Farbe  im  Leben  orange.     No.  7597. 

Stichaster. 

Stichaster  ^^'    iiuirix,    11.    sp.     (Fig.   .5,    a— 1).     Klein   mit    dicker   Scheibe 

nutrix  n.  sp.    um|  kurzen,  rasch  sich  zuspitzenden  Armen.     Die  Scheibe   namentlich 

beim    weiblichen   Tiere    hoch.     Das  Weibchen    biklet    einen   Brutraum, 

in    dem    sich    die  Jungen    entwickeln.     Der  ganze  Habitus  erinnert  an 

Asteriua.    R  =   11,  r  =  5.    R  =  2,  2  r.    Armbreite  an  der  Basis  G  mm. 


Stmk'i',  Sof^stt-nic  Süd-Gcaigious.  155 

Die  Ambulacralfüßchen  bilden  nirgends  deutlieh  vier  Reihen, 
^^ondel•n  stehen  unregehnälMg,  oft  auf  Strecken  paarweise,  namentlich 
am  Anfang  der  Arme,  dann  zu  dreien,  selten  /u  vieren  in  einer  Reihe. 
Die  Adambulacralplatlen  tragen  je  zwei  kurze  Anibulacralpapillen,  die 
am  Ende  abgerundet  und  etwas  verdickt  sind  und  eine  geringe 
Abplattung  in  radialer  Richtung  zeigen.  Sie  stehen  häufig  mit  ihren 
Enden  divergierend,  so  daß  der  innere  sich  nach  der  Armfurche  zu 
neigt,  die  äußere  von  derselben  abstehend  gerichtet  ist.  Gegen  die 
Armwinkel  auf  dem  ventralen  Teil  der  Scheibe  verschwindet  die  äußere 
Papille,  die  innerste  bildet  mit  der  der  anderen  Seite  zwei  stumpfe 
Zähne,  welche  vom  Mundwinkel  nach  dem  Zentrum  der  Scheibe 
gerichtet  sind.  Der  ganze  Rückenteil  der  Scheibe  und  Arme,  sowie 
deren  Seiten  sind  bedeckt  mit  kleinen,  rauhen,  am  Ende  knopfförmigen 
Stacheln,  welche  so  dicht  stehen,  daß  Scheibe  und  Arme  wie  granuliert 
erscheinen  und  weder  die  Madreporenplatte  noch  die  Afteröfl'nung 
sichtbar  sind.  Eine  regelmäßige  Anordnung  der  Stacheln  ist  auf  dem 
Dorsalteile  nicht  wahrzunehmen;  nur  gegen  den  Rand  der  Arme  und 
auf  der  Unterseite  derselben  ordnen  sich  dieselben  in  Längsreihen, 
werden  auch  etwas  länger  und  schlanker.  Diejenigen,  welche  zunächst 
den  Anibulacralpapillen  stehen,  sind  diesen  an  Eorm  und  Größe  gleich 
gestaltet.  Das  Scheiben-  und  Armskelet  (Eig.  5.  d.)  besteht  aus  abge- 
platteteu  Kalkkörpern,  welche  mitunter  nach  vier  Richtungen  kurze 
Eortsätze  tragen  und  dann  kreuzförmig  gestaltet  siud ;  diese  Kalk- 
scheiben, welche  auf  der  Scheibe  unregelmäßig  stehen,  ordnen  sich 
auf  den  Armen  zu  Reihen.  Diese  sind  aber  nur  an  den  Seiten  der 
Arme  regelmäßig  und  bilden  drei  Reihen;  auf  der  Dorsalseite  sind  sie 
unregelmäßig  gestellt,  die  distale  Platte  bedeckt  mit  ihrem  inneren 
Rande  immer  die  jiroximale.  Zwischen  den  Plättchen  bleiben  auf  der 
Scheibe  nur  sehr  kleine  Lückenräume,  in  denen  die  Kiemenfüßchen 
austreten.  Die  Madreporenplatte  ist  sehr  klein  und  enthält  nur  wenige, 
drei  bis  vier,  spaltförmige  Öffnungen.  Sie  liegt  mitten  in  einer  Platte, 
welche  näher  dem  Armwink^l,  als  dem  Zentrum  der  Scheibe  gelegen  ist. 
Der  After  ist  subzentral,  umgeben  von  einem  Kranze  von  fünf  Plättcheu. 
Das  Gefüge  der  Scheibenplatten  ist  bei  den  einen  Exemplaren  fest 
und  dicht,  die  Scheibe  verhältnismäßig  flach,  bei  den  anderen  ist  die 
Verbindung  der  Platten  lockerer,  die  Scheibe  daher  mehr  nachgiebig, 
außerdem  mehr  gewölbt.  Die  letzteren  scheinen  die  weiblichen  Tiere 
zu  sein,  wenigstens  zeigen  diesen  Charakter  die  Exemplare,  welche 
einen  Brutraum  für  die  Jungen  bildeu. 

Pedicellarien  kommeu  in  zweierlei  Formen  vor.  Erstens  als 
gerade   Pedicellarien.     (Fig.   5.  1).     Diese    bestehen    aus  zwei  breiten 

12* 


156  Studer,  Secstcrne  Süd-Georgiens. 

!Scheereiil)lätteni  die  mit  geraden  tSeliiieideii  einander  l)eriilir<'ii  und 
gegen  die  S})itze  zu  unregelmäßige  Zähne  tragen,  die  Selieerenklappon 
stehen  auf  einem  stark  in  die  Breite  ausgedehnten  Träger  und  Ijilden 
geschlossen  mit  diesem  ein  annähernd  gleichseitiges  Dreieck,  dessen 
Basis  0,36  mm  und  dessen  Höhe  0,43  mm  beträg-t.  Diese  Form  findet 
sich  in  der  Bauchfurche  innerhallj   der  Reihe  der  Amhulacralpapillen. 

Gekreuzte  Pedicellarien  (Fig.  5.  k.)  stehen  auf  dem  Dorsalteil 
der  Scheihe  vereinzelt  zwischen  den  Stacheln,  etwas  häutiger  an  den 
•Seiten  der  Arme.  Sie  l)estehen  aus  zwei  sehr  breiten,  löftelförmig 
ausgehöhlten  Scheerenl)lättern,  die  an  der  Basis  sich  kreuzen  und  an 
den  scharfen  Rändern  unregelmäßig  gezähnt  sind.  Bire  Länge  l)eträgt 
0,36  mm.     Die  Breite   0,3  mm. 

Die  Jungen  dieser  Art  entwickeln  sich  zum  Teil  in  einem 
Bruthälter,  der  dadurch  hergestellt  wird,  daß  das  weil)liche  Tier  die 
Scheibe  stark  em})orw(>ll)t  und  den  Sclieil)enrand  unter  der  Mundöffnung 
einzieht.  Bei  einem  Exemplare  fanden  sich  zwei  junge  Seesterne  in 
diesem  Brutraume  (tig.  5  c.)  das  Verzeichnis  erwähnt  noch  anderer 
Exemplare  mit  ein  l)is  zwei  Jungen,  die  nach  den  Notizen  von  Herrn 
Dr.  r.  d.  Sfei)ien  in  der  (refangenschaft  geboren  wurden,  Nr.  VT)? 6. 
Unter  Nr.  7585  steht  von  Prof.  Par/cnsfccJier  die  Notiz,  daß  .er  ein  win- 
ziges Junge  in  einer  (jenitaltaschenmündung  fand.  Dieses  schien  auf 
das  Vorhandensein  von  Bruttaschen,  wie  bei  Ophiuriden  zu  deuten,  ein 
Fall,  der  meines  Wissens  bei  Stelleriden  noch  nicht  beobachtet  worden 
war.  Die  Öffnung  der  Rückenhaut  eines  Tieres,  das  sich  durch  stark 
erhabene  und  etwas  weiche  Rückenhaut  auszeichnete,  gab  einen  un- 
erwarteten Aufschluß  über  die  Brutverhältnisse.     (Fig.   5.  e.) 

Der  Magendarm  fand  sich  stark  ausgedehnt,  in  die  Interam- 
bulacralräume  der  Scheibe  drängten  sich  Blindsäcke,  welche  den 
ganzen  interambulacralen  Scheibenteil  erfüllten.  Derartige  Blindsäcke 
waren  fünf  zu  Stande  gekommen  und  ZAvar  auf  rein  mechanischem 
Wege.  Am  Mundrahmen  erhebt  sich  nämlich  von  den  adambulacralen 
Mundstücken  aus  je  ein  bis  an  die  Dorsalhaut  reichendes  starkes 
Ligament,  das  zahlreiche  Kalkplättchen  eingelagert  enthält.  Dieses 
hindert  die  gleichmäßige  Ausdehnung  des  Magensackes  und  liewirkt 
daß  derselbe  in  radialer  Richtung  Einschnürungen  erleidet,  Avelche 
fünf  Taschen  abgrenzen.  Die  radialen  Blindschläuche  des  Magen- 
darmes entspringen  unabhängig  von  diesen  Blindsäcken,  dorsal  von 
ihrem  Ursprung  und  laufen  eine  Strecke  über  die  dorsale  Wand  der 
Aussackung  weg  um  bis  in  den  Beginn  des  letzten  Dritteiis  der 
Arme  sich  zu  erstrecken. 


Stndor,  Seestenio  Süil-Gooigiens.  157 

In  den  crwäliiitcii  liliiidsäckeii  fanden  sich  in  großer  Menge 
junge  schon  vollkonnuen  ausgchihlete  Seesterne  von  2,P>  mm  Durch- 
messer von  einer  Arnisj)ity.e  zur  anderen  gemessen.  Ihre  Zahl  helief 
sich  auf  no  Stück,  aUe  auf  (h'rselhen  Stufe  der  Entwickhing.  Ks 
dienen  also  liier  Aussackungen  des  Magendarmes  als  lirutraum  und 
zwar,  wie  sicli  aus  dem  Trsprung  der  radialen  Blindschläuche  ergieht, 
des  Anfangsteiles  vom  Magendarm,  wälirend  der  Endteil  danehen  nocli 
g;iiiz  gut  als  \'crdauuiigsraum  funktioniren  kann.  Die  (ienitaldrüsen 
sind  kurze  Drüsenscliläuclie,  welche  zu  ])ei(len  Seiten  der  Wirl)el, 
nalie  dem  Mnn(h'aliinen  liegen  uiul  auf  dem  ventralen  Interamhulacral- 
feld  nalie  der  Mundecke  münden.  Es  müssen  also  die  Eier  zuerst 
ausgestoßen  werden,  um  d;inn  (hircli  den  Mund  wieder  in  die  Magen- 
taschen zu   gelangen. 

Die  jungen  Seesterne  erschienen  vollständig  ausgel)ildet.  Der 
große  Radius  hetrug  1  mm.  Der  kleine  0,3  mm.  In  Dezug  auf  die 
Skeletplatten  des  dorsalen  Sclieihenskeletes  läßt  sicli  noch  keine 
hestimmte  Anordnung  wahrnehmen.  (Eig.  5.  f.)  Es  sind  in  der  Kücken- 
haut zahlreiclu^  verzweigte  Kalkstäl)e  und  durcld»roclieiie  Scheiljen 
eingelagt^rt.  von  denen  einzelne  im  Begriif  sind,  sich  zu  größeren 
Kalkplatten  zu  vereinigen.  Immerhin  läßt  sich  eine  Ijeginnende  (irup- 
pif'rung  in  gewissen  Radien  unterscheiden.  Im  Zentrum  der  Scheil)e 
eine  siehartig  durchbrochene  Platte,  welche  dicht  umgehen  ist  von 
einem  Kranze  von  verzweigten  Kalkstähen,  welche  in  die  Radien 
der  Arme  fallen;  in  einem  weiteren  Umkreis  folgen  nnregel- 
mäßig  ausgchihlete  interradial  stehende  Platten  und  Stäbe.  Auf  den 
Armen  lassen  sich  vier  noch  weit  auseinanderstehende  Reihen  von 
wenig  ausgebildeten  Platten  verfolgen.  Die  Terminalplatte  an  der 
Spitze  der  Arme  ist  groß,  scheibenförmig.  Stacheln  beginnen,  sich 
namentlich  gegen  die  Spitze  der  Arme  zu  entwickeln.  Sie  stellen 
kurze  durchbrochene  Säulchen  dar,  die  in  der  Haut,  unabhängig  von 
den  Skeletplatten,  ausgeschieden  werden.  Die  Armwirbel  (Eig.  f».  g.) 
stellen  zwei  i)arallele  Reihen  von  Kalkstäben  dar,  welche  sich  zwischen 
je  zwei  Am1)ulacralfüßchen  einlagern;  in  der  Medianlinie  sind  sie 
weit  getrennt;  diejenigen,  welche  einerseits  das  innei'ste  Ambulacral- 
füßchen  begrenzen,  andrerseits  den  späteren  Mundrahmen  bilden  sollen, 
sind  von  einander  weiter  getrennt,  als  die  iolgenden  und  nach  außen 
hin  etwas  verdickt.  Als  Anlage  der  Adani1)ulacralplatten  hnden  sich 
zwischen  den  Außenenden  von  je  zwei  Ambulacralstäben  kleine  Plättchen 
von  rnndliclier  l''orin ;  nur  dasjenige,  welches  zwischen  den  innersten 
und  (ItMu  zweiten  Armwirbel  liegt,  ist  radial  vei'längert  und  schiebt 
sich  ventral  ül)er  das  Außenende   des    innersten  Ambulacralstäbchens. 


158  Stiider,  SepsteriiP  Süd-Geovgions. 

Eine  etwas  Ibrtgeschrittenere  Entwicklung  des  Skeletes  l)ietet 
ein  kleiner  Seestern,  welcher  el)en  im  Begriffe  war,  die  Bnittasche 
zu  verlassen  und  sicli  außerhall)  der  Mundöffnung  eines  weil)lichen 
Thieres  vorfand.  Eig.  5.  h.  Der  große  Eadius  l)eträgt  1,5  mm.  Der 
kleine  0,5  mm.  Der  ganze  Dorsalteil  der  Scheil)e  ist  hier  von  Platten 
einuenommen,  welche  sich  mit  ihren  Rändern  l)eriihren.  Man  unter- 
scheidet  eine  im  Zentrum  der  Scheibe  gelegene  Platte,  Dorsozentrale 
Carpenter,  um  dieselbe  eineuKranz  von  10 Platten, welche  abwechselnd 
im  radialen  und  im  interradialen  Eadius  liegen.  Die  Platten,  welche  auf 
die  Radien  kommen,  bilden  einen  inneren  Kranz,  der  sich  direkt  an 
das  Dorsozentrale  anschließt.  Nach  außen  davon  liegen  die  Inter- 
radialplatten ;  nur  in  einem  Interradius  legt  sich  die  Interradialplatte 
au  die  zentrale  und  schiebt  sich  zwischen  die  beiden  radialen  ein. 
Auf  den  Armen  sind  vier  Reihen  breiter  Platten  vorhanden.  Stacheln 
sind  überall  entwickelt,  sie  sind  mit  den  Platten  in  Verbindung 
getreten  und  zwar  je  einer  mit  einer  Platte.  Die  Armwirbel  (Fig.  5.  i.) 
sind  ausgebildet,  es  sind  9  entwickelt,  die  aus  zwei  Kalkstälien 
bestehen,  welche  sich  in  der  Medianlinie  berühren;  nur  die  des 
innersten  sind  in  der  Medianlinie  getrennt;  über  ihre  Außenenden 
schieben  sich  ventral  die  ersten,  stark  verlängerten  Adambulacral- 
platten,  ohne  al)er  mit  iln'cn  inneren  Enden  die  And»ulacralwirl»el  zu 
ülterragen.  Dieses  Verliältnis  ])leibt  auch  später  bestehen.  Der 
Mundrahmen  des  erwaclisenen  Seesternes  hat  einen  entschieden  and)ula- 
cralen  Typus,  indem  die  aml)ulacralen  Mundstücke  weiter  vorspringen 
als  die  adambulacralen. 

Dieser  interessante  Seestern  scheint  die  bei  Süd-(uMjrgien 
am  häutigsten  vorkommende  Form  zu  sein.  Die  Sammlung  entliält 
gegen  80  Stück,  die  meistens  an  Tangwurzeln  l»ei  El)l)e  aufgelesen 
wurden.  Nach  den  Angal)en  von  Herrn  Di-,  r.  d.  Sfcrucu  war  die  Farbe 
im  Leben  orange,  im  Spiritus  ist  sie  weißlich.  Die  kürzlich  geborenen 
Jungen  wurden  im  August  getroffen,  so  daß  hier  die  Brutzeit  in  die 
\Yintermonate  zu  fallen  scheint. 


Subord.  Spinulosae  Perr.    Farn.  Echinasteridae. 
Cribrella  A</. 

Ol'.  Pag-eiistecheri  n.  qj.  (hg.  0  a,  !>).     R  =  20,  r  =  5,  R  =  4  r. 

Pagenstecberi.  l-'ünf  zylindrische  Arme,  die  lang  und  zuges})itzt  erscheinen.  Die 
Armfurche  ist  schmal,  eingeengt,  die  Adandndacralplatten  sind  recht- 
wiuklis  und  senkrecht  auf  die  Armfurche  verlängert.      Sie  tragen  eine 


Cribrella 


Stinler,  Rpestpvno  Siid-Gporpfiens.  159 

Kcilic  von  liiiif  liis  siclx'ii  kiir/eii.  stiiiii|tl'  zyliiidiisclicu  I'ai)illt'ii  von 
denen  die  innei'ste  am  u,r()l.!ten  ist  und  in  die  Aruilurelie  liineintritt, 
so  daü  sie  die  l'"iiüclien  von  einander  soiulevt.  Die  nacli  auüen  davon 
stehenden  Papillen  nelmien  allinählieli  an  (Ji-(iüe  ab.  (ie.tien  die  S])it/.e 
der  Anne  redueiert  sieh  die  Zald  der  PapiUen  auf  fünf,  dann  auf  vier, 
endlieli  auf  (h'ei.  zniih'itdi  setzt,  sieli  die  innefste  stunipfwinklip,-  ^•eti'eii 
dli'  idjri^cn  ali  und  uei_t>;.t  sich  gegen  die  Arnifurehe  zu,  um  sieli  im 
letzten  'l\'ile  des  Armes  wieder  aufzurichten.  Die  /ahnjdatte  ist 
triangulär,  wenig  vortretend,  an  ihrer  Spitze  mit  zwei  ])is  drei 
cvlindriselien  /;ilnien  versehen,  die  von  der  Orciße  der  innersten 
And)ulacralpapil!en  sind.  Zwei  bis  drei  l'apillen  setzen  sich  noch  auf 
den  Seitenrand  der  Platte  fort,  auf  der  untei'ii  Fläche  erhehen  sich 
drei  Ins  vier  unregelmäßig  stehende  Papillen.  Die  N'entralseite  der  Arme 
ist  mit  kleinen  spitzen  Stacheln  l)esetzt,  welche  ziemlich  regelmäßige 
quere  Reihen  bilden,  die  erst  nach  der  dorsalen  Seite  der  Arme 
unregelmäßig  werden  und  zusammenlaufen.  Ein  inteiradiales  Feld, 
das  sieh  von  der  /ahnplatte  bis  zum  Scheibenrande  erstreckt,  ist 
nackt.  Der  Dorsalteil  der  Scheibe  ist  von  einem  dichten  Netzwerk 
von  Kalkbälkchen  durclizogen,  die  mit  kurzen,  in  2 — 3  Reihen  stehenden, 
papillenartigen  Stachelchen  bedeckt  sind ;  der  Maschenraum,  welchereinen 
grcißeren  Durchmesser  hat  als  der  Kalkbalken,  ist  von  einem  einzigen 
Porus  zum  Durchtritt  des  Kienu'nfußes  durchbohrt.  Die  Madreporen- 
])latte  ist  groß  uml  liegt  nahe  di'ui  Armwinkel,  sie  ist  von  etwas 
grr»ßeren  Papillen  umgeben  uml  auf  ihrer  Oberfläche  mit  kurzen  Papillen, 
die  versclilungene  liinien  Itilden,  l)edeckt.  Der  After  ist  subzentral. 
Farbe  in  Alkohol  tief  und)rabraun.  Fand  sich  an  der  Insel,  welche 
der  deutschen  P)eol)achtungsstation  auf  Südgeorgien  vorgelagert  war. 
Ich  rechne  zu  dieser  Art  zwei  weitere  Exemplare,  die  an  der  Küste 
Süd-deorgiens  gefunden  wurden  uml  sich  durch  hellere  Farbe,  weniger 
feste  Rückenhaut  und  kürzere,  dickere  Anne  unterscheiden.  Ihr  R  =  18, 
r=  G,  R=  ?)  V.  Die  Details  der  Struktur  sind  dieselben  wie  bei  dem 
erstljeschriebenen;  vielleicht,  daß  hier,  wie  l)ei  vielen  anderen  Arten, 
ein  (jeschlechtsdimorphismus  vorliegt  und  die  l)el(len  gedrungenen 
Formen  die   Weibchen   sind.     No.   THSO.  » 

Gegenüber  den  sieben  anderen  bis  jetzt  l)ekaunten  Arten  dieser 
(iattung.  die  sich  meistens  sehr  ähnlich  sehen,  nähert  sich  unsere 
neue  Art  am  meisten  der  C.  antillensis  Perr.,  einer  Tiefseeform 
\<im  Antillenmeer,  welche  noch  l)is  .-)8 "  S.  an  der  amerikanischen 
Küste  vorkommt.  Px'i  dieser  sind  aber  die  stacheltragenden  Plättchen 
auf  der  l'nterseite  der  A]'me  rectanguläre  (iebilde.  die  deutlich  von 
einander  abgegrenzt  sind,  und  die  Ambulacra!])apillen  weniger  zahlreich. 


\QQ  Studer,  Seesterue  Süd-Georgiens. 

Die  nordische  Cr.  oculata  Link  ist  von  unserer  Art  schon  dadurcli 
unterschieden,  daß  aus  den  Maschen  des  dorsalen  Kalknetzes  mehrere 
Füßchen  austreten. 

Snl)or(l.  St.  valvulatae  Pnr.    Fniiiil.  Gymnasteriadae. 

Porania  Gray. 

Povania  P.  aiitarclica  ^S'w.    Zoology  ofKerguelen  Island.     Echinodermata 

antai-ctica  sm.  j,^.  ^^^^^^y;^    po.  257,  1809  und  Ami.  Mag.  Nat.  Hist.  1870.  XVII  p.  108. 
Drei  junge  Exemplare,  an  Tangwurzeln  erlangt,  lassen  sicli  auf 
diese  Art  zurückführen.     No.  7593. 


Ord.  Ophiuridea. 

Suboid.  Ophiureae.    Fam.  Ophiolepididae. 
Ophioceramis  Lf/w. 


ophiocpiamis  0.  aiitarciiea  n.  sp.  (Fig.  7  a.  b.)    Drei  kurze,  annähernd  s})indel- 

autarctica  u.  s]). £^JJ,J^^•g.g    Amispineu,    drei    Mundpapillen,    Schnippen    auf   der    Scheibe 
gleichmäßig  entwickelt;  eine  Aml)ulacrali)apille. 

Scheiliendurchmesser  3  mm,  Armlänge  8  mm,  Armbreite  an  der 
Dasis  1  mm,  drei  Mund})apillen,  etwas  ungleich,  gerumlet,  sich  nicht 
berührend.  Zwei  Zahnpapillen,  welche  sich  ganz  ähnlich  verhalten, 
wie  die  innersten  Mundpapillen  bei  Amphiura,  stehen  am  Mundwinkel; 
zwischen  ihnen  tritt  der  ventrale  Zahn  hervor.  Die  Mundschilder  sind 
gerundet  mit  dreieckiger ,  nach  innen  vorspringender  Spitze.  Die 
Seitenmundschilder  sind  schmal,  stark  di^  ergierend,  nach  außen  etwas 
breiter,  als  nach  innen.  Das  erste  Unterarmschild  ist  klein,  rauten- 
fcirmig,  die  folgemlen  wenig  länger,  als  breit,  sie  werden  proxinml 
von  den  Seitenarmschildern  eingeschnürt,  doch  nicht  vollkommen  ein- 
geschlossen. Die  Seitenarmschilder  erscheinen  stark  aufgetrieben,  die 
Oberarm  Schild  er  breiter  als  lang,  erhaben,  (juer  oval,  von  der  Hälfte 
des  Armes  an  proximal  .eingeschlossen  durch  die  Seitenarmschilder. 
Das  erste  Schild  fällt  noch  in  die  Scheibe  und  ist  doppelt,  die 
folgenden  sind  einfach.  Die  Dorsalplatten  der  Scheibe  sind  dick, 
schuppenartig,  gleichmäßig  groß,  mit  den  Rändern  sich  deckend,  die 
Radialschilder  klein,  wenig  von  den  Schupi)en  der  Scheilie  verschieden, 
nach  dem  Centrum  der  Scheibe  divergiereiul  und  weit  getrennt  durch 
eine  breite,  cjuerovale  Schuppe  und  drei  zentralwärts  gelegene  kleinere 
Schuppen,     die     eine    Reihe    bilden.       Es    sind    drei    Armspinen    vor- 


Stiider,  Seestenio  Siiil-fTPnrgiens.  ir;i 

liaiidcii,  die  sich  im  ;iiir!.'i'cii  Drittcil  des  Arnies  auf  zwei  kurze. 
s|>uidell(ii'uiiii("  Spinell  reduciereii.  'reiitakelscliuppenzwel,  selir  kurz, flach. 
\  Oll  dieser  Art  ist  leider  nur  ein,  wahrscheinlich  jiiiu^es 
Exeinplar  vorhaiideii.  Dasselbe  wurde  nach  Katalo.ti'  in  llaiiilniin  mit 
Am})hiuraarten  aus  allerliaud  IJetite  ausi-vlesen.  Die  lail.iin.u  im  I.eheu 
konnte    (h'iiinach    nicht    verzeichnet    sein. 

Ophioglypha    />//?;/. 

0.  MaHeiisi  u.  s,,.  (l'io-.  s.  a—h.)  Scheil)e  flach,  mit  rnäüio-  Ophiogiypha 
lani;eii  Aiineii.  Seitenniundschilder  ^toü  und  langgestreckt,  nach  ^l^.l.^I'"•tensi  n.  .sp. 
iMundseite  verdickt,  nach  auüen  verschmälert,  keine  einfacdie  Platte 
nach  iimen  von  den  Seitenmundscliildern.  Radialschilder  und  Scheihen- 
platten  erster  Ordnung  dick,  rund,  von  gleicher  Gröfse.  Mundpapillen 
lind  Schuppen  dei-  .Mundtentakel  länglich  viereckig,  dick,  Seiten- 
armplatten  dick,  in  der  Mitte  der  Unterseite  sich  berührend.  Eine 
kleine  i)a|)illenartige  Arnisi)ine.  Kadialschilder  mit  einer  Reihe 
Papillen  am  Rande.  Scheihendurclimesser  ö  mm.  Armlänge  14  mm. 
Breite  der  Arme  an  der  Basis   1  mm. 

Mundpapillen  viereckig,  dick,  eine  am  Mundwinkel,  vier  an 
den  Rändern.  Die  zwei  ersten  quadratisch,  die  dritte  doppelt  so 
lang,  als  breit,  die  vierte  l)ildet  den  Rand  des  Mundtentakels,  der 
auf  der  andern  Seite  von  ;]  Papillen  begrenzt  wird.  Mundschild 
klein,  stumpf  fünfeckig,  die  äußeren  Ecken  abgerundet,  der  innere 
Winkel  vorgezogen,  spitz.  Die  Länge  der  Platte  verliält  sich  zur 
Breite,  wie  1,4:  1 .  Die  Seitenmundschilder  sind  länglich,  nach  innen 
verbreitert,  oval,  sich  mit  den  Rändern  berührend,  nacli  aur3en  spitz, 
an  den  vorderen  Seitenrändern  des  Mundschildes  verlaufend.  Sie  sind 
sclimaler,  als  bei  der  nächst  verwandten  0.  Deshayesii  Lym.  auch 
kommt  keine  einfache  IMatte  einwärts  der  Seitenmundschilder  vor, 
wn"e  l)ei   dieser  Art. 

Die  erste  Unterarmplatte  ist  l)reit,  mit  abgerundetem  AuÜen- 
rand,  die  folgende  dreieckig.  Die  Seitenarmplatten  sind  dick  und 
treten  auf  der  Untei-seite  in  der  Mittellinie  zusammen  und  zwar  mit 
immer  l»reiterer  Eläche,  je  mehr  sie  sicli  dem  Ende  der  Arme  nähern, 
wobei  die  Unterarmiilatte  immer  mehr  verkleinert  wird.  Dorsal 
werden  die  Seitenarmplatten  getrennt  (hncli  die  Dorsalarmplatten.  Von 
diesen  ist  die  erste  lu'eit.  (pier  verläiig(Mi,  die  folgenden  sind  stumpf- 
eckig hexagonal,  so  hing  wie  breit;  von  dem  ersten  Dritteil  des 
Armes  an  werden  sie  mehr  verläng.'rt,  rhombisch,  mit  verlängerter 
proximaler  Spitze,  im  letzten  Dritleil  keilf.irmig.  Zugleich  treten 
die   Seitenarmplatten   auch   nach   oben  j)roximal   zusannuen.    bis    gegen 


lf)2  Stndpv,  SePstfniP  Si'ul-Georoions. 

die  Spitze  liiii  auch  die  dorsale  Ariii])latte  fast  verdräuot  ist.  Nur 
eine  einzige,  kleine,  paijillcnartiiii'e  Seitenarnis))in('.  drei  kurze  And)ula- 
cralpapillen.  Die  Selieil)e  ist  erhaben,  dicht  ])edeekt  mit  einer  centralen, 
fünf  radialen  und  fihif  interradialen  Hauptplatten,  aufweiche  noch  fünf 
radiale  Hauptplatten  folgen.  Diese  Platten  sind  durch  kleinere,  drei- 
eckige Secundär-  riättchen  mit  einander  verbunden.  Die  Kadialschilder 
sind  rund,  so  lang  wie  l)reit,  so  groü  wie  die  Hauptplatten  und  durch 
zwei  radial  folgende  Platten  getreinit.  Jede  trägt  am  Scheilx'in'ande 
eine  Keihe  von  S  Pa])inen.  Die  ( lenitalspalten  sind  schmal,  ihre  Ränder 
von   kleinen    Papillen   besetzt. 

Am  nächsten  kommt  diese  Form  der  ().  Deshayesii  Lym. 
von  Kerguelensland,  sowohl  nach  allgemeinem  Habitus,  als  nach  der 
P>eschildernng  (h'r  Scheil»e.  Der  InterschiiMl  berulit  nur  in  dem  Fehlen 
einer  rhond)ischen  Platte  nach  innen  von  den  Seitenmundscliildern 
und  dem  Vorhandensein  von  S  Pa})illen  am  Kande  der  Kadialschilder. 
0|,iaogiyph:i  0.  licxacHs  E.  Smith.     Ann.    Mag.    Nat.  bist.  ]>.   .'!.   Fei).    1876, 

hpxactis       ,S',)}/fJi,  Zoology  of  Kerguelen  Island.     Fchinodermata.   pg.  9.7\),  pl.  XVH 
E.  Siuitli.         .  '  '  •  ..,        •  ^  1  .-  !  1 

hg.    a — c   ls70.      ljl)er    Prutpllege   s.    Sfiider   (li^sehleebtsdimorph.    l)ei 

r'.chinodermen .  zoolog.  Anzeiger  ISSO.  No.  (17  ])g.  1.  Dersell)e : 
Ophiuriden  der  (iazellee.\])edition  188P),  ])g.  la.  Wyrille  lliuniso)}, 
The  Atlantic  \o].  H.  pg.  )li-2.  Lymini.  Zoology  of  the  Challenger. 
Part.  XIV,  Eeport  on  the  Ophiuroidea  pg.  41,  PI.  XLV.  fig.  1;  PI. 
XLVII,  fig.   2. 

Die  zahlreichen  bei  Süd-(ieorgien  gesammcdten  F\em])lare 
weiclien  mir  durch  die  (JWiüe  von  den  durcli  mich  l»ei  Kergucdensland 
erlangten  al).  AVährend  bei  letzteren  der  Scheil)endurclnnesser  lir»chstens 
'?.]  mm  erreicht,  sind  von  Süd-(ieorgien  lv\em])lare  mit  ÜO  mm  Seheiben- 
durchmesser und  einer  Armlänge  von  70  mm  vorhanden.  Pei  den 
gröüeren  Exemplaren  kommt  häutig  vor,  daü  vorher  abgebrochene 
Arme  neu  ergänzt  sind.  Junge  im  Ih'iitraum  wurden  Im  August 
angetroften.  Die  Faibe  wird  bei  älteren  'i'ieren  als  olivengriin  bis 
bi'äunlieh,  dnnkelgraugriin.  bei  flungen  citronengelb  angegeben.  Wurde 
häufig  in  1  .'^  — 14  I'aden  Tiefe  angetroffen.  Sonstige  Fundorte: 
Kerguelensland   5 — 7")   Faden,  Marion-Island   HO — 75  Faden. 

Familie  Amphiüridae. 
Ainphiura  Forh. 

Amiihiuin  A.  affiiiis  71.  f!}).     (l''ig.   0,   a.  1).)     Sclicibc  auf  beiden  Seiten  mit 

aitiius  11.  sp.  oyopjoii  Schuppen  bedeckt,  zwischen  denen  kleinere  gidagert  sind.  l''ünf 
Mundpapillen  jederseits,  wovon  eine  unter  (U'ni  /ahne.  Fine  Tentakel- 
schuppe,  vier  Seitenarmspinen. 


Stuilor,  Seostenio  Süd-Gcirgiens.  163 

S('li(Hl)eii(liircliin('ss('r  :'>  nun.  Arniliiiiüc  10 — 12  mm,  Armhrcito 
au  der  Sclicibe  1  iiiiii.  Vau  l':i:ir  Licruiidctci-  Mniiditaiiillcii  an  der 
8j)it/o  des  MuMdccksliickcs,  vier  diiiinc,  siui/c  rai)i!l('U  an  jeder  Seite. 
Die  Mundseliilder  hreit,  i'iinfecki,u-,  iiacli  innen  sicli  /us|)ilzend.  Seiten- 
mimdseliilder  in  der  Mittellinie  sieh  berührend,  länger  als  breit,  naeli 
anüen  breiter  als  naeli  innen.  rnterarmi)la1ten  scchseekiti',  so  lang 
Avie  breit;  in  (h'r  distalen  Hälfte  der  Arnierstreekun^'  werden  sie  fiinl'eekig, 
mit  proximal  gerichteter  Spitze.  Seitenarmi)latten  diek.  bis  zwei  Dritteil 
(1er  Armerstreekung  sieli  ventral  kaum  berührend,  gegen  die  Spitze 
zusammentretend.  Olterarmplatten  breit,  (pier  verlängert,  hoch,  mit 
abgerundetem  Contour;  distahvärts  werden  sie  allmäldig  schmaler, 
gegen  die  Spitze  hin  Averdeu  sie  durch  die  nach  oben  zusammentretenden 
Seitenarmplatten  eingeschlossen.  Scheibe  dick,  rund,  mit  grcißeren, 
sich  iricht  deckenden  Schildclien  bedeckt,  die  regelmäüig  angeordnet 
sind ;  die  größeren  wei-den  durch  kleinere,  dreieckige  Schuppen  von 
einander  getrennt.  Radialschilder  schmal,  nach  innen  divergirend  und 
von  einander  durch  vier  Schilder  getrennt.  \'on  diesen  steht  einer 
nach  dem  Scheibenrand,  daini  i'olgen  zwei  nebeneinander,  dann  tMuer 
zentrahvärts.  Die  l'nterseite  des  Interl)rachialraumes  mit  zahlreichen 
kleinen  Schup])en  bedeckt.  Vier  Seitenarmstacheln,  die  kurz  und  spitz 
sind.     Eine   kleine   Ambulacralpapille. 

Im  Lel)en  die  Scheibe  lila,  die  Arme  gelblich.  Stidit  der 
A.  tomentosa  von  Kerguelensland  am  nächsten,  diese  entbehrt  aber 
der  Amhiilacralscliup})e.  Zahlreiche  Exemplare,  au  Tangwurzeln  gefunden. 
No.   7017,   7018,    1!)   und  )H). 

A.  Lvmaiii    u.  ■'^p.    (Kig.   10,  a.  b.)    Scheil)e   auf  l)eiden  Seiten     Amphiun 

.  ,   .  ^  Tiyuiani  ii. 

mit  Schuppen  besetzt,  die  Schu])])en  der  Dorsalseite  iem  gekth-nt. 
Keine  Tentakelschuppe,  Radialschilder  klein,  schmal,  durch  eine  Reihe 
Schuppen  getremit.  Im  Anfang  der  Arme  5  Armsi)inen,  die  zwei 
oberen  dop))elt  so  lang,  ^als  die  miteren,  im  weiteren  Verlauf  4  kurze 
Spinen.  rnterarmschilder  viereckig,  länger  als  breit.  Scheibendurch- 
messer 3,5  mm.  Arme  an  der  liasis  1  mm.  Drei  Mundpapillen 
jederseits,  alle  spinenartig,  cvlindrisch,  die  innersten  an  der  Ecke 
der  Mundschilder,  die  äul.Jersten  an  der  Basis,  durch  einen  Zwischen- 
raum von  den  zweiten  Mundpapillen  getrennt  uiul  tiel'er  angesetzt. 
Mundseliilder  klein,  gerundet,  mit  einwärts  gerichteter  Spitze,  Seiten- 
mumlschilder  dreieckig,  schmal;  die  einwärts  gekehrten  Spitzen  bei-iUn-en 
sich  nicht  in  der  Mittellinie».  Die  erste  Unterarmplatte  ist  klein, 
beilh'irmig,  indem  der  Inneiirand  breit  und  al)gerundet  ist,  während 
die  r>asis  dni'ch  die  Seitenarmplatten  eingeschnürt  wird.  Die  folgenden 
l'nterarmplatten    sind    \iereckig,    länger   als    breit,    der  proximal  gerade 


1  04  Stiuler,  Seesterne  Süd-Georgiens. 

Iiiiienrand  Avird  ^eoen  den  distalen  Teil  des  Armes  zu  durch  die 
Seiteiimundscliilder  vereut^t  und  zuletzt  in  eine  })roxinial  ^eiiehtete 
Spitze  zusammentiedrüekt.  Die  Seitenarmscliilder  sind  erhal)en,  ventral 
sieh  nach  der  Mittellinie  nähernd,  dorsal  vollkomnien  iietrennt. 
l)(^rsalschilder  rundlich,  zui^espitzt,  in  dem  })ro\inuilen  Teil  des  Armes 
so  lang'  wie  breit,  im  distalen  l)reiter  als  lang,  proximal  verschmiilei't 
durch  die  Seitenschilder.  Scheibe  mit  dünnen,  sich  deckenden  Schuppen, 
die  vom  Zentrum  ausstralen.  Eadialschilder  klein,  sclnnal,  granulirt, 
die  Innenränder  von  Schuppen  l)edeckt,  ])arallel.  Dazwischen  (4ne 
Rt'ihe  von  drei  Schu])i)en.  Unterseite  mit  sein-  kleinen  Schii])pchen 
])edeckt. 

Arms})inen  zuerst  in  der  Zahl  von  fünf,  wovon  die  zwei 
dorsalen  doppelt  so  lang,  als  die  ventrjilen.  Im  distalen  'J'eil  des 
Armes  von  der  Hälfte  der  Armerstreckung  an  werden  es  vier  kurze, 
gleich  lange  Stacheln.  Tentakelschup})en  fehlen.  Fünf  Exemplare. 
Scheilie  lila,  .Vrine  gedblich.  An  Tangwnrzeln  gcl'iinden.  (Dr.  r.  d.  Sf einen). 
No.  7()22.  Steht  am  nächsten  A.  magellan  ica  Ljgm..  welche  alier 
sechs  Armspinen   und   eine   Tentakelschuppe  ))esitzt. 


Erklärung  der  Abbildungen, 


Tafel  I. 

Fig.   1.      I'c  (1  i  cd  last  er  o  f  lo  r a  di  at  iis  )i.  sp. 

a.    Von  oben  wenig  vergrößert. 

1).    Seheibe  uiul  ein  Arm  von  oben. 

c.    Sclieibe  und  ein  Ann  von  nuten. 

(1.    Gekrenztes   Pedieellar. 

e.    Tenninaliilatte   des  Ai-ines  von  unten. 
Fig.   2      Pedieel  laster  Sarsii   tt.  xp. 

H.    Von  o))eu. 

1).     hJcheilie   nnd   Arm   von  unten. 
P^ig.  3.     A  s  t  e  r  i  a  s  g  e  o  r  g  i  a  n  a  ii .  fip. 

a.  \'f)]\   oben. 

b.  Dorsal.skelet  uarli  Kutl'ernung  der  Htaeheln. 

c.  Unterseite. 

d.  Pediceliarieu 

P'ig.  4.    Asterias  Steiueui  ».  sp. 

a.  Von  ol)eu 

b.  Scheibe   und  Arm  von   unten. 
Fig.  5.    Stie  haster  uutrix  ii.  sp. 

a.  Von  ölten. 

b.  Seheibe  uud  Aini  von  unten. 

c.  Von   unten   mit  zwei   Jungen   vor  der  Mundöffnuug. 

d.  Doisales   Seheibeuskelet  nach  Kuliernung  der  Stacheh]. 


Tafel  II. 

Fig.  5.     Stich  aste  r  nutrix  ;(.  sp. 

e.  Sehematische  Darstelhiug  des   linitraumes.     Querschnitt. 

f.  Junger   Seestern   aus   dem   Ünilraiim       Von  olien. 

g.  Armwirliel   dessenicn. 

h.  Junger  Scestern   neu  gelioren.    Von   oben. 

i.  Armwirliel  (b^sselben. 

k.  Gekreuztes   l'edicejlai-. 

1.  Gerades  Pedieellai-, 


jßß  Piezeichnung  der  Alilnldungcn. 

Fig.  G.     Crilirclla  Pa  <j,eu  atech  er  i   n.  sjh 

a.  Von  üben. 

b.  Von  unten. 

Fig.   7.     ()phi  o  cerami  s  antarctica  n.  sj). 

a.  Von  oben. 

b.  Von  unten. 

Fig.  8.     Ophioglypha  Martensi  n.  sp. 

a.  Von   oben. 

b.  Von  unten. 

Fig.  9.     Amphiura  ai'finis  »..  s;^''- 

a.  Von  oben. 

b.  Von  unten. 

Fig.   10.  Amphiura  Lymani  n.  sj). 

a.  Von  oben. 

b.  Von  unten. 


STD  DER  ,  Seesterne  von  Sudgeorgien  , 

zum  Bericht  über  das  Naturhisl.  Museum  zu  Hamburg   1885. 


TaF.l, 


R  A  rmbruster  dei  it  lieh . 


Jahrbuch  der  Hamburg.  wissensch.Anstallen  IL 

la - e . Fec/icellaste;^ o-clvradiaius ö'Uid.      2. a.b.  FediceUaster Sarsü  Stud. 


STD  D  ER  ,  Seesterne  von  Süd^eorgien, 
zum  Bericht  über  das  Naturhisl. Museum  zu  Hamburg  1885. 


Taf.II. 


R.Armbruster  dtl.etJlth 

Jahrbuch  der  Hamburg,  wissensch.  Anstalten  II . 

Sc  -l.  Stic/ia.9ter  nutrüa  S^ud.  ö\  a .  h.  CribcUa^  Fui/e/7sierh<^rL  Sind. 

7.  ctd).  Opino cerounis  anUircUca  Sfad.  c'^.a  Jk  (hhicurlif/dutJ/arfcrTsi  Stud. 


Ein 


Umeiifriedhof  in  Alten walde. 


Von 


Dr.  E.  Rautenberg. 


Mit  16  Abbildungen  im  Text  und  einer  Tafel. 


Die  Heide  auf  den  westlich  von  Altenwalde  belegenen  Höhen 
ist  an  Denkmälern  aus  der  geschichtlichen  und  aus  der  vorgeschicht- 
lichen Zeit  überaus  reich  gewesen.  Namentlich  bot  die  Gegend  viele 
Ijedeutende  und  interessante  Altertümer  aus  allen  vorchristlichen 
rerioden;  doch  sind  die  meisten  der  gewaltigen  Bauten  der  Steinzeit 
uiul  viele  Steinsetzungen  der  weithin  sichtbaren  Hügel  der  Bronzezeit, 
zum  Teil  l)ereits  im  Mittelalter,  zerstört  und  zum  Zweck  der  Ufer- 
befestigung und  der  l'^undamentierung  größerer  Bauten  weggefahren, 
wie  denn  schon  im  .bilirc  l:2'.in  von  den  Herzogen  .Johann  und  Albrecht 
den  Hamburgern  und  allen  das  Meer  l)efaiire]ulen  Kauileuten  das 
Privilegium  erteilt  wird  zum  Bau  des  Turmes  auf  Neuwerk  die  Steine 
von  Woldf  (später  Alten -Walde)  und  den  anliegenden  (regenden 
zu    holen. 

Wegen  der  unsclieinl)aren  Hülle  weniger  der  Zerstörung  aus- 
gesetzt waren  die  iji  den  Erdmantel  der  Hügel  eingesetzten  Urnen 
der  jüngsten  Bronzezeit  und  der  La  Tene-Periode,  so  wie  die  Urnen 
der  römischen  und  sächsischen  Zeit.  Jetzt  aber  sind  Ixü  dem  großen 
Steinmangel  jener  Gegend  auch  sie  bedroht,  und  namentlich  im  vorigen 
Jahre  haben  die  Arbeiter,  welche  nach  SteiiuMi  für  die  Uferwerke  bei 
Cuxhaven  suchten,  eine  grosse  Menge  von  Urnen  zerstört;  später,  als 
der  W^ert  derselben  l)ekannt  wurde,  sind  manclie  sorgfältiger  aus- 
gehoben und  an  Liel)halter,  namentlich  unter  den  Badegästen  von 
Cuxhaven  verkauft  worden.  Glücklicherweise  ist  der  \ Crwaltung  des 
r^rovinzial-Museums  in  Hannover,  wie  es  scheint,  der  bedeutendste 
uml  reichste  der  Urnenfriedlniie  von  den  Besitzern  Herrn  DöscJier 
und  Fräulein  ^l.  DöscJier  zur  Verfügung  gestellt  und  im  Herbste 
systematisch  ausgebeutet.  Zahlreiche  Urnen  von  einem  zweiten  nicht 
weit  davon  gelegenen  Friedhof  derselben  Zeit  hat  unsere  Samndung 
vorgeschichtlicher  Altertümer  erwerben  köjnnni  (vgl.  den  Bericht 
im  ersten  Teile  dieses  Jahrbuches). 

13 


170  Rautenljerg'.  Ein  Unieufricdlnif  in  Altenwalde. 

Die  Mehrzahl  der  auf  den  folgenden  Seiten  genauer  beschrie- 
benen Urnen  sind  im  Grundstück  des  HeiTn  HoM  jun.,  etAvas  süd- 
üstlicli  von  dem  Ringwalle  auf  der  Höhe,  welche  westlich  von  der 
Altenwalder  Kirche  liegt,  gefunden  worden;  sie  standen  etwa  0,30  m 
unter  der  Oberfläche,  wie  es  bis  jetzt  erscheinen  muß,  ohne  eine 
bestimmte  regelmäßige  Anordnung  meistens  direct  in  dem  Sandboden; 
l^ei  einigen  fanden  sich  Unterlagen  und  Seitenstützen  von  Feldsteinen. 
Die  meisten  waren  leidlich  gut  erhalten,  wenigstens  hielt,  so  lange 
die  Erde  noch  feucht  war,  die  eingeschlossene  Masse  von  Erde, 
Knochen,  Beigaben  u.  s.  w.  so  lange  zusammen,  daß  die  Urnen  in 
dem  Urnentuche  ohne  Schaden  transportiert  Averden  konnten  und  so 
genaue  Untersuchung,  die  meistens  erst  in  aller  Muße  in  Hamburg 
vor  sich  ging,  ermöglichten.  Die  gefundenen  Urnen  waren  l)is  auf 
einige  kleinere  Gefäße  und  eine  Totenurne  wiederherstellbar;  nur 
fehlt  an  vielen  der  oljere  Eand. 

Zur  Veröffentlichung  sind  die  interessantesten  Typen  ausgewäldt, 
zugleich  solche,  die  characteristisclic ,  für  die  Zeitbestimmung  und 
Cultur  wiclitige  Beigaben  enthielten;  genaue  l)ildlic]ie  Darstellung  der 
Urnen,  die  so  zuverlässig  ist,  daß  sie  weitere  Beschreil)ung  überflüssig 
macht,  war  um  so  mehr  geboten,  als  im  ganzen  bisher  die  Gefäße 
jener  Zeit  mu'  wenig  und  zum  Teil  in  ungenügender  AVeise  veröffent- 
licht sind. 

Zunächst  l.MSNcn  wir  ein  Verzeiclmiß  der  Urnen  von  Altenwalde 
folgen,  welche  ])is  zum  März  188.')  in  den  Bef^itz  der  Sammlung  gelangt 
sind  und  genügend  untersucht  und  wiederhergestellt  werden  konnten. 


V 


A.  Urne  aus  dem  (irundstück  des  Herrn  Döscher  (Nr.  1 ). 
Die  mit  Kammstrichornamenten,  Killen  inid  Stempeleindrücken  ver- 
zierten   Scherben    lafj,en    am    FeldAvege    zerstreut ;    aus    einem   Haufen 


Raiitrnl)fro-.   Ein    rnirutVitMllmr  in    Altrnwaldc. 


171 


von  Erde  und  Knochen  mit  an  hafte  iideu  Srlierbon  Avurdcn  noch 
Schlitckcn  von  rotl)ranti(Mi.  uclhen,  meerp'üncn  und  kleinen  hlnuen 
(ihtsi)erlen  von  (».004  ni  Durchmesser  heraus  <>esucht.  —  Acc.  K.  issl 
Nr.    151,    ]-r2. 

B.  Schwarze  Urne,  untere  Yerhältnißmär3ifi-  hohe  Hälfte  rauh, 
oben  Rillen  in  Zickzacklinien,  ein  Henkel,  Hals  fehlt.  Beigaben :  oelbe 
Glasperlen  in  Bruchstücken.  Geschenk  von  Frl.  Amanda  Döscher.  — • 
Acc.  Kat.    188-4  Nr.   153. 

C.  Kleine  f>Taue  Urne  vom  Felde  des  Herrn  Behrmann. 
Gr.  Durchmesser  0,16,  Höhe  0,14,  Pioden  etwas  ein^ezooen.  Oben 
Zickzackrillen,  vertiefte  Kreisflächen  mit  hervortretendem  Mittelpunkte, 
am  Hals  dem  Rand  parallele  Rillen.  Außerdem  lajien  auf  dem 
(h-undstücke  und  am  Wege  des  HeiTii  Böscher  noch  viele  zum  Teil 
reich  ornamentierte  Scherben.  —  A.  K.    1S84  Nr.   15G,   157. 


Nr.  2. 

T>.  Die  über  Nr.  2  al)gebildete  reich  ornamentierte  Urne  war, 
ich  weil?  nicht  von  Avelchem  Grundstücke,  in  den  Besitz  des  Herrn 
Obercontrolleur  Grabe  in  Cuxhaven  gelangt.  Beiga1>en  waren:  eine 
Schere  (Tafel  Fig.  U),  Messerchen  mit  Ring  (Taf.  Fig.  2),  Pincette 
(Taf.  Fig.  3),  ein  Bronzebruchstück  von  einem  (iürtelbeschlage  ('?), 
Bruchstücke  eines  Kammes  mit  einer  breiten,  gut  erhaltenen,  gerillten, 
mit  eiseriHMi  Nieten  befestigten  Deckleiste  und  einer  Srhutz])latte  für 
die  Zähne  des  Kammes  mit  Kreispunktornamenten  0.  Leider  sind 
die  Kanimfragmente  bis  auf  ein  Stückchen  von  i\vv  Schutzplatte  ver- 
loren gegangen. 

13» 


172  Rautenljevcr,  Ein  Urnenfviedhof  in  Altenwalde. 

Urnen  von  dem  Grundstück  des  Herrn  Holst. 

I.  Kiigelförinige  graubraune  Urne  mit  niedrigem  Hals,  größter 
Durchmesser  (in  der  Folge  =  gr.  D.)  0,26  m.  Inhalt:  sehr  Avenig 
große  Knochen.  Beigaben:  Fuß  und  Bügel  einer  Ambrustfibula  von 
Bronze,  Perlen,  darunter  eine  blaue  würfelförmige  mit  abgestumpften 
Ecken,  Perlenschlacken,  I^rnenharz,  Spinnwirtel  von  weißem  Thon; 
kugelförmige  Concretion  von  Brauneisen  (nach  freundlicher  Bestimmung 
des  Herrn  Dr.  Mügge).  —  A.  K.   1884  Nr.   168—173. 

H.  Große  braune  Urne,  gr.  D.  0,30,  Höhe  0,26  m,  am  oberen 
Teile  mit  glatter  glänzender  Oberfläche,  unten  rauh;  am  Halse  drei 
dem  Bande  parallele  Rillen.  Beigaben:  ein  großer  eiserner  Schlüssel 
mit  Doppelhaken  (Taf.  Fig.   13).  —  A.  K.   1884  Nr.   174,   175. 

HL  Urne  von  rötlich  braunem  Thon  mit  engem  Hals,  sonst 
Avie  Urne  XVH;  aucli  mit  ähnlichen  Ornamenten;  außen  am  Boden 
ein  rohes  Kreuz.  rx'igaben:  l)laue  Perlen  und  Glasschlackeu,  gut 
erhaltener  Eisenpfriem  mit  scharfer  Spitze,  vierkantiges  hohles 
Knochengerät  mit  Kreispunktornamenten.  - —  A.  K.   1884  Nr.   176. 


Nr.  3. 

IV.  Urne  von  rotbraunem  kiesigen  Thon,  dickAvandig,  rauh 
(Nr.  3).  Beigaben:  Armbrusttibula  von  Bronze,  Fuß  abgeschmolzen; 
Perlenschlacken  und  eine  Avohlerhaltene  Perle,  größeres  vierkantiges 
Knochengerät  mit  Kreispuidvtornamenten,  Eisen?  —  A.  K.  1884 
Nr.   177—181. 

V.  Graubraune,  etAvas  scheckige  kugelJormige  Urne,  gr.  D. 
0,24  m,  mit  dem  Rand  parallelen  Rillen  am  Hals;  Rand  abgebrochen. 
Beigaben:  Bronzeschlacken,  Reste  einer  Scheibentibula,  geschmolzene 
Perlen.  —  A.  K.   1884  Nr.   182—185. 


Kautenbei'"',  Ein   rnienfVit'dhof  in  Alteii'walde. 


173 


Nr.  4. 

VI.  Dunkle,  fast  scliwarzc  Urne  mit  Stempeleindrücken  (Nr.  4). 
Beigaben:  geschmolzene  Perlen,  Bruchstück  eines  dickwandigen 
anderen  Gefäfses.  —  A.  K.   1884  Nr.   186,   187. 

VII.  Schwarze,  wohlerhaltene  kleine  Urne,  gr.  D.  0,19, 
H.  0,17  m,  äußerer  Durchm.  am  Rande  0,08  m,  mit  8  dem  Rande 
liarallelen  Rillen;  Inhalt:  Knochen  eines  Kindes  ohne  Beigaben.  — 
A.  K.    1884  Nr.   188. 


Nr.  :..  Nr.  C 

VIII.  Dunkle  Vvuk"  (Nr.  5)  mit  Fuüansatz ;  Inhalt:  Knochen 
eines  zai"ten  Individuums,   ohne  Beigaben.   —  A.   K.    1884  Nr.    189. 

IX.  Große  rötlich-braune  Urne,  gr.  I).  0,30,  II.  0,2(J  m,  von 
glatter,  glänzender  ()l)erfläche;  am  o])eren  Teile  des  Bauches  mit 
eingedrückten  Linien  t'ingefaßte  Iiilleii  im  Zickzack;  am  Halse  dem 
Rand  i)arallele  KiHen.  r>eig;d)eii:  )l  St-hlüsselliaken  von  Eisen 
(Tal".   Fig.  11).    1    Messei-    von  Eisen    mit    langem    Stiel  (Taf.   iMg.  12), 


]^y4  T!iUitinil)f'r<i',   Ein   UrnrnlVicdlinf  in   Altciiwalile. 

2  oiseriie  riiieincn  (0  mit  ül)('rschl;it;ener  Spitze,  vierkaiitiu,t'S  Kiioclien- 
stück  mit  Kn'Lspuuktoruaiiu'iitcii  (Tal.  Fig.  lOj,  rrueiiliarz,  etwas 
(;iassclilacke,   Eisenstitt.   —  A.   K.   1884  Nr.    !!)()— ll)(i. 

X.  Eotl)raune  Urne,  an  Form  und  Ornamenten  ähnlich  der 
Urne  XVII  (Nr.  7).  Beigal>en:  Messer  mit  hmgem  Stiele,  Perlen- 
schlacken,  Eisennadel,  Reste  einer  Fil)ula  von  Bronze  mit  eiserner 
Achse,  "groüer  Ring  von  Eisen,  kleiner  Ring  von  Eisen,  dicker  Ring 
von  Bronze,  D.  0,03  m,  mit  seliarfem,  nach  außen  vortretendem 
Mittelrand,  zwei  Ringe  von  Bronzel)lechstreifen  (Fingerringe?),  2  kleine 
flache  Ringe,  D.  0,01  ni,  ein  ehensolcher  Ring  am  Messerstiel, 
vierkantiges  hohles  Knochenstück  mit  Kreispunktornamenten,  Urnen- 
harz. —  A.  K.   1884  Nr.   197—207. 

XL  Schwarze  Urne  (Nr.  (i)  olnie  Beigalien.  —  A.  K.  1884 
Nr.  208. 

XII.  Rote  Urne  mit  Strichornamenten,  oben  glatt,  unten  rauh, 
gr.  1).  0,30,  II.  0,23  m.  Beigaben:  ein  hal))er  Ring  von  feinem, 
weißen  Thon,  g.  I).  0,018  m,  geschmolzene  Perlen.  —  A.  K.  1884 
Nr.  209—211. 

XIII.  Schwarze,  nicht  glänzende  Urne  mit  vielen  abgespaltenen 
Stellen,  am  olteren  Teile  des  Bauches  rohe  wellenförmige  Rillen,  am 
Halse  parallel  dem  Rande  3  Rillen.  Beigal)en:  Reste  einer  Schei])en- 
hljula  und  eines  Beschlagplättcheus  mit  concentrischen  Kreisen  und 
Buidvt    (beide    von   Bronze)  und  rerleii.   —  A.  K.    1884  Nr.  212—210. 

XI\'.  Kleines  rotes  (iefäß  ohne  sichtbare  S})uren  von  Knochen 
und  Beigaben.   —  A.   K.    1884  Nr.   217. 

XV.  Rotbraune  Urne  mit  im  Zickzack  eingedrückten  Doppel- 
Linien  am  oberen  Teile  des  Bauches.  Beigal)en:  geschmolzene  Perlen, 
nicht  ornamentiertes,  vierkantiges,  hohles  Kuochengerät  von  0,1  m  L. 
—  A.  K.   1884  Nr.   218—220. 

XVI.  Kleine  okeriarl)ige  Urne,  an  dem  gWißten  Umfangskreis 
mit  facettenartigen  Abschnitten ;  am  Halse  dem  Raiul  })arallele  Rillen. 
Inhalt:  Hie  Kn<n'lien  eines  Kinch's  ohne  Beigalx'ii.  —  A.  K.  18S4 
Nr.  221. 

XVIL  Dunkle,  an  einigen  Stellen  l)is  zum  (ielben  sich  abtönende 
geglättete  Urne  (Xr.  7).  Beigaben:  Scheibenlibula  (Taf.  Fig.  14, 
15).     l''rauniente     eines     Doitnelkaninies     mit     gerillter    (^)uerleiste     und 


Raut(Miliovg-.   Kill   üniciilVii'(lli(,|'  in   Allciiwaldi 


175 


Kis(Miiii('t(>  (Nt.  1-4),  sehr  viele  Selil.-ickeii  von  (ilnsiierlen  (k;min 
von  (iefäüen).  fiesle  eines  im  Fener  zerstruieii  llronze^-efiiües  mit 
starkem  liand;  niclil  ornamentii-tes.  ^ei^Ülttetes.  seliaii"  ah^csehnittenes, 
rundes.   Inihles   Knochenartelact.   — -  A.   K.    1884  Nr.   221 22(i. 


XVIII.,  XIX.     Urnen     oinie     l)esnndere     Ornamente     und     olnie 
Beigaben.  —  A.  K.    1884  X^-.  227.  228. 


'N'i'.  s.  -NT,,   ^o 

XX.      Urne     von    glän/eiidem     dniddem     'l'lion     (Xr.    .s);     oline 
Beigaben.  —  A.  K.   1884  Nr.   229. 

XXI  —  XXVII.       Brnebstücke     zum     Teil    reicb    (M-namentierter 
(ietaüe   verscbiedener  Form.   —   A.    K.    Is84   Nr.   )!'?,() — 2;!(i. 

XXVIII.      (irol.Je   braune   sebr  gut   erbaltene    ('nie.   gr.    I).   0,29, 
II.   (),2(i  in.   am  Boden   ein  ndies  Kreuz.     Beigaben:    ilältte   eines   vier- 


V/G 


Eant'iilicro'-  Riii  TTniPiifiMcillidf  in   Altenwalde. 


kantigen    hohlen    Knochengerätes    ohne    Onianiente ,    2  kleine  Perlen- 
schlacken.  —  A.  K.   1885.  Nr.   1—3. 


Nr.  '.I.  Nr.  10. 

XXIX.  ()rangengell)e .  an  einigen  Stellen  geschwärzte  Fuß- 
urne (Nr.   9),  ohne  Beigalien.  —  A.  K.   1885  Nr.  4. 

XXX.  Kleine  schwarze  Urne  (Nr.  10)  mit  eiserner  Klammer 
etwa  wie  Troyon,  tomlieaux  de  Bei  Air.  tal)l.  I  13  und  II  2)  — 
A.  K.   1885  Nr.  5.6. 


Nr.  11. 

XXXI.  Graue  his  schwarze  Urne  (Nr.  11),  Beigahen :  Schlacken 
von  Bronze  und  Glasperlen,  Bronzestift  von  0,01!)  m  L.,  Eisennadel, 
etwa  Vb  einer  (xlasi^erle  von  hell  grünem  Glase  mit  2  braunen  Pa- 
rallelstreifen,   gr.    1).   0.012,    Öffnung  O.OOC,  Höhe  0,00(;  m.   —  A.   K. 

1885  Nr.   7.  8. 


llaiiti'iiliri'L!-,   Ein   TTnuMiiVii 


Alt 


XXXII.      (Iran    liis    .urünlicli --raii --vlhc   Unic  (Nr.    19). 
K.   1885  Nr.   1). 


177 
A. 


XXXIII.  Kloiiic  nielit  ornamentierte  uvanc  l'rnc  mit  Knoclien 
eines  kleinen  Kindes.  —  A.   K.   1885  Nr.  10. 

XXXIV.  Reste  einer  rotbraunen  l'i'ne.  Uci^aheii:  9  einlache 
Hakenschlüssel  von  Eisen  wie  Taf.  Fv^.  II  einer  von  0,17  m  L..  Kest 
einer  Nadel  von  Eisen,  eiserner  Einjn'  mit  Ih'on/esclilacken ,  Stücke 
geschmolzener  formloser  Bronze,  Rand  eines  lironzegetäües ,  l'erleii- 
schlacken.   —  A.   K.    1885   Nr.    11—15. 

XXX\'.  Schart  jj,('brannte  l'i'ne  von  f;i'au-r(")tricher,  nicht  gliin- 
zender  Oberfläche,  nrit  grauem  liruch ,  am  oberen  Teile  des  Bauches 
sechs  nach  unten  offene  kreisbogenl'örmige  Doppelrillen,  darüber 
parallel  dem  Rande  scharf  eingeschnittene  Rillen.  Beigaben :  Brucli- 
stücke  eines  Knochenkammes  (Nr.  15),  Pinzette  (Taf.  Fig.  4), 
Messer  (Taf.  Fig.  5),  Schere  (Taf.  Fig.  0)  von  Bronze.  —  A.  K,  1885 
Nr.  31—34. 


Nr.  i:!. 

XXXVI.  Schwarz  geglättete  Urne  (Nr.  11!)  mit  durcligedrückten 
Buckeln,  Wülsten,  mit  Grätenornamenten,  Strichen  und  Punkten  reich 
verziert.  Beigaben:  Schere  (Taf.  Fig.  7),  Pinzette  mit  Ohrlöffel  an 
einem  Tragring  mit  eisernem  Stift  befestigt  (Taf.  I*'ig.  8),  Messer  (Taf. 
Fig.  i»)  von  Bronze,  Reste  eines  Kammes.   —  A.   K.    1885  Nr.  35 — 38. 

XXXVII.  Dickwandige  auTjen  rote,  innen  schwarze  große  Uriu! 
mit  hohem  Unterteil,  Striclioi'namenten  am  oberen  Teil  des  Bauches; 
Hals  fehlt,   gr.   D.  0,29,   gegenwärtig  IL  0,2fi.    Beigaben:    Bruchstücke 


178  Rantoiilicv<jc,  Ein  UrneiifVicilliof  in   Altonwaldo. 

eines  Bronze oeftlß es  mit  starkem  Rand,  kleine  Arml)rustfibnla  (Taf. 
Fip,-.  IG)  von  Bronze  mit  eiserner  Aehse ,  (iO  (Jramm  Perlenschlacken 
nnd  heile  I*erlen .  darnnter  die  hlane  Perle  (Taf.  ]''i^-.  17)  und  die 
o-elbe  (Taf.   Fi.o-.  IS).  —  A.  K.   1885  Nr.   P.9— 42. 

XXXVIII.  Kleine  j>Tan|i;cll)e,  niclit  geglättete  l^ne,  gr.  I).  0,1, 
nüt  durchgedrückten  groruMi  und  kleinen  Buckeln  und  vertikalen 
Wülsten;  ohne  Beigal)en  A.  K.   1885  Nr.  43. 

Endlich  erwälnie  ich  aus  einer  von  einem  Arbeiter  angekauften 
Kollektion  von  l)i'uchstiicken  der  verschiedensten  Art  5  Bruchstücke 
von  Scheil»entil)uh'i.   weh'he   später  genauer  l)esi)r(>clien   werden   sollen. 


Die  Thongefäße. 

Die  Mt'hr/ahl  der  l»eschriel)enen  Thongefäüe  haben  dazu  gedient, 
die  Reste  des  Leichenbraudes  aufzunebnien ;  nur  einige  frei  im  Boden 
in  der  Nähe  von  Urnen  gefundene  Scherben  von  ganz  kleinen  (iefäßen, 
scheinen  Reste  von  Trinkgefärsen  zu  sein. 

Das  Material  ist  durchweg  ein  guter  Thoii ,  mit  sehr  feinem 
oder  gar  keinem  Kieszusatz,  nur  l)ei  Tme  IV  und  XXXVII  ist  die 
zugesetzte  Kiesmasse  grob  gepulvert.  Die  meisten  sind  mit  einer 
noch  feineren,  oft  fettig  glänzenden  Tlionschicht,  in  welche  auch  die 
Ornamente  abgedruckt  sind,  überzogen;  l)ei  einigen  durch  und  durch 
gleichmäßig  schwarzen,  auf  der  Oberfläche  nicht  glänzenden  (wie  XIII) 
ist  die  obere  Schicht  an  vielen  Stellen  abgespalten.  Von  den  Orna- 
menten kehren  außer  den  eingedrückten  Linien  und  Rillen  von  ver- 
schiedener Breite  uiul  Tiefe  das  kreisrunde  Grü])chen  mit  konzentrisch 
herumliegenden  Punkten  (Nr.  7,  Urne  XVII,  vgl.  III,  X),  die  durch- 
gedrückten vertikalen  Wulste  (Nr.  5,  Nr.  13,  Urne  VIII,  XXIX, 
XXXVI),  die  Stempel  (Nr.  1,  Nr.  4,  Urne  A.  K.  1884  No.  151 
und  Urne  VI),  die  durchgedrückten  kugelh'irmigen  Buckel  (Urne 
XXXVI  uiul  XXXVIII)  an  mehreren  Exemplaren  wieder.  Die  Ent- 
wicklung des  Eußes,  dessen  Entstehung  aus  einer  leichten  Anscliwellung 
des  Bodens  an  einer  neuerdings  envorbenen  Urne  sich  schön  nach- 
weisen läßt,  ist  durch  Vergleicli  von  Urne  VIII  (Nr.  5)  mit  Urne  XXXVI 
(Nr.  13)  und  XXIX  (Nr.  9)  weiter  zu  verfolgen.  Zwei  Urnen  (Nr.  2)  und 
Urne  XI  (Nr.  0)  zeigen  die  im  Einzelnen  etwas  roh  erscheinenden, 
iiu  (ianzen  gut  wirkcmlen  Eindrücke,  die  mit  einem  Messer  oder 
einem  ähnlichen  Instrunu-nte  von  Holz  oder  Metall  eingedrückt  sein 
werden.       Beachtenswert     sind     auch    die    Ornamente     von    Urne    XX 


liiiiitcnlici-i^-.    l'j|}    ri-nciilVicilli(il'  in    Alten  wähle.  179 

(Nr.  S)  1111(1  rnic  WXII  (Nr.  12);  olicnhar  ist  das  >r()tiv  ein  iiiii 
den  rnu'iilials  «^clctitcr  dicker  Strirk ,  von  widcliciii  bei  XXXll  drei 
lläiiucstiickc  ;il)ffelu'n,  während  die  vertikalen  Wülste  von  X.X  in  der 
Mitte   der   rriic   ohne   eiuentlicheii   .Vhschliiü    verlauren. 

Die  einiueheren  (ietäüe  /.  l\.  Iriie  IX.  \V(dche.  ah^cseheii  von 
der  im  Kreise  aii^ueorchieteii  Puuktverzieriinn',  eine  auti'alleiide  Ähn- 
lichkeit mit  der  in  den  .Jahrhüclieru  f.  mekl.  (iescli.  XLIX  S.  1 1  ab- 
uehildeten  Tme  von  l'ritzier  hat,  gehören  nach  Forin,  'rochnik  und 
Ornainenten  der  Zeit  des  späteren  rrnnischeii  l^intluRes  an.  den  wir 
als  vom  l\iiein  /.ti  Wasser  und  zu  Lande  nach  Norddeiitschland  <fv- 
langend  aniudimeii.  Die  L!,rr»(.5ere  Zahl  /ei^t  die  hiintere  KiL!,eiiurt  der 
sogenannten  sächsischen  Cietäüe,  die  man  wohl  nach  dem  typischen, 
ziemlich  weit  bekannten,  weil  verstreuten  l""nnden  von  Perlberg  bei 
Stade  ,,Perlberger'-  nennen  könnte.  in  der  Hamburger  Sammlung 
liegen  derartige  aus  Holstein  stammende  (ietaüe  und  Scherben  mit 
charakteristischen  Beigaben  ans  den  rriienfriedli(>teii  von  l)arsl;)üttel 
bei  Wandsbek ,  von  Ulzburg  und  von  Horgstedt  bei  Kendsbiirg.  Die 
Hauptmasse  des  letztgenannten  Fundes  befindet  sich  in  Kiel;  vergi. 
Handelmann  (Schritten  des  Naturw.  Ver.  in  Schi.  H.  H  2,  S.  78  ff. 
Verhaudl.  der  Berl.  Anth.  Ges.  1877  S.  30  ff.,  1883  S.  29.-)  ff".  Ka- 
talog des  Schi.  IL  Museums,  Eisenalter  S.  T)).  Für  Mecklenbuig  hat 
von  Estorff  (Altert,  v.  (izeii  XVI  0)  eine  scheine  LTrne  mit  dureh- 
gedrücdcten  Buckeln  und  Strich-  und  Grübchenornament  aus  Ilülseliurg 
abgebildet  und  neuerdings  hat  Beltz  in  den  Jahrbüchern  des  \  ereins 
f.  mekl.  Gesch.  XLIX  S.  7  ff",  ähnliche  Gefäße  aus  einem  L^rnenfriedhof 
von  Spornitz  nachgewiesen.  Von  dem  Ihiken  Ufer  der  Elbe  sind  in 
unsere  Sammlung  gekommen  Urnen  von  Issendor}) ,  Amt  Harsefeld, 
(Katalog  No.  801—808),  von  Perlberg  bei  Stade  (^vgl.  Kranse,  Stader 
Archiv  II  271  ff".),  von  unlxdvannteii  Fundorten  namentlich  eine  vor- 
züglich erhaltene  große  Buckelurne  mit  engem  Hals  (Kat.  Nr.  825), 
ein  ähnliches,  kleines  (Ka^t.  Nr.  82())  und  verschiedene  mit  Stempeln. 

Dieselben  Formen  alier  mit  densellten  Oi'namenten,  namentlich 
den  Buckidii  und  den  Stempeleiiidrücken  kommen  wieder  in  den  von 
den  Angelsaclisen  zunächst  eroberten  Teilen  Englands  nördlich  von 
der  Themse  vor.  Zu  vergleichen  wäre  die  bei  Akermann,  Remains 
of  Saxon  Pagandom  jil.  IV  p.  7  abgebildete  Lame  mit  unsrer  Urne  VI 
(Nr.  4),  für  die  Urnen  mit  vertikalen  Buckeln  die  a.  a.  O.  pl.  XXII 
abgebildete  Linie  von  Eye  (Suffolk),  in  welcher  Pinzette,  Schere, 
Messer  von  Eisen  und  ein  Kamm  mit  dreiekigem,  durch  konzentrische 
Kreiseindrücke    mit   starken    l'nnkteii    verziertem    liandgi'ilf  lagen. 


180  EantoiiLfro-,  Ein  ürnenfriedlinf  in  Altenwalde. 

Aucli  zoi^t  sicli  Uli  der  englischcu  Urne  der  vorspringende 
P'ußrand,  so  daß  wir  avoIü  herechtijut  sind  die  Urne  mit  Urne  VIII 
(No.   5)  in  eine  Reihe  zu  setzen. 

Die  Beigaben. 

Von  den  Beigaben  sollen  nur  diejenigen  besprochen  werden,  aus 
denen  sicli  Scldüsse  auf  Zeitstellung  und  Kulturgesehiclite  ziehen  lassen. 

Die  meisten  Ik'igahen  nanu-ntlich  diejenigen,  welche  Schmuck- 
(Jegenstände  gewesen  sein  kiinnen,  sind  (h-ni  Feuer  ausgesetzt  gewesen 
und  demnach  zum  Teil  recht  unansehnlicli  geworden.  Danach  scheint 
es,  als  oh  die  Leiclien  in  voller  Kleidung  mit  dem  dazu  gehörigen 
Schmuck  an  Nadeln,  I'ibeln,  Perlen  etc.  verbrannt  seien,  und  diese 
Annahme  wird  durch  die  Lage  der  Gegenstände,  die  zwischen  den 
Knochen  in  der  Urne  zerstreut  lagen,  bestätigt.  Dagegen  sind  die 
Pincetten,  Messerchen,  Scheren  (Taf.  Fig.  1 — 9),  der  große  Schlüssel 
(Taf.  Fig.  13),  die  Fibula  auf  Taf.  Fig.  l(i  und  I"ig.  14,  15,  sowie 
einzelne  Perlen  allem  Anscheine  nach  niclit  mit  im  Feuer  gewesen, 
und  also  wohl  nachträglich  als  fromme  Beigaben  zugefügt. 

Die  Fibula. 

Zwei  Typen  der  Filieln  siiul  in  den  l)esprochenen  Urnen  ver- 
treten: die  Armbrusttil)ula  mit  halbkreisförmigem  Bügel  und  (durch 
Feile Vj  gekerl)tem  Fuß  von  Bronze  mit  eiserner  Achse  in  mehr  oder 
minder  vollständigen  F.vemplaren  von  verschiedener  (iriiße  (vgl.  Taf. 
I'ig.  l(i  und  Tischler,  I>eitr.  z.  Anthrop.  ii.  rrgescli.  Bayerns  1\  77) 
und   die   Scheibentibnla. 

Das  einzige  in  seinen  wesentlichen  Teilen  vollständig  erhaltene, 
leider  durch  Oxydation  stark  beschädigte  Exemplar  ist  Taf.  Fig.  14,  IT) 
abgel)ildet.  Die  Fibula  bestand  aus  2  Teilen,  einer  Platte  mit  Spiral- 
feder, Nadel  und  Nadelhalter  von  Bronze  und  eiserner  Achse  (Fig.  15) 
und  einer  mit  Blei  aufgelöteten  Scheil^e  mit  kunstvoller  Verzierung. 
Den  Mittel})uukt  einer  mit  ';]  Kränzchen  und  8  Halljkügelchen  gezierten 
von  einem  gekerbten  Kranz  umgebenen  Bronzescheibe  1)ildet  eine 
Halbkugel  von  blauem  Glas.  Um  die  Scheibe  liegt  ein  am  Rande 
fiaclier,  an  der  Scheil)e  zu  einem  Strickornament  verdickter,  geriefelter 
Ring  von  Blei.  Herr  Director  Wibel  dem  unsere  Sammlung  auch  in 
diesem  Falle  die  genaue  Analyse  verdankt,  tt'ilt  darül)er  mit:  Beim 
Firhitzen  auf  Kohle  für  sich  und  mit  Soda  Reaction  auf  Blei  mit 
Spur  von  Antimon.  Die  Sali)etersäure-Lüsung  (U'S  rückständigen 
Metalles    giebt    keine    Reaction    auf   Silbt'i'.     dagegen    alle    aul'   Blei. 


Rautenljer<r.  Ein  Urnenfricdhof  in   Altonwalrle.  181 

Demnach  sind  der  äußore  Rand  der  Fibel  und  der  Zwischenbela^' 
oxydiertes  Blei  mit  Spuren  von  Antimon,  ohne  Silber."  Uel)er  das 
Vorkommen  von  I>l(ü  in  anfielsäelisischen  Gräbern  vgl.  Olsbausen 
VerbdI.   d.   Berl.   A.   (i.    1884   S.  536. 

Die  S))irale  wird  vermittelst  der  .\chse  an  einen  ans  der 
Rückwand  der  Scheibe  hervortretenden  Zapfen  befestip;t,  doch  gewöhn- 
lich so,  daß,  wie  es  übrigens  anch  l)ei  den  Ambrustfibeln  dieser 
Periode  der  Fall  ist,  die  Windungen  des  Drahtes  nicht  gleichmäßig 
auf  beide  Seiten  verteilt  sind;  demgemäß  liegt  auch  der  Nadellialter, 
der  gewöhnlich  Aveit,  durchschnittlich  0,01  m  versjjringt,  nicht  in  der 
Mitte ;  bei  einem  Fragment,  das  von  einem  Arlx'iter  erworben  wurde, 
sind  2  Zapfen  rechts  und  links  von  den  Spiraltederenden  zur  Aufnahme 
der  Achse  angebracht.  Außer  dem  vollständigen  Exemplar  (Taf. 
Fig.  14,  15)  und  diesem  Bruchstück  (A.  K.  1885  Nr.  49c)  besitzen 
Avir  noch:  Scheibe,  D.  0,025  m,  mit  Spirale  und  Xadelfuß  ohne 
Nadel  mit  durch  Feuer  zerstörtem  Schmelz  (email  cham})  leve)  aus 
l>lauen  und  Aveißen  Fäden  oder  ^lilletioristäbchen  (A.  K.  1885  Nr.  48); 
Scheil)e,  D.  0,032.,  mit  Sjjirale  und  Nadelfuß  obne  Nadel  mit  Resten 
von  größer  uinl  kleiner  blau  und  Aveiß  carrierten  (^hiadraten,  Avelche 
schachbrettartig  geordnet  und  durch  rotbraune  liinieii  getrennt  Avaren 
(A.  K.  1885  Nr.  47,  vgl.  von  Cohausen,  Römischer  Schmelzschmuck 
in  Annalen  d.  Ver.  für  Nassauisclie  Altertumskunde  etc.  XIT  S.  225, 
Taf.  I  14;  aus  der  Salburg  bei  Homburg);  2  Scheiben' mit  Spiralen 
und  Nadelfuß,  oben  nicht  verziert,  mit  Nietloch  oder  Niete  zur  Befesti- 
gung der  fehlenden  Zierscheibe  in  der  Mitte  (A.  K.  1885  Nr.  40 
a,  b)  und  die  zAvei  oben  erAvähnten  Reste  aus  Urne   \'  und  XIII. 

Das  Material,  mit  Avelchem  die  beiden  ..Emailbrochen"  belebt 
sind,  sind  nach  Herrn  Director  Wibel's  gütiger  ^litteilung  .jene  eigen- 
artigen sclilackigen  Glasflüsse  mit  Zusätzen  färbender  und  trübender 
Art,  AA'ie  sie  den  römischen  Artefacten  eigen  sind.  Man  kann  sie 
Avohl  Email  schlechtAveg  nennen,  sie  liilden  aber  meiner  Ansicht  nach 
eine  Zwischenstufe  zAvischen  schlechtem  Glasfluß  und  guter  Email. 
Die  Technik  ist  Avesentlich  an  letztere   sich   anschließend." 

Die  Form  der  Scheibenflbula  ist  für  die  römisch-germanische 
Zeit  recht  characteristisch;  in  fast  allen  von  der  \'ölkerAvanderung 
germanisierten  Ländern  des  römischen  Reiches  ist  sie  mit  besonderer 
EntAvicklung  der  Ausschmückung  vertreten  und  hat  sich  bis  ins  späte 
Mittelalter  und  im  (Jrunde  in  der  modernen  Broclie  erhalten.  Vür 
Norddeutschland  verAveise  ich  auf  Mitteilungen  Hostmann's  in  seinem 
..Urnenfriedhot  von  Darzau  51,  Taf.  VHI  Fig.  11,  12;  für  SüdAvest- 
Deutschland  auf  Lindenschndt,  Altert,  d.  h.  V.  Bd.  I.    1  T.   VHI   1  — 12; 


182  Eautenlierjr,   P^in  Unieiifrierlhnf  in  Altenwalde. 

9  T.  VIII  1—5;  12  T.  VIII  2,  5,  14;  Bd.  II.  10  T.  VI  2,  3,  4  und 
öfter,  und  auf  Lindensclnnit's  Erläuterunjien  7ai  III  8  T.  III  4  und 
Beilage  zu  Bd.  III  Heft  1    S.  34  ff. 

Sehr  reich  und  prächtig  geschmückte  Scheihenfil)uL'i  findet 
man  in  den  sächsischen  Teilen  Englands,  avo  die  Scheiben  mit  Gold- 
oder Silberplatten  oder  mit  Glasflüssen,  Glasstücken,  Halbedelsteinen 
und  FiligranAverk  verziert  sind.  Zu  verweisen  ist  auf  Akerman, 
Eemains    etc.    pl.  XXX   1,  3,   5,  7—12;   XXXIII  5;   XXXVIII    12  etc. 

Schere,  Pinzette.  Messer. 

Schere,  Pinzette  und  Messer  und  der  Knochenkamm  kommen 
in  den  Urnen  der  römisch-germanischen  Periode  ebenso  oft  zusammen 
vor  wie  Rasiermesser,  Pinzette,  Stift  oder  Pfriem  in  den  Gefäßen  der 
jüngsten  Bronzezeit.  Während  die  Geräte  der  Bronzezeit  fast  gleich, 
ihrem  mutmaßlichem  Gebrauch  entsprechend  groß  sind,  sind  die  jener 
späteren  Zeit  sehr  verschieden ;  sie  kommen  vor  von  großen  handfesten 
Exemplaren  aus  Eisen  und  Bronze  bis  hinal)  zu  den  kleinsten  Miniatur- 
stückchen,  die  kaum  in  Wirklichkeit  gebraucht  werden  konntiMi  und 
wie  Kindcrspiclzcug  oder  symijolischc  l'x'igalx'  für  den  Toten  er- 
schciucii.  So  entliiclt  eine  neuerdings  dem  Museum  geschenkte  mittel- 
große Urne  XXXXI  mit  wenig  Knoelien  eines  erwachsenen  Meiiselien 
außer  Eesten  eines  Knoehenkanimes  ein  Seherehen  von  (1.027,  ein 
Messerchen  von  0,023,  eine  Pinzette  von  0,0l^>  m  L.;  sämtliche  Sachen 
waren  aus  Bronzeblech  roh  gehämmert. 

Daß  die  Geräte  Ijei  einfachen  Völkern  eine  vielseitige  \  er- 
wendung  finden,  ist  wohl  allgemein  anerkannt,  daß  daher  Schere, 
Messer  und  Pinzette  nicht  nur  beim  Nähen  und  ähnlichen  Handarbeiten, 
so  Avie  besonders  für  die  Pflege  des  Haares  und  Bartes,  sondern 
eventuell  auch  bei  chirurgischen  Operationen:  Aufschneiden  von  Ge- 
schwüren, Splitterausziehen  u.  dgi.  angCAvandt  sind,  ist  Avohl  anzu- 
nehmen. Zu  welchem  Z^veck  alter  mag  das  einein  Ohrlöffel  ähnliche 
Instrument  (Taf.  Eig.  8)  gebrauelit  seinV  Das  häutige  ^'orkomnlen 
dersell»en  mit  Pinzetten  (in  der  Hainl)urger  Sammlung  freilich  nur 
1  Exemplar  aus  der  (iegend  von  Hornel)urg  A.  K.  1883  Nr.  17)  uiul 
andern  (iegenständen  der  Toilette  und  der  K(>ri)eri)flege  (vgl.  für 
England  z.  B.  Akerman,  l^(Mnains  ]>.  71  PI.  XXXV  4  für  Norwegen 
Rygh,  Norske  Oldsager  Nr.  I(i4  und  S.  47)  legt  die  Annahme  nahe, 
daß  es  in  der  That  Ohrlöft'el  sind,  niul  ohne  Bedenken  erklärt  ganz 
neuerdings  ain/h  Rygh  die  il  in  Norwegen  gefundenen  Exemplare  für 
Ohrlößelclien,  indem  er  annimmt,  daß  sie  Avie  die  Pinzetten,  Schlüssel 
und  andere   derartige  kleine  (Gegenstände  am  Gürtel  hängend  getragen 


rfauk'iilM'i'o'.    Ein   rrncnfriLMlIiiif  in   Alti'!i\vM]il('. 


II 


wurden.  Der  mir  ciiiuial  i'reilicli  von  (lurcliniis  koni])ftenter  Seite 
aus;j;esi)r()elieiien  \'erniutunu.',  sie  liätten  als  SalhcnliitVelclieu  Verwen- 
dung <j;et'unden,   kann  ieli  nicht  beitreten. 

Geräte  aus  Knochen. 

a.  Käiniue. 


Nr.  14. 

Aus  der  l  rne  a\11  (Xo.  7)  stammen  die  Keste  eines  l)u[>i)el- 
kammes  (No.  14),  welcher  aus  wahrscheinlich  5  Kuoclienplatten 
bestand,  die  /wis(dien  zwei  uerillten  (^Kierleistcii  inil  eisernen  Nieten 
befestigt  waren  ;  die  Zähne  der  oberen  Seite  stehen  bedeuteiul  enger, 
als  die   der  unteren.      In   der  Urne  XXXV  lagen  die  Bruchstücke  eines 


Xr.  1.-.. 


Kammes  mit  verziertem  Oberrand  (No.  15)  vollständig  zerstreut  an 
den  verschiedensten  Stellen  des  Gefäßes.  (Jefunden  und  zusammen- 
gesetzt wurden  1  Knocheni)latten,  die  zwischen  zwei  oft'enl)ar  drei- 
eckigen  Deckplatten    mittelst    bronzener   Nietstifte    zusammengehalten 


Jg4  Rautenberg,  Ein  Urnenfriedhof  in  x\ltenwalde. 

gewesen  zu  sein  scheinen.  Woraus  diese  Deckplatten  bestanden  haben, 
ist  nicht  zu  entscheiden,  vielleicht  waren  sie  von  Holz,  welches  beim 
Leichenbrand  zerstört  ist.  Daß  sie  aber  dreieckig  nicht  leistenförmig 
gewesen  sind,  läßt  sich  aus  der  Doppelreihe  der  Nieten  (4  unten, 
2  oder  o  oben)  ersehen.  Außerdem  fanden  sich  noch  Teile  der  feinen  mit 
Kreispunktverzierungen  und  dem  Eande  parallelen  Strichen  versehenen 
Schutzplatte  für  die  Zähne.  Zu  vergleichen  wäre,  abgesehen  von 
einigen  Kämmen  des  Neustädter  Feldes  bei  Elbing  und  des  Vimose- 
fundet  (Tafel  2)  namentlich  der  Perlljerger  Kamm  der  Hamburger 
Sammlung,  welcher  im  Stader  Archiv  H,  Taf.  3  Fig.  3,  nicht  gerade 
genau  gezeichnet  ist;  im  übrigen  dem  Altenwalder  Kamm  ähnlich, 
fehlt  ihm  die  hübsche  Randverzierung.  Aehnlich  ornamentierte 
Schutzplatten  finden  sich  öfters;  vgl.  z.  B.  Lindenschmit  A.  d.  h. 
V.  I  9  Taf.  VI  3 — 8.  Im  Zusammenhange  mit  Material  und  Form 
der  zu  verzierenden  Fläche  stehen  wohl  die  bei  derartig  gestalteten 
Kämmen  der  verschiedensten  Völker  stets  wiederkehrenden  Ornamente, 
namentlich  der  concentrischen  oder  einfachen  Kreise  mit  Punkten  in 
der  Mitte;  außcrdciii  sind  die  Zirkzacklinien,  die  srhraffierten  Dreiecke, 
das  Wolfszahnoriiann'iit  weit  verbreitete  beliebte   Verzierungen. 

In  den  Fmen  XXXVI  (_Xo.  13)  und  XXXXI  sind  nel)en  den 
Scheren,  Pinzelten  und  Messerchen  auch  unbedeutende  Bruchstücke 
von  je  einem  Kamm  gefunden,  und  ebenso  hat  auch  in  der  ül)er 
No.  2  dargestellten  Urne  ein  verhältnismäßig  gut  erhaltener  Kamm 
gelegen.  Als  ich  zuerst  den  Inhalt  der  Urne,  die  gleiidi  im  Anfang 
der  Entdeckungen  in  Privatbesitz  gelangt  war,  zu  sehen  Gelegenheit 
liatte,  fand  ich  darin  recht  ansehnliche  Fragmente  eines  großen 
Kammes  mit  starken  gerillten  Querleisten  etwa  wie  Lindenschmit, 
A.  d.  h.  V.  I  \)  Taf.  \l  3  oder  Troyon,  Tombeaux  de  Bei- Air  pl.  II  1. 
Leider  sind  diese  wertAollen  Stücke,  die  sich  gewiß  bei  sorgfältiger 
Durchsuchung  der  Knochen  hätten  vervollständigen  lassen,  bis  auf 
ein  kleines  Stück  der  Sclnitzplatte  verloren  gegangen. 

b.  Zieri'öhren  aus  Kuochen. 

Aus  Knochen  verscliicdencr  Thiere  sauber  geschnitten  sind 
die  Gegenstände,  wie  Tal'.  Fig.  10,  die  man  auf  den  ersten  Blick  für 
Messer-  oder  Pfriemen-Gritfe  zu  halten  geneigt  sein  möchte.  Diese 
Geräte  sind  sämnitlicli  mit  im  Leichenbrande  gcAvesen,  daher  zer- 
sprungen, und  so  sind  bis  jetzt  nur  Bruchstücke  unter  den  calcinierten 
Menschenknochen  zerstreut  gefunden.  Gelungen  ist  es  im  ganzen 
sieben  einigermaßen  Aviederherzustellen. 


Rautcnljcrp'.   Vau  T'nienfvinllKif  in   Altemvalde.  185 

1)  Das  auf  Tai".  Fi^-.  Kl  ab^obüdete  Stück  (aus  Urne  IX)  ist 
auch  auf  der  uuterou  Seite  \u\i\  /war  mit  II  I)op)ielkreison  um  jeden 
Punkt  verziert;  ZAvei  Seiten  sind  glatt.  Dieses  Stück,  wie  auch  die 
unter  2 — 5  verzeichneten,  ist  aus  dem  Fuüknochen  eines  Säugetieres 
(Schal V)  geschnitten.  Die  concentrischen  Kreise  könnten  mit  einem 
dreis})itzigen  oder  auch  mit  einem  weiteren  und  einem  engeren  zwei- 
spitzigen Zirkelinstrument  (vgl.  Verh.  der  Berl.  A.  G.  1884  S.  442) 
gemacht  sein.  Die  Ornamente  der  andern  sind  freilich  mehr  oval, 
doch  kann  das  eine  Folge  der  Einwirkung  des  Feuers  sein,  in  welchem 
die  Knoclienstücke  der  Breite  nach  mein-  geschwunden  sind  als  der 
Länge  nach. 

2)  Das  aus  Urne  III  stammende  Exemplar  von  jetzt  noch 
0,085  m  Länge  hat  auf  der  ersten  Seite  3  Augen  mit  Doppelkreisen, 
auf  der  zweiten  4,  auf  der  vierten  3  mit  Doppelkreisen,  2  mit 
einfachen  Kreisen ;  auf  der  dritten  Seite,  die  unvollständig  ist,  scheinen 
der  ersten  entsprechend  drei  Doppelkreise  mit  Punkten  gewesen  zu  sein. 

3)  In  Urne  X  fanden  sieh  lU'uchstücke  eines  nur  auf  einer 
Seite  verzierten  Stückes. 

4)  Aus  den  Bruchstücken,  welche  sich  in  Urne  XV  fanden, 
ließ  sich  ein  fast  vollständiges  0,1  m  langes  vierkantiges  Exemplar 
herstellen,  welches  an  dem  einem  Ende  fast  quadratisch  0,007  m,  am 
andern  Ende  O.Ol   zu  0,006  m  mißt. 

5)  Ein  ähnliches  Endstück  fand  sich  in  Urne  XX\  IIL 

H)  In  der  L^rne  IV  sind  die  Fragmente  des  größten  Flxemplares 
gefunden,  welches  0,090  m  in  der  Länge,  0,014  m  in  der  Seite  des 
quadratischen  Durchschnittes  mißt  und  auf  allen  4  Seiten  zahlreiche 
(wenigstens  8)  zum  Teil  undeutlich  gewordene  Kreispunktornamente 
trägt.  Es  muß  aus  dem  Knochen  eines  größeren  Säugetieres  ge- 
fertigt sein. 

7)  Ein  rundes  Stüpk  aus  Urne  XVII  von  jetzt  noch  0,1  m  Länge 
endlich  beweist  durch  die  platte  Fläche  des  eines  Endes,  daß  es  ein 
Artefact  ist.  Es  ist  (nach  freundlicher  Fesstellung  durch  Herrn  Dr. 
Pfeffer  und  Herrn  Konservator  Böckmann)  aus  dem  I'lügelknochen 
eines  größeren  Wasservogels,  vermutlich  einer  Gans,  geschnitten;  da 
jede  Spur  einer  Unebenheit  zum  Ansatz  der  Schwungfedern  fehlt, 
könnte  man  auf  eine  als  Haustier  gehaltene  Art,  welche  das  Fliegen 
verlernt  hatte,  schließen. 

Wie  schon  oben  erwähnt  ist,  ist  man  zunächst  geneigt,  die 
Stücke  für  (iriffe  von  Messern  oder  Pfriemen  zu  halten;  doch  sind 
zunächst  diese  Griffe  für  die  sehr  langen  Stiele  der  gefundenen  Messer 

14 


jgg  Rauteiiberg,  Ein  Urnenfriedhof  in  Altenwalde. 

ZU  kurz;  wollte  man  sie  als  Pfriemenoriffe  erklären,  so  ist  es  auf- 
fallend, daß  nur  2  derselben  (in  Urne  l\  und  IX)  mit  Pfriemen  oder 
ähnlichen  Geräten  zusammen  gefunden  sind.  Freilieli  -war  das  Exemplar 
aus  Urne  IX  mit  einem  der  beiden  darin  befindlichen  Eisenstäbchen 
derartig  zusammengerostet,  daß  ihre  Zusammengehörigkeit  sicher  zu 
sein  schien;  doch  haben  genauere  Untersuchungen  bei  Lösung  und 
Eeinigung  des  Eisengegenstaudes  ergel)en ,  daß  nur  eine  stabförmige 
Oxydmasse  in  die  Höhlung  des  Knochen  hineingedrungen,  nicht  aller 
das  Eisen  selbst  in  dasselbe  hineingesteckt  war.  Auch  sieht  man 
nicht  recht  ein,  zu  welchem  Zweck  bei  einem  Griff  auch  das  obere 
Ende  offen  sehi  sollte ;  besser  hätte  man  hierfür  doch,  die  oben  ge- 
schlossenen Enden  der  Röhrenknochen  verwendet..  Somit  halte  ich 
die  Stücke  nicht  für  Handgriffe ;  ebenso  wenig  aber  auch  für  Würfel, 
obwohl  sie  große  Ähnlichkeit  mit  den  parallelopipedischen  Würfeln 
aus  dem  Vimosefunde  haben,  namentlich  mit  dem  auf  Taf.  II  8  ab- 
gebildeten (vgl.  auch  S.  11);  denn  auch  dieses  Stück  hat  nur  auf 
drei  Seiten  Kreispunktverzierung  (3,  4,  (i),  die  vierte  Langseite  ist 
wie  die  quadratischen  Endflächen  ohne  Bezeichnung.  Diesem  ähnlich 
ist  auch  der  bei  Eygh ,  Norske  Oldsager  No.  176  dargestellte  mit 
5,  l  und  o  Augen.  Doch  sind  die  Altenwalder  Stücke  bedeutend 
größer  —  der  Vimose-Würfel  mißt  nur  0,07  m  Länge  bei  0,004  Dicke 
—  und  es  kommt  dazu,  daß  bei  mehreren  P^xemplaren  gar  keine 
Würfelaugen  sind  und  das  eine  gar  rund  ist.  Am  ehesten  möchte 
ich  glauben,  daß  sie  mit  Perlen  zusammen  oder  auch  allein  für  sich 
an  Sclmüren  als  Hängeschmuck  getragen  wurden. 

Perlen. 

Die  Perlen  bestehen  alle  aus  Glas  oder  aus  schlackigen  email- 
ähnlichen Glasflüssen.  Form,  Größe  und  Farbe  sind  sehr  verschieden. 
Außer  den  kugelförmigen  und  ringförmigen  sind  namentlich  die  eckigen 
(Taf.  Fig.  17  aus  Urne  XXXVII)  von  tiefblauer  schöner  Farbe  und 
vorzüglicher  Erhaltung  und  die  gekerbten  gell)en  (Taf.  Fig.  18) 
von  undurchsichtiger  Glasflußmaße  zu  erwälmen.  Die  Würfel  mit  ab- 
gestumpften Ecken  kehren  an  einer  kleineren  Perle  aus  Urne  I  wieder 
und  sind  auch  sonst  z.  B.  in  der  Stader  Sammlung  (Katalog  515) 
vorhanden.     Die  Größe  variirt  von  D.  0,015  ])is  0,005  m. 

Aus  den  Teihenweis  zusammengeschmolzenen  Perlen  —  in  Urne 
XXXVII  13  blaue  in  einer  Reihe  —  seilen  wir,  daß  sowohl  ganz 
gleichfarbige  als  auch  verschiedenfarbige  Perlenreihen  getragen  wurden ; 
es  wechseln    sogar  bisweilen  große  und  kleine.    Sehr  anschaulich  legt 


T{!iiif<'iiliprt;\   Ein   T^rueiifi'IiMllinf  in    Altciiwulilt'.  187 

(l(Mi  (!osclini:u-k  jener  Zeit  eine  läufiere  Reilu^  von  l)unten  Perlen  aus 
P>:irsl)üttel  dar  (A.  K.  ISS:;  Nr.  ;>()!).  wo  anf  I  l>lan<'.  C  oelhc  „nd 
1   braune  folgen. 

p]mio,e  Perlen  sind  kunstvoller,  nach  Art  der  \'enetianlsehen, 
mit  Bändern  verscliiedener  Farbe  verziert,  so  eine  blau-uriine,  die  mit  2 
sich  dreimal  ibirchkreuzendeu  Wellenlinien  von  weiüem  (ilas  undegt 
ist;  in  dem  von  zwei  P>o*2;en  eingeschlossenen  Raum  sind  auf  dunkel- 
gelben Kreisfläclien  schwarze  Punkte,  so  daß  die  Zeichnung  Ähnlichkeit 
mit  einem  Menschenauge  hat.  Vgl.  Peltz,  Jahrl).  des  Ver.  f.  Mekl. 
Gesell,  u.  A.  XLIX  Tat".  II  S,  S.  l(i;  Akerman,  Ptemains  pl.  XII.  XXI; 
Troyon,   'iOndx'anx  de   I>el-.\ir  I   1    u.   öfter. 

Die  Erhaltung  (U-r  Perleu  ist  so  verschieden,  daß  man  notge- 
drungen annehmen  rnuü,  dal  die  meisten  zwar  mit  im  Leichenbrande 
gewesen,  einige  nachträglich  aber  als  fromme  Beigaben  unversehrt 
in  die  Urnen  gelegt  worden  sind  Cvgi.  oben  S.  180). 

Ein  größeres  (ilasstück  von  heller  lauchgrüner  Farbe  ist  wohl 
der  Rest  eines  Gefäßes  oder  eines  andern  aus  Glas  gefertigten  Gegen- 
standes,  doch  ist  die  ursprüngliche  Form  nicht  mehr  zu  erkennen. 
Erinneii:  werden  möge  daran,  daß  auch  das  kegelförmige  dunkelgrüne 
Glas  unserer  Sammlung  von  der  Höhe  l)ei  der  Mühle  von  Altenwalde 
stammt  und  nicht  aus  Gudendorf  (nach  einem  Briefe  des  Herrn  Bürger- 
meister Dr.  Kirchenpauer  vom  18.  April  1863  im  Archiv. der  Sammlung). 

Schlüssel. 

Von  besonderem  Interesse  ist  der  Schlüssel  von  Eisen  von 
0,103  m  Liänge,  0,042  Breite,  der  in  halber  Größe  auf  der  Tafel 
Fig.  13  dargestellt  ist.  Ahnliche  ankerförmige  Schlüssel  scheinen 
vielfach  angewendet  zu  sein.  Bei  Liger,  la  feiTonnerie  aucienne  et 
moderne  L  pl.  10  sind  4  deraiiige  aus  dem  Museum  von  St.  Germain 
als  „gallische  Schlüssel"  abgebildet,  II.  pl.  43,  sind  ein  Exemplar 
von  Bel-Air,  3  aus  französischen,  4  aus  englischen  Museen  dargestellt. 
Am  meisten  Ähnlichkeit  mit  unserm  Exemplare  haben  die  in  England 
in  angelsächsischen  Gräbern  gefundenen  Schlüssel,  namentlich  ein  im 
(iuildhall-Museum  in  London  (von  7  Zoll  engl.  Länge,  abgebildet  in 
Proceedings  of  the  society  of  Antiquaries    of  Scotland  1883   p.  439). 

Der  Mechanismus  der  zu  solchen  Schlüsseln  gehcirigen  Schlösser 
ist  ebenso  einfach  wie  sinnreich,  und  es  darf  uns  nicht  wundern, 
wenn  dieselben  noch  heute  vielfach  in  Gebrauch  sind.  So  hat  General 
Pitt  Rivers  (On  the  development  and  distribution  of  primitive  locks 
and  keys  j).   23  tt". )  solche  Schlösser  in  Norwegen  gefunden,  und  auch 


188 


Eaiiteiibfr"',  Ein   ITnifiifritMllidf  in   Altonwalilo. 


nach  Liger  11  228  waren  Schlösser  dieser  Art  auf  der  Pariser  Aus- 
stellung von  1807  in  der  skandinavischen  Section  ausgestellt.  Wir 
gel)en  hier  eine  Zeichnung  nach  einem  Modell,  welches  nach  den 
Darstellungen  jener  heiden   Schriftsteller  angefertigt  ist. 


KLAMMER 

EU 


^    KLAMMER 
FEDER  f     □ 


igagSJU 


THÜRBRETT 


FIG.B 


PFOSTEN 


KIAWMER 


THÜRBRETT 


KtAMMCR 


FI6.A 


CT 


SCHLÜSSEL 


Nr.  \c.. 


a 

RJEGEL  VON  UNTEN 

SpiElPAUM      ■ 
F.D    I^^H 
FEDER        ■ 

i 

a 

FiG.C 

a 
RiEGEL  VON  OBEN        W  '' 

»- ^-'- 

FI6.D 

Auf  dem  Thürln'ett  ist  üher  dem  Schlüsselloch  c.  Avelclies  lang 
genug  ist  den  Schlüssel  durchzulassen,  eine  mit  einem  ebenso  großen 
Schlüsselloch  c  versehene  flache  Feder  von  zähem  Holz  oder  Metall 
l)efestigt  (Fig.  A);  zwei  Klammern  lialten  den  Riegel,  der  wieder  ein 
ebenso  großes  Schlüsselloch  hat  und  aus  dessen  (in  der  Zeiclmung 
unterer  Seite)  ein  Spielraum  für  die  Feder  ausgeschnitten  ist  (Fig.  15 
Durclischnitt  in  der  Linie  H-I  von  Fig.  Ü).  Rechts  und  links  vom 
Schlüsselloch  c  führen  zwei  für  die  beiden  Haken  des  Schlüssels 
passende  Löcher  aa  (in  Fig.  B,  C,  D)  hinunter  bis  auf  die  Feder. 
Fraktiscli  ist  es  von  den  Zwischenwämli'ii  bb  (in  Fig.  P>,  C,  D)  etwas 
auszuschneiden,  damit  (h-r  Schlüssel  nicht  nur  mit  den  Haken,  sondern 
auch  mit  dem  Querl)alken  wirken  kann.  Durch  das  Schlüsselloch 
der  Thür,  der  Feder  und  des  Riegels  schiebt  man  den  Schlüssel,  bis 
die  Haken  ülu'r  den  in  der  Zeichnung  (Fig.  IVj  als  oljcn  gedachten 
Rand  des  Riegels  liervortreten,  drelit  ihn  um  00",  schiebt  ihn  bis  an 
das  rechte  Ende  des  Schlüsselloches,  fährt  mit  den  beiden  Haken  in 
die  L(iclier  des  Riegels  bis  auf  die  Feder,  zieht  die  Feder  an  die 
Thür  zurück  und  schiel)t  nun,  den  Schlüssel  als  Hamlgriff  l)rauchend, 
(.\e\i  Riegel  über  die  Feder  weg  nacii  links  hin.  Will  nnin  die  Thür 
wieder  schließen,  so  führt  man  mit  dem  Schlüssel  den  Riegel  wieder 
nach  rechts,  bis  die  Feder  in  den  Einschnitt  des  Riegels  einschnappt 
uml  kann  nun  auf  demselben  Wege,  auf  dem  er  gekommen  ist,  den 
Schlüssel  wieder  herausziehen. 


Kiiutciilicru-.   Ein   üi'iicnfVicilliiiC  in    Altcnwiilile.  1^0) 

Kill  solclics  Scliloü  oliiic  den  passciidcii  Sclilüssrl  /ll  (itfueii 
ist  nicht  leicht;  die  l'\'(hT.  dii'  iiiclit  ;ius  (h'iii  J\ii'0(.l  ausweichen 
k;inn.  hustet  l>ei  (h'iii  \'ersiiche  mit  einem  spit/en  Instrument  durch 
(his  Sclilüsseüocli  (xh'i-  die  Thürritze  hei  (h'in  iMosteii  dt'ii  Iiie<iel 
/uvück/uscliieben,    Widerstand. 

Nur  mit  einem  Dopijelhaken,  an  (h'in  der  Zwischenraum  zwischen 
Haken  und  Achsenbalkeii  der  Entfernung  zwischen  den  Löchern  des 
Riegels  entspricht,  kann  man  die  Feder  zurückziehen  und  das  Schh)[j 
(ittiien.  Dahei  stand  es  frei  die  Haken  unsymmetrisch  anzusetzen, 
wie  hei  Liger  I  pl.  IG  fii.  I  in  der  ersten  Reihe)  oder  auf  heich'ii 
Seiten  zu  verdoppeln  (vgl.  Schliisstd  von  Helm,  Meklenhurger  Jahr- 
bücher XIV  P)P)7,  Katalog  der  Berl.  Ausstellung  von  ISSO  8.  291, 
Liger  ll  pl.  43  L.  N.  und  M.).  Jeder  Besitzer  konnte  also  einen 
eigenartigen  Sclilüssel  ertinden  oder  auswählen  und  somit  war  die 
Sicherheit  des  Schlosses  recht  zuverlässig. 

rel)er  die  Art  der  Verwendung  der  einfachen  Schlüsselhaken, 
wie  Tal.  Fig.  1 1,  wage  ich  bestimmtere  \'ermutungen  nicht  vorzubringen. 
Nach  der  Mitteilung  Undset's  (Erstes  Auftreten  des  Eisens  14ß,  2; 
vgl.  auch  104,  lö8,  490,  Holzschnitte  No.  197—199  und  Tafel  X  20, 
21,  XIII  12,  XXXII  5)  gehörte  dazu  ein  mit  Nieten  oder  Nägeln 
befestigtes  Metallplättchen,  an  welchem  in  einem  Falle  (S.  14G,  2) 
noch  Holzstücke  eines  Kästchens  erhalten  waren,  mit  einem  oder 
zwei  Löchein.  Die  Verwendung  solcher  Haken  kann  aber  eine  sehr 
mannigfache  gewesen  sein,  und  bei  fast  allen  nur  einigermaßen  ent- 
wickelten Völkern  finden  sich  diese  Hakenschlüssel  (vgl.  Liger  I, 
p.  ')20,  für  die  uncini  der  Römer  Appulej.  Met.  HI  13,  f..  Pallad. 
I\'    10,   29;   Hauptstelle  für  den  xhfic  bei  Homer  «  44  2). 

Ausdrücklicli  constatiere  ich  das  Vorkommen  dieser  Schlüssel- 
form in  Urnen  der  r()iiiisclieii  und  nachrömischen  Periode  für  Nord- 
deutschland, England  und  die  skandinavische  Halbinsel  (vgl.  z.  B. 
Rygh,  Norske   Oldsager   Kil— l(i3j. 

Zeitbestimmung. 

Der  Zeit  nacli  sind  die  nn-isten  Altenwalder  Urnen  und  Beigaben 
den  Perleberger  Funden  gleichzustellen;  diese  aber  sollen  durch  eine 
Münze  des  (iratian  (welche  früher  im  Besitz  des  Herrn  Pastor 
Lunecke  zu  Stade  gewesen  ist)  datiert  sein  (Krause,  Stader  Arcli. 
II,  2(i(l).  Leider  sind  die  Fundumstände  durchaus  ungenau  und 
unsicher  überlietert.  ( Bahrfeldt,  Stad.  A.  IX  3(i).  Die  sicherste 
(,>uelle  ist  der  Pnief  des  Herrn  Dr.  C.  L.  (irotefend,  der  am 
2-1.  August    ls(i4    schrieb:      „Was  Lunecke"s    Sill)ermünze    betrifft,    so 


190  rjautenborof.  Ein  Ih-iienfrieilhof  in   Altr-nwalile. 

hemovko  ich:  L.  kam  eines  Ta^es  hierher  mit  einer  Anzahl  Münzen, 
darunter  war  eine  l)eson(lers  eingewickelt,  weil  er  versicherte,  diese 
sei  l)ei  den  Aiis,ü,Tal)nn,u;en  heim  Perlljerg  gefnnden.  Es  war  eine 
besclmittene  und  stark  mitp;enommene  Silhermünze  des  (Iratianus, 
Avie  icli  dentlich  erkannte;  das  Revers  derselben  al)er  ist  mir  nicht 
mehr  erinnerlich.''  Oh  nnn  das  Stüek  ül)erhan})t  im  Terrain  des 
l'i-nenfriedhofes  am  Perll)ertier  Berg  nnd  eventnell  dasell)st  frei  im 
Boden  oder  in  einer  Urne  gefnnden  ist,  wird  sich  kaum  feststellen 
lassen.  Die  Münze  sell)st  ist  verschollen.  In  der  Sammlung  vor- 
gesclnclitlicher  Altertümer  zu  Ilandjurg,  in  welche  die  Tmen  des 
Herrn  L.  gchnigt  sind,  sowie  in  (h'r  Münzsammlnng  der  Kunsthalle 
ist  die  Münze  nicht.  Auch  in  dem  Briefe,  in  welchem  Herr  L.  die 
Al)sendung  der  Urnen  nnd  Beigal)en  anzeigt  (vom  13.  Dec.  1854), 
ist  eine  Notiz  über  die  Münze,  die  sicher  den  Empfänger  Herrn  Prof. 
Petersen  höchlichst  interessiert  hätte,  nicht  gemacht.  Vermutlich  ist 
das  Stück  mit  der  Münzsammlung  des  Herrn  L.  in  Hand)urg  verkauft; 
doch  weiÜ  Herr  Inspektor  C.  Meyer,  durch  dessen  Hände  die  Sammlung 
gegangen  ist,  über  den  Verl)leib  desselben  nichts.  Beiläufig  möge  er- 
wähnt werden,  daß  eine  ungefähr  zur  selben  Zeit  (Is!")?))  mit  mehreren 
gleichen  liei  Lüdingworth  in  einem  Torfmoor  gefundene.  l)ei  Bahrfeldt, 
a.  a.  0.  S.  20 — 37  nicht  genannte  Silljermünze  des  Antoninus  Pius 
(Av.  Kopf  des  Kaisers  DIVVS  ANTONINVS;  Rev.  Bekränzter  Altar 
mit  Adler  CONSECRATIO)  in  unserer  Kunsthalle  bewahrt  wird. 

Aber  auch  ohne  jt'ne  Münze  des  (iratian  wird  man  den 
Hauptteil  des  Urnenfriedhol'es  von  Perlberg  in  das  fünfte  Jaln'liundert 
nach  Christo  setzen  müssen;  wie  vicd  früher  er  angelegt,  wie  lange 
er  weitergeführt  ist,  laut  sich  l)ei  dem  Mangel  an  systematischer 
Ausbeutung  auch  nicht  annäliernd  l)estimmen.  Namentlich  der  Urnen- 
friedhof von  Issendor})  (Amt  Harsefeld),  welclier  nacli  einer  Münze 
des  C'Onstantin  jedenfalls  etwa  um  die  Mitte  des  vierten  Jahrhunderts 
bestand,  wie  der  von  Quelkhorn  (Amt  Zeven),  den  Hostmann  in  die 
Zeit  vom  2.  l)is  G.  Jahrhundert  n.  Chr.  setzt,  sind  als  gleichzeitige 
wichtig.  Aucli  für  die  Altenwalder  Begräbnißstätte  wird  man  als 
einen  sichern  Puidct  das  Jalir  vierliundert  nach  Chr.  festhalten  kchnien ; 
wie  lange  vorher  oder  nachlier  die  Stätte  noch  l)enutzt  war,  wird 
erst  nacli  Vollemlung  der  Ausgral)ungen  auf  dem  (irundstück  des 
Herrn  Holst,  sowie  nach  dem  ^'ergieich  mit  den  vom  Provinzial- 
Museum  in  Hannover  erzielten  Resultaten  l)estimmt  werden  kcimien; 
doch  glaulx'  ich  auch  liier  schon  aussprechen  zu  sollen,  daß  nach 
meiner  Ansicht  die  Urnenfriedlnife  vom  Perll)erger  Typus  sich  bis 
an   das  Ende   der  heidnischen  Zeit  erhalten   haben. 


Rautenliei'O'.   Ein  T'riiciifiicilliui'  in   Altenwalde.  191 

Ohne  oeAvalti^e  unijiVNtaltende  Kiiitlüssc  zu  ertalireii.  IuiIhmi  vom 
fünften    Jalirliundert    an    die   Sachsen    in    ihrer  Eigenart    sieh   crliahen 
können,  his  der  mächtige  staniniesverwandte  Kro])erer  sie  zur  Annalinie 
(h's   Christentliunis   und   neuer  Uräuehe   /wan^.      I>anials   iiu   .lahi'e   785 
wurde    hekanntlieh    unter   Androhung'    der  Todesstrafe    verlioten   nach 
„iSitte  der  Heiden  (h'ii  Leielmam   eines   verstorhenen  Menschen  durcli 
Flammen    verzehren   und    zu    Asche  werden  zu  lassen".     Es  ist  somit 
erst    in    und    nach    der   Zeit  Karls    des  Großen    im   Sachsenlande   die 
Sitte    den    Toten    unverl)rannt    zu    l)e<>Tahen,    welche    hei    den  Oher- 
deutschen    schon    vor    ihrer  Bekehrun<i;    allgemein    gewesen    war,    als 
Regel  eingeführt,    und  his  zu  diesem  Zeitabschnitt  müssen  sächsische 
Gräber    mit   Leichenbrand    reichen    und   nachgewiesen   werden.     Eine 
jüngere    Form    aber,    als    die    Urnenfriedhöfe    des    Perlberger    Typus 
bieten,    ist   mir   bis   zur  Zeit  für  unsre  Gegend  nicht  bekannt;    denn 
von  Gral)stätteii,  wie   der  Inimenstedter  Kircldiof  z.  B.   ist,   glaube  ich 
absehen  zu  müssen.      Und    daß    selbst   noch   längere  Zeit   nacli    Karls 
des  Großen   Kapitularen  Sachsen    nach   Sitte    der  Vorfahren  verbrannt 
worden  sind,  ist  mehr  als  wahrscheinlich,   da,  die  strenge  Durchfülirung 
der  Gesetze   große   Selnvierlgkeiten  hatte   (vgl.  Ilandelniann.  \'erhandl. 
der  Berl.  Anth.  G.    lss;j  S.  24).     Daß    aber   im    rüniten    -lahrhundert, 
d.   h.   der  Zeit,   in   welcher  die   Sachsen    von  den  Eibmündungen  nach 
England  übergesiedelt  sind,  an  der  Elbe  die  eigenartige  Technik  des 
Perlberger  Typus  herrschte,  bestätigt  auch  die  Übereinstimmung  der 
deutschen   mit  den  in  England   nördlich   von  der  Themse  gefundenen 
Urnen  und  Beigaben,  auf  die  wir  liei  der  Besprechung  der  einzelnen 
Gegenstände  schon  aufmerksam  gemacht  haben.    Für  die  Zeitstellung, 
die   Dauer  und  die  Beziehungen  zu  andern  Ländern  wichtige  Angaben 
machen     namentlich    Ilostmann    bei    Behandlung     des    Urneufriedhofes 
von  (=^>uelkhorn  in  der  Zeitschrift  des  historischen  Vereins  für  Nieder- 
sachsen  1878   S.  171,    Müliej-    in   den   \Vrhaiullungen  der  Berl.    Autlir. 
Ges.    1881    S.   2US  ff.,    ^vo    auch    die    wichtigsten    englischen    Arbeiten 
zitiert    sind,    und    l'ndset.    das  erste    Auftreten    des    Eisens    in    Xord- 
Europa   an   nielireren   Stellen,     naiiient lieh   S.  •>'.){;.      Dort   und   ausführ- 
licher  in    den  AailiMger   for  Xordisk   <  )l(lkyn(liglied    og    Historie   1880 
S.  81)  — L^l    weist  Umlset   daraut  hin,   daß    aucli  an    der   norwegischen 
Westküste  sich  ein  Einiluß  von  d(Mi  Ländern  der  Filbmündung,  eventuell 
von   der  Ostküste   Englands   fühlbar   macht,    ein    Eintluß,   welcher  auch 
im   \  erlauf  dieser  Abhandlung  mehrfach   angedeutet  werden   konnte. 


GX 


*    /•>       ,* 


Mnimd)  E 


iXlttnclPill^V'. 


i'^tiinl)«F(^, 


Inhaltsvei'zeicliiiiss. 


Pao-. 


Berichte  der  wisseiisehal'tliclieii  Anstalten. 


m— 

IV 

V- 

VI 

vr- 

IX 

Stadtbibliotliek 

Botanisclier  (-tartini 

Stevnwarlf 

Museum  für  Kunst    und   (jewerhe ...        IX—  XXV 

(^hernisclios  Staatsj-Lul)orat(jriuiu XX VI  — XLIV 

Xaturliistorisc'hos  Musoaiii .- '.   XLV — -       LI 

Pliysikalisclx^s  Kaljlncl IJI-      Mll 

Museum   für   Völk.'i'kund(.'    I/Ill  -    LIV 

Samiiiluiiii-  vorü'eschif-'litliclier  Allcrthünicr LV—  LVII 

Samudun^'  llainbur^-isclici'  Altcitliümer L\'ll  —  LVIII 

Botanisclies  Museum L^  III      I^XIV 

Wisseiischaftlielie  Abliaiulluiigeii. 

Die  V(")g'el  Süd -Georgiens,  naeli  der  Ausbeute  der  dinitschen  Polar- 
station in   1882  und  188.3.     Von  Prof.  Dr.  ragensfecher 1—27 

Die  von  Dr.  G.  A.  p'iseher  auf  der  im  Auftrage  der  GeogTaphisclien 
Gesellscliaft  in  Hamburg'  unternommenen  Reise  in  das  Massai-Land 
gesamnudtfu  Säugetliiei'e   von   Prof.   Dr.  Pagemiecher 29 —  4t3 

IchtliyoKitiisclic  und  herpetologiselie  Penu^rkungen  \u\\  \)v.J.  G.  FhcJicr 

in   ilamliurg    4-7 — 121 

Megaldglossus  \V(jermanni,  eine  neue  Form  makrogiosser  Medermäuse. 

vnn   Pidf.   Dr.  Pugcnskchcr 12:5-129 

VerzL'ielinis  der  v(jn  i)r.  G.  A.  l'iseher  auf  der  im  Auftrage  der  Geo- 
graphischen Gesellschaft  in  Ilanüjurg  unternommeneu  Heise  in 
das  Massai-Land  gesammelten  Myriopoden  und  Arachnoiden  von 
Dr.  F.  Karsch -. l:il— 139 

Die  Seesterne  Süd-Georgiens  nacli  der  Ausbeute  der  deutstdien  Polar- 
station in   1882  und  1883.     Von  Prof.  Dr.   Tli.  Stuilcr  in  Bern  .  .      141  — Kit) 

Ein  Urnenfriedhof  in   Altenwalde.     Von  Dr.  E.  Ratdenberg 1(J7— 191 


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