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Full text of "Jahrbuch der hamburgischen Wissenschaftlichen Anstalten"

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Jahrbuch 


der 


Hamburgischen 
Wissenschaftlichen Anstalten. 


XIV. Jahrgang. 
1896. 


I’memarkt:: 


I. Die wissenschaftlichen Vorlesungen. Ostern 1896 bis Ostern 1897. 
II. Jahresberichte der wissenschaftlichen Anstalten. 


III. Wissenschaftliche Abhandlungen : 


A. Mittheilung aus der Stadtbibliothek, 
Prof. Dr. F. Eyssenhardt. Die spanischen Handschriften der Stadtbibliothek. 


B. Mittheilung aus dem Museum für Kunst und Gewerbe. 
Prof. Dr. Justus Brinckmann, Kenzan, Beiträge zur Geschichte der japanischen Töpferkunst. 


Hamburg 1897. 


Commissions-Verlag von Lucas Gräfe & Sillem. 


Die bisher erschienenen Hefte des Jahrbuches der Hambargischen Wissenschaftlichen 
Anstalten enthalten ausser den Jahresberichten derselben folgende Arbeiten: 


I. Jahrgang. 


. Dr. J. G. Fischer. Ueber 
Reptilien, Amphibien und Fische des Natur- 
historischen Museums. 40 S. und 3 Tafeln, 

Prof. Dr. A. Gerstäcker (Greifswald). Bestimmung 
der von Dr. G. A. Fischer während seiner Reise 
nach d. Massai-Land gesammelten Coleopteren. 23S. 

Dr. 0. Mügge. Ueber die Zwillingsbildung des 
Kryolith. 12 S. und .6 Holzschn. 


einige afrikanische 


II. Jahrgang. 


Prof. Dr. Pagenstecher. Die Vögel Süd-Georgiens, 
nach der Ausbeute der Deutschen Polarstation in 
18532 und 1883. 27 S. und 1 Tafel, 

Prof. Dr. Pagenstecher. Die von Dr. G. A, 
Fischer auf der im Auftrage der Geographischen 
Gesellschaft in Hamburg unternommenen Reise 
in das Massai-Land gesammelten Säugethiere. 
18 S. und ı Tafel. 

Prof. Dr. Pagenstecher. Megaloglossus Woermanni. 
eıneneueFormmakroglosserFledermäuse, 7S.u.1Taf. 

Dr. J. G. Fischer. Ichthyologische und herpeto- 
logische Bemerkungen. 758. und 4 Tafeln. 


III. Jahrgang. 


Dr. J. G. Fischer. 
Naturhistorischen Museums zu Hamburg. 
und 1 Tafel. 

Dr. Kurt Lampert (Stuttgart). Die Holothurien 
von Süd-Georgien, nach der Ausbeute der Deutschen 
Polarstation in 1882 und 1883, 14 S. und 1 Tafel, 

Prof. Dr. Eduard von Martens (Berlin) und Dr. Georg 
Pfeffer. Die Mollusken von Süd-Georgien, nach 
der Ausbeute der Deutschen Station 1832 und 1883, 
73 8, und 4 Tafeln. 


Ueber zwei neue Eidechsen der 
35 


IV. Jahrgang. 


Dr. L. Prochownik. Messungen an Südseeskeleten 
mit besonderer Berücksichtigung des Beckens, 
40 S. und 4 Tafeln. 


Dr. Georg Pfeffer. Die Krebse von Süd-Georgien, 


V. Jahrgang. 


Dr. J. G. Fischer. 
52 S. und 4 Tafeln. 

Dr. W. Michaelsen. Die Oligochaeten von Süd- 
Georgien, nach der Ausbeute der Deutschen Station 
von 1882—83. 218. und 2 Tafeln. 


Herpetologische Mitteilungen, 


VI. Jahrgang. 


1883. 


Dr. E. Rautenberg. Bericht über ein Hügelgrab 
bei Wandsbeck-Tonndorf, 13 S. und 2 Tafeln. 

Prof. Dr. R. Sadebeck. Untersuchungen über die 
Pilzgattung Exoascus und die durch dieselbe 
um Hamburg hervorgerufenen Baumkrankheiten. 
34 S. und 4 Tafeln, 


1884. 


Dr. F. Karsch. Verzeichniss der von Dr. G. A, 
Fischer auf der im Auftrage der Geographischen 
Gesellschaft in Hamburg’ unternommenen Reise in 
das Massai-Land gesammelten Myriopoden und 
Arachnoiden, 98. und 1 Tafel, 


Prof. Dr. Th. Studer (Bern). Die Seesterne Süd- 
Georgiens, nach der Ausbeute der Deutschen 
Polarstation in 1832 und 1833. 26S. und 2 Tafeln. 


Dr. E. Rautenberg. Ein Urnenfriedhof in Alten- 
walde, 25. mit 16 Abb, und ı Tafel, 


1885. 


Dr. Georg Pfeffer. Mollusken, Krebse und Echino- 
dermen von Cumberland-Sund, nach d. Ausbeute d. 
Deutsch. Nordpol-Expedition 1882 u. 1883.28 8. u.1 Taf. 

Dr. Georg Pfeifer. Neue Pennatuliden des Ham- 
burger Naturhistorischen Museums. 118. 

Dr. E. Rautenberg. Neue Funde von Altenwalde, 
8S. und ı Tafel. r 

Dr. E. Rantenberg. Ueber Urnenhügel mit La Tene- 
Geräten an der Elbmündung, 30 8. mit 5 Abb 
und 3 Tafeln, a 


1886. 
nach der Ausbeute der Deutschen Station 1332/83, 
110 S, und 7 Tafeln, 

Dr. E. Rautenberg. Römische und germanisthe 
Altertümer aus dem Amte Ritzebüttel und aus 
Altenwalde. 14 S. und 2 Tafeln, 


1887. 


Dr. Georg Pfeffer. Die Krebse von Süd-Georgien, 
nach der Ausbeute der Deutschen Station 1882— 
18383. 2. Teil. Die Amphipoden. 68 8. und 3 Tafeln, 


1888. 


Erste Hälfte. 


Dr. W. Michaelsen. Oligochaeten des Naturhisto- 
rischen Museums in Hamburg, I. 17S. und ı Tafel, 


C. W. Lüders. Der grosse Goldfund in Chiriqui im 
Jahre 1859, 7S. und 6 Tafeln. 


Zweite Hälfte, 


Dr. Georg Pfeffer. Übersicht der von Herım Dr, 
Franz Stuhlmann in Ägypten, auf Sansibar und 
dem gegenüberliegenden Festlande gesammelten 
Reptilien, Amphibien, Fische, Mollusken und 
Krebse. 36 S. 

Dr. Georg Pfeffer. Zur Fauna von Süd-Georgien. 198. 

Dr. W. Michaelsen. Oligochaeten des Naturhisto- 
rischen Museums in Hamburg. II. 13 S. u. 1 Taf. 

Dr. W. Michaelsen. Die Gephyreen von Süd-Georgien, 
nach der Ausbeute der Deutschen Station von 
1852—83. 13 S. und 1 Farbentafel. _ 

Dr. A, Voigt. Localisirung des ätherischen Oeles 
in den Geweben der Allium-Arten. 18 S. 


Dr. €, Brick. Beitrag zur Kenntnis und Unter- 
scheidung einiger Rothölzer, insbesondere der- 
jenigen von Bahia nitida Afz., Pterocarpus santa- 
linoides L’Her. und Pt, santalinus L. f. 9 S. 

Dr. Johannes Classen, Beobachtungen über die 
spezifische Wärme des flüssigen Schwefels. 28 S. 
und 2 Tafeln. 

Dr.C. Gottsche. Kreide und Tertiär bei Hemmoor in 
Nord-Hannover. 125, n 

G- Gercke. YoRnEBER Nachricht über die Fliegen 
Süd-Georgiens, nach der Ausbeute der Deutschen 

Station 1832—83, 2 S, 


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Jahrbuch 


Hamburgischen 
Wissenschaftliehen Anstalten. 


XIV. Jahrgang. 


1896. 


Hamburg 1897. 


Commissions-Verlae von Lucas Gräfe & Sillem. 


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\ 1898, 


Inhaltsverzeichniss. 


I. Die wissenschaftlichen Vorlesungen. Ostern 1896 Seite 
bis Ostern 1397 ... er IE III — XIII 

Il. Jahresberichte der wissenschaftlichen Anstalten. 

je Stadtbibliotheke 2.0 ne: Pe ESTER XVII 

2. Museum für Völkerkunde (einschliesslich Sammlung vorgeschicht- 

IKcher#Alterthumer)e du seen eteseree de erde te aeg m lan ar Meran hnanz one XVII — XXX 

3. Sammlung Hamburgischer Alterthümer .................... XXXIII — XLVl 
AENmsenm turalkunst und Gewerbe... cc. ee een ae nee XLVII — CXX 
DERSTELDWATIE een I EEE ECHTE CXXI— CXXV 
BE Naturhistorisches- Museumolene zen nee ankense are araeeneichenelenete CXXVI — EXXXV 
DBABOTANISCHEIALTANDEN ER ee nenn ehe ones enteignet nn eteleie COXXXVI— OXXXIX 
8. Botanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde.... CXL — CLIV 
9. Physikalisches Staats-Laboratorium..................... FR CLV — CLVII 
102 .Chemisches Staats-Laboratonnum. ...... .Aasacaee ee anne CLVIII — CLXX 
III. Wissenschaftliche Abhandlungen. Seite 


Mittheilung aus der Stadtbibliothek. 

Prof. Dr F. Eyssenhardt. Die spanischen Handschriften der Stadt- 

BD Ocean entalten. IE LEE FM 
Mittheilung aus dem Museum für Kunst und Gewerbe. 

Prof. Dr. Justus Brinckmann. Kenzan, Beiträge zur Geschichte der 
Hapamischenslopferkunste een een. EEE RER, 23 — 83 


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Die wissenschaftlichen Vorlesungen. 


Ostern 1896 bis Ostern 1897. 


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Die wissenschaftlichen Vorlesungen. 


Ostern 1896 bis Ostern 1897. 


Wi bereits im Vorjahre berichtet, hat die I. Sektion der Oberschul- 
behörde seit einiger Zeit eine wesentliche Vermehrung der von ihr zu ver- 
anstaltenden wissenschaftlichen Vorlesungen angestrebt. Schon im Jahre 1895 
war nicht nur die Zahl der Vorlesungen aus den bis dahin hauptsächlich 
behandelten Gebieten (Geschichte, Litteratur, Kunstgewerbe, Mathematik, 
Astronomie, Physik, Chemie, Geologie, Mineralogie, Zoologie und Botanik) 
vergrössert, sondern daneben auch eine Reihe weiterer Wissenschaftsgebiete 
(Theologie, Staatswissenschaften, Völkerkunde und Musikgeschichte) berück- 
sichtigt worden. 

Diese Bemühungen der Oberschulbehörde, die reichen und vielseitigen 
Bildungskräfte der heutigen Wissenschaft allen Kreisen unserer Bevölkernng 
in ernster, streng sachlicher und doch allgemein verständlicher Form zu- 
gänglich zu machen, sind auf guten Boden gefallen. Die Theilnahme 
der Bevölkerung an den meisten der angekündigten Vorlesungen war 
eine sehr befriedigende und anhaltende, theilweise sogar eine so starke, 
dass die vorhandenen Hörsäle sich als unzureichend erwiesen. Ferner aber 
wurde die Bedeutung dieses Vorgehens auch von den massgebenden Körper- 
schaften, E. H. Senate und der Bürgerschaft, vollauf gewürdist. Es äusserte 
sich dies u. A. darin, dass im Berichtsjahre eine von den Direktoren der 
wissenschaftlichen Anstalten erbetene besondere Geldbewilligung zum Zwecke 
der besseren Ausstattung der Vorlesungen mit Demonstrationsmitteln ver- 
schiedener Art im Betrage von 14000 .# bereitwilligst gewährt wurde. 
So konnte die Oberschulbehörde im abgelaufenen Jahre für den Winter, 
als hauptsächlichste Vorlesungszeit, an eine weitere Ausdehnung der 
zu veranstaltenden Curse denken, Die behandelten Gebiete wurden neuer- 


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IV £ Bericht über die Vorlesungen. 


dings vermehrt; so wurden Gegenstände der Hygiene und der praktischen 
Mediein, der Geschichte der bildenden Künste, der Bau- und Ingenieur- 
wissenschaft wie der Gartenbaukunst von Fachmännern in abgeschlossenen 
Cursen behandelt, ebenso ein Cyclus von Vorträgen über das neue Bürgerliche 
Gesetzbuch durchgeführt. Das nachstehend abgedruckte Verzeichniss aller 
im Winter 1896/97 gehaltenen Vorlesungen (einschliesslich der praktischen 
Laboratoriumsübungen) enthält 51 verschiedene Curse, die von 41 Vor- 
tragenden gehalten worden sind; ein Theil derselben umfasste nur eine 
kleinere Zahl von Abenden, der grössere Theil wurde während des ganzen 
Winters regelmässig wöchentlich eimmal gehalten. Als Vorlesungsräume 
dienten die 3 Hörsäle A, B und C im Mittelgebäude des Johanneums, 
die Hörsäle im physikalischen Staatslaboratorium, im naturhistorischen 
Museum, im botanischen Museum, im botanischen Garten, im Museum 
für Kunst und Gewerbe und die Aula der Gelehrtenschule des Johanneums. 

Die Theilnahme an allen Vorlesungen ist, wie bereits früher mit- 
getheilt, für die Hörer kostenfrei und an keinerlei Zulassbedingungen 
geknüpft, soweit nicht der vorhandene Raum in den Hörsälen eine Be- 
schränkung der Hörerzahl bedingt. Nur für die praktischen Uebungen im 
chemischen Staatslaboratorium ist em Honorar zu bezahlen. 


Sommer 1896. 
I. Theologie. 
Für Candidaten der Theologie und des Predigtamtes: 

Senior D. Behrmann; KEirklärung auserwählter Psalmen. 
Hauptpastor D. Röpe: Katechetik. (Katechismus. Speeielle 
Methodik.) Schluss der Vorlesungen des Winters 1895/96. 
Donnerstag von 11—1%2 Uhr Vormittags. 

Hauptpastor Dr. Rode: Casualien und deren homiletische 
Behandlung. 
Montags von 11—12 Uhr Vormittags. 
Hauptpastor Dr. Krause: Philosophische Themata. 


Donnerstag von 9—10 Uhr Vormittags 


II. Geschichte und Litteratur. 
Professor Dr. Wohlwill: Historische und litterarhistorische 
Uebunsen. 
III. Mathematik, 
Professor Dr. Schubert: Euklidische und neuere Geometrie. 
Montags von 7% —9\/a Uhr Abends. 
IV. Astronomie. 
Professor Dr. Rümker: Theorie der geographischen Orts- 
bestimmung. 


Bericht über die Vorlesungen. r 
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Öbservator Dr. Schorr: Allgemeine Astronomie, 2. Theil (das 
Sonnensystem). 


Donnerstags — mit Ausnahme des ersten Donnerstag 
in jedem Monat — von 7! —8la Uhr Abends. 


V. Botanik. 
Prof. Dr. Sadebeck: 
1) Tropische Nutzpflanzen, ihre Erzeugnisse und ihr 
Plantagenbetrieb, Fortsetzung (Gespinnstfaserpflanzen). 
Dienstags von 7—8 Uhr Abends. 
2) Mikroskopische Uebungen: 
a. Botanisches Praktikum. 
Dienstags von 5—7 Uhr Abends. 
b. Mikroskopie der vegetabilischen Nahrungsmittel 
und Rohstoffe. 
3) Botanische Exeursionen. 
Sonnabends Nachmittags und Sonntags. 
Prof. Dr. Zacharias: 
I) Ueber einheimische Pflanzenfamilien, Fortsetzung. 
Freitags von 6-7 Uhr Abends. 
2) Uebungen im Untersuchen und Bestimmen von 
Phanerogamen. 
Mittwochs von 5—7 Uhr Abends. 
VI. Physik. 
Prof. Dr. Voller: Die Wärme, Fortsetzung und Schluss der 
Wintervorlesungen. 
Freitags von 71,» —9 Uhr Abends, bis Mitte Juni. 
Assistent Dr. Glassen: Das Licht, Fortsetzung und Schluss der 
Wintervorlesungen. 
Dienstags von 71/a—9 Uhr Abends, bis Mitte Juni. 
VII. Chemie. 
Prof. Dr. Dennstedt: 
I) Experimental-Chemie (Metalle). 
Donnerstags von 10—12 Uhr Vormittags. 
2) Kurzer Abriss der organischen Chemie. 
Mittwoehs von 10—11 Uhr Vormittags. 
3) Praetische Uebungsen im Laboratorium für Anfänger 
und Geübtere. 
Täglich von 9—4 Uhr. 
Assistent Dr. Engelbrecht: 
1) Ausgewählte Capitel über Darstellung und Analyse 
chemisch-technischer Präparate. 
Dienstags von 1O—11 Uhr Vormittags. 
2) Practische Uebungen in der technischen Analyse. 
Täglich von 9—4 Uhr. 


VI Bericht über die Vorlesungen. 


Assistent Dr. Schöpff: 
1) Ausgewählte Capitel der Photographie. 
Sonnabends von 1—2 Uhr. 
2) Photographische Uebungen, wöchentlich 3 Stunden. 
Assistent Dr. Voigtländer: Nahrungsmittel und ihre Ver- 
fälschungen. Kurzer Ueberbliek über die Ernährungs- 
lehre. 
Mittwochs von %2ya—4 Uhr Nachmittags. 
Hülfsarbeiter Dr. Ahrens: Ueberblick über die quantitative 
Analyse (Gewichts-, Maass-, Gasanalyse, Elektrolyse). 


Freitags von 10—11 Uhr Vormittags. 


Winter 1896/97. 
I. Theologie. 


Senior D. Behrmann: Christliche Glaubenslehre. 
72 Hörer. 
Freitags von 61a —7\ja Uhr Abends. 


Für Candidaten der Theologie und des Predigtamtes: 
Senior D. Behrmann: 


1) Erklärung ausgewählter Abschnitte aus dem 


Pentateuch. 8—12 Hörer. 
Mittwochs von 9—10 Uhr Vormittags. 

2) Katechetik. 8—12 Hörer. 
Mittwochs von 10—11 Uhr Vormittags. 

Hauptpastor Dr. Grinm: Liturgik. II. Theil. 9 Hörer. 


Donnerstags von 10—11 Vormittags. 
Hauptpastor Dr. Rode: Die Litteratur des nachapostolischen 
Zeitalters. S Hörer. 
Montags von 11--12 Uhr Vormittags. 
Hauptpastor Dr. Krause: Die Logik des Aristoteles. 
s—11 Hörer. 
Donnerstags von 9—10 Uhr Vormittags. 


II. Reehtswissenschaft. 


Oberlandesgerichtsrath Dr. Martin: Unser künftiges Recht 
nach dem bürgerlichen Gesetzbuche. 107 Hörer. 


III. Staatswissenschaften. 


Dr. Ehrenberg, Secretair des Commerzeollegiums (Altona): Die volks- 
wirthschaftliche Bedeutung des Handels. 
64 Hörer. 
Montag, den 9., 16., 23. und 30. November von 8-9 Uhr Abends. 


Bericht über die Vorlesungen. VII 


Prof. Dr. Lotz (München): Die Börse. 230 Hörer. 
An den folgenden Tagen von S—9 Uhr Abends: 
4. Januar: Die geschichtliche Entwickelung des Börsenverkehrs. 


5. n Die Verfassung der Börse. 

6. & Die Technik der wichtigsten Börsengeschäfte. 
Te Mr Der börsenmässige Waarenhandel. 

8. ” Der börsenmässige Effeetenhandel. 

g: er Die deutsche Börsengesetzgebune. 


Secretair der Gewerbekammer Dr. Hampke: Die neuere deutsche 
Gewerbepolitik. 54 Hörer. 
Dienstag, den 12., 19. und 26. Januar von 6a —7V/g Uhr Abends. 

Vorstand des Statistischen Bureaus Dr. Koch: Grundzüge der 
Bevölkerungsstatistik. 48 Hörer. 


Donnerstag, den 11., 18. und 25. März von 8—9 Uhr Abends. 


IV. Mediein. 


Oberarzt Dr. Rumpel: Tuberculose und Tuberculose-Heil- 
stätten. 72 Hörer. 
Freitag, den 13., 20. und 27. November von 8—9 Uhr Abends. 
Hafenarzt Dr. Nocht: Tropenhygiene. 48 Hörer. 
Freitag, den 15., 22., 29. Januar und 12. Februar von 8S—9 Abends. 
Oberarzt Dr. Schütz: Kinderhygiene. 284 Hörer. 
An den fölgenden Mittwoch-Abenden von S—9 Uhr: 
10. Februar: Zur Pflege und Ernährung des Säuglings. 


Nr 5 Allgemeine Kinderpflege. 
24. ® Die Sommererholung des Schulkindes. 


V. Geographie und Völkerkunde. 


Assistent Dr. Hagen: Die deutschen Kolonien in geo- 
graphischer, ethnographischer und wirthschaftlicher 
Hinsicht. 106 Hörer. 

Sonnabends von 8—9 Uhr Abends. “ 

Hülfsarbeiter an der Seewarte Dr. Schott: Geographie der 
Oceane mit besouderer Berücksichtigung der Ver- 
kehrsverhältnisse zur See. 83 Hörer. 

Mittwochs von 8—9 Uhr Abends. 


VI. Geschiehte. 


Prof. Dr. Wohlwill: 
1) Deutsche Geschichte, 2. Theil, von 1250 — 1700. 


208 Hörer. 
Dienstags von 8—9 Uhr Abends. 


VII Bericht über die Vorlesungen. 


2) Grundzüge der Hamburgischen Geschichte vom 
17. Jahrhundert bis auf die Gegenwart. 
145 Hörer. 
Donnerstags von 8—9 Uhr Abends. 
3) Hieran schloss sich ein besonderer Oyelus von Vorträgen über 
„Hamburgs Beziehungen zu Preussen“, die an 
4 Donnerstag-Abenden von 8—9 Uhr die folgenden Themata 
behandelten: Etwa 300 Hörer. 
18. Februar: Hamburg und der Grosse Kurfürst. 
Hamburg und Friedrich der Grosse. 
4. März: Hamburgs Beziehungen zu Preussen im Zeitalter der 


25. g 


französischen Revolution und Napoleons. 
il en Hamburg und der Zollverein. 
VII. Litteratur. 
Prof. Dr. Wohlwill: 
Deutsche Litteraturgeschichte, 2. Theil, vom 14. bis 


zum 18. Jahrhundert. 139 Hörer. 
Montags von 61a —7l’a Uhr Abends. 


Prof. Dr. Litzmann (Bomn): Richtungen und Persönlichkeiten 
in der Deutschen Litteratur von Goethe’s Tod bis 
zum Jahre 1870. Etwa 400 Hörer. 

An den folgenden Tagen von S—9 Uhr Abends: 
5. October: Die Constellation bei Goethe’s Tode. Ludwig Börne. 


6. 
| En Heinrich Heine. 
8. 
9) r 
\ - Karl Immermann. 
10. 
En Emanuel Geibel und die politisch-patriotische Dichtung. 
14. 22 Paul Heyse und Gottfried Keller. 
15. 4 Theodor Storm und Konrad Ferdinand Meyer. 
Prof. Dr. Wendt: W. M. Thackeray’s Werke (in Auswahl). 
Interpretation in englischer Sprache. 161 Hörer. 


Freitags von 61/)—8 Uhr Abends. 
Öberlehrer Brauneck: Vietor Hugo. Sein Leben und seine 
Werke (in Auswahl). Leetüre und Interpretation in französischer 
Sprache. 152 Hörer. 
Mittwochs von 61/a—7\ Uhr Abends. 
VII. Musik. 
Dr. Hermann Behn: Musikwissenschaftliche Vorlesungen. 
114 Hörer. 
An den folgenden Montag-Abenden von 8—9 Uhr: 
1. März: Die Stellung der Tonkunst im Bunde der Schwesterkünste. 
8. „Werden und Wesen unseres Tonsprachschatzes. 
2. 


1 > Die organische Einheit der Meisterwerke Richard Wagner’s. 


Bericht über die Vorlesungen. IX 


IX. Bildende Künste. 

Prof. Dr. Brinokmann: Ausgewählte Gegenstände aus der 
Geschichte des Kunstgewerbes, zunächst die innere 
und äussere Ausstattung des Buches. 102 Hörer. 

Montags von 2a» —31» Uhr Nachmittags. 

Prof. Dr. Eyssenhardt: Die Entwickelung der antiken 

Architectur. Etwa SO Hörer. 
Montag, den 19. und %6. October und 2. November 
von 8—9 Uhr Abends. 

Assistent Dr. Deneken: Gräber und Grabdenkmäler der 

Hellenen. 57 Hörer. 
Montag, den 26. October, 2., 9., 16, 23. und 30. November 
von 21»a— 31a Uhr Nachmittags. 


X. Bau- und Ingenieurwissenschaft. 
Bauinspecetor Merkel: Geschichte der Ingenieurtechnik und 
des Verkehrs im Alterthum und Mittelalter. 
29 Hörer. 


Donnerstags von 8—9 Uhr Abends. 


XI. Gartenban. 
Prof. Dr. Haupt (Hannover): Die Gartenbaukunst in der 
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. 41 Hörer. 
Mittwoch, den 3, 10., 17., 24., 31. März und 7. April 
von 8—9 Uhr Abends. 


XI. Mathematik. 
Prof. Dr. Schubert: Analytische Geometrie der Kegel- 
schnitte und anderer Kurven. 40 Hörer. 
Montags von 7'a—91/a Uhr Abends. 


XII. Astronomie. 


Observator Dr. Schott: 
1) Allgemeine Astronomie, 3. Theil (Cometen, Fixsterne). 
73 Hörer. 
Donnerstags (mit Ausnahme des ersten Donnerstags in jedem 
Monat) von 71/a—9 Uhr Abends. 
2) Theorie der Bahnbestimmung von Cometen und 
Planeten. Mathematische Vorkenntnisse erforderlich. 
4 Hörer. 
Montags von 61»—7!/y Uhr Abends. 
Navigationsschul-Lehrer Dr. Bolte: Die neueren Methoden der 
nautischen Astronomie im Lichte des modernen See- 
verkehrs. 65 Hörer. 
Dienstags von 7—8 Uhr Abends. 


RR Bericht über die Vorlesungen. 


XIV. Physik. 
Prof. Dr. Voller: Elektrieität und Magnetismus, auf Grund- 
lage neuerer Erfahrungen und Anschauungen. 


90 Hörer. 
Freitags von 7'/g— 9 Uhr Abends. 


Assistent Dr. Glassen: Allgemeine Physik und Mechanik. 
68 Hörer. 
Dienstags von 8—9 Uhr Abends. 


XV. Chemie. 
Prof. Dr. Dennstedt: 
1) Experimental-Chemie (Anorganischer Theil, Nicht- 
metalle). SO Hörer. 
Donnerstags von 7a—9 Uhr Abends. 
2) Praetische Uebungen im Laboratorium für Anfänger und 
Geübtere. 
Täglich von 9—4 Uhr. 

Assistent Dr. Engelbrecht: 

1) Darstellung und Analyse chemisch-technischer 
Präparate (Fortsetzung). S Hörer. 
Dienstags von 10—11 Uhr Vormittags. 

2) Praetische Uebungen in der technischen Analyse. 
Täglich von 9—4 Uhr. 
Assistent Dr. Schöpff: 
1) Photographische Chemie. 44 Hörer. 
Montags von S—9 Uhr Abends. 
2) Photographische Uebungen. 
Wöchentlich 3 Stunden. 

Assistent Dr. Voigtländer: Kurzer Ueberblick der Er- 
nährungslehre. Fleisch und Conserven, Cerealien und 
Backwaaren. 23 Hörer. 

Donnerstags von 3—4 Uhr Nachmittags. 

Hülfsarbeiter von Boltenstern: Analytische Chemie, 1. Theil 

(Qualitative Analyse). 11 Hörer. 


Sonnabends von 10—11 Uhr Vormittags. 


XVI. Mineralogie. 
Custos Dr. Gottsche: Einführung in die Palaeontologie. 
56 Hörer. 
Dienstags von 7—8 Uhr Abends. 
XVII. Zoologie. 

Professor Dr. Kraepelin: Allgemeine Systematik, ein Ueber- 
blick über die Verwandtschaftsverhältnisse der 
heutigen Thierwelt. 115 Hörer. 

Sonnabends von 7—8 Uhr Abends. 


3ericht über die Vorlesungen. RT 


Custos Dr. Pfeffer: Allgemeine Physiologie, die Lehre von 

den Grundeigenschaften des Lebens. 177 Hörer. 
Montags von 8-9 Uhr Abends. 

Assistent Dr. von Brunn: Kurze Darstellung der Deutschen 
Hochseefischerei, ihrer wirthschaftlichen Bedeutung 
und ıhres Betriebes. 41 Hörer. 

Freitags von 7—8 Uhr Abends alle 14 Tage. 
XVII. Botanik. 
Professor Dr. Sadebeck: 


1) Tropische Nutzpflanzen, ihre Erzeugnisse und ihr 


Plantagenbetrieb (Fortsetzung). l. Kautschuk- und 
Gummipflanzen. 2. Gewürzpflanzen. 5. Medieimalpflanzen. 
4. Hölzer und Rinden. 30 Hörer. 


Dienstags von 7—8 Uhr Abends. 
2) Mikroskopische Uebungen, insbesondere Anleitung 
zu mikroskopischen Untersuchungen. 
S Theilnehmer. 
Täglich von 11—3 Uhr. 
Professor Dr. Zacharias: 
1) Anatomie und Entwickelungsgeschichte der Pflanzen. 
Donnerstags von 6—7 Uhr Abends. 
2) Pracetische Uebungen im Untersuchen und Bestimmen 
von Kryptogamen. 
In 2 Kursen, zusammen 20 Theilnehmer. 
Miitwochs von 3—5 Uhr Nachmittags. 


Im Wintersemester des Berichtsjahres ist der Versuch gemacht worden, 
für eime grössere Anzahl von Cursen durch Auflegen von Einschreibelisten 
einen Ueberblick über die Berufskreise, denen die Hörer entstammen, so- 
wie über die Betheiligung des männlichen nnd des weiblichen Geschlechtes 
zu gewinnen. In vielen Fällen sind jedoch die Listen unvollständig geblieben, 
da manche Hörer das Einschreiben unterliessen; von einzelnen Vortragenden 
ist mitgetheilt worden, dass die Zahl der 'Theilnehmer erheblich grösser 
gewesen sei, als die Listen ergeben. In vorstehendem Verzeichniss, sowie 
in der nachstehenden tabellarischen Zusammenstellung No.I, sind nur die 
den Listen entnommenen Zahlen angeführt worden. 

In einigen Fällen, wo es sich um Curse von kürzerer Dauer handelte, 
war eine solche Statistik deshalb nicht zu erlangen, weil die Zahl der 
Hörer zu gross war; an einzelnen Abenden war der Andrang so stark, 
dass z. B. in der Aula der Gelehrtenschule 500—600 Personen anwesend 
waren und ausserdem Viele keinen Platz mehr fanden. Die durchschnittliche 
Zahl der Hörer in diesen besonders stark besuchten, sowie einigen anderen 
Cursen ist mn der I. Tabelle am Schlusse dieses Berichtes mitgetheilt. 


I. Zahl und Beruf der eingeschriebenen Hörer in 
welche regelmäßig wöchentlich im Winter 1896/97 gehalten worden sind. 


10. 


. Dr. Gottsche 


Xu 


Vortragender Gegenstand 


Senior D. Behrmann Christliche Glaubenslehre 


Dr. Hagen Die deutschen Kolonien in geo- 
eraphischer, ethnographischer 
und wirthschaftlicher Hinsicht 
Dr. Schott Geographie der Oceane mit 
besonderer Berücksichtigung 
der Verkehrsverhältnisse 
zur See 
Deutsche Geschichte 


Prof. Dr. Wohlwill 


Derselbe Hamburgische Geschichte 
Derselbe Deutsche Litteraturgeschichte 


Prof. Dr. Wendt 
Dr. Brauneck 


Thackeray’s Werke 
Vietor Hugo 
Prof. Dr. BrinekmannlAusgewählte Gegenstände aus 
der Geschichte des Kunst- 
gewerbes, zunächst die innere 
und äussere Ausstattung des 
3uches 
Bauinspeetor Merkel Geschichte der Ingenieur- 
technik und des Verkehrs im 
Alterthum und Mittelalter 
Analytische Geometrie der 
Keeelschnitte 


Prof. Dr. Schubert 


Dr. Schorr 
Dr. Bolte 


Alleemeine Astronomie 


Die neueren Methoden der 
nautischen Astronomie 


Elektrieität und Magnetismus 


Alloemeine Physik und 
Mechanik 


Experimental-Chemie 


Prof. Dr. Voller 
Dr. Classen 


Prof. Dr. Dennstedt 

Dr. Schöpff Photographische Chemie 

Einführung in die Palaeon- 

tologie 

Prof. Dr. Kraepelin Allgemeine Systematik, ein 

Ueberblick über die Verwandt- 
schaftsverhältnisse der 
heutigen T’hierwelt 

Dr. Pfeffer Allgemeine Physiologie, die 

Lehre von den Grundeigen- 
schaften des Lebens 


Prof. Dr. Sadebeck |Tropische Nutzpflanzen, ihre 
Erzeugnisse und ihr Plantagen- 
betrieb 
Anatomie -und Entwickelungs- 
geschichte der Pflanzen 


Prof. Dr. Zacharias 


Gesam mt- Davon waren 


Bericht über die Vorlesungen. 


22 ver 


schiedenen Vorlesungscursen, 


zahl der 
einge- 

schrieben. 
Hörer 


106 


männl. 


24 


137 


weibl. 


34 
22 


40 


a 


Lehrer 
und 
Lehrer- 
innen 


41 


27 


Davon waren 


Kauf- |Sonsti 


leute 


Beru 


21 26 
31 52 
21 52 
22 128 
28 76 
9 86 
9 83 
8 62 
angegeben 
_ 28 
1 26 
15 54 
1 59 
6 60 
12 50 
29 27 
14 25 
11 
8 59 
An; 124 
6 19 
2 24 


Bericht über die Vorlesungen. 


XIII 


U. Durchschnittliche Zahl der Hörer in 15 verschiedenen Vorlesungscursen, 


welche an einer beschränkten Zahl von Abenden im 


gehalten worden sind. 


Winter 1896/97 


Vortragender 


Oberlandesgerichtsrath 


Dr. Martin 


Dr. Ehrenberg (Altona) 


Prof. Dr. Lotz (München) 


Dr. Hampke 
Dr. Koch 


Oberarzt Dr. Rumpel 


Hafenarzt Dr. Nocht 
Oberarzt Dr. Schütz 
Prof. Dr. Wohiwill 


Dr. Deneken 


Prof. Dr. Eyssenhardt 


Prof. Dr. Haupt 
(Hannover) 
Prof. Dr. Litzmann 
(Bonn) 

Dr. H. Behn 


Dr. von Brunn 


Gegenstand 


Durchschnittliche 
Zahl der Hörer 


Das neue bürgerliche Gesetzbuch 
Die volkswirthschaftliche Bedeutung 
des Handels 
Die Börse 
Die neuere deutsche Gewerbepolitik 
Grundzüge der Bevölkerungsstatistik 


Tubereulose und Tuberculose- 
Heilstätten 


Tropenhygiene 
Kinderhygiene 
Hamburgs Beziehungen zu Preussen 


Gräber und Grabdenkmäler der 
Hellenen 


Die Entwickelung der antiken 
Architektur 


Die Gartenbaukunst in der Vergangen- 
heit, Gegenwart und Zukunft 


Richtungen und Persönlichkeiten in 
der deutschen Litteratur von Göthes 
Tode bis zum Jahre 1870 


Musikwissenschaftliche Vorlesungen 
Kurze Darstellung der Deutschen 


Hochseefischerei, ihrer wirthschaftlichen 
Bedeutung und ihres Betriebes 


107 


284 
Etwa 300 


57 


Etwa 80 


41 


Etwa 400 


114 


. a, “ € 
u u u zer nn n 22 ni 2 


IR 


Jahresberichte 


der 


| Hamburgischen 
2 Wissenschaftlichen Anstalten 


für das Jahr 1896. 


Stadtbibliothek. XVII 


1. Stadtbibliothek 


Bericht des Direetors Professors Dr. Eyssenhardt 


In dem Personale der Stadtbibliothek ist im Jahre 1896 keine Ver- 
änderung eingetreten. 

Der Bücherbestand wurde, abgesehen von den Zeitschriften, aus den 
budgetmässigen Mitteln, sowie durch zahlreiche und werthvolle Geschenke 
von Behörden, Vereinen, Instituten und Privatpersonen, um 5117 Nummern 
vermehrt. 

Im Lesesaale wurden 23 890 Bände von 4840 Personen benutzt, wobei 
die Benutzung der Handbibliothek ausser Ansatz gelassen ist. Von aus- 
wärtigen Bibliotheken und Archiven wurden 111 Bände zur Benutzung 
im Lesesaale übersandt. 

Im Journalsaale sahen 2123 Personen 13 705 Hefte der ausliegenden 
Zeitschriften ein. 

Ausgeliehen wurden 10675 Bände an 3956 Personen, darunter 
32 Handschriften; von diesen gingen 7 nach Berlin, 5 nach Erlangen, 
4 nach München, je 3 nach Breslau und Kiel, je 2 nach Braunschweig 
und Wiesbaden, je I nach Budapest, Leipzig, Mainz, Posen, Schildberg 
und Wien. Ausserdem wurden nach 38 auswärtigen Orten 230 Bände 
versandt. 

Das Neubinden des alten Bücherbestandes wurde für die Abtheilungen 
PD-PK, DF, DG und DH erledigt. 

Die neben den laufenden Katalogisirungsarbeiten hergehende Eintragung 
der Standortsbezeichnungen nach dem Realkataloge ia den Nommalkatalog 
wurde in der Weise gefördert, dass ein weiterer Theil der im Karten- 
schranke aufbewahrten geographischen Karten, der letzte Theil von DFd 
sowie der Anfang von DFe, MC, der Schluss von PBI und der Anfang 
von PB II übertragen wurden. 

Ausserdem wurde die Neukatalogisirung der Hamburger Zeitungen 
und Zeitschriften soweit gefördert, dass die Zettelaufnahme im wesentlichen 
vollendet ist. 


Die 
Verwaltung. 


XVII Museum für Völkerkunde (einschl. Sammlung vorgeschichtl. Altertümer). 


2. Museum für Völkerkunde 
(einschliesslich Sammlung vorgeschichtlicher Altertümer). 


Bericht von Dr. K. Hagen. 


Das Jahr 1896 war für die Anstalt in mehrfacher Weise ein besonders 
bedeutungsvolles. 

Zunächst hatte die Anstalt den Tod des ersten Vorstehers und ihres 
eigentlichen Gründers, des Herrn © W. Liders, zu beklagen. Nachdem 
Herr Lüders krankheitshalber am 1. Oktober einen längeren Urlaub 
nachgesucht und bewilligt erhalten hatte, verließen ihn trotz sorgsamster 
Pflege die Kräfte zusehends, bis ihn am 7. November, Abends 9 Uhr, 
der Tod von seinen Leiden erlöte. Am 11. fand die Bestattung im 
Krematorrum zu Ohlsdorf statt unter der Teilnahme zahlreicher wissen- 
schaftlicher Vereine, denen Herr Züders lange Jahre hindurch als thätiges 
Mitglied angehört hatte. Herr Direktor Rautenberg hielt eine zu Herzen 
gchende Grabrede, in der er die Verdienste des Entschlafenen in gebührender 
Weise hervorhob. Am Abend desselben Tages widmete Referent im 
Naturwissenschaftlichen Verein seinem langjährigen Chef und väterlichen 
Freunde emen Nachruf. Ueber den Lebenslauf des Verstorbenen möge 
das Folgende hier Platz finden. 

Carl Wilhelm Lüders ist am 23. Mai 1523 im der Vorstadt St. Pauli 
geboren. Die Eltern verlor er früh durch den Tod, und so war er schon in 


jungen Jahren auf sich selbst angewiesen. Er widmete sich dem Kaufmanns- 


stande, ohne m ihm die rechte Befriedigung zu finden; mehr Interesse 
fand er seit jeher am Sammeln. 1853 ging er nach Amerika und zwar 
nach Valparaiso, wo er bis 1865 kaufmännisch thätig war; groß sind seine 
Verdienste um die Entwickelung der dortigen deutschen Kolonie. 1865 begab 
er sich auf Reisen, lernte die ganze Westküste von Südamerika, sowie 
Teile von Nordamerika kennen und legte umfassende Sammlungen an. 
Ende 1866 kehrte er nach Hamburg zurück. Von 1870—73 hatte er die 
kaufmännische Leitung des „Freischütz“ inne. Im Jahre 1874 gelang es 


ws 


Museum für Völkerkunde (einschl. Sammlung vorgeschichtl. Altertümer). XIX 


ihm endlich, eine seinen Neigungen entsprechende Thätigkeit zu finden und 
zwar als Kommissionsmitglied des Kulturhistorischen Museums, das damals 
kaum mehr als eine Raritätenkammer vorstellte, aber zum Senfkorne wurde, 
aus dem sich unter Züders’ liebevoller Ptlege das „Museum für Völkerkunde“ 
entwickelte. 1579 wurde der Verewigte unter gleichzeitiger Einverleibung 
seiner eigenen wertvollen Sammlung in den alten Bestand zum Vorsteher 
des Museums ernannt. Mit außerordentlichem Geschick und in erstaunlich 
kurzer Zeit hat er als solcher in den Jahren 1890 und 91 die schwierige 
Neuaufstellung der umfangreichen Sammlungen im Galleriegeschoss des 
Naturhistorischen Museums besorgt und damit die von ihm so lange 
sehnlichst erwünschte systematische Aufstellung durchführen können. Rastlos 
hat er bis zum letzten Augenblick für das Gedeihen des Museums gestrebt. 


Die umfangreiche Privatsammlung des Herrn Züders, welehe durch- 
gehends aus ausgezeichneten, namentlich wegen ihres Alters kostbaren, 
ethnographischen Gegenständen besteht, sowie seine auf Völkerkunde 
bezügliche Bibliothek war bereits mit Schluß des Jahres 1888 laut Ver- 
einbarung in den Besitz des Staates übergegangen. Ein Legat im Betrage 
von «4 10000 wird das Museum in den Stand setzen, „aus den Zinsen 
nach Verlauf eines oder mehrerer Jahre je nach Umständen“ ein besonders 
hervorragendes Stück zu erwerben. So hat Herr Züders noch über den 
Tod hinaus für das ihm ans Herz gewachsene Institut gesorgt. 

Ehre seinem Andenken! 


Mit Anfang des Jahres wurde die bis zu dieser Zeit von einer 
besonderen Kommission verwaltete Sammlung vorgeschichtlicher Altertümer 
dem Museum für Völkerkunde fest angegliedert, da die bisherige Trennung 
der ihrem ganzen Wesen nach zusammengehörigen ethnographischen und 
vorgeschichtlichen Sammlungen eine unnötige Erschwerung des Geschäfts- 
ganges mit sich brachte. 

Den Vorsitz in der Kommission führte Herr Syndicus Dr. W. von Melle. 
Die übrigen Mitglieder waren die Herren €. W. Lüders, Vorsteher des 
Museums für Völkerkunde, Direktor Prof. Dr. J. Brönekmann, Landgerichts- 
Direktor Dr. H.-Föhring, Direktor Prof. Dr. E. Rautenberg, J. H. Brey 
und F. Wiengreen. 


Der während fünf Jahre als wissenschaftlicher Hülfsarbeiter beschäftigt 
gewesene Dr. Karl Hagen wurde auf den 1. Januar 1896 als Assistent 
2. Gehaltsklasse angestellt. 

Der Besuch des Museums ist trotz der recht unbequemen Lage desselben 
als ein fortgesetzt reger zu bezeichnen. Die Benutzung der Sammlungs- 
gegenstände ist infolge der Vorlesungen eime sehr gesteigerte gewesen. 
Außerdem wurden die bedeutenderen neuen Eingänge vom Berichterstatter 

br 


Die Benutzung 
der 
Sammlungen. 


Reisen. 


Die Vorträge. 


XX Museum für Völkerkunde (einschl. Sammlung vorgeschichtl. Altertümer). 

in den Sitzungen der Anthropologischen Gruppe vorgeführt, auch mehrfach 
anderen Herren Objekte des Museums zu Vorträgen zur Verfügung gestellt. 
Einem Gesuche der Direktion der Fischereiausstellung in Kiel entsprechend 
wurde eine grössere Anzahl solcher Bootmodelle, die weniger kostbar und 
zum Transport geeignet erschienen, der Ausstellung leihweise überlassen. 


Der Berichterstatter benutzte im Auftrage der Kommission 2 Tage 
des Juni, um das neue Museum in Bremen zu besichtigen und verband 
damit einen Besuch des besonders an Funden aus der jüngeren Steinzeit 
und der Bronzezeit reichen Museums in Oldenburg. Einen weiteren Urlaub von 
4 Tagen im September verwandte der Berichterstatter zum Studium der 
Kolonialausstellung der Berliner Gewerbeausstellung mit Rücksicht auf die 
für das Winterhalbjahr angekündigten Vorlesungen. Über beide Reisen wurden 
der Kommission eingehende Berichte vorgelegt. Drittens wurde auch die 
Sammlung des Herrn Dr. Hartmann in Marne und daran anschliessend 
das neue Museum in Meldorf in Augenschem genommen. Fine zum Besuch 
der Millenniumsausstellung in Budapest geplante Urlaubsreise musste wegen 
der Krankheit des Vorstehers leider unausgeführt bleiben. 


Von Anfang Januar bis Ende März 1896 hielt der Berichterstatter 
im Auftrage der Oberschulbehörde vor etwa 60 Zuhörern eine Reihe von 
11 Vorträgen über „Völkerkunde in Einzelbildern“. Hiermit erschien über- 
haupt die Völkerkunde zum ersten Male unter den übrigen üblichen Vor- 
lesungen. Folgende Themata wurden behandelt: Aufgaben und Bedeutung 
der Völkerkunde. Abstammung und Urheimat des Menschen. Rassenlehre. 
Australien und seine Bewohner. Neu Guinea; Kaiser Wilhelmsland. 
Melanesien; Bismarck Archipel. Polynesien und Mikronesien. Malayischer 
Archipel. Afrikanische Naturvölker. Amerikanische Indianer. Hyperboreische 
Völker. Von Anfang November 1596 bis Ende März 1897 hielt der 
Berichterstatter einen zweiten Cyklus von 17 Vorlesungen über „die deutschen 
Kolonien in geographischer, ethnographischer und wirtschaftlicher Hinsicht“, 
an dem 60 — SO Zuhörer teilnahmen. Im drei einleitenden Vorlesungen 
wurden behandelt: Kolonien im Allgemeinen. Die deutsche Auswanderung 
und die Versuche, dieselbe zu organisieren und zu koncentrieren. Hamburger 
Kolonisationspläne 1540—42; Versuch der Gründung eines Kolonialbesitzes 
unter dem grossen Kurfürsten. Die beiden folgenden Vorlesungen behandelten 
die Geschichte der Erwerbung der deutschen Kolonien, die übrigen galten 
der eingehenden Betrachtung derselben. Als Anschauungsstoff dienten die 
Sammlungen des Museums für Völkerkunde, sowie die des Naturhistorischen 
und des Botanischen Museums. Da unser Museum leider noch sehr arın 
an Photographien ist, so ist es um so mehr mit Dank zu begrüssen, dass 
mehrere Hamburger Firmen, die mit den Kolonien arbeiten, in liebens- 
würdiester Weise Photographien zur Verfügung stellten. Insbesondere sei 


ie 


Museum für Völkerkunde (einschl. Sammlung vorgeschichtl. Altertümer). XXI 


u MS 


den Herren Angelo Crovo (Kaoko Land- und Minen -Gesellschaft), J. F. 
Ed. Bohlen, ©. und Ad. Woermann, Wölber & Zimmermann, L. Hansing, 
Justus Strandes und Konsul F. Hernsheim auch an dieser Stelle herzlichster 
Dank gesagt. Das nötige Kartenmaterial, Rassenbilder und einige neuere 
Werke über die Kolonien konnten aus der für das Vorlesungswesen 
bewilligten Summe angeschafft worden, wodurch einem lebhaft empfundenen 
Bedürfnis abgeholfen wurde. 


Dr. K. Hagen: Chinesische Prunkwaffen. (Internationales Archiv für Publikationen. 
Ethnographie, Leiden. Bd. IX. p. 161 — 175 mit drei farbigen 
Tafeln.) Das Material besteht in einer mit Hülfe der Bürgermeister 
Kellinshusen-Stiftung angeschaftten Sammlung chinesischer und korea- 


nischer Waffen. (S. d. Jahrb. VIII, p. XC.) 


Die Vermehrung der Sammlungen. 


A. Ethnographische Sammlung. 


Die Zahl der Eingänge erreichte im Jahre 1896 mit 708 Nummern 
die bei weitem höchste von allen früheren Jahren. Im Einzelnen verteilt 
sich der Zuwachs folgendermaßen : 


Eingegangen sind an Geschenken: 


von Asien 159 Nummern 

„ Amerika 50 & 

„ Afrika 230 

„ Europa 6 3 

„  Oceanien 83 R 
318 Nummern 


Angekauft sind aus den budgetmäßigen Mitteln: 


von Asien 55 Nummern im Werte von „4 703,11 
„ Amerika 102 N h R a 
„ Afrike 20 ei 5 ns nn Aa 
„ Oceanien 63 N B ® u 


240 Nummern im Werte von #4 2247,61 


Durch eine seitens E. H. Senats und des Bürgerausschusses genehmigte 
außerordentliche Bewillieung konnten von Oceanien noch 150 Nummern 
im Werte von 4 2500. 


angeschafft werden. 


Demnach stellte sich der Bestand am Ende des Jahres laut den 
3 Katalogen wie folgt: 


XXIIL Museum für Völkerkunde (einschl. Sammlung vorgeschichtl. Altertümer). 


Asien 3 600 Nummern 
Amerika 3126 er 
Afrıka 2161 ä 
Europa 232 n 


[807 
Rn 
2) 
Er 


Oceanien 


11 946 Nummern 


I. Geschenke. 


Von den zahlreichen, durch Schenkung dem Museum überwiesenen 
Gegenständen seien folgende besonders hervorgehoben: 

Von Herrn Architekten Paul @. Ehlers aus dem Nachlaß seines auf 
Neu Gumea verunglückten Bruders Otto E. Ehlers, des bekannten Reisenden: 
1 grosse Harfe (soung) von Birma; 1 Schädeltrommel (damaru) von Tibet 
(kosthares altes Stück); 2 silberne Zehenringe in Fischform, von den 
Maräthen; 2 alte Lederfutterale mit Porzellanschüssel (auf Kameelreisen 
gebraucht) von Yarkand in Ost-Turkestan; eine Anzahl seidengestickter, 
alter Atlasgewänder aus Bokhara und indischer Bekleidungsgegenstände. 

Von Herrn Zduard Freiherrn von Oklendorff die Doubletten emer 
eroßen, in seinem Auftrage für das Königl. Museum für Völkerkunde 
in Berlin zusammengebrachten Sammlung der Hügelstämme von Assam. 
Dieses Geschenk ist deswegen doppelt willkommen und wertvoll, weil wir 
von Assam bisher außer einer Streitaxt und einer Lanze nichts besaßen. 
Wir erhielten von den Dophla: 2 Helme aus Rotang geflochten, zwei 
breite, geflochtene Leibeurte, einen Tragkorb aus Flechtwerk, ein 
geflochtenes Körbchen, eine flache Schale aus Rinde, eine Umhängetasche, 
einen Schaber, einen Bogen und einen primitiven Pflug aus Bambus, und 
einige Schmuckstücke; von den Mischmi: einen Schild aus Rotanggeflecht 
mit hölzernem Buckel, einen Bogen, eine Lanze, eine metallene Tabakspfeife 
nebst dem dazugehörigen Tabak und 2 Schwerter in Scheide; von den 
Ao Naga: einen geflochtenen Beutel, ein eisernes Messer, eme Ahle mit 
hölzernem Stiel, ein Hackmesser (dao), einen Schaber aus Eisen, — (dieser 
ist dem aus Bambus gefertigten der Dophla, bei dem sich die Form aus dem 
Wesen des Materiales erklärt, einfach nachgebildet und schon insofern 
von hohem Interesse), — eine Scheide von eigenartiger Form für das Wald- 
messer, einen Holzkamm, ein breites Armband aus dicht aufgereihten Mund- 
rändern von Kaurischnecken, ein zierlich geflochtenes, an die anmutigen 
Japanischen Erzeugnisse erinnerndes Körbchen, mit rotgefärbten Ziegen- 
haaren besetzt, emen breiten hölzernen Armring und Lanzen, mit rotgefärbten 
Ziegenhaaren besetzt; von den Abor, Angami-, Lhota-, Namsik-, Nangta-, 
>orduria-Naga einzelne sehr interessante Gegenstände, die nur durch 
eine derartige Gelegenheit erreichbar sind; von den angeführten 
Stämmen sind auch eine Anzahl der einheimischen, farbig gestreiften 


Museum für Völkerkunde (einschl. Sammlung vorgeschichtl. Altertüumer). XII 


Zeuge vertreten, sowie ein Leptschakleid; von Bhutan: aus farbiger Wolle 
gewebte Strumpfbänder, ein paar Stiefel, ein Dolchmesser mit Messing- 
knauf, eine rot- und weiß sestreifte, wollene Umhängetasche, eine 
aus einer Ahornknolle gedrechselte Theeschale. (Die Ahornknollen 
entstehen durch die Schmarotzerpflanze Balanophora; die aus ihnen 
hergestellten Schalen gelten bei den Leptscha als Mittel gegen Vergiftung.) 
14 ausgezeichnete Platinotypien veranschaulichen die Anlage der Dörfer 
der Hügelstämme Assams, das Aussehen der als Pfahlbauten konstruierten 
Häuser, der Gemeimdehäuser (morang) mit der riesigen, aus einem Baum- 
stamm angefertisten Signaltrommel, endlich der Bewohner selbst in Kriegs- 
schmuck und häuslicher Tracht. Ganz besonders wertvoll ist die Sammlung 
Ehlers durch die genaue Etikettierung mit Angabe der einheimischen Namen, 
die leider gewöhnlich bei fast allen sonstigen Emeängen fehlen. 

Von Herrn B. J. Wassermann zahlreiche Mumienbeigaben von Peru, 
darunter ein Korb mit Webegerät, kleinen Töpfen, Farbe, Ohrschmuck ete., 
ein Webstuhl mit angefangener Weberei (schmales, buntgemustertes Band), 
mehrere aus bunter Wolle gewebte Bänder, 2 Kleidungsstücke mit bunten 
Rändern für Erwachsene, 1 weisser Kinderponcho mit Saum aus braunen, 
eingewebten Vogelfiguren ete. 

Von Herrn Lieutenant z. See Haber in Cuxhaven ein Bastkorb mit 
Webegerät, roter Farbe und Maiskolben, ausgegraben in Ancon, Peru. 


Von Herrn Amtsanwalt Dr. Zadgar Illies eine große Anzahl verschieden - 
artiger Pfeile aus dem Malayischen Archipel, (von Flores, Aru-, Kei-, 
Tenimber-Inseln) mit Holz-, Knochen- und Eisen-Spitzen, 2 Bögen von 
Flores, Bogen und Pfeile von Neu-Guinea (Humboldtbai und Geelvinkbai). 

Von Herrn Dr. Walther von Ohlendorff ein sehr interessantes Modell 
eines Flosses mit Segel aus Peru. 

Von Herrn Andreas Spiering in Bergedorf 1 Grünsteinaxt und 2 kleine 
Steinbeile, 1 Denkmünze mit Maorikopf und 46 alte Photographien von 
Landschaften aus Neu Seeland. 

Von Herrn W. Ahlfeld eine Nephritaxt vom Lake Wanaka auf der 
Südinsel von Neu Seeland und eine Anzahl von Messern und Pfeilspitzen 
aus Obsidian vom Wanganui River, Neu Seeland. 

Von Fräulein F. Gundlach aus dem Nachlaß‘ des verstorbenen Herrn 
©. W. Lüders ein aus Kauriharz gefertigtes Portrait eines die typische 
Kinntätowierung zeigenden Maoriweibes und eine Kupfermünze mit der 
Darstellung eines tätowierten Maorikriegerkopfes von Neu Seeland. 

Von Herrn Paul Stohlmann diverse Gegenstände von Madagaskar. 

Von Herrn Dr. ‚Josephson ein schwarzer Sammetgürtel mit Silber- 
stickerei und Schließen aus Silberfiligran, ein großer Zierknopf aus Silber- 


XXIV Museum für Völkerkunde (einschl. Sammlung vorgeschichtl. Altertümer). 


filigran, eine eigentümliche Kopftracht für Frauen, bestehend aus einer 
trichterförmigen, schwarzen Wollkappe mit langer, m eimer silbernen Röhre 
steckender, schwarzer Seidenquaste und eine einfache Männerkappe 
von Island. 

Von Herrn Philipp Japhet ein alter, geschnitzter Stock eines Kaffern- 
häuptlings. 

Von Herrn Obergeometer H. Stück eine Friedenspfeife mit hübsch 
eeschnitztem Rohr von den Sioux-Indianern. 

Herr Direktor A. Thaer überwies eine alte, mit geschnitzten und 
bemalten Menschenfiguren verzierte Tanzkeule, Bogen und Pfeile von den 
Salomons Inseln und einen Speer aus Bambus mit langer Palmenholzspitze 
von Neu Hannover. 


II. Ankäufe. 


Unter den Ankäufen aus den budgetmäßigen Mitteln (nach vorstehender 
Übersicht # 2247.61) sind folgende besonders bemerkenswert: 


A. Asien. 


Eine Sammlung lamaistischer Kultgeräte aus Tibet: Gebetglocke 
(dril-bu) und Donnerkeil (rdorje), Gebetmühlen, Gebettrommeln, Opferlampen, 
heilige Wassergefässe, eine große Tempeltrompete aus Kupfer (stag-dun, 
1,55 m lang), eine Tempelschalmei aus Kupfer, eine Flöte aus einem 
menschlichen Schenkelknochen (rag-dun), 4 hölzerne Druckmatrizen für 
Gebetrollen. Ausserdem ein vergoldeter, mit rohen Türkisen besetzter 
rustschmuck (zugleich Amuletdose) sowie ein Paar del. Ohrringe, ein 
Schwert mit silberfiligranbesetzter, die eine Klingenseite unbedeckt lassender 
Scheide aus Sikhim und ein altes Schwert aus Bhutan mit schönem, durch- 
brochen gearbeiteten Messinggriff und mit grünem Leder umkleideter Scheide. 
10 Modelle von Häusern und Böten von S. O. Borneo und Pfeileift in 
Basthülle von den Dayaks. 2 alte, schön geschnitzte Bootmodelle von Siam. 
1 Lanze zum Erlegen von Vögeln, mit Elfenbeinspitze und drei weiteren 
in der Mitte des Schaftes befestigten, von den Tschuktschen (N. O. Sibirien). 

Ein reich mit aufgenähtem Gold- und Silberdraht verzierter Rock aus 
rotem Baumwollenstoff, von Kaschmir. 


B. Amerika. 


Es bot sich die günstige Gelegenheit, die Sammlung der peruanischen 
Grabgefäße (Huacos) um 32 weitere, ausgesucht schöne Exemplare zu 
vermehren. Eine staunenswerte Formenmannigfaltigkeit spricht sich in 
diesen herrlichen Erzeugnissen der alten Peruaner aus, die die Motive der 
sie umgebenden Pflanzen- und Tierwelt mit großem Geschick entnahmen. 
Auch mythologische Darstellungen begegnen uns in großer Anzahl. Unter 


Museum für Völkerkunde (einschl. Sammlung vorgeschichtl. Altertümer). YORE 


den neu erworbenen Gefäßen befinden sich auch eine Reihe der sehr 

geschätzten, mit mythologischen Scenen bemalten Exemplare. Folgende 

verdienen besonders hervorgehoben zu werden: 

1. Gefäß in Form eines Hauses von reehteckigem Unterbau mit Giebeldach. 

2. Gefäß mit einem anthropomorphisirten Decapoden en relief, zweifellos 

von mythologischer Bedeutung. 

3. Gefäß in Form eines Schneckenhauses mit anthropomorphisirter 

Schnecke mit Schließdeckel und Fühlern, d& 

4. Rötlichbraunes Gefäß mit der Darstellung eines Anglers, der einen 
Fisch emporzieht und schwimmenden Quallen, in dünn aufgetragenem, 
weiß brennenden Thon aufgemalt. 

5. Mehrere Gefäße mit in anders brennendem Thon aufgemalten Götter- 
figuren, den Emblemen des Donnergottes, Kampfscenen, einem Adler, 
der dem Anscheine nach aus einer vor ihm stehenden Schüssel frißt etc. 

6. Gewundenes Blashorn mit Schallöffnung in Form eines Pumakopfes. 


7. Gesichtsurnen und Gefäße in Form sitzender Männergestalten. 
8. Gefäße in Tierform: kleine Eule, aufgezäumter Lamakopf, Ochsenfrösche, 


diekbäuchiger Fisch ete. 

Eine Anzahl guter alter Bronzen aus peruanischen Mumiengräbern, 
und zwar Meissel, Grabscheite, Messer, Zierscheiben, Perlen, Nadeln, 
Schmuckketten und eine grosse Schelle; ferner kleinere Schmuckstücke 
aus Schneckenschale. 

Drei Thongefäße, 1 Schädel und 1 Thonflöte, altmexikanisch; 1 großes 
Steinbeil und 23 verschiedene steinerne Pfeilspitzen der nordamerikanischen 
Indianer aus früherer Zeit. 

C. Afrika. 

Ein großer Halsschmuck aus spiralig gewundenem Eisendraht, der 
Massaifrauen; eine Holzmaske von Dahomey. 13 kleine Goldarbeiten der 
Ashanti. Als Motive sind verwandt: das Nest eines Webervogels mit 
daraufsitzendem Vogel, ein Krokodil, mehrere verschiedene Conchylien, 
Zähne, kleine kugelförmige Schellen mit Längsschlitz und ein Körbchen. 
Eine typische Lederhaube der Hererofrauen, Deutsch-Südwest-Afrika. 

D. Europa. 
Zu Ankäufen bot sich im Berichtsjahre keine Gelegenheit. 
E. Oceanien. 


Eine große Holzmaske mit Federkleid von Neu Caledonien. Eine 
hölzerne, mit 2 geschnitzten Götterfiguren „atua“ verzierte Planke von 
einem alten Vorratshäuschen „pataka“ der Maori, aus Makelu, Bay of 
Plenty, Neu Seeland. Eine alte Sammlung von etwa 60 Nummern, worunter 
eine Schädelmaske von Neu Britannien; 2 Tanzmasken von Neu Irland; 
2 Speerspitzen aus Rochenschwanz, Speere mit Obsidianspitzen, Holz- 


XXVI Museum für Völkerkunde (einschl. Sammlung vorgeschichtl. Altertümer). 


trommel, Armringe, Gürtel, Holzschüsseln ete. von den Admiralitäts-Inseln ; 
3 geschnitzte Kalkspatel, 1 Flasche aus Kokosnuß (ornamentiert) von 
Neu Guinea: Axt mit Tridacnaklinse, Armbänder, mit Brandmalerei 
verzierte Calebasse für Kalk zum Betelkauen, 4 fein geschnitzte Kalkspatel, 
4 Holzkämme von den Anachoreten; 1 interessanter Bambusdolch von der 
Insel Yap (Carolinen) und diverse andere Gegenstände. 


III. Ankäufe mit Hülfe einer ausserordentlichen Bewilligung. 

Durch die Bewilligung emer Summe von 2500 # seitens E. H. Senates 
und des Bürgerausschusses wurde die Möglichkeit geboten, eine umfang- 
reiche Sammlung des Herrn M. Thiel durch die freundliche Vermittelung 
des Herın F. Hernsheim, Direktors der Jaluit-Gesellschaft in Hamburg, 
anzukaufen. 

Diese Sammlung besteht in der Hauptsache aus Gegenständen aller 
Art von den Inseln Maty, Durour und Ninigo, kleinen Eilanden im Norden 
von Deutsch-Neu-Guinea, der deutschen Interessenphäre angehörie. 

Als die hervorragendsten Stücke sind zu bezeichnen: 2 Originalböte 
von Maty und Durour, von denen das größere 9,5 m, das kleinere 5,65 m 
lang ist. Beide sind aus einem Stück gearbeitet, am Bug und Stern mit 
einem aufgesetzten Zierstück und mit einem seitlichen Ausleger versehen. 
Ferner sind von Waften verschiedenartige Speere, mit Brandmalerei ver- 
zierte Keulen, große Hellebarden aus Holz, die in ihrer Form an chinesische 
oder japanische Vorbilder erimnern und solche mit Haifischzähnen und 
Schildkrötenknochen bewehrt, vertreten; von Werkzeugen kleine Äxte mit 
breiter Klinge aus Schildkrötenknochen zum Bootbau, ein Korb, Angel- 
haken, Holzschlägel zum Fischfang, Eßgefäße, Schöpfkellen, eigenartige 
Kokosnußschraper ete.; von Schmuck- und Kleidungsstücken Hüte aus 
Pandanusblättern und Ohrgehänge aus Schildpatt. Ausserdem von den 
Hermits-Inseln 4 lange Speere mit zierlich geschnitzten Spitzen und ein 
mit roten, stark stilisierten Menschenfiguren bemaltes Bootmodell; von den 
Admiralitäts-Inseln 12 prachtvolle Speere mit Obsidianspitzen und zum 
Teil mit darunter angebrachten plastisch geschnitzten, mehr oder weniger 
stilisierten Menschenfiguren und eine große Holzschüssel mit durchbrochen 
gearbeiteten, ohrenförmigen Henkeln; von den Salomons-Inseln riesige, mit 
zahlreichen Widerhaken aus Knochen bewehrte und mit farbigem Stroh- 
geflecht verzierte Speere, sowie Bogen und Pfeile; von den Anachoreten 
ein dem Ahnenkultus dienender Menschenschädel, ein Stück Baumstamm, 
durch das die Methode der Tapabereitung trefflich illustriert wird, und eine 
geflochtene Tasche mit in gelber Farbe aufgemalten Menschenfiguren; von 
Neu Guinea geschnitzte Ruder, Pfeile mit mannigfachen Rohr- und ge- 
schnitzten und bemalten Holzspitzen, Bogen mit eingeschnitzten Ornamenten, 
Fischharpunen und Calebassen für Kalk zum Betelkauen; von Mioko ein 


Museum für Völkerkunde (einschl. Sammlung vorgeschichtl. Altertümer). XXVI 


Feuerbohrer; von Neu Hannover und French Island Steinäxte. Ueber 
die Bedeutung der Sammlung wird eine in Vorbereitung befindliche, mit 
Abbildungen versehene Abhandlung den nötigen Aufschluß geben. 


B. Sammlung vorgeschichtlicher Altertümer. 


Die Sammlung hat sich im Laufe des Jahres 1596 um 240 Katalog- 
nummern vermehrt, darunter 56 Geschenke. 

Der Direktor der Stiftungsschule von 1515, Herr Dr. ©. Dränert, 
überwies der Sammlung 46 Steingeräte aus Holstein, eine schuhleisten- 
förmige, facettierte Hacke aus Kieselschiefer von leider unbekanntem Fundort. 
wahrscheinlich aus Mitteldeutschland, und eine Urne mit 3 mondsichel- 
förmigen Reliefhenkeln und schräglaufenden, flachen Furchen am Bauchteil 
aus der römischen Kaiserzeit, von dem Urnenfriedhof m Fuhlsbüttel her- 
stammend. 

Von Herrn M. Th. Banter erhielten wir einen Kragencelt aus Bronze, 
von Güttingen am Bodensee; von Herm Geo. W. Fischer einen kleinen 
geschliffenen Hammer mit rund gewölbter Ober- und ebener Unterseite 
von Ringstedt in Dänemark, sowie einen 7 em langen Meissel aus gelb- 
grauem, durchscheinenden Flintstein, Schweizer Pfahlbauten; von Herrn 
Dr. Hartmann jr. in Marne die Nachbildung emes merkwürdigen, bei 
Tarbeck in Holstein gefundenen Hohleeltes mit senkrecht zur Schneide 
stehendem, durch Anschweißung angebrachten Oehre, dessen Origimal 
(Unikum) sich in der Sammlung des verstorbenen Herrn Dr. Hartmann in 
Marne befindet; von Herrn Victor Bengtson ein kalemirtes Feuerstein- 
messer von Helsineborg. Herr Direktor Dr. Brinckmann überwies 2 kleine 
becherförmige Thongefäße mit je 2 Zwerghenkeln und Strichornamenten, die 
wohl in Erinnerung an mit Bändern umgebene Holzeimer angebracht sind, 
und eine kleine topfförmige, einhenkelige, unverzierte Urne der Bronzezeit, 
von Balkow bei Ziebingen. Das mit diesen Gefäßen zusammen gefundene, 
prachtvolle Bronzemesser ist in den Besitz des Museums für Kunst und 
Gewerbe gelangt und im Berichte dieser Anstalt beschrieben und abgebildet. 

Für Ankäufe und Reisen wurden .4# 1279.15, für Ausgrabungen 4 252 
aus den’ budgetmäßigen Mitteln verbraucht. Ueber die Reisen ist schon 
oben das Nähere mitgeteilt. Auch in diesem Jahre konnten eine Anzahl 
Altsachen ersten Ranges angeschafft werden. Insbesondere waren wir in 
der Lage, eine alte Privatsammlung, bestehend aus Steingeräten der ver- 
schiedensten Typen und Bronzesachen der Provinz Schleswig-Holstein zu 
erwerben. Es befinden sich darunter mehrere geschliffene Steinmeissel mit 
prachtvoll erhaltener, haarscharfer Schneide, unfertige, nur roh behauene, 
solche, die nur an der einen Seite erst geschliffen sind, zerschlagene und 
aufs Neue zugeschliffene Steinmeissel ete. Ferner Dolche, Lanzenspitzen 
und Messer aus Feuerstein, namentlich hervorzuheben eine Lanzenspitze 


Sammlung 
vorgesch. 
Altertümer, 


Geschenke, 


Ankäufe, 


XXVIIT Museum für Völherkunde (einschl. Sammlung vorgeschichtl. Altertüumer). 


mit seitlichen Einkerbungen, (wie Mestorf, Atlas No. 72, aber mit bogen- 
förmigem Abschnitt wie No. 78, außerdem am Rande gezähnelt), gefunden 
in einem Moor bei Rabenkirchen bei Kappeln. Unter den Gesamtfunden 
interessiert besonders ein solcher aus einem Grabhügel auf der Insel Föhr, 
bestehend aus einem kleinen, kurzen, hohen Stemhammer mit großem Loch, 
einem Steinhammer mit beiderseits besonnener Kegelbohrung, einem runden 
durchlochten Quarzit (Behaustem) und einem Dolchgriff mit Nahtverzierung, 
aus Feuerstein. Weiter mögen erwähnt werden: ein scheibenförmiger 
Keulenknauf, später als Behaustem benutzt (wie Mestorf, Atlas No. 111), 
gefunden bei Neu-Berend in Schleswig; mehrere schön polirte Stein- 
hämmer; ein Kragencelt (wie M. A. 220) mit niedrigen Rändern, halb- 
mondförmig hervortretendem Schneidenteil und einem flach angedeuteten 
Grat am Beginne der Verbreiterung zur Schneide (M. A. 219), gefunden 
bei Lopstedt, Schleswig; ein kleiner Hohlcelt mit Leisten im Innern, ge- 
funden bei Gr. Bockwald, Holstein (wie M. A. 209, jedoch mit dem An- 
scheine nach erst nach dem Gusse eradlinig abgestutzten Schneidenenden). 
Aus einer zweiten von uns angekauften Privatsammlung heben wir folgende 
Nummern hervor: eine große Axt aus Kieselschiefer mit angeschliffenen 
Facetten, von Sylt; eine Reihe verschiedener Celttypen von Stade, Lüneburg, 
Ludwigslust, Havelbere, Hadersleben; einen 13 em langen Bronzedolch 
mit 7 Nieten, die den am Ende 4,5 em breiten, nicht erhaltenen Holzgriff 
hielten, der nebst einem klemen, verzierten Knochenstück (s. d. Jahrbuch 
Bd. XI p. CXV) bei Glinde ausgegraben wurde. 

An hervorragenden Funden aus der Steinzeit erwarb das Museum 
weiter: eine 20 cm lange Axt mit zapfenförmigem Ansatz (M. A. 4, die- 
selbe Form und Größe), von Rehhorst bei Segeberg; eine Amazonenaxt 
(M. A. 102) von Gr. Wesenberg bei Reinfeld; das hintere Ende eines reich 
reliefierten Porphyrhammers (Form ähnlich wie Madsen, Steenalderen 
Taf. 32, 18), von Heilshop bei Lübeck ; eine Axt aus Diorit, mit herumlaufender 
Furche, in der Form an solche aus Nordamerika erinnernd, von Hanerau 
bei Hademarschen ; eine Amazonenaxt aus Diabasporphyr mit ovalem Stielloch 
von Pansdorf bei Lübeck (Form wie M. A. SS), in einem Steingrabe unweit 
Oldenburg gefunden. Unsere Sammlung besitzt schon ein ebensolches 
Holsteiner Exemplar aus Hornblendegesten. Vier schöne Steinhämmer 
von Seeland. An Gräberfunden der Steinzeit erwarben wir die Ausbeute 
aus einem Grabe von Wohltorf bei Bergedorf, bestehend in zahlreichen 
Scherben mit Tiefsticehornament, einem kleinen Meissel aus Diabas und 
Feuersteinmessern. 

Von Bronzen wurden außer den bisher angeführten noch erworben: 
ein Bronzeschwert (wie bei Bastian und Voss Taf. VI, 1), Heilshop bei Lübeck ; 
zwei sogenannte Rasiermesser, eine Pincette uud eine Nadel mit spiralig 
aufgerolltem Kopf, aus Urnen von Armstorf, Provinz Hannover; ein Leisten- 


Museum für Völkerkunde (einschl. Sammlung vorgeschichtl. Altertümer). XXIX 


celt (16 cm lang, M. A. 216, aber ohne Ornamente) und ein 20 cm langer, 
fein profilierter Lappencelt mit emailartiger, chocoladebrauner Patina, der 
wohl schon in den Beginn der Eisenzeit zu setzen ist, übrigens auch ganz 
den Eindruck der Imitation eines aus Eisen geschmiedeten Beiles macht, 
beide angeblich aus Schleswig. 

Von Bronzen außerdeutschen Ursprungs wurden angekauft 
1) 3 ungarische Formen und zwar: 1 Hohlcelt mit linearen Verzierungen und 
ornamentaler Andeutung der Schaftlappen an der Tülle und weit aus- 
ladender Schneide (fast gleich Hampel, Bronzezeit in Ungarn, Taf. XIII, 1); 
1 Lanzenspitze, von Komorn, mit scharfem Grat und jederseits von 
demselben eimer dem Rand parallelen, leistenförmigen Verdickung (etwa 
gleich Hampel a. a. ©. Taf. XXVI, 6, jedoch ohne Ornamente, 19 cm lang); 
I Streithammer aus Kupfer, mit 2 zu einander senkrechten Schneiden 
(15,5 em lang) und kurzer Tülle um das Schaftloch, gefunden bei Uj 
Szöny (etwa gleich Pulszky, Kupferzeit in Ungarn p. 67,3 mit Schneiden- 
forn von 2). 2) 5 Bronzen der Hallstattperiode, von Theben in Griechen- 
land, und zwar: 1 Spiralarmring aus einem breiten Bronzestreifen mit in 
Tremolirstich hergestellten, fortlaufenden Rauten ornamentirt; 1 kleiner 
spivaliger Fingerring; Bügel und Fußplatte einer großen, halbkreisförmigen 
Fibula (die quadratische, große Fußplatte mit einer eingeritzten Vogelfigur 
(Ente oder Gans) im sogenannten Dipylonstil verziert); 1 große einschleifige 
Bogenfibula mit langem, dünnen Fuß und mit aufgereihten Knochen- 
scheiben am Bügel, die ursprünglich wohl dureh irgend eine Füllmasse aus- 
einander gehalten wurden; 1 rechteckige Dreipaukenfibula mit viereckiger 
Fußplatte, deren eine Seite mit einer eingeritzten vierblättrigen Blüthe 
verziert ist; die Pauken zeigen Linien in Tremohirstich. Alle Bronzen unter 2 
gehören der ersten Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr. an. 

Die wertvollste Erwerbung des Jahres bilden 4 Schmuckstücke in 
Filigranarbeit aus Gold, die m Haddien bei Hooksiel am Jadebusen ge- 
{unden wurden und aus absolut zuverlässiger Quelle stammen. Es sind 
3 Ohrringe und ein halbmondförmiger Schmuck aus Goldblech mit am 
Rande angelöteten Halbkugeln aus Goldblech (4 gr schwer). Von den 
3 Ohrringen bilden 2 ein zusammengehöriges Paar von folgendem Aussehen: 
Auf einem dieken Golddraht mit Schliesshaken an beiden Enden befinden 
sich aufgereiht 5 glatte, aus 2 Halbkugeln zusammengelötete Hohlkugeln 
und dazwischen 4 größere in derselben Weise hergestellte Hohlkugeln, 
deren Oberfläche mit aufgelötetem, gewundenen Golddraht verziert ist, in 
der Form von S lindenblattähnlichen Figuren mit je 3 kleinen Goldkügelchen 
in der Mitte, je 4 auf jeder Halbkugel, getrennt durch einen am Äquator 
verlaufenden Draht (eine der zuletzt beschriebenen Kugeln fehlt bei dem 
einen Ohrringe, deren Gewicht bezw. 5 und 7 gr, deren Druchmesser ca. 3 cm 
beträgt); sämtliche Kugeln waren, die intakten sind auch noch mit Thon 


Außer- 
deutsche 
Bronzen. 


Goldfunde. 


Ausgrabungen. 


REN Museum für Völkerkunde (einschl. Sammlung vorgeschichtl. Altertümer). 


gefüllt, um Festigkeit zu erzielen. Der dritte Ohrring (2 gr schwer) gleicht 
im Typus den beiden vorigen. Er trägt 5 glatte Hohlkugen und 3 größere 
durchbrochene Kugeln, die sich als aus je $ Kreisen und einem Äquator- 
kreis zusammengelötet darstellen.  Zeitlich gehören diese Goldschmuck- 
sachen in das 8.—10. Jahrhundert n. Chr. und sind orientalische Import- 
artikel. Sie entsprechen in Stil und Form völlig solchen aus Silber, die 
gewöhnlich in kleine Stücke zerhackt, als Hacksilber, nebst arabischen, mit 
kutischer Schrift bedeckten Münzen aus den Jahren 750 — 1000 n. Chr. 
östlich der Elbe gefunden werden. Der westelbische Fundort unserer 
Schmuckstücke verleiht denselben noch ein erhöhtes Interesse. Nicht aus- 
geschlossen wäre, daß, in unserem Falle schwer nachweisbar, die Schmuck- 
sachen von einem deutschen Künstler jener Zeit angefertigte Nachahmungen 
orientalischer wären, wie der von Dr. Henkel beschriebene Lorscher Ring 
(Westdeutsche Zeitschrift 1896 p. 172). 


Die im vorigen Jahre vom Berichterstatter begonnenen Ausgrabungen 
bei Bergedorf wurden mit gleichem Erfolge fortgesetzt und beendet unter Mit- 
wirkung des Herrn W. Andresen. Den Schauplatz bildete das Grundstück des 
Herrn Danger Behn in Heekkathen bei Bergedorf, der in liebenswürdigster 
Weise die Ausgrabungen gestattete, wofür ihm auch hier herzlichster 
Dank gesagt sei. Durch die Nachforschungen hat sich ein am Ende der 
Geest gelegener, unter Dünensand besrabener Urnenfriedhof der neolithischen 
Zeit ergeben. Es wurden in größerem Abstande von einander, circa 
‘a m tief, ohne Steinsetzungen, etwa ein Dutzend Urnen gefunden, darunter 
6 mit den für die neolithische Zeit charakteristischen Ornamenten ver- 
zierte. Von den gut erhaltenen Gefäßen heben wir folgende hervor: 


1) Weitmündige, im Halsteil nur wenig eimgezogene, nach unten fast 
spitz zulaufende Urne mit Schnurornament, und zwar in 3 Zonen an- 
geordnetem Fischgrätenmuster (Höhe 22,5 em, Durchmesser der Mündung 


16 cm, des Bodens 5,2 em). 


2) Becherförmige, gelblichrote Urne mit langem Halsteil, der von 
21 parallelen Schnurfurchen umgeben ist (Form ähnlich wie Götze, Gefäß- 
formen der neolithischen Keramik, No. 11. Höhe 15 cm, Durchmesser der 
Mündung 10 em, des Bodens 6 cm). 


3) Weitmündige Urne mit schärfer eingezogenem Halsteil als 1 
(Uebergang zwischen Amphoren- und Becherform), etwas verbreitertem 
Boden und am Halsteil eingeschnittenem Sparrenmuster in 2 durch je 
2 Linien getrennten Zonen, an die sich, ebenfalls durch 2 Linien getrennt, 
oben und unten noch eine Zone schräg liegender Striche anschließt, 
wiederum begrenzt von einem herumlaufenden Striche. (Höhe 23,5 cm, 
Durchmseser der Mündung 18 em, des Bodens 7 em.) 


Museunı für Völkerkunde (einschl. Sammlung vorgeschichtl. Altertümer). XXXI 


4) Kleine, diekwandige, gelbbraune Urne mit 3 durch einen herum- 
laufenden Strich getrennten Zonen von je 6 Ziekzacklinien (Götze, 
Taf. 2, 28), die durch kleine, nebeneinander eingestochene, quadratische 
oder oblonge Grübchen hergestellt sind. (Form wie Götze, Taf. 1, 29, 
aber schlanker und mit horizontalem Boden. Höhe 14 em, Durchmesser 
der Mündung 10 bezw. 11 cm). Dieses Gefäß stand westlich dicht neben 
No. 3 in der Weise, daß die Ränder in gleicher Höhe waren. 

5) Große, weitbauchige, unverzierte Urne (nicht vollständig, Durch- 
messer etwa 32 cm, Höhe etwa 28 em, Durchmesser des Bodens 8 cm) 
mit folgenden Beigaben: a. Kleines, diekwandiges Gefäß, Form wie 3, mit 
3 Zonen von Dreiecken (Spitze unten) mit vertikalen, in Kanalstich aus- 
geführten Linien gefüllt. (Götze, Taf. 2, 34. Höhe rekonstruiert etwa 
l4 cm, Durchmesser der Mündung 12 em, des Bodens 4 cm.) b. Hammer 
aus Diorit, in Diminutivform. (Länge 8 cm, Breite 3 em, Höhe 2,2 cm, 
Weite des Loches 1 cm.) 

6) Große, roh und unregelmäßig, fast kegelförmig gebildete, gelbe 
Urne mit weiter Mündung, langem, wenig eingezogenen Hals, kleiner 
Bodenfläche, mit Tupfenverzierung oben auf dem Rande. (Höhe 28cm, Durch- 
messer der Mündung 27 < 25 em, des Bodens 6,5 cm.) 

7) Urne mit fast gradem Halsteil, verdicktem, ebenso wie 6 ver- 
zierten Rande ‘und von gedrungenerer Gestalt als 6. (Höhe 23 cm, 
Durchmesser der Mündung 22 cm, des Bodens 11—12 cm.) 

Sämtliche Gefäße haben weder Henkel noch irgendwelche Ansätze. 
Sie enthalten alle gebrannte Gebeine, auf denen sich in einigen Fällen 
wenige Spuren von Bronze nachweisen lassen. Frei im Boden fand sich 
zwischen den verzierten Gefäßen ein aufgerolltes, dünnes, 2 em breites 
Bronzeband, das mit 3 aus eingeschlagenen Punkten hergestellten Linien 
(2 nahe dem Rande, eine in der Mitte) verziert ist. 

Wir glauben hiernach zu der Annahme berechtigt zu sein, daß sich 
die neolithische Keramik, wenigstens in diesem Falle, in 
unserer Gegend bis in den Anfang der Bronzezeit erhalten 
hat. An Steinwerkzeugen fanden sich frei im Boden ferner 2 im Feuer 
seglühte und verletzte Pfeilspitzen aus Feuerstein. Ihre Formen ent- 
sprechen Mestorf, Atlas IX, 54 und 52. 

Bei Boberg wurde eine Ansiedelungsstelle und Werkstatt der neolithischen 
Zeit entdeckt, die eine Unmenge mit den verschiedenartigsten Mustern ver- 
zierter Scherben, sowie eine große Zahl halbfertiger und fertiger kreisrunder 
Schaber aus Feuerstein und Pfeilspitzen in allen Stadien der Herstellung 
lieferte. 

Dem Naturhistorischen Museum, Abteilung für Mineralogie und Geo- 
logie, wurde, einem Antrage des Herrn Kustos Dr. C. Gottsche entsprechend, 
eine Anzahl von diluvialen, nicht von Menschenhand bearbeiteten, in 
hiesiger Gegend gefundenen Thierknochen zu eigen überlassen. 


Überweisung. 


Bibliothek. 


XXXII Museum für Völkerkunde (einschl. Sammlung vorgeschichtl. Altertümer). 


Die Bibliothek wurde um 67 Nummern vermehrt, von denen 37 durch 
Geschenk und 30 durch Kauf erworben wurden. Somit weist der Katalog 
790 Nummern am Ende des Jahres 1896 auf. Für Anschaffungen wurden 
4 314.05, für Buchbinderarbeiten 4 52, im Ganzen also #4 366.05 für 
die Bibliothek verausgabt. Der Wert der Geschenke beziffert sich auf 
rund etwa #4 135, der Zuwachs der Bibliothek im Ganzen also auf rund 
etwa „4 500. Die Gruppe Hamburg-Altona der Deutschen Anthropologischen 
Gesellschaft überwies der Sammlung wie bisher die ihr zugehenden Werke, 
ebenso der Naturwissenschaftliche Verein eine Anzahl von Doubletten. 
Von der Smithsonian Institution in Washington erhielten wir den 13. An- 
nual Report. Unter den Ankäufen verdienen hervorgehoben zu werden: 
W. Radımsky, die Neolithische Station von Butmir in Bosnien, und 
A. P. Madsen, Afbildninger af danske oldsager og mindesmaerker. 


Sammlung Hamburgischer Alterthümer. XXXII 


9. Sammlung: Hamburgischer Alterthümer. 
Berieht von Dr. Th. Schrader. 


Die Commission für die Sammlung Hamburgischer Alterthümer hat 
im abgelaufenen Jahr zwei ihrer Mitglieder durch den Tod verloren. 

Völlig unerwartet wurde am 16. März 1896 der bisherige Vorsitzende 
der Commission, Dr. Wilhelm Hildemar Mielck, durch eimen plötz- 
lichen Tod dem Wirkungskreis, welchen er sich in unserer Sammlung ge- 
schaffen hatte, entrissen. Mielck war, nach dem Tode des Candidaten 
Stöter, am 4. Februar 1892 von der Oberschulbehörde zum Mitglied 
der Commission erwählt und am 3. October 1592 von der Letzteren zu 
ihrem Vorsitzenden ernannt worden. Schon lange vor seinem Eintritt in 
die Commission hatte er bei jeder sich bietenden Gelegenheit seiner Theil- 
nahme an den Geschicken der Sammlung Ausdruck gegeben und es war 
für ihn eine grosse Genugthuung, für die Entwicklung der Sammlung aber 
von ausschlaggebender Wichtigkeit, dass er grade in der Zeit, in welcher 
die völlige Umgestaltung derselben sich vollziehen sollte, in die Verwaltung 
berufen wurde. Mielck nahm sofort die Leitung dieser, durch den Umbau 
der Sammlungsräume veranlassten Umgestaltung m die Hand, leste den 
Grundplan für die Neuaufstellung der Sammlung fest und hatte noch, 
einige Monate vor seinem Tode, die Freude, die ersten Früchte seiner 
hingebenden Arbeit öffentlich zur Schau stellen zu können. Sein Tod ist 
ein schwerer Verlust für die Sammlung, als deren Neubegründer Mielck 
gelten kann uud in deren Geschichte sein Name allezeit einen ehrenvollen 
Platz einnehmen wird. 

Am 7. November 1596 starb in vorgerücktem Alter Carl Wilhelm 
Lüders, im Jahre 1882 an Stelle des ausgeschiedenen Herrn Dr. Otto 
Rüdiger vom Verein für Hamburgische Geschichte zum Mitglied der 
Commission ernannt. Lüders hat sofort nach seiner Ernennung sich der 
damals ungenügend untergebrachten und infolgedessen ziemlich vernach- 
lässigten Sammlung mit Eifer angenommen und bis zum Beginn des jetzt 


C 


XXXIV Sammlung Hamburgischer Alterthümer. 


durchgeführten Umbaus als eigentlicher Leiter derselben fungirt. Soweit 
die örtlichen Verhältnisse es erlaubten, hat er für die Erhaltung und 
Vermehrung der Sammlungsgegenstände gesorgt, und die Anregung dazu 
gegeben, dass die Sammlung nicht nur, wie bisher blos Sonntags, sondern 
auch Mittwochs zur Besichtigung geöffnet wurde. Ein von ihm angefer- 
tigter Katalog giebt, wenn auch lückenhaft, doch manche werthvolle 
Auskunft über Herstammung und Bedeutung emzelner Gegenstände der 
Sammlung. Die ungünstigen Verhältnisse hinderten ihn Erspriessliches zu 
leisten, aber an Liebe zu den Hamburgischen Alterthümern hat es Lüders 
nicht gefehlt, und er hat dieser Liebe auch noch über das Grab hinaus 
Ausdruck gegeben, indem er seine überaus werthvolle Sammlung „Ham- 
burgischer Zeichen“, von welcher unten noch die Rede sein wird, testa- 
mentarisch unserem Museum überwies. Ein ehrenvolles Andenken ist 
auch ihm durch seine Thätigkeit für die Sammlung Hamburgischer Alter- 
thümer gesichert. 

Zu erwähnen ist hier noch der im Januar des Berichtsjahres erfolgte 
Tod des hochbejahrten Aufsehers im ehemaligen Bürgermilitär-Arsenal, 
J. H. Schossig. Neben seiner Gewerbsthätigkeit als Büchsenmacher hatte 
Schossig seit 1835 gegen eine geringe Vergütung die Instandhaltung der 
im Arsenal bewahrten Waffen übernommen und setzte diese Thätigkeit fort, 
nachdem das Bürgermilitär-Arsenal, dem der werthvollste Theil unserer 
jetzigen Abtheilung „Kriegswesen“ angehörte, im Jahre 1875 mit dem 
bisherigen Bestande der Sammlung veremigt war. Wenn auch manche 
der von Schossig vorgenommenen Reparaturen vom archäologischen Stand- 
punkt aus bedenklich erscheinen mögen, so ist es doch semer liebevollen 
Fürsorge zu verdanken, dass unsere alten’Rüstungen und Geschütze in der 
Zeit der Vernachlässigung der Sammlung nicht völlig vom Rost zerfressen 
wurden. 

An Stelle des verstorbenen Dr. W. H. Mielck ernannte die Ober- 
schulbehörde am 23. April 1596 Herrn J. F. Goldschmidt zum Mit- 
glied der Commission, und für den verstorbenen C. W. Lüders wurde am 
28. November 1896, in Gemässheit der Vereinbarung vom 10. März bezw. 
3. Mai 1849, vom Verein für Hamburgische Geschichte Herr Landrichter 
Dr. C. Amsinck in die Commission delegirt. Den Vorsitz in der Letzteren 
übernahm nach Dr. Mielck’s Tode der Berichterstatter. 

Die Neuaufstellung der Sammlung hat durch den Tod des bis- 
herigen Leiters derselben keine Unterbrechung erlitten. Dr. Mielck hat 
in den ersten Monaten des Berichtsjahres mit gewohntem Eifer die Auf- 
stellung gefördert und noch zwei Tage vor seinem Tode in der Sammlung 
gearbeitet, als er aber dieser emsigen Thätigkeit plötzlich entrissen wurde, 
liess die Ausführung der von ihm bereits getroffenen Anordnungen der 
neuen Leitung genügend Zeit, um sich einzuarbeiten. 


Sammlung Hamburgischer Alterthümer. XXXV 


Die militärische Abtheilung der Sammlung war allerdings im 
Herbst 1895 so weit gefördert, dass sie vorübergehend zur Schau gestellt 
werden konnte. Endsültig vollendet war damals aber nur die Reinigung 
und Aufstellung der mittelalterlichen Waffen, der Erinnerungen an die 
Stadtsoldaten und an die Bürgerwache, und die dem Freiheitskriege ge- 
widmete Abtheilung. Die umfangreiche Sammlung von Ausrüstungs- 
gegenständen des Bürgermilitärs und des Bundescontingents konnte damals 
nur in einer provisorischen, durch mancherlei Leihgaben ergänzten Anordnung 
zur Anschauung gebracht werden. Die erste Aufgabe musste es sein, 
diese Sachen zu reinigen und in den schon im vorigen Jahre bestellten, 
jetzt nach und nach zur Ablieferung selangenden Schauschränken zweck- 
entsprechend zu ordnen. Erst gegen Ende des Sommers konnten die 
hierdurch erforderlichen, viel Zeit und Sorgfalt erfordernden Arbeiten als 
abgeschlossen gelten. Hervorzulieben ist hier, dass es im Laufe des Jahres 
gelungen ist, die Ueberweisung der sämmtlichen im den Kirchen auf- 
bewahrten Fahnen des Bürgermilitärs, mit einer Ausnahme, an die Samm- 
lung zu erlangen, dagegen sind die historisch besonders werthvollen Fahnen 
der hanseatischen Legion und des Bundescontingents, sowie die Fahne des 
5. Bataillons des Bürgermilitärs in der St. Michaeliskirche verblieben. 

Von den beiden in der Sammlung aufbewahrten sogenannten goldenen 
Kanonen, welche 1643 angefertigt sind und nachweislich seit 1675 zum 
Bestande des ehemaligen Zeughauses gehört haben, war die eine schon im 
Jahre 1895 nach den Anweisungen von Dr. Mielek gereinigt und restaurirt 
worden (vergl. den vorigjährigen Bericht). Dieselbe erregte bei ihrer 
Ausstellung im Herbst 1895 allgemeines Aufsehen und gab schliesslieh 
Anlass zu einer Anfrage der Verwaltung des Königlichen Zeughauses in 
Berlin, ob man geneigt sein würde, eine der beiden Kanonen gegen Ge- 
währung einer entsprechenden Gegengabe dorthin abzugeben. Für die 
Stellung der Commission zu dieser Frage kam in Betracht, dass über die 
Herkunft der beiden Geschütze nichts zu ermitteln war und es mindestens 
zweifelhaft erscheinen musste, ob sie in Hamburg angefertigt seien oder 
zu der Geschichte Hamburgs in irgendwelcher Beziehung ständen, ferner 
dass der Besitz von zwei ganz gleichen Stücken einen praktischen Werth 
nicht hatte. Andererseits war zu erwägen, dass das Berliner Zeughaus im 
Besitz von zwei hervorragend schönen, in Hamburg gegossenen und mit 
den Wappen von Hamburger Rathsherren verzierten bronzenen Geschütz- 
rohren war, welche die Verwaltung zu der vorigjährigen Ausstellung 
bereitwillig hergeliehen hatte, dass ferner daselbst zahlreiche, s. Z. von 
den Franzosen weggeführte und nachher denselben wieder abgenommene 
Fahnen der ehemaligen Hamburger Bürgercompagnien aufbewahrt wurden, 
und endlich, dass es wünschenswerth erschien, die in unserer Sammlung 


c* 


XXXVI Sammlung Hamburgischer Alterthümer. 


sehr spärlich vertretenen Erinnerungen an den Kriegs von 1870/71, 
namentlich an die Theilnahme des 76. Regiments an demselben, bei dieser 
Gelegenheit mit Hülfe der massgebenden Behörden zu vervollständigen. 
Von diesen Gesichtspunkten ausgehend trat die Commission in Verhand- 
lungen über den angeregten Tausch em und im Januar 1896 kam unter 
Genehmigung der Oberschulbehörde und nach Kenntnissnahme seitens 
E. H. Senats ein Abkommen dahin zu Stande, dass das eine der beiden 
in der Sammlung befindlichen Prunkgeschütze gegen das grössere und 
schönere der dem Berliner Zeughaus gehörenden, in Hamburg gegossenen 
Geschützrohre umgetauscht werden und die Zeughausverwaltung zum 
Werthausgleich verschiedene für unsere Sammlung werthvolle Gegenstände 
hierher überweisen solle. Die Verhandlungen über letzteren Punkt sind 
erst im Sommer 1896 zum Abschluss gekommen und führten zu dem 
rgebniss, dass unserer Sammlung die vollständigen feldmarschmässigen 
Ausrüstungen eimes Gememen und eines Unteroffiziers des 76. Regiments 
aus den Jahren 1870/71 (72 Nummern), ferner eine Sammlung von 
preussischen und französischen Waffen (32 Nummern), endlich 10 Fahnen 
der Hamburgischen Bürgerwache aus dem 17. und 18. Jahrhundert über- 
wiesen wurden. Als Zeichen freundlicher Gesinnung fügte die Kgl. Zeug- 
hausverwaltung noch ein sehr hübsches 1870 erbeutetes französisches 
Gebirgsgeschütz hinzu. Letzteres, ein gezogener Vorderlader von Bronze 
mit eiserner Lafette und eisernen Rädern, ist nach der Inschrift auf dem 
Rohr im Jahre 1562 in Strassburg gegossen und besonders werthvoll des- 
halb, weil ein gleiches Exemplar sich nur noch im Zeughaus zu Berlin 
befindet. Auf die beiden 76er Ausrüstungen wurde diesseits besonderer 
Werth gelegt, weil es sich als unmöglich erwiesen hatte, die zur Veran- 
schaulichung der Theilnahme der Hamburger an dem letzten Kriege er- 
forderlichen Uniformstücke und Waffen auf anderem Wege zu erlangen. 
Nur dem durch die Zeughaus-Verwaltung in Anspruch genommenen Ent- 
gesenkommen des Kgl. Kriegsministeriums ist die Beschaffung dieser beiden 
Ausrüstungen zu verdanken. Nicht weniger erfreulich ist der Erwerb der 
erwähnten Waffensammlung, welche, ausser einem preussischen Kürass, 
lediglich aus Beutestücken von 1870/71 besteht. Sie enthält acht französische 
Gewehre, nämlich ein Marine-Gewehr, ein Tabatier-Gewehr, zwei Chassepots, 
zwei Hinterlader-Wallbüchsen und zwei Steinschloss-Gewehre von 1813/15, 
ferner einen französischen Kürass, zwei Kürassier-Pallasche, zwei Chasseur- 
Säbel, zwei 4pfündige Wischer, zwei 12pfündige Wischer, zwei 12 pfündige 
Granaten, zwei 4pfündige Granaten und zwei 4pfündige Schrapnels. Die 
überlieferten zehn Fahnen können vor der nöthigen gründlichen Aus- 
besserung nicht genauer bestimmt werden. Es erscheint nicht ausgeschlossen, 
dass einige davon nicht der Bürgerwache, sondern der Garnison gehört 
haben, was ihren Werth bedeutend erhöhen würde. Schliesslich wurde 


a. 


Sammlüng Hamburgischer Alterthümer. NXXXVI 


noch gestattet, von dem zurückzugebenden kleineren hamburgischen 
Geschützrohr aus dem Jahre 1721 einen Abeuss zu nehmen. Derselbe ist 
vorzüglich gelungen und so täuschend bemalt, dass er den Besitz des 
Orismals kaum vermissen lässt. 

Das nunmehr endgültig in unsere Sammlung übergegangene bronzene 
Geschützrohr ist em Zwölfpfünder mit hübschen Renaissance-Ornamenten. 
Eime im einer Ausdrehung am Bodenstück befimdliche Inschrift lautet: 
Hermann Benningk me fecit. anno 1662. Weiter nach vorn folet die In- 
schrift: temporibus dommorum Garlefi Langebeck et Johannis a Spreckelsen, 
darunter die Wappen dieser beiden Rathsherren, welche damals Artillerie- 
Herren waren. Noch weiter oben ist das Stadtwappen, uurgeben von dem 
Wappen der damaligen Artillerie-Bürger Moller (vom Baum), Jarre, Lütckens 
und Meurer, angebracht. Der Verfertiger des Rohres, Hermann Benninsk, 
war in den Jahren 1655 bis 1668 m Hamburg als Stückgiesser thätig; 
er gehörte zu einer berühmten Stückgiesser-Familie, deren Mitelieder, 
ausser in Hamburg, u. a. auch in Lübeck und Danzig ansässig waren. 

Das nach Berlin zurückgelieferte Geschützrohr, em Dreipfünder aus 
Bronze, von dem wir nur einen Abeuss behalten haben, trägt unten, über 
dem Zündloch die Inschrift: me feeit johan moller. Darüber sieht man 
das Stadtwappen mit der Jahreszahl 1721 an beiden Seiten. Dann folgen 
die Namen der Artillerie-Herren: H. Rutger Rulandt D., und: H. Johann 
Ulrich Pauli D., mit den Wappen beider Herren, und noch weiter oben 
die Namen und Wappen der Artillerie-Bürger: Johan Hermann Luis, Johan 
Sohn und Lucas Beckman. 

Die hier verbliebene „goldene Kanone“ ist in den ersten Monaten des 
Berichtsjahres ebenfalls restaurirt worden und bildet jetzt eine Zierde unserer 
Sammlung. Die zuerst restaurirte wurde schon im Januar 1896 nach Berlin 
geschickt und bei der Parole-Ausgabe am 27. Januar von Sr. Majestät dem 
Kaiser in Augenschein genommen, dessen höchstes Interesse sie erregte. 
Die hierüber in deutschen und ausserseutschen Zeitungen erstatteten, z. Th. 
mit Abbildungen versehenen Berichte haben die erfreuliche Folge gehabt, 
dass unsere bisher wenig beachtete Sammlung in weiten Kreisen bekannt 
und wiederholt auch von auswärtigen Künstlern und Alterthumsforschern 
aufgesucht und zwecks Anfertigung von Zeichnungen benutzt wurde. 

Das bei den schwierigen Verhandlungen über den Umtausch der 
„goldenen Kanone“ von der Königlichen Zeughaus-Verwaltung in Berlin, 
insbesondere von Herrn Director Dr. v. Ubisch bewiesene Entgegenkommen 
ist mit grösstem Dank anzuerkennen. 

Die eingetauschten Gegenstände wurden, vor ihrer Einreihung in die 
betreffenden Abtheilungen der Sammlung, rechts vom Eingang gesondert 
zur Schau gestellt und erresten die besondere Theilnahme der Kämpfer 
von 1870-71. 


XXXVII Sammlung Hamburgischer Alterthümer. 


Zu erwähnen ist hier noch die von Dr. Mielek nach langwierigen Ver- 
handlungen am Anfang des Berichtsjahres erlangte Ueberweisung eines 
anscheinend aus Hamburg stammenden, gusseisernen Geschützrohrs, welches 
bisher auf dem Bahnhof Porta in Westphalen aufgestellt war. Die Kenntniss 
von dem Vorhandensein dieses Rohres dankt die Commission einer Mittheilung 
des Herrn Hauptmann C. F. Gaedechens, welcher dasselbe vor langen Jahren 
zufällig anf einem der beiden, die Weserscharte bildenden Berge entdeckt hatte 
und dem es durch das darauf befindliche Wappen aufgefallen war. Dr. Mielck 
fand dies Geschütz in einer Art Bastion mit Schiessscharten, die man bei 
dem Bahnhof Porta errichtet hatte und erlangte durch auf seinen Antrag . 
von der Oberschulbehörde in Anspruch genommene diplomatische Ver- 
mittlung die Erlaubnis, dasselbe gegen Lieferung eines Abgusses für die 
Sammlung zu erwerben. Das ziemlich schmucklose Geschütz zeigt ein 
Wappen mit emer dreithürmigen Burg im Stil des 17. oder 18. Jahr- 
hunderts. Schildhalter sind zwei gekrönte Löwen; eine Inschrift fehlt. 

Nächst der militärischen Abtheilung der Sammlung war die Abtheilung 
Staats- und Rechtsleben in Angriff zu nehmen. Dr. Mielck hatte 
hierzu bereits den ersten Schritt gethan, indem er den Erinnerungen an 
die ehemalige Strafjustiz ihren Platz anwies und sie zweckentsprechend 
ordnete. Die Herstellung dieser, durchgängig aus Stücken des alten Bestandes 
der Sammlung bestehenden Gruppe war kurz vor Mielek’s Tode beendigt, 
so dass er sie mit berechtigtem Stolze noch einigen Freunden unserer 
Alterthümer zeigen konnte. 

Die nächste Gruppe ist der Geschichte des Feuerlöschwesens 
gewidmet. Im alten Bestande der Sammlung war nur wenig hierher 
(rehörendes vorhanden. Eimigen Zuwachs brachte derErwerb der Werner’schen 
Sammlung von Uniformstücken; eine hervorragende Bereicherung aber wurde 
dieser Gruppe dadurch zu Theil, dass auf Antrag von Dr. Mielck Herr 
Branddireetor Westphalen bereitwilligst die bei der Feuerwehr gesammelten 
Erinnerungsstücke der Sammlung überwies. Sie wurden wenige Tage vor 
Mielck’s Tode abgeliefert und ihre Katalogisirung war die letzte Arbeit, 
welche Mielck für die Sammlung ausführte. Nachträglich konnte, ebenfalls 
durch das Entgegenkommen des Herrn Branddirectors, dieser Gruppe noch 
die letzte der in der Stadt aufbewahrten Feuerspritzen alter Construction, 
mit sämtlichen Zubehör, einverleibt werden. Die Gruppe „Feuerlöschwesen“ 
umfasst nunmehr 139 Nummern und darf wohl als hervorragende Sehens- 
würdigkeit der Sammlung, vielleicht als einzig in ihrer Art, bezeichnet 
werden. Der Platz für die Aufstellung dieser Gruppe ist durch Vermaurung 
eines der nach dem westlichen Lichthof führenden Fenster gewonnen worden. 

Hieran schloss sich die Aufstellung der Gruppe „Nachtwache und 
Polizei“, welche, ebenso wie die Strafjustiz und das Feuerlöschwesen, an 
der westlichen Nordwand des Hauptsaals aufgestellt ist. Den Mittelpunkt 


Sammlung Hamburgischer Alterthümer. RANK 


bildet das dem alten Bestande der Sammlung angehörende Modell der 
Hauptwache des Corps der Nachtwache auf dem Pferdemarkt mit den 
dazu gehörenden Zinnfiguren. Darüber hängt die sehr gut erhaltene blau- 
seidene Fahne des Corps vom Jahre 1766, mit der Inschrift: vigilantia 
et fide. In emem Schauschrank sind Erinnerungen an den letzten Haupt- 
mann des Corps, Grapengiesser, und an den ehemaligen Oberpolizeivogt 
Tittel vereinigt, und an den benachbarten Wänden haben Waffen und 
Uniformstücke der Nachtwache und Polizei, sowie der die erstere 1852 
ersetzenden Constabler (jetzt Schutzleute) ihren Platz gefunden. 

Weiter links, an derselben Wand, sind die Erinnerungen an die 
frühere Thorsperre aufgestellt. Die schon früher vorhandene Sammlung 
von Thorsperr- und Baumsperrmarken wird, nach Einreihung des durch 
das Vermächtniss des Herrn Lüders und mehrere kleinere Zuwendungen 
ihr gewordenen Zuwachses, als vollständig angesehen werden können. 
Eine interessante Bereicherung erfuhr diese Abtheilung durch die Ueber- 
weisung einer bisher von der Baudeputation aufbewahrten Glocke, die zum 
Einläuten der Thorsperre gedient haben soll. Die meisten dieser Glocken 
sind, nach einer Ueberlieferung, bei Aufhebung der Thorsperre als Kirchen- 
glocken afrikanischen Missionsstationen überlassen worden; die jetzt in der 
Sammlung befindliche aber muss, nach den auf ihr befindlichen Relief- 
darstellungen, ursprünglich für kirchliche Zwecke bestimmt gewesen sein. 
Näheres hierüber und über den Anlass ihrer späteren Profanirung hat sich 
bisher nicht feststellen lassen. 

Die nächste Aufgabe war die Aufstellung der schon im Jahre 1894 
von der Commerz-Bibliothek der Sammlung überwiesenen sehr werthvollen 
Normalmaasse und -Gewichte, welche früher beim Commercium auf- 
bewahrt wurden und jedem zur Verfügung standen, der danach die 
Richtigkeit seiner Maasse und Gewichte prüfen lassen wollte. Ausser dem 
hamburgischen ist preussisches, lübisches, englisches, französisches , 
russisches, skandinavisches und holländisches Maass und Gewicht in dieser 
Sammlung vertreten. Unter den Gewichten zeichnen sich namentlich 
die im Jahre 1794 gesossenen englischen durch ihre gefälligse Form aus; 
die Hohlmaasse haben sämmtlich eylindrische Form und sind, ihrem 
praktischen Zweck entsprechend, fast ganz schmucklos. Eine Ausnahme 
macht das Vorbild des alten Hamburger Getreidefasses, ein in schönem 
Bronzeguss hergestellter niedriger Cylinder mit Handgriffen und erhabenen 
Inschriften. Im oberen Rande steht: H. Erich v. der Vecht. H. Jochim 
Beckendorf. H. Vincent Moller. H. Hieronimus Vogeler. Borgermeisters. 
Im unteren Rande: Soli Deo Gloria. Hans Siop me feeit. Hamburgi. 
Anno Domimi 1611, 28. Februarii. Hans Siop ist seit dem Jahre 1595 
in Hamburg als Geschützgiesser nachzuweisen. Die jüngeren Hamburgischen 
Hohlmaasse sind nach ihren Inschriften zum Theil im Jahre 1810 von 


RE Sammlung Hamburgischer Alterthümer, 


Joh. Diedr. Bieber, zum Theil um 1844 gegossen worden. Als Material 
ist, ausser Bronze, für die Hohlmaasse Messing und Zinn, für die Gewichte 
auch Eisen verwendet. Eine Ergänzung erhielt diese Sammlung durch 
die früher im Pulvermagazın in der Bastion Ulrieus benutzten Gewichte, 
welche von der Polizei-Behörde überwiesen wurden. 

Von den Maassen und Gewichten, welche verkehrs-pohzeilichen Zwecken 
dienten, diejenigen zu sondern, welche sich im Privatbesitz befunden haben, 
erschien unzweckmässig. Auch andere Erinnerungsstücke des Handels- 
verkehrs früherer Zeiten konnten nicht wohl in verschiedenen Abtheilungen 
der Sammlung untergebracht werden, je nachdem sie: vorwiegend staat- 
lichen oder privaten Zwecken gedient haben. Diese Gesichtspunkte führten 
zu dem Entschluss, eine besondere, sowohl die staatlichen als die privaten 
Erinnerungsstücke veremigende Abtheilungs für Handel und Verkehr, 
einschliesslich Schifffahrt, emzurichten. Bei der Wichtigkeit, welche 
grade diese Abtheilung für die Darstellung der äusseren Entwicklung 
Hamburgs erlangen kann, ist auf die weitere Ausbildung derselben be- 
sonderer Werth gelegt worden und es ist erfreulich, festzustellen, dass 
ein in den Tagesblättern ergangener Hmweis auf die Absichten der 
Sammlungsleitung die Zuwendung zahlreicher und werthvoller Gaben für die 
genannte Abtheilung zur Folge gehabt hat. Insbesondere ist zu erwähnen, 
dass Herr J. Garve, in richtigem Verständniss der Ziele unserer Sammlung, 
derselben eine aus 50 Stücken bestehende Sammlung Hambureischer Münzen 
schenkte, welche vollkommen ausreicht, um dem heranwachsenden Geschlecht 
die Münzverhältnisse früherer Zeiten vor Augen zu führen. Demselhen 
Freund unserer Sammlung verdanken wir eine Oolleetion von Hamburgischen 
Postmarken, Briefumschlägen und Postaufgabescheinen, welche in Ver- 
bindung mit andereren ähnlichen Zuwendungen uns in den Stand gesetzt 
haben, die Anfänge eines hambureischen Postmuseums zur Schau zu 
stellen. Erinnerungsstücke an den Personen- und Güterverkehr im alten 
Hamburg sind uns im grosser Menge, namentlich auch durch das Ver- 
mächtniss des Herrn Lüders, zugeflossen, ebenso Wechselformulare, 
Connossemente, Frachtbriefe und Anderes, was geeignet ist, die äusseren 
Formen des Handels und Verkehrs unserer Vorfahren zu veranschaulichen. 

Die in dieselbe Abtheilung gehörenden Schiffsmodelle waren bisher 
nur durch das bekannte sehr werthvolle Modell eines Hamburger Kriegs- 
schiffes vertreten, das nebst den Schiffsgeschützen und Seemannswaffen 
bisher der Abtheilung „Kriegswesen“ eimverleibt war, aber sehr wohl als 
Überleitung zu der Abtheilung für Handel und Verkehr dienen kann, da 
die Hamburgeischen Kriegsschiffe seit Mitte des 17. Jahrhunderts lediglich 
zur Begleitung und Vertheidisung der Handelsflotten benutzt, auch, soweit 
ihr Zweck es gestattete, mit Waaren befrachtet wurden. Einige Modelle 
von Handelsschiffen wurden schon in den Jahren 1894 und 1895 durch 


Sammlung Hamburgischer Alterthümer. ABI 


Kauf und Schenkung erworben, unter denen durch sorgfältige Ausführung 
besonders das grosse Modell eines Godefroy’schen Klippers hervorragt. 
Interessant ist auch durch Bauart und Einrichtung das Modell eines Grön- 
landfahrers, der allerdings unter Bremer Flagge fährt, sich aber im Übrigen 
von den Hamburger Schiften, welche dem gleichen Zweck dienten, wohl nicht 
unterscheiden wird. Im Berichtsjahr wurden noch zwei kleinere Modelle 
erworben; ausserdem aber überwies das Präsidium des Landgerichts auf 
Antrag der Commission das grosse Modell eimes Hamburger Vollschiffes 
im Typus der 20ger Jahren dieses Jahrhunderts, welches im ehemaligen 
Handelsgericht zur Demonstration von Schiffscollisionen gedient hat. Die 
Sammlung von Schifismodellen umfasst nunmehr S Nummern und kann, 
nach der gegen Ende des Berichtsjahres vorgenommenen Reinigung und 
Reparatur sämmtlicher Modelle, bereits als schr sehenswerth und lehrreich 
bezeichnet werden. 

Aus der uns schon früher von der Baudeputation überwiesenen aber 
noch nicht aufgestellten, umfangreichen Modellsammlung wurde ein Modell 
des 1842 ahgebrannten grossen Krahns der Abtheilung für Handel und 
Verkehr eimverleibt. Einige in diese Abtheilung gehörende Oelgemälde 
und Aquarelle, sowie eine Portraitbüste von Johann Georg Büsch konnten 
aus dem alten Bestande der Sammlung hinzugefügt werden, so dass jetzt 
die neu gebildete Handelsabtheilung, wenn auch ergänzungsbedürftig, doch 
als vollberechtiet neben den schon aufgestellten Abtheilungen der Sammlung 
erscheint. 

In die Abtheilung für Handel und Verkehr gehört auch das schon 
früher von den Herren Schröder, Michaelsen & Co. geschenkte Modell 
der Guanoschuppen dieser Firma. Es konnte erst im Berichtsjahr zur 
Schau gestellt, aber wegen seiner Grösse nicht mit den übrigen Gegenständen 
der Verkehrsabtheilung vereinigt werden. Dasselbe stellt überaus anschaulich 
den Betrieb eines derartigen Geschäftes dar und giebt ausserdem eine 
Übersicht über die Typen fast sämmtlicher jetzt im Hamburger Hafen 
vertretenen Fahrzeuge, von der Jolle und Schute bis zum Dreimaster, Alles 
in sorefältigster Ausführung. Vorläufig musste dieses Modell im westlichen 
Lichthof untergebracht werden, wodurch es übrigens m eine nicht unpassende 
Beziehung zu der dort im Entstehen begriffenen topographischen Abtheilung 


gebracht ist. 


Die topographische Abtheilung wird — abgesehen von dahin 
sehörenden Abbildungen — namentlich die Modelle von verschwundenen 


Stadttheilen und Gebäuden enthalten, auch wird man den grössten Theil 
der bereits in den beiden Liehthöfen aufgestellten Überreste von öffentlichen 
und Privatgebäuden dieser Abtheilung zuzählen müssen. Letztere sind im 
Berichtsjahr nicht vermehrt worden; dagegen ist das für die „ 3rand- 
ausstellung“ von 1892 hergestellte Modell des 1842 abgebrannten Stadttheils 


XL Sammlung Hamburgischer Alterthümer, 


vom Museumsverein der Sammlung geschenkt und im westlichen Lichthof 
aufgestellt worden, wo es, bei dem dort vorhandenen Oberlicht, ungleich 
besser als früher zur Geltung kommt. Der zu dem Modell gehörende 
Situationsplan konnte an einer benachbarten Wand einen passenden 
Platz erhalten. 

Von der Baudeputation wurde der Sammlung das Baumodell der ım 
Sommer 1895 auf der Binnenalster errichteten sogenannten Kaiserinsel 
überwiesen. Auch dieses ist im westlichen Lichthof aufgestellt, ebenso 
ein schon früher erworbenes Uhrwerk mit beweglichen Figuren, welches, 
aus den 20ger Jahren dieses Jahrhunderts stammend, die Aussicht vom 
„alten Raben“ über die Aussen- und Binnenalster darstellt. 


Von hervorragendem Werth war für die topographische Abtheilung 
eine Stiftung der Familie Suhr, durch welche 15 von Peter und Cornelius 
Suhr gemalte Dioramen-Bilder, sämmtlich Ansichten von Hamburg und 
Umgegend aus der Zeit von ce. 1820—1842, der Sammlung emverleibt 
wurden. Diese Bilder, die neben dem topographischen auch künstlerischen 
Werth besitzen, sind die Überreste einer grossen Sammlung von Ansichten, 
namentlich der europäischen Hauptstädte, welche die Gebrüder Suhr auf 
zu diesem Zweck unternommenen Reisen aufgenommen hatten und bis in 
die 50ger Jahre hier gegen ein mässiges Eintrittsgeld zeigten. Die einzelnen 
Bilder waren im Halbrund unter scharfer Beleuchtung aufgestellt und 
wurden durch Vergrösserungsgläser betrachte. Nach dem Tode der 
Künstler sind sie meistens veräussert worden; nur die Hamburger Ansichten 
verblieben im Besitz der Familie Suhr, aus dem sie jetzt an die Sammlung 
gelangt sind. 

Der Wunsch der Commission, diesen Neuerwerb, vor der durch die 
räumlichen Verhältnisse unserer Sammlung sehr erschwerten endgültigen 
Einreihung der Bilder in die einzelnen Abtheilnngen, in semer Gesammtheit 
zur Schau zu stellen, gab die Veranlassung zu der ersten der im Berichtsjahr 
veranstalteten Sonderausstellungen. In dem für solche Schaustellungen 
reservirten östlichen Lichthof wurden die Suhr’schen Dioramen für einige 
Wochen ausgestellt und fanden die gebührende Beachtung der Besucher. 


Um ein Bild von der Vielseitiskeit des Schaffens der Gebrüder Suhr 
zu geben, wurde gleichzeitig im Hauptsaal eine Ausstellung Suhr’scher 
Lithographien, mit Ausschluss der bereits durch die Dioramen vertretenen 
Stadtansichten, die einen zu grossen Raum beansprucht haben würden, 
veranstaltet. Aus Leihgaben des Vereins für Hamburgische Geschichte 
der Frau Senator Rapp und anderer Freunde der Sammlung war in tadellos 
erhaltenen, durchweg kolorirten Exemplaren eine vollständige Sammlung 
der von den Gebrüdern Suhr veröffentlichten, kulturhistorisch sehr wichtigen 
Abbildungen von Hamburger Trachten zusammengestellt. Einige Genre- 


Sammlung Hamburgischer Alterthümer. XLIH 


bilder, Portraits und Gelegenheitsblätter, z. Th. Handzeiehnungen, waren 
hinzugefügt, um möglichst Alles zu zeigen, was von den Brüdern Suhr auf 
anderen Gebieten als dem der Stadtansichten geleistet worden ist. 

Eine Ergänzung der topographischen Abtheilung bildete auch die zweite 
Sonderausstellung, welche, nach anderweitiger Unterbringung der Suhr’schen 
Dioramen, vom Verem für Hambureische Geschichte im östlichen Liehthof 
veranstaltet wurde. Durch diese Ausstellung wurden die Origmalzeichnungen 
des Architekten Herrn Julius Faulwasser zu dem von ihm im Auftrage 
des genannten Vereins herausgegebenen und gegen Schluss des Berichts- 
jahrs erschienenen Werk über die St. Katharinenkirche für emige Wochen 
jedermann zugänglich gemacht. 

Schliesslich sind zwei Zuwendungen zu erwähnen, deren jede mehreren 
Abtheilungen der Sammlung zu Gute kam. 

Der Museumsverein gewährte die Mittel zur Herstellung von sechs 
Kostümfiguren, von denen fünf aus den Beständen der Sammlung bekleidet 
wurden, die sechste aber mit einem ebenfalls vom Museumsverein geschenkten 
Kostüm ausgestattet werden konnte. Veranlassung zu dieser Schenkung 
gab der vom Museumsverein getheilte Wunsch der Commission, die wenigen 
vollständig in der Sammlung vorhandenen Trachten und Uniformen, besser 
als es durch ihre Aufhängung in Schränken möglich ist, zur Anschauung 
zu bringen. Die Herstellung nachgemachter Kostüme wurde dabei von 
vornherein ausgeschlossen und lediglich die in allen wesentlichen Theilen 
echte Bekleidung und Bewafinung der Figuren als massgebend für die 
Ausführung des gefassten Planes erachtet. Die vorhandenen Bestände 
haben die Möglichkeit gewährt folgende Figuren herzustellen: einen 
Trompeter der Reitendiener in Galauniform, einen Infanteristen des Bürger- 
militärs in der 1814 eingeführten Uniform, einen Sappeur der Artillerie 
des Bürgermilitärs in der zur Zeit der Auflösung des Letzteren vor- 
geschriebenen Uniform, einen Trompeter der Dragoner des Hamburgischen 
Bundeseontingents in der Uniform, in der es 1866 in’s Feld zog, und 
einen Rohrleiter der ehemaligen Spritzenmannschaft. Dazu kommt das vom 
Museumsverein geschenkte vollständige Habit eines früheren Oberalten. 
Die Bemalung der aus Holz geschnitzten Köpfe der Figuren hat Herr 
Professor Paul Duyffeke in uneigennützigster Weise und vollständig dem 
Character der Figuren entsprechend ausgeführt. 

Als eine, alle Abtheilungen der Sammlung bereichernde Zuwendung 
ist ebenfalls das Vermächtniss von €. W. Lüders zu bezeichnen. 
Dasselbe umfasst ce. 800 Abzeichen von Metall, Papier und anderen 


Stoffen zu den verschiedensten Zwecken, welche — an sich meistens 
werthlos — doch in ihrer Zusammenstellung von hohem kulturhistorischem 


Interesse sind. Etwa die Hälfte der Zeichen wird später den bereits 
aufgestellten Abtheilungen „Staats- und Rechtsleben“ und „Handel und 


RIEIV. Sammlung Hambureischer Alterthümer. 


Verkehr“ einzureihen sein, während die andere Hälfte einen Zuwachs zu 
den noch nicht aufgestellten Abtheilungen der Sammlung bilden wird. 
Als besonders werthvoll oder interessant sind zu erwähnen : die Legitimations- 
zeichen. welche die zum Erscheinen bei einer Feuersbrunst verpflichteten 
Personen bei sich führen mussten (ce. 30 Stück), die Lootsenzeichen (11 Stück), 
die Zeichen der verschiedenen Handwerksämter, welche Meistern und 
Gesellen als Ausweis über ihre Persönlichkeit oder über erfüllte Verpflichtungen 
(„auf der Herberge nichts schuldig“, „beim Altgesellen abgemacht“) dienten 
(e. 50 Stück), endlich die Vereinszeichen (ce. 170 Stück). Es erschien 
zweckmässig die ganze Sammlung zunächst ungetrennt zur Schau zu stellen. 
Den Platz dazu bot wiederum der östliche Lichthof, in welchem, nach 
Beendigung der Ausstellung der Faulwasser’schen Pläne, die Zeichen auf 
zwei grossen Tischen übersichtlich geordnet und ausgestellt wurden. 

In den letzten Monaten des Berichtsjahres wurden die Vorarbeiten 
für die Abtheilung „Kirche und Schule“ in Angriff genommen und 
so weit gefördert, dass mit der Aufstellung der hierher gehörenden Gegen- 
stände demnächst begonnen werden kann. Eim im Laufe des Jahres von 
Herrn Henry Wendt geschenktes Modell der abgebrannten St. Petrikirche 
wurde sofort ausgestellt; bis zur Einordnung in die Kirchenabtheilung hat 
es seinen Platz im östlichen Liehthof unter dem dort eingemauerten Portal 
der St. Petrikirche erhalten. 


Schliesslich ist auch mit der Zusammenstellung und Ordnung der sehr 
umfangreichen Abtheilung „Gewerbe“ der Anfang gemacht worden. 


Die Fortschritte, welche die Neuaufstellung der Sammlung bereits in 
der ersten Hälfte des Berichtsjahres gemacht hatte, lesten den Wunsch 
nahe, dieselbe, wie im vorhergehenden Jahre, wieder für einige Zeit täglich 
dem Publikum zu öffnen. Zugleich wurde erwogen, ob es nicht 
angängie sei, ohne die Aufstellungsarbeiten allzusehr zu behindern, die 
Sammlung auch nachher, wenigstens an zwei Wochentagen, bereits dauernd 
zugänglich zu machen. Nachdem die bezüglichen Vorschläge der Commission 
die Billigung der Oberschulbehörde gefunden hatten, wurde die Sammlung 
vom 16. September bis 18. October täglich, von da an jeden Sonntag und 
Mittwoch geöffnet. Die Besuchszeit war bis zum 18. October auf die 
Stunden von 12—4 Uhr an den Wochentagen, von 11—3 Uhr an den 
Sonntagen festgesetzt. Später wurde, wegen der früh eintretenden Dunkel- 
heit, auch Mittwochs die Besuchszeit auf die Stunden von 11—3 Uhr verlest. 


Von den in dieser Zeit veranstalteten Sonderausstellungen ist 
bereits oben die Rede gewesen. Zu erwähnen ist nur noch, dass die 
Suhr-Ausstellung vom 16. September bis 4. November dauerte. Vom 
8. November bis 20. December waren die Faulwasser’schen Pläne und 
Zeichnungen der St. Katharinenkirche ausgestellt, und gleichzeitig fand ım 


Sammlung Hamburgischer Alterthümer. XLV 


Hauptsaal eine Ausstellung der Suhr’schen Abbildungen Hamburgischer 
Kirchen statt. Vom 25. December an waren die von ©. W. Lüders der 
Sammlung vermachten Zeichen ausgestellt. 

Der Besuch der Sammlung war ein sehr lebhafter. Gezählt wurden 
am Eingang vom 16. September bis 30. December: 22457 Personen. 
Davon entfielen auf die Zeit vom 16. September bis 18. October (tägliche 
Oeffnung) 13415, auf die Zeit von da bis Schluss des Jahres (Oeflnung 
Sonntags und Mittwochs) 9042 Personen. An den in die Zeit seit der 
Wiedereröffnung fallenden 15 Sonn- und Festtagen besuchten 15 344 Personen, 
an den Wochentagen 7113 Personen die Sammlung, also durchschnittlich 
Sonntags 852, Wochentags 192 Personen. Am stärksten war der Besuch 
am Sonntag den 4. October (c. 1800 Personen), am schwächsten am 
Mittwoch den 16. December (54 Personen). 

Der von Mielck besonnene Zettelkatalog wurde fortgesetzt, konnte 
aber nur mühsam dem Gang der Aufstellungsarbeiten folgen. Die Abtheilung 
„Steinsachen“ hat im Jahre 1596 keime Vermehrung erfahren ; sie zählt, 
wie am Schluss des Jahres 1895, 126 Nummern. Die Abtheilung 
„Kriegswesen“ ist von 1104 auf 1290 Nummern gewachsen. Die erst im 
Berichtsjahr zur Aufstellung gelangte Abtheilung „Staats- und Rechtsleben“ 
weist 167 Nummern auf, und von der neu eingerichteten Abtheilung 
„Handel und Verkehr“ sind bis jetzt 70 Nummern (z. Th. grössere 
Collectionen umfassend) katalogisirt. 

Der Mangel eines gedruckten Katalogs der Sammlung wird häufig 
beklagt, doch kann die Herstellung eines solchen nicht wohl vor vollständiger 
Aufstellung aller Abtheilungen der Sammlung in Angriff genommen 
werden. Um inzwischen das Verständniss der Sammlung zu erleichtern, 
ist die Commission bemüht gewesen alle irgendwie dessen bedürftigen 
Gegenstände der Sammlung durch beigefügte Zettel zu erklären. Auch 
die in den Tagesblättern veröffentlichten Hinweisungen auf hervorragende 
Gegenstände der Sammlung sind denselben beigefügt. 

Die der Sammlung zugeflossenen Geschenke und die gemachten 
Ankäufe belaufen sich auf etwa 300, wobei die aus einer Mehrheit von 
Stücken bestehenden Collectionen nur emfach gezählt sind. Davon ent- 
fielen auf die bereits aufgestellten Abtheilungen Kriegswesen 82, Staats- 
und Rechtsleben 52, Topographie 48, Handel und Verkehr 27, und auf 
die noch nicht aufgestellten Abtheilungen Kirche und Schule 7, Gewerbe 41, 
häusliches Leben 34 Zuwendungen. 

Folgende Behörden und Vereine haben die Sammlung durch Ueber- 
weisung von geeigneten Gegenständen unterstützt: Deputation für Handel 
und Schifffahrt, Hamburger Feuerwehr, Friedbofs-Deputation, Kirchen- 
vorstand zu St. Catharinen, Ingenieur- Abtheilung der Bau-Deputation, 
Verwaltung des Gast- und Krankenhauses, Kirchenvortand zu St. Jacobi, 


XLVI Sammlung Hamburgischer Alterthümer. 


Museum für Kunst und Gewerbe, Kirchenvorstand zu St. Pauli, Präsidium 
des Landgerichts, Museumsverem, Märzverem von 1865. Ferner sind 
Geschenke eingegangen von den Herren F. Abel, A. H. Albers- 
Schönberg, J. E. Benjamin, Frau Albert Blanckenburg, J. W. Boutin, 
H. Brambeer (Braunschweig), Rob. L. David, Ed. Dedieke, Siegmund 
Dettelbach, Dr. Ferber, Frau W. Fölsch, C. Frasch, J. Garve, E. H. Garvens, 
J. F. Goldschmidt, J. Goverts, Th. Günther (Altona), A. Häger, Johs. Helm, 
Oscar Heyn, P. E. L. Hinsch, Th. Holtzmann, P. G. Hübbe, C. Hupe, F. Keil, 
J. L. Chr. Klapproth, Aug. Köster, Th. Kröger, J. C. C. Krohn, H. Martens, 
J. H. Martens, M. Mayer, H. Menke, F. Max Meyer, Emil Mühlenpfordt, 
Th. Mussfeldt, J. Niemeier, Paul Nirrnhem, J. W. H. Preil, J. D. J. Pingel, 
Ed. Pusch, Julius Richter, ©. Röthler, J. H. L. Ruckenbrod, Alb. Sandvoss, 
Ad. Schieck, ©. Rud. Schnittger, L. Schmidt, Ad. Schrader, J. H. H. Schröder, 
Wilhelm Schröder, ©. Schwindrazheim, G. ©. Tornwaldt, L. Warncke, 
Fräulein Mary Watson, Frau Oberinspector Weber, W. Wehrenberg, Henry 
Wendt, C. W. L. Westphal, Carl Wiebe, H. Windfuhr, €. Witt jr.; 
Fräulein C. M. Wizel. 


= 


Museum für Kunst und Gewerbe. XLVI 


4. Museum für Kunst und Gewerbe. 


Bericht des Directors Professor Dr. Justus Brinekmann. 


Die Verwaltung. 


Den Vorsitz in der Commission des Museums für Kunst und Gewerbe 
führte im Jahre 1596 Herr Syndieus Dr. von Melle. Wie im Vorjahre 
waren Mitglieder der Commission Herr @. R. Richter, 'Tischlermeister, 
als Mitglied der Oberschulbehörde, die Herren Carl Eggert, Kaufmann, 
Heinrich Föhring Dr., Landgerichts-Direetor, Wilhelm Hauers, Architekt, 
Carl Popert, Kaufmann, H. J. Eduard Schmidt, Schlossermeister, &. J. 4. 
Stuhlmann Dr., Director der Allgemeinen Gewerbeschule, 2. @. Vivie, 
Bildhauer. 

Neben dem Director und den beiden Assistenten, Herren Dr. Friedrich 
Dencken und Wilhelm Weimar, war während der ersten Hälfte des Jahres 
Herr Dr. Albrecht Wormstall aus Münster i. W. als freiwilliger Hülfs- 
arbeiter am Museum thätig und arbeitete Herr Shunkicht Hara aus Japan 
mit an der wissenschaftlichen Bearbeitung unserer japanischen Sammlungen. 

Die von Senat und Bürgerschaft für die Verwaltung bewilligten 
budgetmässigen Geldmittel beliefen sich im Jahre 1896 auf 4 51710 
für Gehalte und #4 15050 für die allgememe Verwaltung. Die Aus- 
gaben aus diesen #4 15 050 vertheilten sich folgendermaassen: 


VE BEINEN ANETN  55e enrenee D u 5 Br FREI or 4 3115,— 
Hülfsaufsicht KU N. EEE n 885, — 
Restaurirung und Ausstellungs-Arbeiten.... ...... „2 928,57 
Reisen, Fracht und Verpackung ........ Re rar 
Drucksachen, Buchbinderarbeit u. Schreibmaterialien ... „ 2780,07 
jureaukosten, kleine Ausgaben, Dienstkleidung 7123 
Remieuns....... en ae ee 192935 

Zusammen ... 4 15 050, — 


Die Vermehrung der Sammlungen. 
Ankäufe aus budgetmässigen Mitteln. 


Wie die Ankäufe aus den budgetmässigen Mitteln sich in technischer 
und geschichtlicher Hinsicht vertheilten, erhellt aus der nachstehenden 
Uebersicht. 


XLVIN Museum für Kunst und Gewerbe. 


1, Stickereien sense ren ee 3 185, — 
Gewebe”: „0. 2 Rs ee Rieeateeekele ES ...80 457,82 
TDextıl- Arbeiten Im? Ganzeng se ee: 42 
2 Korbilechtarbeitens nen N Be rer 1 
Bi Kliederarbeiten it scene ee ee BEER ERNE TIERE al 
I Gmechische Allhonanbeiten ee ee 4 2441,18 
BayEnCan ee ee 17  1226,— 
Borzellangefasser re le ee 4 450, — 
DIEINZEUDT Ent ee ern LE EEETER -.. 10 1472,14 
DICH OT ee Se re ne 5 12350, — 
Keramische Arbeiten im Ganzen Der RE 40 
5. Gefässerause@lasrund@Bersikistallavee er er 8 
6. „Monelse.3.0. 0 ee re ER 7 1705,— 
Holzgerathe tree Re N me a BA ER 3 62,50 
Holzschnitzeneienten se 6 1494,90 
Holzarbeiten Am. Ganzen. 2 un a ae 16 
7. Schmuck 
Silberne N 
Edelmetallarbeiten im Ganzen 6 
8. Japanische Schwertornamente u. dgl. Metallarbeiten ............. 12 
9:."Watfen und Zubehone N Nee IE RE 1 
10. Kleines Geräth aus Metall und anderen Stoflen ...........2...... % 
11: Bmäilarbeiten: 42.2 casa ee ee ee 2 
12. Grosse Werke dersplastischen Kunstuz ern rer 1 
im Ganzen... 132 
Il. Nach geschichtlichen Gruppen. Sr 
Abendland: 1. SVorseschichtlicherZzeite \ a. ee 2 
2. Classisches Alterthum........ N NH ae 5 
3: N.—IX; Jahrhunderte. se cp 3 
ART ahrhundenteye re en er ee 1 
9. Va Jahrhundert: ne nee N 3 
6:+ XVI: Jahrhundert... er Ar Eee 3 
7. XVII. Jahrhundert... 22 Re 7 
8. RW. Jahrhundert N Are SE 42 
9. IX »Jahrhundert..#1. cc 41 
Morgenland: 210. (Chmar re Se EEE ah! 
114 Japan +1... 20.2 08 1 ER 21 
im Ganzen ..... 132 


Uebersicht der Ankäufe 


für das Hamburgische Museum für Kunst und Gewerbe 


aus dem Budget des Jahres 1896. 


I. Nach technischen Gruppen. 


Stück Preis % Stück 


Preis % 


642,82 
120, — 
A 


3 262,40 


1 206, — 
2334,59 
275, — 
474, — 
900, — 
1200,— 


20 000, — 


Preis «% 


20 000,— 


Ankäufe und Schenkungen i. J. 1896. KIEIK 


Im Vordergrunde standen wie im Vorjahre die Möbel und Holz- 
schnitzereien, auf die # 3202,40 verwendet wurden. Die Edelmetall- 
arbeiten, für die im Vorjahre ebenfalls ein grösser Betrag angelegt werden 
konnte, traten dieses Jahr zurück; sie erscheinen nur mit 4 1206; 
dagegen konnten für die Vervollständigung der Sammlung japanischer 
Schwertzieraten, der in den voraufgegangenen drei Jahren nur geringe 
Beträge zu Gute kamen, dieses Mal # 2334,59 verausgabt werden. Ein 
noch höherer Betrag, .4 2715,57 wurde für den Ankauf von Glas- und 
Berskristall-Gefässen verwendet, wodurch diese zum ersten Mal unter 
den Ankäufen auftreten. Demnächst erfuhren die griechischen Thonarbeiten, 
eine im Vergleich mit den übrigen Gruppen der keramischen Sammlung 
bisher zurückgebliebene Abtheilung, grössere Zuwendungen, im Ganzen 
4 2441,18. 

Hieraus folgt auch das Hervortreten des klassischen Alterthums in 
der historischen Uebersicht mit .# 2847,18. Zum Ankauf von Arbeiten 
des Mittelalters boten sich nicht die gewünschten Gelegenheiten. Der nur 
4 1327,40 betragende Aufwand für Erzeugnisse der Renaissance des 
16. Jahrhunderts hat durch Ankäufe aus anderen als budgetmässigen 
Mitteln wesentlich erhöht werden können. Das 18. Jahrhundert tritt, 
obwohl die Ankäufe von Arbeiten aus demselben sich auf .# 4962,50 
beliefen, zurück im Vergleich mit den in den Vorjahren für den gleichen 
Zweck verwendeten Mitteln. Den Arbeiten des 19. Jahrhunderts konnten 
4 2365,27 zu Gute kommen; vorwiegend für allerneueste Erzeugnisse. 
Je mehr unsere Zeit einen von dem Zwang der alten Vorbilder befreiten 
eigenen Geschmack ausprägt und ihre technischen Errungenschaften dem 
Kunstgewerbe nutzbar macht. desto öfter wird auch die Gelegenheit 
ergriffen werden müssen, ihre Erzeugnisse denjenigen der voraufgegangenen 
Stilperioden anzureihen. Von den Kulturländern des Orients konnten dieses 
Mal nur China und Japan berücksichtigt werden, jenes nur mit #4 450, 
dieses, nachdem ihm in den drei voraufgegangenen Jahren zusammen nur 
4 3173,54 zu Gute gekommen waren, endlich wieder, seiner Bedeutung 
entsprechend, mit einer grösseren Summe, .# 4473,15, wofür ausser den 
schon erwähnten Metallarbeiten vorwiegend keramische Arbeiten angekauft 
wurden. Der Durchschnittspreis des einzelnen Gegenstandes stellte sich 
auf rund 4 151 gegen rund 4 87 in 1895, rund .# 285 in 1894 und 
rund .# 101 in 1893. Er würde ein weit höherer sein, wenn er nicht 
durch den niedrigen Preis von noch nicht 4 300 für 32 neue englische 
Stoffmuster herabgedrückt würde. Im Jahre 1892 hatte er rund .# 141 
betragen. 

Ausser diesen budgetmässigen Mitteln standen dem Museum für das 
Jahr 1896 noch # 10511 aus privaten Beiträgen zur Verfügung und 
konnten aus dem Erlös von Doubletten und ausgesonderten Gegenständen 

da 


ir Museum für Kunst und Gewerbe. 


des alten Bestandes #4 4500 für Ankäufe verwendet werden. Da die 
Ankäufe aus diesen ausserordentlichen Mitteln dieses Mal zumeist denselben 
Abtheilungen zu Gute kamen, auf deren Ausbau das Museum bei Ver- 
wendung der budgetmässigen Mittel bedacht war, werden in der folgenden 
Beschreibung der wichtigsten Ankäufe nicht wie in früheren Berichten die 
Ankäufe aus Staatsmitteln und die Geschenke gesondert, sondern nach 
ihrer sachlichen Zusammengehörigkeit geordnet aufgeführt. 


Nordalbingische Möbel und Holzschnitzereien. 


Die Sammel-Arbeit des Museums pflegt sich seit jeher zeitweilig auf 
bestimmte Gebiete zusammenzufassen, sowohl um unabhängig von den 
Zufälliekeiten der Angebote planmässig die Sammlungen auszubauen, wie 
um bei den Ankäufen der Vortheile theilhaftig zu werden, die das Ver- 
tiefen in umgrenzte Gebiete des kunst- und kulturgeschichtlichen Wissens, 
das Studium der Fachsammlungen und der Verkehr mit den Fachgelehrten 
und Fachsammlern darbietet. Im verflossenen Jahr stand so im Vorder- 
grund die Vervollständigung derjenigen Abtheilungen, in denen die kunst- 
gewerblichen Alterthümer Nordalbingiens vertreten sind. Drei Gruppen : 
die Schnitzmöbel, die Edelmetall-Arbeiten und die Fayencen kommen 
hierbei vorzugsweise in Betracht. 

Ist auch das Sammeln der heimathlichen Altsachen zu allen Zeiten 
als eine der Hauptaufgaben unserer Anstalt anerkannt worden, so musste 
diese Seite unserer Thätigkeit doch oft zurücktreten vor der Arbeit auf 
anderen Gebieten. In den ersten Jahren nach der Gründung des Museums 
war es uns gelungen, manches gute Denkmal heimathlicher Kunstübung, 
vorzugsweise der an erster Stelle beachtenswerthen Holzschnitzkunst uns 
zu sichern, dann aber traten andere Aufgaben in den Vordergrund und 
nur noch vereinzelt wurden alte Möbel und Schnitzwerke angekauft. Von 
Jahr zu Jahr wurden auch dergleichen Ankäufe schwieriger, nicht nur 
wegen zunehmender Seltenheit solcher Altsachen, sondern weil sich zeigte, 
dass die alten Möbel des Landes, wenn sie erst einmal durch das Lager 
des Antiquitätenhändlers oder das Haus eines Sammlers hindurch gegangen 
waren, durch die an ihnen vorgenommenen Ausbesserungen und Ergänzungen 
einen grossen Theil ihres ursprünglichen Werthes eingebüsst hatten. 

Während die öffentlichen Sammlungen, die in den beiden letzten 
Jahrzehnten in fast allen Städten Schleswig-Holsteins angelegt wurden, 
einerseits lehrten, wie viel uns noch zu einer auch nur die Typen darbietenden 
Vertretung der Schnitzmöbel unseres Landes fehle, erwies sich anderseits, 
dass die Kauf- und Arbeitskraft dieser Anstalten denn doch nicht an- 
nähernd ausreiche, um die in privatem Besitz noch verbliebenen Reste des 
kunstvollen Hausrathes aus dem 16. bis 18. Jahrhundert im Vaterlande 
festzuhalten. Die Entführung wichtiger und bekannter Gegenstände, ja selbst 


Ankäufe und Schenkungen i. J. 1896. 11 


ganzer Sammlungen in’s Ausland, wie noch jüngst des nach unseren Käufen 
i. J. 1888 verbliebenen werthvollen Restes der Magnussen’schen Sammlung zu 
Schleswig in das Kunstindustrie-Museum zu Kopenhagen, bezeugten das in 
steigender Bewegung. Es ist ein Verdienst des Professors der Kunstgeschichte 
an der Kieler Universität Herrn Adelbert Matthaei, auf diese wachsenden 
Gefahren in Schrift und Rede nachdrücklich hingewiesen zu haben. In der 
Ueberzeugung, dass seine Forderung, „unbedingt muss verhindert werden, 
dass wie bisher Kunstschätze aus dem Lande herausgezogen werden“, so 
berechtigt wie dringlich sei, hat auch das hamburgische Museum nach 
Kräften mitgewirkt zu ihrer Erfüllung. Was Hamburg dieser Anregung 
Matthaei’s zunächst verdankt, stellen wir an die Spitze unseres diesjährigen 
Berichtes. In diesem Zusammenhang erwähnen wir neben den im Lande er- 
worbenen Gegenständen auch einzelne Stücke, die schon z. Th. vorlangen Jahren 
in das Ausland entführt waren, durch uns aber im verflossenen Jahr der alten 
Heimath wieder zugeführt sind. Besonders erfreulich ist das Verständniss, das 
wir bei den Freunden des Museums für diese Arbeit fanden. Wie sich aus 
dem folgenden ergiebt, kamen gerade diesem Gebiete werthvolle Geschenke 
zu Gute. 

Sehr wichtig ist, dass sich unter den neuen Erwerbungen nicht nur 
ihrer ursprünglichen Bestimmung entfremdete Holzschnitzereien, sondern 
auch vollständige Möbel befinden. Zunächst hervorzuheben sind vier Truhen, 
davon drei aus der Blüthezeit der deutschen Spätrenaissance. 

Eine dieser Truhen, deren Ankauf uns noch durch das Vermächtniss 
des im Jahre 1889 verstorbenen Architekten Herrn Ziluard Hallier möglich 
wurde, war im vorigen Jahrhundert zu einem doppelthürigen Kleiderschrank 
umgebaut worden. Weniger. der Pietät als der Sparsamkeit des Schreiners 
ist zu verdanken, dass sich aus den Bestandtheilen des Schrankes die 
ursprüngliche Truhe so vollständig wieder zusammen setzen liess, wie wir 
kaum eine andere besitzen; sogar der fast immer fehlende kastenförmige 
Sockel hatte sich erhalten, da er durch die untergesetzten hohen Füsse des 
Schrankes vor der Zerstörung bewahrt worden war. In ihrer jetzigen 
Gestalt zeigt diese Truhe im Rahmenwerk ihrer Vorderseite vier grosse 
Füllplatten mit figürlichem Schnitzwerk, denen im Sockel vier Felder mit 
symmetrisch aus niedrigen Vasen entwachsenden Blättern und oben am 
Gesims vier schmale Felder entsprechen, auf denen kleine Masken inmitten 
symmetrischer Ranken angebracht sind. Auf den senkrechten Rahmen- 
stücken sind am Sockel breite flache kannelirte Consolen mit nachgebildeten 
Ringen, am Kasten weibliche und männliche Hermen, deren Schäfte mit 
Fruchtbüscheln behängt sind, und am Fries kannelirte Consölchen ange- 
bracht. Die vier vortrefflich geschnitzten Bildtafeln stellen in ovalen Roll- 
werkrahmen Scenen aus der Geschichte Davids dar, die nur selten den 
Schnitzern unserer Gegend Vorwürfe geliefert hat. Wir sehen, wie Samuel 


d’ 


LI Museum für Kunst und Gewerbe. 


den jugendlichen 
David 'zum Könige 
salbt, wie Saul 
nach ihm mitdem 
Speere wirft (mit 
der Nebenscene, 
wie Michael den 
David zumFenster 
hinablässt), wie 
David den Goliath 
besiegt, wie er 
endlich Bathseba 
im Bade erblickt, 
eine Scene, die in 
der decenten 
Auffassung eines 
Fussbades darge- 
stellt ist. Auf- 
gefunden wurde 
der Schrank, dem 
diese Truhe ent- 


stammt, im Dorfe 
Schwesing unweit 
von Husum ;er soll 
sich aber früher in 
Friedrichstadt an 


Fülltafel von der Vorderwand einer Truhe aus Eichenholz F 
mit der Geschichte Davids. Schleswig-Holstein, Ende des der Eider be- 


16. Jahrhunderts. !/, nat. Gr. 
funden haben. 


Weitaus prächtiger als diese Truhe mit der Geschichte Davids ist die 
Truhe mit der Geschichte der ersten Menschen. Herr Gustav 
Mellin in London, selber ein Sammler geschnitzter alter Möbel, hat uns 
diese in einem alten Bauernhause zu Böddinghusen bei Neuenkirchen in 
Norderdithmarschen aufgefundene kostbare Truhe als Geschenk überwiesen. 
In Anbetracht der feinen, vielfach unterhöhlten Schnitzarbeit war die 
Erhaltung eine vorzügliche. Die wenigen Ergänzungen abgebrochener 
Gliedmaassen wurden in der Schnitzschule des Herrn Director H. Sauermann 
in Flensburg gewissenhaft ausgeführt, nachdem sie vorher an Gipsabgüssen 
der Platten in Thon modellirt worden waren. Ebendort haben wir auch 
den fehlenden Sockel dem Sockel einer im Flensburger Museum bewahrten 
Truhe nachbilden lassen, die ersichtlich derselben Werkstatt entstammt, wie 
unsere Truhe. Sie ist ebenso wichtig durch den ausserordentlichen Reichthum 
ihrer Ornamente, von denen die S. LI u. LIV abgebildeten Rahmenstücke 


Ankäufe und Schenkungen i. J. 1896, LII 


eine Vorstellung vermitteln, wie dadurch, dass sie auf einen ganz bestimmten 
Meister hinweist, von dessen Hand das hamburgische Museum schon eine 
kleine Truhe mit der Geschichte von der schönen Esther (S. Führer S. 641 
unten) besitzt, mehrere grosse Truhen 


sich im Flensburger Museum und einige 
Hauptstücke, grosse Truhen, dabei eine 
der unserigen sehr ähnliche, sich in der 
Sammlung des Architekten Frohne in 
Kopenhagen befinden. Da wir diesen 
bedeutenden Bildschnitzer, der sich eben- 
sowenig an einem der Möbel seiner 
Werkstatt genannt hat, wie einer seiner 
Zeitgenossen, nicht mit dem Namen be- 
zeichnen können, führen wir ihn als den 
„Meister mit dem flöteblasenden 
Hasen“ ein, nach einem von ihm 
öfter angewendeten, auch aus unserer 
Abbildung ersichtlichen Motiv, ohne 
damit sagen zu wollen, dass ihm dies 
Motiv ausschliesslich angehört habe. 
Die aus dieser Werkstatt hervor- 
gegangenen Schnitzmöbel stehen noch 


ganz unter der Herrschaft des Rollwerk- 
Ornaments der Spätrenaissance. Noch 
zeigen sich keine Spuren jener sonst 
schon um das Jahr 1600 in Einzel- 
heiten auftretenden Verschiebung und 
Quetschung des Rollwerks, die wenige 
Jahrzehnte später zu den knorpelhaften 
Bildungen des Ohrmuschelstils ausartete. 
Im Figürlichen wird der Meister von 
anderen seiner Zeit und Gegend über- 
troffen. Er liebt es, ohne Rücksicht 
auf das Relief, die Figuren zu häufen, 
die Hintergründe zu vertiefen und mit 
winzigen Nebenscenen zu füllen; das 
führt ihn dazu, die äussersten Zu- 
muthungen an das Eichenholz zu stellen, 
indem er die Gestalten fast vollrund 


Mittel-Lisene von der Vorderwand 


mit unterschnittenen, oft ganz frei vor- der Truhe mit der Geschichte des 
a . . a: ersten Menschen-Paares. Arbeit des 
tretenden Gliedmaassen wiedergiebt. Sein Meistersenitrdemenstenlasenden 


H ee Ornamentirune bri Hasen. Schleswig-Holstein, ca. 1600. 
ang zu üppiger Ornamentirung bringt y, nat. Gr. 


LIV Museum für Kunst und Gewerbe. 


es auch mit sich, 
den Rahmen- 
hölzern grössere 
Breite zu geben 
und durch Bogen- 
stellungen die 
Bildfelder mehr 
zu beschränken 
als üblich, was 
wieder zu liliputa- 
nischer Kleinheit 
der Figuren führt. 
Seine  Meister- 
schaft zeigt er in 
dem äusserstreich 
entwickelten Or- 
nament. Sein Roll- 
werk belebt er 
durch Frucht- 
büschel und Ge- 
hänge oder mit 
Früchten gefüllte 
Vasen; durch 
allerlei kleines 
Gethier, das bald, 
wie jener die Flöte 
blasende Hase, auf 
den _ Fruchtge- 
Lisenen von der Truhe mit der Geschichte des ersten Menschenpaares. Be alt nal 
, nat. Gr. in kleinen im 
Sockel oder Fries 
angeordneten Feldern erscheint; vor allem aber durch vielerlei Figürchen 
in der Zeittracht. Solche bekleidete Gestalten vertreten auf den Lisenen 
die herkömmlichen nackten Hermen und erscheinen in den Friesfeldern, 
bald in ganzer Figur, bald in Brustbildern, häufig mit Musikmstrumenten, 
bisweilen einem Pokal in der Hand. Die reiche Tracht der Zeit ist ge- 
treulich wiedergegeben, bis zu den Radkrausen und Spitzenhauben. Von 
Pflanzenformen finden wir nur hier und da ein Blatt; Blumen und Ranken 
fehlen, aber auch nahezu gänzlich die grottesken Motive, insbesondere 
jene seltsamen Maskenbildungen, die im Rollwerk-Ornament der Nieder- 
länder so verschwenderisch auftreten. Nur dann und wann wird ein ge- 
flügelter Engelskopf dem Ornament eingefügt. 


Ankäufe und Schenkungen i. J. 1896. LV 


Dieser schleswig-holsteinische Meister vom Ende des 16. Jahrhunderts, 
den wir bis auf Weiteres als den „Meister mit dem flöteblasenden 
Hasen“ bezeichnen, hat eine so unverkennbare Eigenart, dass wir ihm 
mit Sicherheit zwei geschnitzte Reliefs der Sammlung Jubinal zuschreiben 
können, die Emil Reiber vor 30 Jahren in „l’Art pour tous“ (No. 184 
und 193 des 7. Jahrganges dieser Zeitschrift) veröffentlicht hat, und zwar als 
französische Sculpturen der Zeit Heinrichs III. (1574—89). Dabei passiert 
dem Herausgeber noch das Missgeschick, dass er den Umzug des Mar- 
dochai auf dem Ross des Königs Ahasverus als den Einzug König 
Heinrichs III. von Frankreich in sein Königreich Polen deutet und in der 
Scene der vor Ahasverus knieenden Esther die Krönung des französischen 
Prinzen mit der Krone Polens findet. 


Theil der Vorderwand einer Truhe mit der Geschichte vom barmherzigen Samariter. 
Aus dem Eiderstedtischen, um 1600. '/, nat. Gr. 


Einen von den bisher beschriebenen völlig abweichenden, unseres 
Wissens sonst im Lande noch nicht beobachteten Typus vertritt die dritte 
Truhe, die wir der Güte des Herrn I. E. Amsinck verdanken. Sie wurde 
in der Warmhörner Mühle im Eiderstedtischen aufgefunden und zeichnet 


LVI Museum für Kunst und Gewerbe. 


sich dadurch aus, dass ihre Wände nicht in Rahmen und Füllungen 
gearbeitet, sondern aus schlichten Brettern zusammengespundet sind. Auf 
der Vorderwand sind in versenktem Relief drei Felder geschnitzt, von denen 
eines unsere Abbildung wiedergiebt. Die architektonische Umrahmung, welche 
sonst derartige Bildfelder einfasst, erscheint hier der Hauptsache nach nicht 
plastisch, sondern nur in den Umrissen mit Einzelheiten in ebenfalls 
versenktem Relief. Unter den drei Bogenstellungen ist je eine Scene aus 
der Geschichte vom barmherzigen Samariter wiedergegeben: der 
Ueberfall, die Pflege des Verwundeten, seine Ueberführung in die Herberge. 


Um ein halbes Jahrhundert jünger als die vorerwähnten drei Truhen 
ist die vierte, die wir dem Museum dithmarsischer Alterthümer zu Meldorf 
verdanken. Sie vertritt den Ohrmuschelstil der Mitte des 17. Jahrhunderts. 
Das Rollwerk der Spätrenaissance zeigt sich knorpelhaft entartet. Die 
Figuren sind in verdrehter Haltung mit vorgedrängten Leibern dargestellt, 
die Grundformen sind aber noch die des voraufgegangenen Stiles.. Hermen 
auf den Lisenen gliedern die Vorderwand, und auf den vier Fülltafeln 
sind unter Bogenstellungen der Glaube, die Weisheit, die Mässigkeit und 
die Stärke als Frauengestalten mit den üblichen Attributen dargestellt. 
Derartige Truhen müssen ihrer Zeit in grosser Zahl angefertigt sein, auf 
Vorrath für die minderbegüterten Abnehmer. Sie waren und sind. noch 
sehr häufig in den Bauernhäusern des Landes. Was aber unsere "Truhe 
über viele ihres Gleichen erhebt, ist die wohlerhaltene alte Bemalung, ın 
der zweierlei Roth, ein grünliches Blau, Weiss, Braun und Schwarz zu sehr 
wirksamer Hervorhebung des geschnitzten Ornamentes angewandt sind. 


Die deutschen Schränke, welche wir als Erwerbungen im Jahre 1896 
zu verzeichnen haben, stehen an Kunstwerth hinter den beschriebenen 
Truhen zurück, sind aber wichtig, weil sie uns bisher fehlende Typen unseres 
Landes vertreten. Drei dieser Schränke sind Eckschränke, von jener im 
Lande Hörnschap — von dem dänischen „Hjorneskab“ — genannten Art. 
Sie hatten ihren Platz in der Aussenecke des Pesels zwischen den beiden 
Fensterwänden. 


Der älteste unserer Hörnschränke wurde in einem Bauernhause zu 
Witzworth in der Eiderstedter Marsch erworben und ist ein Geschenk des 
Hamburger Gewerbevereins. Er vertritt den einfachsten Typus dieser 
Möbelart. Auf quadratischer Grundlage erhebt er sich in drei Geschossen, 
von denen das untere und obere mit einer Thür, das mittlere, schmale 
mit einer Klappe versehen ist. Da zwei Seiten sich an die Mauer legten, 
sind nur die zwei freien Seiten durchgebildet und mit flachem Beschlag- 
ornament in vertieftem, gepunztem Grunde auf den Lisenen, in den 
Füllungen des Unter- und Oberschrankes mit ähnlich verzierten Bogen- 
stellungen ausgestattet. Am Gesims steht die Jahreszahl 1627. 


Ankäufe und Schenkungen i. J. 1896. LVIL 


Von gleichem Aufbau, doch reich mit derbem Schnitzwerk geziert 
ist der zweite aus Nordhastedt in Norderdithmarschen stammende Schrank. 
Die barocke Haltung der allegorischen Gestalten des Glaubens und der 
Hoffnung, der Stärke und der Mässigkeit auf den Hauptfüllungen und 
die plumpen Ohrmuschelformen in den Einfassungen weisen auf die zweite 
Hälfte des 17. Jahrhunderts. Wie trotz des Verfalles der anderthalb 
Jahrhunderte unter wechselnden Stilformen in hoher Blüthe gestandenen 
Schnitzkunst noch gesunde Leistungen gefördert wurden, wenn nur die 
Schnitzer sich nicht an figürliche Vorwürfe wagten, zeigt der dritte 
Hörnschap aus Wennbüttel unweit von Albersdorf in Süderdithmarschen. 
Er trägt die Jahreszahl 1722 und ist dem um ein Jahrhundert älteren 
Eiderstedter Hörnschap ähnlich verziert; der Aufbau weicht aber insofern 
ab, als das Mittelgeschoss eingerückt ist, um für zwei zwischen den freien 
Ecken des Ober- und Unterschrankes eingeschaltete nackte Kinderfiguren 
Raum zu gewinnen. Diese Gliederung des Hörnschaps kommt schon in 
früherer Zeit vor, nur haben sich die stützenden Figuren selten erhalten. 

Ein wichtiger Ankauf aus den Budgetmitteln des Vorjahres ist ein 
in einem Bauernhause zu Curslack in den Vierlanden angekaufter 
vierthüriger Schrank des 18. Jahrhunderts. Abgesehen von den mageren 
jonischen Kapitälen der Lisenenpfeiler des Obergeschosses entbehrt dieser 
mit Nussholz auf Eichenblindholz fournirte Schrank jeglicher geschnitzten 
Verzierung; gute architektonische Gliederung und vortreftliche, fein profilirte 
Kröpfarbeit bilden seinen einzigen Schmuck. Sehr wirksam sind die 
kassettenartig vertieften Thüren mit rundlichen Füllungen und konkav 
verkröpftem Rahmen. Die Schränke dieser Art stammen offenbar aus den 
Werkstätten Hamburgs, da sie in den hamburgischen Vierlanden früher 
häufig waren, aber in weiterer Entfernung von der Stadt nicht vorkommen.” 


Von den Schnitzereien, die aus ihrem Zusammenhang mit den Truhen 
gelöst vorgefunden wurden, vertreten vier vordere und zwei seitliche Füll- 
tafeln die Anfänge der Renaissance in Dithmarschen; früher befanden sich 
diese Platten m der Sammlung des Dr. med. Hartmann zu Marne; die 
Truhe, denen sie entnommen sind, wurde von diesem vor langen Jahren im 
Dorfe Krummwehl unweit Marnes aufgefunden. Schwerfällig in symmetrischer 
Bildung aufwachsendes Pflanzenwerk füllt die vier Platten der Vorderseite; 
es entspringt entweder aus einem grossen dreiseitigen Deckblatt oder aus 
einem kelchförmigen Gefäss von pflanzenhafter Bildung. Die schweren 
Akanthusblattscheiden und die frei wachsenden Blätter entsprechen dem 
für die Frührenaissance an der Nieder-Elbe bezeichnenden Typus, wie er 
in viel feinerer Durchbildung an unserem Buxtehuder Schrank von 1544 
auftritt. Die Ranken endigen in grosse Blumen, in hängende Blätterbüsche 
oder in grotteske Köpfe von unbeholfener Bildung. 


LVII Museum für Kunst und Gewerbe. 


Aufdithmarsische 
Herkunft deuten 
auch die beiden 
Wappen. Leider 
fehlt es noch 
an einer quellen- 
mässigen Darstel- 
lung der Wappen 
des schleswig-hol- 
steinischen Adels 
und der wappen- 
führenden Bürger- 
und Bauern- 
geschlechter des 
Landes. Wappen- 
bücher, wie sie in 
dem „grossen Sieb- 
macher* und ver- 
wandten Werken 
vorliegen, genügen 
nicht für die Beant- 
wortung derFragen, 
welche die Kunst- 
geschichte zu 
Fülltafel von einer Truhenplatte mit dithmarsischen Bauernwappen. ale kat Eller 
Dithmarschen, ca. 1550. für wäre eine aus 
den historischen 
(Wuellen an Bauten, Grabsteinen, Schnitzwerken, an Geräthen aller Art, in 
Glasbildern, Gemälden und Urkunden schöpfende Darstellung der Wappen 
nöthig. In Ermangelung solcher Hilfsmittel ist es uns nur möglich, das eine 
der Wappen auf der Krummwehler Truhe mit Sicherheit zu bestimmen. 
Das Frauenwappen, dessen Schild einen Pfeil (Pil) zeigt, ist nämlich das- 
jenige der Pilsen. Welcher Familie aber das oben abgebildete Mannes- 
wappen angehört, lässt sich vorläufig noch nicht entscheiden; nur soviel 
steht fest, dass es in Süderdithmarschen auch sonst vorkommt. Das halbe 
Mühlrad und ein kleiner Vogel, der auf dem Pfeil des Frauenwappens sitzt, 
sind Beizeichen, wie sie den Bauernwappen mehrfach hinzugefügt werden. 
Auch dem im ÖOrnament angebrachten, von einer Hand gehaltenen Besen 
dürfte eine besondere Beziehung zu Grunde liegen, jedenfalls aber nicht 
diejenige des Donnerbesens heidnischen Angedenkens. Die Entstehung 
dieser Schnitzwerke mag um das Jahr 1550 angesetzt werden. Erst so 
spät verdrängte hier die Renaissance die Gothik. 


Ankäufe und Schenkungen i. J. 1896. LIX 


Wenig jünger ist ein schönes Schnitzwerk desselben Stiles, das zu 
jenen ausgezeichneten Wangenbekrönungen gehört, die bis zum Jahre 1847 
das Gestühl im Dom zu Schleswig schmückten, damals aber einer „stil- 
vollen“ gothischen Restauration barbarisch geopfert wurden, um lange Zeit ver- 
wahrlost in einem Verliess des Thurmes zu lagern. Aus diesem vertheilte 
man sie im Jahre 1885 in die Museen zu Berlin, Kiel und Flensburg, 
anstatt, wie es richtig gewesen wäre, sie bei einer neuen Restauration auf 
ihre alten Plätze in der Kirche zurück zu bringen. Eine dieser Bekrönungen 


Bekrönung einer Gestühlwange aus dem Dom zu Schleswig; ca. 1556. !/, nat. Gr. 


war schon früher in’s Ausland, nach Dänemark, gebracht worden, von wo 
sie nunmehr, Dank einer Gabe der Averhoff’schen Stiftung, in unser Museum 
gelangt ist. Sie gehört zu den schönsten und ältesten jener Bekrönungen, 
als deren Schnitzer wir jenen Hans von Münster ansehen dürfen, der, 
wie Herr Pastor Biernatzki nachgewiesen hat, um das Jahr 1554 als Schnitzer 
in der Stadt Schleswig ansässig war und durch die Stadtgemeinde mit 
Schnitzarbeiten aller Art betraut wurde. Hiermit stimmt die Bezeichnung 
mehrerer in den genannten Museen bewahrten Bekrönungen mit den Jahr- 
zahlen 1556 und 1557. 


LX Museum für Kunst und Gewerbe. 


Vier - Fülltafeln 
einer Truhe mit der 
Jugendgeschichte 
Jesu vertreten die 
um etliche Jahrzehnte 
jüngere Geschmacks- 
richtung, in welcher 
das Pflanzen - Orna- 
ment und die Grot- 
teske durch das figür- 
liche Relief aus den 
Hauptfüllungen der 

Möbel verdrängt 
worden sind. Es sind 
jene Tafeln, die vor 
einigen Jahren in der 
Ausstellung nordfrie- 
sischer Alterthümer 
zu Husum zu sehen 
waren und in der von 
Otto Koch unter dem 
Titel „Husum “heraus- 
gegebenen Sammlung 

von Heliogravüren 
abgebildet sind. Herr 
Pastor Ernst Michelsen 
in Klanxbüll an der 
schleswigschen West- 


Fülltafel einer Truhe mit der Jugendgeschichte Jesu. ” R ar 
Schleswig-Holstein, ca. 1600, Y, nat. Gr. küste hat die Güte 


gehabt, uns diese aus 
dem Hallier’schen Vermächtniss angekauften trefflichen Schnitzwerke zu 
überlassen. Sie kommen allerdings nicht aus seinem Pfarrbezirk; ähnliche, 
ja fast gleiche Schnitzwerke haben sich aber wiederholt in Orten der West- 
küste nachweisen lassen, jüngst noch an einem aus den Theilen einer Truhe 
zusammengesetzten Schrank in einem Eiderstedtischen Bauernhause. Diese 


vier Scenen aus der Jugendgeschichte Jesu — die Verkündigung Mariä, die 
Anbetung der Hirten, die heiligen drei Könige, die Beschneidung — sind 


häufiger als irgend welche anderen biblischen Geschichten an den Möbeln 
der schleswig-holsteinischen Spätrenaissance dargestellt worden; sie tragen 
in dieser Ausführung noch ganz das ernstere Gepräge der Blüthezeit der 
schleswig-holsteinischen Schnitzkunst und plattdeutsche Unterschriften: De 
Bodeschob, De Gebordt, De Offerong, De Beschniding. Wer der Meister 


Ankäufe und Schenkungen ı. J. 1896. DT 


war, aus dessen Werkstatt sie und viele Arbeiten ihres Gleichen hervor- 
gegangen, ist einstweilen nicht zu bestimmen. Er ist jedenfalls deutlich zu 
unterscheiden von dem obenerwähnten Meister mit dem flöteblasenden 
Hasen, und ebenso bestimmt von dem ungenannten Meister, der die im 
Führer S. 640 beschriebene Truhe mit der Geschichte des verlorenen Sohnes 
geschnitzt hat, und auf den auch der schöne, aus dem Marcus Swyn’schen 
Pesel zu Lehe bei Lunden stammende Hörnschap im Flensburger Museum 
zurückzuführen ist. 

Der Meister dieser Platten mit der Jugendgeschichte Jesu hat aller 
Wahrscheinlichkeit nach auch manche der Kanzeln geschnitzt, die in den 
Kirchen des Landes noch erhalten sind. Diese Kanzeln und die aus der- 
selben Zeit stammenden Altar-Schnitzwerke und Epitaphien bergen den 
Schlüssel zur Bestimmung der meisten an Möbeln überlieferten Schnitz- 
werke der Renaissance. An manchen Kanzeln haben sich die Künstler 
genannt; von anderen haben die archivalischen Forschungen des Pastors 
Biernatzki und die Untersuchungen des Professors R. Haupt die Verfertiger 
festgestellt. Zu wünschen ist, dass die mit der Erhaltung und Erforschung 
der Landes-Alterthümer betrauten staatlichen Organe dem Vorbilde folgen, 
das die dänische Regierung mit dem grossen Werke über die Altäre in 
Dänemark ihnen gegeben hat. Erst auf Grund eines gleich zuverlässigen 
und mit ebenso guten Abbildungen grossen Maassstabes ausgestatteten 
Bilder-Inventars der kirchlichen Alterthümer dürfen wir hoffen, die vielen 
braven Meister namentlich kennen zu lernen, denen Nordalbingien seinen 
Ruhm als eine von keinem Lande übertroffene Heimstätte künstlerischer 
Schnitzarbeit für das Bürger- und Bauernhaus verdankt. 

Dann werden wir wohl auch Näheres erfahren über einen hervor- 
ragenden Bildhauer, der zu den drei vorerwähnten, durch ihre Werke 
deutlich von demselben unterschiedenen Bildschnitzern als vierter hinzutritt, 
und wohl als der bedeutendste, wenngleich seine Zeit schon der des Nieder- 
ganges nahe liest. Dank einer Gabe der Averhoff’schen Stiftung konnten 
wir die Hauptbestandtheile eines Schrankes, vier Thüren mit den üblichen 
Scenen aus der Jugendgeschichte Jesu und drei Hermen, ankaufen, die sich 
seit langen Jahren in dänischem Privatbesitz befanden, im Jahre 1879 in 
einer Kopenhagener Ausstellung Aufsehen erregsten und in der damals er- 
scheinenden Zeitschrift „Ude og Hjemme“ („Draussen und Daheim“) 
beschrieben und zum Theil abgebildet worden sind. Bei diesen fast malerisch 
wirkenden Reliefs heben sich die stark hervortretenden, zum Theil vollrund 
herausgearbeiteten Figuren in freier Gruppirung und in natürlicher lebhafter 
Bewegung von einem landschaftlichen oder architektonischen Hintergrund 
ab. Um sein Bildfeld zu füllen, hat der Künstler in der Verkündigung über 
einem Wolkenkranz Gott Vater, in der Anbetung den Stern, der die heiligen 
drei Könige leitete, in den beiden anderen Scenen Engelsköpfe über 


LXI Museum für-Kunst und Gewerbe. 


Wolken dargestellt. Ueber den Bildscenen wölben sich feingegliederte Bögen, 
in deren Zwickeln Engel in ganzer Figur oder als geflügelte Köpfe angebracht 


HA - E ! > 
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Thür eines Schrankes mit der Jugendgeschichte Jesu. Nordschleswig, um 1600. 
}/;, nat. Gr. 


sind. Annähernd lässt sich die Gegend der Anfertigung dieser kunstvollen 
Reliefs bestimmen, denn zwei von ihnen tragen Unterschriften in dänischer 


Ankäufe und Schenkungen i. J. 1896. LXIIL 


Sprache; unter den heiligen drei Königen steht: „De hilge 3 Konger“, 
unter der Beschneidung: „Christi Omskierels[e]“. Sie sind also, da sie 
im Uebrigen deutsche Kunstübung zeigen, wahrscheinlich im nördlichen 
Schleswig in einer Stadt entstanden, wo um das Jahr 1600 die dänische 
Sprache überwog. Von ihrer künstlerischen Bedeutung giebt unsere Abbildung 
eine Vorstellung. Andere Schnitzmöbel von gleichem Werth sind, 
abgesehen von dem eine Ausnahmestellung einnehmenden Susannen- 
schrank des Thaulow-Museums in Kiel, bisher in den dänischen und 
schleswig - holsteinischen Sammlungen nicht nachgewiesen. Auch die 
Bildquelle, aus welcher der Schnitzer schöpfte, hat sich noch nicht 
ermitteln lassen. Eine Durchsicht der damals im Lande verbreiteten Bilder- 
bibeln hat weder für diese Reliefs, noch für die anderen hier erwähnten 
sichere Anhaltspunkte ergeben. Dass der Mehrzahl der biblischen Dar- 
stellungen an den Truhen und Schränken jener Zeit Holzschnitte oder 
Kupferstiche zu Grunde liegen, darfman schon aus der vorwiegend malerischen 
Behandlung des Reliefs schliessen. Wahrscheinlich haben niederländische 
Stiche oft als Vorlagen gedient. Die Feststellung im einzelnen Falle wird 
dadurch erschwert, dass die Schnitzer keine Kopisten waren, sondern den 
Vorwurf weiter gestalteten und je nach der Höhe und Breite ihrer Bild- 
felder veränderten, bei öfterer Wiederholung vollends vom ihm abwichen. 
Die Fortsetzung dieser Untersuchungen und das Sammeln der hierfür 
erforderlichen Bildquellen ist eine der weiteren Aufgaben der nordalbingischen 
Kunstforschung. Erst nach diesen und anderen Vorarbeiten wird eine 
gerechte Abgrenzung der eigenen Arbeit der schleswig-holsteinischen Künstler 
und des mittelbaren oder unmittelbaren Einflusses der Niederländer vor- 
genommen werden können. 

Von Schnitzwerken des 18. Jahrhunderts sind zwei hervorzuheben. 
Das eine ist ein aus Buchenholz geschnitztes Mangelbrett aus der Wilster- 
marsch, ein Geschenk des Herrn H. D. Böhme. Es ist dem im Führer 
S. 683 abgebildeten, offenbar von derselben Hand geschnitzten Mangelbrett 
ähnlich; der Figur der Hebe mit dem Knaben liegt dasselbe Vorbild zu 
Grunde, die Ornamente sind aber unabhängig behandelt. Auch die Meister 
der Spätzeit der holsteinischen Schnitzkunst wiederholten ihre Vorwürfe 
nicht mechanisch, sondern wurden jeder neuen Aufgabe auf neue Weise gerecht. 

Ebenfalls aus der Wilstermarsch stammt ein geschnitztes und bunt bemaltes 
Bildwerk, das einen streng stilisirten Vogel mit ausgebreiteten Flügeln von 
60 cm Spannweite darstellt und auf den ersten Blick an einen jener 
Schützenvögel erinnert, die noch hie und da bei den Vogelschiessen 
ländlicher Gilden eine Rolle spielen. Drei junge, sich an seine Brust 
klammernde Vögel, deren emporgereckten Hälsen drei Blutstropfen auf 
dem Gefieder des alten Vogels entsprechen, zeigen jedoch, dass hier ein 
Pelikan dargestellt ist, der nach mittelalterlicher Auffassung seine Brust 


LXIV Museum für Kunst und Gewerbe. 


öffnet, um seine Jungen mit seinem Blute zu tränken und deswegen häufig 
als Sinnbild des Opfertodes Christi und in einem weiteren Sinne als Sinn- 
bild der sich selbst aufopfernden Mutterliebe gedeutet wird. Aufgefunden 
wurde dieser Pelikan in einem Bauernhause unweit von St. Margarethen, 
wo er in der Wohnstube unter einem Deckenbalken schwebend hing über 
einer Stelle, wo die Wiege zu stehen pflegt. Dass es nicht ein zufällig 
aus einer Kirche dahin verlorenes Bildwerk war, durfte schon daraus ver- 
muthet werden, dass die Füsse des Vogels nicht geschnitzt, sondern aus 
wirklichen langspornigen Hahnenfüssen angesetzt sind. Weitere Nach- 
suchungen haben alsbald noch drei ähnliche Pelikane aus Bauernhäusern 
derselben Gegend zu Tage gefördert und bestätigt, dass hier eine alte 
Ueberlieferung vorliegt, wonach es Brauch gewesen, den Pelikan über der 
Wiege schwebend in den Bauernstuben aufzuhängen. Diesem Brauch 
gemäss hat unser Pelikan seinen Platz erhalten in dem Jochim Krey’schen 
Pesel aus Klein-Wisch in der Wilstermarsch. 

Dieser Pesel, dessen Bestandtheile, Wandgetäfel, Ofen und Möbel, 
wir im Führer S. 662 u. 663 eingehend beschrieben haben, ist im ver- 
flossenen Jahr ‘in einem der neuen Zimmer an der Nordwestecke der 
Museumsräume seiner ursprünglichen Anordnung entsprechend vollständig 
aufgestellt worden. Mit einem kugelfüssigen Tisch und geschnitzten Stühlen 
hat dies Zimmer passende Ausstattung erhalten. Hinter den Glasscheiben 
der Wandschränkchen über den Thüren erblickt man Thüringer Porzellan- 
geschirr, das in keinem Haus dieser Gegend fehlte, chinesische Porzellan- 
Teller und Tassen, silberne Leuchter und Messing-Wachsstockhalter und 
anderes kleines Geräth, wie es im Lande üblich war. Zur vollständigen 
Ausstattung fehlt nur noch die Wiege unter dem Pelikan, der an einem 
der nach der alten Bemalung im Krey’schen Pesel polychromirten Decken- 
balken schwebt. 


Möbel und Schnitzwerke anderer als nordalbingischer Herkunft. 


Unter den i. J. 1896 angekauften Holzschnitzwerken fremdländischer 
Herkunft steht das Mittelstück jener Truhenplatte aus Nussholz obenan, die 
schon im 13. Jahrgang (1874) von „L’Art pour tous“ unter No. 340 als eine 
italienische Arbeit abgebildet ist. Die schwungvolle Behandlung der einem 
mächtigen palmettenförmigen Mittelkelch symmetrisch entwachsenden, in viel- 
fachen feinen Spiralen sich windenden Akanthusranken und die meisterliche 
Technik des Reliefs, das in den Blattscheiden und Endblüthen fast voll- 
rund hervorquillt, in zarten Nebenblättchen und S-förmigen Ranken flach 
verläuft, weisen diesem Stücke eine Sonderstellung unter unseren Schnitz- 
werken an. Zweifeln, ob es in der That italienische Arbeit oder nach 
der Ansicht des Vorbesitzers südfranzösischer Herkunft sei, war nicht 
auszuweichen. Neuerdings hat Herr Prof. A. Haupt in Hannover, der 


Ankäufe und Schenkungen i. J. 1896. 


Kenner portugiesischer Bau- und 
Decorationskunst, in dieser Platte eine 
Arbeit der portugiesischen Spät- 
renaissance des 17. Jahrhunderts 
erkannt. 

Gleichfalls Arbeiten der pyre- 
näischen Halbinsel sind vier kleine 
Schrankthüren mit Medaillonköpfen 
in weichem Flachrelief, dessen künst- 
lerische Ausführung mit jener un- 
beholfenen Schreiner- Arbeit in Wider- 
spruch steht, die ein auftallendes 
Merkmal vieler spanischen Möbel 
des 16. Jahrhunderts. 

Ein treffliches Beispiel der gegen 
Ende des Mittelalters überall in 
Deutschland geübten, aber nirgend 
zu grösserer Meisterschaft als ın 
Tyrol gediehenen Flachschnitzerei ist 
die hier abgebildete Tyroler Platte 
aus Fichtenholz vom Jahre 1517. 
Die schwungvolle Zeichnung des von 
einem Schriftbande umschlungenen 
Rebstockes hebt sich ohne Relief nur 
dadurch vom Grunde ab, dass dieser 
flach herausgestochen ist; farbige 
Bemalung, von der nur Spuren 
erhalten sind, verdeutlichte die 
Windungen des Bandes, in das eine 
Inschrift eingeschnitten ist. Diese 
lautet: „Der Kaftden gehort fant Urbens 
prurderfchaffdt 1517, d. h. „Der 
Kasten gehört Sanct Urbans Bruder- 
schaft 1517“. Welcher Art der Kasten 
war, hat sich nicht ermitteln lassen; 
vermuthen lässt sich einer jener 
schlanken Waschschränke, an deren 
Seitenwänden Platten solcher Gestalt 
vorkommen. 

Italienische Arbeit vom Ende 
des 18. Jahrhunderts ist eine Kommode 
mit grossem Akanthus-Ornament und 


Wandung eines Schrankes aus Fichtenholz 


mit Flachschuitzerei, 
I/; nat. Gr, 


Tyrol; 1517. 


Trophäen in schöner Holz-Intarsia, 


e 


LXVI Museum für Kunst und Gewerbe. 


Europäische Fayencen. 

Die Sammlung der Fayencen ist, von den ungenügend vertretenen 
Majoliken abgesehen, eine der am besten entwickelten Abtheilungen des 
Museums. In unserem illustrirten Führer v. J. 1894 konnten wir Er- 
zeugnisse von nicht weniger als zwölf, zum Theil sehr bedeutenden 
deutschen Fayence-Manufacturen beschreiben, die in Fr. Jaennicke’s 
umfangreichem Grundriss der Keramik, der i. J. 1879 das damalige 
keramische Wissen zusammen gefasst hat, nicht einmal dem Namen nach 
erwähnt sind. Es waren Frankfurt a. M., Fulda, Braunschweig, Hannoverisch- 
Münden, Vegesack-Lesum, Hamburg, Schleswig, Criseby - Eckernförde, 
Stockelsdorff, Rendsburg, Kellinghusen, Proskau. Seither sind hinzu- 
gekommen von ebenfalls Jaennicke unbekannt gebliebenen deutschen 
Fayence-Manufacturen i. J. 1895 Durlach in Baden und Königsberg in Pr., 
über deren Erzeugnisse wir im vorjährigen Bericht Näheres mitgetheilt 
haben, und neuerdings i. J. 1896 Berlin, Potsdam, Magdeburg, Schrattenhofen. 

Von der zu Berlin und Potsdam in den ersten Jahrzehnten des 
18. Jahrhunderts betriebenen Fayence-Fabrication wissen wir sehr wenig, 
eigentlich nur aus der Vorgeschichte der Erfindung des Porzellans, dass 
Böttger i. J. 1708 einen Arbeiter des in Berlin ansässigen Delfter 
Fayenciers Funke nach Dresden berief. Nachforschungen im Kgl. Preuss. 
Staatsarchiv zu Berlin haben ergeben, dass Cornelius Funke schon 
am 11. April 1699 supplieirte: „Sr. Churfürstliche Durchlaucht geruhe, 
ihm gnädigst zu concediren, dass er das Bürger- und Meisterrecht gewinne, 
auch eines Porzelain-Ofens sich gebrauchen könne und solle“. Wenn 
Funke sich darauf stützt, dass er schon über 6 Jahr als Porzelain- 
(d. h. Fayence-) Dreher in Berlin gearbeitet und „ohne Ruhm zu melden, 
solche Arbeit verfertiget habe, die hier niemalen sei gemachet worden“, 
so dürfen wir daraus schliessen, dass vor ihm, schon i. J. 1693 ein anderer 
Meister Fayence in Berlin herstellte.e Am 28. April 1699 bewilligt der 
Kurfürst das Gesuch, jedoch solle der Porzelain-Ofen an solchem Ort 
errichtet werden „da wegen des Feuers dero Residentien keine Gefahr 
zu besorgen“. Noch i. J. 1712 begegnen wir Funke, der in den Akten 
als Holländer, Bürger und Porzelain-Brenner in Berlin aufgeführt wird, 
anlässlich eines Streites mit seinem Gesellen Otto Müller, der gleich dem 
Meister ein Privileg für die Herstellung von Tabakspfeifen nachsuchte. 
Bei dieser Gelegenheit erfahren wir auch, dass Funke Gefässe aus der 
gleichen rothen Erde fabricirte, wie in Dresden geschah, und dass er einen 
von ihm daraus angefertigten Aufsatz aus 6 oder 7 Stücken dem König 
habe überreichen lassen. Mit Sicherheit sind die Arbeiten der Funke’schen 
Werkstatt bisher nicht nachgewiesen worden. Man darf sie vermuthen 
unter den hie und da, z. B. in den Geschirrvorräthen des Schlosses zu 
Charlottenburg bewahrten Fayencen mit Blaumalerei, die den Delfter 


Ankäufe und Schenkungen i. J. 1896. LXVI 


Typus zeigen, aber sicher nicht Delfter Ursprunges sind. Wahrscheinlich 
aus der Werkstatt Funkes stammen auch viele jener nicht seltenen Maasskrüge, 
die blaues Laub- und Bandelwerk mit manganviolett-betupften Flächen 
verbinden und häufig den Namenszug eines der ersten preussischen Könige 
zeigen. Ein solcher Krug unserer Sammlung zeigt als Marke ein f, das 
auf Funke hinweist. Ein ebenso bemalter, besonders stattlicher, un- 
bezeichneter, aber offenbar derselben Werkstatt entsprungener Maasskrug 
unter den Ankäufen des letzten Jahres trägt das F. W. R. Friedrich 
Wilhelms des Ersten und im Stempel des Zinndeckels die Jahrzahl 1711 
mit dem Wappen der Stadt Charlottenburg. 

Ueber die zu Potsdam um dieselbe Zeit oder wenig später betriebene 
Fayence-Fabrikation fehlen uns noch die urkundlichen Nachweise. Eine 
mit voller ÖOrtsbezeichnung versehene blaubemalte Vase des Köngl. 
Kunstgewerbe-Museums zu Berlin weist auf den Einfluss des durch ost- 
asiatische Vorbilder beeimflussten Delfter Geschmackes; und aus derselben 
Potsdamer Werkstatt muss eine im vorigen Jahre für die Hamburger 
Sammlung erworbene geriefelte Deckelvase stammen. Schwere Masse, 
Dickwandigkeit, technische Unbeholfenheit der Mache, ein hoher hohler 
Fuss kennzeichnen diese Art ebenso, wie es die Bemalung in den zu 
Delft üblichen Scharffeuerfarben thut, wobei sogar das schwierige Ziegelroth 
nicht ungeschickte Verwendung findet und zwischen den blühenden Stauden 
steil aufgerichtete Pfauen besonders auffallen. 

Von der Magdeburger Fabrik wissen wir, dass durch Königliche 
Kabinets-Ordre vom 13. März 1764 der Syndikus der Pfälzer Kolonie 
zu Magdeburg Guischard auf 15 Jahre ein ausschliessliches Privilegium 
im Herzogthum Magdeburg für seine Fayence-Fabrik erhielt. Auch ist 
durch eine aus Berlin an den Minister für Schlesien Grafen Hoym am 
16. Oktober 1771 gerichtete Mittheilung überliefert, dass damals die 
Magdeburger Fabrik die Marke 772 führte. Obwohl Prof. Dr. A. Schultz 
hierauf schon im Jahre 1880 im 43. Bericht des Vereines für das Museum 
schlesischer Alterthümer in Breslau aufmerksam machte, scheint man 
Fayencen als Erzeugnisse Magdeburgs bisher nicht nachgewiesen zu haben. 
Nur die jüngere Steingutwaare Magdeburgs ist allgemeiner bekannt ge- 
worden. Auf der Rückseite eines ovalen Plättchens aus weissem Steingut 
im Köngl. Kunstgewerbe-Museum zu Berlin wird J. P. Guischard, den das 
Reliefbildniss auf der Vorderseite darstellt, als „Erster Unternehmer einer 
englischen Steinguts-Fabrique in Magdeburg 1786“ bezeichnet. Auch sind 
Steingutgefässe nicht selten, die im Trockenstempel bald ein M mit einer 
Modellnummer, bald den Namen Guichard voll ausgeschrieben tragen. 
Das Hamburgische Museum hat im vorigen Jahr zwei Teller letzterer Art 
mit der Modellnummer 20 und mehrfarbiger Malerei erworben, die auf 
dem einen dieser Teller am Rande Vergissmeinnichtranken, im Spiegel einen 


e* 


LXVII Museum für Kunst und Gewerbe. 


flammenden Altar darstellt. Diese Steingutwaare und ihre Marken sind 
aber unabhängig von der älteren Fayence. Welcher Art diese gewesen, 
erhellt nunmehr aus einer ovalen kleinen Schüssel, die unser Museum dem 
Haustedt’schen Legat verdankt. Jeder mit den Merkmalen der Fayencen 
von Hannöverisch-Münden Vertraute wird 
diese Schüssel unbedenklich als Mündener 
Waare ansprechen; sie zeigt denselben netz- 
förmig durchbrochenen Rand mit den 
Blümchen auf den Kreuzungen, dieselben 
flauen manganvioletten und blassgrünen 
Blumenmalereien, wie sieunsan der Mündener 
Waare begegnen aber die hier wieder- 
gegebene Bezeichnung auf der Unterseite 
beweist den Magdeburgischen Ursprung. 


Wappen derStadt Magdeburgals 


Marke einer dortigen Fayence- Man wird danach einen Theil der bisher für 
e Fabrik. Nat. Gr. = 

Die punktirte Zeichnung deutet Mündener Waare erklärten Netzvasen und 
auf das Pausen einer mit der 

Nadel nachgestochenen Vor- diesen verwandten Gefässe Magdeburg zu- 


theilen müssen. Zunächst werden die mit 
dem 772 bezeichneten Stücke hiervon betroffen; in wie weit das M auf 
Magdeburg oder Münden zu deuten, wird noch zu untersuchen sein; nur 
die mit den drei Mondsicheln aus dem Hanstein’schen Wappen gemarkten 


Stücke verbleiben zweifellos bei Münden. *) 

In Schrattenhofen, einem Dorfe im bayerischen Regierungsbezirk 
Schwaben, soll noch jetzt die Fayence-Fabrikation betrieben werden. 
Die keramischen Handbücher erwähnen den Ort aber gar nicht, obwohl er 
schon um die Mitte des 18. Jahrhunderts eine Fayence-Fabrik besessen 
haben muss. Dies wird durch einen mit dem vollen Ortsnamen bezeichneten 
Maasskrug bewiesen, der ebenfalls im verflossenen Jahr in unsere Sammlung 
gelangt ist. In blassen Scharffeuerfarben, Blau, schmutzigem Grün, 
hellem Gelb und weisskörnigem Manganviolett ist er mit einem Rebstock 
im Felde einer mit Blumen durchwachsenen Kartusche bemalt. 

Dem Haustedt’schen Legat verdanken wir auch noch ein für die 
Geschichte der Fayence-Fabrication in Nürnberg bedeutsames Stück, 
das wie die Kieler Bischofsbowle sich ehemals in der Reynolds’schen 
Sammlung zu London befand. Es ist die dritte der drei Platten, von 
denen zwei als keramische Urkunden schon länger bekannt sind, da sie 
sich früher m der Kgl. Kunstkammer in Berlin befanden und jetzt im Kunst- 
gewerbemuseum zu Berlin bewahrt werden. Letztere beiden Platten haben 


*) In den Beiträgen zur Geschichte der Töpferkunst, Jahrbuch XIII, sind anlässlich 
der Königsberger Fayencen schon Zweifel erhoben, ob alle M-Fayencen Mündener 
Fabrikate und nicht etwa Magdeburger seien. Diese damals von ganz anderen Er- 
wägungen ausgegangenen Zweifel werden durch das oben Mitgetheilte bestätigt. 


Ankäufe und Schenkungen i. J. 1896. LXIX 


vor Jahren einmal in der keramischen Litteratur eine Rolle gespielt, weil man 
aus ihren Inschriften, in denen von eimer Porzellan-Fabrik die Rede 
ist, irriger Weise folgerte, in Nürnberg sei schon i. J. 1720 Weich- 
Porzellan hergestellt worden. Die einfachste Untersuchung hätte ergeben, 
dass nur Fayence vorliegt, die in so vielen Urkunden jener Zeit als 
„Porzellan“ bezeichnet wird und noch manchen anderen Orten zu dem 
unverdienten Ruhm verholfen hat, Porzellan, oft sogar schon vor seiner 
Erfindung in Europa, fabrieirt zu haben. Die beiden Berliner Platten, 
abgebildet im dritten Jahrgang des Papst’schen Kunstgewerbeblattes S. 172, 
sind von ovaler Form, 0,56 m hoch und 0,45 m breit und zeigen in Blau- 
malerei die Bildnisse „der Anfänger dieser alhiesigen Nürnbergischen 
Porcelaine Faberique“*, des Christoph Marx in seinem 60. Lebensjahr und 
des jungen Johann Conrad Romedi, der durch seine Vormünder in der 
Societät vertreten, jedoch, als ihn Georg Michael Tauber i. J. 1720 auf 
jene Platte malte, kurz vorher in seinem 17. Lebensjahr gestorben war. 
Die dritte, jetzt dem hamburgischen Museum gehörige Platte ist ein voll- 
kommenes Seitenstück zu den beiden in Berlin bewahrten Platten. Sie 
zeigt einen Mann von mittleren Jahren im Allonge-Perrücke von vorn 
gesehen; wen er vorstellt, sagt die Inschrift auf der Rückseite: 
Herr 
Sohann Sacob Mayer: 
Erfauffer des Nomedifchen halben Antheilg 
an dieser Porcelaine Faberique Ano 1720. 
Aetatis suae 30. 
Georg Michael Tauber 
Pinsit. 
Ano 1720 

? d. 22. November. 

Johann Jacob Mayer hatte, wie das aus anderen Quellen schon 
bekannt ist, den Antheil des jungen Romedi noch im Todesjahr des- 
selben erworben. Damit beantwortet sich die von Pabst 1. c. S. 174 
aufgeworfene Frage, wie die Namen Ohristoph Marx und Johann Jacob 
Mayer auf der v. J. 1724 datirten Fayenceglocke im Museum zu Sevres 
zu erklären seien. 

Das auf allen drei Platten verzeichnete Datum des 22. November 1720 
kann nicht wie Carl Friedrich in seinen i. J. 1887 erschienenen Beiträgen 
zur Geschichte der Nürnberger Fabrik annimmt, der Todestag Romedi’s 
sein. Es bezeichnet wohl nur den Tag, an dem der Maler Tauber die 
Inschriften auf die Platten setzte. 

Eine Specialität der Nürnberger Fayence-Fabrik waren die Krüge 
und Schüsseln mit dem Heirathswappen Nürnbergischer Patrizier 
in Blaumalerei. Durch solche Stücke sind schon seit längerer Zeit die 


IEROX Museum für Kunst und Gewerbe. 


alten Geschlechter der Pömer und Oelhafen (an einem von Marx gemalten 
Kruge), der Imhof von Gundelfingen und der Tucher (an einem Kruge 
von derselben Hand), der Behaim von Schwarzbach und der älteren Linie 
der Fürer von Haimendorff (auf einer Schüssel) in der Sammlung vertreten. 
Hinzugekommen ist im Jahre 1896 ein Teller, auf dem zwei fliegende 
Engel die Wappen eines Behaim von Schwarzbach und einer Haller von 
Hallerstein an einem Bande schwebend tragen. Auf die eheliche Ver- 
bindung weist auch das „Dissolvi nequeunt“ (Unlösbar verbunden) auf dem 
über den Schilden flatternden Spruchband. Auch dieses Stück trägt das 
aus einem M und F zusammengesetzte Monogramm des Malers und Mit- 
eigenthümers der Fabrik Johann Andreas Marx. 

Unter den schleswig-holsteinischen Fayencen, die unserer 
schon so reichen Sammlung solcher hinzugefügt wurden, ist Dank den Mitteln 
aus dem Haustedt!'schen Legat ein Hauptstück hervorzuheben, das für die 
Geschichte der Kieler Manufactur von besonderer Bedeutung ist. In allen 
keramischen Handbüchern, auch denen des Auslandes, wird dieses Stück 
seit Jahrzehnten aufgeführt; ihm ist das Ansehen zu verdanken, dessen 
sich gerade Kiel in der keramischen Literatur zu erfreuen gehabt hat. 
Schon im Jahre 1870 finden wir es als dem Mr. C. W. Reynolds gehörig 
erwähnt in „Marks and monograms on pottery and porcelain“ von 
C. W. Chaffers, und 1872 abgebildet im Vol II, plate S5 der Keramic 
Gallery von William Chafters. Jacquemart beschreibt es im Jahre 1871 
in seinen „Merveilles de la ceramique“ als „une grande jatte couverte 
en forme de mitre, avec le globe crucigere pour bouton, l’un des plus 
eurieux specimens de la collection Reynolds. Sur l’une des faces, dans 
un encadrement de chicorees jaunes relevees de brun, on voit un combat 
de cavalerie execute avec un rare talent de dessin et d’harmonie; de 
l’autre, des personnages & table puisent dans une mitre semblable la 
ligueur aimee des gens du nord; des raisins et un citron coupe peints 
sur le couverele disent assez quelle est cette liqueur. Et pour que rien 
ne manque A l’nteret de cette oeuyre, on lit en dessous: Kiel. Buchwald, 


directeur, — Abr. Leihamer fecit.“ Von Jacquemart hat dann Jaennicke 
die Beschreibung in seinen „Grundriss der Keramik“ übernommen und aus 
dem „encadrement de chicorees* — was einfach Einfassung von Rococo- 


schnörkeln bedeutete — „eine von gelben mit braun schattirten Cichorien- 
blüthen gebildete Guirlande“ gemacht, was hier nur deswegen bemerkt wird, 
weil ohne dies Zweifel bestehen könnten, ob unser Stück wirklich das 
vielgenannte der Sammlung Reynolds ist. 

Die auffällige Form der Bischofsmütze erklärt sich durch die Bestimmung 
des Gefässes zur Bereitung jenes „Bischof“ genannten, in der zweiten Hälfte 
des vorigen Jahrhunderts in Norddeutschland sehr beliebten und ja auch 
heute nicht vergessenen Würzweines. Auf einem der hohen Zipfel der 


Ankäufe und Schenkungen ı. J. 1896. LAXT 


Mitra sehen wir eine fröhliche Gesellschaft um eine Bowle gleicher Gestalt 
vereinigt. Bowlen dieser Art sind aus mehreren schleswig -holsteinischen 
Fayence-Manufacturen und aus der Kopenhagener überliefert. Die 
hamburgische Sammlung besitzt sogar eine Kellinghusener Fayence in 
Gestalt eines thronenden Bischofs, der auf den Knien ein Buch hält, 


Bischofsbowle von Fayence mit vielfarbiger Muffelfarben-Malerei. Kiel, ca. 1769. '/; nat. Gr, 


mit der den Zweck des Gefässes verkündenden Inschrift: „Die ganze 
Clerisey mag unserthalben leben, wenn sie uns nur recht oft einen neuen 
Bischof geben“. In der Literatur jener Zeit hat der Bischofstrank nicht 
mindere Zeugnisse seiner Beliebtheit hinterlassen. So ist in dem von 


TIEXXIU Museum für Kunst und Gewerbe. 


J. H. Voss i. J. 1797 in Hamburg herausgegebenen Musenalmanach unter 
der Ueberschrift „Der ächte Bischof“ ein langer von J. A. P. Schulz in 
Musik gesetzter Rundgesang abgedruckt, den ein harmloser Leser, dem 
der Doppelsinn des Wortes Bischof unbekannt wäre, gar nicht seiner 
wahren Bedeutung nach verstehen könnte. Da singt z. B., nachdem der 
Chor die Worte „Nein! sonder alle Religion Steht keine Constitution“ 
wiederholt hat, der Vorsänger: 

„Doch unsere, Brüder, wird bestehn! 

Wir fanden hier den ächten! 

Wir lassen ohne Reue gehn 

Die schlechten. 

In Deinem Bisthum, Bischof! hier, 

Was Frankreich sucht, das fanden wir.“ 
und der Chor fällt ein: 

„Ja, Bischof! im dem Bisthum hier, 

Was Frankreich sucht, das fanden wir.“ 

Der dänische Dichter Baggesen hatte dieses Bischofslied i. J. 1792 
für eine freundschaftliche Gesellschaft in Kopenhagen dänisch gedichtet 
und die deutsche Uebertragung seinen hamburgischen Freunden als ein 
Gastgeschenk hinterlassen. Das Bisthum in der Bischofsbowle wird danach 
auch unter den Musenjüngern unserer Stadt seine Gemeinde gehabt haben, 
wie sie, nach den zahlreichen Mitra-Bowlen der Fayence-Fabriken zu 
schliessen, vieler Orten nördlich der Elbe bestanden. 

Den bisher nur durch Speisegeschirre vertretenen Erzeugnissen der 
Strassburger Fayence-Manufactur aus der Zeit Joseph Hannong’s 
kamen zwei Potpourri-Vasen von zierlich gewundener Form mit bunten 
Blumenmalereien hinzu. Sie befanden sich früher in der Sammlung Vincent 
zu Konstanz und tragen die Modellnummer 770, deren Höhe den ausser- 
ordentlichen Umfang der Hannong’schen Fabrikation bezeugt. 

Der Abtheilung der Delfter Fayencen wurden einige werthvolle 
Stücke hinzugefügt. Als Geschenk der Frau Julius Ree Wwe. eine pracht- 
volle, 60 em hohe Stangenvase, auf deren geriefelten Flächen die höchste 
Pracht jenes als „decor-cachemire“ bezeichneten, aber nicht mit indischen, 
sondern mit chinesischen Landschafts- und Blumenmotiven componirten 
Decors entfaltet ist, der auf dem Dreiklang von blau, olivgrün und ziegel- 
roth in Scharffeuerfarben beruht. Ferner zwei Teller mit von Wanderern 
in niederländischer Tracht belebten Landschaften in Blaumalerei, einem 
Wappen mit der von Josua und Kaleb getragenen Riesentraube und den 
Buchstaben S B, die hier auf den Besteller, nicht den Verfertiger zu 
deuten sind. 

Endlich ist eine Suppenterrine mit Blaumalerei zu erwähnen, die als 
Erzeugniss der in der keramischen Literatur noch nicht erwähnten Fayence- 


Ankäufe und Schenkungen i. J. 1896, LXXII 


Manufactur zu Herrebs in Norwegen angesprochen werden darf, auch 
wenn sie keine Marke trägt. Durch die Leihausstellung, mit der vor 
einigen Jahren das Kopenhagener Kundindustrie-Museum eröffnet wurde, 
ist die Aufmerksamkeit der Sammler auf jene einzige Fabrik Norwegens 
gelenkt worden. Im Dansk Folkemuseum hat dann Bernhard Olsen eine 
Anzahl Herreboer Fayencen nachweisen können und deren mehrere sind 
aufgetaucht, nachdem einmal ihre Eigenart erkannt war. Mannigfache 
plastische Durchbildung der Gefässe und eine sehr flotte, in breiten Pinsel- 
zügen mit hellerem und abgesetztem dunklerem Blau hingestrichene Bemalung 
mit Rococo-Ornamenten, Blumenmotiven und selbst Figuren kennzeichen 
ihre Weise. Unsere mit nackten Kindern bemalte Terrine wurde inSchwabstedt 
im Schleswigschen erworben. 


Europäische Porzellane des 18. Jahrhunderts. 


Europäische Porzellane wurden im Jahre 1896 aus Mitteln des Budgets 
nicht angeschafft. Den reichen Zuwachs an solchen verdanken wir aus- 
schliesslich privaten Beiträgen, vorwiegend dem Vermächtniss des Herrn 
H. D. Haustedt, aus dem wir schon im Vorjahre die sechs von Isabey 
bemalten Seyres-Teller zu verzeichnen gehabt haben. Nicht weniger als 
acht deutsche Porzellan-Manufacturen des 18. Jahrhunderts sind auf diesem 
Wege zu besserer Vertretung gelangt. Meissen durch sieben Stücke, 
Höchst durch drei, Frankenthal durch vier, Fürstenberg durch drei, 
Berlin durch fünf, Ludwigsburg, Fulda, Kelsterbach durch je ein Stück. 

Ausser den Porzellanen der Meissener-Manufactur ist auch ein 
Messer- und Gabel-Paar mit Griffen aus polirtem rothem Steinzeug aus 
der ersten Zeit Böttger’s hinzugekommen, in dessen Waarenverzeichniss 
v. J. 1711 bereits dergleichen Griffe erwähnt werden. 

Neben den beiden, schon im Führer beschriebenen kleinen 
Porzellan-Monumenten für C. F. Gellert, steht nunmehr ein drittes. 
Auf einem Säulenstumpf sehen wir eine Urne, auf deren Deckel zwei trauernde 
Kinder lagern, während ein drittes Kind das an der Säule hangende 
Bildniss des Dichters mit goldenem Lorbeerkranz behängt. Auf der anderen 
Seite steht auf ovaler Tafel die Widmung: „Memoriae C. F. Gellert 
Sacrum.“ Dass die Meissener Manufactur dem Dichter nicht weniger als 
drei verschiedene kleine Denkmäler widmen konnte, zeugt von dem hohen, 
weitverbreiteten Ansehen, in dem der Gefeierte noch eine gute Weile 
nach seinem Ableben stand. Keinem anderen deutschen Dichter ist je 
solche Ehrung von der Porzellankunst erwiesen. 

Die Porzellane aus der kurmainzischen Porzellan-Manufactur zu 
Höchst sind um ein prächtiges Mittelstück bereichert worden, in dem wir 
eine jener kostbaren Potpourri-Vasen finden, die im Preisverzeichniss 
von 1770 mit 55 Gulden, dem höchsten Ansatz für ein einzelnes Gefäss, 


LXXIV Museum für Kunst und Gewerbe. 


bewerthet sind. Um den mit roth und golden staffirten Rococo-Ornamenten 
besetzten Bauch hängen Zweige mit grossen, vielfarbigen, von Schmetter- 
lingen belebten Blüthen in vollrunder Arbeit. Auf den Griffen des 
Gefässes sitzende nackte Kinder halten diese Gewinde, und ein drittes 
Kind auf dem Deckel zwischen Baumzweigen ein Gehänge kleiner Blüthen. 
Hals und Deckel sind durchbrochen, um den Duft der in solcher Vase 
bewahrten Blumen- und Würzmischung ausströmen zu lassen. Auf den 
Flächen des Bauches zwischen den Schnörkeln sind vielfarbige Sträusse 
fein gemalt. Auch eine Höchster Gruppe ist hervorzuheben, die zwei 
chinesische Kinder darstellt und in den für die beste Zeit der Manufactnr 
bezeichnenden zarten Farben bemalt ist. 

Unter den Erzeugnissen der kurpfälzischen Porzellan-Manufactur zu 
Frankenthal sind hervorzuheben die seltenen kleinen Büsten des 
Kurfürsten Carl Theodor von der Pfalz, der in antikem Panzerhemd und 
hermelinbesetztem Mantel, jedoch in der Puderfrisur seiner Zeit dargestellt 
ist, und seiner Gemahlin Elisabeth Auguste, die in ebensolchem Mantel 
über mit Spitzen eingefasstem tunikaartigem Hemde und mit Blumen in 
dem hinten lockig herabfliessenden Haar erscheint. 

Auch unter den Erzeugnissen der fürstlich braunschweigischen Porzellan- 
fabrik zu Fürstenberg befindet sich eine Figur, die zu den werthvollsten 
daselbst von Hendler und Schubert ausgeführten gehört: die Reiter- 
statuette Friedrichs des Grossen. Dieser Statuette liegt vermuthlich ein Modell 
des französischen Bildhauers E. Bardou zu Grunde, der im letzten Viertel 
des vorigen Jahrhunderts in Berlin, u. A. auch für die kgl. Porzellan- 
Manufactur arbeitete. Die Figur besteht aus Biscuit, das zu Fürstenberg 
besonders gepflegt wurde; der mit Attributen des Krieges und der Künste 
und dem F. R. des grossen Königs unter der Krone gezierte Sockel ist 
in glasirtem Porzellan ausgeführt. Der Preis-Courant der Fabrik vom 
Jahre 1785 verzeichnet diese Statuette zum Preise von 45 Reichsthalern, 
dem höchsten der für dergleichen plastische Arbeiten angesetzten, und 
als Seitenstück dazu die Reiterstatuette Josephs II. als römischen Kaisers. 

Von den Porzellanen der Berliner Manufactur sind mehrere Stücke 
eines mit naturfarbenen Blumen schön bemalten Thee-Services hervorzu- 
heben, welche die Leistungsfähigkeit der Manufactur aus ihrer Wegeli- 
Periode besser bezeugen, als unser bisheriger Besitz an Porzellanen aus 
der Zeit, bevor die Manufactur zur königlichen wurde. Als ein für die 
Geschichte der Manufactur wichtiges Stück ist auch zu erwähnen das von 
C. F. Riese modellirte Biscuit-Medaillon von „J. G. Grieninger, Koen. 
Preus. Geh. Commiss. Rath und Porcel. Manuf. Direct. 1716—91.* 

Die kleine und nur kurze Zeit, von 1758—1772, in Betrieb gewesene 
Porzellan-Manufactur zu Kelsterbach am Main im Gebiet des Land- 
grafen von Hessen-Darmstadt war bisher in unserer Sammlung nicht ver- 


Ankäufe und Schenkungen i. J. 1896. LXXV 


treten. Dem Haustedt’schen Legat verdanken wir die unbemalte Figur 
eines Harlekins; auf einem Baumstumpf sitzend, hat er sich vergeblich 
bemüht, in seinem vorgehaltenen Hut einen Ball zu fangen, der ihm schon 
in den Schooss geflogen ist. Bezeichnet ist diese Figur mit dem ver- 
bundenen H. D. (Hessen-Darmstadt) unter einer Krone in Blau. 

Endlich verdanken wir dem Haustedt’schen Legat eine Blumenvase, 
die für die Blüthezeit der Kopenhagener Manufactur typisch ist, eben so 
sehr durch ihre Fächerform mit der durchlöcherten Deckplatte und den 
seitlich vorragenden weiblichen Figürchen, wie durch die Bemalung mit 
feinen Landschaftsbildern; auf der einen Breitseite, vom Lande gesehen, 
Helsingör und Kronenborg, auf dessen Terrasse der Danebrog weht; auf 
der andern die Einfahrt in den Hafen von Helsingör mit dem alten Schloss 
im Hintergrunde. 


Terrine aus Porzellan von Kloster Veilsdorf. / Nat. Gr. 


Einige ausgezeichnete Porzellane verdanken wir einer Stiftung des 
Herrn Hermann Emden anlässlich der Feier seiner silbernen Hochzeit 
am 24. October 1896. Unter ihnen befindet sich die hier abgebildete 
Suppenterrine, jetzt das Hauptstück unserer Gruppe von Porzellanen aus 
der i. J. 1762 zu Kloster Veilsdorf im Herzogthum Hildburghausen 
begründeten Manufactur, der bedeutendsten der vielen kleinen thüringischen 
Porzellanfabriken. Die grossen zerflatternden Blüthen an den fadendünnen 
Stilen sind bezeichnend für die Eigenart ihrer Malereien. Neben dem 
bläulichen Roth der Rosen, das an das Meissener Rosen-Lila der Rococo- 


ROY Museum für Kunst und Gewerbe 


Zeit erinnert, fällt ein lebhaftes Eisenroth auf, das bald allein, bald auf 
eitrongelber Untermalung geschickt verwendet ist. Die als Deckelknauf 
angebrachte Tulpe ist grün und blauroth staffirt. Ferner zwei Bechertassen 
aus der Nymphenburger Manufactur mit fein gemalten Bildnissen, auf 
der einen des ersten Königs von Bayern, Maximilian Joseph’s I., auf der 
anderen seiner Gemahlin Caroline Friederike Wilhelmine. Auf beiden Unter- 
schalen hat sich der Maler genannt, auf derjenigen mit dem verschlungenen 
CF der Königin steht „Auer pin. 1808°“. Anton Auer war seit 1794 
von seinem 17. Jahre an Maler der Nymphenburger Manufactur. Nachdem 
er i. J. 1800 in der Kunstakademie zu Wien ausgebildet worden, wurde er 
Obermaler der Manufactur. Auf seine erosse Geschicklichkeit bezog sich 
i. J. 1810 der Auftrag des damaligen Kronprinzen, späteren Königs 
Ludwig I., die berühmtesten Gemälde der Münchener Pmakothek an einem 
Porzellanservice zu verewigen, ein Auftrag, der durch den Tod Auer’s 
i. J. 1814 von diesem nicht mehr zu Ende geführt werden konnte, aber 
bestimmend geworden ist für die fortan von der Manufactur vorzugsweise 
gepfleste Richtung, die noch heute in einigen aus ihr hervorgegangenen 
Porzellanmaler-Ateliers Münchens fortwirkt. 


Gefässe aus Bergkristall und Glas. 


In diesem Jahr zuerst erscheint unter den Ankäufen ein Gefäss aus 
geschnittenem Bergkristall, der hier abgebildete Becher, eine bezeichnete 
Arbeit des berühmten Nürnberger Kristall- und Glasschneiders Georg 
Schwanhard, von dem wir früher schon das ebenso mit G. S. bezeichnete 
und gleichfalls v. J. 1660 datirte römerförmige Glas erworben haben, das 
-E. v. Czihak in seiner Studie über Schlesische Gläser und die Gläser- 
Sammlung des Museums zu Breslau auf Tafel V abgebildet hat. Wie 
dieser Glas-Römer zeigt auch der Kristallbecher die geschnittene, mit 
Hülfe des Rades hergestellte Arbeit in Verbindung mit der gerissenen, 
für die der Meister sich der Diamantspitze bediente. Dargestellt ist in 
bergiger, baumbewachsener Landschaft die Nymphe Echo, die hinter einem 
Felsen vortretend den geliebten Narkissos ruft, der sich in einem Quell- 
becken bespiegelt. Der Tiefschnitt ist durchweg matt belassen, nur die 
nackte Gestalt der Echo in den Tiefen polir. Aus dem Munde der 
Nymphe geht ein fein punktirter Hauch hervor, in dem kaum sichtbar ihr 
Name erscheint. Die Bezeichnung G. 8. 1660 ist am Brunnenbecken sehr 
zart eingerissen. Die Fassung aus vergoldetem Silber, welche den Deckel- 
und Fussrand schützt und die beiden Kristallstücke, aus denen das Gefäss 
zusammengesetzt ist, am Knaufe verbindet, gleicht derjenigen unseres 
Römers. In beiden Gefässen liegen Arbeiten des älteren und berühmteren 
Georg Schwanhard vor, des 1601 zu Nürnberg geborenen und daselbst 
1667 gestorbenen Meisters dieses Namens, der ein Schüler Kaspar Lehmann’s, 


a u u 


2 
! 


des Prager 
Kristallschneiders 
Kaiser Rudolfs II. 
war und sich 
1 de laser erle 
Wunsch Kaiser 
Ferdinands Ill. 
nach Regensburg 
begab, um den 

Kaiser ım 
Diamantreissen 
zu unterrichten. 


_ Dieses Auftrages 


entledigte er sich 
zum besonderen 
Wohlgefallen des 
Kaisers, der ihn 
zu seinem „Kunst- 
factor“ ernannte. 
Das mühsame 
Reissen desGlases 
mit dem Diaman- 
ten blieb fortan 
eine von Dilettan- 
ten gern gepflegte 
Kunst. Zu den 
Arbeiten dieser 
Art gehören in un- 
serer Sammlung 
einige schon im 
Führer beschrie- 
bene Stücke, u. a. 
eme von dem 
Kanonikus Busch 
in Hildesheim mit 
Viehstücken ver- 


Ankäufe und Schenkungen i. J. 1896. LXXVI 


Becher aus Bergkristall in vergoldeter Silberfassung. Arbeit 
des Georg Sechwanhard v. J. 1660, 3, nat. Gr. 


zierte Porzellankanne v. J. 1752 und ein Kelchglas des Dordrechters 
Franz Greenwood v. J. 1746. 

Vier i. J. 1896 erworbene Gläser mit gerissener Arbeit weisen gleich- 
falls auf Holland, wo im 18. Jahrhundert diese Technik sich weit ver- 
breiteter Pflege und Anerkennung erfreute. Von ein und derselben Hand 
verziert erscheinen drei dieser hochfüssigen Trinkgläser aus sehr klarem, 


LXXVIII Museum für Kunst und Gewerbe. 


hell klingendem Glase. Wie ein Nebelhauch liegt auf ihnen die äusserst 
zart punktirte Zeichnung, die aber silberweiss zu Tage tritt, sobald man 
einen dunklen Wein in das Glas füllt. Auf dem Kelch des einen erblicken 
wir zwei rauchende und zechende Bauern an einer ihnen als Tisch dienenden 
Tonne; darüber in fliegendem Band „Vriendschap“, d. h. Freundschaft. 
Auf dem Kelche des zweiten sehen wir eine junge Dame und einen Kavalier 
in der Zeittracht mit zierlich an den Fussrändern gehaltenen Kelchgläsern 
mit einander anstossen, worauf, sagt die Beischrift: „Het goedt sucses 
van het aanstaande huwelyk“, d. h. „Auf den guten Erfolg der bevor- 
stehenden Heirath“. Auf dem dritten ist das Wappen der Stadt Haag, 
der Storch mit der Schlange im Schnabel, in einer Rococo-Kartusche 
zwischen zwei Löwen dargestellt. Die meisterliche und geschmackvolle Reiss- 
arbeit an diesen Gläsern erinnnert an die Arbeiten Wolff’s, des berühmtesten 
der holländischen Diamantzeichner der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. 
Von anderer Hand gerissen ist das vierte, grössere Kelchglas. Dargestellt 
sind in gestrichelter, nicht punktirter Zeichnung zwei Gestalten in antiker 
Gewandung, die vor einem landschaftlichen Hintergrund flammende Herzen 
austauschen. 

Von Gläsern sind sonst noch erwähnenswerth ein kleiner deutscher 
Becher aus blassblaugrünem Glase, der mit grossen kuchenförmigen Warzen 
besetzt ist und wie der noch vorhandene Wachsdeckel zeigt, einst in einer 
Kirche der Trientiner Diöcese zur Bewahrung einer Reliquie gedient hat. 
Die Mehrzahl der uns überlieferten deutschen Glasgefässe des Mittelalters 
verdanken ihre Erhaltung einer derartigen Weihung. Ferner ein Flügel- 
glas deutscher Arbeit von der Art jener zu Cöln, Cassel und an anderen 
Orten im 17. Jahrhundert nach venetianischen Vorbildern angefertigten. 
Endlich ein Teller, der zu jener Art dunkelblauer, mit Schmelzfarben 
bemalten Gläser gehört, von denen wir einen auf dem Rande mit rothen 
Krebsen und weissen, an unreife Maiskolben erinnernden Motiven bemalten 
Teller schon länger besitzen. Eine gewisse Verwandtschaft mit den 
emaillirten Gläsern der Venetianer hat dazu geführt, den Gläsern dieser 
Art ihren deutschen Ursprung bisweilen zu bestreiten. In dem prachtvoll 
ausgestatteten Katalog der im British Museum bewahrten „Slade Collection“, 
einem Geschenk des Mr. Aug. W. Franks an das Hamburgische Museum, 
ist ein blauer, weiss emaillirter Teller dieser Art noch den venetianischen 
Gläsern eingereiht, obwohl der österreichische Doppeladler auf deutschen 
Ursprung hinweist. In anderen Katalogen sind derartige Stücke schon 
richtig als deutsche Arbeiten vom Ende des 16. Jahrhunderts anerkannt. 
Könnten noch Zweifel bestehen, so würden sie entschieden durch einen 
Teller, den im vorigen Jahre Graf Hans Wilezek dem Museum liebens- 
würdig überwiesen hat, als eine Erinnerung an einen Besuch des Direktors 
in dem von dem Grafen als mittelalterliche Burg wieder aufgebauten und 


Ankäufe und Schenkungen i. J. 1896. ERRIR 


mit Kunstwerken, Möbeln, Geräthen und Waffen des Mittelalters aus- 
gestatteten herrlichen Schlosse Kreuzenstem an der Donau gegenüber 
Klosterneuburg. Dieser Teller, der nach den Einzelheiten seiner weissen 
Schmelzbemalung derselben Werkstatt entstammt, wie der Teller mit den 
Krebsen, zeigt in der vertieften Mitte das Monogramm Christi zwischen 
dem Kreuz und den drei Kreuzesnägeln und auf dem breiten Rande in 
grossen Buchstaben die Worte „Christi Blvdt mein Erbgvt“. — 
Die Eigenart dieser Teller und der ihnen verwandten kleinen blauen, bunt 
emaillirten Krüge scheint auf eine einzige und zwar süddeutsche Werkstatt 
hinzuweisen, während die Kurfürstenhumpen, die Hofkellereigläser und 
die zahlreichen anderen weissen und grünlichen Gläser mit Emailschmuck 
in verschiedenen Gegenden angefertigt sind. 


Griechische Alterthümer. 

Unsere Sammlung altgriechischer Kunstgegenstände steht zwar 
noch in den Anfangsstadien, schreitet aber doch langsam von Jahr zu Jahr 
fort. Wir können auch diesmal einige bemerkens- 
werthe Ankäufe verzeichnen, die der keramischen 
Abtheilung und der Schmucksammlung zu gute 
gekommen sind. Zu den vorhandenen rothfigurigen 
Vasen ist ein grosser „Stamnos“ hinzugekommen, 
ein urnenartiges Vorrathsgefäss mit weiter Mündung 
und zwei Horizontalhenkeln. Die Malerei zeigt 
fisürliche Scenen und Palmettenranken, die sich 
über und unter den Henkeln ausbreiten. In der 
Hauptscene kommen zwei Musikantinnen geschritten, 
die von zwei anderen Frauen empfangen und mit 
Wein bewirthet werden. Es sind edel gebildete 
Gestalten, die mit vornehmer Ruhe auftreten; sie 
bekunden die Weise der attischen Vasenmalerei; 
die für die Mitte des 5. Jahrhunderts bezeichnend 
ist. Beispiele der polychromen Malerei auf weissem 
Grunde bieten zwei Lekythen, hohe flaschen- 
ähnliche, einhenkelige Vasen jener Art, die mit 
Salben gefüllt, den Todten mit in’s Grab oder als 
Gaben der Liebe auf ihre Grabstätte gesetzt wurden. 
Die auf diesen Vasen dargestellten Motive sind 
denn auch meist mit sinnvollem Bezug auf Tod, 
Bestattung und Totenopfer gewählt. Auch auf der 
hier abgebildeten Lekythos findet man eine Friedhofs- 


n . . Griechische Lekythos mit 
Scene gemalt. Auf mehrstufiger Basis erhebt sich mehrtarbiger Walereit aut 


2 : 2 55 wei Grunde, 
die Grabstele; rechts und links stehen im Gespräch De gr 


RER Museum für Kunst und Gewerbe. 


die Angehörigen des im Grabe Ruhenden, die gekommen sind, seinen Denk- 
stein mit Binden und Kränzen zu schmücken. — Ein reizendes Werk der 
plastischen Keramik haben wir in einer tanagräischen Terracottafigur gewonnen, 
die eine stehende matronale Frau darstellt; sie zieht den um den Kopf 
gelegten Mantel mit der Rechten vom Gesicht hinweg und hält auf der 
linken Hand eine Taube, — man schwankt, ob der Künstler eine schöne 
Frau oder die Göttin der Schönheit hat darstellen wollen. In ihrem 
ursprünglichen Zustande war die Figur bemalt; die Farben waren auf einen 
weissen Kreidegrund aufgetragen; es ist noch zu erkennen, dass die nackten 
Teile fleischfarben, die Augen blau, das Untergewand blau und der Mantel 
hellroth waren. 

Von den Stücken der bisher vorhandenen Sammlung griechischen 
Goldschmucks sind die meisten augenscheinlich als Totenschmuck gearbeitet. 
Ein im Leben getragenes kostbares Geschmeide besitzen wir aber nunmehr 
in einer goldenen Halskette. Sie besteht aus neunzehn Hängegliedern in 
Form von halbkugeligen, mit Goldkörnern besetzten Perlen, an denen 
schlanke, ebenso verzierte Bommeln hängen, eine überaus sorgfältige und 
geschmackvolle Arbeit eines griechischen Goldschmieds des 4. oder 3. Jahr- 
hunderts v. Chr. 


Vorgeschichtliche Alterthümer. 

Die Entwiekelung der Kunstgewerbe-Museen als eines der jüngsten, 
nur von den noch jüngeren Volkstrachten-Museen überholten Glieder in 
der Reihe der öffentlichen Sammlungen hat dahin geführt, dass im Allge- 
meinen ebenso wie die Denkmäler des klassischen Alterthums auch die 
Denkmäler der vorgeschichtlichen Zeit von ihnen ausgeschlossen blieben, 
weil schon ältere, diesen Altsachen gewidmete Sammlungen bestanden. 
Ein innerer Grund für diese Sonderung lässt sich nicht festhalten, daher 
hat das Hamburgische Museum von Anbeginn an gelegentlich auch vor- 
geschichtliche Alterthümer erworben, wenn sie durch ihre Technik oder 
ihren Stil den Aufgaben der Anstalt, wie solche in dem bei ihrer 
Begründung aufgestellten Programm dargelegt waren, entsprachen. In 
diesem Sinne ist schon vor Jahren der Hohenwestedter Depötfund mit den 
drei bronzenen Hängegefässen, die noch die schwarzen Kittausfüllungen 
der vertieften Verzierungen bewahrt haben, so sind früher schon zwei in, 
Mecklenburg gefundene bronzene Armspangen mit mächtigen Spiralen 
zu Schmuck und Schutz, so ist im Laufe der Zeit eine Anzahl Gewand- 
nadeln, welche die Typen dieses wichtigsten Schmuckstückes bei ver- 
schiedenen Völkern von der vorgeschichtlichen bis zur römischen Zeit 
veranschaulichen, so sind endlich die goldenen Armringe des Erpeler 
Depöt-Fundes eingereiht worden, über den wir im vorigen Jahr zu 
berichten hatten. 


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Ankäufe und Schenkungen ı. J. 1896. RR XU 


Vorgeschichtliches Bronzemesser. 
\, nat. Gr, 


Im vertlossenen Jahr sind einige wichtige 
Stücke hinzugekommen, die wie die vor- 
erwähnten in hohem Grade geeignet sind, 
von dem Geschmack jener Völkerschaften 
eine Vorstellung zu vermitteln, denen wir 
die Kultur der Bronze-Zeit im nördlichen 
Europa verdanken. Die Bedeutung von der- 
gleichen Altsachen für die Entwickelungs- 
geschichte unseres Volkes wird mehr und 
mehr hervortreten, je sicherer durch weitere 
Forschungen die Kluft ausgefüllt wird, die 
sie noch von der Kultur des historischen 
Mittelalters trennt. 

Unter den neuen Erwerbungen her- 
vorzuheben ist das hier abgebildete 
Bronzemesser, das gleich ausgezeichnet 
ist durch seme ungewöhnliche Grösse, den 
gefälligen Schwung der Klinge, die feinen 
Gravirungen des Rückens und die noch 
erhaltenen Reste der mit Bronzenieten auf 
dem durchbrochenen Griff befestigten 
Schalen aus Hirschhorn. Gefunden ist es 
bei Balkow im Rebz. Frankfurt a. d. Oder 
in einer Begräbnissstätte, die mit Steinen 
umsetzte Aschenurnen enthielt. Die Urne, 
unter der das Messer lag, ist beim Auf- 
finden zertrümmert worden; emige thönerne 
Beigefässe von guten Formen haben sich 
erhalten und sind als typische Stücke 
unserer keramischen Sammlung einverleibt 
worden. 

Nicht minder wichtig ist ein 161 Gramm 
schwerer goldener Armring, der beim 
Pflügen unweit des Dorfes Klein-Bunstorf 
bei Bewensen in Hannover zu Tage ge- 
fördert ist. Er hat die öfter vorkommende 
Gestalt von nierenförmigem Contour mit 
hohlen, sich mit der Hohlfläche fast be- 
rührenden Halbkugeln an den Enden. Die 
Kanten des Ringes sind verziert durch 
Einschlagen kleiner Dreieckspunzen in zwei 
Reihen zwischen gravirten Rillen; vor den 


TEKRKUN Museum für Kunst und Gewerbe, 


Halbkugeln ahmen Ringverzierungen eine Drahtumwickelung nach; Schlangen- 
linien zieren die Halbkugeln. Alle diese Ornamente erscheinen an der 
inneren wie der äusseren Fläche durch Tragen des Armbandes abgenutzt, 
während sie an den Seitenflächen scharf erhalten sind. 

Einer jüngeren, schon nahezu geschichtlichen Zeit entstammen zwei, 
aus der aus ’m Weerth’schen Sammlung in Kessenich bei Bonn erstandene, 
in fränkischen Gräbern jener Gegend gefundene Schmuckstücke: eine 
Fibula aus Bronze in Gestalt eines liegenden S, dessen Enden in Vogel- 
köpfe mit Almadin-Augen auslaufen und dessen Fläche geometrisches 
Örnament in Dreiecksformen kerbschnittartig eingeschnitten zeigt, und die 
Deckplatte einer bronzenen Fibula mit eingeschnittenem Kreuz, dessen 
gleichlange Arme fischschwanzähnlich verbreitert sind. 


Mittelalterliche Alterthümer. 

Zur Erwerbung von Arbeiten aus der Zeit des romanischen und des 
gothischen Stiles boten sich im verflossenen Jahr leider nur wenige Gelegen- 
heiten. Angekauft wurde eine mit mehrfarbigem Grubenschmelz geschmückte, 
vergoldete Kupferplatte, die einst als Heiligenschein hinter dem Haupte 
einer der Bischofs- oder Märtyrer-Figuren am Reliquienschrem des heiligen 
Anno zu Siegburg angebracht war. Am 29. April 1183 sind die Gebeine des 
Heiligen, Gründers der Abtei Sieeburg, in diesem Schrein niedergelegt 
worden, der eines der schönsten Werke rhemischer Goldschmiedekunst des 
romanischen Stiles war, aber nach vielfachen Beraubungen nur als Ruine 
uns überliefert ist. 

öinem ungenannten Freunde des Museums, demselben, der uns die an 
anderer Stelle erwähnten Ohmacht’schen Sculpturen geschenkt hat, ver- 
danken wir ein plastisches Werk vom Ausgange des gothischen Stiles, ein 
Thonrelief, das, wenn auch nicht bezeichnet, so doch wegen seiner augen- 
fälligen Verwandtschaft mit namentlich. bezeichneten Thonreliefs des 
Judocus Vredis als ein Werk dieses m der ersten Hälfte des 
16. Jahrhunderts im Kartäuserkloster zu Wedderen bei Dülmen in 
Westfalen thätigen mönchischen Künstlers anzusprechen und als solches 
auch von Dr. Albert Wormstall in seinem diesen Künstler und die Kunst- 
thätigkeit im Wedderen Kloster behandelnden Werke (Münster i. W., Verlag 
von H. Schöningh) beschrieben und abgebildet worden ist. Herr Dr. Wormstall, 
unser Hülfsarbeiter im verflossenen Jahre, erinnert in diesem Buche 
daran, dass die im Jahre 1879 zu Münster in Westfalen veranstaltete 
Ausstellung westfälischer Alterthümer zwei so gut wie verschollene west- 
fälische Künstler wieder zu Ehren gebracht habe, den Goldschmied 
Antonius Eisenhoit und den Thonbildner Judocus Vredis. Damals waren 
drei Thonreliefs dieses Künstlers ausgestellt; weitere wurden allmählich 
entdeckt, und den Forschungen Dr. Wormstalls ist die Auffindung etlicher, 


Ankäufe und Schenkungen ı. J. 1806. SON 


bis dahin unbekannter Arbeiten des Judocus und die Bekanntgabe wichtiger 
urkundlicher Nachweise über sein Leben und Wirken zu danken. Danach 
stammt Judocus Pelsers genannt Judocus Vredis, zu Deutsch Jost van 
Vreden aus der Stadt Vreden im Regierungsbezirk Münster i. W. 
Geboren zwischen 1470 und 1480, leste er um das Jahr 1500 
im Kloster zu Wedderen, dem eimzigen Kloster der Kartäuser-Regel in 
Westfalen, die Ordensgelübde ab, wurde Prokurator, Vikarius, schliesslich 
im Jahre 1531 Prior, welches Amt er bis zu seinem Tode im Jahre 1540 
versah. Die Hauptthätiekeit der Kartäusermönche ausserhalb der dem 
Gebet und der Ascese gewidmeten Stunden bestand in der Zubereitung 
von Pergament, dem Abschreiben, Illummiren und Einbinden von Büchern. 
Nicht ausgeschlossen war aber die Uebung anderer Künste, die um so 
mehr in den Vordergrund treten mussten, je mehr das Bücherschreiben 
durch die Ausbreitung der Druckerkunst verdrängt wurde. Die Anfertigung 
von Andachtsbildern aus Thon, Gips oder Wachs wird geradezu als 
Kartäuser Brauch erwähnt. Dass auch in Wedderen solcher Brauch 
geübt wurde, ist urkundlich nicht nachgewiesen; die überlieferten Werke 
zeugen aber dafür. Von solchen, mit dem in den noch weichen Thon 
gestempelten Namen des Judocus Vredis versehenen Werken weist Wormstall 
vier Reliefs nach, die Gruppen darstellen: Maria mit dem Jesuskinde, 
Anna selbdritt, die Dreifaltigkeit; weiter sieben Reliefs mit Einzelfiguren, 
sämmtlich weiblichen Heiligen. Von unbezeichneten Werken gleicher Art 
sechs Reliefs, darunter das inzwischen von dem Hamburgischen Museum 
erworbene. Es stellt Maria dar, die unter einem flachen Baldachin auf 
einer Console steht und auf dem rechten Arm das Jesukind trägt, dem 
sie mit der Linken einen Apfel reicht. Die Figur ist in anmuthiger 
Haltung vorzüglich ausgeführt und gleicht im Faltenwurf der Gewänder 
schlagend der hl. Margarethe auf einem der bezeichneten Reliefs. Vor 
nicht langer Zeit befand sich unser Relief noch als Heiligenbild, dick mit 
Theer überstrichen, an einer Barke im adriatischen Meer bei Ancona. 
Wie bei den anderen Reliefs des Judocus ist die Hohlform zu dem 
unserigen über einem Thonmodell genommen. Der Thon unterscheidet 
sich durch eine etwas röthliche Färbung von der Masse der anderen 
Reliefs. Spuren der ursprünglichen Bemalung, in der wir uns alle diese 
Reliefs zu denken haben, sind nicht mehr vorhanden. 


Alterthümer des 16. und 17. Jahrhunderts. 

Was unseren Sammlungen im verflossenen Jahr von Erzeugnissen der 
Renaissance des 16. — 17. Jahrhunderts hinzugekommen, gehört haupt- 
sächlich den Abtheilungen der Möbel- und Holzschnitzarbeiten, sowie 
der Glas- und Kristallgefässe an, deren schon in besonderen Abschnitten 
gedacht ist. 

[x 


TIXKKUV Museum für Kunst und Gewerbe. 


Alterthümer des 18. Jahrhunderts. 
Das 18. Jahrhundert ist unter den Erwerbungen des Vorjahres, abgesehen 
von den schon an anderer Stelle besprochenen Fayencen und Porzellanen, 
vorwiegend durch Metallarbeiten vertreten. 


Wandleuchter aus vergoldeter Bronze, Französische Arbeit der Mitte des 18, Jahrhundeıts. 


Ist der Rococo-Stil seinem eigensten Wesen nach ein aus der plastischen 
Kunst geborener Stil, so sind auch seine reizvollsten Werke auf diesem 
Al . ry. . . . . .. = 
Gebiet zu suchen. Nirgend erscheinen die ihm eigenen Vorzüge lebendiger 


Ankäufe und Schenkungen 1. J. 1896. EXXXV 


verwirklicht als in den metallenen Geräthen und Gefässen und im dem 
Metallbeschlag der Möbel. Die schwungvolle Ausgestaltung des Rococo- 
ÖOrnaments vereinigt sich in den Goldbronzen mit emer Vollendung der 
technischen Durchführung, welche die besten, unter den französischen Arbeiten 
zu suchenden Erzeugnisse dieses Stiles zu grossen Kostbarkeiten des 
Antiquitätenhandels erhebt. Diese zu erwerben fällt den Museen um so 
schwerer, als es sich meistens um Gegenstände handelt, die nicht nur für 
den Sammler Werth haben, sondern auch in der Ausstattung eines reichen 
Hauses ihren Platz behaupten. Das Museum hat daher bis jetzt nur wenige 
Bronzen dieser Art erwerben können. 

Um so wichtiger ist die Schenkung eines Paares solcher Wandleuchter 
durch Herrn Generalconsul Zduard Behrens. Unverkennbar französische 
Arbeiten der besten Zeit des Stiles Louis XV., sind diese Leuchter, wie 
die Abbildung zeigt, frei von jenen Wucherungen des Muschelwerkes, die 
das deutsche Rococo so oft ungeniessbar machen und auch dem französischen 
nicht fremd sind. Die Arme sind von vegetabiler Bildung, ohne dass 
Anklänge an bestimmte Pflanzen hervortreten; mit weich geschlängeltem, 
doch elastischem Schwung heben sie die Kelche empor, denen die Düllen 
für die Kerzen entwachsen. Technisch meisterhaft durchgeführt ist der 
Wechsel der polirten Kehlungen mit den durch Punzung und Ciselirung 
mattirten Theilen. Metallische Schärfe im Eimzelnen verbindet sich mit 
weicher Formengebung im Ganzen. 

Die Sammlung der wissenschaftlichen Instrumente, deren 
Begründung wir der Frau @. L. Gaiser Wwe. verdanken, ist i. J. 1896 um 
ein werthvolles Instrument, wieder ein Geschenk dieser Dame, bereichert 
worden. Es ist, wie die eingravirte Inschrift „Solare Horologium aequi- 
noctiale. Ad quamlib. elev. nem poli. Melch. Weltin fecit. Viennae 1744“ 
besagt, eine für jede beliebige geographische Breite einstellbare äquatoreale 
Sonnenuhr und ein Werk des Wieners Melchior Weltin. Auf profiliertem 
Sockel sind zwei Träger befestigt, an denen in Scharnieren beweglich eine 
quadratische Platte angebracht ist, die das silberne, fein gravirte Ziffer- 
blatt trägt. Dazu gehört ein Diopter- Aufsatz, der zur bequemen Ver- 
packung abnehmbar ist, und eine Bussole in einer Schublade des Sockels. 
Auch das ursprüngliche Ledergehäuse ist erhalten. Wie die meisten wissen- 
schaftlichen Instrumente aus alter Zeit, ist auch dieses durch Gravirungen 
reich verziert. Die Ornamente stehen, obwohl das Rococo deutlich hervor- 
tritt, noch unter dem: Einfluss des diesem voraufgehenden Laub- und 
Bandelwerkstiles, dessen symmetrische Bandverschlingungen noch nicht von 
der Unsymmetrie des Muschelwerkes verdrängt sind. 

Die im Jahre 1594 begründete und in unserem Führer S. 200 ff. 
beschriebene Sammlung jüdischer Kultgeräthe ist im Jahre 1896 
durch zwei werthvolle Geschenke vermehrt worden, Herrn Moritz 


LXRXVI Museum für Kunst und Gewerbe. 


Warburg verdanken wir eine jener zinnernen Seder-Schüsseln, die an den 
ersten beiden Abenden des Passahfestes zur Aufnahme von Kuchen, 
Kräutern u. a. gebraucht werden. Die im Jahre 1776 gefertigte Arbeit 
ist, wie die Abbildung zeigt, ausgezeichnet durch reiches fein gravirtes 
ÖOrnament und Borden mit beziehungsvollen hebräischen Inschriften. Von 


Gravirte Zinnschüssel zum Gebrauch als Sederschüssel beim jüdischen Passahfeste. 
Deutsche Arbeit v. 1776. 4, nat. Gr. 


den letzteren besagt die in der Mitte der Schüssel angebrachte: „Je mehr 
einer erzählt von dem Auszuge aus Aegypten, desto lobens- 
werther (ist er).“ Die Inschrift am Rande bezieht sich auf die Ceremonien 
am Sederabend; sie lautet: Kadesch (Einschenken des Bechers), Urchaz 
(Händewaschen des Hausherrn), Karpasz (Genuss der Petersilie), Jachaz 


s 


Ankäufe und Schenkungen i. J. 1896, LUXXXVO 
(Zertheilen der mittelsten Mazoh, ungesäuerten Brotes), Magid (Erzählung 
vom Auszuge aus Aegypten), Rochzoh (Händewaschen der Theilnehmer), 
Hallel (Absingen des Lobliedes), Mazi Mazoh (Gebet über den ungesäuerten 
Broten), Morahr (Genuss des Meerrettichs), Kaurech (Zusammenthun von 
Mazoh und Morahr), Schulchan Aurech (Abendbrot), Zofan (Genuss der 
aufbewahrten Mazoh), Borech (Gebet nach dem Abendbrot), Nirzoh (Schluss). 
Das zweite Stück, eine Gabe des Herm Gustav Plaut, ist eine aus 
Silberfiligran gearbeitete Bessomin-Lade, das ist eine Riechbüchse, die 
beim Segensspruch am Ausgange des Sabbats gebraucht wird. Auf einem 
Fuss erhebt sich ein sechseckiger, dreigeschossiger Turm, der im Innern 
mit kleinen vergoldeten Glocken und oben mit einem Zwiebeldach versehen 
ist. Auf einer Balustrade, die das Untergeschoss umgiebt, stehen kleme 
vergoldete Musikantenfiguren, am zweiten Geschoss sind vergoldete Fähnchen 
angebracht. Die Bekrönung besteht aus eimer Filigrankugel, die eine 
vergoldete Wetterfahne in Form eines Hirsches trägt und auf deren 
oberstem Knopf eine kleine wappenhaltende Figur steht. Eine hebräische 
Inschrift auf dem Wappenschild bedeutet: „Und es sollin diesem Hause 
gehört werden die Stimme der Wonne und der Freude“. 
An der Wetterfahne bemerkt man das Münzzeichen der Stadt Prag (ein B) 
und daneben den österreichischen Freistempel (Repunze) v. J. 1809, woraus sich 
ergiebt, dass dieses Werthstück zu jener Zeit von der Einlieferung an den 
Fiscus befreit worden ist, weil seine Besitzer durch Leistung der gesetzlichen 
Abgabe das geschätzte Cultgeräth vor der Einschmelzung bewahrten. 
Endlich sind noch zwei kleime plastische Werke hervorzuheben, Alabaster- 
seulpturen von Landolin Ohmacht, der, ein Württemberger von Geburt 
und Schüler des Bildhauers Melchior in Frankenthal, um die Mitte der 
neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts in Hamburg arbeitete. Als einer 
der letzten Vertreter der Kleinseulptur in Stem hat er hier eine grosse Anzahl 
von Bildnissen hamburgischer Damen und angesehener Männer geschaffen. 
Wen unsere beiden, aus altem hamburgischem Privatbesitz stammenden 
Bildnisse vorstellen, wissen wir nicht. Für das fast vollrund in einem 
konkaven Oval ausgeführte Brustbild eines älteren bartlosen Mannes im 
drei Viertel Profil, mit leicht gelocktem, unfrisiertem Haar, offener Hemd- 
krause und faltigem, über die Weste geworfenem Mantel, hat sich kein 
Anhalt ergeben. Für das in flachem Relief ausgeführte Profilbildniss eines 
Mannes mittleren Alters mit Zopffrisur, im Ueberrock mit hohem Kragen, 
wird vermuthet, dass der 1751 geborene, 1789 zum Senator erwählte, 1817 
gestorbene Dr. Joh. Schulte dargestellt sei. Schon länger besitzt das Museum 
ein Biseuit-Medaillon der Meissener Porzellan-Manufactur, das offenbar nach 
diesem Original Ohmachts geformt ist. Wir verdanken diese wichtigen 
Sculpturen einem ungenannten Gönner, Herm L., der sich vorzugsweise 
für die .Förderung unserer Sammlung von Kleinsculpturen interessirt. 


LXXXVIUI Museum für Kunst und Gewerbe. 


Europäisches aus unserer Zeit. 


Obenan unter den Ankäufen von Arbeiten unserer Zeit steht ein 
plastisches Werk jenes Jean Carries, der nach meteorgleichem Auf- 
leuchten in der französischen Kunst durch einen frühen Tod i. J. 1894 
hingerafft worden ist. Von seinem Leben und seinen Werken hat ein von 
Arsene Alexandre unter dem Titel „Jean Carries — imagier et potier — 
etude d’une oeuvre et d’une vie“ bald nach des Künstlers Ableben 
herausgegebenes Werk Kunde gegeben. Die Museen Frankreichs enthalten 
nur wenige seiner Arbeiten; eine grosse Zahl plastischer Werke und 
Gefässe aus emaillirtem Steinzeug befindet sich im Besitz seines Freundes 
Georges Hoentschel, der dem Künstler und Freunde das schönste Denkmal 
zu errichten beabsichtigt, indem er seine vornehmsten Werke in einem der 
Pariser Museen vereinigen will. Herrn Hoentschel, dem bekannt war, 
dass das Hamburgische Museum schon ein Werk von Carries, sein Eigen- 
bildniss, zu des Künstlers Lebzeiten von diesem selbst erworben hatte, 
verdanken wir das zweite, nach seinem Tode erworbene Werk, den 
schlafenden Säugling, von dem sich zwei Ausformungen in der Sammlung 
Hoentschels befanden; dazu noch einige Gefässe mit matten, sammet- 
weichen Schmelzglasuren, in gebrochenen grauen und braunen Tönen, bei 
dem Hauptstück belebt durch weissen, von Goldadern durchzogenem 
Schmelzüberguss. 

Was Carries wollte und konnte, war bis zu wenigen Jahren vor 
seinem Tode nur einem engen Kreise Eingeweihter offenbar geworden. 
Als Sohn eines kleinen Schusters in Lyon am 15. Februar 1855 geboren 
und früh verwaist, wurde er durch die Fürsorge einer barmherzigen Schwester 
einem Waisenhaus übergeben, aus dem er in seinem 13. Jahre bei einem 
Bildhauer und Verfertiger von Andachtsbildern in die Lehre trat. Dem 
unabhängigen Schaffensdrang des Knaben sagte diese geistlose Arbeit nicht 
zu; er hielt jedoch drei bis vier Jahre aus, um dann, unterstützt durch 
die barmherzige Schwester, in einem armseligen Stadtviertel eine ärmliche 
Stube zu beziehen, in der er frei war, zu träumen und der Ausführung 
von Bildnissen sich hinzugeben, die bei ihm durch seine Fürsprecherin 
bestellt wurden. Mit wenigen Franken in der Tasche wanderte er neun- 
zehn Jahre alt nach Paris, ward als Schüler in ein Bildhauer-Atelier der 
Kunstschule aufgenommen — bestand aber nicht im den eigentlichen Auf- 
nahmeprüfungen. Unter den grössten Entbehrungen arbeitete er nun in 
einem Atelier zu 14 frs. monatlicher Miethe ganz allen an seiner Aus- 
bildung. Bettler und Ausgestossene, wie sie in der Nähe seiner Behausung 
sich umhertrieben und um ein Geringes zu haben waren, dienten ihm als 
Modelle zu Studien, aus denen später seine Büsten der Enterbten und 
Trostlosen erwuchsen, 


® 


Ankäufe und Schenkungen i. J. 1896. LAXXIX 


Diesem Leben wurde er entrissen, als seine Beschützerin ihn an das 
Todtenbett seiner Schwester rief, damit er deren Züge im Bilde festhalte. 
Mit diesem ergreifenden Werke trat Carries in einer Ausstellung der Lyoner 
Kunstfreunde zuerst an die Oeffentlichkeit. Eben konnte er noch den 
Auftrag der Büste des in Rom ermordeten Malers Allard ausführen, dann 
musste er i. J. 1876 semer Heerespflicht genügen. Nach zweijährigem 
Dienst auf die Fürsprache seiner Gönner beurlaubt, nahm er seine Studien 


in Paris wieder auf. 
Da es ihm an Mitteln fehlte, seine Modelle in Marmor oder Erz aus- 
zuführen, suchte er seine Gipsbüsten farbig zu bemalen und beschritt damit 


„Schlafender Säugling“ von Jean ‚Carries, M 
aus matt emaillirtem hartem Thon. Das Original in Lebensgvösse. 


einen Weg, auf dem er später zu den wundervollen Patinen seiner Bronzen 
und endlich gegen Ende seines Lebens zu den matten Schmelzglasuren auf 
hart gebranntem Thon gelangte. Nur ausnahmsweise erhob er sich zu 
grösseren Werken; seine Büsten und Masken wusste er aber ın einer Weise 
zu beleben, die ihm einen Ehrenplatz unter seinen Zeitgenossen sichert. 
Eindrücke seiner Jugend durchzittern sie, mag er jene Ausgestossenen der 
Gesellschaft zu Typen ausgestalten oder die wehmuthvollen Erinnerungen 
an seine Schwester in anmuthigen, doch ernst beseelten Mädchenbildern 


wiedererwecken. Büsten von Zeitgenossen, die er nach dem Leben entwarf, 


>UE Museum für Kunst und Gewerbe. 


aber stets aus der Erinnerung zu Kunstwerken durchbildete, geträumte 
Bildnisse benannter und unbenannter Persönlichkeiten, denen seine Phantasie 
seelenvolles Leben lieh; Kinderbildnisse und ideale Kinderfiguren, u. a. 
das hier und auch 8.81 im Buche Alexandres abgebildete „Bebe endormi“ ; 
erotteske Masken, in denen Erinnerungen bald an Fratzengebilde aus 
eothischen Kirchen der Stätten, wo er seine Jugend verlebte, bald an jene 
ausdrucksvollen Masken des alten japanischen Theaters, die er in Pariser 
Sammlungen sah, in neuer Belebung auftauchen, vervollständigen sein 
Werk. Wenn er auch dann und wann in den Ausstellungen der Pariser 
Salons erschien, blieb er im Ganzen ziemlich unbemerkt. Erst das 
Jahr 1892 brachte ihm durchschlagenden Erfolg im Champ de Mars, dem 
Neuling sofort die Ehrenlegion und die Bewunderung der Bildhauer und 
Kunsttöpfer, denn ausser mit eimigen seiner schönsten, von Bingen schon 
früher gegossenen Bronzen trat er als ein keramischer Künstler auf, wie 
ihn Frankreich damals nicht besass. 

Nur vier Jahre vor: diesem Triumph hatte Carries mit der Feuer- 
arbeit begonnen. Sein Biograph nennt diesen Abschnitt seines Schaffens 
„un long et admirable suieide“. Mit fieberhaftem Eifer widmete der 
Künstler sich den Versuchen in einer ihm bis dahin fremden Tecknik. 
Angerest durch japanische Töpferarbeiten, die er 1878 in der Welt- 
ausstellung gesehen und später in einigen Sammlungen, S. Bing’s vor 
Anderen, wiedergefunden hatte, fand er keine Ruhe, bis ihm gelungen war, 
ähnliche Glasuren auf hartgebranntem Scherben hervorzurufen. Ohne chemische 
Analysen, nur durch unermüdliche Versuche und geleitet von seinem 
künstlerischen Instinet erreichte er das Ziel. 

Soweit gelangt, strebte er, an einem monumentalen Werk zu zeigen, 
wozu seine Kunst im Bunde mit der neuen Technik berufen sei. Ein 
Auftrag der Prinzessin von Scey-Montbeliard, geborenen Winaretta Singer 
sollte ihm dazu Gelegenheit geben. Es handelte sich um ein Schlossthor, 
zu dem sein Freund Grasset, der bekannte Plakatkünstler und Illustrator, 
einen phantastischen Entwurf gezeichnet hatte. Aus dem erhaltenen Modell 
und einzemen ausgeführten Stücken können wir uns em Bild machen von 
diesem Gewimmel von Köpfen, in denen Erinnerungen gothischer Miseri- 
cordien und japanischer No-Tanzmasken als Füllungen mittelalterlicher 
Bauformen uns anlachen, grinsen, glotzen und fauchen, während über allem 
Ungeheuerlichen unter dem Baldachin inmitten des Kielbogens ein graciöses 
Ritterfräulein uns empfängt. Carries sollte dies Werk nicht vollenden; im 
Kampf mit den technischen Schwierigkeiten wurde er von dem Brustleiden 
gepackt, das schon seine Eltern und Schwester hingerafft hatte. 

Ein Jahr vorher war der Direktor des Hamburgischen Museums mit 
dem Künstler in dem gastlichen Hause des Japan-Sammlers Herrn Bing 
in Paris zusammengetrofien. Eine wiederholte Begegnung im Hause des 


Ankäufe und Schenkungen i. J, 1896, Xel 


Herrn Hoentschel, dessen 
Mitbewohner Carries war, 
führte zur Erwerbung der ım 
Jahresbericht für 1893 schon 
erwähnten Gegenstände. Die 
Uebersendung derselben be- 
gleitete der Künstler mit 
einem Schreiben, das wir 
hier nachträglich abdrucken, 
weil es für seine Art, nicht 
nur Formen und Farben der 
Dinge zu sehen, sondern diese 
gleichsam mit den Augen zu 
betasten, bezeichnend ist. 
Auch hierin war er, vielleicht 
ohne es zu ahnen, ein Geistes- 
verwandter der Japaner, bei 
denen der Tastsinn anders 
als bei uns Kunstgenüsse ver- 
mitteln hilft. Carries gab in 
der ihm eigenen lapidaren 
Schrift damals folgende Er- 
läuterungen zu den Gegen- 
ständen: 


Maske von Jean Carriös — Eigenbildniss des Künstlers _ 
„vu en d&cor‘ aus matt emaillirtem hartem Thon. 
Original in Lebensgrösse. 


„ -. Un masque de 
gres emaille representant le 
portrait de l’auteur ‚Jean Carries‘ vu en decor; ce masque est unique et 
precieux, precieux en ceci quil est la piece la plus ancienne de mes 
emaux mats.“ „... Un bol ayant l’aspect d’une petite marmite sans 
anses, ayant aussi l’aspeet d’un bois sombre et caressant au toucher:* 
3. » » Une gourde de ton verdätre, d’aspect pulpeux aux contours fruites.“ 

Er schloss seinen Brief mit den Worten: 

„Je veux vous dire en terminant — monsieur le Directeur — combien 
je suis heureux que grace ä vous ces objets aillent echouer dans un des 
musees de la patrie d’Holbein et de l’inoubliable Albert Durer. 

Jean Carries 
Potier et statuaire.“ 

Eine Einladung, ihn inmitten seiner Bauern in der Werkstatt zu 
Montriveau im Departement de la Nievre, wo er sich der Rohstoffe wegen 
angesiedelt hatte, zu besuchen, schloss sich an. Ehe ihr Folge gegeben 
werden konnte, war Carries tödtlich erkrankt; er liess sich nach Paris zu 
seinem Freunde Hoentschel bringen; bei ihm starb er am 1. Juli 1894. 


XCH Museum für Kunst und Gewerbe. 


Carries ist der bedeutendste Künstler gewesen auf dem Arbeitsfelde, 
dem er seine letzten Lebensjahre widmete. Er war aber nicht der erste und 
ist nicht der letzte geblieben unter den französischen Keramikern, die der 
von den Japanern empfangenen Anregung gefolet sind. Schon früher hat 
unser Museum Arbeiten dieser Richtung von Delaherche erworben. 
Hinzugekommen ist im vergangenen Jahr eine Urne von Dalpeyrat, deren 
matte, abfliessendeGlasur in blaugrünem, olivgrün geädertem Grunde dunkel- 
rothe Streifen zeigt; wie bei den meisten Werken Dalpeyrat’s ist aber der 
feine matte Glanz nicht unmittelbar durch die Wirkung des Feuers, sondern 
erst durch nachträgliches Schmirgem erreicht worden. Sehr fein in der 
Wirkung ist ein zweites Stück desselben Meisters, ein Geschenk des Herrn 
Bernh. Herschsprung in Kopenhagen. Es ist ein kugeliges Fläschchen, über 
dessen in zweierlei Grün gescheckte, mit blutrothen Tropfen besprengte glatte 
Unterglasur ein dicker Mantel graubrauner, lederartig genarbter Ueberglasur 
bis zur Schulter herabfliesst. — Von A. Bigot, ein Gefäss von gedrückter 
Kürbisform, dessen grünlichgraue, durch das Auskristallisiren gewisser Bestand- 
theile eigenartig gemusterte und genarbte Glasur von Bächen hellblauen 
glasigen Schmelzes durchflossen ist. — Von Clement Massier, der durch 
den Purpurlüster seiner als „Poterie du Golfe Juan“ in den Handel 
gebrachten Gefässe schon seit Jahren bekannt ist, ein Kümmchen, aus dessen 
blaugrau gewölkter Glasur Weinblätter und Trauben in rothem und violettem 
Lüster hervorleuchten. — Keiner dieser Keramiker tritt als Nachahmer eines 
Anderen auf. Unschwer lassen sich die Arbeiten jedes Einzelnen von ihnen 
auf ihren Urheber ansprechen, gewiss en Beweis für die Fruchtbarkeit dieses 
den Ueberlieferungen der Töpferkunst Europas fremd gebliebenen Gebietes. 

Diesen Franzosen schliessen sich zwei dänische Keramiker an. Berufs- 
mässig. seit Jahren auf diesem Gebiete beschäftigt hat sich der in dem 
Städtchen Nestved auf Seeland ansässige Hermann A. Kähler. In 
den Glasuren seiner Gefässe und Thierfiguren herrschen rothe und graue 
Töne vor. Die Ueberglasuren spielen von hellem Rosenroth zu tiefem 
Purpurroth oder lichtem Ziegelroth und wirken zum Theil noch als Lüster- 
farben mit metallischem Glanz. Die grauen, gross gekrackten Glasuren 
spielen vom Weiss des die Unterglasur bildenden Zinnschmelzes ins Dunkel- 
graue und Braune. Angekauft hat das Museum eine hohe, eiförmige Vase 
mit Doppelhenkeln in Gestalt markig stilisirter Geierköpfe, und eine niedrige 
weitmündige Vase, aus deren Nacken vier Schwanenhälse hervorwachsen, 
die mit den Schnäbeln ihre in Buckeln des Gefässes vorspringenden Brüste 
berühren. Mit Versuchen auf dem von Carries eingeschlagenen Wege ist der 
dänische, jetzt in Paris lebende Bildhauer N. Hansen-Jacobsen hervor- 
getreten. Als Geschenk dieses Künstlers besitzen wir eines seiner ersten 
Versuchsstücke, ein kürbisförmiges Gefäss mit mattglänzender, graubrauner, 
‚auhgestreifter Glasur, 


Ankäufe und Schenkungen i. J. 1896. XCHI 


Einige hervorragende Erzeugnisse der Porzellankunst unserer Zeit sind 
zu verzeichnen als Geschenke der Leiter der Fabriken, aus denen sie 
hervorgegangen sind. 

Herrn Harald Bing in Kopenhagen verdanken wir zwei Schmuckvasen, 
beredte Zeugnisse für den hohen künstlerischen Standpunkt, zu dem 
Bing & Grondahl’s Porzelain-Fabrik sich im Wettbewerb mit 
der unter Philipp Schou’s Direktion und Arnold Krogh’s künstlerischer 
Leitung so ruhmreich emporgediehenen Königlichen Porzellan-Manufactur 
zu Kopenhagen aufgeschwungen hat. Wie diese, hat auch die Bing & 
Grondahl’sche Manufactur nicht gleich beim Beginn ihrer Thätigkeit die 
neue Bahn einschlagen können, auf der sie jetzt als eine der wenigen 
europäischen Manufacturen dasteht, die in Fühlung mit der fortschrittlichen 
Strömung in den Künsten wahrhaft Neues und Schönes zu schaffen sich 
bestreben. Auch die Bing & Grondahl’sche Fabrik hat schon ihre Geschichte 
und ist durch wechselnde Stilwandlungen hindurchgegangen. Als sie vor 
44 Jahren ihre Arbeit begann, stand der Geschmack in der dänischen 
Hauptstadt noch ganz im Zeichen des ein Jahrzehnt vorher gestorbenen 
Thorwaldsen. Die Anregung zur Gründung der Manufactur gab ein hoch- 
begabter und energischer Arbeiter der Staatsfabrik, Frederik Grondahl, 
der i. J. 1853 zwei angesehene Kaufleute, die Gebrüder M. H. Bing 
(geb. 1807, gest. 1884) und J. H. Bing (geb. 1811, gest. 1896), Inhaber 
der Firma H. J. Bing & Sohn für seinen Plan zu gewinnen wusste, Schon 
wenige Jahre nachdem Grondahl den Betrieb eingerichtet hatte, wurde er 
dem Unternehmen durch den Tod entrissen. Seine kaufmännischen Theil- 
haber führten es weiter unter der künstlerischen Leitung des Landschafts- 
malers A. Juuel, eines Schülers des Professors G. F. Hetsch. Dieser 
hatte vom Anfang der dreissiger bis zum Ende der fünfziger Jahre das 
Kunstgewerbe in Dänemark beherrscht. Unter seinem Einfluss hatte der 
Empire-Stil dort einen Spätherbst durchlebt zu einer Zeit, wo überall sonst 
in Europa schon neue, aus dem Mittelalter und der Renaissance schöpfende 
Strömungen auftraten. Thorwaldsen war die Losung, seine in dem 
ihm allein gewidmeten Museum bewahrten Seulpturen, Statuen und Reliefs, 
wurden in geschickt verkleinerten Nachbildungen aus Porzellan-Biscuit 
vervielfältigt oder in gemmenartiger Darstellung auf Zier- und Gebrauchs- 
gefässe gemalt. 

Die Londoner Weltausstellung von 1862 eröffnete den Bing & Grondahl- 
schen Arbeiten dieser Richtung den Weltmarkt. Als i. J. 1868 nach Juuel’s 
Tod der Architekturmaler Heinrich Hansen als künstlerische Kraft 
eintrat, wurde im Anschluss an die in anderen Ländern zur Herrschaft 
drängende Renaissance eine neue Richtung eingeschlagen. In dieser errang 
die Manufactur auf der Wiener Weltausstellung von 1873 neue Erfolge. 
Im Jahre 1880 traten zwei Söhne des einen Inhabers, J. H. Bing’s, Ludwig 


XcV Museum für Kunst und Gewerbe. 


Bing (geb. 1847, gest. 1885) und Harald Bing (geb. 1848), nachdem 
sie schon längere Zeit Mitarbeiter des Vaters gewesen waren, als Theilhaber 
in die Firma ein. Diesen jungen Kräften folgte auch eine frische künstlerische 
Kraft in Pietro Krohn, dem jetzigen Director des Dänischen Kunst- 
industrie-Museums zu Kopenhagen. Ein begeisterter und feinfühliger 
Bewunderer der Kunst Japans, die damals den Europäern allmählich sich 
zu erschliessen begann, verliess Krohn die ausgetretenen Geleise, um auf 
Grund des Naturstudiums nicht den Japanern nachzuahmen, sondern 
selbständig Neues zu schaffen. In der Kopenhagener Industrie-Ausstellung 
d. J. 1888 trat die Firma mit dem Reiher-Service nach Krohn’s Entwürfen 
an die Oeffentlichkeit. Das Reiher-Motiv war hier sowohl in den plastischen 
Formen der Gefässe und Tafelaufsätze wie in der Decoration mit Blau- 
malerei folgerichtig mit Geschmack durchgeführt. Für die Pariser Welt- 
ausstellung von 1859 schuf Krohn in gleichem Geiste eine Anzahl zierlicher 
Gefässformen, zu denen Blumen, u. a. die Nareisse und die Seerose ihm 
die Motive dargeboten hatten. Unter seinem Beirath hat sich die 
Fabrik weiter entwickelt und in jüngster Zeit auch die Richtung ein- 
geschlagen, auf der ihr die königliche Manufactur in der Behandlung 
der Blau- und Scharffeuermalerei mit dem glänzendsten, sogar in Paris 
bewunderten Erfolg vorausgegangen war. Unabhängig von einander 
streben beide Fabriken, mit eigenen künstlerischen Kräften originale 
künstlerische Entwürfe in technischer Vollendung auszuführen. Beiden 
gemeinsam ist, nachdem die anfänglichen Schwankungen überwunden 
sind, der glückliche Grundzug, dass ihre Maler von den Japanern viel 
gelernt haben und doch ihrem ganzen Wesen nach dänische Künstler 
geblieben sind. Nicht fremdländische Gewächse und Thiere oder exotische 
Landschaften drängen sich uns auf; zu uns spricht die Natur des dänischen 
Landes mit seinen buchenbeschatteten Strandhügeln, den birkenbestandenen 
Mooren und Haiden, den stillen Waldseen, der gewaltigen Brandung an 
den Nordmeerküsten und den sanfteren Fluthen der Ostseebuchten. Alles 
das wird nicht veduten-artig kleinlich wiedergegeben, sondern in einem 
kräftigen Decorationsstil, der das Wesen der Landschaft und der Natur- 
erscheinungen und -die Stimmungen in ihnen packend ausdrückt. Die 
Nordlands-Natur spricht zu uns mit den Reizen der Schneelandschaft, das 
nordische Meer mit seinem Wogengebraus und Wolkengewoge. Dazu dann 
die Thiere, die Land und Wasser dort beleben, von den Dammhirschen 
der Buchenwälder und den Schafheerden der Haiden zu den weissen 
Möven über den Wellen, den geisterhaft unter ihnen durch die Fluth 
schwebenden Quallen. Und ebenso die Pflanzenwelt, wie das dänische 
Land sie uns bietet, von den grossblüthigen Stauden des gepflegten 
Blumen-Gartens zu den Schwertlilien und Seerosen der stehenden 
Gewässer, den Alpenpflänzlein der Moore, den Tangen und Algen des 


Ankäufe und Schenkungen ı. J. 1806. XCV 


Salzwassers. Auch hier hat 
neue Kunst die Porzellan- 
malerei befreit von jener zu 
Unrecht vielbewunderten Art 
des Flora danica-Services aus 
der Blüthezeit der Kopen- 
hagener Porzellan-Manu- 
factur im 18. Jahrhundert. 
Nicht mehr botanische Ab- 
bildungen bietetunsder Maler, 
ebensowenig schematisch sti- 


lisirte, in ein mathematisches 
Liniensystem gezwängte Zier- 
formen. Er strebt vor Allem, 
den natürlichen Wuchs der 
Pflanzen, den Habitus, auf 
denen ihr Charakter beruht, 
zu decorativem Ausdruck zu 
erheben und den Flächen 
und Formen der zu schmück- 
enden (refässe anzuschmiesen. 
Die Darstellung der Menschen- 
gestalt tritt noch zurück; 
wenn sie erscheint, ist es öfter 
in einer märchenhaften oder 
symbolistischen Auffassung, 
als der Wiedergabe des realen 
Alltagslebens zu Lieb. 

Auf dem Boden solcher 
Kunstanschauungen wett- 
eifern heute beide dänischen 
Porzellan-Manufacturen um 
den Vorrang und die Aner- 
kennung auf dem Weltmarkt. 


Unter den künstlerischen Vase von Porzellan; in blauem, abgetöntem 
= 2 2 Grund Mohnstauden mit graugrünen Blättern 
Mitarbeitern der ° Firma und weissen Blumen. Kopenhagen. Fabrik 


von Bing & Grondahl. Höhe 36 cm, 


Bing & Grondahl sind 
vor Anderen F. A. Hallin und die Damen Fräulein Garde und Effie 
Hegermann-Lindenerone zu nennen. Nach den Entwürfen der letzt- 
genannten Dame von ihr selber bemalt sind die beiden Gefässe, von denen 
das grössere hier abgebildet ist. Das kleinere, ein Deckelväschen in 
Birnform, zeigt auf zart fleischfarbenem Grunde wachsende weisse Federnelken. 


NevI Museum für Kunst und Gewerbe. 


Als ein sehr erfreulicher Zuwachs ist weiter eine Anzahl erlesener 
Erzeugnisse der Königlich Sächsischen Porzellan-Manufactur zu 
Meissen zu verzeichnen, ein Geschenk der Admmistration dieser Anstalt 
durch ihren Director, den Oberbergrath Herrn Brunnemann. 

Hervorzuheben sind drei ausgezeichnete Beispiele der Pasten-Malerei 
(päte sur päte). Auf der Wiener Weltausstellung von 1873 erregten die 
von M. Solon für Minton’s in Stoke upon Trent ausgeführten Pinselreliefs 
auf englischem Weichporzellan berechtigtes Aufsehen; ein schöner, von 
Solon decorirter Teller wurde schon damals für das künftige Gewerbe- 
museum Hamburgs erworben. Später haben sich andere Manufacturen 
der neuen Kunsttechnik zugewandt und so auch Meissen, das vorher 
ähnliche decorative Wirkungen durch eine an die Limousiner Schmelz- 
malereien des 16. Jahrhunderts erimnernde Malerei in aufgesetztem Weiss 
auf dunkelfarbig glasirtem Grund erzielt hatte. Inzwischen sind die in 
Meissen beschäftigten Künstler zu vollkommener Beherrschung der Pasten- 
Malerei auf Hartporzellan vorgeschritten. Vertreten ist diese Technik nunmehr 
bei uns durch eine lilagrau glasirte Vase mit dem weissen Relief eines jungen 
Mädchens, das dem Liebesgott seinen Köcher und Bogen entwendet hat; durch 
ein gelbglasirtes Döschen, auf dessen Deckel ein behelmtes Frauenhaupt in 
zart grauem Grunde dargestellt ist; durch ein Riechfläschehen, das auf 
blaugrünem Grunde mehrfarbige erhabene, mit Gold umrissene Ornamente 
und in ausgesparten, mit Reliefgold eingefassten Feldern Frauenköpfe in 
Relief auf lilagrauem Grunde zeigt. Ferner eine Kuchenschale, im Spiegel 
fein bemalt nach einem Gemälde Boucher’s mit den Grazien, die, auf 
Wolkenbetten gelagert, Amor bekränzen, und auf dem Rande mit Blumen- 
gruppen in Rococo-Einfassungen mit Reliefvergoldung. Eine Theebüchse 
mit Watteau-Figuren und Blumen in jenem femen irisirenden Grün, dessen 
Herstellung aus Kupferoxyd lange Zeit für verloren gegolten hat, aber 
neuerdings wieder in alter Vollendung gelungen ist. — Von plastischen Arbeiten 
eine lebensvolle Büste des Fürsten Bismarck im Bisquit-Porzellan, und einige 
bemalte Figuren, dabei eine Gruppe „Die ideale Liebe“ nach dem Modell 
des Pariser Bildhauers Deloye. 


Hier ist auch einiger Glasgefässe zu gedenken, in denen das Streben 
nach Befreiung von dem Zwang der historisch festgelegten Zierformen an- 
muthenden Ausdruck gefunden hat. Karl Köpping, der Meister der 
Radirnadel, hat seinen vor der Lampe gearbeiteten Gläsern Naturformen, 
Blüthenkelche an beblätterten schlanken Stengeln zu Grunde gelegt. Ohne 
bestimmte Pflanzen wiederzugeben, entfalten diese Schmuckgläser ein reizvoll 
freies vegetabiles Leben, das keiner der Nachahmer Köpping’s seinen Arbeiten 
zu verleihen gewusst hat. Ein besonders schönes Glas des Meisters ist 
als Geschenk der Frau Adele Baumann zu verzeichnen. 


Ankäufe und Schenkungen i. J. 1896. xXCVvil 


Kozuka. Heft eines japanischen Messers, aus schwarzem Shakudo mit 
dem Fujiyama in farbigem Zellenschmelz-Relief. Bez. Hirata Donin. Nat. Gr. 


Japanische Metall- und Töpferarbeiten. 

Die Sammlung der japanischen Schwertzierathen wurde im verflossenen 
Jahr von Grund aus neu geordnet. Während des Jahrzehnts, seitdem sie 
als ein Orbis pietus japanischer Natur und Kunst zusammen gestellt worden, 
waren viele Stücke hinzugekommen, die zur Ausfüllung der in jenem Plan 
noch verbliebenen Lücken bestimmt waren. Diese sind nunmehr an 
gehörigem Orte eingeschaltet. Zugleich ist unter der Beihülfe des Herrn 
Hara das über 1500 Nummern umfassende Inventar dieser Abtheilung neu 
bearbeitet worden. 

Unter den i. J. 1596 erworbenen Tsuba, Stichblättern japanischer 
Schwerter, befinden sich mehrere von hervorragender Schönheit. Ein 
Hauptstück ist ein früher in einer der ersten Pariser Sammlungen bewahrtes 
altes Stichblatt von der Hand des Semposai, das auf der einen Seite 
in einem Grunde von gelber Bronze eine Riesenkröte zeigt. Aus dem 
dunklen, in rostigem Eisen mit stellenweis abgeblättertem Silberbelag 
ausgeführten Körper des T'hieres glimmern seme grossen goldenen Glotzaugen 
mit schwarzer Pupille unheimlich hervor. Auf der anderen Seite ist mit 
dem Spiegel der Mondsichel in silbernen Wasserlinien die Oertlichkeit in 
jener künstlerisch suggestivenWeise angedeutet, in der die Japaner Meister sind. 

Ein zweites Stichblatt, das früher zu den Zierden der Sammlung Burty 
gehörte und in Gonse’s „l’Art japonais“, II., S. 158, abgebildet ist, zeichnet 
sich ebenso sehr durch die unübertreffliche Handhabung des Eisenschnittes, 
wie durch die lebensvolle Darstellung eines Adlers aus, der einen Affen 
vor seiner Felshöhle gepackt hat; es ist ein Werk des Kawaji Tomomich; 
zu Hagi, der Hauptstadt der Provinz Nagato. In demselben Werke auf 
S. 159 befindet sich die Abbildung eines prächtigen Stichblattes von der 
Hand des Toshiyoshi, um das Herr Simon Löwenstein, dem unsere 
Sammlung schon bei ihrer Begründung werthvolle Gaben verdankte, sie 
neuerdings bereichert hat. Es zeigt auf einem Grunde von fein gekörntem 
schwarzen Shakudo in hohem Relief aus Gold, Silber, Shibuichi und Kupfer 
einerseits vier, anderseits drei Masken, wie sie bei den Pantomimen der 
feierlichen No-Tänze getragen werden. 

Ein viertes Stichblatt, das wir Herın A. H. Wappäus verdanken, 
der ebenfalls zu den Begründern dieser Sammlung gehört, zeigt in kräftigem 

[3 


XCVII Museum für Kunst und Gewerbe. 


Relief aus Gold und grauem Shibuichi auf Eisengrund eine über zerzausten 
Schilfhalmen fliegende grosse Libelle. Bezeichnet ist dieses schöne Stück 
als Werk des Hoyen Kazutomo. Es stammt, wie die Mehrzahl der in 
diesem Zusammenhang erwähnten Schwertzierathen aus einer der alten 
Pariser Sammlungen. Ein fünftes Stichblatt, em Werk des Yoshitoshi, 
ist ganz aus Silber gearbeitet; beiderseits ist es im flachem Relief mit 
wogenden Wellen bedeckt, aus denen goldene Tropfen aufspritzen. 

Unter den Kozuka, Schwertmessern, befindet sich eines, dessen Griff 
die erstaunlichste Tauschir- Arbeit zeigt, die jemals aus eines japanischen 
Künstlers Hand hervorgegangen. Auf den beiden, nur 100 mm langen und 
14 mm hohen Flächen des Griffes sind auf der einen Seite in schwarzes 
Shakudo, auf der anderen in rothes Kupfer chinesische Schriftzeichen aus 
Gold flach eingelegt, wohlgezählte tausend Schriftzeichen, von denen kein 
einziges sich wiederholt. Es sind die 1000 Schriftzeichen des Senjimon, 
des zweiten Lesebuches, das in den chinesischen Schulen den Kindern in 
die Hände gegeben wird und auch in dem klassischen Schulunterricht der 
Japaner seine Bedeutung hat. Dabei hat der Künstler noch Raum ge- 
funden, den chinesischen Dichter Shukoshi darzustellen, wie er, am 
Schreibtisch sitzend, die 1000 Schriftzeichen niederschreibt; dazu die 
Erklärung: „Shukoshi hat auf Befehl des Kaisers diese Verse der 1000 
Schriftzeichen in einer Nacht gedichtet.“ Nur wie ein goldiger Schimmer 
wirken die Schriftzüge auf dem dunklen Grunde und doch ist jedes Zeichen 
klar und lesbar wiedergegeben. Sie alle zu übertragen, würde den Raum 
dieses Berichtes überschreiten. Daher hier nur wenige Proben ausser der 
Reihenfolge. 

— Ehrfürchtig bewahre, was Deine Elteın hegten. 

— Beobachte und befolge das Beispiel der Tugendhaften. 

— Die Pflicht der Kindesliebe fordert Deine ganze Willenskraft. 

— Elend ist der Lohn lasterhaften Lebens, 

Glückseligkeit die Belohnung erleuchteter Tugend. 

— Sei wachsam, als ständest Du an einem Abgrund oder wandeltest 

auf Rıs. 

— Zeichne Dich aus im Lernen und Du wirst aufsteigen zu hohen 

Aemtern, 
Würden erhalten und betraut werden mit den Regierungsgeschäften ; 
Dein Andenken wird geliebt werden gleich dem süssen Pfirsichbaum, 
Und wenn Du gestorben, wird es gepriesen werden im Sange. 

— Prüfe der Menschen Thaten, damit Du ihren Charakter ergründest. 

— Sei vorsichtig in der Rede; sprich nicht übereilt, 

Denn selbst die Wände Deines Gemaches können Ohren haben. 

— Jahre fliegen dahin gleich Pfeilen, eines drängt das andere. 

Die Sonne scheint hell in ihrem ganzen Lauf, 


Ankäufe und Schenkungen i. J. 1896. XCIX 


Der Sternenhimmel, an dem sie hängt, dreht sich beständig, 
Und auch der helle Mond wiederholt seine Umdrehungen. 

— Halte Gleichmass im Gang, trage aufrecht dein Haupt. 

Von der Schwierigkeit der Arbeit kann die Thatsache eine Vorstellung 
geben, dass wir hier nur 18 von den 127 Sentenzen wiedergegeben haben, 
die auf dem kleinen Messergriff zu lesen sind, allerdings in der lapidaren 
Schrift und Sprache Chinas. Eine weitere Inschrift am Rücken des Griffes 
besagt noch, dass Jugakken Tani Motosada, gebürtig aus der Provinz 
Izumo, dieses während seines Aufenthaltes in der Stadt Osaka im 14. Jahr 
der Periode Tempo, d. i. i. J. 1843 unserer Zeitrechnung gemacht hat. 

Nicht minderes Interesse durch seine Inschriften bietet ein anderer 
Messergriff aus grauem Shibuichi mit einer Tänzerin und einer den Samisen 
spielenden Sängerin m Gravirung und flacher Tauschirung. Der Inhalt 
der wegen des Doppelsinnes einiger japanischen Wörter nicht übersetzbaren 
Verse geht annähernd dahin, dass der Dichter — als welcher Tokai Takuan 
genannt wird — eine der Künstlerinnen anredet: „Buddha stiftete eine 
Religion; die Priester stifteten verschiedene Sekten und die Priester aller 
Sekten verbreiten heutzutage emsig ihre Lehren, um das ganze Menschen- 
geschlecht vor den Leidenschaften dieser sündhaften Welt zu erretten; aber 
nicht so gross ist ihr Verdienst, wie Deines, Du Kleine, die Du aller 
Männer Leidenschaften besänftigst“. Als Künstler dieser zierlichen Gravir- 
arbeit nennt sich Goto Hokio Ichijo, der bedeutendste Meister, der 
aus dem altberühmten Stamm der Goto in der ersten Hälfte unseres Jahr- 
hunderts noch thätig war. Den Vorwurf zu seiner Darstellung hat er aber, 
wie er selber bemerkt, einer Malerei des Hanabusa Icecho entnommen, 
eines hundert Jahre vor ihm lebenden Künstlers, dessen Werke gleich 
denen des noch älteren Tanyu häufig als Vorlagen für Gravirarbeiten auf 
Schwertzierathen gedient haben. — Ein anderes Kozuka zeigt, ebenfalls 
in jener freien malerischen Behandlung, die von der gezeichneten und 
gestrichelten Gravirung der Europäer so auffallend abweicht, einen älteren 
Mann und einen Jüngling beim Weben von Vorhängen, neben ihnen ein 
Terrarium und ein Gefäss mit Goldfischen. Als Künstler nennt sich auf 
ihm jener Temmin, der als einer der tüchtigsten Ciseleure von Kaga- 
mibuto-Platten gilt. Er fügt hinzu, in seinem 66. Jahre habe er dies 
gemacht. Wie dieses Stück ein gutes Beispiel für geschiekte Anordnung 
der Darstellung in dem schmalen Querfeld des Messerheftes, so ist ein 
folgendes ein nicht minder gutes Beispiel für die Anordnung im schmalen 
Hochfelde. Dargestellt ist ein in einer Badewanne hockendes Kind, über 
das die daneben stehende Mutter aus einer Flasche Wasser ausgiesst. Als 
Künstler nennt sich Somin, wohl der älteste und berühmteste Meister 
dieses Namens, der um das Jahr 1700 thätige Begründer des als Yokoya- 
Schule bezeichneten Künstlerstammes. 


C Museum für Kunst und Gewerbe. 


Reizende Arbeiten in vielfarbigem Metallrelief sind auch zwei Messer- 
griffe, die Gonse in seinem grossen Werke in Heliogravuren abgebildet 
hat. Der eine, ein Werk des Yasuchika, zeigt in gelber Bronze einen 
durch ein umgelegtes Strohseil als geweiht bezeichneten Baumstamm, in 
dessen Höhlung eine schwarze und eine silberweisse Taube traulich sitzen. 
Der andere, ein Werk des noch heute hochbetagt lebenden Natsuo, des 
letzten grossen Tsuba-Künstlers aus altem Stamm, zeigt auf schwarzem 
Shakudo in Silber- und Goldrelief eine Päonienstaude, die ihre grosse 
Blüthe unter dem winterlichen Strohdach entfaltet hat. 

Als besonders wichtige Stücke sind ein Schwertmesser und zwei Stich- 
blätter hervorzuheben, die Fräulein Olara Lachmann der Sammlung geschenkt 
hat. Alle drei sind Arbeiten von Meistern aus jenem Stamm der Hirata, 
dessen Ruf Jahrhunderte hindurch auf der Anwendung von Goldzellenschmelz 
zur Schmückung von Schwertzierathen beruht und dem der Engländer 
James L. Bowes kürzlich in semen „Notes on Shippo“ eine Monographie 
gewidmet hat. Das am Kopfe dieses Abschnittes abgebildete Messer trägt 
die Bezeichnung Hirata Donin, und die ebenso künstlerische wie 
technisch vollendete Darstellung des schneebedeckten Fujiyama-Gipfels über 
blauen und rothen Wolken in Goldzellenschmelzrelief auf schwarzem 
Shakudo gestattet die Annahme, dass wir in diesem Stücke ım der That 
eine der seltenen Arbeiten des um das Jahr 1600 in Diensten des 
Tokugawa-Shoguns thätigen Meisters jenes Namens besitzen, des Stamm- 
vaters des Künstler-Geschlechtes der Hirata, dessen Nachkommen und 
Schüler noch heute die von ihren Vorvätern ererbte Email-Technik ver- 
treten. Arbeit eines ungenannten Künstlers desselben Geschlechtes ist das 
ältere der beiden Stichblätter, das, früher im der Sammlung Burty bewahrt, 
ein lehrreiches Beispiel für den unserem Empfinden fremden Brauch der 
Japaner ist, ein durch Alter und Schönheit ausgezeichnetes Stichblatt 
durch eine Ueberdecoration nicht zu verfälschen, sondern zu ehren. In 
unserem Falle lag ein im 15. oder 16. Jahrhundert aus Eisen einfach 
geschmiedetes, nur mit ausgeschnittenen Schattenrissen von Kirschblüthen 
verziertes Stichblatt vor, das ein alter Hirata-Künstler überdecorirt hat, indem 
er einzelne der Durchbrechungen mit vielfarbigen Zellenschmelzmustern aus- 
füllte, die den Ernst der älteren Eisenarbeit weniger auf- als hervorheben. Man 
spürt angesichts der das Ursprüngliche nicht vernichtenden Zuthat die 
Absicht des Künstlers, dem alten Werke eine Auszeichnung zu erweisen. 
Das andere Stichblatt trägt ebenfalls keine Bezeichnung, vertritt aber ganz 
die Weise des zu Anfang des 19. Jahrhunderts arbeitenden achten Meisters 
des Geschlechtes, des Hirata Harunari. Die Platte ist von Eisen mit 
vier fächerförmigen Durchbrüchen. Auf beiden Flächen und dem Rande 
sind viele kleine Ornamente, welche die als Takaramono bezeichneten 
symbolischen Kostbarkeiten andeuten, theils in vielfarbigem Goldzellenschmelz, 


Ankäufe und Schenkungen i. J. 1896. (Ol 


theils in aufgerollten Goldspiralen dargestellt. Unter den Glasflüssen, die 
auf in das Eisen eingebettete Metallfolien geschmolzen sind, fällt ein helles 
Smaragd-Grün auf, als dessen Folie man Silber vermuthen darf. 

Endlich ist hier noch einer uns von Herrn W. v. Essen geschenkten 
Schwertklinge zu gedenken, mit der wir in den Besitz eines ersten 
Beispieles der hochgerühmten Schwertfegerkunst der Japaner gelangt sind. 
Die dem Eisenblatt angeschweisste Stahlschneide hebt sich durch zarte 
hellgraue Wölkung gegen das blanke Eisen ab, in das am Rücken ein 
sich um ein Schwert windender Drache, „Kurikarario* in versenktem 
Relief gemeisselt ist. Auf der Griffzunge nennt sich der Schwertfeger 
Mayeda Masanojo Sukekane mit dem Hinzufügen, er habe dies an 
einem Tage des achten Monats im achten Jahr der Periode Kuansei, d. i. 
1. J. 1796, geschmiedet. 

Den Schwertzierathen reihen sich einige Kagamibuto an, runde, 
knopfförmige Netzuke aus Holz oder Elfenbein mit einer eingelegten Metall- 
platte. Eines dieser Kagamibuto ist ein unübertreffliches Beispiel dafür, 
wie intim die japanischen Künstler die Natur zu schauen und wiederzugeben 
wissen. Auf der Platte aus Shibuichi ist ein in schilfbewachsenem 
Gewässer stehender Reiher dargestellt: Wir sehen aber zunächst nur das 
eine Bein, soweit es aus dem Wasser ragt, und von dem anderen den empor- 
gezogenen Fuss; das Uebrige sagt uns das in der zartesten Punzung wieder- 
gegebene Spiegelbild des Vogels, dessen Gestalt wie ein körperloser Hauch 
auf der Wasserfläche liegt. Als Künstler des kleinen Meisterwerkes nennt sich 
Shuraku, von dem wir schon mehrere Kagamibuto besitzen. Ein zweites 
ist ein Werk des Shumin; auf seiner Shibuichi-Platte ist in gravirter 
und mit Gold ausgelegter Zeichnung ein Krieger zu Pferde in Reithosen 
aus Tigerfell dargestellt, der auf drei fliegende Wildgänse seinen Pfeil anlegt. 


Unsere Erwerbungen japanischer Töpferarbeiteni. J. 1896 erstrecken 
sich vorzugsweise auf solche Stücke, bei denen die von den Japanern gepflegte 
Technik der geflossenen Glasuren oder die ihnen eigene impressionistische 
Bemalung angewandt sind. Welch fruchtbare Anregung die Gefässe der 
ersterwähnten Art dem europäischen Kunstgewerbe geboten haben, erhellt 
schon aus der Uebersicht unserer Ankäufe französischer und dänischer 
Töpferarbeiten dieser Richtung. Noch immer unerreicht sind aber die 
japanischen Vorbilder, sowohl hinsichtlich des auserlesenen Geschmackes 
in den Farben, wie darin, dass es sich bei ihnen nicht, wie bei der Mehr- 
zahl der europäischen Gefässe um reine Schaustücke, sondern um wirkliche 
Gebrauchsgegenstände handelt. Der japanische Töpfer hat schon vor Jahr- 
hunderten gelernt, die in der Gluth des Ofens schmelzenden, abfliessenden 
und abtropfenden Glasuren in den für die farbige Wirkung günstigsten 
Augenblicken erstarren zu machen und so festzuhalten, was das Feuer 


CH Museum für Kunst und Gewerbe. 


mit allen Zufälligkeiten der Oxydationsprocesse, die sich in der Schmelzhaut 
vollziehen, im Verborgenen bereitete. Kein Gefäss gleicht dem anderen, 
alle aber geben sich als feuergeborene Werke, in denen sich ein eigener 
keramischer Stil ausspricht, der unserer Töpferkunst mit ihrem Streben 
nach gleichmässig getönten, glatten Glasuren fremd geblieben ist. Von 
Geschlecht zu Geschlecht fortgepflanzte Ueberlieferungen haben im Verein 
mit dem die japanische Kunstübung auszeichnenden Streben nach 
individuellem Ausdruck zu einer erstaunlichen Mannisfaltigkeit geführt. 

Unter den angekauften 
Beispielen dieser Richtung 
ist besonders hervorzu- 
heben die hier abgebildete 
Tokkuri, Flasche für Reis- 
wein, ein Erzeugniss der 
unweit des Hafens von 
Karatsu in der Provinz 
Hizen seit vielen Jahr- 

hunderten betriebenen 

Töpferei. Dort sollen, ja- 
panischen Quellen zufolge, 
glasirte Gefässe schon zu 
Ende des siebenten Jahr- 
hunderts angefertigt sein. 
Aus dem 16. Jahrhundert 
stammt unsere Flasche, 
die durch den Gegen- 
satz des matten Schwarz 
zu dem in’s Grüne ab- 
laufenden Weiss der dicken 
glänzenden Ueberglasur 
auffällt. 

Wie die Anfänge der 
Töpferei zu Karatsu auf 
koreanische Lehrmeister 
zurückgeführt werden, so 
auch diejenigen jener als 
Raku-Waarebekannten, 
hauptsächlich zu -Kioto 
erzeugten Theekümmchen 
(Chawan) und anderen 


Sake-Flasche aus Steinzeug, mit matter, eisenschwarzer klei Refäss di 
Bleu: au Eokrapkten, weisser in grüngeäderte Tropfen kleinen Gefässe, die aus 
abfliessender Ueberglasur. Karatsu-Waare. 16. Jahrhdt. : . “ 

EN Zaren einem die Wärme schlecht 


Ankäufe und Schenkungen i. J. 1896. CHI 


leitenden und daher den Theeaufguss lange heiss erhaltenden Thon mit 
der Hand geformt und mit farbigen Bleiglasuren überschmolzen sind. Von 
Geschlecht zu Geschlecht ist seit dem ersten Verfertiger dieser Waare, 
dem Koreaner Ameya, der um die Mitte des 16. Jahrhunderts lebte, durch 
zwölf Generationen die Anfertigung der Rakuwaare fortgeptlanzt worden 
dis in unsere Tage. Auch wenn die Stempel fehlen, deren sich jeder 
Raku-Meister für sich zu bedienen pflegte, vermeinen japanische Kenner, 
den Verfertiger eines Chawan an besonderen Merkmalen der Glasuren zu 
erkennen. So wird dem vierten, Ichiniu genannten Meister, ein im Vor- 
jahre angekauftes Kümmchen 
zugewiesen, dessen tief- 
schwarze Glasur von Wolken 
dunkelen, in zarte Aederchen 
aufgelösten Ziegelroths durch- 
zogen ist. Ein Chawan mit 
hell ziegelrother Glasur und 
weiss ausgespartem Kiefernast 
haben wir als Werk des 
10. Raku-Meisters, des Tan - 
niu, schon im Führer 
S. 527 abgebildet. 

Von besonderer Art ist 
die zu Shigarakı in der 
Provinz Omi erzeugte Töpfer- 
waare. Eine ihrer Eigen- 
thümlichkeiten ist das Auf- 
treten weisser erhabener 
Pünktchen, als wären Quarz- 
stückchen eingesprenst, in 
der meist rothbraunen Unter- 
glasur, über die eine oliv- 
grüne Ueberglasur geflossen 
ist. Das hier abgebildete 
Blumengefäss ist ein aus- 
gezeichnetes Beispiel der 
Shigaraki-Waare des 18. Jahr- 
hunderts; in seiner durch die 
breite Basis ausgedrückten, 
durch die dicke Masse des 
unteren Theils gewährleisteten 


Standfestigkeit, mit dem Blumenvase aus Steinzeug. mit rotlıbrauner, weiss 
. R 1 der gekörnter Glasur und graugrünem Ueberlauf. 
energischen Profil und der Shigaraki-Waare des 18. Jahrhunderts. Y, nat. Gr. 


CIV Museum für Kunst und Gewerbe. 


feinen Stimmung seiner Glasuren fehlt ihm keine Eigenschaft, die ein guter 
Geschmack an einem der Aufnahme blühender Zweige dienenden Gefäss 
finden möchte. 

Auch die in der Provinz Satsuma betriebenen Töpfereien sind auf 
koreanische Arbeiter, die zu Ende des 16. Jahrhunderts nach Japan über- 
siedelten, zurückzuführen. Unter den mannigfachen Typen der alten 
Satsuma-Waare ist die als Sunkoroko bezeichnete von feiner, harter, hell- 
sandsteinfarbener Masse; auf die durchscheinende Glasur, welche der Waare 
einen gelblichgrauen Ton verleiht, sind mit breitem Pinsel oliv- oder dunkel- 
braune Ornamente, am häufigsten Linienmuster gemalt. Ein gutes Beispiel 
solcher Sunkoroku-Waare wurde in einem sechsseitigen Hiire — Kohlen- 
gefäss — erworben, auf dessen Seiten drei verschiedene, geometrische 
Grundmuster, je zwei gleiche auf sich gegenüberstehenden Flächen dunkel- 
braun gemalt sind. 

Ein ausgezeichnetes Beispiel einer bisher nicht vertretenen Werkstatt 
der Hauptstadt Kioto verdanken wir Herrn Senator Schenmann. Es ist 
ein rundlich vierseitiges Napf mit hellgelblichgrauer gekrackter Glasur, 
bemalt mit einem dunkelbraunen, von der Aussenwand die Innenfläche 
überwachsenden Mumebaum, in dessen rothblühendem Gezweig ein braunes, 
weissköpfiges Vögelchen sitzt. Der Stempel besagt, dass es ein Werk des 
Kitei, der zu Anfang unseres Jahrhunderts als einer der besten Meister 
unter jener Gruppe von Töpfern thätig war, deren Erzeugnisse als 
Kiomidzu-yaki zusammengefasst werden. 

Endlich ist einer Anzahl auserlesener Werke eines der berühmtesten 
keramischen Künstler Japans zu gedenken, des Kenzan, der, ein Bruder 
des Lackkünstlers Korn, um das Jahr 1700 in Kioto thätig war und, wie 
kein anderer Meister vor oder nach ihm, die impressionistische Malweise 
in technischer Vollendung auf die Töpferkunst angewandt hat. Aus Mitteln 
des Budgets wurde angekauft ein Kogo (Döschen für Räucherwerk), dessen 
Deckel mit einem Flug wilder Gänse, die sich auf eine schilfbewachsene 
grüne Insel herablassen, bemalt ist. Die übrigen Stücke, ein sehr schönes 
Kogo mit nebeldurchzogenen Ahornbäumen am Bache, noch zwei Kogo, 
zwei Chawan (Theekümmchen), ein Hire (Feuertopf), ein Midzusashi 
(Wassertopf), ein Chakin-zutsu (Behälter für die Serviette beim Chanoyu), 
ein Cha-dai (Untersatz für ein Trinkschälchen), ein Futa-oki (Untersatz 
zum Ablegen des Deckels eines Theepulverväschens), dreizehn Kuashi- 
zara (rechteckige Kuchenteller) und ein Netzuke, zusammen 24 Werke 
des Meisters konnten aus Mitteln des 4. D. Haustedt’schen Legates 
erworben werden. Eine nähere Beschreibung unterlassen wir in diesem 
Zusammenhang, da wir angesichts der ausserordentlichen Bedeutung Kenzan’s 
diesem Meister eine besondere Abhandlung im Jahrbuch der wissenschaft- 
lichen Anstalten widmen. 


Ankäufe und Schenkungen i. J. 1896. CV 


Chinesisches Porzellan und Glas. 


Im Vergleich mit unserer Sammlung japanischer Töpferarbeiten ist 
diejenige der chinesischen bisher sehr zurückgeblieben. Um so erfreulicher 
ist, dass wir für das Jahr 1896 einige gute Erwerbungen zu verzeichnen 
haben, darunter ein Hauptstück, das wir wieder dem Legat des Herrn 
H. D. Haustedt verdanken. Es ist ein Beispiel erster Güte jener eiförmigen, 
in Gestalt den Ingwertöpfen gleichenden Gefässe, die mit weiss ausgesparten 
Mumezweigen in einem von gemalten Kracklinien durchzogenen, blau- 
gewölkten Grunde geschmückt sind. Seinen englischen Namen, „haw-thorn“ 
oder „mayflower“, trägt dieser Decor ebenso zu unrecht wie den französischen 
„decor ä fleurs de pöcher“ oder „tleur d’aubepine“, denn die Blüthenzweige 
stellen einfach den Prunus Mume dar, den die chinesische Zierkunst nicht 
minder ausgiebig benutzt hat, wie es die Dichtkunst und Malerei der Japaner 
gethan haben. Die Blüthenzweige unseres Gefässes sind nicht lose verstreut, 
sondern abwechselnd vom unteren zum oberen und vom oberen zum unteren 
Gefässrande wachsend dargestellt; das wolkige Blau ist von vollendeter 
Schönheit; hie und da deuten leichte Spuren von Gold darauf, dass ebenso, wie 
bei den ähnlichen Stücken der Kgl. Gefässsammlung in Dresden, europäischer 
Ungeschmack vor zweihundert Jahren den Decor durch das Aufmalen von 
Blättern in kalter Vergoldung zu verschönern sich vermessen hat. Wie 
bedeutsam dieser Kauf für unsere Sammlung, erhellt am besten aus den 
Worten, die Herr Ernest Grandidier in dem grossen Werke „La ceramique 
chinoise* (Paris 1894) diesem Typus gewidmet hat, gewissermassen zur 
Entschuldigung dafür, dass er in der herrlichen, von ihm dem Louvre 
geschenkten Sammlung, einer der ersten ihrer Art in der Welt, ein Beispiel 
erster Güte nicht besass. Er schreibt darüber: „Dieser Typus ist bei erster 
Güte von verführerischer Schönheit. Unglücklicherweise sind die schönsten, 
gut agatisirten, mit jenem königlichen Gewande bekleideten Stücke selten ; 
sie werden besonders in London und Paris so hoch bezahlt, dass nur 
gekrönte Fürsten und Millionäre über genügende Mittel zu ihrem Ankauf 
verfügen. Die „feurs de pecher* in zweiter und dritter Güte“ — (solche 
besitzt das Museum schon seit längerer Zeit; ein dahin gehöriger Topf 
ist abgebildet im Führer 8. 513) — „sind allen Börsen erreichbar, die 
Feinschmecker jedoch betrachten sie mit Verachtung oder Gleich- 
gültigkeit, weil sie jenes Aroma vermissen lassen, das dem Beschauer 
zu Kopf steigt, ihn trunken macht und ein unwiderstehliches Begehren 
ihres Besitzes weckt. Für den Kenner trennt ein Abgrund die Stücke 
erster Güte von den übrigen.“ Wie sehr Grandidier hierin Recht 
hat, zeigt unsere Erfahrung, dass die verwandten Stücke minderer 
Güte die Vorzüge, welche sie an und für sich hatten, in Gegenwart 
des Gefässes erster Güte einzubüssen schienen und dieses nur an anderem 


CVI Museum für Kunst und Gewerbe. , 


Orte als zwischen den blaubemalten Porzellanen aufgestellt werden konnte. 
Wie die Schönheit dieses Typus in der That Kennern zu Kopf steigen kann, 
zeigt das Prachtwerk, dass die Engländer G. A. Audsley und James Lord 
Bowes 1875 der „Keramie Art of Japan“ gewidmet haben. Sie konnten 
es offenbar nicht über’s Herz bringen, einen so schönen Decor den Chinesen 
zu lassen, haben ihn schlechthin für Japan annektirt und solche Gefässe 
als altes Hizen-Porzellan abgebildet. O. du Sartel hat 1581 in seinem Werke 
„La Porcelaine de la Chine“ diesen Irrthum berichtigt, und heute 
zweifelt Niemand mehr daran, dass die „Mayflower“-Gefässe chinesischen 
Ursprungs sind. 

Einen sehr wichtigen Zuwachs 
erhielt die Glas-Sammlung wie- 
derum durch eine Schenkung 
des Herrn Geh. Kommerzienrath 
Th. Heye, der ihr eine Anzahl 
geschnittener Gläser chinesischen 
Ursprungs, zumeist Arbeiten des 
18. Jahrhunderts aus der Zeit 
des Kaisers Kienlung, überwies. 
Darunter das hier abgebildete 
Tabaksfläschehen mit doppeltem 
Ueberfang, einer äusseren pfir- 
sichblüthrothen und einer inneren 
dunkelgrünen Schicht auf dem 
milchweissem Körper; aus der 
rothen Schicht sind im Garten 
unter knorrigen Kieferbäumen 


und in einem Pavillon alte 


Chinesisches Tabacksfläschehen, aus geschnittenem REN N NR Rt x 
Ueberfangglas; der Körper weiss, die innere Schicht chinesische Herren in ver gnügter 


grün, die äussere DT ESETOEn, 18. Jahrhundert. Unterhaltung gewonnen, aus der 
grünen Schicht ein Gezweig von 
Bambus und das Gehege des Gartens. Bei anderen Fläschchen sind die 
Farbschichten nicht über, sondern nebeneinander aufgesetzt und wir sehen 
auf reisfarbenem Grund rothe und grüne Goldfische von der monströsen 
Schleierschwanzform über bernsteinfarbenen Wellen, oder auf einem anderen 
Fläschehen blaue, rothblühende Lotos, über denen eine rothe Libelle fliegt 
und ein rother Fisch einen Luftsprung ausführt. Durch feine Modellirung aus- 
gezeichnet ist ein weisses Fläschchen, auf dessen weissem Grunde gelb- 
rothe Taschenkrebse sich zwischen Tangen bewegen, (S. d. Abb. S.CXX), 
und ein anderes mit Lotosstauden in durchsichtigem blauem Ueberfang 
auf farblosem Körper. Ein 15 cm hohes Väschen ist aus bläulich weissem, 
bräunlich opalisirendem Glas geschnitten. 


Wechselnde Ausstellungen i. J. 1896 GVIL 


Wechselnde Ausstellungen. 


Im Jahre 1896 nahmen wechselnde Ausstellungen die Thätigkeit der 
Anstalt häufiger in Anspruch als in irgend einem der vorhergehenden Jahre. 

Im Januar wurde eine Auswahl der besten Wandkalender aus- 
gestellt, deren die Sammlung der Gelegenheitsblätter eine ansehnliche Zahl 
besitzt. Da kein anderes Gelegenheitsblatt so weit zurückreicht und in 
so stetigem Gebrauch geblieben ist, wie der Wandkalender, eignet sich 
auch keines in gleichem Maasse, die Wandelungen des Geschmackes in 
den letzten vierhundert Jahren an einem bestimmten Beispiele vorzuführen. 
Besonders in unserem Jahrhundert erweist sich der Wandkalender, seiner 
aktuellen Bestimmung halber, als sehr empfindlich für neue Eindrücke 
auf den Gebieten der Kunst und der Technik, obwohl doch nur ausnahms- 
weise bedeutende Künstler mit dergleichen Aufgaben befasst erscheinen. 

Hieran schloss sich eine Ausstellung von Zeichnungen Theobald 
Riefesell’s, die am 19. Januar, dem Todestag des Künstlers eröffnet 
wurde. Alle dem Museum gehörigen Blätter vorzuführen, hätten die 
Wände nicht gereicht; wir beschränkten uns daher auf eine Auswahl 
solcher Blätter, die inzwischen verschwundene oder wesentlich veränderte 
Stadttheile vorführten. Für alle künftigen Ausstellungen zur Baugeschichte 
Hamburgs und seines Stadtbildes bieten diese Aufnahmen Riefesell’s 
werthvolle Ergänzungen zu den Aufnahmen Fräulen Ebba& Tesdorpf’s. 
Sie werden daher neben letzteren noch oft in unseren wechselnden Aus- 
stellungen erscheinen, stehen aber auch ohne dies fortan den Besuchern 
des Lesezimmers zur Verfügung, da sie nunmehr der Hamburgensien- 
Sammlung je nach dem Ort und der Zeit der einzelnen Aufnahmen ein- 
geordnet sind. 


Ein dritte Ausstellung knüpfte an einen von Herrn Landgerichts- 
Director Dr. Föhring in der Aula des Museums für den Kunstgewerbe- 
Verein gehaltenen Vortrag über das Mosaik von der römischen 
bis auf die heutige Zeit, und führte eine reichhaltige Sammlung von 
Photographien und farbigen Abbildungen alter Mosaiken aus dem Besitz 
des Genannten den Besuchern des Museums in geographisch-historischer 
Anordnung vor. 

Eine vierte Ausstellung im April und Mai bot in auserlesenen Blättern 
eine Uebersicht der Entwickelung des japanischen Farbenholz- 
schnittes vom Anfang des 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Da 
die eigene Sammlung der Anstalt nicht ausgereicht hätte, wurde das 
Anerbieten der Arnold’schen Kunsthandlung in Dresden, uns werthvolle 
Drucke für die Ausstellung zu leihen, mit Dank angenommen. Zugleich 
mit den Farbendrucken wurden die der Bibliothek des Museums gehörigen 
japanischen Bücher mit Holzschnitt-Illustrationen ausgestellt. 


CVIII Museum für Kunst und Gewerbe. 


Eine fünfte Ausstellung enthielt die Diplome und Glückwunsch- 
Adressen, welche i. J. 1881 dem Director des Thalia-Theaters zu 
Hamburg, Herrn Cheri Maurice, bei seinem 50 jährigen Directions- 
Jubiläum gewidmet worden waren. Diese Ehrengaben und dazu noch 
andere Geschenke, die dem verehrten Manne bei anderen Gelegenheiten 
gespendet waren, hatte Herr W. Wennhacke Namens der Familie des am 
27. Januar 1896 verstorbenen Herrn Cheri Maurice dem Museum als 
Eigenthum überwiesen. Vor ihrer Einreihung in die Hamburgensien- 
Sammlung wurden die für die Geschichte des hamburgischen Theaters 
wichtigen Blätter, darunter mehrere in künstlerischer Ausführung durch 
Hans Speckter, Paul Duyffcke und den Frankfurter Klimsch, in ihrer 
Gesammtheit ausgestellt. Dabei befand sich auch der silberne Ehrenschild, 
der dem Gefeierten am 1. October 1881 von den Mitgliedern seiner 
eigenen Bühne überreicht worden ist. 

Die sechste Ausstellung knüpfte an die Jahrhundertfeier der 
Erfindung der Lithographie und umfasste in einer ersten, in den 
Sammlungsräumen des Museums untergebrachten Abtheilung die Entwickelung 
der Lithographie in Hamburg von ihren ersten Anfängen im Jahre 1818 
bis zur Gegenwart, dazu als Einleitung die Münchener Incunabeln des 
Steindruckes aus der Zeit vor dessen Einführung m Hamburg; in einer 
zweiten Abtheilung, die in der Aula Platz gefunden hatte, eine Collectiv- 
Ausstellung der hiesigen lithographischen Anstalten; in einer dritten 
Abtheilung, die noch in den Sammlungsräumen untergebracht werden 
konnte, die Vorführung der verschiedenen technischen Verfahren der 
Lithographie und der ihr verwandten Vervielfältigungs-Arten. 

Diese Ausstellung war angeregt worden von einem zur Säcularfeier 
der Erfindung der Lithographie unter dem Vorsitz des Herrn Gustav 
W. Seitz zusammengetretenen Comite. Ein engerer Kreis von Fach- 
genossen, als dessen Obmann Herr Carl Griese thätig war, widmete sich 
der Ausstellung im Besonderen, und im Einverständniss mit dem Comite 
wurde Herr Dr. Ernst Zimmermann mit der Ausstellung, der Auswahl 
der Blätter, ihrer Anordnung und der Abfassung einer „Geschichte der 
Lithographie in Hamburg“, die als Festschrift erscheinen sollte, beauftragt. 
An keiner Stelle waren bisher hamburgische Lithographien als solche 
gesammelt worden; es galt daher, aus der Hamburgensien-Sammlung des 
Museums, das Dank der Schenkung des Fräulein Ebba Tesdorpf viele 
wichtige Blätter, vorzugsweise landschaftlichen Inhalts besass, aus den 
Sammlungen der Kunsthalle, des Staatsarchivs und des Vereins für 
Hamburgische Geschichte und soweit diese nicht ausreichten, aus privaten 
Sammlungen das nöthige Material auszuwählen. Hiebei kam besonders 
in Betracht, was sich noch im Besitz von Angehörigen oder Nachkommen 
jener Männer, der Speckter, Suhr u. A., befand, die sich um die 


Wechselnde Ausstellungen i. J. 1896. CIX 


Einführung der Lithographie in Hamburg und ihre Blüthe verdient 
gemacht haben. Obwohl nur eine Arbeitszeit von sieben Wochen den 
Tag, an dem das Comite seinen Aufruf erlassen hatte, von dem Tage der 
Eröffnung, dem 25. Juli, trennte, gelang es Herrn Dr. Zimmermann, nicht nur 
eine Ausstellung, der kaum ein wichtiges Blatt fehlte, in guter, die geschicht- 
liche Entwiekelung der Lithographie vorführender Gruppirung zu vereinigen, 
sondern auch die Festschrift auszugeben. Für diese Arbeit hatten keine einheit- 
lichen Vorarbeiten vorgelegen, nur zerstreute Notizen in dem Hamburgischen 
Künstlerlexikon und in Zeitschriften. Als eine wichtige Fundgrube erwies 
sich das im Staatsarchiv bewahrte urkundliche Material betreffs der 
Privilegien der ersten Drucker; vieles aber musste durch die Aufzeichnung 
mündlicher Ueberlieferungen ergänzt werden. Konnten und sollten auch 
die von Herrn Dr. Zimmermann der Geschichtserzählung eingeflochtenen 
Verzeichnisse namentlich der älteren Lithographien auf Lückenlosigkeit 
keinen Anspruch machen, so bieten sie doch eine Grundlage für das 
planmässige Sammeln der Erzeugnisse dieses n Hamburg zu hoher Blüthe 
gediehenen Zweiges der vervielfältigenden Kunst. Erschienen ist dies 
wichtige, mit Lichtdrucken nach Lithographien der bedeutendsten in diesem 
Fache thätig gewesenen Künstler ausgestattete Werk im Selbstverlage des 
Comites in emer Auflage von 400 nummerirten Exemplaren. Welche 
Theilnahme die Besucher des Museums der Ausstellung erwiesen, erhellt 
aus der Besuchsziffer für den August im Vergleich mit den übrigen 
Monaten des Jahres. Wie alle Ausstellungen solcher Art bot auch diese 
dem Museum Gelegenheit, seine Hamburgensien-Sammlung ansehnlich zu 
vermehren. Viele in der neuzeitigen Abtheilung von den Druckereien 
ausgestellte Blätter verblieben in unserem Besitz. 

Die siebente, am 11. November eröffnete Ausstellung endlich führte 
den Besuchern des Museums die wichtigsten der im Laufe der Jahre 
gesammelten Plakate vor. Schon vier Jahre vorher hatte das Museum 
eine Plakat- Ausstellung veranstaltet, die wohl die erste ihrer Art im 
Deutschland gewesen ist. Inzwischen war die Sammlung, die sich damals 
auf französische und deutsche Plakate beschränkt hatte, durch Geschenke 
und Ankäufe wesentlich erweitert worden. Amerikanische Plakatdrucke 
der alten Richtung, darunter Riesenplakate für grosse Schauspiele und 
Sensationsstücke im amerikanischen Geschmack hatte uns Herr Carl Griese 
schon von seinem Besuch der Chicago - Weltausstellung mitgebracht. 
Plakate der neuen, durch Louis J. Rhead und Carqueville vertretenen 
künstlerischen Richtung hatte uns Frau Dr. Wilhelm Kubasek aus New- 
York übersandt. Werthvolle französische und englische Plakate verdankten 
wir Frau Adele Baumann, die sie am Orte ihrer Entstehung auszuwählen 
die Güte gehabt hatte. Spanische Plakate hatte uns Herr Dir. Dr. H. Föhring 
aus Spanien mitgebracht und Herr Gustavo Jenequel aus Madrid übersandt. 


(EX Museum für Kunst und Gewerbe. 


Eine Auswahl der schönsten, in den letzten Jahren in Oesterreich 
entstandenen Plakate verdankten wir Herrn Baumeister Jos. Sturany in 
Wien, böhmische dem Director des kunstgewerblichen Museums der 
Handels- und Gewerbekammer im Prag, Herrn Dr. Ohytil, die wichtigeren 
dänischen der letzten Jahre dem Director des Kunstindustrie-Museums in 
Kopenhagen, Herrn Pietro Krohn. Auf unsere Bitte stellten uns mehrere 
deutsche Druckereien, insbesondere die Firma Wilhelm Hoffmann in Dresden, 
ihre neuesten Erzeugnisse zur Verfügung. Von hamburgischen Druckereien 
hatten uns schon seit Jahren die Herren Adolph Friedländer, Carl Griese, 
F. W. Kühler, Mihlmeister & Johler Abdrücke der wichtigsten von ihnen 
hergestellten Plakate zu überweisen die Güte gehabt und ebenso die 
Anschlagsäulen-Gesellschaft und Herr Paul Conström manches interessante 
Blatt aus ihren Geschäftsbetrieben. Werthvolle ältere Blätter aus Frankreich 
und England und solche, welche dem neuesten Aufschwung der Plakatkunst 
in diesen Ländern, in Belgien, Schweden und Nord-Amerika entsprungen 
waren, hatten wir ın Paris, London und Brüssel, wo der Handel mit 
Plakaten zu einer Specialität einzelner Kunsthandlungen sich entwickelt 
hat, käuflich erwerben können. Von diesem reichen Material wurden 
vierhundert der besten und lehrreichsten Blätter ausgewählt und nach den 
Ländern ihrer Entstehung und ihren künstlerischen Urhebern so übersichtlich 
zur Schau gestellt, wie es bei den für dergleichen Unternehmungen 
verfügbaren Räumlichkeiten des Museums möglich war. Daneben wurden 
in einem besonderen Raum sämmtliche Ausstellungs-Plakate, welche das 
Jahr 1896 hat entstehen sehen, vereinigt vorgeführt. 

In dieser Ausstellung waren zur Zeit ihrer Eröffnung von allen Ländern 
am reichsten vertreten Frankreich, das Ursprungsland des künstlerischen 
Bildplakates, mit 155 Blättern, als deren Verfasser 52 Künstler genannt 
werden konnten, und daneben mit nur 2 anonymen Blättern. Aus Deutschland 
dagegen, in dem die von der Plakatkunst gestellten Aufgaben erst in 
jüngster Zeit die Theilnahme der Maler geweckt haben, waren neben 
52 Blättern von 42 namhaft gemachten Künstlern 33 Blätter zu sehen, 
von denen nur die Verleger oder Drucker bekannt waren. Die Plakatkunst 
in den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika war durch 8 Künstler mit 
42 Blättern, diejenige Englands und Schottlands durch 25 Künstler mit 
39 Blättern, endlich Belgien mit 35 Blättern von 18 Künstlern vertreten; 
mit einer geringeren Zahl von Plakaten waren Oesterreich-Ungarn, Dänemark, 
Italien, Schweden und Spanien vertreten. Durch manche Eingänge während 
der Dauer der sich bis in das Jahr 1897 erstreckenden Ausstellung gelangten 
jedoch auch einige dieser Länder, insbesondere die beiden erstgenannten, 
nachträglich zu umfangreicherer Vertretung. 

Um das Verständniss des Inhaltes der einzelnen Blätter zu erleichtern 
und die Besucher in die ethischen Aufgaben dieses Zweiges der Strassen- 


Wechselnde Ausstellungen i. J. 1896. (Cl 


kunst einzuführen, wurde ein von Fräulein Maria Brincekmann verfasster 
Katalog herausgegeben; dieser enthielt kurze Einleitungen in die Plakat- 
kunst der vertretenen Länder und die Werke ihrer Hauptmeister, sowie 
knappe Beschreibungen der einzelnen Blätter nebst Angaben über ihre 
technische Herstellung. 

In einem kritischen Nachwort erörterte die Verfasserin die Aufgaben 
und Aussichten der Plakatkunst. Sie schloss ihre Ausführungen mit dem 
Hinweis darauf, dass em erfolgreicher Anbau dieses Arbeitsfeldes volks- 
thümlicher Kunst anderen, den Plakaten verwandten Gebieten der Drucker- 
künste Nutzen bringen werde; insbesondere seien die Geschäftsempfehlungen. 
die Waarenumhüllungen und Etiketten und sonstige zur Ausstattung von 
Waaren dienende Drucksachen sehr wichtig für eine Welthandelsstadt; auch 
bei ihnen könne und solle, ebenso wie bei den Plakaten, den Künstlern mehr 
als bisher ein Wort gegönnt werden. Diese Anregungen haben insofern 
weitgehende Zustimmung gefunden, als jenes Nachwort seither von auswärtigen 
Fachblättern mehrfach nachgedruckt worden ist. In wie weit der Handel und 
die Druckereien der Anregung folgen mögen, lässt sich noch nicht übersehen, 
Die Sammlungen des Museums erstrecken sich auch auf Drucksachen der 
erwähnten Art und bieten daher für dieses Arbeitsfeld sowohl mancherlei 
Anregung wie Stoff zur Kritik des Erreichten. 


Die Bibliothek. 


Mit der Vervollständigung der Bibliothek wurde i. J. 1896 nach den 
bisher befolgten Grundsätzen fortgefahren. Einerseits gilt es, die Bibliothek 
mit den für die wissenschaftliche Bearbeitung der Sammlungen erforderlichen 
Handbüchern und Nachschlagewerken auszustatten, anderseits, den Besuchern 
des Lesezimmers die von ihnen gewünschten Vorbilderwerke, soweit solche 
von dauerndem Werth für eine öffentliche Bibliothek, darzubieten. Bei 
den Anschaffungen musste vorwiegend auf die neuen Veröffentlichungen 
Rücksicht genommen werden. Ein planmässiger Ausbau wird später auch 
die ältere Literatur zu berücksichtigen haben. 

Von den im Lesezimmer bisher aufliegenden 51 Zeitschriften, deren 
Verzeichniss wir i. J. 1894 mitgetheilt haben, sind inzwischen das früher von 
Paul Schumann herausgegebene „Kunstgewerbe“, das deutsche Malerjournal, 
das Buchgewerbeblatt, das Bulletin des Musces und das Patentblatt des 
Kaiserlichen Patentamts eingegangen. Neu hinzukommen sind dafür: 
der von der Genossenschaft Pan in Berlin herausgegebene Pan, die 
Münchener Jugend, das in Seemann’s Verlag erscheinende Kunst- 
gewerbeblatt für das Gold-, Silber- und Feinmetall-Gewerbe 
und „Les Maitres de l’Affiche“, unter welchem Titel allmonatlich 
vier verkleinerte Farbendruck - Nachbildungen wichtiger Plakate aus- 
gegeben werden. 


CXI Museum für Kunst und Gewerbe. 


Auch für die Bibliothek gingen in diesem Jahre werthvolle Geschenke 
ein. Das Königlich Dänische Ministerium für Kirchen- und 
Unterrichtswesen überwies uns ein unter dem Titel: „Altertavler i 
Danmark fra den senere Middelalder‘ erschienenes grosses Werk mit 
71 Lichtdrucktafeln in Doppelfolio und erläuterndem Text von Francis 
Beckett über die geschnitzten und gemalten Altäre des späteren Mittel- 
alters, ein für Geschichte der älteren Plastik und Malerei im Norden 
grundlegendes Werk. Dem als energischer Förderer der Kunstpflege in 
Dänemark und ebenso glücklicher wie verständnissvoller Sammler plastischer 
Kunstwerke des Alterthums rühmlich bekannten Brauer Herrn Carl Jacobsen 
verdanken wir die mit Zeichnungen von Hans Tegner und anderen Künstlern 
schön ausgestattete, von Carl Jacobsen und Prof. C. Nyrop verfasste Fest- 
schrift zum fünfzig- und fünfundzwanzigjährigen Jubiläum der Jacobsen’schen 
Bierbrauereien zu Carlsberg und Ny-Carlsberg. 

Von hervorragender Bedeutung ist eine Schenkung des Herrn Bauraths 
Manfred Semper, welcher dem Museum eime Anzahl älterer Werke aus 
der Handbibliothek seines Vaters, Gottfried Semper’s, überwies. Zumeist 
sind es Bücher, die dieser als Künstler und gedankenvoller, bahnbrechender 
Gelehrter gleich berufene Architekt bei der Abfassung des zweiten Bandes 
seines klassischen Werkes vom Stil m den technischen und tektonischen 
Künsten zur Hand hatte. Dabei befindet sich auch eine Sammlung von 
Photographien jener kostbaren Möbel aller Zeiten, die zwei Jahre nach 
der ersten Weltausstellung aus königlichem und fürstlichem Besitz im 
Gore-House zu London vereinigt zu sehen waren und dem damals in 
London lebenden Meister den Stoff darboten für den die Möbel behandelnden 
Abschnitt seiner Praktischen Aestethik. Die Illustrationen zu diesem 
Abschnitt beruhen sämmtlich auf Photographien von Möbeln in jener 
Gore-House-Exhibition. 


Die Sammlungen der Hamburgensien, der Gelegenheitsblätter 
und der Ornamentstiche. 


Wie die Sammlung der Hamburgensien der Hauptsache nach aus 
Geschenken entstanden ist, so sind wir auch für ihre Vermehrung vor- 
wiegend auf das Wohlwollen unserer Mitbürger angewiesen. Bilden ältere 
Blätter auch schon einen Gegenstand des Handels, so lassen sich neue, 
nicht für den Verkauf geschaffene Blätter nur durch die Güte ihrer 
Besteller oder Verfertiger erlangen. Je wichtiger es für diese Sammlung 
ist, auf dem Laufenden zu bleiben und möglichst jedes neu erschienene 
Blatt ihr alsbald einreihen zu können, um so dankbarer sind wir den 
Spendern solcher käuflich nicht erhaltbaren Blätter. Herr Direktor A. Ballin 
hat stets Sorge getragen, dass uns die von der Hamburg- Amerika - Linie 


Die Sammlungen der Hamburgensien etc. COXII 


neu ausgegebenen Gelegenheitsblätter, insbesondere die künstlerisch aus- 
geführten Vordrucke für die Menus bei den Orient- und Nordlandfahrten 
zugingen. Herr Dr. Heinrich Traun hat uns den von H. de Bruycker 
entworfenen, in Kupferdruck ausgeführten Vordruck des Ehren-Diploms 
übersandt, das er als Inhaber der Firmen Harburger Gummi-Kamm-Co., 
Excelsior Rubber Works und B. Soller Successor seinen langjährigen 
Beamten und Arbeitern gewidmet hat. Herrn Eduard Lorenz Meyer 
verdanken wir zahlreiche, von ihm entworfene Bücherzeichen. Herrn 
Balletmeister Rudolph Knoll die auf den im Juli 1896 in Hamburg 
abgehaltenen 5. deutschen Tanzlehrertag bezüglichen Blätter. Herr Dr. 
H. v. Reiche hat wiederholt freundlich vermittelt, wenn er wusste, dass 
für uns wichtige Blätter erschienen waren. Hoffentlich verbreitet sich 
mehr ‘und mehr die Auffassung, dass es für die Allgemeinheit, für alle 
Vereine, für die Familien und für den Einzelnen wichtig ist, sämmtliche 
Gelegenheitsblätter, die für irgend welche Ereignisse im Leben unserer 
Stadt und ihrer Bewohner ausgegeben sind, an eimer Stelle vereinigt zu 
finden, wo sie wohlgeordnet bewahrt und zu jeder Zeit Jedermann leicht 
zugänglich bleiben. Nur wenn das Verständniss hierfür allgemein durchgedrungen 
ist, kann unser Ziel, den Hamburgern in dieser Sammlung nicht nur eine 
abgeschlossene Vergangenheit darzubieten, sondern fortlaufend mit der 
Entwickelung des staatlichen und bürgerlichen Lebens Schritt zu halten, 
erreicht werden. 

Von Ankäufen für die Hamburgensien-Sammlung ist nur einer von 
erheblicher Bedeutung zu verzeichnen. Aus dem Nachlass des hamburgischen 
Malers Theobald Riefesell konnten Dank dem Entgegenkommen der 
Angehörigen des Künstlers alle für uns wichtigen hamburgischen Ansichten 
angekauft werden, zunächst i. J. 1896 vierhundert Blätter, die zusammen 
mit den ebenso zahlreichen Aufnahmen, die wir Fräulem Ebba Tesdorpf 
verdanken, das Bild des alten Hamburgs, wie dies vor den Freihafenbauten 
und den Umwälzungen der Jahre bestand, auf das vollkommenste der 
Nachwelt überliefern. 

Theobald Riefesell ist i. J. 1836 in Hamburg geboren. Seine 
Schulbildung erhielt er in der St. Nieolai-Kirchenschule, wo schon früh 
sein Zeichentalent beachtet wurde. Trotzdem schlug er zunächst nicht die 
Künstlerlaufbahn ein, sondern trat bei einem Gärtner in die Lehre. Nach 
beendeter Lehrzeit trieb es ihn jedoch wieder zur Kunst, er trat in die 
damals blühende lithographische Anstalt von Charles Fuchs als Lehrling 
ein. Dort lernte Wilh. Heuer, der bekannte Zeichner hamburgischer 
Ansichten für den Steindruck, ihn kennen und nahm sich semer Ausbildung 
an, Ausserdem genoss Riefesell den von Martin Gensler geleiteten Zeichen- 
unterricht im Patriotischen Hause. Sein Fleiss und seine Leistungen trugen 
ihm dort die silberne Medaille und ein Reisestipendum ein, das er 1856 

h 


CXIV Museum für Kunst und Gewerbe. 


zu mehrjährigem Besuch der Akademien in Düsseldorf und Wien benutzte. 
Im Jahre 1860 in seine Vaterstadt zurückgekehrt, machte er in Gemeinschaft 
mit seinen Freunden Mosengel und Schliecker Naturstudien in der ham- 
burgischen Umgegend. Damals führte er mehrere Gemälde in Oel und 
Aquarell aus, später beschränkte er sich mehr auf die Bleistiftzeichnung. 
Mit der künstlerischen Begabung Riefesell’s verband sich ein ausgezeichnetes 
Lehrtalent und bald fand er als Lehrer in die ersten hamburgischen 
Familien Eingang. Da er nur solche Schüler und Schülerinnen länger zu 
unterrichten sich verstand, die durch Fleiss und Begabung sich aus- 
zeichneten, hatte er die Genugthuung, dass die Erfolge seines Unterrichts 
sichtlich hervortraten. Fräulein Ebba Tesdorpf und Frau Maria Zacharias, 
beide durch ihre Aufnahmen des alten Hamburgs bekannt, und Fräulein 
M. und H. Cramer, die trefflichen Blumenmalerinnen, waren seine 
Schülerinnen. NRiefesell blieb unverheirathet. Nach dem Tode seines 
Vaters 1867 lebte er mit seiner von ihm innig geliebten Mutter 
zusammen, bis auch diese ihm 1880 durch den Tod entrissen wurde. 
Um ausschliesslich der Ausübung seiner Kunst zu leben, gab er 1890 
seine Unterrichtsthätigkeit auf. Bis zu der Krankheit, die ihn am 
19. Januar 1895 hinraffte, war er mit unermüdlicher Hingebung beflissen, 
seine Mappen mit immer neuen Aufnahmen der malerischen Ecken und 
Winkel Alt-Hamburgs zu füllen. Keine liebere Beschäftigung kannte er, 
als mit der Zeichenmappe unter dem Arm die Stadt und ihre nächsten 
Umgebungen zu durchwandern, um An- und Aussichten, die ihn entzückten, 
mit dem Zeichenstift festzuhalten. Einen besonderen Werth erhalten seine 
Stadtbilder noch dadurch, dass er verstanden hat, die Strassen- und 
Häuser-Ansichten in mannigfachster Weise mit hamburgischen Volkstypen 
zu beleben. Viele seiner Zeichnungen sind erzählende Darstellungen. 

Wie sehr er sich für die erst wenige Jahre vor seinem Ableben 
begründete Hamburgensien-Sammlung des Museums interessirte, hat er 
noch letztwillig dadurch bekundet, dass er dem Direktor die Originale 
jener 60 auserlesenen Aufnahmen vermachte, zu deren Veröffentlichung er 
einige Jahre vorher Herrn Ferd. Schlotke ermächtigt hatte. Auch diese 
Blätter sind mit den später käuflich erworbenen der Sammlung des 
Museums eingereiht worden. 

Noch über eine andere letztwillige Zuwendung für die Hamburgensien- 
Sammlung haben wir dieses Jahr zu berichten. Als wir zu Ostern 1892 
den Aufruf erlassen hatten, in dem wir um Förderung unseres Vorhabens, 
eine derartige Sammlung dem Museum anzugliedern, baten, fragte Herr 
August Laute an, ob eine Sammlung hamburgischer Ansichten ange- 
nommen werde, wenn er sie dem Museum vermache. Nach dem inzwischen 
erfolgten Ableben ihres Mannes hat uns Frau Laute Wittwe jene Sammlung, 
in der sich mehrere werthvolle ältere Blätter, u. A. eine seltene Ansicht 


Die Sammlungen der Hamburgensien ete, UXV 


der Binnen-Alster befanden, überwiesen und ihr noch eine Anzahl auf die 
hamburgische Geschichte bezüglicher Bücher hinzuzufügen die Güte gehabt. 


Bei der Vermehrung der Sammlung von ÖOrnamentstichen 
waren wir hauptsächlich bedacht, solche Blätter zu erwerben, welche dem 
Museum fehlende und nicht leicht zu beschaftende Gegenstände darstellen, 
so Goldschmiedearbeiten im Allgemeinen und Möbel des 18. Jahrhunderts. 
Im Hinblick auf die für 1897 angekündigte Allgemeine Gartenbauausstellung 
wurden auch Stiche mit Garten-Ornamenten und Grundrissen, sowie An- 
sichten der wichtigsten historischen Gärten angekauft zur Vervollständigung 
der schon im Besitz des Museums befindlichen Blätter, die zu einer 
„Ausstellung zur Geschichte der Gartenkunst“ während der 
Dauer der Gartenbauausstellung bestimmt sind. 


Auch die Sammlung der Gelegenheitsblätter konnte ansehnlich 
vermehrt werden. Der hieher gehörigen Plakate ist schon bei der Plakat- 
Ausstellung gedacht worden. Hervorzuheben sind noch eine Anzahl von 


Gelegenheitsblättern der Münchener Künstlergesellschaften und Künstlerfeste, 


zu deren Ankauf uns die Historische Orernssihin der Münchener Künstler- 
genossenschaft willkommene Gelegenheit bot. Damit ist, wie früher schon 
das Künstlerleben in Berlin und in Düsseldorf, jetzt auch das Künstlerleben 
in München zu vielseitiger Darstellung gelangt. Andere Ankäufe betrafen 
die von französischen Künstlern unserer Tage, von J. Cheret, A. Willette, 
E. Grasset, H. de Toulouse Lautree, Th. Steinlen, F. Rops, 
Degas u. A. als Gelegenheitsblätter, als Buchtitel oder Umschläge 
geschaffenen Blätter; ferner die für das Diner du Bon Bock, eine gesellige 
Vereinigung von Künstlern und Schriftstellern in Paris gezeichneten 
Einladungen und Mittheilungen, in denen das französische Künstlerleben 
sich widerspiegelt. 


Endlich ist hier noch des Ankaufes einer ungefähr tausend Blätter 
zählenden Sammlung von farbigen Aufnahmen von Blumen und Früchten 
aus dem Nachlass des Wiener Malers Johann Knapp zu gedenken. 
Dieser, 1778 in Wien geboren, genoss als gewissenhafter Blumen- und 
Frucht-Maler einen über seine künstlerische Begabung hinausgehenden Ruf 
und war lange Jahre bis zu seinem 1833 erfolgten Ableben am Garten des 
k. k. Schlosses zu Schönbrunn in Thätigkeit. Dort fand er die Vorbilder für 
seine Folgen der in Oesterreich kultivirten Rosen, für Oesterreichs Wein- 
trauben, Kern- und Steinobstsorten und für seine Abbildungen der damals 
beliebten oder neu eingeführten Gartenstauden und vieler exotischen Ge- 
wächse. So naturgetreu seine farbigen Darstellungen, können sie für den 
Blumenmaler von Nutzen nicht sein, für viele Aufgaben der Zierkunst 
bieten sie aber eine Fundgrube von Motiven, an deren Reichthum kein 
gedrucktes Werk hinanreicht. 


OXVI Museum für Kunst und Gewerbe. 


Der Besuch der Sammlungen im Jahre 1896. 


Januar... ee EEE IRRE 3681 
BEbruar..... u... un. ee ee Een 3447 
Marz 2er Bere ET ER 4129 
AP... 42: ee ee s2a7ı 
Ma ee EEE RE 3715 
UT... SAN NE EEE 1 875 
ul et.a.3... er ee ARE TIER 4 241 
AMFUSE. ans ee ee ee re ER 9 830 
September... 2. ner Be 4 555 
Vetober tr. re ae ee a eh 
Novenber! ine rer A RA 5 822 
December LERNEN RE 6 107 


zusammen ....62 814 Personen, 
von welchen 22 814 auf die Sonntage kamen. 


Die Benutzung der Bibliothek und des Lesezimmers. 


Der Besuch des Lesezimmers im Jahre 1896 ergiebt sich aus der 
folgenden Uebersicht: 


JANVany EN ee 
Pebruar.. 1. N 228 
ET A Be 2 a 118 
Adrl E 116 
a ER 54 
he As. ee ee A ES 
a a a RT IH 66 
Au USE. ur ce ne 86 
September. u... Na. ne ee ee 136 
October Fran RE re ER 247 
INDyemberze a N RR 137. 
December... Asa re 145 


zusammen. .....1761 Personen, 
gegen 1522 im Jahre 1895. 
Diese 1761 Personen benutzten 2085 Bände, deren Vertheilung über 
die verschiedenen Fächer sich aus der folgenden Uebersicht ergiebt: 


Geschichtea. Ar Er A re ne Ss6 
Kulturgeschichte nee ee re #88 
Eleraldik; 1, wer... #02 2 Pr RT 96 
Gostümgeschichter „er. re 61 
Aestheuk, tn ee. EEE. 10 
Kunstgeschichten ee er 183 
Baukunst... ee DES: 29 
Bildhauerkunste..a er re  Re 18 
Mälerer use ENGE 130 


Transport... . 651 Bände 


Die Bibliothek und das Lesezimmer. OXVIl 


Transport.... 651 Bände 
Kunstgewerbe im Allgemeimen................. 199 
Deeoration und Ornamenuk...2.....0... 133 
Schrittsunde Monosrammer en: 22 
GeweheaundSStickerel ser. et 21 
Möbel- und Holzschnitzerei... .......... N 
IMetallarbeitene. ser: ee 42 
Real ee ee 5 
IBurchausstattune Ra 36 
Anatomie und Zoologie..........uee.0o oa. 40 
Pflanzenbilder, naturalistische u. stilisirte ....... 2301 
NuseartenWerkerallerr Artm.2.....22.0.0, 2 
Wierkegüberk Japan we es ae 21 
Hapamschewbilderbücher ver... ner. 132 
Verschiedenes... 2... er 38 

zusammeneree 2085 Bände, 


gegen 1890 Bände im Jahre 1895. Von den graphischen Sammlungen wurden 
die Hamburgensien in 122, die Gelegenheitsblätter in 40 Fällen benutzt. Die 
Oo ’ o 
Benutzung der im Lesezimmer aufliegenden Zeitschriften sowie der 
Oo [o) * 
Vorbilder-Sammlung steht jedem Besucher des Lesezimmers ohne Aus- 
füllung eines Verlangzettels frei. 


Im Lesezimmer gezeichnet wurden: 20 Fayencen und Porzellane, 
11 Gewebe und Stickereien, 3 Lederarbeiten, 6 Holzschnitzereien, 9 Bronzen, 
zusammen 49 Gegenstände. Ueber diejenigen Gegenstände, welche ohne 
Entfernung von ihrem Aufstellungsort in der Sammlung gezeichnet werden, 
findet keine Kontrolle statt. 


Ausgeliehen wurden im Jahre 1596 474 Bände gegen 418 ım Jahre 1895. 
Ihrem Inhalte nach vertheilen sich dieselben folgendermaassen: 


Meschichten pp en erde ade ae 8 Bände 
Kultursesehichteage 2.2.2... Me ae ei) 
Heraldik ....... ER ENET N RE a RER, 10 
Wostinmeeschichteuen en ae ee ehe 26 
INESCH EHE aus) see SUN MEN NE S) 
Kumstzeschichteggen en es ep och 62 
Banks. a Ka re RE REN 18 
Bildhauerkunsteg ee ten ee 5 
Nee ee 18 
Kunstgewerbe im Allgemeinen. .............2.. 69 
Decoration und Ornamentk.. ....2.. cu... 18 
Schrift und Monogramme................. 30 
(gewebe, und Stickereien. .. 22... 22 21 neh lee. 4 
Möbel@und Hiolzschmitzereien. 2........2.2u..ce 23 
IMetallarbeitena 2.2.20... 2 
Kerala TEE: ER RTS 


Transport. ...259 Bände 


CXVIH Museum für Kunst und Gewerbe. 


Transport....289 Bände 
Buchausstattung: .....202. er sr RE Pre 6 
Pflanzenbilder, naturalistische und stilisirte........ 9 
Miüstrirte Werke aller Art. meer 76 
‚Werkerüber Japan... 2 euere ee 14 
Japanische, Bilderbücher sr ser rue seeeeeegr 66 
Verschiedenes... uns er 14 

zusammen......474 Bände. 


Ausserdem 30 Blätter der Vorbilder-Sammlung, 77 Photographieen, 
125 Blätter aus der Hamburgensien-Sammlung, 415 Gelegenheitsblätter, 
zusammen 647 Einzelblätter gegen 85 im Vorjahre. 


Entleiher dieser Bücher und Blätter waren 110 verschiedene Personen, 
welche sich ihren Berufen nach folgendermaassen vertheilten : 


Zeichner für das Kunstgewerbe ................. 5 Personen 
‚ÄAzchrtekten bo EIER 
Bildhauerzas rer RO RER het. Mens 7 
Maler.er er ee N Re 5 
Malerninneneee EN 6 
Decorationsmaler Ar re 5 
(Gelehrte A ER a 25 
Lehrer... Re N EN 4 
Möbelfabrikanten und Tapeziere ............... 4 
Ledertechniker und Buchbinder .......... ..... 9) 
Lithographen und Buchdrucker .... ........... 2 
Kunststicker und Kunststickerinnen...... ....... 3 
Verschiedene? Berufes ER 15 
Damenxohne Beruf. wa Mr BEER 19 
Zusammen ee 110 Personen. 


Ferner wurden zur Benutzung ausserhalb der Anstalt entliehen 
242 Gegenstände der Sammlung, welche sich folgendermaassen vertheilten: 
46 Stickereien, 40 Gewebe, 29 keramische Arbeiten, 3 Gläser, 20 Möbel 
und Holzschnitzereien, 22 Arbeiten aus unedlen Metallen, 8 Edel- 
metallarbeiten, 24 Bucheinbände, 5 japanische Körbe, 50 japanische Holz- 
drucke und -Platten, 56 japanische Färberschablonen, 11 mathematische 
Instrumente. 


Nicht inbegriffen hierin sind die für den Zeichenunterricht in den 
gewerblichen Lehranstalten entliehenen Gegenstände. j 


Die Allgemeine Gewerbeschule entlieh: 41 Möbel und Holz- 
schnitzereien, 34 Metallarbeiten, 12 Gewebe, zusammen 87 Gegenstände. 


DieGewerbeschule fürMädchen entlieh: 11 Gewebe, 13 Stickereien, 
17 Stücke Porzellan und Fayencen, 2 Holzarbeiten, 11 Metallarbeiten, 
zusammen 54 Gegenstände. 


Die Vorträge i. J. 1896. OXIX 


Die Vorträge. 


Von den Vorträgen, die der Direktor im Winterhalbjahr 1895—96 
an den Montags-Nachmittagen von 2"2 bis 3Y2 Uhr über die Geschichte 
des Deutschen Kunstgewerbes hielt, entfielen diejenigen, welche das 
erste Auftreten des Menschen in Mittel-Europa, die Stein- und Bronzezeit 
und die vorrömische Eisenzeit betrafen, noch in das Jahr 1895. Im 
Berichtsjahr wurden behandelt: 1) Der Emfluss der Berührung mit den 
Römern auf die Germanen und die deutsch-römische Provinzialkunst. 
2) Die Zeit der Völkerwanderung. 3) Das jüngere Eisenalter der nordischen 
Völker in der Wikingerzeit. 4) Das Kunstgewerbe der karolingischen Zeit. 
5) Das deutsche Kunstgewerbe, insbesondere die Goldschmiedekunst im 
10. bis 13. Jahrhundert. 6) Das Kunstgewerbe unter der Herrschaft des 
gothischen Stiles im 14. Jahrhundert. 7) Das deutsche Kunstgewerbe im 
15. Jahrhundert und die Bewegung, welche der Wiedergeburt der Künste aus 
der Antike voraufging. 8) Die deutsche Frührenaissance. 9) Die deutsche 
Spätrenaissance. 10) Das deutsche Kunstgewerbe am Ende des 17. und 
zu Anfang des 18. Jahrhunderts. 11) Das deutsche Kunstgewerbe des 
18. Jahrhunderts. 


Im Anschluss an die am 2. April eröffnete Ausstellung japanischer 
Holzfarbendrucke und illustrirter Bücher hielt der Director noch 
vier Vorträge an den Sonntagsvormittagen von 11—1?2 Uhr. Im ersten 
Vortrag besprach er das Figuren- und Sittenbild in der Malerei und dem 
Holzfarbendruck der Japaner; im zweiten Vortrag die Landschaft in 
der Kunst der Japaner, insbesondere in den Holzfarbendrucken des 
Hokusai und Hiroshige. Anlässlich dieses Vortrages überwies Frau 
Adele Baumann dem Museum einen ausgezeichneten Holzfarbendruck 
des letztgenannten Künstlers, die auf zwei mit den Schmalseiten anein- 
ander gefügten Blättern gedruckte Darstellung einer Gebirgsschlucht im 
Winter. In seinem dritten Vortrag behandelte der Direktor die Pflanzen- 
und Vogelbilder und das Stillleben im japanischen Farbendruck. Im 
vierten die Technik des japanischen Holzfarbendruckes an 
der Hand der im Besitz des Museums befindlichen japanischen Original- 
Holzstöcke mit ihren Probeabdrücken und der bei ihrer Herstellung 
benutzten Werkzeuge. Eine Besprechung der Farbenholzdrucke, welche 
der aus Hamburg gebürtige, in München lebende Maler Otto Eekmann 
auf Grund seines Studiums der japanischen Technik geschaffen hatte, 
schloss sich an. Dabei konnten die Original-Platten, die er für das 
bekannte grosse Blatt mit den Schwänen in dunklem Wasser geschnitten 
hatte, zu weiterer Erläuterung dienen, da sie von dem Künstler in dank- 
barer Erinnerung an das, was er von den japanischen Holzstöcken und 
Drucken unserer Sammlung für sein eigenes Verfahren gelernt hatte, dem 


(OL Museum für Kunst und Gewerbe. 


Museum überwiesen worden waren. Mit dem Rathe, auch andere unserer 
jungen Künstler möchten das im Holzfarbendruck nach japanischer Weise 
ihnen gebotene Ausdrucksmittel für die Vervielfältigung ihrer Werke studiren 
und anwenden, stellte der Vortragende den Künstlern die im Besitze des 
Museums befindlichen Werkzeuge und Geräthe zur Benutzung oder Nach- 
bildung zur Verfügung. 

In den Vorträgen während des Winters 1896—1897 wurde die 
Geschichte der inneren und äusseren Buchausstattung behandelt. 
Vier noch in das Berichtsjahr fallende Vorträge betrafen die Erfindung 
der Buchdruckerkunst, den Holzschnitt im 15. und 16. Jahrhundert, die 
mit Kupferstichen illustrirten Bücher des 17. und 18. Jahrhunderts. 

In sechs Vorträgen sprach Herr Dr. Fr. Deneken über die Gräber 
und Grabdenkmäler der Hellenen. Im ersten Vortrag wurde in 
Anknüpfung an Lessings bekannte Abhandlung die Darstellung des Todes- 
gottes in der antiken Kunst besprochen; danach die Grabessitte in der 
vorgeschichtlichen Zeit. Der zweite Vortrag behandelte die Ergebnisse der 
Ausgrabungen in Mykene; der dritte die Bestattungsgebräuche und den 
Seelenglauben in der homerischen und geschichtlichen Zeit; der vierte die 
attischen Grabdenkmäler; der fünfte die griechischen Sarkophage und die 
kleinasiatischen Grabbauten; der letzte die Heroisirung verstorbener 
Menschen. 


Chinesisches Tabaksfläschehen, aus milchweissem 
Glas, mit rothem, geschnittenem Ueberfang. 
18. Jahrhundert. Nat. Gr, 


Kr 


Sternwarte, OXXI 


5. Sternwarte. 
Bericht von Dr. R. Schorr. *) 


Im Personal der Sternwarte trat am Ende des Jahres 1896 eme 
Veränderung ein, indem der wissenschaftliche Hülfsarbeiter, Herr Dr. €. Hänig, 
ausschied, um eine Stellung am Kgl. Astronomischen Recheninstitut in Berlin 
anzutreten. An seine Stelle trat Herr Dr. H. Ludendorff aus Berlin. 

Ausser emigen kleineren Ergänzungen hat der Instrumentenbestand der 
Sternwarte im vergangenen Jahre eine wesentliche Vermehrung durch das bereits 
im vorjährigen Bericht erwähnte, von den Herren A. Repsold & Söhne 
hier erbaute transportabele Durehgangs-Instrument erfahren. Das Instrument, 
welches ein Fernrohr von 68 mm Ocfluung hat und mit Repsold’schem 
Ocular-Mikrometer zur selbstthätigen Registrirung der Durchgänge und 
mit Horrebow-Niveaux versehen ist, ist auf dem im Garten der Sternwarte 
unter einer fahrbaren Hütte errichteten Pfeiler aufgestellt worden. Ferner 
ist zum Ersatz der bisher zur Regulirung der öffentlichen sympathetischen 
Uhren benutzten älteren Repsold’schen Pendeluhr bei der Firma Strasser 
und Rohde in Glashütte eine Pendeluhr mit Riefler’schem Pendel, Schalt- 
pendeln und electrischen Contacten bestellt worden, die Anfang 1897 zur 
Ablieferung gelangen wird. 

Die Bibliothek hat im vergangenen Jahre wieder die erhebliche Zu- 
nahme von 284 Bänden erfahren, hauptsächlich infolge zahlreicher 
Geschenke von wissenschaftlichen Instituten und Gesellschaften. Es gingen 
der Sternwarte Geschenke zu von den Sternwarten, bezw. meteorologischen 
und geodätischen Instituten in Adelaide, Arcetri, Berlin, Besancon, Cambridge 
(Mass.), Cambridge (England), Cap der guten Hoffnung, Chicago, Cordoba, 
Dorpat, Dresden, Dublin, Genf, Gotha, Greenwich, Hamburg (Seewarte), 
Hongkong, Kaloesa, Karlsruhe, Kasan, Leipzig, Lund, Mailand, Moskau, 
Mount Hamilton, Neuchätel, New Haven, New York, Oxford (Radeliffe und 
University Observatory), Padua, Paris (Observatoire und Bureau des 
Longitudes), Potsdam, Prag, Pulkowa, Strassburg, Tacubaya, Tokyo, Turin, 
Virginia, Washington, (Naval Observatory und Coast and Geodetie Survey), 
Wien (Sternwarte Ottakring und Militär-geographische Institut) Windsor und 


*) Erstattet in Vertretung des zur Zeit erkrankten Direktors Prof. Rümcker. 


I. Personal, 


II.Instrumente., 


III. Bibliothek. 


IV. Publi- 
kationen. 


V. Beob- 
achtungen am 
Meridiankreise. 


VI. Beob- 
achtungen am 
Aequatorial. 


OXXI Sternwarte, 


Zürich; ferner von dem Centralbureau der Internationalen Erdmessung, 
den Gradmessungs-Commissionen von Bayern, Oesterreich und der Schweiz, 
der Preussischen Landestriangulation, der Royal Astronomical Society in 
London, den Astronomischen Gesellschaften in Brüssel und St. Petersburg, 
der Mathematischen Gesellschaft in Hamburg, der Deutschen Reichspost, dem 
Statistischen Bureau m Hamburg und von vielen Privaten. Allen Gebern 
sei an dieser Stelle der verbindlichste Dank abgestattet. Von den durch 
Kauf erworbenen Büchern sei namentlich die vorzügliche vollständige 
Ausgabe der Werke von Ptolemaeus, Theon und Aratus durch Halma 
erwähnt. Am Ende des Berichtsjahres umfasste die Bibliothek S010 Bände. 


Die am Aequatorial erhaltenen ersten Kometenbeobachtungen wurden, 
um für die ersten Bahnbestimmungen verwandt werden zu können, alsbald 
in den „Astronomischen Nachrichten“ veröffentlicht. In derselben Zeit- 
schrift wurde ferner veröffentlicht eine Zusammenstellung der von ver- 
schiedenen Beobachtern auf der hiesigen Sternwarte in den Jahren 1892 
bis 1596 erhaltenen Beobachtungen von Sterubedeckungen und Finster- 
nissen, sowie die „Resultate aus Beobachtungen von 55 Sternen im Parallel 
des Mondes“, welche von dem früheren Observator der Sternwarte Herrn 
Dr. Zuther in den Jahren 1855—91 am hiesigen Meridiankreise angestellt 
waren. Die im vorjährigen Bericht bereits erwähnte Zusammenstellung 
des Berichterstatters „Bemerkungen und Berichtigungen zu Carl Rümker’s 
Sterncatalogen 1856.0 und 1550.0% wurde noch weiter vervollständigt und 
wird in dem vorliegenden Jahrbuch zur Veröffentlichung gelangen und 
separat als „Mittheilung 5 der Hamburger Sternwarte“ versandt werden. 

Am Meridiankreise wurden die für den Zeitdienst der Sternwarte 
erforderlichen Zeitbestimmungen vou dem Berichterstatter oder vertretungs- 
weise von Herrn Dr. Hänig ausgeführt, die für die Zwecke des Chronometer- 
Prüfungs-Institutes erforderlichen von Herrn Dr. Stechert. Ausserdem wurden 
von dem Berichterstatter die Ergänzungsbeobachtungen zur Zone SO—81" 
fortgeführt. Im Ganzen wurde am Meridiankreis in 94 Nächten beobachtet. 

Am Aequatorial wurden hauptsächlich die erschienen Kometen und 
einige kleine Planeten vom Berichterstatter beobachtet und konnten folgende 
Beobachtungen erhalten werden: 


Komet 189571V (Perrine Noy. 16.) 22 .... 3 Beobachtungen 
„ 1896 I (Perrine-Lamp Febr. 14.)...... 12 5 
e 1896109 (Sw.itb Apıalallsn) ee re Be nr 
* 1896 IV (Sperra Aus. 31.)...... .... 1 Beobachtung 
4 11896 V (Giacobinı Sept A) zer A 
SITE Berrnes Nora ....10 Beobachtungen: 
Planet (35) beukotheaeereerrrererer 2 a 
u (71) Niobe sek a 2 ” 


Sternwarte. OXXIH 
Blaues (SO)ESapphorae u ee . 1 Beobachtung 
” (SO)EAlkmenen ee sonBeobachtungen 
3 (324) Bamberga ee ER 2 m 
R BIO) ELSIHL OS ee: eraje Beobachtung 


Nach dem Faye’schen Kometen 1896 II und dem periodischen Kometen 
Brooks 1896 VI wurde öfters gesucht, jedoch waren beide Kometen für 
das hiesige Fernrohr zu schwach. Der Komet 1896 VII (Perrine Dee. 8) 
konnte wegen des ausserordentlich ungünstigen Wetters im December nicht 
aufeesucht werden. Ausser «den obigen Beobachtungen wurde auch die 
Jupiterbedeekung 1896 Juni 14 und die Plejadenbedecekung 1896 Sept. 26 
vom Berichterstatter am Aequatorial beobachtet. Im Ganzen wurde am 
Aequatorial in 55 Nächten beobachtet. 


Am Kometensucher und den kleineren Fernröhren wurde von Herrm 
Dr. Stechert und Herrn Dr. Tetens eine Reihe von Sternbedeckungen und 
die Jupiterbedeckung 1896 Juni 14 beobachtet. 


Im Ganzen ist im vergangenen Jahre in 121 Nächten beobachtet 
worden und vertheilen sich diese Nächte auf die einzelnen Monate wie folgt: 


Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Oct. Nov. Dee. 


r 


5 12 ) $) 115) 12 5) 5) 15 $) Il S 


Die tägliche telegraphische Vergleichung der auf den beiden Reichs- 
Zeitball-Stationen bei dem Telegraphenamt in Cuxhaven und dem Postamt 
in Bremerhaven aufgestellten Pendeluhren, sowie die Abgabe eines täglichen 
Zeitsienals an die Centralstation der hiesigen Polizei- und Feuerwachen 
und die tägliche Auslösung des auf dem Quaispeicher A im hiesigen Hafen 
aufgestellten Zeitballs wurde in der bisherigen Weise vom Berichterstatter 
und vertretungsweise von Herrn Dr. Hänig ausgeführt. Von den 366 Signalen 
des hiesigen Zeithalls erfoleten 352 richtig, 5 konnten wegen Leitungs- 
störung, Versagens der mechanischen Auslösevorrichtung und wegen 
Eisbildung an der Scheere nicht ertheilt werden, und an 9 Tagen in der 
zweiten Hälfte des October konnte der Ball wegen einer vollständigen 
ürneuerung desselben nicht fallen. Die mittlere Abweichnung der ertheilten 
Sienale von der richtigen Greenwich Zeit betrug 0,30 Secunde. Von den 
732 Zeitballsienalen in Cuxhaven konnten 3 wegen mechanischer Störungen 
und Eisbildung an der Scheere nicht erfolgen; ausserdem sind 3 Fehl- 
signale vorgekommen. Das Mittel der Abweichungen der ertheilten Signale, 
wobei zu bemerken ist, dass dieselben bei allen Reichs-Zeitball-Stationen 
auf die halbe Seceunde abgerundet werden, betrug 0,38 Secunde. In 
Bremerhaven fiel der Ball nur an 2 Tagen nicht, in Folge von keparaturen ; 
die übrigen 728 Signale erfolgten ordnungsmässig. Das Mittel der Ab- 
weichungen betrug 0,53 Secunde. 


VII. Beobach- 
tungen an den 
kleineren 
Instrumenten. 


VIII. Zeit- 
dienst. 


IX. Chrono- 
meter-Prü- 
fungs - Institut. 


CXXIV Sternwarte. 


Die beiden zur genauen öffentlichen Zeitangabe dienenden elektrisch- 
sympathetischen Uhren an der Fassade des Börsengebäudes und am Eingang 
zum Östflügel der Sternwarte sind während des ganzen Jahres in Ueber- 
einstimmung mit der ihren Gang regulierenden Uhr auf der Sternwarte 
gewesen. Das Mittel der Abweichungen derselben von der genauen Mittel- 
Europäischen Zeit hat 0,45 Secunde, die grösste Abweichung 1,9 Secunden 
betragen. Eine Zusammenstellung der Abweichungen ist im „Oeffentlichen 
Anzeiger“ veröffentlicht worden. Die für den Zeitdienst der Sternwarte 
benutzten beiden Normaluhren Kittel 25 und Tiede 375 haben auch im 
vergangenen Jahre einen recht gleichmässigen Gang gezeigt. Die bereits 
im vorjährigen Bericht erwähnte, erhebliche Acceleration im Gange der 
letzteren, unter luftdichtem Verschluss befindlichen Uhr hat auch im Berichts- 
jahre angehalten, wie aus den folgenden Zahlen hervorgeht: 


Anfang Mai TS9E2 I. en2 ...Täglicher Gang = —0,3 Sec. 
. Januan 1S9DE re n Zen) Rn 
R a Eee r An 
R NT ar AR RN ERR 2 2 ee 


Eine Erklärung dieser sehr merkwürdigen Acceleration ist direet nicht 
ersichtlich und ist man auf Hypothesen angewiesen, da sowohl der 
Schwimeungsbogen (66’) als auch der Druck im luftdieht abgeschlossenem 
Gehäuse (520 mm) in der ganzen Zeit konstant gewesen ist oder nur 
periodische Aenderungen infolge der wechselnden Temperatur gezeigt hat. 

Die von der Firma J. Neher Söhne in München der Sternwarte 
zur Untersuchung zugestellte Pendeluhr mit Riefler’schem Pendel und 
Echappement verblieb hierselbst bis Anfang September und hat während 
der ganzen Prüfungszeit zwichen den Temperaturen 1,5" und 22,2° C. einen 
sehr befriedigenden Gang und sehr gute Temperatur-Compensation gezeigt. 

Die Thätiekeit des der Direktion der Sternwarte unterstellten 
Chronometer - Prüfungs -Institutes, Abtheilung IV der Deutschen Seewarte, 
war auch im vergangenen Jahre eine sehr ausgedehnte und hat namentlich 
durch die Inanspruchnahme seitens mehrerer grossen Schiffahrtsgesellschaften 
eine erhebliche Erweiterung erfahren. Ferner wurden dem Institute von 
wissenschaftlichen Anstalten und geographischen Forschungsexpeditionen 
eine Anzahl Chronometer zur Untersuchung überwiesen. In der Zeit vom 
19. November 1895 bis 23. April 1596 wurde auf dem Institute die 
19. Konkurrenz-Prüfung von Marme-Chronometern abgehalten, über deren 
Ergebnisse im Augusthefte des Jahrgangs 1896 der „Annalen der 
Hydrosraphie und maritimen Meteorologie“ ein eingehender Bericht 
veröffentlicht worden ist. Von den 32 geprüften Chronometern wurden 
6 seitens des Reichs-Marine-Amts prämürt und ausserdem 10 von diesem 
und 2 von den Sternwarten in Krakau und Chicago angekauft. 


a 


Sternwarte. CXXV 


Die Ablesungen der meteorologischen Instrumente wurden in der 
bisherigen Weise um 9 Uhr Morgens und 6 Uhr Abends fortgeführt und 
täglich in den „Hamburger Nachrichten“ veröffentlicht. 

An Vorlesungen wurden im Auftrag der Oberschulbehörde folgende 
gehalten: 

Im Sommer-Semester 1896: 

Prof. Rümker: Theorie der geographischen Ortsbestimmung; 
2 Zuhörer. 

Dr. Schorr: Allgemeine Astronomie, Theil II (Sonnensystem); 
ca. 40 Zuhörer. 

Im Winter-Semester 1896-97: 

Dr. Schorr: 1) Allgemeine Astronomie, Theil III (Kometen 
und Meteore); 73 Zuhörer. 
2) Bahnbestimmung von Planeten und Kometen: 
3 Zuhörer. 

Die Vorlesungen über „Allgemeine Astronomie“ wurden durch die 
Vorführung einer Reihe, zum grossen Theil selbst hergestellter Diapositive 
unterstützt. 

Die Reduction der Meridiankreisbeobachtungen der Zone SO—S1" 
wurde weiter fortgeführt. Seitens des Berichterstatters wurde die Elementen- 
Berechnung des neu erschienenen Kometen 1896 III (Swift April 15) 
ausgeführt und in den „Astronomischen Nachrichten“ veröffentlicht. Auch 
wurde, wie bereits in den vorhergehenden Jahren, die Mitwirkung des 
Berichterstatters als Sachverständiger für die Beschaffung der Thurmuhren 
und zugehörigen Normaluhren für das neue Rathhaus und die Michaelis- 
kirche mehrfach in Anspruch genommen. 


X. Meteorolo- 
gischer Dienst. 


XI. Vor- 
lesungen. 


XII. Andere 
Arbeiten. 


Museums- 
Commission, 


Personal. 


Bibliothek. 


Instrumente 
und Modelle. 


OO Naturhistorisches Museum. 


6. Naturhistorisches Museum. 


Bericht des Direktors Professor Dr. Kraepelin. 


Den Vorsitz in der Commission für das Naturhistorische Museum 
führte, wie im Vorjahre, Herr Syndieus Dr. von Melle. Im Übrigen bestand 
die Commission aus den Herren Direktor Dr. H. Bolau, Dr. jur. ©. Dehn, 
©. @. Eggert, G. H. Martens, Dr. med. W. Oehrens und dem Direktor. 

Dem Personal des Museums trat Herr €. Fresen als Hülfsarbeiter 
bei. Durch den Tod verlor das Museum den Aufseher Joh. Fischer, in 
dessen Stelle der bisherige Hausdiener BD. Schumacher einrückte. 

Wie im Vorjahre war Herr Dr. ©. Schmöcdeknmecht — Blankenburg — 
mit der Bestimmung einzelner Abteilungen unserer Hymenopterensammlung 
beauftragt, zu welchem Zwecke er auch eine Reihe von Wochen im Museum 
selbst thätig war. Des Weiteren wurden zur wissenschaftlichen Hülfsarbeit 
zeitweilig herangezogen die Herren @. Schacko-Berlin und ZL. Sorhagen - 
Hambure. 

Durch freiwillige Hülfsarbeit während einiger Wochen des Sommers 
erfreuten uns die Herren @. H. Martens nnd Lehrer Th. Meyer. 

Die Bibliothek des Museums hat im Laufe des Jahres um 1254 Nummern 
zugenommen, von denen 442 durch Kauf, 792 durch Tausch: oder Geschenk 
erworben wurden. Der Wert der gekauften Bücher beziffert sich auf rund 
4 3130.—, wovon ein großer Teil für laufende Zeitschriften und Lieferungs- 
werke verausgabt werden mußte. Der Wert der durch Tausch oder Geschenk 
erhaltenen Bücher beträgt 4 3894.—, abgesehen von 36 Bänden des 
Challenger-Report, welche die englische Regierung dem Museum als Geschenk 
überwiesen hat. 

Ein Schriftenaustausch ist neu vereinbart mit der Bibliothek der 
Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft mn Bern, der 
Societe sceientifique et station zoologique in Arcachon, der 
Californian Academy of science in San Francisco, der Faculte 
des sciences in Marseille, der Acadämie des sciences m 
Montpellier, dem American Museum in New-York, dem Museo 
paulista in Sa6 Paulo, den Feuilles des jeunes naturalistes in 
Paris, dem Mus&e zoologique in St. Petersburg. 

Außer den üblichen Ereänzungen an anatomischen Instrumenten, 
Werkzeugen ete. wurden nur einige kleinere Apparate, wie Spritzen, Luft- 
pumpe ete. angeschafft; außerdem, zum Gebrauche bei den Vorlesungen, 
eine größere Reihe von Modellen zur Erläuterung der menschlichen Anatomie 
und der Entwieklunesgeschichte, für deren Ankauf besondere Mittel nach- 
träglich in das Budget des Jahres eingestellt waren. 


Naturhistorisches Museum. OCXXVU 


In der Zoologischen Abteilung ist ein Gesamtzuwachs von 7681 Nummern 
in etwa 353 400 Exemplaren zu verzeichnen. Der weitaus größere Teil — 
5164 Nummern in rund 20500 Exemplaren und im Werte von #4 5050 — 
ist dem Museum als Geschenk zugegangen. Der Gesamtwert der zoologischen 
Eingänge beziffert sich auf etwa «#4 15 000.— 

Auf die einzelnen Abteilungen verteilt sich der Zuwachs in 
folgender Weise: 


1. Sausetiere....... . 210 Nummern, 210 Exemplare 
2. Vögel, Nester etc..... 233 5 237 H, 
3. Reptilien, Amphibien 216 5 600 4 
Amslischersr.. 2: en Rs 2037 ; 
5. Mollusken .... a 594 a 4010 EN 
Delnsektenteren nn. dh N 19 167 = 
7. Spinnen .. Er r 518 e 1504 

8. Myriopoden.... I: 59 ne 300 e 
9. Crustaceen .... 95 5 544 „ 
10. Würmer, Molluscoiden 424 e 3792 “ 
NeaRchnodermen er 101 " 150 

12. Coelenteraten, Protozoen 54 4 249 . 


7681 Nummern, 33400 Exemplare. 
Von größeren Ankäufen seien erwähnt die Doubletten der Myriopoden 
und Arachniden der Fea’schen Sammlungen aus Birma, Tiefseefische des 
Mittelmeers von Professor Giglioli, Teile der Gustav Freiltag’schen Conchylien- 
sammlung, sowie verschiedene größere Collektionen von Säugetier- und 
Vogelbälgen, von Tintenfischen, Orthopteren und Schmetterlingen. 

Aus der Reihe der Geschenke, für welche der gebührende Dank in 
den Tagesblättern bereits abgestattet wurde, mögen folgende hier kurz 
erwähnt werden: 

Von Herrm @. H. €. Ackermann ein Fell des seltenen Tragelaphus 
angası; von Sr. Durchlaucht dem Fürsten von Bismarck Eber, Bache und 
Frischlinge vom Wildschwem aus dem Sachsenwalde; von dem Botanischen 
Garten eingeschleppte Regenwürmer und Tausendfüße; von Herrn 
Dr. Brandes-Halle 24 deutsche Trematoden; von Herrn Dr. Drauer-Gießen 
Skorpione, Spinnen und Würmer von den Seychellen; von Herrn Dr. von Brunn 
30 Eingeweidewürmer aus Aalen; von Herrn W. Buwrchard-Sumatra 
174 Insekten, Tigerembryo von Ostsumatra; von Herrn ©. Calwood-St. Thomas 
wertvolle Sammelausbeute aus St. Thomas; von Herrn P. O0. Carpenter- 
Dublin 25 Phalangiden von Irland; von Herrn Dr. Delfin- Valparaiso eine 
eroße Anzahl Insekten, Würmer und Meerestiere von Chile; von Herrn 
Fr. Dörries 50 seltene Schmetterlinge aus Ostsibirien; von Herrn Quarantaine- 
Inspektor €. Eggert - St. Thomas Insekten, Spinnen und Würmer von 


Vermehrung 
der 
Sammlungen. 


CXXVIN Naturhistorisches Museum. 


St. Thomas; von Herrn Geo. W. Fischer 2 Schädel von Aymara-Indianern 
aus Bolivien; von Herrn J. H. Fixsen Fell und Skelett der Vierhorn- 
antilope, Tetraceros quadricornis, Fell von Canis jubatus; von Herrn 
Schiffsarzt Dr. Gassmann eine große Zahl Land- und Seetiere von der 
Südwestküste Südamerikas; von Herrn Schiffsoffizier Gölldner Schlangen 
von Santos; von Hermn X. Gosse Schlangen, Insekten und Spinnen von 
Westafrika; von Herrn Z. Graeser zahlreiche Insekten, besonders forst- 
schädliche, der heimischen Fauna; von Herrn €. @. de Haseth- Curacao 
wertvolle Sammelausbeute, namentlich an Landtieren, von Curacao; von 
Frau W. Hintze Meerestiere, Spinnen und Insekten von Amrum; von Herrn 
©. 4A. Höft niedere Tiere der heimischen Fauna; von Herrn €. Hoege 
»00 seltene Käfer aus Mexico ; von den Herren Janftzen & T’hormählen 
Skelett einer Sirene, Manatus senegalensis; von Herrn H. Jebens % Rohr- 
dommeln ; von Herrn Dr. von Ihering - Saö Paulo Wespennester aus 
Brasilien; von Herrn H. Jourdan exotische Fische und Libellen, von Herrn 
H. Kalbe 74 einheimische Schlupfwespen und Raupenfliegen; von Herrn 
Professor Keller-Zürich Regenwürmer von Madagaskar; von den Herren 
Professoren FE und RK. Kraepelin Sammelausbeute einer Reise nach Nordafrika, 
Spanien und den Balearen; von Herın F. Krause 30 Regenwürmer von 
Saö Paulo ; 


von Singapore ; von Herrn 7. Lenz-Kobe 450 Fische, zahlreiche Reptilien, 


von Herın Dr. //. Lenz-Lübeck 11 wertvolle Gorgonidentypen 


Amphibien und Insekten von Japan; von Herrn # Th. Lind Vampyr, 
Insekten und Schnecken aus Venezuela; von den Herren Zöndström, 
Roehl & Co. ein Faultier; von Fräulein Zippert Vogelbälge, Skorpione, 
Spimmen, Tausendfüße, Insekten und Mollusken aus Transvaal; von Herrn 
Ingenieur ‚Jean Melz 300 Insekten von Sa6 Paulo; von Herrn 
Dr. W. Michaelsen Sammelausbeute semer Reise nach Aegypten bis zum 
ersten Katarakt; von der Zoologischen Station in Neapel 35 Anmneliden; 
von Herrn Dr. W. von Ohlendorff Vogeleier und Meerestiere von Huanıillos 
und Lobos de Afuera; von Herrn H. O’Swald 11 Vogelbälge von 
Madagaskar; von Herrn Schiffsoftizier M. Oswald reiche Sammelausbeuten 
semer Reisen nach Nossib@; von Herrn Schiftsoffizier Ze. Paessler Sammel- 
ausbeuten seiner Reisen nach Chile und der Magalhaensstraße; von Herrn 
Kapitän Petersen Insekten, Spinnen und Tausendfüße von Westindien ; von Herrn 
Professor Dr. Plate-Berlin Regenwürmer aus Chile; von Herrn H. Saenger 
26 Vogelbälge von Japan; von Herrn 4. Sauber zahlreiche Insekten, 
besonders forstschädliche, der hiesigen Fauna; von Herrn Dr. €. Schäffer 
Sammelausbeute einer Reise in die schwäbische Alp; von Herrn Schiffs- 
offizier Schömmelpfennig Schlangen von Hayti; von Fräulein Schmilinsky 
Schuppentier von Westafrika; von Herrn Professor Dr. ©. Schneider-Blasewitz 
Skorpione und Tausendfüße von Alexandrien und Palästina, 400 Schlupf- 
wespen von Borkum; von Herrn W. Scholz-Maxaos Mäuse, Skorpione 


a A ne eK A ce Me 


Naturhistorisches Museum. OCXXIK 


Insekten und Tausendfüße vom Amazonenstrom ; aus dem Nachlasse des 
Herrn L. Schrader durch Frau Place 3600 Insekten, meist aus Australien; 
von Herrn Dr. Schütt Regenwürmer aus Griechenland und Italien; von 
den Herren Gebrüder Siemssen-Indrapura Estate eine große Zahl wertvoller 
Reptilien, Fische, Krebse, Würmer und Insekten von Sumatra ; von Herrn 
Dr. 0. Sonder-Öldesloe Spinnen, Phalangiden, Afterskorpione und Milben 
der heimischen Fauna; von Herrn Joh. H, Soost 3 Lemuriden, 1 Viverre, 
3 Vögel von Madagaskar’; von Herrn Schiffsoffizier Staben Eidechsen, Fische 
Mollusken, Krebse und Insekten von der Westküste Südamerikas; von 
Herrn Dr. F. Stuhlmann 255 Arachniden von Ostafrika; von Herrn 
Dr. von Sydow verschiedene Vögel aus seiner Vogelstube; von Herrn 
R. Tancere-Anklam 4 Säuger, 6 Vögel und 565 Insekten aus Üentralasien ; 
von Herrn M. Thiel-Matupi sehr wertvolle Sammlung von Meeres- und 
Landtieren, darunter 1700 Insekten und 12 Nautilus, von Neubritannien ; 
von Herrn Dr. H. Traun Eidechsen, Schlangen, Fische, Mollusken, Krebse 
und Insekten von Bissao, Nieder-Gumea; von Herrn Dr. H. Ude-Hannover 
20 Würmer; von Herrn Dr. Vanhoeffen-Kiel 122 grönländische Polychaeten ; 
von Herrn Dr. Voeltzkow-Berlin Regenwürmer von Madagaskar ; von Herrn 
Apotheker R. Volk-Ratzeburg 2 Rohrdommeln, 1 Drossel; von Herrn 
Wahnkau durch Vermittelung des Herrn- 0. Louwvier Regenwürmer von 
Venezuela; von Hermm €. Weydiy jun. Eidechsen, Schlangen und gegen 
500 Käfer von Neugumea; von Herrn F\ Wiengreen 13 Vogelhälge aus 
Californien und Paraguay ; von Herrn A. Woermann 1 Gorilla; von Herrn 
F. Worlee japanische Spinnen ; von der Zoologischen Gesellschaft durch 
Herrn Direktor Dr. H. bolau 59 Säugetiere, 37 Vögel, 7 Reptilien und 
Fische, diverse Würmer, Krebse, Spinnen und Schnecken. 

Die mmeralosische Abteilung weist einen Gesamtzuwachs von 
1957 Nummern auf, von denen 559 gekauft, 129 gesammelt, 1249 geschenkt 
wurden. Der Wert dieser Zugänge beziftert sich auf ‚4 3970.—, von 
denen 4 2921. 


Von wichtigeren Geschenken seien hervorgehoben: Von Herrn Ch. Buhbe 


auf die Geschenke entfallen. 


45 hiesige Geschiebe; von Herrm Geheimrat Professor Dr. Oredner-Leipzig 
Branchiosaurus-Suite von Niederhäßlich; vom Club Zlektra Sammlung 
wertvoller Kreideverstemerungen von Lüneburg; von Herrn Regierungs- 
bauführer Zreystedt-Ratzeburg 11 hiesige Geschiebe; von Herrn Dr. Hanssen- 
Lägerdorf 14 seltene Versteinerungen aus der Kreide von Lägerdorf; von 
Frau W. Hintze 20 hiesige Geschiebe; von Herrn Z. Hundeshagen-London 
2 Goldstufen und 4 Waschgoldproben aus Siebenbürgen und Spanien; von 
Herrn €. Jllies kostbare Suite von Topas und Feldspath aus Japan; vom 
Alineralogischen Museum in Königsberg 59 Geschiebe und Verstemerungen 
aus Ostpreussen; von Herrn J. #. Kummerfeld-Wankendorf zahlreiche lose 
Tertiärversteinerungen von Stolpe; von Herrn Dr. W. von Ohlendorff 


ı 


Inventar. 


Benutzung 
des Museums. 


Naturhistorisches Museum. 


CXXX 


diverse Mineralien und Verstemerungen aus Chile, Peru, Carolina und 
Algier; von Herrn Dr. J. Petersen marine Diluvialfauna von Kirchsteinbeck ; 
von Herrn Seminarlehrer Pieper ca. 100 selbstgesammelte Versteinerungen aus 
dem Jura und der Kreide Pommerns: von Frau Commerzienrat Riedemann 
283 auserlesene Mimeralien, Versteinerungen und Geschiebe; von Herrn 
Dr. Rüst-Hannover 20 Radiolariengesteine nebst Dünnschliften; von der 
Sammlung vorgeschichtlicher Altertümer 9 hier ausgegrabene Knochenreste; 
von Herrn Dr. Schmeleck-Christiania 6 Grundproben der Norske Nordhavs- 
Expedition; von Herrn Pastor Schroeder-Itzehoe große Anzahl seltener Ver- 
steinerungen von Itzehoe und Lägerdorf, sowie einige Geschiebe von Zarrentin; 
von Herrn Dr. Sonder-Oldesloe 15 hiesige Geschiebe; von Herrn J. H. Soost 
eine große Suite von Bergerystallen von Madagaskar; von Herrn P. Trummer 
72 hiesige Geschiebe; von Herrn Professor V. Ussing-Kopenhagen 7 Kıyolith- 
Stufen von Grönland; von Herrn Mimisterialrat Wada-Tokio diverse Feld- 
spathkrystalle von Japan; von Herrm Stud. Wiegers-Halle 
Geschiebe und einige Mineralien von Halle; von Herrn Ferd. Worlde 
10 diverse Mineralien; von Frau Dr. A. Zacharias eine große Iguano- 
donfährte von Oberkirchen. 

Die Vermehrung der Sammlungen vom 1. Mai 1595 bis 1. Mai 1596 


13 hiesige 


ist zum Zwecke der Feuerversicherung wie folgt geschätzt: 


1. Zoologische Sammlung ............. Wert .# 13 182, — 


2. Mineralogische Sammlung ..... en hl, BADER 
3. Bibliotheks pre SE » 8008, — 
A Instrumentenere ar 345,— 
5.0 Mohilars ne 2 809, — 


Summe „#4 28 931,— 
Die Zahl der Besucher während der einzelnen Monate des Berichter- 
stattungsjahres ergiebt sich aus folgender Übersicht: 


Januar 7540 Personen Juli 9 670 Personen 
Februar 10 019 R August 11 190 N 
März 12 672 E; September 8800 R 
April 20 000 3 Oktober 8 809 6; 
Mai 15 330 5 November S8S15 a 
Juni 5445 > Dezember 9 505 e 


Summe 127 795 Personen 

Von 65 Gelehrten, welche im Laufe des Jahres das Museum besuchten, 
benutzten 
4 andere vorwiegend die Einrichtungen des Museums studierten. 


15 die Sammlungen zu besonderen Studienzwecken, während 


Der hiesigen Gewerbeschule wurde, wie früher, an Sonntagen die 
Benutzung des kleinen Hörsaals und der Museumsobjekte für den Zeichen- 
gestattet. 
Erlaubnis, geeignete Objekte des Museums zu ihren Studien zu verwerten. 


unterricht Verschiedene Maler und Zeichner erhielten die 


Naturhistorisches Museum. (HOSU 


Von zahlreichen einheimischen Gelehrten wurde die Bibliothek zu Rathe 
gezogen, von einigen Material des Museums für Vorträge entliehen. Zwei 
hiesige Herren benutzten Arbeitsplätze des Museums für längere Zeit zu 
zoologischen Studien. Außerdem sind die Hörsäle 


abgesehen von den 
gesetzlichen Vorlesungen der Beamten des naturhistorischen Museums und 
des Museums für Völkerkunde — dem Naturwissenschaftlichen Verein für 
seine allgemeinen und Gruppensitzungen, sowie dem Hamburger Bezirksverein 
der deutschen Gesellschaft für angewandte Chemie für seine wissenschaftlichen 
Sitzungen unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Während des Wintersemesters 
wurde endlich das kleine Auditorium noch für weitere Vorlesungen im 
Auftrage der Oberschulbehörde in Anspruch genommen. 

Sammlungsteile des Museums wurden zur Bestimmung oder zum 
Vergleich übersandt an die Herren: Dr. Babor-Prag, Oberlehrer Breddin- 
Halle, Budde - Lund - Kopenhagen, Rev. ©. P. Cambridge - Bloxworth, 
Dr. Carpenter-Dublin, Dr. Fauvel-Caen, M. Gourdon-Bagueres, Dr. Hagen- 
Homburg, Dr. Z. Koch-Nürnberg, Professor Lampert-Stuttgart, Dr. Lacas- 
serlin, Dr. de Man-Jerseke, Dr. von Marenzeller-Wien, Montandon-Bukarest, 
Professor Neumann-Toulon, Direktor Dr. Rrs-Mendrisis, Dr, Schmiedeknecht- 
Blankenburg, Oberst von Schönfeld - Eisenach, Dr. ‚Seydel - Amsterdam, 
Dr. Staudinger-Blasewitz, Professor Tullberg-Upsala. 

Zur Bestimmung oder zum Vergleich ging bei dem hiesigen Museum 
Material ein von den Museen zu Amsterdam, Berlin, Bonn, Caleutta, 
Dresden, Frankfurt a. M., Genf, Göttingen, Halle, Heidelberg, 
Helgoland, Jena, Leipzig, Sa6 Paulo, St. Petersburg, Strassburg, 
Stuttgart, Upsala, Würzburg, sowie von den Herren Dr. Brauer- 
Gießen, Dr. Hansen-Kopenhagen, Professor Kelter-Zürich, Dr. König-Bonn, 
Professor Plate-berlin, Professor Schmeider-blasewitz, Dr. Soerensen-Kopen- 
hagen, Dr. Vanhoeffen-Kiel, Dr. Voeltzkow-Berlin. 

Doubletten wurden abgegeben an verschiedene hiesige Schulen, 
wissenschaftliches Untersuchungsmaterial an Herrn Dr. Seydel-Amsterdam. 

Sammelkisten sind neu ausgegeben an die Herren: (€. @. de Haseth- 
Curacao, C. Calwood-St. Thomas, Zygert-St. Thomas, Zug. Gutmann-Rl.Popo, 
Wald. Scholz-Manaos, W. Burchard-Sumatra, Dr. Brauns-Port Elizabeth, 
F. Wiengreen-Argentinien, Dr. Stierling-Tanga, P. Frey-Nossibe, von Wülfing- 
Batavia, wie an die Herren Schiftsoftiziere resp. Schiftsärzte MR. Paessler, 
Max Oswald und Dr. J. Dfeffer. 

Von dem großen Vorratssaal des Kellergeschosses wurde durch 
Aufführung einer Zwischenwand ein Raum für Rohskelette und solches 
Material abgescheert, welches seiner Grösse wegen nicht sofort in Gläsern 
untergebracht werden kann. Zu diesem Behufe wurden in dem neu 
gewonnenen Raum eine Anzahl größerer Cementtröge und ein großer 
Skelettschrank aufgestellt. Das bisherige Amtszimmer des Custos für 


i* 


Verkehr mit 
fremden 
Instituten und 
Gelehrten, 


Bau und 
Mobiliar. 


Arbeiten im 
Museum. 


OD Naturhistorisches Museum. 


Zoologie ist in einen allgemeinen Arbeitsraum für wissenschaftliche Hülfs- 
arbeiter umgewandelt und dem Custos ein neues Arbeitszimmer hergerichtet. 
Für Mollusken und Insekten waren neue Sammlungsschränke notwendig. 


In der Schausammlung gelangte zunächst eine grössere Gruppe von 


Wildscehweinen mit ihren Frischlngen — ein Geschenk Sr. Durchlaucht des 
Fürsten von Bismarck —, in einem besonderen Glas-Pavillon und m 


natürlicher Umgebung dargestellt, zur Aufstellung. Die Waltiersammlung 
wurde durch den Kopf eines australischen Zwergwales (Gypsabguß) und den 
Schädel eines männlichen Hyperoodon vermehrt. Außerdem sind 50 Säuge- 
tiere neu gestopft, etwa 100 auf neue Postamente gesetzt, die anthropologische 
Sammlung und die Sammlungen der Affen und Halbaffen mit gedruckten 
Etiketten versehen. An Spirituspräparaten wurden etwa 50 neu montiert, 
90 weitere hinzugefügt, darunter die Nachbildung einer holsteinischen 
Austernbank, die Entwickelungsstufen und Varietäten des Flußaales etc. 
In der einheimischen Fauna ist die etwa 2000 Spezies umfassende Sammlung 
von Hauttlüglern in 25 Kästen auf der Galleriebrüstung des Hauptgeschosses 
zur Aufstellung gebracht, während die durch Lichteimwirkung unansehnlich 
gewordene Collektion biologischer Insektenpräparate durch künstliche 
Färbung der dazu gehörigen Zweige, Blätter uud Blüten wieder ausstellungs- 
fähig gemacht wurde. Auch die Schaukästen der Molluskensammlung 
mußten sämtlich wegen Ausbleichens der Farbe erneuert werden. Für die 
Fischereiabteilung der Allgemeinen Gewerbe-Ausstellung in Berlin wurde 
eine Reihe von Präparaten durch Herrn Dr. von Brumn zur Aufstellung 
gebracht, wofür demselben eine silberne Verdienstmünze seitens des Deutschen 
Fischerei-Vereins und ein Ehrenzeuenis seitens der Gewerbe-Ausstellune 
zu teil wurde. Auch das Museum selbst ist mit emem solchen Ehrenzeuenis 
bedacht worden. 


In der wissenschaftlichen Hauptsammlune ist «die Revision 
und Katalogisierung der Säugetiere weiter gefördert und auf die Halb- 


affen, Raubtiere, Huftiere, Zahnarme und Beuteltiere — insgesamt 
773 Exemplare — ausgedehnt worden. Ingleichen wurde eine Neuaufnahme 


der gesamten Skelettbestände der Säuger durchgeführt und mit der 
Katalogisierung derselben begonnen. In der Vogelsammlung wurde 
die Hauptmasse der Schwimmvögel — S64 Iixemplare — nach den 
Bänden 25 und 2S des Britischen Kataloges neu durchbestimmt und 
katalogisiert; ebenso 221 Nummern Neueingänge. Die Eiersammlung wurde 
geordnet, neu montiert und durchweg mit neuen Etiketten versehen. 


Von niederen Wirbeltieren — Reptilien, Amphibien, Fischen — 
sind 830 Nummern neu bestimmt, zum größeren Teile auch katalogisiert 
und in die Sammlung eingeordnet. Für die Familie der Scineoiden wurde 
ein neuer Katalog angefertigt. 


u an A 


Naturhistorisches Museum. OXXNTII 


In der Molluskensammlung ist der Inhalt von S Schränken mit 
Neueinsängen der letzten Jahre vorläufig gesichtet, gereinigt, mit neuen 
Fundortsetiketten versehen ete., sodaß nunmehr mit der wissenschaftlichen 
Bestimmung und Einordnung «des Materiales in die Hauptsammlung, 
welche selbst einer «durchgreifenden Neubearbeitung bedarf, begonnen 
werden kann. 


In der Entomologischen Abteilung sind 6260 Insekten gespießt 
und gespannt worden. Die Neueingänge der Schmetterlinge wurden be- 
stimmt und im die in den Vorjahren endeültig aufgestellte Sammlung eingereiht. 
Von Orthopteren wurde die Gruppe der Phasmiden unter Revision der 
estimmungen in einen neuen Schrank übergeführt. Die große, bis dahin 
völlie ungeordnete und unbestimmte Sammlung der Hautflügler 
konnte in ihrer Gesamtheit — etwa 40 000 Exemplare — mit Individuen- 
etiketten versehen und nach Gattungen zusammengesteckt werden, um so 
die Normalaufstellung vorzubereiten. In diese Normalaufstellung sind dann 
bis Schluß des Jahres 27 Kästen, das sind die Apiden bis zur Gattung 
Xylocopa, gebracht worden. In ähnlicher Weise wurde mit der Ordnung 
der weit über doppelt so umfangreichen Käfersammlung der erste Anfang 
gemacht, in dem zunächst die Ciemdelen und Carabiden zusammengesteckt, 
auch das Material zu emer Fauna des Niederelbgebietes aus ihnen heraus- 
gezoeen wurde. Von Schnabelkerfen sind die Familien der Belostomiden, 
Mononyeiden, Galguliden sowie die europäischen Capsiden bestimmt, einige 
tausend Exemplare der bisher fast nur aus regellosen „Eingängen“ 
bestehenden Hauptsammlung mit Individuenetiketten versehen. 


Für die geplante Ausstellung von Schädlingen des Pflanzenbaues in 
der Allgemeinen Gartenbau-Ausstellung zu Hamburg 1897 sind eine Reihe 
von Vorarbeiten — Listen der in Betracht kommenden Tierformen, Aussuchen 
des Materials aus den systematischen Sammlungen, Anfertigung von 
Desideratenlisten — zum Abschluß gebracht. 


Die Eingänge an Skorpionen (41 Nummern) wurden bestimmt und 
kataloeisiert, ebenso die einheimischen Phalangiden (50 Nummern) und 
etwa 100 Nummern Tausendfüße. Von Krebsen sind eine Anzahl 
Decapoden und die einheimischen Asseln bestimmt und in die Sammlung 
gestellt. 


Von Würmern sind die Neueingänge (424 Nummern) erledigt, 
während aus der Hauptsammlung 484 Nummern Oligochaeten , sowie 
aus der Gruppe der Coelenteraten 1130 Nummern Korallen bis zur 
Gattung bestimmt und katalogisiert wurden. Die Stuhlmann’sche Ausbeute 
an Echinodermen erfuhr eine wissenschaftliche Bearbeitung und gelangte 
alsdann zur Aufstellung in der Hauptsammlung. 


ORRXIN Naturhistorisches Museum. 
Publikationen. An wissenschaftlichen Publikationen seitens der Beamten sind 
erschienen : 


Kraepelin, K.: Neue und wenig bekannte Skorpione. Mit 1 Tafel, 
im Jahrbuch der Hambg. wiss. Anstalten XIII, 1896, Beiheft. 

Derselbe: Phalangiden aus der Umgegend Hambures, ebenda. 

Pfeffer, @.: Ostafrikanische Echiniden, Asteriden und Ophiuriden, 
ges. von Herrn Dr. F. Stuhlmann, ebenda. 

Derselbe: Die Fische Ostafrika’s in „Deutsch-Ostafrika“, Berlin 1896. 

Michaelsen, W.: Oligochaeten in „Kükenthal, zool. Forschunesreise 
in den Molukken und in Borneo“. Frankfurt a. M. 1896. 

Derselbe: Polychaetenfauna der deutschen Meere in „Wissensch. 
Meeresuntersuchungen ete., Riel und Helgoland“. Neue Folse II, 1. 

Derselbe: Reisebericht in „Ergebnisse der Hambg. Magalhaensischen 
Sammelreise“. I. Hamburg 1896. 

Schäffer, ©.: Die Collembolen der Umgebung Hambures und 
benachbarter Gebiete; mit 4 Tafeln im Jahrbuch der Hamb. 
wissensch. Anstalten XIII, 1896. 

Außerdem sind über das Material des Museums folgende Arbeiten 
fertig gestellt, welche sämtlich teils im XII. Bande der „Mitteilungen“, 
teils im I. Hefte der seitens des Museums herausgegebenen „Ergebnisse 
der Hamburger Magalhaensischen Sammelreise“ erschienen sind: 

Altems, ©. Graf: Beschreibung der von Dr. Stuhlmann in Ostafrika 
gesammelten Myriapoden im Jahrbuch der Hamb. wissensch. 
Anstalten XIII, 1596. 1 Tafel. 

Chun, C.: Beiträge zur Kenntnis ostafrikanischer Medusen und 
Siphonophoren nach den Sammlungen Dr. Stuhlmanns, ebenda. 
1 Tafel. 

Lampert, K.: Die von Dr. Stuhlmann an der Ostküste Afrikas ge- 
sammelten Holothurien, ebenda. 

de Man, J. @.: Über neue und wenig bekannte Brachyuren des 
Hamburger und Pariser Museums, ebenda, 3 Tfln. 

Beddard, Frank, E.: Naiden, Tubificiden und Terricolen in „Ergebnisse 
der Hamburger Magalhaens. Sammelreise“. I. Hamburg 1896. 
1 Tafel. 

Braun, M.,: Trematoden, ebenda, 1 Tafel. 

Fischer, W.: Gephyreen, 


v. Linstow: Nemathelminthen R 1 . 
Lönnberg, E.: Cestoden, F mes 
Ude, H.: Enchytraeiden, A 1 r 
Vorlesungen, Die öffentlichen Vorlesungen des Direktors im Wintersemester 1896/97 


Exkursionen. Bohandelten die allgemeine Systematik als Überblick über die Verwandtschafts- 


verhältnisse der heutigen Tierwelt, während Herr Custos Dr. Deffer über 


Naturhistorisches Museum. IXXXV 


allgemeine Physiologie als Lehre von den Grundeigenschaften des Lebens 
las. Herr Dr. von Brunn gab in der zweiten Hälfte des Semesters eine 
kurze Darstellung der Deutschen Hochseefischerei, ihrer wirtschaftlichen 
Bedeutung und ihres Betriebes. Während der Sommermonate wurden 
nur seitens des Direktors einige Exkursionen in die Umgegend mit hiesigen 
Lehrern unternommen. 

In der mineralogischen Abteilung blieb die Schausammlung 
der Hauptsache nach unverändert. In der wissenschaftlichen Hauptsammlung 
wurden 25 Schiebladen silurischer, devonischer und jurassischer Geschiebe, 
sowie 17 Schiebladen hiesiger Lokalsuiten revidiert und neu geordnet, auch 
die Eingänge sämtlich bestimmt und eingereiht. Die Aufstellung neuer 
Schränke machte umfangreiche Einräumungs- und Umstellungsarbeiten nötig. 
Auf Ersuchen des Herrn Professor Lepsius — Darmstadt wurden die 
Blätter „Schleswig“ und „Hamburg“ seiner geologischen Karte von Deutsch- 
land vor der Drucklesung einer Revision unterzogen; ein Zettelkatalog 
der mineraloeischen Litteratur der öffentlichen Bibliotheken Hamburgs 
ist fertiggestellt. Außerdem wurden im Laufe des Jahres 20 Gutachten 
abgegeben, davon 9 über Bohrungen auf Wasser, 3 über Bohrungen auf 
Salz, 4 über Bohrungen auf Kreide, 2 über Handelswerth von Mineralien, 
2 über wissenschaftliche Fragen. 

Die Zahl der Exkursionen während des Sommerhalbjahres betrug 16; 
die öffentlichen Vorlesungen des Wintersemesters gaben eine Einführung 
in die Palaeontolosie. 


Mineralogische 
Abteilung. 


COXXXVI Botanischer Garten. 


t. Botanischer Garten. 


Berieht des Prof, Dr. Zacharias. 


Von grösseren Neuanlagen kamen im Berichtsjahre lediglich die schon 
im vorigem Jahresberichte erwähnten Anpflanzungen von Mediemalpflanzen 
zur Ausführung; im übrigen wurden die vorhandenen Arbeitskräfte und 
Geldmittel für die Verbesserung und Anussestaltung der vorhandenen 
Anlagen verwendet. Im System wurden gründliche Bodenverbesserungen 
und Umpflanzungen vorgenommen, das vor dem Victorienhause belegene 
Warmwasserbassin wurde vergrössert, die Sammlungen einheimischer Pflanzen 


wurden auf Exeursionen ereänzt. Unter anderm konnte die in Nord- 
deutschland auf verhältnißmäßig wenige Standorte beschränkte Lobelia 
Dortmanna aus dem Ihlsee bei Segeberg in unsere Wasseranlage verpflanzt 
werden. . 

Da der Stadteraben bisher seiner steil zu größerer Tiefe abfallenden 
Ufer halber für die Anpflanzung von Wasserpflanzen wenig geeignet war, 
wurde der bei den Vorarbeiten für das im laufenden Jahre zu erbauende 
Gewächshaus gewonnene Boden zu einer Einschüttung verwendet. In 
unmittelbarer Nähe einer dem Publicum zugänglichen Uferstelle ist dadurch 
eine seichte Parthie für die Anpflanzung von Wasserpflanzen gewonnen 
worden, welche abgesehen von dem wissenschaftlichen Interesse, welches 
sie gewähren wird, auch das Landschaftsbild am Stadtgraben wesentlich 
verschönern und beleben wird. Verschönerung des Gartens unter gleich- 
zeitiger Berücksichtigung der Lehrzwecke ist überhaupt dadurch angestrebt 
worden, daß außerhalb der nach bestimmten systematischen und biologischen 
Prineipien regelmäßig angeordneten Anpflanzungen an verschiedenen Stellen 
je nach Lage, Bodenbeschaffenheit ete. Gewächse verschiedener Art so 
angepflanzt wurden, dass sie dem Beschauer dort wild vorzukommen scheinen, 
ein Verfahren, welches als „natural grouping of hardy plants“ in der 
neueren englischen Landschaftsgärtnerei bedeutende Erfolge erzielt hat. 
(Vergl. Robinson. The wild garden. London 1894). 


Botanischer Garten. CXXXVI 


In Folge der Fertigstellung des neuen Hörsaales und der durch eme 
ausserordentliche Bewilligung ermöglichten Vervollständigung der Lehrmittel 
konnte die Lehrthätiskeit in grösserem Umfange als im vorigen Berichtsjahre 
aufgenommen werden. Im Winter wurde vom Berichterstatter über die Zelle, 
im Sommer über Systematik der Dicotyledonen gelesen. Ferner wurden 
praktische Uebungen im Untersuchen und Bestimmen von Kryptogamen 
(Winter) und Phanerogamen (Sommer) veranstaltet. Die Anzahl der 'Theil- 
nehmer an diesen Uebungen führte zur Eimrichtung von zwei gesonderten 
Kursen im Winter und von drei derartigen Kursen im Sommer des Berichts- 
Jahres. 

Die Benutzung der Pflanzen des Gartens zu Unterrichts- und Studien- 
zwecken sestaltete sich im Uebrigen folgendermaßen: Für den botanischen 
Unterricht in den hamburgischen Schulen, als Vorlagen für den Unterricht im 
Zeichnen und Malen sowie an Besitzer von Herbarien wurden 555 287 Pflanzen, 
respective Pflanzentheile verabfolgst (im Jahre 1595: 319 601). 

Es mag an dieser Stelle bemerkt werden, daß die Anzahl derjenigen, 
welche in den Anlagen des Gartens lebende Pflanzen zeichnen und malen, 
sich beträchtlich vermehrt hat; ein Umstand, der sicherlieh mit dazu 
beitragen wird die Blumenmalerei zu fördern. Es unterliegt keinem Zweifel, 
daß die naturwidrigen Formen, welche auf manchen Pflanzenbildern das Auge 
unangenehm berühren, dadurch veranlaßt worden sind, daß der Künstler, nur 
über abgesehnittene, auch wohl oftmehr oder weniger angewelkte Pfllanzentheile 
verfügte, welche er dann in beliebiger, seinem Geschmacke gerade entsprechen- 
der, dem Charakter der betreffenden Pflanzen aber fremder Weise anordnete. 

Material für wissenschaftliche Untersuchungen wurde gesendet an 
die Herren Prof. Dr. van Tieghem m Paris und Prof. Dr. Arthur Meyer 
in Marburg. 

Wissenschaftliche Arbeiten wurden im Garten von zwei hiesigen 
Gelehrten sowie vom Berichterstatter ausgeführt. Die Untersuchungen des 
letzteren wurden zum Theil veröffentlicht in den Berichten der „Deutschen 
botanischen Gesellschaft“ (über einige mikrochemische Untersuchungs- 
methoden) und in dem „Report of the Liverpool Meeting“ der British 
Association for the advancement of science (on the cells of the Cyanophyceae). 

Ueber die Vermehrung der Pflanzensammlungen ist folgendes zu 
berichten: Durch Tausch wurden namentlich von den botanischen Gärten 
zu Strassburg und Paris, der Flora zu Köln, den Herren Prof. Farmer in 
London, Henry Dreer in Philadelphia und A. van Imschoot in Gent werth- 
volle Pflanzen erworben. Besondere Erwähnung verdient der seltene 
Cycadeen-Bastard Ceratozamia mexicana fuscata aus dem Straßburger 
Garten sowie eine Sammlung von nordamerikanischen Inseetivoren und 
Orchideen, welche von Herrn Dreer gegen Wasserpflanzen unserer heimischen 
Flora eingetauscht worden ist. 


OXXXVIL Botanischer Garten. 


Durch Kauf wurden vorzugsweise die Gehölz- und Staudensammlungen 
des Freilandes vervollständigt. Bei der Auswahl der Stauden kamen nicht 
lediglich wissenschaftliche Gesichtspunkte in Betracht; es wurde vielmehr 
auch darauf Bedacht genommen, Pflanzen von decorativer Wirkung zu 
erwerben. Der Garten erhielt mehrfach den Besuch von Gärtnern, welche 
sich über die Verwendbarkeit von neu eingeführten Stauden für decorative 
Zwecke unterrichten wollten. Das gab Veranlassung, den Garten auch für 
den praktischen Gärtner durch entsprechende Erwerbungen nutzbringender 
zu gestalten. 


An Geschenken erhielt der Garten die folgenden: 


1) Sämereien, Knollen und Zwiebeln von den Herren A. Arnemann 
und Co., Dr. Borgert, Frau Baronin Caeeilie von Brockdorf, den 
Herren Dill, Groenewold, Hernsheim (eine größere Sendung von 
Orchideen aus dem Bismarckarchipel), A. Kochen (Früchte und 
Samen von Theobroma eacao. Die Samen erwiesen sich als keim- 
fähig, so daß die Anzucht eimiger Cacao-Pflanzen möglich wurde.), 
Prof. Dr. Kraepelin, William A. Ritz (keimender Samen von Lodoicea 
Sechellarum, emer auf den Sechellen vorkommenden, durch ihre 
10—25 Kilo schweren Früchte ausgezeichneten, im botanischen 
Gärten äußerst seltenen Palme), Capt. Schmidt, J. Winkler (ver- 
schiedene Zwiebeln und Sämereien aus Japan), Zimpel. — 


2) Pflanzen von Frau Berthold, Frau J. M. Bretischneider, den Herren 
Dr. ©. Burchard, Frau Buskies, den Herren Fritz, W. J. Goverts 
(Eucephalartos horridus, Dioon edule, Areca Verschaffeltii), Arück, 
Kuhle, Baron F. von Miiller in Melbourne (ein schönes Exemplar 
von Todea barbara. Es mag an dieser Stelle hervorgehoben werden, 
daß der hiesige Garten gleich vielen anderen botanischen Gärten 
der unermüdlichen Fürsorge des jüngst Verstorbenen Baron F. v. Müller 
einen großen Teil seiner australischen Pflanzen verdankt.), Capt. 
Möller (verschiedene Wasserpflanzen aus Haiti), Dr. Naunne, 
von Pöppinghusen, Bunde, Sander, Capt. Schmidt (eine Anzahl 
wertvoller tropischer Pflanzen), Stoldt, Zimpel (einige Exemplare von 
Sturmia Loeselii, einer der Seltenheiten des Eppendorfer Moores). — 


3) Sammlungsobjeete von Frau Dr. Bülau, den Herren W. J. Goverts, 
Apotheker Kirsten und Ed. Lippert. 


Die Bibliothek erhielt verschiedene Bücher von der Oberschulbehörde, 
dem Vorstande des Bildungsvereins für Arbeiter, Herrn Dr. Bilau, 
Apotheker Dr. Mielek, I. Winckler (eine Japanische Flora sowie ein 
japanisches Werk über Veredelung). Das Herbar wurde durch eine werth- 
volle Schenkung von Herrn .J. Sieveling wesentlich vermehrt. 


Botanischer Garten. ERRRIX 


Für die innere Ausschmückung des Hörsaales schenkten: Herr Prof. 
Reymolds Green in London die Portraits von Dr. J. Dalton Hooker und 
Robert Brown, Herr Dr. Sonder eine Ansicht des hiesigen botanischen 
Gartens, Frau Marie Zacharias die Portraits von Prof. Dr. Lehmann und 
Physikus Dr. Buek sowie verschiedene Landschaftszeichnungen aus dem 
hiesigen botanischen Garten. 

Eine Anzahl schöner Goldorfen überwies Frau M. H. Mangels dem 
Garten für den Stadtgraben. Einige Nachtigallen-Pärchen wurden von 
Herrn Völschau in sachkundiger Weise ausgesetzt. 


(ORIE Botanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde. 


8. Botanisches Museum 
und Laboratorium für Waarenkunde. 


Bericht des Direktors Professor Dr. Sadebeck. 


Die im Nachfolgsenden sesebene Zusammenstellung über die während 
des Berichtsjahres 1596 erfolgte Erweiterung der Sammlungen und die 
wissenschaftliche Thätigkeit des Institutes umfasst: A. die Sammlungen, 
B. die Instrumente und Apparate, C. die Bibliothek, D. den Bericht über 
die wissenschaftliche Thätigkeit und die Benutzung des Institutes. 


A. Sammlungen. 
I. Geschenke überwiesen: 


1) Herr J. D. Flügger: Weissen und röthlichen Sansibar-Copal, 
indischen und Sansibar-Copal mit Insekten, Angola-, Sierra-Leone-, Congo-, 
Madagaskar-, Macassar- und Padane-Copal. 

2) Die Direktion des Vereins deutscher Oelfabriken m Hamburg 
und Mannheim: Westafrikanische Erdnüsse (Arachis hypogaea L.), in Schalen 
und geschält, geschälte ostafrikanische Erdnüsse, 3 Sorten Erdnussöl, Erd- 
nusskuchen; ostafrikanische Sesamsaat . (Sesamum indicum L.), 3 Sorten 
Sesamöl, Sesamkuchen; Coprah (Endosperm der Cocosnuss), Cocosöl und 
Cocoskuchen. 

3) Herr F. Gabain: Kamerun- und Togo-Palmöl und Palmkernöl. 

4) Die Direktion der Ersten Deutschen Ramiespinnerei 
Emmendimgen (Baden): Stengel von Ramie (Boehmerza nivea Hk. et Arn.) 
Rohfaser derselben, gebleichte und gekämmte Faser, weisse und gefärbte 
Garne und Gewebe. 

5) Die Direktion der Jute-Spinnerei und -Weberei in Schiffbek: 
Eine Collection von Jute und Jute-Fabrikaten. 

6) Herr J. Jordan: Aesyptische Baumwolle. 

7) Herr L. Levy: Proben von Granbassa-, Monrovia- und Cap Palmas- 
Piassave von Raphia-Arten, Palmyra-Piassave von Borassus flabellifer L., 
Para- und Bahia-Piassave von Attalea funifera Mart. sowie Madagaskar- 
Piassave von Dietyosperma fibrosum Wright. 

8) Herr Apotheker C. Meyer- (f) Curacao: Eine Collection von 
173 Hölzern. 


Botanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde. EXLI 


9) Die Direktion der Hamburg-Amerika-Linie: Landesprodukte 
aus Texas (Hirse, Roggen, Hafer, Reis, Maisstauden von ca. 3 Meter Höhe, 
Baumwollstauden mit Fruchtkapseln, Baumwollöl, verschiedene Ooniferen- 
Hölzer, eonservirte Früchte ete.), welche dem Kapitain des Dampfers „Sicilia“ 
anlässlich des Anlaufens des Hafens von Galveston seitens einer dortigen 
Deputation überreicht worden war. 

10) Herr Dr. Voigt: 12 z. Th. colorirte Photographien japanischer 
Culturfelder (Thee, Reis, Lotos, Bambus ete.). 

11) Herr C. H. v. Eicken: Muster ostafrikanischen Tabaks von der 
Lewa-Plantage, 1894er Ernte. 

12) Fräulein Dinklage: Samen der Steinnuss-Palme (Phytelephas 
microcarpa R. et P.) und die Verarbeitungsstadien derselben zu Knöpfen. 

135) Herr O. Rafflenbeul: Verarbeitung der Steinnuss (Phytelephas 
microcarpa R.et P.) und der Elfenbeinnuss (Coelococcus salomonensis Dingl.). 

14) Die Herren E. H. Worlee & Co.: Kolanüsse (Samen von Cola 
acuminata R. Br.) aus Westafrika und sog. Westindische Kolanüsse (Samen 
von Tounatea guyanensis Aubl.). 

15) Herr F. Dencker: Weisse Kolanüsse (Samen von Gareinia Cola 
Heck.) und Cortex Mangle (von Rhizophora Mangle L.) aus Westafrika, 
an der Sonne gedörrte Kartoffeln und Lignum Pichi (von Fabiana imbri- 
cata R. et P.) aus Chile. 

16) Herr Dr. Hinneberg: 3 Fruchtstände von Andropogon arundi- 
naceus Scop. 

17) Herr Dr. Brick: 30 Phanerogamen, 5 Farne, 4 Moose, 5 Flechten 
und 150 Pilze aus der Umgebung von Hamburg, besonders dem Sachsenwalde. 

18) Herr Dr. Gaffron-Lima: 29 Phanerogamen und 5 Farne aus 
dem Innern des nördlichen Peru (leg. D. H. Deuks). 

19) Herr O. Jaap: Zwei für die Flora von Hamburg neue Bidens- 
Arten, B. connatus Mühlenbe. vom Hammerhrook und BD. frondosus L. 
von der Dove-Elbe; Pilze aus der Umgebung von Hamburg und Triglitz 
(Prignitz); ein Hexenbesen von Betula verrucosa, hervorgerufen durch Exroascus 
betulinus Sad. von Triglitz, ein grosser Hexenbesen der Kiefer, ebendaher; 
Verbänderung einer Weide aus Allermöhe. 

20) Herr Dr. Eichelbaum: Pilze aus der Umgebung von Hamburg. 

21) Der Direktor: 4 Algen, 1 Chara, 5 Flechten, 108 Pilze und 
5 Moose aus Nordamerika. 

22) Herr Oberförster Dr. Möller: 32 Originalphotographien süd- 
brasilianischer Phalloideen. 

23) Naturhistorisches Museum: 20 Algen (leg. Dr. v. Ohlendorfi, 
Dr. Gräffe, Hupfer und Pässler), darunter mehrere Kalkalgen; eine 


BRETT Botanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde. 


Eichenwurzel mit einem umwachsenen Steine, von Fuhlsbüttel (ec. P. Rehdanz) ; 
eime Eschenwurzel, welche durch ein Loch eines Feuersteins hindurch- 
gewachsen ist; Verwachsungen von je 2 und 3 Haselnüssen, von einem 
Knick bei Stackenäs bei Warberg, Provinz Halland in Schweden. 

Ausserdem erhielten wir noch Geschenke einzelner Objekte von den 
Herren: R. Frank, Th. Baetcke, Jantzen & Thormählen, 
C’Steffen, Prof. Schenk, Dr. Timm, Richter, Dr. Klatt, Prof. 
Wortmann, O. Schneider, Groth, Rechtsanwalt Fülscher, Hansen, 
Dr. Köhler, E. H. Winter, Arens Böcker & Bünemann, Baron 
F.’v. Müller. 

Der bereits in den Tageblättern für die genannten freundlichen Zu- 
wendungen erstattete Dank möge hier nochmals einen Ausdruck finden. 

II. Durch Ankauf fand folgende Vermehrung der Sammlungen statt: 

1) €. G. Pringle: Plantae mexicanae, 350 Nr. distr. 1885 — 89, 
25 Nr. distr. 1894 und 210 Nr. distr. 1895. 

2) G. Volkens: 364 Nr. Kilimandscharo -Pilanzen. 

3) V. Schiffner: 13 Nr. tropische Heil- und Nutzpflanzen. 

4) J. Bornmüller: 351 Nr. oriental. Pflanzen, iter persico-tureicum, 
1892/93. 

5) V. Stribrny: 292 Nr. bulgarische Pflanzen. 

6) P. Sydow: Characeae exsiccatae IT. 

7) A. Möller: Brasilianische Protobasidiomyceten. 

S) L. Romell: Fungi scandimaviei Cent. 1. 

9) W. Krieger: Fungi saxonici XXIII und XXIV, sowie schädliche 
Pilze der Kulturgewächse 1. 

10) Th. Reinbold: Alsae Muellerianae (e. J. Agardh) und Alsae 
Üeylonenses et Japonicae. 

11) F. Pax: Herbarium cecidiologieum I — 11. 

12) A. Schenkel: Diverse Fruchtstände, Zapfen, Früchte und Samen. 

15) Steidtmann & Nagel: Raphia-Piassave, -Bast und -Matten, 
Borassus-Piassave, Cocosgarn und Jute. 

14) H. Haas: Gewürze und Stärkemehle. 

15) Th. Schuchardt: Früchte von Coelococcus vitiensis Wendl. 

16) Gebrüder Conn: Elfenbeinnüsse (Coelococcus salomomensis Dingl.) 

17) J. J. Darbeven: Usambara-Kaffee. 

15) Reese & Wichmann: Ostafrikanische Vanille. 


III. Durch Tausch wurden erworben: 
1) P. Richter: Phycotheea universalis XIV und XV. 
2) Von Herrn F, S. Collins-Malden, Mass.: 114 Nr. meist californische 


Algen. 


Botanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde. CXLII 


Im Tausch abgegeben wurden an 

1) U. S. Department of Agriculture, Division of Botany: 
90 Nr. Phanerogamen aus Queensland, 108 Nr. Pteridophyten aus Queensland 
und Polynesien, 21 Nr. andere Pteridophyten, 50 Nr. deutsche Gramineen, 
Juncaceen und Umbelliferen, sowie 95 Nr. Algen. 

2) Herrn F. S. Collins: 60 Algen. 

3) Kegel. Botanisches Museum - Berlin: Einige Stärkemehle und 
Fasern. 

4) Herrn Prof. Dr. Detmer-Jena: Lackmustlechte und einige Samen. 


B. Instrumente und Apparate. 


A) Gekauft wurden von: 

1) C. Zeiss-Jena: Ein Objectiv D, ein dreistrahliger Revolver und 2 Con- 
densor mit Irisblende. 

2) E. Leitz - Wetzlar: 1 Mikroskopstativ, 2 Objective 5, 2 Objective 6 
und ein dreistrahliger Revolver. 

3) W. & H. Seibert: em Irisblende. 

4) H. Hartnack - Potsdam: Ein Ocular 2. 
B) An Geschenken überwies der Direktor: 

1) Eine Schröder’sche Präparierlupe. 

2) Eine Sammellinse. 


©. Bibliothek. 


Gehalten wurden 19 Zeitschriften und 10 Lieferungswerke. Neu 
abonnirt wurde auf: 

1) P. Ascherson: Synopsis der mitteleuropäischen Flora. 

3) Kirchner & Boltshauser: Atlas der Krankheiten und Be- 
schädigungen landwirthschaftlicher Kulturpflanzen. 

3) G. Lindau: Lichenologische Untersuchungen. 

Ferner wurden angeschaftt: 

1) J. G. Agardh: Analeeta algologiea ce. eont. I — HI und Till 
Algernes Systematik, Nya Bidrag I — Vl. 

2) 0. Dammer: Illustrirtes Lexikon der Verfälschungen und Ver- 
unreinigungen der Nahrungs- und Genussmittel. 

3) A. Engler: Botanische Jahrbücher für Systematik, Pflanzen- 
geschichte und Pflanzengeographie I — IX. 

4) E. Hanausek: Erdmann-Königs Grundriss der allgemeinen 
Waarenkunde. 

5) H. Schinz: Deutsch - Südwestafrika. 

6) A. Sodiro: Uryptogamae vasculares Quitenses. 

7) J. B. de Toni: Sylloge Algarum I — II. 


CXEIV Botanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde. 


8) M. Woronin: Sklerotienkrankheit der Vaceinienbeeren, der Trauben- 
kirsche und der Eberesche. 

9) Kiepert: Wandkarte von Afrika. 

Im Tauschverkehr erhielten wir: 

1) Kgl. Svenska Vetenskaps-Akademiens Handlingar XXVI, 2, 
1892 und XXVI, 3, 1893, Bihang Afd. IH. Bd. XX, 1895 und XXI, 1896 
sowie Öfversigt 1894 No. 2, 8, 9, 10, 16, 19, 31, 32, 36 und 37. 

2) U. S. Department of Agriculture: a) Experiment Station 
Record VII. — b) Yearbook 1895 — c) 5 kleimere Broschüren von 
Atwater & Woods, Gilbert, Morton, Swingle und Waite. 

3) Kolonialmuseum Haarlem: Bulletin Maart und Juli 1896. 

4) Hooker: Icones Plantarum IV, 3 und4, 1895, V, 1, 2, 3 und 4, 1896. 

5) Redaction des Jahrbuchs der Hamburgischen Wissen- 
schaftlichen Anstalten: 3 botanische Abhandlungen von Hartwich, 
Rehberger und Zenetti. 

Geschenke überwiesen: 

1) Gesellschaft für Botanik: a) Abhandlungen des Natur- 

wissenschaftlichen Vereins in Bremen XII, 3, 1895 und 
XIV, 1, 1896. — b) Schriften der Naturforschenden 
Gesellschaft in Danzig XI, 1, 1896. — c) Abhandlungen und 
Berichte des Vereins für Naturkunde zu Kassel XLI, 1895/96. 
— d) Anzeiger der Akademie der Wissenschaften zu 


Krakau 1896. — e) 14. Bericht des Botanischen Vereins m 
Landshut (Bayern) 1894/95. — f) Jahreshefte des Natur- 
wissenschaftlichen Vereins für das Fürstenthum Lüneburg 
XII, 1893/95. 


9) Naturwissenschaftlicher Verein: a) H. Conwentz, Mono- 


sraphie der baltischen Bernsteinbäume. — b) J. Decaisne, 


Monographie des genres Ligustrum et Syringa. — ec) Th. M. Fries: 
Bidrag till en lefnadsteckning öfver Carl von Linne I. — d) J. Buza: 


Krankheiten der Kulturpflanzen. — e) N. Filarszky: Die Characeen 
mit besonderer Rücksicht auf die in Ungarn beobachteten Arten. 
— f) F. Haszlinszky: Flechtenflora Ungarn’s. — g) O. Hoppe: 
Beobachtungen der Wärme im der Blüthenscheide einer Colocasia 
odora (Arum cordifolium). — h) Th. Kosutäny: Ghemisch- 
physiologische Untersuchung der characteristischeren Tabaksorten 
Ungarns. — ıi) H. Wetterdal: Bakteriengehalt der Wasserzüge ın 
Stockholm. — k) W. Zopf: Die Conidienfrüchte von Fumago. — 
I) 25 Botanische Abhandlungen von Arthur, Bergonzini, Bombieci, 
Capellini,  Coceoni, Delpino, Famimtzin, Fernald, Goebel, 
Korshinsky, Maximowiez, Meinshausen, Morini, Rizza & Boutlerow, 


6) 


ul) 


Für 


1) 
2) 


Botanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde, CXLV 


Schwab, Schwendener, Ssüsew, Waghorne und Wilson aus ver- 
schiedenen Akademie- und Veremsschriften. — m) Einzelne Hefte 
der Schriften der Naturwissenschaftlichen Vereine zu Nürnberg, 
Reichenberg, Schleswig-Holstein, Schneeberg und Zwickau. 
Großherzogl. Badische Landwirthschaftlich-Botanische 
Versuchsanstalt mn Karlsruhe: L. Klein, 5. Bericht der Land- 
wirthschaftlich-Botanischen Versuchsanstalt 1858—1895. 

Herr Dr. Benecke: Soltwedel-Benecke, Formen und Farben von 
Saccharum offieinarum L. und von verwandten Arten. 21 chromo- 
lithographische Tafeln mit Text. 

Herr Dr. Brick: a) Forstliche Botanik 1894 und 1895. — 
b) Frank & Sorauer, Jahresbericht des Sonderausschusses für 


Pflanzenschutz für 1895. — c) Frank & Sorauer, Pflanzenschutz, 
2. Auflage — d) Warburg, die aus den deutschen Kolonien 


exportierten Produkte. 

Herr Gehe & Co.-Dresden: a) Handelsberichte, September 1895, 
April und September 1896. — b) Verzeichnis neuerer Heilmittel 
mit kurzen Bemerkungen über Vorkommen, Zusammensetzung und 
Wirkung. 

Herr Kommerzienrath G. Hänsel-Pirna: 4 Vierteljahresberichte 
der Fabrik ätherischer Oele und Essenzen 1896. 

Herr Dr. Klatt: 4 Sonderabdrücke über Compositen. 

Herr Dr. Klebahn: 2 Kataloge der Handelsausstellung zu 
Bremen 1590/91. 

Der Direktor: a) Mittheilungen der Geographischen Gesellschaft 


zu Hamburg, I-VIl, 1; IX,2; XI und XII. — b) Nuovo Giornale 


Botanico Italiano XXI, 1559. — c) Jahrbuch der Deutschen 
Landwirthschafts-Gesellschaft 1592 und 1895. — d) Verhandlungen 


der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte zu Halle 1891. — 
e) Lehmann, Revisio Potentillarum. 
Herr Major a. D. Th. Reinbold-Itzehoe: a) Schriften des 
Naturwissenschaftlichen Vereins für Schleswig-Holstem X, 2; 1895. 
— b) 40 botanische (meist algologische) Abhandlungen von Barton, 
Borgesen, Collins, Crato, Davis, v. Fischer-Benzon, Gomont, Hansgirg, 
Heincke, Hennings, Hieronymus, A. Krause, E. H. L. Krause, 
v. Lagerheim, Möbius, Prahl, Reinbold, Reinecke, Richter, Setchell, 
Schröder, Schütt, Weber-van Bosse, de Wildeman und Wille. 
Demonstrationen wurden in Folge einer nachträglichen 


Extra-Bewilligung angeschaft: 


L. Kny: 100 botanische Wandtafeln. 
A. Peter: 22 Wandtafeln zur Systematik, Morphologie und 


. Biologie der Pflanzen. 


GXTIVT 3otanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde. 


3) E. Brackebusch: Medicinalpflanzen, 25 Aquarelltafeln für 
Demonstrationen bei Vorlesungen. 

4) F. Rosen: 9 anatomische Wandtafeln der vegetabilischen Nahrungs- 
und Genussmittel. 

5) Tschirch & Oesterle: Anatomischer Atlas, Lieferung 1 — 11. 

6) V. Dürfeld Nachf.: 119 Modelle von Pilzgruppen. 


D. Die wissenschaftliche Thätigkeit und die Benutzung des Institutes. 


Die Sammlungen und Instituts- Einrichtungen wurden in folgenden 
Publicationen benutzt, welche entweder bereits erschienen oder im Er- 
scheinen begriffen sind: 

1) Barton, E. S., Cape Alsae. (Journ. of Botany XXAIV). 

2) Brick, C., Forstliche Botanik, 1895. (Allgemeine Forst- und Jagd- 
zeitung, Suppl. Heft 1896). 

3) — Pteridophyten, 1894 (Just’s Botanischer Jahresbericht, XXI). 

4) Gruber, E., Ueber Aufbau und Entwickelung einiger Fucaceen 
(Bibliotheca botanica. Heft 38). 

5) Reinbold, Th., Meeresalgen in Dr. Reinecke’s Flora der Samoa-Inseln 
(Engler’s Botan. Jahrbuch XXL.) 

6) — Algen der Lacepede- und Guichen-Bay ete. (Süd-Australien), 
gesammelt von Dr. Engelhart (Nuova Notarisia 1897). 

7) Reinecke, F., Die Flora derSamoa-lIuseln (Engler’s Botan. Jahrb. XXI). 

5) Sadebeck, R., Die wichtigeren Nutzpflanzen und deren Erzeugnisse 


aus den deutschen Colonien, mit Bezug auf die Colonial-Ausstellung 
des Botanischen Museums (Dieses Jahrbuch). 
9) —, Filices camerunianae Dinklageanae, mit 1 Taf. (Dieses Jahrbuch). 

10) Voigt, A., Pharmaceutische und technische Botanik, 1594. (Just’s 
Botanischer Jahresbericht, XXI). 

11) Warburg, O., Ueber Verbreitung, Systematik und Verwerthung der 
polynesischen Steinnuss-Palmen (Berichte der Deutschen Botanischen 
Gesellschaft 1896). 

In der Vertheilung der ständigen wissenschaftlichen Arbeiten ist eine 
Aenderung nicht eingetreten. 

In den Sitzungen der Gesellschaft für Botanik wurden 
"Theile der Sammlungen, namentlich die neuen Erwerbungen demonstrirt 
und die für die Bibliothek des Museums eingegangene neue Litteratur 
ausgelegt und besprochen. 

Die Betheiligung an den Vorlesungen, Excursionen und am 
Practicum war dieselbe wie in früheren Jahren; ausserdem arbeiteten im 
dem Institut 11 Herren längere oder kürzere Zeit, z. Th. während des 
ganzen Jahres. 


Botanisches Museum und Laboratorium für Waarenkunde. GXREVH 


Aus der Bibliothek wurden 191 Bände entliehen; ausserdem 
arbeiteten in derselben 10 Herren. 

Theile der Sammlungen wurden in 7 Fällen an auswärtige Gelehrte 
ausgeliehen und z. Th. in Publikationen (vergl. oben) benutzt. 

Für 6 Vorträge, welche ausserhalb des Museumsgebäudes, aber in 
Hamburg gehalten wurden, lieferten die Sammlungen des Botanischen 
Museums das nöthige Demonstrationsmaterial. 

Der Besuch der Schausammlungen war ein sehr reger; auch 
20 auswärtige Fachgelehrte beehrten das Institut durch eingehendere 
Besichtigungen. 

Im Laufe des Berichtsjahres wurde auf Ansuchen in 245 Fällen 
Rath und Auskunft ertheilt. Die Samencontrolstation untersuchte 
841 Sämereien (344 mehr als 1895). Die Gesammteinnahme des 
Instituts betrug 4 3770. 

Aus den Sammlungen des Botanischen Museums wurde eine Colonial- 
Ausstellung, d. h. eine Sammlung der wichtigeren Nutzpflanzen der deutschen 
Colonien, zusammengestellt und vom 2.—12. April im Botanischen Museum 
für das Publikum geöffnet. 

Dieselbe Sammlung wurde Ende April nach Berlin geschickt und vom 
1. Mai—15. Oktober in der deutschen Colonial-Ausstellung in 5 grossen 
Schränken, 2 Doppel-Schaukästen mit Schrank-Aufsätzen und 5 einzelnen 
Schaukästen mit Schrank-Aufsätzen aufgestellt. Die nicht unbedeutenden 
Kosten für Transport, Feuerversicherung, Revision u. s. w. wurden von 
der deutschen Colonial- Ausstellung getragen. Auch lieh hierfür Herr 
Kommerzienrath G. Haensel in Pirna eine Sammlung ätherischer Oele, 
welche von tropischen Nutzpflanzen gewonnen werden. 


CXLVIII Bericht über die, Thätigkeit der Abtheilung für Sameneontrole 1895,96. 


Bericht 


über die Thätigkeit der Abtheilung für Samencontrole 


(für die Zeit vom 1. Juli 1895 bis 30. Juni 1896) 
(V. Geschäftsjahr) 
von 


Dr. 4A. Voigt. 


In dem Berichtsjahre kamen 677 Proben zur Untersuchung und zwar 


von 20 Firmen Hamburgs. .... RER 599 Muster 

8 4 ausserhalb Hamburgs ..... BI 

Zur eigenen Information wurden ..... De 
untersucht, mithin zusammen ....677 Muster. 


Auf die einzelnen Monate vertheilen sich dieselben wie folgt 


1895 | 1896 

Transport..... 181 

I En ER N re N aa ee ee 150 
TEN RUE area en TI, REDLAALAL. 0  AREE 115 
Septembert. a. ee 894) März. a el, Ar 145 
Detoberzr ereeree se ee 28 AD Re N ee RE 49 
November A... er ee 36 NEN RE FE ei Jar aha 15 
December... .rr ER Barke Arathe 62 N RAR FA HR ae a Daher 0 19 
181 | 677 


Für die eingesandten Proben waren beantragt: 


Feststellungen der Echtheit ............... N ) 
n des, Kleeserlegehalts „rec Ber ee 310 

” der Herkunft‘ u... sr er ee 6 
Ermittelunsen"derzemheit ne we ri 

5 eK eimkräften Dee EL ) 

. Bestimmungen des Gewichts von 1000 Körnern .......... 16 
s » Nolumenvewichtsee Eee er 3 

875 


Dieselben vertheilen sich auf die einzelnen Samenarten wie neben- 
stehende Uebersicht ausweist. 


Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung für Sameneontrole 1895/96. CONLIX 


LE Untersucht auf 5 &n 
ze 8, Sina == 
3 Samenart Bi ee Eee ee 

jes} fee ES 2: > 5 
[ NkaezEale 
1 | Rothklee (Trifolium pratense L.)...... 279 | — 1184| 3| 61| 89) 16 | — | 353 
2% | Weissklee (Trifolium repens L.) .. .... 72 |— | 29) — | %4| 50 — | — | 103 
3 | Bastardklee (Trifolium hybridum L.) .. | 101 | — | 60 — | 23) 48) — | — | 131 
4 | Incarnatklee (Trifolium Incarnatum L.) 41 —-|—-|1—| —| 4 — |— 4 
5 | Wundklee (Anthyllis vulneraria L.) ... 3 =) | ei — | 7 
6 | Luzerne (Medicago sativa L.) ......... 19 2| 125 2|— 1— |—-| 2% 
7 | Gelbklee (Medicago lupulina L.) ..... 11|—-| 3 —| 2 8 — |—-| 3 
8 | Serradella (Ornithopus satiwus L.) ..... 19 |—-—|—|—| 1| 9| — |— | 10 
9 | Spörgel (Spergula satiwa BD) ........: All ll, 2, li 5 
10 | Sesam- oder Gingellysaat (Sesamım 
EL DICN de een: 5 NR Ze 
| ARETNIEr Se Bonsai rer ee 7 \—= ||| 7 —|— l— 7 
12 | Lein (Linum usilatissimum L) ......: 2 | —-—|—-|—-| 3 — — |— 2 
13 | Canariensaat (Phalaris eanariensis L.) . s |I—|- 8 8 
14 | Erbsen (Pisum sativum L.) .........- 1|-|—|\-| - 1-|-— l 
15 | Engl. Raygras (Lolium perenne L.).... 8 I —/—' -| 4 8 — |—| 12 
16 | Italien. Raygras (Lolium ilalieum A. Br.) 5 ||| | 4 4 — | — S 
17 | Franz. Raygras (Arrhenatherum elatius 
NV BET GED) neet o ee Ss |-—1-ı-| 94 — |—| 3 
18 | Knaulgras (Dactylis glomerata L.)..... 2 |—|—-|—| 17) 1) — | 3| 3] 
19 | Timothee (Phleum pratense L.)........ 43 |—| 16 1| ı8 36) — | —| 71 
20 | Honiggras (Holeus lanatus L.) ........- 3 1-1 |-—| —-| 3) — | — 3 
21 | Wiesen - Fuchsschwanz (Alopeewrus 
TUHEHEOSADN) 5 0.00 ao RO 71—\—-|—- | 4 6| — ,—| 10 
22 | Gemeines Rispengras (Poa trivialis L.) 2 |I— 2| 2 
23 | Wiesenrispengras (Poa pratensis L.) .. 6 I -|--1- | —) 6 —- |— 6 
34 | Platthalm-Rispengras (Poa compressa L.) ll 2 2) —)l— 6 
35 | Wiesenschwingel(Hestuca pratensisHuds.) 7 —|—|—| 1 7) —|—| 8 
26 | Ruchgras (Anthoxanthum Puelii Lee. el 
EOS ee er Dura 2 I\-1-|1—-| -)| 9 — |— 2 
27 | Kammgras (Uynosrus eristatus) »....:. 3 I—I—-1—| 1 2 — |— 3 
RO N VEIZETIS ER Erekeiee ste nl ala: EIN: 12 el | 1 
DODIELSTERR TR re ee a ae 2 2 _ 2 
BORIEREESerdene er Sense l 1 — 1 
Summe...... | 677 | 31310] 6]210,385| 16 | 3] 873 


CL Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung für Sameneontrole 1895/96. 


2. Die Eehtheitsbestimmungen betrafen, einmal die Bestimmung eines 


Siebsels als Kleeseide und ferner den Nachweis, ob amerikanische Luzerne 
blaublühend (Medicago sativa) sei. Die letzteren Fälle werden bei den 
Angaben über die Culturversuche der Abtheilung weitere Erwähnung finden. 


0} 


3. Die Untersuchungen auf Kleeseide gaben die folgenden Resultate: 


Es wurden gefunden 


hei Röthklee/| Weis- | Bastard| 77 »erne Geibklee)] Dune sn: 
klee klee klee thee 
von Proben 184 29 60 15 3 3 16 
seidehaltig 90 7 29 12 1 = 3 
Er a 4 rn ae i 
oder in % | 49 25 48 s0 33 — 18,8 
= 2a EEE MR BE RINE —ı : ERIELE 
gegen EN +9;| 3 E & 
ae nl +3 | + | 45 | - + 188 


Der höchste Gehalt an Cuseuta betrug 


beim Rothklee ... 2.2. ..580 Kömer in 100 gr 
» Weisskleen.eic.. ga la Aar: A 
FE Schwedinklaezse “SA0RaE a > 
> tGelbilee nu. an ee N: NM 27 
Sn Hlimothee ern re sb nen 
beigder-Inzerne re ee 19,2); Pre Kine en 


Für die Rothkleeproben stellte sich der Seidegehalt wie folgt: 
Es enthielten 


Früchte der Kleeseide (sog. Kapselseide) ...25 Proben — 14 % 

wenieerswie IE Korn@ın  lOUBERE ee 5 er auf 

1 Korn in 100 NE TE a) r —0 Seide 

mehr wie 1 Korn in 100 gr untersucht. 

und theilweise Früchte ............... ..50 »„» = 27 „ij Muster. 
49 % 


Der Prozentsatz der mit Kapselseide behafteten Proben ging von 31% 
im Vorjahre auf 22% zurück. 

4. Die Herkunftsbestimmungen erstreckten sich auf Rothklee, Luzerne 
und Timothee. Ihre Anzahl war gering, da amerikanische Saaten für den 
Markt in umfangreicher Weise nicht in Betracht kamen. Zwei Rothklee- 
muster gaben keine Bedenken gegen europäischen Ursprung, die dritte war 
reiner Amerikaner. Die beiden Luzerneproben boten keinen Anhalt ihre 
Herkunft (Ungarn) zu bezweifeln, das Muster Timothee ebenfalls. 


Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung für Sameneontrole 1895/96. 


r 


A il 


Für 


die 


LEI 


veinheit und Keimfähigkeit ergaben sich in der 


jerichtszeit die auf nachstehender Tabelle zusammengestellten Minimal-, 
Maximal- und Mittelwerthe. 


a: Te an 1894/95 Gegen das 
Reinheit Keimkraft ') An Voriahe 
Samenart e E) Ele eE EI 3 3 8 5 Rein- | Keim- 
Sei I: 3 S2| a i=| EB = 3 heit | kraft 
BEE Su eSie [ale E) = 3 = an Rn 
= ı e= | 3 = = [et 4 70 ae % 
u Re A ee KEN 
Rothklee........ 61 88,45) 98,7 | 95,6. | S9 | 23+76/99,5+0,5, SI-H10 | 96,7 | 90,5-+7| —1,1| —1,5 
Weissklee........ 24 | 84,4 | 97,8 | 93,6 | 50 166+0 | 99-1 |83+14 | 93,2 | 84F11| +0,4| —1 
Bastardklee .....| 23| 82,6 | 98,9 | 95,1 | 48 | 65-432) 99+0,5| S9I-HI0 | 96,5 | 85-11] —1,4| +4 
Inkarnatklee.... — | — _ — 492-0 | 96-0 940 —_ == er = 
Wundklee..... l| — — |89591 31944 | 974+3 | 96+3 | 90,6 | 12+2 | —2,3| -+84 
Gelbklee ....... 2 | 93,9) 95,4 | 94,6] 8S|46+53| 9644 | 87-H12 | 87,12) Se Fewo 
Luzerne ....... —|| = = == 1 —_ _ 2-6 —. 195-#1,5.| — — 
Serradella....... 1 | = ERBE) 19 90 69 93,98 77 1—0,78| —8 
Spörgel er Maar | = _ 8,6 4 51 90 75 er — —, aa 
Denen 2 | 98,7 | 99,8199,35 | — == — — 91,3 2) = +8 Zu 
BIchSensern —| — —_ = 1 —_ = 70 ae er = = 
Canariensaat.. 8| 93, | = — — 94,5 — +0, — 
DESADEr 20 | 94,4 | 985 | 97,2] - 97,1 — oz == 
Bıcmusmeer anne 7| 9484|. 97 | 9,21 — - — — 94 nl) — 
Engel. Raygras...| 4| 96,1| 97,8/97,18| 8| 89 97 95 97,96 89 —0,78| +4 
Ital. Raygras ....| 4|93,95| 97,9 /95,35| 4| 88 97 92 | 98,4 83 35 | +9 
Franz. Raygras . 9 | 52,55| 98,05| 73,9 | 14 21 89 72 85,3 66 |—-11,4| +6 
Knaulgras ....... 17 | 57,051 91,14| 83,5 | 11 72 om 35 15,6 74 +7,9| +11 
Timothee ....... 18 | 95,2 | 99,51 97,7| 36| 75 100 97 96,6 83 1,11 -F14 
Honiegras....... | — _— | 3| 34 89 52 _ 67 — | —15 
Fuchsschwanz ...| 4| 652 | 77,3| 7LA| 6| 40 87 gi 60,3 35 |+11,1) +33 
Wiesenrispengras | 1] — — |35] 6| 30 64 47 8928) 615 | —5,8 |—14,5 
Platthalm -Rispen- 

eigoneRe oc 2 | 82,9| 86,4 | S4,6!1 4! 85 92 8) 87,4 87 —R2,8| +2 
Gemeines Rispen- 

DAS PR | = — —_ 2 23 34 2) 92,59 | 42,5 — 13,5 
Wiesenschwingel 1| — — 96,9 7 82 98 90 96,5 79,3 -+0,4 |+-10,7 
Geruchgras...... —| — _ _ Ball ji 93 92 _ 86 — | +46 
Kammgras ...... 1| — — | 972| 2| 80 86 3 _ _ _ = 
erzens ne —| — _ il _ _ 9% _- En _ _ 
Gerste... —| — _ 2 — ie 96 = eu = Ei 

Die mit Angabe der einzelnen vorhandenen Grasarten ausgeführten 


Analysen französischer Knaulgräser und französischer Raygräser stellten 


sich im Durchschnitt wie die folgende Zusammenstellung zeigt. 


1) Bei den Kleearten bedeuten die der Keimkraft addirten Zahlen die harten Körner. 


2] 


Mittel der Vorjahre. 


ÜCLII Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung für Samencontrole 1895/96. 


1. Französische Knaulgräser: 


TeINeRDAat 72% 
Wiesenschwingel ........ 8,7, | gute Gräser 
französisches Raygras 0,8 822% 
Goldhater Bone re On ya 
Trespenu. Laer 0,5 „ 
Engl. Raygras, Honiggras 6,0 „ 
Unkräuterf ers ren ee 0,8 
SpEeU en. An ran DET 
SET SR, en 09, 
100 

2, Französische Raygräser (Fromental) 
Reine Dan 67,64 
Knauleras realer mäsen 
Wiesenschwingel . ....... 0,9 \ 75.6% 
Poar Goldhatene rer 0,06 
Trespen...... En ee mare 
‘nel. Raygras, Honiggras. 3,2 
Unkräuter ...... FEN 
DPLEUNPE IE N: 
SE ee Me 

100,0 


Für die Kleesaaten trat im Berichtsjahr der Einfluss der im Norden 
schon seit mehreren Jahren eingeführten sog. Ritzmaschinen zum ersten Mal 
hervor. Im Anfange gelangte noch Rothklee zur Untersuchung, der bis 
70% harte Körner aufwies, während gegen den Schluss der Saison fast 
durchweg behandelte Saaten zur Keimprüfung eingesendet wurden. Eine 
Reihe von Firmen, teils Hamburger, teils auswärtige liessen von der 
Abtheilung vergleichende Versuche mit geritzten und ungeritzten Saaten 
anstellen, über die folgende Uebersicht das Nähere veranschaulicht. 


Durch- 


} : schnittl. 
R f ungeritzt!) geritzt) ln 
Es keimte Erhöhung 
der 


Minimum |Maximum| Mittel Minimum |Maximum | Mittel |Keimkraft 


Rotliklee 74424 | 9445 | 85+14 | 9344 99,5 96 119% 


Weissklee | 68428 | sstı2 | v0+20 | 9542 | 99 +1 | 98-41 19% 


Schwedklee | 82+18 | 86414 | 84416 | 9643 | 99405 | 9842 | 14% 


Gelbklee _ _ 88+10 _ _ 96+4 8% 


!) Die addirten Zahlen geben die harten Körner an. 


Bericht über die Thätiekeit der Abtheilung für Sameneontrole 1895/96. ÖLIII 


Während für Weissklee und Schwedklee em nachtheiliger Einfluß der 
Präparation bei den verschiedensten Versuchen sich nicht ergab, wurden 
für Rothklee, Inkarnatklee und Gelbklee bei einer Reihe der Keimprüfungen 
eine Anzahl Körner beobachtet, die im Keimbett nach der Quellung meist 
von der Wurzel getrennte Keimblätter aufwiesen, während vorher an dem 
Korn eine Verletzung nicht wahrzunehmen war. Der Grund für diese 
Erschemung wird in dem mehr oder minder accuraten Arbeiten der Ritz- 
maschinen zu suchen sein. 

Es hat sich nun als sehr wahrschemlich herausgestellt, daß die 
Behandlung im Keimbett, vor allen Dingen zu große Feuchtigkeit, von Einfluß 
auf das stärkere Hervortreten dieser Erscheinung ist. Es ist nun die 
Frage, ob die durch sorgfältigere Behandlung nicht zerfallenden, aber immerhin 
sich etwas schwächer entwickelnden Körner als gekeimt gezählt werden 
sollen oder nicht. Die Entscheidung dieser Frage ist, da die Versuche 
noch nicht abgeschlossen sind, z. Z. noch nicht zu treffen und geht auch 
über den Rahmen dieses Berichts hinaus. Sie wird nach Abschluß der 
Versuche eme eingehende Besprechung finden. 

Von Serradella kam wieder manch jährige und ältere Saat zur 
Keimprüfung, so daß der Durchschnitt der Resultate noch gegen das Vorjahr 
zurückging. Frische Muster keimten gut. (90 'o) 

Die Remheitsbestimmungen der Oelsämereien (Sesamsaat, Ricinus 
und Lein) haben sämtlich eine erhöhte Durchschnittsziffer ergeben. 

Die durchschnittliche Keimkraft der Grassaaten hat sich mit Aus- 
nahme von Honiggras und den Rispengräsern bei allen recht erheblich 
gesteigert. Über die Reinheitsbestimmungen der Knaulgräser französischer 
Herkunft geben, ebenso wie über die französischen Raygräser, obige Tabellen 
Aufschluß. Neuseeländisches Knauleras war im Mittel 88,3 % rein. 

Die Culturversuche der Abtheilung im freien Lande galten neben 
der Anzucht der verschiedensten Provenienzen von Rothklee, Weißklee und 
Schwedklee und dem Anbau der wichtigsten Futterpflanzen, in diesem 
Jahre vor allem der Luzerne verschiedenster Herkunft und Versuchen mit 
dem Nitragm der Höchster Farbwerke. 

Nordamerikanische Luzerne!) ist schon seit mehreren Jahren 
am Markt und wird gern gekauft, und doch herrschen noch stellenweise 
Zweifel, ob es sich um die blaublühende Medieago sativa handelt, obeleich 
aus den Veröffentlichungen des U. S. Department of Agriculture hervorgeht, 
daß allein diese Pflanze in den Staaten in solehem Umfange gebaut wird, 
daß an einen Export im Großen zu denken ist. 


1) Ausgeschlossen sind selbstverständlich die aus den Wollkämmereien stammenden 
gänzlich unbrauchbaren Medicasoarten, die wohl manchmal als amerikanische Luzerne 
bezeichnet werden. 


CLIV Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung für Samencontrole 1895/96. 


Auch Argentinien sendet jetzt dann und wann einige Posten Alfalfa 
(Medicago sativa), und ebenso sind uns Muster russischer, turkestanischer und 
persischer Saaten zu Händen gekommen. Da nun bei diesen ebenfalls Zweifel 
vorhanden waren, ob es sich um wirklich echte Luzerne handelt, und ob die 
Saaten sich in unserm Klima bewähren, sind in dem vergangenen Jahr sämmt- 
liche Provenienzen zur Aussaat gekommen. Die Versuche sind z. Z. noch nicht 
abgeschlossen. In der Entwickelung ist em merklicher Unterschied bei 
siimmtlichen Proben nicht zu beobachten gewesen, wenn auch zugegeben 
werden muß, daß so wenig umfangreiche Culturen, wie wir sie anzustellen 
im Stande sind, in dieser Beziehung nichts endgültig beweisen und nur der 
Versuch im Großen entscheiden kann. Die andere Frage aber, ob es sich 
um echte Medicago sativa handelt oder um Formen von media, konnte 
für sämmtliche Proben die uns überwiesen worden waren, in ersterem 
Sinne entschieden werden. 

Die Versuche mit Nitragin, einer Remeultur der Erreger der Le- 
euminosen-Knöllehen und Stiekstoffsammler für diese Gewächse, wurden 
in der Form angestellt, daß Rothklee, Erbsen, Bohnen, Serradella, Luzerne 
und Esparsette einmal ohne Nitragin, dann mit ihrem speeifischen Bacterium 
und schliesslich mit dem einer andern Lesumniose ausgesäet wurden. Es 
kann über die Resultate aber erst später berichtet werden. 

Auf Wunsch mehrerer Großhandelshäuser wurden ferner einige An- 
gestellte derselben während der Sommermonate in die Technik und 
Methode der Samencontrole eingeführt. 


Physikalisches Staats-Laboratorium. CLV 


9. Physikalisches Staats-Laboratorium. 


Bericht des Direktors Professor Dr. A. Voller. 


Ueber die Arbeiten des physikalischen Staats - Laboratoriums im 
Jahre 1896 kann das Folgende berichtet werden. 

1. Die amtliche Lehrthätigkeit wurde gemäss dem im Vorjahre 
festgestellten erweiterten Vorlesungsplane fortgeführt. Es wurden folgende 
Curse durchgenommen: 

Im Sommer 1896 Prof. Voller: Die Lehre von der Wärme. 

(bis Mitte Juni): (Fortsetzung der Wimter-Vorlesungen.) 
Dr. Classen: Das Licht und seine Wirkungen. 
(Fortsetzung der Winter-Vorlesungen). 

Im Winter 1896/97: Prof. Voller: Rlektrieität und Magnetismus 
auf Grundlage neuerer Erfahrungen und 
Anschauungen. 


Dr. Classen: Allgemeine Physik und 
Mechanik. 


Die Vorlesungen fanden regelmässig Dienstags und Freitags Abenils 
7'% Uhr statt; sie waren sämmtlich, wie seit Jahren, so stark besucht, 
dass des beschränkten Raumes wegen viele Meldungen zurückgewiesen 
werden mussten. Der Besuch hielt in allen 4 Cursen bis zum Schlusse 
fast unverändert stark an. 

9, Die Benutzung der täglichen Sprechstunden des Bericht- 
erstatters namentlich von Seiten technischer und industrieller Besucher 
war, wie gewöhnlich, eine lebhafte. Ebenso wurde die Bibliothek 
unseres Institutes vielfach benutzt; in 60 Fällen wurden Bücher aus- 
geliehen. 

3. In grossem Umfange wurde die Thätigkeit unseres Laboratoriums 
während des Berichtsjahres durch die umfassende medieimische Anwendung 
der von Prof. Röntgen in Würzburg entdeckten neuen Durchdringungs- 
strahlen in Anspruch genommen. Nachdem es uns sehr bald nach 
Bekanntwerden der Röntgen’schen Entdeckung gelungen war, die von 


CLVI Physikalisches Staats-Laboratorium. 


demselben beschriebenen Erscheinungen ebenfalls hervorzurufen, wurde die 
Benutzung der neuen Strahlen Seitens der Aerzte Hamburgs und der 
Umgegend bald eine sehr häufige und stetig zunehmende. Da unser 
Laboratorium längere Zeit hindurch allein über die erforderlichen Ein- 
richtungen verfügte, so war während dieser Zeit die Zahl der von uns auf 
ärztlichen Wunsch zu den verschiedensten diagnostischen Zwecken aus- 
geführten Röntgenstrahlen-Untersuchungen eine sehr beträchtliche. Auch 
nachdem im Neuen Alleememen Krankenhause sowie im Altonaer Kranken- 
hause vollständige Eimrichtungen für die neue Untersuchungsmethode 
hergestellt worden waren, mussten noch zahlreiche derartige Arbeiten bei 
uns ausgeführt werden. Erst in neuerer Zeit stehen den hiesigen Aerzten 
gut eingerichtete Privat-Institute zur Verfügung, deren Leiter sich zum Theil 
während länserer Zeit mit der Praxis der Röntsenstrahlen-Arbeiten in 
unserem Laboratorium vertraut gemacht haben, so dass wir nunmehr nur 
noch in besonderen Fällen ärztliche Aufnahmen mit Röntgenstrahlen aus- 
führen. — Neben diesen praktischen Arbeiten singen fortdauernd auch 
vielfache rein wissenschaftliche Untersuchungen der mit den neuen Strahlen 
verknüpften Erscheinungen eimher, über welche an anderer Stelle zu 
berichten ist. 

4. Wie in den Vorjahren, so wurden auch im Berichtsjahre von den 
hiesigen Behörden mehrfach Gutachten und Berichte über verschiedene 
Angelegenheiten erbeten. Besonders zahlreich waren die auf Wunsch 
der Deputation für das Feuerlöschwesen, des Waisenhaus- 
Collegiums und namentlich der Bau-Deputation ausgeführten 
Besichtigungen und Begutachtungen der Blitzableiter-Anlagen auf zahl- 
reichen hiesigen Staatsgebäuden, Kirchen, Speichern, Petroleumlagern ete. 
Dagegen betrug die Zahl der von der Feuercasse zur Anzeige gebrachten 
Blitzschlagfälle nur 19 (gegen 46 im Vorjahre), von denen allein 9 das 
"Landgebiet betrafen. — Ausser diesen Arbeiten wurden Gutachten erstattet: 
für die Feuercasse über einen im Elektrieitätswerk in der Carolinen- 
strasse eingetretenen Stromübergang von den Strassenbahnleitungen zu 
den Lichtleitungen und dadurch verursachte Brandschäden; für die 
Deputation für das Feuerlöschwesen über die etwaige Gefährlich- 
keit der Strassenbahnleitungen für die Feuerwehrleute bei Brandfällen ; 
für die Verwaltungsabtheilung für das Zollwesen über die Zoll- 
behandlung von Gasglühlichtkörpern; für die Vormundschaftsbehörde 
über die hiesige elektrotechnische Lehrwerkstätte Elektra; für die Staats- 
anwaltschaft über die vermuthete Fälschung einer Quittung in einem 
Verfahren wegen Verdachts der Urkundenfälschung. — In Gemeimschaft 
mit Beamten der Baudeputation und der Finanzdeputation nahm der 
Berichterstatter an einer Informationsreise zum Zwecke der Besichtigung 
neuerer elektrischer Strassenbahnsysteme Theil. 


., 


Plhysikalisches Staats- Laboratorium. CLVII 


5) Für Private wurden gemäss dem bestehenden Regulativ in 
50 Fällen Prüfungsarbeiten ausgeführt. Dieselben betrafen 
: in 15 Fällen elektrische Arbeiten verschiedener Art, 
» %  ,„  photometrische und sonstige Untersuchungen von Gas- 
glühlichtlampen und dergl. 
„50  „ Prüfungen von zusammen 469 ärztlichen Thermometern. 

An Prüfungsgebühren gingen #4 726,15 ein. 

6. Die tägliche Ermittelung des Grundwasserstandes und der Grund- 
wassertemperatur auf hamburgischem Gebiete wurde an 27 Beobachtungs- 
brunnen m gewohnter Weise fortgeführt; die Resultate der Beobachtungen 
sind in emem Beihefte zu diesem Jahrbuch (Grundwasser V) mitgetheilt. 

7. Die Vorbereitungen für die innere Einrichtung unseres neuen 
Laboratoriumsgebäudes nahmen uns vielfach in Anspruch; auch wurde 
der Berichterstatter von der vorgesetzten I. Sektion der Oberschulbehörde 
im Sommer 1896 noch auf eine Studienreise zur Besichtigung der 
Organisation und Einrichtung einer Anzahl neuerer physikalischer 
Laboratorien im Deutschland und der Schweiz entsendet. Wir hoffen, das 
neue Gebäude im Herbste 1897 beziehen zu können. 


CLVIN Chemisches Staats-Laboratorium, 


10. Chemisches Staats - Laboratorium. 
Bericht des Direktors Professor Dr. M. Dennstedt. 


Aus dem Vorjahre ist nachzutragen, dass durch Verordnung des 
Hohen Senats vom 17. Juni 1595 betreffend die Prüfung der Nahrungsmittel- 
Chemiker das Chemische Staats-Laboratorium als staatliche Anstalt zur 
technischen Untersuchung von Nahrungs- und Genussmitteln im Sinne des 
$ 16, Absatz 1 Ziffer 4 vom 22. Februar 1894 zu gelten habe. 

In den Etat des Instituts ist durch gemeinsamen Beschluss eines 
Hohen Senats und der Bürgerschaft vom 23. September und 21. October 1896 
eine zweite Stelle eines Assistenten 2. Gehaltsklasse aufgenommen worden. 
Die neu gegründete Stelle ist durch Beschluss der Oberschulbehörde 
(1. Sektion) vom 22. Dezember 1896 Herrn Dr. Wilhelm Göhlich, bisher 
Assistent am pharmaceutischen Institut der Universität Marburg, übertragen 
worden. 

Herr Dr. Göhlich hat seine Thätigkeit am 1. Januar 1897 begonnen. 

Der langjährige wissenschaftliche Hilfsarbeiter Herr Dr. ©. Ahrens 
hat am 1. September seine Thätigkeit aufgegeben; an seiner Stelle ist 
Herr ©. von Boltenstern vom 1. September bis 31. Dezember als wissen- 
schaftlicher Hilfsarbeiter beschäftigt gewesen. 

Die dem Institut zur Verfügung stehenden Geldmittel, erhöht um eine 
einmalige grössere Zuwendung für Vorlesungszwecke, fanden, die wichtigeren 
Ausgaben anlangend, folgende Verwendung: 


Für Apparate, Geräthe u. s. w. 


1. zu allgemein chemischen Arbeiten .... ..... 4 404.20 
2. zu physikalisch chemischen Arbeiten . ........ „ 165.28 
3. für die chemische Analyse im Allgemeinen.....„ 154.97 
4-mtürs gerichtlichepAnalysee rer er ; 714.25 
5. für Gas-Analysersscen re 6550 
6.2tür Blektrolyse rn ee ee „ 364.18 
7. für die Untersuchung von Zollsachen ..... N 8.35 
8° für. (diesPhotographier 2.2 vor er ee ee = 41.— 
9. für, Vorlesuneszwecke —. nr 2 A865 02 
10. für Vervollständigung der Bibliothek ..... ee ZH 
11. Verschiedenes ...... er ERS E e 19.20 


4 7312.25 


Chemisches Staats-Laboratorium. CLIX 


An Geschenken, für die hiemit der verbindlichste Dank des Institutes 
ausgesprochen wird, gingen ein: 

1. Für die Bibliothek: Die bereits in den früheren Jahren aufgeführten 
periodischen Schriften. 

2. Für die Sammlungen: Eine echte Gypsform (Jupiter) von A. Michels, 
Berlin; Stemsalz- und Karnallitproben aus Leopoldshall von Herrn 
Dr. €. Ahrens; eine Reihe (12 Stück) russischer Mineralschmieröle von dem 
Mineralölwerke Albrecht & Co.; 6 Theile eines Römers in verschiedenen 
Stadien semer Herstellung von der Direktion der Gräjlich Schaffgotischen 
Josephinenhütte in Schreiberhau. 

Die Gesammtthätigkeit der Anstalt ergiebt sich aus der umstehenden, 
nach dem Ausgang-Journal zusammengestellten Uebersicht. 

Gegen das Vorjahr zeigt sich wiederum eine Zunahme der Thätigkeit, 
601 Nummern gesen 5S4 im Vorjahre. 


o’o 


Uebersicht. 


(BIERR Chemisches Staats-Laboratorium, 


Uebersicht 
über die vom Chemischen Staats-Laboratorium 
im Jahre 1896 ausgeführten Untersuchungen, abgestatteten 
Gutachten, Berichte u. s. w. 


IL Allgemeine Verwaltung: 
Motivirte Eingaben, Berichte u. 8. w...............00.0cleo... 183 
II. Untersuchungen und Gutachten für Gerichte: 
a. Mord, Körperverletzung, Sittenverbrechen, verdächtige 
Todesursachen (Gifte, Flecken u. Ss: w.)......:........ 16 
b. Brandstiftung, Explosionen u. Ss. W. -....2.ecoceeeeeerere 10 
c. Mediemalpfuscherei, Nahrunesmittelverfälschung, Betrug, 
Schriftvergleichung, Sachbeschädigung, u. Ss. w.......-. 15 
| ——ı 41 
Ill. Verhandlungen vor den Gerichten... ......................1..... 23 
IV. | damit verbundene Untersuchungen, Ausgrabungen, 
| Sectionen und Correspondenz un. Ss: W......2.2.....222r0l.2... 48 
V. Untersuchungen, Gutachten und Berichte fir Medieinal- 


| bureau, Polizei- und andere Behörden: 


a. Verdächtige Todesursache, fragliche Vergiftung u. s. w. 5 
b. Nahrungsmittel und Gebrauchsgegenstände .............- 116 
| e. Fabriken und gewerbliche Anlagen............--..2.... 22 
d. Allgemeine sanitäre Untersuchungen. .............nn.ne: 4 
e. Verschiedene andere Untersuchungen und Gutachten.....| 44 | 
t. Untersuchungen, Gutachten u. s. w. in Zoll-Sachen .....- 65 
a 
VI. Besichtigungen von Fabriken, gewerblichen Anlagen u. Ss. w. |..... 16 
VI. | Conferenzen und Commissionen mit anderen Behörden ......|..... 97 
vi. Untersuchungen aus eigenem Antriebe ....-....rureeenereel..... 6 
Zusammen. ...cle.... 601 


gegen 584 Nummern im Jahre 1895. 


ıB 
Journal. 
No, 
ro, 
„103, 
es 38%, 
150; 
Ede 
195 


Chemisches Staats-Laboratorium. CLXI 


Untersuchungen und Gutachten für Gerichte. 
(Uebersicht unter Il.) 


10, 12, 147. Nahrungs- und Genussmittel Beurtheilung von 
’ ’ fo} o 


Mineralwässern, ob unter die Verordnung vom 27. Januar 1890 
betr. den Verkehr mit Arzneimitteln fallend. Begutachtung einer 
jutter- und verschiedener Schmalzproben. 

112, 481, 553. Sittenverbrechen. Untersuchung einer Anzahl 
von Wäsche — und KRleidungsstücken auf Spermatozo@ön und 
Blutspuren. 

104, 162, 264, 365, 371, 413, 538, 539, 552, 585. Vergiftungen. 
Untersuchung von Leichentheilen auf Giftstoffe, eines Katfee- 
Absuds auf Beimengung sgiftiger, der Gesundheit schädlicher 
Stoffe; Prüfung eines Milchrestes auf giftige Bestandtheile. Unter- 
suchung des Inhaltes einer Schachtel und eines Fläschehens auf 
giftige Substanzen, Feststellung des Inhaltes zweier Flaschen, 
Untersuchung eines braunen Pulvers und einer vermuthlich 
vergifteten Wurst. Untersuchung von Bingeweidetheilen und 
Feststellung der Art der ätzenden Säuren, die zur Vergiftung 
gedient haben. Untersuchung des Inhalts eines Fläschchens, 
ferner von Kamillenblüthen und eines daraus bereiteten 'Thee- 
aufgusses und eines Meldizin- und eines Sherry-Restes auf Gifte. 
117, 161, 211, 388, 424, 488, 540. Brandstiftung. Unter- 
suchung von Holztheilen, Tapeten, Pappe, Cigarrenkisten, einer 
Steinfliese, Theilen einer Bettstelle und eines Kissenbezuges auf 
Tränkung mit Petroleum oder anderen zur Brandlegung geeigneten 
Stoffen. Gutachten über Selbstentzündung ıin einem Keller 
gelagerter Stoffe, sowie darüber, ob-em in einer Fabrik ausge- 
brochener Brand durch Fahrlässigkeit verschuldet sei. 

475. Diebstahl. Feststellung der Gleichheit dreier Seifenproben. 
Untersuchung eines Taschenmessers auf Spuren von Gespinnstfasern, 
die beim Zerschneiden einer Leinewand daran haften geblieben 
waren. 

15l. Münzverbrechen. Untersuchung des Inhaltes einer 
Tüte und Feststellung, ob die in einer beigegebenen Wasserflasche 
befindlichen Krystalle mit dem in der Tüte enthaltenen Pulver 
identisch seien. 

347. Körperverletzung. Untersuchung emer Reihe von 
Messern auf Blut, Untersuchung und Begutachtung des Inhaltes 
zweier Flaschen. 


CLXL 


Journal. 


N0=197, 


Chemisches Staats-Laboratorium. 


253, 259. Vergehen gegen das Patentgesetz. Begutachtung 
der Aehnlichkeit oder Gleichheit der Verfahren bei der Herstellung 
von Zündhölzern, ferner, ob bei Herstellung von Presshefe und 
ebenso bei Bereitung remen Naturlabes Patentverletzung vorliege. 
244. Arzneimittel. Untersuchung des Mundwassers „Odol“ 
auf seme Zusammensetzung. Feststellung des Brucm- und 
Stryehningehaltes in H. S. von Dittens Pillen. 

561, 565. Betrug und Urkundenfälschung. Untersuchung 
von 45 Quittungsmarken auf Nachweis von etwa nachträglich 
entfernten Entwerthungszeichen. Begutachtung der Eehtheit von 
Briefmarken mit Hülfe photographischer Aufnahme; Feststellung, 
ob auf einer mit Bleistift geschriebenen Quittung eine der Ziffern 


mit emem andern Bleistift geschrieben sei, als die übrige Schrift. 


3. Untersuchungen und Gutachten für andere Behörden 


Von 


und Verwaltungen. 
(Uebersicht unter V.) 


foleenden Behörden singen Aufträge ein: Oberschulbehörde, 
> < ? km} ) 


Medizinal - Kollegium, Polizei - Behörde, Baupolizei, Finanz - Deputation, 
g l l 


Berathungsbehörde für das Zollwesen, Bau-Deputation, Deputation für das 


Feuerlöschwesen, Handelskammer und Direktion der Gaswerke. 


Journal. 
Now 
el 


57, 69,03, 74.250, 2547396, A17e A3n6, 369 Bin hlenteime 
fragliche Brandstiftung, Selbstentzündung u. 8. w. 
Gutachten über die Verladung von Keuerwerkskörpern im Hafen, 
über die Beförderung der Gemische von Schwefelsäure und 
Salpetersäure im Binnenverkehr auf“ der Elbe; über die freie 
Lagerung von Phosphor; über den Entwurf einer Verorduung 
betr. feuerpolizeiliche Vorschriften für die Lagerung feuergelährlicher 
Stoffe, sowie für sonstige gewerbliche Anlagen und Betriebe ; über 
die Lagerung von Ualeiumearbid und Acetylen. Beurtheilung von 
Feuerwerkskörpern im Sinne der Verordnung vom 28. März 1594. 
Untersuchung des Inhaltes eimes zwischen Kohlen gefundenen 
Pulvers auf seime Zusammensetzung; verschiedener bei einem 
Brande aufgefundener Gegenstände auf ihre Fähigkeit starke 
Detonationen verursacht zu haben; Prüfung einer Feuerlöschmasse 
auf ihre Bestandtheile und Feststellung der Ursachen der Selbst- 
entzündung eines (Gewebes. 
26. Untersuchung verschiedener Gegenstände auf ihre Verwendbarkeit 
zur Herstellung von Sprengstoffen. 


Chemisches Staats-Laboratorium. CRXTIMN 


Journal. 


No. 28, 58, 96, 123, 145, 187, 246, 312, 342, 393, 407, 440, 494, 522, 
551, 583. Analysen der in der Abdeckerei gewonnenen Dünger- 
pulver, Fisch-, Fischroggen- und Blut-Mehle. 

Mt2 16. 89,90, 133, 134, 170, 173, 293,239, 230, 273,314, 822, 
323, 367, 368, 429, 430, 476, 477, 525, 526, 577, 578. Monatlich 
ausgeführte Bestimmungen des Gehaltes des hiesigen Leuchtgases 
an Gesammt-Schwefel und Kohlensäure. 

62, 85, 124. Untersuchung von pulverförmigen Ausscheidungen in 
Gasheizungsöfen und Gutachten über die Verwendbarkeit des in 
der Barmbecker Anstalt aus deutschen Kohlen gewonnenen 
Leuchtgases zur Heizung. 

„ 70, 344, 439. Vergiftungen. Prüfung von Pottasche auf giftige 
Beimengungen. Untersuchung vermuthlich vergifteter Fadennudeln. 
Untersuchung des Inhalts eines Fläschehens auf giftige Bestand- 
theile. 

„ 113, 300. Arzneimittel. Analyse der Julius Spiegel’schen Haar- 
tinktur. Eingehende Versuche und Gutachten über die Gewinnung 
von Medizinal-Leberthran. 

„ 165. Gutachten über Deformation von Flammrohren bei Fluss- und 
Seeschiffdampfkesseln. b 

„ 258. Untersuchung eimes Zuckerrohres. 

„ 292, 337. Untersuchung von Brandresten aus den Versuchen mit 
Speicherstützen, nämlich Analyse und Begutachtung von 42 Proben 
hauptsächlich darauf, ob darin etwa fremde, die Feuerbeständigkeit 
beeinträchtigende Stoffe vorhanden seien. 

„ 338. Prüfung der Ursachen der Korrosion des Dampfkessels einer 
Feuerspritze. 

„ 348. Gutachten über die Verwendung. norwegischer Dachziegeln aus 

Holzstoff als Dachdeckungsmaterial. 

55. Untersuchung der Ablagerungsprodukte der Warmwasserreservoire 

des Centralschlachthofes. 

Vergleichende Untersuchung verschiedener Flaschenbiere. 

„ 438. Gutachten über die Verwendbarkeit einer Davy’schen Sicherheits- 

lampe im Petroleumhafen. 

„ 450, 474. Gutachten über die Beschädigung von Wellblechdächern 

durch darauf gefallenen glühenden angeblichen Salpeter. 

„ 584. Untersuchung und Begutachtung des Waschpulvers „Lessive 

Phenix“. 
Die in Zollsachen ausgeführten Untersuchungen und abgegebenen 

Gutachten bezogen sich auf folgende Gegenstände und Fragen : 


CLXIV 


Journal. 


No. 


36, 


495. 
510, 


546. 


556. 


Chemisches Staats-Laboratorium. 


66, 81, 95, 121, 142, 152, 171, 188, 232, 241, 261, 286, 299, 
306, 350, 351, 359, 361, 378, 398, 418, 441, 442, 461, 475, 
512, 528, 548, 582. Branntwein-Denaturirungsmittel : Holzgeist, 
Pyridinbasen, Rosmarinöl. 

Prüfung einer als „Normal-Säure-Entwickler“ bezeichneten Waare. 
Gutachten über Denaturirung von Branntwem durch Salzlauge. 
Gutachten über die Rückversütung des Zolls für ausländische 
Rohmaterialien — Talg und Palmöl — bei der Ausfuhr von 
Stearin und Stearinlichten. 

Tarifirung einer als Ölfirniss deklarirten Waare. 

Tarifirung einer als Abfallfett deklarirten, durch Destillation aus 
Wollschweissfett dargestellten Waare. 

238. Tarifirung zweier unter der Handelsbezeichnung „Anti- 
korrosivum“ eingeführter Waarenproben. 

284, 326, 392, 515. Untersuchung und Begutachtung emer als 
entwässertes Säureharz bezeichneten Waare. 

Gutachtliche Aeusserung über die Verfügung vom 16. Mai 1896 
betr. die Unterscheidung reinen HErdnussöls von anderen 
vegetabilischen Ölen, sowie die reinen Olivenöls von Gemischen 
dieses Öls mit anderen vegetabilischen Ölen. 

Tarifirung einer als Schiffsbodenanstrichmasse bezeichneten Waare. 
Tarifirung einer als Creolin - Desinfektionpulver bezeichneten 
Waare. 

Gutachten über die Bestimmung des zolltechnischen Begriffs von 
Presstale. 

Tarifirung einer unter der Deklaration „Rüböl“ eingeführten 
Waare. 

416. Untersuchung und Begutachtung von flüssigem Walkfett 
(Blacköl). 

457. Prüfung verschiedener Fleischfuttermehl- und Fleischguano- 
Proben darauf, ob die Waaren nach ihrer Beschaffenheit als 
Fleischeuano zollfrei abzulassen oder als ein sonstiges Fleisch- 
derivat nach denr Zollsatz für Fleisch zu behandeln seien. 
Untersuchung emer als Wasserschwärze bezeichneten Waaren- 
probe. } 
516. Tarifirung zweier als Black-Varnish bezeichneter Waaren- 
proben. 

Gutachtliche Aeusserung über die Vorschläge des Herrn Reichs- 
kanzlers betreffend Aenderung der Instruktion für die zolltechnische 
Unterscheidung des Talgs vom 30. Januar 1896. 

Tarifirung einer als Hufsalbe Eorard & la Lano Cholesterin be- 
zeichneten Waare. 


Chemisches Staats-Laboratorium. 


CLXV 


Die amtliche Petroleum-Controlle im Jahre 1896. 


Die amtliche Petroleum-Controlle 


Ergebniss: 


im Jahre 


1. Getestet wurden im Laboratorıum 


1885 
1886 
1887 
1888 
1889 
1590 
1891 

1892 
1893 
1894 
1895 
1596 


S61 Proben 


1982 
23071 
190 
1025 
717 
458 
509 
307 
247 
416 
361 


”„ 


in 


2. Aus Tanks waren entnommen 
111 Proben — 
132 
126 
121 
161 
225 
301 
345 


3. Unter den Proben befanden sich 


1889 
1890 
1891 
1892 
1893 
1894 
1895 
1896 


1855 
1886 
1887 
1888 
1889 
1590 
1591 
1892 
1893 
1894 
1895 
1896 


1715 
3936 
4050 
3866 
1972 
1408 
347 
966 
580 
Air 
794 
656 


1896 


lieferte 


Bestimmungen 


e} 
X 
er] 
„ 
„ 
" 
„ 
” 
10,9 % 
15,0 E 
27,5 ” 
23,8 ” 
DOndee 
91,1, 
123,5 
ID.)0, 


I0Emalr—=1 2 
bee 
2 ,„—=06, 
9% 2a 
ie 
15 Ei zn 2,5 ” 
6, =1l3,„ 
6„ =12, 
I. = Al) ” 
Ve ” 
9 N 
a a Bin; 


Russisches Petroleum 


folgendes 


CLXVI 


4. Bei den Testungen zeigte 


achtungen: 


Chemisches Staats-Laboratorium. 


von %°C, 


von 1°C. und mehr 


rn 


1885 bei 


1586 
1557 
1855 
1889 
1590 


18 


91 


1892 


15 


95 


1894 


15 
15 


95 
96 


5. Von den 561 Proben des 


” 


„ 


der Einzelbeob- 


sich eine Differenz 

116 Proben — 13,5 % 
Sa 
19 0 ro 
nn uns 

a 
19 ” zer: 4,1 ” 
29 ” —= 5,7 ” 
SEE a nen 
37 9 = 15,0 
a eo 
35 er — 9,7 


1885 —1896 keimmal. 


Jahres 1896 hatten 


Reduc. Entflammungspunkt Specif. Gewicht bei 15 °C. 
unter 21°C. —— — ’%| bis 0,799 Se 
ee OR er De 
9 Bag a ae ee ee ee 
2393,90 „ N ER ee EN 
24—24,9° „ ER ES N, 
2599,90. 0. Wr Ale e DEnd EN 
Son darubersA0E ne 0: SüDrrr _-—- —,„ 

361 = 100,0 % | 0,806. ee 

DE ee get t 

0,8082, mehrzee sy 

Unbestimmt -—— —,„ 

361 = 100,0 % 

6. Mithm wurden mindertestige, d. h. unter 21° C. entflammbare 
Proben eefunden: 

18852— 9 mal=— ON 21836, Emal 03 
ee en 
kl) =, = 0,5 „ IS 0) 5 
1891 = a 709 Vega are 
1898,— 0.000 eo an 
85-0, =—, 16 = 0, = — , 


Die gemäss 
dem Chemischen 


dem Gebühren-Tarif (8 9) des neuen Petroleum-Regulativs 
Staats-Laboratorium zufallenden und ihm von der Haupt- 


staatscasse gutzuschreibenden Gebühren betrugen im Jahre 1896 3482 4. 


Chemisches Staats-Laboratorium. 


Redueirte Entflammungspunkte. 


I. Fassproben. 


CLXVH 


300 


Gesammt- | unter 21 = 23 25 
bis bis bis bis bis und 
Jahr| proben | 210 21,99 92,90 23,90 94,90 29,90 | darüber 
Zahl | % |zanı| % Zahl | 0% Zahl | 0% Zahl %, IZanı) 90 Zahl | Zahl) bu 
| | | 
1885| 850) 100) 9 |1,0|218 | 25,6 | 280 | 33,0 1179 21,1| 68) 8,0| 90j10,6| 6)j 0,7 
1586 | 1976 | 100 | 11 0,5 | 244 | 12,4 | 907 | 46,0 | 360 18,2 196 2 209 110,6 | 49 | 2,5 
1887 | 2055 | 99,7 | 7 0,3 [220 | 10,7 | 761 | 37,1 349 117,0 | 243 |11,8 | 338 16,5 135 | 6,6 
1888| 1898 | 97,6] 4 0,2 292 | 15,4] 580 | 30,5 | 430 22,6 160 8,6 348 |18,4| 83 | 4,3 
1889 | 912 91,0) s 0,9| 139 | 15,2 | 180 | 19,7 | 185 20,3 | 128 114,0 | 196 121,5 | 76 | 8,3 
1890| 570 [81,5 | 9 1,6] srlız,ılısı ass|1sRo,1| 40| 7,0| #1| 7,2] 127 | 22,2 
1891| 332|73,5| 4 12] 21| 6,3| 44|13,2| 62118,7| 67|20,2| 66 19,9] 68 | 20,5 
1892 | 388 | 77,3 3 0,8| 38| 9,7| 80|20,7| 60 15,4] 44|11,6| 109 27,9| 5 15,9 
1893 | 151 | 49,7 | — = 19|12,6| 30|19,9| 15 9,9 9| 6,0| 47\31,1| 31| 20,5 
1891| 22) 891 — |—| — | — — — | 2310) 
18951 11512831 — | — | — —-| —| — 4| 35| 39134,0| 42 136,7 | 30| 26,8 
1896| 16| 4,4 Ze a a 2 7|43,8 
II. Tankproben. 
| | 
1885 | 2 Ar 
ee = | N N re ee einer 
188% 6| 03| — | = — 6| 100 
1888| 48| 241 — |-| —| = | 27,563] 9187| 6125| 6125| —| — 
1839| 90) 9,01 — || 2325,6| 49|54,4| 181200) | = | —| — == Zi 
1890| 120 [26,5 | — |—| 38/31,7| 48|40,0| 19 [15,8 | 15 [125] — | = | — | — 
1891 | 129 185 | — |—| 29|225| s2|63,6| 15 11,7 | — allaaı u 
1892| 115 227 - || 2sleuecl asjaı,z| ısl1aı| 2olızal 3| 26] — | — 
1893 | 153 | 50,3 | — | — 14| 9,1] 24|15,7| 76 49,7 | 33 121,6 6| 3,91 — | — 
1894 | 225 | 91,1 3 \1,51 5624,81 92|40,9] 55 24,8] 14| 6,2 a | 
1895 | 292 |v1,7| — |— [116 |39,9| ss |29,1| 45 115,4| 18| 6,1| 22|75| 6| 30 
1896 | 345 95,6 = [8 12,5] 143 41,.4| S4 24 aM 7,8] 15| 4,31 33, 9,6 


CLXVII 


Chemisches Staats-Laboratorium, 


Speeifische Gewichte bei 15° C. 


I. Fassproben. 


Jahr 


1855 
1856 
1887 
1885 
1889 
1890 
1891 
1892 
1895 
1894 
1895 
25 


1885 
1886 
1887 
1888 
1859 
1890 
1891 
1892 
1893 
1894 
1895 
1896 


0,781 


0,785 


0,790 


0,795 


0,800 | 0,805 


bis . B > » h - über zucht 

R bis bis bis bis bis bis be- 
0,780 | ors4 | 0,89 | 0,794 | 0,789 | 0,804 | 0,806 .| 9806 | stimmt 
zanı|Volzanı| %o [zanı| % [zanı| %o Zabl| % Zahl | % |zanı| %/o Zahl] % Zahl, 00 

| 
ee | 0,11 3| 0,3| 80,85 31) 3,6| 316,37,25| 374144,0] 109,12,8| 8| 0,9 
—'-1[24| 1,2] 25 | 1,2| 62) 3,3| 723,65] 1138|57,6 |518]26,3| 98) 5,0| 35 | 1,7 
11 0,6| 19 | 1,0] 63 | 3,1| 3911,85[ 72) 3,4] 1560 76,05[259 12,6] 25| 1,2] 5| 02 
90,5 32| 1,6| 68 | 3,5| 127| 6,7 163 8,7| 111758,8 |358118,9| 21] 1,1] 4| 0% 
— | —| 42| 4,6| 71 | 7,8| 32| 3,5| 24] 2,6] 365/40,0 [3751412] 3] 0,31 —| — 
— | —| 96 116,9] 26 | 45| 14] 2,5 296151,9 | 20,35] —| —| 210,35 
—|—[45J13,6| 3) 0,9] 28] 8,4 SB 0 
10,3] 15 | 3,8] 30) 7,8] 102]26,2| 21655,5| 2257| — —|I -| —| 2| 05 
— |] 2415,90] —| —| aslızal Beinsel al sol I a 
— /—| 19 86,4] 2| 91 | | u 11 45] — | — 
1/0,9| 8| 7,0] 22 119,2] 9] 7,9] 75|65,1 = =) — 
—\-| 31187] 2850] 1) 63] -| 7 1 83] =) | er] -| - 
Il. Tankproben. 
| | | | 
| 2 x rn 
2 = ir 26100 2 - 

= el ee entellr aaa ll | =) = 
= | 61 67] 60) 66,6| Baer —| —1—| — 
Zeh le Leer 3a oe ae 
—|-1 -—-| —-|1—-| — 7| 5,51 9680,01 17| 14,2] — | —| —| — | — | — 
8 6,9 104,90,5 3 26 —| —| —| —| — | — 
= —| 71465| 70857] 12) z8| —| -| -| —| -| — 
-1 — u 66 29,4] 159 70,6| — = el, | = 
[1 | | 6| 2,0) 54118,5|20770,9| 25) 8,6 =. = 
—|-[| 9236| 12] 32] 30 8,7 274 79,4] 1 26 —| —| 12] 35] -| — 


Chemisches Staats-Laboratorium. CHXIR 


3. Die Unterrichtsthätigkeit. 
An Vorträgen wurden gehalten: 
im Sommersemester: 

1) Experimental-Chemie (Chemie der Metalle). 2 Stunden wöchentlich, 
Prof. Dr. Dennstedt. 

2) Kurzer Abriss der Organischen Chemie. 1 Stunde wöchentlich, Prof. 
Dr. Dennstedt. 

3) Ausgewählte Kapitel über Darstellung und Analyse chemisch-technischer 
Präparate. 1 Stunde wöchentlich, Dr. Eingelbrecht. 

4) Ausgewählte Kapitel der Photographie. 1 Stunde wöchentlich, 
Dr. Schöpff. 

5) Ueber Nahrungsmittel und ihre Verfälschungen. 1'2 Stunden wöchentlich, 
Dr. Voigtländer. 

6) Ueberblick über die quantitative Analyse. 1 Stunde wöchentlich, 


Dr. Ahrens. 
im Wintersemester: 


1) Experimental-Chemie (Anorganischer Theil, Nichtmetalle) 1"2 Stunden 
wöchentlich, Prof. Dr. Dennstedt. 
2) Darstellung und Analyse chemisch-technischer Präparate (Fortsetzung) 
1 Stunde wöchentlich, Dr. Eingelbrecht. 
3) Photographische Chemie. 1 Stunde wöchentlich, Dr. Schöpff. 
4) Kurzer Ueberblick der Ernährungslehre, Fleisch und Konserven, Cerealien 
und Backwaaren, 1 Stunde wöchentlich, Dr. Voigtländer. 
5) Analytische Chemie, 1. Theil (Qualitative Analyse. 1 Stunde 
wöchentlich, ©. von Boltenstern. 
Ausserdem fanden die praktischen Uebungen im Laboratorium (12-40 
Stunden wöchentlich) statt. 
Die Zahl der Theilnehmer an den Vorträgen betrug 225, an den 
photographischen Uebungen 8. 
Im Laboratorium arbeiteten : 


Januar-Ostern Sommer 2 Mar E 1898 
bis ult. Dez. überhaupt 

al 25 13 32 
Chemikernen en ee: ee) 
Mediziner et: 6 
GEOLDEE a een 1 
lehrer... 22 mn ne el 
Gewerbe-Inspektor.............. 1 
Ingenieure... ee ae 2 
Kaufleute 2. Page ee S 
Bolızeiheamier aan a Per pe 3 
32 

m 


OLXX Chemisches Staats-Laboratorium, 


Die Gesammtzahl der bisherigen Praktikanten beträgt 243. 

An Honorar, Gebühren u. s. w. wurden im Jahre 1896 vereinnahmt 
1865,46 #4 gegen 1510,57 # im Vorjahre. 2 Praktikanten waren auf 
Grund des $ 14 der Statuten von der Honorarzahlung befreit. 


4. Die Ausführung von Untersuchungen aus eigenem 


Antriebe. 
(Uebersicht unter VIII.) 


1) Ueber die Proteinsubstanzen des Weizens. 

2) Eine einfache Methode zur Darstellung der Stickstoffwasserstoffsäure. 

3) Ueber Schwefelbestimmungen im Petroleum. 

4) Ueber Zusammensetzung des amerikanischen Petroleums. 

5) Ueber den Nachweis von Verfälschung des Schweineschmalzes mit 
Pflanzenölen. 

6) Ueber die Einwirkung von Sauerstoff und Ozon auf Pflanzenöle bei 
höherer Temperatur. 


111, 


Wissenschaftliche Abhandlungen. 


Die spanischen Handschriften 


der Stadtbibliothek 


von 


FF, Eyssenhardt 


Die spanischen Handschriften der Stadtbibliothek werden im 
Folgenden so beschrieben, dass auf die Angabe der Herkunft einer 
Handschrift, wo dieselbe zu ermitteln war, diejenigen Bezeichnungen, 
resp. Numerirungen folgen, welche ihr früher gegeben waren. 

Sämmtliche Handschriften sind auf Papier geschrieben. 


Hispan. 1 


Aus der Schenkung der Frau Senator Rapp im Jahre 1839 

Höhe 30 cm. 

Breite 20'/s cm. 

33 beschriebene Blätter 
16 Jahrhundert 
Drei Documente betreffend Don Gil Goncalez de Avila, veröffentlicht in 
den Mittheilungen aus der Stadtbibliothek zu Hamburg VI (1889) 
p. 9—120 
Hispan. 2 
ex Bibliotheca Hamburgensi Wolfiana. 

No. 10 

Höhe 33°/; cm. 

Breite 23 cm. 

146 beschriebene Seiten 
17 Jahrhundert 
Auf dem inneren Vorderdeckel von J. Christian Wolf’s Hand Locorum 
uariorum Imdiae Orient. deseriptio geographica et historica hispanice 
pp. 146 
Anfang Cauo de san sebastian pasado, El cauo de buena  esperanza 
— pasado el cauo de buena speranza (sie) para mordeste en el cauo de 
san sebastian son tierras muy hermosas de montanas y campos y wvalles 
en que ay muchas vacas y carneros y ofras alimanas montesas es Herra 
habitada de gentes negras y desnudas 
Ende ay en esta Jaua vnos que wenden a sus padres quando lo vehen 
(lies los veen) viejos & descaydos E otra nazion que se Uama canibales 
o antröpophagos que son paganoıs — E a si mismo los hermanos 
1* 


4 F. Eyssenhardt 


venden a los hermamos enfermos quando som desauziados (lies de- 
sauxiliados) sacandolos a la placa e mercanmlos aquellos caribes diziendo 
que la came de hombre criada (lies eriado) con tanto vegalo e vizio mo es 
razon que la tierra La coma 

Laus deo atque (hier fehlt wohl ‚filio) semper virginis semper quae sacra- 
tissima mater eius per infinita seculorum secula amen 

hie est finüs 


Hispan. 3 
ex Biblioth. Hamburg. Wolfiana (früher im Besitze Uffenbachs, von 
J. Christian Wolf als No. 469 bezeichnet) 
No. 113 
Höhe 24°/s cm. 
Breite 21 em. 
157 Seiten 
17 Jahrhundert 
p. 1—103 Notte (sic) De Pringipes, Virreyes, Presidentes, Conseieros, 
Gouernadores y aduertimentos politicos sobre lo publico, y particular de 
uma monarquia, inportantissimos a los tales, fundados en materia y racon 
de estado y Gowierno. 
p. 105 von anderer Hand: deutsch geschriebene Notizen 
p. 107—121 eine unvollendete Abschrift des dahinter eingehefteten Druckes 
A true relation of the reasons which necessitated His Majesty of Sweden to con- 
tinue the war with Denmark cett. London, printed for T. Pierrepont at 
the Sum in Pauls Chwrch-yard. 1658. klein 4° 39 Seiten. Darauf folgt 
von S. 179 an der Anfang einer deutschen Uebersetzung der Relation 
mit Notizen anderen Inhalts. 
Auf der letzten Seite eine Inhaltsangabe der Handschrift von Uffenbachs 
Hand. 


Hispan. 4 
Ex libris bibliothecae D. Zach. Conr. ab Uffenbach. M. F. 

ZIT 9. 13. n. 10 
No. 1155 
Auf dem Schmutzblatt von Uffenbach’s Hand Ad Historiam Eeclesiasticam 
spectantia maximam partem hispanica. 

Höhe 31 cm. 

Breite 21 cm. 

248 beschriebene, resp. bedruckte Seiten 
17 Jahrhundert 

I) p. 1—19 Carta de fray Pedro de Soto al Papa Pio IV Sobre que su 
Santidad procurasse que en el COoncilio Tridentino se’ determine de que 
derecho es la residencia de los Obispos y su autoridad. 


Die spanischen Handschriften der Stadtbibliothek 5 
2) p. 21-56 KRelacion del Caso de san Plarido ante los Senores Inquisi- 
dores de Toledo gedruckt in den Mittheilungen aus der Stadtbibliothek 
zu Hamburg III (1556) p. 49—136 
3) p- 57—59 Consilium Theologorum Hispanorum (Hispanorum verbessert 
in Tridenti) super ijs quae Carolo (Quinto Caesari facere licet et expedit, 
darauf durchstrichen in bello quod cum Paulo quarto Pontifice flagerebat 
(flagerebat unsicher) gerzt. 
4) p. 61-83 Joannis Baptistae Pozae e Societate Jesu Theologi de non 
temere prohibendis Catholicorum Authorum libris et pro reuocanda Magistri 
sacri palatı) censura qui eius Elueidari) primam partem in totum prohi- 
buerat. Anno 1629. 
5) p. 85—89 Memorial que se dio al Rey sobre la prolibicion y censuras 
que los Diputados del Indice Expurgatorio de Roma hazen de lbros de 
4utores Espanoles procediendo con poca Justificaeion, y sobre su remedio. 
Ano de 1628. 
6) p. 91—93 gedrucktes Stück. Anfang: M. P. $. EL Licenciado Murcia 
de la Llana, Corretor general de libros de V. A. representa los incomne- 
nientes que ay de mo moderar el estilo que ham empecado a guardar los 
Diputados de Roma, para prohibicion de kbros de Espana, los quales 
sumariamente propone para que V. A. supkique a su Santidad prouea de 
remedio ohne Ort und Jahr. 
7) p. 95—96 Erlass des Generalinquisitors Bischofs Don Andres Pacheco 
zu Gunsten Don Gaspar’s de Gusman Grafen von Olivares abgedruckt 
in den Mittheilungen aus der Stadtbibliothek zu Hamburg II (1885) 
p- 21-23 
Ss) p. 97—103 Los cabos que da Fray Thomas Campanela de la Orden de 
Predicadores en serwicio de Dios y de sw Magestad conforme al memorial 
que ha dado al Conde de Lemos Virrey de Napoles abgedruckt in den 
Mittheilungen aus der Stadtbibliothek zu Hamburg II (1885) p. 9—20 
9) p. 105—106 Carta de Benito Arias Montano al Rey Don Philippe 11 
Sobre que conuenia detener el adelantamiento y progressos de la.Compania 
en los Estados de Flandes. su fecha 15 de febrero 1571 abgedruckt in den 
Mittheilungen aus der Stadtbibliothek zu Hamburg II (1855) p. 5—8. 
10) p. 107—109 Propositiones desceriptae ex his quae in scriptis dictawit 
super vota Societatis Jesu fr. Tomas a Pereda Professor Theologiae in 
Dominicano Conuentu Abulensi  Anmo 1584. 
11) p. 111—134 Söngulares y secretas Admoniciones para particulares 
personas de Nuestra Compania, Traduzidas de Latin en Romance ver- 
öffentlicht in den Mittheilungen aus der Stadtbibliothek zu Hamburg III 
(1887) p. 60-100 
12) p. 135—136 Carta de la Vniuersidad de Salamanca a la de Sewilla 
pidiendole se Jumte con ella y con las demas Vniuersidades de Espuna contra 


6 F. Eyssenhardt 


los Jesuitas veröftentlicht in den Mittheilungen aus der Stadtbibliothek 
zu Hamburg IIIT (1887) p. 102—104 

13) p. 137— 140 gedruckte Apuntamientos acerca de la prowision de las 
placas de Mathematico Regio y Cosmographo Mayor de Castilla, en razon 
de los inconuenientes que se siquen al serwicio de su Magestad, y bien 
publico, de aplicarse a religion particular estos oficios, y admitir a ellos 
estrangeros de satisfacion no conocida, exchwyendo los hombres doctos, y 
aprouados, naturales de estos Reynos, que pueden regentar estos ministerios 
con ventajas ohne Ort und Jahr 

14) p. 141—142 Descripeion de la Cartuxa del Paular que esta (sie) 
a 12 leguas de Madrid 

15) p. 143—147 Pareger de Theologos sobre que el Rey Don Philippe Il 
no pudo remouer sin cargo de su consciencia al Presidente del Consejo 
Real de Castilla Don Rodrigo Vasquez de Arce de su Officio antes de 
auerle oydo y hecho cargo de culpa y causas que contra el (sie) resultauan. 
16) p. 149—161 Dubdas Sobre el Voto de la Pobreza que hazen las 
Monjas y los comendadores 

17) p. 163—177 Antoni; Augustini aliquot dissertationes vel Tractatus 
ad Jus Canonicum spectantes. Lucas Torrius ex schedis Authoris tran- 
sumpsit Madriti mense Octobri. 1627. 

18) p. 179—185 ordo serbandus in celebracione Concilij; Prouincialis 

19) p. 187—190 El modo que se hadener (lies ha de tener) en hazer la 
Procesion el Domingo 

20) p. 191—204  (Causas porque dewe ser recogido el memorial impreso 
contra la fundacion de los estudios reales de Madrid, y corregido su 
autor por el Santo Tribunal de la suprema Inquisicion veröffentlicht in den 
Mittheilungen aus der Stadtbibliothek zu Hamburg V (1888) p. 60—84 
21) p. 205—218 Capituli Eeclesiae Toletanae ad Gregorium XV Pontificem 
Maximum Epistola pro non admittendo Brewiario reformato iussu Pij V. 
Accedit Tractatus eorum quae maiori comsideratione digna sunt in eo 
Breuiario praesertim in lectionibus Sanctorum. 1573 

22) p. 219— 226 Aduertencias a la nueua impression y enmendagion de 
los Hymmos del Breuiario Romano que el Papa Vrbano VIII mando 
(sie) imprimir en Roma el ano de 1629. 

23) p. 227—232 An Pensionarius ad Officium paruum D. Virginis dicen- 
dum teneatur ex praecepto? 

24) p. 233—234 Vrbani VIII. ad franciscum de Queuedo Breue quo in- 
dulget vt possit frui pensione annua DOL ducatorum etiam post profes- 
sionem militiae S. Jacobi et initum matrimonium veröffentlicht in den 
Mittheilungen aus der Stadtbibliothek zu Hamburg I (1884) p. 44—47. 
25) p. 235—236 Breue Vrbani VIII. ad Didacum Velasquez Clericum 
contugatum quo alli indulget pensionem annuam CCC. ducatorum super 
quwibusuis fructibus Ecclesiasticis. 


Die spanischen Handschriften der Stadtbibliothek 7 


26) p. 237—248 Discurso de Francisco de Rioja en defensa de las barbas 
de los Sacerdotes. Respondese en el (sic) a vn Edicto del Senor Don Pedro 
de Castro Arcobispo de Sewilla que em el Ano de 1611. mando quitar las 
barbas a los Sacerdotes. 

Von derselben Hand geschrieben sind die ersten beiden Seiten von 
Stück 1 und die Stücke 1, 3, 4, 5, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 14, 15, 17, 20, 21, 22, 
23, 24, 28,26. 

Beschrieben im Bibliothecae Vffenbachianae wuniversalis Tomus III 
(Franeofurti 1730 8°) p. 291 unter N. LI, wo 28 Stücke gezählt wurden. 
Die Handschrift war früher mit No 1135 der theologischen Handschriften 
(©. S. Schurzfleischüi historia universalis) zusammengebunden. 


Hispan. 5 

Qb 14, aus J. Christoph Wolfs Bibliothek 
No. 1242 

Höhe 31'/s cm. 

Breite 21 cm. 

42 beschriebene Blätter 
17 Jahrhundert 
Fortificacion de la Fee, Dos Dialogos Compuestos en Maruecos Son Ynter- 
Iucotores (sie) del Primer dialogo Andres, Anttonio, Obadya Israel Y Simha 
Su Muguer 
Hispan. 6 
ex Biblioth. Hamburg. Wolfiana N. 22 * 

No. 1564 

Höhe 19%/5 cm. 

Breite 14 cm. 

106 beschriebene Blätter 
17 Jahrhundert 

fol. 1—104r. 33 Capitel. Capitulo primero. De la ciencia del confesor, y de 
sus requisitos necesarios. Oupitulo trigessimo tertio. De la Simonia. 
fol. 104v—105v Tratado Vnico. De el ewxamen de el Predicador. 
fol. 106 Zndice de los Capitulos, que contiene este Breue Besumen. 


Hispan. 7 
ex Biblioth. Hamburg. Wolfiana. 

al: 
No. 1732 

Höhe 23°/ı cm. 

Breite 16°/s cm. 

276 beschriebene Seiten 
17 Jahrhundert 


bo) F. Eyssenhardt 


p. 11— 272 Auemaria bendita Catalina del spiritu sancto 

Sumaria Relacion y breue compendio, de la vida y wirtudes de la vene- 
rable y deuota Senora Dona Catalina Polo de Trejo, por otro mombre 
Catalina del spiritu sancto, Religiosa que fue en el Real monasterio de 
sancta maria de la orden del glorioso padre san Bernardo, en la villa de 
Arebalo, obispado de Abıla 

E serita ıy Recopilada, por el padre frai christobal mendez, predicador 
de la orden de la santissıma trinidad su confessor, natural de la villa de 
veles, obispado de Ouenca 

Dirigida a la senora Abbadessa monxas y conbento, de sancta maria 
la Real de la dicha villa de Arebalo. 
Von anderer Hand p. 275—286 
p. 275—278 Himno de San Buenauentura en alabanza de la Santisima 
Virgen A ti Madre de Dios Santisima alabamos: a ti Maria que eres 
Virgen y madre confessamos cett. Hinter dem Schlusse: Carlos de castro. 
p. 279—285 Primera petizion para el Lunes Padre nuestro que estas (sie) 
en los Zielos santificado sea tu mombre 

Canzion 

Padrenuestro que estas con tres coronas En los Cielos gozando su Gowierno cett. 
p. 285— 256 Redondillas, gedruckt in den Mittheilungen aus der Stadt- 
bibliothek zu Hamburg I (1854) p. 35 —40 


Hispan. 8 
Aus der Wolfschen Bibliothek 

No. 115«a 

Höhe 26!/e cm. 

Breite 19/2 cm. 

57 beschriebene Seiten 
17 Jahrhundert 

Relacion de la embaxada de Roma y ynstrucion al embaxador 


Hispan. 9 
ex Biblioth. Hamburg. Wolfiana 
Ex libris Bibliothecae D. Zach. Conr. ab Uffenbach M. F. 


No. 393, bei Wolf 470. 

Höhe 20%/s cm. 

Breite 15 cm. 

69 beschriebene Seiten 
17 Jahrhundert 

Breve Discurso en que se apuntan algunas causas que ayudan a desmimur 
los poderes y fuercas de Espana y los medios para la restauracion Y 
mejoria dellos. Tanbien se trata de otros arbitrios del seruicio de Dios 


e- 


Die spanischen Handschriften der Stadtbibliothek (9) 


y de la Corona, y de las causas con que otras Prowincias de Europa 
enriquecen y enflaquecen estos Reynos con los medios con que se seguiran 
los effetos comtrarios. Die am Rande stehenden Inhaltsangaben der Capitel 
sind abgedruckt in der Bibliotheca Vffenbachiana mssta, Halae Hermun- 
durorum 1720 fol. col. 1221 seq. unter vol. LXXXI 4°, 


Hispan. 10 


ex Biblioth. Hamburg. Wolfiana L. 39* 

No. 576. 

Höhe 21 cm. 

Breite 17 cm. 
81 beschriebene Seiten, darauf 10 Blätter mit Abbildungen und 1 Seite 
Erklärungen derselben. 
Tratado de la Moneda Jaquesa y de otras de oro y plata del Reyno de 
Aragon. Por Don Vincenzio Juan de Lastanosa, Gentilhombre de la Casa 
de Su Magestad. y lo dedica a los ILmos Senores Diputados. En Zara- 
goza, Ano 1651; nach dem Druck abgeschrieben von J. Christoph Wolf. 


Hispan. 11 


Auf dem Schmutzblatt von der Hand Petersens Geschenk des Herrn 
Dr. W. Bernhardy, vectius Bernhardi (im Jahre 1860); Wilhelm 
Bernhardi, der ältere Bruder des Historikers 'I'heodor von Bernhardi, 
lebte damals als Theaterkritiker in Hamburg. 

Höhe 21'/2 cm. 

Breite 15 cm. 

409 beschriebene oder bedruckte Blätter 
17 Jahrhundert 

Rückentitel Obras varias MSS. 
1) fol. 1—60 Relacion de la vida del Capitan Domingo de Toral y Valdes. 
2) fol. 61—62 Proposiciones, que se le an oido al Marques de Valparaiso 
Virrey de Pamplona 
3) fol. 65—70 Sumario De los sucessos de la Duquesa de Chevruse (sie), 
y causas de la salida de Francia 
4) fol. 71—80 Encuentro Del Marques de Valparayso Virey de Navarra 
y el (sic) Obispo de Pamplona 
5) fol. 83I—96 Anfang A las doce de la noche batia las puertas del pa- 
lacio de Apolo vn gentilhombre a cauallo con tanta furia, que ingquieto 
(sic) toda la familia. 
Ende Y que en quanto al credido de la relagion, que le diesse el que qui- 
siesse, que bien podia sin peligro de descortesia, ni de infidelidad creer lo 


10 F. Eyssenhardt 


vno, 0 lo otro, y que tambien se le eseriniesse al conde Duque, procurase no 
dexzar en rincones a quwen puede saber sus secretos. En esta confermidad 
se hicieron los pliegos. Y para otro correo se auisara de la resulta. 

6) fol. 97”—101 Anfang Domingo 29 de Junio dia de S. PP entro Su 
Magestad de Filipo 4° en Molina 

Ende martes 22 salio el Rey 

7) fol. 102—103 Exmo Senor Bartolome Sanchos Portocarrero y Don 
Diego Sanchos Portocarrero Regidores de Molina 

Ende todo el tiempo que hasta oy a durado de algumos anos a esta parte 
s) fol. 104 Ano 1637 Em Portugal en el mes de Agosto en las ciudades 
de lisboa Coinbra cett. 

9) fol. 105 Sometto a Casa d Austria alludendo all’ impresa 

Agquilon com doi rostri e mille artigl; cett. 

10) fol. 106—107 Lo que D. Pedro de Aragon dixo al Rey quando le 
entro a besar la mano 

11) fol. 108—110 Orden del Rey sobre la comuocacion de los wvltimos 
bandos que quiere el Rey se haga este presente Augo (Augo unsicher) 1639 
12) fol. 111 Aguz van las dos respuestas a las proposiciones de las cortes 
que me pidio vm. 

13) fol. 112—114 Ueberschrieben #1 Rey, Unterschrift Fecha en Madrid. 
a onge de agosto de müll y seis y quarenta y mueue anos yo El Rey Por 
mandado del Rey nuestro senor Juan Baptista Sanez Nauarrete Senalada 
de los de la camera del consejo Real de las Indias. Darauf 6 Zeilen aus- 
gestrichen 

14) fol. 115 Ultilogo. 12 Zeilen ausgestrichen. Dann Algunos nombres 
proprios, Amigo letor, allaras em este papel, que por lo strano te causara 
novedad. 

15) fol. 116 Marco (gemeint Marco?) 1646. Anfang Mos. de Ancurt 
todo el tiempo que estubo sobre Valaguer 

16) fol. 117 Quer eingeheftetes Folioblatt. Ende ya vino aviso de que 
se rindio Tarragona sin resistencia con lo qual se espera El buen suzeso y 
resolucion de todo 

17) fol 115 Anfang Su Magestad viene a la villa de Caranenu 

18) fol. 119 Anfang Las lebas que dicen se hazen son los sigwientes Que 
El marques de la fuente 

19) fol. 120 7 Zeilen Notizen. Anfang A se de Pedir A todos los tercios 
20) fol. 121 Anfang Don Martin Suarez de Alarcon Primogenito del 
Marques Conde de Torresuedras, partio a la Campana luego que se puso 
el sitio a Barcelona. 

21) fol. 122—123 Notizen, Anfang Lo que se a traydo de la nueba 
espana este ano de 1619 

22) fol. 124 auisos de las fronteras de francia y navarra 


Die spanischen Handschriften der Stadtbibliothek Il 


23) fol. 125 Anfang Marques. todos debemos conformarmos con la volum- 
tad de dios. Unterschrift yo el Rey. Undatirt 
24) fol. 126 Anfang El Ano. 1657 Comengo en Jueues muy nubloso en 
Madrid. 
25) fol. 127 6 Zeilen. Anfang Altera causa est, quım longum vsum, 
nm hoc abusu, et sic maiores docwise (sic) praetexunt. 
26) fol. 128 Anfang En ocho de Ayosto, salio su Magestad de Traga ü las 
quatro de la manana 
27) fol. 129 Copie einer roemischen Inschrift mit Notizen und Feder- 
proben auf der Rückseite 
28) fol. 130—145 PRineipia et Rudimenta ex Vniversa Theologia Morali 
Vreuiter Recoleta (per fehlt) Doctissimum P. f Hieronimum De Gamarra 
Dr A meque Joanne de soto seripta Anmo Domini 1644 
29) fol. 146—178 Capitulaciones de la Paz hecha entre el Rey nuestro 
senor y el serenissimo Rey de la gran Bretana, las quales se conchiyeron 
por los Diputados que en ellas se dice en Madrid. 15. de Nobiembre de 1650. 
Tradueidas de latin en Castellano Ano de 1651 
30) fol. 179—193 De La Corte del Gran Mogor, y sus Grandezas. Anfang 
El Rey Jamguir gran Mogor, tiene su corte, y asistengia, en la famosa 
Ciudad de Agra tan celebre, y conogida por Todo el Mundo, por ser una de 
las mas ricas de todo el Oriente, 
31) fol. 194—195 v. Testamentum Christianum Armandi Richelüi Cardinalis 
fol. 195 v.—197 Testamentum Politicum Armandii (sie) Richelii Cardinalis. 
32) fol. 198—201 Druck. Anfang Senor (sie) Juan de Simon Palomera 
y Velasco, por lo mucho que dessea, como leal vasallo, los aumentos de 
V. M. y de su Real Corona y el bien comun de sus vasallos Ende 
Seuilla, y Iumio 21. de 1644. anos. Beso vuestro Real pie. 
33) fol. 202—228 Veramen. Anfang El Doctor Don Miguel Geronimo Martel, 
Chantre de la santa iglesia Metropolitana de Qaragoca Dicen que no se 
tienen los Poetas mas caridad cett. Ende Y Podıa ser, que se vea porque 
cada ımo querra defenderse, y la culpa la tendra el que prouwoca que esto 
mismo viene a ser buscar cinco pies al gato, y en la necesidad le han 
de sacar las vnas. Darauf ein Epigramm Martial’s. 
34) fol. 229—230 Gedicht von 15 Strophen, deren erste lautet 

Ya que toda Qaragoca 

abunda de Melarchia 

por no morirme de Ahogo 

cantare al son de mi Iyra 
35) fol. 231 Druck ohne Ort und Jahr. Sonsonete, a los aprobadores de 


los Comentarios de Luys Lopez, Pastelero examinado en la Ciudad de 
Zaragoga. 


12 F. Eyssenhardt 


36) fol. 232—245 Carlo de lorena duque de mena teniente jeneral del 
Estado y corona de Francia a todos los presentes y benideros salud 
(dada en paris a 17 de diciembre de 1592 amnos) 
37) fol. 246—282 Anfang Para que conste en el tiempo venidero de los 
Catalanes que fuweron Bien afectos al serviecio de Su Magestad en la eindad 
de Barcelona Pincipado de Catalunya en el tiempo de las turbaciones de 
dicho prinsipado pondre aqui el nombre de los que an venido a mi notieia 
desterrados de dicha ciudad y principado. o, se an huido del fwror de los 
ministros. Hierbei beruhen mehrere Worte auf Correcturen, die der 
Schreiber selbst vorgenommen hat. 
38) fol. 283—294  Relagion del publico Juramento que los cabildos ecle- 
siastico y seglar de la ciudad de Merida hicieron de defender que la Reina 
del cielo madre de Dios y senora nuestra la wirgen santa maria fue con- 
cebida sin pecado orijinal 
39) fol. 295—304 Oben rechts in der Ecke Dr mit einem unleserlichen 
Namen. Dann Ano 1655. La orden de Santa clara.  Esta religeosa 
estaua en el conuento de Carrion y en opinion de tam gram sierua de 
Dios que de toda espana y nueuo mundo la enbiauan limosnas y se enco- 
mendauan a ella. 
40) fol. 305 MM. Michel Nostradamus Centuria. 3. prophecia 86 Anfang 
Vn Chef d’Ausonne aux Espaignes ira 
41) fol. 306—313 Aduertencias para el Embaxador de Espana que estu- 
wiere en Roma de Anfang Esta corte de Roma esta compwesta de 
diuersas maciones 
42) fol. 314—320 (amtliche Blanquets mit einigen gedruckten Initialen 
auf jeder Seite) fol. 314 r. Federproben. fol. 314 v. ano de mi y 
quinientos y beinte y siete De Safia (in dem schriftlichen Inhaltsverzeichniss 
aus unserer Zeit am Anfang des Bandes: de asia) el rei de franzia 
AL enperador 
Estando el enperador don carlos en burgos lo inbio el rei de franzia pu- 
blicamente «a desafiar. 
43) fol. 321—328 Anfang La guerra del piamonte asi por la grandeca 
della como por la ymportancia de los fines trae desuelados los discursos de 
todos aquellos a qwien el amor o la obligacion haze curiosos. 
44) fol. 329—365 Al serenissimo senor Don Joan de Austria Gran Prior 
de san. Joan en los reynos de Castilla y Leon. Anfang Aunque es verdad, 
serenissimo sehor, que es mucho golfo para tan poca pluma el empeno de 
la mia; y que parece desatencion no emperchar el animo a vista de tanto 
pielago, escarmentando en el otro poco aduertido mancebo, que de su nombre 
(segun Owidio) le vsurpo el mar Icaro, antes que fomentamdo otra teme- 
ridad, como la suya, solicitarme vn precipicio: mo se puede negar, que me 
apadırina vna grande disculpa Unterschrift der Vorrede Licenciado Joseph 


Die spanischen Handschriften der Stadtbibliothek 13 


garcia Puerta nueua. Darauf folgt Prologo al lector Anfang Awiendo de 
escribir, lector amigo, los aplausos y fiestas, con que la muy leal y antigua 
Villa de Consuegra Cabeza de los prioratos de san. Joan recibio al Sere- 
nissimo Senor Don Joan de Austria su Gran Prior 
Ende Y tenga con tu venida 

vn dueno que la sazome, 

vn padre que la consuele, 

vn Senor que la conforte, 

Vn brazo que la defienda, 

vn Prineipe que la honrre, 

vna sombra que la ampare, 

y vn Bol que la desahogue. 

finis 

45) fol. 366—373 A Don Garcia de Figueroa de la Camara del Rey 
nuestro Senor. Darauf die Vorvrede, datirt en Cafra 20 de Tunio 1606 
Dann fol. 367 r. Discurso en materia de Guerra y de Estado compuesto de 
Sentencias y palabras de Demosthenes Juntas y tradugidas de Griego por 
Pedro de Valencia. 


46) fol. 374—403 Dialogo Discurso en Dialogo del Estado de Alemania, 
y comparacion de Espana con las demas maciones. Dedicalo Al Rey 
Nuestro Senor Don Juan de Palafox, y Mendoca, de su consejo. y su fiscal 
eN el Real de las Yndias. INTerlocutores Don Francisco y Don Diego, 


47) fol. 404—409 Kespuesta de los catolicos que esta (gemeint estin) 
cerca del de nabarra fol. 405 r. Ueberschrift Propusiciones de los 
pringipes perlados (sic) y oficiales de la corona sehnores jentiles honbres y 
otros catolicos que estan del partido del rrey de nabarra. 


Hispan. 12 
Auf dem inneren Vorderdeckel Biblioteca de Salwa und Bücherzeichen 
des Ricardo Heredia 
Höhe 20'/e cm. 
Breite 15 cm. 


Quariteh Bibliotheca Hispana London 1895 p. 89 nr 873: Cancionero de 
composiciones en varios melros. . . . - MS... . 8318 pp. in two hand- 
writings . . about 1620—30. Chiefly unpublished pieces of the close of 
the sixteenth century, including several canciones espirituales (which Salvd 
was inclined to attribute to Ledesma) and a rather large number of 
Romances. Die Handschrift ist folirt A—K und 1-—175. Es fehlen 
Foölia 12, 13, 27, 34-36, 40, 41, 55, 56, 70, 85—87, 116, 119—193, 
169-171, 172, 174. 


14 F. Eyssenhardt 


Hispan. 13 
No. 177 
Höhe 26'/s cm. 
Breite 20°/ı cm. 
201 beschriebene Seiten 
17 oder 18 Jahrhundert 
Arte de los metales, en que se ensena el verdadero beneficio de los de oro, 
yplata por azogue. el modo de fundirlos todos, y como se han de refinar, 
y apartar wmos de otros. compuesto por el licenciado Alvaro Alonso 
Barba natural de la Villa de Lepe en la Andalueia, Cura en la Imperial 
de Potosi, de la Parroqua de San Berardo (Com Licencia imprenta en 
Madrid &e. &e. De 1640. Annos. Abschrift des Druckes, von dem eine 
deutsche Uebersetzung in Hamburg 1676 erschienen ist. 


Hispan. 14 

Aus der Schenkung der Frau Senator Rapp im Jahre 1889 

Höhe 20°/ı cm. 

Breite 14*/; cm. 

S4 beschriebene Seiten 
15 Jahrhundert 

Parecer sobre los repartimientos que acostumbram hacer en algumas penrtes 
los subdelegados entre los Yndios abgedruckt in den Mittheilungen aus der 
Stadtbibliothek zu Hamburg VII (1890) p. 19—69 


Hispan. 15 

Aus der Schenkung der Frau Senator Rapp im Jahre 1889 
Ex Collectione Americana Domini Brasseur de Bourbourg Alph. Pinart 
Serie E1 No.4 

Höhe 31'/, cm. 

Breite 20'/s cm. 

62 beschriebene Blätter 
18 Jahrhundert 

Von einer Hand des 19 Jahrhunderts: Executoria de las tierras de los 
pueblos de Chiapa, Acala y Chiapilla, en contra de las pretenciones de 
los Indios de Iztapa. fecha en 16 del mes de Setiembre de 1706 


Hispan. 16 
Höhe 21 cm. 
Breite 14'/2 cm. 
317 beschriebene Blätter 
15 Jahrhundert 


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Die spanischen Handschriften der Stadtbibliothek 15 


Quaritch, Bibliotheca Hispana London 1895 p. 90 nr 875: Comedias 
Manuscritas: Cnlderon, Auto sacramental alegorico „Triunfar muriendo“ 
... Velez de Guevara (Luis) Comedia famosa de los Fijos de lu 
Barbuda, preceded by a Loa. Loa: Certamen entre las prendas que 
adornan al Conde de Trastamara. El Hijo Prodigo y Rico Avariento, 
en tres jornadas, stated to be by Don Antonio Pablo Fernandez 
Loa para la Pasqua de 1771 — Los Majos vencidos, saynete — Zarzuela: 
el Philosopho natural, 2 acts (the second entitled. „Philos. Aldeamo”) etc. 
. about 1740—50 


Hispan. 17 
erworben 1893 aus dem Nachlasse des am 6 Februar 1892 gestorbenen 
Professors Reinstorf 
Höhe 31'/s cm. 
Breite 22 cm. 
73 beschriebene Blätter 
15 Jahrhundert 
Eine Sammlung enthaltend spanische und lateinische Briefe 62 genannter 
Briefsteller, ausserdem 4 anonyme Briefe, sowie andere Schriftstücke. 
Meist sind es Abschriften; vielfach sind Lücken gelassen, wenn der 
Schreiber Worte des Originals nicht lesen Konnte; manchmal liegt 
das Original der Abschrift bei. 


Hispan. 15—20 
Höhe 31*/5 em. 
Breite 21'/ı em. 
712 beschriebene Blätter, darunter 12 pergamentene 

Quaritch Bibliotheca Hispana London 1895 p. 91 no 885: G@enenlogia de la 
Descendeneia de los Sres Don Thomas Rodriguez de Vargas Machueca, de 
D. Geronimo de Monterde, D. Martin Alberto de Bertodamo y D. Miguel 
Martines de Velasco, abuelos de D. Ygnacio Rodriguez de Vargas — Blazon 
y Despacho de Armas de los ylustres «pellidos de Rodriguez y Vargas 
que perteneceen «a D.-. Thomas Hodrigquez de Vargas - blazon y 
Despacho de armas de los ylustres apellidos de los Martines y Velascos 
que pertenecen a D. Miguel Martynes de Velasco, que corresponden por la 
hinean materna a Ygnacio Rodriguez de Vargas Machuen — Blazon y Des- 
pacho de Armas de los Monterde y Antillon, que corresponden por linea 
paterna a Don Yynacio Rodriguez de Vargas — ....3 wvols.... MS 
.. . . emblazoned amd decorated with numerous portraits, shields of arms, 


genealogecal trees, symbolical figures, borders amd ormamental initials . . . - 
Mexico 1780—1752 


16 F. Eyssenhardt 


Hispan. 21—23 
Aus der Schenkung der Frau Senator Rapp im Jahre 1889 
Höhe 20°/ı cm. 
Breite 14°/s em. 
Band I: 463 beschriebene Seiten 


382 n Blätter 
„ MS „ Seiten 


15 und Anfang des 19 Jahrhunderts 
Rückentitel Ooleceion de reales sedulas (sic) 1. 2. 3 
Das erste Stück des ersten Bandes ist em Bundo sobre Armas cortas de 
25 de Diciembre de 1775, das letzte des zweiten eine Ley que preseribe 
el modo de proveder contra asesinos y ladrones ... ano de 1824, das letzte 
des dritten Bandes eine Real Cedula de 31 de Mayo de 1801, publicada 
en Mexico por Bando del Exmo $. Dom Felix Berenguer de Margquina 
con fecha de 19 de Julio de 1802 sobre Estupros. 


Hispan. 24—29 
Aus der Schenkung der Frau Senator Rapp im Jahre 1989 
Eine von dem verstorbenen Senator Rapp erworbene Sammlung von 
Documenten in 6 Mappen in folio 
Mappe I Personales: 

1) @il Gonzalez de Avila 1596—1599 [jetzt gebunden als Hispan. 1] 

2) Gregorio de Porras 1615: Real cedula recomendandole al virey de La 
Nueva Espana con otra Real cedula de 1591 dirigida al padre de 
Gregorio, Don Hernando de Porras de Sevilla y carta del duque de 
Medina Sidonia a Gregorio de Porras 1612 

3) Fernando Sanchez Garcia Pareja, sus titulos originales 1741—1766 

Mappe II Estado ecclesiastico 

1) 3 Expedientes de 45, 47 y 25 hojas 1569, 1610, 1689: escritwras de 

convenios ete. entre la cofradia de la Santisima Trinidad con las monjas 

de Santa Clara y con la congregacion de Sam Pedro, tocante a sw iglesia 

y sitios etc. 

2) 2 Libros de obra en el Colegio de Bethlen (Belen) en Mexico desde 

1699 hasta 1795 

3) Expediente de 35 hojas (1312): Provision de la Prebenda de Idioma 

Mexicano en la Iglesia Colegiatı de Guadalupe. 

Mappe III Juzgado general de natwrales 

1) Eixpediente de 75 hojas (1771): Beneficios de los Indios de las Juris- 

dicciones del Estado y Marquesado del Valle 

2) Expediente de 85 hojas (1796—97): EI comum de Santa Catalina 

Chiontla con el Cura de Tuntima sobre querer quäitarles el Vecario de pre 

fijjo, que tienen en su Pwueblo 


Die spanischen Handschriften der Stadtbibliothek lt 


Mappe IV Varzos 
1) Expediente de 37 hojas (1786): Imforme pedido al Gobernador de Merida 
por el virey Don Jose de Galvez, conforme a la Real orden de 6 de Octubre 
de 1785 sobre las providencias tomadas para el establecimiento del Estanco 
de Aguardiente de canı en la provincia y costa de Campeche 
9) Expediente de 40 hojas (1789--90): Real cedula de 19 de Agosto de 
1789 declarando, que en las Juntas, en que concurra Verrey, Presidente o 
Gobernador que tenga el ejercicio de Vice-Patronato Real, ha de presidirlas 
aumque asistan a ellas como vocales los Prelados Ecelesiasticos 
3) Expediente de 128 hojas (1795—1808): Subsidios de 70 mällones de reules 
de vellon exigidos al Estado Ecclesiastico Secular y Regular de Indios para 
las urgencias del Real Erario 
Mappe V Estado ecclesiastico secular 
1) Expediente de 75 hojas zum Theil gedruckt, (1781—86. 1803) respecto 
a si convendria quitur los Cupitwlos Provinceiales de la Orden de la Merced 
en Indias 
3) Expediente de 102 hojas (1794—98): Recurso de fuerza interpuesto 
por el Fr. Joseph de 8. Ignacio de la Orden de Betlemitas por denegada 
Justicia de parte de su prelado general 
3) Eixpediente de 32 hojas (1306—7) idem por el Fr. Nicolas de Lara 
contra su superior el Padre Provineial de la Orden de Sam Agustin 
4) Eixpediente de 29 hojas en 4° (1818) idem del Doctor Fray Vicente 
“Uribe, religioso de N. 8. de la Merced contra sw Provincial 
Mappe VI Estado ecclesiastico secular 
1) Eixpediente de 48 hojas (1811) sobre partieipacion del cura de Chica- 
huastla en la fuga del reo Francisco Pucheco 
2) Expediente de 30 hojas (IS11--12) diligeneins de B. Joagquin Sandoval 
para que se le ponga en posesion de una eamongia que se le confirvö 
3) Expediente de 39 hojas (1IS11—15) Real Orden de 1510 para que se 
suspenda la provision de camongias prebendas etc. que mo seam de oficio 
(derogada 1S11) 
4) Expediente de 34 hojas (19135—14) Beneficios ecclesiasticos, que se ham 
provisto desde Octubre 1811 hasta Noviembre 1815 
5) Einpediente de 74 hojas (1814) Diligencias de Jose Mariano Beristain 
para que se le de colacion camonica y posesion del Deunato de la 8. Iglesia 
Metropolitana de Mexico 
6) 11 diversas relaciones de servieios, y meritos, que sus autores presentaron 
con el objeto de obtener alguma gracia de prebenda o canongia (1793 —94) 
2 


18 F. Eyssenhardt 


Hispan. 30 
Erworben 1860 
Höhe 20 cm. 
Breite 15 cm. 
60 beschriebene Blätter 
18 Jahrhundert 
Liuro de entremezes y mais curiozidades em Amsterdam a 19 Julio de 
1711 Ao 


Hispan. 31 
Nr9. 
ex Biblioth. Hamburg. Wolfiana. 
Höhe 19 cm. 
Breite 15 cm. 
145 beschriebene Seiten. 
17 oder 18 Jahrhundert 
p. 1—42 Discurso primero Lo passear 
p. 43—106 El viaje de la Frangia Discurso segundo 
p. 107—145 La posada Discurso. 3. 
Schluss: fin de los dialogos de (Wolf hat hier hineincorrigirt Zo.) Garnier 
Traduzidos en lengua Castellana (von M. Fernandez. gedruckt z. B. Am- 
sterdam 1556) 


Hispan. 32 
Erworben 1860 
Höhe 20!/s cm. 
Breite 16 cm. 
45 beschriebene Blätter 
17 oder 18 Jahrhundert 


fol. 1r.—4 v. Entremes Del talego 

fol. 4 v.—7 v. Entremes fümoso del Remediador 
fol. Sr. —12r. Entremes de taragona 

fol. 13r.—16r. Entremes Del Cuero 

fol. 16 v.—19v. Yo no pido 

fol. 19 v.—23 v. La Podrida 

fol. 23 v.—26 v. El tabaco 

fol. 27r.—29r. El Poeta 

fol. 29v.—33 r. La Bonda 

fol. 33 r.—35r. La Capa y Sombrero 

fol. 33 und 39 spanische und portugiesische Verse 
fol. 40 r—44r. El tudesco 

Ausserdem vor fol. 1 ein Blatt und fol. 36 und 37 mit Rechnungen, 
die dabei stehenden Worte portugiesisch 


Die spanischen Handschriften der Stadtbibliothek 19 


Hispan. 353—55 
Aus der Schenkung der Frau Senator Rapp im Jahre 1889 
Drei Mappen im quart 
Mappe I 94 beschriebene Blätter. Officielle Originalcorrespondenzen aus 
Mexico aus den Jahren 1808—1821 
Mappe II 127 beschriebene Blätter verschiedenen Formats, Privateorre- 
spondenz der Familie Iturbide 
Mappe III 40 beschriebene Blätter. A. de Iturbide: Aufenthalt in Li- 
vorno 1823, Correspondenz und Rechnungsbücher 


Hispan. 36 
Aus der Schenkung der Frau Senator Rapp im Jahre 1889 
Eine Mappe in folio, voll ungeordneter Documente verschiedenen 
Formats, auf Mexico bezüglich, aus dem 18 und 19 Jahrhundert, das 
letzte ein Pergament von 1682: 329 gedruckte oder beschriebene Blätter 


Hispan. 37 

In Serinio 22 

Höhe 36!/e cm. 

Breite 25'/s em. 

256 beschriebene Blätter 
18 Jahrhundert 

Providencia de Dios Con Israel, y Verdad de la Ley de Mosseh y nulidad 
de las demas Leyes Compuesto por el muy Esxselentissimo Senor H. H. M. 
Arab R. Saul Levy Mortera de felise memoria. Eine andere spanische 
Handschrift desselben Werkes beschrieben von Steinschneider, Katalog 
der Hebräischen Handschriften der Stadtbibliothek p. 165 Nr. 339. Ver- 
gleiche auch die Bemerkung am Schluss dieses Verzeichnisses. 


Hispan. 33—40 
Von Petersen’s Hand Geschenk des Herrn Dr. B. (rectius N.) H. Julius 
Höhe 31!/s cm. 
Breite 19!/ em. 
19 Jahrhundert 
Band I 
425 beschriebene Seiten 
Floresta de Rimas antiguas Castellanas ordenada por Don Juan Nicolas 
böhl de Faber Zusatz von anderer Hand: , de la Real Academia 
Espanola. Hamburgo: En la libreria de Perthes y Besser. 1821. 
Schluss der letzten Seite Die Handschrift erfolgt in freien bogen, so wie 
es der Setzer beim Drucken nöthig hat. Sollte sich kein Verleger finden 
so trage ich die grösste Sorgfalt in Hinsicht der Handschrift auf. Ich 
habe nichts dagegen, dass selbe Freunden der spanischen Poesie als Schlegel, 
2» 


20 F. Eyssenhardt 


Gries, Keil ete. zum Genuss mitgetheilt werde, wenn sie sich nemlich 
auf Ehre verpflichten nichts abzuschreiben. Zu diesem Endzwecke müssten 
die Bogen dann wenigstens geheftet werden. Es sind 101 Bogen. 

Cadiz, den 5 Februar 1520 

böhl v. Faber 
Band II 
415 beschriebene Seiten (die letzten 13 grösstentheils nicht von Böhl’s Hand) 
Segunda parte de la Floresta de Rimas antiguas castellanas ordenada por 
Don Juan Neeolas Böhl de Faber de la Real Academia Espanola 
(Cadız 1821) 
Band III 
Tercera parte de la Floresta de FRimas antiguas Castellanas ordenada por 
Don Juan Nicolas Böhl de Faber de la real Academia Espanola. Zusatz 
von anderer Hand: Hamburgo en la libreria de Perthes y Besser 1825. 
445 beschriebene Seiten 
Am Schluss ein Brief an Dr. Julius mit einem Druckfehlerverzeichniss. 
Die erste Seite lautet 
Puerto den 17 Marti) (oder Martz) 1826 
Versprochenermassen erfolgt hiemit, bester Freund, die Anzeige der Druck- 
fehler der dritten Floresta, die leider in grösserer Anzahl vorhanden sind, 
als in den vorigen. Finden Sie es schicklich, so mag die Anzeige der 
‚fehlenden Kommas wegbleiben. Bei genauer Durchgehung dieser Sammlung 
habe ich mich aufs Neue von deren Trefflichkeit überzeugt. Der matten 
Stellen giebt es nur wenige. Die wenigen Kenner in meiner Umgebung 
loben diesen Band moch mehr als seine Brüder. Einer wünscht in der 
neuen Ausgabe die Gedichte mit Ueberschriften versehen zu erblicken. 
Dei den grösseren Stiicken ginge dieses wohl an: bei den kurzen würde 
ich es störend finden. Dann auch wirde die Oekonomie der Anordnung 
gestört averden, auf der (sie) ich mehr Fleiss verwandt habe als 
sichtbar ist. 

Cap. Beusse ist leider so schnell wieder nach dorten zwrückgesegelt, dass 
mein kleines Packet für Sie mit den in Cudiz gedruckten Sachen mir wieder 
von Sevilla zwrückgesandt ist und jetzt eine amdere Gelegenheit abwarten 
muss. Von Madrid habe ich noch keine Antwort in Hinsicht der Defekte 
erhalten, obwohl ich meine Anforderung erneuert habe. 

Hiebei ein am Perthes und Besser endossirter Wechsel von B} 269 
mit Bitte, ihn einzukassiren und mir in Rechnung zu vergüten. 

Ich bin jetzt aufs Neue für die alte spamische Poesie belebt geworden, 
und wenn (wie es scheint) diesen Sommer unsere Verschiffungen nach 
England minder lebhaft sein werden, so findet sich wohl Zeit zu einer 
Ausarbeitung des altspamischen Theaters. 


Die spanischen Handschriften der Stadtbibliothek 2] 


Meine Familie ist wohl. Die ältesten (Töchter fehlt) mit ihren 
Männern in Sevilla und Cadiz; die jüngste mit ihrem Manne noch immer 
bei uns. Nächsten Monath jedoch wird das Regiment nach Chiclana 
verlegt. 

Treu ergebenst der Ihrige 
Bböhl von Faber 

Mit N. 809 (welche ich auswendig weiss) beschwichtige ich manche 

schlaflose halbe Stunde. 
Hispan. 41 

Von Petersen’s Hand: Geschenk des Herrn Dr. B. (rectius N.) H. Julius 

Höhe 25 cm. 

Breite 20 em. 

221 beschriebene Blätter 
19 Jahrhundert 
Teatro Espanol anterior a Lope de Vega por el editor de la Floresta de 
Rimas antiguas Castellanas (von J. N. Böhl von Faber Hamburg 1832) 
Böhl’s Autograph 
Hispan. 42 
Höhe 30°/5 em. 
Breite 20 em. 
548 beschriebene Seiten 
19 Jahrhundert 

Auf dem innern Deckel From the Sunderland Library, Blenheim Palace, 
Purchased, December, 1581, By Bernhard Quaritch, 15 Piecadilly, London, 
und das Bücherzeichen des Ricardo Heredia. Quaritch Bibliotheca Hispana 
London 1895 p. 89 Nr. 869: Aponte ( Pedro Geronimo) Sumario de algunas 
Casas de Espana de linages amtiquos (sie) de donde proceden muchos Senores 
Duques, Condes y Marqueses ete.... unmpublished Ms. 517 pp. 
Aponte (Vasco de) Libro de algunos Linages de Galicia, unpublished Ms. 
60 pp. 
Gareia de Salazar (Lope) Libro de Linages y @uerras de Biscaya y sus 
montanas y de otras cosas cuwriosas, los einco libros posteriores de su grande 
. obra intitulada las Bienandanzas, unpublished Ms. 164 pp..... 
Eine ähnliche handschriftliche Notiz auf dem vorderen Schutzblatte 


Mehrere andere spanische Handschriften werden von Steinschneider 
beschrieben. Vergleiche unter No. 37 

Das aus den unter No. 1—11, 13—15, 30—32 mitgetheilte ist buch- 
stabengetreu abgedruckt, Fehler sind im allgemeinen nicht verbessert; 
manchmal ist durch em sie ausdrücklich auf sie hingewiesen worden. 


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Kenzan 


Beiträge 
zur 


Geschichte der japanischen Töpferkunst 


von 


Dr. Justus Brinckmann. 


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Holzschnitt nach einem Bilde des Shisui Shinsei (Kenzan) in Hoitsu’s 
Kenzan-Iboku, 


Europäische Stimmen über Kenzan. 


Kaum fünfundzwanzig Jahre sind verflossen, seitdem in der keramischen 
Literatur des Abendlandes die Einsicht zu dämmern begonnen hat, dass 
jene durch Jahrhunderte geschätzten und bewunderten Hizen - Porzellane, 
deren prunkende Reihen den Weltruhm des japanischen Palais zu Dresden 
begründet hatten, nicht der eigenste und feinste Ausdruck japanischer 
Kunst in der Töpferei seien. Dann meinte man tiefer einzudringen in die 
Erkenntniss der japanischen Töpferkunst, indem man daneben und höher 
noch jenes in Gold und zarten Schmelzfarben schimmernde Satsuma- 
Steingut pries, das die technischen Ueberlieferungen einer feinfühligen und 
intimen Kunstübung nicht ganz eingebüsst hatte unter dem Weltmarkteifer 
keramischer Unternehmer. 

Von der japanischen Regierung beschiekte Welt-Ausstellungen, wie 
die Wiener des Jahres 1573, liessen uns wohl die ausserordentliche Viel- 
seitigkeit der japanischen Töpferkunst ahnen; aber die Masse der Arbeiten, 
in denen die ersten unerquicklichen Früchte der neuen Aera geerntet 
wurden, legte sich wie eine dunkle Wolke vor das, was sich uns dargeboten 
hätte, wenn unsere Augen damals zu sehen verstanden hätten. Finzelne 
alte Töpferarbeiten, grosse Kostbarkeiten für den ästhetisch gebildeten 
Japaner alten Schlages, verloren sich fast unbeachtet unter der Menge 
auffälliger Neuheiten und sind damals in ihr Ursprunesland heimgekehrt. 

bedeutsamer für unser Wissen wurde die folgende Weltausstellung. 
Die Leiter des South Kensington-Museum in London hatten vorausblickend 
die mit der Einrichtung der japanischen Abtheilung zu Philadelphia 1876 


%6 Dr. J. Brinekmanti. 


betrauten Behörden angeregt, eine möglichst vollständige Sammlung typischer 
Beispiele alter und neuer Töpferarbeiten zu vereinigen und auszustellen, 
die danach vom South Kensington-Museum angekauft werden sollte. Dies 
geschah und der bei diesem Anlass von M. Shioda verfasste, von T. Asami 
in’s Englische übersetzte Bericht über die Geschichte der japanischen 
Töpferkunst wurde i. J. 1880 von Mr. Augustus W. Franks, einem der 
Direktoren des British Museum, zugleich mit dem 216 Nummern zählenden 
Katalog der ganz nach den Regeln japanischer Kennerschaft angelegten 
Sammlung veröffentlicht. 

Aus diesem Bericht erfahren wir, dass eine der Töpferwerkstätten bei 
der Hauptstadt Kioto, diejenige zu Narutaki, von einem Bruder des berühmten 
Malers Ogata Korin, Namens Shinsho begründet worden ist, der sich in 
seinen Mussestunden damit unterhielt, für die Theetrinker — die Chajın — 
Gefässe in Nachahmung derer des um die Mitte 17. Jahrhunderts in Kioto 
thätig gewesenen Ninsei anzufertigen. Das Dorf Narutaki, heisst es weiter, 
wo der Künstler seinen Wohnsitz hatte, lag am Fusse des Hügels von 
Atago, im Nordwesten des Kaiserpalastes. Da nun diese Himmelsrichtung 
auf Chinesisch „Ken“ genannt wurde, führte der Künstler den Namen 
Shisui Kenzan, was besagen wolle, „schöner blauer Hügel im Nord- 
westen“. Kenzan, dessen Werke hohes Ansehen bei den Chajin genössen, 
sei, 82 Jahre alt, im Jahre 1742 gestorben. 

Zu einer Würdigung der Kunst Kenzan’s erhebt der Katalog sich 
nicht; er beschreibt nur kurz die drei bezeichneten Werke, einen kleinen 


tragbaren Heerd — Furo —, einen kleinen walzenförmigen Feuertopf für 
Raucher — Hiire — und eine Kumme — Hachi —. Auch der etliche 
Jahre früher — 1878 — veröffentlichte Katalog der eigenen Sammlung 


japanischer Töpferarbeiten, die Mr. A. W. Franks damals im Bethnal Green 
Branch Museum leihweise ausgestellt hatte und später dem British Museum 
geschenkt hat, beschäftigt sich nicht anders mit dem Meister, als dass er 
fünf seiner Werke kurz beschreibt. Davon trägt eines neben der Bezeichnung 
Kenzan noch die Worte San dai, d.h. die dritte Generation, und die Angabe 
der Periode Bunsei, die den Jahren 1818 bis 30 unserer Zeitrechnung entspricht. 
Wie sich der Kenzan des 19. Jahrhunderts zu dem Kenzan aus dem 18. 
Jahrhundert verhält, wird nicht erörtert. 

Auch das prachtvoll mit Farbendrucken ausgestattete Werk des 
Architekten George Ashdown Ausdsley und des Präsidenten des Liverpool 
Art Club, James Lord Bowes, das in den Jahren 1875 bis 77 unter dem 
Titel „Keramic art of Japan“ erschienen ist, weiss von Shisui Kenzan nur 
zu sagen, dass er in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu Narutaki 
gute Nachahmungen der Ninsei-Waare gemacht habe, die von den Chajin 
hochgeschätzt wurden. Auf die künstlerische Bedeutung des Meisters 
gehen die Verfasser mit keinem Worte ein. 


Kenzan. 97 


” 


Auch Edmond de Goncourt, der sich durch die farbenreiche und 
anschauliche, wenngleich etwas schwerfällige Schilderung seiner japanischen 
Sammlungen in seinem 1881 erschienenen Buche „La Maison d’un Artiste“ 
als einer der Ersten verdient gemacht hat um die Eimführung der Abend- 
länder in den Zaubergarten japanischer Kunst, schweigt über Kenzan. Ihm, 
dem Propheten der raffinirten Kunst des Zeitalters eines Louis XV. und 
Louis XVI., ist das volle Verständniss für den impressionistischen Flug des 
Pinsels eines Kenzan damals noch nicht aufgegangen gewesen und wohl 
auch später nicht erschlossen worden. Wie er in seinem Buche die 
Satsuma-Fayencen neuerer Zeit, die allerdings dem keramischen Geschmack 
des Jahrhunderts des Porzellans nahe standen, über Alles preist, so prägte 
sich diese Neigung in dem Inhalt seiner Sammlung auch dann noch aus, 
als andere Pariser Sammler schon längst zu den ästhetischen Bekenntnissen 
der Chajin vorgedrungen waren. Die Versteigerung der von dem Dichter- 
hinterlassenen Kunstschätze im März des Jahres 1897 hat dafür den 
Beweis erbracht. Ein Chajin und wer auf den Spuren der Chajin wandelt, 
fand dabei nicht sein Genügen. 

Das Verdienst, den Meister Kenzan als Künstler gewürdigt und uns 
vorgestellt zu haben, hat sich zuerst S. Bing erworben als Verfasser des 
die Töpferkunst behandelnden Abschnittes in Louis Gonse’s grossem und 
schönem Buch „L’Art japonais“, das im Jahre 1883 denen, die sehen 
wollten, endlich die Augen öffnete über die Kunst des Landes der auf- 
gehenden Sonne. Bing giebt kurze Angaben über das Leben des Meisters, 
die er dem 1876 in Tokio mit schlechter französischer Uebersetzung 
erschienenen Buche des japanischen Archäologen und Sammlers Ninagawa 
Noritane entnimmt und fährt dann fort: „Obwohl Kenzan dieselben Stoffe 
verarbeitete, wie seine Vorgänger, schuf er eine ihm ausschliesslich eigene 
Gattung. Die Malereien aus seinen Werken haben eine absonderliche 
Eigenart. Man erkennt sie auf den ersten Blick an der Breite der 
Zeichnung und einer Maestria in der Ausführung, die zu der kleinlicheren 
Mache der voraufgehenden Künstler in Widerspruch tritt. Er schlägt 
eine neue Richtung ein, deren Einfluss sich seither nicht wieder verleugnet, 
die aber unglücklicher Weise zahlreichen Nachahmern Thür und Thor 
geöffnet und zu häufigen Missbräuchen seines Namens verführt hat.“ 

In der einige Jahre später als ein Band der „Bibliotheque de l’en- 
seignement des beaux-arts“ erschienenen kleinen Ausgabe von „L’Art 
japonais* hat Louis Gonse den Abschnitt über die Keramik selbst 
bearbeitet und die Charakteristik Kenzan’s weiter ausgeführt. Er setzt 
seine Lebenszeit in die Jahre 1663 bis 1743 und nennt ihn einen Schüler 
seines älteren Bruders Korin. Von diesem, dem berühmten Lackmaler, 
sagt er, dass er die alte Form gesprengt habe, in die eingezwängt die 
Werkstätten von Kioto unter dem fast ausschliesslich herrschenden Einfluss 


[9 
- 


Dr. J. Brinckmann. 


n 


der Maler der Tosa-Schule vegetirten. Sein Eingreifen in die dekorativen 
Künste war von allmächtiger Wirkung. Durch seine Lackarbeiten, in 
denen er sich als ein Techniker ersten Ranges bewährte, erzwang er sich 
die Bewunderung auch derjenigen seiner Landsleute, die den Seltsamkeiten 
seiner Malereien abhold waren. Seine Goldlacke haben einen ganz eigenen 
Ton, einen gedämpften, gewaltigen Ton von verhaltener Gluth und vibrirender 
Leuchtkraft. Sie schemen wie aus einem Stück massiven Goldes geschnitten. 
Seinem Pinsel entfliesst der Lack wie eine flüssige Fettmasse. Sem Decor 
beruht auf der Wirkung grosser Massen und der ausserordentlichen 
Kühnheit summarischer Widergaben. Dazu packende Wirkungen von 
Einlagen aus Perlmutter, aus Silber, aus grauem Blei oder Zinn. Durch 
seinen Bruder Kenzan, der Korin’s überzeugter Anhänger war, befreite er 
die keramischen Schulen Kioto’s von der Knechtschaft chinesischen Formel- 
wesens und vollendete er das von Ninsei begonnene Befreiungswerk. Wie 
die Werke Korin’s zeichnen sich diejenigen Kenzan’s durch die ausser- 
ordentliche Freiheit ihrer Verzierung aus, die auf grossen Massen von 
kräftigem Ton beruht, im dem fast immer smaragdgrüne Flächen auffallen. 
Man lernt daraus, welche Vortheile der Vereinfachung des Decors abzu- 
gewinnen sind. Was als Naivität erscheint, beruht bei Kenzan auf gründ- 
licher Geschicklichkeit. Die schöneren seiner Werke können in den Augen 
der Kenner mit denen Ninsei’s wetteifern. Die Urwüchsigkeit der Formen, 
der Verfahren und der Zeichnung ist keine geringere; der Farbensinn ist bei 
Kenzan sogar höher entwickelt. Der vibrirende harmonische Reichthum 
seiner Schmelzfarben hat seines Gleichen nicht. Der Scherben seiner 
Töpferarbeiten ist meist ziemlich grob oder mindestens leicht und zerreiblich, 
steht also tiefer als derjenige Ninsei’s. Ihr Werth beruht in dem pracht- 
vollen Gewande, mit dem der Künstler sie bekleidet hat. 

Diesen Bewunderern der Kunst Kenzan’s folgt der Herausgeber des 
„Art Journal“, Marcus B. Huish, in seinem in erster Auflage 1889, 
in zweiter 1892 erschienenen Buche „Japan and its Art“. Nach 
ihm lassen die breite Behandlungsweise und die lebhaften Farben, die 
Kenzan bisweilen anwendet, seine decorirten Werke auf den ersten Anblick 
oft etwas roh erscheinen, aber eindringendere Bekanntschaft mit ihnen 
werden bald zu der Ueberzeugung führen, dass jegliche Einzelheit von 
einer Meisterhand herrührt. Wie Korin, war Kenzan ein echter Im- 
pressionist. Er strebte in seinem Decor nach Wirkungen, die jenseits 
derer der Wiedergabe mechanischer Einzelheiten liegen, nach Wirkungen, 
die aus dem Kontrast oder der Harmonie der Farben oder des Stoffes, 
aus wohl abgewogener Komposition und Anordnung der Theile sich ergeben, 
oder Kraft und Freiheit der Hand bekunden, und in denen vor Allem 
die hohe poetische Empfindung zum Ausdruck gelangt, die ein Merkmal 
der Meisterwerke japanischer Kunst. Seine Werke gehören nicht zu denen, 


Kenzan. 29 


die dem Geschmack der Menge schmeicheln. Sie sind das gerade Gegen- 
theil vom Niedlichen. Man mag sie sich vorstellen als Werke eines Mannes, 
der nicht sorgte, irgend wem zu Gefallen zu schaffen, ausser ihm 
selber; eines Mannes mit kühnem Flug der Ideen und dem Muth, diese 
durchzuführen. Seine Werke sind in hohem Grade suggestiv; jedes neue 
Beispiel scheint eine neue Idee auszudrücken. 

Huish reiht an diese Würdigung der künstlerischen Bedeutung des 
Meisters einige kurze Hinweise auf seine Töpferarbeiten. Die Mehrzahl 
seiner in Kioto entstandenen Werke bestünde danach aus dem feinen 
Awata-Scherben; aber auch den gröberen Thon von Shigaraki und anderen 
Orten habe er verarbeitet. Zuweilen formte er die Gefässe mittelst des 
Rades, bisweilen ganz aus freier Hand. Die Beschaffenheit seiner Glasur 
und die Art ihrer Anwendung wechselten ebenso sehr, wie der Decor. 
In jüngeren Jahren war er erfolgreich in der Nachahmung der Raku- 
Waare der Chojiros. 

Den genannten Schriftstellern tritt mit kühleren Worten entgegen der 
schon erwähnte James Lord Bowes in seinem 1890 erschienenen Buche 
„Japanese Pottery“, das zu der Beschreibung der Sammlung des Verfassers 
eine Einleitung giebt, in der, so oft sich die Gelegenheit bietet, dem 
ästhetischen Geschmack des japanischen „Chajin“ und seiner europäischen 
Gefolgschaft allerlei kleine Bosheiten verabreicht werden. James Lord 
Bowes hatte in seinem ersten, in Gemeinschaft mit Audsley verfassten 
Werke gründlich fehlgegriften, indem er zahlreiche prunkende und über- 
ladene Erzeugnisse der schon von europäischen Einflüssen und jedenfalls 
vom Drängen der Ausfuhrhändler nach reicherem Decor angekränkelten 
Töpferkunst jüngster Zeit als Meisterwerke beschrieb und in kost- 
spieligen Farbendrucken abbildete. Seine Kennerschaft und sein Ver- 
ständniss für japanische Kunst waren aus anderen Quellen geflossen und 
beruhten auf anderen Anschauungen, als die der feinsinnigeren und mit der 
urwüchsigen Eigenart der Kunst Japans vertrauteren Männer, die nach 
dem Jahre 1877 über denselben Gegenstand geschrieben hatten. Ganz 
hatte sich Lord Bowes später der besseren Erkenntniss nicht verschliessen 
können, aber er konnte es sich doch nicht versagen, auf seinem Rückzuge 
den Gegnern allerlei Hiebe auszutheilen. Seinen entschiedensten Gegner, 
den Amerikaner Edward Sylvester Morse hat er im Jahre 1891 in 
einer mit Farbendrucken illustrirten Streitschrift unter dem Titel „A vin- 
dication of the decorated pottery of Japan“ zu bekämpfen versucht. So 
richtig es ist, dass das ästhetische Glaubensbekenntniss der Chajın nicht 
den gesammten Schatz japanischer Kunst ausgeschöpft hat, so unrichtig 
wäre es, an dasjenige, was die Chajin bewunderten und bewundern, den 
Maassstab eines von europäischer Ueberladung und europäischer Prunksucht 
genährten und befriedigten Geschmackes anzulegen. 


30 Dr. J. Brinekmann. 


Lord Bowes giebt zu, dass wenn wir uns begnügten, dem Urtheil der 
Chajin zu folgen, wie es deren abendländische Schüler sich zu eigen gemacht 
haben, Kenzan der grösste aller in Kioto thätigen Töpfer gewesen sei. 
Er erwähnt, Kenzan habe denselben Thon, wie Ninsei, Kinkozan und 
andere Awata-Töpfer verarbeitet, seine Werke aber entbehrten der 
eleganten Vollendung und der zarten Glasuren, welche die Werke jener aus- 
zeichnen. Im Decor Kenzan’s erkennt auch er packende Urwüchsigkeit; 
seine Farben erscheinen ihm aber dunkler gestimmt, als diejenigen der 
Ninsei-Schule, die damals grossen Erfolg beim Volke hatte. Eben des- 
wegen meint er, weil Kenzan auf die Ueberlieferungen der älteren Kunst 
zurückgriff, sicherte der Künstler sich die Gunst der exclusiven Chajin. In den 
Vorwürfen seiner Malereien folgte er den impressionistischen Zeichnungen 
eines Tanyu und Yeishin und vermied so die sorgfältige und genaue 
Wiedergabe des Vorwurfes, welche die Ninsei-Schule bei ihren keramischen 
Malereien pflegte. Bowes findet Kenzan’s Töpferwaaren im Allgemeinen 
etwas grob getöpfert; ihre Oberflächen oftmals rauh, selbst in gekünstelter 
Weise. Als Lieblingsvorwürfe des Meisters begegnen ihm Zweige des 
Chrysanthemum, des Mume-Baumes, des Bambus, der Kiefer, des Lotos 
und andere Natur-Motive, die unter einer glänzenden, gekrackten Glasur 
in ruhigen Farben, in kaltem Blau, Olivbraun und Schwarz ausgeführt 
sind. Oft fügte der Maler einige poetische Worte hinzu, die sich auf den 
Vorwurf bezogen und fast immer brachte er seine Signatur in kühnen 
Schriftzügen an, sei es unter dem Gefäss, sei es als einen Theil des 
Dekors. Alles in Allem, findet auch Lord Bowes in den Töpferarbeiten 
Kenzan’s eine Urwüchsigkeit der Zeichnung, eine Geschmeidigkeit des 
Stiles und eine Wunderlichkeit der Behandlung, die es ihm leicht machen, 
die Gunst zu begreifen, in der sie bei den Chajın stehen mochten; ver- 
einigten sie doch etwas von der affektirten Kunstlosigkeit der frühen 
Töpferwaare mit einer wohlerwogenen Annäherung an die höhere technische 
Vollendung und die Schönheit der Verzierungsweise, welche von der damals 
in Gunst stehenden jungen Töpferschule gepflegt wurden. 

Kapitän Brinkley, der in Basil Hall Chamberlains „Things japanese“ 
(1890) den Abschnitt „Porcelain and Pottery“ bearbeitet hat, gedenkt des 
Kenzan nur mit kurzen Worten. Er bemerkt, dieser Name sei nicht auf 
einen Künstler beschränkt, sondern ein Familien-Name. Der Kenzan, der 
in den Jahren 1688—1740 lebte, sei nur der bekannteste seines Geschlechtes 
gewesen; aus dem Vorkommen des Namens an einem Gegenstande dürfe 
man noch nicht auf die bestimmte Persönlichkeit des Urhebers schliessen. 

Was andere Schriftsteller über den Meister berichtet haben, beschränkt 
sich auf Wiederholungen aus den angeführten Quellen, oder ist bedeutunglos, 
wie Ph. Burty’s Meinung, Kenzan, den er als einen kraftvollen, originalen 
Meister anerkennt, habe unter dem Einfluss des indischen Stiles gestanden. 


Kenzan. ; 31 


Japanische Stimmen über den Meister. 


Halten wir nun Umschau über unseren Meister in der japanischen 
Literatur, so liest es nahe, zunächst anzufragen bei Ninagawa Noritane, 
dem Verfasser des in den Jahren 1876 bis 1880 in Tokio unter dem Titel 
„Kuanko-Zusetsu“ erschienenen, in Europa ziemlich verbreiteten Werkes. 
Ninagawa, ein in seinem Vaterlande wohlangesehener Archäolog und 
Sammler, doch auch Händler zugleich, hat in diesem Buche seine eigene 
Sammlung japanischer Töpferarbeiten beschrieben und in kolorierten 
Lithographien vorzüglich abgebildet. Später ist diese Sammlung in den 
Besitz des Herrn S. Bing in Paris gelangt, von diesem an Herrn Edward 
S. Morse in Salem, Massachusetts, und jüngst ist sie mit der von diesem 
Gelehrten selbst früher in Japan angelegten Sammlung in öffentlichen 
Besitz übergegangen. Das letzte Wort der Kennerschaft ist in Ninagawa’s 
Buch gewiss nicht gesprochen, aber wir werden seine Feststellungen so 
lange anerkennen dürfen, als nicht weitere Forschungen und das vergleichende 
Studium der Altsachen selber uns sie zu berichtigen gestatten. Wir 
dürfen aber bei der Berufung auf Ninagawa nicht die nm Yokohama 
erschienene, von Fehlern aller Art wimmelnde französische Uebersetzung 
seines Buches anziehen, sondern nur aus der Urschrift schöpfen. 


Ninagawa’s Angaben über Kenzan’s Lebensverhältnisse enthalten im 
Wesentlichen dasselbe, was uns schon die europäischen Quellen gesagt 
haben, die theils aus ihm, theils aus dem kurz nachher in London heraus- 
gegebenen Buche Shioda’s entnommen sind. Ninagawa berichtet: 


„Die Kenzan-yaki genannten Töpferarbeiten sind von einem Manne 
Namens Kenzan angefertigt worden. Im Buche „Chado Sentei“ lesen wir: 
„„Kenzan, ein jüngerer Bruder des Korin, hiess eigentlich Ogata Shinsei, 
wurde aber Kenzan benannt, weil er zu Narutaki-mura im Nordwesten 
von Kioto wohnte.““ Das Buch „Shogua Benran“ spricht also von ihm: 
„„Kenzan, Sohn des Ogata Soken, trug den Namen Shinsei; sem Rufname 
war Shinzaburo. Er bewohnte anfänglich Kioto und liess sich dann in 
Narabi-oka nieder. Man gab ihm zu verschiedenen Zeiten verschiedene 
Namen, als Shoko, Shuseido, Shisui, Reikai, Toin und noch deren mehr. 
Später zog er nach Yedo, wo er im Alter von 83 Jahren starb. Er hatte 
die Dichtkunst bei Hirosawa Choko, die Kunst der Theebereitung bei 
Zuiriu Sosa gelernt. Er war auch ein geschickter Maler und verfertigte 
mit Vorliebe Töpferarbeiten, die er mit Blumenzeichnungen gar kunstvoll 
bemalte und oft mit schönen Versen beschrieb.“ “ 

Die weiteren Angaben Ninagawa’s geben eine kurze Kennzeichnung 
der Töpferarbeiten Kenzan’s, wobei nach der Weise japanischer Kenner 
das Hauptgewicht auf die Beschreibung des Scherbens und die Herkunft 
des verarbeiteten Thones gelegt wird. 


39 Dr. J. Brinekmann. 


Annähernd die gleichen Angaben über das Leben Kenzan’s finden wir 
in der seit wenigen Jahren unter dem Titel Kökkua d. h. „Blume des 
Landes“ in Tokio veröffentlichten Zeitschrift für bildende Kunst. Die Farben- 
druckwiedergaben alter Gemälde in der Kökkua stehen weit über den 
verwandten periodischen Schriften Europas. Ob ihre historische Methode den 
Anforderungen europäischer Wissenschaft entspricht, vermögen wir nicht zu 
beurtheilen. Im 17. Hefte der Kokkua widmet der Direktor der Kunst- 
gewerbeschule zu Kioto, Imaizümi Yusaku, unserem Meister einen kurzen 
Aufsatz, aus dem wir ausser uns schon Bekanntem erfahren, dass Kenzan 
nach der Weise des Honami Köyetsu arbeitete, eines der Lehrer des Korin. 
Dabei wird die auffallende Angabe gemacht, dass auf Kenzan holländische 
Fayence nicht ohne Einfluss gewesen sei. Wie diese Einwirkung sich 
äusserte, wird aber nicht gesagt. Erwähnt wird noch, er sei im Dorfe 
Iriya gestorben und bestattet auf dem Friedhof des Zenyoji-Tempels. In 
Folge einer Eisenbahn-Anlage sei das Grab jüngst an einen anderen Ort 
übertragen worden, aber sein Grabstein sei auf dem alten Friedhof verblieben. 

Ueber diesen Grabstein liegen uns schon ältere Nachrichten vor. 
Hoitsu, ein zu Anfang unseres Jahrhunderts in Yedo lebender Künstler 
und begeisterter Anhänger der von dem Brüderpaar aus dem Ogata-Stamme 
hundertfünfzig Jahre vorher eingeschlagenen neuen Richtung, hat uns m 
der Nachrede zu einer von ihm herausgegebenen Sammlung von Skizzen 
nach Werken des jüngeren der Brüder eine anmuthende Schilderung von 
seiner Auffindung des Grabsteines hinterlassen. Er schreibt: 

„Obwohl ich schon lange mich dem Studium der Malerkunst der beiden 
Ogata widme, bin ich zu ihrem gründlichen Verständniss noch nicht gelangt. 

Ueberull bekannt ist, dass Korin und Kenzan ein Paar berühmter 
Maler waren. 

Als ich einst vernahm, das Grab Korin’s liege im Friedhof des Hon- 
gioin in Miogenji zu Kioto, suchte ich es auf. Da ich sein Grabmal 
umgestürzt und zertrümmert fand, stiftete ich ihm einen kleinen Grabstein 
und setzte eine Inschrift darauf. 

Damals wünschte ich auch den Grabstein Kenzan’s zu sehen, aber 
Niemand wusste ihn mir zu zeigen. Wieder fragte ich nach ihm im nächsten 
Jahre bei Bewohnern von Kioto, jedoch wieder vergeblich. 

Im October dieses Jahres wurde ich von Riohan zu einer Theegesellschaft 
geladen und bei dieser Gelegenheit erzählte er mir, das Grab Shinser’s befinde 
sich im Friedhof des Zenyoji-Tempels am Fusse des Uyeno-Parkes unweit 
meiner eigenen Hütte. 

Noch am selben Tage suchte ich den Friedhof auf und dort fand ich, 
wie Riohan mir gesagt hatte, das Grab Shinsei’s. Ich wischte den Staub 
von dem Grabsteine, besprengte ihn mit Wasser, opferte Weihrauch und 
Blumen und ehrte den Kenzan im Gebet. 


Kenzan. 33 


Heimgekehrt habe ich alsbald die Kopien seiner nachgelassenen Bilder 
und Schriften gesammelt, die ich schon lange in meinem Bücherschrein 
bewahrt hielt. Damit die Malerkunst Ogata’s in hellerem Glanze strahle, 
habe ich nunmehr dieses kleine Werk verfasst, das ich dem Kenzan als 
ein Todtenopfer darbringe. 

Wunderbarer Weise ist dieses Jahr gerade das einundachtzigste seit 
dem Sterbejahre des Kenzan, der in seinem einundachtzigsten Lebensjahre 
verschieden ist. 

Im 10. Monat des 6. Jahres Bunsei. 

(Nov. 1823.) Hoitsu.“ 

Des Weiteren theilt uns Hoitsu die Inschriften auf dem von ihm 

aufgefundenen Grabsteme Kenzan’s mit. Diejenige der Rückseite lautete: 


„Koji war ein Kioto-Mann und wohnte im Dorfe Narutaki-mura. 
Da dieses Dorf im Nordwesten von Kioto liegt, nannte er sich Kenzan. 
Er gehörte zum Geschlecht der Ogata und war berühmt als ein Meister in 
Irdenwaare. Gestorben ist er am zweiten Tag des sechsten Monats des 
zweiten Jahres Kuampo in seinem einundachtzigsten Lebensjahre.“ 


Da nach der Angabe des Hoitsu Kenzan auf einem Friedhof der 
Tendai-shu, einer der acht grossen Sekten des japanischen Buddhismus, 
bestattet ward, dürfen wir vermuthen, dass er auch im Leben derselben 
Sekte angehörte. Diese gegen Ende des S. Jahrhunderts von China nach 
Japan verpflanzte Lehre gipfelt in dem Glauben, das endliche Ergebniss 
des Daseins sei im Nirwana zu suchen, jenem Zustande, in dem die Seele 
ohne ihre Persönlichkeit aufzugeben, durch nichts Aeusserliches mehr 
beeinflusst wird, daher des Fühlens, Denkens und aller Leidenschaften 
enthoben ist. Diesem Zustand giebt die Sekte den Namen Mui, was besagt 
absolutes, bedingungsloses Dasein. Dem Geiste dieser Lehre entflossen 
sind auch ein, nach chinesischer Verskunst abgefasster Spruch und ein 
japanischer Vers, den der alte Kenzan vielleicht selber für seinen Grabstein 
verfasst hat. Die schwer übersetzbaren Verse besagen etwa: 


„Einundachtzig Jahre lang habe ich sündhaftem Leben schamlos 
gefröhnt; nun ich einsehe, wie wandelbar diese Welt, geh’ ich ruhig 
ein zum Nirwana.“ 

„Der Schwermuth Tage sind vorüber gezogen, vorüber der Frohsinn; 
geblieben sind nur die Träume am Morgen und Abend.“ 


Unterzeichnet smd diese Verse mit dem Kaimio des Kenzan, d. h. dem 
Namen, der nach buddhistischem Brauch ihm als Verstorbenem beigelegt 
wurde und lautet: Rekai Shinsei Kojı. 

Wie in Japan üblich, führte der Künstler ausser semem Geschlechts- 
namen Ogata einen Vornamen Koremitsu und einen Rufnamen Gombei, 


3 


34 Dr. J. Brinckmann. Mi 


ausserdem aber noch eine ganze Reihe anderer Namen. Als solche 
Namen finden wir in japanischen Quellen (u. A. im 57. Heft der Kökkua) 
die folgenden: Shoko, d. h. der Verehrer des Alten; Shuseido, d.h. 
der ruhig Uebende; Rekai, d.h. heiliges Meer; Toin, d.h. der Töpfer- 
Einsiedler; Shinsei, d. h. der tief in sich selbst Blickende; Shisui, 
d. h. wörtlich „Grün-Violett* oder übertragen „Landschaft um Kioto“, 
deren schöne Farbtöne man poetisch mit jener Bezeichnung andeutete. 
In welchen Lebensjahren und für welche Zwecke der Künstler sich aller 
dieser Namen bediente, ist uns nicht überliefert. Als seine Pinselnamen 
begegnen uns neben dem häufigsten Kenzan, der an die Himmelsgegend 
seiner Wohnung in der Kaiserstadt erinnert, die Namen Shinsei oder 
Shisui allein oder in Verbindung mit einander oder dem Worte Kenzan. 
In seinen letzten Lebensjahren fügte er oft noch andere Bezeichnungen 
hinzu, wie Rojin, Rokan, Rofu, die aber nur bedeuten, „alter Mann“, 
„alter Kerl“, „Greis“. Nicht selten verbindet er damit auch die Angabe 
seines Alters. Auf seinen von Hoitsu abgebildeten Werken finden sich 
solche Altersangaben vom 76. bis 80. Lebensjahr des Meisters. 

Einem so berühmten Bruderpaar, wie den Korin und Kenzan, durfte 
auch ein stattlicher Stammbaum nicht fehlen. Auf Grund welcher Ueber- 
lieferungen und Urkunden die japanischen Kunstforscher ihn aufgebaut 
haben, verschweigt Kawasaki Chitora, ein bekannter Archäologe, der im 
57. Heft der Kökkua uns mittheilt, was „ein altes Buch“ darüber meldet. 
Ueber achtzehn Generationen rückwärts und vier Generationen abwärts 
erstreckt sich dieses Geschlechtsregister, in dem wir Männern aller Lebens- 
berufe vom ruhmreichen Krieger bis zum ehrsamen Hofschneidermeister 
begegnen. Legen wir den Maassstab der vier, nahezu zwei Jahrhunderte 
von der Lebenszeit des Bruderpaares bis zum Jahre Meiji 11 ausfüllenden 
Generationen an, so führen uns die Wurzeln des Stammbaumes zurück in 
das neunte oder zehnte Jahrhundert unserer Zeitrechnung, in jene Zeit, da 
die Fujiwara noch die Zügel der Regierung fest in Händen hielten und 
die Feldherren aus den Geschlechtern der Taira und Minamoto noch nicht 
in jene Feindschaft wider einander entbrannt waren, die später in furcht- 
baren Bürgerkriegen aufloderte. 

Mit einer Erzählung, die sich liest wie ein altes deutsches Volksmärchen, 
hebt die Familiengeschichte der Ogata an. 

„Es war einmal“ — so erzählt Kawasakı — „im Dorfe Shiota in der 
Provinz Hiuga ein Mann Namens Daitayu, der hatte eine schöne Tochter 
Namens Hana-no-Onmoto. Weil er einen Schwiegersohn vornehmen Ranges 
zu gewinnen wünschte, wies er alle Heirathsanträge von Männern seines 
Standes ab und erbaute im Garten hinter seinem Hause ein Häuschen, 
in dem er die Tochter vor den Augen der Männer verborgen hielt. Eines 
Abends fand sich aber, ohne dass die Eltern dessen gewahr wurden, ein 


Kenzan. 35 


schöner Herr in höfischer Kleidung bei dem Mädchen ein. Er unterhielt 
sich mit ihr und erschien fortan an jeglichem Abend. Vergebens erklärte 
er ihr seine Liebe. Lange widerstand die Jungfrau seinem Werben, aber 
heisser und heisser wurde sein Flehen, bis er endlich ihr Herz erweichte 
und Erhörung fand. Eine Dienerin jedoch verrieth das heimliche Glück 
der Liebenden den Eltern. Als diese Hana-no-Onmoto in’s Gebet nahmen, 
schwieg das Mädchen schamhaft erröthend. Dann aber gestand sie der 
Mutter allein, was sich zugetragen hatte. Diese vermochte sich nicht zu 
erklären, woher ein vornehmer Herr in diese ländliche Abgeschiedenheit 
komme und drang in ihre Tochter, den Geliebten um seine Wohnung zu 
befragen. Da sie wohl ahnen mochte, auf diesem Wege werde das 
Geheimniss nicht enthüllt werden, gab sie der Tochter eine Nähnadel und 
ein Knäuel mit dem Rath, den Faden an der Nadel zu befestigen und 
diese in das Gewand des Herrn zu stecken. Als nun am selbigen Abend 
der fremde Herr wieder erschienen war, steckte Hana-no-Onmoto ihm beim 
Abschiede die Nadel heimlich in sein Kleid, wie ihr von der Mutter 
gerathen worden. Danach berichtete sie dieser, was sie gethan hatte. Als es 
Tag geworden, zogen die Eltern mit der Tochter und vieler Dienerschaft auf 
die Suche nach dem Fremden, immer dem Wege nach, den der abgewickelte 
Faden sie wies. Endlich führte dieser sie an der Grenze der Provinzen 
Hiuga und Bungo zum Berge Uba-ga-dake vor ein Felsloch, aus dem ein 
lautes Wehgeschrei ertönte. Als nun die Tochter fragte „Wer sitzt dort 
im Loche und erhebt solches Klagen?“ erscholl die Antwort: „Ich bin’s, 
ich, liebe Hana-no-Onmoto, Dem Geliebter; heute morgen bin ich am 
Unterkiefer mit einer Nadel verwundet worden; das schmerzt so sehr, dass 
ich heut noch sterben muss. Ich bin eine grosse Schlange; vermöchte ich, 
wie früher, Menschengestalt anzunehmen, so könnte ich Dich sehen und 
vor Dir erscheinen. Nun aber ist meine Kraft, mich zu verwandeln, 
gebrochen. In meiner wahren Gestalt würde ich Dich nur erschrecken.“ 
Darauf erwiderte das Mädchen: „Mag Deine Gestalt jetzt noch so 
fürchterlich sein, so bist Du, mein Geliebter, doch mir unvergesslich; mir 
bangt nicht vor Dir.“ Da streckte die Riesenschlange ihr bemähntes 
und gehörntes Haupt aus dem Loche hervor; Hana-no-Onmoto aber bedeckte 
es mit ihrem Gewand und zog ihm die Nadel aus dem Munde. Darob erfreut 
hob die Riesenschlange an zu weissagen: „Du wirst einem Sohne das 
Leben schenken. Würde er erst im zehnten Monde das Licht erblicken, so 
würde er ein grosser Feldherr über ganz Japan werden. Er wird aber 
schon im fünften Mond zur Welt kommen und der tapferste Krieger hier 
im Lande Kiushu werden. Ich bitte Dich, verlass nicht den Buben, weil er 
der Sohn einer Schlange ist.“ Mit den Worten: „Alle meine Nachkommen 
werde ich behüten“, zog sich die Schlange, die, wie man glaubt, die im 
Tempel von Uba-ga-dake verehrte Gottheit war, in ihr Loch zurück und 


3* 


36 Dr. S. Brinekmänn. 


ward nicht mehr gesehen. Hana-no-Onmoto genas bald nachher eines 
kräftigen Knaben. Diese Riesenschlange und die Tochter des Daitayu 
sind die Vorfahren des berühmten Künstlerpaares, der Brüder Korin 
und Kenzan.“ 

Der Sohn der Schlange und der schönen Hana-no-Onmoto erfüllte 
aber nicht die Weissagung seines Vaters. Wenigstens wird von ihm nur 
berichtet, dass er ein wilder Knabe gewesen, der nichts lieber that, als 
sich in Wind und Wetter auf den Bergen umherzutreiben. Da von der 
scharfen Luft dort oben und der winterlichen Kälte seine Haut aufsprang, 
rissig und schuppig wurde, gab man ihm den Spottnamen Akagiri-Daiyata, 
d. h. der frostrissige Daiyata. Wahrschemlich giebt dieser Name schon den 
Schlüssel zur Entstehung der Geschlechtssage der Ogata; zur Erklärung 
einer erworbenen oder ererbten absonderlichen Beschaffenheit der Haut 
wurde die Mähr von dem Schlangen-Stammvater ersonnen. Von den Nach- 
kommen des Daiyata, den Daiyaji, Dairoku und Daishichi wissen wir nichts 
als die Namen. Erst an des letzteren Sohn ging die Prophezeiung der 
Schlange in Erfüllung. Er hiess Koreyoshi und erhielt den von seinen 
Nachkommen als Geschlechtsnamen weitergeführten Beinamen Ogata, d.h. 
Bild eines Schlangenschwanzes, weil er auf dem Rücken ein Mal hatte, 
das wie ein schuppiger Schlangenschwanz aussah. Auch hier stossen wir 
auf die Beziehung der Geschlechtssage zu einem in der Familie offenbar 
erblichen Merkmal. Vermuthlich führte sie den Namen Ogata, weil in 
ihr die Ichthyosis serpentina, Schlangenschuppen-Krankheit, erblich war, 
die Merkmale bietet, wie sie bei dem Stammvater Akagiri und dem 
Koreyoshi erwähnt wird. 

Ogata Koreyoshi war ein tapferer Krieger und noch Jahrhunderte 
hindurch lebten die Abkömmlinge der Riesenschlange der Weissagung ihres 
Ahnherrn zu Ehren. Nach sieben Generationen aber erlosch das kriegerische 
Feuer in ihren Adern. Zuletzt erwies es sich lebendig in dem heldenmüthigen 
Koreharu, dessen treue Dienste vom Shogun Ashikaga Yoshiaki mit einer 
Dotation von 5000 Koku Reis gelohnt wurden. Des Koreharu Sohn 
Dohaku lebte als Shinto-Priester, und dessen Sohn Sohaku ergriff das 
Schneiderhandwerk, das damals in Japan kein der Kunst fremder Beruf 
war. Zur Würde eines Hofschneidermeisters aufgestiegen, mochte Sohaku 
gute Gelegenheit haben, seinen Geschmack in Entwürfen für die Muster 
der köstlichen Brokatstoffe zu bilden, wie sie zur Bekleidung der Schön- 
heiten an dem prachtliebenden Kaiserhofe dienten. Für Schneiderei in 
unserem Sinne hätte die im Schnitt so einfache Tracht auch der Vornehmen 
ohnehin keine grossen Aufgaben geboten. Des Sohaku Sohn Soken setzte das 
Gewerbe seines Vaters fort; neben der Schneiderei übte er sich fleissig in 
der Schönschreibekunst, in der Honami Koyetsu sein Lehrer war, derselbe, 
den wir schon als Lehrer seiner Söhne genannt haben. Soken soll es 


Kenzan. 37 


als Dilettant zu braven Leistungen im Schönschreiben gebracht haben, 
das von alten Zeiten her bekanntlich in Japan als eine wahre Kunst gepflest 
und der Malerkunst ebenbürtig geschätzt wird. 

Soken’s künstlerische Neigungen wuchsen bei seinen Söhnen Korin und 
Kenzan zu bahnbrechender Schaffenskraft aus. Dass ihnen wieder Söhne 
gefolgt wären, die dem Ruhm der Väter, wie es in Japan sonst so merk- 
würdig oft sich in den Künstlerberufen ereignet, neuen Ruhm hinzugefügt 
hätten, ist nicht überliefert. Vielmehr erfolgte ein Rückschlag im das 
Schneiderhandwerk, dem die Ogata fortan treu blieben. Drei Generationen 
nach Korin und Kenzan lebte im elften Jahr Meiji (1878) zu Kioto noch 
ein einundsiebzigjähriger Schneidermeister Namens Konishi, ein Urur-Enkel 
des Korin. Schon der Sohn Korin’s hatte den Familiennamen der Ogata 
aufgegeben, um als Adoptivsohn einer Familie Namens Konishi sich fortan 
nach dieser zu nennen. 


Kenzan und die Chajin. 


Nach dem von Ninagawa angeführten „Shogua Benran“ ward Kenzan 
von Zuiriu Sosa m den Regeln der Chanoyu unterwiesen, die zu kennen 
und mit Würde und ceremoniösem Anstand auszuüben, damals noch Jeder 
sich beeiferte, der auf gesellschaftliche Bildung Anspruch machte. Wohl 
war im Laufe der Jahrhunderte dem alten Brauch der tiefere Grundgedanke 
entschwunden, der dem ersten Gründer und Lehrer der Wissenschaft des 
Theetrinkens, Shuko, zur Zeit des Shogun Yoshimasa (1443—1473) vor- 
geschwebt haben mochte und diesen Shogun zu einem Förderer der neuen 
Form der Geselligkeit werden liess. Dr. Funk, dem wir die ersten ein- 
gehenderen, in den Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur- und 
Völkerkunde Ostasiens in Tokio veröffentlichten Mittheilungen über die Chanoyu 
verdanken, hat die Vermuthung ausgesprochen, Yoshimasa habe in diesen 
Bräuchen ein Mittel gesehen, die im langen Kriegen verwilderten Männer 
zu Sitten des Friedens und zur Lust an geistiger Beschäftigung zurück- 
zuführen. Vielleicht habe er in jenen in Stille und Abgeschlossenheit vor 
sich gehenden Theegesellschaften auch ein Mittel gesucht, im Geheimen 
einen regeren politischen Verkehr unter seinen Anhängern anzuregen und 
zu erhalten. Dieser doppelte Zweck soll auch dem Toyotomi Hideyoshi 
(Taiko sama) vorgeschwebt haben, als er, nachdem er Ruhe im Lande 
gestiftet hatte und vom Kaiser mit der Würde eines Regenten bekleidet 
worden war, dem Rikiu, einem seiner Günstlinge, den Auftrag ertheilte, 
die alten Satzungen der Chanoyu zu verbessern und zu ergänzen. Die 
damals — im Jahre 1554 — von Rikiu festgestellten Regeln sind im 
Wesentlichen bis auf die Jahre beobachtet worden, in denen mit überstürzter 
Aneignung abendländischer Tracht und Sitte die herkömmlichen Lebens- 
formen als veraltet und lächerlich verschrieen wurden. Als Dr. Funk im 


38 Dr. J. Brinekmann. 


Jahre 1874 seine Abhandlung über die Chanoyu schrieb, waren die 
Theegesellschaften schon fast ganz verschwunden. Er spricht die Meinung 
aus, das alte Ceremoniell gehe schnell und unabwendbar der Vergessenheit 
entgegen. Seither scheint es freilich wieder in Aufnahme gekommen zu 
sein und wieder mögen politische Parteigänger, dieses Mal diejenigen, deren 
Losung „Japan für die Japaner“ ist, sich der alten Formen der Geselligkeit 
bedienen, um in Ruhe unter sich zu sein. 

Die Grundsätze, welche Rikiu für die Theegesellschaften festgestellt 
hat, lassen sich im Wesentlichen in Folgendem zusammenfassen. Sobald 
die Geladenen sämmtlich vor der Thür des zur Abhaltung der Gesellschaft 
bestimmten Gemaches erschienen sind, kündigen sie sich durch Schläge 
mit einem Klopfer auf ein Brett an. Wichtig ist, dass die Gäste den 
Weg dorthin nicht nur mit reinem Antlitz und mit reinen Händen, sondern 
auch reinen Herzens beschreiten. Der Wirth geht seinen Gästen entgegen 
und führt sie ein. Untersagt ist, in oder vor dem Hause über weltliche 
Dinge zu reden. Auch dürfen bei einer wahren und reinen Versammlung 
weder Gast noch Wirth einander schmeicheln. _ Eine Versammlung soll 
nicht länger als vier Stunden dauern. 

Auch für alle Einzelheiten der Bewirthung gab er Regeln, die im 
Lauf der Zeiten zu einem äusserst umständlichen Öeremoniell auswuchsen, 
verschiedene Regeln für die zur Sommer- oder Winterzeit abgehaltenen 
Chanoyu. Besondere Lehrmeister widmeten sich der Wissenschaft dieses 
Ceremoniells, unterrichteten in ihm die vornehme Jugend und gaben den 
Alten Vorstellungen in seiner vollkommenen Ausbildung. Schulmeinungen 
bildeten sich und fanden Vertretung in der Literatur. Allmählich in der 
langen Friedenszeit unter den Tokugawa Shogunen schwand der ursprüng- 
liche Geist und nur die Form blieb zurück. Aber auch in diesem Verfall 
blieb in den Chanoyu etwas lebendig, was von tiefgreifender. Wirkung auf 
das Kunstleben der Gebildeten war. Mit den alten Formen der Geselligkeit 
wurden die Geräthe und Gefässe, deren man sich in alten Zeiten bedient 
hatte, überliefert. Indem man sie mit antiquarischem Interesse bewunderte 
und besprach, wurde in Zeiten, wo die Verweichlichung des Lebens auch 
die Künste mit hinabzog, das Gefühl für den Ernst und die Schlichtheit 
der alten Kunst wach erhalten; mochte das auch hie und da zu Alterthümelei 
ausarten, war damit doch ein äusserst wirksamer Anstoss gegeben, die Werke 
der Väter in Ehren zu halten, nicht nur als Objekte des Sammel- 
eifers, sondern als Gegenstände eines weihevollen Gebrauches. 
Diese Verehrung führte aber wieder die Künstler dahin, sich Inspirationen 
zu suchen bei den Alten und so zu schaffen, dass ihre Werke der Kritik 
der Chajin in den Chanoyu Stand halten konnten. Das erstreckte sich 
nicht nur auf die Thongefässe, deren man für die Ceremonien bedurfte, 
und auf die mancherlei andern dabei benutzten Gegenstände, sondern auch 


Kenzan, 39 


auf die schön geschriebenen, zur Erbauung der Gäste aufgehänsten Sentenzen, 
auf die ihnen vorgeführten Bilder, auf die nach bestimmten Schulregeln 
geordnete einfache Aufzierung der Blumen, ja auf die Anlage und Haltung 
des Gartens, in dem das Gastzimmer lag. Alles in Allem drang von dem 
„Roji“ — schmaler Weg — genannten Garten und dem Gemache für die 
Theegesellschaft ein eigenartiger Duft in die Kunst der Japaner, ein Geist, 
der lehrte, die ernsten und schlichten Werke urzeitlichen Alterthums mit 
dem Raffınement eines ästhetischen Feinschmeckers zu geniessen, der aber 
zugleich anregte, in diesem Sinne Neues zu schaffen. 

In diesem Geist haben wir die eigentliche Seele der Chanoyu zu 
suchen, nicht in den gehäuften Einzelheiten ihrer Vorschriften. Immerhin 
müssen uns auch diese beschäftigen, weil sie uns den Schlüssel geben zur 
Deutung vieler uns sonst unverständlichen Erzeugnisse des japanischen 
Kunsthandwerks und vor Allem auch solcher unseres Kenzan, der selber ein 
eifriger Chajin war und mit Vorliebe seine Kunst für die Chajin schaffen liess. 

Zwei hauptsächliche Arten der Chanoyu werden unterschieden, die 
eine für die Sommers-, die andere für die Winterszeit; seltsam aber ist, 
dass je nach der Bestimmung des Gastgebers die Sommerform auch im 
Winter, die Winterform auch im Sommer beobachtet werden kann. Wenn 
der Garten, den die Geladenen durchschreiten, im Sommer mit trockenen 
Kiefernadeln bestreut ist, wissen sie schon, dass das Üeremoniell des 
Winters zu beobachten ist, sie also ihre Fussbekleidung anbehalten dürfen, 
während sie im Sommer barfüssig das Gemach betreten. Im Winter besteht 
der Herd, auf dem das Feuergefäss steht, aus einem in den Fussboden 
eingelassenen hölzernen Kasten mit thönernem Emsatz, dem Ro, wovon 
die Winter-Ceremonie ihre Bezeichnung Ro-Chanoyu führt. Im Sommer 
wird ein kleiner tragbarer thönerner Herd, Furo, auf den Fussboden des 
Zimmers gestellt, wovon die Sommer-Ceremonie Furo-Chanoyu heisst. 
Vier Tages-Zeiten gelten als schicklich für die Gesellschaft; beim Akatsuki 
no Chanoyu versammelt man sich schon in der Morgendämmerung ; beimi 
Asa no Chanoyu zu einer späteren Stunde um halb sieben Uhr, beim 
Hiru no Chanoyu um die Mittagsstunde (12 Uhr), beim Yobanashi no 
Chanoyu zur Abendunterhaltung um 6 Uhr. Ausserdem ist es noch 
statthaft, zum Hango no Chanoyu d. h. nach der Stunde des Morgen- 
oder des Abendessens zu laden. 

Ist das Zeichen gegeben, dass alle Gäste versammelt sind, so erscheint 
der Wirth zu ihrer Einführung. Er kniet am Eingang nieder und erhebt 
sich erst zum Eimtritt, nachdem alle Gäste an ihm vorüber hineingegangen 
sind. Haben die Gäste sich im Halbkreis auf den Matten niedergelassen, 
so begrüsst sie der Wirth und entfernt sich, um die für den ersten Theil, 
die Ceremonie der Kohle, erforderlichen Gegenstände aus dem Nebengemach, 
in dem sie bereit stehen, herbeizuholen. 


40 Dr. J. Brinekmann. 


Er trägt herein, wenn es Winterszeit und der Herd also im Fussboden 
sitzt, einen dreifüssigen Kesseluntersatz, Gotoku, der aus Eisen oder 
gebranntem Thon besteht; Kama, den Kessel; Kuan, ein Paar offene Ringe, 
um mit ihnen den Kessel zu heben; den aus einem hohlen Kürbis ver- 
fertigten (Fukube Sumitori) oder geflochtenen (Sumi-Kago) Korb mit Holz- 
kohlen ; die Feuerzange, Hibashi, in Gestalt zweier, mit Holzgriffen versehenen 
Metall-Stäbe; ein thönernes Gefäss mit Asche, Haiböroku; ein Döschen, 
Kogo, mit Räucherwerk; einen Wasserkrugs, Mizusashi ; ein anderes Gefäss, 
Mizukoboshi, zur Aufnahme überflüssigen Wassers; den Schöpflöftel, 
Robishaku; ein kleines, Futaöki genanntes Gestell zum Ablegen des Kessel- 
deckels; einen aus drei Federn bestehenden, daher Mitsubane genannten 
Besen zum Abfesen des Staubes; einen besonderen Löffel, Sokotori, für 
die Asche. 

Sind alle diese Gegenstände in 
der regelrechten Reihenfolge herbei- 
geschafft und in ebensolcher Ordnung 
in der Nähe des Herdes aufgestellt 
— wofür die Lehrbücher Grundrisse 
enthalten — so setzt der Wirth den 
Dreifuss auf die Asche des Herdes, 
ordnet die mit den Hibashi gefassten 
Kohlen und beschüttet diese, nach- 
dem das Feuer angefacht worden, 


mit Asche, um ein helles Lodern zu 
r 5 = r . £ 67 
Kogo, ziegelrothe Masse, oben durehscheinend vermeiden. Zur Verscheuchung des 


glasirt, der Mumezweig schwarz, die Blüthen r A aA See - 
weiss mit gelben Tupfen und schwarzer Zeich- Kohlendunstes streut er von dem in 


ann a 0 ® dem Kogo enthaltenen Räucherwerk 
in die Gluth. Endlich setzt er den 
aus dem Kruge gefüllten Kessel auf den Dreifuss und deckt den Deckel 
wieder darauf, den er solange auf den Futaoki abgelegt hatte. Während 
dieser Beschäftigung bitten die Gäste, das Kogo betrachten zu dürfen; 
bewundert geht es von Hand zu Hand, bis der im Range niedrigste es 
dem Wirthe wieder behändigt oder es nochmals die Reihe durchwandert 
und vom vornehmsten Gast zurückgegeben wird. Für die sommerliche 
Theegesellschaft bedient man sich eines gelackten Döschens, Kobako 
genannt; für die winterliche eines thönernen, des eigentlichen Kogo. Das 
Alter, die Herkunft, Schönheit und Seltenheit bietet in beiden Fällen 
ausgiebigen Gesprächsstoff für die Unterhaltung der Theilnehmer. Damit 
schliesst der erste Akt der Ceremonie. 
Von den bei ihm benutzten Gegenständen interessiren uns Mizusashi, 
Kogo und Futaoöki deswegen, weil an ihnen, vornehmlich an dem 
Döschen für das Räucherwerk, viele angesehene Töpfer ihre Kunst 


Kenzan. 41 


geübt haben. Unter Kenzan’s Werken werden 
wir die Kogos an erster Stelle zu erwähnen 
haben. Auch ein Futoaki von jener bei 
den Chajın beliebten Art, die das Bambus- 
motiv verwendet und daher als Chikuwa 
Futaoki, d. h. Bambusring, in den alten 
Lehrbüchern der Chajın vorkommt, zeigt seine 
Künstlerhand. 

Nach Beobachtung einer vorschrifts- 
mässigen Pause, während welcher geraucht 


wird, bringt der Hausherr die Speisen auf Chikuwa Futaoki, Untersatz 
RE £ zum Ablegen des Deckels 
niedrigen Tischehen aus gelacktem Holze des Kessels bei den Chanoyu 
E r = 0 Z ” in Gestalt eines hohlen 
herbei. Die Gäste werden mit Suppe, Fisch Bambusabschnittes; hell- 
R J 3 ö g und dunkelbraun glasirt, 

und dem bei keiner Mahlzeit fehlenden Reis mit weissen und braunen 
E P = S Blättern. Weiche Masse in 
bedient. Dazwischen wird wohl auch em der Art von Iriya-Kenzan. 


N B B i = Unbez. Nat. Gr. 
Schälchen Reiswein, Sake, geleert. Nachdem 


noch ein Pfeifehen geraucht worden, ziehen sich die Gäste in den Garten 
zurück, um dem Wirthe Zeit zu lassen, die Vorbereitungen für den zweiten 
Akt zu treffen. Für die zwischen die beiden Akte der Thee-Öeremonie 
eingeschaltete Mahlzeit scheinen keine so festen Regeln zu bestehen wie für 
das Chanoyu selbst, wenigstens übergehen die vorliegenden Berichte den 
Zwischenakt, als wäre er eine Nebensache. 

Inzwischen hat der Wirth frische Blumen aufgestellt, die Wandbilder 
gewechselt, sein Staatskleid angelegt und das Theegeräthe für die Ceremonie 
gerüstet, soweit es nicht schon im ersten Akt zur Stelle geschafft war. 
Die wichtigsten dieser Geräthe sind zwei Chaire, kleine thönerne Urnen, 
die mit elfenbeinernen Deckeln verschlossen und in Säckchen von Seiden- 
brokat verwahrt sind. Das eine enthält Koicha, eine Sorte feingepulverten, 
sehr starken Thees, der mit einem Aufguss lauwarmen Wassers genossen 
wird; das andere Usucha, eine schwächere Theesorte, die mit kochendem 
Wasser übergossen wird. In dem Alter, der Seltenheit und Kostbarkeit 
dieser Chaire zeigt sich der Geschmack ihres Besitzers; der Bestimmung 
gemäss wird der werthvollere Koicha auch in dem bevorzugten Behälter 
bewahrt. Das brokatene Säckchen, mit Geschmack zu der Farbe des 
Thongefässes gestimmt, erhält bisweilen noch höheren Reiz in den Augen 
eines Chajin dadurch, dass der Stoff dazu vom Gewande einer historischen 
Persönlichkeit entnommen ist. Zu den Chaire gehört der Chashaku, ein 
einfacher Bambuslöffel mit leicht gebogener schmaler Laffe; obwohl ohne 
jegliche Verzierung, ist auch er durch den gefälligen Schwung seiner Form 
ein Gegenstand lebhaften Interesses für den Chajin. Man nennt Künstler 
und berühmte Chajin, die ihren Chashaku selber geschnitzt haben. Getrunken 
wird der Theeaufguss aus dem Chawan, einem meist tiefen, selten flachen 


49 Dr. J. Brinekmann. 


Kümmcehen von glasirtem Thon. Dies Chawan bildet den keramischen 
Glanzpunkt der Ceremonie. Nicht eine augenfällige Pracht giebt ihm seinen 
Werth; für seine Schönheit hat der Chajın seinen eigenen Kanon; sie wird 
dem an prunkende Dekoration gewöhnten Auge des Europäers nicht immer 
beim ersten Anblick verständlich, gewinnt aber unvergleichlich bei längerer 
Betrachtung und erschliesst sich dann auch demjenigen, der über das 
Alter eines Chawans im Dunkelen ist und die historischen Erinnerungen 
nicht theilt, die an den gepriesensten Theekümmchen haften. Solche 
Erinnerungen knüpfen nicht nur an berühmte Chajın, die einst aus dem 
Kümmchen tranken, oder an hochgestellte Liebhabertöpfer, die selber ihre 
Chawan formten und brannten; stammt ein Chawan aus jenen Tagen, da 
die Japaner das koreanische Reich zertrümmerten, und von dorther ganze 
Töpferfamilien auf ihre Insel verpflanzten, so mögen noch weitere Ausblicke 
sich in die Betrachtung des von Hand zu Hand wandernden Trinkgefässes 
mischen. Selbstverständlich dient nicht dasselbe Chawan für beide Thee- 
sorten; der kostbareren entspricht auch das edlere Gefäss. Zum Chawan 
gehört und in ihm liegend wird herbeigetragen ein Bambusquirl — Chasen —, 
dazu ein oft in einer thönernen Röhre — Chakin-zutsu — bewahrtes 
seidenes Läppchen, jener zum Anrühren des Theeaufgusses, dieses zum 
Anfassen des Deckels des Kessels. Ein grösseres Stück violetten Seiden- 
zeuges, Murasaki-Fukusa, zum Abwischen der Trinkgefässe und noch eine 
ganze Reihe kleiner nebensächlicher Dinge vervollständigen den Zubehör. 
Findet die Ceremonie des Abends oder in dunkler Morgenstunde statt, 
so sind auch Lampenständer, Tankei, und die darauf zu stellenden kleinen 
Oellampen mit ihren Unterschalen, sowie für den Garten besondere Papier- 
laternen, Roji-ando, erforderlich. 

Mit besonderer Feierlichkeit vollzieht der Gastgeber die Bereitung des 
Theeaufgusses. Mit dem Chashaku entnimmt er dem Chaire die gehörige 
Menge des hellerünen Theepulvers, schüttet sie in das Chawan, giesst lau- 
warmes Wasser mit dem Robishaku darüber und rührt nun mit dem 
Chasen, erst langsam herüber hinüber, dann rascher quirlend den Aufguss 
zu einem dünnen Brei. Mit der violetten Fukusa das Kümmchen haltend, 
reicht er es dem Gaste. Schon diese Farbenzusammenstellung, das feine 
Grün des Getränkes in der braunen, grauen, ziegelrothen oder schwarzen 
Schale, dazu das milde Violett des Seidentuches sind eine Augenweide für 
den ästhetischen Theetrinker. Mit vorschriftsmässiger Würde führt der 
Erste das Chawan mit beiden Händen zum Munde; er trinkt, indem er 
Acht giebt, bei dem letzten Schluck schlürfend anzudeuten, wie gut ihm 
der Trank gemundet habe. Frage und Antwort, gewechselt zwischen dem 
Wirth und dem Gast, beziehen sich auf die Güte des Thees; wie bei dem Kogo 
giebt auch die Schönheit und Kostbarkeit des Chawan zu Wechselreden 
Anlass. Der Erste reicht die Schale dem Zweiten, dieser sie dem Dritten 


Kenzan. 43 


und so fort. Jeder fasst, nachdem er getrunken hat, den Rand der Schale 
zwischen den Zeigefinger und Daumen der rechten Hand und giebt ihr 
mit der Linken eine Umdrehung. Für die Beurtheilung der Güte 
eines Chawan soll eine jener drehenden Bewegung entgegenkommende 
Gestalt des Randes ein Merkmal sein. 

Die leere Schale nimmt nochmals ihren Weg der Reihe nach durch die 
Hände aller Gäste, um Jedem Gelegenheit zu geben, sie gebührend zu 
bewundern. 

Wird der leichtere Thee, 
Usucha getrunken, so ist das 
Ceremoniell im Allgemeinen das- 
selbe, jedoch weniger feierlich 
und jedem einzelnen Gaste wird 
das Chawan gefüllt, das er geleert 
dem Wirth zurückgiebt. Auch 
der Usucha ist ein Pulverthee wie 
derkostbarere Koicha. Beide Thee- 
sorten werden in den berühmtesten 
Theepflanzungen Japans zu Uji 


Chawan mit gekrackter hellgrauer Glasur, zum 


Trci al h a “wo. Theil mit durchscheinender grüner Ueberglasur; 
zwischen Osaka und dem Biwa bemalt auf der hellen Fläche in Grau, Schwarz 


See aus den zartesten Blättcehen wand wenig Grün mit jungen Farren und Gräsern, 
Innen mit grüner und am Rande schwarzer Ueber- 


älterer und besonders gepflegter glasur, in dem ein hellgraues Muster ausgespart. 


Hellgraue harte Masse. Bez. Kenzan. !, nat. Gr. 

Sträucher gewonnen, sorgfältig 

aufbewahrt und vor dem Gebrauch auf einer Handmühle gemahlen. Von 
den Theesträuchern zu Uji hat schon Kämpfer berichtet, dass „ejus elima 
mira benignitate favet culturae frutieis“, aber erst Rein hat aus eigener 
Anschauung die eigenartige Kultur des Theestrauches zu Uji beschrieben. 
Der ausserordentlich anregende Aufguss des Pulverthees schmeckt auf der 
Zunge fein aromatisch bitter, hinterlässt aber im Munde einen sehr ange- 
nehmen, anhaltenden Nachgeschmack wie von frischen Kräutern. 

Bei den Chanoyu wurde es später Aufgabe des Wirthes, seinen Gästen 
ästhetische Ueberraschungen zu bereiten, mochte das sein, indem er ihnen 
Blumen vorführte von unerhörter Seltenheit oder ein noch von Keinem gesehenes 
Bild von der Hand eines berühmten klassischen Malers, oder ein Chawan 
ganz unbekannter Herkunft. Dieses Bestreben, den Gästen nicht nur 
allbekannte Dinge zu zeigen, führte dazu, dass mit den Chanoyu-Geräthen 
ungeheurer Luxus getrieben wurde, ohne dass man dabei die alterthümliche 
Einfachheit opferte. Durch den Gedanken, sich nicht überraschen lassen zu 
wollen, den Wirth zu überholen, indem man gut vorbereitet seine angeblichen 
Neuheiten kühl als alte Bekannte ansprach, schlich sich bisweilen ein Geist des 
Aergernisses in den Frieden des Theegemaches, von dem es dann zu leiden- 
schaftlichem Zwiespalt ausserhalb des würdevollen Ceremoniells nicht weit war. 


44 Dr. J. Brinckmann. 


Bei den ceremoniellen Theegesellschaften der Chanoyu war jede 
Bewegung, jede Rede und Antwort durch die Etikette geregelt. Daneben 
gab es jedoch Theegesellschaften mit freierer Bewegung des Wirthes und 
seiner Gäste. Bei diesen Chaseki genannten Gesellschaften waltet nach 
der Schilderung F. A. Junker’s von Langegg in seinen Japanischen Thee- 
Geschichten eine ungezwungene, nur durch feine Sitte beschränkte Unter- 
haltung. Der Gastgeber miethet zu diesem Zwecke gewöhnlich in einem 
an einem schönen Aussichtspunkte belegenen Thee-Hause eine der Anzahl 
seiner Gäste entsprechende Räumlichkeit, die durch Ausheben der äusseren 
Papierfensterwände in eine nach der Landschaft offene Loge verwandelt 
wird. In dieser lässt er Kunstschätze seines Hauses aufstellen, Wandschirme, 
Hängebilder, Bronzen, Lackgegenstände und Töpferarbeiten, jedoch ohne 
Ueberladung, nur in einer Auswahl, entsprechend der geschmackvollen 
Beschränkung, die sich der gebildete Japaner bei der Ausstattung seiner 
Wohnräume mit beweglichem Hausrath und Kunstwerken auferlegt. Die 
Betrachtung und Besprechung der zur Schau gestellten Kunstwerke bildet 
auch bei den Chaseki den Mittelpunkt der Unterhaltung. 

Dass Kenzan dem in den Bräuchen des Chanoyu herrschenden Geist 
und ästhetischen Geschmack ergeben war, sagen uns seine Werke, die 
Töpferarbeiten vor Allem. Ein Chanosojo, d.h. ein Meister und Lehrer im 
Ceremoniell der Theebereitung war er nicht, wohl aber wird er es zur 
Würde eines Chajin gebracht haben, d. h. eines Mannes, der befähigt 
ist, das Ceremoniell nach der alten Ueberlieferung zu leiten. So finden 
wir denn auch in einem den Unterschriften und Handzeichen der berühmtesten 
„Theefreunde“ gewidmeten Buche, Chaka-suikoshu, den Meister in erlauchter 
Theetrinkergesellschaft genannt und das Handzeichen des Shinsei neben 
denen des Shogun Yoshimasa und des Taikosama, des Rikiu, der das 
Ceremoniell der Chanoyu codifieirte, des Enshiu, der neue Regeln für die 
Aufzierung der Blumen aufstellte, des berühmten Malers Kano Tanyu, der 
beiden Lehrmeister des Kenzan in der Kunst, Koyetsu und Korin, seines 
Lehrmeisters in der Theebereitung, Zuiriu Sosa, und anderer Chajin. Ein 
solches Handzeichen diente neben dem vollen Namen oder dem Künstler- 
namen zur Bezeichnung der Persönlichkeit. Männer gleichen Namens 
konnten durch ein dem Namen beigefügtes besonderes Handzeichen unter- 
schieden werden. Künstler, z. B. Metallarbeiter, bedienten sich seiner 
bisweilen ohne den Namen, wenn die Kleinheit des Gegenstandes diesem 
keinen Raum bot, und die Chajin malten, ebenfalls ohne Namensnennung, 
ihr Handzeichen in rother Farbe auf irgend ein Geräth, dessen sie sich 
bei den Chanoyu bedienten, um sich damit als Eigenthümer zu bezeichnen, 
etwa wie wir unsere Initialen anwenden. An alten Kogos finden sich nicht 
selten derartige unlesbare Chajin-Zeichen in rother Schrift. Kann man 
daraus auf irgend einen berühmten Theegelehrten als früheren Benutzer 


Kenzan. 45 


schliessen, so erhöht das natürlich den Werth des Gegenstandes in den 
Augen aller Chajın. Im Handzeichen des Shinsei, einem kräftigen Pinselzug 
von Eigestalt mit wogigen Vorsprüngen an der oberen Breitseite, meint 
man etwas von dem Charakter der Malweise des Meisters zu spüren. 
In seinen keramischen Malereien hat er dies Handzeichen bisweilen 
angebracht, jedoch niemals anders, als dass er es dem Namen beifügte. 


Kenzan als Maler. 


Die Lebenszeit Kenzan’s, der nach der Inschrift auf seinem Grabstein 
im zweiten Jahre Kuampo, d. i. im Jahre 1742 unserer Zeitrechnung als 
Einundachtzigjähriger gestorben, also im Jahre 1661 geboren ist, fällt in 
eine Zeit lebhaftester Bethätigung der Künste. 

Die in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts begründete Kano- 
Schule hatte — eine andere Renaissance — die grossen Ueberlieferungen 
der alten Malerkunst Chinas wiederbelebt. Drei Urenkel ihres Begründers, 
des Kano Motonobu, pflegten um die Mitte des 17. Jahrhunderts die von 
ihren Vorfahren ererbte Kunstrichtung. Der älteste von ihnen, Kano 
Morinobu, wurde unter seinem Pinselnamen Tanyu einer der berühmtesten 
Kano-Maler. Selbst Fenollosa, dessen kritische Uebersicht der Malerkunst 
Japans für unsere Beurtheilung der Entwickelungsgeschichte dieser Kunst 
von höchster Bedeutung ist und im Allgemeinen das 17. Jahrhundert nur 
als eine Zeit des Kunstverfalles gelten lässt, gesteht dem Tanyu zu, dass 
er die nur noch glimmenden Kohlen einer grossen klassischen Zeit zu 
einer letzten Flamme angefacht habe. Nur selten wendete Tanyu in seinen 
Bildern Farben an; wie die chinesischen Vorbilder der Schule wirkte er 
durch den kühnen Schwung seiner Schwarz-Weiss-Malerei. Ohne die 
urwüchsige Kraft der alten Meister zu erreichen, gestaltete er doch neue 
Motive, die lange Zeit, bis in unser Jahrhundert, fortwirkten und den 
Metallkünstlern häufig als Vorbilder für Gravirarbeiten gedient haben. 
Als Tanyu starb, stand Kenzan erst in seinem 15. Lebensjahre. 

Einfluss auf ihn gewann aber die Kano-Schule durch Sotatsu, der 
Schüler des Kano Yasunobu, genannt Yeishin, eines jüngeren Bruders des 
Tanyu, und Lehrer von Kenzan’s älterem Bruder Korin war. Sotatsu 
steht im Rufe, einer der grössten Blumenmaler und Koloristen Japans 
gewesen zu sein. Korin, der grösste der japanischen Impressionisten, 
schuf sich einen eigenen grossen Stil. Die Kraft seiner Erfindungen 
erinnert an die Werke der alten klassischen Kunst, ohne sie jedoch nach- 
zuahmen. Er beschränkt sich nicht auf die Schwarz-Weiss-Malerei, sondern 
beherrscht auch die dekorative Farbenpracht, die in den Werken des 
Sotatsu bewundert wir. Da auch die national-japanische Malerschule 
der Tosa mit reichen, leuchtenden Farben, mit Goldhintergründen und 


46 Dr. J. Brinckmann. 


Goldhöhung arbeitete, erklärt es sich, dass japanische Quellen von der 
Kunst des Ogata-Bruderpaares sagen, sie sei ähnlich der Kunst der Tosa- 
Schule, aber doch nicht aus ihr hervorgegangen; sie sei ähnlich der Kunst 
der Kano-Schule, aber doch keine Kano-Kunst; vielmehr seien in ihr beide 
Richtungen verschmolzen. Wie sich neben dem Einflusse Korin’s auf 
Kenzan derjenige des Koyetsu verhält, der auch als ein Lehrer der Brüder 
genannt wird, ist schwierig zu beurtheilen. Koyetsu wird von Fenollosa 
als ein Künstler von feinem Geschmack geschätzt, aber nicht den grossen 
Malern Japans zugezählt, „da er nur ein Dilettant gewesen sei.“ Als 
Lackmaler hat Koyetsu bedeutende Werke geschaffen, ganz in dem breiten, 
kräftigen Stil, den Korin für diese Technik befolgt. Dass auch Kenzan 
in Lack gemalt habe, wird in der Kokkua erwähnt, ohne dass Arbeiten 
dieser Art von seiner Hand nachgewiesen werden. Wahrscheinlich näherten 
sie sich ebenfalls dem Stil des Bruders. 

Nach dem japanischen Kunstgelehrten, der in der Kokkua über 
Kenzan geschrieben hat, soll Kenzan nur selten Farben in seinen Bildern 
angewendet haben. Dies schemt aber in Widerspruch zu stehen mit der 
Malweise Korin’s. Auch befinden sich in Pariser Sammlungen Hängebilder 
— Kakemiono — von der Hand Kenzan’s, in denen dieser sich als Meister 
der Farbe bewährt. Louis Gonse besitzt ein köstliches Bild des Meisters, 
eine der unzähligen Variationen über das unerschöpfliche Thema des 
Mumebaums, der seine Blüthen auf beschneiten Aesten entfaltet. Es ist 
das in den Winterliedern der klassischen Dichtung oft besungene Motiv, 
das uns schon der Dichter Ki no Tsurayuki achthundert Jahre vor Kenzan 
gezeigt hat mit den Worten: 

Wenn duftlos wären 

Wie frisch gefallener Schnee 
Mumebaums Blüthen, — 

Vom Schnee sie unterscheiden 
Nicht könnt ich, micht sie brechen. 

Oder in einer ebenfalls in die klassische Gedichtsammlung Kokinwakashu 
aufgenommenen Uta, die Ono no Takamura gedichtet hat, als Schnee auf 
Mumeblüthen fiel: 

Blüthe des Mrume, 

Vom Schnee zu unterscheiden 

Vermag ich dich nicht; — 

Aber sobald nur du duftest, 

Dich erkennen die Menschen. 
Da der Maler seinen Blüthen den Duft nicht einflössen konnte, hat er sie 
mit rosigem Schimmer überhaucht. 

Wie so viele, wohl die meisten Natur-Motive in den Bildern Kenzan’s 
und nicht nur dieses Malers auf alte Dichtungen zurückgreifen, so erinnert 


Kenzan. 47 
auch ein anderes schönes Hängebild von seiner Hand in der Sammlung 
S. Bing’s mit der Darstellung einer mit Schnee bepolsterten alten Kiefer 
an eine Uta, die in der Periode Kuampei bei Gelegenheit eines Preis- 
dichtens vor der Kaiserin verfasst worden ist und besagt: 

beim Schluss des Jahres, 

Als schon der Schnee gefallen, 
Sehen konnte man, 

Wie immer noch die Kiefer 
Prangend stand in frischem Grün. 

Ein anderes Bild in derselben Pariser Sammlung erinnert uns an des 
Meisters Vorliebe für die Chanoyu; ein schlichtes Stillleben zeigt uns eine 
blaue Blume in einem jener bei den Chajin beliebten alterthümlichen 
Raku-Kümmchen. 

Von grosser Schönheit und einzig in ihrer Art ist eine Reihe von 
Blumenmalereien in der Sammlung Gillot zu Paris. Die Blumen sind 
wachsend dargestellt in treuester Beobachtung des Habitus jeder Pflanze 
bei breitester Pinselführung und von einer Lebenswahrheit, die vermuthen 
lässt, Kenzan biete hier wirkliche Naturstudien, zumal viele dieser Stauden 
Pflanzenarten darstellen, die ausserhalb des geschlossenen Kreises der 
klassischen Dichtung und der feststehenden Motive der klassischen Malerkunst 
ihre Blüthen entfalten. Diese farbigen Malereien, auf überhöht rechteckige 
Blätter gleicher Grösse gemalt, könnten als eine Art Skizzenbuch des 
Künstlers angesehen werden, wenn nicht die Vermuthung näher läge, sie 
seien zur Schmückung eines Wandschirmes bestimmt gewesen. Ebenfalls 
farbige Behandlung zeigen zwei im 57. Heft der Kokkua abgebildete 
Fächerblätter, die einem Wandschirm entnommen sind; auf dem einen sehen 
wir einen alten krummgewachsenen Mumebaum, auf dem andern emen lose 
geflochtenen Blumenkorb, in dessen Bambus-Einsatz blühende Zweige des 
Mumebaumes und der Camellia so einfach angeordnet sind, wie es für die 
Blumen-Aufzierungen der Chajın beliebt war. Der Verfasser der Beschreibung 
zu diesen Abbildungen meint, bei nur flüchtigem Sehen finde man keinen 
Geschmack an ihnen, wenn man sie aber vom Morgen bis zum Abend 
betrachte, erkenne man ihre Schönheit und niemals werde man ihrer 
überdrüssig. Was er nicht bemerkt, ist, dass nahezu identische Darstellungen 
als bezeichnete Bilder von Korin’s Hand in dem Buche Korin-Hiakuzu von 
Hoitsu schon i. J. 1815 abgebildet worden sind. 

Eine grössere Anzahl von Werken Kenzan’s finden wir in dem Buche, 
das Hoitsu, wie er uns anlässlich seiner Auffindung des Grabsteines des 
Meisters erzählt, diesem als ein Todtenopfer gewidmet und noch im selben 
Jahr, dem 6. der Periode Bunsei, d. i. 1823, unter dem Titel Kenzan- 
Iboku, d. h. Kenzan’s nachgelassene Tusche, mit dem Nebentitel Toki, 
d. h. Töpferarbeiten, in Yedo herausgegeben hat. Die Holzschnitte in 


48 Dr. J. Brineckmann. 


diesem Buche geben wohl die von dem Meister bevorzugten Motive und 
seinen Stil wieder, das Colorit ist aber in vielen Fällen nur andeutungs- 
weise zu verstehen, zumal nicht immer gesagt ist, ob die Darstellung einem 
Hängebilde oder einer anderen Bildfläche, etwa einem Erzeugniss der 
Töpferkunst entnommen ist. Die Erinnerung an ausgeführte Werke von der 
Hand des Meisters muss hier zur Erklärung aushelfen, die aber nicht 
immer mit genügender Deutlichkeit gelingt. 

Wir sehen, dass Kenzan für die Wahl seiner Vorwürfe im Banne der 
klassischen Ueberlieferung steht, welche die wenigen von der alten Dicht- 
kunst besungenen Pflanzen und Naturerscheinungen in endlosen Abwande- 
lungen vorführt, es aber in der Regel verschmäht, den ererbten Motiven- 
schatz durch frisches Hineingreifen in die Natur zu bereichern. 

Als feststehendes Motiv kehrt immer wieder der Mumebaum, Prunus 
Mume, dessen weisse oder rothe, duftende Blüthen als erste Frühlings- 
boten noch vor der Blattentwickelung erscheinen. Der Gegensatz der 
Blüthenschüsse zu dem alten knorrigen verwitterten Stamm, dem sie ent- 
spriessen, wird energisch betont. Die Blüthe selbst wird oft unter Verzicht 
auf ihren natürlichen Umriss, wie ihn die japanische Kunst sonst mit 
deutlicher Angabe der fünf gerundeten Blumenblätter schematisch wieder- 
giebt, noch weiter vereinfacht und nur als wogiger Kreis mit sternförmiger 
Mitte oder gar nur einem röthlichen oder gelben Augenfleck skizzirt. 

Häufig begegnen wir auch den anderen beiden Pflanzen, der Kiefer 
und dem Bambus, die vereint mit dem Mumebaum die mit chinesischer 
Bezeichnung als Sho-chiku-bai bekannte glückbedeutende Dreiheit bilden. 
Gern zeigt uns Kenzan Schneedecken auf den ganz summarisch angedeuteten 
breitfächerförmigen Nadelpolstern der Kiefern. So auf Hängebildern und 
einem, von Huish abgebildeten Chawan des South Kensington-Museums. 
Von klassischen Bäumen finden wir den Ahorn im Herbstkleide, daneben 
den ihm von den Dichtern gesellten Shika-Hirsch, diesen allein auch als 
helle Silhouette in schwarzem Grunde auf dem Deckel eines von Hoitsu 
abgebildeten Kogo. Der blühende Kirschbaum, der kaiserliche Kiri-Baum, 
(Paulownia), die Hängeweide, die Päonie, die Kamellie, Chrysanthemum- 
stauden, Kürbisgeranke und der Hagi-Busch, eine der sieben Blüthen- 
pflanzen des Herbstes, treten hinzu. Der Kreis dieser klassischen Motive 
ist eben ein eng begrenzter. Wie Korin in seinen wundervollen farben- 
prangenden Wandschirmen darüber hinaus aus der vielgestaltigen Blüthen- 
pracht des Blumenlandes Japan voll geschöpft hat, sucht auch Kenzan, 
doch weniger phantasievoll, einige neue Motive zu gewinnen. Wiederholt, 
bei Hoitsu auf einem Hängebild und einem sechstheiligen Wandschirm, 
lässt er Stockrosen mit den grossen Blüthenrosetten an den senkrecht auf- 
schiessenden Stämmen in parallelen Steckenreihen aufziehen, ganz wie er 
bei dem Mumebaum in den bizarren, hald wogigen, bald eckigen Ast- 


Kenzan, 49 


bildungen den Habitus des Gewächses mit einer gewissen Uebertreibung 
betont. Besondere Vorliebe zeigt er für die Kräuter des ersten Frühlings, 
für den seine kolbenförmigen Fruchtstände eben vorstreckenden Schachtel- 
halm, für Farren, die ihre Wedel noch schneckenförmig eingerollt haben. 
Solche Motive 
eben erwachenden 
Pflanzenlebens 
verstreut er am 
Fusse der Baum- 
stämme oder er 
nimmt sie als 


alleinigen Vor- 
wurf; so an zwei 
Theekümmchen 
der hamburgi- 
schen Sammlung. 

Landschafts- 
motive finden wir 
in jener Weise 
der chinesischen 
Kunst, die esliebt, 
von hohem Stand- 
punkt aus an be- 
bauten und be- 


Sara, Kuchenteller, bemalt mit beschneiter Hängeweide, an deren 
wachsenen steilen Zweigen rothblättrige Ranken wilden Weines hängen, Iriya-Kenzan. 
Bezeichnet Kenzan. !/, nat. Gr. 


Felsklippen vor- 

über unseren Blick auf die Meeresweite oder zu fern aufragendem Gebirg 
zu lenken; oder der Maler zieht ein enger begrenztes Gesichtsfeld vor und 
zeigt uns einen Gebirgsfluss wogend zwischen Hügeln, auf denen die rosigen 
Schneewolken blühender Kirschbäume mit den festen dunkelen Massen der 
Strandkiefern wechseln, oder die in Herbstfarben glühenden Ahornbäume 
am Bergbache. 

Auch für die Landschaftsmotive erweist sich die klassische Ueber- 
lieferung als ein sicherer Leitfaden. Die Verse, welche Kenzan sowohl 
vielen seiner Hängebilder, wie keramischen Arbeiten beigefügt hat, geben 
über die Entstehung und die Bedeutung seiner Landschaften anziehenden 
Aufschluss. 

Im Ganzen erscheint Kenzan auch aut diesem Gebiet der weitaus 
ärmere im Vergleich mit seinem reicher begabten und als Maler voller 
entwickelten Bruder Korin. Vollends zurück treten bei ihm die Thierbilder 
und figürlichen Vorwürfe. Die keramische Kunst, in der seine Stärke lag, 
bot ihm dafür nur ein enges Arbeitsfeld. 


50 Dr. J. Brinekmann. 


Kenzan und die Dichtkunst. 


Kenzan hat, wie die Kunst der Theebereitung, auch die Dichtkunst 
erlernt. Ob er es dabei weiter gebracht hat, als zur Beherrschung der 
Versformen und zur Anwendung des in der poetischen Sprache gebräuch- 
lichen Wortschatzes, wissen wir nicht. Aber kein japanischer Töpfer, ja, 
kein japanischer Künstler hat so oft und so reichlich wie Kenzan Verse 
auf seinen Werken angebracht, sei es als emen Bestandtheil der dekorativen 
Ausstattung, sei es als erläuternde Zugabe. War er kein schöpferischer 
Dichter, war er doch ein gründlicher Kenner der klassischen Dichtkunst, 
der er nicht nur Verse, sondern auch malerische Motive entlehnte. Ja, 
die meisten Landschaftsmotive, denen wir in seinen keramischen Malereien 
begegnen, lassen sich auf Motive der klassischen Dichtkunst zurückführen. 
Hierin freilich steht er nicht als ein Einziger da, denn von Alters her 
verknüpften enge Bande den Dichter und den Maler. Stimmungen, die 
jener mit der Seele schaute und in der knappen epigrammatischen Form 
der Uta-Dichtung ausprägte, gestaltete dieser mit dem Pinsel zu malerischer 
Anschaulichkeit. Das war so herkömmlich, dass es oft gar nicht des 
geschriebenen Hinweises bedurfte, um den nur einigermaassen in seinen 
Klassikern bewanderten Japaner beim Anblick gewisser Landschaftsbilder 
sofort in dieselbe Stimmung zu versetzen, die ein Dichter in alter Zeit 
vor emer gleichen Landschaft empfunden hatte. Dank dieser innigen 
Wechselbeziehung der dichtenden und der bildenden Kunst sind die Japaner 
zu einer grossen Reihe feststehender Landschaftsmotive gelangt, die auch 
nur andeutungsweise, in abgekürzter Form wiederzugeben, dem Maler 
genügt, um von seinen Landsleuten verstanden zu werden. 

Die klassischen Quellen, aus denen Kenzan geschöpft hat, umfassen 
die ganze Uta-Poesie und nicht minder die altchinesische Dichtung. 

Von den Dichtungen seines Heimathlandes hat er am häufigsten 
benutzt die Hiakuninisshu, d. s. die Utas von hundert Dichtern, 
eine im 13. Jahrhundert zusammengestellte Blüthenlese von Utas zeit- 
genössischer oder älterer Dichter. Keine der alten Anthologien ist ver- 
breiteter als diese, die in keinem japanischen Haushalt unbekannt ist und 
von der Jedermann, wenn nicht alle, so doch em gut Theil Verse aus- 
wendig weiss, obwohl die alte Yamato-Sprache, in der diese abgefasst 
sind, nicht leicht in ihrem vollen Sinne ohne Umschreibungen und Er- 
läuterungen verstanden wird. 

Als ein Beispiel dafür, wie Kenzan Motive aus dieser Quelle schöpfte, 
sind zehn paarweise zusammengehörige kleine rechteckige Kuchenteller 
— Sara — unserer Sammlung zu beachten. Auf jedem Stück eines 
Paares ist ein Landschaftsmotiv gegeben, das sich auf dem zugehörigen 
Stück fortsetzt, und dem entsprechend ist auf der einen Sara das Kami- 


Kenzan. 81 


no-ku, die erste Hälfte der Uta mit ihren drei Versen von 5, 7, 5 Silben, 
auf der anderen Sara das Shimo-no-ku, die zweite Hälfte mit ihren zwei 
siebensilbigen Versen hinzugefügt. Verse und Bilder ergänzen sich wechselseitig. 
Auf dem ersten Paar sehen wir rechts den Nachtkukuk — Hototogisu — 
fliegen, links in schwarzem Gewölk die Mondscheibe. 
Dazu die Verse der 81. Uta der Hiakuninisshu; auf der einen Sara: 
Nachts der Kukuk schrie; 
Dorthin, woher sein Rufen 
Tönt, ich starrte lang; — 
auf der anderen: 
Doch nur im Morgenzwielicht 
Den bleichen Mond sah scheinen. 


Ein Paar Kuchenteller, Sara, bemalt mit grünen Maki-Bäumen in grauen Wolken und der 
37. Uta aus den Hiakuninisshu. lriya-Kenzan. Bez. Kenzan. !/, nat. Gr. 


Auf dem zweiten Paar: Maki-Bäume, eine Eiben-Art (Taxus macro- 
phylla Thunb.) in geballtem Gewölk, dazu die Verse der 87. Uta; auf 
der einen Sara: 

Aus Wolkenschauern 

Tropfender Thau netzt hier 

Der Eiben Blätter; — 
auf der anderen: 

Nebel ziehen und steigen 

In herbstlicher Dämmerung. 


4r 


59 Dr. 5. Brinekmann. 


Auf dem dritten Paar zur Rechten ein Rudel Hirsche auf emer 
Hügelkuppe, zur Linken den unter einem Ahorn nach den Hindinnen 
schreienden Hirsch, dazu die 83. Uta: 

Weil Missachtung nur 

Der Redlichkeit ich schaute, 
Floh ich in’s Gebirg; — 
Doch dort auch mir ertönte 
Der Hürsche klagender Ruf. 

Auf dem vierten Paar: zerzaustes Schilf am Ufer vor wogendem Wasser, 
dazu die 88. Uta, die kaum übersetzbar, wegen des doppelsinnigen Wort- 
spieles, das auf die Kürze einer Liebesnacht und auf den nur kurzen 
Stammtheil, der am Wurzelende des Schilfes zwei Knoten trennt, gedeutet 
werden kann. Der Maler entschied sich für die zweite Deutung und 
überlässt uns, dem Dichter die erste unterzulegen, danach ist der Sinn 
der Verse etwa dieser: 

Kurz war die Nacht nur 

Wie von Naniwa’s Strandschrlf 

Ein Wurzelknoten; — 

Dich Liebe festzuhalten 

Alles will ich wagen jetzt. 
Endlich auf dem fünften Paar die 90. Uta: 

Schau, wie nicht entfärbt 

Der Fischerinnen Aermel 

Ojima’s Salzfluth; — 

Doch meiner Aermel Farben 

Von Thränen nass verbleichen. 

Dazu hat der Maler nur eine landschaftliche Andeutung gegeben, die 
uns erinnert, dass am Strand von Ojima durch Seesalzgewinnung und 
Tangfischerei die Fischerinnen zu dem Wortspiel Anlass gegeben haben, 
das auf dem Doppelsinn des Farbe und Liebe bedeutenden Wortes Iro beruht. 

Ein ander Mal schöpft Kenzan aus einem ungenannten chinesischen 
Dichter, der die acht als Shosho-Hakkei bekannten Motive der 
klassischen Landschaftsmalerei Chinas geschildert hat. Diese vom Dichter 
lokalisirtten Motive sind von den Malern zu frei erfundenen Stimmungs- 
landschaften ausgestaltet worden und gehören als solche zu ihrem eisernen 
Bestand. Viele Maler von Ruf haben Shosho-Hakkei geschaffen, bisweilen 
als eine Folge von Hochbildern, wie sie zur Schmückung der acht Hoch- 
felder eines Wandschirmes geeignet waren, bisweilen in friesförmiger An- 
ordnung, so dass ein Stimmungsbild sich ohne sichtbare Unterbrechung 
aus dem anderen entwickelt, wie das bei der jeglicher Farbe entsagenden 
Tuschmalerei ausführbar war. Da die Shosho-Hakkei ursprünglich in China 
lokalisirt waren, begegnen sie uns am häufigsten bei den in chinesischen 


Kenzan. 53 


Ueberlieferungen wurzelnden Meistern der Kano-Schule. Unter Festhaltung 
der Stimmungs-Motive hat man acht entsprechende Landschaften später 
auch als Omi-Hakkei an den Ufern des Biwa-Sees in Japan lokalisirt. Dem 
Abendregen in Shosho entspricht der nächtliche Regen in dem durch seine 
uralte, vielgestützte Kiefer berühmten Karasaki. Die abendliche Brise, 
die in dem chinesischen Bergstädtehen weht, erfrischt uns auch in Awazu, 
und den Abendschnee am Ufer bewundern wir auch am Hira-Berge. Wie 
der Herbstmond sich bei dem chinesischen Dotei m den Wellen spiegelte, 
so schaute ihn auch die japanische Dichterin Murasaki Shikibu, als sie 
am Ishi-zyama mit dem Blick auf die mondbeglänzte Fläche des Omi-Sees 
die Genji-Monogatari, das japanische Dekamerone, niederschrieb. Auch 
bei Katada fallen Wildgänse auf schilfumwachsenes Gelände ein, und aus 
weiter Ferne hört man das Abendgeläut der sagenumwobenen Tempelglocke 
von Miidera. Heimfahrende Segelböte sieht man des Abends bei der Fähre 
von Yabase auf dem Omi-See, und Sonnenuntergang und Abendkühle kann 
man wie im namenlosen chinesischen Fischerdorf auch angesichts der viel- 
begangenen Brücke von Seta am Austluss jenes Sees geniessen. 

Noch auf eine zweite Lokalisirung der Shosho-Hakkei stossen wir bei 
den japanischen Landschaftsmalern. Als Nanto-Hakkei d. h. die acht 
Schönheiten der südlichen Hauptstadt, Nara’s, bieten sie Stimmungs-Motive 
dar, von denen die Mehrzahl denen der acht Omi-Landschaften und der 
Shosho-Hakkei entsprechen. 

Kenzan hat von den feststehenden Landschafts- Motiven ausgiebigen 
Gebrauch gemacht, bald in Reihen, bald indem er einzelne Motive heraussrift. 
Vollständig begegnen uns die Shosho-Hakkei an einem Wassertopf — 
Mizusashi — an dem neben dem Namen des Meisters Kenzan Shinsei 
die Jahrzahl der Anfertigung, das fünfte Jahr der Periode Shotoku d.i. 1715 
verzeichnet ist. Dieser Topf von bauchiger achtseitiger Form besteht aus 
hellbräunlich grauem Steingut, auf das unter durchsichtiger, leicht bläulich 
irisirender Glasur Landschaftsbilder in schwarzer, mit spitzem Pinsel auf- 
getragener Zeichnung zu sehen sind, je em Hochbild in jedem der acht 
schmalen Felder des Topfes. Jedem Bilde ist em auf die Darstellung 
bezüglicher Vers eingeschrieben, der nicht die Uta-Form hat, sondern wie 
das Motiv selber in der chmesischen Form der Shichigon-zekku gekleidet 
ist, bei welcher jeder der vier Versabschnitte aus sieben Schriftzeichen besteht. 

Das erste Bild zeigt uns den „Abendregen in Shosho“*. Die Verse 
dazu besagen: 

Diese einsame Gegend erfüllt mich mit Wehmuth, Wolken und 

Regen erhöhen noch das Gefühl der Einsamkeit. Hier im kleinen 

Boote sitze ich ganz allein, die kleine Leuchte als einzigen Freund zur 

Seite, Von fern her tönt Musik, die einsamer noch und trauriger 

mich stimmt. 


54 Dr. 3. Brinekmann. 


Dann folgt der „Angenehme Wind im Bergstädtehen“: 

Im Abendlicht flattert die Flagge eines Gasthauses. Viele Häuser 
liegen zerstreut im mebligen Gebirge. Immer trinken und trinken! 
Spät erst kehren wir heim und täglich weht so angenehmer Frühlingswind. 


Drittens: der „Abendschnee am Ufer“: 

Tiefhängende Schneewolken lassen den Himmel niedriger erscheinen. 
Einem kleinen Boot vertraut sich der Dichter. Von fern her tönt 
Ruderschlag. Es scheint, dass Leute herbeifahren, die schöne Schnee- 
landschaft zu geniessen. 


Viertens: „Der Herbstmond bei Dotei“: 

Westwind verscheucht den Abendnebel und in weiten Wellen badet 
die Mondscheibe. Der Fischer-Knabe weiss möcht, wie untröstlich wir 
sind auf dieser Reise; die Flöte spielend, führt er vorüber am 
blühenden Schilf. 

Fünftens: „Die Wildgänse‘. 

Einfallende Wildgänse in vielen Reihen gleichen alten Schriftzeichen 
am Himmel. Viele dichtstehende Schilfblumen bieten die Schneeamsicht 
von Koyo dar. Gegen Abend putzen die Gänse ihre scheinbar bereiften 
Flügel, indem sie irrend Schilfblumen für Schnee halten. 

Um dieses Bild zu verstehen, muss man sich vergegenwärtigen, dass 
der Dichter unter Schilfblumen hier und ebenso in den anderen Worten 
zu diesen Bildern nicht die Blumen, sondern die abgeblühten bleichen 
Rispen des Schilfes dem Schnee vergleicht. 

Sechstens: „Abendgeläute von fernem Tempel“. 

Wolken verhüllen die Aussicht auf den Tempel; nur das Geläut der 
Glocken wird vom Abendwind herübergetragen. Nun eilen alle Leute, 
die nah oder fern von hier wohnen, ihrer Heimstätte zu. 

Siebentens: „Heimfahrende Segel“. 

Himmel und Berg zeigen jetzt gleiche Färbung. Den Himmel 
berührend fliessen silberne Wellen. Die Segel sind schon inmitten der 
Schilfblumen. Dort, wo die Sonne unterzugehen scheint, liegen die 
Wohnungen der Schiffer. 

Achtens: „Abend im Fischerdorf“. 

Gegen Abend fliegen viele Krähen in aufgelösten Reihen. Im Süden 
und im Norden ist man emsig mit Fischen beschäftigt. Der Knabe hat 
mir Wein geholt; ruhig trinke ich, die Riedblumen betrachtend, die im 
Westwind tanzen, 

Dieselben Landschaftsbilder hat Kenzan in abgekürzter Darstellung 
auf den Feldern eines kleinen Chakinzutsu von achtseitiger prismatischer 
Form wiederholt und hier jedem Bilde nur die erste Hälfte der zugehörigen 
Verse beigeschrieben. Z. B.: 


Kenzan. 55 


Westwind verscheucht den Abendnebel und in weiten Wellen badet 
die Mondscheibe. 
Oder 
Einfallende Willgänse in vielen Reihen gleichen alten Schrift- 
zeichen am Himmel, 


Kuchenteller — Sara —, bemalt in Farben mit der Landschaft der Wildgänse 
aus den Shosho-Hakkei. Auf der Unterseite die zugehörigen chinesischen 
und japanischen Verse. Iriya-Kenzan. Bezeichnet Kenzan Sei. !% nat. Gr. 


Und wieder finden wir die auf die Wildgänse bezüglichen Verse aus- 
führlich auf der unteren Fläche eines Kuchentellers unserer Sammlung, 
auf dessen oberer Fläche das entsprechende Landschaftsbild in Farben 
stimmungsvoll gemalt erscheint. Dem chinesichen Gedicht hat der Maler 
hier noch eine japanische Uta hinzugefügt, die besagt: 

Ihr Futter suchen 
Herabjliegend vom Himmel 
Dort die Wildgänse; — 
Gelockt von ihren Freunden 
Auf schilfbewachs'nem Gefild. 

Dass Kenzan jedoch nicht selber die Uta verfasste, dürfen wir annehmen, 
weil diese in den volksthümlichen Nachschlagebüchern des für Jedermann 


56 Dr. J. Brinekmann, 


Wissenswerthen, z. B.. in dem unter dem Titel Daifuku - Setsuyo-Mujinzo 
(d. i. Grosses Glück — Unerschöpfliches Nachschlagebuch für Alles) weit- 
verbreiteten Buche, zugleich mit den chinesischen Versen neben einem 
entsprechenden Bildchen steht und dort ebenso jedem anderen Bilde der 
Shosho Hakkei eine doppelte Erklärung im chinesischen und japanischen 
Versen beigeschrieben ist. 

Dass Kenzan wohl bewandert war in den chinesischen Rlassikern, die 
für den gebildeten Japaner dieselbe Bedeutung haben, wie für uns die 
Klassiker des griechischen und römischen Alterthums, zeigt auch unser flaches 
Chawan aus tief braunschwarz glasirter Kenzan-Kuro-Waare mit weiss aus- 
gesparter Zeichnung: der Mondsichel über Grashalmen und zwei chinesischen 
Schriftzeichen: „Seng k’ou“. Diese besagen in wörtlicher Uebersetzung nur: 
„Der (buddhistische) Priester klopft an“, was von Herrn Hara dahin 
ergänzt wurde: „Der Priester klopft an die vom Monde beschienene Thür“. 
Auf welche Ideenverbindungen ein Chajın mit diesen Worten geführt wurde, 
hat uns der Kenner alter chinesischer Literatur, Herr Prof. ©. Arendt m 
Berlin, gründlich nachzuweisen die Güte gehabt. Danach hat es mit jenen 
Worten folgende Bewandniss. 

Der chinesische Dichter Kia Täo, der zugleich Bonze war, machte 
sich einst, auf einem Esel reitend, auf den Weg, um seinen Freund Li Yı 
aufzusuchen, der irgendwo auf dem Lande wohnte. Während Kia Tao in 
der mondhellen Nacht seines Weges ritt, kam ihm in den Sinn, ein Gedicht 
abzufassen, mit dem er seinen Freund begrüssen wollte. Dies Gedicht 
begann: „Die Vögel schlafen auf den Bäumen am Ufer des Teiches, der 
Priester stösst gegen die vom Mond beschienene Thür“. Beim weiteren 
Nachsinnen aber fiel ihm ein, ob es wohl gefälliser sein würde, im zweiten 
Verse ein Wort zu brauchen, das ein Anpochen anstatt des Stossens 
ausdrücke. Er konnte sich nicht gleich darüber schlüssig machen, welches 
Wort das bessere sei, und im Nachdenken darüber hub er an, auf dem 
Esel abwechselnd die Gebärden des Stossens an eine Thür und des Pochens 
an dieselbe mit den Händen zu wiederholen. Während dessen kam 
Han-Yü, auch Han-Wen-Kung genannt, (768—824) emer der aller- 
berühmtesten Dichter und Prosaisten Chinas und zugleich Premier-Minister 
des Kaisers Hsien-Tsung (805—820) von der Tang-Dynastie (618—917), 
mit grossem Gefolge von Wagen und Reitern desselbigen Weges gezogen. 
In Sinnen versunken, merkte Kia Tao davon nichts, als bis er sich mitten 
im Gedränge des Zuges befand. Das Gefolge brachte den Träumer, der so 
arg gegen alle Ordnung verstossen hatte, vor Han-Yü. Kia Tao entschuldigte 
sich und erzählte, was die Ursache seiner Voreingenommenheit gewesen. 
„„Pocht“ ist besser“, erwiderte Han-Yü. Daran schloss sich auf offener 
Landstrasse ein längeres Gespräch über Dichtkunst und von Stund an schloss 
der damals schon sehr berühmte Han-Yü mit dem derzeit noch unbekannten 


Kenzan. 57 


Kia Tao innige Freundschaft. — Aus dieser Geschichte nun erklärt es sich, 
dass im Chinesischen die Wortverbindung „Pochen und Stossen“ die Bedeutung 
„mit der Abfassung eines Gedichtes beschäftigt sein“ angenommen hat. 


Chawan, schwarz glasirt; Schriftzeichen, Grashalme und Mondsichel (im Inneren) 
weiss; Masse ähnlich der Rakuwaare. Kenzan-Kuro. Bez. Kenzan. 3, nat. Gr. 


Der Vers „der Priester pocht an die vom Mond beschienene Thür“ 
mit der Variante Seng k’ou d. h. „der Priester klopft an die vom Mond 
beschienene Thür“, in welcher Form ihn Kenzan an dem Theekümmchen 
angebracht hat, hat aber noch in einer späteren Geschichte, die im 
Freundeskreise des berühmten Dichters der Sung-Dynastie, Su Tung-po, 
(1036—1101) sich zutrug, eine Rolle gespielt. Dieser, ein Priester Namens 
Fa Tsing und ein Mann Namens Tsin Shao-yü, der später Su Tung-po’s 
jüngere Schwester, die geistreiche und witzige Su Siao-me als Gemahlin 
heimführte, pflesten sich an bestimmten Tagen zu einem poetischen 
Kränzchen zu vereinigen. Einstmals blieb Fä Tsing so lange aus, dass 
die beiden anderen auf sein Erschemen nicht mehr rechneten. Plötzlich 
aber, tief in der Nacht, wird zu wiederholten Malen laut an die Thüre 
geklopft, und als nicht gleich geöffnet wird, ertönt draussen FA Tsing’s 
wohlbekannte Stimme. Mit Kia Täo’s Worten, in denen er an die Stelle 
des Zeitwortes der älteren Fassung das von Kenzan angebrachte setzt, 
ruft er: „der Priester ist’s, der bei des Mondes Licht an Eure Thüre klopft!“ 

Wie in dem vorerwähnten Beispiel, so lässt auch die chinesische 
Inschrift auf einem schönen Chawan von Kenzan-yaki m der Sammlung des 
Herrn Raymond Koechlin zu Paris der Phantasie des Beschauers weiten 
Spielraum. Sie bietet zehn Schriftzeichen, die zwei Versen, wohl dem 
Bruchstück eines grösseren Gedichtes, entsprechen. Unter Berücksichtigung 
des Parallelismus der Wörter, wie er in dieser lapidaren Versform auftritt, 
ergiebt sich wörtlich folgende Uebersetzung: 

Bäume schweben, grüne Höhen ragen ; 
Wasser strömen, weisse Wolken fliessen. 


Di 


Dr. J. Brinekmant. 


Der Dichter hat damit schildern wollen, wie am Ufer wachsende 
weissblühende Bäume in dem vorbeifliessenden Gewässer, dessen Strömung 
die Einzelheiten verwischt, das Spiegelbild grüner, von weissen Wolken 
umzogener Hügel darbieten. Dazu hat Kenzan auf dem dunkelrahmfarbenen 
Grunde nur die Skizze eines an den Mumebaum erinnernden kräftigen 
braunen Stammes mit mild blauen Blüthen gegeben, die ohne Ausführung 
im Einzelnen wie fliessende Farbmassen erscheinen. 


Kenzan als Töpfer. 


Erstaunlich ist die Menge der Töpferarbeiten, die in privaten und 
öffentlichen Samm- 
lungen als Werke 
Kenzan’s vorgeführt 
werden; erstaun- 
licher noch ist die 
Mannichfaltigkeit 
dieser dem einen 
Künstler zugeschrie- 
benen Leistungen. 
(Gemeinsam ist ihnen, 
dass sie fast alle 
bestimmt gewesen, 
den Theetrinkern zu 
dienen, sei es zu 
unmittelbarem Ge- 
brauch bei den 
Chanoyu, sei es für 
die weniger feier- 


Feuertopf — Hiire — bemalt mit chinesischer Schneelandschaft lichen Theegesell- 
in Dunkelbraun, graulichem Blau, grünlichem Schwarz und Mi “ 
dickaufliegendem Weiss. Bez. Fuso Kenzan. Höhe 10!, cm. schaften, sel es für 


Vgl. die andere Ansicht desselben Gefässes auf S. 59. r x E 
r die Mahlzeiten, die 


sich an dergleichen gesellige Vereinigungen knüpften. 

Wir finden die Kümmchen, Chawan, zum Quirlen und Trinken 
des Pulverthees bei den eigentlichen Chanoyu; die walzenförmigen, 
Yunomi oder Choko genannten Becher, aus denen Sencha, der Aufguss des 
Blätterthees, getrunken wird; Kogos, vielgestaltige Döschen für das 
Räucherwerk; das röhrenförmige Chakinzutsu, in dem das Läppchen zum 
Anfassen des Deckels des Kessels bewahrt wird, und das Futaoki, auf dem 
dieser Deckel während des Wasserschöpfens abgelegt wird; den Wassertopf, 
Mizusashi, wie den Feuertopf, Hiire, in dem auf einem Bette weisser Asche die 
glimmenden Kohlen zum Anzünden der Pfeife liegen; den kleinen, bei dem Furo- 


Kenzan, 59 


Chanoyu benutzten tragbaren Herd; die viereckigen Teller, Sara, von ihrer 
Bestimmung für die marmeladenartigen Süssigkeiten (Yokan) auch Kuashi-Zara 
genannt; Hachi, Schalen und Kummen für die Speisen; Chadai, kleine Unter- 
sätze für die Schälchen, m denen der Sencha bisweilen gereicht wird. 

Auffällig ist auf den ersten Blick, dass unter den Töpferarbeiten 
Kenzan’s nirgend ein Chaire, eines jener kleinen urnen- oder vasenförmigen 
Gefässe erwähnt wird, denen als Behältern des Pulverthees eine so wichtige 
Rolle in den Chanoyu zufällt. Dieses Fehlen des Chaire erklärt sich aber 
leicht, wenn man sich erinnert, dass in Kenzan der Maler mit dem Töpfer 
innig verbunden war. Die Rundflächen der kleinen Theeurnen boten ihm 
keinen Spielraum für den freien Flug seines Pinsels. Auch zog der in den 
Chaire von Alters 
her vorherrschende 
Geschmack es vor, 
sie mit den Reizen 
farbiger Glasuren zu 
schmücken, die keine 
Pinselarbeit sind, 
sondern auf tech- 
nischen Erfahrungen 
undUeberlieferungen 
beruhen. Bei diesen 
Glasuren gilt es, die 
richtig  zusammen- 
gesetzten, in der 
Gluth des Ofens 
sich erweichenden, 
abfliessenden, ab- 
tropfenden Schmelze 


in dem für diefarbise Feuertopf — Hiire — bemalt mit chinesischer Schneelandschaft 
wi L y Q in Dunkelbraun, graulichem Blau, günlichem Schwarz und 
ırkuns eünstiesten dickaufliegendem Weiss. Bez. Fuso Kenzan. Höhe 10!/; em. 
® = Vgl. die andere Ansicht desselben Gefässes auf S. 58. 


Augenblick zum Er- 

starren zu bringen; festzuhalten, was das Feuer in der Verborgenheit 
bereitete, mit allen Zufälligkeiten der Oxidationsprocesse, die sich in 
den schmelzenden Glasuren vollziehen. Kein Gefäss gleicht dem anderen, 
alle aber geben sich als feuergeborene Werke, in denen sich ein keramischer 
Stil ausspricht, der den ebenmässig glatten, gleichmässig gefärbten 
Glasuren der europäischen Töpferkunst abgeht. Da auch in dergleichen 
Arbeiten nicht die technische Chemie allein zum Ziele führt, sondern der 
Geschmack und der Farbensinn mitschalten müssen, bieten auch sie dem 
Künstler ein Arbeitsfeld. Auf diesem sich zu versuchen, lag aber dem 
Maler Kenzan fern. 


60 Dr. J. Brinckmann. 


Obwohl ein einheitlicher Zug durch die Mehrzahl der dem Kenzan 
zugeschriebenen Gefässe geht, so liegen doch Zweifel nahe, ob sie wirklich alle 
zu dem Lebenswerk des einen Ogata Shinsei, des unter dem Pinselnamen 
Kenzan schaffenden Bruders des Korin gehören. Hier zu sichten, ist 
keine lerchte Aufgabe. Sammler- und Händler-Interessen stehen, wie oft, 
im Wege, wo es gilt, den Weg zur Wahrheit zu finden. Wenigstens 
einige leitende Betrachtungen sollen hier versucht werden, zu weiterer 
Prüfung und Vergleichung anzuregen. 

Vorausschicken müssen wir, dass die hochentwickelte keramische 
Kennerschaft der Japaner, die dort Hand in Hand geht mit der Kenner- 
schaft der alten Gemälde, auf einer anderen Methode beruht, als die 
keramische Kennerschaft der Europäer. Abgesehen von der laienhaften 
Meinung, die Grundlage der Kennerschaft sei in dem Studium der Marken zu 
finden, geht unser Studium im Wesentlichen aus von der äusseren Er- 
scheinung der Gefässe, von ihren plastischen oder gemalten Verzierungen, 
vernachlässigt aber fast ganz den Körper der Gefässe, die Masse, aus der 
er bereitet, und die technischen Handgriffe, die bei seiner Formgebung 
mitgewirkt haben. Anders in Japan, wo der Scherben des Gefässes, die 
Farbe, die Härte, das Gefüge des gebrannten Thones Gegenstand der 
peinlichsten Beobachtung sind, ja durch Angabe des Gewichtes des Gefässes 
ein Anhalt gegeben wird, das spezifische Gewicht des Thones vergleichend 
in Betracht zu ziehen. Auch die Art, wie der Töpfer den Thon durch 
Kneten, Drehen, Schneiden formt, wird beachtet. Besonders auch, wie er 
schliesslich den Fuss gestaltet; wie er das Gefäss von dem Thonklumpen, 
aus dem er es auf der Scheibe emporgedreht hat, mit einem Faden oder 
der Spatel abschneidet; in welcher Richtung, ob zu sich gekehrt oder von sich 
abgewendet er diesen Schnitt vollführt; ob er die in konzentrischen Bogen- 
linien erkennbaren Spuren des Fadenschnittes bestehen lässt, oder den Fuss 
mit der Spatel oder den Fingern weiter formt oder glättet — und was 
immer sonst von technischen Handgriffen dabei in Frage kommen kann. 
Weiter, wie das Gefäss beim Brennen eingesetzt wird, ob es auf dem Fuss 
oder umgekehrt auf dem Rande oder auf Stützen stehend gebrannt wird. 

Klar ist, dass es sich hier nicht um kleinliche Spitzfindigkeiten 
handelt, sondern dass der japanische Kenner von der zutreffenden Ansicht 
ausgeht, die natürliche Mischung eines Thones an seiner Fundstelle sei 
etwas, was sich der Nachahmung in späteren Zeiten ebenso entziehe, wie 
die verschiedenen Thonsorten, aus denen vor Jahren einmal ein Töpfer die 
Masse für seinen Scherben gemengt habe. Gelinge es, aus dem Augen- 
schein des gebrannten Thones auf die Herkunft des ungebrannten zu 
schliessen, so sei damit ein erstes wirkliches Merkmal für das Alter und die 
Aechtheit eines Thongefässes gewonnen. Was die technischen Handgriffe 
betrifft, so beruhen sie entweder auf Ueberlieferungen oder auf persönlichen 


Kenzan. 61 


Angewöhnungen des Künstlers oder der Werkstatt, in der er arbeitet. Da 
der Nachahmer nur die Wirkungen der Handgriffe, nicht aber diese selbst 
beobachten kann, wird er nur äusserst schwer die Wirkungen ganz genau 
denjenigen der ursprünglichen Handgriffe gemäss erreichen können. Von 
dieser Grundlage geht die japanische Kennerschaft zunächst aus; danach 
erst zieht sie alles das in Betracht, was bei uns dem vergleichenden Studium 
unterzogen zu werden pflegt. 

Ohne in Japan gelebt und die Unterweisung dortiger Kunstkenner 
genossen zu haben, ist es einem Europäer nicht gegönnt, in die Geheimnisse 
japanischer Kennerschaft einzudringen. Wir können daher nur versuchs- 
weise in Anlehnung an den japanischen Text des Ninagawa den Spuren 
japanischer Kennerschaft bei der Sichtung des Werkes Kenzan’s folgen. 
Dass die japanische Methode auch für die Beurtheilung europäischer 
Töpferarbeiten mit Nutzen angewendet werden könnte, unterliest für uns 
keinem Zweifel. 

Nachahmungen der Werke berühmter Töpfer, auch solche mit nach- 
geahmten Stempeln und Marken sind keineswegs erst durch die Nachfrage 
des abendländischen Marktes nach den seltenen Originalen hervorgerufen 
worden. Es hat ihrer zu allen Zeiten gegeben. Aber nicht alle falschen 
Stücke sind betrügliche Fälschungen in unserem Sinne, sondern viele entstanden 
aus der Absicht dieses oder jenes Meisters einer jüngeren Zeit, im Stil 
eines klassischen Meisters zu schaffen. Ganz harmlos haben daher manche 
neuere Töpfer zunächst ein Gefäss möglichst getreu irgend eimem alten 
Stücke nachgeahmt oder in dessen Geschmack neuerfunden, und getrost 
den Namenszug des alten Meisters mit den ihm eigenen Schriftzügen 
darauf gemalt oder einen nachgeschnittenen Stempel in den noch weichen 
Thon gedrückt, — dann aber ihren eigenen Namen ganz offen hinzugefügt. 
so dass von der Absicht zu täuschen nicht die Rede sein kann. Selbst 
wenn der eigene Name nicht hinzugefügt wurde, darf ein solches Stück nicht 
immer als in betrügerischer Absicht entstanden angesehen. werden. Erst in 
der Hand des Zwischenhändlers und gegenüber dem in die Feinheiten 
japanischer Kennerschaft nicht eingeweihten Europäer wird es zur Fälschung. 

In diesem Sinne ist zunächst einiger Gruppen unechter Kenzan-Waare 
zu gedenken, die in unserem Jahrhundert aus der Verehrung hervor- 
gegangen sind, die der Meister bei seinen Landsleuten genoss. 

Eine erste Gruppe sogenannter Kenzan’s ist auf die Werkstatt der 
Dohachi zurückzuführen, die seit der Mitte des 18. Jahrhunderts zu den 
tüchtigsten Kunsttöpfern der Kaiserstadt Kioto gehören. Der zweite Meister 
dieses Namens, der vom Anfang unseres Jahrhunderts bis gegen dessen 
Mitte thätig war, hat sich durch seine Nachahmungen alter japanischer 
und chinesischer Töpferwaaren hervorgethan. Ihm dürfen wir auch gewisse 
mit Kenzan bezeichnete Stücke zuschreiben, die wohl im Stil dieses 


62 Dr. J. Brinckmann. 


Meisters, aber doch in abweichender Technik hergestellt sind. Diese Stücke, 
zumeist grössere Kummen für Speisen von der Hachi genannten Art, sind 
von weisser, steingutartiger, nicht sehr harter Masse und mit ziemlich 
dicker hellgrauer Glasur überzogen. Die Malereien sind in der breiten, 
suggestiven Weise Kenzan’s in Schwarz, schwärzlichem Blau und dunkelem 
Braun ausgeführt. Das Braun ist ähnlich wie bei den echten Stücken oft 
etwas eingesunken oder blasig rauh und unregelmässig röthlich oder 
schwarz gefleckt. Aus dem Blau sind Einzelheiten, wie die Adern der 
Blätter mit trockenem Stift so herausgehoben, dass die Grundfarbe frei 
liest. Bisweilen sind auch lebhaftere Farben, Roth und Blau in grösseren 
Flächen von kräftig dekorativer Wirkung angewendet, so z. B. zur Füllung 
der Umrisse von Blumen ohne weitere Einzelzeichnung. Bei einigen Stücken 
hat Dohachi der Wahrheit die Ehre gegeben. So bei einer länglichen 
Schale in der Sammlung des Herrn Dr. Ulex in Hamburg. Diese Schale 
ist innen und aussen mit grossen Rettigen, an denen kurze Blätterschöpfe 
sitzen, in Blau und Braun sehr kräftig bemalt; unter dem Boden steht 
mit grossen Schriftzügen Kenzan no mo Dohachi tsukuru, d. h. gearbeitet 
von Dohachi nach Kenzan. In anderen Fällen hat der Meister nur sein 
Vorbild genannt, sei es, dass er weniger ehrlich war, sei es, dass er der 
Kennerschaft seiner Landsleute vertraute und sich obendrein zu nennen 
für überflüssig. hielt. 

Für eine zweite Gruppe unechter Kenzan’s ist der Ursprung in der 
Makuzu-Werkstatt zu suchen, die auf europäischen Ausstellungen 
der letzten Jahrzehnte wiederholt mit seltsamen, der alten Ueberlieferung 
Japans hohnsprechenden grossen Arbeiten Aufsehen errest hat, und auf die 
viele der dem Abendlande als Meisterwerke alter Satsuma-Kunst bescheerten 
grossen, in Gold und bunten Schmelzfarben glitzernden Schauvasen zurück- 
zuführen sind. In Paris hatte diese Werkstatt 1578, was Rein mit Recht 
als eine Geschmacksverirrung hervorhebt, grosse Vasen ausgestellt, um die 
sich in hohem Relief grosse verrostete Anker schlangen, auf denen kleine 
Teufelchen sassen, und andere Vasen, deren höckerige Oberfläche an eine 
mit breiigem und mit Kieselsteinen vermischtem Cement beworfene Wand 
erinnerte. Die Werkstatt befand sich früher in der Makuzu-ga-hara 
genannten Stadtgegend von Kioto. Der dort ansässig gewesene Töpfer 
Kozan, den Rein nach japanischer Aussprache nicht zutreffend Kayama 
nennt, siedelte zu Anfang der siebziger Jahre nach Ota bei Yokohama 
über und leitet dort seither eine grosse Werkstatt, für die er von seinem 
früheren Wohnsitz die Benennung Makuzu beibehielt. Dort hat er neuer- 
dings auch chimesische Porzellane mit Blau- und Rothmalerei unter 
Glasur erfolgreich nachgeahmt — zum Schaden mancher europäischen 
Sammler. Ehe er auf den Gedanken kam, Schaustücke für den 
europäischen Markt auszuführen, hat er seine Fähigkeiten in der Nach- 


Kenzan. h 63 


ahmung alter japanischer Waare, darunter auch derjenigen Kenzan’s, 
bethätigt. Bisweilen nennt er sich auf solchen Stücken neben dem alten 
Künstler. Ein Chawan der hamburgischen Sammlung ist auf graubrauner, 
etwas sandiger Glasur bemalt mit einem schwarzbraunen, dick mit Schnee 
bepolsterten Mumestamm, dessen hie und da grünbetupfte Zweige dunkel- 
rothe, golden geftleckte Blüthen tragen. Unter dem Boden stehen gross 
in trocknem, weissem Rechteck die Schriftzeichen für Kenzan, am Gefässe 
in rother Schrift klein die Bezeichnung Makuzu Kozan. Dem offenen Be- 
kenntniss, dass die Waare eine Nachahmung sei, ist Kozan aber nicht 
immer treu geblieben. 

Eine dritte Gruppe von Töpferarbeiten, die aus dem Werke des alten 
Kenzan auszuscheiden sind, ist auf jenen von Franks erwähnten Kenzan 
Sandai zurückzuführen, der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 
in Kioto thätig war. In welchen Beziehungen dieser Kenzan ‚‚dritter 
Generation‘ zu dem Ogata Shinsei steht, bleibt noch aufzuklären; nirgend 
wird eines Sohnes oder Enkels dieses Meisters gedacht; nirgend erwähnt, 
dass sich der Künstlerstamm in Ermangelung leiblicher Nachkommen 
durch Adoption fortgepflanzt habe. Das mit Kenzan Sandai bezeichnete 
Stück der Sammlung Franks ist ein Wassergefäss von weissglasirter, mit 
mehrfarbigen Ranken grob bemalter Töpferwaare; seine bauchige Form 
wird auf ostindische Gefässe zurückgeführt, die in Japan vorkommen sollen. 
Auch Wm. Anderson erwähnt in seinem grossen Werke ‚The pietorial 
arts of Japan‘ „Kenzan den Dritten“, dem er merkwürdige Nachahmungen 
alter Delfter Fayencen, Oranda no utsushi genannt, zuschreibt. Bei dieser 
Waare, die in Japan keineswegs geschätzt werde, sollen europäische 
Zeichnungen mit Blaumalerei auf weisser Glasur kopirt sein. Wahr- 
scheinlich sind unter diesen Oranda no utsushi jene europäisch beeinflussten 
Gefässe zu verstehen, deren Blaumalerei weniger die freie Pinselführung 
der alten Delfter Fayencen, als die Blaudruckmuster des englischen 
Steingutes durch punktirte und gestrichelte Blaumalerei wiederzugeben 
versuchen, eine ärmliche Tüpfelei, die mit der Kunst des alten Kenzan 
nichts gemein hat. 

Als ein entschiedener Nachahmer des alten Kenzan begegnet uns aber 
gegen die Mitte unseres Jahrhunderts ein erst vor wenigen Jahren gestorbener 
Töpfer zu Tokio, der dem Namen seines berühmten Vorbildes nur das erste 


Schriftzeichen für Ken — Nordwesten — entlehnt, und statt des Zeichens 
für zan — Berg — dasjenige für ya angenommen hat, das bei flüchtiger 


Betrachtung mit jenem verwechselt werden kann. Mit semem vollen 
Namen hiess er Miura Kenya; ausgezeichnet hat er sich durch Lack- 
arbeiten mit eingelegten kleinen Reliefiguren von Thieren, Muscheln, 
Blumen aus Fayence in der Weise des älteren Ritsuo. Die Bezeichnung 
Ken nari soll sich an einer Kumme im Kensinston-Museum finden, 


64 Dr. J. Brinckmann. 


die von gelblicher Masse, dick, grün glasirt und mit grossen weissen, 
gelbgeäugten Blumen bestreut ist. Franks bemerkt dazu, diese Kumme 
gleiche in der Ausführung durchaus den Arbeiten Kenzan’s; auch die 
Marke gleiche derjenigen dieses Meisters. Er zweifelt daher, ob nicht 
ein Irrthum der japanischen Gewährsmänner vorliege, die dieses Stück 
dem Kenya zuschrieben. Ein Irrthum liegt allerdings vor, aber nur insofern, 
als die von Franks mitgetheilte Marke gar nicht Ken nari, sondern einfach 
Kenya gelesen werden muss. Wie so oft bei der Lesung von Künstler- 
namen ist hier nicht die japanische, sondern die chinesische Ausprache 
des zweiten Schriftzeichens richtig, die nicht „nari“, sondern „ya“ lautet. 
Ein länglicher rechteckiger Kuchenteller — Sara — der hamburgischen 
Sammlung aus gelblicher, dem Iriya-Kenzan ähnlicher Masse ist mit schwarzen 
Glyeine-Ranken über bläulichen Wasserlinien in der Weise Kenzan’s bemalt 
und Kenya bezeichnet. 

Das von Oueda Tokounosuke verfasste, von E. Deshayes, 
einem Konservator des Musee Guimet in Paris, unter dem Titel „La 
Ceramique japonaise“ herausgegebene, unbedeutende Büchlein erwähnt als 
Zeitgenossen des Kenya noch zwei Töpfer, die sich Kenzan nannten, der 
eine Kenzan Yahei, der andere Kenzan Gorobei. Ueber die Werke beider 
erfahren wir aber nicht mehr, als dass sie zu den Uchi-yaki genannten 
Liebhaber-Erzeugnissen gehören, die man bei sich zu Hause anfertigen 
könne, ohne dass man dazu der Werkstatt eines Töpfers von Beruf 
bedürfe. Immerhin wird man auch dieser Töpfer sich erinnern müssen, 
wenn man ernstlich aufräumen will unter den Mengen verschiedener 
Waaren, die als Kenzan-yaki umlaufen. 

Von älterer Waare greifen in das Werk Kenzan’s hinüber eigenthüm- 
liche Töpferarbeiten, welche oft die Bezeichnung Inuyama tragen. Bei 
diesem Worte ist das zweite Schriftzeichen gleich dem zweiten Zeichen im 
Worte Kenzan, nur dass es hier nach chinesischer Aussprache zan, dort 
nach japanischer yama, was beides Berg bedeutet, gelesen werden muss. 
Das erste Schriftzeichen /nu, zu Deutsch Hund, kann mit dem ersten im 
Namen Kenzan nicht verwechselt werden, es wäre denn, dass Jemand dieses 
Zeichen statt mit der richtigen japanischen Aussprache Inu, irriger 
Weise mit der chinesischen Aussprache lesen würde. Nach dieser würde 
es ebenfalls ‚Hund‘ bedeuten, aber Ken lauten. Inuyama könnte also 
Kenzan gelesen werden. Dieser Umstand hat umsomehr zu Irrthümern 
geführt, als in der That alte Stücke vorkommen, die nach richtiger Lesung 
mit Kenzan bezeichnet und, wenn wir Ninagawa folgen, als echte Werke 
Kenzan’s anzusprechen sind, aber völlig in einer Weise dekorirt sind, die 
für die Inuyama-Waare landläufig geworden ist. Dies zu erklären bieten 
sich zwei Wege. Entweder haben die in der Provinz Owari im Dorfe 
Inakimura unweit des Schlosses von Inuyama betriebenen, und von diesem 


Kenzan. 65 


ihre Bezeichnung führenden Töpfereien in älterer oder neuerer Zeit ein 
von Kenzan geschaffenes Vorbild aufgenommen und als es sich gangbar 
erwies, fortgesetzt nachgeahmt. Oder dieselben Töpfereien haben gelegent- 
lich derartige, ohne ein Vorbild Kenzan’s geschaffene Stücke mit dem 
Namen des alten Meisters bezeichnet. Folgen wir dem zweiten Wege, so 
muss Ninagawa sich geirt und em Stück Inuyama-yaki als Kenzan- 
yaki beschrieben und abgebildet haben. 

Ninagawa selbst giebt uns einen Fingerzeis für die Entscheidung, 
indem. er Owari-Erde in der „hellerden-farbigen“, etwas „mäusefarbigen“, 
d. h. grauen Masse des von ihm als Figur 30 abgebildeten Chawan ver- 
muthet. Er schreibt, dessen nicht sehr glänzende, nicht durchschemende 
und ziemlich dicke Glasur sei „birnfarbig“, weisslich angehaucht und weiss 
gesprenkelt. In der Abbildung erscheint die Farbe als ein lichtes Grau- 
braun mit hellerem Anflug; die Bezeichnung „birnfarbig“ — nashiji — 
bezieht sich nicht so sehr auf die Farbe, als auf den Vergleich mit der 
gesprenkelten Haut der japanischen Birne, von der auch der Aventurinlack 
seine japanische Benennung trägt. Die Malerei, heisst es weiter, sei 
kastanienfarben, roth und hellerün. Aus der Abbildung ersehen wir, dass 
ein blühender Kirschbaum und Ahornzweige in grüner und rother Frühlings- 
belaubung dargestellt sind. Es sind genau die Motive, welche uns auf 
unzähligen Gefässen mit der deutlichen Bezeichnung /nuyama_begeenen, 
und zwar in ebensolcher Ausführung: die Kirschblüthen locker getupft, 
weiss, roth und grün; das bläuliche Hellerün der Ahornblätter in undurch- 
scheinender Schmelzfarbe dick aufliegend; ihr glänzendes Ziegelroth dünn 
aufgetragen; bei beiden Farben die Blattadern mit dem Stift vor dem 
Brande ausgekratzt; das Braun der Aeste fleckig, schwarzstrichlig, leicht 
eingesunken. Ausnahmsweise, bei sorgfältiger ausgeführten Stücken tritt 
noch Gold oder Silber hinzu, etwa in goldenen Ahornblättern oder silbernen 
Kirschblüthen, so bei zwei Chawans der Sammlung Gonse. In technischer 
Hinsicht unterscheidet sich die Inuyama-Waare dieser Art von allen 
Arbeiten Kenzan’s auf den ersten Blick durch die ausgiebige Verwendung 
des opaken blass blaugrünen Schmelzes. Die handwerksmässige Wieder- 
'holung eines und desselben Motivs, wie sie uns hier begegnet, lag der 
auf Bethätigung seiner künstlerischen Eigenart gerichteten Weise Kenzan’s 
durchaus fern. Wahrscheinlich werden sämmtliche als Inuyama-Kenzan 
von den europäischen Sammlern angesprochenen Stücke aus dem Werke 
unseres Meisters ausgeschieden werden müssen, zugleich mit ihnen das 
von Ninagawa abgebildete Chawan. 

Nachdem wir diese zweifelhaften Kenzan’s verschiedener Herkunft 
von dem Werke des Ogata Shinsei ausgesondert haben, verbleibt diesem 
noch eine Fülle manichfaltiger Erzeugnisse; diese lassen sich nach den von 
Ninagawa angegebenen Merkmalen des Thonscherbens in Gruppen zusammen- 


5 


66 Dr. J. Brinekmann. 


fassen, die zugleich der Thätigkeit des Künstlers zu verschiedenen Zeiten 
seines Lebens und an verschiedenen Orten gerecht werden. 

Unter den älteren, von Kenzan in der Kaiserstadt Kioto oder deren 
Nähe angefertigten, als Kenzan-yaki, (d. h. von Kenzan gebrannte 
Erde), im engeren Sinne bezeichneten Töpferarbeiten sind je nach dem 
verarbeiteten Thon verschiedene Gruppen zu unterscheiden. 

Für die eine dieser Gruppen hat Kenzan Erde von Shigaraki ver- 
wendet, einer in der Provinz Omi belegenen Ortschaft, im der schon seit 
dem 14. Jahrhundert Töpferei betrieben sein soll. Im 16. und 17. Jahr- 
hundert nahm diese grossen Aufschwung durch die Herstellung von Gefässen 
für die Theetrinker. Der damals verarbeitete Thon ergab einen sehr 
harten und schweren, sandigen, im Bruche rauhen und weissen Scherben. 
Solchen Scherben zeigt das von Ninagawa als Figur 29 abgebildete Chawan. 
Auf seine „mäusefarbene“, nicht gekrackte Glasur sind grosse, unterbrochene 
Flächen dicker weisser Glasur mit dem Pinsel aufgetragen, darüber in 
dunkelem Graubraun und schwärzlichem Blau Zweige der Kikio-Pflanze, 
einer der sieben typischen Blüthenpflanzen des Herbstes, mit ihren grossen 
sternförmigen Glockenblumen flott hingestrichen. 

Sowohl hinsichtlich des Scherbens, 
wie der Bemalung gehört hieher das 
hier abgebildete Chawan. Ueber die 
durchscheinend graubraune, den unteren 
Theil der Aussenfläche freilassende Glasur 
ist aussen und innen am oberen Rand 
eine unregelmässig vertheilte schmutzig- 
weisse Ueberglasur aufgetragen und auf 
diese in bläulichem und braunem Schwarz 

Chawan, graubraun, bemalt auf weisser eine Vordergrund-Studie gemalt: junge, 
Überglasur mit wachsenden Kräutern h Le ä 
Lena Da nn ne eben ihre Schnecken aufrollende oderschon 
ihre Fiederblätter entfaltende Farren- 
wedel, Schachtelhalme und blühende Veilchen, alle so angeordnet, als 
entsprössen sie dem Rande der erdfarbenen, den Erdboden darstellenden 
Unterglasur. In diese Gruppe gehört auch unser schönes Hiire mit der 
chinesischen Winterlandschaft, das wir auf Seite 58 und 59 abgebildet 
haben. Sein Scherben und seine Bemalung entsprechen den von Ninagawa 
angegebenen Merkmalen. 

Für eine zweite Gruppe der von Kenzan in Kioto angefertigten Töpfer- 
arbeiten hat der Meister Erde von Zeze verwendet, einer unweit des 
Omi-Sees belegenen Ortschaft, wo seit der Mitte des 17. Jahrhunderts die 
Töpferei im Dienste der Theetrinker schwunghaft betrieben wurde. Der aus 
Zeze-Erde gebrannte Scherben ist von feiner Masse und nicht sehr hart. Seine 
Farbe beschreibt Ninagawa bald als weisslich grau, bald als etwas grünlich. 


Kenzän, Y 


Ausser der Erde von Zeze hat Kenzan aber auch Erde von Awata 
verarbeitet, einem durch seine Töpferarbeiten berühmten Distriet der Kaiser- 
stadt Kioto. Der gute Ruf, dessen die Awata-Waare sich bis in die jüngste 
Zeit bewahrt bat, wird auf den berühmtesten der japanischen Kunsttöpfer 
zurückgeführt, jenen Ninsei, der um die Mitte des 17. Jahrhunderts zu 
Awata Brennöfen anlegte und zuerst die gelbliche Glasur des dort gebrannten 
Steingutes mit Schmelzmalereien schmückte, in denen Smaragdgrün, opakes 
Blau und Vergoldung den Ton angeben. Ohne in die Geheimnisse japanischer 
Kennerschaft eingeweiht zu sein, können wir die Awata-Erde und die Zeze- 
Erde nicht mit Sicherheit unterscheiden. Wir müssen uns daher begnügen, 
zusammenzustellen, was von Kenzan’s Arbeiten mit annähernder Sicherheit 
als in Kioto entstanden anzusprechen ist und im Japan als Kenzan-yakı 
im engeren Sinne betrachtet wird. 

Von Ninagawa werden den in Kioto entstandenen Werken Kenzan’s 
auch gewisse Döschen für Räucherwerk zugewiesen, die zu dem Schönsten 
gehören, was aus des Meisters Hand hervorgegangen ist. Ein solches 
Kogo bildet Ninagawa unter No. 23 ab. Es ist flach und von unregelmässig 
gebuchtetem Grundriss. Die senkrechten Wände zeigen ein blaues Gitter- 
muster in weissem Grunde. Auf der Deckelfläche ist das Meeresgestade 
von Akashi dargestellt, nach einem in alten Utas gepriesenen Motiv, das als 
Akashi-no-ura zum eisernen Bestande des Motivenvorrathes der Maler 
gehört. Strohbedeckte Häuser erheben sich hart am Ufer, an dem 
einige Barken vor Anker liegen; in der Ferne Schiffe unter Segel. Die 
Farben der Abbildung stimmen nicht ganz zu der Beschreibung. Diese 
besagt, soweit sie klar ist, die Malerei sei in Dunkelblau und hellgrünlichem 
Grau ausgeführt. Die Innenflächen seien mit Nebeln in Blau bemalt. 
Die Masse sei „hell-eierfarben“ und „hell-mäusefarben“, fein, hart und 
schwer. Die Glasur, welche nur die Ränder frei lasse, sei ziemlich 
dick, glänzend, nicht durchscheinend. Die unregelmässige Grundform des 
Kogo solle auf die Gestalt einer Insel anspielen. 

Hierher gehören auch zwei Kogos der hamburgischen Sammlung, von 
denen das kleinere auf der dieser Studie beigegebenen Farbendrucktafel 
abgebildet ist. Auch dieses Kogo zeigt einen unregelmässigen Umriss, der 
hier offenbar an einen Berg erinnern soll. Die Innenflächen sind mit 
goldenen und blauen Nebelstreifen bemalt, die senkrechten Wände mit 
blauem Grundmuster aus Shippo-Motiven. Auf der Aussenseite des 
Deckels sind rothbeblätterte Ahornbäume am Ufer eines weissschäumenden 
Gebirgsbaches dargestellt; goldene Nebelstreifen ziehen durch die Landschaft. 
Die äussere Bodenfläche ist weiss glasirt und zeigt ausser dem blauen 
Namenszug des Künstlers drei kleine Trockenstellen, Spuren der Stützen, 
auf denen das Gefäss beim Brande stand. Dieses technische Merkmal 
findet sich auch an dem im Folgenden beschriebenen Kogo. 


68 Dr. J. Brinekmann. 


Auch dies, vom Meister so reizvoll wiedergegebene Motiv ruft dem 
Japaner die Erinnerung an alte Dichtungen wach, in denen die herbstliche 
Farbenpracht der Ahornbäume — Momiji — geschildert wird. Schon 
vor einem Jahrtausend hat der Dichter Narihira die Ahornbäume gepriesen, 
die, an den Ufern des Tatsuta-gawa wachsend, die Wirbel dieses Flusses 
mit Blutstropfen besprengen. Und heute noch wallfahrtet man, wenn 
gegen Ende des Octobers die Ahornbäume in ihren herbstlichen Tinten 
erglühen, nach der zwischen Nara und Osaka belegenen Ortschaft Tatta, 
dem alten Tätsuta, das immer noch berühmt ist wegen seiner Ahornbäume. 
Ein anderer Dichter, dessen Verse ebenfalls m die im 13. Jahrhundert 
compiirte Sammlung der Utas von hundert Dichtern aufgenommen sind, 
spielt mit dem Doppelsinn des Wortes Nishiki, das ihm sowohl Herbst- 
farbenpracht bedeutet, wie das Stück bunten Seidenbrokates, das an dem 
bei gewissen Gebetsverrichtungen benutzten, Nusa genannten Stabe befestigt 
wird. Er meint, da er in der Eile vergessen habe, die Nusa mitzunehmen, 
würden die Momiji-Bäume am Tamuke-yama den Göttern ebenso wohl- 
gefällig sein, wie der Seidenbrokat der Nusa. 

Das grössere unserer Kogos soll wohl durch seinen unregelmässigen 
Umriss ebenso wie jene Akashino-ura-Dose an die Gestalt einer Insel 
erinnern. Die Unterseite, die Bemalung der Seitenwände und der Innen- 
flächen entspricht ganz der Ahorn-Dose. Oben auf dem Deckel wachsen 
über smaragdgrünem Vordergrund zwei der sieben Herbstpflanzen, Hagi- 
3üsche und Susuki-Gras; in den natürlichen Farben gemalte Wildgänse 
fliegen von goldenem (Grewölk herab. Auch hier liest wieder ein dem Maler 
vom Dichter dargebotenes Motiv zu Grunde. Jeder gebildete Japaner weiss 
das und erinnert sich beim Anblick des Gemäldes der alten Verse, die 
Kenzan dieses Mal nicht dabei geschrieben hat, wie auf dem Kuchenteller, 
den, wir auf S. 55 abgebildet haben, und wie auf dem Wassertopf mit den 
acht chinesischen Landschaften. Ein Vergleich der Bilder auf diesen Stücken 
zeigt, wie frei sich der Künstler zu dem ihm vom Dichter gegebenen Motiv 
verhielt, und wie er bei jeder neuen Gestaltung desselben aus der Natur- 
beobachtung neue Kraft schöpfte. Aber doch gab die Thatsache, dass der 
Dichter aus dem Alltagsleben ein Stück Natur emporgehoben hatte, diesem 
erst die wahre Weihe, die auch dem Maler zu Gute kam. 

Zwei, der letzterwähnten Dose sowohl durch die reiche farbige Aus- 
führung, die Anwendung des durchscheinenden, smaragdgrünen Schmelzes 
und des matten Goldes für die Wolkengründe verwandte Kogos gehören zu 
den Zierden der Sammlung des Herrn Louis Gonse in Paris. Auf dem 
Deckel der einen dieser Dosen wiegt sich neben dem Strohdache eines 
Bauernhauses ein Vögelchen auf schwankem Zweige; auf dem Deckel der 
anderen watet ein grosser schnepfenartiger Stelzvogel durch ein Wässerlein. 
Man möchte hier frei aus der Natur geschöpfte Motive finden; nach Allem 


Kenzan. 69 


aber, was wir sonst über die Kunstrichtung wissen, der Kenzan angehörte, 
dürfen wir vermuthen, dass weitere Forschung auch zu diesen Bildern die 
dichterischen Quellen nachweisen wird. 

Aus der i. J. 1891 in Paris versteigerten Sammlung Ph. Burty’s ist 
das S. 40 abgebildete Kogo in die hamburgische Sammlung gelangt. Die 
ziegelrothe Masse scheint durch die dünne, farblose Glasur, die alle nicht 
mit Farbe gedeckten Flächen überzieht. Auf dem Deckel ist ein schwarz- 
brauner Mumezweig mit wenigen grossen weissen Blüthen in der Weise 
Korin’s sehr flott gemalt. Die senkrechten Wände sind auf weisser Glasur 
mit einem Netzmuster in blauer, stellenweise blasig aufgetriebener Schmelz- 
farbe verziert. 

Wieder von anderer, weisslich 
grauer Masse, die dem Awata- 
Scherben ähnlich, ist das hier 
abgebildete Kogo. Die Malereien 
der Aussentlächen scheinen etwas 
eingesunken in die stark glänzende, 
gelblichgraue Glasur. Auf dem 
Deckel sind in warmem, an den 
Rändern etwas ausgeflossenem 
Schwarzbraun und bläulichem 
Grau grossblüthige Stauden so 
flott gemalt, dass die Grenze fast 
erreicht ist, wo die Darstellung 
aufhört, verständlich zu sein. 
Man schwankt zwischen Chrysan- 
themum und Stockrosen, möchte 
aber in Erinnerung an andere 
Malereien des Meisters sich für 
letztere entscheiden. Im Gegen- 
satz zu dieser Aussenseite zeigt 
die Innenseite goldene Nebel- 
streifen vor wogenden Grashalmen, Kogo, hellgraue Masse, gelblichgrau glasirt, aussen 


bemalt in Graublau und Schwarzbraun, innen mit 


in rother, hellblauer und blass- bunten Schmelzfarben una Gold. Kenzan-yaki. 
3, nat. Gr, 


grüner Schmelzfarbe auf das 
zarteste ausgeführt. Dergleichen Gegensatzwirkungen sind in der Zier- 
kunst der Japaner beliebt. 

Zu dem in. Kioto entstandenen Kenzan-yaki gehört von Stücken 
unserer Sammlung noch das auf S. 43 abgebildete Chawan. Der Künstler 
hat hier den in der Decorationskunst der Japaner häufig vorkommenden 
Mi-parti-Decor angewendet, indem er die Aussenfläche des Kümmchens durch 
einen gezackten Schrägschnitt in zwei Hälften zerleste, von denen nur die 


"0 Dr. J. Brinekmäann, 


eine mit jungen, zum Theil noch eingerollten Farrenwedeln in Grau und 
Schwarz auf hellgrauem Grunde bemalt, die andere mit smaragdsgrüner, 
durchscheinender Ueberglasur überschmolzen ist. Diese grüne Ueberglasur 
zeigt auch ein Chadai-Untersatz für ein Theetässchen; der breite, schalen- 
förmige Rand ist durchbrochen in Gesalt eines Mumebaumes, dessen grüne 
Zweige golden gehöht und dessen weisse, stellenweis röthlich betupfte Blüthen 
eine goldene sternförmige Andeutung der Staubfäden auf Flecken gelber 
Schmelzfarbe zeigen. Die Masse ist hart und weisslich grau, die nur unter 
dem Boden sichtbare Unterglasur hellgrau. 

Endlich ist hier noch der klemsten aller aus Kenzan’s Hand hervor- 
gegangenen Töpferarbeiten zu gedenken, eines Netsuke in ‚Gestalt eines 
quadratischen Döschens von nur 17 mm Seitenlänge. Auf der Innenseite 
des Deckels hält die dicke harte schwarze Glasur eine kupferne Oese für 
die durch das Loch des Untertheiles zu ziehende Schnur, an der ein Jnro 
oder ein Tabacksbesteck hing. Auf der Aussenfläche des Deckels sind 
in hellerauem Grunde in Braun und Blau Hängeweidenzweige und in Gold 
verstreute Kirschblüthen gemalt; auf den Rändern ein schwärzliches Linien- 
Muster, wie es auch an den Rändern der Kogos vorkommt. 

In Kioto müssen ferner die von Nnagawa Kenzan-Kuro, d. h. Schwarzer 
Kenzan, benannten Stücke entstanden sein, da diese dem dort seit der 
Periode Yeiroku (1555—69) angefertigten Raku-yaki verwandt sind. Die 
Masse der bei den Theetrinkern sehr beliebten Raku-Gefässe ist schwer und 
bröckelig. Sie werden nur mit der Hand ohne die Töpferscheibe geformt 
und einzeln gebrannt. In ihren Glasuren ist häufig ein tiefes glänzendes 
Schwarz oder ein leuchtendes Ziegelroth, jenes auch mit dunkelrothen 
Adern und Flammen, dieses mit gelben, grauen oder grünen Wolken. 
Weiss ausgesparte oder eingelegte skizzenhafte Zeichnungen treten bisweilen 
hinzu. Ein Chawan von Kenzan-Kuro ist unter No. 27 bei Ninagawa 
abgebildet, der den Scherben als hell mäusefarbig, die Glasur als ganz 
schwarz und nicht sehr glänzend beschreibt und sie dem Schwarz des schwarzen 
Seto-yaki vergleicht, wohl wegen der vertieften Pünktchen, die sich so deutlich 
wie hier, an dem schwarzen Raku nicht finden. Auf dem Fussrande dieses 
Chawan sind drei Trockenstellen in der die ganze untere Fläche und auch 
den Rand deckenden Glasur erkennbar, wie sie ähnlich sich bei der Raku- 
Waare finden und den kleinen Stützen aus gebranntem Thon entsprechen, 
auf denen diese Gefässe in den Ofen gestellt wurden, um das Anschmelzen 
zu verhindern. Verziert ist das Kümmchen mit wenigen grossen Mume- 
blüthen in grünlicher, etwas eingesunkener „Mäusefarbe“. 

Wenn wir em von Huish, S. 231, abgebildetes Chawan als einen 
echten Kenzan hinnehmen dürfen, hätte dieser auch rothe Raku- Waare 
angefertist. Eine weisse Inschrift auf der irisirenden rothen Glasur soll 
besagen „Ein Schluck von diesem Thee, eine Berührung dieses Gefässes 
mit der Hand wird neues Leben bringen“, 


Kenzan. v1 


Zum Kenzan-Kuro gehört auch das auf Seite 57 abgebildete flache 
Chawan mit der Mondsichel über Grashalmen, und schwarze Glasur trägt 
auch das eigenartige Dös- 
chen für Räucherwerk, 
das die nebenstehenden 
Abbildungen zeigen. Die 
sonderbare Gestalt findet 
ihre Erklärung in jener von 
den japanischen Künstlern 
auf das mannichfachste 
verwertheten Dreiheit des 
Mondes, des Schnees und 
der Kirschblüthe. Bisweilen 
tritt an die Stelle einer 
dieser Vorstellungen eine 
andere, die mit ihr in der 
alten Dichtkunst oder den 
volksthümlichen Mythen 
verknüpft ist. So sehen 
wir anstatt des Mondes 
den Hasen, der nach 
japanischer Vorstellung in 
den Flecken des Mondes 
erkennbar ist und diesem 


. . w_ Kogo, Kenzan-Kuro, nach dem Motiv Mond-Schnee-Blume. 
Gestirn in My then gesellt Die dem Schnee entsprechende Hälfte der Dose grau, un- 


. . glasirt; die Kohlenhältte schwarz glasirt mit goldenen 
wird. An die Stelle des Streublumen. Im Innern der Mond silbern, das Susuki-Gras 


: Ar -ün, blau, weiss, graugelb und rothbraun. Bez. Kenzan. 
Sehneesitmitoft.dieKiefer, - 2-0, DEU weiss eranzelniend rotkbrann. "Bez. Konzan 


deren Schneepolster von 

den Dichtern besungen, von den Malern abgebildet werden; so häufig auch von 
Kenzan, u. A. auf der von Huish S. 233 abgebildeten Kumme im Kensinston- 
Museum. Der Mond wird bisweilen als Vollmond, gewöhnlich als Sichel 
abgebildet. Der Schnee erscheint nicht selten in den kristallinischen Formen, 
die in den bei uns fallenden Schneeflocken nur ausnahmsweise mit blossem 
Auge erkennbar sind, in Japan aber in den bei ruhiger Luft und gleich- 
mässig gelindem Frost niederschwebenden Flocken ihre geometrischen 
Blüthen freigebiger entfalten. Häufig wird der Schnee durch ein Blumen- 
gebilde mit einem aus dem Sechseck construirten, wogigen Umriss angedeutet. 
Als Blume tritt regelmässig hinzu die Kirschblüthe, Sakura, die in Japan 
als die Blume schlechthin, Hana, geschätzt wird. Aus dieser T'sukı- Yukı- 
Hana, d.h. Mond, Schnee, Blume, oder nach chinesischer Lesung aus 
Gründen des Wohlklanges Setsu-Gefsu-Kua, d. h. Schnee, Mond, Blume 
genannten Dreiheit hat Kenzan das Motiv für dieses Kogo entnommen. 


72 Dr. J. Brinekmann. 


Zur Linken sieht man die Schneeblume aus hellgrauem unglasirtem Thon! 
auf der oberen Fläche folgen zwei Silberlinien ihrem Umriss. Zur Rechten, 
in die Schneeblume hineingeschoben, ist ein Stück schwarzer Holzkohle 
nachgeahmt, die hier, weil sie Sakurazumi genannt und aus Kirschbaumholz 
gewonnen wird, die Hana vertritt. Diese Deutung wird durch goldene, auf 
der Deckelfläche verstreute Kirschblüthen bestätigt. Der dritte im Bunde, 
der Mond, erscheint uns im Innern auf der schwarzen Fläche der Höhlung 
des Kohlenstückes als silberner Vollmond hinter Halmen des Susuki-Grases, 
die in blauer, grüner, weisser, graugelber Schmelzfarbe und trocknem Braun- 
roth sich über alle Innenflächen verbreiten. Diese Verbindung des vollen 
Mondes mit dem Susukigras (Eularia japonica), das, wie der Hagi-Strauch, 
zu den sieben klassischen Herbstpflanzen gehört, ist wieder ein der alten 
Dichtung entlehntes Motiv, das in folgender Uta niedergelegt ist: 

Kein Berg ragt empor 

Für des Mondes Untergang 

Im Musashi-Feld; — 

Ueber Susuki-Halmen 

Schwebt hier weisses Mondgewölk. 

Der Dichter, der sich des Verschwindens des Mondes hinter Berggipfeln 
erinnert, vermisst diese in der Ebene von Musashi; er findet Ersatz in der 
Betrachtung des hinter den wogenden Susuki-Rispen am Horizont ver- 
schwindenden Gestirns. 

Zum Kio-yaki des Meisters gehören endlich gewisse Stücke, deren 
schwarzer Decor auf weissem Grunde auf den ersten Blick seinen Ursprung 
ausserhalb Japans verräth. Ninagawa bildet ein derartiges Chakinzutsu 
unter Nr. 26 ab und bemerkt dazu, der Decor sei chinesischen Ursprungs. 
Bing vermuthet für das in Gonse’s grossem Werk S. 329 des zweiten Bandes 
abgebildete linsenförmige Kogo koreanischen Ursprung des Musters. Die 
schwarzen Malereien auf diesen und ähnlichen Stücken, u. a. einem viereckigen 
Hire aus der ehemals Rudorff’schen Sammlung im Kestner- Museum zu 
Hannover, bestehen aus Pflanzen-Motiven, kurzen Stämmen, verstreuten 
Blumen und dicken Ranken, die, wie das in der chinesischen Zierkunst 
häufig vorkommt, den erkennbaren Zusammenhang mit der Natur eingebüsst 
haben und daher auch nicht zu poetischen Ideenverbindungen anregen. Das 
chinesisch Alterthümliche mochte dem Chajın dafür Ersatz bieten. Von 
eigenem Reiz ist bei den besseren Stücken die Farbe: der Grund dunkel 
elfenbeinfarben, gekrackt, glänzend; das Ornament in warmem Braunschwarz, 
das an den Rändern hie und da leicht ausgetlossen und eine innere Zeichnung 
trägt, die mit dem Trockenstift ausgehoben ist. Dieser alterthümliche 
Decor muss sich besonderer Beliebtheit erfreut haben, da sich seiner auch 
die Fälscher angenommen haben, selbst auf Porzellangefässen mit der nach- 
geahmten Signatur des Meisters. 


Kenzan, 73 


Eine leicht erkennbare Gruppe der dem Kenzan zugeschriebenen 
Töpferarbeiten umfasst die in seiner späteren Lebenszeit nach seiner Ueber- 
siedelung nach Yedo angefertigten Stücke. Japanische Kenner bezeichnen 
diese als /röya-Kenzan, von dem Dorfe Iriya, in dem der Künstler die 
letzten Jahrzehnte semes langen Lebens zugebracht hat. Im europäischen 
Kunsthandel hat sich für dieselbe Waare die Benennung /mado-Kenzan 
eingebürgert, von der Ortschaft Imado, die unweit von Irıya und wie dieses 
Dorf in der Nähe des die Ebene von Yedo bewässernden Sumida-gawa lag. 

Von allen übrigen Töpferabeiten des Meisters unterscheidet sich das 
Iriya-Kenzan durch die leichte, weissliche Masse von sehr geringer Härte, 
und die dünne, durchsichtige, etwas gelbliche oder grauliche, gekrackte 
und meistens leicht bläulich irisirende Glasur, die nirgend den Scherben 
unbedeckt lässt. 

In den nach Art von Tuschskizzen einfarbig bräunlich-schwarz oder 
mit dünn aufgetragenen Farben ausgeführten Unterglasurmalereien des 
Iriya-Kenzan spricht sich der Stil des Meisters auf das Nachdrücklichste 
aus. Je älter er wurde, so scheint es, desto kühner wurde der Flug seines 
Pinsels, desto sicherer wusste er, mit ganz wenigen breiten Pinselstrichen 
ein ihm vorschwebendes Motiv auf die Fläche zu fegen. Da ihm für diese 
Art der Malerei die gekrümmten Flächen der kleinen Theekümmcehen, die 
kleinen Flächen der Kogos zu enge Grenzen setzten, zog er in der späteren 
Zeit vor, seme Kunst an den flachen Kuchentellern, den Sara, zu üben. 
Diese haben gewöhnlich die Form einer nahezu quadratischen Platte mit 
niedrigen, senkrecht aufgerichteten Rändern; oder sie sind von länglich 
rechteckiger Gestalt, wobei in der Regel zwei von ihnen ein Paar bilden; 
oder sie gleichen zwei solchen an den Langseiten verwachsenen, jedoch etwas 
verschobenen Tellern; ihre Bestimmung ist stets, zum Vorsetzen von Kuchen 
oder Süssigkeiten zu dienen. Der Wunsch, über grosse Flächen mit dem 
Pinsel hinfahren zu können, führte den Meister in seiner Spätzeit auch 
wohl dazu, kleine thönerne Setzschirme, Kenbio, herzustellen, wie sie 
gebraucht werden, um, hinter den Tuschstein gestellt, beim Anreiben der 
Tusche die Spritzer aufzufangen. Auch vierkantige Feuertöpfe, Hüre, boten 
seinem Pinsel günstige Flächen. 

Zu dieser Gruppe der Iriya-Kenzan gehören aus der hamburgischen 
Sammlung der S. 49 abgebildete Kuchenteller mit der beschneiten, von 
rothblättrigem Weinlaub umrankten Hängeweide; der S. 55 abgebildete 
Kuchenteller mit den Wildgänsen in herbstlicher Landschaft und der S. 74 
abgebildete mit Zweigen des Hagistrauches (Lespedeza sp.), der mit seinen 
Fiederblättern und weissen oder violetten Schmetterlingsblumen als eine der 
„Aki-no-Nanakusa“, der „sieben Blüthenpflanzen“, die im Spätsommer und 
Herbst die Waldblumenfelder schmücken, in der dekorativen Malerei der 
Japaner uns so häufig begegnet. 


74 Dr. J. Brinekmann. 


Hierher ge- 
hört auch der 
von Ninagawa 
ım 4. Heft unter 
Nrsssilssaboe- 
bildete Doppel- 
teller, Muko- 
zuke, mit einer 
Tuschskizze der 

Ran-Pflanze, 
jener grasblätt- 
rigen Örchisart 
(Cymbidium sp.), 
deren konven- 
tionelle Darstel- 
lung dem her- 
kömmlichen Mo- 
tivenvorrath der 
chinesischen und 

Japanischen 


Kuchenteller — Sara — bereit mit wachsenden Hagi-Zweigen. Die Maler entnom- 
Blätter braunschwarz und smaragdgrün, die Blüthen lila und blau. . Se 
Iriya-Kenzan. Bez. Kenzan. /s nat. Gr. men ist. Hier- 


her ebenfalls der 
unter Nr. 32 abgebildete Teller mit den in Schwarz, Blau, Grün und 
Violett oder — wie Ninagawa schreibt: „Glyeinenfarbe* sehr breit gemalten 
Primeln. Beide Stücke weist Ninagawa ausdrücklich dem Iriya-Kenzan 
zu, was wir deswegen hervorheben, weil man sich in Pariser Sammlerkreisen 
gewöhnt hat, die Benennung Imado-Kenzan, die gleichbedeutend mit 
Iriya-Kenzan, auf die mit weisser, opaker, sehr leicht abblätternder 
Glasur überzogenen Stücke anzuwenden, während sie, wenn diese überhaupt 
ächte Kenzan’s sind, nicht nur ihnen, sondern auch den durchsichtig 
glasirten Stücken aus hellem, weichem Scherben zukommt. 

Von der charakteristischen breiten Malweise Kenzan’s auf allen diesen 
und auf zahlreichen verwandten Stücken im Musee Guimet und in den 
Sammlungen der Pariser Liebhaber unterscheiden sich durch eine abweichende 
Pinselführung gewisse Stücke, wie das auf S. 51 wiedergegebene Paar eines 
Satzes von fünf Tellerpaaren und mehr noch der auf 8. 53 beschriebene 
Wassertopf mit den acht chinesischen Stimmungslandschaften, sowie der 
zugehörige auf Seite 54 erwähnte kleine Chakinzutsu. Bei den letzt- 
erwähnten zwei Stücken ist die Zeichnung auffallend spitzig, mager, 
und trocken, als wäre ihr einer jener Holzschnitte zu Grunde gelest, wie 
wir sie in den Vorlagebüchern etwa des Morikuni und ihm verwandter 


Kenzan. 15 


Ilustratoren vom Anfang des 18. Jahrhunderts finden. Sonst hat der 
Holzschnitt, der während der zweiten Lebenshälfte unseres Meisters sich 
rasch entwickelte, eine irgendwie merkliche Einwirkung auf ihn nicht 
gehabt, ebensowenig wie Kenzan je in dieser Kunst sich versucht oder 
auf sie zu seinen Lebzeiten Einfluss geübt hat. Ob die Malereien 
der beiden fraglichen Stücke, die in Masse und Glasur genau dem zweifel- 
losen Iriya-Kenzan entsprechen und beide aus dem fünften Jahr der 
Periode Shötoku d. i. 1715 datirt sind, in der That als originale 
Werke dem Pinsel Kenzan’s entflossen sind, muss fraglich erscheinen, obwohl 
sie von Pariser Kennern ebenso wie die fünf Teller-Paare unserer Sammlung 
mit den Utaversen dem alten Meister zugesprochen wurden. Wenn sie 
seiner Hand entstammen, wäre damit ein Anhalt für die Zeit seiner 
Uebersiedelung von Kioto nach Yedo gewonnen. 

Dem Iriya-Kenzan stehen nahe und ihm zuzuweisen wären, wenn sie 
wirklich Arbeiten von der Hand des Meisters, gewisse grössere Gefässe, 
zumeist von Kummenform, mit durchbrochenen Wandungen. Ein typisches 
Stück dieser Art bildet S. Bing im ersten Bande seines in deutscher Ueber- 
setzung als „Japanischer Formenschatz“ erschienenen Werkes „Le Japon 
artistique* auf Tafel IA ab. Die Kumme ist ganz aus wachsenden Narzissen 
gebildet, zwischen deren grünen Blättern die weissen, gelbgeäugten Blüthen 
vertheilt sind. Die Zwischenräume der Blätter und Blüthen smd aus- 
geschnitten, so dass die Kumme einen korbartigen Eindruck macht. Man 
könnte zweifeln, ob Kenzan sich der mühseligen Arbeit des Ausschneidens 
aus dem noch weichen Thon unterziehen mochte, die eher eines Töpfers 
als eines Malers Werk wäre. Immerhin ist nicht zu verkennen, dass diese 
Stücke dem Stil des Meisters verwandt erscheinen. 

Worin der Einfluss bestanden hat, den nach dem oben angeführten 
Gewährsmann der Kokkua holländische Fayence auf den Meister geübt 
haben soll, geht aus den betrachteten Werken des Meisters nicht hervor. 
Dass der Gewährsmann den Kenzan Sandai mit dem Kenzan Shinsei zusammen- 
geworfen und dabei die dem ersten zugewiesenen Nachahmungen blau- 
bedruckten Steingutes im Sinne gehabt habe, dürfen wir ihm nicht zumuthen. 
Irgend ein Einfluss holländischer Fayencemalereien auf den Stil des Meisters 
ist ausgeschlossen. So kommen wir zur Vermuthung, jener Hinweis beziehe 
sich auf die Technik und dann kann er schwerlich anders verstanden werden, 
als dass Kenzan von den Holländern die weisse Zinnglasur ihrer Fayencen 
als Malerund entlehnt habe. Die weisse Glasur der schönen Kogos der 
hamburgischen Sammlung verdankt, wie Herr Dr. Glinzer durch ihre 
chemische Untersuchung festzustellen die Güte gehabt hat, ihre weisse Farbe 
nicht dem Zinnoxyd, das die Glasur der Delfter Fayencen weiss färbt, sondern 
dem Bleioxyd. Danach bleibt nur die Annahme, die weisse Glasur der 
von den Franzosen Imado-Kenzan genannten Waare sei auf holländische 


76 Dr. J. Brinekmann. 


Anregung zurückzuführen. Sie unterscheidet sich dem Aussehen nach 
durchaus von der weissen Bleiglasur des älteren, in Kioto entstandenen 
Kenzan-yaki. Material, um durch chemische Untersuchung zu entscheiden, 
ob die Imado-Glasur Zinn enthalte, stand uns nicht zu Gebote. An und 
für sich war es sehr wohl möglich, dass dem Meister, als er in Yedo lebte, 
Delfter Fayencen vor Augen kamen, ihre der japanischen Töpferkunst 
unbekannte weisse Glasur ihn reizte und die Anwendung des Zinnoxyds zu 
dieser ihm offenbar wurde. 

Wir haben schon hervorgehoben, dass Kenzan seine Kunst weder leiblichen 
Nachkommen noch einem Adoptivsohn vererbte. Von zwei durch ihre Werke 
bekannten Meistern wird aber berichtet, dass sie seine Schüler gewesen, von 
Banko Kichibei und von Ogawa Ritsuo. Dafür, dass Banko, der erste 
Verfertiger eines als Banko-yaki bekannten Steinzeuges, bei Kenzan gelernt 
habe, spricht Ninagawa’s Autorität, dagegen die Angabe Shioda’s im 
Franks’schen Katalog, wonach Kichibei schon in den fünfziger Jahren des 
17. Jahrhunderts getöpfert hätte. Keinenfalls hat der künstlerische Geist 
Kenzan’s in Banko einen Nachfolger gefunden. Für die Beziehungen Ritsuo’s 
zu Kenzan tritt ein Gewährsmann der Zeitschrift Kokkua ein. Ritsuo 
war nur zwei Jahre jünger als Kenzan und hat diesen um vier Jahre 
überlebt. Hat er von ihm gelernt, so ist er in der Kunst doch seine 
eigenen Wege gegangen. Nur in dem technischen Verfahren der Töpferkunst 
mag Ritsuo von Kenzan gelernt haben, aber dies auch nur zu einer ihm 
ganz eigenen neuen Anwendung. Indem er allerlei kleine Gegenstände, 
Blumen, Geräthe, Thiere, bisweilen auch menschliche Figuren in flachem 
Relief aus Thon bildete, mit Schmelzfarben bemalte und brannte, um sie 
den spiegelnden Flächen seiner Schwarzlacke einzufügen und mit Goldlack- 
malereien das Kunstwerk zu vollenden, schlug Ritsuo ein neues Verfahren 
ein, in dem ihm seither mancher jüngere Meister gefolgt ist, bis zu Kenya 
in unseren Tagen. Mit der impressionistischen Weise des Ogata Shinsei 
hat aber die sorgfältig durchgeführte des Ogawa Ritsuo nichts gemein. 
Ein hervorragendes Werk des letzteren ist aus der Sammlung Goncourt 
in das hamburgische Museum gelangt, jener Schreibkasten, in dessen 
schwarze Lackfläche ein grüner, an den Rändern gelbrother Taschenkrebs 
aus gebranntem Thon eingelegt ist. 

Ritsuo ist wie Kenzan zu allen Zeiten ein Vorbild für Nachahmer 
gewesen. Alle japanischen Künstler, die es zu hohen Ansehen unter ihren 
Landsleuten gebracht haben, theilen dieses Schicksal. Dem Europäer, der 
sich nicht nur am schönen Schein der Dinge erfreuen, sondern die geschichtliche 
Wahrheit ergründen will, stellen sich aus diesem Grunde schwer überwindbare 
Hindernisse in den Weg. Nur mühsam wird uns gelingen, überall die Spreu 
vom Weizen zu sondern. Mit manchen Enttäuschungen über den Werth 
unseres Besitzes werden wir die Erkenntniss der Wahrheit erkaufen müssen. 


Kenzan. 17 


Bezeichnungen der Werke Kenzan’s. 


Mamnigfach wie die Töpfer-Arbeiten des Meisters sind auch die 


Bezeichnungen derselben. 


Die auf den Stücken unserer Sammlung vor- 


kommenden geben wir im Folgenden wieder. Der einfache Namenszug aus 
den Schriftzeichen für Ken, d. ı. Nordwest, und San, d. i. Berg, im Zu- 
sammenhang Kenzan gelesen, findet sich am häufigsten. 


Kenzan. 


Kenzan. 


> 


7. 


. 


Kenzan. 


Kenzan. 


nn mn 


Kenzan. 


So in Blau auf dem S. 68 beschriebenen 
Kogo mit den fliegenden Wildgänsen. 


So in Schwarz auf einem blau eingefassten 
Felde der weiss glasirten Unterseite des S. 40 
abgebildeten Kogo von ziegelrother Masse. 


So in Schwarz unter der smaragdgrünen 
Glasur der Unterseite des S. 43 abgebildeten 
Chawan mit wachsenden Farrenkräutern und 
smaragdgrüner Ueberglasur. 

So in Schwarz auf der unteren Wölbungs- 
fläche des S. 66 abgebildeten Chawan; hier dazu 
noch das Zeichen für Sei d. h. Shimsei. 


So in Schwarz auf der grau glasirten 
Unterfläche eines Chadai, dessen breiter Rand 
aus durchbrochenen Mumezweigen gebildet ist. 


Soin eingesunkenem, mattem, anden Rändern 
gelbbraun ausgelaufenem Schwarz in einem ein- 
geritzten, braunen Rechteck auf der grauglasirten 
Unterseite des S.69 abgebildeten Kogo mit 
Stockrosen und Gräsern. 

So klein auf der Unterseite des S. 70 be- 
schriebenen kogo-förmigen Netsuke. 


Dr. J. Brinekmann. 


Es 
[e) 


So ausgespart (gekratzt) aus der schwarz 
glasirten Unterfläche des Holzkohlenstückes des 
S. 71 abgebildeten Kogos mit Mond, Schnee und 
Blume. 


Kenzan. 


Ebenfalls nur der Namenszug Kenzan findet sich in grossen, zusammen 
bis zu 14 cm hohen Schriftzeichen mit breitem Pinsel schwarz hingestrichen 
unter der durchscheinenden Glasur der unteren Bodenflächen der Kuchen- 
teller mit der beschneiten Hängeweide und den blühenden Hagistauden, 
die S. 49 und S. 74 abgebildet sind. 

Bisweilen fügt der Meister den Schriftzeichen seines Namens das 
Kakihan, d. h. „geschriebener Stempel“ genannte Handzeichen hinzu: 


A 


So in folgender Gestalt, jedoch mit allerlei 


& R Abweichungen, auch grösser und fetter, auf den 
zehn Kuchentellern von Iriya-Kenzan, von denen 
> ein Paar auf S. 51 abgebildet ist. 
Kenzan. 


In anderen Fällen fügt er dem Namen das Schriftzeichen für yegaku, 
d. h. „malen“ hinzu : 


So in hellem Grau ausgespart auf der 
unteren Wölbungsfläche des S. 57 abgebildeten 
Chawan von Kenzan-Kuro mit Mondsichel, Gras- 
halmen und chinesischen Schriftzeichen. 


Kenzan yegaku, 


Kenzan. 79 


Ein ander Mal setzt der Meister dem Namenszug für Kenzan noch 
denjenigen für Sei, die Abkürzung seines zweiten Namens Shinse: hinzu, 
und dazu noch das Wort sho, womit er ausdrückt, dass er die Verse 
selber geschrieben hat, an deren Schluss seine Signatur steht. 


So auf dem S. 55 abgebildeten Kuchenteller 
mit den Wildgänsen in der Herbstlandschaft. 
Diese Bezeichnung ist in Zusammenhang zu lesen 
Kenzan Sei sho-su d.h. geschrieben von Kenzan 
Shinset. 


Kenzan 
Sei 
sho-su. 


Die Bezeichnung Kenzan Sei findet sich auch in Schwarz unter der 
gelbgrauen, durchscheinenden Glasur der unteren Wölbungsfläche des 
S. 66 abgebildeten Chawan mit Farrenkräutern. 


Ein ander Mal lesen wir vor dem Namen Kenzan das Wort Fuso, das 
ein poetischer Ausdruck der chinesischen Sprache für Japan, und hinter 
ihm das Wort /sukuru, d. h. arbeiten. 


So in trockenem Schwarz auf schwarz um- 
randetem, trockem weissem Felde der matten 
gelblichen Bodenfläche des S. 58 und 59 abge- 
bildeten Feuertopfes aus harter Shigaraki-Erde 
mit chinesischer Schneelandschatt. 


Fuso 
Kenzan 
tsukuru., 


Bezeichnungen der Entstehungszeit finden sich an zwei Stücken der 
Sammlung, auf dem $. 53 fi. beschriebenen achtseitigen Wassertopf mit 
den acht chinesischen Landschaften und dem zugehörigen kleinen Chakinzutsu. 


s0 Dr. J. Brinekmann. 


>E 
AR 
ae 


vw» « 


‘ 


An dem Topf findet sich auf der glasirten 


"E B\ - Unterseite des Bodens die nebenstehende Inschrift, 
u . AK, die besagt: Kenzan Shinsei im fünften Jahre 
Shotoku d. i. 1715. 

Shotoku 

otsubi 

no toshi 

Kenzan 

Shinsei. 


Dieser Inschrift ist ein hier nicht wiedergegebener quadratischer rother 
Stempel, wie ihn Maler unter ihre Signaturen zu drücken pflegen, hinzu- 
gefügt. Die Schriftzeichen auf ihm besagen: Shoko, d. h. Verehrer des 
Alten, einer der S. 34 erwähnten Pinselnamen des Meisters. Die Inschrift 
auf dem Chakinzutsu weicht etwas hiervon ab; in des Meisters Namen 
steht Ser für Shinsei, und hinzugefügt ist das Zeichen für go d. h. pinseln. 


Wiedergabe der Abbildung eines Kogos von Kenzan in Hoitsu’s 
Kenzan-Iboku. (Schneelandschaft am Meeresufer.) 


Kenzan. sı 


Schlussbetrachtungen. 


Der Verfasser wünscht mit der vorstehenden Studie nicht nur kunst- 
geschichtliches Material zu bieten, sondern zugleich die Freunde, welche 
die Kunst Japans in Europa gewonnen hat, in das innere Leben dieser 
Kunstübung einzuführen, soweit dies durch die Betrachtung der Werke 
eines einzelnen Meisters und bei unserem noch unvollkommenen Wissen auf 
diesem Gebiete erreichbar ist. Je mehr unser Verständniss sich vertiefen 
wird für die in der bildenden Kunst Japans lebendigen Ueberlieferungen, 
für ihren innigen Zusammenhang mit der dichtenden Kunst, für den engen 
Anschluss ihrer Werke an die Anforderungen des Lebens, für den der 
Ueberladung abholden Geist der alten Meister, die den ästhetischen Genuss 
in der künstlerischen Ausgestaltung eines einfachen Motivs zu gewähren 
strebten, desto sicherer werden die gedankenleeren und geschmacklosen Nach- 
ahmungen japanischer Vorwürfe aus unserem Kunsthandwerk verschwinden, 
desto fruchtbringender aber wird auch das Studium japanischen Kunstschaffens 
sich unserem eigenen Kunstschaffen erweisen. Schon die Beobachtung, wie sie 
sich aus dem Werke Kenzan’s ergiebt, dass ein japanischer Künstler von der 
Bedeutung und der Bewegungsfreiheit dieses alten Meisters auf allen Wegen 
seine Arbeit anknüpft nicht an überflüssiges Zierwerk, sondern an Gegenstände 
thatsächlichen Gebrauches, wird zum Nachdenken anregen. Unsere immer 
noch vorwiegend von dem wohlverdienten Ruhm des 18. Jahrhunderts zehrende 
offizielle keramische Kunst wird gut thun, an ihre Leistungen einen anderen 
Maassstab anzulegen, als sie bisher zu thun gewöhnt war, wenn ihr Ansehen 
von heute nicht dauernd verdunkelt werden soll von dem Lichte, das aus- 
strahlt von den keramischen Leistungen anderer Länder, die früher als 
Deutschland ihre Augen für das geöffnet haben, was Japans keramische 
Kunst uns lehren kann. Nicht minder aber werden die wenigen deutschen 
Künstler, die in den letzten Jahren neue Töpferkunst haben bieten wollen, 
allen Grund haben, in sich zu gehen und sich zu sagen, dass künstlerisches 
Schaffen nur festen Boden finden kann in beherrschter Kunsttechnik. 
Unseren jungen Malern vor Allem, die mit so grossem Eifer einer führenden 
Rolle im deutschen Kunstgewerbe zustreben, möge das gesagt und an’s 
Herz gelegt sein, was auch in dieser Hinsicht die japanische Töpferkunst 
sie lehren kann, als deren einen Vertreter unter Vielen wir den alten Ogata 
Shinsei ihnen vorgeführt haben. 


82 Dr. J. Brinekmann. 


Nachwort. 


Die in dieser Studie angeführten europäischen und japanischen Bücher 
befinden sich sämmtlich in der Bibliothek des Hamburgischen Museums für 
Kunst und Gewerbe. 

Die Benutzung der japanischen (Quellenwerke, insbesondere des 
„Kenzan-Iboku“ von Hoitsu, des „Kuanko-Zusetsu*“ von Ninagawa und 
der Zeitschrift „Kokkua“ ist mir durch die eifrige und verständnissvolle 
Mitarbeiterschaft des Herrn Shinkichi Hara, z. Zt. wissenschaftlichen 
Hülfsarbeiters am Museum, möglich geworden. Herrn Hara verdanke 
ich auch die Lesung der japanischen und chinesischen Inschriften, deren 
Uebertragungen ich in einer der ursprünglichen Versform möglichst 
genäherten Fassung versucht habe. J 

Sämmtliche abgebildeten Töpferarbeiten Kenzan’s gehören der Sammlung 
des Museums, das die werthvollsten derselben aus Mitteln des der Anstalt 
von Herrn H. D. Haustedt hinterlassenen Vermächtnisses hat anschaffen 
können. 

Die dem Texte eingedruckten Abbildungen von Werken des Meisters 
beruhen auf Zeichnungen des Assistenten des Museums, Herrn Wilhelm 
Weimar. 

Die eingefügte Farbendrucktafel mit der Ahorndose ist von Fräulein 
Henriette Hahn nach japanischem Verfahren von Holzplatten, die 
Fräulein Hahn selbst geschnitten hat, mit dem Reiber gedruckt. Für die 
Ansicht der Dose ist eine Darstellungsweise befolgt, wie sie bei der 
Wiedergabe ähnlicher Gegenstände, u. A. der auf S. 80 nach Hoitsu 
wiedergegebenen Dose früher in Japan üblich gewesen ist. 


Kenzan. 83 


Inhalt. 
Seite 
Europäische Stimmen über Kenzan ........... OR SA ARE 25 
Japanische Stimmen über den Meister ...............22c..cceeeeeneo et 
IKenzankunrdadien Cha) in..er „en nd ee ee leeres euere Telserenele 37 
IKenzangals Maleruye.. 2. areas ee en een en ehet.e Srares ee a nen ED) 
IKenzenfundadie, Dichtkunste.r. a ver era ereesn le dlersfefeler teens reed 50 
IKtenzangalse Töpfern. ee entre eatete en ele ren Te 58 
Artenndern@efässen.. wassesı Ssse ech seele ee ee ee in elereke ent 58 
Keramısches'Krennerschalt........ "7-1: are ae ern e rkeent ste efel 60 
Nachahnungenwders\Verkes Kenzanisı zer re en 61 
DOHaCHIn re etareensere ee ee 1 oo 61 
VERS Re AT N 62 
IKENZan ES AIG ET EN 63 
IMinnagKenyarı Sn er ee OR ee BE DI DEE RR 68 
TE ya a ya Nele orte Sekret ekeleiet geregelte 64 
IKlenzan-yakıa ee ee her yore re ereteie 66 
KEN Zan KUT OR ER Eee ee 10 
Irıya Kenzan, Imado-Kenzan.. cu... nenonneceecane re atele 73 
SchulergdesW MeIStorS ee ee eier 76 
Bezeichnungen der Werke Kenzan’s .............222222eeeeecennn DES HODELe 77 
Schlussbetrachtumgent. re seee eee een neec ern ein erolelefaletele,aunialıle rin eleeie SR apa 81 
Nachwort n...c...ue.. enter efetete er ereeletefefetetetelstereteloteletele 82 
ea ee teeretelsberstebortetnlefarekarniegntaiszsinlersrereiete eretntelnfeteistete ietaieleie 83 


EN 
R LER et: 
ber N ade: 


j f u " EI 
y RE 


. Dr. Georg Pfeffer. 


VII, Jahrgang. 


Dr. W. Michaelsen, Die Lumbriciden Norddeutsch- 
lands. 19 S. 

Dr. W. Michaelsen, Beschreibung der von Herrn 
Dr. Franz Stuhlmann im Mündungsgebiet 
des Sambesi gesammelten Terricolen. Anhang: 
1. Diagnosticierung einiger Terricolen aus San- 
sibar und dem gegenüberliegenden Festlande, 
2. Chylustaschen bei Eudriliden. 308, u. 4 Tafeln, 

Dr. W. Michaelsen. Oligochaeten des Naturhisto- 
rischen Museums in Hamburg. IIL 12 S, 

Die Fauna der Insel Jeretik, 


Port Wladimir, an der Murman-Küste. Nach den 


VIII. Jahrgang. 


Dr. Johannes Petersen. Beiträge zur Petrographie 
von Sulphur Island, Peel Island, Hachijo und Mija- 
keshima. 58 S. mit 4 Abbildg. im Text u. 2 Tat. 

Prof. Dr. R. Sadebeck. Kritische Untersuchungen 
über die durch Taphrina-Arten hervorgebrachten 
Baumkrankheiten. 37 S. mit 5 Tafeln Abbildungen. 

Dr. O0. Burchard. Beiträge und Berichtigungen zur 
Laubmoosflora der Umgegend von Hamburg. 25 S. 

Dr. €. Apstein, Kiel, Zool. Institut. Die Alciopiden 
des Naturhistorischen Museums in Hamburg. 198, 
mit ı Tafel, 

Prof. Dr. K. Kraepelin. Revision der Skorpione, 
1. Die Familie der Androctonidae, 144 S. mit 2 Taf. 

Dr. F. W. Klatt. Die von Dr. Fr. Stuhlmann und 
Dr. Fischer in Ostafrika gesammelten Compositen 
und Irideen, 4 S, 


IX, Jahrgang. 


1889, 
Samnilungen des Herrn Kapitän Horn. 1. Teil: 
Die Reptilien, Amplıibien, Fische, Mollusken, 
Brachiopoden, Krebse, Pantopoden und Echino- 
dermen. Nebst einer anhänglichen Bemerkung 
über die Insekten. 34 S. 

Dr. Georg Pfeffer. Die Bezeichnungen für die höheren 
systematischen Kategorien in der Zoologie. 105. 
Dr. Georg Pfeffer. Die Windungsverhältnisse der 

Schale von Planorbis. 168. und 1 Tafel. 
Dr. Georg Pfeffer. Über einen Dimorphismus bei 
den Weibchen der Portuniden. 8 S. und 2 Tafeln, 


1890. 


B. Walter. Eine charakteristische Absorptions- 
erscheinung des Diamanten. 5 S. mit ı Tafel, 

B. Walter. Ueber das «-Monobromnaphtalin. 28. 

Dr. W. Michaelsen. Oligochaeten des Naturhisto- 
rischen Museums in Hamburg. IV. 42 S, und 
1 Tafel. 

Dr. Johannes Petersen. Der Boninit von Peel Island, 
Nachtrag zu den Beiträgen zur Petrographie von 
Sulphur Island u,s.w. 98. 

Dr. F, Wibel, Beiträge zur Geschichte, Etymologie 
und Technik des Wismuths und der Wismuth- 
Malerei, 258, 


1891. 


Erste Hälfte. 


Dr. W. Michaelsen. Beschreibung der von Herrn 
Dr. Fr, Stuhlmann aufSansibar und dem gegen- 
überliegenden Festlande gesammelten Terricolen, 
Anhang: J. Uebersicht über die Teleudrilinen, II. 
Die Terricolen-Fauna Afrikas. 72 S. mit 4 Tafeln 
Abbildungen. 

Prof. Dr. Th. Noack in Braunschweig. Beiträge zur 
Kenntniss der Säugethier-Fauna von Ostafrika, 88S. 
mit 2 Tafeln Abbildungen. 

Dr. Heinr. Lenz in Lübeck. Spinnen von Madagascar 
und Nossibe. 22 S. mit 2 Tafeln Abbildungen, 

Prof. Dr. A. Gerstäcker. Die von Herrn Dr. Fr. 
Stuhlmann in Ostafrika gesammelten Termiten, 
Odonaten und Neuropteren. 9 8. 


IX. Jahrgang. 


Dr. Cäsar Schäffer. Die Collembolen von Süd-Geor- 
gien nach der Ausbeute der deutschen Station 
von 1832/83. 9 S. mit ı Tafel Abbildungen. 


Prof. Dr. R. Sadebeck. Die tropischen Nutzpflanzen 
Ostafrikas, ihre Anzucht und ihr ev. Plantagen- 
betrieb, Eine orientirende Mittheilung über einige 
Aufgaben und Arbeiten des Hamburgischen Bo- 
tanischen Museums und Laboratoriums für Waaren- 
kunde, 26 S, 

€c. W. Lüders, 
Abbildungen, 

Dr. B. Walter. I. Ueber die lichtverzögernde Kraft 
gelöster Salzmoleküle. II. Ein Verfahren zur ge- 
nauerenBestimmung von Brechungsexponenten. 35 S. 


Ueber Wurfwaften. 15 S, mit 15 Taf, 


1891. 


Zweite Hälfte. 


Dr. G. Mielke. Anatomische und physiologische 
Beobachtungen an den Blättern einiger Eucalyptus- 
Arten. 275. mit ı Tafel Abbildungen. 


Dr. W. Michaelsen. Beschreibung der von Herrn 
Dr. Fr. Stuhlmann am Victoria Nyanza ge- 
sammelten Terricolen. 14 S. mit ı Tafel Ab- 
bildungen, 


Dr. A. Gerstaecker. Bestimmung der von Herrn 
Dr. Fr. Stuhlmann in Ostafrika gesammelten 
Hemiptera. 168. 


Dr. v. Linstow in Göttingen. Helminthen von Süd- 


Georgien. Nach der Ausbeute der Deutschen 
Station von 1832 — 1833, 1958. mit 3 Tafeln 
Abbildungen. 


X. Jahrgang. 


Dr. W. Fischer in Bergedorf, Uebersicht der von 
Herrn Dr. Fr. Stuhlmann auf Sansibar und 
an der gegenüberliegenden Festlandsküste ge- 
sammelten Gephyreen. 115. mit ı Tafel. 

Dr. W. Michaelsen am Naturhistorischen Museum 
zu Hamburg. Polychaeten von Ceylon. 23 S. mit 
ı Tafel Abbildungen. 

Dr. F. W. Klatt. Die von Frau Amalia Dietrich 
für das frühere Museum Godefiroy in West- 
Australien gesammelten Compositen, 3 S. 


Dr. F. W. Klatt. Die von Herrn Dr. Fischer 1884 
und Herrn Dr. Fr, Stuhlmann 1833/89 in Ostafrika 
gesammelten Gräser. 4S. 

Dr. F. W. Klatt. Die von Herrn E. Uhle in Estado 
de Sta. Catharina (Brasilien) gesammelten Com- 
positen, 58. 


1892. 


Erste Hälfte. 


I. Mittheilungen aus dem botanischen Museum. 


1. Dr. W. Fischer in Bergedorf. Weitere Beiträge zur 
Anatomie und Histologie des Sipuneulus indieus 
Peters. 125. mit 1 Tafel. x 

2. F. Koenike in Bremen. Die von Herrn Dr. F.Stuhl- 
mann in Ostafrika gesammelten Hydrachniden des 
Hamburger Naturhistorischen Museums. 55 S. mit 

3 Tafeln. 


il. Beiheft in 4° mit einer Karte, 2 Textfiguren und 7 Tafeln: A. Voller, 


3. Dr. Georg Pfeffer, Ostafrikanische Reptilien und 
Amphibien, gesammelt von Herrn Dr. Fr. Stuhl- 
mann im Jahre 1888 und 1889. 37 S. mit 2 Tafeln 
Abbildungen. 

4. Dr. Anton Reichenow. Die von Heırn Dr. Fr. 
Stuhlmann in Ostafrika gesammelten Vögel. 
27 S. 


Das Grundwasser in Hamburg. I. Heft, 


X. Jahrgang. 1892. 
Zweite Hälfte. 


A. Mittheilungen aus dem botanischen Museum. 72. Er GR Kohl in Wien. Hymenopteren von 
1. Prof. Dr. R. Sadebeck. Die parasitischen Exoaseeen. | 13 Su ee AL 


' 3. Dr. Gustav Mayr. Formiciden von Herrn Dr. Fr, 
Stuhlmann in Öst-Afrika gesammelt. 9-8. 


Eine Monographie. 110 S. mit drei Doppel-Tafeln. 5 
4. V. v. Röder, Hoym in Anhalt. Dipteren von Herm 
5 


Dr. €. Brick. Über Nectria einnabarina(Tode)Fr. 148. 


3. Dr. F. W. Klatt. Berichtigungen zu einigen von 
€. G. Pringle in Mexiko gesammelten Com- 
positen. 4 S. 


Do 


Dr. Fr. Stuhlmann in Ost-Afrika gesammelt. 48, 

. Dr. Arnold Pagenstecher in Wiesbaden. Lepidop- 
teren, gesammelt in Ost-Afrika 1888/39 von Dr. Franz 
Stuhlmann. 56 8, 


BSH ellUn genFaus" dei, natimliletunlkonenBUBEIm: 6. Dr. Alexander Tornquist in Strassburg. Fragmente 

1. Dr. Georg Pfefler. Ostafrikanische Fische, ge- | einer Oxfordfauna von Mtaru in Deutsch-Ostafrika, 
sammelt von Herm Dr. F. Stnhlmann im Jahre nach dem von Dr. Stuhlmann gesammeltenMaterial, 
1888 und 1889. 49 S. mit 3 Tafeln. 26 S. mit 3 Tafeln. 


©. Prof. Dr. Adolf Wohlwill. Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 118 S. 


XI. Jahrgang. 1893. 


A. Dr. ‚7. 7. Reincke,. Die Cholera in Hamburg und Lucia Cozumalualpa (Guatemala) im Museum für 
ihre Beziehungen zum Wasser. 102 Seiten mit Völkerkunde. 15 Seiten mit 4 Tafeln. 

5 Abbildungen im Text und 7 Tafeln. y 
er ee | ©. Mittheilung aus dem Chemischen Staats-Laboratorium, 
B. Mittheilung aus dem Museum für Völkerkunde. | M. Dennstedt und €. Ahrens. Ueber das Hamburger 
Hermann, Strebel. Die Stein-Sculpturen von Santa | Leuchtgas. 33 Seiten. 

Hierzu 1) ein Beiheft in S° mit 3 Tafeln: K. Kraepelin. Revision der Seorpione, II. Scorpionidae und Bothriuridae; 
2) ein Beiheft in 4° mit 3 Tafeln: A. Voller. Das Grundwasser in Hamburg. 2. Heft. 


XI. Jahrgang. 1894. 

A. Mittheilungen der Sternwarte. | den Eintritt hochgespannter Ströme in Schwach- 
1. Prof. @. Rümker. Positionsbestimmungen von Nebel- strom-Leitungen, bei Berührung mit elektrischen 

flecken und Sternhaufen. Ausgeführt auf der Ham- Strassenbahn-Leitungen. 12 Seiten. 
burger Sternwarte in den Jahren 18711880. 62 8. | ©, Mittheilung aus dem Chemischen Staats-Laboratorium. 
2. Dr. Carl Stechert. Bahnbestimmung des Planeten | a, Dennstedt & C. Ahrens. Wie ist das Verhält- 
(258) Tyche. 41 Seiten. ' nis der Schwefligen zur Schwefelsäure in den 
B. Mittheilungen aus dem Physikalischen | Verbrennungsprodueten des Leuchtgases? 11 Seiten 

| 


Staats-Laboratorium. DIR FaEE Sl: 


m er a ER NE OR , D. Dr. Eimil Wohlwilt: Galilei betreffende Handschriften 


instrumente durch elektrische Strassenbahnströme, | _ der Hamburger Stadtbibliothek. 77 Seiten. 

und deren Verhütung. Mit einer Planskizze und | E.Dr. Karl Hagen. Holsteinische Hängegefässfunde 

zwei Curventafeln. 13 Seiten. | der Sammlung vorgeschichtlicher Altertümer zu Ham- 

A. Voller. Versuche über die Schutzwirkung | burg. 15 Seiten nit 6 Abbildungen im Text und 

von Holzleisten und Stanniol-Sicherungen gegen | 4 Tafeln. 

Hierzu 1) ein Beiheft in 8°, enthaltend: 
1. Dr. V. Vevra: Die von Herrn Dr. F. Stuhlmann gesammelten Süsswasser-Ostracoden 
Zanzibar's. Mit 52 Abbildungen im Texte. 2. W. Bösenberg und Dr. H. Lenz: Ost- 
afrikanische Spinnen, gesammelt von Heryn Dr. F. Stuhlmann in den Jahren 1888 und 1889. 
Mit 2 Tafeln. 3. Prof. Dr. P. Kramer: Ueber zwei von Herrn Dr. F. Stuhlmann in 
Ostafrika gesammelte Gamasiden. Mit 1 Tafel. 4. A. D. Michael: Ueber die auf Süd- 
Georgien von der deutschen Station 15%2—1883 gesammelten Oribatiden. Mit 1 Abbildung im 
Texte. 5. Prof. Dr. K. Kraepelin: Nachtrag zu Theil I der Revision der Scorpione. 6. Prof. 
Dr. R. Latzel: Myriopoden aus der Umgebung Hamburgs. Mit 2 Abbildungen im Texte. 
7. Prof. Dr. R. Latzel: Beiträge zur Kenntnis der Myriopodenfauna von Madeira, den 
Selvages und den Canarischen Inseln. Mit 5 Abbildungen im Texte. 8. S. A. Poppe und 
A. Mraäzek.: Entomostraken des Naturhistorischen Museums in Hamburg: 1. Die von Herrn 
Dr. F. Stuhlmann auf Zanzibar und dem gegenüberliegenden Festlande gesammelten Süss- 
wasser-Copepoden. Mit 2 Tafeln. 2. Entomostraken von Süd-Georgien. Mit 1 Tafel. 
ER en Herrn Dr. H. Driesch auf Ceylon gesammelten Süsswasser- Entomostraken. 
Mit afel. 
2) ein Beiheft in 4° mit 9 Tafeln: A. Voller. Das Grundwasser in Hamburg. 3. Heft. 


XIII. Jahrgang. 1895. 


A. Prof. Dr. Adolf Wohlwill: Zur Geschichte des | C. Mittheilung aus dem Physikalischen Staats- 
Gottorper Vergleichs vom 27. Mai 1768. 42 Seiten. | Laboratorium. 


B. Mittheilung aus dem Museum für Kunst und Gewerbe. A. Voller. Mittheilungen über einige im Physikal. 
Dr. Justus Brinekmann. Beiträge zur Geschichte Staats-Laboratorium ausgeführte Versuche mit 
der Töpferkunst in Deutschland (1. Königsberg in | Röntgenstrahlen. 17 Seiten mit 7 Tafeln. 
Preussen, 2. Durlach in Baden). 35 Seiten. | 

Hierzu 1) ein Beiheft in 8°, enthaltend: 
1. Prof. Dr. €, Chun: Beiträge zur Kenntniss ostafrikanischer Medusen und Siphonophoren 
nach den Sammlungen Dr. Stuhlmanns. Mit 3 Abbildungen im Texte und 1 Tafel. 
2. Dr. Graf Altems: Beschreibung der von Dr. Stuhlmann in Ostafrika gesammelten 
Myriopoden. Mit 1 Tafel. Dr. @. Pfeffer: Ostafrikanische Echiniden, Asteriden und 
Ophiuriden, gesammelt von Herrn Dr. F. Stuhlmann im Jahre 1888 und 1859. Prof. Dr. 
K. Lampert: Die von Dr. Stuhlmann in den Jahren 1883 und 1889 an der Ostküste Afrikas 
gesammelten Holothurien. Mit 4 Abbildungen im Texte, Dr. de Man: Ueber neue und 
wenig bekannte Brachyuren des Hamburger und Pariser Museums. Mit 3 Tafeln. Prof. Dr. 
K. Kraepelin: Neue und wenig bekannte Seorpione. Mit 1 Tafel. Dr. €. Schäffer: Die 
Gollembola der Umgebung von Hamburg und benachbarter Gebiete. Mit 4 Tafeln. Prof. Dr, 
K. Kraepelin: Phalangiden aus der Umgebung Hamburgs. B 
2) ein Beiheft in 4% mit 6 Tafeln: A. Voller. Das Grundwasser in Hamburg: 4. Heft. 


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Gedruckt bei Lütckg & ‚Wulff, E. H. Senats Buchdruckern. 


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