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Jahrbuch
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XXVII. Jahrgang.
1910.
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I. Hamburgisches Kolonialinstitut.
Bericht über das zweite Studienjahr 1909/10. .
Bericht über das dritte Studienjahr 1910/11.
II. Die wissenschaftlichen Vorlesungen. Ostern 1910 bis Ostern 1911.
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Hamburg 1911.
-Kommissionsverlag von Lucas Gräfe & Sillem.
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XXVII. Jahrgang.
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Inhaltsverzeichnis.
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I. Hamburgisches Kolonialinstitut.
Bericht über das zweite Stırdienjahr: 1909/1082. 2% 2232.20 u. 08. 1—134
Bericht über das dritte Studienjahr 1910/11 .................. ..„ 135—230
II. Die wissenschaftlichen Vorlesungen. Ostern I9i0 bis Ostern
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Ill. Jahresberichte der Wissenschaftlichen Anstalten.
ERS tasiBirllathelelr. 2: Sa ee 3— 27°
DR Museums Fürs Völkerkunde ar nee 25— 40
3. Museum für hamburgische Geschichte. ...................». ... 41 5l
A Stermpwartern Bereelort > rer en 52— 67
25, Physikalisches Stastslaboratorium:.. 22... ru... enmsnsrn 68— 73
ba Chemisches-Stastslaboraberium. A. 0a ee ne 13— 91
7. Mineralopiseh-Geologisches Instituten. a... een 92—102
SANALUrhIstorischen Mike... ee era ehn aeaa 103— 116
9%. Museum für Kunst und-Gewerbe ... N... 0.22 nel. 117— 224
10. Botanische Staatsinstitute...... ARE. 5 war 225—250
Bericht über die Tätigkeit des Laboratoriums für Warenkunde
für die Zeit vom 1. Juli 1910 bis 30. Juni 1911 (zugleich
XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samen-
XIII. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzen-
schutz für die Zeit vom 1. Juli 1910 bis 30. Juni 1911... 312—837
Appendix. Index Seminarii Horti Botanici Hamburgensis 1910 353—360
Hamburgisches Kolonialinstitut.
Reden
von Professor Dr. @. Thilenius und Professor Dr. K. Rathgen
bei der Feier der Übergabe des Vorsitzes im Professorenrat.
Bericht über das zweite Studienjahr.
Wintersemester 1909/10 — Sommersemester 1910.
Erstattet von
Professor Dr. @. Thilenius,
Vorsitzendem des Professorenrats,
und
Geheimem Regierungsrat Dr. Stuhlmann,
Generalsekretär der Zentralstelle.
Inhaltsverzeichnis
Seite
Reden von Professor Dr. G. Thilenius und Professor Dr. K. Rathgen bei der
Feier der Übergabe des Vorsitzes im Professorenrat
Rückblick auf die beiden ersten Studienjahre, erstattet von Dr. G. Thilenius,
Brotessersder Volkerkunders eu .,7.%. 0 a ee 5
Die Besiedelung der deutschen Kolonien. Rede, gehalten von dem Vor-
sitzenden des Professorenrats, Dr. K. Rathgen, Professor der National-
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Bericht über das zweite Studienjahr
1. Allgemeines
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VEröttentlichuns en ee see. 34
Teilnahme an Versammlungen, auswärtige Besuche usw................ 35
2. Hochschule
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Wissenschaftliche Anstalten und Seminare . ..... u. cu... unse 40
em ODE An N a De N ee ER a N 44
(Vorlesungen des Wintersemesters 1909/10 8. 49,
“ „ Sommersemesters 1910 .. 52)
Übersicht über den Lehrstoff des zweiten Studienjahres (Berichte der
A ET N I 55
Statistik über den Besuch der Vorlesungen. ..........2:.....u... zuu.: 54
ERNIONOSATDEIHEN Are ee ee ee a ed ans het tote)
EISRER OR EIOSPITHDERHL FA 0 a a ee en ne rlens s9
Feier der Übergabe des Vorsitzes im Professorenrat ........-......... 91
3. Zentralstelle
Allgemeines über die Tätigkeit im Berichtsjahre...................... 92
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Rückblick
auf
die beiden ersten Studienjahre
Dr. G. Thilenius,
Professor der Völkerkunde.
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Hochansehnliche Versammlung!
Zum ersten Male seit der Errichtung des Hamburgischen Kolonial-
instituts finden wir uns heute zur Feier des Amtswechsels ein, und der
scheidende Vorsitzende des Professorenrats hat das ehrenvolle Vorrecht,
Sie, hochverehrte Gäste, im Namen unserer Körperschaft zu begrüßen
und die öffentliche Verkündigung des erfolgten Wechsels durch einen
Bericht über seine Amtszeit einzuleiten.
Noch ist es zu früh, um von Erfolgen des Unterrichts zu sprechen.
Unsere Hörer und Hospitanten, die in der Heimat tätig sind oder bereits
in den Kolonien oder anderen überseeischen Gebieten arbeiten, haben uns
freilieh manches Wort des Dankes für ihre Ausbildung gesagt und die
Vorteile betont, die sie von dem Unterrichte hatten; allein auch sie
werden erst Erfahrungen sammeln müssen, ehe unsere Arbeit reife Früchte
trägt, erst die Zeit wird darüber entscheiden, wie viele unserer Schüler
die Begabung besitzen, die sich nicht lehren läßt und doch die Voraus-
setzung der richtigen Anwendung des erworbenen Wissens ist.
Die Lehrtätigkeit des Kolonialinstituts bietet überall das Bild kräftiger
Entwieklung. Äußerlich erscheint sie in der Vermehrung der Dozenten
von 34 auf 47 und in der Steigerung der Besuchsziffer von 102 im ersten
auf 191 im vierten Semester; insgesamt beträgt die Zahl unserer Hörer
und Hospitanten bisher 475. Bedeutsam ist die innere Entwicklung.
Sie findet zunächst ihren Ausdruck in der Gestaltung der Vorlesungs-
verzeichnisse. In dem ersten sind die Vorlesungen aneinandergereiht
und nach herkömmlichen Normen durch Absätze getrennt. Das Verzeichnis
des letzten Semesters ordnet sie in fünf Gruppen (Geschichte, Rechts-
und Staatswissenschaften; Kolonialwirtschaft und angewandte Natur-
wissenschaften; Landes- und Völkerkunde; Hygiene; Sprachen) und stellt
den Vorlesungen den Unterricht in technischen Hilfsfächern und in körper-
lichen Fertigkeiten gegenüber. Die Gruppierung spricht am besten dafür,
daß die neue Orientierung des Unterrichts, das Ineinandergreifen und
Zusammenarbeiten, erreicht sind.
Die Vermehrung der Vorlesungen von 17 auf 54 erfolgte nach den
Bedürfnissen des Unterrichts ebenso wie nach denen der Hörer und
Hospitanten. Eine und die andere Vorlesung mußte in Parallelkursen
gelesen werden, weil der Andrang zu groß war; einzelne Vorlesungen
8 Haiburgisches Kolonialinstitut.
wurden neu aufgenommen, um die erheblichen Lücken in der Vorbildung
der Hörer auszufüllen, die zumal auf dem rechtlichen, dem naturwissen-
schaftlichen und technischen Gebiete hervortraten. Besonders ausgebildet
wurde indessen zunächst der Sprachunterricht. Im ersten Semester ist
nur je eine Einführung in das Suaheli und das Chinesische angekündigt
worden, in den beiden letzten Semestern wurden 11 Sprachen gelehrt:
Suaheli, Duala, Chinesisch, Japanisch, Arabisch, Türkisch, Neugriechisch,
Englisch, Französisch, Portugiesisch, Spanisch. Es sollte den Kaufleuten
und anderen Personen, die in diese Sprachgebiete hinausgehen, die
Möglichkeit geboten werden, sich vom Anfang ihrer praktischen Tätigkeit
an unabhängig zu halten von Dolmetschern und anderen vermeidbaren
Mittelspersonen.
Ein zweites Gebiet, das ausgebaut wurde, ist das des wirtschaft-
lichen Unterrichts. Die Vorlesungen über Kolonialwirtschaft und ange-
wandte Naturwissenschaften haben die Zahl 20 erreicht, und von diesem
Semester ab wird es für den Landwirt, mag er sich der Tierzucht oder
dem Pflanzenbau zuwenden, möglich sein, nach Beendigung seines prak-
tischen Jahres die volle Ausbildung am Kolonialinstitut zu erwerben,
und dies nicht nur für die Kolonien, sondern für jedes tropische oder
subtropische Land.
Die Entwicklung des wirtschaftlichen und des Sprachunterrichts
ist ein weiterer Schritt auf dem Wege, der bereits durch die Errich-
tung der Professuren für Geschichte und Kultur des Orients, für afri-
kanische Sprachen und für Geschichte und Kultur Östasiens eingeschlagen
wurde: Der Unterricht soll sich auch an Hörer wenden, deren Ziel ein
fremdes überseeisches Land ist, denn eine Beschränkung des Unterrichts
auf die deutschen Kolonien ist unmöglich, und stets sind die Verhältnisse
und Erfahrungen der gleichartigen fremden Gebiete eingehend zu berück-
sichtigen. Die am Kolonialinstitut neu geschaffenen Professuren sind
aber auch ein Ausdruck dafür, daß der Unterricht bei aller Rücksicht
auf die Praxis eine wissenschaftliche Grundlage hat, das Können und
die Allgemeinbildung fördern soll und darauf verzichtet, die Hörer
handwerksmäßig auszubilden.
Die wissenschaftliche Betätigung des Lehrkörpers nach außen tritt
in den Veröffentlichungen des Kolonialinstituts hervor. Neu begründet
wurden die in zwangloser Form erscheinenden „Abhandlungen des
Hamburgischen Kolonialinstituts“, ferner mit Unterstützung der Hambur-
gischen Wissenschaftlichen Stiftung die beiden Zeitschriften „Der Islam“
und „Zeitschrift für Kolonialsprachen“.
Mit Genugtuung dürfen wir die Beziehungen nennen, die das
Kolonialinstitut trotz der Kürze seines Bestehens zu auswärtigen und
ausländischen Körperschaften gewonnen hat. Durch den General-
Hamburgisches Kolonialinstitut. 9
sekretär der Zentralstelle und die jeweils fachverwandten Dozenten
wurde das Institut bei einer ganzen Reihe von Sitzungen und Versamm-
lungen außerhalb Hamburgs vertreten; die Herren Professoren Dr. Rathgen
und Dr. Becker wurden zu Vorträgen in Brüssel, Paris, dem Haag
eingeladen; vier Mitglieder des Kolonialinstituts wurden zu verschiedenen
Zeiten in das Institut eolonial international gewählt. Die Beachtung, die
das Ausland uns schenkt, sprieht sieh darin deutlich aus und nieht minder
in dem Besuche eines Beamten des englischen Kolonialamts, der sich
eingehend über unsere Organisation und den Unterricht orientierte.
Das Kolonialinstitut und die ihm angeschlossenen Wissenschaftlichen
Anstalten erfreuten sich von Anfang an der besonderen Förderung
durch das Reichskolonialamt. Wir richten unseren Dank an den
damaligen Staatssekretär Herm Dernburg für das Verständnis und
Wohlwollen, das er unseren Wünschen und Bestrebungen entgegenbrachte,
und heute bekundet das Reichskolonialamt sein Interesse an der Entwick-
lung unseres Instituts durch die Anwesenheit des Unterstaatssekretärs
Herın Dr. Böhmer bei unserer Feier. Wertvolle Beziehungen be-
stehen zu den Gouvernements, die wissenschaftliches und Unterrichts-
material durch Vermittlung der Zentralstelle einsandten und auf dem
gleichen Wege eine nicht unbedeutende Zahl von Gutachten meist über
wirtschaftliche Fragen erbaten. Wir hoffen, daß diese Beziehungen
sich weiter entwickeln werden zum Vorteile der Kolonien, an deren
Erschließung das Kolonialinstitut jederzeit mitzuwirken bereit ist, zum
Besten auch des Unterrichts und der wissenschaftlichen Forschung.
Blicken wir auf die seit der Eröffnung verflossenen beiden
Jahre zurück, auf die stets wachsende Zahl von Gutachten, die die
vom Kaufmännischen Beirat unterstützte Zentralstelle an Behörden und
Private zu erteilen hat, auf die Entwicklung der Hochschule, auf den
zunehmenden Einfluß, den das ganze Institut gewinnt, so sind wir uns
bewußt, daß dieser Aufstieg nicht möglich gewesen wäre ohne die Auf-
wendung erheblicher Mittel. Senat und Bürgerschaft darf ich heute
öffentlich den Dank des Kolonialinstituts sagen für ihre Munifizenz,
den beiden Instanzen, die jederzeit die Pläne des Professorenrats ver-
ständnisvoll förderten. Ebenso zu danken haben wir der Hamburgischen
Wissenschaftlichen Stiftung, die so wesentlich zur Begründung und
Ausgestaltung des Instituts beitrug.
Eines Umstandes dürfen wir heute besonders gedenken: Das Kolonial-
institut hat kräftige Wurzeln geschlagen in Hamburg, und so jung
die neue Hochschule ist, so groß und allgemein sind die Sympathien,
die sie an ihrem Sitze findet. Dem flüchtigen Blicke mögen die Vorzüge
der neuen Einrichtung als ausreichender Grund dafür erscheinen. Allein
es ist eine alte psychologische Erfahrung, daß auch der größte innere
10 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Wert niemals ausreicht, daß eine der wichtigsten Voraussetzungen für
den Erfolg vielmehr in der Disposition zur Aufnahme besteht. So lag
auch in Hamburg ein wesentliches Moment in der allgemeinen Stimmung,
die den Gedanken eines Kolonialinstituts als etwas Selbstverständliches
aufnahm. Im dieser Stimmung wirken die Bestrebungen nach, die seit
mehr als zwei Menschenaltern auf eine hamburgische Hochschule
abzielten und einst in den Worten gipfelten: „Wir wollen etwas Ordent-
liches, Tüchtiges schaffen.“ Broschüren und Zeitungen aus der Zeit von
etwa 1845 an lassen uns das Fundament erkennen, auf dem heute das
Kolonialinstitut ruht. Schon vor Jahrzehnten waren sich viele Klar
darüber, daß — wie es in einer anonymen Broschüre heißt — „auch die
erfolgreichste geschäftliche Tätigkeit doch nur Wert hat, wenn ihre oberste
Spitze in Geist ausläuft“. Man wollte die großen Reichtümer Hamburgs
an wissenschaftlichem Material nutzbar machen, und dieses Material sollte
in Hamburg selbst verarbeitet werden. Man will nicht „Kärrmer und
Handlanger deutscher Kultur“ sein, sondern selber in Geist umsetzen,
was man an Werten nach Deutschland schafft. Die Hochschule, die man
erstrebt, soll dem deutschen Typus nachgebildet sein, aber ein der Eigenart
Hamburgs entsprechendes Gepräge erhalten. Man erörterte um 1845,
welchen Vorteil für Deutschland eine Hochschule in Hamburg bringen
könnte, und die weitere Frage, welchen Vorteil Hamburg selbst von
seiner Hochschule haben würde, fand als Antwort den Wunsch — ich
zitiere wieder — „nach Vermehrung der Intelligenz, welche auf alle und
jede Verhältnisse im Staat, wenn auch oft unmerkbar, doch immer un-
fehlbar zurückwirkt“. Man beurteilt den Plan der Hochschule politisch:
die Studierenden werden dazu beitragen, „die schiefen und vorurteilsvollen
Vorstellungen“ über Hamburg zu zerstreuen; es werden die Vorzüge
auseinandergesetzt, die den Beamten und gelehrten Berufen, dem großen
Publikum erwachsen müssen; man überlegt endlich, welche erheblichen
(eldbeträge durch die Studierenden nach Hamburg getragen werden,
welche Vorteile Grundeigentümer und Handwerker von einer Hochschule
haben würden.
In den folgenden Jahren der Kulturarmut schlummern die Hoch-
schulpläne; der Entwurf einer eigenartigen Akademie, der um 1873
entstand, scheiterte wohl an seiner inneren Schwäche.
Um die Jahrhundertwende verstärken sich wieder die Bemühungen.
Es gelang indessen nicht, für die deutsche Hochschule eine der Eigenart
Hamburgs entsprechende Form zu finden, obgleich schon 1845 richtig
erkannt worden war, daß diese Eigenart in der Pflege der neueren
Sprachen, in den Beziehungen zu überseeischen Gebieten, der intensiven
Praxis auf dem Gebiete des Handels- und Seerechts, des Assekuranz-
wesens usw. liegt.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 14
Greifbare Erfolge sind allen diesen Bestrebungen versagt geblieben;
aber die Gedanken, von denen sie ausgingen, haben sich eben um ihrer
inneren Berechtigung willen erhalten und in dem Kolonialinstitut ihre
erste Frucht getragen. Eine hamburgische Hochschule ist errichtet
worden, die überseeisches Material wissenschaftlich verwertet und unter
ihren aus ganz Deutschland stammenden Hörern und Hospitanten zahl-
reiche Hamburger aufzuführen hat.
Das Kolonialinstitut konnte auch die Befürchtungen widerlegen,
die man einst in Hamburg gegen eine Hochschule hegte. Die kauf-
männischen Interessen haben nicht nur nicht gelitten, sondern sind gefördert
worden; Hamburg ist nicht zu teuer für Studierende, und seine Groß-
stadtluft hat noch keinen geschädigt. Die theoretischen Bedenken haben
ihre Erledigung &efunden wie vor hundert Jahren in Berlin, wo sie
ebenso auftauchten, wo man der Hochschule überhaupt entgegentrat oder
mit dem Plan eines phantastischen Gebildes antwortete, daß wir heute
Über-Universität nennen würden.
Bei allen Vorzügen des Kolonialinstituts wird indessen niemand
seine Schwächen leugnen. Wenn wir in den alten immer wiederkehrenden
Hochscehulgedanken den gesunden Baugrund unseres Kolonialinstituts
dankbar erkennen, so müssen wir uns auch erinnern, daß diese Hoch-
schulgedanken einst der Notwendigkeit entsprangen, das Akademische
Gymnasium vor dem Untergange zu bewahren. Wir müssen aner-
kennen, daß man es zu erhalten suchte; aber die Mittel, die man vor-
schlug, entsprangen Überlegungen, die die wesentlichen Gesichtspunkte
nicht zu finden oder doch nicht zur Geltung zu bringen vermochten. Wohl
forderten einzelne den Ausbau des Gymnasiums zu einer Anstalt, die zur
Aneignung allgemeiner Bildung dienen sollte, zu Fakultätsstudien und —
wie es wörtlich heißt — „zum Studium solcher Wissenszweige, die den
Fakultätsstudien nicht zugezählt werden, denselben aber gleich zu achten
sind“. Man überhörte diese Stimmen, die von den inneren Bedürfnissen der
Anstalt selbst sprachen, und blieb in Erwägungen äußerlicher Art stecken.
Und doch bedarf eine Hochschule zwar ganz bestimmter äußerer Voraus-
setzungen, aber ihr Gedeihen und ihre Entwieklung hängen von inneren
Notwendigkeiten ab. Überraschend viel von dem Inhalte der alten
Zeitungen und Flugschriften erscheint noch heute gültig, wenn man
ihn an der Entstehungsgeschichte des Kolonialinstituts oder an den
Erfahrungen mißt, die die ersten Studienjahre brachten. Es wird die
Aufgabe der Zukunft sein, die alten Versuche und Gedanken zu nutzen;
die Gegenwart sieht m dem Kolonialinstitut eine eigenartige boden-
ständige Schöpfung, die bereits auf eine Reihe von Leistungen zurück-
blicken kann, aber noch in mehr als einer Hinsicht des Ausbaues bedarf.
Im Frühsommer 1907 begannen die ersten Erwägungen, die schließlich
12 Hamburgisches Kolonialinstitut.
zu der Begründung des Kolonialinstituts und zu seiner Eröffnung am
20. Oktober 1908 führten. In diese Zeit und die beiden folgenden Jahre
fielen naturgemäß die Arbeiten an der ersten Organisation des Instituts;
möge es in der Amtszeit des zweiten Vorsitzenden seine Konsolidierung
erhalten. Mit den besten Wünschen für ein ersprießliches Walten
ersuche ich nunmehr den am 15. Juni gewählten Vorsitzenden des
Professorenrats, den Professor der Nationalökonomie, Herım Dr. Rathgen,
seine Amtszeit durch die Antrittsrede in feierlicher Weise zu eröffnen.
Die Besiedelung
der deutschen Kolonien.
Rede
gehalten von dem Vorsitzenden des Professorenrats
Dr. K. Rathgen,
Professor der Nationalökonomie.
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Lieber Herr Kollege!
Ich danke Ihnen für die guten Wünsche, die Sie mir für eine
verantwortungsvolle Amtszeit mitgeben.
Wichtiger aber als dieser persönliche, ist der Dank, den ich Ihnen
namens der (Gresamtheit, die ich vertrete, auszusprechen habe.
Wenn unser junges Institut, aus vorher unzusammenhängenden
Stücken zusammengefügt, durch immer neue Anbauten erweitert, jetzt
in festen Formen in ein drittes Lebensjahr tritt, wenn es nach außen
eine geachtete Stellung einnimmt, dann wissen wir Kollegen alle, daß
ein hervorragender Anteil daran Ihrer unermüdlichen Hingabe und Ihrem
ÖOrganisationstalent zu danken ist. Aber nur der, welcher die zahlreichen
Fäden aufnehmen soll, die Ihre geschiekte Hand angesponnen hat, kann
ganz würdigen, wie groß die Arbeit war, von der Sie uns eben berich-
teten, wie zahlreich die Schwierigkeiten, von denen Sie uns nicht erzählt
haben. Und deshalb ist es mir eine willkommene Pflicht, bei dieser
ersten öffentlichen Amtshandlung Ihnen unseren Dank auszusprechen.
Hochansehnliche Versammlung!
Es ist akademischer Brauch, daß der, den das Vertrauen seiner
Kollegen für eine Zeit an die Spitze des Kollegiums stellt, bei Antritt
seines Amtes sich durch eine Rede einführe, deren Gegenstand dem Be-
reiche seiner Wissenschaft entnommen ist.
Dem Wunsche des Professorenrates, daß auch wir diesem Brauche
folgen, hatte ich mich zu fügen.
Zwei Wege gibt es für solchen Festesbrauch. Für den Redner
selbst wäre wohl meist der angenehmste, irgend einen recht speziellen
Gegenstand zu behandeln, dem zurzeit seine wissenschaftliche Liebe ge-
hört, weil er Neues darüber sagen zu können glaubt. Aber die Gefahr
wäre groß, da Liebe blind macht, daß der Redner sich über die An-
ziehungskraft seines Gegenstandes täuscht. Da ist es doch wohl besser,
den anderen Weg zu gehen und an solchem festlichen Tage einem der
sroßen zentralen Probleme der eigenen Wissenschaft sich zu widmen,
auf die Gefahr hin, daß schon Gesagtes noch einmal gesagt werde.
Wenn ich über die Besiedlung der deutschen Kolonien zu
Ihnen sprechen möchte, so ist das in der Tat das eigentliche Zentralproblem
unserer Kolonialpolitik. Und wenn man mir sagen würde, daß dieses
Thema eben erst auf dem Kolonialkongresse von allen Seiten her be-
handelt sei, so ist mir das gerade der Anlaß, heute davon zu sprechen,
16 Hamburgisches Kolonialinstitut.
wie man auch in Zukunft davon immer weiter sprechen wird. Und mir
scheint, daß es lohnt, nach jener wichtigen Tagung nicht bloß die Summe
aus dem dort Verhandelten zu ziehen.
Auch einige weitere volkswirtschaftliche und soziale Betrachtungen
dürften noch am Platze sein. Denn nur von solchen will ich sprechen
bei einem so umfassenden Problem, bei dem der Arzt und der Natur-
forscher, der Landwirt und der Techniker ebenso zu Worte kommen
müssen wie der Historiker und der Geograph, der Ethnograph und der
Jurist. Auch vom Standpunkt meiner Wissenschaft aus können an dieser
Stelle nur einige Punkte beleuchtet werden, einige Voraussetzungen und
Folgerungen für die Aufgaben der Gegenwart.
I.
Wie überall, wo Forderungen der Tagesmeinung die wissenschaftliche
Erkenntnis stören, ist auch in den Fragen der Besiedlung der Kolonien
die Diskussion oft zu sehr beherrscht gewesen von unklaren Wünschen
und vorgefaßten „Meinungen, welche die Dinge meistern wollen, statt zu
fragen, ob hier etwa neue Probleme vorhanden sind, die mit den Mitteln
unserer früheren Kenntnisse nicht zu erledigen sind.
Denn so liegt es tatsächlich auf weiten Gebieten der Kolonialpolitik,
daß wir viel zu sehr unter dem Einfluß früherer Zustände und Vor-
stellungen stehen und uns nieht genügend klarmachen, daß wirtschaft-
liche und technische Voraussetzungen sich gewandelt haben, und dab
überall die neue Kolonialära uns vor neue Aufgaben, auch der Wissen-
schaft, gestellt hat.
Die ältere Kolonialwissenschaft, soweit sie nicht rein historisch
war, hatte in erster Linie ihr Interesse den Kolonien zugewendet, die
in Ländern gemäßigter Zone durch rein weiße Besiedlung entstanden
waren. Sie beschäftigte sich allenfalls noch mit den Aufgaben, die sich
aus der kolonialen Beherrschung alter Kulturländer wie Indiens ergaben.
Aus den anderen Tropenkolonien kannte sie eigentlich nur das Problem
der Negersklaverei und ihrer Folgen. Aber sie beschäftigte sich noch
nicht mit den schwierigen Aufgaben, die daraus entstehen, daß sich
Weiße zwischen einer freien, lebensfähigen farbigen Bevölkerung an-
siedeln. Die Sache war ja bis dahin einfach genug gewesen. In Nord-
amerika und in Australien hatte man mit den Eingeborenen auch das
Problem totgeschlagen.
In Afrika aber stehen wir lebensfähigen eingeborenen Völkern
gegenüber, und selbst in der Südsee ist der Untergang der Eingeborenen
vielleicht doch kein unabwendbares Naturgesetz. Das allein schon stellt
die europäische Kolonialpolitik vor neue Aufgaben. Das weiß jedermann,
aber die Konsequenzen daraus zu ziehen, ist nicht jedermanns Sache.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 17
Wie die Gegenden der Kolonisation, sind auch ihre wirtschaftlich
technischen Voraussetzungen andere geworden. Nichts hat die Welt-
wirtschaft so umgestaltet, wie die veränderte Verkehrstechnik. Jeder
weiß, wie Dampfschiff, Eisenbahn und Telegraph den Erdball verkleinert,
die Menschen beweglicher gemacht haben. Aber wir machen uns nicht
immer genügend klar, wie damit auch alle Voraussetzungen der Besiedlung,
namentlich tropischer Gebiete, umgestaltet sind.
Das Institut Colonial International, das gegenwärtig eine Unter-
suchung über die Lebensfähigkeit der weißen Rasse in den Tropen ver-
anstaltet, setzt an die Spitze seines Arbeitsplanes den Satz: daß die
Erfahrungen mitfrüheren Kolonisationsversuchen wegen der Umgestaltung
unserer hygienischen Kenntnisse und Einrichtungen nicht mehr maßgebend
seien. Das gilt aber in gleichem Maße von den wirtschaftlichen Voraus-
setzungen der weißen Besiedlung. Eine so isolierte Fortexistenz von
Siedlungen, wie sie früher vorkam, ohne Nachschub und Blutauffrischung,
ohne Absatz nach außen und Anregung von außen, ist heute nicht mehr
denkbar.
Was aber von der Verkehrstechnik gilt, trifft nicht minder zu für
die veränderte Organisation des Kapitals und der Unternehmungsformen.
Und noch eines ist gerade von der deutschen Besiedlung zu sagen:
unsere ganze Kolonialbewegung ist m ihren Anfängen aus dem tiefen
Eindruck erwachsen, den die deutsche Massenauswanderung hervorrief.
Wie kann diese Auswanderung dem deutschen Volkstum erhalten werden ?
war die leidenschaftliche Frage der Patrioten. Aber diese Massenaus-
wanderung existiert nicht mehr. Unsere Kleinbauern und Landarbeiter
ziehen nicht mehr in Massen nach den Vereinigten Staaten. Wer dort
noch hingeht, ist fast immer durch persönliche Beziehungen zu bereits
dort Wohnenden geleitet. Für den Arbeiter ist heute Deutschland
kein Aus-, sondern ein Einwanderungsland. Heute geht der wirtschaft-
lich wichtige Teil unserer Auswanderung aus dem Mittelstande hervor.
Kaufleute, Ingenieure, Landwirte, Angehörige der freien Berufe suchen
draußen Lebensbedingungen, die minder beengt sind als daheim, und
ungleich den früheren Auswanderern haben sie meist nicht die Absicht.
das Band endgültig zu zerschneiden, das sie mit der Heimat verknüpft.
Und eben jene Leichtigkeit des Verkehrs, von der ich sprach, hält sie
in Verbindung mit dem Mutterlande. Also auch hier ein großer Wandel:
nicht schmerzlicher Kräfteverlust, sondern erfreulicher Kraftüberschuß,
der nach Betätigung sucht.
Das also sind die neuen Grundlagen für das Problem der Besiedlung
unserer Kolonien. Und aus dem Wirrsal veralteter Vorstelluneen und
unklarer neuer Wünsche tauchen die Umrisse der uns noch neuen
Wirklichkeit auf.
18 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Während wir diskutieren, gehen die Dinge ihren eigenen Lauf.
Wir sprachen von Ackerbaukolonien, und es zeigt sich, daß Afrika
das große Land der Viehzucht ist, nicht bloß im subtropischen Süd-
westen, auch in den weiten Hochgebieten der Tropen, höchst erfreulich
in einer Zeit, in der wachsende Volkszahl und wachsender Wohlstand
und Verschiebungen in den Ernährungsgewohnheiten den Verbrauch
von Fleisch und Fetten über die Leistungsfähigkeit der bisherigen
Produktionsgebiete zu steigern drohen.
Wir dachten an die Gewinnung von Kolonialwaren im herkömm-
lichen Sinne, und statt ihrer liefern uns die Kolonien vor allem gewerb-
liche Rohstoffe, tierische wie pflanzliche, und geben so die Antwort an
jene Nationalökonomen der bleichen Sorge, die uns mit der Frage
ängstigen wollen: Woher sollen die Rohstoffe für den wachsenden
Bedarf der Weltindustrien kommen?
Wir fragten uns, wie wir Menschen in unsere Besitzungen bringen
sollten und wohin, und wir sehen, wie, über die Organisationsbestrebungen
der Kolonialfreunde und einer vorsorglichen Regierung hinaus, wage-
mutige Männer den Kampf mit den Elementen aufnehmen. Selbst unter
der Tropensonne Ostafrikas, hinter dem Gürtel der rasch wachsenden
tropischen Pflanzungen tauchen solche Pioniere auf, halbnomadische
Buren, gewandte Griechen, zähe Schwaben aus Palästina sitzen an den
Hängen der Riesenvulkane, und selbst tief im menschenarmen Lande
jenseits des großen Grabens weidet zwischen Gnus und Antilopen ein
Deutscher seine Rinderherden.
Und schon ergeht sich wieder die patriotische Phantasie in loekenden
Vorstellungen.
Wie die weiten Prärien Nordamerikas mit Bauernansiedlungen
bedeckt sind, Hof an Hof, wie die australischen und argentinischen
Steppen die Heimat des Viehzüchters geworden sind, so sitzt in Südwest,
so in Ostafrika ein weißes Volk von Bauern und Viehzüchtern fest auf
der eigenen Scholle, mit Pflug und Schwert den Boden und unsere Herr-
schaft schützend gegen die schwarzen Massen ringsum, umringt von
Gefahren, Freiheit und Leben täglich sich erobernd. Eine herrliche
Vision wie die des alternden Faust, des Kolonisators, der, zwecklose
Kraft unbändiger Elemente niederwerfend, ein paradiesisches Land schaut.
Aber nicht dichterische Visionen dürfen uns fesseln, wir haben
es mit nüchterner Wirklichkeit zu tun. Wir müssen uns fragen, ob
solche Vorstellungen von Volkssiedlung im Reiche der Möglichkeit liegen.
IR
Das erste, worüber wir uns klar sein müssen, ist, daß die Vor-
aussetzungen für die Besiedlung unserer Schutzgebiete von der der
Hamburgisches Kolonialinstitut. 19
älteren Siedlungskolonien sich in einer Beziehung ganz unterscheiden.
Ich meine nicht die klimatischen oder gesundheitlichen Unterschiede.
Davon zu sprechen ist nicht meines Amts. Ich meine die eine große
Tatsache, die ich vorhin schon hervorhob, daß wir keine Schutzgebiete
haben, in denen der Weiße allein ist, daß unsere Kolonien, um den
treffenden Ausdruck Supans zu gebrauchen, Mischkolonien sind. Das
Neben- und Durcheinander der Eingeborenen, der fremden Farbigen,
der Mischlinge, der Weißen jeder Herkunft, dies bunte Bild, welches
das Auge erfreut und die Neugier des Touristen reizt: es zeigt auch
die Eigenart und die Schwierigkeiten der politischen, wirtschaftlichen,
sozialen Probleme unserer Kolonialpolitik.
Man mag noch so sehr sagen, Südwest soll weißen Mannes Land
sein. Tatsächlich ist die Unterschicht der Farbigen da. Wir haben
ihnen in der Hauptsache ihren Besitz genommen. Wir haben ihre
politische Organisation zertrümmert. Aber wir brauchen sie als Arbeiter.
Wir brauchen sie so sehr, daß man mit Recht heute fragt, ob es rein
vom Standpunkt des wirtschaftlichen Nutzens aus richtig war, sie zu
Tausenden in die Todessteppe zu treiben. Heute holt man Ovambos
und Kapjungen, um den Arbeiterbedarf zu decken. Daß der weiße
Siedler farbiges Gesinde habe, wird stets als selbstverständlich voraus-
gesetzt. Auf dem letzten Kolonialkongreß wurde von kundiger Seite
erklärt: Der Erfolg des Ansiedlers in Südwest hängt davon ab, ob er
mit den Eingeborenen umzugehen weiß. Das neueste Handbuch des
Emigrant’s Information Office über die Oranjekolonie sagt: Fast aus-
nahmslos zieht der Farmer die eingeborene der weißen Arbeit vor.
Erst recht ist das natürlich in den Tropen der Fall, auch abgesehen
von der eigentlichen Plantagenregion. Wo einheimische Farbige nicht
in genügender Zahl vorhanden sind, sucht man ja fremde Kulis heran-
zuziehen. Die weißen Siedler wirtschaften mit farbigen Arbeitern am
Meru und am Kilimandjaro so gut wie in den Baining-Bergen. Und
die, welche noch nicht in der Lage dazu sind, streben danach es zu
tun. Von den Hochlanden Kameruns (Dschang und Bamenda) hat der
(souverneur Seitz gesagt, daß auch dort der Weiße immer auf die Arbeit
der Eingeborenen angewiesen sein werde (Kol. Rundschau 1909, S. 322).
In bisher menschenleere Gebiete, wie sie östlich von den großen Vulkanen
Ostafrikas sich ausdehnen, werden die Siedler ebenso Farbige als
Arbeiter hineinziehen, wie sie es in gleicher Lage in der Kapkolonie
und im ÖOranjestaat getan haben. Vergeblich würde man versuchen, sie
daran zu hindern, um das Land als „weißes“ zu erhalten. Nur wo
Farbige in einem sonst weißen Lande nicht heimisch sind, kann man
solche Kulis ausschließen, eine „weiße Arbeiterpolitik” treiben, wie
jetzt im tropischen Teil von Queensland. Freilich hat dort das Verbot
DE:
E7
20 Hamburgisches Kolonialinstitut.
der Verwendung der Kanaken zur Folge, daß die Großbetriebe in Halb-
pachtbetriebe, zum Teil in chinesischen Händen, zerfallen, und daß
seit 1904/05 die Anbaufläche der wichtigsten Produkte zurückgeht,
während die arbeitsparende Viehwirtschaft zunimmt.') Wenn in Natal
der Ausschluß der indischen Kulis durchgesetzt würde, so kämen immer
noch neun Farbige auf einen Weißen.
Wo in Afrika die weiße Besiedlung zunimmt, vermehrt sich auch
die farbige Bevölkerung, ja deren Zunahme ist die Voraussetzung für
(das wirtschaftliche Gedeihen der Weißen, so daß diese gar nicht den
Wunsch haben, die Farbigen zu verdrängen.
Und ist nicht diese Anwesenheit der fremdrassigen Unterschicht
auch eine der psychologischen Grundlagen der Kolonisation? Was
lockt den Kolonisten und befriedigt ihn? Gewiß die Unabhängiekeit,
der freie Ellbogenraum, die eigene Scholle. Aber doch auch das Gefühl,
ein „Herr“ zu sein, der höheren Kaste anzugehören. Wer von uns, der
unter fremdrassigen Völkern gelebt hat, kennt dieses Gefühl nicht?
oder das Unbehagen, wenn man sieht, daß ein Weißer mit Farbigen
gemeinschaftlich gewöhnliche Handarbeit verrichtet?
In weiße Siedlungskolonien mit ihren hohen Löhnen wandert der
gewöhnliche Handarbeiter, dort kann er vorwärts Kommen. Vielleicht
mag er auch nach tropischen Gebieten gehen, wo keine oder keine
arbeitsfähige Eingeborenen-Bevölkerung vorhanden ist, obgleich nicht
bloß in Deutschland, sondern selbst vom englischen Emigrant’s Infor-
mation Office vor der Arbeit in den Zuckerpflanzungen Queenslands
eewarnt wird. Aber in tropische und subtropische Kolonien mit Ein-
geborenen soll der gewöhnliche Arbeiter nicht gehen. Durch die Kon-
kurrenz der farbigen Arbeiter wird er in seiner Lebenshaltung herab-
gedrückt. Man denke an die Notizen über die Deutschen in ‚Jamaika,
die kürzlich durch die Presse gingen. Und was ich bisher über die
Lage deutscher Arbeiter im tropischen Brasilien, in Petropolis, und
anderwärts gelesen habe, klingt unerfreulich genug. Der mittellose
Weiße, der auf gewöhnlichen Arbeitslohn angewiesen ist, findet keinen
Lohn, von dem er anständig leben kann, er kann sich vor den Wirkungen
des Klimas weniger schützen, er kann keine weiße Frau erhalten und
wird mit farbigen Weibern Mischlinge in die Welt setzen, die in Ver-
nachlässigung aufwachsen. Er ist in jeder Beziehung unerwünscht.
Nur wo das Lohnniveau der Eingeborenen schon stark gehoben
ist, kann es etwas anders sein, wie im Westen der Kapkolonie oder
') Seit 1904/05 Abnahme der Anbaufläche nicht bloß von Zucker (trotz der
Prämiierung des mit rein weißer Arbeit erzeugten), sondern auch von Reis, Kaffee,
Bananen, Arrowroot, Tabak, Wein und selbst von Weizen, Gerste und Mais. Abnahme
auch der Schweinehaltung.
Hamburgisches Kolonialinstitut. >
in Algier, wo der Spanier mit dem berberischen Wanderarbeiter zu-
sammen arbeitet und bei guten Akkordlöhnen sich durch Fleiß und
(senügsamkeit zum Gemüsebauern herauf arbeitet. Aber schon der
Franzose wird solche Arbeit meist verschmähen.
Hebt sich die Leistungsfähigkeit der Farbigen, so ist das für den
weißen Arbeiter in anderer Richtung verhängnisvoll. Dann kann er
aus Stellungen verdrängt werden, die er bisher inne hatte als qualifi-
zierter Arbeiter, als Vorarbeiter, als kleiner Angestellter. Das Interesse
des weißen Unternehmers, auch der öffentlichen Verwaltung, soweit sie
Arbeitgeber ist, geht nicht parallel mit dem des „kleinen Weißen“, wie die
Franzosen ihn nennen. Meist ist der Farbige billiger, fügsamer, weniger
anspruchsvoll. Reicht erst seine Geschicklichkeit aus, so tritt er an
die Stelle des Weißen als Schreiber, als Lokomotivführer und Maschinist,
als Vorarbeiter auf der Pflanzung und im Bergwerk. Und ähnlich geht
es bei den minder leistungsfähigen kleinen Handwerkern und Krämern.
Liegt doch hier eine der großen Schwieriekeiten überall, wo derartige,
nicht einmal Rassen-. sondern Nationalitätsgegensätze bestehen. So
wirkt der ländliche Großbetrieb, der in unserem Osten polnische Tage-
löhner, der deutsch-böhmische Fabrikant, der tschechische Arbeiter
beschäftigt, der deutschen Arbeiterbevölkerung entgegen.
nk
Alle ländliche Siedlung also sieht in Mischkolonien von vornherein
anders aus, als das Bild, das wir von Bauernkolonisation gewöhnlich
haben. Keine weißen Landarbeiter, die sich zu Besitzern hoch arbeiten,
sondern Ansiedler mit einigem Kapital, die mit farbigen Arbeitern wirt-
schaften. Das ist auch bei intensiv arbeitenden Kleinsiedlern der Fall.
Klein-Windhuk umschließt eine große Zahl Farbiger.
Wo nur genügend eingeborene Arbeitskräfte zu haben sind, und
wo reichlich Land vorhanden ist, hat aber die Kleinsiedlung die Tendenz,
sich zu größerem Betriebe auszuwachsen.
Der Eingeborene kann in reiner Hauswirtschaft leben, nicht der
Kolonist, soll er nicht auf die Stufe des Eingeborenen herabsinken.
Ein absatzloser, nur für den eigenen Bedarf naturalwirtschaftlich arbeitender
Kleinbetrieb kann nicht das Ziel der Besiedlung sein. Der Siedler mub
für den Markt produzieren, und für den Kleinsiedler ist das zunächst
der lokale Markt: Produktion von Gemüse und Obst, von Milch und
Butter, von Tabak und Mais, vielleicht auch etwas Weizen und (rerste
für den Bedarf der benachbarten Bevölkerung. Die Schutztruppe, die
Städte, die Plantagen und Bergwerke mit ihren Arbeitern sind die Ab-
nehmer. Deren Bedarf stellt an sich die Obergrenze dar für die Aus-
dehnung der Kleinsiedlung. Jetzt ist in unseren Kolonien noch Raum
2» Hamburgisches Kolonialinstitut.
n_
dafür. Haben wir doch überall eine erhebliche Einfuhr von Lebens-
mitteln. Aber auf die Dauer ist das doch ein enges Feld. Und es wird
verengt dadurch, daß dem Kleinsiedler Konkurrenz entsteht. Eingeborene,
ehemalige Kulis, Mischlinge treiben bald eine ähnliche Kleinbäuerliche
Wirtschaft, der der Weiße durch bessere Kulturmethoden gerade auf
diesem Gebiete nur teilweise überlegen ist. Die anfänglich hohen Preise
des lokalen Marktes aber werden dann gedrückt.')
Der weiße Ansiedler steht bald vor der Notwendigkeit, sich nach
anderen, auf dem großen Markte verkäuflichen Produkten umzusehen. Er
tut es aber auch aus dem viel wichtigeren Motive, daß er sich ja nicht
draußen niederläßt, um zeitlebens ein Kleinbauer zu bleiben. Er will
voran kommen und sich ausdehnen, wenn irgend Arbeitskräfte und Land-
menge das erlauben. Er geht zu umfangreicherer Viehzucht über. In
den Tropen baut er Kaffee, Baumwolle, Kautschuk, Dinge, welche die
höhen Transportkosten zum Hafen tragen können, d. h. also: er treibt
Plantagenwirtschaft, und diese drängt naturgemäß zur Erweiterung.
Die Kaffeepflanzungen am Kilimandjaro mit jetzt 50 bis 100 Hektar
bepflanzter Fläche haben sich allmählich aus den kleinsten Anfängen
entwickelt. Von den Bauern in den Baining-Bergen hat uns Gouverneur
Hahl auf dem Kolonialkongreß erzählt, daß sie von den Bergen schon
jetzt hinuntersteigen und unten fruchtbares Pflanzungsland aufnehmen.
Die gleiche Erscheinung können wir in Usambara beobachten.
So wird der Kleinbetrieb zum Mittel-, zum Großbetrieb, der Bauer
zum Pflanzer. Und wenn die erste Generation bei der Arbeit noch
kräftig mit Hand anlegt, schon bei der zweiten, die inmitten farbiger
Knechte heranwächst, wird das zweifelhaft sein. Sie werden Herren-
bauern, die statt des verschwitzten Flanellhemds den weißen Tropen-
anzug tragen. |
Die Siedler wollen nieht Kleinbauern bleiben und können es nicht.
Nur wo sie ganz von allem Verkehr abgeschnitten leben, ist das denk-
bar, wie bei jener deutschen Bauermansiedlung, die in Peru auf 2000 Meter
Höhe in der Weltenferne lebt, von der aber auch berichtet wird, daß
sie durch Inzucht degeneriert.
Wo Farbige in größerer Zahl vorhanden sind, gibt es Keine
eigentliche dauernde Bauernkolonisation.
IV.
Auf die Dauer beruht die höhere Stellung des Europäers als land-
wirtschaftlichen Unternehmers doch auf der Erzeugung von Dingen, die
') Wenn heute schon im Hochgebiet des Bezirks Langenburg Weizen zu 3 bis
4 Rupien und Mais zu 1 Rupie der Zentner verkauft wird, so ist das für einen weißen
Siedler wenig verlockend.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 253
der kapitallose Kleinbetrieb nicht auf den Markt bringen kann, von
Produkten, die einen langfristigen Kapitalaufwand voraussetzen, die
kostspielige Aufbereitungsmaschinen oder Anlagen fordern, die in größeren
gleichmäßigen Mengen auf den Markt gebracht werden müssen.
Der kapitalistische Großbetrieb ist es, der in Mischkolonien das
Wesen der weißen Siedlung ausmacht, mag es sich um Viehwirtschaft
oder um Plantagenwirtschaft handeln. Und tritt erst einmal die gern
prophezeite Getreidenot in Europa ein, dann werden bei genügenden
Preisen auch Großbetriebe des Getreidebaues rentieren.
Aller Großbetrieb ist eine Frage der Arbeitsverfassung. Sind
Arbeitskräfte nicht mehr verfügbar, muß der Großbetrieb zerfallen, aber
nicht notwendig der große Besitz, der dann durch Anteilwirtschaft in
den verschiedensten Formen nutzbar gemacht wird. Das ist in den
Ländern der Negersklaverei nach deren Aufhebung so gut eingetreten
wie jetzt im Queensland.
Die Ausdehnung des Großbetriebs hängt also ab von den verfüg-
baren Arbeitskräften, in den Kolonien so gut wie bei uns. Das Eigen-
artige liegt dort auf anderem Gebiete. In unseren Ländern längst auf-
geteilten Grundeigentums verschieben sich nur langsam die Betriebs-
srößen. Ein Bauernhof, ein Gutsbetrieb ist uns je nach den wirtschaft-
lichen Verhältnissen einer Gegend eine bestimmte Größe, eme ziemlich
konstante Einheit. In Neuländern mit Überfluß an Land, vor allem in
tropischen und subtropischen Gebieten ist das anders. Wohl sucht die
Regierung bei der Vergebung der Staatsländereien auf gewisse Besitz-
srößen hinzuwirken, die ihr zweckmäßig erscheinen. Aber im ganzen
sind die Betriebsgrößen viel mehr im Fluß als bei uns. Wo Arbeits-
kräfte vorhanden sind, und die eingeborene Bevölkerung liefert sie,
dehnt sich die Pflanzung aus, ebenso wie wir sahen, daß der Kleinbauer
zum Pflanzer wird. Und dann setzt etwas ein, was bei uns zu Hause
kaum vorkommt: die Einzelunternehmung des Pflanzers wird zur Gesell-
schaftsunternehmung. Ist doch für viele das ersehnte Arbeitsziel, ihren
Besitz einer Gesellschaft zu übertragen. Alle Momente, die z. B. in
unserer Industrie darauf hinwirken, daß Einzelunternehmungen in ge-
sellschaftliche umgewandelt werden — und ich will sie jetzt nicht auf-
zählen —, wirken auch hier. Gerade hier ist auch an die moderne
Erleichterung und Beschleunigung des Verkehrs zu denken. In den
alten Pflanzungskolonien saßen die Pflanzer viel dauerhafter und fester,
oft durch Generationen auf ihrem Besitze. ‚Jetzt ist es leicht, häufig
einmal in der Heimat Aufenthalt zu nehmen. Es ist nicht selten, daß
der Pflanzer dauernd in die Heimat zurückkehrt, seinen Besitz durch
Beamte verwalten läßt und persönlich nur von Zeit zu Zeit nach dem
Rechten sieht.
24 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Absentismus der Großgrundbesitzer ist in älteren Pflanzungskolonien
sanz allgemein geworden. In heimischen ländlichen Verhältnissen sehen wir
darin etwas sozial und wirtschaftlich Unerfreuliches. In tropischen Gebieten
müssen wir ihn doch anders beurteilen. Dem Pflanzungsbesitzer erwachsen
aus dem Aufenthalt in der Heimat mancherlei Vorteile. Über Britisch-West-
indien berichtete die Untersuchungskommission von 1896/97: „Die
Plantagen, deren Einrichtung am vollkommensten war, und deren Be-
wirtschaftunge am offenkundiesten genügte, stehen im Eigentum von
absentistischen Pflanzern.“ (Wagemann, Britisch-Westindische Wirtschafts-
politik 8.59.) Ist aber die Betriebsleitung am Orte doch im Händen
von Angestellten, dann liegt der Übergang des Eigentums an Kapital-
gesellschaften nahe, bei denen das Zusammenbringen des Kapitals für
riskante Anlagen leichter ist. — Auch das drängt auf den Beamten-
betrieb hin, daß das Klima einen häufigeren Wechsel im leitenden
Personal wünschenswert macht.
So ist es kein Wunder, daß jetzt auch im neu in Angriff genommenen
Gebieten, so in den deutschen Besitzungen, (Gresellschaftsunternehmungen
von vornherein eine so grobe Verbreitung finden und die ganz großen
Pflanzungen mit Vorliebe diese Form annehmen. Nach der letzten
Denkschrift kamen von den auf Pflanzungen in Ostafrika beschäftigten
Arbeitern ”s auf ‚Gesellschaftsunternehmungen. In Kamerun treten die
Einzelpflanzer noch viel mehr zurück. In Neu-Guinea sehen wir gerade
in der letzten Zeit die Umwandlung einer Großunternehmung nach der
andern in die Gesellschaftstorm.
Und noch eine Beobachtung aus der Naturgeschichte der Misch-
kolonie: wo eine zahlreiche Eingeborenen-Bevölkerung besteht, und wo
der größte Teil des Landes ins Eigentum des Weißen gekommen ist, da
sehen wir diesen zuweilen ganz zum Grundherren werden, der ohne
eigenen landwirtschaftlichen Betrieb als Rentner von der Arbeit seiner
farbigen Hintersassen lebt. Das war schon in Amerika so in der Zeit
der spanischen Herrschaft. Das sehen wir heute noch im lateinischen,
tropischen Amerika und in Westindien. Das finden wir wieder in Natal
und in Transvaal. Und wenn uns dieser Typus des Grundherrn etwas
- fendal-mittelalterlich anmutet, so hat er auch sein modern-kapitalistisches
Gegenstück in großen Landgesellschaften, z. B. Algeriens, denen weiter
Landbesitz zur Kolonisation überwiesen wurde, und die durch Verpachtung
an Eingeborene die Dividende ihrer Aktionäre erzielen.
V.
Jenem Ideal der Sicherung und dauernden Festigung der Kolonie
durch die weißen Siedler dienen also alle solche Siedlungsformen, die
wir betrachtet haben, nicht so sehr. Wir wollen nicht unterschätzen,
Hamburgisches Kolonialinstitut. 35
was es bedeutet, wenn draußen der weiße Mann auf sich selber steht
und mit der Büchse in der Hand Haus und Hof und seine Herrschaft
verteidigt. Aber großen Aufstandsgefahren kann er doch nicht allein
begegnen. Schon die weite Zerstrenung ländlicher Besiedlung in Neu-
ländern macht das unmöglich. £
Mir ist immer merkwürdig gewesen, dab bei den Erörterungen, wie
der Kolonialbesitz durch Besiedlung eesichert werden könne, so wenig
von den Städten die Rede ist. Schon in der römischen Kolonisation
sind doch wohl die Städte die Mittelpunkte gewesen. Mit Staunen sehen
wir in Nordafrika bis zum Wüstenrande die Trümmer großer Städte, die
fremde Herrschaft inmitten des berberischen Landvolks sicherten. Die
„Burg“, die im Mittelalter das Bollwerk geeen fremde Horden bildete,
war die Stadt, so klein sie meist nach unseren heutigen Begriffen war.
In Mischkolonien sind gerade die Städte die weißen Zentren. Wo in
Nord- und Südafrika auf dem platten Lande ein Weißer auf 10 oder
20 Eingeborene kommt, ist in den Städten mindestens die Hälfte der
Bevölkerung weiß. In den Tropen ist das etwas anders, aber auch hier
sitzt am gedrängtesten die weiße Bevölkerung in den Städten. Hier
sind die Mittelpunkte des wirtschaftlichen Lebens. Hier finden wir
wichtige Elemente der neu in der Kolonie sich aufbauenden Gesellschaft:
neben den Beamten die Ärzte, die Anwälte, die Lehrer, die Redakteure.
Dort sitzen die großen Handelshäuser, die Banken, die Leitung der Ver-
kehrsanstalten, dort sind die größeren Läden, die besserern Handwerker,
die Gastwirte. So klein solche städtischen Siedlungen oft sind, vor
ihnen machen die Aufstände halt. Ist doch sogar der Ansturm der
Buren vor den kleinen englischen Städten Südafrikas zum Stehen ge-
kommen. In den Städten pulsiert auch lebhafter der geistige Verkehr
mit der Außenwelt, der die Kolonien vor geistiger Verkümmerung schützt.
vl.
Welche gesellschaftliche Ordnung also entsteht aus der
Eigenart der Mischkolonie?
In den weißen Siedlungskolonien sind Demokratien entstanden,
reiner als wir sie in unseren alten Kulturländern finden. Was in der
Mischkolonie entsteht, ist eine neue Form der Aristokratie mit ihren
Lieht- und ihren Schattenseiten. Darüber müssen wir uns klar sein. Es ist
kein Zufall, daß die Vertreter der radikalsten Demokratie in England wie
bei uns, der Ausdehnung solcher Kolonialherrschaft instinktiv widerstreben.
Wir müssen uns, ohne Voreingenommenheit für oder gegen sie, klar
sein über die Tendenzen, die solcher aristokratischen Gesellschaft inne-
wohnen, die sich ganz unwillkürlich nach unten abzuschließen sucht, wie
das noch jede Aristokratie getan hat. Es sind Tendenzen, wie sie von
26 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Urzeiten her jeder Staat gezeigt hat, der durch Unterwerfung auto-
ehthoner Völker unter ein eroberndes land- und rassefremdes Volk ent-
standen war. Oben die herrschende Kaste, Grundherren und Städter,
die von der Handarbeit des farbigen Volkes leben. Abschluß nach
unten: wie in den mittelalterlichen Tuchmacherstädten keiner ratsfähig
war, dessen blaue Nägel den Handarbeiter zeigten, so schließt man hier
die blauen Nägel des Mischlings und des Eingeborenen aus.
Ständische Einrichtungen, Sonderrecht und Sondergerichtsbarkeit,
wie der Weißen, so der verschiedenen Arten von Farbigen. Keim
Konubium, keine Gemeinschaft der Sitten, der Sprache, der Kleidung.
Abneigung gegen den kleinen Weißen, der das Prestige der Herrscher-
rasse mindert. Eine Aristokratie. die sogar noch schroffer als jene alten
Erobereraristokratien sich abschließt. Diese haben oft die aristokratischen
Elemente des unterworfenen Volkes in sich aufgenommen, wie das die
Russen bis zum heutigen Tage tun. Wir bringen sie zum Absterben.
Man denke an das Herunterkommen der Araber in Ostafrika.
Die Frage, ob sich der Weiße in seiner Herrscherstellung behaupten,
ob unsere Herrschaft in Afrika von Dauer sein wird, ist nicht bloß eine
Frage nach den Wirkungen von Klima und Hygiene. Es ist auch eine
Frage nach der Möglichkeit jeder Aristokratie, sich über den Massen
zu behaupten.
Wird der Weiße in den Tropen und Subtropen die Überlegenheit
des Könnens und des Wollens sich erhalten, auf der schließlich seine
Herrscherstellung beruht? Von hier aus erhält die ganze Frage der
Akklimatisation für mich erst ihre eigentliche Bedeutung. Wir kennen
die erschlaffende Wirkung, nicht bloß der heißen Klimate, sondern auch
der unbeschränkten Herrschaft über Knechte.
Man kann doch nicht wohl bestreiten, daß die Gesellschaftsordnung
der Buren in ihrer Abschließung nach außen sich zu zersetzen anfing,
und daß ihre ohnehin geringe kulturelle Leistungsfähigkeit sich indas Gegen-
teil zu verkehren drohte. Weidewirtschaft mit farbigem Gesinde ist eine
Grundlage aristokratischer Gesellschaftsordnung, aber nicht menschlicher
Kulturentwicklung.
Auf dem Kolonialkongreß hat unser Kollege Nocht darauf hinge-
wiesen, daß die ganze Frage der Akklimatisation anders beurteilt werden
muß, seit der moderne erleichterte Verkehr, das Hin- und Herfluten der
Menschen, der immer neue Nachschub frischen Blutes einer Degeneration
infolge Klimatischer Einflüsse entgegenwirke. Man könnte hinzufügen,
daß das um so wichtiger ist, als den hygienischen Verbesserungen die
wirtschaftlichen Motive häufig entgegenarbeiten. Der Pflanzer geht dem
fruchtbaren Boden, der Kaufmann den Absatzgelegenheiten nach, aber
nicht den guten hygienischen Existenzbedingungen.
Hamburgisches Kolonialinstitut. OH
Fr
Was da vom hygienischen Standpunkte aus gesagt ist, wird auf
sozialem Gebiete nicht minder wirksam sein. Was unter den modernen
Verhältnissen der Besiedlung unserer Kolonien an Seßhaftigkeit abgeht,
wird mehr als gut gemacht dadurch, daß eine starre Abschließung dieser
kolonialen Herrscherkaste nach außen nicht mehr eintreten kann. Sie
wird vom Mutterlande her dauernd Anregung und frisches Blut erhalten.
Auch unter einem anderen Gesichtspunkte wird das wichtig. So
gewiß es übertrieben ist, wenn über die natürliche Volksvermehrung der
Afrikaner ungeheuerliche Zahlen verbreitet werden, wahrscheinlich ist
es doch, daß sie bei den Farbigen stärker sein wird als bei den Weißen,
wenn erst eine geordnete Gesundheitspflege und die Bekämpfung von
Seuchen und Hungersnöten der natürlichen Vermehrungstendenz der Ein-
geborenen freiere Bahn schafft. Mit zunehmender Zahl der Eingeborenen
wachsen die Erwerbsmöglichkeiten der Weißen; also auch hier die Not-
wendigkeit der Zufuhr frischen Blutes. Sehr zahlreich wird die weiße
Herrscherkaste namentlich außerhalb der Städte schwerlich je werden.
Viel schwieriger ist es, die Antwort zu finden auf eine andere Frage:
Es war noch für jede Aristokratie verhänenisvoll, wenn sie sich
starr abschloß gegen die von unten aus der beherrschten Masse auf-
steigenden Talente und Fähigkeiten. Eine europäische Kulturherrschaft,
die die Eingeborenen hebt, muß Wege finden, den so von ihr geweckten
Elementen Luft für ihren Betätigungsdrang zu geben. Sehen wir heute
auf Algier oder Ägypten, auf Indien oder die Philippinen: es zeigen
sich uns die schwierigen Probleme, die aus der Umbildung der einge-
borenen Gesellschaft erwachsen, wenn eine aufstrebende Schicht durch
wirtschaftliche Tätigkeit oder auf dem Felde der freien Berufe sich aus
der Masse herauszuheben sucht. Mag das für unsere Besitzungen noch
in weiter, für manche in sehr weiter Ferne liegen, auftauchen wird auch
dies Problem, schon durch die Mischlinge, deren Entstehung wir durch
Versagen des Konubiums doch nicht ganz verhindern können.
VII.
Und noch ein letztes. Will sich da draußen ein deutsches Volks-
tum entwiekeln, so wollen wir uns dessen freuen. Aber wir wollen uns
darüber nieht täuschen, daß es vielfach seine eigenen Wege wandeln
wird. Die neuen Lebensverhältnisse, die ganze Wucht der eigenen In-
teressen, die keineswegs immer mit denen des Mutterlandes parallel gehen,
schaffen neue Nationalitäten. Fantsteht doch in Neuländern sogar in der
äußeren Erscheinung ein veränderter Typus.
Das größte Kolonialvolk, die Engländer, ist sich darüber ganz
klar. Im 17. und 18. Jahrhundert sprach man von Neu-England und von
überseeischen Provinzen. Heute spricht man von Tochter- oder gar
189)
(
Hamburgisches Kolonialinstitut.
schon von Schwesternationen. Australier und Afrikander sind keine
Engländer, so sehr sie sich Briten nennen, und auch Algerier und Sibirier
stellen neue Nationalitäten dar. Wir wissen aus der englischen Kolonial-
geschichte, daß diese neuen Nationalitäten, wie es das Wesen der Jugend
mit sich bringt, gar nicht bescheiden sind, wenn sie ihre Eigenart und
ihre Sonderinteressen betonen. So jung die Besiedlung unserer Kolonien
ist, sorasch macht sich das auch dort schon geltend. Mancher ist erstaunt,
wie trotzig dieses neue Volkstum schon Rücksicht fordert. Wir werden
uns noch viel mehr als bisher daran gewöhnen müssen, auf allen Gebieten
praktischer Kolonialpolitik neben unseren heimischen Interessen die der
Kolonisten zu Worte kommen zu lassen. Und das um so mehr, je rascher
die Besiedlung fortschreitet.
Dafür aber, daß dieses neue Volkstum sich nicht zu weit von dem
unseren entferne, haben wir solidere Garantien, als den unsicheren Boden
der Gemeinschaft der Gefühle. Es gehört zum Wesen soleher Kolonien,
wie wir sie besitzen, daß nicht bloß ein dauerndes Hin und Her der
weißen Bevölkerung immer neue Fäden persönlicher Beziehungen und
Interessen schlingt. Auch politisch können Gebiete, in denen die Masse
der Bevölkerung dem Herrenvolke rassefremd ist, Schutz und Hilfe des
Mutterlandes nicht entbehren.
An Sorge und Arbeit wird dieser Kolonialbesitz dem deutschen
Volke noch ein genügendes Maß bringen. Wir aber wollen uns freuen,
daß das schon so reiche Bild unseres Volkstums durch diesen Einschlag
neuer Lebensmöglichkeiten noch mannigfaltiger wird. Hier an unserem
ganz bescheidenen Teile mitzuwirken, Neuland, auch der Wissenschaft,
beackern zu dürfen, wird der Stolz unseres Institutes sein.
Bericht
über das zweite Studienjahr
Allgemeines.
Verwaltung.
Das Kolonialinstitut untersteht unmittelbar dem Senate, der einen
Kommissar für die Leitung des Instituts bestimmt. Senatskommissar
ist zurzeit Herr Senator Dr. W. von Melle, Präses der Oberschulbehörde,
der die Wissenschaftlichen Anstalten und das Allgemeine Vorlesungswesen
zugehören, und Vorsitzender des Kuratoriums der Hamburgischen Wissen-
schaftlichen Stiftung. Dezernent für das Institut ist der Rat der Ober-
schulbehörde, Herr Dr. Förster.
Die Interessen der beiden Reichsämter werden durch Kommissare
wahrgenommen, die den Senatskommissar beraten. Das Reichskolonialamt
ist vertreten durch den Geheimen Oberregierungsrat Dr. Schnee, das Reichs-
marineamt durch den Wirklichen Admiralitätsrat Professor Dr. Köbner.
Den Kaufmännischen Beirat bilden die Herren Justus Strandes,
in Firma Hansing & Co., Vorsitzender, Max M. Warburg, in Firma
M. M. Warburg & Co., und F. C. Paul Sachse.
Die Verwaltung aller mit der Lehrtätigkeit an der Hochschule
zusammenhängenden Angelegenheiten liegt in den Händen des Profes-
sorenrats, dem die von dem Senatskommissar berufenen dauernden
Vertreter der Hauptfächer sowie der Leiter des Instituts für Schiffs-
und Tropenkrankheiten angehören.
Der Professorenrat wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden, der
ihn nach außen vertritt und den geschäftlichen Verkehr mit dem Senats-
kommissar, in den Angelegenheiten der vom Reichskolonialamt entsandten
Hörer auch mit dem Reiehskommissar führt, ferner einen stellvertretenden
Vorsitzenden und einen Schriftführer. Die Amtszeit der gewählten Herren
beträgt 2 Jahre. Sie bilden den Ausschuß des Professorenrats, dem
die Erledigung der laufenden Geschäfte, die Leitung der Immatrikulationen,
endlich die Disziplinarangelegenheiten obliegen.
Den Ausschuß des Professorenrats bilden die Herren:
Professor Dr. @. Thilenius, Vorsitzender,
Professor Dr. K. Rathgen, stellvertretender Vorsitzender,
Professor Dr. K. Perels, Schriftführer.
Für die beiden nächsten Studienjahre 1910/11 und 1911/12 besteht der
Ausschuß nach der am 15. Juni 1910 vorgenommenen Wahl aus den Herren:
Professor Dr. A. Rathgen, Vorsitzender,
Professor Dr. @. Thilenius, stellvertretender Vorsitzender,
Professor Dr. Ä. Perels, Schriftführer.
32 Hambureisches Kolomalinstitut.
Die Zentralstelle des Instituts ist dem Senatskommissar in gleicher
Weise unterstellt wie der Professorenrat. Sie hat die Aufgabe, die Ver-
bindung des Instituts mit den kolonialen Interessenten in der Heimat
und Übersee — in erster Linie in den Deutschen Schutzgebieten —
anzubahnen und zu pflegen, diesen gewünschte Auskünfte zu geben,
den Dozenten und den mit dem Institut in Verbindung stehenden ham-
burgischen wissenschaftlichen Anstalten Informationen und Materialien
für Lehr- und Studienzwecke zu verschaffen und endlich eine Sammlung
von Informationen über die wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Ver-
hältnisse in den Kolonien anzulegen.
Der Senatskommissar ist befugt, sich in den Angelegenheiten der
Zentralstelle des Kolonialinstituts direkt an die Gouvernements in den
Kolonien zu wenden und deren Mitwirkung für die Arbeiten des Kolonial-
instituts zu erbitten. Das Reichskolonialamt hat die hierfür erforder-
lichen Anordnungen erlassen und die Gouvernements angewiesen, daß
diese und die ihnen unterstellten Beamten sich in einschlägigen Fragen
unmittelbar an die Zentralstelle des Kolonialinstituts wenden und sich
auch ihrerseits bemühen, die Zwecke desselben zu fördern. Insbesondere
hat das Reichskolonialamt dafür Sorge: getragen, daß die für Lehr- und
Forschungszwecke erforderlichen oder wünschenswerten Sammlungs-
gegenstände und Materialien aus den Kolonien, soweit irgend tunlich,
beschafft und der Zentralstelle zur Verfügung gestellt werden.
Die Zentralstelle wird von dem Generalsekretär geleitet, zurzeit
dem zu diesem Zwecke vom Reichskolonialamt beurlaubten (reheimen
Regierungsrat Dr. F. Stuhlmann.
Studien- und Forschungsreisen.
Die praktischen Ziele des Unterrichts können nicht auf allen Ge-
bieten ausreichend verfolgt werden, wenn die Dozenten auf die Literatur
und die Ergebnisse der schriftlichen Anfragen in den Kolonien und
anderen überseeischen Ländern beschränkt bleiben. Zumal auf dem
(Gebiete der Kolonialwirtschaft ist die persönliche Anschauung für den
Dozenten unentbehrlich, der der raschen Entwicklung folgen will. Auf
der andern Seite führt gerade der Unterricht zu Fragen, die an Ort
und Stelle beantwortet werden müssen, und Anregungen zu eignen
Untersuchungen, die in der Heimat nicht vollständig durchgeführt werden
können. Schließlich ist es eine natürliche Aufgabe des Kolonialinstituts
und der mit ihm verbundenen Wissenschaftlichen Anstalten, an der Er-
forschung und Erschließung der Kolonien selbständig mitzuwirken. So
ergab sich aus verschiedenen Gesichtspunkten die Notwendigkeit von
Studienreisen. Die erste wurde von Herrn Professor Dr. Vorgt, dem
Hamburgisches Kolonialinstitut. 33
Vorstande des Laboratoriums für Warenkunde an den Botanischen
Staatsinstituten, vom 1. August bis Anfang November 1909 ausgeführt.
An die vorbereitenden Studien in dem Institute zu Amani schloß sich
der Besuch der wichtigsten Pflanzungen (Baumwolle, Sisal, Kautschuk,
Kaffee usw.) und von Eingeborenenkulturen (Sesam, Erdnuß, Maniok usw.).
Auf der Hin- und Rückreise bot sich Gelegenheit, kulturelle Einrichtungen
andrer Gebiete kennen zu lernen, so in Sansibar und Englisch-Ostafrika.
Zwei weitere Studienreisen stehen unmittelbar bevor. Die eine
von ihnen wird Herr Dr. Zindinger, wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an
der Station für Pflanzenschutz (Botanische Staatsinstitute), nach den
Kanarischen Inseln ausführen, die andere ist von Herrn Dr. Neumann,
dem Direktor des Schlachthofes und Leiter der kolonialen Viehversandstelle,
geplant und gilt dem Studium der Viehzucht in Deutsch-Südwestafrika.
Die Erforschung der Kolonien wurde vor allem gefördert durch
die Expedition, die von der Hamburgischen Wissenschaftlichen
Stiftung nach der Südsee entsandt wurde. Nach den Plänen des
Direktors des Museums für Völkerkunde, Professor Dr. Thilenius, be-
nutzte die Expedition ein eignes Schiff, das von der Hamburg-Amerika
Linie gemietet und in Hongkong ausgerüstet wurde.
Die Expedition war auf zwei Jahre berechnet, und wenn auch
das Schiff alle notwendigen Hilfsmittel führte, um Europäer während
längerer Zeit in den Tropen gesund und arbeitsfähig zu erhalten, so er-
schien es dennoch ratsam, am Ende des ersten Jahres wenigstens zum
Teil einen Wechsel der wissenschaftlichen Teilnehmer eintreten zu
lassen. Im ersten Jahre nahmen an der Expedition teil die Herren
Professor Dr. Fülleborn, Assistent am Institut für Schiffs- und Tropen-
krankheiten, Dr. Müller, Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Museum für
Völkerkunde in Berlin, Dr. ©. Reche, Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am
Museum für Völkerkunde in Hamburg, Kunstmaler A. Vogel, F. E. Hellwig.
Mit der Aufgabe, zoologisches Material zu sammeln, schloß sich der
Expedition Herr Dr. Duncker, Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter des Natur-
historischen Museums in Hamburg, an. Im zweiten Jahre bestand der
wissenschaftliche Stab aus Herrn Professor Dr. Arämer und Frau ÄArämer,
den Herren Dr. Miller, Dr. Sarfert, Assistent am Museum für Völker-
kunde in Leipzig, Dr. Hambruch, Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am
Museum für Völkerkunde in Hamburg, F\. E. Hellwig.
Aufgabe der Expedition war die Erforschung der Eingeborenen
und ihrer vor der Europäisierung rasch verschwindenden Kultur. Wo
wenig oder gar nicht bekanntes Gebiet berührt wurde, ergab sich von
selbst die Notwendigkeit vorläufiger geographischer und geologischer
Aufnahmen. Die Expedition besuchte von ‚Juli 1908 bis Juni 1909 die
schwer zugänglichen Inseln im Norden von Neu-Mecklenburg, ferner die
3
34 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Admiralitätsinseln, weiterhin den westlichen Teil von Neu-Pommern, den
die Expedition an zwei Stellen zum ersten Male durchquerte, im Anschluß
daran wurde die Nordküste von Neu-Guinea von Finschhafen an und
einschließlich der vorgelagerten Inseln untersucht und schließlich der
Kaiserin Augusta-Fluß bis zum Hunsteingebirge befahren. Im zweiten
Jahre von Juli 1909 bis Oktober 1910 wurden die Karolinen- und
Marshallinseln erforscht. Die Veröffentlichung der Ergebnisse wird vor-
aussichtlich im ‚Jahre 1911 beginnen können.
In sehr dankenswerter Weise hat endlich die Geographische
Gesellschaftin Hamburg eine auf etwa ein Jahr berechnete Forschungs-
reise ermöglicht, die Herr Dr. Obst, Assistent am Geographischen Seminar
und Dozent des Kolonialinstituts, Ende 1910 nach Ostafrika unter-
nehmen wird.
Veröffentlichungen.
Die Zahl der deutschen Kolonialzeitschriften ist eine außerordentlich
seroße.. Dem Gange der Kolonialbewegung in Deutschland entsprechend
ist indessen ihre Mehrzahl für das Laienpublikum bestimmt, und danach
richtet sich auch der äußere Umfang der Zeitschriften. Wissenschaft-
liche Arbeiten über koloniale Themata haben in diesen Zeitschriften
daher nur beschränkte Aufnahme finden können und sind der Hauptsache
nach in Zeitschriften zerstreut, die einzelnen Wissenschaften dienen und
gerade darum den kolonialen Veröffentlichungen nur einen geringen
Raum zumessen können. Es fehlt daher die Möglichkeit, größere wissen-
schaftliche Abhandlungen zu veröffentlichen, und ebenso fehlt ein Organ,
das ausschließlich kolonialwissenschaftliche Arbeiten aufnimmt. Der
Professorenrat hat daher die Begründung einer eignen Veröffentlichung
beschlossen, und die Mittel zu ihrer Herausgabe sind vom Staate be-
willigt worden. Die „Abhandlungen des Hamburgischen Kolonialinstituts“
werden von dem Professorenrate herausgegeben, in dessen Auftrage Herr
Professor Meinhof, L L. D., die Redaktion führt. Das erste Heft der im
Verlage von L. Friederichsen & Co. in Hamburg erscheinenden Folge
wird im Oktober 1910 ausgegeben und enthält die Abhandlung F. Stuhl-
mann: Gewerbe und Handwerk in Deutsch-Ostafrika. Die „Abhandlungen“
sollen in jedem Hefte oder Bande eine abgeschlossene wissenschaftliche
Arbeit enthalten und in zwangloser Folge veröffentlicht werden.
Die Begründung der „Abhandlungen“ geht von der Annahme aus,
daß sich eine Gruppe der Kolonialwissenschaften etwa in demselben
Sinne bilden wird, wie einst die der Staatswissenschaften entstand, da
die Kolonien doch nicht nur geographische Gebiete sind, auf die vor-
handene Erfahrungen und Formeln ohne weiteres angewandt werden
können, sondern Gebilde mit eignen Entwicklungsrichtungen.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 35
Eine besondere Wissenschaft von den deutschen Kolonien ist damit von
vornherein ausgeschlossen, und die Forschung kann nicht von heimischen
Verhältnissen ausgehen, sondern wird die kolonialen als Basis annehmen
müssen. Daraus muß früher oder später der Wunsch nach einer leicht
zugänglichen Sammelstelle des Vergleichsmaterials erwachsen, und ein
solches Bedürfnis hat sich zunächst auf dem Gebiete der Sprachforschung
gezeigt. Mit Unterstützung der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung
hat daher Herr Professor Meinhof, LL. D., die „Zeitschrift für Kolonial-
sprachen“ begründet, die im Verlage von Dietrich Reimer (E. Vohsen)
erscheint.
Wie wenig koloniale Fragen auf dem Stück afrikanischen Bodens
beantwortet werden können, das deutsches Kolonialgebiet ist, beweist
die neuerdings in den Vordergrund gelangte Mohammedanerfrage, die für
Deutschland in Afrika entstand, aber nach Arabien als Ursprungsland
und darüber hinaus als Parallele nach Südasien weist. Vor der Erwerbung
der Kolonien war der Islam das Arbeitsgebiet der Theologie und der
Örientalistik, erst neuerdings ist hier ein Umschwung eingetreten. Der
Islam selbst erscheint als Problem, und zwar nicht mehr als religiöses,
sondern als politisches und wirtschaftliches, man spricht von einer
islamischen Zivilisation uud findet ihre Grundlage bei den Byzantinern,
Persern und Griechen. Mit der Entwicklung einer selbständigen Wissen-
schaft vom Islam war die Loslösung von der Orientalistik gegeben und
damit die Notwendigkeit einer eigenen Zeitschrift. Als solche erscheint
im Verlage von Karl J. Trübner in Straßburg und C. Boysen in Hamburg
seit Mai 1910 „Der Islam, Zeitschrift für Geschichte und Kultur des
islamischen Orients“, mit Unterstützung der Hamburgischen Wissenschaft-
lichen Stiftung herausgegeben von Herrn Dr. ©. H. Becker, Professor
für Geschichte und Kultur des Orients.
Teilnahme an Versammlungen, auswärtige Besuche usw.
Im Berichtsjahre bot sich dem Kolonialinstitut Gelegenheit zur Be-
teiligung an verschiedenen Veranstaltungen in Hamburg.
Vom 2.—7. Juni 1910 fand die Wanderversammlung der Deutschen
Landwirtschaftlichen Gesellschaft statt. Sie war mit einer Wanderaus-
stellung verbunden, an deren Kolonialabteilung sich das Kolonialinstitut
beteiligte. Ausgestellt waren: Weidewirtschaft in Deutsch-Süd-
westafrika (Futtergräser, Futterbüsche, Giftpflanzen, Bodenproben, Ab-
bildungen von Zuchtvieh, Schafwolle und Wollfließe [die Bestimmung
der Pflanzen und die Bodenanalysen wurden in den Botanischen Staats-
instituten ausgeführt), Nahrungsmittel der Eingeborenen ver-
schiedener Kolonien; Bodenproben und mechanische Boden-
Dr
3
36 Hamburgisches Kolonialinstitut.
analysen aus den verschiedenen deutschen Kolonien; Tro-
pische Tierseuchen, ihre Erreger und Überträger (durch
Trypanosomen [Tsetsekrankheit, Beschälseuche usw.], Piroplasmen [Blut-
harnen, Küstenfieber usw.] verursachte Seuchen, Rinderpest, Pferdesterbe,
Parasitische Fliegen usw.). Die Ausstellung erfolgte durch die Botanischen
Staatsinstitute und das Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten.
Herr Professor Dr. Rathgen veranstaltete eine Führung durch den Han-
burger Hafen, der ein einleitender Vortrag voranging.
Zu der vom 14.— 24. Juni in Edinburgh stattfindenden Weltmissions-
konferenz reisten gegen 100 deutsche Delegierte von Hamburg aus, und
das Kolonialinstitut wurde dadurch veranlaßt, in Verbindung mit der
hanseatisch-oldenburgischen Missionskonferenz am 10. Juni einen Be-
erüßungsabend zu veranstalten, an dem der Vorsitzende des Professoren-
rats die Ziele des Kolonialinstituts in einer Ansprache darlegte.
Ende ‚Juni wurde Hamburg von den Teilnehmern der Studienreise
des XI. Fortbildungskursus für höhere Verwaltungsbeamte besucht, der
von der Gesellschaft für wirtschaftliche Ausbildung, e. V. zu Frank-
furt a. M. eingerichtet worden war. In einem Vortrage legte der Vor-
sitzende des Professorenrats den Teilnehmern die Aufgaben. Ziele und
Organisationen des Kolonialinstituts dar.
Seit seiner Eröffnung erhielt das Kolonialinstitut mehrfach aus-
wärtigen Besuch; insbesondere wurde schon im Frühjahre 1909 Herr
John Anderson vom Colonial Office in London abgesandt und orientierte
sich eingehend über die Organisation und den Betrieb des Kolonial-
instituts; im Dezember 1909 hielt sich Herr Arthur H. Unwin, D. Oee., vom
Forest Serviee in Südnigerien in Hamburg auf, um in den Botanischen
Staatsinstituten Spezialstudien zu betreiben.
Anderseits beriefen auch ausländische Körperschaften Dozenten
des Kolonialinstituts. Herr Professor Dr. Rathgen hielt am 14. März 1909
in dem Institut Solvay einen Vortrag: „Les negres et la eivilisation
europeenne“ und sprach am 14. und 15. März 1910 vor den Kuratoren,
Dozenten und Hörern der der Ausbildung ausgewählter Beamter der
indischen Verwaltung dienenden Kolonial-Verwaltungs-Akademie im Haag
über .‚Die neueste politische und wirtschaftliche Entwicklung Japans“.
Am 22. Januar 1910 folgte Herr Professor Dr. Becker im Auftrage
der Deutschen Kolonialgesellschaft einer Einladung der Union eoloniale
francaise in Paris und sprach über „L’Islame et la colonisation de l’Afrique”.
Im Anschluß an die Sitzung, die unter dem Vorsitze des bekannten
Kolonialpolitikers und Deputierten Herın Chailley stattfand, wurde ihm
die silberne Plakette der Union coloniale francaise überreicht.
Auf der Weltmissionskonferenz in Edinburgh sprach Herr Professor
Meinhof als Vertreter des Kolonialinstituts über die Notwendigkeit der
Hamburgisches Kolonialinstitut. 37
>
Ausbildung der Missionare in der Heimat. Bei dem großen akademischen
Festakt, den die Universität Edinburgh veranstaltete, erhielt Herr Professor
Meinhof den höchsten Grad. den die Universität zu vergeben hat, den
Ehrendoktor der Rechte.
Im Berichtsjahre wurde das Kolonialinstitut ferner vertreten in
den folgenden Sitzungen und Versammlungen:
20. Oktober 1909: Sitzung des Kolonialwirtschaftlichen Komitees in
Berlin (Prof. Dr. Passarge).
11. Dezember 1909: Vorbereitende Sitzung zum Deutschen Kolonial-
kongreß 1910 in der Deutschen Kolonialgesellschaft in Berlin
(Prof. Dr. Thrlenius, G.-R. Dr. Stuhlmann).
31. Januar—2. Februar 1910: Sächsische Missionskonferenz in Halle a.d.S.
(Prof. Meinhof).
15.— 18. Februar 1910: Plenarversammlung der Deutschen Landwirt-
schafts-Gesellschaft in Berlin (G.-R. Dr. Stuhlmann. Direktor
Dr. Neumann).
23. Februar 1910: Sitzung der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft
in Berlin (G.-R. Dr. Stuhlmann).
14.15. März 1910: Verbandstag des Deutschen Nautischen Vereins
in Berlin (Prof. Dr. Perels).
19.24. Mai 1910: Versammlung der Association seientifique inter-
nationale d’agrieulture tropieale in Brüssel (G.-R. Dr. Stuhlmann,
Prof. Dr. Zacharvas).
Von dem Institut colonial international, dem zunächst der Professor
der Nationalökonomie, Herr Dr. Rathgen. und der Generalsekretär der
Zentralstelle, Herr G.-R. Dr. Stuhlmann, angehörten, wurden aus den
Mitgliedern des Kolonialinstituts hinzugewählt die Herren Dr. Becker,
Professor für Geschichte und Kultur des Orients, und Dr. Thilenzus,
Professor der Völkerkunde.
Hochschule.
Lehrkörper.
Wie in dem Berichte über das erste Studienjahr bereits ausgeführt
wurde, waren von Senat und Bürgerschaft zwei neue Professuren be-
willigt worden. In die Professur für Kolonialsprachen wurde der Lehrer
am Seminar für orientalische Sprachen der Universität Berlin, Herr
Professor €. Meinhof, berufen, der sein Amt am 1. Oktober 1909 antrat.
Die Professur für Geschichte und Kultur Östasiens wurde am 1. April
1910 durch Herrn Dr. ©. Franke, Privatdozent an der Universität Berlin,
besetzt.
An Stelle des am 11. Oktober 1909 verstorbenen Direktors des
38 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Mineralogisch-Geologischen Instituts, Herm Professor Dr. €. Gottsche,
wurde Herr Professor Dr. Gürich, Privatdozent an der Universität
Breslau, zum Sommersemester 1910 berufen.
Die Entwicklung des landwirtschaftlichen Unterrichts führte im
Frühjahr 1910 zur Berufung von Herrn Professor Dr. Fesca, Dozenten
an der Kolonialschule in Witzenhausen, an das Kolonialinstitut.
Mit dem Schlusse des Wimtersemesters 1909/10 folgte Herr
Professor Dr. A. Wahl einem Rufe als ordentlicher Professor der
Geschichte an die Universität im Tübingen. Als Nachfolger kam Herr
Dr. F. Keutgen, a. o. Professor der Geschichte an der Universität Jena,
nach Hamburg.
Dem Lehrkörper traten aus Hamburg entsprechend der Ausdehnung
des Sprachunterriehts bei: Herr Dr. Tschudi, Wissenschaftlicher Hilfs-
arbeiter am Seminar für Geschichte und Kultur des Orients, Herr
Dr. Ziebarth, Oberlehrer am Wilhelm-Gymnasium, ferner Herr Cortzjo,
Fräulein Zy, Herr E. T. Harris und Herr Dr. (©. Lavoipiere. Die Vor-
lesung über Bilanzkunde wurde Herrn Bücherrevisor Koock übertragen.
Wie im vorigen, so wurden auch in dem neuen Berichtsjahre mehrere
Vorlesungen von auswärtigen Herren übernommen. Herr Regierungsrat
Dr. Graef in Düsseldorf las wiederum im Wintersemester über Verwal-
tungspraxis in den deutschen Kolonien. Zu Beginn des Sommersemesters
hielt Herr Pastor D. Paul in Lorenzkirch eine Reihe von Vorträgen
über die Mission in den deutschen Kolonien. Im Wintersemester sprach
feıner Herr Dr. Voß, Handelssachverständiger am Generalkonsulat in
Rio de Janeiro, über „Die Gebräuche im Handel in Brasilien, insbesondere
im Innern“. Herr Major Langheld gab eine „Vergleichende Übersicht
über die Kolonialarmeen der europäischen Mächte“ und sprach ferner
über „Die Fechtweise der afrikanischen Eingeborenen und die daraus
resultierende Abänderung unsrer Gefechtsführung“. Am Schlusse des
Sommersemesters endlich berichtete Herr Dr. Egon Fr. Kirschstein über
„Erlebnisse und Forschungen am Kiwu-See“.
In dem zweiten Studienjahre gehörten demnach dem Kolonialinstitut
die folgenden 47 Dozenten an.
Mitglieder des Professorenrats:
Becker, Dr. phil., Professor der Geschichte und Kultur des Orients,
Franke, Dr. phil., Professor der Sprachen und Geschichte Ostasiens,
Gürich, Dr. phil., Professor, Direktor des Mineralogisch-Geologischen
Instituts,
Keutgen, Dr. phil., Professor der Geschichte (vom SS. 10 ab),
Kraepelin, Dr. phil., Professor, Direktor des Naturhistorischen Museunis,
Marcks, Geheimrat, Dr. phil., Professor der Geschichte,
Meinhof, LL. D., Professor der afrikanischen Sprachen,
Hamburgisches Kolonialinstitut. 39
Nocht, Dr. med., Professor, Medizinalrat, Leiter des Instituts für Schifis-
und Tropenkrankheiten,
Passarge, Dr. phil., Professor der Geographie,
Perels, Dr. jur., Professor des öffentlichen Rechts,
Rathgen, Dr. rer. pol., Professor der Nationalökonomie,
Schorr, Dr. phil., Professor, Direktor der Sternwarte,
Thrlenzius, Dr. med., Professor, Direktor des Museums für Völkerkunde,
Zacharias, Dr. phil., Professor, Direktor der Botanischen Staatsinstitute.
Dozenten mit Lehrauftrag:
Brick, Dr. phil., Professor, Wissenschaftlicher Assistent an den Botanischen
Staatsinstituten, Station für Pflanzenschutz,
Oortijo, Direktor der Berlitz School of Languages,
Frl. Ey, Lehrerin der portugiesischen Sprache,
Fesca, Dr. phil.. Professor der Landwirtschaft,
Förster, Dr. phil., Rat,
Filleborn, Dr. med., Professor, Kaiserl. Regierungsarzt, Oberstabsarzt a.D.
der Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika, Abteilungsvorsteher am
Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten,
lage, Professor, Obertierarzt,
Graef, Dr. jur., Regierungsrat, Düsseldorf,
Graf, Dr. phil., Observator an der Sternwarte,
Hagen, Dr. phil., Professor, Vorsteher der ostasiatischen Abteilung am
Museum für Völkerkunde,
Harris, A. A., F. C.I., Lehrer der englischen Sprache,
Heering, Dr. phil., Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an den Botanischen
Staatsinstituten,
Klebahn, Dr. phil., Professor, Wissenschaftlicher Assistent an den
Botanischen Staatsinstituten,
Koock, Bücherrevisor,
Lawenstein, Dr. med., Oberarzt am Hafenkrankenhaus,
Lavoipiere, Dr. phil., Lehrer der französischen Sprache,
Läbbert, Fischereidirektor,
Michaelsen, Dr. phil., Professor, Wissenschaftlicher Assistent am Natur-
historischen Museum,
Neumann, Dr. phil., Direktor des Schlachthofes,
Obst, Dr. phil., Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Seminar für Geographie,
Ollwig, Dr. med., Professor, Wissenschaftlicher Assistent am Institut für
Schiffs- und Tropenkrankheiten,
Paul, D., Pastor in Lorenzkirch (Königreich Sachsen),
Peter, Dr. phil., Professor, Staatstierarzt,
Radlauer, Dr. jur. et rer. pol., Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Seminar
für öffentliches Recht und Kolonialrecht,
40 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Schmidt, Dr. jur., Referendar und Dolmetscher,
Schwaßmann, Dr. phil.. Observator an der Sternwarte,
Sokolowsky, Dr. phil., Direktorial-Assistent am Zoologischen Garten in
Hamburg,
Sperber, Oberingenieur,
Tschudi, Dr. phil., Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Seminar für Ge-
schichte und Kultur des Orients,
Uhde, Baumeister,
Voigt, Dr. phil., Professor, Wissenschaftlicher Assistent an den Botanischen
Staatsinstituten,
Wagemann, Dr. phil., Wissenschaftlicher Assistent am Seminar für
Nationalökonomie und Kolonialpolitik,
Winter, Kaidirektor,
Ziebarth, Dr. phil., Oberlehrer.
Wissenschaftliche Anstalten und Seminare.
Über die Entwicklung der Wissenschaftlichen Anstalten, die dem
Kolonialinstitut angegliedert sind, wird fortlaufend in dem ‚Jahrbuch
der Wissenschaftlichen Anstalten‘ berichtet. Die Beziehungen der natur-
wissenschaftlichen Anstalten zum überseeischen Handel Hamburgs sind
von jeher den Sammlungen zugute gekommen und haben aus den Kolonien
und den verwandten fremden Gebieten reiches Material ergeben. Durch
die Errichtung des Kolonialinstituts wurde die besondere Pflege der
kolonialen Sammlungen erwünscht, und die Anstalten konnten durch
Vermittlung der Zentralstelle oder durch ihre früheren Verbindungen
ihre Bestände an kolonialem Material erheblich vermehren.
Die wissenschaftlichen Sammlungen des Naturhistorischen
Museums haben im Laufe des verflossenen Jahres eine nicht unwesentliche
Bereicherung aus unsren Kolonien erfahren. So lieferte die Hamburgische
Südsee-Expedition von Neu-Guinea an Reptilien 195 Nummern, an Fischen
675 Nummern, während daneben aus Kiautschou 35, aus Samoa 175,
aus Togo 55 Nummern Fische zur Bestimmung eingingen. Der Zuwachs
an Insekten aus den deutschen Kolonien belief sich auf rund 4500 Exemplare,
wobei namentlich Deutsch-Südwestafrika (mit 3110 Exemplaren) reich
vertreten ist. An biologischen Objekten, die zugleich auch als Demon-
strationsmaterial willkommen waren, erhielt das Museum Bauten wilder
Bienen nebst Proben von Honig, Nester des ostafrikanischen Seidenspinners,
schädliche Käfer der Kokospalme, Psylliden-Gallen aus Deutsch-Ost-
afrika; Termitenbauten, Schädlinge der Kakao- und Kautschukpflanzungen
nebst Larven, Fraßstücken usw. von Deutsch-Westafrika; Kokospalmen-
blätter mit Alenrodide von Neu-Guinea. Auch das Kgl. Zool. Museum
in Berlin überwies der Anstalt eine Kollektion schädlicher Wanzen und
Hamburgisches Kolonialinstitut. 41
Zikaden aus den Kolonien. 1133 Spinnen, 1800 Schnecken, darunter
3 den Pflanzenkulturen in Kamerun schädliche, 150 Nummern Würmer
und eine Reihe von Elfenbeinproben ost- und westafrikanischer Elefanten
vervollständigen das Verzeichnis der Eingänge aus den Kolonien. Von
den Vorräten der Bockkäfer wurden 553 Exemplare aus Deutsch-West-
afrika durch einen Spezialisten authentisch bestimmt. Für die Vor-
lesungen wurde eine Anzahl neuer Tafeln gezeichnet und das dem
Unterricht dienende Demonstrationsmaterial der Schausammlung den
Bedürfnissen entsprechend ergänzt.
Die Botanischen Staatsinstitute verzeichnen eine große Reihe
von Erwerbungen, die vor allem das Gebiet der Kolonialwirtschaft
betreffen.
Aus dem Nachlasse des Sir Dietrich Brandis, langjährigen General-
forstmeisters von Britisch-Ostindien, wurde sein wertvolles Herbarium
und eine reichhaltige wissenschaftlich durchgearbeitete Sammlung von
Nutzhölzern jener Gebiete erworben. Ebenfalls aus besonders bewilligten
Mitteln wurden die Pflanzensammlungen des um die Erforschung des
Amazonasgebietes Südamerikas verdienten Forschungsreisenden und
Botanikers F. Ule angekauft. Sie enthalten wichtiges Material über die
Kautschukpflanzen Brasiliens.
Durch die Vermittlung der Zentralstelle des Kolonialinstituts er-
hielten die Sammlungen reichen Zuwachs an Landesprodukten, Boden-
proben und lebenden Pflanzen von den Gouvernements in Togo, Kamerun,
Deutsch-Südwestafrika, Deutsch-Ostafrika, Neu-Guinea und der Südsee.
Der Kaiserliche Vizekonsul in Entebbe sandte Holzproben aus
Uganda, und durch Vermittlung von Professor Schweinfurt erhielt das
Institut eine Sammlung von Sämereien aus dem Nandidistrikt, Britisch-
Ostafrika. Über die Nutzpflanzen und deren Produkte aus Abessimien
brachte eine Hagenbecksche Karawane reiches Material.
Durch die Deutsche Kolonialgesellschaft wurde die wissenschaft-
liche Erforschung der südwestafrikanischen Weidegebiete angeregt.
Den Instituten ging zu diesem Zweck reichhaltiges Material an Boden-
proben und Futterpflanzen zu, die zum Teil schon bearbeitet sind und
auf der Wanderausstellung der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft
in Hamburg bereits übersichtlich zusammengestellt vorgeführt werden
konnten.
Zwei wissenschaftlichen Beamten der Institute war ferner die Ge-
legenheit geboten, im letzten ‚Jahre Forschungsreisen nach Deutsch-
Ostafrika und den Kanarischen Inseln zu unternehmen. Auch diese
Unternehmungen brachten den Instituten beträchtlichen Zuwachs von
Sammlungsmaterial und von anschaulichen Vegetationsbildern aus den
genannten Gebieten.
42 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Das Mineralogisch-Geologische Institut erhielt fortlaufend von
Hamburger Firmen Zusendungen, deren mineralogische Untersuchung mit
Berücksichtigung der technischen Verwendbarkeit in dem Institut erfolgt.
Die Sammlungen gelangen dadurch in den Besitz eines sehr vielseitigen
Materials und oft sehr interessanter Belegstücke. Besonders vertreten
ist Deutsch-Südwestafrika durch Kupfererze, Marmor, Blaugrund und
Diamantensand usw.
Der Besuch der Seminare ist im Berichtsjahre ein durchaus reger
gewesen. Das Seminar für Nationalökonomie und Kolonialpolitik
ist in der früher genannten Richtung weitergeführt worden, und die
Bibliothek, in der besondere Aufmerksamkeit der Kolonialwirtschaftlichen
Literatur geschenkt wird, umfaßt zurzeit etwa 2200 Bände.
Das Seminar für öffentliches Recht und Kolonialrecht
wurde durch eine Schausammlung erweitert, deren Ausbau sich der
besonderen Förderung durch die Gouverneure der Kolonien und durch
den Kaufmännischen Beirat erfreuen konnte. Das Anschauungsmaterial
ist dem Rechtsleben der Kolonien entnommen und umfaßt u. a. Frei-
briefe, Jumbenscheine, Kauf- und Pachtverträge, Gewerbescheine, Ein-
eeborenendienstbücher, Pässe, Gerichtsurteille usw. In der Bildung
begriffen ist ein Archiv, das die deutschen Kolonialrechtsnormen in
systematischer Ordnung aufzunehmen bestimmt ist; die Gruppen „Straf-
rechtspflege“ und „körperschaftliche Selbstverwaltung“ sind im Berichts-
jahre zum Abschluß gelangt und nur noch der Fortschreibung bedürftig.
Weitere Gruppen sind in der Ausarbeitung begriffen. Die Bibliothek
des Seminars ist im Berichtsjahre von rund 300 auf rund 2000 Bände
angewachsen. Benutzt wurde das Seminar nicht nur von den Hörern
und Hospitanten des Kolonialinstituts, sondern auch von auswärtigen
und ausländischen Interessenten.
Das Seminar für Geographie besitzt nunmehr eine Bibliothek
von rund 800 Bänden und hält 29 Zeitschriften. Neu eingerichtet wurde
eine Sammlung von Sonderabzügen, deren Zahl über 1700 beträgt. Die
Sammlung von Diapositiven ist auf 1230 angewachsen.
Im Historischen Seminar wurde der alphabetische Katalog der
etwa 1500 Bände umfassenden Bibliothek nahezu vollendet.
Das Seminar für Geschichte und Kultur des Orients wurde
zu Ostern 1910 in eigene Räume übergeführt.
Die Seminarbibliothek wuchs über die etatsmäßige Vermehrung
hinaus durch namhafte Geschenke und umfaßt zurzeit nahe an 600 Bände.
Als Leihgaben wurden dem Seminar überwiesen: von dem Museum für
Völkerkunde mehrere zu Unterrichtszwecken geeignete ethnographische
Gegenstände, von der Norddeutschen Mission Amulette und Handschriften
aus den Haussaländern, eine Sammlung von Zeitungsausschnitten über
Hamburgisches Kolonialinstitut. 43
orientalische Angelegenheiten von der Zentralstelle des Kolonialinstituts,
eine Sammlung von etwa 350 Stück arabischen Münzen und Stempeln
von dem Direktor. Das große Interesse, das die Kolonialverwaltung
dem Kolonialinstitut zuwendet, und die Aufmerksamkeit, mit der seine
wachsenden Hilfsmittel von den Gouvernements verfolgt und auch sofort
benutzt werden, traten besonders deutlich hervor, als der Gouverneur
von Ostafrika kurze Zeit nach der Einrichtung des Seminars ein aus-
führliches Gutachten über eine umfangreiche in Daressalam konfiszierte
Sammlung arabischer Bücher erbat. Die Sammlung wurde dem Seminar
überlassen und erwies sich als wissenschaftlich außerordentlich wertvoll,
da sie zum ersten Male die Möglichkeit gab, die literarischen Grund-
lagen des ostafrikanischen Islams zu studieren.
Das Seminar für Kolonialsprachen wurde im Wintersemester
1909/10 eingerichtet. Die Bibliothek umfaßt etwa 300 Bände sprach-
licher und phonetischer Literatur. Als Anfang eines phonetischen Kabinetts
wurden Hilfsmittel beschafft, die den Bau und die Bewegungen der
Sprachorgane demonstrieren und Anleitung für die Untersuchung un-
bekannter Laute geben; die nötigen akustischen Apparate wurden von
dem Physikalischen Staatslaboratorium zur Verfügung gestellt. Der
Unterricht erstreckte sich auf Suaheli und Duala.
Das Ostasiatische Seminar wurde im April 1910 eröffnet.
Für die Einrichtung und den Ausbau wurden ebenso wie für das Seminar
für Kolonialsprachen einmalig M. 5000 und fortlaufend M. 2200 bewilligt.
Dem Wesen des Kolonialinstituts entsprechend, soll die Bibliothek nicht
nur die Literatur über das neuzeitliche Ostasien enthalten, sondern
auch die über das ältere und älteste, soweit das Verständnis der ge-
schichtlichen Zusammenhänge dies bedingt. Bis jetzt zählt die Bibliothek
153 Bände. Außerdem hält das Seminar die wichtigsten wissenschaft-
lichen Zeitschriften über Ostasien und eine Anzahl von chinesischen
Tageszeitungen. Der Unterricht im Seminar wurde im Sommersemester 1910
zunächst mit einer kleinen Zahl von Anfängern — Kaufleuten und
Beamten — aufgenommen.
Mit Ausnahme des Historischen und des Ostasiatischen sind an den
Seminaren wissenschaftliche Hilfsarbeiter beschäftigt, die auch einzelne
Vorlesungen halten oder den Seminardirektoren bei den Übungen assistieren:
Seminar für Nationalökonomie und Kolonialpolitik: Herr Dr. Wagemann.
Seminar für öffentliches Recht und Kolonialrecht: Herr Dr. Radlauer,
vom Wintersemester 1910/11 ab auch Herr Dr. Müeller-Mittler.
Seminar für Geschichte und Kultur des Orients: Herr Dr. F\. F\ Schmidt,
vom Sommersemester 1910 ab Herr Dr. F. Tschudt.
Seminar für Geographie: Herr Dr. Obst, vom Wintersemester 1910/11
ab Herr Dr. Aremer.
44 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Seminar für Kolonialsprachen: Außer dem seit dem Wintersemester 1909/10
für Suaheli angestellten Lektor Mtoro bin Mwengi Bakari aus
Bagamoyo wurden im Sommersemester 1910 an das Seminar berufen
Herr Dr. Panconcelli-Calzia als Assistent für experimentelle Phonetik
und Herr M. Heepe.
Unterricht.
Die Entwicklung des Unterrichts kommt zunächst äußerlich in
der Zahl der gehaltenen Vorlesungen und Kurse zum Ausdruck:
WS, LOB 17 Vorlesungen und Übungen
ee Le U ee 30
WS INI TO 50 r
ID ID Fe 54 "
Der Vergleich der verschiedenen Verzeichnisse gibt ein deutliches Bild
von der Entwicklung des Unterrichts, und schon die Gruppierung der
einzelnen Vorlesungen unter bestimmte Überschriften spiegelt die während
der einzelnen Semester gewonnenen Erfahrungen wieder. Im Verzeichnis
des ersten Wintersemesters sind die Vorlesungsgruppen lediglich durch
Striche voneinander getrennt und knüpfen an das Herkommen an:
Geschichte, Recht, Staatswissenschaft. Landes- und Völkerkunde, Natur-
wissenschaften, Sprachen. In dem folgenden Sommersemester werden
bereits allgemeine Kolonialvorlesungen, die jeder Hörer des Instituts
hören sollte, unterschieden, und zu ihnen gehören 1) Geschichte, Rechts-
und Staatswissenschaften, 2) Geographie und Ethnologie, 3) angewandte
Naturwissenschaften. Die speziellen Kolonialvorlesungen dagegen wandten
sich an Hörer, die eine bestimmte Kolonie oder einen bestimmten Beruf
im Auge hatten, so die Gruppen der Sprachen, der Kolonialverwaltung, der
Kolonialwirtschaft. Mit dem Wintersemester 1909/10 wurde die Zerlegung
der Vorlesungen in allgemeine und spezielle aufgegeben, die sichere
Orientierung und der Zusammenschluß der einzelnen Vorlesungen nach
neuen Gesichtspunkten finden in den Verzeichnissen der Semester 1909/10
und 1910 ihren Ausdruck.
Vom Wintersemester 1909/10 ab wurden die Vorlesungen und
Übungen in der folgenden Einteilung angekündigt:
I. Vorlesungen: WS. 1909/10 SS.1910
1. Geschichte, Rechts- und Staatswissenschaften > 3
9: Kolonialwirtschater ara en ee 10 20
3. Landes- un® Völkerkunde ar 3 T
4 Naturwissensehattennı. ses re 4 —
Bhlyolche Bra al 3 —
B: :Sprachen»9#-..2. LASSEN EN Er 14 20
Il. Unterricht in technischen Hiltsfächern ....... 2 4
Ill. Unterricht in körperlichen Übungen ........ 2 5)
Haimnburgisches Kolonialinstitut. 45
Auch innerhalb der Gruppen haben sich Änderungen vollzogen.
Eine stark besuchte Vorlesung wie die von Herrn Professor Dr. Voryt
über koloniale Nutzpflanzen mußte in Parallelkursen gehalten werden,
die Phytopathologie und die Lehre von den tierischen Schädlingen wurden
in besonderen Vorlesungen angekündigt. Neu aufgenommen wurde u.a.
die Vorlesung über Bilanzkunde.
Die Einführung anderer Vorlesungen hing mit der Vorbildung der
Hörer zusammen. Es ist schon in dem Berichte über das erste Studien-
jahr ausgeführt worden, daß die große Ungleichheit in der Vorbildung
hohe Ansprüche an den Dozenten stellt, indessen konnten diese Schwierig-
keiten überwunden werden. Wesentlich ernster war die Erfahrung, dab
die Vorbildung starke Lücken aufwies, so daß anfangs einige Vorlesungen
allzusehr mit elementaren Darlegungen belastet werden mußten zum
Nachteil des eigentlichen Themas. Auf dem Gebiete der Rechtswissenschaft
erwies es sich als unmöglich, Juristen gleichzeitig mit Hörern ohne
juristische Vorbildung in das Kolonialrecht einzuführen, und dadurch
wurde eine Vorlesung „Übungen zur Einführung in das Kolonialreeht”
für Nichtjuristen notwendig. Die Dozenten der kolonialwirtschaftlichen,
der naturwissenschaftlichen und verwandten Fächer hatten über Lücken
der Vorbildung, man könnte fast sagen der Allgemeinbildung, auf natur-
wissenschaftlichem und technischem Gebiete zu klagen. Bei der Be-
sprechung der industriellen Verwertung der Rohstoffe wurden selbst
einfache technische Vorstellungen vermißt, und der Erfolg der Vorlesungen
über Tierzucht und Nutzpflanzen, aber auch über Tropenhygiene und
Völkerkunde wurde durch das Fehlen biologischer Begriffe beeinträchtigt.
Neu aufgenommen wurde daher eine Vorlesung über Maschinenwesen,
die gleichzeitig als Erweiterung und Ergänzung der kolonialwirtschaftlichen
Vorlesungen dient, und die naturwissenschaftlichen Vorlesungen wurden
durch die Einfügung einer „Einführung im die biologischen Wissen-
schaften“ entlastet.
Ausgebaut wurde zunächst der Sprachunterricht von 2 auf 20 Kurse.
Im ersten Semester (1908/09) waren nur eine „Einführung in das Kisuaheli“
und eine „Einführung in die chinesische Umgangssprache“ angekündigt.
Im Sommersemester 1909 kamen Englisch und Schriftarabisch hinzu, das
Verzeichnis des Wintersemesters 1909/10 führt weiterhin Englisch für An-
fänger und Fortgeschrittene, Französisch, Spanisch, Portugiesisch, Neu-
Griechisch und Duala für Anfänger auf. Im Sommersemester 1910 endlich
wurden gelehrt Suaheli, Chinesisch, ‚Japanisch, Arabisch, Türkisch, Neu-
Griechisch, Englisch, Französisch, Spanisch, Portugiesisch.
Die Entwicklung des Sprachunterrichts folgte den Bedürfnissen, zumal
den Wünschen der Hamburger Kaufmannschaft. Daß der Unterricht sich
nicht auf die deutschen Kolonien beschränken sollte, selbst wenn dies sachlich
46 Hamburgisches Kolonialinstitut.
möglich wäre, und ebensowenig lediglich für die späteren Kolonialbeamten
berechnet sein konnte, ergab sich bereits aus der Errichtung der islamischen
und sinologischen Professuren. Überdies wies schon eine ökonomische Über-
legung darauf hin, daß die für die Bedürfnisse der deutschen Kolonien not-
wendigen Vorlesungen eine weit bessere Nutzung bieten müßten, wenn sie
dureh einige weitere Vorlesungen und Kurse so weit ergänzt würden, daß die
Hörer und Hospitanten die für jedes verwandte überseeische Gebiet
notwendige Ausbildung am Kolonialinstitut erlangen können. Die Ent-
wicklung des Unterrichts vollzog sieh daher tatsächlich in der von Anfang
an erwarteten Richtung, und die Aufgabe des Professorenrats war zu-
nächst die Ausarbeitung von Studienplänen für bestimmte Berufe und Gebiete.
Während den späteren Kolonialbeamten die nach den Kolonien
verschiedenen Studienpläne im Einvernehmen mit dem Professorenrate
vorgeschrieben sind und darauf Rücksieht nehmen, daß die beamteten
Hörer dem Institut vorerst nur auf zwei Semester überwiesen werden
können, ist die Ausdehnung des Lehrgangs für Kaufleute und Pflanzer
auf vier Semester in Aussicht genommen worden. Die Studienpläne für
Angehörige dieser Berufe sollen ferner nach den Gebieten Afrika, West-
asien, Ostasien, Mittel- und Südamerika unterschieden werden. Eine
Zeitlang hatte man angenommen, das Kolonialinstitut könne sich darauf
beschränken, Kaufleuten und Pflanzern, die ihre Ausbildung bereits ab-
geschlossen hatten, diejenige Ergänzung ihres Wissens zu geben, die sie
zu selbständiger Arbeit in überseeischen Gebieten befähigt. Die Erfahrung
lehrte indessen sehr bald. daß das Kolonialinstitut seine Aufgabe weiter
fassen mußte. Der Unterricht bedurfte der einheitlichen Organisation,
und zunächst entstand der Studienplan für Landwirte, die sich tropischen
oder subtropischen Gebieten zuwenden wollen.
Der Unterricht über einzelne Gebiete der tropischen Landwirtschatt,
wie er in den ersten Semestern erteilt wurde, wendete sich in erster
Linie an Beamte, Kaufleute usw. und bot den Landwirten nur gewisse
notwendige Ergänzungen. Immerhin stieg die Zahl der wirtschaftlichen
Vorlesungen vom ersten bis zum vierten Semester von 5 auf 18.
Mit dem Wintersemester 1910/11 wird ein vollständiger landwirt-
schaftlicher Unterricht für solche Personen eingerichtet, die nach Be-
endigung der praktischen Lehrzeit eine allgemeine landwirtschaftliche
Vorbildung unter besonderer Berücksichtigung tropischer Verhältnisse zu
erwerben wünschen. Sie können daher ihre vollständige theoretische
Ausbildung für tropische Landwirtschaft inHamburg erhalten. Der Studien-
plan erstreckt sich über vier Semester und umfaßt die folgenden Vorlesungen:
a. Landwirtschaft: Allgemeiner Acker- und Pflanzenbau der Tropen
(Klima-, Boden-, Pflanzenernährungs- und Düngerlehre). Plantagen- und
Farmwirtschaft. Spezieller Pflanzenbau der Tropen (Züchtung der Kultur-
Hamburgisches Kolonialinstitut. 47
pflanzen). Übungen im landwirtschaftlichen Laboratorium. Kolloquium
und seminarische Übungen aus dem Gebiete der tropischen Landwirt-
schaft. Technisch-mikroskopische Untersuchungen von landwirtschaft-
lichen Erzeugnissen der Tropen. Koloniale Nutzpflanzen, Krankheiten
der tropischen Kulturpflanzen. Tierische Schädlinge der Kulturpflanzen
der Kolonien. Anlage und Bewirtschaftung tropischer Nutzgärten. All-
gemeine Tierzucht (Züchtungslehre). Die Lehre von der Fütterung und
Aufzucht der Tiere. Pferde- und Rindviehzucht mit Berücksichtigung
der Verhältnisse der Kolonien. Kleinviehzucht mit Berücksichtigung der
Verhältnisse der Kolonien. Schafzucht und Wollkunde mit Übungen.
Tierische Ernährungslehre. Die Milch und ihre Verwertung, mit Übungen
im Untersuchen der Milch und Molkereiprodukte. Übungen über die
Verhältnisse der Tierzucht in den Kolonien. Demonstrationen von Nutz-
und Haustieren der deutschen Kolonien. Staatliche und private Maß-
nahmen zur Hebung der Tierzucht. Landwirtschaftliche Maschinenkunde.
Nivellieren und Feldmessen. Nutzung von Fischgewässern an der Küste
und im Binnenlande. Buchführung.
b. Veterinärkunde: Anatomie und Physiologie der Haustiere,
. verbunden mit der Lehre vom Exterieur. Tierseuchen. Tropische Tier-
seuchen und ihre Erreger. Gesundheitspflege der Haustiere. Erste Hilfe
bei äußeren und inneren Krankheiten. Besprechung forensischer Fälle
mit Demonstrationen.
c. Naturwissenschaften und andere Fächer: Experimental-
physik. Anorganische und organische Experimentalchemie. Allgemeine
Botanik. Spezielle Botanik. Pflanzengeographie mit Berücksichtigung
der natürlichen Grasvegetation der Kolonien. Allgemeine Zoologie. Die
Tierwelt unserer afrikanischen Kolonien. Die bodenbildenden Mineralien
und Gesteine. Geologie. Landeskunde der Kolonien. Allgemeine Völker-
kunde. Völkerkunde der deutschen Kolonien. Tropenhygiene. Anleitung
zum Haus-, Wege- und Brückenbau in den Kolonien.
d. Rechts- und Staatswissenschaft: Praktische Volkswirt-
schaftslehre. Kolonialpolitik.
Außerdem wird den Landwirten der Besuch, der folgenden Vor-
lesungen empfohlen: Kolonialgeschichte. Einführung in die Rechts-
wissenschaft. Verwendung und Zubereitung von Nahrungsmitteln in den
Tropen, einschließlich Fleischbeschau usw.
Selbstverständlich ist den Landwirten Gelegenheit geboten, auch
an allen übrigen Vorlesungen, speziell dem Sprachunterricht des Kolonial-
instituts teilzunehmen und auch die Vorlesungen des Allgemeinen Vor-
lesungswesens zu hören.
Der landwirtschaftliche Unterricht über Pflanzenbau, Bodenkunde,
Phytopathologie usw. sowie über tierische Schädlinge findet in den
48 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Botanischen Staatsinstituten und dem Naturhistorischen Museum statt.
Für die Vorlesungen und Übungen über Tierzucht und Veterinärmedizin
wurden einige Räume im staatlichen Verwaltungsgebäude des Schlacht-
hofes hergerichtet.
Hier befinden sich auch ein Lesezimmer, das Seminar und die
Sammlungen für den Unterricht in der Tierzucht. Im Lesezimmer
liegen 45 in- und ausländische Fachzeitungen und Zeitschriften aus.
Dem Seminar steht eine Bibliothek von 929 Bänden zur Verfügung.
Die Sammlungen umfassen eine große Zahl von Tierbildern (Schönbeck,
Pferderassen; Ramm, Rinderrassen; von Nathaszus, Rassen und Formen
der Haustiere; Photographien von Nutztieren der Kolonien usw.), die
Modelle und die Schädel der hauptsächlichsten Rassen der landwirt-
schaftlichen Haustiere und Wollen der verschiedenen Produktionsländer.
Des weiteren sind die Einrichtungen für die Beurteilung der Wolle und
für die Untersuchung der Milch und Molkereiprodukte vollständig vorhanden.
Seit der Aufnahme der Veterinärmedizin in den Lehrplan des
Kolonialinstituts ist auch danach gestrebt worden, den Hörern das zur
Erläuterung und Befestigung des Vorgetragenen erforderliche Anschauungs-
material zu bieten. Größtenteils war dieses schon in den Sammlungen
des hamburgischen Veterinärwesens enthalten, die neuerdings noch zweck-
entsprechend ergänzt wurden. Für den anatomisch-physiologischen
Unterricht stehen Skelette, Trockenpräparate, bildliche Darstellungen
und Modelle zur Verfügung. Außerdem werden die anatomischen Formen
und Bestandteile der Haustiere an frischen Präparaten demonstriert.
Denjenigen Hörern, die ihre Kenntnisse in Anatomie erweitern wollen,
steht im Dienstgebäude des Fleischbeschauamtes ein Raum zur Ver-
fügung, in dem Präparierübungen abgehalten werden können. Geeignetes
Material läßt sich aus den Konfiskaten der Fleischbeschau vom Schlacht-
hof beschaffen.
Ziemlich vollständig ist die bei der Bakteriologischen Station des
Veterinärwesens befindliche Sammlung von Dauerpräparaten, an denen
die charakteristischen Veränderungen von äußeren und inneren Tier-
krankheiten zu studieren sind. Darunter sind die Zusammenstellung
von Objekten mit typischen Merkmalen wichtiger Seuchen, ferner krank-
hafte Produkte, wie Steinbildung, Farbstoffablagerungen und tierische
Parasiten gesondert, und in situ mit den erzeugten Abnormitäten und
Zerstörungen der Gewebe besonders hervorzuheben. Ergänzt wird
diese Gruppe durch eine Auswahl gefärbter Ausstriche von pathogenen
und anderen Bakterien.
Eine andere Gruppe der Sammlung umfaßt Demonstrationsobjekte
aus der Fleischbeschau und der animalischen Nahrungsmittelkunde. Zur
Einführung in dieses Gebiet dienen praktische Kurse, die im bakteriologischen
Laboratorium abgehalten werden können. Zumal soll hier die Hand-
Hamburgisches Kolonialinstitut. 49
habung des Mikroskops wenigstens so weit erlernt werden, daß der
Praktikant sich die Fertigkeit aneignet, Schweinefleisch auf Triehinen
und Finnen zu untersuchen. Die Technik der makroskopischen Fleisch-
beschau hingegen kann an den Konfiskaten des Schlachthofes geübt
werden.
Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß interessierten Hörern
auch die praktische Anleitung in der Beurteilung von Pferden und
Rindern nach Rasse und Form sowie hinsichtlieh ihres Gebrauchswertes
geboten wird.
Einen Überblick über die Unterrichtsgebiete ergibt die folgende
Zusammenstellung der gehaltenen Vorlesungen:
Wintersemester 1909/10.
I. Vorlesungen.
1. Geschichte, Rechts- und Staatswissenschaften.
Prof. Dr. Wahl: Allgemeine Kolonialgeschichte der Neuzeit. 2st. (s. S.55.)
Prof. Dr. Perels: Kolonialrecht mit Übungen. 2st. (s. S. 56.)
Dr. Graef (Düsseldorf): Verwaltungspraxis in den deutschen Kolonien. 2st.
SS: 57.)
Prof. Dr. Rathgen: Kolonialpolitik mit Übungen, 1. Teil: 1) Geschieht-
liche Entwicklung der modernen Kolonialpolitik. 2) Die Kolonien
in der Weltwirtschaft, Koloniale Handelspolitik. 3) Die politische
Organisation. 4) Eingeborenenpolitik. 4st. (s. 8. 58.)
Prof. Dr. Rathgen und Prof. Dr. Voigt: Besichtigung von Warenlagern,
Aufbereitungsanstalten und industriellen Anlagen. Alle 14 Tage So.
(8 3.:62.)
2. Kolonialwirtschaft.
Dr. Neumann: 1) Ausgewählte Kapitel der landwirtschaftlichen Tierzucht
mit Berücksichtigung der Kolonien, Il. Teil: Kleinviehzucht usw.
Ist. mit praktischen Demonstrationen. 2) Übungen über die land-
wirtschaftlichen Verhältnisse der Kolonien. insbesondere von Süd-
westafrika. 2st. 3) Landwirtschaftliche Exkursionen nach näheren
Angaben. (s. S. 67.)
Prof. Dr. Peter: Anatomie und Physiologie der Haustiere, verbunden
mit der. Lehre vom Exterieur. 2st. (s. S. 71.)
Prof. Dr. Klebahn: 1) Die Grundlagen der Bodenkunde. Ist. 2) Ein-
führung in die Grundlagen der landwirtschaftlichen Pflanzenzüchtung
und in die Lehre von den Pflanzenkrankheiten. Ist. (s. S. 63.)
Prof. Dr. Voigt: Praktische Übungen im Erkennen und Untersuchen pflanz-
licher Erzeugnisse des Handels. 3st. (s. S. 62.)
50 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Baumeister U’hde: 1) Übersicht über das koloniale Maschinenwesen. 2st.
2) Besichtigung industrieller und gewerblicher Anlagen. Etwa alle
1A Dave 50, (S:./S:-75.)
3. Geographie und Ethnologie.
Prof. Dr. Passarge: Landeskunde der deutschen Kolonien. 2st. (s. S. 76.)
Dr. Obst: Landeskunde von Deutsch-Ostafrika. 2st. (s. S. 76.)
Dr. Graff: Anleitung zu Himmelsbeobachtungen mit einfachen Instru-
menten und zu anderen wissenschaftlichen Beobachtungen auf Reisen,
verbunden mit einem abendlichen Besuche der Sternwarte in Berge-
dorf. 2 Stunden an 5 Tagen. (s. S. 76.)
Prof. Dr. Becker: Allgemeine Islamkunde. 2st. (s. S. 77.)
Prof. Dr. Thilenius: Allgemeine Völkerkunde. 2st. (s. S. 77.)
4. Naturwissenschaften.
Prof. Dr. Kraepelin: Einführung in die biologischen Wissenschaften. 2st.
(s. S. 65.)
Prof. Dr. Michaelsen: Die Tierwelt unserer afrikanischen Kolonien. 1st.
(s. 8. 66.)
Prof. Dr. Voigt: Koloniale Nutzpflanzen, ihre Kultur, ihre Produkte
und ihre Schädlinge. 2st. mit Demonstrationen. (s. 8. 61.)
Prof. Dr. Voigt und Prof. Dr. Rathgen: Besichtigung von Warenlagern,
Aufbereitungsanstalten und industriellen Anlagen. 14tägig So. (s.S.62.)
Dr. Heering: Grundzüge der Pflanzengeographie unter besonderer Be-
rücksichtigung der deutschen Kolonien. 6 Stunden. (s. S. 65.)
5. Hygiene.
Prof. Dr. Nocht: Tropenhygiene. 2st. mit Demonstrationen und Übungen.
Kassen)
Prof. Dr. Fülleborn und Prof. G/age: Verwendung und Zubereitung der
Nahrungsmittel in den Tropen einschl. Fleischbeschau (Kochkursus).
ist. (8. S. 78/79.)
Dr. Lauenstein: Samariterkursus. Ist. (s. 8. 79.)
6. Sprachen.
Harris: 1) Englisch für Anfänger. 2st. 2) Englisch für Fortgeschrittene.
2st. 3) Englisch für Fortgeschrittenere. 2st. (s. S. 81.)
Dr. Lavoipiere: 1) Französisch für Anfänger. 2st. 2) Französisch für
Fortgeschrittene. 2st. (s. S. 82.)
Cortijo: Spanisch für Anfänger. 2st. (s. S. 82.)
Frl. Ey: Portugiesisch für Anfänger. 2st. (s. S. 83.)
Dr. Ziebarth: Neu-Griechisch für Anfänger. 2st. (s. S. 31.)
Dr. Schmidt: Arabisch I. Kurs, für Anfänger. 2st. (s. S. 81.)
Hamburgisches Kolonialinstitut. 51
Prof. Meinhof: 1) Kisuaheli I. Kurs, für Anfänger. 2st. 2) Kisuaheli
I Kurs. st. 3) Duala ]. Kurs. 2st. @. 8.. 30.)
Prof. Dr. Hagen: Einführung in die chinesische Umgangssprache. 3st.
‘. Koloniale Praxis.
Dr. Voß, Handelssachverständiger am Kaiserlichen Generalkonsulat in
Rio de Janeiro: Die Gebräuche im Handel in Brasilien. insbesondere
im Innern.
Major Langheld (Charlottenburg): Vergleichende Übersicht über die
Kolonialarmeen der europäischen Mächte. Die Fechtweise der
afrikanischen Eingeborenen und die daraus resultierende Abänderung
in unserer Gefechtsführung.
ll. Unterricht in technischen Hilfsfächern.
Prof. Dr. Michaelsen: Anleitung zum Abbalgen von Vögeln und Säuge-
tieren. 4—6 Stunden. (s. S. 67.)
Prof. Dr. Vorgt: Demonstrationen von Ausrüstungen für botanisches
Sammeln auf Reisen. 2 Stunden.
In Aussicht genommen sind
1) Kursus der Photographie | 1
, FEN nach Vereinbarung.
2) Unterricht im Zeichnen )
II. Unterricht in körperlichen Übungen.
Reitunterricht.
Fechtunterricht.
Zur Ergänzung der Vorlesungen des Kolonialinstituts wurden die
Hörer und Hospitanten auf die folgenden allgemeinen Vorlesungen und
Übungen hingewiesen:
Dr. Ritter: Grundzüge des bürgerlichen Rechts.
Dr. Leo: Einführung in das Handelsrecht.
Dr. Schaps: Praktikum über Seerecht.
Prof. Dr. Rathgen: Wirtschaftskrisen, Praktische Volkswirtschaftslehre,
Volkswirtschaftliche Übungen.
Dr. Wagemann: Vorlesung und Übungen über Geld und Banken.
Prof. Dr. Wiedenfeld (Cöln): Die Organisation des Handels in Ostafrika.
Dr. Stubmann: Die Grundlagen der modernen Verkehrspolitik.
Dr. Haas: Wirtschaftliche und politische Zustände in den Vereinigten
Staaten von Amerika.
Öffentlicher Vortragszyklus über persönliche Hygiene, abge-
halten von Ärzten des Krankenhauses St. Georg.
Prof. Meinhof: Die Aufgaben der modernen Sprachforschung in Afrika.
4*
52 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Prof. Rosset (Grenoble): Esquisse des Origines et du Developpement de
la Langue francaise. In französischer Sprache.
Preston: Makers of English History. In englischer Sprache.
Prof. Dr. Hagen: Japanisches Praktikum für Anfänger.
Hara: Japanisches Praktikum für Geübtere.
Prof. Dr. Becker: Die Kultur des Orients im Zeitalter der Kalifen.
Prof. Dr. Franke: Ostasiatische Kulturprobleme.
Prof. Dr. Passarge: 1) Allgemeine Geographie als Grundlage der Landes-
kunde. 2) Geographische Übungen (meteorologische Instrumente
und anderes) in zu verabredenden Stunden.
Dr. Obst: Geschichte der geographischen Erforschung Afrikas.
Dr. Reche: Ethnographie der Südsee.
Fischereidirektor Läbbert: Die Seefischerei Großbritanniens.
Dr. Schwaßmann: Die Methoden der geographischen Ortsbestimmung
aus astronomischen Beobachtungen mit praktischen Übungen, für
Fortgeschrittenere.
Prof. Dr. Voigtländer: Nahrungs- und Genußmittel und ihre Fälschungen.
Sommersemester 1910.
I. Vorlesungen.
1. Geschichte, Rechts- und Staatswissenschaften.
Prof. Dr. Keutgen: Allgemeine Kolonialgeschichte der Neuzeit, I. Ist.
(5: 8-53))
Prof. Dr. Perels: Kolonialrecht, II. Teil. 2st.(s. S. 56.)
D. Paul (Lorenzkirch): Die Mission in den deutschen Kolonien. 3mal
2 Stunden. (s. S. 55.)
1) Organe der Missionstätigkeit. Die Arbeitsweise der Missionen.
2) Stand der Mission in Deutsch-Ostafrika und in den westafrika-
nischen Gebieten. 3) Stand der Mission in der Südsee und Kiautschou.
Die Mission und das Schulproblem.
Dr. Graef (Düsseldorf): Verwaltungspraxis in den Kolonien mit besonderer
Berücksichtigung der Eingeborenenverwaltung. Alle 14 Tage 2st.
(Sr Br
Prof. Dr. Rathgen: Kolonialpolitik mit Übungen. Il. Teil: Koloniale
Wirtschaftspolitik. 4st. (s. S. 58.)
Prof. Dr. Rathgen und Prof. Dr. Voigt: Besichtigung von Warenlagern,
Aufbereitungsanstalten und industriellen Anlagen. Alle 14 Tage So.
(s23.62.)
Koock: Buchführung und Bilanzkunde mit Übungen. 2st. (s. S. 59.)
Dr. Radlauer: Übungen zur Einführung in das Kolonialrecht für Hörer ohne
juristische Vorbildung. 2st. (s. S. 60.)
Hamburgisches Kolonialinstitut. 53
2. Kolonialwirtschaft und angewandte Naturwissenschaften.
Prof. Dr. Fesca: Einführung in die tropische und subtropische Land-
wirtschaft. 2st. (s. S. 61.)
Prof. Dr. Voigt: 1) Praktische Übungen im Erkennen und Untersuchen
pflanzlicher Erzeugnisse des Handels. 3st. 2) Koloniale Nutzpflanzen,
ihre Kultur und ihre Produkte. 2st. mit Demonstrationen. (s. S. 62.)
Prof. Dr. Vorgt und Prof. Dr. Rathgen: Besichtigung von Warenlagern,
Aufbereitungsanstalten und industriellen Anlagen. Alle 14 Tage So.
(s. 8. 62.)
Prof. Dr. Klebahn: Praktische Übungen und Demonstrationen über Boden-
kunde, Pflanzenzüchtung und Pflanzenkrankheiten. Ist. (s. S. 63.)
Dr. Brick: Krankheiten der tropischen Kulturpflanzen, verbunden mit
praktischen Übungen. ist. (s. S. 65.)
Dr. Neumann: 1) Die natürlichen und wirtschaftlichen Faktoren der
Landwirtschaft mit Berücksichtigung der Kolonien. 1st. 2) Land-
wirtschaftliche Tierzucht mit Berücksichtigung der Kolonien, 1. Teil:
Pferdezucht, Rindviehzucht. 2st. mit praktischen Demonstrationen.
3) Landwirtschaftliche Exkursionen. So. (s. S. 68.)
Prof. Dr. Peter: 1) Die hauptsächlichsten Tierseuchen in den Kolonien,
die Maßnahmen zu ihrer Verhütung und Tilgung (Reichsviehseuchen-
gesetz). 1st. 2) Verschiedene Krankheiten der Haustiere mit
Demonstrationen, ausgewählt nach ihrer wirtschaftlichen, forensischen
oder hygienischen Bedeutung. Ist. (s. S. 70.)
Prof. Dr. Füilleborn und Prof. Glage: Tropische Tierseuchen und ihre
Erreger. 1st. (s. S. 78/79.)
Fischereidirektor Liübbert: Ausnutzung von Fischgewässern an der Küste
und im Binnenlande, mit praktischen Demonstrationen und Be-
sichtigungen von Fischereibetrieben. Ist. (s. S. 72.)
Dr. Sokolowsky.: Führung durch Hagenbecks Tierpark und Demonstrationen
von Nutz- und Haustieren der deutschen Kolonien. (s. S. 73.)
Baumeister Uhde: Übersicht über das Maschinenwesen, unter Betonung
der für die Kolonien wichtigen Einrichtungen, mit Besichtigungen
industrieller und gewerblicher Anlagen (Fortsetzung). 2st. (s. S. 75.)
Prof. Dr. Gürich: 1) Die nutzbaren Minerale und Gesteine der deutschen
Schutzgebiete. 3st. 2) Praktische Übungen im Anschluß an die
Vorlesung. 1st. 3) Exkursionen und Übungen im geologisch-agro-
nomischen Kartieren. So. (s. 8. 74.)
3. Landes- und Völkerkunde.
Prof. Dr. Passarge: 1) Landeskunde der deutschen Kolonien (Südsee
und Kiautschou). 2st. 2) Geographie. 4st. 3) Geographische
Übungen. 2st. 4) Exkursionen. So. (s. 8. 76.)
Dr. Obst: Landeskunde von Kamerun. Ist. (s. S. 76.)
54 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Prof. Dr. Becker: Geschichte und spezieller Charakter des Islams in
Afrıkar ost. Ms 8270)
Prof. Dr. Thilenius: Völkerkunde der deutschen Kolonien mit Übungen. 2st.
Sa)
4. Sprachen.
Prof. Meinhof: 1) Suaheli für Anfänger. 4st. 2) Suaheli für Fort-
geschrittene. 2st. 3) Übungen in Suaheli mit dem Lektor. Täg-
lich 2st. 4) Vergleichende Grammatik der Bantusprachen. Ist.
5) Phonetik mit besonderer Berücksichtigung afrikanischer Sprachen.
Mit Übungen. 1st. (s. S. 80.)
Prof. Dr. Franke: Einführung in die Kenntnis der chinesischen Sprache. 2st.
(8.2812)
Dr. Tschudi: 1) Arabisch für Anfänger. 2st. 2) Türkisch für Anfänger. 2st.
Dr. Schmidt: Arabisch für Fortgeschrittene. 2st. (s. S. 81.)
Dr. Ziebarth: Neugriechisch für Fortgeschrittene. 2st. (s. 8. 81.)
Harris: 1) Englisch für Anfänger. 2st. 2) Englisch für Fortgeschrittene.
2st. 3) Englisch für Fortgeschrittenere. 2st. (s. S. 81.)
Dr. Lavoipiere: 1) Französisch für Fortgeschrittene. 2st. 2) Französisch
für Fortgeschrittenere. 2st. (s. S. 82.)
Cortijo: Spanisch für Fortgeschrittene. 2st. (s. S. 82.)
Frl. Ey: Portugiesisch für Fortgeschrittene. 2st. (s. S. 83.)
5. Koloniale Praxis.
Dr. Egon Fr. Kirschstein: Vortrag über „Erlebnisse und Forschungen
in der Vulkanwelt am Kiwu-See‘.
II. Unterricht in technischen Hilfsfächern.
Prof. Dr. Zacharias und Obergärtner Warnecke: Übungen im Anlegen
und Bewirtschaften kolonialer Nutzgärten. — Demonstration von
Obstanlagen.
Oberingenieur Sperber: Anleitung zum Haus-, Wege- und Brückenbau
in den Kolonien. (s. S. 74.)
Kaidirektor Winter: Kai- und Hafenbetrieb. (s. S. 74.)
Kursus der Photographie.
IH. Unterricht in körperlichen Übungen.
Reitunterricht
Rudern und Segeln ‘ nach Vereinbarung.
Fechtunterricht |
Hamburgisches Kolonialinstitut. 55
Zur Ergänzung der Vorlesungen des Kolonialinstituts wurden die
Hörer und Hospitanten auf die folgenden Vorlesungen und Übungen
des Allgemeinen Vorlesungswesens hingewiesen:
Prof. Dr. Perels: Übungen im öffentlichen Recht und Kolonialrecht.
Prof. Dr. Rathgen: Einführung in die Sozialpolitik.
Dr. Wagemann: Übungen über Bankwesen.
Prof. Dr. Becker: 1) Einführung in die arabische Paläographie und Papyrus-
kunde. 2) Arabisches Praktikum. 3) Syrisches Praktikum.
Prof. Dr. Franke: Die Religionen Chinas.
Dr. Graf: Allgemeine Astronomie, Il. Teil.
Prof. Dr. Vorgtländer: Die Nahrungs- und Genußmittel. Fortsetzung.
Die pflanzlichen Nahrungsmittel.
Prof. Dr. Voigt: Praktische Übungen für Getreide-, Saaten- und Futter-
mittelhändler.
Fine Übersicht über den Lehrstoff des zweiten Studienjahres er-
eeben die folgenden Berichte der Dozenten:
Prof. Dr. Wahl: Kolonialgeschichte.
Im Winter-Semester 1909/10 wurde die gesamte Kolonialgeschichte
der Neuzeit (d. h. vom Zeitalter der Entdeckungen bis zur Gegenwart)
in einer zweistündigen Vorlesung vorgetragen, während im ersten Studien-
jahre derselbe Stoff auf zwei Semester verteilt worden war.
Prof. Dr. Keutgen: Allgemeine Kolonialgeschichte. 1. Teil (bis zum
Siebenjährigen Kriege). (Sommersemester.)
Behandelt wurde die Kolonialgeschichte der Spanier, Portugiesen,
Holländer, Engländer und Franzosen, und zwar sowohl die inneren
(Gründe des Erfolges oder Mißlingens der einzelnen kolonisatorischen
Unternehmungen wie ihre Beeinflussung durch die innere und äußere
europäische Politik. — Übungen wurden in diesem Semester nicht
gehalten.
Pastor D. Paul (Lorenzkirch): Die Mission in den deutschen Kolonien.
I. Die Organe der Missionstätiekeit: Blicke in die Einrichtung
der katholischen Propaganda und in die evangelischen Missionshäuser
als Heimstätten der Missionsgesellschaften. Als ihre Sendboten stehen
draußen ordinierte und nicht ordinierte Missionare (Missionsärzte,
Lehrer, Handwerker, Landwirte usw.) sowie unverheiratete Missiona-
rinnen für die Erziehung des weiblichen Geschlechts. Deren Vorbildung,
Aussendung und Stationierung. Die (Geldmittel der Missionen. Ver-
hältnis der Konfessionen zueinander.
II. Die Arbeitsweise der Missionen. Besetzung der Arbeitsfelder,
Stationsanlage, Studium der Landessprache und des Volkstums. Die
geistliche Seite der Arbeit in Schule, Predigt. Taufpraxis, Kirchen-
56
Hamburgisches Kolonialinstitut.
zucht. Heranbildung eines eingeborenen Lehrstandes, Schaffung einer
Volksliteratur. Mission und Arbeit. Ziel: möglichst selbständig werdende
Tochterkirchen.
IIl.—V. Übersicht über den gegenwärtigen Stand der Missions-
tätiekeit in den einzelnen Schutzgebieten. Aufmarsch der Missions-
kräfte. Statistik und Reifezustand der heidenchristlichen Gemeinden.
Kulturelle und gemeimnützige Veranstaltungen.
VI. Die Mission und das Schulproblem. Die Frage nach der
Bildungsfähigkeit der Eingeborenen ist zu bejahen. Die weitere, ob
man ihnen zu einer Schulbildung verhelfen soll, ist in der Praxis auch
bereits entschieden; es sind Regierungs- und Missionsschulen in großer
Zahl vorhanden. Für ihre weitere Ausgestaltung ist das Studium der
französischen, englischen und niederländischen Kolonien lehrreich.
Skizzierung ihrer Schulpolitik; die Vorzüge der niederländischen. In
unsern Kolonien war Togo Versuchsländchen. Aufsichtsrecht der
Kolonialregierung. Ihre Gegenleistung. Üble Erfahrungen mit der
religionslosen Erziehung in Ostindien und andern Kolonialgebieten.
Riehtlinien für die Entwicklung eines geordneten Schulwesens in unsern
Besitzungen.
Professor Dr. Perels: Kolonialrecht.
In der Vorlesung wurde der Stoff in einer im Winter- und Sommer-
semester je zwei Wochenstunden umfassenden ‚Jahresvorlesung der-
gestalt behandelt, daß im Wintersemester das Staats- und Verwaltungs-
recht, im Sommersemester das Privat- und Strafreeht zur Darstellung
gelangte. Dabei konnte auch die, dank dem verständnisvollen Ent-
gegenkommen der Kaiserlichen Gouverneure, allmählich immer weiter
ausgebaute Sammlung der Realien des Rechtslebens der Schutzgebiete
für die Vorlesung nutzbar gemacht werden und das gesprochene Wort
dureh gegenständliche Veranschaulichung wirkungsvoll ergänzen.
Die im vorjährigen Bericht erwähnten didaktischen Schwierigkeiten,
welche sich aus der verschiedenartigen Vorbildung der Hörer ergeben,
scheinen durch die Schaffung eimer besonderen Vorlesung „Übungen
zur Einführung in das Kolonialrecht“, einer auf die speziellen Bedürf-
nisse der Hauptvorlesung abgestimmten „Einführung in die Rechts-
wissenschaft” im wesentlichen behoben zu sein. Die Vorlesung wurde
durch diese Übungen von der Erörterung der Elementarfragen der
Rechtsordnung überhaupt und des mutterländischen Rechts insbesondere
entlastet; damit war zugleich der Behandlung eines im Verhältnis zu
früheren Semestern erweiterten Rechtsstoffes willkommener Raum ge-
schaffen.
In den für juristisch vorgebildete Hörer veranstalteten Übungen
wurden schwierigere praktische Kolonialrechtsfälle eingehend erörtert.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 57
Regierungsrat Dr. Graef (Düsseldorf): Verwaltungspraxis in den deutschen
Kolonien, I. Teil (Wintersemester).
1. Das Zusammentreffen der Europäer mit den Eingeborenen.
Praktische Schwierigkeiten bei Mischehen. Stellung der Schutzgebiets-
behörden zu diesen. Staatsangehörigkeit und Freizügigkeit. Schutz-
gebietsangehörigkeit.
2. Das Zusammentreffen mit andern Kolonialmächten — ihre
Solidarität und ihre Konkurrenz. Grenznachbarliches Verhalten. Zoll-
schwierigkeiten.
3. Die Aufgaben und die Dienststellung des Kolonialbeamten im
allgemeinen. Schwierigkeiten der Ämterbesetzung. Die Funktion des
Personalreferenten in den Kolonien. Die Verwendung farbiger
Beamter und Angestellter.
4. Die Anlage eines Bezirksamts (mit Bildern) und der Tageslauf
auf dem Bezirksamt.
5. Die Abstufung der Rechtsstellung der Bevölkerung im Schutz-
gebiet und die Rechtsprechung über Eingeborene.
6. Rechtsgrundsätze des Eingeborenenrechts. Die Stellung der
Häuptlinge und sonstigen eingeborenen Oberen. Die Praxis der
Bezirksleiter.
7. Das Prozeßverfahren und die Strafvollstreckung. Die Nutzbar-
machung der (Gefangenen.
8. Zusammentreffen der Kuropäer mit den Eingeborenen vor
(Gericht. Rückwirkung des Eingeborenenrechts auf die Europäer.
9. Mischprozesse vor den Bezirksgerichten.
II. Teil, unter besonderer Berücksichtigung der Eingeborenenverwaltung
(Sommersemester).
A. Einleitung: Der ostafrikanische Aufstand, verglichen mit dem
südwestafrikanischen. Ursachen und äußerer Anlaß. Die geistigen
Bewegungen und die Volksstimmung unter den Eimgeborenen. Die
Hilfsmittel der Eingeborenen.
Die Mittel und Wege der Verwaltung zur Verhütung weiterer
Aufstände und zur Wahrung des Landfriedens.
B. Die Verwaltunesanordnungen und -einrichtungen, die am meisten
die Verhältnisse und die Stimmung der eingeborenen Bevölkerung zu
beeinflussen geeignet sind, und ihre praktische Durchführung durch
die örtlichen Organe, insbesondere
1. Die Besteuerung: Hütten- und Häusersteuer, Kopfsteuer, Gebühren —
Waldschutzmaßnahmen.
2. Das Anhalten der Eingeborenen zu öffentlichen Arbeiten, insbesondere
zum Wegebau; der amtliche Druck auf die Eingeborenen zur An-
legung von Baumwoll- und andern Kulturen.
58 Hamburgisches Kolonialinstitut.
3. Die Tätigkeit der Regierung bei Beschaffung von Arbeitern für
Privatbetriebe: die Arbeiterverordnungen für Ostafrika, Kamerun
und Südwestafrika. Schwierigkeiten ihrer praktischen Durchführung.
Die Arbeiterbeschaffung in Togo.
4. Die Eigenart und die Behandlung der Eingeborenen.
5. Die Stellung der Verwaltung zu den landfremden Farbigen und
zu den europäischen Privatinteressenten bezüglich der Inanspruch-
nahme der Eingeborenen, insbesondere die Stellung zu den Missionen.
Die eigene wirtschaftliche Tätigkeit der Lokalbehörden.
C. Schluß: Die Praxis bei der Okkupation von Kronland und die
Landvergebung, insbesondere in Ostafrika.
Stellung und Verhalten der Beamten zur europäischen Bevölkerung.
Einfluß des kolonialen Lebens auf den Europäer.
Professor Dr. Rathgen: Kolonialpolitik.
Die Vorlesung wurde in vier Wochenstunden im Winter- und im
Sommersemester durchgelesen. Der Zweck der Vorlesung ist, eine
allgemeine vergleichende Grundlegung der Kolonialpolitik mit dem
Studium der deutschen Kolonialpolitik zu verbinden.
Die Vorlesung im Wintersemester zerfiel in zwei Teile. Im ersten
wurde ein geschichtlicher Überblick über die Entwicklung der modernen
Kolonialpolitik gegeben, wobei der Schwerpunkt auf der politischen
Entwicklung der Zeit seit etwa 1890 lag. Der zweite Teil war der
wirtschaftlichen Entwicklung gewidmet. Die Bedeutung der großen
überseeischen Produktionsgebiete und die Stellung der Kolonien m
diesen wurde erörtert. Daran schloß sich die Darstellung der
Handelspolitik, soweit sie auf die Kolonien Bezug hat. und der
Eingeborenenpolitik.
Im Sommersemester wurden die reichen (Gebiete des Wirtschafts-
lebens und der Wirtschaftspolitik behandelt (die europäische Aus-
wanderung, Deportation. Kuliwesen, Landpolitik und Besiedelung,
Eisenbahnen, Finanzen, Geld- und Bankwesen, Kredit und Kapital-
organisation).
Der Inhalt der Vorlesung wurde in Konversatorien durchgesprochen
und repetiert.
Die mit Professor Vorgt gemeinsam vorgenommenen Besichtigungen
bezweckten, die Teilnehmer mit den Einrichtungen des Hamburger
und Bremer Seehandels bekannt zu machen und ihnen die Behandlung,
Aufbereitung und Verarbeitung kolonialer Produkte zu zeigen.
Eine größere Zahl von Hörern des Kolonialinstituts hat auch im
Wintersemester an der Vorlesung über Gewerbe- und Handelspolitik,
im Sommersemester an der Einführung in die Sozialpolitik und den
Übungen über Umgestaltungstendenzen im Kleingewerbe teilgenommen.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 59
Bücherrevisor Aoock: Buchhaltung und Bilanzkunde.
Durch die Vorlesungen sollten die Hörer befähigt werden, Bilanzen
größerer Unternehmungen, insonderheit die Bilanzen von Kolonial-
gesellschaften zu lesen und selbständig Bilanzen aufzustellen. Da ein
Teil der Hörer des Kolonialinstituts bereits zum Schluß des Sommer-
semesters die Studien beendete, so war es notwendig, das ganze Gebiet
in gekürzter Form vorzutragen. Im einzelnen wurde folgendes behandelt:
Die Bilanz und ihre Interessenten. Je nach dem Standpunkte,
den der Beurteilende einnimmt, wird er die Bilanz verschieden kritisieren.
Der Kaufmann, der Fabrikant, der Gesellschafter, der Genossen-
schafter hat in erster Linie ein besonderes Interesse für den Gewinn,
der sich aus der Bilanz ergibt, wenn auch die Sicherheit des Unter-
nehmens für ihn niemals ganz außer Betracht kommt. Der Vorstand.
der Direktor, der Geschäftsführer eines Unternehmens hat das Interesse.
die Bilanz liquide zu halten und Einrichtungen zu treffen, welche
nach drei Richtungen hin gleichzeitig wirken, nämlich: 1. das Unter-
nehmen rentabel zu gestalten, 2. nur sichere Geschäfte zu machen.
durch welche die Aktiva niemals gefährdet wird, und 3. daß die
laufenden Verbindlichkeiten in allen Fällen durch leicht flüssige
Posten der Aktiva gedeckt sind. Die Gläubiger des Unternehmens.
z. B. Lieferanten, Banken, Spareinleger, Hypotheken- und Eiffekten-
besitzer haben vor allen Dingen das Interesse, zu wissen, daß die
Aktiva, so wie sie in der Bilanz dargestellt wird, wirklich vorhanden
ist. Die Steuerbehörde hat ein Interesse an dem Gewinn insofern,
als sie die Abschreibung auf den Anlagewerten und den Forderungen
einer genauen Kontrolle unterzieht, damit eine Steuerhinterziehung
nicht eintreten kann. Der Staatsanwalt muß sich mit der Bilanz
immer befassen, wenn sich im Konkurse herausstellt. daß falsche
Bilanzen in früheren Jahren aufgestellt wurden.
Die Grundidee der doppelten Buchhaltung wurde nach den
Gesetzen der Logik und der Mathematik klargelegt. Durch eine ein-
gehende, scharfe Definition der verschiedenen Konten wurden der
Zusammenhang und dje Funktionen derselben klargelegt. Die Konten
wurden durch Einteilung in drei Gruppen: Anlagewerte, werbende Konten
und Unkostenkonten dem Verständnis der Hörer näher gebracht und
dadurch das Lesen der Bilanz direkt vorbereitet. Im Anschluß hieran
wurde die Einrichtung der Bücher durch reiche Skizzen veranschaulicht:
es wurde besonders Rücksicht auf die verschiedenen Geschäftsarten
genommen. Die rechtliche Stellung der Karthothek und die Benutzung
der Originalbelege für sämtliche Eintragungen in den Büchern, wie
sie in den Großbetrieben heute üblich sind, wurde in ausgedehnter
Weise behandelt. Die Abschreibungen auf den verschiedenartigsten
60
Dı
Hamburgisches Kolonialinstitut.
Anlagewerten wurde durch ein reichhaltiges Material von Beispielen
an Hand der gesetzlichen Bestimmungen erläutert. Die Statistik der
Unkosten und des Umsatzes in den verschiedenen Arten der Geschäfte
sowie sonstiger wissenswerter Zahlen wurden durch Demonstration
an der Tafel erläutert und so die Einführung in das Kalkulations-
wesen vorbereitet. Es wurde die Kalkulation in Warengeschäften,
in Fabriken und Plantagenbetrieben an Musterbeispielen den Hörern
zur Kenntnis gebracht und einzelne Kalkulationen praktisch durch-
geführt. Insonderheit wurde hierbei Rücksicht auf die Bewertung
von Plantagenbetrieben genommen, die noch keinen Ertrag abwerfen.
Durch eine große Sammlung von Anschauungsmitteln wurden die
Hörer mit den verschiedensten Formularen, welche in Warengeschäften,
Fabriken, Banken und landwirtschaftlichen Betrieben mit gutem Erfolg
gebraucht werden, bekannt gemacht und deren Wirkung begründet.
Eine besonders eingehende Behandlung fand die Aufstellung der
Bilanz auf Grund der Bücher, indem die Abschlußarbeiten in den ver-
schiedensten Betrieben dargelegt wurden. Im Anschluß hieran wurde
über die Bilanzfälschungen und Bilanzverschleierungen Aufklärung ge-
geben, und zwar an Beispielen der durch die letzten Konkurse bekannt
gewordenen Fälle. Es wurde hierbei untersucht, ob die Möglichkeit
vorliegt, derartige Bilanzfälschungen und -verschleierungen sowie Dieb-
stahl und Unterschlagung durch die Revision aufzudecken. Die Hörer
wurden damit bekannt gemacht, in welcher Weise und nach welchen
sesichtspunkten der Revisor zu arbeiten hat, wenn er derartigen
schwierigen Fällen auf die Spur kommen will. Es wurde die detek-
tive und vorbeugende Revision einer ausgedehnten Besprechung unter-
worfen. Den Schluß bildete das Lesen von verschiedenen Bilanzen,
zu welchem Zwecke ein Musterbeispiel eingehend behandelt wurde.
Die Vorlesungen wurden unterstützt durch eine Reihe praktischer
Arbeiten, welche das Verbuchen von Geschäftsvorfällen, Aufstellen
einer Bilanz und Umwandlung aus einer Gesellschaftsform in eine
andre zum Gegenstand hatten.
-, Radlauer: Übungen zur Einführung in das Kolonialrecht.
Die Übungen haben den Zweck, die nichtjuristischen Hörer der
Vorlesung über Kolonialreeht mit den Grundzügen des deutschen Rechts
vertraut zu machen. Die Übungen hielten sich etwa im Rahmen einer
Universitätsvorlesung über Einführung in die Rechtswissenschaft. Sie
begannen mit der Besprechung des Unterschieds zwischen Recht, Sitte
und Moral und mit der Erläuterung der Grundbegriffe. Sodann wurde
die Lehre von den Rechtsquellen vorgetragen und schließlich ein
enzyklopädischer Überblick über das deutsche Privat-, Straf- und Zivil-
prozeßrecht gegeben.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 61
Professor Dr. Fesca: Allgemeine Ackerbaulehre (Klima- und Bodenlehre).
Nachdem das solare Klima kurz erläutert war, wurde das tellurische
(tatsächliche) Klima ausführlicher behandelt. Die klimatischen Faktoren
(Wärme, Luftfeuchtigkeit, Niederschläge, Winde usw.) wurden in ihrer
Wechselwirkung aufeinander und besonders in ihrer Wirkung auf
das Pflanzenwachstum besprochen. Die Unterschiede von Land-, See-
und Gebirgsklima, sowie die Eigenartigkeit und Abgrenzung der ein-
zelnen klimatischen Zonen, namentlich der tropischen und subtropischen
Zone, dargelegt und dabei auf den dominierenden Einfluß der klima-
tischen Verhältnisse auf die Ausgestaltung des landwirtschaftlichen
Betriebes hingewiesen.
Den Schluß bildete eine kurze Schilderung der klimatischen Ver-
hältnisse der deutschen Kolonien.
In der Bodenlehre wurde die Bodenbildung (Verwitterung des
Gesteins, Versetzung der organischen Substanz, Wirkung des Wassers
und der Luftströmungen) erläutert und nachgewiesen, daß die Unter-
schiede der Bodenbildung in den Tropen von der in der gemäßigten
Zone in den klimatischen Verschiedenheiten ihre Ursache haben.
Darauf folgte die Besprechung der Bodeneigenschaften in ihrer Be-
deutung für das Pflanzenwachstum und daran anschließend die Be-
sprechung der Bodenuntersuchung. Schließlich wurde die Boden-
bearbeitung und die Bodenmelioration behandelt. Es wurde die Wirkung
der Bodenbearbeitungsinstrumente auf die Verbesserung der Boden-
eigenschaften sowie ihre sachgemäße Anwendung und die wichtigsten
Meliorationen. die Bodenklärung (Waldroden usw.) die Ent- und Be-
wässerung erläutert.
Prof. Dr. Voigt: Koloniale Nutzpflanzen, ihre Kultur, ihre Produkte und
ihre Schädlinge (zweistündig mit Demonstrationen).
Die Vorlesungen sollen einen Überblick über die wichtigsten Kultur-
und Nutzpflanzen der Erde geben, geschildert an den Verhältnissen in ihren
bedeutendsten Produktionsgebieten. Die Produkte selbst werden demon-
striert an Warenproben des deutschen Imports. Soweit die deutschen
Kolonien an der Einfuhr beteiligt sind oder Versuche über den Anbau
angestellt haben, werden diese Verhältnisse eingehend besprochen. Die
einzelnen Nutzpflanzen und ihre Kultur werden dureh Material aus dem
Botanischen Garten und durch Lichtbilder veranschaulicht. Die Waren-
proben sind den Hörern vor und nach der Vorlesung zur Besichtigung
zugänglich. Die Vorlesungen behandelten die nachstehenden Gruppen:
1. Nahrungsmittel: Die Getreide: Roggen, Weizen, Gerste, Hafer,
Mais, Reis, Hirse. Die Mehl liefernden Knollen usw. Batate, Yams,
Maniok, Sago, Banane. Hülsenfrüchte. Tropisches Obst. Zucker,
Alkohol, Bier.
IS)
Hamburgisches Kolonialinstitut.
2. Genußmittel: Kaffee, Kakao, Tee, Mate, Kola, Guarana und
ihre Aufbereitung.
3. Gewürze: Pfeffer, Zimt, Nelken, Vanille, Kardamon, Ingber,
Muskatnuß usw.
4. Medizinalpflanzen: Chinarinde, Opium, die wichtigsten Drogen
unter besonderer Berücksichtigung solcher afrikanischer Provenienz
oder solcher, die in der Literatur gelegentlich zum Anbau empfohlen
worden sind.
5. Farb- und Gerbstoffe: Allgemeine Übersicht über die Pflanzen-
farbstoffe und Gerbmaterialien, insbesondere Indigo, Farbhölzer,
Wattlerinde, Mangroverinde u. a.
6. Faserstoffe: Baumwolle, Kapok, Akon, Flachs, Hanf, Jute,
Ramie. Sisal, Manila, Sanseveria, Istle.e Piassaven, Zacaton.
Raphiabast. Panamastroh.
7. Nutzhölzer: Mahagoni, Teak, Cedern, Ebenholz, Jacaranda u. a.
8. Fette Öle und Fette: Erdnuß, Sesam, Baumwollsaat, Mohn,
indische Rapssorten. Kokospalme, Ölpalme. Sheanuß u. a.
9, Pflanzenwachs: Karnauba, Raphiawachs.
10. Ätherische Öle: Zitronellgras, Ylang Ylang, Kampfer u. a.
11. Gummi, Balsame und Harze: Gummi arabieum, Terpentin,
Kopale.
12. Kautschuk, Guttapercha, Balata.
Praktische Übungen im Untersuchen und Bestimmen pflanzlicher Rohstoffe
I
des Handels (einmal dreistündig).
Die Übungen bezwecken im wesentlichen die in den Vorlesungen
vorgeführten Rohstoffe den Hörern näher zu bringen, sie mit der
Beschaffenheit der üblichen Handelsware bekannt zu machen und die
Anforderungen an die Beschaffenheit und Zusammensetzung zu erläutern.
Daneben wird durch leichtere mikroskopische Übungen das Verständnis
für einige Rohstoffe, wie Stärkemehle, Faserstoffe, Hölzer, sowie für
einfachere Fabrikate, wie Müllereierzeugnisse, Ölkuchen, Papier u. a.,
zu vertiefen versucht.
’rof. Dr. Rathgen und Prof. Dr. Voigt: Besichtigung von Warenhäusern,
Aufbereitungsanstalten und industriellen Anlagen (14tägig).
Die Besichtigungen wurden eröffnet mit einer Hafenfahrt, an die
sich ein Rundgang durch die Kaischuppen der südamerikanischen,
mittelamerikanischen und afrikanischen Dampferlinien anschloß, um so
den Hörern einleitend eine Vorstellung von der Vielseitigkeit und
Menge der importierten Rohstoffe zu geben. Die zweite Besichtigung
führte dann die Hörer im einige große Lagerhäuser des Freihafens,
wodurch eine Vervollständigung des im Hafen gewonnenen Bildes
erreicht werden sollte. Das dritte Mal wurden Zolleinriehtungen des
Hamburgisches Kolonialinstitut. 03
Hamburger Hafens und vor allem der umfangreiche Umschlagverkehr
an der Grenze zwischen Freihafen und der Oberelbe besichtigt. Sodann
kamen Brauereien, Getreidemühlen und Zuckerfabriken an die Reihe.
Hierauf folgten: eine Reisschälmühle, eine Kakaofabrik, eine Ölmühle,
ein großes Holzlager, eine Kautschukfabrik, eine Lederfabrik, eine
Linoleumfabrik, eine Wollkämmerei und die Spinnerei und Weberei
einer großen Treibriemenfabrik.
Am Ende des Wintersemesters wurde ein größerer Ausflug nach
Bremen unternommen zur Besichtigung der dortigen Freihafenanlagen,
Tabaklager und der Baumwollbörse.
Professor Dr. 7. Klebahn: Wintersemester: Die Grundlagen der Boden-
kunde, II. Teil.
Die physikalischen Eigenschaften des Bodens: Mechanische Boden-
bestandteile; Methoden der mechanischen Bodenanalyse und deren
Mängel. Struktur des Bodens, Einzelkorn- und Krümelstruktur, Ein-
wirkungen auf die Krümelstruktur; Ackergare; Dichtschlämmen und
Verkrusten; Bedeutung -der Bodenstruktur für die Ernte. Bindigkeit
des Bodens, Methoden der Untersuchung, Bedeutung für die Bearbeitung,
Kultur sehr schwerer Böden. — Boden und Wasser; Hygroskopizität,
Beziehungen zur Bodenoberfläche: Bedeutung der Bodenoberfläche.
Kapillarität; Steighöhe des Wassers. Wasserkapazität, Abhängigkeit
von der Struktur, Einfluß der Bearbeitung. Durchlässigkeit, Ab-
häneiekeit von Zusammensetzung und Struktur. Benetzungswiderstand.
Ausnutzung des Bodenwassers durch die Pflanze. Die Verdunstung;
Abhängigkeit von Luftfeuchtiekeit, Bodenoberfläche, Wassergehalt,
Bearbeitung. — Boden und Luft; chemische Verhältnisse der Atmosphäre
und der Bodenluft; Luftkapazität und Luftleitungsvermögen des Bodens;
Bedeutung der Bodenluft; Wirkung der Bodenluft auf Zersetzungs-
prozesse im Boden. — Boden und Wärme; Wärmekapazität, Wärme-
leitungsfähigkeit, Wärmeaufnahme und -abgabe. — Methoden zur
Bestimmung der physikalischen Konstanten des Bodens. — Die
Bodendecken und deren Bedeutung. — Bodenklassifikation und Boni-
tierung; bisherige Methoden; Möglichkeiten einer wissenschaftlichen
Behandlung.
Düngerlehre: Die Pflanzennährstoffe, Ersatzdüngung, Düngung zur
Steigerung der Erträge, Düngung zur Verbesserung des Bodens,
direkte und indirekte Düngemittel. Natürliche und künstliche Dünge-
mittel. Die Gründüngung. Der Stallmist; Arten, Bestandteile, Wert.
Zersetzung, Konservierung; die Einstreu und deren Bedeutung. Andere
Düngerarten organischen Ursprungs. Die mineralischen und die
künstlich gewonnenen Düngemittel. Kali, Phosphorsäure, Stickstoff.
Gesetz des Minimums. Die einzelnen Arten der künstlichen Düngemittel.
64 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Einführung in die Grundlagen der Pflanzenzüchtung und in die Lehre
von den Pflanzenkrankheiten.
A. Pflanzenzüchtung: Botanische Grundlagen; Zelle, Zellteilung,
Zellkern, Vegetationspunkt, Kambium. — Vegetative Vermehrung;
Ausläufer, Knollen, Zwiebeln, Stecklinge, Pfropfreiser usw. — Ge-
schleehtliche Fortpflanzung; Blüte, Verteilung der Geschlechter, Be-
stäubung, Befruchtung, Samen, Keimung derselben. — Vererbung.
Erhaltung der Eigenschaften bei der vegetativen Vermehrung. Pfropf-
bastarde. Vererbung der Anlagen bei der geschlechtlichen Fort-
pflanzung. Kreuzung, natürliche und künstliche, Verfahren bei der
letzteren. Bastarde zwischen Varietäten. Mendels Regeln. Vieinismus.
Entstehung von Neuheiten durch Kreuzung. Bastarde zwischen Arten;
Fruchtbarkeitsverhältnisse derselben. Bedeutung der Kreuzung für
die Pflanzenzüchtung. — Die Formenmanmnigfaltigkeit der Organismen,
Arten, Varietäten, Rassen, elementare Arten. Die häufigsten Typen
der Varietäten. Konstanz der Arten und Varietäten. Rückschläge,
echte und unechte. Deszendenztheorie. Veränderlichkeit der Pflanzen-
formen. Knospenvariation. Mutation. Bedeutung beider für die
Entstehung von Neuheiten. Die fluktuierende Variation. Bereich
derselben. Darstellung durch Kurven. -— Die Ausnutzung der
Variabilität für die Züchtung. Auslese der elementaren Arten und
Varietäten. Sortenprüfung. Korrelationen. Beispiel Getreidezüchtung.
Auslese auf Grund der fluktuierenden Variabilität, Veredelungsauslese.
Beispiel Rübenveredelung. Methoden hervorragender Pflanzenzüchter:
le Couteur, Shirreff, Hallett, Vilmorin, v. Lochow, Rimpau, Hays,
Burbank, die Station in Svalöf usw.
B. Pflanzenkrankheiten: Die wichtigsten, Pflanzenkrankheiten er-
vegenden Pilztypen. Wesen, Vermehrung, Verbreitung, durch dieselben
hervorgebrachte Krankheitserscheinungen und Möglichkeiten der Be-
kämpfung. Brandpilze, Rostpilze, Mehltau, sklerotienbildende, blatt-
fleckenbildende und andere Ascomyceten und zugehörige Fungi imper-
fecti. Holzzerstörende Hymenomyceten. Peronosporaceen. Bakterien.
Sommersemester: Praktikum über Bodenkunde, Pflanzenzüchtung und
Pflanzenkrankheiten.
Bodenuntersuchungen: Probenentnahme. Mechanische Analyse,
Anwendung der Siebe und der Schlämmapparate. Bestimmung der
Wasserkapazität, der Porosität, der Luftkapazität, der Durchlässigkeit,
der spezifischen Gewichtsbestimmung, des Kalkgehalts und des Humus-
gehalts.
Demonstrationen zur Pflanzenzüchtung: Vorbereitungen zur Kreuzung
und Ausführung von Kreuzungen.
Üxperimente über Pflanzenkrankheiten: Imfektionsversuche mit
Hamburgisches Kolonialinstitut. 69
Getreiderost und andern Rostpilzen, ferner mit einer Anzahl konidien-
bildender Krankheitserreger auf verschiedenen Kulturpflanzen. Demon-
stration künstlich infizierter Pflanzen: Steinbrand, Mutterkorn und
andere. Bekämpfungsversuche: Herstellung der Bordeauxbrühe, An-
wendung der Rebenspritze und der Schwefelzerstäuber.
Professor Dr. Brick: Krankheiten und Schädigungen tropischer Kultur-
pflanzen.
Nach kurzer Behandlung der auffälliesten Bildungsabweichungen
und Mißbildungen der Pflanzen wurden die Erkrankungen durch
atmosphärische Einflüsse (Wirkung niederer und hoher Temperaturen.
Liehtmangel und Lichtüberfluß, Witterungseinflüsse, schädliche Gase)
und durch Einwirkung der im Boden vorhandenen Stoffe (Weasser-
und Nährstoffmangel und -überfiuß, mangelhafte Durchlüftung. schädliche
Gase) sowie die Wunden, ihre Heilung und Behandlung besprochen.
Es folgten dann die Schädigungen durch phanerogame Parasiten
(Loranthaceen, Orobancheen u. a.) schmarotzende Algen und die
durch parasitäre Pilze hervorgerufenen Krankheiten der tropischen
Nutzpflanzen in der Reihenfolge des Pilzsystems. Dabei wurde
dieses so weit behandelt, wie es zur Bestimmung des pilzlichen
Krankheitserregers erforderlich ist. Die einzelnen Krankheiten wurden
an Objekten, Abbildungen und mikroskopischen Präparaten erläutert.
die erprobten Bekämpfungsmaßnahmen und bewährten Gegenmittel
sowie die dafür nötigen Apparate angegeben und, soweit es möglich
war, vorgeführt.
Dr. Heeriny: Grundzüge der Pflanzengeographie mit besonderer Berück-
sichtigung der deutschen Kolonien. (\Vintersemester.) 6 Stunden.
Nach einigen einleitenden Mitteilungen über die Ziele, die ver-
schiedenen Wege der pflanzengeographischen Forschung und die Be-
deutung der Pflanzengeographie auch für praktische Fragen, wurden
die wichtigsten Grundbegriffe der Pflanzengeographie an heimischen
Beispielen erläutert. Von den deutschen Kolonien wurden Kamerun
und Deutsch-Ostafrika berücksichtigt. Um die Eigentümlichkeiten
und die verschiedenen Formen des tropischen Waldes zu zeigen,
wurde besonders das Kameruner Waldland eingehend besprochen.
Beispiele aus Deutsch-Ostafrika wurden hingegen in erster Linie
herangezogen, um die verschiedenartige Ausbildung der Steppen zu
zeigen. Die Vorträge wurden durch die Vorführung von Liehtbildern
veranschaulicht. Ferner fanden Demonstrationen lebender Pflanzen
im Botanischen Garten statt.
Professor Dr. K. Kraepelin: Einführung in die biologischen Wissenschaften.
Anknüpfend an die Linnesche Einteilung der Naturkörper in drei
getrennte Reiche, wurde der Begriff des Lebens erörtert und an den
[9]
66
Pr
Hamburgisches Kolonialinstitut.
Leistungen der niedersten Lebewesen des Tier- und Pflanzenreiches
erläutert. An die Betrachtung der Einzelligen schloß sich eine kurze
Darstellung des phylogenetischen Aufstiegs der Vielzelligen, eine Über-
sicht der wichtigsten Gewebe und Organe des Pflanzen- und Tier-
körpers unter Betonung ihrer physiologischen Leistungen (Schutz-,
Stütz- und Bewegungsorgane, Ermährung, Atmung, Fortpflanzung,
Sinnesorgane). — Der zweite Teil der Vorlesung behandelte die Ab-
hängigkeit der Lebewesen von der Umwelt, die physikalischen und
chemischen Einflüsse der Wärme, des Lichts, der umgebenden Medien,
die hieraus sich ergebende Gliederung in geographische Reiche, For-
mationen usw., sodann die Beziehungen der Pflanzen und Tiere zu-
einander, wie sie im Geschlechtsleben, im der Brutpflege, im Nahrungs-
erwerb, im Bedürfnis nach Schutz zu Tage treten.
ofessor Dr. Möchaelsen: Die Tierwelt unserer afrikanischen Kolonien
mit Rücksicht auf ihre Bedeutung für den Menschen.
Bei der Schilderung der kontinentalen Tierwelt wurde zunächst
die Jüngere geologische Geschichte Afrikas und ihre Bedeutung
für die Zusammensetzung der Tierwelt (Herkunft der verschiedenen
Säugetiergruppen), sodann die Natur des Landes (klimatische und
Veeetationsgebiete) und ihr Einfluß auf den Charakter der Tierwelt
besprochen. Daran schloß sich eme Erörterung über den direkten
Einfluß des Menschen auf die Tierwelt (beabsichtigte und unbeab-
siehtigte Einführung von Konkurrenten der einheimischen Tiere, Ver-
änderung der Lebensbedingungen durch Ackerbau und Plantagenbetrieb,
Ausrottung durch Jagd, Gefährdung durch eingeschleppte Krankheits-
keime usw.) sowie der Schutzmaßregeln, die eine Ausrottung nützlicher
oder interessanter Tiere verhindern mögen (Jagdgesetze, ‚Jagdverbot
oder -erschwerung, Ausfuhrverbote, Wildreservate).
Im speziellen Teil wurden, nach einer Übersicht über die syste-
matische Gliederung der Tierwelt im allgemeinen, die Tiere unserer
afrikanischen Kolonien in systematischer Reihenfolge durchgenommen
und demonstriert; hierbei wurde besondere Rücksicht auf die für den
Menschen nützlichen und schädlichen sowie auf die wissenschaftlich
interessanten gelegt. Im besonderen wurden besprochen die nütz-
lichen Tiere mit Ausnahme der Haus- und Zuchttiere (‚Jagdtiere,
Nutztiere, wie Elefant, Strauß, Bienen, Seidenspinner; landwirtschaft-
lich wichtige Tiere, wie Regenwürmer; hygienisch wichtige Tiere, wie
Aasgeier u.a.), die schädlichen Tiere (Raubtiere; giftige Tiere, wie
Giftschlangen, Giftspinnen usw.; Acker- und Plantagenschädlinge, wie
Wurzelratten, Schweine, Heuschrecken, Termiten) und schließlich
wissenschaftlich besonders interessante Tiere (Menschen-
affen; Wandervögel und Wanderflug usw.).
Hamburgisches Kolonialinstitut. 67
Bei der Schilderung der Tierwelt der Meeresküsten wurden
die allgemeinen Lebensbedingungen (Meeresströmungen, Wasserwärme,
kalter Küstenauftrieb) und ihr Einfluß auf den Charakter und die
Tierwelt eingehend erörtert (Vorkommen und Fehlen von Korallenriffen,
Tier- bezw. Fischreicehtum im Gebiet gewisser Strömungen).
An die Vorlesungen schlossen sich Demonstrationen im Natur-
historischen Museum, ferner eine Anleitung zum Sammeln und
Praparieren.
Direktor Dr. Neumann: Wintersemester: 1. Kleinviehzucht (Schaf-, Ziegen-
zucht) und Schweinezucht.
Nach einem Überblick über die einzelnen Rassen und ihre Bedeutung
für die verschiedenen wirtschaftlichen Verhältnisse wurden eingehend
der Stand der Schafzucht in den Kolonien und die Bestrebungen, in
Deutseh-Südwest eine Wollschafzucht und Karakulschafzucht zu be-
eründen, erörtert. Besondere Aufmerksamkeit wurde der Wollkunde
eeschenkt, hierbei dienten als Unterlage für die Beurteilung der Wolle
Proben aus den Haupterzeugungsländern für Wolle. Des weiteren
wurde die Vorlesung durch Demonstrationen ergänzt, zu denen der
Viehbestand der Hamburger Viehmärkte, das in den Stallungen des
Zuchtviehgeschäfts von M. H. Ahrens befindliche und für den Export
bestimmte Zuchtmaterial sowie endlich eine Sendung von Zucht-
schafen, die für Deutsch-Südwestafrika bestimmt war, herangezogen
wurden.
2. Übungen über die landwirtschaftlichen Verhältnisse der Kolonien, ins-
besondere von Deutsch-Südwestafrika.
In den Übungen kamen folgende Aufgaben zur Behandlung: 1. Der
Einfluß des Klimas auf den Wirtschaftsbetrieb in Deutsch-Südwest-
afrika. 2. Die Pferdezucht und das Gestüt Nauchas in Deutsch-Süd-
westafrika. 3. Die Entwicklung und der heutige Stand der Rindvieh-
zucht in Deutsch-Südwestafrika. 4. Die Bedeutung der Rindviehzucht
in den übrigen Kolonien. 5. Die Wollschafzucht in ihrer Bedeutung
für Deutsch-Südwestafrika. 6. Die Einfuhr von Karakulschafen nach
Deutseh-Südwestafrika. 7. Die Ziegenzucht in tropischen Ländern.
8. Die Angoraziegenzucht in Deutsch-Südwestafrika. 9. Die Straußen-
zucht in den Kolonien. 10. Die Grundlagen der Farmwirtschaft in
Deutsch-Südwestafrika.
3. Landwirtschaftliche Exkursionen.
Es fanden folgende fünf Exkursionen statt:
1. am 20. November 1909 nach Fuhlsbüttel und Langenhorn zur
Besichtigung des Landwirtschaftsbetriebes der Korrektionsanstalt
Fuhlsbüttel und der Einrichtungen des Ziegenzuchtvereins für
Langenhorn und Umgegend.
Hamburgisches Kolonialinstitut.
2. am 24. November 1909 nach der Stallung des Zuchtviehgeschäfts
von M. H. Ahrens in Altona zur Besichtigung verschiedener in-
und ausländischer Rassen von landwirtschaftlichen Haustieren.
3. am 15. Januar 1910 nach Eidelstedt zur Besichtigung der Milch-
wirtschaft von Lampe und der Geflügelzuchtanstalt von Wegner.
4. am 29. Januar 1910 nach Farmsen zur Besichtigung des Betriebes
des staatlichen Werk- und Armenhauses.
am 19. Februar 1910 nach Delmenhorst zur Besichtigung der Nord-
deutschen Wollkämmerei.
Su
Sommersemester: 1. Die natürlichen und wirtschaftlichen Faktoren der
Landwirtschaft mit Berücksichtigung der Kolonien.
Einleitend wurde die Literatur erörtert und wurden diejenigen
Einrichtungen erwähnt, die in Deutschland und den Kolonien für die
Förderung der kolonialen Landwirtschaft bestehen. Bei der Behandlung
der für die Landwirtschaft maßgebenden Faktoren wurden die Unter-
schiede, die zwischen der heimischen und der tropischen Landwirtschaft
bestehen, besonders hervorgehoben.
Unter den natürlichen Faktoren wurden das Klima und der
Boden in ihrer Bedeutung für den Landbau behandelt.
Von den Klimafaktoren, die für die Agrikultur beachtenswert
sind, wurden erörtert: a) Die Temperaturen und ihre vegetative Be-
deutung (klimatische und agrikulturelle Zoneneinteilung nach den
Temperaturen, die verschiedenen Ansprüche der heimischen und tro-
pischen Kulturpflanzen hinsichtlich der Wärmesummen). b) Die Nieder-
schläge und Feuchtiekeitsverhältnisse und ihre vegetative Bedeutung
(die Regenverhältnisse in Deutschland gegenüber denen der Tropen
und Subtropen, Heftigkeit und Masse der tropischen Niederschläge,
Regenzeiten und ihr Eintritt, die Bedeutung der Niederschlagmengen
für den Landbau). c) Die Bestrahlung, Belichtung und Bewölkung
und ihre vegetative Bedeutung (chemische Intensität der direkten Sonnen-
strahlung in verschiedenen Zonen, Bildung der Kohlenhydrate in den
Kulturpflanzen im gemäßigten und im tropischen Klima). d) Die Atmo-
sphärilien und ihre vegetative Bedeutung (der Gehalt der Atmosphäre
an Kohlensäure, Ozon, Stickstoff und seinen Verbindungen, Wasser;
Stickstoffgaben in den Niederschlägen des gemäßigten und des tropischen
Klimas). e) Die elektrischen Spannungen und Entladungen in der
Atmospäre und ihre vegetative Bedeutung (Häufigkeit der elektrischen
Entladungen in Deutschland und in den Tropen und Subtropen). In
einem Schlußkapitel wurde der Betrieb der Landwirtschaft in seiner
Abhängigkeit vom Klima geschildert.
In dem Abschnitt über den Boden wurde zunächst die Bedeutung
des Bodens als Standort der Pflanzen und Bildner von Pflanzennähr-
Hamburgisches Kolonialinstitut. 69
stoffen, die verschiedenen Bodenarten Deutschlands (Mannigfaltigkeit
der Ackererden mit Rücksicht auf die geologischen Formationen) und
die den Tropenländern eigentümlichen Bodenarten (Gleichmäßigkeit der
tropischen Böden mit Rücksicht auf geologische Einförmigkeit), sodann
die Mittel zur Verbesserung der Kulturböden (Entwässerung, Bewässe-
rung, Tiefkultur, Kunstdünger) und schließlich die wildwachsende Flora
und die Kulturpflanzen in ihrer Abhängigkeit vom Boden behandelt.
Unter den wirtschaftlichen Faktoren wurden in erster Linie
die Absatzverhältnisse und ihr Einfluß auf die Gestaltung der Landwirt-
schaft behandelt. Es wurde hierbei ausgegangen von den Untersuchungen
von Thiünen’s in seinem „Isolierten Staat in Beziehung auf Landwirt-
schaft und Nationalökonomie“. An praktischen Beispielen wurde die
Abhängigkeit des Betriebes der Landwirtschaft von den Absatzver-
hältnissen dargelegt und wurden die Änderungen hervorgehoben, die
manche Betriebszweige der Landwirtschaft infolge anderweitiger Ge-
staltung des Absatzes erfahren haben. Hinweis auf die Bedeutung
der Verkehrswege für die Erschließung des Landes. Intensive und
extensive Landwirtschaft.
Landwirtschaftliche Tierzucht mit Berücksichtigung der Kolonien,
I. Teil: Pferdezucht, Rindviehzucht, mit praktischen Demonstrationen.
Wie im Bericht über das erste Studienjahr Seite 44, doch konnte der
Stoff ausführlicher behandelt werden, da für die Vorlesung die dop-
pelte Zeit zur Verfügung stand als im Wintersemester 1908/09.
Nach einem Überblick über die Literatur aus dem Gebiete der
Jandwirtschaftlichen Tierzucht wurde die wirtschaftliche Bedeutung
der verschiedenen Arten der landwirtschaftlichen Nutztiere betrachtet,
ferner wurden die allgemeinen Züchtungsgrundsätze und die mannig-
fachen Maßnahmen zur Förderung der Viehzucht (Körung, Zucht-
buchführung, Tierschauen usw.) erörtert. Aus der speziellen Tier-
zuchtlehre wurden die Abschnitte über „Rindviehzucht einschließlich
Milchwirtschaft und Pferdezucht“ behandelt. Neben der Beschreibung
der in Deutschland und den Kolonien gehaltenen Rassen und Schlägen
wurde besonders die Einfuhr von Zuchtvieh nach den Kolonien für
Zwecke der Veredelung des einheimischen Viehs behandelt. Die
Vorlesung wurde durch Demonstrationen ergänzt, zu denen der Vieh-
bestand der Hamburger Viehmärkte, das in den Stallungen des Zucht-
viehgeschäfts von M. H. Ahrens befindliche und für den Export be-
stimmte Zuehtvieh, sowie endlich Zuchtviehsendungen, die von Hamburg
aus auf Veranlassung des Reichskolonialamts nach Deutsch-Südwest-
afrika abeingen, als Material dienten. Schließlich wurde der Betrieb
der Pferdezucht und der Rindviehzucht in einer gut geleiteten Stamm-
zucht gelegentlich einer Exkursion dargelegt.
70 Hamburgisches Kolonialinstitut.
3. Landwirtschaftliche Exkursionen.
Es fanden folgende sieben Exkursionen statt:
1. am 16. April 1910 zur Besichtigung von 19 Zuchtrindern (schwarz-
buntes Niederungsvieh, Simmentaler, Pinzgauer) und 5 Merinoböcken,
die für die Ausfuhr nach der Kolonie Deutsch-Südwestafrika be-
stimmt waren,
am 7. Mai 1910 nach Ohlsdorf und Langenhorn zur Besichtigung
von Wirtschaftsbetrieben der Hamburger Geest,
3. am 4. Juni 1910 nach der XXIV. Wanderausstellung der Deutschen
Landwirtschafts-Gesellschaft auf dem Heiligengeistfelde,
4. am 11. Juni 1910 nach Heidehof zur Besichtigung der Kultivierung
von Heideland auf dem holsteinischen Geestrücken,
am 25. Juni 1910 nach Peinerhof zur Besichtigung des Gutsbetriebes,
6. am 2. und 3. Juli 1910 nach dem Amt Ritzebüttel zur Besichtigung
von Landwirtschaftsbetrieben,
am 22. Juli 1910 zur Besichtigung von 23 Karakulschafen, die
nach Deutsch-Südwestafrika ausgeführt werden sollten.
Prof. Dr. Peter: 1. Die hauptsächlichsten Tierseuchen in den Kolonien,
die Maßnahmen zu ihrer Verhütung und Tilgung (Reichsviehseuchen-
gesetz).
In erster Linie wurden diejenigen einheimischen Seuchen behandelt,
die zugleich in den Kolonien vorkommen: Rinderpest, Milzbrand,
Lungenseuche, Rotz, Räude, Pocken, Geflügelcholera. Daneben sind
auch die andren in den überseeischen Schutzgebieten noch nicht oder
in geringem Umfange beobachteten Tierseuchen, die im Mutterlande
eine große wirtschaftliche oder gesundheitspolizeiliche Rolle spielen,
in den Kreis der Erörterung gezogen worden, wie die Wutkrankheit,
Maul- und Klauenseuche, die Schweineseuchen, Influenza der Pferde,
die Tuberkulose der Rinder.
Der Vorlesungsstoff wurde im wesentlichen nach klinischen und
veterinärpolizeilichen Gesichtspunkten behandelt. Nach kurzer Cha-
rakterisierung des Wesens, der Erscheinungen, des Verlaufs und der
wirtschaftlichen Bedeutung der einzelnen Seuchen wurden Entstehung,
Verschleppungswege und die Maßregeln zu ihrer Bekämpfung und
Tilgung nach den Grundregeln des Reichs-Viehseuchengesetzes und der
tierärztlichen Praxis näher beleuchtet. Durch jedesmalige Berücksich-
tigung der möglichen Verwechselungen mit andern Krankheiten erhielten
diese Kapitel eine sich von selbst ergebende Erweiterung. So wurden
u. a. mit dem Vortrag „Rinderpest“ als Hauptthema anhangsweise
verbunden eine kurze Abhandlung über die in Südafrika häufige Gallen-
seuche der Rinder (Theiler, Leipziger) und über eine in Südwestafrika
bei Reiseochsen beobachtete Vergiftung durch Salze des Trinkwassers
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1
Hamburgisches Kolonialinstitut. al
(Riekmann). Beide Erkrankungen lösen Erscheinungen und Verän-
derungen aus, die auch bei Rinderpest vorkommen. In gleicher Weise
wurden Rauschbrand und eine südafrikanische Infektionskrankheit
der Schafe, genannt „Blauzunge“ (blue tongue), neben Milzbrand,
kruppöse Lungenentzündung, Wild- und Rinderseuche neben Laungen-
seuche. Druse, epizootische Lymphaneitis der Pferde neben Rotz,
die gewöhnlichen parasitären Hautkrankheiten neben Räude der
Pferde, Rinder, Hunde usw. besprochen.
2. Verschiedene Krankheiten der Haustiere, mit Demonstrationen, aus-
gewählt nach ihrer wirtschaftlichen oder forensischen Bedeutung.
Diese Vorlesungen beschäftigten sich mit praktischen Kapiteln aus
der Veterinär-Medizin in zweckentsprechender Auswahl. Zunächst
wurden Themata aus der Chirurgie behandelt: Wunden, Quetschungen,
Sattel- und Geschirrdrücke, Entzündungen der Sehnen und Sehnen-
scheiden, Knochenbrüche, Lahmheiten. Daran schlossen sich Übungen
in der Anlegung von Umschlägen und Verbänden. Alsdann folgten Vor-
träge über einige Entozoenkrankheiten und solche sporadischen
Krankheiten, die erhebliche wirtschaftliche Verluste zur Folge haben.
Schließlich kamen zur Besprechung die bekannteren Gewährmäneel,
mit Demonstrationen an geeigneten Objekten.
3. Exkursionen wurden in Gemeinschaft mit Dr. Neumann zur Besichtigung
von Pferde- und Rinderbeständen, Stalleinriehtungen und Milchwirt-
schaften unternommen.
4. Im Wintersemester wurde gelesen: Anatomie und Physiologie der
Haustiere, verbunden mit der Lehre vom Exterieur.
Der umfangreiche Stoff konnte nur insoweit zur Darstellung ge-
bracht werden, als er für die Zucht und Ernährung der Tiere von
srundlegender Bedeutung ist. Knochen. Muskeln, Gefäße und Ein-
geweide wurden in topographisch beschreibender Weise und nach ver-
sleichend anatomischen Gesichtspunkten vorgetragen. Zur Erläuterung
des Vortrags dienten frisch angefertigte Präparate.
An den anatomischen Teil der Vorlesungen reihten sich in zweiter
Linie die notwendigsten Erklärungen ‘über Tätigkeit und Leistung
der einzelnen Organe oder Organsysteme. Und an Hand der ge-
wonnenen anatomisch-physiologeischen Vorkenntnisse wurden schließlich
Betrachtungen über die äußeren Körperformen und ihre zweekmäßige
Beschaffenheit für bestimmte Nutzungen angestellt. Den gleichen
Zweck verfolgten zahlreiche Demonstrationen an lebenden Tieren.
Prof. Dr. Fiilleborn und Prof. Glaye: Tropische Tierseuchen. (Sommer-
semester.)
Die Vorträge über .„‚Tropische Tierseuchen” behandelten die In-
fektionsstoffe im allgemeinen, deren Resistenz und Verbreitung in
Hambureisches Kolonialinstitut.
1
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der Außenwelt, die Infektion, die Wege für die Verschleppung der
Tierseuchen und die Desinfektion. Im Anschlusse daran erfolgte eine
kurze Besprechung der Immunität, der Immunisierungsmethoden und
Prophylaxe. Im Einzelvorträgen wurden endlich die wichtigsten
tropischen Tierseuchen näher vorgeführt und zur Ergänzung praktische
Demonstrationen des Untersuchungsganges und: der Impftechnik bei
Pferd und Rind angefügt, soweit diese zur Feststellung und Bekämpfung
der fraglichen Seuchen von Bedeutung sind. Eingehend behandelt
wurden die wichtigsten Piroplasmen (Texasfieber, Küstenfieber) und
Trypanosomenkrankheiten (Tsetse, Surra usw.)
Fischereidirektor ZLiibbert: 1. Ausnutzung von Fischgewässern an der
Küste und im Binnenlande. (Sommersemester.)
In der Einführungsvorlesung wurde darauf hingewiesen, daß unter
Fischerei im weitesten Sinne die Gewinnung aller dem Menschen nutz-
baren Wassertiere und -pflanzen verstanden werde, und daß die wirt-
schaftliche Bedeutung der Fischerei hauptsächlich darin liege, daß
zur Ernährung der nutzbaren Wassertiere Organismen dienen, die in
ungeheuren Mengen im Wasser vorhanden sind, aber sonst den
Menschen nicht nutzbar eemacht werden können. Auch in den
Kolonien sind durch die Ausnutzung vorhandener Fischgewässer
erhebliche Werte zu gewinnen. Die einzelnen Arten der Fischereien,
die Hochsee- und Küstenfischerei einerseits. die Binnenfischerei andrer-
seits, wurden besprochen.
In den folgenden Vorlesungen sind dann die wichtigsten Fischerei-
betriebe, einerseits die Hochsee- und Küstenfischerei, andrerseits die
verschiedenen Zweige der Binnenfischerei, wie Karpfenteichwirtschaft.
Forellenteichwirtschaft, Bewirtschaftung von Binnenseen, Befischung
von Strömen, im einzelnen behandelt worden.
2. Fischereiliche Exkursionen.
Auf den fünf Exkursionen, die ausgeführt wurden, wurde jedesmal
im. Anschluß an die vorausgegangene Vorlesung der darin behandelte
Fischereibetrieb gezeigt und erläutert. Die Exkursionen wurden aus-
eeführt:
1. amT.Mainach der Forellenteichwirtschaft des Fischzüchters C. Riedel
in Saselbeek bei Bergstedt. Die künstliche Zucht der Salmoniden,
das Aufziehen der verschiedenen Salmonidenarten in Teichen sowie
die künstliche Fütterung der Forellenarten wurde gezeigt;
2. am 4. Juni in die Fischereiabteilunge der Landwirtschaftlichen
Ausstellung in Hamburg. Die in 245 Aquarien ausgestellten Teich-,
Fluß- und Binnenseefische, insbesondere Forellen, Karpfen, Schleien,
Aale, wurden gezeigt und erklärt;
3. am 11. Juni nach der Unterelbe. Die Ausübung der verschiedenen
Dr.
Hamburgisches Kolonialinstitut.
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Fischereibetriebe, die bei der fischereilichen Bewirtschaftung von
Flüssen angewandt werden, wurde vorgeführt, u. a. die Fischerei
mit dem Wurfnetz, dem Stellnetz, dem Treibnetz, dem Hamen,
mit Reusen, Körben und Grundangeln ;
4. am 24. und 25. Juni nach dem Plöner See. Der Betrieb des
Fischereipächters Köhn wurde als Beispiel der rationellen Bewirt-
schaftung eines großen Binnensees gezeigt und erklärt, insbesondere
die Fischerei mit dem Zugnetz und mit Reusen, ferner die Auf-
bewahrung der lebenden Fische und deren Versand. Bei einer
Fahrt über den Plöner See wurden auch die Ufer- und Boden-
fauna, ferner das- Plankton gezeigt und erklärt;
5. vom 1.—3. Juli nach Helgoland, Cuxhaven, Duhnen und Neuwerk. In
Helgoland wurde die Fischerei mit wissenschaftlichen Netzen vor-
geführt. ferner die Hummerfischerei erklärt. Im Aquarium der
biologischen Anstalt wurden lebende Seefische und andere Meeres-
tiere gezeigt. In Cuxhaven wurde die Anwendung des Grund-
schleppnetzes von einem Krabbenfischerkutter aus vorgeführt und die
Anlagen eines großen Fischmarktes gezeigtund erklärt. Aufdem Watt
zwischen Duhnen und Neuwerk wurde die Gewinnung von Watt-
muscheln, insbesondere der Strandauster Mya arenaria (Clam), gezeigt.
4A. Sokolowsky: Führung durch den Zoologischen Garten und
Hagenbecks Tierpark, sowie Demonstrationen von kolonialen Nutz-
und Haustieren.
Da die Demonstrationen nicht nur auf Tiere des Hagenbeckschen
Tierparks beschränkt waren, sondern namentlich der reiche Tier-
bestand des Zoologischen Gartens zur Demonstration herange-
zogen wurde, konnte den Hörern em weit umfassenderes Studien-
material als im Vorsommer eeboten werden. Bei den zur Vorführung
und Besprechung gelangenden Tierarten wurden namentlich auch die
Jagdtiere unserer Kolonien berücksichtigt: Die systematischen
Kennzeichen derselben, ihre Stellung im System, ihre Lebensweise
und Verbreitung sowie ihr eventueller Nutzen wurden bei der Schilderung
eingehend berücksichtigt. Auch auf die Schädlichkeit verschiedener
Kolonialtiere, die in lebenden Exemplaren gezeigt wurden, konnte
hingewiesen werden. Besondere Beachtung fanden solche wilde Tiere,
die ein wirtschaftliches Interesse bieten. Als solche seien besonders
Zebra, Elefant und Strauß hervorgehoben. Die Stellinger
Straußenfarm wurde eingehend besichtigt und bei der Gelegenheit
den Hörern eine ausführliche Schilderung der Haltung, Pflege und
Zucht der Strauße gegeben. Unter Vorlegung einer Anzahl Strau Ben-
federn wurde ihnen der wirtschaftliche Wert derselben sowie die
Güte der einzemen Federn als Verkaufsobjekt klar gemacht. Ein-
74 Hamburgisches Kolonialinstitut.
gehende Besprechung fanden auch die Haustiere unserer Kolonien
und Viehrassen, die als Importtiere für die Kolonien in Frage
kommen. Als solche sind besonders der indische Zebu sowie der
indische Büffel zu nennen.
Prof. Dr. @ürich: Die nutzbaren Minerale und Gesteine der deutschen
Schutzgebiete. (Sommersemester.)
Nach einer kurzen allgemeinen Einleitung wurden die Diamanten,
die anderen Edel- und Schmucksteine, die natürlichen Bausteine,
die Rohmaterialien für Mörtel- und Zementgewinnung besprochen.
Exkursionen wurden nach dem Harz in Gemeinschaft mit Herrn
Prof. Dr. Passarge, nach Lüneburg mit Herrn’ Baumeister Uhde und
nach Helgoland mit Herrn Fischereidirektor Lübbert ausgeführt. Außer-
dem waren die Hörer zu einer an das Schulauer Ufer unternommenen
geologischen Exkursion eingeladen.
Oberingenieur Sperber: Haus-, Wege- und Brückenbau in den Kolonien.
Behandelt wurden: A. Hausbau. 1) Welche Bedingungen muß ein
(Gebietsteil erfüllen, um zur Siedelung für Europäer geeignet zu sein?
2) Was ist zu beachten bei der Wahl eines Platzes zum Hausbau?
3) Erklärung des Grundwassers und Erläuterung der Einflüsse, welche
der Grundwasserstand auf den Hausbau und die Bewohner einer
Siedelung hat. 4 Wie ist brauchbares Trinkwasser zu beschaffen?
5) Wie sind die Hauswässer zu beseitigen? 6) Erklärung der
einfachsten Holzkonstruktionen. 7) Konstruktion einer Unterkunfts-
hütte. 8) Konstruktion eines Blockhauses. 9) Kurze Beschreibung
der Einzelheiten eines massiven Wohngebäudes. 10) Kurze Besprechung
eines Bebauungsplanes für eine Siedelung größeren Umfanges. B. Wege-
bau. 1) Erklärung der Bezeichnungen Last, Transport, Fracht.
2) Folgen der Verbesserung und Vergrößerung der Transportmöglich-
keiten. 3) Einteilung der Transportwege. 4) Tracierungselemente.
5) Wahl der zweckmäßigsten Wegetrace. 7) Längen- und Querprofile
der Straßen. 7) Erdarbeiten für den Wegebau im Damm, im Ein-
schnitt und im Anschnitt. 8) Besprechung der Bodenarten in bezug
auf die Tauglichkeit zum Wegebau. 9) Besprechung der Erdtransporte.
10) Besprechung der Wegebefestigungen. C. Brückenbau. 1) Zweck
der Brücken im allgemeinen. 2) Einteilung der Brücken. 3) Wahl
der zweckmäßigsten Brückentrace. 4) Besprechung der Eingeborenen-
Brücken. 5) Kurze Besprechung der beweglichen und testen Brücken.
6) Kurze Besprechung der hölzernen, der steinernen, der eisernen
und der Beton-Brücken.
Kaidirektor Winter: Hafen- und Kaibetrieb.
Die Vorträge gingen von den natürlichen Vorbedingungen für Ent-
stehung und Entwicklung des Hafens aus. Dargelegt wurde hierbei
Hamburgisches Kolonialinstitut. 75
der Einfluß der geographischen Lage sowie ihrer physikalischen Ver-
hältnisse und Häfen an offener See, mit solchen im Binnenlande an
schiffbaren Strömen in Vergleich gebracht. Daran schloß sich der
Hinweis auf die Bedeutung des Hinterlandes. Eine Übersicht über
die Verkehrsentwicklung, insbesondere derjenigen Hamburgs, leitete
über zu den bemerkenswerten Wechselwirkungen zwischen dem Verkehr
und Betrieb. Länger verweilt wurde bei der durch die Anforderungen
des Verkehrs überall und in immer steigendem Maße bedingten Ver-
vollkommnung der Hafenanlagen und ihrer Betriebsmittel. Das Ziel
ist die Beschleunigung des Güterumschlags, deren Notwendigkeit an
den bei Zeitverlust auf dem Spiele stehenden Werten dargelegt wurde.
Praktische Erläuterungen hierzu gaben die eingehenden Besichtigungen
der Kai- und Hafenanlagen Hamburgs und des sich auf ihnen ab-
wickelnden Betriebes. Es zeigten sich die verschiedenen Anforderungen
an den Betrieb, je nach der Art des Verkehrsmittels, ob Hafenfahr-
zeug, Flußschitf oder Seeschiff, ob Landfuhrwerk oder Eisenbahn,
ferner die Anforderungen des Handels auf der einen und ihre Be-
schränkungen durch zoll- und polizeigesetzliche oder durch hafen-
tarifarische Anordnungen auf der andern Seite. Ausführlich behandelt
und ihrem Wesen nach geschieden wurden der Kaibetrieb und der
Strombetrieb sowie im Gegensatz zu beiden der Lagerbetrieb. Bei
dem Kaibetriebe ist die Tätigkeit der Staats- wie der Privatverwaltung
eingehend erörtert; die Grenzen, die beiden gesteckt sind, wurden
besonders beleuchtet. Schließlich sind noch allgemein die mit den in-
dustriellen Anlagen des Hafens verbundenen Lösch- und Ladebetriebe
besprochen und einige von ihnen auch besucht worden. Dabei wurde,
wie überall im Hafen, auf die außerordentliche Entwicklung der
maschinellen Lösch-, Lade- und Förderbetriebsmittel hingewiesen,
wie sie auf der einen Seite die stets steigende Menge der zu be-
wältigenden Güter und auf der anderen die wachsende Kostspieligkeit
der Handarbeit verlangt.
Baumeister Unde: Übersicht über das Maschinenwesen, unter Betonung
der für die Kolonien wichtigen Einrichtungen, mit Besichtigungen
industrieller und gewerblicher Anlagen.
Für den Unterricht wurden die verschiedensten Demonstrations-
mittel an Katalogen, Eisen- und Maschinenteilen, Gesteinen, Zeichnungen
usw. in liebenswürdigster Weise von hiesigen und auswärtigen Firmen
geschenkt. wofür ich auch an dieser Stelle meinen besonderen Dank
ausspreche. Folgende Firmen haben Material überwiesen:
Vereinigte Maschinenfabrik Augsburg und Maschinenbaugesellschaft Nürnberg, A.-G.;
Jacques Piedboeuf, G. m. b. H., Düsseldorf; Orenstein & Koppel — Arthur Koppel,
A.-G., Berlin; Unruh & Liebig, Leipzig; J. Frerichs & Co., A.-G., Osterholz —
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Scharmbeck, Abteilung Schiffswerft, Einswarden a. d. Weser; Wilhelm Fredenhagen,
Maschinenfabrik, Offenbach a. M.; Fr. Gebauer, Berlin; Sangerhäuser Aktien-Maschinen-
fabrik; Emil Paßburg, Berlin; Borbecker Maschinenfabrik und Gießerei. Bergeborbeck
(Essen-Ruhr); Märkische Maschinenbauanstalt Ludwig Stuckenholtz, A.-G., Wetter
a. d. Ruhr; F. A. Herbertz — Üöln; Berginspektor Dr. Weise, Luisenthal; Friedr.
Krupp, A.-G., Grusonwerk, Magdeburg; Gebr. Scheven, Teterow ; Deutsche Wind-
turbinenwerke. Rud. Brauns, Dresden; Heinrich Lanz, Mannheim; Deseniß & Jacobi.
A.-G., Hamburg: Bernh. H. Boltz, Hamburg; Rob. Reichling & Comp., Dortmund
und Königshof — Ürefeld; Deutsch-Luxemburgische Bergwerks- und Hütten-Aktien-
gesellschaft, Differdingen; Chemische Fabrik Flörsheim, Dr. H. Nördlinger ; Schulze & Co.,
Eisenberg S. A., Fabrik feuerfester und säurefester Tonwaren; Allgemeine Elektrieitäts-
Gesellschaft, Berlin; Bergmann-Elektrieitäts-Werke, A.-G., Berlin; Siemens-Schuckert-
Werke, Berlin; Siemens & Halske, A.-G., Berlin; Gebr. Siemens & Co., Lichtenberg
b. Berlin; Schornsteinbauabteilung der A.-G. A. Custodis, G. m. b. H., Düsseldorf:
Friedr. Krupp, A.-G., Gußstahlfabrik. Essen-Ruhr; Mansfeld’sche Kupferschieferbauende
Gewerkschaft, Eisleben; Otavi Minen- und Eisenbahngesellschaft, Berlin; Nilsson & Korte,
Maschinenbauwerkstatt, Hamburg, Luisenweg: Thermochemische Prüfungs- und Ver-
suchsanstalt Dr. Aufhäuser, Hamburg.
Prof. Dr. Passarge: Landeskunde der deutschen Kolonien.
Im Wintersemester 1909/10 wurden im geographischen Seminar die
afrikanischen Kolonien, Deutsch-Ostafrika, Deutsch -Südwestafrika,
Kamerun und Togo behandelt. Die Landeskunde der Südseegebiete und
von Kiautschou wurde im Sommersemester 1910 gelesen. Die Vorlesung
gab zunächst einen Überblick über die allgemeine und Wirtschafts-
geographie des australischen Festlands, Neuseelands sowie ganz Ozeaniens
und ging dann speziell auf Oberflächengestaltung, Klima, Vegetation,
Tierwelt, Bevölkerung und wirtschaftliche Verhältnisse der deutschen
Kolonien ein. Ein Überblick über die Geographie Ostasiens und die
Stellung und Bedeutung von Kiautschou schloß die Vorlesung ab.
Einige Exkursionen wurden unternommen, so nach Lüneburg, nach
Helgoland und Neuwerk und eine dreitägige Tour nach Hildesheim,
(soslar, Ilsenburg und auf den Brocken.
Dr. Obst: Landeskunde von Deutsch-Ostafrika. (Wintersemester.) Landes-
kunde von Kamerun. (Sommersemester.)
In beiden Vorlesungen wurden nach einem kurzen Überblick über
Land und Leute die kolonialwirtschaftlichen Verhältnisse und besonders
die physische Geographie behandelt.
Dr. Graff: Anleitung zu Himmelsbeobachtungen mit einfachen Instrumenten
und anderen wissenschaftlichen Beobachtungen auf Reisen. (Winter-
semester 1909/10.)
Eine gewisse Kenntnis der Vorgänge am Himmel ist für jeden,
der geographische Ortsbestimmungen oder auch nur topographische
Aufnahmen in den Kolonien ausführen will, unumgänglich notwendig.
Diese Kenntnis den Zuhörern zu vermitteln und sie gleichzeitig mit
den Hilfsmitteln zur Orientierung am Sternhimmel bekannt zu machen,
Hamburgisches Kolonialinstitut.
77
war in erster Linie Zweck der fünfstündigen Vorlesung. Im Anschluß
hieran war beabsichtigt. die Zuhörer überhaupt für einzelne leicht
zu beobachtende Himmelserscheinungen, wie Milchstraße, Zoadikallicht,
Feuerkugeln u. dergl., zu interessieren und ihnen die Wege
zu zeigen, wie die Erscheinungen zu beobachten sind, um wissen-
schaftlich verwertbare Resultate zu liefern. Die Vorlesung wurde
durch einen Beobachtungsabend auf der Sternwarte in Bergedorf ab-
geschlossen.
Prof. Dr. Thilenius: Allgemeine Völkerkunde. (Wintersemester.)
Im Wintersemester wurde die Allgemeine Völkerkunde zweistündig
vorgetragen. Auf einen kurzen Überblick über die Menschenrassen
und ihre wichtigsten Merkmale folgte die eingehende Behandlung
der Rassenbiologie einschließlich der Fragen, der Anpassung an die
Umwelt, der Vermischung, Inzucht und Akklimatisation. In den
nächsten Stunden wurde die Anschauungs- und Denkweise der Natur-
völker dargestellt unter besonderer Betonung des Gegensatzes zu
der Denkweise der Kulturvölker. Ausführlich wurden endlich die
Gesellschaftslehre und im Zusammenhang damit die Anfänge der
Religion vorgetragen, dagegen die Wirtschaftslehre und die materielle
Kultur nur in den Grundzügen.
Völkerkunde der deutschen Kolonien. (Sommersemester.)
Im Sommersemester wurde die Ethnographie der Afrikaner be-
handelt, da Hörer, die sich für Ozeanien interessierten, fehlten. In
den anschließenden Übungen referierten die Hörer über einzelne Ge-
biete, und bei den nachfolgenden Besprechungen wurde besonderer
Wert auf die Beurteilung der praktischen Bedeutung ethnographischer
Erscheinungen gelegt.
Prof. Dr. Becker: Allgemeine Islamkunde. (\intersemester.) Geschichte
und spezieller Charakter des Islams in Afrika. (Sommersemester.)
In den beiden Islamvorlesungen wurde der große Stoff einmal
historisch und einmal systematisch durchgesprochen. Im Winter wurde
die Entwicklung der islamischen Religion, besonders die Glaubens-
lehre, das Ördenswesen, mit ständiger Rücksichtnahme auf die Gegen-
wart dargestellt und die politische Entwicklung des Islam nur mit
Beziehung auf Innerafrika durchgeführt. Bei dieser Gelegenheit kam
die Geschichte der großen innerafrikanischen Reiche von Ghana.
Malli, Songhai, der Haussastaaten. des Fulbereiches von Sokoto, des
uralten Reiches von Kanem und Bornu und auch die Geschichte Ost-
afrikas vor der deutschen Okkupation zur Darstellung. Auf diesem
historischen Unterbau ließ sich dann im Sommersemester die systema-
tische Behandlung des mohammedanischen Kultusund Ritus, des Staats-
rechts, Familien-, Sklaven- und Erbrechts und der Sitten und Ge-
18 Hamburgisches Kolonialinstitut.
bräuche im allgemeinen und unter besonderer Rücksichtnahme auf
unsere kolonialen Verhältnisse aufbauen. Die Vorlesungen waren mit
Übungen verbunden. Verschiedene Hörer hielten Vorträge über ein-
zelne wichtige Fragen, alle aber beteiligten sich durch Frage und
Antwort am Unterricht.
Prof. Dr. Nocht: Tropenhygiene. (Wintersemester.)
Die Vorlesung umfaßte 35 Stunden, verbunden mit Lichtbilder-
demonstrationen, Vorzeigung von Präparaten, Besuch des tropen-
hygienischen Museums, Vorstellung einzelner Kranker usw. usw.
Behandelt wurden folgende Themata: Allgemeines über Hygiene
und Tropenhygiene, Malaria und Malariaverhütung, Bekämpfung von
Dysenterie und verwandten Krankheiten, Ernährung in den Tropen,
Trinkwasser, Bekleidung, Wohnung, Schlafkrankheit, tropische Gifte
und Gifttiere, Beriberi, Tuberkulose, Syphilis, Pest, Pocken, Aussatz,
T'yphus, Cholera usw., gelbes Fieber, tropische Darmparasiten, tropisches
Rückfallfieber und andere Tropenfieber, Akklimatisationsfragen, Hygiene
der Eingeborenen.
Überall wurde der Hauptwert auf die hygienischen Fragen, d.h.
die Vorbeugung und die individuelle und allgemeine Bekämpfung der
Krankheiten gelegt. Das wurde in jedem Fall sehr ausführlich be-
sprochen, natürlich wurden dabei auch die in Frage kommenden,
übertragenden Insekten gründlich besprochen und gezeigt, ebenso die
Mittel, sich vor ihren Stichen zu schützen, und die Mittel zu ihrer
Bekämpfung und Ausrottung.
Professor Dr. Fülleborn: Kochkursus. (Wintersemester.)
Der Kursus begann mit einem Vortrag über die Wichtigkeit einer
zweckmäßigen Ernährung der Europäer in den Tropen und über das
Nahrungsbedürfnis in heißen Klimaten in bezug auf animalische und
vegetabilische Kost, deren Nährwert kurz besprochen wurde. Daran
schlossen sieh mit besonderem Hinweis auf die Verhältnisse der Tropen
Erörterungen über die hygienische Bedeutung einer zweckmäßigen
küchengemäßen Zubereitung der Nahrungsmittel, über den Wert der
Konserven, Gewürze usw. Während der an diese kurzen theoretischen
Erörterungen anschließenden praktischen Übungen wurden die für die
Küche der Europäer besonders in Betracht kommenden Gemüse,
Früchte und Fleischsorten der Tropen sowie die gebräuchlichsten
Konserven im einzelnen besprochen und, soweit möglich, bei der Zu-
bereitung der Gerichte verwandt, wobei jedem Teilnehmer Gelegen-
heit geboten wurde, die Speisen vom Rohmaterial bis zur kompletten
Mahlzeit zu verarbeiten. Zum Schlusse des Kurses wurde die Be-
reitung von Krankenkost sowie die Zubereitung von Nahrung unter
eanz primitiven Bedingungen geübt.
Hambureisches Kolonialinstitut.
1
“D
Professor @lage: Fleischbeschau. (Wintersemester)
Es leitete bei den Vorträgen im wesentlichen der Gedanke, den
Hörern die Unterscheidung des unschädlichen von dem gesundheits-
schädlichen Fleische darzulegen. Um ein Verständnis hierfür erwecken
zu können, behandelten die Vorträge zunächst die Einrichtung des
tierischen Körpers unter besonderer Berücksichtigung der für die Be-
urteilung des Fleisches wichtigen normalen Beschaffenheit der inneren
Organe, der Lymphdrüsen und des Blutgefäßsystems. Angefügt wurde
hierbei eine kurze Schilderung der Schlachtmethoden und der Schlachtung.
Daran schloß sich eine allgemeine Besprechung der Krankheitserreger,
speziell derjenigen, die das Fleisch erfahrungsgemäß schädlich machen,
ihrer Eintrittspforten in den Tierkörper und der Weiterverbreitung in
ihm durch den Blut- und Lymphstrom. Die Schilderung der Unter-
suchung auf das Vorhandensein der genannten Infektionskrankheiten,
der Gefahren, die der Fleischgenuß mit sich bringen kann, und der,
Maßregeln, diesen vorzubeugen, bildeten endlich den wichtigsten Teil
der Vorträge. Neben den in Frage kommenden bakteriellen Erkrankungen
wurden die gesundheitsschädlichen Parasiten entsprechend berücksichtigt.
Die Vorträge wurden ergänzt durch Demonstrationen von normalen
und mit hinsichtlich des Fleischgenusses wichtigen Veränderungen
behafteten Organen und Tierkörpern, von schädlichen Parasiten und
durch praktische Vorführung der Untersuchungstechnik. Zur weiteren
Fortbildung wurde der Leitfaden für Fleischbeschauer von Geheimrat
Prof. Dr. Ostertag empfohlen. Außerdem erhielten die Hörer eine
von dem Dozenten eigens für diesen Zweck bearbeitete Tabelle, in
der die Grundsätze für die Beurteilung des Fleisches zusammen-
gestellt sind.
Oberarzt Dr. Lauenstein: Samariterkursus. (Wintersemester.)
In acht je zweistündigen Vorlesungen vom 21. Oktober bis zum
16. Dezember wurden die folgenden Themata behandelt: Allgemeine
Übersicht über den Vorgang des Erkrankens und seine Ursachen.
Eintrittspforten der Krankheitserreger. Verschiedene Arten und Formen
der Wunden und Verletzungen des menschlichen Körpers und ihr
Zustandekommen. Bedeutung der Verletzungen der einzelnen Gewebe
und Organe. Die verschiedenen Arten der Blutung, ihr Zustande-
kommen. Die Blutstillung. Esmarchsche Blutleere und ihre An-
wendung. Die Frage der Wundheilung und ihrer Störungen. Be-
deutung der chirurgischen Reinlichkeit, Asepsis, Antisepsis. Verun-
reinigung der Wunden durch die Luft und durch Berührung mit
Händen und Instrumenten. Entstehung der akzidentellen Wundkrank-
heiten. Siedehitze, strömender Wasserdampf, trockene Sterilisation,
keimtötende Mittel und ihre Wirkungen im Dienste der Chirurgie
Ss0 Hamburgisches Kolonialinstitut.
sowie für die Krankenpflege überhaupt. Bau und Verriehtungen des
menschlichen Körpers und seiner Organsysteme. Atmung, Blutumlauf,
Ernährung, Verdauung, Tätigkeit des Nervensystems, Bewegung des
Körpers und seiner Glieder. Erste Hilfe bei plötzlichen Erkrankungen
und Unglücksfällen und bei Verletzungen. Der Krankentransport und
seine Bedeutung. Die theoretischen Darlegungen wurden durch Demon-
strationen veranschaulicht. Auf praktische Übungen wurde besonderer
Wert gelegt. Alle Teilnehmer hatten Gelegenheit, Notverbände an
Verletzten mit Wunden und Knochenbrüchen anzulegen. Eine Vor-
lesung über Entstehung und Bedeutung der Geschlechtskrankheiten
unter Bezugnahme auf die Gefahren des Alkohols schloß den Kursus.
Professor Meinhof: Suaheli, Duala.
Im Wintersemester 1909/10 fanden zwei Kurse im Suaheli und ein
Kursus im Duala statt. Im ersten Suaheli-Kursus wurden die
Zuhörer in die Grammatik und die Literatur eingeführt, wobei fort-
gesetzt die Hilfe des eingeborenen Lektors in Anspruch genommen
wurde, um die Aussprache zu üben. Der Lektor hat mit den Zuhörern
außerdem besondere Konversationsstunden abgehalten. Im zweiten
Suaheli-Kursus wurden Repetitionen aus der Grammatik mit Übungen
im Übersetzen verbunden, auch hier unter beständiger Mitwirkung des
Eingeborenen. Im Dwuala-Kursus wurden die Anfänge der Duala-
grammatik geübt. Als Lektor fungierte ein junger Duala, der sich
in Hamburg zu seiner eigenen Fortbildung aufhielt. Im Sommersemester
sind wiederum zwei Suaheli-Kurse abgehalten, von denen der
erste aber vierstündig war. Außerdem wurde vergleichende Grammatik
der Bantusprachen gelehrt. Die wichtigsten allgemeinen Gesetze
dieser Sprachengruppe wurden dabei erörtert unter dem Gesichtspunkt,
daß die Zuhörer genötigt sein würden, außer dem Suaheli sich noch
andere Bantusprachen in Afrika anzueignen und zu diesem Zweck
einen Einblick in den Bau dieser Sprachengruppe haben müssen.
Außerdem wurde eine Vorlesung über Phonetik gehalten, in der die
wiehtigsten phonetischen Vorgänge unter Benutzung von Apparaten
vorgeführt wurden, mit besonderer Berücksichtigung der Bedürfnisse
eines Sprachforschers in Afrika.
Im Sommersemester 1910 wurde der erste Suaheli-Kursus eifrig
besucht. Neben den Beamten und Gewerbetreibenden hatten sich auch
fünf Missionare als Hörer eingefunden. In dem zweiten Suaheli-Kursus
konnten Suahelitexte gelesen werden. Die Einführung in die Phonetik
war von einer Reihe von Demonstrationen begleitet und wurde von
Hörern aus sehr verschiedenen Wissenschaften besucht. Die ver-
gleichende Grammatik der Bantusprachen ist nur von Missionaren
gehört worden.
Hamburgisches Kolonialinstitut. s1
Professor Dr. Franke: Einführung in die Kenntnis der chinesischen
Sprache.
Im Sommersemester 1910 wurde das Ostasiatische Seminar im Hause
Dammthorstraße 25 eröffnet. An dem ersten Kursus der Einführung
in die Kenntnis der chinesischen Sprache nahmen fünf Hörer teil. davon
waren zwei Beamte und drei Kaufleute. Zugrunde gelegt wurde beim
Studium die Schriftsprache, und zwar die moderne. ‚Jedoch wurde
zunächst an der Hand eines alten Textes der Bau der Sprache er-
klärt und dann erst zur Lektüre neuerer Texte übergegangen. Das
Ziel, die Hörer mit den Grundgesetzen der Sprache, dem Wesen der
Schriftzeichen und dem Gebrauch des Wörterbuches bekannt zu machen.
wurde erreicht. — Die Beschaffung der Handbibliothek schreitet fort;
indessen werden durch die zurzeit noch beschränkten Räume hier
bald Grenzen gezogen.
Dr. Schmidt: “Arabisch.
Im Wintersemester fand lediglich der Kursus für Anfänger
im Arabischen statt. Die Anfangsgründe der Grammatik bis
zu den unregelmäßigen Verben wurden im engen Anschluß an
das Hardersche Lehrbuch durchgenommen. Gegen Schluß des Semesters
wurde die Lektüre der Sure XII beeonnen. Im Sommersemester
fand nur der Kursus für Fortgeschrittenere statt. Die Grammatik
wurde beendigt. In der Lektüre der Sure XII wurde fortgefahren.
Endlich wurde ein kurzes Märchen aus 1001 Nacht übersetzt.
Dr. Ziebarth: Neugriechisch I. (Wintersemester.)
Lektüre und Sprechübungen nach Brighenti, Crestomazia neoellenica,
Grammatik nach Thumb, Handbuch der neugriechischen Volkssprache
mit Hörern, die sämtlich mit dem Altgriechischen vertraut waren.
Neugriechisch Il. (Sommersemester.)
Durchteilung des Kurses, da die Hörer teilweise keine Kenntnis
des Altgriechischen besaßen. In der I. Abteilung Fortsetzung der
Lektüre nach Brighenti, dazu Sprechübungen, gefördert durch die
Teilnahme eines griechischen Hörers. In der 2. Abteilung Elemente
des Neugriechischen, nach Wied, Leitfaden der neugriechischen Sprache.
E. T. Harris, A.A.,F.C.1I.: Englisch.
In der englischen Sprache wurde der Unterricht m drei Klassen
erteilt, und zwar in einer Anfänger- und einer Mittelklasse sowie
einer Klasse für Fortgeschrittene. In allen diesen Klassen wurde
fast ausschließlich Englisch gesprochen. In der Anfängerklasse wurde
während der ersten 3—4 Monate eines jeden Semesters nur mit Hilfe
der Wandtafel unterrichtet, wobei die Hörer im Verstehen und Sprechen
der fremden Sprache sehr schnelle Fortschritte machten. Später
wurden leichte Lesestücke durchgenommen, die teils von den Hörern,
6
Hamburgisches Kolonialinstitut.
teils von dem Lehrer vorgelesen wurden; die nötigen Erklärungen
wurden stets in englischer Sprache gegeben. Beim Unterricht wurde
darauf Bedacht genommen, den Hörern in erster Linie die Kenntnis
der im täglichen Leben am häufigsten vorkommenden Wörter und
Redewendungen zu vermitteln. Die Mittelklasse bildete eine Fort-
setzung der Anfängerklasse. In der Klasse für Fortgeschrittene wurden
von den Hörern Aufsätze geschrieben und Debatten, abwechselnd
über ein vorbereitetes und ein vorher nicht bekanntgegebenes "Thema,
geführt. Von dem Dozenten wurden Vorlesungen über diverse Themata
gehalten, auch wurden Übungen im Briefschreiben und im allgemeinen
Gespräch veranstaltet. In der Grammatik wurden bisweilen die am
meisten vorkommenden Fehler von dem Dozenten in ausführlicher
Weise erörtert.
Dr. Lavoipiere: Französisch.
Im Winter- sowie im Sommersemester wurden in französischer
Sprache Anfänger- und Fortgeschrittene-Kurse gehalten. Der Unter-
richt wurde ausschließlich nach der direkten Methode erteilt, also
nur in französischer Sprache. Als Lehrmittel sind direkte Anschauung
von Objekten, Bildern und bei Gelegenheit Zeichnungen an der Tafel
als auch leichtere Beschreibungen, Definitionen und allerart Er-
läuterungen angewendet worden. Der Unterricht ist methodisch,
die Wörter, die Ausdrücke sind nach dem Sinne gruppiert, progressiv,
von dem Einfachsten bis zu dem Verwickeltsten gehend, und konzen-
trisch, zurückkommend auf schon behandelte 'Themata, zwecks gründ-
licherer und erweiterter Betrachtungen. Die Wörter sind alle von
dem Dozenten an der Tafel aufgeschrieben worden und wurden von
den Hörern in derselben Stunde angewendet, und zwar, indem sie
auf bestimmte Fragen antworteten, so daß die Hörer an der Stunde
aktiven Anteil nahmen. Ebenso sind die unentbehrlichen Grammatik-
regeln erlernt worden mit gleichzeitigen gemeinschaftlichen Übungen
an der Tafel. In dem Kursus für Fortgeschrittene wurden überdies
Texte diktiert, die aus ‚Jean-Jacques Rousseau, Taine und aus ganz
modernen franzözischen Schriftstellern, wie: Lavedan, Jules Lemaitre,
Maurice Donnay, oder aus ‚Journalisten, wie: Jules Huret usw.,
gewählt wurden.
L. Cortijo: Spanisch.
Der Unterricht ist nach der Berlitz-Methode erteilt worden. Die
ersten Wochen wurden die Schüler mit den notwendigsten Ausdrücken
und den Bezeichnungen für Gegenstände, Farben, Dimensionen, Kleider
und Körperteile bekannt gemacht, daran schloß sich die Behandlung
der Hilfsverben und der Konjugationen im allgemeinen (regelmäßige
und unregelmäßige Verben) bis zum Konjunktiv. Nach der erwähnten
Hamburgisches Kolenialinstitut. 33
Methode sind ungefähr 43 Lektionen mit den dazu gehörenden münd-
lichen und schriftlichen Übungen gründlich durchgearbeitet worden,
so daß die Schüler alle die im täglichen Leben vorkommenden gebräuch-
lichen Redensarten leicht verstehen und auch beantworten können.
Fräulein ZL. Ey: Portugiesisch.
Der Lehrstoff wurde teils der Umgebung, teils dem eingeführten
Lesebuch (Trindade Coelho: „1° Livro de Leitura“) entnommen, und
zwar: Der menschliche Körper und seine Organe; seine Bekleidung
(Stoffe, ihre Herkunft und Bereitung). — Zahlen (Zeiteinteilung, und
im Anschluß daran: Religiöse Feste und Volksbräuche in Portugal).
— As vozes dos animaes (Tierstimmen), Diktat zur Einübung der
Verben und ihrer Formen. Das Wichtigste aus der Lautlehre unter
Zugrundelegung des „Abe do Povo“ von Trindade Coelho und der
Phonetik von Goncalves Vianna in der Bearbeitung von Luise Ey.
Grammatische Pensen, wie sie aus dem behandelten Sprachstück
abgeleitet wurden, unter Zugrundelegung der „Neuen Portugiesischen
Konversations-Grammatik“ von Liwise Ey. Schriftliche Arbeiten,
teils nach erwähnter Grammatik, teils nach freier Wahl der Hörer,
über den durchgenommenen Stoff.
84
Hamburgisches Kolonialinstitut.
Der Besuch der einzelnen Vorlesungen ergibt sich aus der folgenden
Zusammenstellung:
Wintersemester 1909/10.
Name des Dozenten
Thema
Prof. Dr. Wahl
Prof. Dr. Perels
Regierungsrat Dr. Graef
Prof. Dr. Rathgen
Prof. Dr. Rathgen
und Prof. Dr. Voigt
Prof. Dr. Rathgen
und Prof. Dr. Voigt
Dr. Neumann
Dr. Neumann
Dr. Neumann
Prof. Dr. Peter
Prof. Dr. Peter
Prof. Dr. Klebahn
Prof. Dr. Klebahn
Prof. Dr. Voigt
Prof. Dr. Voigt
Prof. Dr. Voigt
Baumeister Uhde
Prof. Dr. Passarge
Dr. Obst
Dr. Graff
Prof. Dr. Becker
Prof. Dr. Thilenius
Prof. Dr. Kraepelin
Prof. Dr. Michaelsen
Prof. Dr. Voigt
Allgemeine Kolonialgeschichte der Neuzeit
Kolonialrecht mit Übungen............
Verwaltungspraxis in den deutschen Ko-
a RR
Kolonialpolitik mit Übungen ......
Besichtigung von Warenlagern, Auf-
bereitungsanstalten und industriellen |
Anlaren a ee Ve ER
desgl. KürrZzollbeamte .. 2...
Ausgewählte Kapitel der landwirtschaftl. |
Tierzucht mit Berücksichtigung der
Kolonien, II. Teil: Kleinviehzucht usw.
Übungen über die landwirtschaftlichen |
Verhältnisse der Kolonien, insbesondere |
von Suüdwestalrika ma 2 a
Landwirtschaftliche Exkursionen.......
Grundzüge der Anatomie und Physiologie
der. -Hausbleree. men.
Beurteilungslehre des Pferdes und des
Rindes und ihre Gewährmängel
Die Grundlagen der Bodenkunde ......
Einführung in die Grundlagen der land-
wirtschaftlichen Pflanzenzüchtung und
in die Lehre von den Pflanzenkrank-
beiten ER ee
Praktische Übungen im Erkennen und
Untersuchen pflanzlicher Erzeugnisse
des@Handelsr zer. et
desgl. Für Zollbeamte
desg]. BKür-Kaunleuter ser
Übersicht über das koloniale Maschinen-
wesen und Besichtigung industrieller
und gewerblicher Anlagen ..........
Landeskunde der deutschen Kolonien...
Landeskunde von Deutsch-Östafrika....
Anleitung zu Himmelsbeobachtungen mit
einfachen Instrumenten und zu anderen
wissenschaftl. Beobachtungen auf Reisen
Allgemeine Islamkunde...............
Allgemeine Völkerkunde..............
Einführung in die biologischen Wissen-
SCHADENS ee
Die Tierwelt unserer afrikanischen Ko-
TONTenm tn ER ee
Koloniale Nutzpflanzen, ihre Kultur, ihre
Produkte und ihre Schädlinge.......
Ibermaen as:
Anzahl der
RS | Hospi-
Hörer tanten
35 3
3b,
28 1
| 40 4
| 38 5
el
15 >
16 4
20 3
N 4
08 4
9 4
|
|
8 4
22 2
—_ 30
=
Ber 9
33 >
11 1
12 8
25 4
38 4
32 3
34 4
37 5
509 197
„ vr
Hamburgisches Kolonialinstitut. . S
[er |
|
| Anzahl der
Name des Dozenten | Thema Fresse
| Hörer D
| tanten
Vorltaeine.n.. 509 197
Prof. Dr. Voigt Koloniale Nutzpflanzen, ihre Kultur, ihre
Produkte und ihre Schädlinge Für
Kaufleute... SE Ur el: — 50
Dr. Heering Grundzüge der ren unter
besonderer Berücksichtigung der deut- |
sehen »Koloniene er 4 1
Prof. Dr. Nocht Tnopenhweienesers ge 2 ek 42 6
Prof. Dr. Ollwig |
und Prof. Glage Verwendung und Zubereitung der Nah-
rungsmittel in den Tropen einschl. |
Fleischbeschau (Kochkursus) ........ I 3
Dr. Lauenstein SAMALITERKUTSUSEHE N a er I 73 N
E. T. Harris Eneliseh Tür -Anfaneer... nl. 10 4
E. T. Harris Englisch für fortgeschrittene Anfänger . | 17 8
E. T. Harris Englisch für Fortgeschrittene ......... > 9
Dr. Clair Lavoipiere Französisch für Anfänger ............. IA 6
Dr. Glair Lavoipiere Französisch für Fortgeschrittene....... 6 4
L. Cortijo Spanisch für Anfänger... ..r....... 2... a) 13
Frl. Ey Bortussesisehr für Anfangenr = .....2..... — 8
Dr. Ziebartlh Neu-Griechisch für Anfänger. 020. = 6
Dr. Schmidt Arabisch I. Kurs, für Anfänger........ 2 3
Prof. Meinhof Kisuaheli I. Kurs, für Anfänger ....... 6 2
Prof. Meinhof Bssuabeliail Kursi.ek Mn. ren: 6 =
Prof. Meinhof Dualas Kurse es: 1 —
Prof. Dr. Hagen Einführung in die chinesische Umgangs- |
a NEE | — 3
Prof. Dr. Michaelsen Anleitung zum Abbalgen von Vögeln und |
SOHOETIRTEn ee een I 2
Prof. Dr. Voigt Demonstrationen von Ausrüstungen für |
botanisches Sammeln auf Reisen..... | 38 4
Hechtunternichtee ee pe es: 2 —
Retninternichtegr een: 20 2
| Kopfzahl
Name des Dozenten Thema | der
Besucher
12.2 2 ee HE EEE En
Dr. Voß (Rio de Janeiro) Die Gebräuche im Handel in Brasilien,
insbesondere im Innern ............- 180
Major Langheld (Char- Vergleichende Übersicht üb. die Kolonial-
lottenburg;) armeen der europäischen Mächte..... 71
Major Langheld (Char- Die Fechtweise der afrikanischen Ein- |
lottenburg) oeborenen und die daraus resultierende |
Abänderung in unserer Gefechtsführung | 76
Dr. Egon Fr. Kirschstein, £rlebnisse und Forschungen am Kiwu-See 125
Berlin —|
86 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Sommersemester 1910.
|
Name des Dozenten |
|
Prof. Dr. Keutgen
Pastor D. Paul
Prof. Dr. Perels
Regierungsrat Dr. Graef
Prof. Dr. Rathgen
Prof. Dr. Rathgen
und Prof. Dr. Voigt
Bücherrevisor Koock
Dr. Radlauer
Prof. Dr. Fesca
Prof. Dr. Voigt
Prof. Dr. Voigt
Prof. Dr. Voigt
Prof. Dr. Voigt
Prof. Dr. Voigt
Prof. Dr. Klebahn
Prof. Dr. Brick
Dir. Dr. Neumann
Dir. Dr. Neumann
Dir. Dr. Neumann
Prof. Dr. Peter
Prof. Dr. Peter
Prof. Dr. Fülleborn
und Prof. Glage
Fischereidirektor Lübbert
Dr. Sokolowsky
Anzahl der
Thema Hospi
A pi-
wie tanten
Allgemeine Kolonialgeschichte der Neu- |
Zelt, Di... a ee | 28 —
Die Mission in den deutschen Kolonien | 55 —
Kolonialreeht Ti .2.80.. ae | 31 1
Verwaltungspraxis in den Kolonien mit
besonderer Berücksichtigung der Ein-
geborenengesetzgebung ...... ...... 30 4
Kolonialpolitik mit Übungen II........ 35 1
Besichtig. v. Warenlagern, Aufbereitungs-
anstalten und industriellen Anlagen .. 37 29
BuchführungundBilanzkundemitÜbungen 34 13
Übungen zur Einführung in das Kolonial-
recht für Hörer ohne jurist. Vorbildung ıDl —_
Einführung in die tropische und sub-
tropische Landwirtschaft ............ | 832 2
Praktische Übungen im Erkennen und
Untersuchen pflanzlicher Erzeugnisse
desIHlandelm Br Ä 6 68
desgl. Kur Zollbeamter ..2.0% — 30
desgl. RiriKaufleuterr.e....2: | — | 4
Koloniale Nutzpflanzen, ihre Kultur und |
ihre: Produkte: . aan er an. a: 36 45
desgl. Kürskamılemtenss wre —_ 40
Praktische Übungen und Demonstrationen |
über Bodenkunde, Pflanzenzüchtung
und. Pflanzenkrankheiten ............ 4 1
Krankheiten dertropischen Kulturpflanzen,
verbunden mit praktischen Übungen.. | 6 2
Die natürlichen und wirtschaftlichen |
Faktoren der Landwirtschaft mit Be-
rücksichtieung der Kolonien......... | 33 B)
Landwirtschaftliche Tierzucht mit Be- | |
rücksichtigung der Kolonien I....... 21 1
Landwirtschaftliche Exkursionen ....... a9
Die hauptsächlichsten Tierseuchen in den | |
Kolonien, die Maßnahmen zu ihrer
Verhütune und -Dlleune” 7. 22. ze..r 1 1
Verschiedene Krankheiten der Haustiere |
mit Demonstrationen, ausgewählt nach
ihrer wirtschaftlichen, forensischen und
hygienischen Bedeutung ............ 4 1
Tropische Tierseuchen und ihre Erreger. | 32 2
Ausnutzung von Fischgewässern an der | '
Küste und im Binnenlande, mit prak- |
tischen Demonstrationen und Besich- |
tisungen von Fischereibetrieben ... 9 1
Führung durch Hagenbecks Tierpark |
und Demonstrationen von Nutz- und | |
Haustieren der deutschen Kolonien... , 29 | —
| |
Übertrag.......... | 510 | 285
Hamburgisches Kolonialinstitut.
87
|
| Anzahl der
Name des Dozenten Thema Hörer |Hospi-
| ‚tanten
|
Vortrag. 2 22....:. 510 | 285
Baumeister Uhde Übersicht über das Maschinenwesen unter
“ Betonung der für die Kolonien wichtigen
Einrichtungen mit Besichtigungen indu-
strieller und gewerblicher Anlagen ... 13 11
Prof. Dr. Gürich Die nutzbaren Minerale und Gesteine der
deutschen Schutzgebiete ............ 4 1
Prof. Dr. Gürich Praktische Übungen im Anschluß an die
Vorlesuner Se me 3 1
Prof. Dr. Gürich Exkursionen und Übungen im geologisch- |
agronomischen Kartieren ............ 3 _
Prof. Dr. Passarge Landeskunde der deutschen Kolonien... | 33 1
Prof. Dr. Passarge Geographie era. ee ee re | 18 92
Prof. Dr. Passarge Geographische Übungen............... ia 2
Prof. Dr. Passarge Eixkursionem‘ 2. 2.02 ce 2 18 1
Dr. Obst Landeskunde von Kamerun ............ 13 fl
Prof. Dr. Becker Geschichte und spezieller Oharakter des
IslamseinwAlrıkays ge 22 5
Prof. Dr. Thilenius Völkerkunde der deutschen Kolonien mit
Ban en er a 32 6
Prof. Meinhof Suahelt für Anfänger. ........2. 3200 5 5
Prof. Meinhof Suaheli für Fortgeschrittene. ........ FR ER REN | af
Prof. Meinhof Übungen in Suaheli mit dem Lektor... 6 | 5
Prof. Meinhof Vergleichende Grammat. d. Bantusprachen | — 5
Prof. Meinhof Phonetik mit besonderer Berücksichtigung
afrikanischer Sprachen .............. — 8
Prof. Dr. Franke Einführung in die Kenntnis der chinesischen
STEIOBERWE ee e 3 2
Dr. Tschudi Arabisch für Anfänger....... a — 1
Dr. Schmidt Arabisch für Fortgeschrittene... ee — 1
Dr. Tschudi Burkischsiur Anfanrer.2.. nu... | — 1
Dr. Ziebarth Neugriechisch für Fortgeschrittene ..... | — 5
E. T. Harris Englisch für Anfänger..... PR 8 6
E. T. Harris Englisch für Fortgeschrittene .... 22 8
E. T. Harris Englisch für Fortgeschrittenere 8 8
Dr. Lavoipiere Französisch für Fortgeschrittene 11 10
Dr. Lavoipiere Französisch für Fortgeschrittenere 7 11
L. Cortijo Spanisch für Fortgeschrittene... ...... 3 fe)
Frl. Ey Portugiesisch für Fortgeschrittene 1 6
Prof. Dr. Zacharias |
und Obergärtner Warnecke Übungen im Anlegen und Bewirtschaften
kolonialer Nutzgärten. — Demonstration
von Obstanlagene na. ee 13 jl
Oberingenieur Sperber Anleitung zum Haus-, Wege- und Brücken-
bau in den Kolonien .......... RE 10, 1
Kaidirektor Winter Kai- und Hafenbetrieb..... .......... 7 2
Präparatoren des Natur-
historischen Museums Anleitung zum Abbalgen, Skelettieren,
Konservieren und Ausstopfen der höheren
Wirbeluere Ar EEE ir — 1
Kursus der Photographie ... ....... 5 1
Reitunterricht... Sa rer ge al f
Rudern, und'Segelw....... read 20 —
829 | 413
88 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Am Schlusse des Wintersemesters unterzogen sich 13 Hörer der
Diplomprüfung, die auch alle die Prüfung bestanden. Als Prüfungs-
arbeiten wurden die folgenden Themata bearbeitet:
Seminar für Nationalökonomie und Kolonialpolitik. (Prof. Dr. Rathgen.)
Die Diamantenregie ein Staatskartell.
Verwertung der Eingeborenen-Organisationen Tropisch-Westafrikas
zum Zwecke europäischer Verwaltung.
Die Indergefahr in Britisch-Südafrika.
Wie sind die Ansichten über die Möglichkeit einer Besiedelung von
Deutsch-Ostafrika?
Die Pflanzungen in Kamerun, ihre Entstehung, Entwieklung und
ihr gegenwärtiger Stand. -
Die Besteuerung der Eingeborenen im tropischen Afrika mit besonderer
Berücksichtigung der deutschen Schutzgebiete.
Seminar für öffentliches Recht und Kolonialrecht. (Prof. Dr. Perels.)
Die rechtliche Natur und die juristische und wirtschaftliche Existenz-
berechtigung der „Deutschen Kolonialgesellschaft“.
Seminar für Geographie. (Prof. Dr. Passarge.)
Der Kamerunberg und seine wirtschaftliche Bedeutung.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse Deutsch-Ostafrikas in ihrer Ab-
hängiekeit in Oberflächengestaltung, geologischem Aufbau, Klima,
Fauna und Flora.
Seminar für Geschichte und Kultur des Orients. (Prof. Dr. Becker.)
Die Haussa als Träger des Islam in Kamerun und Togo.
Museum für Völkerkunde. (Prof. Dr. Thilenius.)
Die Wirtschaftsformen der Eingeborenen Deutsch-Südwestafrikas
und ihre Europäisierung.
Die Stellung der Häuptlinge bei den Eingeborenen Deutsch-Ostafrikas.
Botanische Staatsinstitute. (Prof. Dr. Vorgt.)
Die Entwicklung des Ceara-Kautschukbaumes im der Kultur in
Deutsch-Ostafrika.
Zu der Diplomprüfung am Ende des Sommersemesters hatten sich
16 Hörer gemeldet, von denen 14 die Prüfung bestanden. Die Themata
der Prüfungsarbeiten lauteten:
Seminar für Nationalökonomie und Kolonialpolitik. (Prot. Dr. Rathgen.)
Die Bedeutung Sansibars für den ostafrikanischen Handel.
In welehem Umfange decken die französischen Besitzungen den
Bedarf Frankreichs an kolonialen Produkten?
Seminar für öffentliches Recht und Kolonialrecht. (Prof. Dr. Perels.)
Die Diamanten des südwestafrikanischen Küstenmeeres.
Die geschichtliche Entwicklung und gegenwärtige Gestaltung der
Rechtsanwaltschaft und des Notariats in den deutschen Kolonien.
Hamburgisches Kolonialinstitut. to})
Zur Frage kolonialer Kleinaktien.
Die Organe und Formen der Zwangsvollstreckung in den deutschen
Schutzgebieten.
Die Kontingentierung der südwestafrikanischen Diamanten.
Botanische Staatsinstitute. (Prof. Dr. Voigt.)
Über die Kultur der Hevea Brasiliensis auf Ceylon und in den
Straits Settlements.
Die Caravonicabaumwolle und die bisherigen Erfahrungen über
ihren Kulturwert.
Wie lege ich mir eine Baumwollpflanzung an?
Die wichtigsten Handelssorten des Tabaks und ihre Blattformen.
(Gerberakazien.
Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten. (Med.-Rat Prof. Dr. Nocht.)
Schutzmaßregeln gegen Insekten als Überträger von Infektions-
krankheiten auf Menschen in den Tropen.
Das Tropenklima in hygienischer Beziehung.
Hörer und Hospitanten.
In dem Berichte über das erste Studienjahr sind die Gesichtspunkte
erwähnt, nach denen die Bedingungen für die Zulassung aufgestellt
wurden. Abänderungen dieser Normen waren nicht notwendig, auch die
übrigen Bestimmungen über Meldung und Aufnahme, Gebühren, Lehrplan,
Abgangszeugnis, Diplomprüfung, Disziplin sind unverändert geblieben.
Die Zusammensetzung der Hörer und Hospitanten nach Berufen
und Arbeitsgebieten entspricht im zweiten Studienjahr im wesentlichen
der des ersten. Vom Reichskolonialamt wurde die vereinbarte Zahl
von Hörern überwiesen, und unter ihnen waren der Bestimmung nach
alle Kolonien vertreten. Das Auswärtige Amt entsandte zwei Assessoren
zur Ausbildung während des Sommersemesters.
Von hamburgischen Beamten nahmen etwa 30 Zollbeamte an den
Vorlesungen teil. Unter den übrigen Besuchern stieg vor allem die
Zahl der Kaufleute von 22 im ersten Semester des ersten auf 76 (Winter-
semester) und 75 (Sommersemester) des zweiten Berichtsjahres. Im Sommer-
semester 1910 fanden sich erfreulicherweise die ersten Missionskandidaten
ein, die an dem Sprachunterricht und den Vorlesungen über Landes-
und Völkerkunde teilnahmen.
Die Besuchsziffern des Kolonjalinstituts waren die folgenden:
Hörer Hospitanten Insgesamt
Zusang WS. 1908/09 ..............- 56 46 102
are Ostern 1909 -. ....-+-:- ee 2a 13 34
N nee 35 33 68
ee. 1909. 2. 22. 2.200 26 DEREN SA
Bestand SS. 1909... .. 61 91 152
90 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Hörer Hospitanten Insgesamt
Bestand SS. 1909.... 61 91 152
Absane AHerbst.41909,. „ererrer ee a
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Bestand SS. 1910.... 55 136 191
In den beiden ersten Studienjahren besuchten das Kolonialinstitut:
1. Jahr 2. Jahr Insgesamt
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Nach Beruf und Herkunft waren die Hörer und Hospitanten:
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Hamburgisches Kolonialinstitut. 91
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Feier der Übergabe des Vorsitzes im Professorenrat.
Die Amtszeit des ersten Vorsitzenden des Professorenrats lief mit
mit dem 1. Oktober 1910 ab. Zu Beginn des neuen Wintersemesters fand
die öffentliche Übergabe der Geschäfte statt, und als Tag der Feier
wurde der 25. Oktober gewählt. Von dem Vorsitzenden des Professoren-
rats waren Einladungen ergangen an Senat und Bürgerschaft, die diplo-
matischen und konsularischen Vertreter fremder Staaten bei dem Senate,
das Kuratorium der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung, die Spitzen
der Behörden und Vertreter der Kaufmannschaft usw.
Nach dem Vortrag
der Beethovensehen Hymne „Die Himmel rühmen usw.“ durch den Kirchen-
chor erstattete der abtretende Vorsitzende den Bericht über seine Amts-
zeit, darauf hielt der neugewählte Vorsitzende die Antrittsrede. Den Schluß
der Feier bildete der Vortrag des Hamburger Nationalliedes durch den
Kirehencehor.
@G. Thilenius.
Die Zentralstelle.
Allgemeines.
In dem Personal der Zentralstelle ist der Zahl nach im verflossenen
Jahre keine Veränderung eingetreten.
Die sich auf die Erteilung von Auskünften erstreckende Tätigkeit
der Zentralstelle ist abhängig von den Anfragen. die an dieselbe aus
dem Kreise der Interessenten herantreten, sie wird sich weiter
ausdehnen, wenn das Institut mehr in den Kreisen der Praktiker
bekannt wird.
Bedeutend vergrößert hat sich die Sammlung von Informations-
material, wobei zunächst versucht wurde, ein möglichst vollständiges
Archiv über die in den Schutzgebieten tätigen Erwerbsgesellschaften
zusammenzustellen. Da diese Sammlung vielfach von den Interessenten
eingesehen wird, wenn sie sich z. B. finanziell an einer Unternehmung
beteiligen wollen, liegt es auch im Interesse der Gesellschaften,
der Zentralstelle gleich nach dem Erscheinen alles zuzu-
senden, was an Denkschriften, Prospekten, Rundschreiben
an Aktionäre, Zeitungsberichten usw. über sie veröffentlicht
wird, eventuell auch eigene Entgegnungen auf eventuelle
Artikel, die dann auch den Informationen über die betreffende Gesell-
schaft einverleibt werden sollen.
Ertelung von Auskünften usı.
Die Zahl der schriftlichen Anfragen im 2. Berichtsjahre betrug
150 gegen 124 im Vorjahre.. Im 27 Fällen handelte es sich um Aus-
wanderungsangelegenheiten, die durchweg der „Zentralauskunftsstelle für
Auswanderer“ in Berlin überwiesen wurden. Die übrigen 123 Anfragen
bezogen sich überwiegend auf die Gewinnung pflanzlicher, tierischer
oder mineralogischer Produkte, Einfuhr und Ausfuhr derselben. Markt-
preise, Absatzgebiete, ferner auf klimatische, geologische, medizinische
und Rechtsverhältnisse in den Kolonien und anderen tropischen oder
subtropischen Ländern. Proben zur Begutachtung oder Bestimmung
Hamburgisches Kolonialinstitut. 95
wurden in 13 Fällen (gegen 6 im Vorjahre) eingesandt. Davon waren
10 pflanzlicher Natur (Baumwolle, Herbarienmaterial, Bohnen, Gräser,
Hirse, Erdnußöl, Kautschuk, Holz usw.); 3 Proben betrafen Erde, Kies
und Erze. Zwei weitere Anfragen bezogen sich auf die Bearbeitung und
Katalogisierung von islamischen Büchern und Schriftstücken.
Von den Fragestellern wohnten 35 in Hamburg, 92 in den übrigen
deutschen Staaten, 4 im europäischen Auslande (Frankreich, Italien,
Rußland), 15 in den deutschen Kolonien und 1 in Brasilien.
Unter anderem wurden in 10 Fällen (gegen 7 im Vorjahre) Gut-
achten oder Auskünfte von den Kaiserlichen Gouvernements erbeten,
die sich auf die Bewertung von Baumwolle, Bodenproben, Bohnen,
Bermudagras, Hirse, Erdnußöl, Kautschuk usw., Bestimmung von Herbar-
pflanzen und die Durchsicht und Begutachtung von islamischen Büchern
bezogen. In 5 weiteren Fällen ersuchten andere Behörden sowie
Dozenten des Kolonialinstituts um Auskunft. Einem Institut wurde
Literatur über die Verwertung von Fischen in den Tropen angegeben.
Bei der Beantwortung der Fragen beteiligten sich wieder der
Kaufmännische Beirat, die hiesigen Botanischen Staatsinstitute, ver-
schiedene Dozenten des Kolonialinstituts sowie hiesige und auswärtige
Firmen.
Außerdem wurde die Zentralstelle für Auskünfte der verschiedensten
Art mündlich in Anspruch genommen. Dieser mündliche Verkehr ent-
wickelt sich immer mehr und hat die beste Aussicht, bedeutend reger
als der schriftliche zu werden. Nicht zum wenigsten ist diese Ent-
wicklung der Einrichtung des noch zu erwähnenden Lesezimmers zuzu-
schreiben. Eine Statistik über mündliche Auskünfte und Nachweise von
Literatur wurde nicht geführt.
Beschaffung von Materialien für hamburgische und auswärtige
Dozenten und Institute.
Material für Dozenten und Institute zu Unterrichts-, Studien- oder
Informationszwecken besorgte die Zentralstelle im 41 Fällen (gegen 22
im Vorjahre), davon in 2 für den Direktor eines auswärtigen Instituts.
In 5 Fällen bezog sich das Material auf den Islam, zumal auf die Ver-
hältnisserussischer, österreichiseh-ungarischer und französischer Untertanen
mohammedanischen Glaubens, in 8 Fällen auf die Beschaffung von
Bodenproben, Holz, Samen, Früchten und sonstigen Nahrungs-, Nutz-
und Heilpflanzen. In 4 Fällen handelte es sich um Meerestiere, tierische
Schädlinge und Spinnen; die übrigen Fälle betrafen Gerichts- und Ver-
waltungssachen.
In 9 anderen Fällen konnte einigen Instituten Material zur Ver-
fügung gestellt werden, das der Zentralstelle ohne besonderes Ersuchen
94 Hamburgisches Kolonialinstitut.
zugegangen war. Dabei handelte es sich hauptsächlich um naturwissen-
schaftliche und ethnographische Gegenstände.
Einen eroßen Teil des Materials verdankt die Zentralstelle
wiederum dem Reichskolonialamt sowie den Kaiserlichen Gouvernements
in den Schutzgebieten. Es gingen ein: Denkschriften über die Schutz-
gebiete, andere Veröffentlichungen und Material über Eingeborenenrecht
vom Reichskolonialamt, große Serien verschiedener Formulare und Ver-
‘waltungsvorschriften von sämtlichen Gouvernements, Urteilsabschriften
in Prozessen von den Gouvernements von Deutsch-Östafrika, Deutsch-
Südwestafrika und vom Kaiserlichen Oberrichter in Tsingtau, koloniale
Nahrungs-, Nutz- und Heilpflanzen durch Vermittlung des Gouvernements
von Deutsch-Ostafrika vom Biologisch-Landwirtschaftlichen Institut in
Amani und von den Gouvernements von Togo und Neu-Guinea, bedeutende
Sammlungen von Bodenproben aus Kamerun von der Versuchsanstalt
für Landeskultur in Vietoria und aus Togo. Zoologische Gegenstände
(tierische Schädlinge, Spinnen, präparierte Fische und andere Meeres-
tiere) kamen aus Deutsch-Ostafrika, Togo und Samoa, Samen aus Deutsch-
Südwestafrika und Holzproben vom Institut in Amani. Ferner sandte
das Gouvernement von Deutsch-Ostafrika Instrumente zur Strafvoll-
streckung, Messingplatten als Quittung für bezahlte Kopfsteuer u. a.,
Deutseh-Südwestafrika Eingeborenen-Paßmarken u. a. und Neu-Guinea
Häuptlingszeichen (Mütze und Stock) und eime Botenmütze. Eine um-
fangreiche Sammlung von Handelsprodukten und Nahrungsmitteln der
Eingeborenen hatte das Gouvernement von Togo während der dies-
jährigen Ausstellung der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft in
Hamburg ausgestellt. Sie wurde später den hiesigen Botanischen
Staatsinstituten auf Veranlassung des Gouvernements von der Aus-
stelluneskommission überwiesen. Auch eine Sammlung von Hölzern aus
Uganda, die der Kais. Vizekonsul in Entebbe Herr H. Schultze dem
Kolonialinstitut schenkte, konnte den Botanischen Staatsinstituten zuge-
wiesen werden. Wie bereits im vorjährigen Bericht erwähnt wurde,
sind durch Vermittlung der Gouvernements in den Kolonien ansässige
Private gewonnen worden, Sammlungen von Meerestieren für hamburegische
wissenschaftliche Institute anzulegen. Inzwischen ist eine Sendung aus
Togo für das Naturhistorische Museum eingegangen, und zwar Fische, die
Herr Regierungsarzt Dr. Liebl in der Lagune bei Anecho sammelte,
desgleichen je eine Sendung aus Samoa und Kiautschou.
Weiter wurden Denkschriften und andere Informationen beschafft
durch Vermittlung der hiesigen Senatskommission für die Reichs- und
auswärtigen Angelegenheiten aus Österreich-Ungarn, Rußland, Frankreich,
den Vereimigten Staaten von Nordamerika, Italien und Britisch-Indien.
Auch vermittelte der Vorsitzende des Kaufmännischen Beirats die
Hamburgisches Kolonialinstitut. 95
Besorgung von Sämereien aus Britisch-Ostafrika und von Kaurischnecken
aus Bombay. Schließlich sandte die Königliche Geologische Landes-
anstalt in Berlin Gesteinsproben aus Vietoria und Phosphate aus Nauru.
Nach auswärts wurde Material, wie Spinnen aus Togo und Proben
von Sojabohnen, gesandt.
Zu der im vorigen Jahre von den meisten hamburgischen Reedereien
gewährten Frachtfreiheit für Sendungen an das Kolonialinstitut bis zum
Ausmaß von 5 Kubikmetern ist als fernere Erleichterung für die
Materialbeschaffung noch kürzlich hinzugekommen, daß sich das Reichs-
kolonialamt und die Kaiserlichen Gouvernements bereit erklärt haben,
Sendungen vom und für das Kolonialinstitut, welche Lehr- und Forschungs-
zwecken dienen, bei der Einfuhr in die Schutzgebiete besonders Sammel-
flaschen und Konservierungsflüssigkeiten, zollfrei zu belassen.
Sammlung von Informationen usw.
Die Informationssammlung der Zentralstelle ist im vergangenen
Jahre ständig vermehrt und ausgebaut worden. Es liegen zurzeit Ver-
öffentlichungen von mehr als 80 Handelskammern Deutschlands vor.
Ferner ist Material gesammelt über 62 Vereine gewerblicher Unter-
nehmer, über zirka 610 koloniale Erwerbsgesellschaften, Banken, Bank-
geschäfte, Im- und Exportfirmen, Schiffahrts- und Missionsgesellschaften,
über 36 gemeinnützige Vereine, Gesellschaften und Institute, auch über
17 Kolonialschulen, Hochschulen und andere wissenschaftliche Institute.
Dies Material ist nach den einzelnen Unternehmungen in Mappen ge-
ordnet, so daß es jedem Interessenten leicht ist, sich über Zweck und
Geschäftstätigkeit jener Unternehmen zu orientieren. Die Sammlung
setzt sich zusammen aus den der Zentralstelle eingesandten Drucksachen
(Jahresberichten, Prospekten) und aus Notizen, die der hiesigen und aus-
wärtigen Presse entnommen worden sind. Um das Material über die
deutsch-südwestafrikanische Diamantenfrage zu vervollständigen, zu-
nächst um Unterlagen für eine wissenschaftliche Arbeit darüber zu
schaffen, sandte die Zentralstelle zu Anfang dieses Jahres an etwa
130 Diamantengesellschaften Fragebogen, in denen Angaben über die
Gesellschaften erbeten wurden. Leider sind darauf nur 24 Antworten
eingegangen, so daß die beabsichtigte ausführliche Zusammenstellung
darüber unterbleiben mußte. Außerdem sind vorhanden eine Menge Notizen
über ausländische Erwerbsgesellschaften und eine Sammlung von Ver-
öffentliehungen über Kolonialwerte. Im Anhang ist ein Verzeichnis von
einem Teil der Gesellschaften usw. gegeben, über die Material in der
Sammlung vorliegt.
Ein weiterer Fortschritt ist zu verzeichnen im Ausbau der Sammlung
von wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Informationen über die
96 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Kolonien und solehe Länder, mit denen Deutschland in engeren Handels-
beziehungen steht. Sie nimmt natürlich den breitesten Raum in der
Sammeltätigkeit der Zentralstelle ein und besteht aus systematisch
geordneten Artikeln der in- und ‚ausländischen Presse sowie aus Büchern
und den von der Zentralstelle gehaltenen Zeitschriften. Im Laufe des
Berichtsjahres wurden gegen 40000 Ausschnitte auf Bogen geklebt und,
soweit die Kräfte reichten, geordnet. Die der Zentralstelle neuzu-
gegangenen und so bearbeiteten Ausschnitte werden zunächst den
Dozenten des Kolonialinstituts regelmäßig in kurzen Zeiträumen zur
Information übersandt und dann der Sammlung einverleibt. Es kommen
bei dieser Sammlung im Rahmen des schon vorerwähnten Gebiets u. a.
in Betracht: Artikel über Ansiedelung und Auswanderung, Bauwesen,
Eingeborenenpolitik, Finanzwesen, Handel und Verkehr, Kolonialbeamten-
wesen, Kolonialgeschichte und -politik, deutsches Kolonialrecht und aus-
ländisches Recht, Landeskunde, Land- und Forstwirtschaft, Medizinalwesen,
Post-und Telegraphenwesen, koloniale Presse, Mineralien, Pflanzen und Tiere
sowie deren Produkte, Schul- und sonstiges Bildungswesen, Militär-,
Marine- und Polizeiwesen, deutsche Kolonial- und andere ausländische
Sprachen, Verwaltungswesen, Missionswesen und Völkerkunde. Diese
Gruppen werden noch weiter getrennt nach den Ländern oder Gegen-
ständen, mit denen sich die Artikel beschäftigen.
Auch diesmal konnte mit der Sammlung hiesigen und auswärtigen
Interessenten häufig gedient werden. Sie wurde auch bei der Anfertigung
mehrerer wissenschaftlicher Arbeiten, z. B. über Diamantenfragen, benutzt,
Eine Entlastung für die Zentralstelle beim Ordnen des schon jetzt ziemlich
umfangreichen Materials ist dadurch eingetreten, daß hiesige Seminare
und das Museum für Völkerkunde sich angeboten haben, einzelne Gruppen
bei sich zu ordnen und einstweilen aufzubewahren. So wird das Material
aus dem Rechts- und Verwaltungswesen, über Islam, Orientpolitik und
Völkerkunde bei den in Betracht kommenden Stellen für die Zentral-
stelle verwaltet. Die Sammlung von Ausschnitten wird nicht in Mappen,
wie bei der über Vereine, Gesellschaften usw., sondern in eigens dafür
angefertigten Kasten aufbewahrt.
Nieht unbeträchtlich erhöht worden ist auch die Zahl der bei der
Zentralstelle vorhandenen Zeitungen und Zeitschriften. Neuaufgenommen
worden sind vor allem die im vorjährigen Berichte nicht genannten
Amtsblätter der deutschen Schutzgebiete, mehrere Fachblätter, eine
Anzahl deutscher und fremdsprachlicher Kolonialblätter allgemeinen
Inhalts, verschiedene ostasiatische Zeitschriften sowie eine große Zahl
von Missionsschriften. Im ganzen erhält die Zentralstelle regelmäßig
weit über 100 Zeitschriften, die in einer besonderen Liste weiter unten
aufgeführt sind.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 97
In der Vermehrung der Informationssammlung ist die Zentral-
stelle wieder von den verschiedensten Seiten unterstützt worden, vom
Reichskolonialamt, von den Gouvernements, welche u. a. regelmäßig die
Amtsblätter sandten, von anderen Behörden, den deutschen Handels-
kammern und vielen Vereinen, Gesellschaften, Firmen und Privaten.
Besonderer Dank gebührt auch dem Hamburgischen Staatsarchiv für
die Überweisung des Sammelwerkes „Deutsch-Ostafrika“ und der Reichs-
tagsdrucksachen vom Jahre 1867 an, der hiesigen Senatskanzlei, der
Detaillisttenkammer, dem Handelsstatistischen Bureau, der Fischerei-
direktion und dem Kaufmännischen Beirat, ferner dem Seminar für
Orientalische Sprachen in Berlin, dem Polytechnikum in Cöthen, Herrn
Oberstleutnant Gallus (Friedenau) und Herrn Redakteur Jöhlinger
(Berlin).
Für einen Zettelkatalog über die in Hamburg vorhandene Kolonial-
literatur konnte mit den ersten Vorarbeiten durch Abschreiben der Zettel-
kataloge einiger Seminarbibliotheken begonnen werden.
Lesezimmer.
In dem Bestreben, die Informationssammlung besser als bisher und
unmittelbar an Ort und Stelle den Hörern und Hospitanten des Kolonial-
instituts sowie dem sich für Überseefragen interessierenden Publikum
zugänglich zu machen, hat die Zentralstelle Ende ‚Juni ein Lesezimmer
eingerichtet. In diesem sind die in der nachstehenden Liste genannten
Zeitungen und Zeitschriften, außerdem einige Kolonialhandbücher und
dergleichen ausgelegt. Im Lesezimmer kann auch das übrige Material
der Zentralstelle eingesehen werden; es ist mit Schreibgelegenheit versehen.
Veröffentlichungen.
Kleinere Aufsätze, deren Material vielfach der Sammlung der
Zentralstelle entnommen ward, wurden vom Unterzeichneten veröffent-
licht in der Deutschen Kolonialzeitung vom 5. Februar 1910, Nr. 6, über
„Die Zentralstelle des Hamburgischen Kolonialinstituts“, in Nr. 22 vom
28. Mai 1910 über „Das Hamburgische Kolonialinstitut und die Land-
wirtschaft“, in Nr. 23 vom 4. Juni 1910 über „Die Pflanzungen der
Europäer in unseren tropischen Schutzgebieten“, in Nr. 26 vom 25. ‚Juni
1910 über „Persönliches von Robert Koch aus Ostafrika”, m Nr. 29
vom 16. Juli 1910 über „Verwertung der Rückstände bei der Ent-
faserung der Sisalagaven“, in Nr. 30 vom 23. Juli 1910 über „Der Wald-
schutz in den deutschen afrikanischen Kolonien“ und in Nr. 35 vom
27. August 1910 über „Ausfuhr der wichtigsten Produkte europäischer
Pflanzungen von Deutsch-Ostafrika“. Ferner enthielt Nr. 18 der
Zeitschrift „Übersee“ (Wirtschaftliche Beilage des Hamburgischen
7
98 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Correspondenten) vom 28. August 1910 einige Notizen aus der Infor-
mationssammlung der Zentralstelle über „Die englischen Kautschuk-
Pflanzungsgesellschaften in Deutsch-Ostafrika“. Das Jahrbuch über die
deutschen Kolonien, III. Jahrgang (Essen 1910), brachte einen Aufsatz
des Unterzeichneten über „Die Pflanzungsunternehmungen der Europäer
in den deutschen Schutzgebieten“. Für einen Vortrag auf dem deutschen
Kolonialkongreß im Oktober 1910 über „Die Entwicklung und Aus-
sichten der europäischen Pflanzungen in unseren tropischen Kolonien“
wurden graphische Darstellungen über Produktion der Plantagen und
deren Erzeugnisse in unseren Kolonien zusammengestellt, die den
Hörern überreicht werden sollen. Endlich wird als 1. Band der Ab-
handlungen des Hamburgischen Kolonialinstituts im Oktober eine Arbeit
des Unterzeichneten über „Handwerk und Industrie in Ostafrika, Kultur-
geschichtliche Betrachtungen“ erscheinen.
Ende September 1910. F. Stuhlmann.
Aus dem Archiv
der
Zentralstelle des Hamhurgischen Kolonialinstituts.
Zusammengestellt von A. Houillon.
A. Von Handelskammern und dergl. eingesandte Berichte und Mitteilungen.
B. Vereine, gewerbliche Unternehmungen, Missionsgesellschaften und Institute, über
welche Material gesammelt ist. Die von ihnen der Zentralstelle überwiesenen
Veröffentlichungen sind besonders genannt.
I. Vereine gewerblicher Unternehmer.
a) Handel und Industrie im allgemeinen.
b) Chemische Industrie, Öle usw., Nahrungs- und Genußmittel, Leder-
industrie.
c) Textilindustrie, Papier, Holz usw., pflanzliche Stoffe.
d) Kunstgewerbe, Buchhandel usw.
e) Sonstige Vereine.
II. Koloniale Erwerbsgesellschaften, Banken, Bankgeschäfte, Import- und
Exportfirmen.
a) Deutsch-Ostafrika.
b) Kamerun.
c) Togo.
d) Deutsch-Südwestafrika.
e) Deutsch-Neu-Guinea und Inselgebiet.
f) Samoa.
8) Kiautschou.
h) ‘Ausland und fremde Kolonien.
i) Sonstige koloniale Erwerbsgesellschaften, Banken usw.
III. Schiffahrtsgesellschaften.
IV. Gemeinnützige Vereine, Gesellschaften und Institute.
V. Missionsgesellschaften.
a) Evangelische.
b) Katholische.
VI. Kolonialschulen, Hochschulen, wissenschaftliche Institute usw.
C. Zeitungen und Zeitschriften, die bei der Zentralstelle fortlaufend gehalten werden.
I. In Deutschland erscheinende.
H. In den deutschen Kolonien erscheinende.
III. Im Auslande erscheinende.
a) In deutscher Sprache.
b) Fremdsprachliche.
7
100 Hamburgisches Kolonialinstitut.
A. Handelskammern und dergl.
Altena. Jahresberichte 1906/07, 1907/08, 1908/09, 1909.
Mitteilungen: I. Jahrgang (1910) Nr. 1—.
Altenburg $. A. Jahresberichte 1908 (I., II. u. III. Teil), 1909 (T. u. II. Teil).
Mitteilungen: VI. Jahrgang (1909) Nr. 1-4; VO. Jahrgang (1910) Nr. 1, 2.
Altona. Jahresberichte 1908 (I. u. II. Teil), 1909 (I. u. II. Teil).
Berlin. Jahresberichte 1902—1909.
Mitteilungen: IIT., IV., V., VL, VII. Jahrgang (1905—1909); VIII. Jahrgang (1910)
Nr. 1—7.
Überblick über das Wirtschaftsjahr 1905; Verzollung von Katalogen, Preislisten,
Plakaten und anderen Reklamemitteln 1909.
Berlin. (Älteste der Kaufmannschaft.)
Korrespondenz: 31. Jahrgang (1908) Nr. 11; 32. Jahrgang (1909) Nr. 1—11; 33. Jahr-
gang (1910) Nr. 1—8. Berliner Jahrbuch für Handel und Industrie: Jahrgänge
1908, 1909 (Band 1, 2).
Bielefeld. Jahresberichte 1900—1908, 1909 (I. Teil).
Bochum. Jahresberichte 1907, 1908 (Teil D, 1909.
Mitteilungen: VII. Jahrgang (1909) Heft 1—12; VIII Jahrgang (1910) Heft 1—9.
Bonn. Jahresberichte 1892—1898, 1900 —1909.
Brandenburg a. H. Jahresberichte 1908, 1909.
Braunschweig. Monatsschrift für Handel und Industrie: XVII. Jahrgang (1908) Nr. 8, 9;
XIX. Jahrgang (1909) Nr. 1—12; XX. Jahrgang (1910) Nr. 1—8.
Bremen. Jahresberichte 1881—1909.
Statistische Mitteilungen betr. Bremens Handel und Schiffahrt: 1897 und so fort
bis 1907,-1909.
Breslau. Jahresberichte 1907—1909.
Chemnitz. Jahresberichte 1908, 1909.
Coblenz. Jahresberichte 1908, 1909.
Mitteilungen: VI. Jahrgang (1909) Nr. 20—24.
Coburg. Jahresberichte 1897—1901, 1903—1908.
Sitzungsprotokolle vom 22./2., 21./5., 6./7., 21./9., 9./12. 1909; 18./1., 7./4., 3./6. 1910.
Colmar. Geschäftsbericht 1908.
Cottbus. Jahresberichte 1896— 1898, 1901—1907.
Festschrift aus Anlaß des 50jährigen Bestehens (1852—1902).
Danzig. (Vorsteher-Amt der Kaufmannschaft.) Jahresberichte 1907—1909.
Darmstadt. Jahresbericht 1908.
Dillenburg. Jahresbericht 1908.
Dortmund. Jahresberichte 1907-—1909.
Dresden. Jahresbericht 1909.
Duisburg. Jahresberichte 1908, 1909.
Elberfeld. Jahresberichte 1898— 1909.
Mitteilungen: II. Jahrgang (1909) Nr. 1—12; IV. Jahrgang (1910) Nr. 1—8.
Elbing. (Älteste der Kaufmannschaft.) Jahresberichte 1907, 1909.
Erfurt. Jahresberichte 1874—1877, 1879—1909.
Mitteilungen: Juni 1905; I. Jahrgang (1906) Nr. 3, 5, 6, 7; II. Jahrgang (1907)
Nr. 1—8; III. Jahrgang (1908) Nr. 1—8; IV. Jahrgang (1909) Nr. 1—8; V. Jahr-
sang (1910) Nr. 1—A.
Flensburg. Jahresberichte 1908, 1909 (T. Teil).
Hamburgisches Kolonialinstitut. 101
Frankfurt a. M. Jahresberichte 1908, 1909.
Mitteilungen: XXXI. Jahrgang (1908) Nr. 1—6; XXXII. Jahrgang (1999) Nr. 1—8;
XXXIL. Jahrgang (1910) Nr. 1— 6.
Frankfurt a. d. 0. Jahresberichte 1908, 1909.
Sitzungsprotokolle vom 18./2., 13./5., 23./9., 2./12. 1909; 3./3., 6./5. 1910.
Freiburg i. Br. Jahresberichte 1908/09, 1909/10.
Gera. Jahresbericht 1909.
Gießen. Jahresberichte 1399, 1900, 1902—1905, 1907— 1909.
Görlitz. Jahresbericht 1907.
Graudenz. Jahresberichte 1900— 1904.
Statut betr. Regelung der Wahlen.
Mitteilungen: I., II, III. Jahrgang (1905/06—1907/08), IV. Jahrgang (1908/09)
Nr. 1—4, V. Jahrgang (1909/10) Nr. 1—4.
Halberstadt. Monatsschrift für Handel, Industrie und Schiffahrt 1909, 1910: Januar bis
September.
Halle a. d.S. Jahresberichte 1908, 1909.
Mitteilungen: II. Jahrgang (1910) Nr. 2.
Hamburg. Jahresberichte 1894—1896, 1898—1909.
Hamburgs Handel (Sachverständigen-Berichte): 1850 —1885, 1887—1901, 1903— 1909.
Hanau. Jahresberichte 1908, 1909.
Mitteilungen: VIII. Jahrgang Nr. 4 (Dezember 1908), IX. Jahrgang (1909) Nr. 1—4,
X. Jahrgang (1910) Nr. 1, 2.
Hannover. Jahresberichte 1869, 1878, 1879, 1887, 1888, 1891, 1895 —1895, 1897, 1899,
1900, 1901 (II. Teil), 1902—1908, 1910.
Versammlungsprotokolle vom 14./11. und 12./12. 1908, 6./5. und 8./6. 1909.
„Kaufmännische Mitarbeit an der Kolonialbetätigung“, Vortrag von Kommerzien-
rat Aug. Werner.
Harburg. Jahresberichte 1900—1907.
Heidelberg. Jahresberichte 1905—1909.
Karlsruhe. Jahresbericht 1909 (L.—III. Teil).
Kiel. Jahresberichte 1908 (Vorläufiger Bericht), 1908 (L.—IH. Teil), 1909 (Vorläufiger
Bericht und I. Teil).
Königsberg i. Pr. (Vorsteheramt der Kaufmannschaft.) Jahresberichte 1908, 1909.
Lahr. Jahresberichte 1908, 1909.
Leipzig. Jahresberichte 1908, 1909.
Mitteilungen: V. Jahrgang (1908) Nr. 1—12; VI. Jahrgang (1909) Nr. 1—12;
VI. Jahrgang (1910) Nr. 1—8.
Bücher- und Zeitschriften-Verzeichnis.
Lennep. Jahresberichte 1908, 1909.
Limburg. Jahresberichte 1908, 1909.
Berichte über die öffentlichen Vollversammlungen vom 22./3., 28./6. 1910.
Lüneburg. Jahresberichte 1901—1909.
Magdeburg. Jahresberichte 1908, 1909.
Mainz. Jahresberichte 1908, 1909.
Mannheim. Jahresberichte 1908, 1909 (I. Teil).
Metz. Jahresberichte 1907—1909.
Mülheim (Ruhr) — Oberhausen. Jahresberichte 1907/08, 1908/09.
Münster. Jahresberichte 1900—1909.
Nordhausen. Jahresberichte 1908, 1909.
Nürnberg. ‚Jahresberichte 1908, 1909.
1023 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Offenbach a. M. Jahresberichte 1908, 1909.
Oldenburg. Jahresberichte 1901 — 1907, 1909.
Oppeln. Jahresberichte 1905— 1907.
Statistische Anlagen zum Jahresbericht 1905 und 1906.
Mitteilungen: XIV. Jahrgang (1908) Nr. 1—11, XV. Jahrgang (1909) Nr. 1—12,
XVI. Jahrgang (1910) Nr. 1—9.
Osnabrück. Jahresbericht 1908.
Versammlungsprotokoll vom 7./1. 1909.
Ostfriesland und Papenburg. Jahresbericht 1907 (II. Teil).
Pforzheim. Jahresberichte 1887, 1890/91, 1893/94, 1895 —1909.
Plauen. Jahresberichte 1900—1909.
Statistische Berichte 1900/01, 1902/03, 1904/05, 1906/07.
Posen. Jahresberichte 1907—1909.
Mitteilungen: III. Jahrgang (1907/08) Nr. 4, IV. Jahrgang (1908/09) Nr. 14,
V. Jahrgang (1909/10) Nr. 1—4, VI. Jahrgang (1910/11) Nr. 1, 2.
Potsdam. Jahresberichte 1899—1909.
Reuß ä. L. Jahresberichte 1907, 1908, 1909 (I. Teil).
Reutlingen. Jahresberichte 1906—1909.
Rostock. Jahresberichte 1903—1909.
Rottweil. Jahresberichte 1908, 1909.
Saarbrücken. Jahresberichte 1902, 1903, 1905 — 1907.
Schwarzburg-Rudolstadt. Jahresberichte 1902— 1907.
Schweidnitz. Anlage zum Jahresbericht 1907.
Siegen. Jahresberichte 1908, 1909.
Solingen. Jahresberichte 1906—1909.
Sonneberg S.-M. Jahresberichte 1905—1909.
Sorau N.-L. Jahresberichte 1907—1909.
Stolberg. Jahresbericht 1909.
Straßburg i. E. Jahresberichte 1903—1909.
Stuttgart. Jahresbericht 1908.
Swinemünde. Jahresbericht 1907/08.
Trier. Jahresberichte 1908, 1909.
Ulm a. D. Jahresberichte 1908, 1909.
Verden. Jahresberichte 1899 —1901, 1903—1909.
Villingen. Jahresbericht 1908.
Mitteilungen: III. Jahrgang (1909) Nr. 1, IV. Jahrgang (1910) Nr. 1, 2.
Weimar. Jahresberichte 1908, 1909.
Worms. ‚Jahresberichte 1900—1909.
Würzburg. Jahresberichte 1900—1909.
B. Vereine, gewerbliche Unternehmungen, Missionsgesellschaften
und Institute.
I. Vereine gewerblicher Unternehmer.
a) Handel und Industrie im allgemeinen.
Bayerischer Industriellen-Verband, München.
Mitgliederverzeichnis, Jahresbericht 1907/08.
Börsenverein Lüderitzbucht.
Satzungen.
Bund der Industriellen, Berlin.
Deutsche Industrie 1909 Nr. 2, 21, 1910 Nr. 10.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 105
Export-Verein im Königreich Sachsen, Dresden.
Statuten, Jahresberichte 1906/07, 1907/08; Mitteilungen 1908 (Dez.).
Gewerbe- und Industrie-Verein in Bremen.
Jahresberichte 1907, 1908.
Industrie- und Handelsbörse in Stuttgart.
Jahresberichte 1907 — 1909.
Münchener Handelsverein, München.
Kassen- und Jahresberichte von 1869 bezw. 1875 bis 1909.
Stuttgarter Handelsverein, Stuttgart.
Jahresberichte 1907 - 1909.
Süddeutscher Exportverein und Industriebörse Mannheim.
Satzungen; Süddeutsche Exportzeitung Jahrgang 1909 Nr. 1—12, 1910 Nr. 1—8.
Verband Deutscher Exporteure, Hamburg.
Verband Sächsischer Industrieller, Dresden.
Sächsische Industrie: 5. Jahrg. (1908/09) Nr. 7—18, 20—24; 6. Jahrg. (1909/10)
Verein Bremer Spediteure, Bremen. [Nr. 1—23.
Jahresbericht 1908; Allgemeine Bedingungen.
Verein zur Förderung überseeischer Handelsbeziehungen, Stettin.
Jahresberichte 1900—1909.
Verein Hamburger Exporteure, Hamburg.
Statuten; Jahresberichte 1903— 1907.
Verein der Industriellen Pommerns und der benachbarten Gebiete, Stettin.
Veröffentlichungen des Vereins Nr. 3—23; Rud. Ditges: Die wirtschaftliche Lage
und die Aufgaben des Vereins.
Verein Westafrikanischer Kaufleute, Hamburg.
Satzung; Jahresberichte 1906, 1907.
Verein zur Wahrung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen der Saarindustrie und
Südwestliche Gruppe des Vereins Deutscher Eisen- und Stahlindustrieller (St. Johann).
Südwestdeutsche Wirtschaftsfragen. Veröffentlichungen.
Heft 1. Der Eisenteil des österreichisch-ungarischen Zolltarifentwurfes von 1903
nebst Begründung.
Heft 2. Entwurf eines Schemas für die Eisenwaren des neuen Amtlichen Waren-
verzeichnisses für das Deutsche Reich.
Heft 3. Die Kanalisierung der Saar von Brebach bis Konz.
Heft 5. Denkschrift über die Rentabilität der Moselkanalisierung unter Be-
rücksichtigung des Schleppmonopols.
Heft 6. Denkschrift über die Rentabilität der Saarkanalisierung unter Be-
rücksichtigung des Schleppmonopols.
Heft 7. Zur Geschichte der Saarflößerei und Saarschiffahrt.
Heft 8. Die Mosel- und Saarkanalisierung und die niederrheinisch -westfälische
Eisenindustrie.
Heft 9. Der Handelshafen der Saarstädte. 1.
Heft 10. Der Handelshafen der Saarstädte. II.
Heft 11. Schiffsbetrieb und Schleusengröße auf kanalisierten Flüssen.
Heft 12. Die Finanzierung der Mosel- und Saarkanalisierung.
Heft 13. Die Mosel- und Saarkanalisierung als Ausgleichsforderung der südwest-
deutsch-luxemburgischen Eisenindustrie für die nordwest-preußischen
Wasserstraßen.
Heft 15. Der Rückgang der südwestlichen Eisenwerke in der Eisenindustrie des
deutschen Zollgebietes 1902—1907.
104 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Wirtschaftsverein, eingetr. Genossenschaft m. b. H., Gibeon (DSWA.).
Wirtschaftliche Vereinigung von Daressalam und Hinterland, Daressalam.
Wirtschaftlicher Landesverband von Deutsch-Ostafrika, Daressalam.
Bericht über die Generalversammlung vom 4./6. 10.
Protokoll über die Delegiertenversammlung vom 4./6. 10.
b) Chemische Industrie, Öle usw., Nahrungs- und Genußmittel, Lederindustrie.
Allgemeiner Verkand Deutscher Mineralwasserfabrikanten, Friedenau-Berlin.
Protokoll des Verbandstages (1908).
Centralverein der Deutschen Lederindustrie, Berlin.
Geschäftsberichte 1908/09, 1909/10.
Deutscher Apotheker -Verein, Berlin.
Jahresberichte 1903/04, 1904/05, 1907/08.
Deutscher Drogisten-Verband von 1873, E.V., Berlin.
Bericht über den Verkehr mit Arzneimitteln, giftigen Stoffen usw. 1906/07.
Deutscher Milchwirtschaftlicher Verein, Berlin.
Jahresbericht 1907.
Deutsche Versuchsanstalt für Lederindustrie zu Freiburg in Sachsen.
Jahresberichte 1908, 1909.
Verband deutscher Chocoladefabrikanten, Dresden.
Jahresberichte 1904/05— 1907/08, 1909/10.
Verband Deutscher Zigarren-Laden-Inhaber, Hamburg.
Jahresbericht 1908/09.
Verein der Spiritus-Fabrikanten in Deutschland, Berlin.
Jahrbuch, 8. Band 1908.
Verein der Getreidehändler der Hamburger Börse, Hamburg.
Satzungen; Jahresberichte 1906—1909; diverse Bestimmungen und Formulare;
Mitteilungen 1910 Nr. 5, 6.
Schutzverband der Getreidehändler, Hamburg.
Satzungen; Jahresberichte 1908, 1909.
Verein der Deutschen Zucker-Industrie, Berlin.
Jahresberichte 1907/08—1909/10.
Verein der am Futtermittelhandel beteiligten Firmen, Hamburg.
Verein der am Kaffeehandel beteiligten Firmen in Hamburg.
Verein der am Zuckerhandel beteiligten Firmen, Hamburg.
Statuten; Jahresberichte 1906 —1909; Regulative usw.; Abrechnungen 1907, 1908;
Mitgliederverzeichnis 1909, 1910.
Verein Deutscher Kaufleute der Delikatessenbranche, e. V., Berlin.
Geschäftsbericht 1907/08.
Verein zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie Deutschlands, E. V., Berlin.
Hauptversammlungsprotokolle vom 21./9. 06, 13./9. 07, 14./9. 08, 13./9. 09.
Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei, Berlin.
Jahrbuch, 11. Band 1908.
c) Textilindustrie, Papier, Holz usw., pflanzliche Stoffe.
Bremer Baumwollbörse.
Jahresberichte 1899—1909; Mitteilungen vom März und Oktober 1909, März 1910.
Centralverband von Vereinen Deutscher Holzinteressenten, Düsseldorf.
Protokoll vom Oktober 1908 und 1909.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 105
Verein der am Handel mit ausländischen Hölzern und Fournieren beteiligten Firmen zu
Hamburg, e.V.
Satzungen.
Verein der Deutschen Textilveredlungsindustrie, Düsseldorf.
Mitteilungen: 1908 Nr. 1 und 2.
Verein Deutscher Papierfabrikanten, Berlin.
Jahresberichte 1908/09, 1909/10.
Verein Deutscher Tuch- und Wollwarenfabrikanten, E. V., Aachen.
Bericht über die Delegiertenversammlung vom 27./10. 1908.
Verein Ostdeutscher Holzhändler und Holzindustrieller, Sektion für den Handel mit über-
seeischen Hölzern, Berlin.
Vorläufiger Teilbericht über das Vereinsjahr 1909.
Verein Ostpreußischer Holzhändler und Holzindustrieller, Königsberg.
Generalversammlungsbericht vom 16./11. 1908.
Verein von Holzinteressenten Südwestdeutschlands, Freiburg i. Br.
Jahresberichte 1902—1904, 1907.
d) Kunstgewerbe, Buchhandel usw.
Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig.
Jahresberichte 1907/08—1909/10.
e) Sonstige Vereine.
Deutscher Nautischer Verein, Oldenburg i. Gr.
Verhandlungen der Vereinstage: 37. (1906), 38. (1907), 39. (1908).
Verhandlungen des 1. gemeinsamen Vereinstages des D. N. V. und des Verbandes
Deutscher Seeschiffer-Vereine vom 22. und 23./3. 1909; Verhandlungen des 2. See-
schiffahrtstages vom 14. und 15./3. 1910.
Jahresberichte 1908, 1909; Rundschreiben 1908/09 Nr. 6—9, 1909/10 Nr. 1—8,
2910/11 Nr. 1, 2.
Deutscher Verband kaufmännischer Vereine, Frankfurt a. M.
Satzungen; Verzeichnis der Verbandsvereine.
Mitteilung über Gründung und Tätigkeit bis 1906.
Geschäftsberichte 1905/06, 1907/08.
Protokoll der Hauptversammlungen 1905—1908.
Deutschnationaler Handlungsgehilfen-Verband, Hamburg.
Archiv für kaufmännische Sozialpolitik 1910 Heft 1—3.
Blätter für junge Kaufleute 1910 Nr. 1—10.
Das Kaufmannsgericht 1909/10 Nr. 1—12; Deutsche Handelswacht 1910 Nr. 1—18.
Farmerverein Grootfontein.
Landwirtschaftlicher Verein, Daressalam.
Satzungen.
Naturwissenschaftlicher Verein zu Hamburg.
Satzungen, Verhandlungen 1908.
Nautischer Verein in Hamburg.
Satzung, Jahresberichte 1898, 1902, 1904—1906.
Pflanzer-Verein von Deutsch-Samoa, Apia.
Petition betr. Selbstverwaltung.
Verband Deutscher Bücherrevisoren, e. V., Berlin.
- Mitteilungen: 1905 Nr. 6, 7, 1906 Nr. 8, 9, 1907 Nr. 10—12, 1908 Nr. 13, 14,
190 Nr. 16, 17, 1910 Nr. 18.
Vorträge, gehalten auf dem I., IT., IIL, IV. und V. Verbandstage (1905—1909).
106 Haimburgisches Kolonialinstitut.
Verein Deutscher Ingenieure, Berlin.
Jahresbericht 1907/08; Verzeichnis von Bezugsquellen.
Verein für Handlungs-Commis von 1858 (Kaufmännischer Verein), Hamburg.
Jahresberichte 1905 — 1907. Jahrbücher 1905—1909.
Der Handeisstand: 1909 Nr. 1—24, 1910 Nr. 1—-18. 2 Festschriften.
Verein der Rheder des Unterwesergebiets, Bremen.
Jahresbericht 1908. Der Leuchtturm (Korrespondenz des Vereins) Nr. 182, 184—204.
Verein Hamburger Rheder.
Berichte des Verwaltungsrats 1908 09, 1909/10.
Verein Hamburger Spediteure, e. V.
Jahresberichte 1904—1909.
ll. Koloniale Erwerbsgesellschaften, Banken, Bankgeschäfte,
Import- und Exportfirmen.
a) Deutsch-Ostafrika.
Afrikanische Handels- und Forstverwertungs-Gesellschaft m. b. H., Berlin-Wilmersdorf.
Afrikanische Seidengesellschaft m. b. H., Berlin.
Denkschrift betr. afrikanische Seide.
Almeida & Minezes, Tanga.
The Anglo-German Gold-Mining and Exploration Co., Limited, Entehbe, Uganda.
Anthon, G., Daressalam.
Arbeiteranwerbungsgesellschaft m. b. H., Berlin.
Baugesellschaft Dar-es-Salaam, Berlin.
Baumwolle Aktien-Gesellschaft, Berlin.
Denkschrift; Prospekt; Voraussichtliche Rentabilität.
Baumwollpflanzungs-Gesellschaft Kilwa m. b. H., Stuttgart.
Baumwollzentrale, G. m. b. H., Berlin.
Der Baumwollbaum Caravonica.
Bergbaufeld Luisenfelde, G. m. b. H., Berlin.
Bretschneider & Hasche, G. m. b. H., Daressalam.
Central-Afrikanische Bergwerks-Gesellschaft, Berlin.
Satzungen; Geschäftsberichte 1906/07—1908/09.
Hauptversammlungs-Protokolle vom 30./9., 18./12. 1907, 13./6. und 11./8. 1908.
Central-Afrikanische Seen-Gesellschaft, Berlin.
Satzungen; Geschäftsberichte 1907, 1908.
Hauptversammlungsberichte vom 30./9. 1907, 20./5. 1908.
Deutsch-Koloniale Gerb- und Farbstoffgesellschaft m. b. H., Feuerbach-Stuttgart.
Prospekt.
Deutsch-Ostafrikanische Bank, Berlin.
Satzungen; Konzession; Geschäftsberichte 1905—1909.
Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft, Berlin.
Satzungen; Geschäftsberichte 1905—1909.
Deutsch-Ostafrikanische Kautschukgesellschaft, Berlin.
Gesellschaftsvertrag (Satzung); Geschäftsberichte 1906—1908.
Deutsch-Ostafrikanische Plantagengesellschaft (A.-G., in Liquid.), Berlin.
Satzungen; Jahresberichte 1906—1908.
Deutsch-Ostafrikanische Sultan-Plantagen-Geseilschaft (Syndikat), Berlin.
Deutsche Afrika-Bank A.-G.
Statuten; Geschäftsberichte 1906—1909.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 107
Deutsche Agaven-Geseilschaft, Berlin.
Gesellschaftsvertrag; Jahresberichte 1905-1908.
Deutsche Holzgesellschaft für Ostafrika, Berlin.
Satzungen.
Deutsche Kolonialbank, G. m. b. H., Berlin (jetzt aufgelöst).
Deutsche Kolonial-Eisenbahn-Bau- und Betriebsgesellschaft, Berlin.
Satzungen; Jahresberichte 1905 — 1909.
Deutsche Pflanzungs- und Handels-Gesellschaft Dr. W. Schellmann, Muheza.
Deutsche Rufiji-Baumwoll-Gesellschaft m. b. H., Berlin.
Satzungen.
Deutsche Tanganjika Gesellschaft m. b. H., Berlin.
Gründungsprotokoll.
Dias & Söhne, L. X., Tanga.
Doa-Plantagen-Gesellschaft m. b. H., Charlottenburg.
Denkschrift betreffend Gründung; Gesellschaftsvertrag (Auszug).
The East African Rubber Plantation Company, Limited, London.
Prospekt.
Ein- und Verkaufsgenossenschaft, Daressalam.
Erste Deutsche Ostafrikanische Bierbrauerei von Wilhelm Schultz, Daressalam.
Friedrich Hoffmann-Pflanzung, Berlin.
Giese & Deis, Daressalam.
Glimmerabbau-, Baumwolle- und Kautschuk-Plantagen-Gesellschaft in Morogoro (Deutsch-
Denkschrift. Ostafrika) (in Vorbereitung).
Hamburg -Deutsch-Ost-Afrikanische Kautschuk- und Baumwollplantagen Gesellschaft m.
b. H., Hamburg.
Hanseatische Handels- und Plantagen-Gesellschaft m. b. H., Tanga.
Hanseatische Kilimanjaro Handelsgesellschaft m. b. H. in Moschi.
Hansing & Co., Hamburg.
Heinrich Otto, Plantage Kilossa, Reichenbach a. Fils (Württ.).
Hilckes & Co., Hamburg und Tanga.
Hintzmann & Co., W., Frankfurt a.M.
Holzmann & Cie., Philipp, &. m. b. H., Frankfurt a.M.
Irangi-Syndikat, Berlin.
Kaffeeplantage Sakarre A. G., Berlin-Charlottenburg.
Statut; Geschäftsberichte 1898/99 — 1907/08.
Kamna Rubber Estate, Limited, London.
Prospekt.
Kautschukpflanzung Cariswald Otto Mahnke, Kilimatinde.
Kautschuk-Plantage Mombo, G. m. b. H., Arnstadt i. Thür.
Kautschuk -Reinigungs-Fabrik Muheza (Deutsche Pflanzungs- und Handels-Gesellschaft
Dr. W. Schellmann).
Kifulu Rubber Estates Limited, London.
Prospekt.
Kilimanjaro-Pflanzungs-Gesellschaft m. b. H., Berlin.
Jahresberichte 1906—1909.
Kilossa Rubber Plantations and Estate Limited (in Vorbereitung), London.
Kilwa-Baumwollpflanzungs-Gesellschaft m. b. H., Steglitz bei Berlin.
Kironda-Goldminen-Gesellschaft, Berlin.
Satzungen; Prospekt; Vorläufiger Geschäftsbericht vom 5./12. 1908.
108 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Leipziger Baumwollspinnerei, Leipzig-Lindenau.
Jahresbericht 1908.
The Lewa Rubber Estates, Limited, London.
Prospekt.
Lindi-Handels- und Pflanzungs-Gesellschaft m. b. H., Berlin.
Jahresberichte 1906—1908.
Lindi-Kilindi-Gesellschaft m. b. H., Berlin.
Gesellschaftsvertrag vom 21./10. 1908; Prospekt, Geschäftsbericht und Bilanz pro
1908. Protokoll vom 10./5. und 21./5. 09, notarielle Ausfertigung vom 21./5. 09.
Lindi-Schürfgesellschaft m. b. H., Berlin.
Gründungsbericht vom 27./11. 1905. Jahresberichte 1905—1908.
Mafia-Pflanzungsgesellschaft m. b. H., Freiberg i. S.
The Manihot Rubber Plantations, Limited, London.
Prospekt.
Maurui-Pflanzungs-Gesellschaft m. b. H., Berlin.
Missions-Handlung der Evangelischen Brüder-Unität zu Kyimbila, Bertelsdorf b.Herrnhut (Sa.).
The Mkumbi Rubber Plantations Limited, London.
Prospekt.
Mombo Rubber Plantation, Limited, London.
Morogoro-Glimmer-Werke, vorm. A. Prüsse, G. m. b. H., Charlottenburg.
Denkschrift betreffend die Gründung; Satzungen.
Mpiyi-Gesellschaft, Daressalam.
Muhesa Rubber Plantations Limited, London.
Prospekt.
Müller & Co., W., Kommandit-Gesellschaft, Tanga.
Ngombezi-Pflanzungs-Gesellschaft m. b. H., Ngombezi.
Ostafrika-Kompanie, Berlin.
Satzungen; Geschäftsberichte 1906/07, 1908.
Ostafrikanische Bergwerks- und Plantagen-Aktiengesellschaft, Berlin.
Denkschrift.
Ostafrikanische Eisenbahngesellschaft, Berlin.
Satzungen; Bau- und Betriebs-Konzession; Tarif der Eisenbahn Daressalam-
Morogoro; Geschäftsberichte 1904—1909.
Ostafrikanische Gasthausgesellschaft „Kaiserhof“, Berlin.
Ostafrikanische Gesellschaft „Südküste“, G. m. b. H., Berlin.
Satzungen; II., III, IV., V., VI. Bericht; Reisebericht des Grafen von Wartensleben
und Skizzen.
Ostafrikanische Pflanzungs-Aktiengesellschaft, Berlin.
Jahresbericht 1908.
Ostafrikanische Plantagen-Gesellschaft Kilwa-Südland, G. m. b. H., Berlin.
Bericht vom 3./4. 1909 und 24./4. 1909; Denkschrift vom Januar 1910.
Ostafrikanisches Pflanzungssyndikat, G. m. b. H., Berlin.
0’Swald & Co., Wm., Hamburg.
Perrot, R., Berlin.
Pflanzung Kiswani, G. m. b. H., Tanga.
Pflanzung Kwafungo (G. m. b. H.), Kwafungo.
Pflanzung Ngomeni, G. m. b. H., Berlin.
Pflanzung Nguvu-Mali, Tanga.
Pflanzungsgesellschaft Pugu, G. m. b. H., Charlottenburg.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 109
Plantage Adalbert Perrot, Bei dem Dorfe Mikumbi (Kilwabucht).
Plantage Ndungu (R. Trautmann & Weißflog), Arnstadt i. Thür.
Plantage Schuberthof, Zittau.
Prinz Albrecht-Plantagen, Berlin.
Reinhard Strauß, Plantagen- und Handelsgesellschaft m. b. H. bei Lindi in Deutsch-
Ost-Afrika, Crimmitschau.
Rheinische Handei Plantagen Gesellschaft, Köln a. Rh.
Statut; Geschäftsberichte 1905— 1908.
Roll & Hürstel (Plantagen Greiz, Konga, Gera), Morogoro.
Rufijya Pflanzungsgesellschaft m. b. H., Hamburg.
Schlamp & Co., J., Lindi.
Schubert, Hermann, Zittau.
Sigi-Export-Gesellschaft m. b. H., Berlin.
Sigi-Pflanzungs-Gesellschaft m. b. H., Essen a. d. Ruhr.
Gesellschaftsvertrag, Gründungsplan usw.; Geschäftsberichte 1898— 1909.
Sisal-Agaven-Gesellschaft, Düsseldorf.
Jahresbericht 1908.
Societa Coloniale Italiana, Mailand.
Spiro Zuganatto, Wilhelmstal.
Suahili Rubber and Fiber Company Ltd.
Syndikat zur Errichtung der Pflanzungsgesellschaft Kibaranga, Berlin.
Denkschrift.
Tanga Warenhaus Souza & Fernandes, Tanga.
Traun, Stürken & Co., Hamburg.
Revue Internationale de l’industrie du commerce et de l’aerieulture vom 5. Dezember
1908, enthaltend Artikel: Produits coloniaux: Les Gomptoirs Traun, Stürken et Cie.
de Hambourg.
Usambara-Kaffeebau-Gesellschaft, Berlin.
Geschäftsberichte 1905/06— 1908/09.
Usambara-Magazin (G. m. b. H.), Berlin.
Usambara Plantagen-Verwertungs-Geseilschaft m. b. H., Hamburg.
Usegua Wegebau- und Transport-Gesellschaft m. b. H., Handei.
Usumbwa-Compagnie (G. m. b. H.), Nyumbe-Bulungwa.
Vereinigte Panganipflanzungen (G. m. b. H.), Tanga.
Vogtländische Industrie- und Plantagen-Gesellschaft m. b. H., Plauen i.V.
Geschäftsbericht 1908.
Westdeutsche Handels- und Plantagen-Geseilschaft, Düsseldorf.
Jahresberichte 1905—1909.
Westfälische Pflanzungsgesellschaft m. b. H., Gütersloh i. Westf.
Wilkins & Wiese, G. m. b. H., Hamburg.
Druckschrift Neu-Hornow (Deutsch-Ostafrika).
Wollschafzuchtsyndikat, G. m. b. H., Berlin.
Drucksache: Die Förderung der Wollschafzucht in den deutschen Kolonien, mit
besonderer Berücksichtigung von Deutsch-Ostafrika.
b) Kamerun.
Afrikanische Kompanie A.-G., Berlin.
Satzungen; Jahresberichte 1907, 1907/08, 1908/09.
Ambas Bay Trading Company, Limited, Liverpool.
110 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Bimbia-Pflanzung, Hamburg.
Bremer Westafrika-Gesellschaft m. b. H., Bremen.
Debundscha-Pflanzung, Berlin.
Satzungen; Jahresberichte 1906 —1908.
Deutsch-Westafrikanische Bank, Berlin.
Satzungen; Geschäftsberichte 1905 — 1907.
Deutsch-Westafrikanische Handels-Gesellschaft, Hamburg.
Satzung; Geschäftsberichte 1905—1908.
Deutsche Kamerun-Gesellschaft m. b. H., Hamburg.
Deutsche Kautschuk A.-G., Berlin.
Satzungen; Geschäftsbericht 1907.
Deutsche Kolonial-Landerwerbs- und Verwertungsgesellschaft m. b. H., Charlottenburg.
„Eläis“ A. 6. für Palmölgewinnung und Ölpalmenkultur, Berlin.
Gesellschaft Nordwest-Kamerun, Berlin.
Statut; Jahresberichte 1904—1908.
Gesellschaft Süd-Kamerun, Hamburg.
Statut; Jahresberichte 1899—1908.
Groß-Farm- und Faktorei-Betrieb, Kamerun-Hochland, G. m. b. H., Hamburg.
Hamburg-Afrika-Gesellschaft, Hamburg.
Handel und Plantage Meloko, Werner Schladitz, Meloko bei Campo.
Handelshaus Duala G. m. b. H., Steglitz.
Statuten.
Holt & Co., John, Limited, Liverpool.
Idenau-Pflanzung, Stuttgart.
Kamerun-Bergwerks-Aktiengesellschaft, Berlin.
Kamerun-Eisenbahn-Gesellschaft, Berlin.
Satzung; Prospekt; Bau- und Betriebskonzession; Jahresberichte 1906—1908.
Kamerun-Kautschuk-Compagnie, A. G., Berlin.
‚Jahresberichte 1906—1908.
Kamerun-Kautschuk-Syndikat, Hamburg.
Kamerun-Land- und Plantagen-Gesellschaft, Hamburg.
Kameruner Holz-Gesellschaft m. b. H., Berlin.
Kautschuk-Pflanzung „Meanja‘‘ A. G., Berlin.
Statut; Geschäftsberichte 1904— 1907.
Küderling, A., G. m. b. H., Hamburg.
Missions-Handlungs-Gesellschaft, Basel (A.-G.).
Moliwe-Pflanzungs-Gesellschaft, Berlin.
Statut; Geschäftsberichte 1907/08, 1908/09.
Pagenstecher, L., Hamburg.
Plantage Oechelhausen, Dessau.
Plantagengesellschaft Süd-Kamerun (G. m. b. H.), Berlin (jetzt aufgelöst).
Ruete & Co., Kommanditgesellschaft, Hamburg.
Vereinigung Kameruner Pflanzungen, Berlin.
Westafrikanische Holzverwertungs-Gesellschaft, Hamburg.
Prospekt.
Westafrikanische Mahagoni-Compagnie m. b. H., Berlin.
Satzungen.
Westafrikanische Pflanzungs-Gesellschaft „Bibundi‘, Hamburg.
Statuten; Geschäftsberichte 1906—1909.
Hamburgisches Kolonialinstitut.
Westafrikanische Pflanzungs-Gesellschaft „Vietoria‘‘, Berlin.
Statut; Geschäftsberichte 1906— 1909.
Woermann, C., Hamburg.
c) Togo.
Agupflanzungsgesellschaft (Berlin).
Satzungen; Geschäftsberichte von 1907—1909/10; Prospekt.
d’Almeida Brothers y Comp., Anecho (Togo).
Bödecker & Meyer, Hamburg.
Bremer Kolonial-Handelsgesellschaft, vorm. F. Oloff & Co., A.-G., Bremen.
Satzungen; Jahresberichte 1905/06—1909/10.
Deutsch-Westafrikanische Bank, Berlin.
Satzungen; Geschäftsberichte 1905 —1907.
Deutsch-Westafrikanische Handels-Gesellschaft, Hamburg.
Satzung; Geschäftsberichte 1905— 1908.
Deutsche Togogesellschaft, Berlin.
Statuten; Geschäftsberichte 1906/07—1909/10.
Goedelt, C., Hamburg.
Höhne & Adams, Lome.
Hotel-Aktien-Gesellschaft Lome, Lome.
Pflanzungsgesellschaft Kpeme in Togo, Berlin.
Satzungen; Prospekt; Geschäftsberichte 1904/05—1909/10.
Swanzy, F. & A., Ltd., London.
Togo-Baumwollgesellschaft m. b. H., Lome.
Togo-Pflanzungs-Aktiengesellschaft, Berlin.
Gesellschaftsvertrag (Entwurf); Zeichnungsaufforderung.
Vietor Söhne, Friedr. M., Bremen.
Vietor & Freese, Bremen.
Wallbrecht & Co., Hamburg.
d) Deutsch-Südwestafrika.
Adler Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Afrika-Kolonial-Marmor-Gesellschaft Hamburg.
Prospekt, Denkschrift betr. die Marmorvorkommen Deutsch-Südwestafrikas.
Ahrens & Co., G., G. m. b. H., Karibib.
Allgemeine Mineral-Schürfgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Allgemeine Schürfgesellschaft m. b. H., Windhuk.
Amsink Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Anglo German Territories Ltd., London.
„Angres Juntas“ Schürf- und Bergbaugesellschaft, Lüderitzbucht.
Anichab-Diamanten-Gesellschaft, Lüderitzbucht.
Annatal Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Arnoldt, C. J., Wilhelmshaven.
Ausenkjer, Land- und Minen-Gesellschaft m. b. H., Berlin.
Behncke & Co., F., G. m. b. H., Swakopmund.
Bergbaugesellschaft Namaqua, G. m. b. H., Keetmanshoop.
Berndes & Co., Charles E., Berlin.
Bischoff-Diamant-Syndikat, G. m. b. H., Lüderitzbucht.
112 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Bödiker & Co., Carl, Kommanditgesellschaft auf Aktien, Hamburg.
Statuten: Geschäftsberichte für 1905—1909; Drucksachen betr. Auskunftswesen der
Firma.
Börsenhaus Gesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Bohrgesellschaft m. b. H. in Gibeon.
Boysen, Wulff & Co., Windhuk.
Brauereigesellschaft, Swakopmund.
Brauhaus Keetmanshoop, G. m. b. H. (jetzt erloschen).
Brunzel & Scholz, Aminuis.
Burmester & Spence, Lüderitzbucht.
Columbus Diamantengesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Damaralandfarmgesellschaft m. b. H. in Okakango.
Deutsch-Afrikanische Sandstein-Werke, G. m. b. H., Berlin.
Satzungen; Prospekt.
Deutsch-Südwest-Afrikanische Bergwerksgesellschaft m. b. H., Berlin.
Prospekt.
Deutsch-Südwestafrikanische Genossenschaftsbank e. G. m. b. H., Windhuk.
Deutsch-Südwestafrikanische Kupfer-Gesellschaft Gorobminen, Berlin.
Deutsch-Südwestafrikanische Marmor-Gesellschaft m. b. H., Swakopmund.
Deutsch-Südwestafrikanische Zeitung, G. m. b. H., Swakopmund.
Deutsche Afrika-Bank A.-G., Hamburg.
Statuten; Geschäftsberichte 1906—1909.
Deutsche Kolonialschule in Windhuk (G. m. b. H.), Windhuk.
Deutsche Diamanten-Gesellschaft m. b. H., Berlin.
Statut; Andr& „Die Rechtsverhältnisse im Pomonagebiet in Südwestafrika“.
Deutsche Farmgesellschaft A.-G., Düsseldorf.
Satzungen; Jahresberichte 1907/08, 1908/09.
Deutsche Kolonial-Gesellschaft für Südwest-Afrika, Berlin.
Statut; ‚Jahresberichte 1899/1900— 1908/09.
Kurze Übersicht über Tätigkeit von 1885—1906.
Die Land- und Berggerechtsame der Deutschen Kolonialgesellschaft (Berlin 1906).
Deutsches Diamanten-Syndikat, G. m. b. H., Lüderitzbucht (jetzt aufgelöst).
Diamantfelder-Verwertungsgesellschaft Konzeptionsbucht m. b. H., Lüderitzbucht.
Diamant-Gesellschaft Elisabethbucht m. b. H., Lüderitzbucht.
Diamantgesellschaft Grillental m. b. H., Lüderitzbucht.
Diamant-Geseilschaft Hammonia m. b. H., Lüderitzbucht.
Diamantgesellschaft Südstern m. b. H., Lüderitzbucht.
Diamantgesellschaft Südwest m. b. H., Lüderitzbucht.
Diamantgesellschaft Zillertal m. b. H., Lüderitzbucht.
Diamantminen-Gesellschaft Lüderitzbucht m. b. H., Lüderitzbucht.
Diamantminengeselischaft Phönix m. b. H., Lüderitzbucht.
Diamant Syndikat „Gute Hoffnung“, Swakopmund.
Diamantenfelder Meteor, G. m. b. H., Lüderitzbucht.
Diamanten-Pacht-Gesellschaft (DKG), Berlin.
Satzungen.
Diamanten-Regie des südwestafrikanischen Schutzgebiets, Berlin.
Satzungen.
Diamanten-Schürfgesellschaft Colmanskop m. b. H., Lüderitzbucht.
Dunbeth -Verwertungsgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Einkaufsverein Karibib e. G. m. b. H., Karibib.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 113
Ein- und Verkaufsgenossenschaft, e. G. m. b. H. in Grootfontein.
Ein- und Verkaufsgenossenschaft e. G. m. b. H., Omaruru.
Ein- und Verkaufsgenossenschaft, E. G. m. b. H., Windhuk.
Statuten.
Elisabethbuchtgesellschaft m. b. H.
Emiliental Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Erongo-Zinn-Syndikat in Swakopmund.
Excelsior Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
„Farm Kranzberg‘“, G. m. b. H., Karibib.
Farmergenossenschaft, Windhuk.
Favorit Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Felsenkellerbrauerei-Gesellschaft m. b. H., Windhuk.
Genossenschaft zur Verwertung landwirtschaftlicher Erzeugnisse, e. G. m. b. H., Karibib.
German South West African Diamond Investment Company, Ltd., Kapstadt.
Germania-Diamanten-Gesellschaft, Lüderitzbucht.
Gibeon-Schürf- und Handels-Gesellschaft m. b. H., Berlin.
Gesellschaftsvertrag; Konzessionen ; Jahresberichte 1903/04, 1904/05,1906/07— 1908/09.
„Glückauf‘“ Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Grootfonteiner Farmgesellschaft m. b. H., Berlin.
Grootfonteiner Sprit- und Mehlwerke, e. @. m. b. H., Grootfontein.
Großfarmbetriebs-Aktien-Gesellschaft Deutsch-Südwestafrika.
Hallmann & Guhr, G. m. b. H., Gobabis.
Hamburger Schürfsyndikat, G. m. b. H., Hamburg.
Denkschrift, Aufruf und Zeichnungsschein.
Handelsgesellschaft Südwest, G. m. b. H., Seeheim (D.-S.W.A.).
Hansa-Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
(resellschaftsvertrae.
Hanseatische Land-, Minen- und Handels-Gesellschaft für Deutsch-Südwest-Afrika, Berlin.
Hartwig & Pingel in Windhuk.
Hermann, Keliner & Co., Lüderitzbucht.
„Hertatal‘‘ Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Hohenzollern Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Hollandsbucht Diamantfelder, G. m. b. H., Lüderitzbucht.
Holoog-Minengesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Holooger Schürfgesellschaft, G. m. b. H., Holoog.
Holsatia Diamantgesellschaft m. b. H. in Lüderitzbucht.
Huib-Syndikat, Lüderitzbucht.
Joubert, Lüderitz & Co., Kupferminengesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Kaoko-Land- und Minen-Gesellschaft, Berlin.
Statuten; Denkschrift vom März 1905; Jahresbericht von 1908.
Kappelhof & Co., Max A., G. m. b. H., Lüderitzbucht.
Karibib-Diamantgesellschaft m. b. H. in Swakopmund.
Karibib Goldminengesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Karibiber Wasserleitung (E. G. m. b. H.), Karibib.
Karlstal-Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht (jetzt aufgelöst).
Kaukausib-Diamant-Gesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Keetmanshooper Diamantgesellschaft m. b. H. in Lüderitzbucht.
Keetmanshooper Kohlen-Schürf- und Minen-Gesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Keetmanshooper Minensyndikat, G. m. b. H., Keetmanshoop.
Keetmanshooper Namib Gesellschaft m. b. H., Keetmanshoop.
114 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Khan Kupfergrube G. m. b. H., Duisburg-Hochfeld.
Kharas Exploration Company, London.
Kismet Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
„Klub Keetmanshoop“, G. m. b. H., Keetmanshoop.
Klub Windhuk, G. m. b. H., Windhuk.
Kohlensyndikat Hansa G. m. b. H., Keetmanshoop.
The Kolmanskop Diamond Mines, Limited, Kapstadt.
Koloniale Bergbau-Gesellschaft m. b. H., Berlin.
Komet Diamant-Gesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Kubub-Diamanten-Gesellschaft, Kubub.
Kububer Minengesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht (jetzt aufgelöst).
Kunjasminegesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Lembeke & Co., Swakopmund.
Liebenstein & Fröhlich, Swakopmund.
Lüderitzbuchter Fischerei-Gesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Lüderitzbuchter Kolonialkontor, Lüderitzbucht.
Gründungsprotokoll.
Lüderitzbuchter Minenkammer, Lüderitzbucht.
Lüderitzbuchter Schürfgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Lüderitzbuchter Zeitung, G. m. b. H., Lüderitzbucht.
Lüderitzbucht-Gesellschaft L. Scholz & Co. (G. m. b. H.), Berlin.
de Meillon & Joubert, G. m. b. H., Lüderitzbucht.
Mercedes Diamant-Syndikat, G. m. b. H., Lüderitzbucht.
Merkur Swakopmunder Schürf- und Finanzgesellschaft (G. m. b. H.), Swakopmund.
Mertens & Sichel, G. m. b. H., Swakopmund.
Minengesellschaft Anichab m. b. H., Lüderitzbucht.
Minerva Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Moeob Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Müller & Rathgeber, Warmbad.
Nama-Land-Schürf- und Guano-Syndikat, G. m. b. H., Berlin.
Namib Diamanten-Syndikat, G. m. b. H., Lüderitzbucht.
Namib Schürfgesellschaft m. b. H., Swakopmund.
Nautilus Diamantminengesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Neue Carlstal-Diamant-Gesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Neue Nautilus Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Neue Phoenix Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Nordhuk Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Nordstern-Diamantgesellschaft m. b. H. in Lüderitzbucht.
Nordstrand Diamantgesellschaft m. b. H. in Lüderitzbucht.
Northeliff Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Onjati-Kupferminen-Gesellschaft m. b. H., Berlin.
Orloff Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
The Otavi Exploring Syndicate Limited, London.
Statuten.
Otavi Minen- und Eisenbahn-Gesellschaft, Berlin.
Satzungen; Jahresberichte 1902/03—1908/09. Album mit Ansichten der Mine in
Tsumeh.
Otjicondo Gesellschaft für Straußenzucht und Farmbetrieb, G. m. b. H., Berlin.
Otjizongati-Kupferminen-Gesellschaft m. b. H., Berlin.
Otjozonjati Minen Syndikat Ges. m. b. H., Windhuk.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 115
Outjoer Schlachterei-Gesellschaft m. b. H., Outjo.
Oystercliff Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Pabst-Diamantgesellschaft m. b. H. in Lüderitzbucht.
Pfaffmann & Voigt, G. m. b. KH. in Lüderitzbucht.
Pomona-Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Pomona-Minen-Gesellschaft m. b. H., Berlin.
von Quitzow, Diamanten-Gesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Regent-Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Richter & Nolle, Filiale Südwestafrika G. m. b. H., Berlin.
Gründungsstatuten.
Rothauge & Wulff (G. m. b. H.), Windhuk.
Saddle Hill Diamantgesellschaft, G. m. b. H. in Lüderitzbucht.
St. Franziscus Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Schäferei Nomtsas G. m. b. H., Dresden.
Gesellschaftsvertrag.
Schiller & Kahn, G. m. b. H., Lüderitzbucht.
Schürf- und Minengesellschaft Colmanskop (G. m. b. H.), Lüderitzbucht.
Schürf- und Minengesellschaft Victoria m. b. H., Lüderitzbucht.
Schürfgesellschaft Seeheim, G. m. b. H., Seeheim am Gr. Fischfluß.
Schützenhaus Keetmanshoop, G. m. b. H., Keetmanshoop.
Seehund- und Fischerei-Syndikat, G. m. b. H., Lüderitzbucht.
Seitz & Co., Hermann, Hamburg.
Solomon & Co., A. M., Swakopmund.
The South African Territories Limited, London.
Directors Report and Statement of Account, Mai 1910.
The South West Africa Company, Limited, London.
Statuten; Geschäftsberiehte 1900/01, 1901/02, 1902/04, 1904/06, 1906/07, 1908.
Spar- und Darlehnskasse (e. G. m. b. H.), Gibeon.
Spencer-Bay Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Sphinx-Minen-Syndikat, G. m. b. H., Berlin.
Städtische Zollniederlage Windhuk, G. m. b. H., Windhuk.
Stanley-Minen-Gesellschaft m. b. H., Berlin.
Stoermer & Wulff, G. m. b. H., Okahandja.
Südwestafrikanische Bodenkredit-Gesellschaft, Berlin.
Südwestafrikanisches Minen-Syndikat, Frankfurt a. M.
Südwest-Afrikanische Schäferei-Gesellschaft, Berlin.
Satzungen; Berichte 1901/02, 1905—1907.
Südwest-Schürf-Syndikat (G. m. b. H.), Swakopmund.
Swakopmunder Buchhandlung (G. m. b. H.), Swakopmund.
Swakopmunder Diamantgesellschaft, Aktiengesellschaft, Lüderitzbucht.
Swakopmunder Minengesellschaft (G. m. b. H.), Swakopmund.
Swakopmunder Speditions- und Lagerhaus-Kommanditgesellschaft Joetze & Co.,
Swakopmund.
Sylvia Diamantgesellschaft m. b. H. in Lüderitzbucht.
Syndikat zur Erforschung der Gorobminen in Deutsch-Südwestafrika, Berlin.
v. Tippelskirch & Co., Nachf. (G. m. b. H.), Swakopmund.
Triton Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Vereinigte Conceptionbucht-Diamantfelder, G. m. b. H., Swakopmund.
Vereinigte Diamantgesellschaft Germania m. b. H., Lüderitzbucht.
Vereinigte Diamantminen Lüderitzbucht, G. m. b. H., Lüderitzbucht.
116 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Verwertungsgenossenschaft, e. G. m. b. H., Okahandja.
Vietor, J. K., Bremen.
Vogelsang Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
Waldheim & Co., A., in Rehoboth.
Wassererschließungs-Genossenschaft Klein-Windhuk.
Weiß, de Meillon & Co., Minengesellschaft m. b. H. in Lüderitzbucht.
Eröffnungsbilanz.
Westfalia-Diamantgesellschaft m. b. H. in Lüderitzbucht.
de Wet & Co., Andries, G. m. b. H., in Windhuk.
Windhuker Diamanten-Gesellschaft, Windhuk (jetzt aufgelöst).
Windhuker Farmgesellschaft m. b. H., Berlin.
Geschäftsbericht 1907.
Windhuker Nachrichten (G. m. b. H.), Windhuk.
Wirtschaftsverein Gibeon, G. m. b. H., Gibeon.
Woermann, Brock & Co., Hamburg.
Wollschafzuchtsyndikat, G. m. b. H., Berlin.
Drucksache: Die Förderung der Wollschafzucht.
Zentralafrikanisches Schürf- und Entwickelungs-Syndikat, Berlin.
Zentral-Diamantgesellschaft m. b. H., Lüderitzbucht.
e) Deutsch-Neu-Guinea und Inselgebiet.
American Board of Missions für Nauru, G. m. b. H., Nauru.
Bismarck-Archipel-Gesellschaft (A.-G.), Berlin.
Denkschrift vom Februar 1909; Prospekte; Denkschrift vom Oktober 1909.
Blumenthal & Weire, Natava und Vunamarita.
Deutsche Handels- und Plantagen-Geselischaft der Südsee-Inseln zu Hamburg.
Gesellschaftsvertrag; Prospekt; Geschäftsberichte 1905—1909.
Deutsche Südseephosphat-Aktiengesellschaft, Bremen.
Statut; Jahresberichte 1908, 1909.
Hernsheim & Co., Aktiengesellschaft, Hamburg.
Statuten.
Hernsheim & Co., Matupi und Nusa.
Hiki-Südsee-Aktiengesellschaft, Hikimura (Japan).
Holst-Sägewerke, G. m. b. H., Simpsonhafen.
Jaluit-Gesellschaft, Hamburg.
Statut; Prospekt; Jahresberichte 1902—1909; Fahrpläne des Postdampfers „Germania“.
Maristen-Mission, G. m. b. H., Kieta.
Neu Guinea Compagnie, Berlin.
Geschäftsberichte 1901/02— 1908/09.
New-Britain Corporation, Limited, Sydney und Simpsonhafen.
Pacific Phosphate Company Limited, London.
Statuten; Jahresberichte 1906—1908.
Pagan-Gesellschaft, Saipan (Südsee).
Südseehandelsgesellschaft Murayawa & Co., Yokohama.
Tinian-Gesellschaft, Saipan (Südsee).
Wahlen, Heinrich Rudolph, Maronn.
f) Samoa.
Deutsche Handels- und Plantagen-Gesellschaft der Südsee-Inseln zu Hamburg.
Gesellschaftsvertrag; Prospekt; Geschäftsberichte 1905—1909.
Deutsche Samoa-Gesellschaft, Berlin.
Geschäftsberichte 1907—1909.
Hamburgisches Kolonialinstitut. [/h7
Krause & Preuß, Apia.
Safata-Samoa-Gesellschaft, Berlin.
Jahresberichte 1905—1908.
Samoa-Kautschuk-Compagnie, Aktien-Gesellschaft, Berlin.
‚Jahresberichte 1906— 1908.
The Upolu Cacao Company, Limited, Birmingham.
The Upolu Rubber Company, Limited, Glasgow.
g) Kiautschou.
Anz & Co., Tschifu.
Bödiker & Co., Carl, Kommanditgesellschaft auf Aktien, Hamburg.
Statuten; Geschäftsberichte für 1905—1909; Drucksachen betr. Auskunftswesen
der Firma.
„Columbia‘‘ G. m. b. H., Tsingtau.
4 Blätter betr. Eipräparate.
Deutsch-Asiatische Bank (A.-G.), Hamburg.
Statut; Geschäftsberichte 1904—1907.
Deutsch-Chinesische Seiden-Industrie-Gesellschaft, Berlin.
Deutsche Gesellschaft für Bergbau und Industrie im Auslande, Berlin.
Diederichsen, Jebsen & Co., Tsingtau.
Diederichsen & Co., H., Tsingtau.
Eberhardt, Bollweg & Co., Hamburg.
Schantung-Bergbau-Gesellschaft, Berlin.
Satzungen; Geschäftsberichte 1907/08—1909/10.
Schantung-Eisenbahn-Gesellschaft, Berlin.
Statut; Geschäftsberichte 1907—1909.
Schmidt, F. H., Altona.
Schwarzkopf & Co., F., Tsingtau.
Selberg, Emil, Berlin.
Tsingtauer Hotel-Aktiengesellschaft, Tsingtau.
Winckler & Co., G. m. b. H., Tsingtau.
h) Ausland und fremde Kolonien.
Abessinisches Montan-Syndikat, G. m. b. H., Berlin.
„Abir‘‘ Societe a Responsabilite Limitee, Antwerpen.
Statuten; Jahresberichte 1904, 1905, 1907, 1908.
Anatolische Baumwoll-Dampfpresse-Gesellschaft m. b. H., Dresden.
Anatolische Eisenbahn-Gesellschaft (Societe du chemin de fer Ottoman d’Anatolie),
Konstantinopel.
Statuten; Konzessionsakte; Jahresberichte 1889 —1907.
Anglo East African Rubber Plantations, Limited.
The Anglo German Brewery Company, Ltd., Hongkong.
The Anglo-Malay Rubber Company, Limited, London.
Geschäftsbericht 1906.
The Anglo-South American Bank Limited, London.
Geschäftsberichte 1905/06 — 1908/09.
Asahan-Syndikat, G. m. b. H., Berlin.
Bahia-Kautschuk Aktien-Gesellschaft, Leipzig.
Bank für Chile und Deutschland.
Statut; Geschäftsberichte 1896, 1898, 1899, 1901—1907.
118 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Betriebsgesellschaft der orientalischen Eisenbahnen (A.-G.), Wien.
Statuten; Jahresberichte 1907—1909; Außerord. Generalvers. vom 15./12. 1909.
Blackhead & Co., F., Hongkong.
Borneo-Kautschuk-Compagnie, A.-G. (Berlin).
Jahresberichte 1907, 1908.
Brasilianische Bank für Deutschland.
Statuten; Geschäftsberichte 1901, 1902, 1904—1908.
Bremer Kolonial-Handelsgesellschaft, vorm. F. Oloff & Co., A.-G., Bremen.
Satzungen; Jahresberichte 1905/06—1909/10.
British Central Africa Co., Limited, London.
The British New Guinea Development Company, Limited, London.
Cacao Plantagengesellschaft Puga, Aktiengesellschaft, Hamburg.
Statuten; Geschäftsberichte 1907—1909.
Carayaca-Plantagen-Gesellschaft m. b. H., Hamburg.
Carlowitz & Co., Hamburg.
China Export-, Import- und Bank-Compagnie (A.-G.), Hamburg.
Chocola-Plantagen-Gesellschaft in Hamburg.
Statuten; Jahresberichte 1891—1908.
Compagnie des Chemins de fer du Congo Superieur aux Grands Lacs Africains, Brüssel.
Statuten; Jahresberichte 1902—1909.
Compagnie des Produits du Congo, Brüssel.
Statuten; Jahresberichte 1906—1908.
Compagnie du Chemin de fer du Bas-Congo au Katanga, Brüssel.
Statuten; Bilanz zum 31./12. 1908.
Compagnie du Chemin de fer du Congo, Brüssel.
Statuten; Jahresbericht 1907/08.
Compagnie du Chemin de fer du Katanga, Brüssel.
Statuten; Jahresberichte 1906—1908.
Compagnie du Congo pour le Commerce et l’Industrie, Brüssel.
Statuten; Jahresbericht 1907/08.
Compagnie du Kasai, Brüssel.
Statuten; Jahresbericht 1908.
E. de Wildeman: Mission Permanente d’Etudes Scientifiques.
Compagnie du Katanga, Brüssel.
Statuten; Jahresbericht 1908/09.
Compagnie du Lomami, Brüssel.
Statuten; Jahresbericht 1906/07.
Compania Rural Bremen Aktien-Gesellschaft, Bremen.
Statuten; Jahresberichte 1901/02— 1908/09.
Compania Salitrera Santa Clara in Liquidation, Bremen.
Statuten; Geschäftsbericht 1908.
Comptoir Commercial Congolais, Antwerpen.
Statuten; Jahresberichte 1904—1908.
The Consolidated Bone and Animal Bye-Products Company, Limited.
Prospekt.
Costa-Rica-Bananen-Plantagen G. m. b. H., Hamburg.
Dellarocca Chemische Fabriken, Aktiengesellschaft, Berlin.
Deutsch-Chinesische Eisenbahn-Gesellschaft m. b. H., Berlin.
Deutsch-Englische Ostafrika-Kompagnie, G. m. b. H., Berlin.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 119
Deutsch-Kolumbische Schürfgesellschaft m. b. H., Berlin.
Gesellschaftsvertrag.
Deutsch-Levantinische Baumwollgesellschaft m. b. H., Dresden.
Gesellschaftsvertrag; Landwirtschaft und Baumwollanbau in der Kilikischen Ebene.
Die Baumwolle in Klein-Asien: Berichte vom Juni 1908 und März 1909.
Deutsch-Niederländische Telegraphen-Gesellschaft A.-G., Cöln.
Gesellschaftsvertrag:; Geschäftsberichte 1904—1909.
Drucksachen: Prof. Dr. G. Schott „Strombeobachtungen J. N. M. S. „Edi“ im west-
lichen Stillen Ozean“; Prof. Dr. G. Schott und Dr. P. Perlewitz „Lotungen J.N.
M.S. „Edi“ und des Kabeldampfers „Stephan“ im westlichen Stillen Ozean“.
Deutsch-Südamerikanische Bank (A.-G.), Berlin.
Statuten; Geschäftsberichte 1906 — 1909.
Deutsch-Südamerikanische Telegraphengesellschaft, Aktien-Gesellschaft zu Köln a. Rh.
Gesellschaftsvertrag; ‚Jahresberichte 1908, 1909.
Deutsch-Überseeische Elektrizitäts-Gesellschaft, Berlin.
Satzungen; Prospekt; Jahresberichte 1905—1909.
Deutsche Ecuador Cacao Plantagen- und Export-Gesellschaft, Aktien-Gesellschaft, Hamburg.
Statuten: Jahresberichte 1903—1909.
Deutsche Kolonial-Import-Gesellschaft m. b. H., Cassel-Bettenhausen.
Deutsche Ophir-Minen-Gesellschaft m. b. H., Berlin.
Satzungen.
Deutsche Orientbank Aktiengesellschaft, Berlin.
Statut; Jahresberichte 1906—1908.
Deutsche Orient-Handels- und Industrie-Gesellschaft m. b. H., Potsdam.
Deutsche Palästina-Bank, Berlin.
Gesellschaftsvertrag; Geschäftsberichte 1899, 1900, 1902— 1907.
Deutsche Überseeische Bank, Berlin.
Jahresbericht 1907.
Deutsches Kolonialhaus Bruno Antelmann G. m. b. H., Berlin.
Deutsches Orient-Handels-Syndikat, Berlin.
Eastern and South African Telegraph Company, London.
Elsässische Actien-Gesellschaft für Plantagen in Brasilien, Straßburg i.E.
Gesellschaft zur Förderung der deutschen Ansiedlungen in Palästina m. b. H., Stuttgart.
Gesellschaftsvertrag: Bilanz 1907. 1908.
Goedelt, C., Hamburg.
Große Venezuela-Eisenbahn-Gesellschaft, Berlin.
Statut; Jahresberichte 1894—1908; Plan über Eisenbahntrace.
Guatemala Plantagen-Gesellschaft in Hamburg.
Statuten; Jahresberichte 1904/05 — 1908/09.
Hanseatische Kolonisations-Gesellschaft m. b. H., Hamburg.
Gesellschaftsvertrag; Jahresberichte 1901— 1908; Anweisung betr. Ausrüstung von Aus-
wanderern nach Südbrasilien: Der Hansabote 1909 Nr. 1, 2; Bericht der Kolonie-
direktion in Hammonia 1908: Landwirtschaftlicher Bericht der Kolonie Hansa 1908.
Hanseatische Plantagen-Gesellschaft Guatemala, Hamburg.
Statuten; Jahresberichte 1906—1908.
Hansing & Co., Hamburg.
Henry P. Newman’s mandschurische Export-Gesellschaft m. b. H., Hamburg.
Herman, Deutsche Siedelungs-Gesellschaft in Berlin.
Holzmann & Cie., Philipp, G. m. b. H., Frankfurt a. M.
120 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Hongkong & Shanghai Banking Corporation, Hamburg.
Berichte über Generalversammlungen vom 22./8. 1908, 20./2., 21./8. 1909, 19./2. 1910.
Importgesellschaft „Palästina“, G. m. b. H., Berlin.
Karang-Gesellschaft m. b. H., Dresden.
Kolonisationsunternehmen Dr. Hermann Meyer, Leipzig.
Ansichten aus den Ackerbaukolonien Neu-Württemberg und Xingu in Rio grande
do Sul (Südbrasilien) und 1 Plan.
The Malacca Rubber Plantations, Limited, London.
1. Jahresbericht 1906.
The Malindi Cotton & Rubber Estates, Ltd., London.
Mannesmann Rif-Compagnie, G. m. b. H., Remscheid.
Marokko-Mannesmann-Compagnie m. b. H., Hamburg.
Marokko Minensyndikat m. b. H. in Berlin.
Marokko-Wollschafzucht-Syndikat m. b. H., Berlin
Matwapa Rubber Estates Limited, London.
Prospekt.
Melchers & Co., C., Bremen.
Missions-Handlungs-Gesellschaft, Basel (A.-G.).
New-Britain Corporation, Limited, Sydney.
Orient-Handelsmuseum, G. m. b. H., Berlin.
Ostasiatische Besiedelungsgesellschaft, Tokyo.
Osuna-Rochela Plantagen-Gesellschaft in Hamburg.
Statuten; Jahresberichte 1904/05 — 1908/09.
Plantagengesellschaft „Cecilia“, G. m. b. H., Hamburg.
Plantagengesellschaft Clementina, Hamburg.
Statuten; Jahresberichte 1898/99, 1900—1909.
Plantagengesellschaft „Concepecion‘ in Hamburg.
Statuten; Geschäftsberichte 1905—1908.
Premier Diamond Mining Co.
Rheinisch-Bornesischer Handels-Verein, Barmen.
Geschäftsberichte 1908, 1909; Protokollauszug vom 4./6. 1909.
Santa Catharina Eisenbahn-Aktiengesellschaft, Berlin.
Satzung; ‚Jahresberichte 1907—1909.
Senze Copper Mine-Gesellschaft m. b. H., Bremen.
Shongolo-Kohlen-Gesellschaft m. b. H., Berlin.
Prospekt nebst Bemerkungen von Diplom-Bergingenieur Kuntz.
Siemßen & Co., Shanghai.
Societe Agricole du Mayumbe.
Statuten; Jahresbericht 1908.
Societe anonyme belge pour le Commerce du Haut-Congo, Brüssel.
Statuten; Jahresberichte 1907, 1908.
Societe commerciale de l’Oceanie, Hamburg.
Jahresabschluß pro 1908.
Societe des Chemins de fer vicinaux du Mayumbe, Brüssel.
Statuten; Konzessionsbedingungen; Jahresberichte 1907, 1908.
Societe Internationale Forestiere et Miniere du Congo, Brüssel.
Statuten; Bilanz per 31./12. 1908.
South East Africa Limited, London.
The Spassky Copper Mine, Limited, London.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 121
The Standard Bank of South Africa, Limited, Hamburg.
Statut; Jahresbericht 1908; diverse Prospekte usw.
Südamerikanische Land- und Hypotheken-Gesellschaft m. b. H. in Berlin.
Gesellschaftsvertrag; Jahresberichte 1899/1900— 1907/08.
Süd-Borneo-Gesellschaft m. b. H., Berlin.
Südmandschurische Eisenbahn-Aktien-Gesellschaft, Dalny.
Statut.
Sumatra Compagnie Bandar-Pinang, G. m. b. H., Bremen.
Tientsin-Baugesellschaft, Tientsin.
Tomini Gold Syndikat, G. m. b. H., Berlin.
Gesellschaftsvertrag.
Union Miniere du Haut-Katanga, Brüssel.
Statuten; ‚Jahresberichte 1907, 1908.
Vietor, J. K., Bremen.
Vietor & Lohmann, Bremen.
i) Sonstige koloniale Erwerbsgesellschaften, Banken usw.
Adler, Paul, Hamburg.
‚Jahresbericht über den Handel mit gefrorenem Fleisch 1908.
Aktien-Gesellschaft für Seilindustrie, vorm. Ferd. Wolff, Mannheim-Neckarau.
Aktiengesellschaft für überseeische Bauunternehmungen, Berlin.
Arnhold, Karberg & Co., London.
Arp & Co., Hamburg.
Georg Böcker & Wm. Berkefeld, Hamburg.
Warenberichte 1908, 1909; Olivenöl-Berichte 1908, 1909; Ölbericht der Firma
Minasi & Arlotta, Neapel; Artikel: Rückgang des deutschen Marokkohandels 1908.
Bremer Kolonial-Baumwoll-Gesellschaft m. b. H., Bremen.
Bürstenfabrik Erlangen A.-G. vorm. Emil Kränzlein.
Statut; Jahresberichte 1906—1909.
Buhle, H. C., Hamburg.
Bericht über Teehandel vom Januar 1909.
Calmann, E., Hamburg.
Deutsche Kolonial-Unternehmungen (Berichte).
Denkschrift über die Verhältnisse im südwestafrikanischen Schutzgebiet, Januar 1910.
Chemische Fabrik Flörsheim Dr. H. Noerdlinger, Flörsheim a. M.
Nachschlagebuch, Ratgeber und Preisliste über Mittel zur Gesundheitspflege, Land-
wirtschaft, Tierheilkunde usw.; Nachrichten über Schädlinesbekämpfung und
Mitteilungen über Pflanzenschutzmittel.
Chemnitzer Aktien-Spinnerei, Chemnitz.
Gesellschaftsvertrag; Jahresberichte 1905 — 1908.
Deutsch-Atlantische Telegraphen-Gesellschaft in Köln.
Deutsche Bank, Berlin.
Tabellen betr. Zusammenstellung des Notenumlaufs und Metallbestandes der Reichs-
bank und über die Preisbewegung verschiedener Waren.
Deutsche Kolonialbank G. m. b. H., Berlin (jetzt aufgelöst).
Deutsche Kolonial- und Handels-Bank G. m. b. H., Berlin.
Deutsche Windturbinen-Werke, Rudolph Brauns, G. m. b. H., Dresden-A.
Preisliste.
Deutsches Kolonialkontor, G. m. b. H., Hamburg.
122 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Deutsches Übersee-Syndikat, G. m. b. H., Charlottenburg.
Gesellschaftsvertrag.
Einstein, Max, Hamburg.
Sonderabdruck aus dem Tropenpflanzer: „Deutsch-Ostafrikanischer Hanf.“
Hanfberichte ab 26./4. 1909.
Emden & Co., Heinrich, Berlin.
Bericht über deutsche Kolonialwerte vom 2./12. 1908.
Erste Deutsche Ramie-Gesellschaft, Emmendingen (Baden).
Exportmusterlager Stuttgart.
Jahresbericht 1909.
Fischer & Co., J. H., Hamburg.
Gehe & Co., Aktien-Gesellschaft, Dresden.
Preisliste vom Oktober 1908; diverse Prospekte; Handelsberichte 1907—1910;
Jubiläumsschrift (1835 —1910).
Götze & Popert, Hamburg.
Jahresstatistik über rohe Wildhäute: 1908, 1909.
Berichte über Häute und Felle: 17./2., 2./4., 15./7., 24./8. 1909, 16./2., 4./4., 2./6.,
14./7., 31./8. 1910.
Günther, Anton, Hamburg.
Mitteilungen betr. Baumwollabladungen nach Hamburg, 1909 Nr. 1-53, 1910
Nr. 1—36.
Rundschreiben an Hamburg-Amerika Linie vom März 1909.
Hasche & Woge.
Preisliste vom September 1909.
von der Heydt’sches Kolonialkontor G. m. b. H., Berlin.
Hypothekenbank in Hamburg.
Jahresberichte 1908, 1909.
Jantzen, C. F. Wilhelm, Hamburg (vorm. Jantzen & Thormählen, Hamburg).
Kalisyndikat, G. m. b. H., Hamburg.
Diverse Drucksachen über Kalidüngung in den Tropen usw.
Kautschuk Handels-Gesellschaft m. b. H. in Berlin.
Kautschukkultur-Syndikat (G. m. b. H.), Berlin.
Knoop & Fabarius, Bremen.
Baumwollberichte; Jahres- und Wochenberichte, XII. Jahrgang Nr. 19—59, XII. Jahr-
gang Nr. 1—61, XIV. Jahrgang Nr. 1 und folgende; Spezialberichte über den
Baumwollhandel im Winter 1907/08, Sommer 1908, Winter 1908/09, Sommer 1909
Winter 1909/10, Sommer 1910 (bis 31./8. 1910).
Kolonialbank Aktiengesellschaft, Berlin.
Luther & Seyfert, Bremen.
Merck, E., Darmstadt, Chemische Fabrik.
Jahresberichte 1906, 1907; Preisliste Oktober 1908; „Über die Verwendung von
Reagenztabletten zur quantitativen Bestimmung von Zucker und zum Nachweis
von Eiweiß im Harn.“
Merck’sche Guano- und Phosphat-Werke, A.-G., Harburg a.d.E.
Deutsche Industrie — Deutsche Kultur. Jahrgang VII Nr. 12.
Mertens & Co., Berlin.
Kolonialwirtschaftliche Mitteilungen Nr. 1—4.
Müller & Sohn, J. F., Hamburg.
Berichte über fremde Nutzhölzer: 1909 Nr. 1—4, 1910 Nr. 1—3: Jahresberichte über
fremde Nutzhölzer 1808, 1909.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 123
Norddeutsche Bank in Hamburg.
Jahresberichte 1907—1909; diverse Prospekte und Tabellen; Kursnotierungen 1910
April bis August.
Nordisches Kolonialkontor, G. m. b. H., Hamburg.
Kursberichte vom 2./3. 1910 an.
Druckschrift vom 27./7. 1910 über südwestafrikanische Diamantgesellschaften.
Nürnberg & Co., G. m. b. H., Berlin.
Eintragung in das Handelsregister.
Orenstein & Koppel — Arthur Koppel — Aktiengesellschaft, Berlin.
Statut; Sammlung von Abbildungen über Eisenbahnbauten usw.: Geschäfts-
berichte 1907, 1908.
„Die Otavi-Schmalspurbahn im deutschen Schutzgebiete D. S. W.“ (Vortrag von
Ziviling. E. A. Ziffer), „Die Otavi-Bahn“ von Dipl.-Ing. M. Wechsler.
Osteuropäische Telegraphengesellschaft zu Cöln.
Gesellschaftsvertrag.
Retzmann & Co., Hamburg.
Jahresberichte über die Wareneinfuhr aus Marokko 1908, 1909.
Riebow, L., Hamburg.
Jahresberichte 1897—1909.
Monatliche Berichte über Hanf: 1908, 1909, 1910 Januar bis August.
Schimmel & Co., Fabrik ätherischer Öle, Essenzen und chemischer Präparate, Miltitz
bei Leipzig.
Berichte 1894, 1896—1910 nebst Gesamtregister für die Jahrgänge 1905—1909;
Preislisten 1908—1910. Schrift: Arbeitsstätten der Firma Schimmel & Co.
Scholz, Ludwig, Kolonial-Wirtschaftliches Bureau, Berlin.
Syndikat für Oelpalmenkultur, G. m. b. H., Berlin.
Vereinigte Chininfabriken Zimmer & Co., Frankfurt a.M.
Semestral-Berichte 1905—1909; Preisliste 1908 (März und August).
Vereinsbank in Hamburg.
Diverse Anleiheprospekte.
Wilckens, Theodor, Hamburg.
Preislisten über Arzneimittel, Dampfpflüge, Ackergeräte usw.
Zentral-Bank Aktiengesellschaft in Hamburg.
Ill. Schiffahrtsgesellschaften.
Bremer Dampfer Linie „Atlas“ G. m. b. H., Bremen.
Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg.
Gesellschaftsvertrag; Handbuch 1908, 1909; Jahresberichte 1905 —1907.
Deutsche Dampfschiffahrts-Gesellschaft ‚‚Kosmos‘“, Hamburg.
Gesellschaftsvertrag; Handbuch und Prospekt; Jahresbericht 1907.
Deutsche Levante-Linie, Hamburg.
Statut; Jahresberichte 1904— 1907.
Deutsche Nyanza Schiffahrtsgesellschaft m. b. H., Berlin.
Prospekt.
Deutsche Ostafrika-Linie (A.-G.), Hamburg.
Satzungen ; Handbuch 1907/08; Frachttarife und Fahrpläne ; Jahresberichte 1904— 1908.
Hamburg-Amerikanische Paketfahrt-Aktien-Ges. (Hamburg-Amerika Linie), Hamburg.
Statuten: Jahresbericht 1907.
Hamburg-Bremer Afrika-Linie (A.-G.), Bremen.
124 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Hamburg-Südamerikanische Dampfschiffahrts-Gesellschaft (A.-G.), Hamburg.
Jahresbericht 1907; Fahrpläne.
Norddeutscher Lloyd (A.-G.), Bremen.
Rhederei-Vereinigung, G. m. b. H., Hamburg.
Woermann-Linie, Hamburg.
Handbuch 1907, 1908; Fahrpläne.
IV. Gemeinnützige Vereine, Gesellschaften und Institute.
Alldeutscher Verband, Berlin.
Satzungen, Handbuch 1908 usw.
Flugschrift Nr. 8 (Der Alldeutsche Verband, seine Geschichte, seine Bestrebungen
und Erfolge); Alldeutsche Blätter Nr. 26/1908 (enthaltend Jahresbericht).
Allgemeiner Deutscher Schulverein zur Erhaltung des Deutschtums im Auslande, Berlin.
Auskunftsstelle für Koloniale Fragen, Frankfurt a. M.
Berliner Verein für ärztliche Mission in den Kolonien, Berlin.
Mitteilungen 1910 Nr. 5.
Blumenau-Stiftung (zur Förderung und Unterstützung deutscher Schulen in Südbrasilien),
Berlin.
Bureau voor Handelsinlichtingen, Amsterdam.
Amsterdam als Hafen und Handelsstadt.
Cuxhavener Fischereiverein.
Meer und Fischerei Nr. 1—23.
Deutsch-Asiatische Gesellschaft, Berlin.
Satzungen.
Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft, Berlin. |
Werden und Wirken; die Leitung der D. L.-Ges.; Geschäftsbericht der Kolonial-
abteilung 1909.
Deutsche Orient-Gesellschaft, Berlin.
‚Jahresberichte 1903—1908.
Deutsche Tropenmedizinische Gesellschaft.
Verhandlungen vom 6. und 7. April 1909.
Deutscher Frauenverein für Krankenpflege in den Kolonien, Berlin.
Satzungen; Jahresbericht 1907.
Drucksache: Deutscher Frauenverein für Krankenpflege in den Kolonien 1887— 1907.
„Unter dem roten Kreuz“ Nr. 11/1908.
Deutscher Kolonialbund (e. V.), Berlin.
Deutscher Übersee-Verband, Berlin.
Deutsches Bagdadkomitee für Humanitätszwecke, Berlin.
Aufruf und Sonderabdruck aus Rohrbach: „Deutschland unter den Weltvölkern“.
Deutsches Institut für ärztliche Mission, Stuttgart.
Referat vom 19./10.1905; Rundschreiben vom 22./11. 1905; Protokolle vom 15./11.1906,
14./11. 1907, 1./12. 1908; Aufruf zur Gründung des Institutsgebäudes in Tübingen.
Die ärztliche Mission: Jahrg. 1906—1909, 1910 (Nr. 1—5).
Deutschnationaler Kolonialverein, Berlin.
Satzungen; Flugblatt Nr. 1 „Was will der Deutschnationale Kolonialverein“.
Erziehungsanstalt Augustineum, Okahandja (Deutsch-Südwestafrika).
Örientierende Mitteilungen vom 10./1. 1910.
Evangelischer Hauptverein für Deutsche Ansiedler und Auswanderer, Witzenhausen a. d.
Werra.
Auszug aus den Satzungen; Prospekt.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 125
Frauenbund der Deutschen Kolonialgesellschaft, Berlin.
Gesellschaft für wirtschaftliche Ausbildung e. V., Frankfurt a. M.
Geschäftsbericht 1909; Programm für den XII. Fortbildungskursus 17./10.—10./12. 10).
Hilfsverein der deutschen Juden, Berlin.
Geschäftsberichte 1—7; Korrespondenzblatt 1905 Nr. 2, 4—7, 1906 Nr. 1—5, 1907
Nr. 13, 1909 Nr. 1—3.
Institut für Gemeinwohl, Frankfurt a. M.
Geschäftsbericht 1909/10.
Internationale Gesellschaft zur Förderung des kaufmännischen Unterrichtswesens, Bern.
Intern. Zeitschrift für kaufm. Unterrichtswesen Band 16.
Kolonialkriegerdank, eingetr. Verein zur Unterstützung ehemal. Kolonialkrieger der Armee
u. Marine usw., Berlin.
Kolonial-Wirtschaftiiches Komitee, Berlin.
Bericht 1907/08.
Ostasiatischer Verein, Hamburg.
Satzungen; ‚Jahresberichte 1904—1909.
Ostasiatisches Wirtschaftsarchiv zu Tokyo (Japan).
Auskunft über Gründung und Zweck.
St. Raphaels-Verein zum Schutze katholischer Auswanderer (e. V.), Limburg a. d. Lahn.
Satzungen und Empfehlungskarte; St. Raphaelsblatt: 1908 Nr. 1—4: 1909 Nr. 1—4:
1910 Nr. 1—3.
Seemannshaus für Unteroffiziere und Mannschaften der Kaiserl. Marine, G. m. b. H., Kiel.
Ständige Ausstellungskommission für die Deutsche Industrie, Berlin.
Rundschreiben vom 1./4. 1908 ab.
Verein zur Förderung germanischer Einwanderung nach Argentinien, Buenos-Aires.
Verein zur Vorbildung deutscher Ansiedler, e. V., Hohenheim b. Stuttgart.
Satzungen: Aufruf; Anweisung für Ansiedler.
Verkehrsverein Apia, Samoa.
Satzung; Geschäftsordnung; Mitgliederverzeichnis; Jahresbericht 1908/09.
Zentral-Auskunftsstelle für Auswanderer, Berlin.
Geschäftsberiehte 1907/08—1909/10; Statistik vom 1./4. 1907—31./3. 1909.
Zentralverein zur Förderung der wirtschaftlichen Interessen von Rio Grande do Sul
(Brasilien).
Statuten; Bericht vom 1./10. 1907—30./6. 1909.
V. Missionsgesellschaften.
a) Evangelische.
Allgemeiner Evangelisch-Protestantischer Missionsverein, Berlin.
Jahresberichte 1907—1909: Die Kirche 1910 Nr. 30.
Schrameier: Die deutsche Mission in Kiautschou.
Kind: Der Buddhismus und seine Bedeutung.
Rohrbach: Der chinesische Zopf; Der chinesische Fuß.
Berliner Missionsgesellschaft, Berlin.
Satzung; Jahresberichte 1898— 1909.
Berliner Missionsberichte 1909 Nr. 1—12, 1910 Nr. 1—8; Gedenkbüchlein 1910.
Schilling: Die Schlafkrankheit und ihre Bekämpfung.
Der Njaßa-Bote, 6. Jahrgang (1910) Nr. 1—3.
Mission und Pfarramt, 3. Jahrgang (1910) Heft 1, 2.
Central-Ausschuß für die Innere Mission der deutschen evangelischen Kirche, Berlin.
Aufruf vom Oktober 1908, Februar 1909; Jahresberichte 1907—1909.
126 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Deutsche Orient-Mission (E. V.), Potsdam.
Satzungen; Monatsschrift „Der Christliche Orient und die Muhammedaner Mission“
1909 Nr. 1—12, 1910 Nr. 1—7.
Evangelische Brüder-Unität, Berthelsdorf b. Herrnhut.
Missionsblatt der Brüdergemeine 1910 Nr. 1-9; Jahresbericht 1909 (zugleich
Missionsblatt 1910 Nr. 7).
Evangelische Missionsgesellschaft in Basel.
Eppler: Geschichte der Basler Mission 1815—189.
Evangelisches Missions-Magazin 1909 Heft 1, 1910 Heft 1—9.
Der evangelische Heidenbote 1909 Nr. 1, 1910 Nr. 1—9.
Der Heidenfreund 1909 Nr. 1.
Evangelisches Monatsblatt 1909 Nr. 4, 5.
Wandkarte des Missionsgebiets in Kamerun.
Jahresberichte vom 1./7. 1908, 1./7. 1909, 1./7. 1910.
Basler Missionsstudien Heft 22, 28, 34.
Steiner: Unsere Kamerun-Mission; Kamerun als Kolonie und Missionsfeld.
Hauß: Der Pionier der Balimission.
Evangelische Missionsgesellschaft für Deutsch-Ost-Afrika, Bethel b. Bielefeld.
Nachrichten aus der ostafrikanischen Mission: 1909 Nr. 1—12, 1910 Nr. 1—9.
Kindergabe 1909 Januar—Dezember, 1910 Januar— August.
Bete und arbeite Nr. 1. 2.
Berichte aus der Arbeit der Evangelischen Missionsgesellschaft vom 1./4. 1908 bis
1./4. 1909.
E. Johannßen: Bilder aus Ruanda.
Aufbau einer Missionsstation in Ruanda.
Evangelisch-lutherische Mission zu Leipzig.
Jahresberichte 1894—1899, 1901—1909.
Lichtstrahlen im dunkeln Erdteile:
Nr. 1/2: Paesler: Von Mombasa nach dem Kilimandscharo.
Nr. 3 (Kl. Ser.): A. von Lewinski: Neue Dschagga-Märchen.
Nr. 4: A. Hofstätter: Madschame.
Nr. 5: Althaus: Die religiösen Anschauungen und Gebräuche der Wadschagga.
Nr. 10: Raum: Eine Reise nach dem Kilimandscharo.
Nr. 11: Raum: Land und Leute am Kilimandscharo.
E. Müller: Die Beschaffenheit unserer Dschaggachristen.
D. von Schwartz: Mission und Kolonisation in ihrem gegenseitigen Verhältnis.
D. von Schwartz: Karl Segebrock und Ewald Ovir.
H. Adolphi: Am Fuße der Bergriesen Ostafrikas.
Gutmann: Dichten und Denken der Dschagga-Neger.
Jugendbund für Entschiedenes Christentum, Friedrichshagen b. Berlin.
Seesterne Heft 1—10.
Der Missionsbote aus der deutschen Südsee 1908 Nr. 2, 4—7, 1909 Nr. 1—10,
1910-Nr. 110.
Jugendhilfe Nr. 8 (1908).
Pastor C. Paul: Die Mission auf den deutschen Südsee-Inseln.
Missionsgesellschaft der deutschen Baptisten in Kamerun, Steglitz b. Berlin.
Satzungen; Jahresberichte 1905—1909.
Unsere Heidenmission 1908 Nr. 1—12, 1909 Nr. 1—12, 1910 Nr.1—9.
Norddeutsche Missionsgesellschaft, Bremen.
Jahresberichte 1905— 1909.
Bi
Hamburgisches Kolonialinstitut. 12
—]
Monatsblatt 1909, 1910 Januar—September.
Missions-Kinderfreund, 6. Jahrgang (1909) Februar—Dezember, 7. Jahrgang (1910)
Januar— September.
G. Müller: Geschichte der Ewe-Mission.
J. Spieth: Die Eweer, Land und Leute in Togo.
Bremer Missionsschriften Nr. 13, 17, 21--26.
Die Rechtsanschauung der Togoneger und ihre Stellung zum europäischen Gerichts-
wesen, Bremen 1908.
Krankenbehandlung bei den Eweern in Togo, Bremen 1909.
Die mohammedanische Propaganda und die evangelische Mission, Leipzig 1909.
J. Schröder: Handel und Mission (Vortrag).
M. Schlunk: Meine Reise durchs Eweland, Bremen 1910.
Rheinische Missionsgesellschaft (Barmen).
Satzung; Jahresberichte 1905—1909.
„Geschichte der Rheinischen Missionsgesellschaft“, Barmen 1888.
„Die Rheinische Mission im Hererolande“, Barmen 1907.
„Die Bergdamra“, Barmen 1907.
Missionsblatt, Jahrgänge 1908, 1909, 1910 (Januar—September).
Berichte, Jahrgänge 1906—1909, 1910 (Nr. 1—9).
Übersichtskarte der Rheinischen Mission auf Nias.
Verein für evangelische Mission in Kamerun, Stuttgart.
Blätter für die Freunde der Mission Nr. 2—37.
b) Katholische.
Afrika-Verein deutscher Katholiken, Cöln.
Jahresberichte 1907, 1908 (in Zeitschrift .‚Gott will es!““ 1909 Heft 10).
Gott will es! (Zeitschrift) 1908 Heft 9.
St. Benediktus-Missions-Genossenschaft zu St. Ottilien.
St. Ottilien-Missionskalender 1903— 1906, 1909—1911.
Missionsblätter 1908/09 Nr. 1—12, 1909/10 Nr. 1—12.
Kapuziner der Rheinisch-Westfälischen Ordensprovinz. (Mission der Karolinen und Palau-
Inseln.)
Statut; Jahresberichte 1906, 1908, 1909; „Der erste Unterricht auf Jap“; „Katekijmuj
te Patak en lamalam katolik on Joulaü en Ponape kan“; Catalogus ordinis
fratum minorum.
Maristen-Mission, G. m. b. H., Kieta (Südsee).
VI. Kolonialschulen, Hochschulen, wissenschaftliche Institute usw.
Botanische Zentralstelle für die Kolonien am Botanischen Garten und Museum zu
Steglitz-Dahlem.
G. Volkens: Die Botanische Zentralstelle für die Kolonien, ihre Zwecke und Ziele.
Berlin 1907.
Tätigkeit der Botanischen Zentralstelle: 1900, 1901, 1902/03. 1903/04, 1904/05,
1905/06, 1906/07.
R. Pilger: Südwestafrikanische Futtergräser.
Botanischer Garten in Buitenzorg (siehe Departement van Landbouw, Batavia).
Departement van Landbouw in Nederlandsch-Indie, Batavia.
Jaarboek 1907, 1908.
Bulletin du Departement de l’Agrieulture aux Indes Neerlandaises. (Buitenzorg °
Nr. XXI—XLI)
128 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Tweede Overzicht der Schadelijke en Nuttige Insecten van Java door Dr. J.C.
Koningsberger (Batavia 1908).
De Vogels van Java (Dr. J. ©. Koningsberger, Batavia 1909), Deel II.
Dr. Ch. Bernard: Sur quelques Algues Unicellulaires d’eau douce recoltees dans le
Domaine Malais, Buitenzorg 1909.
van Alderwerelt von Rosenbureh: Handbook to the Determination of the Ferns of
the Malayan Islands (Correceting Sheet), Batavia 1909.
Dr. J. Dekker: Voederstoffen, Scheikundige Studiön betreffende de Voeding der
Paarden in Indie en Monographisch- Overzicht der Nederlandsch-Indische Voeder-
middelen, Batavia 1909.
Dr. P.N. van Kampen: De Hulpmiddelen der Zeevisscherij, op Java en Madoera in
eebruik, Batavia 1909.
Deutsche Ansiedlerschule in Hohenheim b. Stuttgart
(siehe unter IV. Verein zur Vorbildung deutscher Ansiedler).
Deutsche Kolonialschule, G. m. b. H., Witzenhausen a. d. Werra.
Prospekte.
Der deutsche Kulturpionier: 8. Jahrg. (1907/08) Nr. 3, 4, 9. Jahre. (1908/09) Nr. 2, 3,
10. Jahrg. (1909/10) Nr. 1.
Deutsche Kolonialschule in Windhuk (G. m. b. H.), Windhuk.
Deutsche Medizinschule und Deutsche Vorschule in Shanghai, Berlin.
Handelshochschule Berlin.
Binz: Ursprung und Entwicklung der chemischen Industrie.
Duncker: Der deutsche Kaufmann und die koloniale Expansion der Völker West-
europas.
Handelshochschule Leipzig.
Jahresbericht 1908/09; Vorlesungsverzeichnisse Sommer 1909 und Winter 1909/10.
Kaiserl. Biolog. Landwirtschaftl. Institut in Amani.
Mitteilungen Nr. 1—10 und 12—33.
Berichte über Land- und Forstwirtschaft I. 1, 3, 5, 6,7. I. 1-8. II. 1—4.
DerPflanzer. 1.1 25. IE 232 11T I NV Na:
Jahresbericht 1907/08.
Nachweis über die in D. OÖ. A. vorhandenen Privatpflanzungen (Stand vom 1.4. 05).
Eichelbaum: Pilzflora des Ostusambaragebirges.
Mitteilungen von der Meteorologischen Hauptstation über Regenzeiten in D. 0. A.
Sonderabdruck aus „Der Papier-Fabrikant“ Heft 48 (1908).
Kaiserliche Gouvernements-Schule zu Tsingtau.
7. Jahresbericht (Schuljahr 1909/10).
Kolonial-Akademie zu Halle a. S.
Satzungen nebst Programm.
Öffentliche Handelslehranstalt zu Leipzig.
Bericht für das 78. Schuljahr (1908/09).
Dr. Henrici: Kolonialwirtschaftliche Aufgaben des deutschen Kaufmanns, Leipzig 1908.
W. Reuter: Das kaufmännische Unterrichtswesen in Frankreich, Leipzig 1909.
Pharmazeutisches Institut der Universität, Berlin.
Arbeiten aus dem Institut, 6. Bd. (1908).
Seminar für Orientalische Sprachen, Berlin.
Mitteilungen des Seminars, Jahrg. 1—12.
Mitteilungen des Archiv für das Studium deutscher Kolonialsprachen, Band 1—12.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 129
Städtisches Friedrichs-Polytechnikum, Cöthen in Anhalt.
Das Polytechnikum, Cöthener Akademische Blätter, 1. Jahrg. (1908/09) Nr. 1-24,
2. Jahrg. (1909/10) Nr. 1—22: Festschrift zum Städtetag der Provinz Sachsen
und des Herzogtums Anhalt zu Cöthen vom 9.—11. Juni 1909.
Vorlesungsverzeichnis Sommer 1910.
Vereinigung für staatswissenschaftliche Fortbildung zu Berlin.
Studienplan 1909/10.
Harms: Beamtentum und -staat.
Programm für die Studienreise nach Österreich-Ungarn (20.—30. Nov. 1909).
C. Zeitungen und Zeitschriften.
(Die mit einem * versehenen Zeitungen usw. werden zerschnitten und die einzelnen Artikel
systematisch geordnet.)
1. In Deutschland erscheinende.
Afrika-Post (Hamburg).
Zeitschrift für Deutsche Interessen in Afrika, erscheint 2mal monatlich. 22. Jahre.
(1909) Nr. 1 und folgende.
Allgemeine Missions-Zeitschrift (Berlin).
Monatshefte für geschichtliche und theoretische Missionskunde (Herausgeber Prof.
D. G. Warneck, Halle a. d. S.) 37. Jahrg. (1910). 1. Heft und folgende.
Beiträge zur Kolonialpolitik und Kolonialwirtschaft (Berlin).
Herausgegeben von der Deutschen Kolonialgesellschaft. 1.—5. Jahrg. (1899—1903).
Erscheinen seit 1904 als „Zeitschrift für Kolonialpolitik, Kolonialrecht und
Kolonialwirtschaft“.
Berlin-Hamburger Kolonial-Kursbericht.
Herausgegeben durch das Deutsche Kolonialkontor G. m. b. H., Hamburg, erscheint
jeden Sonnabend. 1. Jahrg. (1909/10) Nr. 1 und folgende.
Bibliographie der Deutschen Naturwissenschaftlichen Literatur (Berlin).
Herausgegeben im Auftrage des Reichsamts des Innern vom Deutschen Bureau der
internationalen Bibliographie in Berlin. XIV. Band 1910 Nr. 1 und folgende.
Deutsche Erde (Gotha).
Zeitschrift für Deutschkunde, jährlich $S Hefte. 8. Jahrg. (1909) 1. Heft und folgende.
Deutsche Export-Revue (Berlin).
Eine Wochenzeitung für Export-Politik. 9. Jahrg. (1909) Nr. 1 und folgende.
Deutsche Export-Revue (Berlin).
Eine Halbmonatsschrift für den deutschen Export. 8. Jahrg. (1908/09) Nr. 19 und
Der Deutsche Kaufmann im Auslande (Hamburg). folgende.
Erscheint am 20. jed. Mts. 2. Jahrg. (1909) Nr. 1 und folgende.
Deutsche Kolonialpost (Linsenhofen-Stuttgart).
Erscheint monatlich einmal. 4. Jahrg. (1909) Nr. 1 und folgende.
*Deutsche Kolonialwerte (Berlin).
Zeitschrift für Finanz-, Industrie- und Handelssachen in den deutschen Kolonien,
erscheint am 1. und 15. jed. Mts. 2. Jahrg. (1909) Nr. 1 und folgende.
Deutsche Kolonialzeitung (Berlin).
Organ der Deutschen Kolonialgesellschaft, erscheint wöchentlich. 3, Jahrg. (1890)
Nr.1 und folgende.
*Deutsche Post (Berlin-Schöneberg).
Nachriehten und Mitteilungen von deutscher Arbeit außerhalb des Reiches.
8)
130 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Die Deutschen Kolonien (Berlin).
Monatsschrift des Deutschnationalen Kolonialvereins. 8. Jahre. (1909) Nr. 1 und
folgende.
Deutsches Kolonialblatt (Berlin).
Amtsblatt für die Schutzgebiete in Afrika und in der Südsee, herausgegeben im
Reichskolonialamt, erscheint am 1. u. 15. jed. Mts. 1. Jahrg. (1890) Nr. 1 und
folgende.
Das Deutschtum im Ausland (Berlin).
Vierteljahrshefte des Vereins für das Deutschtum im Ausland (Alle. Deutscher
Schulverein) E. V. Heft 1 (Sept. 1909) und folgende.
Der Elbwart (Hamburg).
Herausgegeben vom Reichstagswahl-Verein von 1884 zu Hamburg, erscheint am 1. u.
15. jed. Mts. 1. Jahrg. (1910) Nr. 1 und folgende.
Die Evangelischen Missionen (Gütersloh).
Illustriertes Familienblatt, herausgegeben von D. Jul. Richter, erscheint monatlich.
16. Jahrg. (1910) Heft 1 und folgende.
Export (Berlin).
Organ des Öentralvereins für Handelsgeographie und Förderung deutscher Interessen
im Auslande, erscheint jeden Donnerstag. 31. Jahrg. (1909) Nr. 1 und folgende.
Gordian (Hamburg).
Zeitschrift für die Kakao-, Schokoladen- u. Zuckerwaren-Industrie usw., erscheint
mal im Monat. 16. Jahrg. (1910) Nr. 361 und folgende.
*Graf’s Finanz-Chronik (Berlin).
Zeitschrift für Finanz- und Versicherungs-Praxis, erscheint wöchentlich. 11. Jahre.
(1909) Nr. 1 und folgende.
Gummi-Zeitung (Berlin).
Fachblatt für die Gummi-, Guttapercha- und Asbest-Industrie, Organ für den ge-
samten chirurg., techn. u. elektrotechn. Handel, erscheint wöchentlich. 24. Jahrg.
(1909/10) Nr. 1 und folgende.
Koloniale Rundschau (Berlin).
Monatsschrift für die Interessen unserer Schutzgebiete und ihre Bewohner. 1. Jahrg.
(1909) Heft 1 und folgende.
Koloniale Zeitschrift (Berlin).
Erscheint wöchentlich. 10. Jahrg. (1909) Nr. 1 und folgende.
Kolonie und Heimat in Wort und Bild (Berlin).
Unabhängige koloniale Zeitschrift, Organ des Frauenbundes der Deutschen Kolonial-
gesellschaft, erscheint wöchentlich, 2. Jahrg. (1908/09) Nr. 1 und folgende.
Loesers Berichte (Fachblatt) für Keramik, Glas und verwandte Gebiete (Halle a. d. S.).
Erscheinen am Ende jed. Mts. 2. Jahrg. (1910) Heft 7 und folgende.
Mitteilungen aus den deutschen Schutzgebieten (Berlin).
Beiheft der Zeitschrift „Deutsches Kolonialblatt“, erscheint mindestens einmal
vierteljährlich. 1. Band (1888) 1. Heft und folgende.
*Nachrichten für Handel und Industrie (Berlin).
Zusammengestellt im Reichsamt des Innern. . |
Neue Nachrichten aus der Heidenmission (Bornhagen).
Herausgegeben von P. Fricke in Bornhagen, erscheint am 15. jed. Mts. Nr. 117
(15. Juni 1910) und folgende.
Für Sonne, Tropen und Kokosnuß (Weinböhla i. Sa.).
Zeitschrift für den Gottesdienst der Tat und für die Unsterblichkeit. 1. Jahrg.
(1909) Nr. 1 und folgende.
Hamburegisches Kolonialinstitut. 131
Der Tropenpflanzer (Berlin).
Zeitschrift für Tropische Landwirtschaft, Organ des Kolonial-Wirtschaftlichen
Komitees, erscheint monatlich. 1. Jahre. (1897) Heft 1 und folgende.
Beihefte zum Tropenpflanzer (Berlin).
Wissenschaftliche und praktische Abhandlungen über tropische Landwirtschaft,
erscheinen monatlich. Band I (1900) Nr. 1 und folgende.
*Übersee (Hamburg).
Wirtschaftliche Beilage des Hamburgischen Correspondenten für die deutsch-über-
seeischen Interessen, erscheint wöchentlich. 2. Jahrg. (1908) Nr. 45 und folgende.
Verordnungsblatt für das Kiautschougebiet (Berlin).
Beilage zum Marineverordnungsblatt. herausgegeben vom Reichs-Marine-Amt.
Jahrg. 1909 Nr. 1 und folgende.
Zeitschrift für Kolonialpolitik, Kolonialrecht und Kolonialwirtschaft (Berlin).
Herausgegeben von der Deutschen Kolonialgesellschaft, erscheint monatlich.
1.5. Jahrg. (1899—1903: Beiträge zur Kolonialpolitik und Kolonialwirtschaft),
6. Jahrg. (1904) Heft 1 und folgende.
2. In den deutschen Kolonien erscheinende.
Amtlicher Anzeiger für Deutsch-Ostafrika (Daressalam).
Herausgegeben vom Kais. Gouvernement von Deutsch-Ostafrika. Jahrg. 1906
NN 1 7, 9719, 2228,.1909 Ne: I und folgende.
Amtsblatt für das Schutzgebiet Kamerun (Buea).
Herausgegeben vom Kais. Gouvernement in Buea, Ausgabe in der Regel am
1. und 15. jed. Mts. _1. Jahrg. (1908) Nr. 1 und folgende.
Amtsblatt für das Schutzgebiet Togo (Lome).
Herausgegeben vom Kais. Gouvernement in Lome, erscheint jeden Sonnabend.
1. Jahrg. (1906) Nr. 1 und folgende.
Amtsblatt für das Schutzgebiet Deutsch-Südwestafrika (Windhuk).
Herausgegeben vom Kais. Fouvernement in Windhuk, Ausgabe in der Regel am
1. und 15. jed. Mts. 1. Jahrg. (1910) Nr. 1 und folgende.
Amtsblatt für das Schutzgebiet Deutsch-Neuguinea (Rabaul).
Herausgegeben vom Kais. Gouvernement in Rabaul, Ausgabe in der Regel am
1. und 15. jed. Mts. 1. Jahrg. (1909) Nr. 1 und folgende.
Amtsblatt für das Deutsche Kiautschou-Gebiet (Tsingtau).
Herausgegeben vom Kais. Gouvernement Kiautschou. 3. Jahrg. (1902) Nr. 1
Deutsch-Ostafrikanische Rundschau (Daressalam). [und folgende.
Erscheint 1—2mal wöchentlich. 2. Jahre. (1909) Nr. 1 und folgende.
Deutsch-Ostafrikanische Zeitung (Daressalam).
Publikationsorgan der Wirtschaftl. Vereinigung von Daressalam und Hinterland,
des Landwirtschaftl. Vereins und des Wirtschaftl. Vereins Lindi.
Erscheint zweimal wöchentlich. 11. Jahrg. (1909) Nr. 1 und folgende.
Deutsch-Südwestafrikanische Zeitung (Swakopmund).
Erscheint zweimal wöchentlich. 7. Jahre. (1905) Nr. 1 und folgende.
Der Farmer (Windhuk).
Mitteilungen über Farm-, Garten-, Forstwirtschaft und Bergbau, erscheint durch-
schnittlich einmal im Monat als Beilage der Windhuker Nachrichten. 2. Jahrg.
(1909) Nr. 1 und folgende.
Kiautschou-Post (Tsingtau).
Unparteiisches Wochenblatt für die deutschen Interessen im fernen Osten, erscheint
wöchentlich. 2. Jahrg. (1909) Nr. 1 und folgende.
132 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Lüderitzbuchter Zeitung (Lüderitzbucht).
Erscheint wöchentlich. 1. Jahrg. (1909) Nr. 1 und folgende
Der Ostafrikanische Pflanzer (Daressalam).
Zeitschrift für tropische Agrikultur und koloniale Volkswirtschaft, erscheint einmal
wöchentlich. 1. Jahrg. (1909) Nr. 1 und folgende.
Der Pflanzer (Tanga).
Ratgeber für tropische Landwirtschaft, herausgegeben vom Biolog. Landwirtschaftl.
Institut Amani. 1. Jahrg. (1905) Nr. 1 und folgende.
Samoanische Zeitung (Apia).
Erscheint jeden Sonnabend. 9. Jahrg. (1909) Nr. 2 und folgende.
Samoanisches Gouvernements-Blatt (Apia).
Herausgegeben vom Kais. Gouvernement. Band III Nr. 2—8, 11—73 (1900—1908),
Nr. 74 (1909) und folgende.
Tsingtauer Neueste Nachrichten (Tsingtau).
Erscheint täglich. 6. Jahrg. (1909) Nr. 5 und folgende.
Usambara-Post (Tanga).
Unabhängiges Organ für die wirtschaftlichen Interessen von Deutsch-Ostafrika und
„Küstenbote vom Norden“, Veröffentlichungsstelle für Bekanntmachungen der
Kaiserlichen Behörden, erscheint wöchentlich. 8. Jahrg. (1909) Nr. 1 und folgende.
Windhuker Nachrichten (Windhuk).
Unabhängige Zeitung für Deutsch-Südwestafrika, erscheint 2mal wöchentlich.
6. Jahrg. (1909) Nr. 1 und folgende.
Im Auslande erscheinende.
w
a) in deutscher Sprache.
Kolonial-Zeitung (Wien).
Offizielles Organ der österreichisch-ungarischen Kolonial-Gesellschaft, erscheint
14tägig. 46. Jahre. (1909) Nr. 1 und folgende.
Nachrichten zur landwirtschaftlichen Statistik (Rom).
Saatenstands- und Erntebericht, herausgegeben vom Internationalen Landwirtschafts-
institut in Rom, erscheint monatlich. 1. Band (1910) Nr. 1 und folgende.
Ostasiatische Lehrerzeitung (Shanghai).
Organ zur Förderung des deutschen Unterrichts in Ostasien, erscheint vierteljährlich.
1. Jahrg. (1910) 1. Heft und folgende.
Der Ostasiatische Lloyd (Shanghai).
Organ für die deutschen Interessen im fernen Osten, erscheint wöchentlich. 23. Jahre.
(1909) Nr. 1 und folgende.
Der Urwaldsbote (Blumenau).
Deutsche Zeitung in Blumenau, Staat Santa Uatharina, Brasilien, erscheint wöchent-
lich zweimal. 16. Jahrg. (1908/09) Nr. 61 und folgende.
b) Fremdsprachliche.
The African Mail (Liverpool).
An independent Organ representing tlıe commercial, industrial and political interests
of West-Africa generally, erscheint wöchentlich. 2. Jahrg. (1908/09) Nr. 53
und folgende.
L’Afrique Francaise (Paris).
Bulletin mensuel du Comite de l’Afrique Francaise et du Comite du Maroc.
19. Jahrg. (1909) Nr. 1 und folgende.
Hambureisches Kolonialinstitut. 133
L’Agricoltura Coloniale (Florenz).
Organo dell’ Istituto Agricolo Coloniale Italiano e dei Servizi agrari dell’ Eritrea
e della Somalia Italiana, erscheint 6mal jährlich, seit Juli 1910 monatlich.
Jahrg. III (1909) Nr. 1 und folgende.
Bollettino della Societa Africana d’Italia (Neapel).
Periodico Mensile. 28. Jahrg. (1909) Heft 1 und folgende.
Bulletin de Colonisation comparee (Brüssel).
Erscheint am 20. jed. Mts. Jahrg. 1910 Nr. 1 und folgende.
Bulletin de la Societe Belge d’Etudes Coloniales (Brüssel).
Erscheint monatlich. 17. Jahre. (1910) Nr. 1 und folgende.
Bulletin de l’office colonial.
2. Jahrg. (1908/09) Nr. 13 und folgende.
Bulletin officiel du Congo belge (Brüssel).
2. Jahrg. (1909) Nr. 1 und folgende.
Bulletin of the Imperial Institute (London).
Erscheint vierteljährlich. Band VII (1909) Nr. 1 und folgende.
Central Africa (London).
A monthly record of the Work of the universities’ mission. 27. Jahrg. (1909)
Nr. 313 und folgende.
La Depeche Coloniale (Paris).
Journal quotidien. 17. Jahrg. (1909) Nr. 4019 und folgende.
La Depeche Coloniale illustree (Paris).
Erscheint zweimal monatlich. 9. Jahrg. (1909) Nr. 1 und folgende.
Diplomatie and Consular Reports (London).
Edited at the Foreien Office and the Board of Trade. Nr. 4178 (Januar 1909)
und folgende.
L’Expansion Coloniale (Marseille).
Bulletin de l’Institut Colonial Marseillais, erscheint am 1. jed, Mts. 4. Jahrg.
(1910) Nr. 30 und folgende.
The Japan Times (Tokyo).
Erscheint täglich. Jahrg. 1910 Nr. 4027 und folgende.
De Indische Mercuur (Amsterdam).
Weekblad voor Handel, Landbouw, Nijverheid en Mijnwesen in Nederlandsch Oost-
en West-Indie. 32. Jahrg. (1909) Nr. 1 und folgende.
Journal d’Agriculture Tropicale (Paris).
(Agricole, scientifique et commercial), erscheint monatlich, 9. Jahrg. (1909)
Nr. 91 und folgende.
Journal of the Royal Colonial Institute (London).
Erscheint monatlich, seit Januar 1910 als „United Empire“. Session 1908—1909
Neal 9:
The London and China Express (London).
Published weekly for despateh to China, Japan, Philippines, Siam, Borneo, Java,
Straits Settlements, ete. Band LII (1910) Nr. 2422 und folgende.
The North-China Herald (Shanghai).
Erscheint wöchentlich. Band XCVI (1910) Nr. 2213 und folgende.
La Presse Coloniale (Paris).
Journal quotidien, Organe de Defense des Interets Coloniaux. 4. Jahrg. (1909)
Nr, 902 und folgende,
10
134 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Questions Diplomatiques et Coloniales (Paris).
tevue de Politique Exterieure, erscheint am 1. und 16. jed. Mts. 13. Jahrg.
(1909) Nr. 285 und folgende.
La Quinzaine Coloniale (Paris).
Organe de l’Union Coloniale Francaise, erscheint am 10. und 25. jed. Mts. 13. Jahrg.
(1909) Nr. 1 und folgende.
South Africa (London).
A weekly Journal for all interested in South African affairs. Band 81 (1909)
Nr. 1045 und folgende.
The Tropical Agriculturist (Colombo, Ceylon)
and Magazine of the Ueylon Agricultural Society, erscheint am 15. jed. Mts. Band 32
Nr. 1 (Januar 1909) und folgende.
United Empire (London).
The Royal Colonial Institute Journal, erscheint monatlich. Band 1 (New-Series)
Nr. 1 (Januar 1910) und folgende.
Abgeschlossen am 30. September 1910.
Bericht über das dritte Studienjahr.
Wintersemester 1910/11. — Sommersemester 1911.
Erstattet von
Professor Dr. K. Rathgen,
Vorsitzendem des Professorenrats,
und
Geheimem Regierungsrat Dr. Stuhlmann,
Generalsekretär der Zentralstelle,
Inhaltsverzeichnis
Seite
I. Allgemeines
Mar SEITEN EEE EEE ER PORN EHEN ELEE 139
2 Stmlien- und. Rorschungsreisen 2. „dann anregen. 140
SV HIT ERENCHUBBENN..1. or ee ae Se a ... 142
ie DasıneuenViorlesunssgehäude u... a. 2:2 2... er nee 142
5. Teilnahme an Versammlungen, auswärtige Besucher usw. ....... 143
II. Hochschule
Ir ALERT STE Sat A Nee ae RE RN 145
2. Wissenschaftliche Anstalten und Seminare .............:.222... 149
Se ÜLGKEHrIeITE Seesen en erh 161
(Vorlesungen des Wintersemesters 1910/11 S. 164,
r „ Sommersemesters 1911 „ 168)
Übersicht über den Lehrstoff des dritten Studienjahres (Berichte
DER DROZE ET ee re kan 172
Statistik über den Besuch der Vorlesungen .................. 206
RIND ERATBEIDENE EN en ee See ee‘ 211
AS Floneraunle HOSpinambErmes nn ee ee 213
III. Die Zentralstelle
Allgemeines über die Tätigkeit im Berichtsjahre .................. 218
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*
I
=
I. Allgemeines,
1. Verwaltung.
Das Kolonialinstitut untersteht unmittelbar dem Senate, der einen
Kommissar für die Leitung des Instituts bestimmt. Senatskommissar
ist zurzeit Herr Senator Dr. W. von Melle, Präses der Oberschulbehörde,
der die Wissenschaftlichen Anstalten und das Allgemeine Vorlesungswesen
zugehören, und Vorsitzender des Kuratoriums der Hamburgischen Wissen-
schaftlichen Stiftung. Dezernent für das Institut ist der Rat der Ober-
schulbehörde, Herr Dr. Förster.
Die Interessen der beiden Reichsämter werden durch Kommissare
rahrgenommen, die den Senatskommissar beraten. Das Reichskolonialamt
ist vertreten durch den Geheimen Oberregierungsrat Dr. Schnee, das Reichs-
marineamt durch den Wirklichen Admiralitätsrat Professor Dr. Köbner.
Den Kaufmännischen Beirat bilden die Herren Max M. Warburg,
in Firma M. M. Warburg & Co., Vorsitzender, F. ©. Paul Sachse und
Edward Woermann, der am 31. Januar 1911 an die Stelle von Herrn
Justus Strandes trat.
Die Verwaltung aller mit der Lehrtätigkeit an der Hochschule
zusammenhängenden Angelegenheiten liegt in den Händen des Protes-
sorenrats, dem die dauernden Vertreter der Hauptfächer sowie der
Leiter des Instituts für Schiffs- und Tropenkrankheiten angehören.
Der Professorenrat wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden, der
ihn nach außen vertritt und den geschäftlichen Verkehr mit dem Senats-
kommissar, in den Angelegenheiten der vom Reichskolonialamt entsandten
Hörer auch mit dem Reichskommissar führt, ferner einen stellvertretenden
Vorsitzenden und einen Schriftführer. Die Amtszeit der gewählten Herren
beträgt 2 Jahre. Sie bilden den Ausschuß des Professorenrats, dem
die Erledigung der laufenden Geschäfte, die Leitung der Immatrikulationen,
endlich die Disziplinarangelegenheiten obliegen.
140 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Den Ausschuß des Professorenrats bilden nach der am 15. Juni 1910
vorgenommenen Wahl die Herren:
Professor Dr. Ä. Rathgen, Vorsitzender,
Professor Dr. @. T’hilenius, stellvertretender Vorsitzender,
Professor Dr. K. Perels, Schriftführer.
Die Zentralstelle des Instituts ist dem Senatskommissar in gleicher
Weise unterstellt wie der Professorenrat. Sie hat die Aufgabe, die Ver-
bindung des Instituts mit den kolonialen Interessenten in der Heimat
und Übersee — in erster Linie in den Deutschen Schutzgebieten —
anzubahnen und zu pflegen, diesen gewünschte Auskünfte zu geben,
den Dozenten und den mit dem Institut in Verbindung stehenden ham-
burgischen wissenschaftlichen Anstalten Informationen und Materialien
für Lehr- und Studienzwecke zu verschaffen und endlich eine Sammlung
von Informationen über die wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Ver-
hältnisse in den Kolonien anzulegen.
Der Senatskommissar ist befugt, sich in den Angelegenheiten der
Zentralstelle des Kolonialinstituts direkt an die Gouvernements in den
Kolonien zu wenden und deren Mitwirkung für die Arbeiten des Kolonial-
instituts zu erbitten. Das Reichskolonialamt hat die hierfür erforder-
lichen Anordnungen erlassen und die Gouvernements angewiesen, daß
diese und die ihnen unterstellten Beamten sich in einschlägigen Fragen
unmittelbar an die Zentralstelle des Kolonialinstituts wenden und deren
Zwecke fördern. Insbesondere hat das Reichskolonialamt dafür Sorge
getragen, daß die für Lehr- und Forschungszwecke erforderlichen oder
wünschenswerten Sammlungsgegenstände und Materialien aus den Kolonien,
soweit irgend möglich, beschafft und der Zentralstelle zur Verfügung
gestellt werden.
Die Zentralstelle wird von dem Generalsekretär Geheimrat
Dr. F. Stuhlmann geleitet, den die wissenschaftlichen Mitarbeiter Kaiser!.
Regierungsrat A. Zache und Dr. phil. Waltz unterstützen.
2. Studien- und Forschungsreisen.
Die praktischen Ziele des Unterrichts können nicht auf allen Ge-
bieten ausreichend verfolgt werden, wenn die Dozenten auf die Literatur
und die Ergebnisse der schriftlichen Anfragen in den Kolonien und
anderen überseeischen Ländern beschränkt bleiben. Zumal auf dem
Gebiete der Kolonialwirtschaft ist die persönliche Anschauung für den
Dozenten unentbehrlich, der der raschen Entwicklung folgen will. Auf
der andern Seite führt gerade der Unterricht zu Fragen, die an Ort
und Stelle beantwortet werden müssen, und Anregungen zu eignen
Untersuchungen, die in der Heimat nicht vollständig durchgeführt werden
Hamburgisches Kolonialinstitut. 14]
können. Schließlich ist es eine natürliche Aufgabe des Kolonialinstituts
und der mit ihm verbundenen Wissenschaftlichen Anstalten, an der Er-
forschung und Erschließung der Kolonien selbständig mitzuwirken. So
ergab sich aus verschiedenen Gesichtspunkten die Notwendigkeit von
Studienreisen.
Ende Februar reiste Herr Professor Dr. Becker mit staatlicher Unter-
stützung nach Ägypten, um in Kairo an der Zentralstelle der islamischen
Bildung die neueren Strömungen im Islam zu studieren und frühere Studien
über die englische Verwaltung Ägyptens zu ergänzen. Obwohl die Reise
aus privaten Gründen früher als beabsichtigt abgebrochen werden mußte,
konnten erfreuliche Resultate mit nach Hause gebracht werden, von
denen einige bereits in der Zeitschrift „Der Islam“ Bd. II veröffentlicht
worden sind.
Die im vorigen Bericht angekündigte Reise von Herrn Dr. Lindinger,
wissenschaftlichem Hilfsarbeiter an der Station für Pflanzenschutz, nach
den Kanarischen Inseln hat dieser ausgeführt. Sie diente hauptsächlich
dem Studium der Lebensbedingungen des auf den Kanaren heimischen
Drachenbaumes und der Frage, ob seine Einführung in Deutsch-Süd-
westafrika möglich sei, wo er wegen seiner fleischigen, wasserreichen
Blätter für die Viehhaltung und somit für die wirtschaftliche Entwicklung
von großer Bedeutung werden kann. Die Ergebnisse seiner Forschungen
hat Herr Dr. Lindinger in Band VI der Abhandlungen des Kolonial-
instituts niedergelegt.
Die von dem Direktor der Schlachthof- und Viehmarktverwaltung
Herrn Dr. Neumann zum Studium der Viehzucht nach Deutsch-Süd-
westafrika geplante Reise mußte wegen der Bedrohung des hiesigen
Marktverkehrs durch die Maul- und Klauenseuche, die die längere Ab-
wesenheit des Direktors von Hamburg nicht gestattete, auf einen späteren
Termin verschoben werden.
Von ‚Januar bis Mitte Mai weilte Herr Professor Dr. Vorgt, Vorstand
des Laboratoriums für Warenkunde der Botanischen Staatsinstitute, in West-
afrika, wo sich ihm Gelegenheit geboten hat, die dortigen botanischen
Verhältnisse kennen zu lernen. Herr Prof. Dr. Voigt, der im Vorjahre Ost-
afrika besucht hatte, konnte sich nunmehr auch mit den Pflanzungen in
Kamerun und ihren Produktionsbedingungen genauer bekannt machen.
Der wissenschaftliche Assistent‘ am Naturhistorischen Museum,
Herr Professor Dr. Michaelsen, weilt seit Mitte März in Deutsch-Süd-
westafrika zur Ausführung einer zoologisch-biologischen Sammelreise.
Der von der Geographischen Gesellschaft in Hamburg unter-
stützte bisherige Hilfsarbeiter am Geographischen Seminar, Herr Dr. Obst,
trat seine Reise nach Ostafrika im Dezember 1910 an, auf der ihn ein
früherer Hörer des Kolonialinstituts, Herr W. Gutsch, begleitet.
142 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Endlich ist in diesem Zusammenhange noch der Heimkehr der großen
Südsee-Expedition der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung
zu gedenken. Die glücklich und erfolgreich zurückgekehrten Mitglieder
wurden am 24. März 1911 festlich begrüßt.
3. Veröffentlichungen.
Dem ersten im Oktober 1910 herausgegebenen Hefte der im Ver-
lage von L. Friederichsen & Co. in Hamburg erscheinenden Abhand-
lungen des Kolonialinstituts, „Gewerbe und Handwerk in Ostafrika“ von
F. Stuhlmann, haben sich angeschlossen Zoehl: Schambalasprache, Wester-
mann: Die Sudansprachen, _ Plehn: Wasserverwendung und -verteilung
im ariden Westen von Nordamerika, @melin: Die Verfassungsentwicklung
Algeriens, und ZLindinger: Beisestudien auf Tenerife über einige Pflanzen
der Kanarischen Inseln und Bemerkungen über die etwaige Einbürgerung
dieser Pflanzen in Deutsch-Südwestafrika.
Im Druck ist: Zndemann, Sotho-Wörterbuch.
Es sei noch darauf hingewiesen, daß auch die Verlagsbuchhandlung
L. Friederichsen & Co. die Herausgabe dieser Abhandlungen in dankens-
werter Weise dadurch tatkräftig unterstützt, daß sie ein Drittel der
Druckkosten auf ihr eigenes Risiko übernimmt.
4. Das neue Vorlesungsgebäude.
Das wichtigste Ereignis in der Geschichte des Kolonialinstituts im
abgelaufenen Studienjahre war die feierliche Übergabe des Vorlesungsge-
bäudes durch seinen hochherzigen Schenker Herrn Edmund J. A. Siemers
an die Hamburgische Unterrichtsverwaltung am 13. Mai 1911.. Damit
hat auch das Hamburgische Kolonialinstitut ein nach außen hin kennt-
liches Heim erhalten. Es sind damit auch mancherlei Schwierigkeiten des
inneren Betriebes glücklich erledigt.
Als das Kolonialinstitut im Herbst 1908 eröffnet wurde, waren
die Vorbereitungen für den neuen Bau bereits weit gediehen. Aber
zunächst mußte die neue Anstalt sich mit Räumen behelfen, die trotz
aller dankenswerten Fürsorge vielfach einen recht provisorischen und
unvollkommenen Charakter hatten und vor allem über ein weites Stadt-
gebiet zerstreut lagen. Im .Johanneum, in der Domstraße, im Verwaltungs-
eebäude in der Dammthorstraße, in den Museen und den naturwissen-
schaftlichen Instituten zersplitterte sich äußerlich der Betrieb, was zum
mindesten mit viel Zeitverlust und mancher Unbequemlichkeit für die
Verwaltung wie für Dozenten und Hörer verbunden war.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 143
e
Der neue stattliche Bau vereinigt jetzt die Hörsäle und die Seminare
mit der Zentralstelle des Kolonialinstituts und den Verwaltungsbureaus
unter einem Dache in zweckmäßigen hellen und schönen Räumen, was der
gemeinsamen Arbeit in jeder Beziehung förderlich sein wird.
5. Teilnahme an Versammlungen, auswärtige Besucher usw.
Wie im Vorjahre an der Ausstellung der Deutschen Landwirtschafts-
Gesellschaft, so beteiligte sich in diesem Jahre das Kolonialinstitut in
umfassender Weise an der kolonialen Abteilung der großen Hyeiene-
Ausstellung in Dresden, an deren Erfolg die Mitwirkung des Instituts
für Schiffs- und Tropenkrankheiten, der Botanischen Staatsinstitute sowie
des Museums für Völkerkunde einen wesentlichen Anteil hatte.
Auf der im ‚Juni 1911 in Cassel veranstalteten Wanderausstellung
der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft wurden Hölzer aus Deutsch-
Ostafrika und graphische Darstellungen über die europäischen Pflanzungen
in den tropischen Schutzgebieten ausgestellt, die den Beständen der
Botanischen Staatsinstitute entnommen oder von ihnen angefertigt waren.
Im Februar 1911 besuchte der Ausbildungskursus der Berliner
Gesellschaft für staatswissenschaftliche Fortbildung Hamburg
zum Studium der Einrichtungen des hiesigen Handels. Den einleitenden
Vortrag über die Bedeutung des Hamburger Handels für die deutsche
Volkswirtschaft hielt in Berlin am 10. Februar Professor Dr. Rathgen.
Das Institut Colonial International tagte in diesem Jahre in
Deutschland, und zwar in Braunschweig vom 19.—22. April. Von den
hiesigen Mitgliedern nahmen die Herren Rathgen, Stuhlmann und Thilenzius
an den Verhandlungen teil.
Von den sonstigen zahlreichen, von Mitgliedern des Kolonialinstituts
innerhalb und außerhalb Hamburgs gehaltenen Vorträgen seien wegen
ihrer kolonialen Bedeutung nur der von Professor Dr. Decker am
6. Mai 1911 in der Londoner Abteilung der Deutschen Kolonialgesell-
schaft über den Islam und die Kolonisierung Afrikas gehaltene genannt,
sowie die Vorträge von Professor Meinhof im Oktober 1910 im Verein
für ärztliche Mission in Frankfurt a. M. über die Notwendigkeit des
Sprachenlernens für den Missionsarzt und am 16. November 1910 in
Dresden über Christentum und Naturrelieion in einer gemeinschaftlichen
Sitzung der dortigen Abteilung der Deutschen Kolonialgesellschaft und
der evangelischen Missionsvereinigung junger Männer.
Von ganz besonderer Bedeutung für die kolonialwissenschaftliche
Forschung war der vom 5.—8. Oktober 1910 tagende Dritte Deutsche
Kolonialkongreß in Berlin, zu dessen Veranstaltern das Hamburgische
Kolonialinstitut gehörte. Schon an der Vorbereitung zu dieser großen
144 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Veranstaltung waren verschiedene Mitglieder des Hamburgischen Kolonial-
instituts beteiligt gewesen. An den Verhandlungen selbst beteiligten sie
sich in großer Zahl. Vorträge hielten die Herren Decker, Meinhof, Nocht,
Rathgen und Stuhlmann.
Das Kolonialinstitut war ferner vertreten bei den folgenden Ver-
anstaltungen:
10.—12. Oktober 1910: Jubiläum der Berliner Universität (Prof. Dr.
Marcks und Prof. Dr. Rathgen).
1. Dezember 1910: Hauptversammlung der Deutschen Kolonialgesellschaft
in Elberfeld (Prof. Dr. Perels).
20.—21. März 1911: 3. Deutscher Seeschiffahrtstag in Berlin (Prof. Dr.
Perels).
9. Juni 1911: Hauptversammlung der Deutschen Kolonialgesellschaft
in Stuttgart (Prof. Dr. Perels).
11.—12. Juni 1911: Jubiläum der Norddeutschen Missionsgesellschaft
in Bremen (Prof. Dr. Becker).
Ende Juni 1911: Internationale Kautschukausstellung in London
(Prof. Dr. Voigt).
30. August—2. September 1911: Internationaler Laryngo-Rhinologen-
Kongreß in Berlin (Dr. Panconcelli-Calzia).
3.—8. September 1911: Internationale Vereinigung für vergleichende
Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre in Heidelberg
(Prof. Dr. Perels).
7.—9. Oktober 1911: 25jähriges Jubiläum der kgl. flämischen Akademie
in Gent (Prof. Dr. Borchling).
Das Kolonialinstitut war regelmäßig vertreten bei den Sitzungen
des Kolonialwirtschaftlichen Komitees und der Kolonialabteilung der
Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft, meistens durch Herrn Geheimrat
Dr. Stuhlmann.
In dem Maße, wie das Kolonialinstitut bekannter geworden ist,
hat sich auch die Zahl der Besucher vermehrt, welche seine Einrichtungen
kennen lernen wollen.
Von den zahlreichen inländischen Besuchern seien vor allem
Se. Hoheit der Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg, Regent von
Braunschweig, Präsident der Deutschen Kolonialgesellschaft, genannt
(27. August 1911), ferner der leider inzwischen verstorbene Unterstaats-
sekretär im Reichs-Kolonialamt Herr Dr. Böhmer und dessen Nachfolger,
der frühere Ministerialdirektor im Reichs-Kolonialamt Herr Dr. Conze.
Bei den ausländischen Besuchern wurde klar, wie lebhaft heute in
der ganzen Welt koloniale Studien die Aufmerksamkeit auf sich ziehen
und neben der Forschung die Fragen der Organisation des kolonialen
Unterrichts, insbesondere auch in den kolonialen Sprachen, und die
Hamburgisches Kolonialinstitut. 145
Methoden der Sammlung und Ordnung des ungeheuer werdenden Tat-
sachenmaterials die besten Köpfe beschäftigen. Es ist auch bemerkens-
wert, daß nicht bloß aus Staaten, die wie wir Neulinge in der Kolonial-
politik sind, sondern auch aus den alten Kolonialstaaten Besucher kamen,
welche unsere Einrichtungen kennen lernen wollten. So konnten wir
im Kolonialinstitut begrüßen aus England Sir Harry H. Johnston, aus
Frankreich Herrn Prudhomme, Direktor des Jardin Colonial in Nogent
s. M., aus Belgien den Direktor des Kongo-Museums in Tervueren,
Herrn Baron de Haulleville, aus Holland Herrn Dr. Wysman, Professor
in Utrecht und Mitglied des Organisationskomitees des neuen Kolonial-
instituts, aus Japan die Herren Shidehara von der koreanischen und
Tsuchiya von der formosanischen Verwaltung. Bemerkenswert ist auch
das Interesse, das in Missionskreisen an unseren Studien entstanden ist,
und insbesondere dem Seminar für Kolonialsprachen zahlreiche Besucher
aus Deutschland und den deutschen Kolonien, wie aus England, Nord-
amerika, Finnland, Ägypten und Östindien zuführte.
II. Hochschule.
1. Lehrkörper.
Einen schweren Verlust erlitt der Lehrkörper des Kolonialinstituts
durch den Tod des Herrn Prof. Dr. &. Zacharias am 23. März 1911. War er
bei seiner sonstigen reichen und mannigfaltigen Tätigkeit als Dozent des
Kolonialinstituts erst mit Einrichtung der Kurse für Landwirte mehr
hervorgetreten, so war seine Mitwirkung im inneren Leben des Kolonial-
instituts um so eifriger und wirksamer. Von dem Auftauchen des ersten
Planes der neuen Anstalt an, bei der Vorbereitung ihrer Begründung,
bei der immer weiteren Ausgestaltung ihrer Einrichtungen war er uner-
müdlich für sie tätig. Seiner Erfahrung, seinem klugen, wohlüberlegten
Rat, seinem erfrischenden Optimismus ist das Kolonialinstitut dauernden
Dank schuldig.
Auch in diesem Berichtsjahre hat der Professorenrat den Kreis
seiner Mitglieder erweitert. Die Einrichtung der Kurse für Landwirte gab
den Anlaß für den Eintritt des Direktors des Physikalischen Staatslabora-
toriums Herrn Prof. Dr. Voller. Die auf neue Lehrstühle zum 1. März 1911
nach Hamburg berufenen Professoren für englische Sprache und Kultur
und für romanische Sprachen und Kultur, Herr Prof. Dr. W. Dibelius und
Herr Prof. Dr. B. Schädel, wurden wegen der Bedeutung der von ihnen ver-
146 Hamburgisches Kolonialinstitut.
tretenen Kulturkreise für das Kolonialwesen auch in den Professorenrat
des Kolonialinstituts berufen ; ebenso Herr Prof. Dr. Borchling, der Inhaber
des neuen Lehrstuhls für deutsche Sprachwissenschaft, nachdem der
Unterricht im Kapholländischen in den Lehrplan aufgenommen war.
An Stelle des ausgeschiedenen Herrn Dr. Radlauer übernahm Herr
Dr. von Wrochem die Übungen zur Einführung in das Kolonialrecht.
Entsprechend der Ausdehnung des afrikanischen Sprachunterrichts
sowie der Phonetik traten dem Lehrkörper aus Hamburg bei die Herren
Dr. Panconcelli-Calzia (Phonetik), Klingenheben (Hausa, Ful), wissen-
schaftliche Hilfsarbeiter am Seminar für afrikanische Sprachen. Herr
Dr. Panconcelli-Calzia hielt außerdem noch die italienischen Sprachkurse.
Der wissenschaftliche Mitarbeiter an der Zentralstelle, Herr Kaiserlicher
Regierungsrat Zache, übernahm Kisuaheliübungen. Die neu eingeführten
Vorlesungen über Experimentalehemie wurden Herrn Dr. Sennewald,
Professor am Staatlichen Technikum, übertragen. Um den geographischen
Unterricht auf eine breitere Grundlage stellen zu können, erhielt Herr
Prof. Dr. Schlee, Oberlehrer an der Oberrealschule auf der Uhlenhorst,
einen Lehrauftrag. Mit Vorlesungen über ausgewählte Kapitel aus der
Tropenhygiene wurde der Abteilungsvorsteher am Institut für Schiffs-
und Tropenkrankheiten, Herr Marineoberstabsarzt d. S. Prof. Dr. Mühlens,
betraut. Der wissenschaftliche Hilfsarbeiter am Seminar für Geschichte
und Kultur des Orients, Herr Dr. Tschudi, ist mit Schluß des Sommer-
semesters ausgeschieden.
Wie im vorigen, so wurden auch in diesem Berichtsjahre Vorlesungen
und Vorträge von auswärtigen Herren gehalten. Herr Regierungsrat
Dr. @raef, Düsseldorf, las wiederum über „Verwaltungspraxis in den
deutschen Kolonien“. In Einzelvorträgen sprach im Wintersemester Herr
Redakteur ©. Jöhlinger, Berlin, über „Börse und Kolonien“, Herr
Major a. D. Langheld, Berlin, über „Die im Auslande tätigen Truppen
des Reichsmarineamts und des Reichskolonialamts (Organisation, Re-
krutierung, Reglement, Expeditionsführung usw.)“, Herr Regierungs-
arzt Dr. Aölz (Kamerun) über „Eingeborenenhygiene”, Herr Regie-
rungsrat Steinhausen (Kamerun) über „Die Tätigkeit des praktischen
Verwaltunesbeamten in Kamerun“. Über Missionskunde wurden. im
Sommersemester zum erstenmal zwei Kurse eingerichtet, die je einem
evangelischen und einem katholischen Dozenten übertragen waren.
Herr Pastor D. Dr. Richter aus Schwanebeck i. d. Mark sprach über
„Die Geschichte der protestantischen Missionen in den deutschen Kolo-
nien im Rahmen der allgemeinen Kultur- und Kolonialbewegung“. Im
Anschluß daran sprach der außerordentliche Professor an der Universität
Münster i. W., Herr D. Dr. Schmidlin, über „Die katholischen Missionen
in den deutschen Kolonien“.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 147
Im dritten Studienjahr gehörten demnach dem Kolonialinstitut die
folgenden 61 Dozenten an.
Mitglieder des Professorenrats:
Becker, Dr. phil., Professor der Geschichte und Kultur des Orients,
Borchling, Dr. phil., Professor für deutsche Sprachwissenschatt,
Dibelius, Dr. phil., Professor der englischen Sprache und Kultur,
Franke, Dr. phil., Professor für Sprachen und Geschichte Ostasiens,
@Gürich, Dr. phil., Professor, Direktor des Mineralogisch -Geologischen
Instituts,
Keutgen, Dr. phil., Professor der Geschichte,
Kraepelin, Dr. phil., Professor, Direktor des Naturhistorischen Museums,
Marcks, Geheimer Hofrat, Dr. phil., Professor der Geschichte,
Meinhof, D., LL. D., Professor der afrikanischen Sprachen,
Nocht, Dr. med., Professor, Medizinalrat, Direktor des Instituts für
Schiffs- und Tropenkrankheiten,
Passarge, Dr. phil., Professor der Geographie,
Perels, Dr. jur., Professor des öffentlichen Rechts,
Rathgen, Dr. rer. pol., Professor der Nationalökonomie,
Schädel, Dr. phil., Professor der romanischen Sprachen und Kultur,
Schorr, Dr. phil., Professor, Direktor der Sternwarte,
Thilenius, Dr. med., Professor, Direktor des Museums für Völkerkunde,
Voller, Dr.phil., Professor, Direktor des Physikalischen Staatslaboratoriums,
Zacharias, Dr. phil., Professor, Direktor der Botanischen Staatsinstitute.
Sonstige Vortragende:
Brick, Dr.phil., Professor, Wissenschaftlicher Assistent an den Botanischen
Staatsinstituten, Station für Pflanzenschutz,
Cortijo, Lehrer der spanischen Sprache, Vizekonsul von Spanien,
Frl. £y, Lehrerin der portugiesischen Sprache,
Fesca, Dr. phil., Professor der Landwirtschaft,
Förster, Dr. phil., Rat beim Kolonialinstitut,
Fiilleborn, Dr. med., Professor, Kaiserl. Regierungsarzt, Oberstabsarzt a.D.
der Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika, Abteilungsvorsteher am In-
stitut für Schiffs- und Tropenkrankheiten,
Glage, Professor, Obertierarzt,
Graef, Dr. jur., Regierungsrat, Düsseldorf,
Graf, Dr. phil., Observator der Sternwarte,
Hagen, Dr. phil., Professor, Wissenschaftlicher Assistent am Museum
für Völkerkunde,
Hara, Wissenschaftlicher Assistent am Museum für Kunst und Gewerbe,
Harris, A. A., F. C. J., Lehrer der englischen Sprache,
Heepe, Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Seminar für Kolonialsprachen,
148 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Heering, Dr. phil., Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an den Botanischen
Staatsinstituten,
Klebahn, Dr. phil., Professor, Wissenschaftlicher Assistent an den Bota-
nischen Staatsinstituten,
Klingenheben, Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Seminar für Kolonial-
sprachen,
Koock, Bücherrevisor,
Lavoipiere, Dr. phil., Lehrer der französischen Sprache,
Lauenstein, Dr. med., Oberarzt am Hafenkrankenhaus,
Liibbert, Fischereidirektor,
Michaelsen, Dr. phil., Professor, Wissenschaftlicher Assistent am Natur-
historischen Museum,
Mühlens, Dr. med., Professor, Abteilungsvorsteher am Institut für Schiffs-
und Tropenkrankheiten,
Neumann, Dr. phil., Direktor der Schlachthof- und Viehmarktverwaltung,
Panconcelli-Calzia, Dr., Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter für Phonetik am
Seminar für Kolonialsprachen,
Peter, Dr. phil., Professor, Staatstierarzt,
Pfeffer, Dr. phil., Professor, Kustos des Naturhistorischen Museums,
Radlauer, Dr. jur. et rer. pol., Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Seminar
für öffentliches Recht und Kolonialrecht.
Reche, Dr. phil., Wissenschaftlicher Assistent am Museum für Völker-
kunde,
Reh, Dr. phil., Wissenschaftlicher Assistent am Naturhistorischen Museum,
Richter, Dr. theol., D. D., Pastor, Schwanebeck i. d. Mark,
Schlee, Dr. phil., Professor an der Oberrealschule auf der Uhlenhorst,
Schmidlin, D. Dr., a. 0. Professor an der Universität Münster,
Schwaßmann, Dr. phil., Observator der Sternwarte,
Sennewald, Dr. phil., Professor am Staatlichen Technikum,
Sokolowsky, Dr. phil., Direktorialassistent am Zoologischen Garten,
Sperber, Oberingenieur,
Tschudi, Dr. phil., Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Seminar für
Geschichte und Kultur des Orients,
Uhde, Baumeister,
Voigt, Dr. phil., Professor, Vorstand des Laboratoriums für Warenkunde
der Botanischen Staatsinstitute,
Winter, Kaidirektor,
von Wrochem, Dr. jur., Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Seminar für
öffentliches Recht und Kolonialrecht,
Zache, Kaiserl. Regierungsrat, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der
Zentralstelle des Kolonialinstituts,
Ziebarth, Dr. phil., Professor am Wilhelm-Gymnasium.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 149
Eine Übersicht über die seit dem Wintersemester 1908/09 am
Kolonialinstitut tätigen Dozenten gibt die nachfolgende nach Semestern
geordnete Tabelle.
1 2 3 4 5 6
Von den Dozenten waren:
Assistenten und) Gesamtzahl
Semester hamburgische |Hilfsarbeiter d.F sonstige iS Her
Professoren im | Wissenschaftl. hiesige ee 3
Hauptamte | Anstalten Dözenten NR Dr
, und Seminare
WS. 1908/09... 9 4 4 2 19
88.1909 ... ... 9 | 6 | 10 | 2 27
WS. 1909/10... 9 7 12 4) 32
Si I (er 10 7 16 2 35
WS. 1910/11... 19 12 13 9%) 42
Su Sn Me ul 13 19 3 46
!) Davon 3 zu Einzelvorträgen aus der kolonialen Praxis berufen.
2) Davon 4 zu Einzelvorträgen aus der kolonialen Praxis berufen.
2. Wissenschaftliche Anstalten und Seminare.
Die für den Unterricht am Kolonialinstitut in Frage kommenden
Sammlungen und Bibliotheken wurden auch im Berichtsjahre durch An-
schaffung und Überweisung ergänzt und ausgebaut.
Aus den wissenschaftlichen Sammlungen des Naturhistorischen
Museums sind folgende Neueingänge zu nennen:
Deutsch-Ostafrika. Eine große Sammlung ostafrikanischer Reptilien,
Amphibien und Anthropoden, gekauft von Herrn Dr. F. Eichelbaum.
Drei größere und eine kleinere Sendung schädlicher Insekten
vom Biologisch-landwirtschaftlichen Institut in Amani. Eine große
Zahl schädlicher Käfer von Herrn Obergärtner Warnecke (Geschenk).
Togo. Eine kleine Sendung schädlicher Käfer vom Kais. Gouvernement,
sowie Fische und niedere Tiere; eine größere Sendung vom Kais.
Bezirksamt Misahöhe.
150 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Kamerun. Mehrere größere und kleinere Sendungen von der West-
afrikanischen Pflanzungsgesellschaft Bibundi durch Herrn Dir. Retzlaff
(Geschenk). Sammelausbeute des Herrn Gouvernementssekretärs
C. Bigge in Buea (Geschenk).
Deutsch-Südwestafrika. Eine Anzahl schädlicher Käfer und Schild-
läuse vom Kais. Gouvernement in Windhuk. Sammelausbeute des
Herrn Schiffsingenieurs C. Manger (Geschenk).
Samoa. Nashornkäfer mit ihren verschiedenen Entwickelungsstadien
vom Kais. Gouvernement in Samoa. Eine außerordentlich reiche
Sammlung samoanischer Fische und anderer Meerestiere von Herrn
E. Demandt (Geschenk).
Maronn-Inseln. Eine interessante Kollektion kulturschädlicher In-
sekten, besonders der Kokospalme, von Herm ZH. Schipmann
(Geschenk).
Vom Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten wurden dem Museum
außerdem aus sehr verschiedenen Ländern Zecken, Glossinen, Stego-
myien, Eingeweidewürmer und andere mit Tropenkrankheiten in Beziehung
stehende Tiere als Geschenk überwiesen.
Herr Prof. Dr. W. Michaelsen vom Naturhistorischen Museum unter-
nahm eine halbjährige Studienreise nach Deutsch-Südwestafrika, teils
zur wissenschaftlichen Erforschung der dortigen Tierwelt, teils zur Er-
sänzung der Lehrmittelsammlung des Kolonialinstituts. Das gesamte,
sehr reiche Material geht in den Besitz des Museums über.
In der Bibliothek ist eine größere Zahl von Werken über tierische
Schädlinge und koloniale Zoologie angeschafft.
Eine Zusammenstellung der Lehrmittel für den Unterricht über die
Tierwelt unserer afrikanischen Kolonien ist von den Herren Professor
Dr. Michaelsen und Dr. Reh in Angriff genommen und durchgeführt.
Das Museum für Völkerkunde hat im verflossenen Geschäfts-
jahre folgende größere Erwerbungen gemacht:
1. Ethnographische Sammlungen 10000 Stück, photographische Platten
3000 Stück, Phonogramme 120 Stück, ferner Tagebücher, Zeich-
nungen usw. der Südsee-Expedition der Hamburgischen Wissen-
schaftlichen Stiftung. Herkunft: Admiralitätsgruppe, St. Matthias-
Insel nebst Nachbarn, Neu-Pommern, Küste von Deutsch-Neuguinea,
Kaiserin - Augusta-Fluß, Pelaugruppe, Karolinen, Marshall-Inseln.
Erwerb: Leihgabe der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung.
2. Umfangreiche Sammlungen aus Französisch-Kongo und Kamerun von
der Expedition des Herzogs Adolf Friedrich zu Mecklenburg. Erwerb:
Überweisung durch das Komitee.
3. Kleinere Sammlungen aus Togo, Deutsch-Südwestafrika, Ostafrika,
und Samoa durch Ankauf.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 151
Die Arbeiten am Neubau des Museums schritten fort, so daß voraus-
sichtlich im Sommer 1912 ein Teil des Museums zugänglich gemacht
werden kann. Neben den Sammlungs-, Schau- und Verwaltungsräumen
sind in dem Neubau auch ein großer und ein kleiner Hörsaal (letzterer
für Übungen) sowie ein Lesezimmer vorgesehen.
Die Abteilung für angewandte Botanik der Botanischen Staats-
institute erfuhr während der Zeit vom 1. Oktober 1910 bis 1. Ok-
tober 1911 u. a. folgenden nennenswerten, vor allem das Gebiet der
Kolonialwirtschaft betreffenden Zuwachs:
Aus Kamerun:
a) durch Schenkung:
1. eine größere Anzahl interessanter botanischer Objekte, die Herr
Prof. Dr. Voigt auf seiner Studienreise nach der Westküste Afrikas
sammelte und zu sammeln veranlaßte,
2. einige auf der Internationalen Kautschukausstellung in London 1911
zur Schau gestellte Kickxia- und Manihotstämme mit Zapfschnitten
und diversen Zapfmessern nebst Proben von Kautschuk;
b) durch Kauf:
3. 112 photographische Vegetationsaufnahmen und Aufnahmen von
Aufbereitungsanstalten kolonialer Produkte.
Aus Deutsch-Ostafrika:
dureh Schenkung:
1. eine reichhaltige Sammlung von Nahrungsmitteln der Eingeborenen
sowie diverse Sämereien,
2. eine Sammlung Hölzer und Herbarien.
Aus Deutsch-Südwestafrika:
durch Schenkung:
eine reichhaltige Sammlung von Nahrungsmitteln und Medizinalpflanzen
der Eingeborenen sowie Weidegräsern.
Das Mineralogisch-Geologische Institut hat eine wesentliche
Bereicherung seiner Sammlungen zur Geologie der Deutschen Schutz-
gebiete und der fremden Erdteile überhaupt erfahren.
‚Afrika: Prof. Dr. Passarge überwies sein reiches Belegmaterial
für den geologischen Teil seines Kalahariwerkes dem Institut zur
einstweiligen Aufbewahrung. Von der Innerafrikanischen Expedition des
Herzogs Adolf Friedrich zu Mecklenburg kam eine umfangreiche Sendung
von Gesteinsproben, gesammelt von Herrn Dr. Schultze im Hinterlande,
12
159 Hamburgisches Kolonialinstitut.
274
namentlich von Südkamerun, in das Institut und wurde makroskopisch
untersucht. Es befinden sich einige neue Vorkommnisse sonst seltener
sehr interessanter Gesteinsarten darunter. Von der Nordwestgrenze von
Kamerun schenkte Dr. Mansfeld eine Reihe von Gesteinsproben und
Fossilien. Aus Südostafrika erhielt das Institut eine große Sandstein-
platte mit prachtvoll erhaltenen Fischresten aus der jüngeren Trias-
formation von Herrn Dergstedt durch Herrn M. Fischer. Erzproben aus
Südwestübergaben die Firmen Woermann, Brock & Co., Matthias Rohde & Co.,
seschliffene Marmormuster die Südwestafrikanische Marmorgesellschaft.
Aus Deutsch-Ostafrika wurden dem Institut Uranerze durch Herrn Taube
und durch Herrn Prof. Vosseler, aus Algerien eine Reihe ausgezeichnet
erhaltener Fossilien durch Herrn Geheimrat Stuhlmann geschenkt.
In Aussicht gestellt ist dem Institut die geologische Ausbeute der
Zentralafrikanischen Expedition der Hamburger Geographischen Gesell-
schaft, ausgeführt von Herrn Dr. Obst, dem bisherigen wissenschaftlichen
Hilfsarbeiter am Seminar für Geographie.
Wegen Überweisung von Dubletten der ostafrikanischen Saurierfunde
sind Unterhandlungen mit Herrn Geheimrat Branca angeknüpft worden.
Südamerika: Die wertvolle Sammlung des Chileforschers
Dr. Plagemann wurde dem Institut durch Frl. J. Plagemann geschenkt.
Eine Sammlung von Erzen und wichtigen Mineralvorkommnissen aus
Bahia erhielt das Institut von Herrn H. Seeger. Aus dem Flußgebiete
des Purus stammt ein gut erhaltener fossiler Oberkiefer einer neuen
Krokodilgattung Gryposuchus Jessei Gürich, den das Institut von Herrn
W. Jesse erhielt. Eine Gesteinssammlung aus Uruguay, gesammelt von
Herrn Dr. Guillemain, ist dem Institut einstweilen zur Verwahrung
übergeben.
Australien: Von Herrn Dr. Basedow gelangte eine interessante Ge-
steinssammlung nach Hamburg; sie wurde durch Herrn Prof. Dr. Passarge
dem Institut übermittelt.
Aus Melanesien wurden 19 Kisten von Gesteinen, gesammelt
von der Melanesischen Expedition der Hamburgischen Wissenschaftlichen
Stiftung dem Institut überwiesen; ihre Bearbeitung soll sofort in Angriff
genommen werden.
Von der Deutschen Antarktischen Expedition des Herrn Ober-
leutnant Dr. Filchner liegt die Zusicherung vor, unserm Institut die geolo-
gische Ausbeute zu überlassen.
Endlich sind vom Reichsmarineamt die im Auftrage desselben ge-
wonnenen Tiefseeproben dem Institut zur Bearbeitung überwiesen worden.
Der Besuch der Seminare war auch im verflossenen Jahre sehr rege.
Das Seminar für Öffentliches Recht und Kolonialrecht
ist in den bisherigen Bahnen weiter ausgebaut worden.
Bas o
Hamburgisches Kolonialinstitut. 153
€
Die Bibliothek umfaßt gegenwärtig rund 3000 Bände. Ihr Wachsen
ist auch in dem abgelaufenen Jahre durch mannigfache Schenkungen ge-
fördert worden.
In mehreren Fällen wurde das Seminar, zumal aus kaufmännischen
Kreisen, um Nachweisung kolonialen Rechtsquellenmaterials und kolonial-
rechtlicher Literatur ersucht.
Die kolonialjuristische Schausammlung hat namentlich
durch das Hinzutreten von Eingeborenen-Hoheitszeichen, Strafwerkzeugen
(Kette, Fußfessel, Kiboko, Fimbo) und von Bildern aus dem kolonialen
Rechtsleben (Gerichtsszenen und dergl.) eine, auch im Interesse der kolo-
nialrechtlichen Vorlesungen gelegene, wesentliche Erweiterung erfahren.
Die Sammlung kolonialgerichtlicher Entscheidungen
konnte dank dem Entgegenkommen des Reichskolonialamts sowie des
Kaiserlichen Oberrichters von Kiautschou um eine Reihe lehrreicher
Stücke vermehrt werden.
Auch die umfassende Beschäftigung der hamburgischen
Gerichte mit kolonialen Rechtssachen ist für das Seminar von
wesentlicher Bedeutung; im Berichtsjahre ist dem Seminar von den hambur-
gischen Gerichten ein reichhaltiges Aktenmaterial zur Verfügung gestellt
worden, das in nicht unerheblichem Umfange den Vorlesungen und Übungen
nutzbar gemacht werden konnte.
Als wissenschaftliche Hilfsarbeiter sind am Seminar tätig die
Herren Gerichtsassessor Dr. von Wrochem und geprüfter Rechtskandidat
Dr. Pfülf.
Die Tätigkeit des Seminars für Nationalökonomie und Kolo-
nialpolitik vollzog sich in der bisher beobachteten Richtung.
Die Bibliothek wurde nach Maßgabe der vorhandenen Mittel weiter
ausgebaut.
Der Leiter hielt im Wintersemester 1910/11 Übungen (in Referaten
und Diskussionen) über eine Anzahl der wichtigsten Artikel des Welt-
handels (z. B. Baumwolle, Wolle, Kupfer, Salpeter, Kautschuk, Kaffee,
Zucker, Tabak) ab, wobei vor allem die Organisation des Handels und
die Preisbildung untersucht wurde. Die Zahl der Teilnehmer betrug 18.
Der wissenschaftliche Hilfsarbeiter Herr Dr. Wagemann schied
zu Ostern 1911 aus, um eine längere Studienreise nach Südamerika
anzutreten. In seiner Stellung folgte ihm Herr Dr. Soltau. Herr
Dr. Wagemann hielt im Wintersemester 1910/11 Übungen über das
Börsenwesen ab (25 Teilnehmer), Herr Dr. Soltau im Sommersemester
1911 volkswirtschaftliche Übungen im Anschluß an seine Vorlesungen
(19 Teilnehmer).
Das Seminar für Geographie hat sich in erfreulicher Weise
weiterentwickelt.
12*
154 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Am 1. Oktober schied Herr Dr. Obst aus seinem Dienst aus, da
er im Winter eine Studienreise nach Ostafrika antrat, und Herr Dr.
Kremer, der mit einer gründlichen und lehrreichen klimatischen Arbeit
über Ostafrika in Münster promoviert hatte, trat an seine Stelle.
Die Bibliothek bestand am 1. April 1911 aus ca. 1650 Büchern,
darunter 535 Zeitschriftenbänden. Die Kartensammlung enthält in erster
Linie Kolonialkarten (45), auch die Zahl der Seekarten hat erheblich
zugenommen (ca. 400).
Die Photographiensammlung bezieht sich hauptsächlich auf die
afrikanischen Kolonien, Algerien und Südamerika, sie ist im Berichts-
jahre bedeutend erweitert worden. Die Zahl der Diapositive beträgt
z. Zt. ca. 1575, außerdem wurden Apparate, Reliefs, Karten usw. an-
geschafft.
Die Bibliothek des Historischen Seminars hat neben den An-
schaffungen aus laufenden Mitteln im Berichtsjahr eine erfreuliche Be-
reicherung erfahren durch die besondere Bewilligung von M 5750 für
den Ankauf der Monumenta Germaniae Historica; ferner durch Zuweisung
von Büchern aus der Bibliothek des verstorbenen Grafen von Götzen und
aus der des Oberlehrerinnenkursus, endlich durch private Schenkungen.
Die Bibliothek des Seminars für Geschichte und Kultur
des Orients wuchs im Berichtsjahr auch über die etatsmäßige Ver-
mehrung (2000 M) hinaus durch namhafte Geschenke.
Zur leichteren Benutzung der Bibliothek ist im Berichtsjahre ein
alphabetischer und ein Realkatalog der Bücherbestände des Seminars
angefertigt worden.
Dank der Munifizenz von Senat und Bürgerschaft erhielt das Seminar
im Berichtsjahre außer diesen Geschenken eine einmalige außerordent-
liche Zuwendung von Mk. 2000, von denen die Hälfte zur Ergänzung
einiger Lücken, die andere Hälfte zur Beschaffung der wichtigsten ibadi-
tischen Literaturwerke bestimmt war. Die ibaditischen Werke wurden
zum Teil vom Direktor in Cairo selbst ausgesucht. Auch hat das
Seminar vom Berichtsjahre an auf die wichtigsten arabischen Tages-
zeitungen abonniert.
Die Lichtbildersammlung des Seminars wurde ergänzt durch Dia-
positive von Aufnahmen aus West- und Ostafrika, besonders Kilwa, Kisiwani
und durch Aufnahmen von Objekten der Münchener Ausstellung, die das
Seminar der Vermittlung von Herrn Professor Jacob in Erlangen verdankt.
Auf der gleichen Ausstellung gelang es dem Seminar in Gemein-
schaft mit dem Museum für Völkerkunde, eine Reihe wertvoller arabischer
Grabsteine für Studienzwecke zu erwerben. Dieselben sind vorläufig
im Museum für Völkerkunde mit den von diesem Museum erworbenen
Stücken zusammen aufgestellt.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 155
Mit den Mitteln des Seminars wurden im Berichtsjahre folgende
gutachtliche Arbeiten angefertigt:
1. Herr Dr. T'schudi übersetzte für die Kaiserl. Universitäts- und Landes-
bibliothek in Straßburg einige türkische Urkunden.
2. Der Direktor verfaßte für den Gouverneur von Deutsch-Ostafrika ein
ausführliches Gutachten über den Inhalt der dem Seminar überwiesenen
ostafrikanischen Bibliothek, das dann erweitert und mit genauer
wissenschaftlicher Begründung in „Islam“ II, 1 veröffentlicht wurde.
In den Räumen des Seminars, aber als eigene Veranstaltung, tagte
der vom Direktor gegründete orientalistische Abend, sowohl im Winter-
wie im Sommersemester. Etwa zehn wissenschaftlich interessierte Herren
aus Hamburg vereinigen sich bei dieser Gelegenheit, um einen wissen-
schaftlichen Vortrag des einen oder des anderen aus ihrer Mitte anzuhören.
Die Voraussetzung zur Teilnahme an diesen zwanglosen Seminarabenden
bildet eine Kenntnis der Anfangsgründe des Arabischen oder einer anderen
orientalischen Sprache. Mit dem Schluß des Berichtsjahres gab Herr
Dr. Rud. Tschudi, der seit Ostern 1910 am Seminar als wissenschaft-
licher Hilfsarbeiter beschäftigt war, diese Tätigkeit auf, um nach einer
süddeutschen Universität überzusiedeln. Die Leitung des Seminars sieht
diesen hoffnungsvollen jungen Gelehrten, der seine Kräfte weit über seine
offiziellen Pflichten hinaus in den Dienst des Seminars gestellt hatte, mit
aufrichtigem Bedauern von Hamburg scheiden. An seine Stelle ist Herr
Dr. E. Graefe getreten. Als Sprachgehilfe für Arabisch (Dialekt von
Ägypten) wird R. R. Zaid beschäftigt.
Das Seminar für Kolonialsprachen hat seine Bibliothek durch
_ Ankauf und Geschenke auf über 700 Bände vermehrt. Sie wird von den
Zuhörern sehr viel benutzt. Für das phonetische Studium ist ein beson-
deres Laboratorium mit guten Instrumenten eingerichtet, dessen Leitung
dem wissenschaftlichen Hilfsarbeiter für Phonetik am Seminar für Kolonial-
sprachen, Herrn Dr. Panconcelli-Calzia, übertragen ist. Das Laboratorium
wird sehr stark benutzt, so daß es nicht möglich war, alle Anforderungen
zu befriedigen. An die Leitung des Seminars sind wiederholt Anfragen
aus geschäftlichen Kreisen über sprachliche Dinge mündlich und schriftlich
gerichtet und beantwortet worden. Seit dem 7. Oktober 1910 gibt das
Seminar die „Zeitschrift für Kolonialsprachen“ heraus mit Unterstützung
der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung und Hamburger Freunde.
Durch diese Zeitschrift ist das Seminar in Verbindung getreten mit einer
großen Anzahl von Fachleuten in Europa, Afrika und Indonesien. Die Fülle
der einlaufenden Manuskripte zeigt, wie groß das Bedürfnis gewesen ist.
Die Vorlesungen und Übungen im Seminar haben sich im Sommer-
semester außer auf Suaheli auch auf Duala und Ful erstreckt, und so
wurde die Anstellung eines weiteren Hilfsarbeiters und zweier einge-
156 Hamburgisches Kolonialinstitut.
borenen Sprachgehilfen für Duala und Ful notwendig. Die Anzahl der
Zuhörer im Suaheli ist erheblich gestiegen.
Für die Mediziner wurden besondere Suahelikurse eingerichtet, die
ihren Wünschen angepaßt waren, und die Kolonialbeamten erhielten in
einem von Herrn Regierungsrat Zache abgehaltenen Kursus besondere
Anleitung für die koloniale Praxis.
Im Germanistischen Seminar wurde Unterricht im Kaphollän-
dischen erteilt.
Im Sommersemester 1911 traten dem Seminar bei Herr Klingenheben
als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter und als Sprachgehilfen für Duala Peter
Makembe, für Hausa und Ful Had) Musa bin Adam el Fulani.
Dem phonetischen Laboratorium des Seminars für Kolonial-
sprachen waren zunächst phonetische Untersuchungen über afrikanische
Sprachen sowie die phonetische Ausbildung der Studierenden derselben
Sprachen übertragen.
Das Laboratorium ist im Physikalischen Staatslaboratorium unter-
gebracht. Mit Ausnahme der speziellen Vorrichtungen für die Photographie
der Stimme ist es mit allen für phonetische Untersuchungen nötigen
Instrumenten ausgerüstet. Außerdem stehen dem Laboratorium sämtliche
akustischen Instrumente und Vorrichtungen sowie andere für die Phonetik
in Betracht kommenden Hilfsapparate des Physikalischen Staatslabora-
toriums zur Verfügung.
In erster Linie hat das Laboratorium zu linguistischen Zwecken,
und zwar zu Untersuchungen über phonetische Erscheinungen in sechzehn
(afrikanischen, asiatischen und europäischen) Spachen gedient, wie z.B.
die Tonbewegung im Ewe, Hottentottischen, Chinesischen und in ver-
schiedenen europäischen Sprachen; das sogenannte „stimmhafte }* im
Arabisehen und Tschechischen; die gutturales verae “an und hamza im
Arabischen; der Starkton; der Luftdruck bei den Konsonanten, z. B.
im Suaheli usw. Als Versuchspersonen dienten selbstverständlich Ein-
geborene, die, was afrikanische und asiatische Sprachen anbelangt,
entweder von der Woermann-Reederei uns freundlichst überlassen oder
vom Hafenkrankenhaus geholt wurden.
Außer obigen speziell linguistischen Untersuchungen wurden auch
andere Gebiete der Phonetik berücksichtigt, wie z. B.: verschiedene
technisch-mechanische Fragen; die Genauigkeit der Stimme; spezielle
Fragen der Atmungslehre; stimmpädagogische Fragen usw. Alle in diesem
Abschnitt zitierten Untersuchungen bilden das Material zu wissenschaft-
lichen Arbeiten, die zum Teil bereits veröffentlicht sind und zum Teil
noch veröffentlicht werden sollen.
Der Direktor des Allgemeinen Krankenhauses zu Eppendorf benutzte
die Vorrichtungen des Laboratoriums für die Untersuchungen der Herztöne.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 157
Die Kurse des Laboratoriums sind so eingerichtet, daß jeder für die
Phonetik Interessierte in ihnen brauchbares und nützliches Material finden
und sie eventuell gleichzeitig besuchen kann. Der Arzt, Linguist oder
Missionar, der sich für die Kolonien rüstet, wird im Kursus für Stimm-
und Sprechpädagogen eine eingehendere Behandlung von Erscheinungen
finden, die für unseren Begriff pathologisch, in verschiedenen Kolonial-
sprachen dagegen normal sind (wie z. B. sigmatismus interdentalis oder
lateralis, Näseln usw.). Andererseits wird der Stimmpädagoge in dem
Kursus für Linguisten u. a. seine Kenntnisse über die musikalische Höhe
durch die eingehende Behandlung des Tonfalles in der Sprache, der eine
so wichtige Rolle in afrikanischen und verschiedenen orientalischen
Sprachen spielt, erweitern; in demselben Kursus wird der Sprechpädagoge
reichlich Gelegenheit haben, die Lautverbindungen zu identifizieren, die
gegenseitige Beeinflussung der Laute näher zu behandeln und die Rolle
kennen zu lernen, die das Gehör und die Sprachfehler im Lautwandel spielen.
In phonetisch-therapeutischer Hinsicht wurden auch mehrere mit
Sprachstörungen (Stottern, Sigmatismus und partieller Taubheit) behaftete
Personen untersucht bezw. unterrichtet.
Veröffentlichungen.
Panconcelli-Calzia. Über den aspirierten und nichtaspirierten Verschluß-
laut sowie den Frageton im Suaheli. Ztschr. für Kolonialsprachen,
BIT Bd. Heft, 12.8., 3. Fig,
Panconcelli-Calzia. Die Sprachmelodie in italienischen Sätzen und in
einem italienischen Gedicht. Med.-päd. Monatsschrift für die gesamte
Sprachheilkunde, 1911, Juniheft, 14 S., 3 Tafeln.
Pamconcelli-Calzia. Italiano (Fonetica-Morfologia-Testi). IV. Bd. der
Sammlung „Skizzen lebender Sprachen“. Leipzig, B. G. Teubner,
1911, XII 4139 S., 10 Eig.
Panconcelli-Calzia. Die Verwendungen des Phonographen und Grammo-
phons in der experimentellen Phonetik. Aus: Führer durch die
Ausstellung des III. Internationalen Laryngo-Rhinologen-Kongresses,
29.17 12>S., 10: Big.
Spezielle Vorträge.
Panconcelli-Calzia. Die Sprachmelodie in romanischen Sprachen; gehalten
am 14. März 1911 auf Einladung der „Neusprachlichen Gesellschaft“
zu Hamburg.
Das Laboratorium beteiligte sich an der Ausstellung für experimentelle
Phonetik anläßlich desIll. Internationalen Laryngo-Rhinologen-Kongresses,
Berlin, 30. August—2. September 1911.
Die Ausstellung konnte nicht ganz nach Wunsch beschickt werden,
158 Hamburgisches Kolonialinstitut.
weil das Laboratorium erst Anfang dieses Jahres in Benutzung genommen
wurde. Folgendes wurde ausgestellt: von Fräulein Hoffmann: Resultate
von Untersuchungen über kranke und gesunde, geschulte und ungeschulte
Gesangsstimmen mittels der Marbeschen Rußflammen; von Panconcelli-
Calzia: eine Vorrichtung zur Erleichterung der Ausmessung von langen
Papierstreifen mit den Marbeschen Rußringen; Resultate von Unter-
suchungen über die Genauigkeit der Gesangsstimme, Sprachmelodie im Sua-
heli, Deutschen und Italienischen (mittels der Marbeschen Rußflammen);
das “ain und hamza (knarrender und harter Stimmeinsatz), das „stimm-
hafte A“ und der Starkton im Arabischen (mittels der graphischen Methode).
Die zahlreichen Besucher (über 50), deren sich das Laboratorium
in seinem ersten Lebensjahre zu erfreuen hatte, setzen sich aus Univer-
sitätsprofessoren, Linguisten, Theologen, Ärzten, Gesangspädagogen,
Verwaltungsbeamten, Studenten usw. aus Europa und Afrika zusammen.
Anregend hat die Tätigkeit des Laboratoriums insofern gewirkt,
daß die Missionsgesellschaft des Göttlichen Wortes zu Steyl auf die
Empfehlung eines ihrer Mitglieder hin, das sich im Sommersemester
1911 in Hamburg phonetisch hatte ausbilden lassen, ein kleines Labo-
ratorium in Togo eingerichtet hat.
Unter den Hospitanten und Hospitantinnen befanden sich eine Reihe
von Missionaren evangelischer und katholischer Gesellschaften, die sich außer
am sprachlichen Unterricht auch an einer Reihe anderer Unterrichtszweige
wie Geographie, Islamkunde, Ethnographie, Tropenhygiene beteiligten.
Im Ostasiatischen Seminar ist die Bibliothek in der bisherigen
Weise weiter entwickelt worden. Es ist gelungen, vollständige oder fast
vollständige Serien einiger wertvoller älterer und nicht mehr bestehender
Fachzeitschriften, wie des Chinese Repository, der China Review u. a.,
zu erwerben. Die Schaffung einer chinesischen Bibliothek bleibt nach
wie vor eine zu lösende Aufgabe. Ein Anfang ist gemacht durch die
Beschaffung des buddhistischen Tripitaka in chinesischer Sprache und
Japanischer Ausgabe für die Stadtbibliothek. Im ganzen zählt die Seminar-
bibliothek jetzt an 550 Bände abendländischer Literatur.
Das Seminar ist in den neuen Räumen des Vorlesungsgebäudes
vortrefflich untergebracht.
Die Einrichtung des Seminars für romanische Sprachen und
Kultur begann Anfang April 1911. Am 15. Mai konnte es für die Be-
nutzer geöffnet werden. Es unterstützt — im Rahmen des Kolonial-
instituts — die kolonialen und überseeischen Studien durch die Pflege
des praktischen Sprachunterrichts im Französischen, Italienischen,
Spanischen und Portugiesischen, durch die Pflege der auf romanische
Überseeländer bezüglichen wissenschaftlichen Studien, insbesondere
linguistischer, volkskundlicher und kulturgeschichtlicher Art.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 159
Da die romanistischen, insbesondere auf die spanisch-portugiesischen
Länder, Süd- und Mittelamerika, bezüglichen Überseestudien in Deutsch-
land entweder überhaupt nicht gepflegt werden oder sich erst in ihrem
Anfangsstadium befinden, war für das hamburgische romanistische Seminar
sowohl in der Organisation des wissenschaftlichen und praktischen Lehr-
betriebs als auch beim Ausbau der Bibliothek von vornherein durch
enge Anlehnung an die Ergebnisse und Methoden der reich entwickelten
europäischen Romanistik eine solide Grundlage zu schaffen. Die für die
Bedürfnisse des allgemeinen und fachwissenschaftlichen Vorlesungswesens
erforderliche Einrichtung der Studien und Informationsmittel sowie des
Lehrbetriebs, der dem romanistischen Lehrbetrieb an Universitäten in
methodischer Hinsicht entspricht, war daher zugleich eine notwendige
Voraussetzung für eine sprach- und’ kulturwissenschaftliche Bearbeitung
der romanischen Übersee, mit deren Vorbereitung im Sommersemester 1911
begonnen wurde.
Die Bibliothek des Seminars, in der 81 Zeitschriften und Periodika
(darunter Tageszeitungen aus den wichtigeren romanischen Ländern)
aufliegen, erfreute sich reger Benutzung sowohl von Seiten fachwissen-
schaftlicher Interessenten als auch der Hörer des Kolonialinstituts. Vom
15. Mai bis 31. September 1911 betrug die Frequenzziffer 548 (bis
31. Dezember 1911: 874).
Im Sommersemester 1911 wurde mit der systematischen Sammlung
von Informationsmaterialien romanistischer Art, die sich auf die in Betracht
kommenden Überseeländer beziehen, begonnen. Insbesondere besitzt das
Seminar eine Bibliographie in Form von Kartenregistern, in der
sämtliche Neuerscheinungen aus dem Gebiet der romanischen Sprach-
kunde (von 1908 ab), unter Einschluß der Zeitschriftenaufsätze, enthalten
sind. Sie umfaßt die Abteilungen: Allgemeine Sprachwissenschaft,
Phonetik, Sprachgeographie, Volkskunde, Sprachkunde im Einzelnen
(nach einzelnen Sprach- und Mundartengebieten geographisch geordnet),
Grenzgebiete. Sie ist, ebenso wie die Mehrzahl der aufliegenden Zeit-
schriften, von der internationalen Gesellschaft für romanische Mund-
artenforschung (Societe internationale de dialeetologie romane), deren
beide Zeitschriften (Revue und Bulletin de dialectologie romane) im
Seminar redigiert werden, zur Verfügung gestellt und wird fortlaufend
durch das neueste bibliographische Material ergänzt.
Das Studium der romanischen Sprachgeographie wurde durch die
Erwerbung der 1920 Karten des Atlas linguistique de la France von
Gillieron und Edmont, der ein reiches, noch fast unbearbeitetes Roh-
material enthält und die Methoden der romanischen Sprachforschung in
neue Bahnen zu lenken berufen ist, ermöglicht. Zur Förderung der
wissenschaftlichen und praktischen Sprachkunde wurde mit der Anlage
160 Hamburgisches Kolonialinstitut.
einer Sammlung von nach linguistischen Gesichtspunkten hergestellten
romanischen Phonogrammen begonnen. Ihr Ausbau soll in den nächsten
Semestern erfolgen. Zur Unterstützung der phonetischen Studien wurden
die notwendigsten Apparate angeschafft. Der alphabetische und ein
systematischer Katalog sind in den Herbstferien 1911 zu Ende geführt
worden und werden fortlaufend weitergeführt.
Im Rahmen des Kolonialinstituts las der Direktor des Seminars eine
Einführung in die allgemeine Phonetik; den praktischen französischen
Sprachunterricht erteilte während des Berichtsjahres Herr Dr. €. Lavorpzere,
den italienischen Herr Dr. @. Panconcelli-Calzia, den spanischen Herr
L.Cortijo, den portugiesischen Fräulein Z. Zy. Als wissenschaftlicher Hilfs-
arbeiter ist Herr Dr. F. Krüger am 18. April 1911 am Seminar angestellt.
Das Seminar für englische Sprache und Kultur wurde in der
Mitte des Berichtsjahres eröffnet; die Bestände sind im Augenblick
natürlich noch gering. Da aber eine gute Sammlung von Büchern über
englische Kolonien im Seminar für Nationalökonomie und Kolonial-
politik vorhanden ist, ist auch für den Anfang eine Orientierung über
einschlägige Fragen möglich. Unter den für das englische Seminar be-
reits angeschafften Werken mögen hervorgehoben sein: die Eneyelopaedia
Britannica, das Dietionary of National Biography sowie eine Reihe von
Karten über die englischen Kolonien. Aus der Bibliothek des ver-
storbenen Grafen von Götzen erhielt das Seminar einige Zuwendungen.
Das Germanistische Seminar wurde im Wintersemester 1910/11
eingerichtet. Die Bibliothek umfaßte am 1. August 1911 726 Nummern
mit etwa 2423 Bänden, von denen die größere Hälfte der germanischen
Sprachgeschichte und älteren deutschen Literatur angehört. Besonderer
Wert ist auf vollständige Reihen der wichtigsten Fachzeitschriften und
Sammelwerke gelest. In der Bibliothek ist von vornherein dem Nieder-
ländischen ein gleichberechtigter Platz neben den übrigen deutschen
Sprachgebieten angewiesen worden. In einer besonderen Abteilung
werden Wörterbücher, Texte und Abhandlungen zu denjenigen kolonialen
Sprachen und Mischsprachen gesammelt, an deren Ausbildung das Hoch-
oder Niederdeutsche resp. Niederländische Anteil gehabt hat.
Das Seminar besitzt ferner einen phonographischen Apparat zur
Aufnahme von Mundarten; es sind in erster Linie die niederdeutschen
Mundarten des hamburgischen Staatsgebietes ins Auge gefaßt worden.
Für den landwirtschaftlichen Unterricht wurden von der
Firma Hansing & Co., Hamburg, 3 Schädel von ostafrikanischen Rindern,
von der Norddeutschen Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei, Delmen-
horst, ein auf einer Holztafel aufgespanntes Schaffell mit Bezeichnung
der verschiedenen Wollqualitäten überwiesen, Ferner wurden 20 Rasse-
Tierstatuetten angekauft,
er:
Hamburgisches Kolonialinstitut. 161
3. Unterricht.
Die Entwicklung des Unterrichts kommt zunächst äußerlich in der
Zahl der gehaltenen Vorlesungen und Kurse zum Ausdruck:
5190er 17 Vorlesungen und Übungen
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Die im letzten Jahresberichte charakterisierte Fortbildung der
Gliederung des Unterrichts hat sich weiterentwickelt.
Vom Wintersemester 1909/10 ab wurden die Vorlesungen und
Übungen in der folgenden Einteilung angekündigt:
I. Vorlesungen: 1. Geschichte, Rechts- und Staatswissenschaften;
2. Kolonialwirtschaft; 3. Landes- und Völkerkunde; 4. Naturwissen-
schaften; 5. Hygiene; 6. Sprachen. II. Unterricht in technischen Hilfs-
fächern. III. Unterricht in körperlichen Übungen.
Vom Wintersemester 1910/11 ab sind Kolonialwirtschaft und Natur-
wissenschaften in eine Gruppe zusammengezogen.
Die Zahl der einzelnen Vorlesungen im 3. Studienjahr gegenüber
den beiden vorhergehenden Jahren in den betreffenden Wissenschafts-
gebieten gibt folgende Übersicht:
1. Studienjahr 2. Studienjahr 3. Studienjahr
WS. 1908/09 SS.1909 WS.1909/10 SS. 1910 WS. 1910/11 SS.1911
I. Vorlesungen:
1. Geschichte, Rechts- und
Staatswissenschaften ... 5 7 5 3 I) 10
2. Kolonialwirtschaft und
Naturwissenschaften ... 3 12 14 20 22 22
3. Landes- und Völkerkunde 5 6 5 7 5 Es!
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DESDrachem 2a sen. 2 3 14 20 26 al
II. Unterricht in technischen
Bilistgachem..n.......u%: l 5 2 4 1 5
III. Unterricht in körperlichen
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Zusammen... 3) 107 153
Gegen das Vorjahr fällt die Vermehrung der Sprachkurse um 23
auf. Besonders erfuhr der Unterrieht in den afrikanischen Sprachen eine
162 Hamburgisches Kolonialinstitut.
bedeutende Erweiterung. Neu eingerichtet sind Kurse im Ful und Kap-
holländischen, ferner Suaheliübungen über Eingeborenenbehandlung und
Eingeborenenrechtspflege (Schaurikunst). Für den Unterricht im Duala,
Ful und Kapholländischen wurden eingeborene Sprachgehilfen angestellt.
Die Phonetik erfuhr ebenfalls eine bedeutende Ausdehnung. Es
wurde ein phonetisches Laboratorium eingerichtet, dem die Erforschung:
der sprachlichen Laute der am Hamburgischen Kolonialinstitut gelehrten
Sprachen sowie andere linguistische und phonetische Untersuchungen
obliegt. Es ist zunächst dem Seminar für Kolonialsprachen angegliedert
und der Leitung eines wissenschaftlichen Hilfsarbeiters unterstellt worden.
Neben die europäischen Sprachen trat Italienisch, das von demselben
Hilfsarbeiter gelehrt wird.
Im Wintersemester mußten die Kurse Englisch II und Französisch II
des großen Andranges wegen geteilt werden.
Die Kurse in den neueren Sprachen haben in erster Linie praktischen
Bedürfnissen zu entsprechen. Um den Hörern die Möglichkeit zu geben,
sich innerhalb eines ‚Jahres genügende sprachliche Kenntnisse anzueignen,
um sich im fremden Lande wenigstens verständigen zu können, wurden
auch in den außerafrikanischen Sprachen, mit Ausnahme des Chinesischen
und der orientalischen Sprachen, vierstündige Anfängerkurse eingerichtet,
die sich durch zwei Semester hindurchziehen und die ihren Fortgang in den
sich an sie anschließenden Kursen für Fortgeschrittene finden sollen. Auf
diese Weise wird ein regelmäßiger Turnus herbeigeführt und den Hörern
Gelegenheit zum systematischen Erlernen der Sprache geboten. Die
Anfängerkurse in den neueren Sprachen, mit Ausnahme der englischen
Sprache, in der mit Rücksicht auf ihre Verbreitung über die ganze Welt
in jedem Semester ein vierstündiger Anfängerunterricht gegeben wird,
beeinnen im Herbst eines jeden Jahres.
Der Andrang zu diesen Kursen, besonders in der englischen und
französischen Sprache, steigert sich von Semester zu Semester. Um aber
diese Kurse ihrer eigentlichen Bestimmung zu erhalten, nämlich dem sich
für Übersee vorbereitenden Hörer neben den kolonialwissenschaftlichen
Vorlesungen die Möglichkeit zu geben, sich zugleich auch die Sprache
des für ihn in Frage kommenden Landes anzueignen, wurde die Teil-
nehmerzahl auf 20 beschränkt. Für Englisch und Französisch, die
meistbegehrten Sprachen, mußte ferner die Bestimmung getroffen werden,
daß in erster Linie nur solche Hörer und Hospitanten zugelassen werden,
die außer den genannten Sprachen auch kolonialwissenschaftliche Vor-
lesungen hören.
Eine weitere Ausdehnung hat der Unterricht dadurch erfahren, daß
von jetzt an, zum erstenmal im Sommersemester 1911, das Reichskolonial-
amt auch die in die Schutzgebiete zu entsendenden Tropenärzte dem Ham-
165
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164 Hamburgisches Kolonialinstitut.
burgischen Kolonialinstitut überweist, die sich neben der fachlichen Aus-
bildung im Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten auch die für die
Ausübung ihres Berufs erforderliche Kenntnis der Eingeborenensprachen
sowie die Landes- und Völkerkunde und anderer wünschenswerter Gegen-
stände aneignen sollen. Aus diesem Grunde wurde im Sommersemester
1911 neben den angekündigten Vorlesungen und Kursen die Einrichtung
eines ethnographischen Kolloquiums, eines Kochkursus und besonderer
Unterricht in der englischen Sprache erforderlich.
Auch der Segelunterricht mußte, sollte er für die in die Kolonien
sehenden Hörer den Zweck erfüllen und sie auch mit den erforderlichen
notwendigsten Kenntnissen versehen, anders eingerichtet werden. Die
wichtigsten Fragen wurden in besonderen Vorträgen mit Demonstrationen
behandelt, denen sich dann die praktischen Übungen auf dem Wasser
anschlossen.
Die Tabelle auf Seite 163 gibt einen Überblick über den Besuch
der einzelnen Vorlesungsgruppen in den bisherigen Semestern. Die bei
einigen Gruppen eingetretene Zunahme der Besuchsziffern hat ihren Grund
hauptsächlich in der Vermehrung der zu diesen Gruppen gehörenden Vor-
lesungen.
Einen Überblick über die Unterrichtsgebiete ergibt die folgende
Zusammenstellung der gehaltenen Vorlesungen:
Wintersemester 1910/11.
I. Vorlesungen.
1. Geschichte, Rechts- und Staatswissenschaften.
Prof. Dr. Keutgen: 1) Allgemeine Kolonialgeschichte der Neuzeit. II.
ist. 2) Kolonialgeschichtliche Übungen. 1st.
Prof. Dr. Perels: Kolonialrecht, I. Teil. 2st.
Dr. Radlauer: Übungen zur Einführung in das Kolonialrecht, I. Für
Hörer ohne juristische Vorbildung. 2st.
Regierungsrat Dr. G@raef (Düsseldorf): Verwaltungspraxis in den Kolonien
mit besonderer Berücksichtigung der Eingeborenenrechtsprechung. 2st.
Prof. Dr. Rathgen: Kolonialpolitik mit Übungen. I. Teil: 1) Geschichtliche
Entwicklung der modernen Kolonialpolitik. 2) Die Kolonien in der
Weltwirtschaft, koloniale Handelspolitik. 3) Die politische Organi-
sation. 4) Eingeborenenpolitik. 4st.
Prof. Dr. Rathgen und Prof. Dr. Voigt: Besichtigung von Warenlagern,
Aufbereitungsanstalten und industriellen Anlagen. Alle 14 Tage.
Koock: Buchführung und Bilanzkunde mit Übungen. 2st.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 165
2. Kolonialwirtschaft und Naturwissenschaften.
Prof. Dr. Fesca: 1) Allgemeine Ackerbaulehre (Pflanzenernährungs- und
Düngerlehre) mit besonderer Berücksichtigung der tropischen Ver-
hältnisse. 2st. 2) Spezielle Pflanzenbaulehre tropischer und sub-
tropischer Nutzpflanzen (Ernährungsfrüchte, Stimulantia, Faser-
pflanzen). 2st. 3) Plantagen- und Farmwirtschaft. 1st. 4) Land-
wirtschaftliches Laboratorium in Gemeinschaft mit Dr. Grimme. 2st.
Prof. Dr. Voigt: 1) Praktische Übungen im Erkennen und Untersuchen
pflanzlicher Erzeugnisse des Handels. a) Für Beamte und Land-
wirte. 3st. b) Für Kaufleute. 4st. 2) Koloniale Nutzpflanzen, ihre
Kultur, ihre Produkte und Schädlinge. Mit Demonstrationen. 2st.
a) Für Beamte und Landwirte. b) Für Kaufleute. c) Für Lehrerinnen.
Prof. Dr. Voigt und Prof. Dr. Rathgen: Besichtigung von Warenlagern,
Aufbereitungsanstalten und industriellen Anlagen.
Prof. Dr. Zacharias: Allgemeine Botanik. 2st.
Prof. Dr. Klebahn: Die Grundlagen der Bodenkunde. 2st.
Prof. Dr. Brick: Krankheiten der tropischen Kulturpflanzen,, verbunden
mit praktischen Übungen. Ist.
Dr. Heering: Grundzüge der Pflanzengeographie mit besonderer Berück-
sichtigung der deutschen Kolonien. 6 Stunden.
Prof. Dr. Kraepelin: Einführung in die biologischen Wissenschaften. 2st.
Prof. Dr. Michaelsen: Die Tierwelt unserer afrikanischen Kolonien. 1st.
Dr. Neumann: 1) Kleinviehzucht (Schaf- und Ziegenzucht) und Schweine-
zucht mit Berücksichtigung der Verhältnisse der Kolonien und
praktischen Demonstrationen. 2st. 2) Die Milch und ihre Ver-
arbeitung (Butter- und Käsebereitung) mit Übungen im Untersuchen
von Milch und Molkereiprodukten. 2st. 3) Landwirtschaftliche
Exkursionen.
Prof. Dr. Peter: Anatomie und Physiologie der Haustiere verbunden mit
der Lehre vom Exterieur. 2st.
Prof. Dr. Voller: Experimentalphysik, I. Teil. Für Landwirte. 2st.
Prof. Dr. Sennewald: Experimentalchemie mit besonderer Berücksichtigung
der Technik und Landwirtschaft. 2st.
Baumeister Uhde: Übersicht über das Maschinenwesen unter Betonung
der für die Kolonien wichtigen Einrichtungen mit Besichtigungen
industrieller und gewerblicher Anlagen. 2st.
3. Landes- und Völkerkunde.
Prof. Dr. Passarge: 1) Landeskunde der deutschen Kolonien in Afrika.
3st. 2) Geomorphologie. 4st. 3) Geographische Übungen. 2st.
Prof. Dr. Becker : Allgemeine Islamkunde einschl. des islamischen Rechts. 2st.
Prof. Dr. Thilenius: Allgemeine Völkerkunde, mit Übungen. 2st.
166 Hamburgisches Kolonialinstitut.
4. Hygiene.
Prof. Dr. Nocht: Tropenhygiene. Mit Demonstrationen und Übungen. 2st.
Prof. Dr. Füilleborn und Prof. Glage: Verwendung und Zubereitung der
Nahrungsmittel in den Tropen einschließlich Fleischbeschau (Koch-
kursus). 2st.
Dr. Lauenstein: Samariterkursus. 1st.
5. Sprachen.
Dr. Panconcelli-Calzia: Phonetische Übungen mit Experimenten, mit be-
sonderer Berücksichtigung der Bedürfnisse der Sprachforschung. 2st.
Prof. D. Meinhof, LL. D.: 1) Suaheli für Anfänger. 4st. 2) Suaheli für
Fortgeschrittene. 2st. 3) Übungen im Suaheli mit dem eingeborenen
Sprachgehilfen Mtoro bein Mwenyi Bakari. 4) Vergleichende Grammatik
der Bantusprachen. 1st. 5) Phonetik mit besonderer Berücksichtigung
der afrikanischen Sprachen. Ist.
Prof. Dr. Franke: 1) Einführung in die Kenntnis der chinesischen Sprache
I. 2st. 2) Einführung in die Kenntnis der chinesischen Sprache II.
2st.
Prof. Dr. Hagen: Japanisch für Anfänger. st.
Hara: Japanisch für Fortgeschrittene. 2st.
Dr. Tschudi: 1) Arabisch für Anfänger. 2st. 2) Arabisch für Fort-
eeschrittene. 2st. 3) Persisch für Anfänger. 2st. 4) Türkisch für
Anfänger. 2st.
Prof. Dr. Ziebarth: 1) Neugriechisch 1. für Anfänger. 4st. 2) Neu-
griechisch II. 2st.
Harris: 1) Englisch I. für Anfänger. Ast. 2) Englisch I. 2st.. 3) Eng-
lisch III. 2st.
Dr. Lavoipiere: 1) Französisch I. für Anfänger. Ast. 2) Französisch II.
2st.
Dr. Panconcelli-Calzia: Italienisch I. für Anfänger. 4st.
Cortijo: 1) Spanisch I. für Anfänger. 4st. 2) Spanisch II. 2st.
Frl. Ey: 1) Portugiesisch I. für Anfänger. 4st. 2) Portugiesisch II. 2st.
6. Koloniale Praxis.
O. Jöhlinger, Redakteur (Berlin): Börse und Kolonien.
Major a. D. Langheld (Charlottenburg): Die im Auslande tätigen Truppen
des Reichsmarineamts und des Reichskolonialamts (Organisation,
Rekrutierung, Reglement, Expeditionsführung usw.).
Regierungsarzt Dr. Külz (Kamerun): Eingeborenenhygiene.
Regierungsrat Steinhausen (Kamerun): Die Tätigkeit des praktischen Ver-
waltungsbeamten in Kamerun.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 167
ll. Unterricht in technischen Hilfsfächern.
Präparatoren des Naturhistorischen Museums: Anleitung zum Abbalgen,
Skelettieren, Konservieren und Ausstopfen der höheren Wirbeltiere.
Kursus der Photographie.
II. Unterricht in körperlichen Übungen.
Reitunterricht.
Fechtunterricht.
IV. Ergänzungsvorlesungen.
Zur Ergänzung der Vorlesungen des Kolonialinstituts wurden die
Hörer und Hospitanten auf die folgenden Vorlesungen und Übungen des
Allgemeinen Vorlesungswesens hingewiesen:
Prof. Dr. Perels: Einführung in das deutsche Staatsrecht.
Dr. Ritter: Grundzüge des bürgerlichen Rechts, I. Teil.
Dr. Zeo: 1) Einführung in das Handelsrecht, I. Teil. 2) Einführung in
das Versicherungsrecht einschließlich des Seeversicherungsrechts.
Prof. Dr. Rathgen: 1) Allgemeine Volkswirtschaftslehre. 2) Volkswirt-
schaftliche Übungen.
Dr. Wagemann: 1) Wirtschaft und Währung Südamerikas. 2) Die Börse.
3) Übungen über das Börsenwesen.
Prof. Dr. Schachner (Jena): Land und Leute in Australien.
Zyklus über Nahrungsmittelchemie.
Prof. D. Meinhof, LL. D.: Die Dichtung der Afrikaner.
Prof. @auchat (Zürich): Le roman francais au XVII® sieele. In franzö-
sischer Sprache.
Preston: Ten famous men. In englischer Sprache.
Cortijo: Literatura Espanola. In spanischer Sprache.
Prof. Dr. Franke: Geschichte der chinesischen Verfassung, I. Teil.
Prof. Dr. Keutgen: Ausgewählte Kapitel aus der neueren Kolonial-
geschichte.
Prof. Dr. Becker: 1) Das moderne Ägypten und die englische Herrschaft.
2) Arabisches Praktikum. Interpretation eines arabischen Schriftstellers.
3) Syrisches Praktikum. Interpretation eines syrischen Schriftstellers.
Prof. Dr. Hagen: Ethnographie von Japan.
Dr. G@raff: Allgemeine Astronomie. III. Teil.
Prof. Dr. Voigtländer: Die alkoholischen Getränke (Wein, Bier usw.), ihre
Bereitung und Zusammensetzung, sowie die chemisch-physikalischen
Untersuchungsmethoden, unter besonderer Berücksichtigung von zoll-
amtlichen Bestimmungen.
Prof. Dr. Gürich: 1) Erdgeschichte. 2) Entwicklung der Organismen.
Prof. Dr. Voigt: Praktische Übungen im Erkennen und Untersuchen
pflanzlicher Erzeugnisse des Handels.
13
168 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Sommersemester 1911.
I. Vorlesungen.
1. Geschichte, Rechts- und Staatswissenschaften.
Prof. Dr. Keutgen: Allgemeine Kolonialgeschichte der Neuzeit. I. Ist.
Prof. Dr. Perels: 1) Kolonialrecht, I. Teil. 2st. 2) Übungen im Kolonial-
recht für juristisch vorgebildete Hörer. 2st.
Dr. v. Wrochem: Übungen zur Einführung im das Kolonialrecht. Für
juristisch nicht vorgebildete Hörer. II. Teil. 2st.
D. Dr. Richter (Schwanebeck): Die Geschichte der protestantischen
Missionen in den deutschen Kolonien im Rahmen der allgemeinen
Kultur- und Kolonialbewegung. 3mal 2 Stunden. 1) Einleitung.
Allgemeine Gesichtspunkte. Togo und Kamerun. 2) Deutsch-Ost-
afrika. 3) Deutsch-Südwestafrika und die ozeanischen Besitzungen.
Prof. D. Dr. Schmidlin (Münster i. W.): Die katholischen Missionen in
den deutschen Kolonien. 3mal 2 Stunden. 1) Einrichtung und
Tätigkeit der Katholischen Missionen in den deutschen Kolonien.
2) Entwicklung und Stand der katholischen Missionen in den
deutschen Kolonien. 3) Prinzipielle und praktische Richtlinien für
das Verhältnis von Kolonie und Mission.
Dr. Graef (Düsseldorf): Verwaltungspraxis in den Kolonien mit besonderer
Berücksichtigung der Eingeborenenverwaltung. Alle 14 Tage 2st.
Prof. Dr. Rathgen: Kolonialpolitik mit Übungen. II. Teil. Koloniale
Wirtschaftspolitik. 4st.
Prof. Dr. Rathgen und Prof. Dr. Voögt: Besichtigung von Warenlagern,
Aufbereitungsanstalten und industriellen Anlagen. Alle 14 Tage.
Koock: Buchführung und Bilanzkunde mit Übungen. 2st.
2. Kolonialwirtschaft und Naturwissenschaften.
Prof. Dr. Fesca: 1) Allgemeine Ackerbaulehre (Klima- und Bodenlehre
inkl. Melioration und Bodenbearbeitung). 2st. 2) Spezielle Pflanzen-
baulehre (Ernährungsfrüchte, Südfrüchte). 2st. 3) Tierische Er-
nährungslehre, Fütterungslehre. 1st.
Prof. Dr. Voigt: 1) Koloniale Nutzpflanzen, ihre Kultur und ihre Pro-
dukte, mit Demonstrationen. Für Beamte, Landwirte und Kauf-
leute. 2st. 2) Praktische Übungen im Erkennen und Untersuchen
pflanzlicher Erzeugnisse des Handels. a. Für Beamte, Landwirte
und Kaufleute. 3st. b. Für Zollbeamte. 3st.
Prof. Dr. Voigt und Prof. Dr. Rathgen: Besichtigung von Warenlagern,
Aufbereitungsanstalten und industriellen Anlagen. Alle 14 Tage.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 169
Dr. Reh: 1) Tierische Schädlinge der Kulturpflanzen unserer Kolonien
und ihre Bekämpfune. Ist. 2) Zoologische Exkursionen.
Prof. Dr. Brick: Krankheiten der tropischen Kulturpflanzen, verbunden
mit praktischen Übungen. Ist.
Dr. Heering: Grundzüge der Pflanzengeographie mit besonderer Berück-
sichtigung der natürlichen Grasvegetation der deutschen Kolonien.
6 Stunden.
Dr. Neumann: 1) Die natürlichen und wirtschaftlichen Grundlagen der
Landwirtschaft mit Berücksichtigung der Verhältnisse der Kolonien.
Ist. 2) Pferde- und Rindviehzucht mit Berücksichtigung der Ver-
hältnisse der Kolonien. Mit praktischen Demonstrationen. 2st.
3) Landwirtschaftliche Exkursionen mit Prof. Dr. Peter.
Prof. Glage: Gesunde und kranke Milch (Milchhygiene). Ist.
Prof. Dr. Peter: 1) Die hauptsächlichsten Tierseuchen in den Kolonien,
die Maßnahmen zu ihrer Verhütung und Tilgung (Reichsviehseuchen-
gesetz). Ist. 2) Verschiedene Krankheiten der Haustiere mit De-
monstrationen, ausgewählt nach ihrer wirtschaftlichen, forensischen
oder hygienischen Bedeutung. 1st.
Prof. Dr. Füilleborn: Einige für die Kolonien wichtige Tierseuchen.
3 Stunden.
Fischereidirektor Libbert: 1) Ausnutzung von Fischgewässern an der
Küste und im Binnenlande, mit praktischen Demonstrationen. 1st.
2) Fischereiliche Exkursionen.
Dr. Sokolowsky: Führungen durch den Zoologischen Garten und Hagenbecks
Tierpark, verbunden mit Demonstrationen von Nutz- und Wirtschafts-
tieren unserer Kolonien.
Baumeister Uhde: Übersicht über das Maschinenwesen unter Betonung
der für die Kolonien wichtigen Einrichtungen mit Besichtigungen
industrieller und gewerblicher Anlagen (Fortsetzung).
Prof. Dr. Gürich: 1) Die wichtigsten nutzbaren Minerale und Gesteine
der deutschen Schutzgebiete, erläutert in praktischen Übungen. 2st.
2) Geologische Exkursionen.
3. Landes- und Völkerkunde.
Prof. Dr. Passarge: 1) Landeskunde der deutschen Kolonien (Südsee
und Kiautschou). 2st. 2) Anthropogeographie. 4st. 3) Geographische
Übungen. 2st. 4) Anleitung zu geographischen Beobachtungen. 2st.
Mit Dr. Graff: Vermessungsübungen im Gelände. 2st. 5) Exkur-
sionen. Alle 14 Tage.
Dr. Schlee: Grundzüge der allgemeinen Erdkunde (zur Einführung in
das Verständnis der Länderkunde). 2st.
1a
170 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Prof. Dr. Becker: Geschichte und spezieller Charakter des Islams in
Afrika. 2st.
Prof. Dr. Thilenius: 1) Völkerkunde der deutschen Kolonien (Afrika).
2st. 2) Ethnographisches Kolloquium und Anleitung zum Sammeln
ethnographischen Materials. 3) Kolloquium für Mediziner.
Dr. Reche: Anthropometrisches Privatissimum.
4. Hygiene.
Prof. Dr. Mählens: Ausgewählte Kapitel aus der Tropenhygiene. 8 Stunden.
Prof. Dr. Fiilleborn: Kochkursus für Tropenärzte.
5. Sprachen.
Vorbemerkung: Die Teilnehmerzahl an den Sprachkursen war
auf 20 beschränkt. Zu den Kursen in der englischen und französischen
Sprache wurden in erster Linie nur solche Hörer und Hospitanten zu-
selassen, die außer den genannten Sprachen auch kolonialwissenschaft-
liche Vorlesungen hörten.
Prof. D. Meinhof, LL. D.: 1) Suaheli für Anfänger. 2) Duala für An-
fänger. 3) Vergleichende Grammatik der Bantusprachen. 4) Übungen
im Suaheli mit dem eingeborenen Sprachgehilfen Mtoro bin Mwenyi
Bakari. 5) Übungen im Duala mit dem eingeborenen Sprachgehilfen
Peter Makembe.
Zache: Kisuaheliübungen über Eingeborenenbehandlung und Eingeborenen-
rechtspflege (Schaurikunst).
Dr. Panconcelli-Calzia: Phonetik mit besonderer Berücksichtigung der
afrikanischen Sprachen.
Heepe: Suaheli für Fortgeschrittene.
Klingenheben: Ful für Anfänger.
Prof. Dr. Borchling: Kapholländisch.
Prof. Dr. Franke: 1) Erklärung chinesischer Texte modernen Stils für
Fortgeschrittene. 2st. 2) Erklärung chinesischer Texte klassischen
(alten) Stils für Fortgeschrittene. 2st.
Prof. Dr. Schädel: Grundzüge der allgemeinen Phonetik unter besonderer
Berücksichtigung des Französischen. Mit Demonstrationen und
Liehtbildern. Ist.
Hara: Japanisch Il. für Fortgeschrittene. 2st.
Dr. Tschudi: 1) Arabisch III. 2) Persisch II. für Fortgeschrittene.
3) Türkisch I. für Anfänger.
Dr. Panconcelli-Calzia: 1) Italienisch 1. für Anfänger. Fortsetzung des
Winterkursus. 4st. 2) Italienisch Il. für Fortgeschrittene. 2st.
3) Phonetisches Praktikum. 2st.
Hamburgisches Kolonialinstitut. kl
Prof. Dr. Ziebarth: 1) Neugriechisch I. für Anfänger. 2st. 2) Neu-
griechisch II. für Fortgeschrittene. 2st.
Harris: 1) Englisch I. für Anfänger. Neuer Kursus. 4st. 2) Englisch
für Anfänger. Fortsetzung des Winterkursus. 4st. 3) Englisch II.
für Fortgeschrittene. 2st. 4) Englisch für Tropenärzte.
Dr. Lavoipiere: 1) Französisch I. für Anfänger. Fortsetzung des Winter-
kursus. 4st. 2) Französisch II. für Fortgeschrittene. 2st.
Cortijo: 1) Spanisch 1. für Anfänger. Fortsetzung des Winterkursus. 4st.
2) Spanisch II. für Fortgeschrittene. 2st.
Frl. Zy: Portugiesisch I. für Anfänger. 4st.
II. Unterricht in technischen Hilfsfächern.
Prof. Dr. Voigt: Demonstration von Ausrüstungen für botanisches Sammeln
auf Reisen. Einmal 2 Stunden.
Dr. Reh: Anleitung zum Sammeln, Beobachten und Konservieren von
Tieren. 2 Stunden.
Prof. Dr. Fesca: Übungen über Anlage und Pflege von Baumpflanzungen.
Demonstration von Obstanlagen in Gemeinschaft mit Obergärtner
Warnecke.
Öberingenieur Sperber: Haus-, Wege- und Brückenbau in den Kolonien.
Von Mitte Juni ab. Ist.
Kaidirektor Winter: Kai- und Hafenbetrieb. Bis Mitte Juni. 1st.
Dr. Förster: Anleitung zum Segeln auf Fluß und See. Vorträge und
praktische Übungen.
Präparatoren des Naturhistorischen Museums: Anleitung zum Abbalgen,
Skelettieren, Konservieren und Ausstopfen der höheren Wirbeltiere.
Kursus der Photographie.
II. Unterricht in körperlichen Übungen.
Reitunterricht.
Fechtunterricht.
IV. Ergänzungsvorlesungen.
Zur Ergänzung der Vorlesungen des Kolonialinstituts wurden die
Hörer und Hospitanten auf die folgenden Vorlesungen und Übungen des
Allgemeinen Vorlesungswesens hingewiesen.
Prof. Dr. Rathgen: Allgemeine Volkswirtschaftslehre.
Dr. Soltau: 1) Bankwesen. 2) Volkswirtschaftliche Übungen für Anfänger.
Dr. Lavoipiere: Praktischer Kursus zur Einübung der französischen
Aussprache.
Prof. Dr. Becker: 1) Arabisches Praktikum. 2) Syrisches Praktikum.
Dr. Tschudi: Türkisches Praktikum.
Prof. Dr. Franke: Geschichte der chinesischen Verfassung. II. Teil.
172 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Prof. Dr. Gürich: Geologische Exkursionen.
Prof. Dr. Vosgt: Praktische Übungen im Untersuchen und Bestimmen
pflanzlicher Rohstoffe des Handels: Rohstoffe der Papier- und
Textilindustrie.
Eine Übersicht über den Lehrstoff des dritten Studienjahres ergeben
die folgenden Berichte der Dozenten.
Professor Dr. F. Keutgen: Kolonialgeschichte.
Im Wintersemester 1910/11 setzteich meine Vorlesung über Allgemeine
Kolonialgeschichte der Neuzeit fort und sprach über die englische Ost-
indische Gesellschaft, die französischen Kolonisationsversuche in Mada-
gaskar im 17. Jahrhundert, die Kämpfe der Engländer und Franzosen in
Vorderindien und die Begründung des englischen Kolonialreiches eben-
dort; ferner über die Kolonien der verschiedenen Völker in Westindien, die
Abschaffung desSklavenhandels und der Sklaverei durch die europäischen
Staaten bis Mitte des 19. Jahrhunderts. In den kolonialgeschichtlichen
Übungen wurden von den Teilnehmern Referate gehalten und gemein-
sam besprochen: über die kolonialpolitischen Ansichten Adam Smiths;
über die englische Kolonialpolitik in Nordamerika im 17. und 18. Jahr-
hundert nach Egerton; über Lord Cromers Egypten und über Ermels,
Frankreichs koloniale Handelspolitik.
Im Sommersemester 1911 nahm ich die Vorlesung über Allgemeine
Kolonialgeschichte der Neuzeit wieder auf, und zwar in veränderter
Anordnung. Ich las demnach über die Entdeckungen der Portugiesen
in Afrika, die Eroberungen der Spanier und das spanische Kolonial-
system in Amerika, die Portugiesen in Ostindien, die Niederländer eben-
dort bis zur Übernahme der Kolonien durch den Staat am Anfange des
19. Jahrhunderts; endlich, wie am Anfange des Studienjahres (indem
ich dafür die nordamerikanische Geschichte auf das Winterhalbjahr
verschob), über Franzosen und Engländer in Ostindien bis Ende des
18. Jahrhunderts.
Professor Dr. Perels: Kolonialrecht.
In der Vorlesung wurde der Stoff in einer im Winter- und Sommer-
semester je zwei Wochenstunden umfassenden Jahresvorlesung der-
gestalt behandelt, daß im Wintersemester das Staats- und Verwaltungs-
recht, im Sommersemester das Privat- und Strafrecht zur Darstellung
gelangte. Dabei konnte auch die weiter ausgebaute Sammlung der Realien
des Rechtslebens der Schutzgebiete für die Vorlesung nutzbar gemacht
werden und das gesprochene Wort durch gegenständliche Veranschau-
licehung wirkungsvoll ergänzen.
In den für juristisch vorgebildete Hörer veranstalteten Übungen
wurden schwierigere praktische Kolonialrechtsfälle eingehend erörtert.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 173
Dr. Radlauer: Übungen zur Einführung in das Kolonialrecht.
Dr
Nach den im vorjährigen Bericht bezeichneten Gesichtspunkten
wurden im Wintersemester 1910/11 vor allem die Grundzüge des
mutterländischen öffentlichen Rechts dargelegt; besonders eingehend
wurde die Organisation des Staates und der Behörden, insbesondere
auch der Gerichte, besprochen. Daran schloß sich ein enzyklopädischer
Überblick über die einzelnen Verwaltungszweige. Endlich gelangten
die Grundzüge des internationalen Privat-, Straf- und Prozeßrechts
zur Darstellung.
v.Wrochem: Übungen zur Einführung in das Kolonialrecht. (Sommer-
semester.)
Die Übungen haben den Zweck, die niehtjuristischen Hörer der
Vorlesung über Kolonialrecht mit den Grundzügen des deutschen Rechts
vertraut zu machen. Sie begannen mit der Besprechung des Unter-
schiedes zwischen Recht, Sitte und Moral und mit der Erläuterung
der Grundbegriffe. Sodann wurde die Lehre von den Rechtsquellen
vorgetragen und schließlich ein enzyklopädischer Überblick über das
deutsche Privat- und Strafrecht gegeben.
D. Dr. Richter (Schwanebeck): Geschichte der protestantischen Missionen
in den deutschen Kolonien im Rahmen der allgemeinen Kultur- und
Kolonialbewegung. (Sommersemester.)
1) Allgemeine Gesichtspunkte für die Beurteilung der Missionen im
Rahmen unserer Kolonialgeschichte, ihre Verflochtenheit in die natio-
nalen Aufgaben der Kolonisation, ihre Abhängigkeit von der Beur-
teilung der Psyche und der Entwicklungsmöglichkeiten des Afrikaners
und ihr prinzipiell religiöser Charakter. 2) Die parallel verlaufene
Missionsgeschichte von Kamerun und Togo mit ihren großen Opfern
an Menschenleben und das erfolgreiche Bestreben, eine auf dem er-
wachenden Bildungshunger beruhende, volkstümliche Bewegung zum
Christentum anzuregen. 3) Deutsch-Ostafrika: Der Aufmarsch der
protestantischen Missionskräfte. 4) Deutsch-Ostafrika: Besonders
wichtige Probleme (Bekämpfung der Sklaverei, Vordringen des Islam,
Missionsschulwesen.) 5) Deutsch-Südwestafrika: Die wechsel- und
enttäuschungsreiche Missionsgeschichte im Zusammenhang mit der
bewegten Kolonialgeschichte. 6) Allgemeine Umrisse der verwen
(seschichte der Südseemissionen.
Professor D. Dr. Schmidlin (Münster i. W.): Die katholischen Missionen
in den deutschen Kolonien. (Sommersemester.)
) Organisation und Tätigkeit der katholischen Missionen, Missions-
subjekt und Missionsorgane (Kirche, Papst, Propaganda, Missions-
senossenschaften, Missionare, Aufwendungen und Statistik), auswär-
tiger Missionsbetrieb (Bezirke und Stationen, religiöse Tätigkeit oder
174 Hamburgisches Kolonialinstitut.
eigentliche Evangelisierung, kulturelle Arbeit: Erziehung zur Arbeit,
Schule, wissenschaftlich-lterarische und karitative Tätigkeit, Kate-
chumenat und Taufe), Resultate und Erfolge, Verhältnis zu den anderen
keligionen und Missionsziel. 2) Die historische Entwicklung und der
gegenwärtige Stand der katholischen Missionen in den deutschen Kolonien
nach der Reihenfolge der einzelnen Schutzgebiete bezw. Missionsbezirke
(nach einer Eimleitung über Quellen und Literatur und die jüngste
Entwicklung des heimatlichen Missionswesens): Togo, Kamerun, Süd-
westafrika, Ostafrika, Kaiser-Wilhelms-Land, Neupommern, Salomonen,
Samoa, Marshallinseln, Karolinen und Marianen, Kiautschou, zum
Schlusse eine Gesamtübersicht. 3) Einige prinzipielle Leitsätze über die
Beziehungen zwischen Mission und Kolonialpolitik, nach einer histo-
rischen Einführung über die früheren Beziehungen und die sich ihnen
anschließende missionstheoretische Literatur: Verschiedenheit und Selb-
ständigkeit beider Faktoren, gegenseitige Berührungspunkte, Nutzen
der Kolonialpolitik für die Mission (kolonialrechtliche Basis) und
Stellung der Mission zur Kolonialpolitik, Ziele der allgemeinen und
deutschen Kolonialpolitik, kolonialpolitische Verdienste der katholischen
Mission (auf wirtschaftlichem, intellektuellem, sozialem, ethischem und
religiösem Gebiet) und Stellung der Kolonialpolitik zur Mission, einzelne
Fragen und Probleme (Schule, Polygamie, Verhältnis zum Islam und
zur protestantischen Mission), endlich Mission und Kolonisten.
Regierungsrat Dr. @raef (Düsseldorf): Verwaltungspraxis in den Kolonien.
I. Teil (Wintersemester) unter besonderer Berücksichtigung der Einge-
borenenrechtsprechung.
II. Teil (Sommersemester) unter besonderer Berücksichtigung der Ein-
geborenenverwaltung. Die im Il. Studienjahre vorgenommene Einteilung
des Stoffes wurde im wesentlichen beibehalten. Nur wurde der Ein-
geborenenrechtsprechung an der Hand praktischer Fälle ein größerer
kaum gewährt. Außerdem wurde besonderer Wert darauf gelegt, den
Hörern praktische Anleitung für die spätere Heranziehung der ein-
geborenen Oberen zu den Aufgaben der Rechtsprechung und Verwaltung
und für die Pflege der Beziehungen der europäischen Beamten zu den
eingeborenen Funktionären einerseits und zu der Masse der eingeborenen
Bevölkerung andererseits zu geben.
Professor Dr. Rathgen: Kolonialpolitik.
Die Vorlesung wurde in vier Wochenstunden im Winter- und im
Sommersemester durchgelesen. Der Zweck der Vorlesung ist, eine
allgemeine vergleichende Grundlegung der Kolonialpolitik mit dem
Studium der deutschen Kolonialpolitik zu verbinden.
Im Wintersemester wurde ein geschichtlicher Überblick über die Ent-
wicklung der modernen Kolonialpolitik gegeben, wobei der Brennpunkt
Hamburgisches Kolonialinstitut. 175
auf der Darstellung der Zeit seit 1880 lag. Daran schloß sich eine
Übersicht über die Grundzüge der politischen Organisation einerseits,
über die Eingeborenenpolitik andererseits. Endlich wurde der Handel
und die Handelspolitik der Kolonien erörtert.
Im Sommersemester wurden die übrigen Gebiete des Wirtschafts-
lebens und der Wirtschaftspolitik behandelt (die europäische Auswan-
derung, Deportation, Kuliwesen, Sklaverei; Landpolitik und Besiedelung;
Geld- und Bankwesen, Kredit und Kapitalorganisation; die Verkehrs-
mittel, insbesondere die Eisenbahnen; die Finanzen, insbesondere die
finanziellen Beziehungen zwischen Kolonie und Mutterland und die
Steuern). Der Inhalt der Vorlesung wurde in Konversatorien durch-
gesprochen und repetiert.
Die gemeinsam mit Professor Dr. Vorgt geleiteten Besichtigungen
bezweckten, die Teilnehmer mit den Einrichtungen des Hamburger und
Bremer Seehandels bekannt zu machen und ihnen die Behandlung,
Aufbereitung und Verarbeitung kolonialer Produkte zu zeigen.
Eine größere Anzahl von Hörern des Kolonialinstituts besucht regel-
mäßig die volkswirtschaftlichen Vorlesungen des Vorlesungswesens und
die Übungen des Seminars für Nationalökonomie.
Bücherrevisor Koock: Buchhaltung und Bilanzkunde.
Es ist im wesentlichen derselbe Stoff behandelt, der im Jahre 1910
zum Vortrag gebracht wurde. Durchgreifende Änderungen sind in
den praktischen Übungen eingetreten. Diese beschäftigten sich in
der ersten Zeit der Vorlesungen mit der Anfertigung und Ausarbeitung
schwieriger Buchungen; später wurden die Bilanzen von Kolonial-
gesellschaften und Fabrikbetrieben zum Gegenstande der Beurteilung
gemacht.
Folgende Kapitel wurden besonders behandelt: 1) Grundideen
der Doppik. 2) Grundbücher, Hauptbücher, Nebenbücher. 3) Ameri-
kanische, italienische, gemischte Buchhaltung. 4 Kontrollmethoden.
5) Auffinden von Rechnungsfehlern. 6) Statistik. 7) Kalkulation.
8) Revision der Bücher und Bilanzen. 9) Beurteilen von Bilanzen
und Prospekten. 10) Bilanzverschleierungen und Bilanzfälschungen.
Professor Dr. Fesca: Wintersemester: 1. Pflanzenernährung, Pflanzenzüch-
tung und Düngerlehre.
Nach Besprechung der wichtigen die Pflanzen zusammensetzenden
Stoffe wurden die Organe sowie ihre Funktionen behandelt und daran
anknüpfend die Fortpflanzung und Züchtung der Kulturpflanzen und
schließlich die physiologischen Prozesse der Pflanzenernährung er-
örtert. In der Düngerlehre wurde behandelt: das Nährstoffbedürfnis
der Pflanzen und das des Bodens; Ersatz- und Produktionsdüngung;
die direkten Düngermittel, und zwar Spezialdünger (künstliche Dünger-
17
So
6 Hamburgisches Kolonialinstitut.
mittel), Universaldünger (Stallmist, Abfallstoffe usw.); die Gründüngung,
schießlich die indirekten Düngermittel (Kalk usw.). Der Einfluß des
Tropenklimas auf die Wirkung der Düngermittel wurde besonders be-
rücksichtigt.
Spezieller Pflanzenbau.
Faserpflanzen und Kautschuk und Gutta liefernde Pflanzen. Nach
Besprechung der Eigenschaften der Pflanzenfasern (Pflanzenhaare, Bast-
fasern, dikotyledoner und monokotyledoner Pflanzen) wurden die Wachs-
tumsbedingungen, Typen und Varietäten, Kultur, Ernte, Ertrag und
Aufbereitung der Faser folgender Pflanzen behandelt: 1. Baumwolle,
2. Kapok, 3. Hanf, 4. Ramie, 5. JJute, 6. Manilahanf und andere
Musafasern, 7. Sisalhanf und andere Agavefasern, 8. Bromeliafasern,
9. Sansevierafasern, 10. Neuseelandflachs, 11. Esparto oder Halfa.
Der zweite Teil behandelt die Eigenschaften des Kautschuk, der Gutta-
percha, der Balata und der Milchsäfte, die Abscheidung des Kaut-
schuks aus den Milchsäften und andere Kautschukgewinnungsverfahren
sowie auch die Zapfverfahren. Schließlich wurden die Wachstums-
bedingungen, die Kultur, die Ausbeutung und die Erträge der einzelnen
wichtigen Kautschuk- und Guttapflanzen erörtert.
Farm- und Plantagenwirtschaft, Betriebslehre mit besonderer Be-
rücksichtigung kolonialer Verhältnisse.
Bei Behandlung des Bodenkapitals wurden die Bodenerwerbsverhält-
nisse, ebenso bei Behandlung der Arbeiterfrage die Arbeitsverhältnisse
in verschiedenen deutschen und außerdeutschen Kolonien besprochen.
Auch auf die Eigenartigkeit der Absatzverhältnisse in verschiedenen
Kolonialländern wurde näher eingegangen. Die Unterschiede von
Plantagen- und Farmwirtschaft, von Großbetrieb und Kleinbetrieb, die
verschiedenen Formen der Bewirtschaftung (Selbstwirtschaft, Pacht,
Admimistration) wurden erläutert. Den Schluß bildeten Ausführungen
über landwirtschaftliche Berechnungen, besonders die Bewertung markt-
loser Produkte und landwirtschaftliche Ertragsberechnungen.
Übungen im landwirtschaftlichen Laboratorium, gemeinschaftlich mit
Dr. Grimme.
Es wurden ehemisch-physikalische Untersuchungen landwirtschaft-
lich wichtiger Stoffe (Wasser, Boden, Dünger- und Futtermittel,
Zucker, Gerbstoffe usw.) mit den Studierenden ausgeführt.
mmersemester: 1. Klima- und Bodenlehre.
Nachdem das solare Klima kurz erläutert war, wurde das tellurische
(tatsächliche) Klima ausführlicher behandelt. Die klimatischen Fak-
toren (Wärme, Luftfeuchtigkeit, Niederschläge, Winde usw.) wurden
in ihrer Wechselwirkung aufeinander und besonders in ihrer Wirkung
auf das Pflanzenwachstum besprochen. Die Unterschiede von Land-,
"VETRER
Hamburgisches Kolonialinstitut. T
See- und Gebirgsklima sowie die Eigenartigkeit und Abgrenzung der
einzelnen klimatischen Zonen, namentlich der tropischen und sub-
tropischen Zone, wurden dargelegt und dabei auf die dominierenden
Einflüsse der klimatischen Verhältnisse auf die Ausgestaltung des land-
wirtschaftlichen Betriebes hingewiesen. Den Schluß bildete eine kurze
Schilderung der klimatischen Verhältnisse der deutschen Kolonien.
In der Bodenlehre wurde die Bodenbildung (Verwitterung des Ge-
steins, Versetzung der organischen Substanz, Wirkung des Wassers
und der Luftströmungen) erläutert und nachgewiesen, daß die Unter-
schiede der Bodenbildung in den Tropen von der in der gemäßigten
Zone in den klimatischen Verschiedenheiten ihre Ursache haben.
Darauf folgte die Besprechung der Bodeneigenschaften in ihrer Be-
deutung für das Pflanzenwachstum und daran anschließend die Be-
sprechung der Bodenuntersuchung. Schließlich wurde die Boden-
bearbeitung und die Bodenmelioration behandelt. Es wurde die Wirkung
der Bodenbearbeitungsinstrumente auf die Verbesserung der Boden-
eigenschaften sowie ihre sachgemäße Anwendung und die wichtigsten
Meliorationen, die Bodenklärung (Waldroden usw.), die Ent- und
Bewässerung erläutert.
Spezieller Pflanzenbau.
Ernährungsfrüchte, Zuckerpflanzen, Südfrüchte. Es wurden die
- Wachstumsbedingungen, die Typen und Varietäten, die Kultur, die Ernte
und ihre Aufbereitung und die Erträge der folgenden Pflanzen behandelt:
1. Getreidearten (Reis, Mais, Hirse, Weizen, Gerste), 2. Hülsenfrüchte
(Sojabohne u. a.), 5. Wurzeln und Knollen (Batate, Kartoffel, Taro,
Yams, Cassave, Arrowroot), 4. Zuckerrohr und Zuckerhirse, 5. Süd-
früchte (Orangen und Zitronen, Bananen, Feigen, Ananas, Melonen-
baum, Feigenkaktus, Tamarinde, Brotfruchtbaum (Artocarpus), Mango-
stan, Rambuttan, Anonen, Guajaven, ‚Jambos, Mangobaum usw.).
Tierische Ernährungslehre.
Nach Besprechung der den tierischen Körper zusammensetzenden
und in den Futtermitteln enthaltenen Stoffe wurden der Verdauungs-
prozeß und die Gesetze der Fleisch- und Fettbildung sowie der Er-
zeugung der Muskelkraft (Arbeit) erläutert. Vom Erhaltungsfutter
ausgehend wurden dann die für die verschiedenen Leistungen (Bildung
von Körpersubstanz, Arbeit) erforderlichen, mit dem Futter zu gebenden
Energiewerte erörtert. Zum Schlusse wurden die einzelnen Futtermittel,
ihr Nährstoffgehalt, ihre Verdaulichkeit und Wertigkeit behandelt.
Praktische Demonstrationen für die Anlage tropischer Pflanzungen
in Gemeinschaft mit Obergärtner Warnecke.
Dieselben erstreckten sich auf: 1. Anlage von Saatbeeten, Aussaat,
Schattierung der Saatbeete, Aussaat in Körben und Töpfen. 2. Andere
TS Hamburgisches Kolonialinstitut.
Vermehrungsarten (Stecklinge, Markotten, Wurzelschößlinge usw.).
3. Auspflanzen von Bäumen. 4. Veredelung (Pfropfen und Okulieren).
5. Baumsehnitt (Pyramiden, Kronen, Busch usw.).
Professor Dr. Voigt: Koloniale Nutzpflanzen, ihre Kultur, ihre Produkte
und ihre Schädlinge (zweistündig mit Demonstrationen).
Die Vorlesungen sollen einen Überblick über die wichtigsten Kultur-
und Nutzpflanzen der Erde geben, geschildert an den Verhältnissen in
ihren bedeutendsten Produktionsgebieten. Die Produkte selbst werden
demonstriert an Warenproben des deutschen Imports. Soweit die
deutschen Kolonien an der Einfuhr beteiligt sind oder Versuche über
den Anbau angestellt haben, werden diese Verhältnisse eingehend be-
sprochen. Die einzelnen Nutzpflanzen und ihre Kultur werden durch
Material aus dem Botanischen Garten und durch Lichtbilder veran-
schaulicht. Die Warenproben sind den Hörern vor und nach der Vor-
lesung zur Besichtigung zugänglich. Die Vorlesungen behandelten die
nachstehenden Gruppen:
1. Nahrungsmittel: Die Getreide: Roggen, Weizen, Gerste, Hafer,
Mais, Reis, Hirse. Die Mehl liefernden Knollen usw. Batate, Yams,
Maniok, Sago, Banane. Hülsenfrüchte. Tropisches Obst. Zucker,
Alkohol, Bier.
2. Genußmittel: Kaffee, Kakao, Tee, Mate, Kola, Guarana und
ihre Aufbereitung.
3. Gewürze: Pfeffer, Zimt, Nelken, Vanille, Kardamon, Ingber,
Muskatnuß usw.
4. Medizinalpflanzen: Chinarinde, Opium, die wichtigsten Drogen
unter besonderer Berücksichtigung solcher afrikanischer Provenienz
oder solcher, die in der Literatur gelegentlich zum Anbau empfohlen
worden sind.
5. Farb- und Gerbstoffe: Allgemeine Übersicht über die Pflanzen-
farbstoffe und Gerbmaterialien, insbesondere Indigo, Farbhölzer,
Wattlerinde, Mangroverinde u.a.
6. Faserstoffe: Baumwolle, Kapok, Akon, Flachs, Hanf, Jute,
Ramie. Sisal, Manila, Sanseveria, Istle.e Piassaven, Zacaton.
Raphiabast. Panamastroh.
7. Nutzhölzer: Mahagoni, Teak, Zedern, Ebenholz, Jakaranda u. a.
Ss. Fette Öle und Fette: Erdnuß, Sesam, Baumwollsaat, Mohn,
indische Rapssorten. Kokospalme, Ölpalme. Sheanuß u. a.
9. Pflanzenwachs: Karnauba, Raphiawachs.
10. Ätherische Öle: Zitronellgras, Ylang Ylang, Kampfer u. a.
ll. Gummi, Balsame und Harze: Gummi arabicum, Terpentin,
Kopale.
12. Kautschuk, Guttapercha, Balatı
Hamburgisches Kolonialinstitut. 179
Praktische Übungen im Untersuchen und Bestimmen pflanzlicher Roh-
stoffe des Handels (einmal dreistündig).
Die Übungen bezwecken im wesentlichen, die in den Vorlesungen
vorgeführten Rohstoffe den Hörern näher zu bringen, sie mit der
Beschaffenheit der üblichen Handelsware bekannt zu machen und die
Anforderungen an die Beschaffenheit und Zusammensetzung zu erläutern.
Daneben wird dureh leichtere mikroskopische Übungen das Verständnis
für einige Rohstoffe, wie Stärkemehle, Faserstoffe, Hölzer, sowie für
einfachere Fabrikate, wie Müllereierzeugnisse, Ölkuchen, Papier u. a..
zu vertiefen versucht.
Professor Dr. Rathgen und Professor Dr. Voigt: Besichtigung von Waren-
lagern, Aufbereitungsanstalten und industriellen Anlagen (14tägig).
Die Besichtigungen wurden eröffnet mit einer Hafenfahrt, an die
sich ein Rundgang durch die Kaischuppen der südamerikanischen,
mittelamerikanischen und afrikanischen Dampferlinien anschloß, um so
den Hörern einleitend eine Vorstellung von der Vielseitigkeit und
Menge der importierten Rohstoffe zu geben. Die zweite Besichtigung
führte dann die Hörer im einige große Lagerhäuser des Freihafens,
wodurch eine Vervollständigung des im Hafen gewonnenen Bildes
erreicht werden sollte. Das dritte Mal wurden Zolleinriehtungen des
Hamburger Hafens und vor allem der umfangreiche Umschlagverkehr
an der Grenze zwischen Freihafen und der Oberelbe, sowie die Aus-
wandererhallen der Hamburg-Amerika Linie besichtigt. Sodann kamen
Brauereien, Getreidemühlen und Zuckerfabriken an die Reihe. Hierauf
folgten: eine Reisschälmühle, eine Kakaofabrik, eine Ölmühle, ein
erobes Holzlager, eine Kautschukfabrik, eine Lederfabrik, eine Lino-
leumfabrik. eine Wollkämmerei und die Spinnerei und Weberei einer
sroben Treibriemenfabrik.
Am Ende des Wintersemesters wurde ein größerer Ausflug nach
Bremen unternommen zur Besichtigung der dortigen Freihafenanlagen,
Tabaklager und der Baumwollbörse.
Professor Dr. Klebahm: Einführung in die Grundlagen der Bodenkunde.
Behandelt wurden folgende Gegenstände: Die wichtigsten Stoff-
wechselvorgänge in der Pflanze (Wasseraufnahme und -abgabe, Kohlen-
stoffassimilation, Stickstoffaufnahme, Mineralstoffaufnahme, Atmung)
und die Beziehungen dieses Prozesses zum Boden. Die Entstehung
des Bodens durch Einwirkung physikalischer und chemischer Kräfte
auf die Gesteine. — Die wichtigsten bodenbildenden Gesteine und
die in ihnen enthaltenen Mineralien, sowie deren chemische Bestand-
teile. — Chemische Bodenuntersuchung, die wichtigen chemischen
Bodenbestandteile. Ihre Umsetzungen, Absorption und Auswaschung.
Folgerungen für die Verwendung der künstlichen Düngemittel. —
180 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Die Reste des organischen Lebens im Boden. Verwesung und
Fäulnis. Der Humus, seine Bestandteile und deren Eigenschaften,
seine nützlichen und schädlichen Wirkungen. Humusablagerungen. —
Die Organismen des Bodens. Pilze und Bakterien. Die durch sie be-
wirkten Gärungen und Zersetzungen. Abhängigkeit des Bodenstickstoffs
von den Bakterien. Die Wurzelknöllchen. Bedeutung der Tierwelt
des Bodens.
Die physikalischen Eigenschaften des Bodens: Mechanische Boden-
bestandteile; Methoden der mechanischen Bodenanalyse und deren
Mängel. Struktur des Bodens, Einzelkorn- und Krümelstruktur, Ein-
wirkungen auf die Krümelstruktur, Ackergare; Dichtschlämmen und
Verkrusten; Bedeutung der Bodenstruktur für die Ernte. Bindigkeit
des Bodens, Methoden der Untersuchung, Bedeutung für die Bearbeitung.
Kultur sehr schwerer Böden. — Boden und Wasser; Hygroskopizität,
Beziehungen zur Bodenoberfläche; Bedeutung der Bodenoberfläche.
Kapillarität; Steighöhe des Wassers. Wasserkapazität, Abhängigkeit
von der Struktur, Einfluß der Bearbeitung. Durchlässigkeit, Abhängigkeit
von Zusammensetzung und Struktur. Benetzungswiderstand. Ausnutzung
des Bodenwassers durch die Pflanze. Die Verdunstung; Abhängigkeit
von Luftfeuchtigkeit, Bodenoberfläche, Wassergehalt, Bearbeitung. —
Boden und Luft; chemische Verhältnisse der Atmosphäre und der
Bodenluft; Luftkapazität und Luftleitungsvermögen des Bodens; Be-
deutung der Bodenluft; Wirkung der Bodenluft auf Zersetzungsprozesse
im Boden. — Boden und Wärme; Wärmekapazität, Wärmeleitungs-
fähiekeit, Wärmeaufnahme und -abgabe. — Methoden zur Bestimmung
der physikalischen Konstanten des Bodens. — Die Bodendeeken und
deren Bedeutung. — Bodenklassifikation und Bonitierung; bisherige
Methoden; Möglichkeiten einer wissenschaftlichen Behandlung.
Düngerlehre: Die Pflanzennährstoffe, Ersatzdüngung, Düngung zur
Steigerung der Erträge, Düngung zur Verbesserung des Bodens, direkte
und indirekte Düngemittel. Natürliche und künstliche Düngemittel.
Die Gründüngung. Der Stallmist; Arten, Bestandteile, Wert. Zer-
setzung, Konservierung; die Einstreu und deren Bedeutung. Andere
Düngearten organischen Ursprungs. Die mineralischen und die künstlich
gewonnenen Düngemittel. Kali, Phosphorsäure, Stickstoff. Gesetz des
Minimums. Die einzelnen Arten der künstlichen Düngemittel.
Dr. Reh: 1. Tierische Schädlinge der Kulturpflanzen unserer Kolonien und
ihre Bekämpfung.
Als Einleitung wurde auf die große, lange nicht genug ge-
würdigte Bedeutung der tierischen Feinde der Kulturpflanzen hin-
gewiesen. Fügen sie doch Deutschland jährlich Verluste von hunderten
von Millionen Mark zu. In den Tropen mit ihrer ungleich reichlicher
Hamburgisches Kolonialinstitut. 181
entwickelten Tierwelt ist die Bedeutung dieser Schädlinge noch viel
größer. So haben sie schon mehrfach die Kultur bestimmter Pflanzen
in gewissen Gebieten unmöglich gemacht (z. B. der Käfer Inesida leprosa
die Kultur von Castilloa in Kamerun). Ferner geben sie nicht selten
Veranlassung zu ausgedehnten Hungersnöten und pestartigen Erkran-
kungen, denen Hunderttausende von Eingeborenen zum Opfer gefallen
sind. Namentlich die Heuschrecken. Ihre Kenntnis gehört also zu
den Grundbedingungen eines erfolgreichen Landbaues.
Es wurden dann die in Betracht kommenden Tiergruppen in z00-
logisch-systematischer Reihenfolge besprochen; ihre Lebensweise, ihre
Kennzeichen, die Art ihrer Schädigung und ihre Bekämpfung wurden
geschildert. i
Eine Vorbeugung oder die Bekämpfung der Schädlinge ist in den
meisten Fällen möglich. Wird sie auch nie dazu führen, die Schädigung
ganz zu verhindern oder den Schädling ganz zu vernichten, so muß
doch immer dahin gestrebt werden, mit möglichst geringen Mitten
den Schaden auf ein möglichst geringes Maß zu beschränken.
Die biologische Bekämpfung durch insektenfressende Tiere und
parasitische Pilze ist immer ein erwünschtes Hilfsmittel, aber auch nicht
mehr. Nur lokal, unter gewissen günstigen Verhältnissen, kann sie von
größerer Bedeutung sein. Die Hauptsache ist immer die direkte Be-
kämpfung, mittels eigens zu diesem Zwecke erbauter Apparate und
zusammengesetzter chemischer Mittel. Die wichtigsten und bewährtesten
dieser beiden wurden besprochen und gute Pflanzenspritzen vorgeführt.
Unter den chemischen Mitteln nehmen die Arsen-Verbindungen heute
die führende Rolle ein; doch wurde auf ihre große Gefährlichkeit für
Menschen und Tiere (Weidevieh) hingewiesen, sowie auf neuere Unter-
suchungen, die auch ihre Giftiekeit für die Pflanzen bei ununterbrochener
Anreicherung des Bodens durch häufiges Spritzen mit ihnen zu erweisen
scheinen. Auch das Karbolineum wurde eingehend besprochen, das in
neuester Zeit namentlich im Deutschland so umfassend angewandt
wird und sich insofern als ein Universalmittel erwiesen hat, als es
nicht nur die meisten Schädlinge vertilgt, sondern, richtig angewandt,
auf die Pflanzen einen Wachstumreiz ausübt, den Boden desinfiziert
und zugleich düngt.
Anleitung zum Sammeln, Beobachten und Konservieren von Tieren.
Die Methoden und Gerätschaften zum Sammeln, Abtöten und Kon-
servieren von Land- und Süßwasser-Tieren wurden besprochen und zum
Teil vorgeführt. Von größter Wichtigkeit ist sorgfältige Verpackung,
da durch ungeeignete auch die beste Sammlung vernichtet werden
kann. Von den meisten Sammlern wird leider die Etikettierung arg
vernachlässigt; und doch ist ohne sie eine wissenschaftliche Ver-
182 Hamburgisches Kolonialinstitut.
wertung des gesammelten Materials oft kaum oder nicht möglich.
‚Je genauer sie ist, um so größer ist der Wert der Sammlung. Am besten
wird sie noch unterstützt durch ein sorgfältig geführtes Tagebuch.
Alle diese Vorschriften sind in der vom Naturhistorischen Museum
herausgegebenen Sammelanleitung auseinandergesetzt, die den Hörern
mitgegeben wird.
Im Gegensatze zu den reisenden Sammlern und Forschern sind die
sebhaften Kolonisten in der Lage, mit leichter Mühe eingehende Be-
obachtungen und Untersuchungen über die Lebensweise und Lebens-
verhältnisse der exotischen Tiere anzustellen, über die wir noch herz-
lich wenig wissen, so daß fast jede Angabe von Wert ist. Als be-
sonders wichtig wird hingewiesen auf die Verhältnisse der Fortpflanzung,
der Entwickelung nach der Geburt (verschiedene Altersstadien), auf
die Abhängigkeit von Tages- und Jahreszeiten (Sommerschlaf), die
Wanderungen, das Verhalten zu anderen Tieren (Schutz- und Schreck-
mittel, innerer und äußerer Parasitismus), auf die Beziehungen zu
Pflanzen (Befruchtung durch Tiere, Schädlichkeit letzterer, Gallen
usw.), auf die Beziehungen zum Menschen (Haus- und JJagdtiere, eß-
bare Tiere, Tiere in Sagen, Märchen und religiösen Gebräuchen, ein-
heimische Namen usw.).
Da viele dieser Verhältnisse nicht so ohne weiteres durch Beob-
achtungen am lebenden Tiere festzustellen sind, sondern nur durch
Zucht, werden deren verschiedene Methoden eingehend erörtert.
Professor Dr. Brick: Krankheiten und Schädigungen tropischer Kultur-
pflanzen.
Nach kurzer Behandlung der auffälligsten Bildungsabweichungen
und Mißbildungen der Pflanzen wurden die Erkrankungen durch
atmosphärische Einflüsse (Wirkung niederer und hoher Temperaturen,
Lichtmangel und Lichtüberfluß, Witterungseinflüsse, schädliche Gase)
und durch Einwirkung der im Boden vorhandenen Stoffe (Wasser-
und Nährstoffmangel und -überfluß, mangelhafte Durchlüftung, schädliche
Gase) sowie die Wunden, ihre Heilung und Behandlung besprochen.
Es folgten dann die Schädigungen durch phanerogame Parasiten
(Loranthaceen, Orobancheen u. a.) schmarotzende Algen und die
durch parasitäre Pilze hervorgerufenen Krankheiten der tropischen
Nutzpflanzen in der Reihenfolge des Pilzsystems. Dabei wurde
dieses so weit behandelt, wie es zur Bestimmung des pilzlichen
Krankheitserregers erforderlich ist. Die einzelnen Krankheiten wurden
an Objekten, Abbildungen und mikroskopischen Präparaten erläutert,
die erprobten Bekämpfungsmaßnahmen und bewährten Gegenmittel
sowie die dafür nötigen Apparate angegeben und, soweit es möglich
war, vorgeführt. Wegen der Kürze der Zeit, die zur Verfügung stand,
Hamburgisches Kolonialinstitut. 155
wurden in dem einen Semester die durch Pilze hervorgerufenen
Krankheiten, in dem anderen die nieht parasitären Schädigungen aus-
führlicher behandelt.
Dr. Heering: Grundzüge der Pflanzengeographie mit besonderer Berück-
sichtigung der deutschen Kolonien. (Wintersemester.) 6 Stunden.
Nach einigen einleitenden Mitteilungen über die Ziele, die ver-
schiedenen Wege der pflanzengeographischen Forschung und die Be-
deutung der Pflanzengeographie auch für praktische Fragen wurden
die wichtigsten Grundbegriffe der Pflanzengeoeraphie an heimischen
Beispielen erläutert. Von den deutschen Kolonien wurden Kamerun
und Deutsch-Ostafrika berücksichtigt. Um die Eigentümlichkeiten
und die verschiedenen Formen des tropischen Waldes zu zeigen,
wurde besonders das Kameruner Waldland eingehend besprochen.
Beispiele aus Deutsch-Ostafrika wurden hingegen in erster Linie
herangezogen, um die verschiedenartige Ausbildung der Steppen zu
zeigen. Die Vorträge wurden durch die Vorführung von Lichtbildern
veranschaulicht. Ferner fanden Demonstrationen lebender Pflanzen
im Botanischen Garten statt.
Professor Dr. K. Kraepelin: Einführung in die biologischen Wissenschaften.
Anknüpfend an die Linnesche Einteilung der Naturkörper in drei
getrennte Reiche, wurde der Begriff des Lebens erörtert und an den
Leistungen der niedersten Lebewesen des Tier- und Pflanzenreiches
erläutert. An die Betrachtung der Einzelligen schloß sich eine kurze
Darstellung des phylogenetischen Aufstiegs der Vielzelligen, eine Über-
sicht der wichtigsten Gewebe und Organe des Pflanzen- und Tier-
körpers unter Betonung ihrer physiologischen Leistungen (Schutz-,
Stütz- und Bewegungsorgane, Ernährung, Atmung, Fortpflanzung,
Sinnesorgane). — Der zweite Teil der Vorlesung behandelte die Ab-
hängigkeit der Lebewesen von der Umwelt, die physikalischen und
chemischen Einflüsse der Wärme, des Lichts, der umgebenden Medien,
die hieraus sich ergebende Gliederung in geographische Reiche, For-
mationen usw., sodann die Beziehungen der Pflanzen und Tiere zu-
einander, wie sie im Geschlechtsleben, in der Brutpflege, im Nahrungs-
erwerb, im Bedürfnis nach Schutz zutage treten.
Professor Dr. Michaelsen: Die Tierwelt unserer afrikanischen Kolonien
mit Rücksicht auf ihre Bedeutung für den Menschen.
Bei der Schilderung der kontinentalen Tierwelt wurde zunächst
die jüngere geologische Geschichte Afrikas und ihre Bedeutung für
die Zusammensetzung der Tierwelt (Herkunft der verschiedenen Säuge-
tiergruppen), sodann die NaturdesLandes(klimatische und Vegetations-
gebiete) und ihr Einfluß auf den Charakter der Tierwelt besprochen.
Daran schloß sich eine Erörterung über den direkten und indirekten
14
184 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Einfluß des Menschen auf die Tierwelt (beabsichtigte und unbeab-
sichtigte Einführung von Konkurrenten der einheimischen Tiere, Ver-
änderung der Lebensbedingungen durch Ackerbau und Plantagenbetrieb,
Ausrottung durch Jagd, Gefährdung durch eingeschleppte Krankheits-
keime usw.) sowie der Schutzmaßregeln, die eine Ausrottung nützlicher
oder interessanter Tiere verhindern mögen (Jagdgesetze, Jagdverbot
oder -erschwerung, Ausfuhrverbote, Wildreservate).
Im speziellen Teil wurden, nach einer Übersicht über die syste-
matische Gliederung der Tierwelt im allgemeinen, die Tiere unserer
afrikanischen Kolonien in systematischer Reihenfolge durchgenommen
und demonstriert; hierbei wurde besondere Rücksicht auf die für den
Menschen nützlichen und schädlichen sowie auf die wissenschaftlich
interessanten gelegt. Im besonderen wurden besprochen die nütz-
lichen Tiere mit Ausnahme der Haus- und Zuchttiere (‚Jagdtiere,
Nutztiere, wie Elefant, Strauß, Bienen, Seidenspinner; landwirtschaft-
lich wichtige Tiere, wie Regenwürmer; hygienisch wichtige Tiere, wie
Aasgeier u. a.), die schädlichen Tiere (Raubtiere; giftige Tiere, wie
Giftschlangen, Giftspinnen usw.; Acker- und Plantagenschädlinge, wie
Wurzelratten, Schweine, Heuschrecken, Termiten) und schließlich
wissenschaftlich besonders interessante Tiere (Menschenaffen;
Wandervögel und Wanderflug usw.).
Bei der Schilderung der Tierwelt der Meeresküsten wurden
die allgemeinen Lebensbedingungen (Meeresströmungen, Wasserwärme,
kalter Küstenauftrieb) und ihr Einfluß auf den Charakter und die
Tierwelt eingehend erörtert (Vorkommen und Fehlen von Korallenriffen,
Tier- bezw. Fischreichtum im Gebiet gewisser Strömungen).
An die Vorlesungen schlossen sich Demonstrationen im Natur-
historischen Museum, ferner Übungen im Abbalgen von Säugetieren
und Vögeln. (SS. 1911.)
Direktor Dr. Neumann: Wintersemester: 1. Kleinvieh- (Schaf-, Ziegen-)
und Schweinezucht.
Nach einem Überblick über die einzelnen Rassen und ihre Bedeutung
für die verschiedenen wirtschaftlichen Verhältnisse wurden eingehend
der Stand der Schafzucht in den Kolonien und die Bestrebungen, in
Deutsch -Südwestafrika eine Wollschafzucht und Karakulschafzucht
zu begründen, erörtert. Besondere Aufmerksamkeit wurde der Woll-
kunde geschenkt, hierbei dienten als Unterlage für die Beurteilung
der Wolle Proben aus den Haupterzeugungsländern für Wolle. Des
weiteren wurde die Vorlesung durch Demonstrationen ergänzt, zu
denen der Viehbestand der Hamburger Viehmärkte, das in den Stallungen
des Zuchtviehgeschäfts von M. H. Ahrens befindliche und für den
Export bestimmte Zuchtmaterial sowie endlich eine Sendung von
Hamburgisches Kolonialinstitut. 185
Zuchtvieh, das für die Kolonie Ostafrika bestimmt war, herangezogen
wurde.
Die Milch und ihre Verarbeitung (Butter- und Käsebereitung) mit
Übungen im Untersuchen von Milch und Molkereiprodukten.
- Zunächst wurden die Entstehung der Milch im Euter und die ver-
schiedenen Faktoren, die die Zusammensetzung der Milch beeinflussen,
wie das Alter der Kühe, die Laktationsperiode, das Eintreten der
Brunst, die Fütterung, behandelt. Nach einem Überblick über die
Eigenschaften der Milch und ihrer einzelnen Bestandteile, der Eiweiß-
körper, des Milchfettes, des Milchzuckers und der unorganischen Be-
standteile wurden sodann die verschiedenen Wege, die zur Gewinnung
von Butter führen — das Milehbuttern, die Entrahmung der Milch
vermittels der Schwerkraft und der Zentrifugalkraft, die Verbutterung
des Rahms — erörtert. In entsprechender Weise wurde die Lehre
von der Bereitung der Käse das Lab und seine Wirkung auf die
Eiweißstoffe der Milch, die Behandlung des Bruchs, das Formen,
Pressen, Salzen und Reifen der Labkäse, die verschiedenen Arten von
Labkäse und Sauermilchkäse — vorgetragen. Schließlich wurden
wirtschaftliche Fragen, wie die Absatzverhältnisse der Molkerei-
produkte, die verschiedenen Arten der Verwertung der Milch durch
Verkauf für den Verzehr, durch Butterbereitung, durch Käserei an
der Hand von Beispielen aus der Praxis erörtert. Im einem beson-
deren Abschnitt wurden die Verhältnisse der Milchwirtschaft in den
Kolonien Südwest- und Ostafrika behandelt.
An die Vorlesung schlossen sich Übungen an, die die prozentische
Zusammensetzung der Milch und ihr spezifisches Gewicht, die Be-
stimmung der Trockensubstanz, des Fettgehaltes, der Aschenbestand-
teile der Milch, die Prüfung der Milch für die verschiedenen Arten
der Verwertung (Bestimmung des Säuregrades, die Guajakprobe, die
Koehprobe, die Alkoholprobe, die Labprüfung, die Labgärprüfung)
zum Geegenstande hatten.
Landwirtschaftliche Exkursionen.
Es fanden folgende Exkursionen statt:
1. am 3. Dezember 1910 nach Farmsen zur Besichtigung des Land-
wirtschaftsbetriebes des staatlichen Werk- und Armenhauses;
2. am 7. Dezember 1910 nach den Stallungen des Zucehtviehgeschäfts
M. H. Ahrens im Altona zur Besichtigung verschiedener Rassen
von Pferden, Schafen und Schweinen;
3. am 14. Dezember 1910 nach den Stallungen des Zuehtviehgeschäfts
M. H. Ahrens in Altona zur Besichtigung von Zuchtmaterial
(Ziegen und Schweinen), das zur Ausfuhr nach Ostafrika be-
stimmt war;
14“
186 Hamburgisches Kolonialinstitut.
4. am 28. Januar 1911 nach dem Bergedorfer Eisenwerk zur Besich-
tigung der Herstellung der in der Milchwirtschaft verwandten
Maschinen und Geräte, insbesondere der Milchzentrifugen und der
Butterfässer;
am 6. Februar 1911 nach der Hamburger Talgschmelze zur Be-
sichtigung der Herstellung von Margarine;
6. am 16. Februar 1911 nach den Hamburger Viehmärkten.
Sommersemester: 1. Die natürlichen und wirtschaftlichen Faktoren der
Landwirtschaft mit Berücksichtigung der Verhältnisse der Kolonien.
Einleitend wurde die Literatur erörtert und wurden diejenigen
Einrichtungen erwähnt, die in Deutschland und den Kolonien für die
Förderung der kolonialen Landwirtschaft bestehen. Bei der Behand-
lung der für die Landwirtschaft maßgebenden Faktoren wurden die
Unterschiede, die zwischen der heimischen und der tropischen Land-
wirtschaft bestehen, besonders hervorgehoben.
Unter den natürlichen Faktoren wurden das Klima und der Boden
in ihrer Bedeutung für den Landbau behandelt.
Von den Klimafaktoren, die für die Agrikultur beachtenswert sind,
wurden erörtert: a) Die Temperaturen und ihre vegetative Bedeutung
(klimatische und agrikulturelle Zoneneinteilung nach den Tempera-
turen, die verschiedenen Ansprüche der heimischen und tropischen
Kulturpflanzen hinsichtlich der Wärmesummen). b) Die Niederschläge
und Feuchtigkeitsverhältnisse und ihre vegetative Bedeutung (die
Regenverhältnisse in Deutschland gegenüber denen der Tropen und
Subtropen, Heftigkeit und Masse der tropischen Niederschläge, Regen-
zeiten und ihr Eintritt, die Bedeutung der Niederschlagmengen für
den Landbau). c) Die Bestrahlung, Belichtung und Bewölkung und
ihre vegetative Bedeutung (chemische Intensität der direkten Sonnen-
strahlung in verschiedenen Zonen, Bildung der Kohlenhydrate in den
Kulturpflanzen im gemäßigten und im tropischen Klima). d) Die
Atmosphärilien und ihre vegetative Bedeutung (der Gehalt der Atmo-
sphäre an Kohlensäure, Ozon, Stickstoff und seinen Verbindungen,
Wasser; Stickstoffgaben in den Niederschlägen des gemäßigten und
des tropischen Klimas). e) Die elektrischen Spannungen und Ent-
ladungen in der Atmosphäre und ihre vegetative Bedeutung (Häufig-
keit der elektrischen Entladungen in Deutschland und in den Tropen
und Subtropen). In einem Schlußkapitel wurde der Betrieb der Land-
wirtschaft in seiner Abhängigkeit vom Klima geschildert.
In dem Abschnitt über den Boden wurde zunächst die Bedeutung
des Bodens als Standort der Pflanzen und Bildner von Pflanzennähr-
stoffen, die verschiedenen Bodenarten Deutschlands (Mannigfaltigkeit
der Ackererden mit Rücksicht auf die geologischen Formationen) und
(do |
r. FE
Hamburgisches Kolonialinstitut. 187
die den Tropenländern eigentümlichen Bodenarten (Gleichmäßigkeit
der tropischen Böden mit Rücksicht auf geologische Einförmigkeit),
sodann die Mittel zur Verbesserung der Kulturböden (Entwässerung,
Bewässerung, Tiefkultur, Kunstdünger) und schließlich die wild-
wachsende Flora und die Kulturpflanzen in ihrer Abhängigkeit vom
Boden behandelt.
Unter den wirtschaftlichen Faktoren wurden in erster Linie die
Absatzverhältnisse und ihr Einfluß auf die Gestaltung der Landwirt-
schaft behandelt. Es wurde hierbei ausgegangen von den Unter-
suchungen von Thünens in seinem „Isolierten Staat in Beziehung auf
Landwirtschaft und Nationalökonomie“. An praktischen Beispielen
wurde die Abhängigkeit des Betriebes der Landwirtschaft von den
Absatzverhältnissen dargelegt und wurden die Änderungen hervor-
gehoben, die manche Betriebszweige der Landwirtschaft infolge ander-
weitiger Gestaltung des Absatzes erfahren haben. Hinweis auf die
Bedeutung der Verkehrswege für die Erschließung des Landes. In-
tensive und extensive Landwirtschaft.
Landwirtschaftliche Tierzucht mit Berücksichtigung der Verhältnisse
der Kolonien, 1. Teil: Pferdezucht, Rindviehzucht, mit praktischen
Demonstrationen.
Nach einem Überblick über die Literatur aus dem Gebiete der
landwirtschaftlichen Tierzucht wurde die wirtschaftliche Bedeutung
der verschiedenen Arten der landwirtschaftlichen Nutztiere betrachtet,
ferner wurden die allgemeinen Züchtungsgrundsätze und die mannig-
fachen Maßnahmen zur Förderung der Viehzucht (Körung, Zucht-
buchführung, Tierschauen usw.) erörtert. Aus der speziellen Tier-
zuchtlehre wurden die Abschnitte über „Rindviehzucht einschließlich
Milchwirtschaft und Pferdezucht” behandelt. Neben der Beschreibung
der in Deutschland und den Kolonien gehaltenen Rassen und Schläge
wurde besonders die Einfuhr von Zuchtvieh nach den Kolonien für
Zwecke der Veredelung des einheimischen Viehs behandelt. Die
Vorlesung wurde durch Demonstrationen ergänzt, zu denen der Vieh-
bestand der Hamburger Viehmärkte und das in den Stallungen des
Zuchtviehgeschäfts von M. H. Ahrens befindliche und für den Ex-
port bestimmte Zuchtvieh als Material dienten. Schließlich wurde
der Betrieb der Pferdezucht und der Rindviehzucht in einer gut
geleiteten Stammzucht geleeentlich einer Exkursion dargelegt.
3. Landwirtschaftliche Exkursionen.
Es fanden folgende Exkursionen statt:
1. am 6. Mai 1911 nach Grabau zur Besichtigung des Betriebes,
der Pferdezucht, Rindviehzucht und Schweimezucht sowie der
Milchwirtschaft;
188 Hamburgisches Kolonialinstitut.
2. am 13. Mai 1911 nach Fuhlsbüttel zur Besichtigung des Landwirt-
schaftsbetriebes der staatlichen Korrektionsanstalt;
3. am 24. Mai 1911 nach Stellingen zur Besichtigung verschiedener
Rassen und Kreuzungen des Buckelrindes;
4. am 24. Juni 1911 nach Heidehof zur Besichtigung der Kultivierung
von Heideland auf dem holsteinischen Geestrücken;
am 8. Juli 1911 nach Elmshorn zur Besichtigung der Reit- und
Fahrschule, einer Hengstdeckstation und der sonstigen Einrich-
tungen des Verbandes der Pferdezüchter in den holsteinischen
Marschen.
Professor @lage: Gesunde und kranke Milch (Milchhygiene). (Sommer-
semester.)
Den Hörern sollten die Gefahren des Genusses von Milch kranker
Kühe, deren Verhütung und die sonstigen Möglichkeiten vorgetragen
werden, unter denen Milch schädliche Eigenschaften besitzen oder
erwerben kann. Grundlegend wurden behandelt die Anatomie des
Euters, die Physiologie der Milcherzeugung und das Euter als Aus-
scheidungsorgan bei gesunden, fehlerhaft gefütterten und kranken
Kühen. Demnächst wurde ein Vergleich zwischen der Zusammen-
setzung der Milch gesunder und kranker Kühe angestellt unter prak-
tischer Vorführung der einfachen Methoden, die pathologische Be-
schaffenheit der Milch nachzuweisen. Hieran schloß sich die Be-
schreibung der Euterentzündungen und der für die Milchhygiene
wichtigen Allgemeinerkrankungen der Kühe, nämlich im speziellen der
Tuberkulose, der Gallseuche, der Pyogenesseuche, der Maul- und Klauen-
seuche, der Pocken, der Paratyphus- und Coli-Aerogenes-Euter-
entzündungen und des Milzbrandes. Dabei ist sowohl die Bedeutung der
Krankheit in bezug auf den Genuß der Milch durch Menschen als auch
hinsichtlich der Verfütterung an Haustiere berücksichtigt worden, unter
Darlegung der Beteiligung an der Ausbreitung von Tierseuchen. Kurz
gewürdigt wurde die Bedeutung der Milch für Übertragungen von
Seuchen, die ausschließlich beim Menschen vorkommen, in erster Linie
des Typhus. Zum Schlusse sind endlich noch die Methoden zur Fest-
stellung des Frischezustandes der Milch, des Schmutzgehaltes sowie
die bakteriellen Zersetzungen, einschließlich der sogen. Milchfehler, und
die Sterilisation und Konservierung der Milch vorgetragen worden.
Professor Dr. Peter: 1. Die hauptsächlichsten Tierseuchen in den Kolonien,
die Maßnahmen zu ihrer Verhütung und Tilgung (Reichsviehseuchen-
gesetz).
In erster Linie wurden diejenigen einheimischen Seuchen behandelt,
die zugleich in den Kolonien vorkommen: Rinderpest, Milzbrand,
Lungenseuche, Rotz, Räude, Pocken, Geflügelcholera. Daneben sind
[dp] |
Hamburgisches Kolonialinstitut. 189
auch die andren in den überseeischen Schutzgebieten noch nicht oder
in geringem Umfange beobachteten Tierseuchen, die im Mutterlande
eine grobe wirtschaftliche oder gesundheitspolizeiliche Rolle spielen,
in den Kreis der Erörterung gezogen worden, wie die Wutkrankheit,
Maul- und Klauenseuche, die Schweineseuchen, Influenza der Pferde.
die Tuberkulose der Rinder.
Der Vorlesungsstoff wurde im wesentlichen nach klinischen und
veterinärpolizeilichen Gesichtspunkten behandelt. Nach kurzer Cha-
rakterisierung des Wesens, der Erscheinungen, des Verlaufs und der
wirtschaftliehen Bedeutung der einzelnen Seuchen wurden Entstehung,
Verschleppungswege und die Maßregeln zu ihrer Bekämpfung und
Tilgung nach den Grundregeln des Reichs-Viehseuchengesetzes und der
tierärztlichen Praxis näher beleuchtet. Durch jedesmalige Berücksich-
tigung der möglichen Verwechselungen mit andern Krankheiten erhielten
diese Kapitel eine sich von selbst ergebende Erweiterung. So wurden
u. a. mit dem Vortrag „Rinderpest“ als Hauptthema anhangsweise
verbunden eine kurze Abhandlung über die in Südafrika häufige Gallen-
seuche der Rinder (Theiler, Leipziger) und über eine in Südwestafrika
bei Reiseochsen beobachtete Vergiftung durch Salze des Trinkwassers
(Rickmann). Beide Erkrankungen lösen Erscheinungen und Verände-
rungen aus, die auch bei Rinderpest vorkommen. In gleicher Weise
wurden Rauschbrand und eine südafrikanische Infektionskrankheit
der Schafe, genannt „Blauzunge* (blue tongue), neben Milzbrand,
kruppöse Lungenentzündung, Wild- und Rinderseuche neben Lungen-
seuche, Druse, epizootische Lymphangitis der Pferde neben Rotz,
die gewöhnlichen parasitären Hautkrankheiten neben Räude der Pferde,
Rinder, Hunde usw. besprochen.
. Verschiedene Krankheiten der Haustiere, mit Demonstrationen, aus-
gewählt nach ihrer wirtschaftlichen oder forensischen Bedeutung.
Diese Vorlesungen beschäftigten sich mit praktischen Kapiteln aus
der Veterinär-Medizin in zweckentsprechender Auswahl. Zunächst
wurden Themata aus der Chirurgie behandelt: Wunden, Quetschungen,
Sattel- und Geschirrdrücke, Entzündungen der Sehnen und Sehnen-
scheiden, Knochenbrüche, Lahmheiten. Daran schlossen sich Übungen
in der Anlegung von Umschlägen und Verbänden. Alsdann folgten Vor-
träge über einige Entozoenkrankheiten und solche sporadischen
Krankheiten, die erhebliche wirtschaftliche Verluste zur Folge haben.
Schließlich kamen zur Besprechung die bekannteren Gewährmängel,
mit Demonstrationen an geeigneten Objekten.
Exkursionen wurden in Gemeinschaft mit Dr. Neumann zur Besichtigung
von Pferde- und Rinderbeständen, Stallemriehtungen und Milchwirt-
schaften unternommen.
190 Hamburgisches Kolonialinstitut.
4. Im Wintersemester wurde gelesen: Anatomie und Physiologie der
Haustiere, verbunden mit der Lehre vom Exterieur.
Der umfangreiche Stoff konnte nur insoweit zur Darstellung ge-
bracht werden, als er für die Zucht und Ernährung der Tiere von
erundlegender Bedeutung ist. Knochen, Muskeln, Gefäße und Ein-
geweide wurden in topographisch beschreibender Weise und nach ver-
eleichend anatomischen Gesichtspunkten vorgetragen. Zur Erläuterung
des Vortrags dienten frisch angefertigte Präparate.
An den anatomischen Teil der Vorlesungen reihten sich in zweiter
Linie die notwendigsten Erklärungen über Tätigkeit und Leistung der
einzelnen Organe oder Organsysteme. Und an Hand der gewonne-
nen anatomisch-physioloeischen Vorkenntnisse wurden schließlich Be-
trachtungen über die äußeren Körperformen und ihre zweckmäßige
Beschaffenheit für bestimmte Nutzungen angestellt. Den gleichen
Zweck verfolgten zahlreiche Demonstrationen an lebenden Tieren.
Professor Dr. Fiilleborn: Einige für die Kolonien wichtige Tierseuchen.
(Sommersemester.)
Behandelt wurden die wichtigsten Piroplasmen- und Trypanosomen-
krankheiten der Haustiere (Texasfieber, Küstenfieber, Tsetse, Surra
usw.).
Fischereidirektor Zibbert: 1. Ausnutzung von Fischgewässern an der
Küste und im Binnenlande. (Sommersemester.)
In der Einführungsvorlesung wurde darauf hingewiesen, daß unter
Fischerei im weitesten Sinne die @ewinnung aller den Menschen nutz-
baren Wassertiere und Pflanzen verstanden werde, und daß die wirt-
schaftliche Bedeutung der Fischerei hauptsächlich darin liege, daß zur
Ernährung der nutzbaren Wassertiere Organismen dienen, die in un-
seheuren Mengen im Wasser vorhanden sind, aber sonst den Menschen
nicht nutzbar gemacht werden können. Auch in den Kolonien sind
durch die Ausnutzung vorhandener Fischgewässer erhebliche Werte zu
gewinnen. Die einzelnen Arten der Fischerei, die Hochsee- und Küsten-
fischerei einerseits, die Binnenfischerei andererseits wurden besprochen.
In den folgenden Vorlesungen sind dann die wichtigsten Fischerei-
betriebe, die Hochsee- und Küstenfischerei einerseits, die einzelnen
Zweige der Binnenfischerei andererseits, insbesondere Karpfenteich-
wirtschaft, Forellenteichwirtschaft, Bewirtschaftung von Binnenseen,
Befischung von Strömen, behandelt worden.
In den letzten drei Vorlesungen wurde besprochen, in welchem
Umfange und mit welchen Mitteln die Binnen-, Küsten- und Hochsee-
fischerei heute in den afrikanischen Kolonien ausgeübt wird. Darauf
wurde die Frage. geprüft, an welchen Stellen und in welcher Weise,
unter Zugrundelegung der in den früheren Vorlesungen und gelegent-
Hamburgisches Kolonialinstitut. 191
lich der Exkursionen behandelten Wirtschaftsformen, Verbesserungen
bestehender und die Einführung neuer Fischereibetriebe möglich sein
würden.
2. Fischereiliche Exkursionen.
Auf den sechs Exkursionen, die ausgeführt wurden, ist, im An-
schluß an den in den Vorlesungen behandelten Stoff, die praktische
Ausübung von Fischereiwirtschaftsbetrieben und die Ausführung von
Fisehtransporten gezeigt und erläutert worden.
Folgende Exkursionen wurden ausgeführt:
1. Am 6. Mai nach dem St. Pauli Fischmarkt. Die Einrichtungen des
Fischmarktbetriebes, des Fischhandels und der Fischindustrie, auch
einige Fischerfahrzeuge wurden gezeigt und erklärt. ebenso die
Aufbewahrung und die Verpackungsmethode der für den Versand
auf weite Entfernungen bestimmten Aalbrut.
2. Am 13. Mai nach der Forellenzuchtanstalt des Herrn ©. Riedel in
Saselbeck bei Fuhlsbüttel. Die künstliche Zucht der Salmonidenarten
in Teichen und die künstliche Fütterung der Forellen wurde gezeigt.
3. Am 15. Mai zur Besichtigung eines mit dem Dampfer „Eduard
Woermann“ nach Deutsch-Ostafrika ausgehenden Fischtransports.
Es wurde gezeigt, in welcher Weise man einsömmerige Schleien,
einsömmerige Karpfen und Regenbogenforelleneier in geeigneten
Gefäßen und bei Einstellung dieser in Kühlräume in die Tropen
senden kann.
4. Am 16. Juni nach der Alster. Die fischereiliche Bewirtschaftung
eines Binnensees, insbesondere die Ausübung der Angelfischerei
mit Langleinen, wurde gezeigt und erklärt.
5. Am 24. Juni nach der Unterelbe. Die Ausübung verschiedener
Fischereibetriebe, die bei der fischereilichen Bewirtschaftung von
Flüssen angewendet werden, wurde vorgeführt. Außerdem wurde
die Ufer- und Bodenfauna mit der Dredge und Planktonformen mit dem
Planktonnetz gefischt und ihre Bedeutung als Fischnahrung erklärt.
6. Am 1. und 2. Juli nach Helgoland. Am ersten Tage wurde die
Fischerei mit dem Grundschleppnetz von der uns gütigst zur Ver-
fügung gestellten Barkasse der Kgl. Biologischen Anstalt aus, ferner
die Fischerei mit der Dredge und dem Planktonnetz ausgeführt.
Am zweiten Tage wurde die Angelfischerei mit Grundangeln und
mit Makrelenangeln, im Aquarium der Kgl. Biologischen Anstalt
lebende Seefische und andere Meerestiere gezeigt.
Dr. A. Sokolowsky: Führung durch den Zoologischen Garten und Hagenbecks
Tierpark, sowie Demonstrationen von kolonialen Nutz- und Haustieren.
Wie im vorjährigen Sommersemester wurden auch in diesem Sommer
den Hörern zahlreiche Jagd- und Nutztiere unserer Kolonien vor Augen
192 Hamburgisches Kolonialinstitut.
geführt. Bei der den Demonstrationen vorhergehenden Besprechung
wurden die systematische Stellung der Tiere, ihre biologischen und
morphologischen Merkmale sowie ihre Verbreitung und Lebensweise
eingehend berücksichtigt. Besonderer Wert wurde auf die Hervor-
hebung der Nutzungseigenschaften resp. der Schädlichkeit der betreffen-
den Tiere gelegt. Auch die jagdlichen Verhältnisse in unseren Kolonien
wurden berücksichtigt. Um die systematische Stellung sowie die Eigen-
art der Kolonialtiere hervorzuheben, wurden zum Vergleich Jagd- und
Nutztiere anderer Länder demonstriert.
Da die Haustierfrage in unseren Kolonien besonders aktuell
ist, wurden die einschlägigen fremdländischen Haustiere eingehend
besprochen, wobei ihre Nutzleistung, ihre Ernährungsverhältnisse usw.
volle Berücksichtigung fanden. Namentlich wurden solche Haustier-
rassen besprochen, die sich nach Erfahrung und Überzeugung des
Dozenten am besten für den Import in unsere Kolonien eignen. Da
im Laufe des Semesters im Zoologischen Garten eine Ausstellung von
Nutz- und Rassegeflügel des Hamburg-Altonaer Vereins für Geflügel-
zucht stattfand, war Gelegenheit geboten, diese eingehend zu besich-
tigen und daran Erläuterungen und Ratschläge für den Import von
(seflügel zu knüpfen.
Nach den Demonstrationen fand gewöhnlich ein reger geistiger
Austausch zwischen den Hörern und dem Dozenten statt, der besonders
darin bestand, daß die ersteren Fragen praktischer und theoretischer
Natur an den letzteren stellten. Um verschiedenen Anfragen nach
Literatur über die Tierwelt der Kolonien zu entsprechen, wurde auch
die reichhaltige Bibliothek der Zoologischen Gesellschaft besich-
tigt, wobei den Hörern einschlägige Werke vorgelegt wurden.
Professor Dr. Voller: Experimentalphysik für Landwirte. I. Mechanik,
Wärmelehre, Optik.
Es wurden die für praktische Gesichtspunkte in Betracht kommen-
den Abschnitte der Wärmelehre und eines Teils der Optik, unter steter
Heranziehung der anzuwendenden Gesetze der Mechanik insbesondere
der Gase und der tropfbaren Flüßigkeiten, durchgenommen. Eingehender
wurden behandelt (Vortrag und praktische Übungen): Thermometrie und
Kalorimetrie, Grundzüge der Energielehre; desgleichen der Strahlungs-
lehre; im Anschlusse daran: Meteorologie, Luftfeuchtigkeit usw. Photo-
metrie; Absorption des Lichtes, Farbenlehre, Fortpflanzungsgeschwindig-
keit der Lieht- und Wärmewellen; Reflexion und Brechung.
Professor Dr. Sennewald: Experimentalchemie mit besonderer Berück-
sichtigung der Technik und Landwirtschaft. (\Vintersemester.)
Ausgehend von der Luft und dem Wasser wurden die wichtigsten
Metalloide, Alkalien und alkalischen Erden und deren Verbindungen
Hamburgisches Kolonialinstitut. 193
in ihrer Bedeutung für die Technik und Landwirtschaft besprochen,
7. B. flüssige Luft, das Schneiden mit Sauerstoff, die Gewinnung von
Luftsalpeter, Düngesalze, Bleichmittel usw. In Hinsicht auf das
chemische Praktikum (Bodenuntersuchung) wurden die Reaktionen zur
Erkennung der Elemente und ihrer Verbindungen besonders hervor-
gehoben.
Die Hörer waren eingeladen zur Teilnahme an der Exkursion nach
der Ilseder Hütte und dem Hochofenwerk in Peine, sowie zur Besich-
tigung der Werft von Blohm & Voß und der Wasserwerke auf der
Kaltenhofe.
Baumeister Ude: Übersicht über das Maschinenwesen, unter Betonung
der für die Kolonien wichtigen Einrichtungen, mit Besichtigungen
industrieller und gewerblicher Anlagen.
Im Wintersemester 1910/11 wurden in 18 je zweistündigen Vor-
lesungen, unter Vorausschickung einer einleitenden Übersicht über
die Aufgaben des Maschinenbaues, die für den Bau und den Betrieb
der Maschinen wichtigen Rohstoffe, die Brennstoffe und das Eisen in
nachfolgender Reihenfolge behandelt: Holz und Stroh als Brennstoff:
die Darstellung der Holzkohle; die Gewinnung und Aufbereitung des
Torfes; kurze Übersicht über die bergbaulichen Abbaumethoden; die
Gewinnung und Veredelung der Braunkohle; die Gewinnung und Ver-
edelung der Steinkohle; die Koksdarstellung in der Fisenindustrie.
Die Geschichte des Eisens; die chemischen, physikalischen und geolo-
gischen Grundlagen der Eisengewinnung; die Rohstoffe der Eisen-
industrie; die Roheisendarstellung; die Darstellung des schmiedbaren
Eisens — Frisch-, Puddel-, Bessemer-, Thomas- und Siemens-Martin-
prozeß —; die Bedeutung der Nebenprodukte der Eisenindustrie —
Hochofenschlacke, Thomasschlacke, Gichtgase —; die Formgebung
des Eisens — Eisengieberei und Walzwerke —.
Im Sommersemester 1911 wurden in 10 je zweistündigen Vorlesungen
die Kraftmaschinen wie folgt behandelt: Definition des Begriffes
„Maschine“; der Energiebegriff — Kraft, Arbeit, Leistung, Energie,
Arbeit und Wärme, die technischen Einheiten, Prinzip der Erhal-
tung der Energie, der Wirkungsgrad, die Entropie —; die Erzeugung
des elektrischen Stromes in der Dynamomaschine; der Elektromotor
und die elektrische Transmission; die Messung der Energie und der
mechanischen Arbeit. Der Mensch als Maschine; das Tier als Maschine.
Die Windräder; die wichtigsten Formen der Wassermotoren. Das
Wesen des Dampfes; die Dampferzeugung; die Dampfmaschinen,
insbesondere die Lokomobilen. Die Gasmotoren.
Während des Wintersemesters 1910/11 wurden nachfolgende An-
lagen besichtigt: Ölwerke Stern-Sonneborn A. G., Steinwärder —
194 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Norddeutsche Kohlen- und Kokswerke, Indiaquai — Fabrik eelochter
Bleche von Heidersdorf & Pape, Eilbeck — Eisengießerei von
Lücken & Simonis, Rothenburgsort —- Glashütte von Hein & Dietrichs,
Bergedorf — Eisenerzlagerstätten Bülten-Adenstedt — Hochofen- und
Kokswerk Groß-Ilsede bei Peine Braunschweigische Baudenkmäler
— Verbrennungsanstalt für Abfallstoffe am Bullerdeich — Sielmündunge
und Abfischanlage Hafenstraße — Eisenlager von Jansen Schütt —
Steinlager der Baudeputation.
Während des Sommersemesters 1911 wurden nachfolgende Anlagen
besichtigt: Werft und Maschinenfabrik von Blohm & Voß — Stadt-
wasserkunst, Filtration Kaltehofe und Maschinenstation Rothenbures-
ort Schießplatz der Rheinischen Metallwaren- und Maschinenfabrik
bei Unterlüß — Kieselgurgruben von Rheinhold & Co. auf dem Wiechel
bei Unterlüß — Neubau Verbrennungsanstalt am Alten Teichweg —
(Gasmotorenfabrik von ‚Jastram, Bergedorf.
Für den Unterricht wurden im Berichtsjahr wiederum von einer
Reihe von Firmen verschiedene Demonstrationsmaterialien bereitwilligst
überlassen oder leihweise zur Verfügung gestellt. Diesen Firmen
sowie den obengenannten Firmen, welche die Besichtigung ihrer
Anlagen in entgegenkommender Weise gestatteten, spreche ich auch
an dieser Stelle meinen besonderen Dank ans.
Professor Dr. Gürich: 1. Die wichtigsten nutzbaren Minerale und Gesteine
der deutschen Schutzgebiete. (Sommersemester.)
besprochen wurden besonders die Edelsteine, Erze, Salze, Bausteine,
Kohlen usw. Die Hörer erhielten Probestücke in die Hand, damit sie
die einfachsten Untersuchungsmethoden daran selbst anwenden lernten.
2. Eine geologische Exkursion wurde gemeinsam mit Herrn Professor
Dr. Passarge und seinen Hörern nach der Eifel unternommen.
Professor Dr. Passarge: Wintersemester: Landeskunde der afrikanischen
Kolonien, dreistündig.
Von diesen Stunden wurde eine wöchentlich für die Einführung:
der Hörer in die allgemeine Geographie benutzt. Es ist als ein großer
Fortschritt zu begrüßen, daß vom Sommer 1911 ab von Professor
Schlee eine einführende Vorlesung über allgemeine Geographie gelesen
wird, so daß in Zukunft die Vorlesung über Landeskunde der deutschen
Kolonien sich ausschließlich mit diesem Thema befassen kann.
Professor Dr. Passarge und Dr. Graff: Landeskunde der Kolonien in der
Südsee, zweistündig. Anleitung zu geographischen Beobachtungen und
Vermessungen. (Sommersemester.)
Zum erstenmal wurde die Vorlesung gemeinsam abgehalten. Es
wurde behandelt die Routenaufnahme und ihre Konstruktion, Zeit-
und Breitenbestimmungen mit dem Sextanten und Theodoliten, der
Hamburgisches Kolonialinstitut. 195
(Gebrauch der meteorologischen Instrumente, einschließlich der regl-
strierenden Apparate, die systematische Beobachtung und Darstellung
von Landschaften und schließlich eine kurze Anleitung zum Erkennen
der wichtigsten Gesteinsgruppen gegeben.
Professor Dr. Gürvch und Professor Dr. Passarge: Exkursionen. (Sommer-
semester.)
Es wurden geographisch-geologische Exkursionen, an denen sich
zum großen Teil Herr Dr. Graff beteiligte, und auf denen Routen-
aufnahmen aufgenommen wurden, unternommen nach Blankenese —
Schulau, nach Segeberg, nach Lüneburg, je zweitägige Exkursionen
nach Helgoland und in das Weserbergland bei Hameln, sowie eine
sechstägige Exkursion nach der Eifel und dem Siebengebirge.
Professor Dr. Schlee: Grundzüge der allgemeinen Erdkunde (zur Ein-
führung in das Verständnis der Länderkunde). (Sommersemester.)
Dem im Titel angegebenen Zwecke entsprechend beschränkte sich
die Vorlesung auf die beiden wichtigsten grundlegenden Abschnitte,
um für diese genügend Zeit zu gewinnen. Somit wurde in der guten
Hälfte der Stunden die Morphologie der Erdoberfläche, darauf im
zweiten Teil die allgemeine Klimatologie behandelt.
Professor Dr. Becker: Allgemeine Islamkunde einschl. des islamischen
Rechts. (Wintersemester.) Geschichte und spezieller Charakter des
Islams in Afrika. (Sommersemester.)
Das ganze Gebiet der Islamkunde und speziell die Geschichte des
Islams in Afrika wurde in einer zweistündigen Vorlesung behandelt.
Im Wintersemester kam die Gründung und Entwicklung dieser Religion,
ihr Lehrinhalt und vor allem das islamische Recht zur Darstellung.
Im Sommersemester wurde die Geschichte der Ausbreitung des Islams
in Afrika und die zentralafrikanischen Staatenbildungen mit besonderer
Berücksichtigung der deutschen Kolonien vorgetragen. Daran schloß
sich eine Würdigung der Charakteristika des afrikanischen Islams, des
Ordens- und Zauberwesens. Zum Schluß wurden die speziellen Verhält-
nisse in den deutschen Kolonien und die Ereignisse der letzten Jahre
durchgesprochen.
Professor Dr. Thilenius: 1. Allgemeine Völkerkunde mit Übungen. (Winter-
semester.)
Im Wintersemester wurde die Allgememe Völkerkunde zweistündig
vorgetragen. Auf einen kurzen Überblick über die Menschenrassen
und ihre wichtigsten Merkmale folgte die eingehende Behandlung
der Rassenbiologie einschließlich der Fragen, der Anpassung an die
Umwelt, der Vermischung, Inzucht und Akklimatisation. In den
nächsten Stunden wurde die Anschauungs- und Denkweise der Natur-
völker dargestellt unter besonderer Betonung des Gegensatzes zu
196 Hamburgisches Kolonialinstitut.
der Denkweise der Kulturvölker. Ausführlich wurden endlich die
(Gesellschaftslehre und im Zusammenhang damit die Anfänge der
Religion vorgetragen, dagegen die Wirtschaftslehre und die materielle
Kultur nur in den Grundzügen.
2. Völkerkunde der deutschen Kolonien. (Sommersemester.)
Im Sommersemester wurde die Ethnographie der Afrikaner be-
handelt, da Hörer, die sich für Ozeanien interessierten, fehlten. In
den anschließenden Übungen referierten die Hörer über einzelne Ge-
biete, und bei den nachfolgenden Besprechungen wurde besonderer
Wert auf die Beurteilung der praktischen Bedeutung ethnographischer
Erscheinungen eeleet.
3. Ethnologisches Kolloquium.
Bei der Zahl der angemeldeten Hörer und ihren verschiedenen In-
teressen wurde das Kolloquium geteilt. In dem für Beamte und freie
Hörer bestimmten Kolloquium wurde zunächst den Teilnehmern eine
Anleitung zum Beobachten und Sammeln gegeben und besprochen.
Daran schloß sich die Vorlage ausgewählter Sammlungsstücke, die
von den Teilnehmern erläutert wurden. Im zweiten Abschnitt des
Kolloquiums berichteten die Teilnehmer über einzelne Werke, die be-
sprochen wurden. Es Kam darauf an, daß die Berichterstatter und
die Hörer die Schwierigkeit der Erlangung einwandfreien Materials,
die möglichen Fehlerquellen der Beobachtung und die durch die Be-
rufe der einzelnen ethnographisch nicht vorgebildeten Verfasser be-
dingten Einseitiekeiten und Voreingenommenheiten kennen lernten.
Für die dem Kolonialinstitut überwiesenen Sanitätsoffiziere und
Zivilärzte wurde ein besonderes Kolloquium eingerichtet, das auf ihre
naturwissenschaftliche Vorbildung und ihre speziellen Aufgaben in den
Kolonien Rücksicht nahm. Da eine besondere Vorbereitung der Hörer
für die einzelnen Stunden aus Zeitmangel nicht möglich war, so wurden
ihnen ausgewählte Kapitel vorgetragen, an die sich dann eine Be-
sprechung anschloß. Behandelt wurden: 1. besonders eingehend die
Biologie der Naturvölker (Variabilität, Vererbung, Einfluß der Umwelt,
Wanderung, Inzucht, Vermischung, Akklimatisation usw.); 2. Psycho-
logie der Naturvölker; 3. Gesellschaft und Wirtschaft; 4. wurde zum
Schluß ganz kurz die materielle und geistige Kultur dargestellt.
Professor Dr. Nocht: Tropenhygiene. (Wintersemester.)
Die Vorlesung umfaßte 27 Stunden, verbunden mit Lichtbilder-
demonstrationen, Vorzeigung von Präparaten, Besuch des tropen-
hygienischen Museums, Vorstellung einzelner Kranker usw. usw.
Behandelt wurden folgende Themata: Allgemeines über Hygiene
und Tropenhygiene, (Ernährung, Trinkwasser, Bekleidung, Wohnung,
Akklimatisationsfragen, Hygiene der Eingeborenen) ferner Malaria
Hamburgisches Kolonialinstitut. 197
und Malariaverhütung, Bekämpfung von Dysenterie und verwandten
Krankheiten, Schlafkrankheit, Beriberi, tropisches Rücktfallfieber, Tuber-
kulose, Syphilis, Pest, Pocken, Aussatz, Typhus, Cholera, gelbes Fieber,
tropische Darmparasiten, tropische Gifte und Gifttiere.
Überall wurde der Hauptwert auf die hygienischen Fragen, d.h.
die Vorbeugung und die individuelle und allgemeine Bekämpfung der
Krankheiten gelegt.
Dr. Reche: Anthropometrisches Praktikum. (Sommersemester.)
Einführung in die Anthropometrie. Besonderes Gewicht wurde auf die
Methoden gelegt, die für die Arbeit in den Kolonien in Betracht kommen.
Professor Dr. Mühlens: Ausgewählte Kapitel aus der Tropenhygiene.
(Sommersemester.)
Wie vorgesehen, fanden 8 Vorlesungen über „Ausgewählte Kapitel
aus dem Gebiete der Tropenhygiene“ statt, die fleißig besucht wurden.
Die folgenden Gegenstände wurden behandelt: 1) Kennzeichen der
wichtigsten inneren Tropenkrankheiten, ihre Verbreitung, Übertragung,
Behandlung, Verhütung und Bekämpfung. 2) Die Bekämpfung der
krankheitsübertragenden Insekten. 3) Tropische Haut- und die Ge-
schlechtskrankheiten, ihre Entstehung, Behandlung und Verhütung.
4) Tropische Gifttiere und Behandlung ihrer Verletzungen. 5) All-
gemeine Tropenhygiene: Wohnungshygiene, Trinkwasserversorgung,
Abfallstoffbeseitigung, Ernährung, Kleidung, Hitzschlag und Ein-
geborenenhygiene.
Professor Dr. Fülleborn: Kochkursus. (Wintersemester und Sommer-
semester.)
Der Kursus begann mit einem Vortrag über die Wichtigkeit einer
zweckmäßigen Ernährung der Europäer in den Tropen und über das
Nahrungsbedürfnis in heißen Klimaten in Bezug auf animalische und
vegetabilische Kost, deren Nährwert kurz besprochen wurde. Daran
schlossen sich mit besonderem Hinweis auf die Verhältnisse der Tropen
Erörterungen über die hygienische Bedeutung einer zweckmäßigen
küchengemäßen Zubereitung der Nahrungsmittel, über den Wert der
Konserven, Gewürze usw.
Während der an diese kurzen theoretischen Erörterungen an-
schließenden praktischen Übungen (1 mal wöchentlich vom Dezember
bis zum Semesterschluß in der staatlichen Kochschule in der Humboldt-
straße) wurden die für die Küche der Europäer besonders in Betracht
kommenden Gemüse, Früchte und Fleischsorten der Tropen sowie die
sebräuchlichsten Konserven im einzelnen besprochen und, soweit
möglich, bei der Zubereitung der Gerichte auch praktisch verwandt,
wobei jedem Teilnehmer Gelegenheit geboten wurde, die Speisen vom
Rohmaterial bis zur kompletten Mahlzeit zu verarbeiten. Zum Schlusse
198 Hamburgisches Kolonialinstitut.
des Kurses wurde die Bereitung von Krankenkost sowie die Zubereitung
von Nahrung unter ganz primitiven Bedingungen geübt.
Professor @lage: Fleischbeschau. (Wintersemester.)
Es leitete bei den Vorträgen im wesentlichen der Gedanke, den
Hörern die Unterscheidung des unschädlichen von dem gesundheits-
schädlichen Fleische darzulegen. Um ein Verständnis hierfür erwecken
zu können, behandelten die Vorträge zunächst die Einrichtung des
tierischen Körpers unter besonderer Berücksichtigung der für die Be-
urteilung des Fleisches wichtigen normalen Beschaffenheit der inneren
Organe, der Lymphdrüsen und des Blutgefäßsystems. Angefügt wurde
hierbei eine kurze Schilderung der Schlachtmethoden und der Schlachtung.
Daran schloß sich eine allgemeine Besprechung der Krankheitserreger,
speziell derjenigen, die das Fleisch erfahrungsgemäß schädlich machen,
ihrer Eintrittspforten in den Tierkörper und der Weiterverbreitung in
ihm durch den Blut- und Lymphstrom. Die Schilderung der Unter-
suchung auf das Vorhandensein der genannten Infektionskrankheiten,
der Gefahren, die der Fleischgenuß mit sich bringen kann, und der
Maßregeln, diesen vorzubeugen, bildeten endlich den wichtigsten Teil
der Vorträge. Neben den in Frage kommenden bakteriellen Erkrankungen
wurden die gesundheitsschädlichen Parasiten entsprechend berücksichtigt.
Die Vorträge wurden ergänzt durch Demonstrationen von normalen
und mit hinsichtlich des Fleischgenusses wichtigen Veränderungen
behafteten Organen und Tierkörpern, von schädlichen Parasiten und
dureh praktische Vorführung der Untersuchungstechnik. Zur weiteren
Fortbildung wurde der Leitfaden für Fleischbeschauer von Geheimrat
Prof. Dr. Ostertag empfohlen. Außerdem erhielten die Hörer eine von
dem Dozenten eigens für diesen Zweck bearbeitete Tabelle, in der die
Grundsätze für die Beurteilung des Fleisches zusammengestellt sind.
Oberarzt Dr. €. Lauenstein: Samariterkursus. (Wintersemester.)
Bau und Verriehtungen des menschlichen Körpers. Lehre von den
Knochenbrüchen im allgemeinen und speziellen. Vorführung von Ver-
letzten mit den verschiedenartigsten Knochenbrüchen. Anleitung zur
Anlegung von sachgemäßen Verbänden. Massage und Gymnastik.
Ihre praktische Anwendung bei Gelenkverstauchungen. Grundsätze
der Wundbehandlung. Lehre von der Asepsis und Antisepsis. Kenntnis
der niederen Lebewesen und ihrer Bedeutung für die Wundinfektion
und die Erregung der Krankheiten. Maßnahmen der Vorbereitung für
Operationen und Verbände von Verletzungen. Grundsätze der An-
wendung der allgemeinen Betäubung zum Zwecke chirurgischer Ein-
griffe, sowie der verschiedenen Verfahren, schmerzlos zu operieren,
Einspritzung in den Rückenmarkskanal, Arten der örtlichen Empfindungs-
losigkeit. Notverband bei Schußverletzungen, bei Verbrennungen.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 199
Hilfeleistung bei Eindringen von Fremdkörpern in Körperhöhlen, bei
vergifteten Wunden. Beurteilung innerer Blutungen bei Schädel-,
Brust- und Bauchhöhle. Die verschiedenen Arten der Bewußtlosigkeit.
Anwendung der künstlichen Atmung. Hilfe bei Scheintod durch Er-
trinken, Gasvergiftung, Hitzschlag. Anwendung der Magenausspülung
bei Lysolvergiftung. Übersicht über die Hilfeleistungen auf dem Ge-
biete der Krankenpflege, mit praktischen Demonstrationen aller Hilfs-
mittel. Grundsätze der Ernährung Gesunder und Kranker. Beurteilung
geistiger Gesundheit und Krankheit. Die verschiedenen Formen der
Geisteskrankheit. Ursachen der Geistesstörungen. Alkoholismus,
Syphilis, Bedeutung der Erblichkeit. Verunstaltungen des Körpers und
seiner Gliedmaßen. Tropische Ursachen derselben. Elephantiasis.
Verkrüppelung der Füße durch Fabrikschuhwerk in den Ländern der
Zivilisation. Bedeutung eines zweckmäßigen und passenden Schuh-
werkes für die Fußpflege.
Dr. Panconcelli-Calzia: 1. Phonetisches Praktikum mit besonderer Be-
rücksichtigung der Bedürfnisse der Sprachforschung.
Die Übungen hatten den Zweck, die Teilnehmer mit den Anfängen der
Untersuchungsmethodik der experimentellen Phonetik bekannt zu machen.
In Vertretung des Herrn Professor Meinhof: 2. Einführung in die all-
gemeine Phonetik. (Sommersemester.)
Nach einer Übersicht über die unentbehrlichsten Prinzipien der
Akustik und der Physiologie der Sprechwerkzeuge konnte wegen der
kurzen Dauer des Sommersemesters nur der Abschnitt der „einzelnen
Laute“ behandelt werden. Die Vorlesungen wurden durch zahlreiche Pro-
jektionen, Vorführungen und Demonstrationen mittels Apparate erläutert.
Professor D. Meinhof, LL. D.: Suaheli, Duala, vergleichende Grammatik
der Bantusprachen.
Im Wintersemester 1910/11 fanden zwei Kurse im Suaheli statt.
Im Anfängerkursus wurden die Zuhörer in die Grammatik und die
Literatur eingeführt, wobei fortgesetzt die Hilfe des eingeborenen Sprach-
sehilfen in Anspruch genommen wurde, um die Aussprache zu üben.
Der wissenschaftliche Hilfsarbeiter Herr Heepe übernahm es, die abend-
lichen Konversationsstunden mit dem Sprachgehilfen zu leiten. Der
Kursus war gut besucht.
Im zweiten Suahelikursus wurden Repetitionen aus der Grammatik
vorgenommen und mit Übungen im Übersetzen und Suahelisprechen
verbunden. Auch für diesen Kursus sind besondere Konversations-
stunden abgehalten.
Die Vorlesung über vergleichende Grammatik der Bantu-
sprachen führte in die Entwicklung dieser wichtigen Sprachengruppe
ein. Die wenigen Zuhörer haben sie sehr regelmäßig besucht.
15
300 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Die angekündigte Vorlesung über Einführung in die Phonetik
ist von Herrn Dr. Panconcelli-Calzia gehalten worden.
Im Sommersemester 1911 sind wiederum zwei Suahelikurse
abgehalten worden, die beide gut besucht waren. Einen Teil der
Vorlesungen übernahm Herr Heepe. Der Antängerkursus erhielt einen
Zuwachs durch einige Ärzte der Schutztruppe, die hier ihren Studien
oblagen. Für die Zwecke der medizinischen Praxis ist noch ein
besonderer Suahelikursus eingerichtet worden.
Auch die Vorlesung über vergleichende Grammatik der Bantu-
sprachen wurde gut besucht.
Außerdem wurde es möglich, eine Vorlesung über Duala abzuhalten.
Es wurde die Elementargrammatik behandelt, und die Zuhörer sind
in die Literatur eingeführt. Auch wurden besondere Konversations-
stunden mit dem eingeborenen Sprachgehilfen abgehalten. Als solcher
fungierte ein junger Duala mit Namen Peter Makembe.
A. Klingenheben: Ful. (Sommersemester.)
Die Grammatik der Sprache wurde besprochen, ferner wurden
Übersetzungen angefertigt und eine Reihe von Texten gelesen.
Regierungsrat Zache: Suaheli-Übungen über Eingeborenenbehandlung und
Eingeborenenrechtspflege. (Sommersemester.)
Unter Heranziehung des eingeborenen Sprachgehilfen Mtoro bin
Mrvenyi Bakarı und eines im Dienste des Dozenten stehenden Einge-
borenen wurden Gerichtsverhandlungen, wie sie vor den Eingeborenen-
serichten (Bezirksämtern) der Kolonien sich täglich abspielen, vorgeführt.
Die Hörer übernahmen meist die Rollen der Parteien und der Zeugen
in den Zivil- und Kriminalprozessen, der Dozent die des Richters. Die
beiden Eingeborenen fungierten als Beisitzer, Zeugen, Parteien, je
nach Bedarf. Auch der Verkehr mit Häuptlingen, Arbeitern, mit den
Eingeborenen einer durchzogenen Landschaft usw. wurde geübt. Die
auf Suaheli geführten Verhandlungen boten reichlich Gelegenheit zu
Vorträgen über Sprache und Sitte, Rechtspraxis, wirtschaftliche Ver-
hältnisse und allgemeine Landeskunde.
Professor Dr. Borchling: Kapholländisch. (Sommersemester.)
Den Übungen zugrunde gelegt wurden das Lehrbuch der kap-
holländischen Sprache von Dr. Marais-Hoogenhout (Wien, Hartleben),
ferner eine größere Serie von kapholländischen Sprechübungen aus
dem täglichen Leben, die von dem Sprachgehilfen Herrn Johannes
Tischer (früher in Johannesburg) unter ÖOberaufsicht des Seminar-
direktors nach ähnlichen hochholländischen Lehrstücken bearbeitet
wurden, dazu noch verschiedene kleinere Texte aus Zeitschriften u. ä.
Ein großes Gewicht wurde auf die Realien gelegt, indem der Sprach-
gehilfe in jeder Stunde über einzelne Kapitel aus den südafrikanischen Ver-
Hamburgisches Kolonialinstitut. 30
hältnissen, insbesondere aus dem Leben und der Anschauunesweltder Buren
und der farbigen Bevölkerung, in kapholländischer Sprache berichtete.
Professor Dr. Franke: Einführung in die Kenntnis der chinesischen Sprache.
Der Unterricht im Ostasiatischen Seminar ist während des letzten
Jahres in zwei Kursen erteilt worden. Im Wintersemester 1910/11
wurde ein neuer Anfängerkursus gebildet, daneben wurden in dem
älteren Kursus kurze leichte Zeitungsartikel gelesen, gleichzeitig aber
auch die grammatischen Übungen fortgesetzt. 1911 kam ein Kursus
für klassisches Chinesisch hinzu; hier wurden die Schriften des Staats-
philosophen Meng ts@ gelesen und an der Hand der einheimischen
Kommentare erklärt. Für das nächste Semester sind Lektüre von
Vertragstexten und anderen amtlichen Urkunden, sowie Übungen in
der Behandlung chinesischer Geschichtsquellen geplant.
Professor Dr. Schädel: Grundzüge der allgemeinen Phonetik, unter be-
sonderer Berücksichtigung des Französischen. (Sommersemester.)
Erklärung des Baus und der allgemeinen Funktion der Sprech-
werkzeuge. Systematische Übersicht über die Örganeinstellung bei
den wichtigsten germanischen und romanischen Lauten. Einführung
in die analphabetische Bezeichnung, mit besonderer Rücksicht auf
sprachwissenschaftliche Bedürfnisse. Phonetische Demonstrationen aus
dem Französischen. Praktische und systematische Einübung der in
der Vorlesung erklärten Tatsachen in einem besonderen zweistündigen
Kursus zur Einübung der französischen Aussprache unter Leitung von
Herrn Dr. Lavoipiere.
Praktisches Studium der französischen Sprachmelodie und Druck-
verteilung mit Hilfe des Phonographen. Anleitung zur Verwendung
des Phonographen im neusprachlichen Unterricht.
Professor Dr. Hagen: Japanisch für Anfänger. (\Wintersemester.)
Das japanische Praktikum hat 49mal stattgefunden. Der Unter-
richt wurde erteilt an Hand des Plautschen Lehrbuches und der
japanischen Fibel. Außerdem boten Stoff Gespräche auf der Eisen-
bahn, beim Geldwechsler, im Kaufmannskontor.
Hara: Japanisches Praktikum für Fortgeschrittene.
Sowohl im Winter- als auch im Sommersemester fand der Unterricht
wöchentlich zweimal statt, und zwar jedesmal einstündig. In der ersten
Stunde jeder Woche wurden die Lesestücke aus dem vom japanischen
Unterrichtsministerium herausgegebenen Lehrbuche durchgenommen,
während die zweite Stunde der Konversation gewidmet wurde.
Dr. Tschudi: Arabisch, Persisch, Türkisch.
Wintersemester: Im arabischen Anfängerkurs wurde die Elementar-
srammatik nach dem Harderschen Lehrbuch (bis zur Mitte des ersten
Teils) besprochen. In den arabischen Übungen für Vorgerückte wurden
15*
202 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Abschnitte aus den „Reisen Sindbads des Seefahrers“ (im der Ausgabe
von L. Machuel) gelesen. Im persischen Kurs wurden die Anfangs-
gründe nach Salemann-Shukovskis Grammatik durchgenommen und der
srößte Teil der Chrestomathie dieses Lehrbuches gelesen. In den
türkischen Übungen wurden Abschnitte aus „Billür Kjöschk“ und aus
dem Reisebuch des Evlija Tschelebi gelesen.
Sommersemester: Wie im Wintersemester wurde ein arabischer Anfänger-
kurs abgehalten. In einem zweiten Kurse wurde die Besprechung der
(Grammatik fortgesetzt (bis gegen Ende des ersten Teiles von Harder).
In den arabischen Übungen für Vorgerückte wurden weitere Stücke aus
„Sindbads Reisen“ sowie Abschnitte aus Geographen (nach de Goejes
Auswahl) gelesen. In den persischen Übungen wurden Abschnitte aus
Pizzis „Antologia Firdusiana“ gelesen. Im türkischen Anfängerkurs
wurden die Elemente der Grammatik (nach den ersten Lektionen des
Lehrbuches von Jehlitschka) besprochen. In den türkischen Übungen
für Vorgerückte wurden weitere Abschnitte aus Evlijä sowie ein
Schattenspieltext und einige moderne Gedichte gelesen.
Dr. Panconcelli-Calzia: Italienisch.
Im Wintersemester wurde nur ein vierstündiger Kursus für Anfänger
abgehalten. Der Unterricht wurde nach der sogenannten „direkten
Methode“ an Hand des Corso pratico di lingua italiana von Donati
und dem Metodo Pernot erteilt. Während des Unterrichts wurde nur
Italienisch gesprochen.
Im Sommersemester wurde außer obigem Kursus für Anfänger auch
einer für Fortgeschrittene abgehalten, in dem die Zuhörer nach dem Corso
pratico di lingua italiana von Donati lexikalische Übungen anstellten.
Professor Dr. Ziebarth: Neugriechisch.
Im Anfangskursus wurde die griechische Schriftsprache gelehrt nach
Mitsotakis, Praktische Grammatik der neugriechischen Schrift- und
Umgangssprache. Lektüre und Sprechübungen nach AXao. Harrauaozov.
“Eilmvırov Avayvoouaragıov 3.
Im Kursus für Fortgeschrittene, welche Kenntnis des Altgriechischen
besaßen, wurde gelesen: Bikelas, Lukis Laras, dazu Gedichte in der
Volkssprache nach Thumb, Handbuch der neugriechischen Volkssprache,
2. Auflage. Sprechübungen in dankenswerter Weise gefördert durch
zwei griechische Hörer.
E. T. Harris, A. A., F.C.1I.: Englisch.
Wie im vorigen Jahre wurde in der englischen Sprache der Unter-
richt in drei Klassen erteilt, und zwar in einer Anfänger-, einer
Mittel- und einer Klasse für Fortgeschrittene. In allen Klassen wurde
von Anfang an fast ausschließlich Englisch gesprochen. In der An-
fängerklasse wurde während der ersten 1—2 Monate nur mit Hilfe
Hamburgisches Kolonialinstitut. 203
der Wandtafel unterrichtet, damit die Hörer sich so schnell wie möglich
an das Sprechen und Verstehen der fremden Sprache gewöhnten.
Später wurden leichte Lesestücke durchgenommen, die teils von den
Hörern, teils von dem Dozenten vorgelesen wurden; die nötigen Er-
klärungen wurden stets in englischer Sprache gegeben, und es folgte
ein Gespräch über die gelesenen Stücke. Beim Unterricht wurde
darauf Bedacht genommen, die Hörer in erster Linie mit den im
täglichen Leben am häufigsten vorkommenden Wörtern und Rede-
wendungen vertraut zu machen. Die Mittelklasse bildete eine Fort-
setzung der Anfängerklasse, und in dieser Klasse wurde auch die
Grammatik, in englischer Sprache, eingeführt und erläutert. In der
Klasse für Fortgeschrittene wurden von den Hörern Aufsätze ge-
schrieben und Debatten, abwechselnd über ein vorbereitetes und über
ein vorher nicht bekanntgegebenes Thema, geführt. Von dem Dozenten
wurden Vorlesungen über diverse Themata gehalten, auch wurden
Übungen im Briefschreiben und im allgemeinen Gespräch veranstaltet.
In der Grammatik wurden die am meisten vorkommenden Fehler von
dem Dozenten in ausführlicher Weise erörtert. Während des Sommer-
semesters 1911 wurde ferner eine besondere Klasse für Tropenärzte
eingerichtet, in der die nötigen Kenntnisse der Sprache für den
speziellen Dienst möglichst schnell eingeübt wurden.
Dr. Lavoipiere: Französisch.
Kursus I (für Anfänger). — Im Wintersemester wurde der Ele-
mentarunterricht nach der bereits im früheren Bericht (S. 82) kurz
dargestellten eigenen Anwendung der direkten Methode erteilt. Im
Sommersemester wurden abwechselnd zwei Stunden wöchentlich auf
Sprechübungen (als Hilfsbücher waren den Hörern die Causeries
francaises von Georg Stier, Le Petit Parisien von R. Kron, das
Handbuch von Alviney usw. empfohlen worden) und zwei Stunden
auf die Lektüre von Bruno: Le Tour de la France, und gramma-
tische Übungen verwendet.
Kursus II (für Fortgeschrittene. — Der Unterricht bezog
sich auf ausgewählte Fragen aus der französischen Sprache und
Kultur. Er wurde ausschließlich in französischer Sprache erteilt und
derart geführt, daß die Hörer an der Stunde aktiven Anteil nahmen.
(Gelesen wurden im Wintersemester Choix de Nouvelles modernes
(Edition Wychgram, Bd. I) und Le Gendre de M. Poirier, im
Sommersemester aus der Anthologie du Theätre francais con-
temporain (Edition Pellissier).
L. Cortijo: Spanisch.
Es wurden zunächst den Hörern die spanischen Bezeichnungen der
einzelnen Hauptgebrauchsgegenstände an Hand der im Hörsaal vor-
204 Hamburgisches Kolonialinstitut.
handenen sowie von einigen Bildern beigebracht, in einfachen Sätzen
erläutert und einfache Fragen und Antworten daran geknüpft. Nach
einigen Stunden wurden in ähnlicher Weise Übungsstücke aus dem
Libro espaüol von M. D. Berlitz durchgegangen, indem nach der
Lektüre und Übersetzung der Stücke Fragen und Antworten und später
kurze Inhaltsangaben mündlich wie auch schriftlich angeschlossen
wurden. Zwischendurch wurden auch einzelne grammatische Tatsachen
behandelt, insbesondere die Konjugationen der regelmäßigen und ge-
bräuchlichsten unregelmäßigen Verben. Im Sommersemester wurden
die Übungen nach demselben Buche in derselben Weise fortgesetzt
und in der Grammatik der Konjunktiv durchgenommen. Im Kursus II
wurden in den ersten Stunden Ausschnitte aus einer spanischen Zeitung
vorgelesen, besprochen, übersetzt und in Form kleimer Vorträge in
spanischer Sprache wiedergegeben; späterhin wurde das Stück von
Wilhelm Hauff „Jud Süß“ übersetzt und besprochen.
Fräulein Z. Ey: Portugiesisch.
Fortsetzung des Unterrichts nach der intuitiven Methode. Vor-
wiegend praktische Sprechübungen unter Zugrundelegung von portu-
sjesischen Zeitungsartikeln und Abschnitten aus dem Manual Politico
von Trindade Coelho.
Oberingenieur Sperber: Haus-, Wege- und Brückenbau in den Kolonien.
Behandelt wurden: A. Hausbau. 1) Welche Bedingungen muß ein
(rebietsteil erfüllen, um zur Siedelung für Kuropäer geeignet zu sein?
2) Was ist zu beachten bei der Wahl eines Platzes zum Hausbau?
3) Erklärung des Grundwassers und Erläuterung der Einflüsse, welche
der Grundwasserstand auf den Hausbau und die Bewohner einer
Siedelung hat. 4) Wie ist brauchbares Trinkwasser zu beschaffen ?
5) Wie sind die Hauswässer zu beseitigen? 6) Erklärung der
einfachsten Holzkonstruktionen. 7) Konstruktion einer Unterkunfts-
hütte. 8) Konstruktion eines Blockhauses. 9) Kurze Beschreibung
der Einzelheiten eines massiven Wohngebäudes. 10) Kurze Besprechung
eines Bebauungsplanes für eine Siedelung größeren Umfanges. B. Wege-
bau. 1) Erklärung der Bezeichnungen Last, Transport, Fracht.
2) Folgen der Verbesserung und Vergrößerung der Transportmöglich-
keiten. 3) Einteilung der Transportwege. 4) Tracierungselemente.
5) Wahl der zweckmäßigsten Wegetrace. 6) Längen- und Querprofile
der Straßen. 7) Erdarbeiten für den Wegebau im Damm, im Ein-
schnitt und im Anschnitt. 8) Besprechung der Bodenarten in bezug
auf die Tauglichkeit zum Wegebau. 9) Besprechung der Erdtransporte.
10) Besprechung der Wegebefestigungen. (©. Brückenbau. 1) Zweck
der Brücken im allgemeinen. 2) Einteilung der Brücken. 3) Wahl
der zweckmäßigsten Brückentrace, 4) Besprechung der Eingeborenen-
Hamburgisches Kolonialinstitut. 205
brücken. 5) Kurze Besprechung der beweglichen und festen Brücken.
6) Kurze Besprechung der hölzernen, der steinernen, der eisernen
und der Betonbrücken.
Kaidirektor Winter: Kai- und Hafenbetrieb. (Sommersemester.)
Es wurde von den Grundbedingungen für Entstehen und Entwick-
lung eines Seehafens ausgegangen und daran kurz die Geschichte der
hamburgischen Kaianlagen geknüpft. Ein Überblick über Art und
Umfang des hiesigen Überseeverkehrs zeigte, welchen Einfluß insbe-
sondere die Forderungen an bequemen und schnellen Güterumschlag
auf die bauliche Ausbildung des Hafens, wie nicht minder auf die Art
und Entwicklung seines Betriebes haben mußten. Dabei wurde be-
sonders Gewicht auf den sich mehr und mehr vollziehenden Übergang
von Hand- zu maschinellen Betriebsweisen gelegt, zu welchen Wirt-
schaftsfragen nicht allein, sondern auch die verwickelten Verhältnisse
zwingen, die mit den modernen Arbeiterorganisationen zusammenhängen.
An die Vorlesungen schlossen sich, regelmäßig mit ihnen abwechselnd,
Ausflüge in den Hafen mit Besichtigungen der Schuppen-, Lager- und
sonstigen Hafenbetriebe.
Dr. Förster: Anleitung zum Segeln auf Fluß und See. Vorträge und
praktische Übungen. (Sommersemester.)
Der Kursus bezweckt, die vom Reichskolonialamt zu ihrer Aus-
bildung nach Hamburg entsandten zukünftigen Kolonialbeamten auf
dem Wasser heimisch und mit der Technik des Segelns bekannt zu
machen. Es hatten sich 34 Hörer und 2 Hospitanten des Kolonial-
instituts gemeldet, insgesamt also 36 Teilnehmer, von denen 30 an-
genommen, die übrigen wegen Überfüllung des Kursus abgelehnt werden
mußten. Im ganzen habe ich 6 Vorträge gehalten und die Teilnehmer
des Kursus, in 5 Gruppen geteilt, 9 Wochen lang üben lassen. Der
einleitende Vortrag behandelte die Einrichtung des Segelbootes und
die verschiedenen Lagen des Bootes zum Winde. Hieran schlossen
sich zunächst praktische Übungen auf der Alster, und zwar mußten
die Teilnehmer von Anfang an selbst das Segelboot steuern, später
unter gleichzeitiger Bedienung der Segel. Weitere Vorträge erklärten
unter Segel gehen, Anlegen und Retten, Segeln in fließendem Wasser
und Segeln bei schwerem Wetter, endlich Grundberührungen. Diese be-
sonderen Verhältnisse wurden soweit möglich, auch auf der Elbe, geübt.
Die letzten Vorträge behandelten die Takelung der Schiffe, die Seefahrts-
ordnung und die Grundzüge der Nautik. Im Hinblick auf den Zweck
des Kursus habe ich auf das Segeln mit primitiven Mitteln, auf Flößen,
Ruderböten und mit selbstgemachten Segeln, besonderen Wert gelegt.
206
Hamburgisches Kolonialinstitut.
Der Besuch der einzelnen Vorlesungen ergibt sich aus der folgenden
Zusammenstellung:
Wintersemester 1910/11.
Name des Dozenten
Thema
Anzahl der
Hörer pe:
Prof. Dr. Keutgen 1. Allgemeine Kolonialgeschichte der Neu-
ZEIT. nn ee ee 29 B)
2. Kolonialgeschichtliche Übungen........ 3 —
Prof. Dr. Perels Kolonialrecht MIWDeile see leere 32 3
Dr. Radlauer Übungen zur Einführung in das Kolonial-
recht, I. Für Hörer ohne juristische Vor-
bildune aa NE 6 —
Regierungsrat Dr. Graef | Verwaltungspraxis in den Kolonien mit be-
(Düsseldorf) sonderer Berücksichtigung der Einge-
borenenrechtsprechung.....-........... 33 2
Prof. Dr. Rathgen Kolonialpolitik mit Übungen, I. Teil ...... 37 1
Prof. Dr. Rathgen und | Besichtigung von Warenlagern, Aufberei-
Prof. Dr. Voigt tungsanstalten und industriellen Anlagen | 44 Bl
Bücherrevisor Koock Buchführung und Bilanzkunde mit Übungen | 38 13
Prof. Dr. Fesca 1. Allgem. Ackerbaulehre (Pflanzennährungs-
und Düngerlehre) mit besonderer Berück-
sichtigung der tropischen Verhältnisse... 7 2
2. Spezielle Pflanzenbaulehre tropischer und
subtropischer Nutzpflanzen (Ernährungs-
früchte, Stimulantia, Faserpflanzen) .... h) —
3. Plantagen- und Farmwirtschaft........ 10 5
4. Landwirtschaftliches Laboratorium, in
Gemeinschaft mit Dr. Grimme......... 4 --
Prof. Dr. Voigt 1. Praktische Übungen im Erkennen und
Untersuchen pflanzlicher Erzeugnisse des
Handels:
a) für Beamte und Landwirte......... 3 15
D)STUTARaNN ee RR — 52
2. Koloniale Nutzpflanzen, ihre Kultur, ihre
Produkte und Schädlinge:
a) für Beamte und Landwirte .......... 39 3
b)turaKaunleutenurgr u 5
c) für Haushaltungslehrerinnen ........ — 38
Prof. Dr. Zacharias Allgemeine Botanik Ar. es er: a. 2
Prof. Dr. Klebahn Die Grundlagen der Bodenkunde ......... 2 —
Prof. Dr. Brick Krankheiten der tropischen Kulturpflanzen,
verbunden mit praktischen Übungen.... 3 3
Dr. Heering Grundzüge der Pflanzengeographie mit be-
sonderer Berücksichtigung der deutschen
Koloienek ar REN 3 —
Prof. Dr. Kraepelin Einführung in diebiologischen Wissenschaften 18 il
Prof. Dr. Michaelsen Die Tierwelt unserer afrikanischen Kolonien 9 2
Direktor Dr. Neumann 1. Kleinviehzucht (Schaf- und Ziegenzucht)
und Schweinezucht mit Berücksichtigung
der Verhältnisse der Kolonien und prak- |
tischen Demonstrationen .............. 21 B)
2. Die Milch und ihre Verarbeitung (Butter-
und Käsebereitung)) mit Übungen im Unter-
suchen von Milch- und Molkereiprodukten I 2
3. Landwirtschaftliche Exkursionen ....... 15 =
lübertraesr 382, | 210
m —— ee ä——
Hamburgisches Kolonialinstitut.
207
eg
Anzahl der
Name des Dozenten Thema Ve:
Hörer aalen
Vortrag ae 3832 | 212
Prof. Dr. Peter Anatomie und Physiologie der Haustiere ver-
bunden mit der Lehre vom Exterieur .. 6 2
Prof. Dr. Voller Experimentalphysik ...........--ee.n0. 0. 2 —
Prof. Dr. Sennewald Experimentalchemie mit besonderer Berück-
siehtigung der Technik u. Landwirtschaft 3 4
Baumeister Uhde | Übersicht über das Maschinenwesen unter
Betonung der für die Kolonien wichtigen
| Einrichtungen mit Besichtigungen indu-
strieller und gewerblicher Anlagen ..... 4 13
Prof. Dr. Passarge 1. Landeskunde d. deutsch. Kolonien in Afrika | 30 {
9 GEomorpHolomler ee ee Dane. 1 —
3. Geographische Übungen ea... nosaeıl 3 —
Prof. Dr. Becker Allgemeine Islamkunde- einschließlich des
islamischen Rechts...............:%.- 18 3
Prof. Dr. Thilenius Allgemeine Völkerkunde mit Übungen..... 3l 4
Prof. Dr. Nocht | Tropenhygiene m. Demonstrationen u. Übung. | 39 7
Prof. Dr. Fülleborn ' Verwendung und Zubereitung der Nahrungs-
und Prof. Glage mittel in den Tropen einschl. Fleisch-
beschau (Koehkursüus).. 2... .......... 32 1
Dr. Lauenstein SO maRIUErkUTS USE. 33 8
Dr. Panconcelli-Ualzia Phonetische Übungen mit Experimenten, mit
besonderer Berücksichtigung der Bedürf- |
nisse der Sprachforschung Ri eG 3 6
Prof. D. Meinhof LL.D. | 1. Suaheli für Anfänger................- 9 4
9. Suaheli für Fortgeschrittene HE 0% 1
3. Übungen im Suaheli m. d. Sprachgehilfen 9 3
4. Vergleichende Grammatik d. Bantusprach. 1 3
5. Phonetik mit besonderer Berücksichtigung
der afrikanischen Sprachen ............- il 3
Prof. Dr. Franke 1. Einführung in die Kenntnis der chinesi-
schen Sprache RN EEE? 3 —
3. Einführung in die Kenntnis der chinesi-
schen Sprache 1 BE 2 |
Prof. Dr. Hagen Japanisch für Anfänger.........----....: 2 2
Hara Japanisch für Fortgeschrittene ..........- 1 2
Dr. Tschudi 1° Arabisch für Anfänger: ...... ..2..002- 3 —
9. Arabisch für Fortgeschrittene ......... I 2
3. Persisch für Anfänger...............- 2 2
4. Türkisch für Anfänger.......-......-- We 1
Prof. Dr. Ziebarth 1. Neugriechisch I für Anfänger ........- ze 2
92 Neusriechisch IL. een. ne ae: = 6
E. T. Harris 1. Englisch I für Anfänger ...........--- 16 10
BR Enehischlullee „emen 2en 0. sneree 22 33
lich IN nee 11 18
Dr. Lavoipiere 1. Französisch I für Anfänger ..........- 3 14
SETAmZOSISCche DIE ee er a 26
Dr. Panconeelli-Calzia Italienisch I für Anfänger ............... 2 fe)
L. Gortijo 1. Spanisch I für Anfänger er 5 15
DE Spanisch IN... rs Je uun een 2 8
Frl. Ey 1. Portugiesisch I für Anfänger. ........- _ 5
2. Portugiesisch TR or Ereckt , ar — 4
Kursus der Photographie ...............- g —
PReitunterrichti ae ee er 7 2
Rechtunterrichtere See re er 1 —_
715 | 436
To
208
Hamburgisches Kolonialinstitut.
Ferner wurden folgende öffentliche Vorlesungen gehalten:
Kopfzahl
Name des Dozenten Thema der
Besucher
Redakteur: 0, Johlineer 7| Börse und: Kolonien 2 0 wer 61
(Berlin)
Major a. D. Langheld Die im Auslande tätigen Truppen des Reichs- |
(Charlottenburg) marineamts und des Reichskolonialamts |
(Organisation, Rekrutierung, Reglement, |
Expeditionsführung usw.) .............. | 60
Regierungsarzt Dr. Külz | Eingeborenenhygiene .................... | 161
(Kamerun)
Regierungsrat Steinhausen | Die Tätigkeit des praktischen Verwaltungs- |
(Kamerun) beamtensnaRamerun. rer 136
418
Sommersemester 1911.
|
|
Name des Dozenten
|
|
I
Anzahl der
|
Prof. Dr. Keutgen
Prof. Dr. Perels
Dr. von Wrochem
Pastor D. Dr. Richter
(Schwanebeck 1. M.)
Prof. D. Dr. Schmidlin
(Münster i. W.)
Regierungsrat Dr. Graef
(Düsseldorf)
Prof. Dr. Rathgen
Prof. Dr. Rathgen
und Prof. Dr. Voigt
Bücherrevisor Koock
Prof. Dr. Fesca
Prof. Dr. Voigt
1. Koloniale Nutzpflanzen, ihre Kultur und
Thema S
Hörer | BDEBz
| |
ı Allgemeine Kolonialgeschichte der Neuzeit l.| 32 | 1
1 SKolonialrecht TE Weile n er 3 | —
2. Übungen im Kolonialrecht für juristisch | |
vorgebildete HOren A 8 |. =
ı Übungen zur Einführung in das Kolonial-
recht. Für juristisch nicht vorgebildete | |
Hörer: IV ir aaa re aa Se =
Die Geschichte der protestantischen Missionen
in den deutschen Kolonien im Rahmen der |
allgemein. Kultur- und Kolonialbewegung | 20 2
Die katholischen Missionen in den deutschen |
Kolonien er e ee ae n a!
Verwaltungspraxis in den Kolonien mit be-
sonderer Berücksichtigung der Einge-
borenenverwaltune= N. h..2 22.2.0: 34 =
Kolonialpolitik mit Übungen. I. Teil: Ko-
loniale Wirtschaftspolitik ............. 39 1
Besichtigung von Warenlagern, Aufberei-
tungsanstalten und industriellen Anlagen | 50 13
Buchführung und Bilanzkunde mit Übungen | 44 el!
1. Allgem. Ackerbaulehre (Klima- u. Boden-
lehre inkl.Melioration u.Bodenbearbeitung;) fe) 3
2. Spezielle Pflanzenbaulehre (Ernährungs- |
trüchte, Sudmüchte)aer 22 See S) 1
3. Tierische Ernährungslehre, Fütterungs-
lehren. a ee 6 =
ihre Produkte, mit Demonstrationen. Für
Beamte, Landwirte und Kaufleute ..... | 47 4
2. Praktische Übungen im Erkennen u. Unter-
suchen pflanzlich. Erzeugnisse d. Handels:
a) für Beamte, Landwirte ünd Kaufleute 35 1
b)Fiurszollbeamterere B= 10
Hamburgisches Kolonialinstitut. 209
|
Anzahl der
Name des Dozenten | Thema | t y
| ı Hörer | A
| A Vorttaaa ern 403 | 48
Dr. Reh Tierische Schädlinge der Kulturpflanzen |
| unserer Kolonien und ihre Bekämpfung Dal
Prof. Dr. Brick Krankheiten der tropischen Kulturpflanzen, |
il verbunden mit praktischen Übungen.... |
Dr. Heering ı Grundzüge der Pflanzengeographie mit be- |
sonderer Berücksichtigung der natürlichen |
| Grasvegetation der deutschen Kolonien . 2 ——
Direktor Dr. Neumann | 1. Die natürlichen u. wirtschaftlichen Grund- |
lagen der Landwirtschaft mit Berück- |
sichtigung der Verhältnisse der Kolonien 8 —
2. Pferde- und Rindviehzucht mit Berück-
sichtigung der Verhältnisse der Kolonien.
Mit praktischen Demonstrationen ...... ER =
3. Landwirtschaftl. Exkursionen mit Prof.
Dre Pebebang at a 18 | —
Prof. Glage Gesunde und kranke Milch (Milchhygiene). | 15 Sr
Prof. Dr. Peter 1. Die hauptsächlichsten Tierseuchen in den
Kolonien, die Maßnahmen zu ihrer Ver- |
hütung und Tilgung (Reichsviehseuchen-
SOSETZEEE NE ea Br. —
2. Verschiedene Krankheiten der Haustiere,
mit Demonstrationen, ausgewählt nach |
ihrer wirtschaftlichen und forensischen | |
BEedcutmie gi are enden. I —
Prof. Dr. Fülleborn Einige für die Kolonien wichtige Tierseuchen | 16 ==
Fischereidirektor Lübbert 1. Ausnutzung von Fischgewässern an der
| Küste und im Binnenlande, mit prak-|
| tischen Demonstrationen .............- 10 =
ı 2. Fischereiliche Exkursionen ............ u SE
Dr. Sokolowsky ' Führungen durch den Zoologischen Garten | |
und Hagenbecks Tierpark, verbunden mit |
Demonstrationen von Nutz- und Wirt-
| schaftstieren unserer Kolonien .......... 23 1.22
Baumeister Uhde ‚ Übersicht über das Maschinenwesen unter |
Betonung der für die Kolonien wichtigen |
Einrichtungen mit Besichtigungen indu- |
strieller und gewerblicher Anlagen..... 3 el
Prof. Dr. Gürich | 1. Die wichtigsten nutzbaren Minerale und |
| Gesteine der deutschen Schutzgebiete, |
erläutert in praktischen Übungen ...... 13 | —
| 2, Geologische Exkursionen.............. los
Prof. Dr. Passarge ‚1. Landeskunde der deutschen Kolonien | |
(Südsee und Kiautschou).............. Se mul
DREANNITODOSEOLTADhIeRe ee a NZ
| 3. Geographische Übungen..............- 2.0093
' 4. Anleitung zu geographischen Beobach-
tungen mit Dr. Graff. Vermessungsübun- |
Den ms Gelände... seen ae. ts URRLESNE am
BI Erkursionenier: Kay Suter IN de Inn
Prof. Dr. Schlee Grundzüge der allgemeinen Erdkunde (zur | |
Einführung in das Verständnis der Länder- |
Kunde N er 39 2
Prof. Dr. Becker Geschichte und spezieller ÜUharakter des |
| Islams in, Altikr.S cms er = 30 OR
| Übertrag. wan-..n >: 736 79
De ee ee]
210
Hamburgisches Kolonialinstitut.
Anzahl der
Name des Dozenten Thema
Hörer an
Vortrapi nee er 736 19
Prof. Dr. Thilenius 1. Völkerkunde der deutschen Kolonien
(Afika) a BERTENe ER 42 7
2. Ethnographisches Kolloquium und An-
leitung zum Sammeln ethnographischen
Materials... 0. 2 a 14 —
3. "Kollodunum kür>Medizmern 5 —
Dr. Reche Anthropometrisches Privatissimum ........ 1 —-
Prof. Dr. Mühlens Ausgewählte Kapitel aus der Tropenhygiene 34 6
Prof. Dr. Fülleborn Kochkursussmirzißvopenarztie. er 7 —
Prof. D. Meinhof LL.D. | 1. Suaheli für Anfänger................. 12 7
2...Duala ur Anfänger, Zar... 2 ee 3 2
3. Vergleichende Grammatik der Bantu-
SPTACHENT ee 10 il
4. Übungen im Suaheli mit dem Sprach-
Sehens 20 7
5. Übungen im Duala mit dem Sprachgehilfen 1 3
Regierungsrat Zache Kisuaheliübungen über Eingeborenenbehand-
lung u. Eingeborenenrechtspflege (Schauri-
Ku Sa N 5 1
Dr. Panconcelli-Calzia Phonetik mit besonderer Berücksichtigung
der afrikanischen Sprachen............ — 9
Heepe Suaheli für Fortgeschrittene.............. 7 1
Klingenheben Flur Anfangerikr an ee 4 —
Prof. Dr. Borchling 2Raphollandiseh Satan mie a ee 2 —
Prof. Dr. Franke 1. Erklärung chinesischer Texte modernen
Stils für Fortgeschrittene............. 2 1
2. Erklärung chinesischer Texte klassischen
(alten) Stils für Fortgeschrittene ...... — 1
Prof. Dr. Schädel Grundzüge der allgemeinen Phonetik unter
besonderer Berücksichtigung des Fran-
zösischen. Mit Demonstrationen und Licht-
bildern-S Rt ar EEE AR: 3 1
Hara Japanisch II für Fortgeschrittene ......... 9 il
Dr. Tschudi 1 Arabisch Sr ee EN — 3
DE NirkischalehunzsAntanmeng ee 3 1
3. Persisch II für Fortgeschrittene ....... — 2)
Dr. Panconcelli-Oalzia 1. Italienisch I für Anfänger. Fortsetzung
des Winterkursust N ze e2.. ee 1 4
2. Italienisch II für Fortgeschrittene...... 1 5
3. Bhonetisches Praktikum... 20% Ir zgali 4
Prof. Dr. Ziebarth 11. Neugriechisch I für Anfänger. 2.22. Io 3
2. Neugriechisch II für Fortgeschrittene... — 6
E. T. Harris 1. Englisch I für Anfänger. Neuer Kursus 17 fe)
2. Englisch für Anfänger. Fortsetzung des
Winterkursus 022 Reg ee I) 9
3. Englisch II für Fortgeschrittene ....... | 10
4. Englisch für Tropenärzte ........ | 5 —
Dr. Lavoipiere 1. Französisch I für Anfänger. Fortsetzung |
des- WinterKursus une 2 10
2. Französisch II für Fortgeschrittene..... ED 4
L. Cortijo 1. Spanisch I für Anfänger. Fortsetzung |
des "Winterkursus.g sul en 4 5
2. Spanisch II für Fortgeschrittene ....... 1 4
Frl. Ey Portugiesisch I für Anfänger .............. — 2
Übertrag
985
204
Hamburgisches Kolonialinstitut. 311
Anzahl der
Name des Dozenten Thema ?
Hörer | tanten
VorirAoee 985 | 204
Prof. Dr. Voigt Demonstration von Ausrüstungen für bota-
nisches Sammeln auf Reisen........... | —
Dr. Reh Anleitung zum Sammeln, Beobachten und
Konservieren von Tieren.............. 13| —
Prof. Dr. Fesca ı Übungen über Anlage und Pflege von Baum-
| pflanzungen. Demonstration von Obst-
anlagen in Gemeinschaft mit Obergärtner |
Warnecker Merten 7 3
Oberingenieur Sperber | Haus-, Wege- u. Brückenbau in den Kolonien 27 b)
Kaidirektor Winter Ra EundeHatenbeimieheesee 16 1
Rat Dr. Förster Anleitung zum Segeln auf Fluß und See.. au, —
Präparatoren des ı Anleitung zum Abbalgen, Skelettieren, Kon-
Naturhist. Museums | servieren und Ausstopfen der höheren
| Wiırbeltiere ee m 12 —
Kursus der Photographie ................ 14 1
EREIGUNGELTICHEN N. Ser Deere 7 1
I Rechtunterrichten u. 02.1... Vanlene. sa sein 1
1121 |. 213
Am Schlusse des Wintersemesters unterzogen sich 11 Hörer der
Diplomprüfung, von denen 10 bestanden. Als Prüfungsarbeiten wurden
folgende Themata bearbeitet:
Seminar für Nationalökonomie und Kolonialpolitik. (Prof. Dr. Rathgen.)
Welche Folgerungen sind aus dem kürzlich erschienenen Bericht
über die ostindische Auswanderung für die deutsche Kolonialpolitik
zu ziehen?
Seminar für öffentliches Recht und Kolonialrecht. (Prof. Dr. Perels.)
Das Recht der indirekten Steuern in Deutsch-Südwestafrika.
Die Organisation der freiwilligen Gerichtsbarkeit in den deutschen
Kolonien.
Die rechtliche Stellung der Farbigen im Prozeß gegen den Weißen.
Das Jagdrecht der afrikanischen Kolonien Deutschlands, insbesondere
Deutsch-Südwestafrikas.
Das Militärverfassungs- und Verwaltungsrecht der deutsch-afrika-
nischen Kolonien.
Das Zustellungs- und Kostenwesen in den deutschen Kolonien.
Das Unterrichtswesen in den deutschen Kolonien.
Die rechtspolitische Lösung der Mischehenfrage.
Das Recht der indirekten Steuern in Kamerun.
Die Geschichte der Landgesetzgebung in Kamerun.
912 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Zu der Diplomprüfung am Ende des Sommersemesters hatten sich
16 Hörer gemeldet und auch die Prüfung bestanden. Die Themate der
Prüfungsarbeiten lauteten:
Seminar für Nationalökonomie und Kolonialpolitik. (Prof. Dr. Rathgen.)
Das Geldwesen der deutschen Kolonien.
Seminar für öffentliches Recht und Kolonialrecht. (Prof. Dr. Perels.)
Aufenthalts- und Wanderungsrecht der Farbigen in Kamerun und
Togo.
Zur Frage der Mischrechtsverhältnisse und der gemischten Gerichts-
barkeit nach deutschem Kolonialrecht.
Die rechtliche Ordnung des Straßenwesens in den deutsch-afrika-
nischen Kolonien.
Die geschichtliche Entwicklung der Landgesetzgebung in Deutsch-
Ostafrika. j
Aufgebote und öffentliche Bekanntmachungen an die Eingeborenen
von Deutsch-Ostafrika, zusammengestellt und bearbeitet auf Grund
des „Kiongozi“.
Die geschichtliche Entwicklung der Zollgesetzgebung in Deutsch-
Ostafrika.
Die Polizei in Deutsch-Südwestafrika.
Seminar für Geschichte und Kultur des Orients. (Prof. Dr. Becker.)
Die hauptsächlichsten muhammedanischen Sekten der Inder in
Deutsch-Ostafrika.
Botanische Staatsinstitute. (Prof. Dr. Voxgt.)
Die Ölpalme Westafrikas, ihre Kultur und Nutzung durch den Ein-
geborenen.
Die baumwollverwandten Pflanzenhaare, ihr Vorkommen, ihre Kultur
und ihre Verwendung.
Die Handelssorten des Kakaos.
Der Kakao, unter besonderer Berücksichtigung der Eingeborenen-
kultur, an der Westküste Afrikas.
Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten. (Medizinalrat Prof. Dr. Nocht.)
Über Trinkwasserreinigung.
Über die wichtigsten Viehseuchen in Deutsch-Südwestafrika.
Prof. Dr. Peter (Veterinärmedizin):
Das Blut der Rinder, seine physiologische Beschaffenheit und seine
Veränderungen durch einige tropische Seuchen.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 213
7
Zu den bisher abgehaltenen Diplomprüfungen haben sich insgesamt
72 Hörer gemeldet, davon haben 69 die Prüfung bestanden. Die Prüflinge
gehörten folgenden Berufen an:
| I. Prüfung | I. Prüfung IT. Prüfung IV. Prüfung) V. Prüfung |
Ende Ende Ende Ende | Ende Zusammen
| SS. 1909 WS. 1909/10), SS.1910 |WS. 1910/11) SS. 1911 |
Beiskleute .:-.......... 1 2 D) EN 1 6
Referendare und
FÄSSEESOTEN ran 2 4 >) 4 7 | 19
Binzierer nn. — il 1 ER 1 5
Mittlere Beamte ...... 7 5 6 6 5 29
Bandwitte - .......... u — 2 3s | 5
SENdEenten .......:..-. 1 = sn 1 il 5)
NBeemieüre .. 2... ....: il = | er Be IR 1
WHENIKERE ee _ il 2 Pr a 1
OhmesBerut:e.... sur 1 | — 1 = en D)
15 13 14 al 16 69
4. Hörer und Hospitanten.
In dem Berichte über das erste Studienjahr sind die Gesichtspunkte
erwähnt, nach denen die Bedingungen für die Zulassung aufgestellt
wurden. Abänderungen dieser Normen waren nicht notwendig, auch die
Bestimmungen über Meldung und Aufnahme und Disziplin sind unver-
ändert geblieben.
Infolge Einführung des viersemestrigen koloniallandwirtschaftlichen
Lehrplans erfuhren die Bestimmungen über Lehrplan und Diplomprüfung
eine entsprechende Änderung. Ferner erhielten die Vorschriften über
Gebühren und Abgangszeugnisse erforderlich gewordene Zusätze.
Die Zusammensetzung der Hörer und Hospitanten nach Berufen
und Arbeitsgebieten ist im allgemeinen unverändert geblieben. Hervor-
zuheben ist, daß das Reichskolonialamt neben der vereinbarten Zahl
von Hörern im Sommersemester 1911 auch eine Anzahl Tropenärzte dem
Kolonialinstitut zur weiteren Ausbildung für die Kolonien überwiesen
hat. Das Reichskolonialamt beabsichtigt, in jedem Sommersemester
im Anschluß an den im hamburgischen Institut für Schiffs- und Tropen-
krankheiten stattfindenden tropenärztlichen Frühjahrskursus die in die
Schutzgebiete zu entsendenden und an dem genannten Kursus teil-
nehmenden Ärzte dem Kolonialinstitut, wie schon auf Seite 28/30
ausgeführt, zur weiteren Ausbildung zu überweisen, zu welchem Zwecke
ein besonderer Studienplan festgesetzt worden ist. Unter den vom
Reichskolonialamt überwiesenen regelmäßigen Hörern waren der Be-
214 Hamburgisches Kolonialinstitut.
stimmung nach alle Kolonien vertreten. Erwähnt mag noch werden,
daß auch von den sogenannten freien Hörern sich eine Anzahl, ins-
besondere Referendare und Assessoren, auf den Beruf des Kolonial-
beamten auf eigene Kosten vorbereiteten und von dem Reichskolonial-
amt im zweiten Ausbildungssemester übernommen wurden.
Das Auswärtige Amt entsandte zur Ausbildung während des Winter-
semesters einen und während des Sommersemesters zwei Assessoren.
Von hamburgischen Beamten nahmen wiederum etwa 30 Zollbeamte
an den Vorlesungen teil. Missionskandidaten fanden sich erfreulicher-
weise recht zahlreich in beiden Semestern ein, sie nahmen an dem
Sprachunterricht und den Vorlesungen über Landes- und Völker-
kunde teil.
Die Besuchsziffern des Kolonialinstituts waren die folgenden:
Hörer Hospitanten Insgesamt
Zusane WS.1908/09E Fer er 56 46 102
Abeansı Ostern A909 er errrere 21 13 34°
Bestand rs rn a re 35 33 68
Zugang DS. 9092 BE eer 26 58 84
Bestand SS. 1909 ..... 61 97 152
Abgang Herbst 1909 ................ 39 87 126
Bestand ar ee ee 22 4 26
Zusane WS. 1909102 Dress 34 143 1
Bestand WS. 1909/10 ..... 56 147 203
Absane Ostern 1910 Fr meer en 97 124
Bestands aA ee Le 29 50 19
Zusaue Ss. 190 mr ee 26 86 112
Bestand SS. 1910 ..... 55 136 191
Abeanes Hierbst 1910er 30 99 129
Bestand We a IT IRRE 25 37 62
ZUBE WS. II 56 236 292
Bestand WS. 1910/11.... 81 203 354
Absane Ostern ION rerer 31 199 230
Bestand SS re NR 50 74 124
ZusanesSs. lOlluze Seren 47 61 108
Bestand SS. 1911 ..... 97 135 232
In den drei Studienjahren besuchten das Kolonialinstitut:
1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr Insgesamt
Hörer +... ee 82 60 178 320
Hospitanten: cr. es ee 186 289 408 883
268 349 586 1203
Hamburgisches Kolonialinstitut.
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216 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Während sich die Besuchsziffern bei den Hörern langsam steigern,
ist die Zahl der Hospitanten im Sommersemester 1911 gegenüber dem
Wintersemester 1910/11 um die Hälfte zurückgegangen. Dies erklärt
sich daraus, daß der Winter von den nicht regulären Hörern, besonders
den Kaufleuten und einer anderen Berufsgruppe (Haushaltungslehrerinnen),
bevorzugt worden ist. Trotzdem ist aber in der Gesamtzahl der Be-
sucher des Berichtsjahres doch eine erfreuliche Zunahme gegenüber dem
Vorjahre zu verzeichnen.
In der folgenden Übersicht sind die Hörer noch einmal in die
hauptsächlich am Kolonialinstitut vertretenen Berufe zusammengefaßt.
a) Hörer.
WS. SS. | WS. Ss. WS. Ss.
1908/09) 1909 | 1909/10) 1910 1910/11) 1911
1. Akademische Vorbildung ........ 11 18 25 18 26 39
eK umannISsche m 14 13 M 10 14 15
3. Mittlere-Beamte ee ee 14 15 10 19 22 21
4. Seminaristisch gebildete Lehrer und
Behrennnen ne _ — — 3 10 8
5. Missionare und Missionskandidaten] — — — — — —
6. Landwirtschaftliche Vorbildung... 3 5 B) dl 6 8
2. Andere Vorbildung >= teste. 14 15 U 4 b) 6
56 66 56 55 8 97
Darunt. v. Reichskolonialamt entsandt| 19 24 23 25 24 28
b) Hospitanten.
1. Akademische Vorbildung......... = — 13 4 20 15
2BRanmannısche sr 8 51 69 66 128 46
3. Mittlere Beamte .... I... ce. 35 28 DE 31 26 28
4. Seminaristisch gebildete Lehrer und
Iehrermnen ee — u = 14 40 30
5. Missionare und Missionskandidaten]| — E= == ) 2 10
6. Landwirtschaftliche Vorbildung...| — = 3 — 1 1
7. Andere. Vorbildung-n..s.. 2. 3 12 11 13 56 7
46 91 147 136 273 135
Die nachfolgende Übersicht gibt einen Überblick über die Staats-
angehörigkeit der Hörer und Hospitanten und zeigt, daß neben Hamburg
und Preußen insbesondere Angehörige süddeutscher Staaten vertreten sind.
Karl Rathgen.
217
Hamburgisches Kolonialinstitut.
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918 Hamburgisches Kolonialinstitut.
III. Die Zentralstelle.
Allgemeines.
Der Ausbau der Zentralstelle hat im 3. Berichtsjahre (1. Oktober
1910 bis 30. September 1911) bemerkenswerte Fortschritte gemacht.
Mit Hilfe der von Senat und Bürgerschaft (Beschlüsse vom
19. Dezember 1910 bezw. 4. Januar 1911) besonders bewilligten Mittel
konnte die Zahl der Arbeitskräfte verdoppelt werden. Am1. April 1911 trat
Herr Kaiserl. Regierungsrat Hans Zache als wissenschaftlicher Mitarbeiter
in die Dienste der Zentralstelle. Durch eine 15jährige Tätigkeit als Verwal-
tungsbeamter in Deutsch-Ostafrika ist Herr Regierungsrat Zache ein her-
vorragender Kenner afrikanischer Verhältnisse; er wirkt nebenamtlich auch
als Dozent für Suaheli und Verwaltungspraxis. Schon vorher, am 1. Februar
1911, war Herr Dr. Heinrich Waltz, der bisher bei der Statistischen
Abteilung der Reichsbank tätig war, eingetreten; ihm ist in erster Linie
die Verwaltung des Archivs und die Überwachung der bibliothekarischen
Arbeiten anvertraut. Als Bibliothekarin wurde Fräulein Emmi Prohmann
von der Stadtbibliothek in Hamburg gewonnen, die ebenfalls am 1. Februar
ihren Dienst antrat. Gegen Schluß des Berichtsjahres wurden noch
3 weitere mit Sprachkenntnissen ausgerüstete Damen angestellt, wogegen
2 Bureauangestellte in den Dienst der Oberschulbehörde zurücktraten.
Um Platz zu schaffen für das rapid anwachsende Archivmaterial und
die neu hinzukommenden Arbeitskräfte, war noch im alten Gebäude ein
Umzug nach der zweiten Etage notwendig. Am 8. April konnte dann die
Übersiedlung in die schönen Räume im neuen Vorlesungsgebäude statt-
finden.
Auskunitserteilung.
Schriftliche Anfragen gingen im Berichtsjahre 302 ein, gegenüber
150 im Vorjahr. Von den Fragestellern wohnten 55 in Hamburg, 205 im
übrigen Deutschland, 24 in den deutschen Kolonien, 18 im Ausland. Die
Erledigung von 78 Anfragen, von denen sich 17 auf Stellenvermittlung,
61 auf Auswanderungsangelegenheiten bezogen, mußte allerdings von der
Zentralstelle ganz oder teilweise abgelehnt werden; 28 von diesen wurden
kurzerhand an die Zentralauskunftsstelle für Auswanderer in Berlin über-
wiesen, die übrigen 33 insoweit erledigt, als es sich um Angaben von
Literatur, über klimatische Verhältnisse usw., handelte; außerdem jedoch
wurden die Fragesteller an die Zentralauskunitsstelle für Auswanderer
verwiesen.
F
Hamburgisches Kolonialinstitut. 219
Der überwiegende Teil der 224 Anfragen, deren Beantwortung den
Aufgaben der Zentralstelle entsprach, betraf wiederum die Gewinnung un.
Verwertung von pflanzlichen, tierischen und mineralischen Produkten.
In 14 Fällen waren den Anfragen Proben, wie z. B. Käfer, Larven,
Schmetterlinge, Schildläuse, Pflanzenfasern, Fettnüsse, pilzerkrankte
tropische Früchte, Erz- und Gesteinsproben, zur Bestimmung oder Begut-
achtung beigefügt. Im ganzen waren 58 Anfragen über Pflanzen und
pflanzliche Produkte (davon 4 mit Proben), 7 über Tiere und tierische
Produkte (1 Probe), 9 über tierische Schädlinge und deren Bekämpfung
(7 mit Proben), 5 über mineralische Produkte (2 mit Proben) zu erledigen.
Von dem Rest der Anfragen sind noch hervorzuheben: 21 Anfragen betr.
Adressen von einzelnen Personen oder wirtschaftlichen Unternehmungen,
16 über Kolonialgesellschaften, Plantagen usw., 13 über Klima, wirtschaft-
liche Verhältnisse, Lebensunterhalt usw. in einzelnen überseeischen
Ländern und Orten, 8 über Rechtsfragen und Handelsgebräuche, 8 über
die Aufgaben des Kolonialinstituts und die Ausbildung von Kolonial-
beamten und Tropenlandwirten, 3 über den Militärdienst in den Kolonien.
In 22 Fällen wünschten die Fragesteller Angaben von Literatur. Weitere
Auskünfte konnten erteilt werden über die Lage einiger Bergbaufelder in
Deutsch-Südwestafrika, über die Rentabilität von Kautschuk- und Sisal-
‚plantagen, über Bodenkreditfragen, Zollangelegenheiten, Preise und Preis-
notierungen verschiedener Produkte, über die Bedeutung einer chinesi-
schen Etikette usw.
Wie im Vorjahr beteiligte sich wiederum der Kaufmännische
Beirat in zuvorkommendster Weise an der Auskunftserteilung, ebenso
die Botanischen Staatsinstitute, das Naturhistorische Museum, ferner
einige hamburgische Firmen und mehrere Dozenten des Kolonialinstituts.
Eine recht erhebliche Ausdehnung hat neben der schriftlichen die
mündliche Auskunftserteilung gewonnen. Die genaue Anzahl der
mündlichen Anfragen kann leider nicht mitgeteilt werden, da erst in
jüngster Zeit eine Statistik darüber angelegt wurde. Es waren aber in
der Regel jeden Tag mehrere mündliche Anfragen zu erledigen, die in
überwiegender Mehrzahl aus hamburgischen Kaufmannskreisen an die
Zentralstelle gerichtet wurden.
Bei der Eröffnung des Börsenanbaus wird die Zentralstelle, ebenso
wie die Botanischen Staatsinstitute, einen Börsenplatz erhalten. Es ist
wohl mit Sicherheit anzunehmen, daß dann die hamburgischen Kauf-
leute in noch weiterem Umfange als bisher die Zentralstelle in Anspruch
nehmen werden. Umgekehrt hofft die Zentralstelle, durch den direkten
Verkehr auf der Börse die reiche Erfahrung der Kaufleute in allen Fragen
des überseeischen Handels und der Kolonialwirtschaft für ihre gemein-
nützigen Zwecke verwerten zu können.
320 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Leider hat sich bis jetzt immer wieder gezeigt, daß die Zentralstelle
als Auskunftsstelle nur wenig bekannt ist und daß viele, die von ihr
gehört haben, sich eine völlig falsche Vorstellung von ihrer Tätigkeit
machen, wie z. B. die vielen Gesuche um Stellenvermittlung beweisen. Die
Zentralstelle hat deshalb durch eine Umfrage bei den wissenschaftlichen
Anstalten und Dozenten des Kolonialinstituts nochmals genau festgestellt,
über welche Wissensgebiete Auskunft erteilt werden kann und hat die
darauf ergangenen Antworten zu einer kleinen Broschüre vereinigt. Diese
soll an die Presse, die Gouvernements, an wissenschaftliche und kauf-
männische Korporationen und sonstige Interessenten zur Versendung ge-
langen. Es darf wohl gehofft werden, daß auf diesem Wege in weiteren
Kreisen Deutschlands und der deutschen Kolonien eine richtige Vor-
stellung von den Aufgaben und der Tätigkeit der Zentralstelle verbreitet
wird.
Registrierung der Auskünfte.
Um die früher erteilten Auskünfte stets zur Hand zu haben, werden
diese auf folgende Weise geordnet:
Anfrage und Auskunft nebst der gesamten Zwischenkorrespondenz
(Erkundigung bei dem Kaufmännischen Beirat, den Botanischen Staats-
instituten usw.) werden zusammengeheftet in Soennecken-Ordnern nach
Namen und Datum geordnet. Über jeden Fragesteller wird eine Register-
karte geführt, auf der Datum und Inhalt der an ihn erteilten Auskünfte
vermerkt werden. Ebenso werden die wichtigeren Auskünfte in der Weise
registriert, daß auf Karten mit sachlichen Stichworten Datum und
Fragestellernamen derjenigen Auskünfte notiert werden, welche über die
betreffende Sache erteilt wurden.
Dieses Verfahren bietet einmal den Vorteil, daß schnell und ohne
besondere Mühe festgestellt werden kann, ob und was über die in Frage
stehende Sache an denselben Fragesteller früher schon geschrieben wurde,
damit eventuell die Antwort durch Hinweis auf den früheren Schrift-
wechsel abgekürzt werden kann. Dann aber können Anfragen über Dinge,
die in früheren Auskünften bereits behandelt wurden, einfach durch einen
an die Schreibstube gegebenen Hinweis auf die vorhandene Auskunft
erledigt werden.
Beschaffung von Materialien für Dozenten und Institute.
In 47 Fällen (gegen 41 im Vorjahr) konnte Dozenten und wissen-
schaftlichen Instituten Material zu Studien- und Unterrichtszwecken zur
Verfügung gestellt werden, das der Zentralstelle auf Ersuchen oder durch
Schenkung zugegangen war. In erster Linie(24Fälle)handelte es sich wieder
um botanische und zoologische Gegenstände, wie Eingeborenen-Feldkost
u u
Hamburgisches Kolonialinstitut. 22]
ausSüdwestafrika, Futterpflanzen, verschiedene Früchte undSamen, Herbar-
material, Pflanzenschädlinge mit Fraßstücken, Spinnen, Käfer, Wasser-
tiere, Schmetterlinge, verschiedene Insekten, Seefische, Vogelnester. Dem
Seminar für Geschichte und Kultur des Orients konnte ein arabisches
Buch aus dem Norden Kameruns, ein Grabstein mit Inschriften aus
Deutsch-Ostafrika sowie Photographien solcher Grabsteine, ferner ein
tunesisches Gesetzbuch überwiesen werden. Das Museum für Völker-
kunde erhielt u. a. ein Schleppnetz von der Südsee und ein Bootsmodell
aus Ostafrika. Strafakten aus verschiedenen deutschen Kolonien, Kupfer-
draht, welcher den Eingeborenen Afrikas als Geld dient, Münzen aus
Neuguinea sowie ein Häuptlingsbuch aus Kamerun gingen an das
Seminar für öffentliches Recht und Kolonialrecht.
Geschenke usw.
Wie im Vorjahr verdankt die Zentralstelle den größten Teil des
im obigen Abschnitt erwähnten Materials wieder dem Reichskolonialamt,
dem Reichsmarineamt und den Gouvernements und Schutztruppen-Kom-
mandos der Kolonien. Von Togo kamen Wassertiere, Spinnen und sonstige
Insekten; von Kamerun Käfer, Strafakten, ein arabisches Buch, ein
Häuptlingsbuch; von Deutsch-Ostafrika Pflanzenschädlinge, Herbar-
material, Insekten, ein Grabstein, Wegekarten, Heliographenvorschriften,
eine Befehlssammlung; aus Deutsch-Südwestafrika Eingeborenen-Feldkost,
Narraskerne, Samen; Kiautschou sandte tierische Schädlinge, Zeitungen,
Strafakten, eine Kiste mit botanischen Sammlungen, Neuguinea eine
Kiste Pflanzen, Samoa eine Sammlung Nashornkäfer usw.
Aber auch von privater Seite erhielt die Zentralstelle manche wert-
volle Gabe: Herr Hauptmann Strümpell, Forcados, sandte eine Kiste
mit ethnographischen Gegenständen, Herr Hollis, Nairobi, 2 Photo-
graphien von ostafrikanischen Grabsteinen, die Deutsch-Australische
Dampfschiffs-Gesellschaft ein Schleppnetz aus der Südsee. Die Neu-
Guinea Compagnie, Berlin, beschaffte eine Sammlung von Münzen
aus Neuguinea. Herr Demandt, Apia, schenkte eine Kiste Seefische, die
Firma Dehnhardt & Co., Tanga und Mombasa, ein ostafrikanisches Boot,
die Agu-Pflanzungsgesellschaft, Berlin, einen Kautschukbaumstamm,
Herr Farmbesitzer Voigts, Voigtsgrund (D. S. W. A.), eine Sendung Brack-
busch, die Firma Hansing & Co., Hamburg, Kupferdrahtgeld usw.
Herr Dr. von Faber, Buitenzorg, sandte Kautschuksamen aus
Java, der an das Biologisch-Landwirtschaftliche Institut in Amani
(Deutsch-Ostafrika) weitergegeben wurde, und Notizen über Versuche von
Kautschukanpflanzung.
In 39 Fällen erhielt die Zentralstelle größere Druckschrifiten, alte
Zeitungen usw., in mehreren hundert Fällen Jahresberichte, Statuten,
2939 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Gründungsprospekte, Preislisten, Kataloge, Kurszettel, Missionsberichte,
Vereinszeitungen und Zeitschriften u. a. m. Es würde zu weit führen,
alle die freundlichen Spender und diejenigen, welche durch ihre Vermitt-
lung die Bibliothek und das Archiv der Zentralstelle bereichern halfen,
einzeln zu nennen. Die Zentralstelle muß sich darauf beschränken, ihnen
allen auch an dieser Stelle nochmals verbindlichsten Dank zu sagen.
Hervorgehoben sei nur das weitgehende Entgegenkommen, das die
Zentralstelle stets bei dem Kaufmännischen Beirat des Kolonial-
instituts, insbesondere bei dessen Vorsitzendem, Herrn Max M. War-
burg, fand, durch dessen Mitwirkung und Vermittlung manche schwierige
Beschaffung von Material möglich wurde. Auch von einer größeren An-
zahl von hamburgischen Firmen wurde die Zentralstelle in
ihren Bestrebungen aufs liebenswürdigste unterstützt. So sandte, um ein
Beispiel anzuführen, die Firma Petersen & Paulsen allwöchentlich eigens
für die Zentralstelle verfaßte Berichte über den Kakaomarkt.
Sammlung von Informationsmaterial.
Wie schon in dem letzten Jahresbericht hervorgehoben wurde, be-
steht die Haupttätigkeit der Zentralstelle in dem Sammeln von Infor-
mationsmaterial über alle wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Fragen,
besonders soweit sie die deutschen Kolonien und die überseeischen Länder
betreffen.
a. Archiv Tür Zeitungsausschnitve.
Von den Zeitungsausschnittbureaus, bei denen die Zentralstelle
abonniert ist — je einem deutschen, englischen, französischen, hollän-
dischen und italienischen —, wurden im Berichtsjahre rund 33000 Aus-
schnitte aus Zeitungen und Zeitschriften geliefert. Außerdem wurden
von der Zentralstelle selbst noch eine größere Anzahl Zeitungen regel-
mäßig zerschnitten.
Im ganzen sind nach Aussonderung der für uns unwichtigen von
auswärts gelieferten Ausschnitte etwa 50 000 Ausschnitte auf gleich große
Bogen in Aktenformat aufgeklebt worden.
Damit man sich durch die Fülle des Materials besser hindurchfinden
kann, werden seit einiger Zeit die wertvollsten Aufsätze und Abhand-
lungen durch einen großen roten Stempelaufdruck als besonders
„Beachtenswert‘ gekennzeichnet.
Wie schon im vergangenen Jahr wurden die aufgeklebten Aus-
schnitte zunächst, nach Stoffen geordnet, den Dozenten des Kolonial-
instituts zur Kenntnisnahme zugesandt und dann erst dem Archiv ein-
verleibt.
Die längst geplante Neuorganisation des Archivs konnte
in Angriff genommen und zu einem erheblichen Teil durchgeführt werden.
Hamburgisches Kolonialinstitut. 293
Sie war unumgänglich notwendig geworden, da sich herausstellte, daß bei
der großen Menge und Verschiedenheit des Materials, das sich auf so
ziemlich alle Wissensgebiete und alle Länder der Erde bezieht, die bis-
herige Einteilung in etwa 1400 Unterabteilungen bei weitem nicht genügte.
Auch erschien eine prinzipielle Neuregelung der Einteilung zweck-
mäßig. Bisher war das System der Einteilung nach Stoffen dem
System der Einteilung nach geographisch-politischen Gesichtspunkten
übergeordnet worden. Dabei waren so ungeheure Gebiete wie Handel
und Verkehr, Geschichte und Politik je in einer Hauptabteilung unter-
gebracht. Es waren also z. B. in der Hauptabteilung „Handel und Ver-
kehr“ alle Ausschnitte vereinigt, die diese Wissensgebiete behandelten,
Aufsätze allgemeinen und theoretischen Inhalts sowohl wie auch die
speziellen Artikel über Handel und Verkehr der sämtlichen Länder der
Erde.
So bestechend auch eine Anordnung erscheinen mag, bei der alles
Material über eine bestimmte wissenschaftliche oder wirtschaftliche Frage
beisammen zu finden ist, so mußte doch aus praktischen und noch mehr
aus rein technischen Gründen dieses bisherige Prinzip der Einteilung auf-
gegeben werden.
Es kommt viel häufiger vor, daß jemand sich über ein bestimmtes
Land oder über bestimmte Produkte, Pflanzen, Tiere orientieren will,
als daß Material über eine bestimmte Frage wissenschaftlicher Natur
verlangt wird. Ferner bei der Menge der jeden Tag neu hinzukommenden
Ausschnitte ist es ganz ausgeschlossen, daß jeder einzelne Ausschnitt auf
seinen Inhalt hin von Anfang bis zu Ende durchgelesen wird. Um das
Einordnen und Signieren zu erleichtern, wird jedoch rot unterstrichen:
1) bei jedem Artikel ein den Inhalt möglichst kennzeichnendes Stichwort;
2) bei Artikeln, die sich auf ein bestimmtes, geographisch oder politisch
begrenztes Gebiet beziehen, der Name dieses Gebietes. Nun handelt
aber ein Artikel häufig über mehrere Dinge oder in der Mitte des Auf-
satzes wird über etwas ganz anderes gesprochen als am Anfang oder
Schluß. Beispielsweise kann es vorkommen, daß unter irgend einem
nichtssagenden Titel erst einige Bemerkungen über die Bevölkerung oder
die Verwaltung eines bestimmten Gebietes gemacht werden und daß dann
längere Ausführungen über den Handel folgen. Da ist es nun leicht
möglich, daß der Artikel unter „Bevölkerung“ oder „Verwaltung“ abgelegt
wird und so demjenigen, der nur die Abteilung ‚Handel“ durchblättert,
vollständig entgeht. Diese Gefahr ist bei der Überordnung des Stoffes
sehr naheliegend; besonders wenn die Ordnung durch ein. weniger
geschultes Personal vorgenommen wird. (Bei der Organisation muß aber
auch mit einer solchen Möglichkeit gerechnet werden!) Noch schlimmer
war es mit der Unterbringung von Reisebriefen oder sonstigen Aufsätzen
224 Hamburgisches Kolonialinstitut.
bestellt, die schematisch getrennte, aber bei dem betreffenden Lande
untrennbare Gebiete wie etwa Politik und Religionswesen behandelten.
Da mußte oft organisch Zusammengehöriges auseinandergerissen werden.
Die überwiegende Mehrzahl der Artikel bezieht sich aber jeweils auf ein
bestimmtes geographisches oder politisches Gebiet, das fast stets auf
einen Blick aus dem Artikel erkennbar ist. Schon die Sprache und der
Ursprungsort des Artikels geben meist deutliche Hinweise, so daß hierin
Verwechslungen nicht leicht vorkommen werden.
Aus all diesen Gründen erschien die Überordnung des geographisch-
politischen Begriffs über den sachlichen am zweckmäßigsten.
Es ergab sich danach zunächst eine Einteilung des Archivs in
zwei große Hauptabteilungen:
1) eine Abteilung mit Aufsätzen allgemeinen und theoretischen Inhalts,
die sich auf kein bestimmtes Gebiet der Erde beziehen,
2) eine Abteilung mit Artikeln, die sich auf geographisch oder politisch
begrenzte Gebiete beziehen.
Aus rein praktischen Gründen erschien es jedoch ratsam, alles
Material über einzelne Tiere und tierische Rohprodukte, Pflanzen und
pflanzliche Rohprodukte, Mineralien und mineralische Rohprodukte,
außerdem über Halb- und Fertigfabrikate getrennt zu behandeln und es
in einer weiteren Hauptabteilung unterzubringen.
Ferner werden alle Bilanzveröffentlichungen, Presseäußerungen und
sonstige Drucksachen von und über einzelne Erwerbsgesellschaften,
Vereine, Schulen usw. in dem unten näher beschriebenen (nach seinem
Hauptinhalt benannten) „Wirtschafts-Archiv“ gesammelt.
Das „Archiv für Zeitungsausschnitte“ besteht demnach aus drei
großen Hauptabteilungen. Um das Signieren der Unterabteilungen in ein-
fachster Form zu ermöglichen, wird jede Hauptabteilung hinsichtlich der
Signaturen von den anderen getrennt gehalten, d. h. Ausschnitte für die
erste Hauptabteilung werden rot, die für die zweite schwarz, die für die
dritte grün signiert. In den gleichen Farben werden die Rückenschilder
der Pappkästen, in denen die Ausschnitte aufbewahrt werden, hergestellt.
Auf diese Weise ist es möglich, die zum Signieren verwandten Zahlen und
Buchstaben in jeder Hauptabteilung neu zu gebrauchen.
Bei der zweiten Hauptabteilung ist die Reihenfolge der Länder nach
ihrer geographischen Lage geordnet, so daß man auch, ohne die Systematik
zur Hand zu haben, mühelos das Material über jedes einzelne Land her-
ausfinden kann. Im ganzen sind Kasten für 261 verschiedene Länder-
gruppen, Länder, Landesteile und Inseln vorhanden. Die ein bestimmtes
Gebiet behandelnden Ausschnitte sind wiederum geordnet nach einem für
alle Länder gleichlautenden Schema von 126 Unterabteilungen. Die Auf-
stellung eines feststehenden Schemas erwies sich als durchaus not-
Hamburgisches Kolonialinstitut. 225
wendig, weil dieses sich dem Gedächtnis rasch einprägt und bei der stets
gleichen Reihenfolge der Unterabteilungen sich das Material bei weitem
schneller einordnen und auffinden läßt, als wenn bei jedem Land
andere Unterabteilungen in Anwendung gekommen wären. Eine ver-
schiedene Behandlung der Unterabteilungen wäre technisch kaum durch-
führbar gewesen; bei ihrer überaus großen Anzahl!) und der Menge des
jeden Tag neu hinzukommenden Materials wäre die Arbeit des Signierens
und des Einordnens der Ausschnitte viel zu zeitraubend geworden.
In der dritten Hauptabteilung (Pflanzen, Tiere usw.) werden alle
Ausschnitte untergebracht, die über die betreffende Unterabteilung
handeln, sowohl diejenigen allgemeinen Inhalts als auch diejenigen, die
sich auf ein bestimmtes Wirtschaftsgebiet beziehen.
Artikel über dieKupferproduktion inSüdwestafrika oder über dieBaum-
wolle aus Togo werden demnach nicht in der zweiten Hauptabteilung unter
Deutsch-Südwestafrika oder Togo, sondern in der dritten Hauptabteilung
unter Kupfer bezw. Baumwolle eingeordnet. Bei jedem Land wird obenauf
ein Blatt gelegt, auf dem der Benutzer des Archivs auf die Produkte,
Tiere, Pflanzen usw. hingewiesen wird, welche das Land hervorbringt.
b. Wirtschafts-Archiv.
Das Wirtschafts-Archiv, welches, wie oben bemerkt, alles erreich-
bare Material über einzelne Unternehmungen, einzelne Verbände, Insti-
tute, Schulen, Gesellschaften und Vereine, ferner Marktberichte, Kurs-
notierungen usw. enthält, hat eine sehr beträchtliche Ausdehnung er-
fahren, wodurch auch eine völlige Umgestaltung notwendig wurde. Viele
Tausende von Ausschnitten, die im vorigen Jahre wegen Mangels an
Arbeitskräften hatten beiseite gelegt werden müssen, sind nunmehr ein-
geordnet worden. Auch wird jetzt in viel größerem Umfange, als früher
geschehen konnte, neues Material gesammelt.
Das Archiv enthält gegenwärtig 2662 Akten (gegen 805 im Vorjahre)
mit Material über:!)
1) Organisationen und Einrichtungen der Land- und Forst-
wirtschaft, Fischerei und Jagd . . - . SER EHE 22
2) Organisationen und Einrichtungen des Bere We, Far, 8
) Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, wird allein die in Rede stehende
II. Hauptabteilung durch die Anwendung des einheitlichen Schemas in 261 (Zahl der
Länder) mal 126 (Zahl der Unterabteilungen) gleich 32 886 Unterabteilungen zerlegt!
Natürlich werden vorläufig noch bei der Mehrzahl der Länder nicht alle 126 nalen
eingerichtet, sondern nur je eine Abteilung für die 15 Gruppen von Unterabteilungen
(z. B. „Geschichte“, „Bevölkerung“ usw.).
') Ein Verzeichnis der Unternehmungen usw., über welche die Zentralstelle Material
besitzt, konnte wegen der hohen Druckkosten nicht in der gleichen Weise wie im Vorjahr
dem vorliegenden Berichte beigegeben werden,
226 Hamburgisches Kolonialinstitut.
3) Organisationen und Einrichtungen von Industrie und Hand-
werke TAN Arche 26
4) Organisationen mr Bere der Eandals (dammlar
101 Handelskammerberichte) . . . . en
5) Organisationen und Einrichtungen des Verkehrs FERN 8
6) Überseeunternehmungen (mit Ausnahme der Banken ma
Schiffahrtsgesellschaften) mit einem mehrere Länder um-
fassenden Wirkungskreis . . . ee A
‘) dergl. mit einem auf oe ander N eilgkn
Wirkungskreis
a.‘ deutsche‘ Kolonien, ;: %. Hunter Keen ee Kr
b. atıßerdeutscher Europa. en. Sr ee 1%
ce. Afrika. (ohne: deutsche’ Kolonien)... .. 1.7. Kr re
d.. - Asien ‚(ohne Kiautscheu) 7. zu a u ie
e:!«Düd=. und: "Mittelamerika, re „a Vena Fee
fs Nordamerika a mr. ®& 76
g. Australien und Ozeanien nee as deutschen Beaikennern
in ‚der Südsee). te Dia ar Er De 44
8) Banken und Kreditinstituten). 22.0
9)Schidfahrtsgesellsehaiten Se Aa Te 60
10) Wissenschaftliche Vereinigungen . . . . ih
11) Hochschulen, wissenschaftliche Institute, Koll . 38
12) Politische und,.gesellige. Vereine. x Merz rer 24
13) Gemeinnützige Vereine und Einrichtungen. . . . . 2... 51
14) Missionsgesellschaften und religiöse Vereinigungen . . . . 27
15) Marktberichte und Preisnotierungen von Waren . . . . . 53
16) Marktberichte und Kurszettel von Wertpapieren . . . . . 15
17) Wechselkursnotierungen und Geldmarktberichte . . . . . »
18) Frachtenmarktberichte . . . . . BR 2
Gesamtzahl der Akten am 30. ee 1911: 2662
Die Sammlung wird noch dauernd vervollständigt.
Die Anfertigung eines Zentralbibliothekkatalogs.
Das Kolonialinstitut als solches hat keine Bibliothek; dagegen sind
in den einzelnen Seminaren und den an das Kolonialinstitut ange-
schlossenen wissenschaftlichen Anstalten Hamburgs umfangreiche und
sehr wertvolle Spezialbibliotheken vorhanden. Außerdem stehen den
Dozenten und Hörern die reichen Bestände der Stadtbibliothek und der
Commerzbibliothek und einiger anderer hamburgischer Bibliotheken zur
Verfügung. Die Zersplitterung der Buchbestände macht es natürlich dem
wissenschaftlichen Arbeiter schwer, oft vielleicht ganz unmöglich, fest-
Hamburgisches Kolonialinstitut. 297
zustellen, ob und wo er in Hamburg ein gewünschtes Buch erhalten kann.
In vielen Fällen wird er vor einer mühevollen und zeitraubenden Umfrage
zurückschrecken und sich an eine auswärtige Bibliothek wenden. Es
wurde deshalb von vornherein der Zentralstelle die Aufgabe zugedacht,
diesem Übelstand durch Anlegung eines großen Zentralkatalogs abzu-
helfen, der die sämtlichen in den hamburgischen Bibliotheken vorhandenen
Werke, soweit sie das Gebiet der Kolonialwissen-
schaften und verwandte Wissenschaften betreffen,
umfassen soll. Auch soll der Zentralkatalog die größeren Einzelaufsätze
und Abhandlungen aus den wichtigsten kolonialen Zeitschriften enthalten.
Denn die Zeitschriftenliteratur erhält bekanntlich eine von Jahr zu
Jahr wachsende Bedeutung; bei der Anfertigung wissenschaftlicher
Arbeiten ist es eine unerläßliche Notwendigkeit, die immer mehr an-
schwellenden Reihen von Zeitschriftenbänden nach Quellenmaterial zu
durchsuchen; gerade sie enthalten häufig die allerwichtigsten Arbeiten.
Ein guter Katalog sollte deshalb nicht nur den Namen der Zeitschrift,
sondern auch ihren Inhalt wiedergeben: ein Idealzustand, der wohl der
Wunsch eines jeden Bibliothekbenutzers ist, der sich aber fast nirgends
erreichen läßt, weil eine ungeheure Arbeit die Voraussetzung für seine
Herbeiführung ist. Die Zentralstelle wird den Versuch machen, den in
Arbeit genommenen Zentralkatalog nach der angedeuteten Richtung hin
auszubauen; es sind zu diesem Zweck bisher folgende Zeitschriften
exzerpiert worden:
Deutsche Kolonialzeitung, Tropenpflanzer, Pflanzer, Tropenlandwirt,
Farmer, Ostafrikanischer Pflanzer, Zeitschrift für Kolonialrecht, Kolonial-
wirtschaft und Kolonialpolitik, Koloniale Rundschau.
Der Zentralkatalog umfaßt zurzeit die Bibliotheken sämtlicher
Seminare, der Zentralstelle, der Öberschulbehörde (Sektion für
die wissenschaftlichen Anstalten) und einen Teil der Bestände
des Naturhistorischen Museums. Jede Karte ist nach den Original-
werken ausgeschrieben, und zwar in doppelter Ausfertigung: eine Karte
ist für den alphabetisch, eine für den sachlich geordneten Teil des Kata-
logs bestimmt. Zusammen mit den erwähnten Karten über einzelne
Abhandlungen und Aufsätze ergibt sich bis jetzt eine Gesamtkartenzahl
von je ca. 14000 Stück in jeder Abteilung des Katalogs. Ist ein Werk
mehrfach vorhanden, dann werden lediglich auf der ersten aus-
geschriebenen Karte in einer hierfür hergestellten Rubrik die ver-
schiedenen Standorte vermerkt. Die Neueingänge der bereits aufgenom-
menen Bibliotheken werden laufend katalogisiert; hierdurch soll ver-
mieden werden, daß der Katalog bis zu seiner Fertigstellung, die noch
eine geraume Zeit in Anspruch nehmen wird, in einzelnen Teilen wieder
_ veraltet ist.
398 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Ein Verzeichnis der bei der Stadtbibliothek, der Commerzbibliothek,
der Bücherhalle und 19 wissenschaftlichen Instituten und Seminaren auf-
liegenden Zeitungen und Zeitschriften wurde besonders angefertigt, da
das Fehlen eines solchen sich stark fühlbar gemacht hatte. Es umfaßt
ca. 1948 verschiedene Nummern. Das vorläufig abgeschlossene Verzeich-
nis soll noch derart ergänzt werden, daß es die Periodica aller für
weitere Kreise zugänglichen Bibliotheken Hamburgs enthält und soll dann,
wenn die Mittel der Zentralstelle es erlauben, als Druckschrift heraus-
gegeben werden.
Sonstige bibliothekarische Arbeiten.
Die Zentralstelle hat auch für das Deutsche Seminar, das Historische
Seminar, das Seminar für romanische Sprachen und Kultur und für die
Bureaubibliothek der Sektion für die Wissenschaftlichen Anstalten je
einen vollständigen Bibliothekskatalog hergestellt und die Signatur der
Bücher besorgt.
Auch die Verteilung der von dem hamburgischen Staat angekauften
Bibliothek des verstorbenen preußischen Gesandten bei den Hansestädten
Grafen v. Götzen wurde der Zentralstelle übertragen. Die meisten Semi-
nare und Wissenschaftlichen Anstalten, besonders das Seminar für Geo-
gsraphie, das Historische Seminar und das Seminar für romanische
Sprachen und Kultur konnten eine größere Anzahl von Werken aus der
wertvollen Bibliothek erhalten, ebenso die Stadtbibliothek und die
Bibliothek der Zentralstelle.
Handbibliothek der Zentralstelle.
Für die Zentralstelle macht sich immer mehr das Bedürfnis geltend,
über jedes Land der Erde ein größeres Werk zu besitzen, aus dem man
sich über Land und Leute und den neuesten Stand der wirtschaftlichen
Verhältnisse zuverlässig informieren kann: nicht nur für den Hand-
gebrauch bei Erteilung von mündlichen und schriftlichen Auskünften,
sondern auch für die Benutzer des lesezimmers, von denen derartige
Werke sehr häufig verlangt werden.
Die Mittel der Zentralstelle reichten bei weitem nicht aus, um An-
schaffungen in dem erwünschten Umfange zu machen. Eine sehr will-
kommene Bereicherung war deshalb die Zuwendung aus der Graf v. Götzen-
schen Bibliothek. Doch waren darunter nur wenige Nachschlagewerke,
deren Erwerbung der Zentralstelle am dringendsten not tut.
Häufig machte sich auch der Mangel an Landkarten, besonders
Spezialkarten, geltend, sowohl bei der Auskunftserteilung als auch zu Infor-
Hamburgisches Kolonialinstitut. 299
mationszwecken für die Zentralstelle selbst. Es wurde eine Reihe von
wichtigen Karten bezogen, doch herrscht hier noch eine klaffende Lücke in
dem Informationsmaterial der Zentralstelle.
Um die vielen kleinen Spezialkarten, welche in Reisewerken, amt-
lichen kolonialen Nachschlagewerken und Berichten, ferner Zeitschriften
usw. verstreut sind, zugänglich zu machen und nachweisen zu können,
wurde mit der Anlegung eines Katalogs über solche Karten begonnen.
Lesezimmer.
Der Besuch des öffentlichen Lesezimmers der Zentralstelle war ein
sehr reger. Erfreulicherweise wird es auch immer mehr nicht nur von den
Hörern des Kolonialinstituts, sondern auch von sonstigen Interessenten
benutzt. Es hängen zurzeit etwa 80 verschiedene Zeitungen und Zeit-
schriften aus. Auch sind in vielen Fällen Nachschlagewerke und geo-
graphische Werke sowie Zeitungsausschnitte aus dem Archiv der Zentral-
stelle Lesern auf Wunsch zur Verfügung gestellt worden. Das Lese-
zimmer ist im allgemeinen nur von 8—4 Uhr im Sommer und von
9—5 Uhr im Winter geöffnet; jedoch kann es auf Ansuchen auch nach
dieser Zeit bis 9 Uhr abends gegen Vorzeigung einer Legitimationskarte,
welche Nichthörern gratis ausgestellt wird, benutzt werden.
Adressenvermittlung.
In der Presse wurde in letzter Zeit vielfach lebhaft beklagt, daß in
Deutschland eine Auskunftsstelle fehle, bei der man die Adressen von
deutschen Beamten und Kolonisten, die sich vorübergehend in Europa
aufhalten, erfahren könne. Die Zentralstelle hat es kurz vor Schluß des
Berichtsjahres unternommen, unter Mitwirkung der in Frage kommenden
Reedereien und der Deutschen Kolonialgesellschaft einen solchen Aus-
kunftsdienst einzurichten. Es werden in Zukunft allen auf deutschen
Dampfern ankommenden Passagieren Listen vorgelegt, in die sie ihre
voraussichtlichen Adressen während ihres Europaaufenthaltes eintragen
können. Diese Listen werden von den Reedereien an die Zentralstelle
gesandt, welche ihrerseits Abschriften davon an die Deutsche Kolonial-
gesellschaft, Berlin, das Reisebureau der Hamburg-Amerika Linie, Berlin,
die Agentur Max Adler, Berlin, das Kajütenbureau des Norddeutschen
Lloyds, Berlin, den Verein für das Deutschtum im Ausland, Berlin, die
Deutsche Kanzlei, Berlin, und an den Kolonialen Verkehrsverein, Berlin,
weitergibt, so daß sowohl die Zentralstelle als auch die erwähnten Stellen
imstande sind, Interessenten die Adressen mitzuteilen. Die Auskunits-
erteilung erfolgt kostenlos.
230 Hamburgisches Kolonialinstitut.
Verschiedenes.
Auf Wunsch des Seminars für Kolonialsprachen wurden die hiesigen
Reedereien von der Zentralstelle gebeten, eingeborene Schiffsangestellte,
die sich vorübergehend im Hamburger Hafen aufhalten, möchten zu
Übungen im phonetischen Laboratorium zur Verfügung gestellt werden,
was in zuvorkommendster Weise auch geschah.
Um zuverlässiges und ausführliches Material über den gegenwärtigen
Stand des Schulwesens in den deutschen Kolonien zu erhalten, hat die
Zentralstelle eine umfassende Fragebogen-Enquete über diese Frage ein-
geleitet. Der Fragebogen wurde von Herrn Pastor D. Paul in Lorenzkirch
b. Strehla i. S. aufgestellt. Die Bearbeitung des eingehenden Materials
wird jedoch wegen anderweitiger Inanspruchnahme des Herrn D. Paul
voraussichtlich von Herrn Missionsinspektor Schlunk übernommen. Es
wurden ca.8000 Fragebogen an die Gouvernements und die in den deut-
schen Kolonien tätigen Missionsgesellschaften versandt, die zum großen
Teil schon beantwortet zurückgekommen sind.
In ähnlicher Weise wurde eine Umfrage veranstaltet, um festzu-
stellen, welche Zeitungen in Eingeborenensprachen es in den deutschen
Kolonien gibt.
Im Sommer 1911 erschienen von Herrn Regierungsrat Zache vier
Aufsätze aufklärenden und richtigstellenden Inhalts über koloniale und
Überseeverhältnisse in der „Deutschen Kolonialzeitung‘“, in der „Kolo-
nialen Zeitschrift“, „Kolonie und Heimat“, im „Export“, in den „Ham-
burger Nachrichten“, dem „Hamburger Fremdenblatt“, der ‚„Täglichen
Rundschau“, der ‚Deutschen Post“, der ‚„Rheinisch-Westfälischen
Zeitung“, der „Vossischen Zeitung“, der „Weser-Zeitung‘“, ferner in den
in Deutsch-Ostafrika (,Deutsch-Ostafrikanische Zeitung“, ‚„Deutsch-Ost-
afrikanische Rundschau“, „Usambarapost‘“) und Deutsch-Südwestafrika
erscheinenden Blättern. Vorträge wurden in Berlin, Heidelberg und Ham-
burg gehalten. Das Jahrbuch über die deutschen Kolonien, IV. Jahrgang
Essen 1911), brachte einen Aufsatz des Unterzeichneten über „Die Pflan-
zungen der Europäer unserer tropischen Schutzgebiete im Jahre 1910“.
Ende September 1911. F. Stuhlmann.
iM
Die wissenschaftlichen Vorlesungen.
Bericht
über das Jahr von Ostern 1910 bis Ostern 1911,
erstattet im Auftrage der Vorlesungskommission
von
Dr. Förster,
Rat der Oberschulbehörde,
Sektion für die Wissenschaftlichen Anstalten.
1. Allgemeines.
Die im vorjährigen Bericht erwähnten Verhandlungen zwischen
Senat und Bürgerschaft über die Schaffung weiterer ständiger Pro-
fessuren für das Kolonialinstitut und das Allgemeine Vorlesungswesen
wurden im Sommer 1910 abgeschlossen. Nachdem der Ausschuß, den
die Bürgerschaft zur Prüfung dieser Angelegenheit eingesetzt hatte, im
Juni 1910 einen zweiten Bericht erstattet hatte, beschloß am 12. Juli
1910 die Bürgerschaft, den Anträgen ihres Ausschusses folgend, außer
den bereits im vorigen Jahre bewilligten Professuren für afrikanische
Sprachen und für Sinologie noch vier weitere ständige Professuren, näm-
lich für deutsche Sprachwissenschaft, für Philosophie, für romanische
Sprachen und Kultur und für englische Sprache und Kultur, zu bewilligen.
Diesem Beschlusse hat die Bürgerschaft einige Wünsche beigefügt, unter
denen der wichtigste ist, daß das Kolonialinstitut mit dem Vorlesungs-
wesen verbunden, zu einer selbständigen Anstalt ausgebildet und diese
bestimmt werde, die auf überseeische Verhältnisse bezüglichen Wissens-
gebiete besonders zu pflegen. Der Senat stimmte am 13. Juli 1910 den
abgeänderten Anträgen der Bürgerschaft zu und behielt sich vor, auf die
Wünsche der Bürgerschaft zurückzukommen.
Das neue Vorlesungsgebäude an der Edmund Siemers Allee war im
Frühjahr 1910 so weit gefördert, daß man an die innere Einrichtung
denken konnte, die der Staat zu beschaffen hatte. Durch Senats- und
Bürgerschaftsbeschluß vom 6. und 15. Juni 1910 wurden hierfür N 170 000
bewilligt und ferner für die Ausgestaltung der Umgebung des Vorlesungs-
gebäudes durch Senats- und Bürgerschaftsbeschluß vom 1. und 6. Juli 1910
weitere A 79000. Die Inneneinrichtung des Gebäudes lag auf Wunsch
des Herrn Siemers gleichfalls in den Händen von dessen Architekten
Distel & Grubitz. Die äußere Ausgestaltung der Umgebung besorgte
das Ingenieurwesen der Baudeputation. Anfang April 1911 war das
Gebäude so weit fertig, daß die Bureaus der Sektion für die Wissenschaft-
lichen Anstalten, des Kolonialinstituts, der Zentralstelle des Kolonial-
instituts und der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung in das Ge-
bäude verlegt werden konnten. Durch den alsbald eintretenden Streik im
1*
4 Bericht über die Vorlesungen.
Holzbearbeitungsgewerbe wurde die Inneneinrichtung nur unwesentlich
verzögert.
Der Stifter des Vorlesungsgebäudes, Herr Edmund J. A. Siemers,
feierte am 15. Mai 1911, wie vorausgreilfend hier bereits mitgeteilt werden
soll, das 100jährige Geschäftsjubiläum seiner Firma G. J. H. Siemers & Co.
und hegte den Wunsch, zu diesem Tage in feierlicher Form dem Staate
das Vorlesungsgebäude zu übergeben. Dementsprechend fand am 13. Mai
1911 vor einer großen geladenen Gesellschaft, an der Spitze Senat und
Bürgerschaft, im grolsen Hörsaal des Gebäudes mit einem akademischen
Festakte die feierliche Übergape des Gebäudes an den Staat statt.
Ein Bericht über die Feierlichkeiten, der insbesondere auch die dabei ge-
haltenen Reden enthält, ist als besondere Festschrift im Verlage von
H. ©. Persiehl erschienen. Die Festschrift enthält auch eine Entstehungs-
geschichte des Vorlesungsgebäudes und die Baugeschichte nebst einer
Darstellung der inneren Einrichtung. Es darf in dieser Beziehung auf die
Festschrift verwiesen werden.
Bei der Beschlußfassung über die Professuren im Juli 1910 äußerte
die Bürgerschaft unter anderem den Wunsch, daß die Zentralstelle des
Kolonialinstituts, ihrer Aufgabe entsprechend, ohne Verzug weiter aus-
gebaut werden möge. Diesem Wunsche trug der Senat im Dezember 1910
dadurch Rechnung, daß er bei der Bürgerschaft zu diesem Zwecke eine
Bewilligung von MA 17000 für wissenschaftliche und nichtwissenschaft-
liche Hilfsarbeit und von ./ 4000 für sachliche Kosten beantragte. Die
Bürgerschaft stimmte diesem Antrage des Senats am 4. Januar 1911 zu.
Auf Grund dieser Bewilligung sind in die Zentralstelle zwei wissen-
schaftliche Mitarbeiter eingetreten, der eine kaufmännisch und national-
ökonomisch vorgebildet, der andere ein wissenschaftlich interessierter, in
der Verwaltung der deutschen Kolonien früher tätig gewesener Reichs-
beamter. Die Zentralstelle enthält jetzt auch ein Lesezimmer, in dem
u. a. sämtliche kolonialdeutschen und eine Reihe ausländischer Zeit-
schriften eingesehen werden können. Über die Organisation und die Tätig-
keit der Zentralstelle im einzelnen bringt Näheres ein besonderer Bericht,
der in Verbindung mit dem Berichte des Professorenrats über die Lehr-
tätigkeit des Kolonialinstituts alliährlich im Herbste ausgegeben wird.
Eine außerordentliche Bewilligung von Mitteln durch Senat und
Bürgerausschuß ermöglichte es der Zentralstelle, die wertvolle Kolonial-
werke enthaltende Bibliothek des verstorbenen preußischen Gesandten
Grafen von Götzen zu erwerben. Die Bibliothek wurde, soweit sie nicht
in der Zentralstelle blieb, auf die kolonial interessierten Seminare und
die Stadtbibliothek verteilt.
Bericht über die Vorlesungen. 5
2. Die Vorlesungen von Ostern 1910 bis Ostern 1911.
In der Organisation der Vorlesungen sind Änderungen nicht vor-
genommen, mit der einzigen Ausnahme, daß die gesamten Zeichen- und
Malkurse, die im Vorlesungswesen seit dem Jahre 1902 eingerichtet waren,
als nicht wissenschaftliche Kurse und nur für die Ausbildung von Lehrern
und Lehrerinnen der Öberschulbehörde bestimmt, durch das Staatsbudget
für 1911 auf das Plenum der Öberschulbehörde übertragen sind. Ferner
gehen aus demselben Grunde die Vortragskurse des Herrn Emanuel Stock-
hausen an das Plenum über. Diese Neuerung tritt Ostern 1911 in
Kraft. |
Die Ostern 1910 im 5. Semester von einem privaten Kuratorium
übernommenen Öberlehrerinnenkurse wurden bis Ostern 1911 mit den
gleichen Lehrkräften fortgeführt. Die Tätigkeit der von dem Kuratorium
übernommenen Dozenten hat damit ihr Ende erreicht, da die Hörerinnen
dieser Kurse nunmehr die wissenschaftliche Prüfung für Oberlehrerinnen
ablegen. Die Ostern 1910 neu eingerichteten Oherlehrerinnenkurse haben
im wesentlichen die Professoren des Voriesungswesens übernommen, nach-
dem nunmehr für die Oberlehrerinnenkurse auf last allen wesentlichen
Gebieten feste Proiessuren bestehen.
Die Zahl der Vorlesungen des Kolonialinstituts hat wieder zuge-
nommen. Die Einteilung der Vorlesungen ist im wesentlichen dieselbe
geblieben, wie sie im vorigen Berichte geschildert ist. Es fanden im
Kolonialinstitut insgesamt im Sommer 58 Kurse statt und im Winterhalb-
jahr 1910/11 67 Kurse. Auf die einzelnen Gruppen verteilen sie sich in
folgender Weise:
1. Geschichte, Rechts- und Staatswissenschaft im Sommer 8, im
Winter 8,
3. Kolonialwirtschaft und angewandte Naturwissenschaften im Sommer
20, im Winter 22,
Landes -und Völkerkunde im Sommer 7, im Winter 5,
Hygiene im Sommer keine, im Winter 3,
Sprachen in Sommer 17, im Winter 26,
Unterricht in technischen Hilisfächern im Sommer 4, im Winter 1,
Unterricht in körperlichen Übungen im Sommer 2, im Winter 2.
ne
6 Bericht über die Vorlesungen.
Außerdem wurden im Sommer 1910 1 und im Winter 1910/11 4 Vor-
träge aus der kolonialen Praxis gehalten. Eine Übersicht über die Dozenten
des Kolonialinstituts und ihre Vorlesungen enthalten die Anlagen 11
und 12 zu diesem Beriehte. Näheres über den Lehrplan und die Arbeiten
des Kolonialinstituts ergibt der Bericht des Professorenrats, der im
Herbste 1911 erscheinen wird.
Das Vorlesungsverzeichnis wurde ergänzt durch eine Zusammen-
stellung der für Kaufleute bestimmten und geeigneten Kurse.
Die von Senat und Bürgerschaft beschlossenen neuen Professuren
wurden im Laufe des Berichtsjahres wie folgt besetzt.
In die Professur für deutsche Sprachwissenschaft wurde der bis-
herige Professor an der Königlichen Akademie Posen, Dr. Conrad
Borcehling, berufen. (Prof. Borchling ist 1872 in Hitzacker (Prov. Hannover) ge-
boren, besuchte die Gymnasien in Leer, Hildesheim und Emden und bestand mit 17 Jahren
das Maturitätsexamen. Nach längerem Studium in Göttingen promovierte er dort mit Aus-
zeichnung. Auch erwarb er in Göttingen für seine Arbeit „Der jüngere Titurel und sein
Verhältnis zu Wolfram von Eschenbach“ einen von der philosophischen Fakultät ausge-
schriebenen Preis. Später wandte er sich insbesondere niederdeutschen Studien zu. Naclı
mehrjährigen archivalischen Forschungen, in deren Verlauf er die norddeutschen Lande
von der Schelde bis zur Oder sowie auch Skandinavien bereiste, veröffentlichte er die
bedeutendsten Ergebnisse seiner Studien 1898—1902 in den Göttingen’schen Gelehrten-
Nachrichten. Seit 1903 Privatdozent in Göttingen, ward er 1906 als Professor an die
Königliche Akademie in Posen berufen, wo er neben den üblichen germanistischen Vor-
lesungen insbesondere niederdeutsche Themata behandelte, denen auch seine literarische
Tätigkeit in erster Linie gewidmet war.)
Die Professur für englische Sprache und Kultur wurde dem bis-
herigen Professor an der Königlichen Akademie in Posen, Dr. Wilhelm
Dibelius, übertragen. (Prof. Dibelius ist 1876 in Berlin geboren. Er
studierte 1894—98 neuere Sprachen an den Universitäten Heidelberg und Berlin und
promovierte in Berlin Ostern 1899. 1903 ward er Privatdozent an der Universität Berlin
und 1904 Professor an der Königlichen Akademie in Posen. Verschiedene Reisen führten
ihn nach England und Irland zum Studium von Land und Leuten.)
In die Professur für romanische Sprachen und Kultur wurde der bis-
herige Privatdozent an der Universität in Halle a. d. S., Dr. Bernhard
Schädel, berufen. (Prof. Schädel ist 1878 in Gießen geboren. Er studierte
1897—1903 in Bonn, Heidelberg, Grenoble, Zürich, Florenz, Tübingen und Straßburg und
promovierte 1902 in Tübingen. Nach längerem Aufenthalte in Spanien, Frankreich und
Italien habilitierte er sich 1904 in Halle. 1904 und 1906 bereiste er zu linguistischen
Untersuchungen die Balearen und die Pyrenäen. Sein Hauptarbeitsfeld ist die romanische
Sprachgeographie, Phonetik und Mundartenforschung, besonders auf dem Gebiet des
Spanischen und Katalanischen. Prof. Schädel ist Gründer und Organisator der Societe
Internationale de Dialeetologie Romane und Herausgeber der Revue und des Bulletin
de dialectologie romane.)
Bericht über die Vorlesungen. 7
Die Professur für Philosophie, bei deren Besetzung auf Antrag der
Bürgerschaft insbesondere auch die Psychologie berücksichtigt wurde,
ist dem bisherigen ordentlichen Professor an der Universität Leipzig,
Dr. Ernst Meumann, übertragen. (Prof. Meumann, geboren 1862, war
bis 1897 Assistent bei dem bekannten Psychologen Prof. Wundt in Leipzig und zugleich
dort Privatdozent. In diesem Jahre ging er als außerordentlicher Professor nach Zürich
und rückte dort 1900 zum ordentlichen Professor auf. Im Jahre 1905 folgte er einem
Rufe als ordentlicher Professor nach Königsberg, 1907 einem solehen nach Münster. Von
dort siedelte er 1909 nach Halle, 1910 nach Leipzig über. Sein Hauptarbeitsgebiet bildet
die Psychologie und die psychologische Pädagogik. Daneben hat er sich aber auch mit
allen andern Zweigen der Philosophie eingehend beschäftigt. Er gibt die Zeitschrift
für experimentelle Pädagogik heraus und redigiert zusammen mit Prof. Wirth das Archiv
für die gesamte Psychologie und hat sich eingehend mit erkenntnistheoretischen, ästhe-
tischen und historischen Problemen beschäftigt.) Professor Meumann wird sein Amt
am: 1. Oktober 1911 antreten.
Als Dozent für tropische Landwirtschaft wurde der bisherige
Frofessor an der Kolonialschule in Witzenhausen, Dr. Max Fesca,
berufen. (Prof. Fesea wurde 1846 geboren. Nach voraufgegangenem Studium an den
Universitäten Halle und Göttingen promovierte er im Wintersemester 1872/73 in Göttingen.
1865—67 war er Landwirt auf mehreren westfälischen Gütern, 1873/74 Unterrichts-
assistent am Landwirtschaftlich-Physiologischen Laboratorium der Universität Halle, darauf
Assistent des Landwirtschattlichen Instituts Göttingen. 1875 machte er eine landwirt-
schaftliche Studienreise in England und Schottland. 1882 wurde ihm vom Preußischen
Kultusministerium der Titel „Professor“ verliehen. Von 1882—94 leitete er die Agro-
nomische Abteilung der geolozischen Landesaufnahme in Tokio. Gleichzeitig war er
Dozent an der Landwirtschaftlichen Akademie in Komoba (Japan). Nach dieser Tätigkeit
bereiste und studierte er die asiatischen Tropen. 1895/96 vertrat er den erkrankten
Prof. Liebscher, Göttingen, in seinen Vorlesungen über Pflanzenbau. Dann war er Dozent
der Königlichen Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin. Im Wintersemester 1899/1900
hatte er die Vertretung des Prof. Wohltmann an der Landwirtschaftlichen Akademie
Bonn-Poppelsdorf in dessen Vorlesungen über Klima- und Bodenlehre. Von 1900—09 war
er Dozent der Kolonialschule Witzenhausen.)
Mit dem 31. Dezember 1910 trat der bisherige Direktor des Chemi-
schen Staatslaboratoriums, Professor Dr. Dennstedt, in den Ruhe-
stand. Am 23. März 1911 starb unerwartet der verdienstvolle Direktor
der Botanischen Staatsinstitute, Professor Dr. Eduard Zacharias.
Als sein Nachfolger ist der bisherige außerordentliche Professor an der
Universität Halle Dr. Hans Fitting berufen. (Prof. Fitting, geboren 1877
in Halle, studierte 1895—1900 in Halle und Straßburg Naturwissenschaften und Mathe-
matik. Er promovierte im Januar 1900 in Straßburg und habilitierte sich 1903 als Privat-
dozent für Botanik an der Universität Tübingen. Von einer Studienreise nach Ceylon
und Java zurückgekehrt, wurde er 1908 Extraordinarius in Straßburg und folgte 1910 in
gleicher Eigenschaft einem Rufe nach Halle, wo er zugleich auch Kustos des Universitäts-
herbars wurde.)
Mit der Vermehrung der ständigen Professuren im Vorlesungswesen
8 Bericht über die Vorlesungen.
parallel geht die Vermehrung der Seminare. Dementsprechend wurden im
Berichtsjahre neu eingerichtet: Seminare für Germanistik, für romanische
Sprachen und Kultur und für englische Sprache und Kultur. Diese wurden
im Vorlesungsgebäude noch untergebracht. Die Einrichtung eines Semi-
nars für Philosophie, das gleichzeitig auch eine psychologische Ausrüstung
mit Instrumenten für psychologische Experimente enthält, ist beantragt.
Die Bedürfnisse des Seminars für Kolonialsprachen, in dem haupt-
sächlich die afrikanischen schriftlosen Sprachen erforscht werden, machten
die Einrichtung eines phonetischen Laboratoriums zur Untersuchung der
fremdsprachlichen Laute erforderlich. Für dieses Laboratorium wurde
im Physikalischen Staatslaboratorium ein Zimmer bereitgestellt. Es
untersteht der Öberleitung des Professors für afrikanische Sprachen
D. Meinhof LL. D. und dem wissenschaftlichen Hilfsarbeiter am
Seminar für Kolonialsprachen Dr. Panconcelli-Calzia.
Die Vorlesungsgebühren haben sich nunmehr eingebürgert und
üben einen wesentlichen herabsetzenden Einfluß auf den Besuch der
gebührenpflichtigen Veranstaltungen nicht mehr aus. Dies läßt sich am
besten erkennen aus den Zahlen für das Sommersemester 1910, weil in
diesem die gebührenpflichtigen Vorlesungen die öffentlichen Vorlesungen
bei weitem überwiegen. ‚In diesem Sommersemester sind die Besucher-
zahlen des Sommers 1907, in dem die Gebühren noch nicht eingeführt
waren, wieder erreicht worden. Wenn im Winterhalbjahr 1910/11 die
Besuchsziffern heruntergegangen sind, so hat dieses nicht in den Gebühren
seinen Grund, sondern in den Zufälligkeiten, die stets mit dem Besuch
öffentlicher Vorlesungen verknüpit sind. Tragen z.B. in einem Winter beson-
ders beliebte Dozenten vor, vielleicht auch noch über ein besonders inter-
essantes oder aktuelles Thema wie im vorigen Jahre Professor Eucken aus
Jena, so schwellen die Besuchsziffern ungewöhnlich in die Höhe, während
siein einem anderen Jahre, in dem dies weniger der Fall, wieder herunter-
sehen. So war an den 83000 Besuchern des vorletzten Winters die Vor-
lesung von Professor Eucken mit über 7000 Hörern beteiligt. Die Besuchs-
ziffern der Wintervorlesungen zeigen überhaupt aus den angeführten
sründen starke Schwankungen; daraus auf ein vermindertes Interesse des
Publikums für diese Veranstaltungen zu schließen, wäre durchaus
unberechtigt. Alles Nähere ergibt:sich aus den dem Berichte beigefügten
Anlagen. Diese enthalten:
Anlage 1. Übersicht über die Zahl und Art der in den Sommersemestern
1895 bis 1910 abgehaltenen Kurse.
Anlage 2. Übersicht über die Zahl der Dozenten während der Sommer-
semester von 1895 bis 1910.
Anlage 3. Übersicht über die Zahl der Hörer während der Sommer-
semester von 1895 bis 1910.
Bericht über die Vorlesungen. 9
Anlage 4. Übersicht über die Zahl und Art der in den Wintersemestern
1895/96 bis 1910/11 abgehaltenen Kurse.
Anlage 5. Übersicht über die Zahl der Dozenten während der Winter-
semester von 1895/96 bis 1910/11.
Anlage 6. Übersicht über die Zahl der Hörer während der Winter-
semester von 1895/96 bis 1910/11.
Anlage 7. Übersicht über die erlassenen Gebühren.
Anlage 8. Übersicht über die Zahl der in den Sommersemestern von
1906 bis 1910 verkauften Vorlesungsverzeichnisse.
Anlage 9. Übersicht über die Zahl der in den Wintersemestern von
1896/97 bis 1910/11 verkanften Vorlesungsverzeichnisse.
Anlage 10. Übersicht über die der ÖOberschulbehörde zur Verfügung
stehenden Hörsäle.
Anlage 11. Verzeichnis der am Hamburgischen Kolonialinstitut im
Sommerseinester 1910 abgehaltenen Vorlesungen.
Anlage 12. Verzeichnis der am Hamburgischen Kolonialinstitut im
Wintersemester 1910/11 abgehaltenen Vorlesungen.
Anlage 13. Übersicht über die übrigen Vorlesungen und Statistik über
deren Besuch.
Anlage 14. Generalstatistik über den Besuch der im Auftrage der Ober-
schulbehörde im Sommer 1910 abgehaltenen Vorlesungen.
Anlage 15. Generalstatistik über den Besuch der im Auftrage der Ober-
schulbehörde im Winter 1910/11 abgehaltenen Vorlesungen.
Aus den Anlagen ist über den Besuch der Vorlesungen das Folgende
hervorzuheben:
Im Sommerhalbiahre 1910 wurden im Allgemeinen Vorlesungswesen
80 Vorlesungen und Übungen von 63 hiesigen Dozenten gegen 67 Kurse
von 49 hiesigen Dozenten im Vorjahre angekündigt. 5 Kurse konnten
nicht stattfinden. Gelesen wurden somit 75 Kurse gegen 59 im Vorjahre,
von 63 hiesigen Dozenten gegen 44 im Vorjahre. Die Zahl der nicht für
einzelne Berufe oder Interessenten bestimmten öffentlichen Vorlesungen
betrug im Sommerhalbjahre 5, gegenüber 70 Berufsvorlesungen und
Übungen.
Am Kolonialinstitut wurden im Sommerhalbjahre 1910 63 Kurse von
42 Dozenten angekündigt. 12 Kurse konnten nicht stattänden, dagegen
sind 6 Kurse abgehalten, die nicht im Vorlesungsverzeichnis standen.
Gelesen wurden somit 57 Kurse von 42 Dozenten.
Insgesamt wurden im Allgemeinen Vorlesungswesen und Kolonial-
institut zusammen 132 Kurse abgehaiten von 85 Dozenten.
Im Sommerhalbjahre wurden 1100 Vorlesungsverzeichnisse verkault,
gegenüber 1050 im Vorjahre. Die Zahl der in den einzelnen Sommerhalb-
jahren seit 1906 verkauften Vorlesungsverzeichnisse zeigt die Tabelle
Anlage 8.
10 Bericht über die Vorlesungen.
Im Winterhalbiahre 1910/11 wurden im Allgemeinen Vorlesungs-
wesen 217 Vorlesungen und Übungen von 154 Dozenten im Verzeichnis
angekündigt, gegen 207 Kurse von 156 Dozenten im Vorjahre. 18 der
angekündigten Kurse konnten nicht stattfinden. Gelesen wurden somit
199 Kurse gegen 193 im Vorjahre, von 154 Dozenten gegen 148 im Vor-
jahre. Die Zahl der nicht für einzelne Berufe oder Interessenten bestimm-
ten öffentlichen Vorlesungen betrug im Winterhalbiahre 60, gegenüber
139 Berufsvorlesungen und Übungen. Von den Dozenten waren 150
hiesige und 4 auswärtige, darunter 2 aus Zürich, 1 atıs Düsseldorf, 1 aus
Rayküll (Rußland).
Am Kolonialinstitut wurden im Winterhalbjahre 1910/11 74 Kurse
von 46 Dozenten, gegen 45 Kurse von 30 Dozenten im Vorjiahre, an-
gekündigt. 11 Kurse konnten nicht stattfinden, dagegen sind 7 Kurse
abgehalten, die nicht im Vorlesungsverzeichnis standen. (Gelesen wurden
somit 70 Kurse gegen 50 im Vorjahre, von 46 Dozenten gegen 31 im
Vorjahre.
Insgesamt wurden im Allgemeinen Vorlesungswesen und Kolonial-
institut zusammen 269 Kurse abgehalten von 179 Dozenten.
Im Winterhalbiahre wurden 2963 Vorlesungsverzeichnisse verkauft,
gegenüber 2742 im Vorjahre. Die Zahl der in den einzelnen Winter-
halbjahren seit 1896/97 verkauften Vorlesungsverzeichnisse zeigt die
Tabelle Anlage 9.
Die Zahl der Hörer nach Zählkarten betrug im Sommer 1910
1408 Personen gegenüber 1301 Personen im Sommer 1909, im Winter
1910/11 9048 Hörer gegen 10814 im Winter 1909/10. Die Gesamtzahl
der Zuhörer nach der Kopfzählung betrug im Sommer 1910 19027 gegen
17 206 im Sommer 1909, im Winter 1910/11 77670 gegen 94741 im Vor-
jahre. Nähere Angaben enthalten die statistischen Übersichten und
Tabellen, Anlagen 11, 12, 13, 14, 15.
Bericht über die Vorlesungen. 11
3. Berichte der Direktoren der Seminare.
1. Seminar für Öffentliches Recht und Kolonialrecht.
Der Ausbau des Seminars ist in den bisherigen Bahnen fortgeführt
worden.
Die Bibliothek umfaßt gegenwärtig rund 3000 Bände. Ihr
Wachsen ist auch in dem abgelaufenen Jahre durch mannigfache Schen-
kungen gefördert worden. Nächst dem Staatsarchiv und der Oberschul-
behörde, Sektion für die Wissenschaftlichen Anstalten, und mehreren
Universitäten sind als Förderer der Bibliothek zu nennen: Herr Senator
Dr. von Melle, Herr Landgerichtspräsident Engel, die Gesellschaft
Hamburger Juristen, Herr Dr. jur. Hermann Bagge, die Anwälte
Dres. Jaques, Strack, Bagge, Wetschky, Herr Privatdozent
Dr. Giese (Bonn). Die Handschriitensammlung wurde durch ein
Manuskript des Majors a. D. Brinkmann über die Schutzgebiets-
angehörigkeit vermehrt, das die Schwester des verstorbenen Verfassers,
Fräulein Brinkmann (Breslau), dem Seminar zu überweisen die Güte
hatte.
Die Benutzung der Bibliothek war sehr rege, zumal die Hörer des
Kolonialinstituts für die Diplomarbeit vorzugsweise Themata aus dem
Gebiet des Kolonialrechts wählten.
In mehreren Fällen wurde das Seminar, zumal aus kaufmännischen
Kreisen, um Nachweisung kolonialen Rechtsquellenmaterials und kolonial-
rechtlicher Literatur ersucht.
Die kolonialjuristische Schausammlung hat nament-
lich durch das Hinzutreten von Eingeborenen-Hoheitszeichen, Strafwerk-
zeugen (Kette, Fußfessel, Kiboko, Fimbo) und von Bildern aus dem kolo-
nialen Rechtsleben (Gerichtsszenen und dergl.) eine, auch im Interesse der
kolonialrechtlichen Vorlesungen gelegene, wesentliche Erweiterung er-
fahren, die sie vor allem den Kaiserlichen Gouverneuren und Herrn Senator
Strandes sowie auch Herrn Regierungsrat Dr. Graef (Düsseldorf)
verdankt.
12 Bericht über die Vorlesungen.
Die Sammlung kolonialgerichtlicher Entschei-
dungen konnte, vor allem dank dem freundlichen Entgegenkommen des
Kaiserlichen Oberrichters von Kiautschou, Herrn Dr. Grusen, um eine
Reihe lehrreicher Stücke vermehrt werden.
Die umfassende Beschäftigung der hamburgischen
Gerichte mit kolonialen Rechtssachen ist für das Seminar
von wesentlicher Bedeutung; im Berichtsjahre ist dem Unterzeichneten
seitens der hamburgischen Gerichte ein reichhaltiges Aktenmaterial zur
Verfügung gestellt worden, das in nicht unerheblichem Umfange den Vor-
lesungen und Übungen nutzbar gemacht werden konnte. Ein besonders
interessantes Schriitstück, das Herr Amtsgerichtspräsident Dr. Tes-
dorpf zu überweisen die Güte hatte, hat folgenden Wortlaut:
Zeugnismäßige Erklärung des Kaiserlichen Bezirksgerichtes zu
Duala (Kamerun) vom 16. November 1910 über die geistige Kapazität
und Auffassungskraft der eingeborenen Zeugen und die hieraus zu
entnehmende Glaubwürdigkeit ihrer Angaben (Amtsgericht Hamburg
VL. St. Nr. 2684/1910).
„Ganz allgemein kann gesagt werden, dab die Verstandesreife der sämt-
lichen im Schutzgebiet Kamerun ansässigen Eingeborenen auf solcher Stufe steht,
daß es bei Zeugenvernehmungen ihnen äuberst schwer fällt, nur Gedachtes,
Gehörtes und selbst Wahrgenommenes gehörig auseinander zu halten.
Von wenigen Ausnahmefällen abgesehen, sind die hiesigen Eingeborenen
überhaupt nur fähig, einen, zumal einige Zeit zurückliegenden Vorgang lediglich
in den wesentlichen Hauptzügen wiederzugeben. Nebensächliches Detail, die
richtige zeitliche Einordnung der Vorgänge und ihre präzise Lokalisierung im
Raum verschwimmt schon nach kurzer Zeit in ihrem Gedächtnisbilde.
Zu dieser mangelhaften Fähigkeit in Auffassung und Wiedergabe kommen
die sprachlichen Schwierigkeiten. Das meistens anzuwendende Küstenenglisch ist
eine höchst primitive und rohe Sprache, die eine fein nuancierte Darstellung von
Ergebnissen und Ansichten gar nicht zuläßt.
Der vernehmende Richter muß hier zufrieden sein, wenn es ihm gelingt,
einen Vorgang in den großen Hauptzügen aus einem Zeugen herauszufragen.
Widersprüche in Zeit- und Ortsangaben sowie bezüglich nebensächlichen
Details sind unvermeidlich, und die Bemühung, sie befriedigend aufzuklären,
meistens erfolglos.
Solche Widersprüche sind darum auch im allgemeinen nicht geeignet, die
Glaubwürdigkeit der Zeugen in den Hauptsachen zu erschüttern. Erst dann sind
die Aussagen der Eingeborenen mit der größten Vorsicht aufzunehmen, wenn
nach der Sachlage und ihrem Verhalten angenommen werden muß, dab sie an dem
Ausfalle des Rechtshandels ein persönliches Interesse nehmen.
Aus dem Gesagten erhellt bereits, daß den Eingeborenen nicht diejenige
Verstandesreife beiwohnt, die nach $ 56 Ziff. 1 StPO. Voraussetzung für die Zu-
lässigkeit ihrer Beeidigung wäre.
Im Schutzgebiet wird das meines Wissens noch niemals durchbrochene
Prinzip festgehalten, daß Eingeborene zu einem Eide niemals zugelassen werden,
auf welcher Gesetzesvorschrift auch immer der Eid beruhen möge.
Bericht über die Vorlesungen. 13
Gesetzesvorschriften, die die Beeidigung von Eingeborenen erfordern würden,
müssen deshalb als solche angesehen werden, die im Sinne des $20 KGG. auf
die hiesigen Verhältnisse nicht passen und daher keine Anwendung erleiden.
Auch die eingeborenen Dolmetscher amtieren daher stets unbeeidigt.
Eine Beeidigung verbietet sich in der Mehrzahl der Fälle schon deshalb,
weil die in Frage kommenden Eingeborenen Heiden und Fetischanbeter sind.“
Die Ausdehnung des Arbeitsgebiets des Seminars und seine wach-
sende. Inanspruchnahme hat die Schaffung einer zweiten
wissenschaftlichenHilfsarbeiterstelle notwendig gemacht,
die Herrn Gerichtsassessor Dr. jur. Albrecht von Wrochem über-
tragen wurde. Gegen Ende des Berichtsjahres schied der wissenschaft-
liche Hilfsarbeiter Herr Assessor Dr. jur. et rer. pol. Ernst Radlauer
aus der von ihm zwei Jahre hindurch bekleideten Stelle aus, um in den
Reichskolonialdienst einzutreten, in welchem er zurzeit als Assessor beim
Kaiserlichen Obergericht zu Daressalam (Deutsch-Ostafrika) be-
schäftigt ist. Perels.
2. Seminar für Nationalökonomie und Kolonialpolitik.
Die Tätigkeit des Seminars vollzog sich in der bisher beobachteten
Richtung.
Die Bibliothek wurde nach Maßgabe der vorhandenen Mittel weiter
ausgebaut.
Der unterzeichnete Leiter hielt im Wintersemester 1910/11 Übungen
(in Referaten und Diskussionen) über eine Anzahl der wichtigsten Artikel
des Welthandels (z. B. Baumwolle, Wolle, Kupfer, Salpeter, Kautschuk,
Kaffee, Zucker, Tabak), wobei vor allem die Organisation des Handels und
die Preisbildung untersucht wurde. Die Zahl der Teilnehmer betrug 18.
Der wissenschaftliche Hilfsarbeiter Dr. Wagemann hielt im
Sommersemester 1910 Übungen über das Bankwesen (19 Teilnehmer), im
Wintersemester 1910/11 Übungen über das Börsenwesen ab (25 Teil-
nehmer). | K. Rathgen.
3. Seminar für Geographie.
Im Jahre 1910/11 hat sich das Seminar in erfreulicher Weise weiter-
entwickelt. Einmal erfolgte im April 1910 der Umzug aus der Domstraße
in das Gebäude der Öberschulbehörde, Dammtorstraße 25. Damit war
eine erhebliche Verbesserung verbunden, indem dem drückenden Raum-
mangel einigermaßen abgeholfen wurde. Neben dem eigentlichen Seminar-
raum stand nunmehr ein Zeichenzimmer, ein Direktor- und Assistenten-
zimmer zur Verfügung, auch konnten die Schränke in besonderen Räumen
Platz finden.
14 Bericht über die Vorlesungen.
Sodann trat ein bedeutungsvoller Wandel ein, indem außer den
kolonialen Vorlesungen auch solche für den Oberlehrerinnenkursus gehalten
wurden.
Während bisher die für die Ausbildung notwendigen Mittel von
privater Seite aufgebracht worden waren, übernahm der Staat die Leitung
der Kurse, und diese wurden dem Öffentlichen Vorlesungswesen ange-
schlossen. Der geographische Unterricht wurde dem Direktor des Geo-
graphischen Seminars übertragen, und demgemäß mußten neue Vor-
lesungen eingeschoben werden, die nach Form und Inhalt den Univer-
sitätsvorlesungen gleichkommen. So wurde im Sommersemester 1910 eine
vierstündige Vorlesung über Klimatologie und Ozeanologie gehalten und
dazu Seminarübungen, die sich auf Petrographie und Stratigraphie be-
zogen. An Handstücken und Schliffen wurden die wichtigsten Gesteine
demonstriert.
Im Wintersemester 1910/11 wurde die Geomorphologie (Vulkanis-
mus, Erdbeben und Gebirgsbildung, Verwitterung und Abtragung, Tätig-
keit des Meeres) vierstündig gelesen und Übungen über Meteorologie
abgehalten.
Am Kolonialinstitut wurde im Sommersemester die Landeskunde
der Südseekolonien und von Kiautschou gelesen. Herr Dr. Obst behan-
delte die Landeskunde von Kamerun. Im Wintersemester folgte die
Landeskunde der afrikanischen Kolonien.
Am 1. Oktober schied Herr Dr. Obst aus seinem Dienst aus, da
er im Winter eine Studienreise nach Ostafrika antrat, und Herr
Dr. Kremer, der mit einer gründlichen und lehrreichen klimatischen
Arbeit über Ostafrika in Münster promoviert hatte, trat an seine Stelle.
Von Exkursionen sind vor allem zu nennen eine dreitägige Tour
nach der Insel Helgoland und Neuwerk und eine ebenso lange Tour nach
Hildesheim, Goslar, Ilsenburg und auf den Brocken.
Außer den laufenden Mitteln erhielt das Seminar aus dem Fonds
der Öberlehrerinnenkurse, der aufgelöst wurde, über M 2000. Diese
Summe wurde dazu benutzt, um namentlich Bücher, Karten, Apparate,
Reliefs u. a. für den Unterricht in der allgemeinen Geographie anzu-
schaffen, an denen es bisher mangelte.
Bücher: In erster Linie wurden für den Unterricht in der allge-
meinen Geographie Anschaffungen gemacht. Auch einige neue Zeit-
schriften kamen dazu. Die Bibliothek bestand am 1. April 1911 aus
ca. 1650 Büchern, darunter 535 Zeitschriftenbänden.
Karten: Die Kartensammlung enthält in erster Linie Kolonial-
karten, allein auch die Zahl der Seekarten, von denen die Mehrzahl ein
Geschenk von der Deutschen Seewarte ist, hat erheblich zugenommen.
Ihre Zahl beträgt zusammen ca. 400, die der Wandkarten 45.
ze
=
Bericht über die Vorlesungen. 15
Photographien: Im Laufe des Jahres hat sich die Photo-
gzraphiensammlung dadurch erweitert, daß von verschiedenen Seiten
Platten dem Seminar behufs Anfertigung von Abzügen zur Verfügung
gestellt wurden. Sie bezieht sich hauptsächlich auf die afrikanischen
Kolonien, Algerien und Südamerika.
Reliefs: Zwei neue Reliefs wurden angeschafft, das von Herzog-
stand und das geologische Relief der Insel Thera. Außerdem aber wurde
mit der Anfertigung eigener Reliefs begonnen, und zwar zunächst mit
Helgoland. Da das Resultat ein günstiges war, so folgten zwölf Reliefs
von Kalkpfannen der Kalahari nach. An einem Relief des Velfiordes im
Maßstabe von 1: 100000 wird noch gearbeitet.
Ein Mikroskop und ca. 150 Dünnschliffe wurden für die
Übungen im Sommersemester 1910 angeschafft, und zwar die Dünn-
schliffe von Dr. F. Krantz in Bonn, das Mikroskop von W. & H. Sei-
bert in Wetzlar.
Theodolit: Für die Vermessungen und Übungen in geographi-
schen Aufnahmen wurde von Georg Butenschön in Bahrenfeld ein
Theodolit angeschaftt.
Apparate für den mathematisch-geographischen
Unterricht: Aus dem Fonds der Öberlehrerinnenkurse wurden die
Apparate von Professor J. Schoubye in Großlichterfelde angeschaftt,
die in interessanter Weise die wichtigsten Bewegungserscheinungen der
Gestirne zum Ausdruck bringen.
Diapositivsammlung: Am wichtigsten ist der Abschluß
eines Vertrages mit der Neuen Photographischen Gesellschaft in Steglitz
b. Berlin über 2000 Diapositive zu ermäßigten Preisen, die im Laufe
von drei Jahren geliefert werden sollen. Bisher sind ca. 200 Lichtbilder
ausgewählt worden. Die große, 1500 Diapositive umfassende, von Professor
Dr. Deckertin Frankfurt a. M. zusammengestellte Sammlung wird dem
Seminar überwiesen werden, sobald sie im Handel erschienen ist. Zur-
zeit beträgt die Zahl der Diapositive ca. 1575.
Gezeichnete Karten, Profile und Diagramme: In-
folge der Übernahme der Oberlehrerinnenkurse war die Anfertigung von
Zeichnungen und Karten für die Vorlesungen über allgemeine Geographie
notwendig geworden. Diese wurde sofort in Angriff genommen und sind
zurzeit 350 Blätter in der Größe von 70 : 73 cm, z. T. aber auch von
doppeltem und vierfachem Flächeninhalt vorhanden. Sie beziehen sich
auf Meteorologie, Ozeanologie und Geomorphologie. Dazu kommen
51 Wandkarten, teils physisch-geographischen, teils anthropogeographi-
schen Inhaltes.
Alles in allem darf man also mit der Entwicklung des Geographischen
Seminars im Berichtsjahre 1910/11 zufrieden sein. Passarge.
16 Bericht über die Vorlesungen.
4. Historisches Seminar.
Die Bibliothek hat neben den Anschaffungen aus laufenden Mitteln
im Berichtsjahr eine erfreuliche Bereicherung erfahren durch die beson-
dere Bewilligung von A 5750 für den Ankauf der Monumenta Germaniae
Historica; ferner durch Zuweisung von Büchern aus der Bibliothek des
verstorbenen Grafen Götzen und aus der des Öberlehrerinnenkursus; end-
lich durch private Schenkungen, insbesondere des Herrn Referendars
Franz Matthias Mutzenbecher, hauptsächlich von Werken zur
Geschichte des Verhältnisses von Staat und Kirche (Reformation, Gegen-
reformation, Kulturkampf), wofür auch an dieser Stelle warmer Dank aus-
gesprochen sei. Bei den Anschaffungen wurde mehr als bisher die mittel-
alterliche Wirtschafts- und Verfassungsgeschichte gepflegt, ferner die
Geschichte der Kreuzzüge durch Kauf des großen Quellenwerkes Recueil
des Historiens des Croisades, das gerade billig angeboten wurde.
Der Besuch der Übungen blieb ein reger. Teilnehmer waren haupt-
sächlich Kandidaten für die Oberlehrerinnenprüfung; außerdem Öber-
lehrerinnen, Oberlehrer und Lehrer, gelegentlich Assessoren aus dem Aus-
wärtigen Amte. Die Lehrer sind in den Übungen zur mittelalterlichen
Geschichte allerdings im Nachteil durch den Mangel der Kenntnis des
Lateins. Professor Keutgen hat im Anschluß an seine Vorlesung im
Sommersemester 1910 Wirtschaft und Verfassung der Germanen nach
Tacitus und Caesar behandelt, im Wintersemester 1910/11 die Bekehrung
und Besiedelung Ost-Holsteins im Anschluß an Helmolds Chronica
Slavorum. In den grolsen Ferien lieferten eine Anzahl von Lehrerinnen
unabhängig voneinander sehr tüchtige Untersuchungen über die Quellen
zur Ungarnschlacht am Lech 955. Professor Marcks begleitete seine
Vorlesungen durch Untersuchungen zur Geschichte des 19. Jahrhunderts
(politische Ideen: Dahlmann, Stahl, Treitschke; politische Vorgänge: 1848,
Bismarck 1862, 1864) und der Reformationszeit (Luther und der Reichs-
tag zu Worms). (Gemeinsame Arbeit und Diskussion wurden durch Vor-
träge der Mitglieder ergänzt. - Keutgen.
5. Seminar für Geschichte und Kultur des Orients.
Am 10. April 1911 ist das Seminar aus den engen Räumen in der
Domstraße S nach seiner prächtigen dauernden Wohnstätte in der
Edmund Siemers Allee übergesiedelt. Mit dem Schluß des Berichtsjahres
gibt Dr. Rud. Tschudi, der seit Ostern 1910 am Seminar als wissen-
schaftlicher Hilfsarbeiter beschäftigt war, diese Tätigkeit auf, um nach
einer süddeutschen Universität überzusiedeln. Die Leitung des Seminars
sieht diesen hoffnungsvollen jungen Gelehrten, der seine Kräfte weit über
seine offiziellen Pflichten hinaus in den Dienst des Seminars gestellt hatte,
Bericht über die Vorlesungen. lv;
mit aufrichtigem Bedauern von Hamburg scheiden. Als sein Nachfolger
ist Herr Dr. Erich Gräfe aus Halle in Aussicht genommen.
Die Seminarbibliothek wuchs im Berichtsjahr auch über die etats-
mäßige Vermehrung (1 2000) hinaus durch namhafte Geschenke, für die
an dieser Stelle nochmals herzlich gedankt sei. Es gingen folgende wert-
volle Gaben ein:
t.
2.
SI
U:
12.
13.
Die Trustees des Gibb Memorial Fund (London) überwiesen dem
Seminar Band X, XI, XIII, XIV und XVII ihrer Publikationen.
Der Kaiserl. Gouverneur von Deutsch-Ostafrika deponierte dauernd
eine ca. 100 Nummern betragende Sammlung arabischer Drucke, die
in Deutsch-Östafrika gerichtlich beschlagnahmt worden waren.
Der Kaiserl. Bezirksleiter von Sokode Bassari in Togo überwies eine
ebenfalls konfiszierte arabische Handschrift, die Amulette und
Zauberliteratur enthielt.
Leutnant Stockhausen, ein früherer Hörer des Kolonialinstituts,
in Atakpame (Togo) übersandte als Geschenk ein mit zauberischen
Zeichen bedecktes Haussahemd, einige Handschriften und eine höl-
zerne Schultafel.
Die Stadtbibliothek überwies eine große Reihe von Dubletten-
beständen aus der Oppertschen Bibliothek, unter denen als besonders
wertvoll ein vollständiges Exemplar der Deutschen Morgenländischen
Gesellschaft erwähnt sei.
Das Hamburgische Kolonialinstitut schenkte dem Seminar die Ab-
handlungen des Hamburgischen Kolonialinstituts Band I bis IV.
Die Zentralstelle überwies mehrere Werke und Photographiesamm-
lungen aus dem Nachlaß des Grafen Götzen.
Die Levantelinie sandte dem Seminar regelmäßig ihre ‘wertvolle
„Deutsche Levante-Zeitung“.
Dr. Byhan eine chinesisch-arabische Münze.
Dr. Tsehudi mehrere Bändchen der Türkischen Bibliothek, dar-
unter eine eigene Publikation, sowie einige Exemplare eines türki-
schen Textes und photographische Reproduktionen türkischer Hand-
schriften und Urkunden.
Herr Senator Strandes schenkte dem Seminar für Studienzwecke
einen ostafrikanischen Koran, eine große Anzahl arabischer Ge-
schäftspapiere und eine sich über mehrere Jahre erstreckende Korre-
spondenz zwischen dem Sultan von Sansibar und einem Statthalter
an der Küste.
Pastor Windfuhr überwies seine hebraistische Arbeit.
Herr Dr. F. M. Mutzenbecher schenkte der Seminarbibliothek
Correspondence respecting the Affairs of South-Eastern Europe,
Turkey Nr. 1, 1903.
15 Bericht über die Vorlesungen.
14. Herr Dr. F. F. Schmidt seine Dissertation „Die Occupatio im
islamischen Recht“.
15. Der Direktor überwies mehrere Druckschriften, das große Reisewerk
von Sarre/Herzfeld und eine Sammlung in Ägypten gekaufter sil-
berner und bleierner Amulette und zahlreiche orientalische Drucke.
Zur leichteren Benutzung der Bibliothek ist im Berichtsjahre ein
alphabetischer und ein Realkatalog der Bücherbestände des Seminars an-
gefertigt worden.
Dank der Munifizenz von Senat und Bürgerschaft erhielt das
Seminar im Berichtsiahre außer diesen Geschenken eine einmalige außer-
ordentliche Zuwendung von „#i 2000, von denen die Hälfte zur Ergänzung
einiger Lücken, die andere Hälfte zur Beschaffung der wichtigsten ibadi-
tischen Literaturwerke bestimmt war. Die ibaditischen Werke wurden
zum Teil vom Direktor in Cairo selbst ausgesucht. Auch hat das
Seminar vom Berichtsjahre an auf die wichtigsten arabischen Tages-
zeitungen abonniert.
Die Lichtbildersammlung des Seminars wurde ergänzt:
l. durch Diapositive von Aufnahmen aus West- und Ostafrika, besonders
Kilwä Kisiwani,
2. durch Aufnahmen von Objekten der Münchener Ausstellung, die das
Seminar der Vermittlung von Professor Jacob in Erlangen ver-
dankt.
Auf der gleichen Ausstellung gelang es dem Seminar in Gemein-
schaft mit dem Museum für Völkerkunde, eine Reihe wertvoller arabischer
Grabsteine für Studienzwecke zu erwerben. Dieselben sind vorläufig
im Museum für Völkerkunde mit den von diesem Museum erworbenen
Stücken zusammen aufgestellt.
Die vom Seminardirektor herausgegebene wissenschaftliche Zeit-
schrift „Der Islam“ hat seit dem letzten Berichte sich sehr erfreulich
weiterentwickelt. Im November 1910 wurde mit der Ausgabe eines Doppel-
heftes der erste Band abgeschlossen. Das erste Heft des zweiten Bandes
erschien im Januar, das zweite und dritte als Doppelheft im Juni. Die
Zeitschrift hat in der Öffentlichkeit, wie zahlreiche Besprechungen er-
wiesen, eine sehr freundliche Aufnahme gefunden, und dem Herausgeber
fließen andauernd zahlreiche Manuskripte zu, so daß über kurz oder lang
eine Erweiterung des Umfanges der Zeitschrift ins Auge gefaßt werden
muß. Inzwischen hat das Seminar durch Austausch des „Islam“ gegen
andere wissenschaftliche Fachorgane große Bereicherung erfahren. So
erhalten wir auf diese Weise folgende Zeitschriften gratis:
1. Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft,
2. Revue du Monde Musulman,
3. Journal of the Royal Asiatie Society,
Bericht über die Vorlesungen. 19
Journal Asiatique,
Rivista Degli Studi Orientali,
Örientalisches Archiv,
Le Monde Oriental (Upsala),
Melange de la Facult& Orientale de Beyrouth,
die orientalischen Dissertationen der Universität Erlangen sowie die
orientalistischen Beiträge der physikalisch-medizinischen Fakultät
dortselbst.
Die Vorlesungen und Übungen im Seminar waren wie im Vorjahre
besucht. Vom Direktor wurden im Wintersemester syrische und ara-
bische Übungen abgehalten. In den syrischen Übungen wurde im Winter
die im Vorjahre begonnene Lektüre des Josua Stylites vollendet, im
Sommer Rödigers syrische Chrestomathie kursorisch durchgenommen. In
den arabischen Übungen wurden im Winter ein Historiker, im Sommer
die Abschnitte des Koran gelesen, in denen die Lehre Muhammeds vom
Christentum zur Darstellung gelangt. Die zahlreichen Übungen mit An-
fängern im Arabischen, Türkischen und Persischen lagen in den Händen
von Dr. Tschudi und wurden zumeist im Rahmen des Kolonialinstituts
abgehalten.
Mit den Mitteln des Seminars wurden im Berichtsjahre folgende gut-
achtliche Arbeiten angefertigt:
sonıan m
1. Dr. Tschudi übersetzte für die Kaiserl. Universitäts- und Landes-
bibliothek in Straßburg einige türkische Urkunden.
2. Der Direktor verfaßte für den Gouverneur von Deutsch-Ostafrika ein
ausführliches Gutachten über den Inhalt der dem Seminar über-
wiesenen ostafrikanischen Bibliothek (siehe oben Nr. 2), das dann
erweitert und mit genauer wissenschaftlicher Begründung in „Islam“
II, 1 veröffentlicht wurde.
Für die Diplomprüfung des Kolonialinstituts verfaßte ein Hörer
die Arbeit „Die Sekten der muhammedanischen Inder in Deutsch-Ost-
afrika“.
In den Räumen des Seminars, aber als eigene Veranstaltung, tagte
der vom Direktor gegründete orientalistische Abend, sowohl im Winter-
wie im Sommersemester. Etwa zehn wissenschaftlich interessierte Herren
aus Hamburg vereinigen sich bei dieser Gelegenheit, um einen wissen-
schaftlichen Vortrag des einen oder des anderen aus ihrer Mitte anzuhören.
Es sprachen im Wintersemester der Direktor über die Sekten der
muhammedanischen Inder in Ostafrika, Dr. Tschudi über türkisch-
mongolische Wanderungen, Prof. Dr. Jäger über seine Eindrücke in
Persien, speziell über das dortige Schulwesen; im Sommersemester der
Direktor über die Geschichte des Maulidfestes und seine Feier im heutigen
Ägypten, Pastor Windfuhr über die Resultate seiner palästinensischen
9%
30 Bericht über die Vorlesungen.
Studienreise. Die Voraussetzung zur Teilnahme an diesen zwanglosen
Seminarabenden bildet eine Kenntnis der Anfangsgründe des Arabischen
oder einer anderen orientalischen Sprache. | ©. H. Becker.
6. Seminar für Kolonialsprachen.
Das Seminar für Kolonialsprachen hat seine Bibliothek durch An-
kauf und Geschenke auf 700 Bände vermehrt. Sie wird von den Zuhörern
sehr viel benutzt. Für das phonetische Studium ist ein besonderes
Laboratorium mit guten Instrumenten eingerichtet, dessen Leitung dem
wissenschaftlichen Hilfsarbeiter für Phonetik am Seminar für Kolonial-
sprachen, Dr. Panconcelli-Calzia, übertragen ist. Das Labo-
ratorium wird sehr stark benutzt, so daß es nicht möglich war, alle An-
forderungen zu beiriedigen. An die Leitung des Seminars sind wiederholt
Anfragen aus geschäftlichen Kreisen über sprachliche Dinge mündlich und
schriftlich gerichtet und beantwortet worden. Seit dem 7. Oktober 1910 gibt
das Seminar die Zeitschrift für Kolonialsprachen heraus mit Unter-
stützung der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung und Hamburger
Freunde. Durch diese Zeitschrift ist das Seminar in Verbindung getreten
mit einer großen Anzahl von Fachleuten in Europa, Afrika und Indo-
nesien. Die Fülle der einlaufenden Manuskripte zeigt, wie groß das
Bedürfnis gewesen ist.
Als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter wurde an das Seminar berufen
Herr Martin Heepe.
Die Teilnahme an den Suahelikursen hat sich wesentlich gesteigert.
Im Sommersemester 1910 und im Wintersemester 1910/11 sind je 2 Kurse
für Anfänger und Fortgeschrittene und außerdem in den Abendstunden
Übungen mit dem eingeborenen Sprachgehilfen abgehalten. Eine Reihe
von Missionsarbeitern, darunter auch zwei Damen, haben an den Kursen
teilgenommen.
Im Sommersemester 1910 und Wintersemester 1910/11 fand eine
einstündige Vorlesung über Phonetik mit Benutzung einiger Apparate
statt.
Im Wintersemester 1910/11 wurde ein phonetisches Praktikum mit
besonderer Berücksichtigung der Bedürfnisse der Sprachforschung ab-
gehalten. Die Übungen wurden einmal wöchentlich (zwei Stunden) im
Laboratorium des Seminars für Kolonialsprachen abgehalten und hatten
den Zweck, die Teilnehmer mit den Anfängen der Untersuchungsmethodik
der experimentellen Phonetik bekannt zu machen.
Weiter wurde in beiden Semestern vergleichende Grammatik der
Bantusprachen gelehrt. Auch diese Kurse wurden gut besucht.
Das Lehrmaterial des phonetischen Laboratoriums wurde auch zu
den im Auftrage des Allgemeinen Vorlesungswesens von dem wissen-
Bericht über die Vorlesungen. >]
schaftlichen Hilfsarbeiter für Phonetik, Dr. Panconcelli-Calzia.
gehaltenen Vorlesungen über „Stimmbildung und Stimmhygiene“ benutzt.
Meinhof.
7. Ostasiatisches Seminar.
Der Unterricht im Östasiatischen Seminar ist während des letzten
Jahres in zwei Kursen erteilt worden. Im Wintersemester 1910/11 wurde
ein neuer Anfängerkursus gebildet, daneben wurden in dem älteren Kursus
kurze, leichte Zeitungsartikel gelesen, gleichzeitig aber auch die gramma-
tischen Übungen fortgesetzt.
Die Bibliothek ist in der bisherigen Weise weiterentwickelt worden.
Es ist gelungen, vollständige oder fast vollständige Serien einiger wert-
voller älterer und nicht mehr bestehender Fachzeitschriften, wie des
Chinese Repository, der China Review u. a., zu erwerben. Sehr zu Dank
verpflichtet ist das Seminar der Direktion der Stadtbibliothek, die ihm
aus dem Oppertschen Vermächtnis die in Betracht kommenden Dubletten
überwies, darunter eine nahezu vollständige Sammlung der Sacred Books
ofthe East. Herr Paul Borchardt aus Berlin schenkte ein wertvolles
‘chinesisches encyklopädisches Werk (Möng k’i pi t’an) und mehrere mathe-
matische Schriften (darunter das Schu li tsing yün), Herr Professor
Perels einige tibetische Gebetrollen. Den Gebern sei auch an dieser
Stelle freundlichst gedankt. Im übrigen bleibt die Schaffung einer chine-
sichen Bibliothek nach wie vor eine zu lösende Aufgabe. Ein Anfang ist
gemacht durch die Beschaffung des buddhistischen Tripitaka in chinesi-
scher Sprache und japanischer Ausgabe für die Stadtbibliothek. Im ganzen
zählt die Seminarbibliothek jetzt an 550 Bände abendländischer
Literatur.
Das Seminar ist in den neuen Räumen des Vorlesungsgebäudes vor-
trefflich untergebracht. O. Franke.
8. Deutsches Seminar.
Das Germanistische Seminar ist im Wintersemester 1910/11 in den
Parterreräumen des Hauses Domstraße 9 eingerichtet worden. Für die
Schaffung einer Seminarbibliothek wurde ein einmaliger Zuschuß von
M 5000 und für 1911 ein laufender Etat von A 2000 ausgeworfen. Bis
Ostern 1911 ist wegen des bevorstehenden Umzuges in das neue Vor-
lesungsgebäude nur ein kleinerer Teil der bewilligten Fonds für Bücher-
anschaffungen und Buchbinderarbeiten verwendet worden. Wenn trotz-
dem der Bücherbestand der Seminarbibliothek am 1. April 1911 bereits
die stattliche Höhe von 1368 Bänden erreicht hatte, so ist das einmal dem
22 Bericht über die Vorlesungen.
günstigen Umstande zuzuschreiben, daß dem Seminar aus der ehemaligen
Bibliothek der Oberlehrerinnenkurse ein Grundstock von 258 Nummern
(— 625 Bänden), meist aus der neueren Literatur, zur Verfügung stand,
und daß zum andern eine größere Zahl von Schenkungen an die Seminar-
bibliothek zu verzeichnen ist. Folgenden Schenkern sei auch an dieser
Stelle herzlich gedankt:
1. Herrn Senator Dr. von Melle und Frau Senator Emil von
Melle für eine größere Schenkung von z. T. recht seltenen und kost-
baren Stücken zur klassischen deutschen Dichtung.
2. Frl. Dr. Helene Arndt für v. d. Hagen, Heldenbuch.
Herrn Prof. Dr. Perels für eine Broschüre.
4. Herrn Prof. Dr. L. Schücking-Jena für seine Aussee des Beo-
wulf (9. Aufl.).
5. Herrn Privatdozenten Dr. H. Schultz-Göttingen für Festschrift
zur Feier des 150jährigen Bestehens der Kgl. Gesellschaft der Wissen-
schaften zu Göttingen (Berlin 1901).
Im Laufe des Wintersemesters 1910/11 sind sämtliche in Betracht
kommenden germanistischen Fachzeitschriften in ihren laufenden Jahr-
gängen angeschafft worden. Mit der Erwerbung der vollständigen Serien
dieser Zeitschriften und der größeren germanistischen Sammelwerke ist
begonnen worden. Ein größerer antiquarischer Ankauf hat zugleich zahl-
reiche Texte aus der älteren und neueren deutschen Literatur eingebracht.
Der besonderen Note der hamburgischen germanistischen Professur
entsprechend, wird die Bibliothek des Germanistischen Seminars der
riederdeutschen Sprache und Literatur eine besondere Pflege angedeihen
lassen. Es steht aber zu erwarten, daß gerade auf diesem Gebiete der
neu entstehenden Bibliothek bedeutsame Zuwendungen oder Leihgaben
aus unserer Stadt zufallen werden. An die niederdeutsche Abteilung
schließt sich gleichwertig die niederländische an; es wird geplant, auf
'eden Fall die niederländischen Fachzeitschriften und die wichtigsten
Hilfsmittel zur niederländischen Sprachgeschichte und älteren Literatur
aufzunehmen, während die neueste Literatur zurücktreten darf.
Das Germanistische Seminar besitzt ferner einen phonographischen
Apparat zur Aufnahme von Mundartenproben. In erster Linie ist die
Aufnahme der niederdeutschen Mundarten des hamburgischen Staats-.
gebietes beabsichtigt.
Das Germanistische Seminar ist Mitglied des Vereins für nieder-
deutsche Sprachforschung, der Vereinigung Quickborn, des Allgemeinen
deutschen Sprachvereins und der Gesellschaft für Vorgeschichte.
Der Unterricht im Seminar wurde im Oktober 1910 aufgenommen.
Die fachwissenschaftliche Vorlesung gab eine Einführung in das älteste
Niederdeutsch nebst Erklärung des altsächsischen Heliands. Diese Vor-
Bericht über die Vorlesungen. 253
lesung wie die mittelhochdeutschen und althochdeutschen Übungen
wurden besonders von den Teilnehmerinnen der Öberlehrerinnenkurse
sowie von einer Anzahl von Volksschullehrern besucht.
©. Borchling.
9. Seminar für englische Sprache und Kultur.
Ein Bericht über das Seminar für englische Sprache und Kultur
kann im gegenwärtigen Stadium, wo eben die ersten Bestellungen von
Büchern abgesandt worden sind, nichts anderes sein als eine Darlegung
der Grundsätze, nach denen das Seminar geleitet werden soll.
Das Seminar wird in erster Linie dieselben Zwecke verfolgen wie
die gleichartigen Seminare der Universitäten. Die wichtigen Zeit-
schriften und Sammlungen von Publikationen, Wörterbücher, biblio-
graphische Hilfsmittel und dergleichen werden anzuschaffen sein. Weiter
wird eine Sammlung von Autoren angelegt werden müssen, wobei Wert
darauf zu legen ist, daß möglichst nur wissenschaftlich gediegene Aus-
gaben angeschafft werden, unter Ausschluß aller bloß populären Literatur
auf der einen und aller bibliophilen Kuriosa auf der anderen Seite. Weiter
soll jedoch das Seminar, den besonderen Hamburger Verhältnissen ent-
sprechend, auch die Kultur des englischen Weltreiches im weiteren Sinne
berücksichtigen; die hauptsächlichsten Werke über Geschichte, Religions-
verhältnisse und Wirtschaft Englands und seiner Kolonien werden ein-
gehend zu berücksichtigen sein.
Einen bescheidenen Grundstock des Seminars, namentlich in bezug
auf Wörterbücher und Autoren, bildet die kleine englische Bibliothek der
Oberlehrerinnenkurse. Weiter ist eine große Zahl von Werken antiqua-
risch erworben worden. An Neuerscheinungen wurde die große Neuaus-
gabe der „Encyclopaedia Britannica“ bestellt, durch die eine erste Orien-
tierung über englische Realien möglich sein wird.
Prof. Dr. Dibelius.
10. Seminar für romanische Sprachen und Kultur.
Die Einrichtung des romanischen Seminars begann Anfang April
1911. Dem Seminar liegt im Rahmen des Allgemeinen Vorlesungswesens
die Pflege der fachwissenschaftlichen und praktischen Studien spezifisch
romanistischer Art auf den Hauptgebieten des Faches, dem französisch-
provenzalischen, dem iberischen (spanisch-katalänisch-portugiesischen),
dem italienischen, dem rätischen und dem rumänischen, ob; es unterstützt
‚die kolonialen Studien durch die Pflege des praktischen Sprachunterrichts
24 Bericht über die Vorlesungen.
im ‚Französischen, Italienischen, Spanischen und Portugiesischen sowie
der auf romanische Überseeländer bezüglichen wissenschaftlichen Studien.
Von den ersten wichtigeren Erwerbungen für die Seminarbibliothek
seien hier genannt: Romania, Zeitschrift für romanische Philologie, Voll-
möllers kritischer Jahresbericht, Publikationen der Gesellschaft für roma-
nische Literatur, Revue des langues romanes, Biblioteca romanica,
Revue de philologie franeaise et de litterature, Annales du Midi (voll-
ständige Serien) sowie der Atlas linguistique de la France.
Im Bücherraum des Seminars liegen 78 Zeitschriften und sonstige
Periodika auf (in der Zusammenstellung der Zentralstelle namentlich auf-
seführt), die fast sämtlich von der Societe internationale de dialectologie
romane zur Verfügung gestellt sind. Aus den wichtigeren romanischen
Kulturländern wird je eine Tageszeitung im Seminar gehalten.
Ein besonderer Vorteil erwächst dem Seminar dadurch, daß darin
von Anfang an die beiden Zeitschriften der internationalen Gesellschaft
für romanische Dialektforschung (Revue und Bulletin de dialectologie
romane) redigiert werden und im Zusammenhang hiermit die Biblio-
sraphie der linguistischen Neuerscheinungen aus dem Gesamtgebiet der
romanischen Länder zusammengetragen wird; ebenso stehen die für die
dialektologischen Jahresberichte der Revue de dialectologie romane
einlaufenden Rezensionsexemplare den Seminarbenutzern zur Einsicht-
nahme zur Verfügung.
An Schenkungen ‘gingen dem Seminar zu:
von Frau Senator von Melle: Oeuvres de Racine, Ed. Didot,
An VII, vol. 1—5,
von der Societe internationale de dialectologie romane: ihre Publi-
kationen (bis 1911) sowie eine Anzahl Separata.
Den Gebern sei auch hier herzlicher Dank ausgesprochen.
Aus der früheren Bibliothek der Oberlehrerinnenkurse wurden dem
Seminar 215, aus der vom Kolonialinstitut übernommenen Bibliothek des
Herrn Grafen von Götzen 55 Bände überwiesen.
Zur Förderung der Studien auf dem Gebiet der modernen romani-
schen Sprachkunde wurde mit der Anlage einer Sammlung von nach lin-
guistischen Gesichtspunkten hergestellten Phonogrammen begonnen; ihr
Ausbau soll in den nächsten Semestern erfolgen; zur Unterstützung der
phonetischen Studien wurden die notwendigsten Apparate angeschaftt.
Das Studium der romanischen Sprachgeographie wurde durch die
Erwerbung der 1920 Karten des Atlas linguistique de la France von
Gillieron und Edmont sowie durch Überweisung einer Sammlung von
linguistischen Karten des französisch-provenzalischen Sprachgebiets
durch den Unterzeichneten ermöglicht. Zum gleichen Zweck besitzt das
Bericht über die Vorlesungen. 25
Seminar für die romanischen Länder in Europa und Amerika physikalische
und politische Wandkarten sowie eine Serie von Karten zur historischen
Geographie der europäischen Romania.
Mit der Katalogisierung der Bibliothek des Seminars wurde im
April 1911 begonnen; ein alphabetischer Katalog ist beendet und wird
jeweils bei Eintreffen der Neuerwerbungen unter freundlicher Unter-
stützung der Zentralstelle des Kolonialinstituts weitergeführt; ein syste-
matischer Katalog soll in den Herbstferien 1911 zu Ende geführt werden.
Die Ordnung für die Aufstellung der Bibliothek beruht im wesentlichen
auf geographischen Gesichtspunkten.
| Als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter ist Herr Dr. Fritz Krüger
aus Spremberg seit dem 18. April 1911 am Seminar tätig.
B. Schädel.
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über die Zahl der in den Sommersemestern 1906 bis 1910
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Bu. ....... 185 EIER Ne. | 1100
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Anlage 9.
Übersicht
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verkauften Vorlesungsverzeichnisse.
Jahrgang | Anzahl der Exemplare Tahzshe Anzahl der Exemplare
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BIS... oo. 899 1905/06. ==... 2640
el... | 977 06/07... 3043
1899/1900 ..... | 1275 1901084... 3498
E00... .: 1344 ION... 3180
0102... 1850 290310. Re... | 2742
202/03... ...: 1737 LIIOHLEN. 2. 2963
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Ubersicht
über die der Oberschulbehörde zur ArTDeme stehenden Hörsäle.
Bezeichnung des Bun | bietet Platz für
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" „ Nationalökonomie und Kolonialpolitik, Damm-
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. „ Geographie, Dammthorstraße 25 .......... 20 x
34 Bericht über die Vorlesungen.
Bezeichnung des Hörsaales
bietet Platz für
Historisches 'Seminar, ‚Domstrabesa. ...2. 2.22.08.
Seminar für Geschichte und Kultur des Orients, Domstr. 8
Östasiatisches Seminar, Dammthorstraße 25.......... |
Seminar für Kolonialsprachen, Dammthorstraße 25 ....|
Deutsches Seminar, Domstraße 9, Erdg.............. |
Aula, des’ Wilhelm Gymnasiums! 2 0 ee
„ Schul-und Museumsgebäudes am Steinthorplatze
Grober Hörsaal des Naturhistorischen Museums ......
Kleiner es N e HERR
Zootomisches Laboratorium des Naturhistorischen Museums |
Großer Hörsaal der Staatslaboratorien an der Jungius-
SEAN TER LE |
Kleiner Hörsaal des Physikalischen Staatslaboratoriums.
" 5 „ Uhemischen Staatslaboratoriums ..
Hörsaal am Botanischen Garten Ze ea ee |
Ubungssaal der Botanischen Staatsinstitute .......... |
Hörsaal des Mineralogisch-Geologischen Instituts. ...... |
20 Personen
20
15
25 -
25
340
300 3
190 3
70 h
14
DUO TER
60280
36—40 „
38
50
Außer den in vorstehender Tabelle aufgeführten Hörsälen wurden
zu Zwecken des Vorlesungswesens benutzt:
Lesesaal der Stadtbibliothek,
Physikalischer Hörsaal des Realgymnasiums, Armgartstraße,
. der Oberrealschule auf der Uhlenhorst,
Physikalisches Laboratorium der Oberrealschule auf der Uhlenhorst,
Chemischer Hörsaal der Oberrealschule in Eimsbüttel,
Zichensaal der Realschule in St. Pauli,
„ Volksschulen Holstenwall 16/17,
Hörsaal der Pharmazeutischen Lehranstalt,
Navigationsschule,
“ des Hyeienischen Instituts,
im Naturwissenschaftlichen Gebäude des Lehrerseminars,
Binderstraße 34.
rin:
Bericht über die Vorlesungen.
3,
Anlage 11.
Verzeichnis der am Hamburgischen Kolonialinstitut im Sommer-
semester 1910 abgehaltenen Vorlesungen.
Lfde. Nr.
(rl
=]
15
16
17
18
19
I sa Wa
IS En ‚sn © "8 A
| 0909 43 ,.= 2.59
Name des Dozenten Thema = 205553239303
EB Alam®
Prof. Dr. Keutgen | Allgemeine Kolonialgeschichte der |
Neuzeit er Sean en 28 29
Prof. Dr. Perels
Dr. Radlauer
Pastor D. Paul
(Lorenzkirch)
Regierungsrat Dr. Graef
(Düsseldorf)
Prof. Dr. Rathgen
Prof. Dr. Rathgen und
Prof. Dr. Voigt
Bücherrevisor Koock
Prof. Dr. Fesca
Prof. Dr. Voigt
Prof. Dr. Voigt
Prof. Dr. Voigt
Prof. Dr. Voigt
Prof. Dr. Voigt
Prof. Dr. Klebahn
Dr. Brick
Direktor Dr. Neumann
Direktor Dr. Neumann
Direktor Dr. Neumann
Kolonialrechnlrrsse en.
Übungen zur Einführung in das
Kolonialrecht für Hörer ohne ju-
ristische Vorbildung ...........
Die Mission in den deutschen Ko-
JONTENte ee
Verwaltungspraxis in den Kolonien
mit besonderer Berücksichtigung
der Eingeborenenverwaltung ....
Kolonialpolitik mit Übungen II...
Besichtigung von Warenlagern, Auf-
bereitungsanstalten und industri-
eng Anlaren en...
Buchführung und Bilanzkunde mit
Übunoen Ana ssen.seehear |
Einführung in die tropische und
subtropische Landwirtschaft ....
Praktische Übungen im Erkennen
und Untersuchen pflanzlicher Er-
zeugnisse des Handels ..........
kdsels Für: Kautlente ....:: 2.2.4.2:
Koloniale Nutzpflanzen, ihre Kul-
ursund ihre Produkte.....:.:.
MSSetur Kaufleute’. 2.2... 22.22:
Praktische Übungen und Demon-
strationen in der Bodenkultur und |
Pflanzenzüchtung und den Pflan-
zenkrankheikenne a nr
Krankheiten der tropischen Kultur-
pflanzen, verbunden mit prakti- |
Schen@ühunsen. ra Sn.
Die natürlichen und wirtschaft-
lichen Faktoren der Landwirt-
schaft mit Berücksichtigung der
Kolonien rer: |
Landwirtschaftliche Tierzucht mit
Berücksichtigung der Kolonien I
Landwirtschaftliche Exkursionen ..
Übertrag...
—
—
1
u |
[os
os
>
m
[op
oo
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[eb
N
©
st)
©
10)
m
1
40 400 ı 29
36 | 254 | 28
en
22 lee 18
3 | 14| 21
36 Bericht über die Vorlesungen.
| - 5 ls-
. | oe © "50% =
= SB de on a= 7205
E | | Saglu9, &0@s8
© Name des Dozenten | Thema =322|5222 3388
=} Siam Eon ONE
= No EH En o|# 2SU
ee: 588
A Ei "a8
Übertrag... | 602 | 4270
20 Prof. Dr. Peter Die hauptsächlichsten Tierseuchen |
in den Kolonien, die Maßnahmen |
5 Rs . | = r:
p zu ihrer Verhütung und Tilgung 5 54 B)
21 Prof. Dr. Peter Verschiedene Krankheiten der Haus- |
tiere mit Demonstrationen, aus- |
gewählt nach ihrer wirtschaft-
lichen, forensischen oder hygieni-
schen. Bedeutun®. 2.2... | 5) al 5
a Ans | ee . . s |
22 , Prof. Dr. Fülleborn und | Tropische Tierseuchen und ihre Er-
Prof. Glage IV OEEDIOT ee RN N: | ®& 167 19
23 | Fischereidirektor Lübbert | Ausnutzung von Fischgewässern an |
| der Küste und im Binnenlande,
mit praktischen Demonstrationen |
‚ und Besichtigungen von Fischerei-
| . 3 = | -
| Ibetnienenan an rer 10 50|ı 7
24 | Dr. Sokolowsky Führung durch Hagenbecks Tier- |
|. park und Demonstrationen von |
Nutz- und Haustieren der deut- |
Ne Schenn Kolonieneprs Perg 29 218 | 18
25 | Baumeister Uhde Übersicht über das Maschinenwesen |
| unter Betonung der für die Kolo-
nien wichtigen Einrichtungen mit | |
Besichtigungen industrieller und
gewerblicher Anlagen..........| 24 115 9
n a ß 2 | |
26 | Prof. Dr. Gürich ‚Die nutzbaren Minerale und Ge-
steine der deutschen Schutzgebiete | 5 — | —
27 Prof. Dr. Gürich Praktische Übungen im Anschluß |
ı "San idie)Worlesune ne een | 4 — _
28 Prof. Dr. Gürich ı Exkursionen und Übungen im
geologisch-agronomischen Kar-
bIERENL een | 3 Zn
| |
29 Prof. Dr. Passarge Landeskunde der deutschen Ko-
| | lonien (Südsee und Kiautschou). | 34 224 20
| n - - . 3
30 | Prof. Dr. Passarge Geographie Lu. a Bern Ar 1720 310 | 18
31 Prof. Dr. Passarge Geographische Übungen .......... Ir 159 | 16
| 1 - F | : ; | |
3 | Prof. Dr. Passarge RR ı 19 |
33 Dr. Obst ' Landeskunde von Kamerun ....... 1 14 2109 9
34 | Prof. Dr. Becker Geschichte und spezieller Öharakter
I deswlslamssins Aunikareereee I Fan 2388| 22
35 Prof. Dr. Thilenius Völkerkunde, der deutschen Kolo- | |
DIienemit Ubuneentre ee 1 7350 254: 25
36 Prof. Meinhof LL. D. Suahell- tür Antangenre ne. 10 3885| 8
37 Prof. Meinhof LL. D. |Suaheli für Fortgeschrittene ...... | 6) 55 2
38 Prof. Meinhof LL.D. | Übungen im Suaheli mit dem
u NEERROT 2 RE at 185 3
Übertrag... | 34 16805.) =
Bericht über die Vorlesungen. 37
2 SIE PIBEBEICEER
3 7 r 2 vo = =) A -
® Name des Dozenten Thema 325555333305
3 ISsEEnMs 2|9858>
= I = | N m goHn
4a = 8 Am®
Übertrag... | 914 | 6805
39 Prof. Meinhof LL. D. Vergleichende srammatik der
Bantuspracheneeeee 5 41 4
40 | Prof. Meinhof LL. D. | Phonetik mit besonderer Berück- | |
| sichtigung afrikanischer Sprachen fe) 44 4
41 ı Prof. Dr. Franke Einführung in die Kenntnis der | |
chinesischen Sprache........... | >|, 12 >
42 | Dr. Tschudi Arabisch für Anfänger ............ | 1 17 1
|
43 Dr. Tschudi ‚Arabisch für Fortgeschrittene ...... | nt Ka
44 Dr. Tschudi Türkisch: für Anfänger... ........: 1 Ca
45 Dr. Ziebarth Neugriechisch für Fortgeschrittene 5) 47 2
46 E. T. Harris ' Englisch EursAmlanmers 43... ee
47 E. T. Harris Englisch für Fortgeschrittene ..... | 3 214 16
| oO . |
48 E. T. Harris | Englisch für Fortgeschrittenere ...| 16 | 112. 10
26 I Be = . | B
49 Dr. Lavoipiere Französisch für Fortgeschrittene .. 21 171 11
ICHS, A ..“ .. n) ® | eo)
50 Dr. Lavoipiere Französisch für Fortgeschrittenere.. 15 | 1836 10
l S |
51 L. Cortijo Spanisch für Fortgeschrittene..... a a! 78 6
|
52 Frl. Ey ı Portugiesisch für Fortgeschrittene. | 7 43 4
93 | Prof. Dr. Zacharias und | Übungen im Anlegen und Bewirt-
Öbergärtner Warnecke | schaften kolonialer Nutzgärten. |
Demonstration von Obstanlagen . | 14 20 20
54 Oberingenieur Sperber Anleitung zum Haus-, Wege- und |
Brückenbau in den Kolonien....| 13 31 3
| |
5) Kaidirektor Winter |Kai- und Hafenbetrieb ........... 9,42 >
56 Dr. Förster |Rudern und Segeln............... 20 = —
57 'Kursus der Photographie ......... 6 = —
|
58 Reitunterricht „u. 1... an: - I I
11315 Slrs,) a
Vorträge aus der kolonialen Praxis.
Dr. Kirchstein (Berlin) | Erlebnisse und Forschungen am |
ir RIWMESBeN, 22. 4. ee en NET
| 2 ae
| (sesamtzahl... | 1131 | 8298 | 11
|
€ Th —— ss m — num nl
38 Bericht über die Vorlesungen.
Anlage 12,
Verzeichnis der am Hamburgischen Kolonialinstitut im Winter-
semester 1910/11 abgehaltenen Vorlesungen.
Prof. Dr. Rathgen und
Prof. Dr. Voigt
Bücherrevisor Koock
Besichtigung von Warenlagern, Auf-
bereitungsanstalten und indu-
striellen. Anlaren ..» 4... 0%
Buchführung und Bilanzkunde mit
& 58 |» 8läss
2 = =s2545.8193333
$ Name des Dozenten Thema = a2 22592430058
853..9 9 ES mn 9 2N53
= NEE ME "2lan5Sr
a Ar N a Bomü
ae Am®
1 Prof. Dr. Keutgen | Allgemeine Kolonialgeschichte der
= Neuzeii, Rs a r: 32 209 14
2 Prof. Dr. Keutgen ' Kolonialgeschichtliche Übungen ... | 3| 3 B)
3 Prof. Dr. Perels Kolonialreeht, 1. Weil. 2.0.2.0... ı 35 | 850 | 30
| | I
4 Dr. Radlauer Übungen zur Einführung in das Ko-
lonialrecht. I. Für Hörer ohne |
juristische Vorbildung.......... bi) 2252 4
5 | Regierungsrat Dr. Graef | Verwaltungspraxis in den Kolonien |
(Düsseldorf) mit besonderer Berücksichtigung
der Eingeborenenrechtsprechung. 39 151 23
6 Prof. Dr. Rathgen Kolonialpolitik mit Übungen, I. Teilı 35 837 | 30
| ÜbInBEna Er 51 | 408 | 3
| |
S) Prof. Dr. Fesca ı Alleemeine Ackerbaulehre (Pflan- |
| | zenernährungs- und Düngerlehre)
mit besonderer Berücksichtigung | Br
| | der tropischen Verhältnisse..... 3.0 286 7
10 Prof. Dr. Fesca Spezielle Pflanzenbaulehre tropi- |
| scher und subtropischer Nutz- |
| | pflanzen (Ernährungsfrüchte, Sti-
mulantia, Faserpflanzen) ....... 920 286 7
all Prof. Dr. Fesca ı Plantagen- und Farmwirtschaft ...| 15 | 140 10
12 Prof. Dr. Fesca ‚ Landwirtschaftliches Laboratorium | |
' in Gemeinschaft mit Dr. Grimme | 4 45 3
13 | Prof. Dr. Voigt | Praktische Übungen im Erkennen
und Untersuchen pflanzlicher Er-
zeugnisse des Handels:
14 Prof. Dr. Voigt dsgl. für Beamte und Landwirte .. | 18 | 376] 28
15 Prof. Dr. Voigt dsel: für Kantleuter.. =....2..05 52 23| 21
16 | Prof. Dr. Voigt Koloniale Nutzpflanzen, ihre Kul-
| tur, ihre Produkte und ihre Schäd- |
| i lingie:
17 Prof. Dr. Voigt dsel. für Beamte und Landwirte .. 42 307 | 8
18 Prof. Dr. Voigt dse]. für Kaufleute. er een 51 | 367 | a
19 Prof. Dr. Voigt dsel. für Haushaltungslehrerinnen . DB
20 | Prof. Dr. Zacharias | Allgemeine Botanik.............. . 5 oe
: = ER | SE
21 Prof. Dr. Klebahn ı Die Grundlagen der Bodenkunde.. 2,1, Fo
Übertrag... | 500 | 4690 | —
Bericht über die Vorlesungen.
Lfde. Nr.
24
25
27
40
|
wu
er
Se
5 Reale
gıs.|, Wr olargo do
y r ERIE-Ererels
Name des Dozenten Thema aasasa8=asee
SA 9, OSsS nl 523 NE
nNoesHEs voansn
Er N al205
| << n | AM
|
| Übertrag... | 500 | 4690 | —
Prof. Dr. Brick | Krankheiten der tropischen Kultur-
' pflanzen, verbunden mit prakti- |
Nessschens Übungen. 2. aan ah! 112 7
| |
Dr. Heering | Grundzüge der Pflanzengeographie | |
ı mit besonderer Berücksichtigung | |
der deutschen Kolonien ........ Ne 17 3
Prof. Dr. Kraepelin | Einführung in. die biologischen |
\Vissenschalteneerer essen. a) 151 11
Prof. Dr. Michaelsen Die Tierwelt unserer afrikanischen |
Kolonien sur een. 1. 104 9
5 - =. B “ = |
Direktor Dr. Neumann | Kleinviehzucht (Schaf- und Ziegen- |
zucht) und Schweinezucht mit
Berücksichtigung der Verhältnisse |
der Kolonien und praktischen De- |
EEmonsbratonenser ee | 24 239 11%
Direktor Dr. Neumann |Die Milch und ihre Verarbeitung | |
(Butter- und Käsebereitung) mit |
Übungen im Untersuchen von
Milch- und Molkereiprodukten .., 11 128 10
. = 7 | . 111: a . | =
Direktor Dr. Neumann | Landwirtschaftliche Exkursionen... 15 21 11
| |
Prof. Dr. Peter Anatomie und Psychologie der Haus- |
tiere, verbunden mit der Lehre |
Evo Bberieute se aan: I Rz 92 6
Prof. Dr. Voller | Experimentalphysik .............. er 2 30 2
Prof. Dr. Sennewald Experimentalchemie mit besonderer |
Berücksichtigung der Technik und |
Dandawirbschaft 3:2... 2... 2.2. 7 99 5
Baumeister Uhde ' Übersicht über das Maschinenwesen
unter Betonung der für die Kolo- |
nien wichtigen Einrichtungen mit
>esichtigungen industrieller und
gewerblicher Anlagen.......... er 235 12
-\ | ni | |
Prof. Dr. Passarge ' Landeskunde der deutschen Kolo- |
I EnIen mantel nee Na Dose 1719
2 : | ara. |
Prof. Dr. Passarge Geomorphplosie 2. .n2 20... | 14 373 | 14
- | |
Prof. Dr. Passarge Geographische Übungen .........- 16 190 310
Prof. Dr. Becker Allgemeine Islamkunde einschl. des
islamıschennechtsu ne. 1028 322 23
Prof. Dr. Thilenius | AllgemeineVölkerkundemitÜubungen | 35 290 | 24
Prof. Dr. Nocht PPrOpenhy&iene Cm. ee ee 46 849 33
Prof. Dr. Fülleborn und | Verwendung und Zubereitung der |
Prof. Glage Nahrungsmittel in den Tropen
einschl. Fleischbeschau (Koch-
KURSUS ee ee | 88 362 26
Dr. Lauenstein NSEMANIDErKUNSUS Re 0 Al 4390,29
Übermaserere 872 | 9272| —
40 Bericht über die Vorlesungen..
ee
| - = im
a 212, ‚ao 8 33 5 ©
zZ £ _evo+5,-= SEE
® Name des Dozenten Thema = 893 538323385
2 SeHmeS 2lEnsn
A| } Dacıe
| Übertrag... | 8372| 272
41 Dr. Panconcelli-Calzia | Phonetische Übungen mit Experi-
menten mit besonderer Berück-
sichtigung der Bedürfnisse der |
Sprachlorschung 2... .ur22r 9 96 6
42 Prof. Meinhof LL.D. Suaheli für Anfaneer ........ .2.. 13 1728| 12
43 | Prof. Meinhof LL. D. | Suaheli für Fortgeschrittene ...... | 351 100
44 | Prof. Meinhof LL. D. Übungen im Suaheli mit dem
Dekra rer see 112 Filz
45 Prof. Meinhof LL. D. | Vergleichende Grammatik der Bantu-
SPTACHENEH are BO | 4 64 4
46 Prof. Meinhof LL.D. | Phonetik mit besonderer Be-
| rücksichtigung der afrikanischen
| SDEACheN u. We 4 70 5
47 | Prof. Dr. Franke Einführung in die Kenntnis der
| chinesischen. Sprache I......... | 3 72 3
48 | Prof. Dr. Franke Einführung in die Kenntnis der
| | chinesischen’ Sprache I ......... 3 —| —
49 | Prof. Dr. Hagen I Japanisch für Anfänger ........-. 4.\, 43 3
50 | Hara Japanisch für Fortgeschrittene .... | 3 s0 2
51 | Dr. Tschudi Arabisch für Anfaneerr 2.2.2... 3 65 2
52 | Dr. Tschudi Arabisch für Fortgeschrittene .... 2 23
53 | Dr. Tschudi "Persisch für Anfänger ........... 2 54 2
54 | Dr. Tschudi | Türkisch für Anfänger ............ | 1 35 Ü
| Dr. Ziebarth 'Neugriechisch I für Anfänger .... 2 31 1
56 Dr. Ziebarth NNenomieelusch Aller rt ea 6 42 3
97 E. T. Harris Englisch I für Anfänger ......... 26 555 | 17
58 | E. T. Harris EnSlisch ll... m. ee nen ee 55 552| 20
DI E. T. Harris Englisch. IILT... „er ae ar 29 253| 18
60 | Dr. Lavoipiere Französisch I für Anfänger....... 17 509| 15
61 Dr. Lavoipiere Kranzösischn IE ar ee ee | 43 366 | 22
62 | Dr. Panconcelli-Calzia | Italienisch I für Anfänger........ | 10 236 8
63 Cortijo Spanisch I für Anfänger ......... | 2| al 12
64 Cortijo Spanisch al nn, I 10.1,
65 | Frl. Ey Portugiesisch I für Anfänger ..... | 5 122 Bi
66 Frl. Ey Portugiesisch II. Le | 4 4| 3
67 Kursus der Photographie........- PR) —ı—
68 Reituntereicht a Be —
69 Reehtunterricht u... ru | 1 — |
Übertrag... | 1184 114037 | 12
Bericht über die Vorlesungen. 4]
= | B e | on 8 s3 5.
A : „32434232373
= Name des Dozenten Thema 3 302 5a22]3335
A Ben ale
Vorträge aus der kolonialen Praxis.
Übertrag... | 1184 114037 | 12
70 0. Jöhlinger (Berlin) BorsesundeRolonienwser - Gi
71 Major a. D. Langheld Die im Auslande tätigen Truppen
des Reichsmarineamts und des
Reichskolonialamts usw. ........ = 601 —
12 Dr. Külz Eingeborenenhygiene ............ — all —
73 | Regierungsrat Steinhausen | Die Tätigkeit des praktischen Ver-
(Berlin) waltungsbeamten in Kamerun... — 136| —
|
'
Gesamtzahl... | 1184 14 455 | 12
42 Bericht über die Vorlesungen.
Anlage 13.
Ubersicht über die gehaltenen Vorlesungen
und Statistik über deren Besuch.
Vorbemerkung: Vorlesungen, Kurse und Praktika, bei denen nicht angegeben ist,
daß sie in anderem Auftrage veranstaltet sind, sind im Auftrage der Oberschulbehörde,
Sektion für die Wissenschaftlichen Anstalten, abgehalten.
A. Sommersemester I910.
I. Theologie.
Kurse für Kandidaten der Theologie und des Predigtamtes, im Auftrage der theologischen
Prüfungskommission.
Wöchentlich einstündig durchs Semester.
Senior D. Behrmann, Ausgewählte Abschnitte aus dem Buch Hion.
Hauptpastor D. Grimm, Geschichte des christlichen Gottesdienstes.
Hauptpastor D. Rode, Schriften zur Reformationsgeschichte.
Hauptpastor D. von Broecker, Homiletische Auslegung der Gleich-
nisse Jesu.
Hauptpastor D. Stage, Theorie und Praxis der Kasualrede.
Zahl | Wohnort
Name des Dozenten Thema
der Hörer
|
Senior D. Behrmann ..... Ausgewählte Abschnitte aus dem
Buche Elobree 2: 5 ı Hamburg
Hauptpastor D.Grimm ....| Geschichte des christlichen Gottes-
dIENSEER ee $) A.
m Dekodesseer Schriften zur Reformationsgeschichte 7 |
D.von Broeckerf Homiletische Auslegung der Gleich-
HISBE Jesu. ng a ee
DIStage 2. Theorie und Praxis der Kasualrede .
—I
II. Rechts- und Staatswissenschaft.
Übungen für juristisch vorgebildete Hörer.
Professor Dr. Perels, Übungen im öffentlichen Recht und Kolonial
recht im Seminar für öffentliches Recht und Kolonialrecht. Gebühr M5.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen sechsmal.
#
Sommersemester 1910. 43
Wohnort 5
N © 9) © Ss
Bremzug Seel
2 28 |38| 3
Sg |“E|IO2| SS
Juristen: |
a. Rechtsanwälte und Notare ........ ee
b. Assessoren und Referendare ....... 4 li —| 5
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- 3 |
KRETA ee Doll
Davon waren
mannliche@rlonersen re ee 5 11 —| 6
etzahlenach.der- Roptzahlung : +...... uses as se des 32 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 5 5
*, Auswärtige: 1 Altona.
Rechtsanwalt Dr. Sarling, Konversatorium des bürgerlichen Rechts.
Familienrecht. Gebühr # 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 19mal.
Wohnort 2
Tu SR ee] =)
{eb} I {eb}
Beruf & |,&| 2 =
5 | 25 sal m
BES N
j
Juristen: |
a. Assessoren und Referendare ....... 17 1|/— || 1S
b. Studierende der Rechte und Staats- | |
WISSEnSCHAtten ee ll — | — l
Verschiedene Beamte (Technische Beamte
des höheren Verwaltungsdienstes)...| 1I|— | —| 1
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- 7)
BARTENL er IE ee
Davon waren |
männlichesklorene presse 19 | — || 20
Beatzanlnach.der. Koptzählung . + - wur a. nenn 209 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 11 n
*) Auswärtige: 1 Lübeck.
Staatsanwalt Dr. Schroeder, Besprechung ausgewählter Fälle aus
dem Zivilprozeßrecht. II. Zwangsvollstreckung und Konkurs. Ge-
bühr HA 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen l5mal.
Wohnort 8
au: =
Beruf | .&0| 02 =
Mosel eben &
2 |5=|3#| 2
Ei |"E|O<| Ss
Juristen (Assessoren und Referendare)..| 32 | 3 | — || 55
(Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- ")
NE TE RE ER ER HEEREE GE 32.3.1 || 89
Davon waren
mannlicher Hörer: ............ 2. 0er: 32| 3 | = | 35
rantzahlinachr der -Kopfzählung ............. - 2.0.0.2... 2800er ne: 306 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung . 20 >
*) Auswärtige: 1 Altona, 1 Billwärder a. d.B., 1 Lübeck.
44 Bericht über die Vorlesungen.
Ill. Volkswirtschaftslehre.
Vorlesungen für Hörer mit fachwissenschaftlichem Interesse.
Professor Dr. Rathgen, Einführung in die Sozialpolitik. Gebühr M 10.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 13mal.
Wohnort 5
© © © =
Beruf = „8! 23 5
o® Si =
a |*#E|S3| 8
| I
Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen ....| 11 IB,
Juristen (Assessoren und Referendare)..| 3 ı— 3
Verschiedene Beamte (Bureaubeamte)..| 1 I — | — | 1
Studierende der Philosophie und der |
Jiehrfacher... er nee ge 1|— | — 1
Sonstige Stadierende..........o...... 21—- | — || 2
Volksschullehrerr: 2. 2.2.2.2 mis 1 31 — | 4
Tehrerinnen 2.2.2 ee ee 2, U ll 1
Verschiedene männliche Berufe ......... a ee
Männliche Hörer ohne Berufsangabe. .|— 1 — | 1
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl-
karten ee Te 22 9 | — || 31
Davon waren |
männliche@Horersss ee ee 20, 8|— || 28
weibliche Kr ee a ee 2 1| — 3
Gesamtzahl nach "der. Kopfzahluner er u ea Be ae 339 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung 26 n
*) Auswärtige: 2 Altona, I Blankenese, 1 Gr. Flottbek, 1 Lüneburg, 1 Oth-
marschen, 1 Marmsdorf b. Harburg, 1 Rönneburg b. Harburg, 1 Wilhelmsburg.
Dr. Wagemann, Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Seminar für
Nationalökonomie und Kolonialpolitik, Karl Marx und der kritische
Sozialismus. Gebühr MH 10.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen l1mal.
Wohnort || 3
TS See
Beruf 3 „ale2| 3
eia5lael
BITTEN
Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen ....| 21 — | — 2
Juristen:
a. Verwaltungsbeamte und Richter ...| 1|— | — l
b. Rechtsanwälte und Notare ........ IL == || 1
c. Assessoren und Referendare ....... | — | = l
Studierende der Philosophie und der Lehr-
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Gesamtzahl: nach. der Kopfzählun®: .. 2.2... 2... „ee ie ee are 105 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 10 %
*, Auswärtige: 1 Finkenwärder, 1 Gr. Flottbek.
Sommersemester 1910. 1 45
Übungen.
Zur Teilnahme an den Ubungen war persönliche Anmeldung beim Dozenten erforderlich.
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Dr. Wagemann, Wissenschaftlicher Hilisarbeiter am Seminar für
Nationalökonomie und Kolonialpolitik, Übungen über das Bankwesen
im Seminar für Nationalökonomie und Kolonialpolitik. Gebühr X 10.
Wöchentlich anderthalbstündig durchs Semester, im ganzen 13mal.
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen..... |
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Männliche Hörer ohne Berufsangabe ...| I | — | l
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopizählung 13 r
*) Auswärtige: 2 Altona, 1 Bahrenfeld, 1 Farmsen, I Reinbek.
IV. Medizin.
Öffentliche Vorlesungen.
Professor Dr. Weygandt, Direktor der Irrenanstalt Friedrichsberg,
Die soziale Bedeutung geistiger und nervöser Störungen.
Wöchentlich einstündig, im ganzen dreimal.
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Kaufleute bezw. Handlungs- Vortrag...125|) 3 ol
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Juristen: Studierende der Philosophie
a. Rechtsanwälte und | und der Lehrfächer ....| 1|— — | 1
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46 Bericht über die Vorlesungen.
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Gesamtzahl nach .der’Kopizahlung. "2... nee ee ee 349 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 116 "
*, Auswärtige: 1 Alsterdorf, 5 Altona, 1 Bergedorf, 1 Nienstedten, 1 Rönneburg:
bei Harburg.
Für Schiffs- und Tropenärzte.
Im Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten wurde folgender
zehnwöchiger Kursus (Vorbereitungskursus) abgehalten: Einführung in
das Studium der Schiffs- und Tropenkrankheiten unter besonderer
Berücksichtigung der tropischen Tierkrankheiten.
Vortragende:
Medizinalrat Professor Dr. Nocht, Professor Dr. Fülleborn, Ab-
teilungsvorsteher, Professor Glage, Öbertierarzt, Giemsa,
Chemisch-pharmazeutischer Assistent, Dr. Mayer, Wissenschaft-
licher Assistent, Dr. v. Prowazek, Wissenschaftlicher Assistent,
Dr. Rodenwaldt, Wissenschaftlicher Assistent, Oberimpfarzt und
Stabsarzt Dr. Werner, Externassistent.
Der Kursus hatte den gleichen Inhalt wie irüher, siehe Jahres-
bericht für 1904/05, Seite 9 und 20.
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*), Auswärtige: 1 Harbure.
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V. Philosophie.
Für Lehrer und Lehrerinnen.
Oberlehrer Dr. Mühe, Philosophisches Praktikum. 1) Grundbegriffe
der Psychologie und der Logik. 2) Lektüre und Erläuterung von
Kants Prolegomena, II. Hälfte. Gebühr # 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen I7mal.
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 20 N
*), Auswärtige: 4 Altona, 2 Buxtehude, 1 Finkenwärder, 1 Hummelsbüttel,
1 Wandsbek.
VI. Literatur und Sprachwissenschaften.
Übungen und Praktika.
Zur Teilnahme war persönliche Anmeldung beim Dozenten erforderlich.
Die Zulassung zu den deutschen, französischen und englischen Praktika erfolgte
nach den Vorschriften für die Oberlehrerinnenkurse.
Die Zahl der Teilnehmer war auf 20 beschränkt.
Öberlehrer Dr. Rosenhagen, Zwei deutsche Praktika.
1. Praktikum: Altdeutscher Kurs: Höfisches Epos, Parzifal. Ge-
bühr A 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 17mal.
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung . 9 an
*) Auswärtige: 1 Altona, 2 Buxtehude.
2. Praktikum: Neudeutscher Kurs: Schiller 1791— 1799. Gebühr M 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 14mal,
48 Bericht über die Vorlesungen.
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 15 R
*) Auswärtige: 5 Altona, 1 Blankenese, 2 Buxtehude.
Dr. Schwietering, Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Museum für
hamburgische Geschichte, Deutsches Praktikum. Einführung ins
Mittelhochdeutsche. Gebühr MA 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 12mal.
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 26 en
*) Auswärtige: 3 Altona, I Finkenwärder, 1 Harburg, 1 Moorfleth, 3 Wandsbek.
Professor Dr. Röttiger, Direktor der Realschule in Eppendorf, Fran-
zösische Praktika.
1. Praktikum: Einführung in die romanische Philologie. Die ältesten
französischen Sprachdenkmäler. Altfranzösische Lautlehre. Ge-
bühr MA 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen l6mal.
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung . 10 r
*) Auswärtige: 1 Alsterdorf, 4 Altona.
Sommersemester 1910. 49
2. Praktikum: Altfranzösische Lyrik und Prosa. Interpretation
schwierigerer Stücke aus „Bartsch“, unter Berücksichtigung der Laut-
und Formenlehre und der Literaturgeschichte. Gebühr N 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 16mal.
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 6 „e
*) Auswärtige: 1 Altona, 1 Buxtehude.
Öberlehrer Dr. Schaefer, Französische Praktika.
1. Praktikum: Französische Literatur: Victor Hugo und das roman-
tische Drama. Der historische Roman. Die Entstehung des Realis-
mus. Gebühr M 10.
Wöchentlich ; ZW eistündig durchs Semester, im ganzen 16mal.
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Koptzählung.. 10 „
*) Auswärtige: 4 Altona, 1 Buxtehude.
2. Praktikum: Die Formenlehre des Verbs auf historischer Grundlage
und die Syntax des Artikels. Lektüre und Interpretation der Meister-
werke Corneilles. Gebühr # 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 1ö5mal.
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung .
*) Auswärtige: 2 Altona, 1 Buxtehude, 1 Nienstedten, 4 Wandsbek.
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50 Bericht über die Vorlesungen.
Professor Hering, Direktor der Realschule in Barmbeck, Englisches
Praktikum. a. Einführung in das Altenglische. Lektüre von Sweet,
Anglo-Saxon Primer. b. Syntaktische und literargeschichtliche Wieder-
holungen im Anschluß an G. A. Beacock, Contemporary English,
Marburg, Elwert, 1909. Gebühr A 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen l5mal.
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 16 Be
*) Auswärtige: 2 Altona, 1 Bahrenfeld, 1 Othmarschen, 1 Wandsbek, 2 Wil-
helmsburg.
Öberlehrer Dr. Kiesow, Englisches Praktikum. Englische Literatur
und Grammatik im Zeitalter der Königin Elisabeth. Gebühr HM 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 16mal.
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 9
*) Auswärtige: 1 Altona, 1 Bahrenfeld.
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Öberlehrer Dr. Lühr, Englisches Praktikum. Übungen zur Geschichte
der englischen Literatur von 1789—1837. Gebühr M 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 1Smal.
Sommersemester 1910.
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.
*) Auswärtige: 1 Altona.
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L. Cortijo, Direktor der Berlitz School of Languages, Spanisches
Praktikum. Vicente Blasco Ibanez, „La Barraca“.
Janes „Fäbulas de Esopo, Samaniego & Iriarte‘“.
Wortübungen. Gebühr # 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 16mal.
Don Franeisco
Lektüre mit freien
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. ..
*) Auswärtige: 1 Altona.
83 Zuhörer.
5 3:
Professor Dr. Becker, 1) Einführung in die arabische Paläographie
und Papyruskunde.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 15mal.
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Juristen:
a. Verwaltungsbeamte und Richter... | 1|— | — | 1
b. Assessoren und Referendare ....... 1l—-| —| 1
Verschiedene Beamte (Technische Beamte
des höheren Verwaltungsdienstes) ....| 2 |1— | —| 2
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl-
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung..
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52 Bericht über die Vorlesungen.
2) Arabisches Praktikum. Lektüre eines arabischen Schriftstellers.
Gebühr # 10.
Wöchentlich zweistündig, im ganzen dreimal.
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Theoloxeny(Geistliche). ...2...n. er... l1ı-|—-|1
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung... 1 N“
3) Syrisches Praktikum. Josua Stylites. Fortsetzung. Gebühr N 10.
Wöchentlich einstündig, im ganzen zweimal.
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung... 1 >
Professor Dr. Franke, Einführung in die Kenntnis der chinesischen
Sprache. Gebühr WM 10.
Wöchentlich zweimal einstündig durchs Semester, im ganzen 27mal.
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen ....| 2 | — | — | 2
Juristen (Assessoren und Referendare)..| 1 | — | — l
Verschiedene Beamte (Bureaubeamte)...| [| — | —| 1
Sonstige Studierende.......-.......... N a
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Gesamtzahl nach der Kopfzählung“... 232. Mu ee ee 123 Zuhörer.
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. . 5 *
Sommersemester 1910. 53
Die von Professor Dr. Franke angekündigten Übungen, Er-
klärung leichterer chinesischer Texte, haben nicht stattgefunden.
VI. Kunstgeschichte und Kunstwissenschaft.
Zeichen-, Mal- und Modellierkurse für Lehrer und Lehrerinnen.
Zur Teilnahme war persönliche Anmeldung beim Dozenten erforderlich. Die
Teilnehmer, deren Zahl auf 20 beschränkt war, hatten eine genügende Vorbildung nach-
zuweisen, z. B. durch Vorlesen von Arbeiten.
Arthur Siebelist, Aktzeichnen und Malen. Nur für Lehrer. Ge-
bühr A 10.
Wöchentlich dreistündig durchs Semester, im ganzen l4mal.
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 16 5
*) Auswärtige: 1 Bergedorf, 1 Gr. Borstel.
Friedrich Schaper, Zeichnen und Malen von Landschaften. Bei
günstiger Witterung im Freien. Gebühr MH 10.
Wöchentlich dreistündig durchs Semester, im ganzen zwölfmal.
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 8 Rs
*) Auswärtige: 1 Gr. Borstel, 1 Harburg.
54 Bericht über die Vorlesungen.
H. Cornils, Modellierkursus für Anfänger und Fortgeschrittene. Nur
für Lehrer. Gebühr # 10.
Wöchentlich dreistündig durchs Semester, im ganzen zwölfmal.
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VIII. Geschichte.
Für Hörer mit speziellem historisch-wissenschaftlichem Interesse und genügender Vorbildung.
Greheimrat Professor Dr. Marcks, Geschichte der deutschen Ge-
schichtsschreibung von der Renaissance bis zur Gegenwart.
Gebühr M 5.
Zur Teilnahme war schriftliche Anmeldung im Vorlesungsbureau unter Angabe
des Berufs erforderlich, Hörerinnen und Hospitanten der Oberlehrerinnenkurse be-
legten diese Vorlesung nach den Vorschriften für die Oberlehrerinnenkurse.
Wöchentlich einstündig, im ganzen achtmal.
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen....| 2 — | — 2
Juristen (Assessoren und Referendare)... | | — | — 1
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Weibliche Hörer ohne Berufsangabe | |
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Gesamtzahl nach der"Kopfzählung ı.:. m... ee, 389 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 49 v
*) Auswärtige: 11 Altona, 1 Finkenwärder, 1 Finkenwaide, 1 Gr. Flottbek,
1 Oldesloe, 1 Othmarschen, 2 Wilhelmsburg.
Professor Dr. Keutgen, Allgemeine Geschichte des
Sommersemester 1910.
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Mittelalters.
I: Wirtschaft und Verfassung der Germanen, Völkerwanderung,
Charakter der germanischen Reiche auf römischem Boden, einschließ-
lich des fränkischen. Gebühr M 5.
Hörerinnen und Hospitanten der Oberlehrerinnenkurse belegten diese Vorlesung
nach den Vorschriften für die Oberlehrerinnenkurse.
Gesamtzahl nach der Kopfzählung
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Koptzählung . i
*) Auswärtige: 1 Alsterdorf, 10 Altona, 1 Buxtehude, 1 Othmarschen, 2 Wil-
helmsburg.
Professor Dr. Franke, Die Religionen Chinas.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen elfmal.
Gesamtzahl nach der Kopfzählung
Wöchentlich einstündig, im ganzen neunmal.
Wohnort || 8
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Männliche Hörer ohne Berufsangabe...| 1 | — | —
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Weibliche Hörer ohne Berufsangabe
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der
Zur Teilnahme an den Ubungen war persönliche Anmeldung beim Dozenten
erforderlich. Hörerinnen und Hospitanten der Oberlehrerinnenkurse belegten die
Übungen.
Wohnort || 3
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Kopfzählung..
Ubungen nach den Vorschriften für die Oberlehrerinnenkurse.
Geheimrat Professor Dr. Marcks, Übungen zur neueren Geschichte
(vornehmlich 19. Jahrhundert), im Seminar für Geschichte.
bühr M 5.
Wöchentlich einstündig, im ganzen siebenmal.
(Gebühr MH 10.
51 Zuhörer.
Ge-
56 Bericht über die Vorlesungen.
Wohnort 3
Beruf & 5 22 E
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Juristen (Assessoren und Referendare). | 1|— — 1
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WEIDIICHEND. 40 2002 N 16 | 10 | — || 26
Gesamtzahl nach, der Koptzahlune 4.282 ee 260 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.
*) Auswärtige: S Altona, 1 Bergedorf, 1 Finkenwärder, 1 Othmarschen, 1 Wandsbek.
Sl
Professor Dr. Keutgen, Übungen zur Geschichte des Mittelalters
im Seminar für Geschichte. Gebühr M 5.
Wöchentlich einstündig, im ganzen neunmal.
Wohnort
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Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- 5)
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Davon waren | |
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Gesamtzahl. nach der.Kopfzählung. . 2 2. 2 ee
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. .
*) Auswärtige: 4 Altona.
Zusammen
92 Zuhörer.
10 &
Professor Dr. Schulz, Verfassungsgeschichte des späteren Mittelalters
unter besonderer Berücksichtigung der ‚goldenen Bulle,
stehung und Bedeutung. Kultur der Renaissance. Die Reformation.
Die wirtschaftlichen und sozialen Wandlungen dieses Zeitalters.
Gebühr NM 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 16mal.
Wohnort B
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Gesamtzahl nach der Kopfzählung. :..............e2cacenuaseenelenen
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung .
*) Auswärtige: 1 Alsterdorf, S Altona, 1 Bergedorf, 1 Buxtehude.
ihrer Ent-
251 Zuhörer.
16 >”
Sommersemester 1910. 57
ou
Öberlehrer Dr. Lorentzen, Historische Übungen (Instrumentum
pacis Westphalicae u. a. Quellen des 17. Jahrhunderts). Gebühr # 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 16mal.
Wohnort 5
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weibliche Hörer... ....8.2.... 00 an 3I|6/ —| U
Beantzahl nachrdersRoptzählune.. .: 2.22.42. 0 ee era a ae ee 149 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Koptzählung. 9 ER
*) Auswärtige: 4 Altona, 1 Bergedorf, 1 Buxtehude.
IX. Geographie und Völkerkunde.
Für Lehrer, Lehrerinnen, Kaufleute und Pflanzer.
Die Vorlesung wurde nach den Vorschriften für das Kolonialinstitut oder die
Öberlehrerinnenknrse belegt.
Professor Dr. Passarge, Geographie. (sebühr MH 20.
Zweimal wöchentlich, je zweistündig durchs Semester, im ganzen 1Smal.,
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Sonstige Studierende..... ............ 1il—-|— l
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Andere private Techniker............. — | 1|— l
Andere künstlerische Berufe .......... 1|—|— 1
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- 1)
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Davon waren
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Durehschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nen der Dan 1S >
*) Auswärtige: 2 Alsterdorf, 3 Altona, 2 Bergedorf, 2 Wandsbek.
Übungen.
Die Übungen wurden nach den Vorschriften für das Kolonialinstitut oder die
Oberlehrerinnenkurse belegt.
Professor Dr. Passarge, Geographische Übungen im Seminar für
Geographie. Gebühr N 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen zehnmal.
58 Bericht über die Vorlesungen.
Wohnort 5
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sonstige Studierende. ......2..... um. Er 2
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Gesamtzahl,nach der "Koptzählung. nn... ee. ee 159 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 16 %
*) Auswärtige: 2 Altona, 2 Bergedorf, 2 Wandsbek.
Professor Dr. Diersche, 1) Ozeanographie und Länderkunde des
Mittelmeergebiets. Gebühr MN 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 16mal.
Wohnort 5
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Gesamtzahl nach der Kopfzählung................ DE re N 95 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 7 I,
*) Auswärtige: 2 Altona, I Bergedorf.
2) Bio- und Anthropogeographie mit Anwendung auf die Länder-
kunde Gebühr .% 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 16mal.
Wohnort 5
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Gesamtzahl nach der’Koptzahlune! 22... 02 0 ae ER 122 Zuhörer.
Durehschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung . 9 ”
*) Auswärtige: 2 Altona, 1 Bergedorf.
Sommersemester 1910. 39
X. Mathematik.
Für Lehrer und Lehrerinnen.
Professor Dr. Pflaumbaum, Mathematisches Praktikum. III. Teil.
Gebühr MH 20.
Die Vorlesung wurde nach den Vorschriften für die Oberlehrerinnenkurse belegt.
Wöchentlich zweimal zweistündig durchs Semester, im ganzen 31mal.
Wohnort S
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 15 "
*) Auswärtige: 5 Altona, 1 Bergedorf, 2 Buxtehude, 1 Wandsbek.
Die beiden von Professor Dr. Schubert angekündigten mathe-
matischen Vorlesungen über Zahlentheorie und höhere Algebra sowie
über Stereometrie und Kombinatorik haben nicht stattgefunden.
XI. Astronomie.
Öffentliche Vorlesungen.
Dr.Graff, Observator der Sternwarte, Allgemeine Astronomie, II. Teil.
Mit Lichtbildern.
Wöchentlich anderthalbstündig, im ganzen zwölfmal.
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höheren Verwaltungs- | Andere private Techniker.| 2| — | — || 2
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Mediziner (Arzte)........ 1! 1/—|| 2 | Verschiedene männliche |
Bienarzter.. .....2.2...%. 11|—-|—|| 1 Bere ya a 2 | — | —l 2
Übertrag...]35 | 7 | —||42 Übertrag...[67 | 12| 76)
60 Bericht über die Vorlesungen.
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Gesamtzahl nach der-Kopizahlune „2. Ber. ee 1049 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung S7 4
*) Auswärtige: 12 Altona, 1 Alt-Rahlstedt, 1 Blankenese, 1 Bremen, 4 Wandsbek.
Dr. Dolberg, Observator der Sternwarte, Theorie der Figur der
Himmelskörper (ein viersemestriger Zyklus).
Potentials und der Kugeliunktionen.
I. Teil: Theorie des
Wöchentlich anderthalbstündig durchs Semester, im ganzen 14mal.
Wohnort 5
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen ....| 4 — | —
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Verschiedene Beamte (Technische Beamte
des höheren Verwaltungsdienstes)....| 2) — | — | 2
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Gesamtzahl nach. der Kopfzahlung *.... 2.2. Ra Renee BE ee 114 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. S he
*, Auswärtige: 1 Bergedorf.
XIT. Physik.
Öffentliche Vorlesung.
Professor Dr. Voller, Direktor des Physikalischen Staatslabora-
toriums, Gesamtkursus der Elektrizitätslehre.
III. Teil: Elektrische
Strahlen und Elektronen; ihre Bedeutung für die neueren Anschauungen
über die Bedeutung der Elektrizität.
Wöchentlich einstündig, im ganzen sechsmal.
Sommersemester 1910. 61
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a. Bureaubeamte.......: 10, 1) —|11 | Verschiedene weibliche
b. Sonstige Beamte ..... Zu 2 6 Bert EN 1I—|—|| 1
Mediziner (Ärzte) ........ — | 1/!—|| 1 | Weibliche Hörer ohne
Volksschullehrer ......... ae Al ers) Berufsangabe:
Mehrerinnen ......:......: 3|—|-—| 3 a. Verheiratete ......... | 11—
Architekten und Ingenieure| 3 — | — || 3 | b. Unverheiratete ....... 1|—/—|| 1
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estzahlenachtder Koptzahlune® 2 un In. 445 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 75 je
*) Auswärtige: 7 Altona, 1 Waldfriede b. Schwarzenbek.
Vorlesungen für Lehrer und Lehrerinnen.
Professor Dr. Classen, Wissenschaftlicher Assistent am Physikali-
schen Staatslaboratorium, Allgemeine Experimentalphysik. I. Teil.
Diese Vorlesung wurde nach den Vorschriften für die Oberlehrerinnenkurse belegt.
Wöchentlich zweimal einstündig durchs Semester, im ganzen 29mal.
Wohnort 8
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Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- 5)
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Fesamtzahl nach der Kopfzählung................2.2222222222222.2.2. 258 ‚Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 9 14
*) Auswärtige: 2 Altona, 2 Bergedorf, 1 Buxtehude.
Professor Grimsehl, Direktor der Oberrealschule auf der Uhlenhorst,
Vorlesungen über Unterrichtsphysik, II. Reihe. Mechanik der festen,
flüssigen und luftförmigen Körper. Gebühr N 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 19mal.
62 Bericht über die Vorlesungen.
Wohnort B
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Studierende der Philosophie und der
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Volksschullehrer?.. .. en 2 ers: 12 541720
Lehrerinnen... 2. elek 1232| 2) — || 14
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Gesamtzahl nachrder Kopfzählung. +... ...2 m 2 RER er 569 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 30 5
*) Auswärtige: 1 Altona, 2 Bahrenfeld, 1 Gr. Borstel, 1 Gr. Flottbek, 1 Hummels-
büttel, 1 Kirchsteinbek, 1 Ohlsdorf, 1 Wandsbek, 5 Wilhelmsburg.
Praktika für Lehrer und Lehrerinnen.
Professor Dr. Classen, Wissenschaftlicher Assistent am Physikali-
schen Staatslaboratorium, Praktische Übungen in der Experimental-
physik. Gebühr M 10.
Dieses Praktikum wurde nach den Vorschriften für die Oberlehrerinnenkurse belegt.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 1Sımal.
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Andere private Techniker............- —ı 1| —
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Gesamtzahl nach der.Kopfzühlung. . . u... 22.22 22 0a zes ee 160 Zuhörer.
Durehschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 9 en
*), Auswärtige: 1 Altona, 2 Bergedorf, 1 Buxtehude.
Professor Grimsehl, Direktor der Oberrealschule auf der Uhlenhorst,
Praktische Übungen für den physikalischen Unterricht. Gebühr MH 10.
Persönliche Anmeldung beim Dozenten war erforderlich. Die Zulassung setzte
voraus, daß der sich Meldende an den Vorlesungen des Dozenten über Unterrichts-
physik teilgenommen hatte.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 20mal.
Sommersemester 1910. 63
Wohnort S
Beruf S|,8le2| 5
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Sonstige-Studierenlde nr... er 1|l—- | — 1
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ramntzanknach. der- Kopfzählung:. .... .. 2.4 .. esse mn 214 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 12 ”
XIII. Chemie.
Öffentliche Vorlesung.
Professor Dr. Voigtländer, Wissenschaftlicher Assistent am Chemi-
schen Staatslaboratorium, Die Nahrungs- und Genußmittel. Fort-
setzung: Die pflanzlichen Nahrungsmittel.
Viermal einstündig.
Wohnort 5
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen ....| 6 a a
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Verschiedene Beamte (Sonstige Beamte).| 1 — | — 1
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Weibliche Hörer ohne Berufsangabe:
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Er amtzahl nach der Kopfzählung ............12.n.22 22.2 ceeeresenersa. 76 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 19 1
*) Auswärtige: 1 Altona, 1 Blankenese, 1 Elmshorn, 1 Lüneburg, 1 Frome
(Somerset, England).
64 Bericht über die Vorlesungen.
Vorlesungen für Studierende der Chemie, Medizin, Pharmazie und der Naturwissenschaften.
Dr. Göhlich, Wissenschaftlicher Assistent am Chemischen Staats-
laboratorium, Einführung in die gerichtliche Chemie, Ausmittlung der
flüchtigen Gifte und der Alkaloide (Pflanzengifte). Gebühr M 5.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen achtmal.
Wohnort 8
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen....| Li — — | 1
Mediziner (Studierende)............... Ian |
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Sonstige Stwdierende ..4.222 IT: 2.0 Pl >
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- 3)
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Davon waren
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Gesamtzahl nach. der /Kopfzahlune 2 IE MEERE: 29 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 4 =
*) Auswärtige: 1 Othmarschen.
Dr. Klünder, Wissenschaftlicher Assistent am Öhemischen Staats-
laboratorium, Vereinfachte organische Elementaranalyse mit Demon-
strationen. Gebühr MW 5.
Dreimal einstündig.
Wohnort B
Beruf | „.& oe E
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Sonstiee Studierende... Lee. 4 li —
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Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- 7)
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Ayesamtzahl nach. der Koptzählune % zn. 22 u 2 ee 21 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung... 7 n
*) Auswärtige: 1 Wandsbek.
Vorlesung für Lehrer, Lehrerinnen und Zollbeamte.
Haßler, Wissenschaftlicher Assistent am Chemischen Staatslabaro-
torium, Allgemeine Experimentalchemie, anorganischer Teil. Fort-
setzung. Gebühr M 10.
Die Vorlesung wurde nach den Vorschriften für die Oberlehrerinnenkurse belegt.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen zwölfmal.
Sommersemester 1910. 65
Wohnort 2
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Verschiedene Beamte (Zollbeamte)...... 1lı|ı — | — | 11
Mberlenrerr 04 22... a u a N
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Bebrerinnem 2. Sue, 202: 3 2|—| 5
Architekten und Ingenieure........... ll—|— l
Andere private Techniker.............. — l| — l
Männliche Hörer ohne Berufsangabe ...| 2 — | — 2
(Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- 2)
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Davon waren
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Werblchen Aa nn Aka 5 > IE 5
BrRanıtzahl’ nach: der Kopfzählung. !....... 2.2.2 2,nas.k.ksssliann 170 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 15 n
*) Auswärtige: 1 Altona, 2 Bergedorf, 1 Buxtehude, 1 Krogaspe b. Neumünster.
Praktika.
Praktische Übungen im Chemischen Staatslaboratorium für Anfänger
und Geübte unter Leitung des Direktors Professors Dr. Dennstedt.
Nach Übereinkunft täglich 9—4, Sonnabends 9—2 Uhr.
Zur Teilnahme an den Übungen war persönliche Anmeldung beim Direktor
erforderlich.
Dr. Göhlich, Wissenschaftlicher Assistent am Chemischen Staats-
laboratorium, Technische und forensische Analyse.
Wohnort 5
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Architekten und Ingenieure........... ee
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- | |
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Davon waren
mannlichewElörenss re en. 2I— | — | 2
Dr. Gillmeister, Wissenschaftlicher Assistent am Chemischen
Staatslaboratorium, Quantitative Analyse und Darstellung von orga-
nischen Präparaten.
66 Bericht über die Vorlesungen.
Wohnort B
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Mediziner (Studierende)............... 1|l— | — l
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Sonstige Studierende"... ..... 2... 0% 14:| 31.117
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Verschiedene weibliche Berufe ..... el er 1
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- a)
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Davon waren | |
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*) Auswärtige: 1 Lübeck, 1 Othmarschen, 1 Wisch b. York.
Haßler, Wissenschaftlicher Assistent am Chemischen Staatslabora-
torium, Physikalische Chemie.
Wohnort B
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Architekten und Ingenieure........... 1l—-|-— | 1
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl-
Karben. eye el, Ak 1|—-|—| 1
Davon waren |
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Dr. Klünder, Wissenschaftlicher Assistent am Chemischen Staats-
laboratorium, 1) Qualitative Analyse und Darstellung von anorga-
nischen Präparaten.
Wohnort 5
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen ....[' — | 11 — | 1
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Architekten und Ingenieure........... 1l— | — 1
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Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- 2)
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Davon waren
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weibliche. 35 NEE ER 2 1| — 6)
*) Auswärtige: 2 Altona, 1 Blankenese.
Sommersemester 1910.
2) Organische Elementaranalyse.
Wohnort B
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen..... — l
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Verschiedene männliche Berufe........ Te — || 1
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*) Auswärtige: 1 Blankenese,
Das von Professor Dr. Voigtländer angekündigte Praktikum
im Untersuchen von Nahrungs- und Genußmitteln hat nicht statt-
gefunden.
XIV. Mineralogie und Geologie.
Professor Dr. Gürich, Direktor des Mineralogisch-Geologischen
Instituts, geologische Exkursionen.
Es wurden 4 Exkursionen ausgeführt, und zwar nach Schulau 21 Teilnehmer,
nach dem Harz 22 Teilnehmer, nach Lüneburg 36 Teilnehmer und nach Helgoland
35 Teilnehmer.
Beruf
Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen ....
Oberlehrer
Lehrerinnen
Männliche Hörer ohne Berufsangabe ...
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl-
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Davon waren
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. .
*) Auswärtige: 2 Blankenese, 1 Fuhlsbüttel, 1
XV. Zoologie.
Dr. Steinhaus, Wissenschaftlicher Assistent am Naturhistorischen
Wandsbek.
Museum, Führungen durch das Naturhistorische Museum.
Anmeldung beim Dozenten war erforderlich.
Es wurden 6 Führungen durch das Museum unternommen.
1335 Zuhörer.
27
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68 Bericht über die Vorlesungen.
Wohnort 5
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. S ”
*) Auswärtige: 1 Altona, 1 Wandsbek.
Vorlesung für Lehrer und Lehrerinnen.
Dr. Leschke, Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Naturhistorischen
Museum, Allgemeine Systematik der Tiere. II. Teil: Wirbeltiere.
Gebühr MH 10.
Die Vorlesung war nach den Vorschriften für die Oberlehrerinnenkurse zu belegen.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 17mal.
Wohnort 5
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Gesamtzahl nach der Kopfzählung.. \... 22. 2. are REN 30 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 2 n
*) Auswärtige: 1 Elmshorn, | Krogaspe b. Neumünster.
Praktika für Lehrer und Lehrerinnen.
Die Praktika waren nach den Vorschriften für die Oberlehrerinnenkurse zu
belegen.
Professor Dr. von Brunn, Zoologische Exkursionen. Gebühr M 5.
Die Zahl der Teilnehmer war auf 20 beschränkt.
Es wurden sieben Exkursionen ausgeführt, und zwar nach dem Steinbeker Moor
— Boberger Sandbergen — 23 Teilnehmer, nach dem Alstergelände und der Feldmark
bei Hummelsbüttel 11 Teilnehmer, nach dem Sachsenwald 17 Teilnehmer, nach dem
Gezeitengebiet am Köhlbrande 13 Teilnehmer, nach Harburg — Heide und Wald —
10 Teilnehmer, nach dem Geestabhang und Bistal bei Escheburg 14 Teilnehmer, nach
Osdorf und Umgegend 14 Teilnehmer.
Sommersemester 1910. 69
Wohnort 5
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen..... 1l—-|— 1
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Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl-
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weibliche TER LNERHERER EL 11 lı — | 12
asatmtzahl nach’der Kopfzählung: :. 2... 3.2. nenn: AN. 102 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 15
*, Auswärtige: 1 Wandsbek.
Dr. Leschke, Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Naturhistorischen
Museum, Zootomisches Praktikum. Gebühr MH 10.
Nur für Hörerinnen der Oberlehrerinnenkurse.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen lömal.
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Benzahlsuach der Kopizählune % ... . 2.....2.. eo. len. 66 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung... 4 nn
*) Auswärtige: 1 Altona.
Das von Dr. Leschke angekündigte Zoologische Kolloquium hat
nicht stattgefunden.
Professor Dr. Fr. Ahlborn, Biologisch-heimatkundliche Ausflüge.
Gebühr M 5.
Die Ausflüge fanden alle 14 Tage am Sonntagvormittag statt. Die eingehendere
Verarbeitung der angestellten Beobachtungen und der Sammelausbeute erfolgte am
folgenden Montage.
Die Zahl der Teilnehmer war auf 20 beschränkt.
Es wurden acht Ausflüge unternommen, und zwar nach Börnsen—Dahlbek-
schlucht 17 Teilnehmer, nach der Rohlfshagener Kupfermühle 19 Teilnehmer, nach
Forst Meckelfeld—Forst Höpen 1S Teilnehmer, nach Neukloster—Hedendorf 15 Teil-
nehmer, nach Altenwärder—Moorburg 15 Teilnehmer, nach Blankenese—-Rissen—
Wittenbergen 14 Teilnehmer, nach Neugraben—Hausbruch 11 Teilnehmer und nach
Bergedorf—Reinbek 12 Teilnehmer. Der Ausflug nach Altenwärder—Moorburg mußte
wegen schlechten Wetters abgebrochen werden.
70 Bericht über die Vorlesungen.
Wohnort 5
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Gesamtzahl nach ‚der. Kopfzahlung. u ware ee RR ee 206 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 15 5
*) Auswärtige: 1 Alsterdorf, 1 Gr. Flottbek, 1 Schiffbek, 3 Wilhelmsburg.
XVI. Botanik.
Praktika.
Zur Teilnahme war Anmeldung beim Dozenten erforderlich.
Professor Dr. Zacharias, Direktor der Botanischen Staatsinstitute,
1) Praktische Übungen im Untersuchen und Bestimmen von Phanero-
gamen. Gebühr MH 10.
Für Oberlehrer und Kandidaten des höheren Schulamts.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 11mal.
Wohnort s
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Gesamtzahl nach! der „Kopfzäblung. AR 22 229. ee 27 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 2 ”
*) Auswärtige: 1 Aumühle.
2) Exkursionen. Gebühr M 5.
Für Oberlehrer und Kandidaten des höheren Schulamts.
Wöchentlich einmal durchs Semester. .
Sommersemester 1910. ai
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| Professor Dr. Voist, Wissenschaftlicher Assistent an den Botanischen
\ Staatsinstituten, Praktische Übungen für Getreide-, Saaten- und
\ Futtermittelhändler unter Benutzung des Mikroskops. Gebühr MH 10.
Wöchentlich zweieinhalbstündig durchs Semester, im ganzen 1l5mal.
Wohnort 8
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Davon waren | |
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BE nmzahl nach. der; Kopfzahlung . 1... Dan. nannte 177 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 10 „
*) Auswärtige: 1 Lüneburg, 1 Schiffbek.
Die folgenden Praktika waren nach den Vorschriften für die Oberlehrerinnen-
kurse zu belegen.
Professor Dr. Zacharias und Dr. Heering, Wissenschaftlicher
Hilfsarbeiter an den Botanischen Staatsinstituten, Praktische
Übungen im Untersuchen und Bestimmen von Phanerogamen.
Gebühr # 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen l5mal.
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Weibliche Hörer ohne Berufsangabe
(Schülerinnen) ee ee er 1
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- 1*)
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Davon waren |
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rl RE. 1 1, — | 2
BE nizanl nach.der Kopfzählung: ...:.2.2.-. 2.0220... ae adecchen 67 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung... 4 x
*) Auswärtige: 1 Kl. Flottbek, 1 Uetersen.
72 Bericht über die Vorlesungen.
Professor Dr. Zacharias, Professor Dr. Voigt und Proiessor
Dr. Kleb.ahn, Wissenschaftlicher Assistent an den Botanischen
Staatsinstituten, Anleitung zu selbständigen botanischen Arbeiten.
Wohnort | 5
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Studierende der Philosophie und der |
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Bonstige Studierender. ..,2.2.. 2... 4.20% 1/- | — | 1
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Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- x) |
Kanten ENTE 14 5.) = 19
Davon waren |
männliche "Hörer. 22.1 2n Me ee 14 a3 Er
weibliche a EEE N — 2| — 2
*) Auswärtige: 2 Altona, 1 Bergedorf, 1 Krogaspe b. Neumünster, 1 Pinneberg.
Das von Professor Dr. Klebahn angekündigte Physiologische
Praktikum für Oberlehrer und das botanische Kolloquium wurden nicht
abgehalten.
XVII. Kurse an der Pharmazeutischen Lehranstalt,
im Auftrage des Medizinalkollegiums.
Jungclaussen, Anorganische Chemie.
Wöchentlich einstündig durchs Semester.
Dr. Hinneberg, 1) Allgemeine Botanik.
Wöchentlich einstündig durchs Semester.
2) Botanische Exkursionen.
Wöchentlich einmal.
Sibbert, Grundzüge der pharmazeutischen Buchführung.
An sechs Tagen einstündig.
Sommersemester 1910. 13
Zahl
Name des Dozenten Thema 2 eHlörer
bezw.
Teilnehmer
Eimeclaussen ...........: Anorganische (Chemie. „2... see. Bern 87
Be Hinneberg........... Allvemeine Botanika ars ans ae 9
TEENS Botanische Exkursionen s. 2... era ce g
RER Grundzüge der pharmazeutischen Buchführung 5
Zusammen... 31
Es nahmen S verschiedene Pharmazeuten und 1 Arzt an den Kursen teil.
Davon hatten ihren Wohnort:
im hamburgischen Staate .|7 Pharmazeuten | |
var [ aus der Stadt
MERREUBENFr LT... Il Pharmazeut aus Altona
S Pharmazeuten
l Arzt
Zusanimen....
Bericht über die Vorlesungen.
B. Wintersemester 1910/1911.
I. Theologie.
Öffentliche Vorlesung.
Senior D. Behrmann, Das Leben Jesu.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen zwölfmal.
1) Die Aufgabe. Die Quellen.
2) Die Umwelt.
3) Erstes Auftreten Jesu.
4) Die Lehrweise Jesu.
5) Die Reichspredigt Jesu.
6) Das Selbstzeugnis Jesu.
7) Die Anhänger Jesu.
S) Die Feinde Jesu.
9) Die Entscheidung.
10) Jesus in Jerusalem.
ll) Ausgang des Lebens Jesu.
12) Christus in seiner Gemeinde.
Wohnort s Wohnort | B
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Kaufleute bezw. Handlungs- Vortrag... 60) 14 | — |) 88
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Bankbeamter tn 2 —l| 2 | Seminaristen‘ ........2... 24 — | — || 24
Theologen: Lehrerinnen. „u... 202 40) 9) —|| 49
auGeistliche rss 5, 11—|| 6 | Seminaristinnen ......... 2 1|—|| 3
b. Studierende.......... 5) 2/—|| 7 | Architekten und Ingenieure] 4 — | —|| 4
Juristen: Musikalische Berufe(Damen)) 2 — | —|| 2
a. Verwaltungsbeamteund| | Schriftstelleru. Journalisten] 1 — | - l
richten 2. | a 21 Handwerkern see o|.2) een
b. Rechtsanwälte und Verschiedene männliche
Notaresaun ie 1 ld Berufe ls.ne Nahe 2 LE
c. Assessoren und Schülers: ern ee 1) 2) — iv
Referendare ......... 1!— — || 1 | Männliche Hörer ohne
Verschiedene Beamte: Berufsangahe. 2.2.0 14| 2,6
a. Technische Beamte des Verschiedene weibliche
höheren Verwaltungs- Berufe .n. 2... nern 1173| — ler
MIEHSbESEr®., nee 2 1/—|| 3 | Weibliche Hörer ohne
b. Zollbeamte........... 4 — | —|| 4 Berufsangabe:
c. Bureaubeamte........ 2. ll a. ‚Merheiratete ..... 2.2. 54| S| —|| 62
d. Sonstige Beamte ..... 9210 be Unyerbeirateter 2.2: 55] S/—|| 66
Mediziner (Arzte) ........ 24 | B2S1 SE.SSCHUIELNDENFL RE EE 1 Zi
Oberlehrer ....... one [11 2)—|13 | Gesamtzahl nach den aus- %) |
Studierende der Philosophie eefüllten Zählkarten ...[305| 54 | — |}359
und.der Behriächer 2... 171 —ı7 2 R ; em —— ir
Sonstige Studierende ..... 11 —|—| 1 Davons u U SE
Be | männliche Hörer........ 157) 23 | — 160
Übertrag...[69 | 14 | — || 83 weibliche LE UOE 168] 31 | — 199
(resamtzahl nach der Kopfzählung
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.
”
3123 Zuhörer.
260
*, Auswärtige: 3 Alsterdorf, 30 Altona, 4 Bergedorf, 2 Billwärder, 1 Blankenese,
1 Fuhlsbüttel, 1 Gr. Borstel, 1 Lokstedt, 3 Othmarschen, 7 Wandsbek, 1 Wilhelmsburg.
Kurse für Kandidaten der Theologie und des Predigtamtes,
im Auftrage der theologischen Prüfungskommission.
Senior D. Behrmann, Ausgewählte Abschnitte aus dem Buch Hiob.
Wöchentlich einstündig durchs Semester.
|
[Br |
Wintersemester 1910/11.
Hauptpastor D. Grimm, Liturgik.
Wöchentlich einstündig durchs Semester.
Hauptpastor D. Rode, Schriften der apostolischen Väter.
Wöchentlich einstündig durchs Semester.
Hauptpastor D. von Broecker. Die apokryphische Literatur des
Neuen Testaments.
Wöchentlich einstündig durchs Semester.
Hauptpastor D. Stage, Theorie und Praxis der Kasualrede.
Wöchentlich einstündig durchs Semester.
Zahl |Wohnort
Name des Dozenten Thema
der Hörer
Eermtipastor. D! Grimm. ..| BLiturgik .......20 22.2.8. 204% 2% h) | Hamburg
” DeRoder Schriften der apostolischen Väter... 5 | 5
ss D.v. Broecker| Die apokryphische Literatur des
Neuen--Destamentspa re 6 "
e D. Stage ....| Theorie und Praxis der Kasualrede | 5 | n
Il. Rechts- und Staatswissenschatft.
Öffentliche Vorlesung.
Dr. Reincke, Assessor, Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Staats-
archiv, Ausgewählte Kapitel aus dem hamburgischen Verwaltungs-
recht.
Wöchentlich einstündig, im ganzen sechsmal.
1) Die Organisation der Verwaltung in Vergangenheit und Gegenwart.
2) Die Polizeigewalt.
3) Die Finanzverwaltung.
Wohnort | 3 Wohnort | 3
Beruf ® ,822 E Beruf 21,802 E
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Kaufleute bezw. Handlungs- | Vortrag...159| 5 | — || 64
SELLER 151 — | — ||15 | Architekten und Ingenieure| 1|— | — | 1
Bankbeamte .v. .....-.... 2|—|—|| 2 | Andere private Techniker .| 1 1|—|| 2
Juristen: | Seeleute (Steuerleute)....| 1I— —|| 1
a. Verwaltungsbeamte | Verschiedene männl. Berufe 1|— — | 1
gend Richter ......... I ar = le Schülerkie ers an na 1|-/— | 1
b. Assessoren und | Männliche Hörer ohne
Beferendare ......... 18| 2| — ||20 Berufsangabe. ......... A lee,
Verschiedene Beamte: Weibliche Hörer ohne
a. Technische Beamte des Berufsangabe:
höheren Verwaltungs- | a. Verheiratete ......... Al
BEuSleN ........: 4\—|— | 4 b. Unverheiratete ....... 3|—|—| 3
Be ipenmie........... . BT 2 Gesamtzahl nach den aus- a)
e. Bureaubeamte........ 121— | —||12 füllten Zählkart 11| «| —|7s
d. Sonstige Beamte ..... A IE
VolkSschullehrer ......... ı| 2|— || 3 | Davon waren |
Mehrerinvnen ............. 11 —|—|| 1 männliche Hörer ....... 65, 7112
;. weibliche NE, 61|—|—| 6
Übertrag...]59| 5 | — || 64
Gesamtzahl nach der Kopfzählung
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung .
*) Auswärtige: 1 Altona, 1
Fuhlsbüttel, 1 Lübeck.
300 Zuhörer.
90
„
76 Bericht über die Vorlesungen.
Rechtsanwalt Dr. Wassermann, Patentrecht, Markenrecht und
Schutz gegen unlauteren Wettbewerb.
Wöchentlich einstündig, im ganzen neunmal.
Wohnort 5
Beruf E) fa n 5
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen ....| 20 ee na
Juristen:
a. Assessoren und Referendare ......... 2) 1|—| 4
b. Studierende der Rechte und Staats- |
wissenschaften «ment een: I». —-|, — 1
Verschiedene Beamte:
2. ‚Bürenubeamte 7. 2 Mean 2. a FR 2
b. "Sonstige Beamte ...2.. Ar ac san 4 — | — 4
Chemikenin Sr RER N ER 1l—- | — l
Architekten und Ingenieure........... 2 N — B
Andere private. Techniker............. Ii—- | — 1
Verschiedene männliche Berufe........ 2 | — 2
SCHuler. a u Ge — 2| — 2
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl-
Kanten A 36 | 4 | — || 40
Davon waren | |
mannlicheHorer.. cr een | 36 4 | — || 40
Gesamtzahl nach der Kopfzählung 2.2 12: nun een ee 142 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 16 n
*) Auswärtige: 1 Altona, 1 Blankenese, 2 Wandsbek.
Für Hörer mit fachwissenschaftlichem Interesse.
Professor Dr. Perels, Einführung in das deutsche Staatsrecht. Ge-
bühr MH 10.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen l5mal.
Wohnort &
Beruf E) PR: 2 E
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen ....| 5 I —| 6
Verschiedene Beamte (Sonstige Beamte)| 1 | — | — l
Sonstige"Studierende ...............:. 1l— | — 1
Architekten und Ingenieure........... a a |
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- *)
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Davon waren |
männliche. Hörer"... u... mn. te s| 1|- 3)
Gesamtzahl nach. ‚der Kopfzählune 1 Ya FEIERN 95 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung... 6 2
*), Auswärtige: 1 Altona.
Wintersemester 1910/11. 77
Staatsanwalt Dr. Schroeder, Einführung in das Strafrecht unter
Berücksichtigung des Vorentwurfs eines neuen Strafgesetzbuches.
Gebühr A 10.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 19mal.
Wohnort 5
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Beruf - a3 25 5
2 |2:3 o°3 =
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen ....| 2 | — | — 2
Juristen (Assessoren und Referendare). .| 20 — || 21
Verschiedene Beamte (Sonstige Beamte) 1 I — | — l
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- a
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Davon waren | |
Dannliehe, Harera.. 7... 02. | 23 1 | — || 24
enenlık nach, der. Kopfzählung. . ..... 0. en A arena ee 293 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 15 2
*) Auswärtige: 1 Billwärder a. d. B.
Landgerichtsdirektor Dr. Ritter, Grundzüge des bürgerlichen Rechts,
I. Teil (insbesondere Rechts- und Handlungsfähiskeit; Vereine, Gesell-
schaften, Stiftungen; Rechtsgeschäfte; Stellvertretung; Verjährung;
Namen, Firma, Warenzeichen, unlauterer Wettbewerb; Besitz, Eigen-
tum, Erbbaurecht, Dienstbarkeit, Vorkaufsrecht, Reallast, Hypothek
und Grundschuld, Pfandrecht; Urheberrecht; Forderungsrechte, Form
der Verträge, gesetzwidrige, unsittliche, unmögliche Verträge, Verzug,
positive Vertragsverletzung, Kauf). Gebühr MA 10.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 20mal.
Wohnort | 3 Wohnort ||
Beruf a „aleS 3 Beruf a PR = =
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2 |*E 92] S 2 |E OS] S
Kaufleute bezw. Handlungs- Vortrag....|66 11, 1178
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Bankbeamte............. 5I 1!—|| 6 | Schriftsteller u.Jourmalisten| 1 — | — | 1
Juristen: Handwerker... me... 11—|—| 1
a. Verwaltungsbeamte Verschiedene männliche Na]
Bus Ruichter....-!.... 1I—|'—| 1 BErip. sent 21—| || 2
b. Assessoren und Männliche Hörer ohne |
Referendare.......... 6|—|—|| 6 Berufsangabe ......... N
Bschie en En Dr SS ER Gesamtzahl nach den aus- =)
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Sonstige Studierende ...... 3|—|—|| 2 | Davon waren Slles 2
Volkssehullehrer ......... Se ir männliche Hörer.,...... 72|12| 1185
Übertrag...[66 | 11) 1|78 |
Gesamtzahl nach der Kopfzählung ...........-.-22200c2sas een seen 1130 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung 56 ,„,
*) Auswärtige: 9 Altona, 1 Eidelstedt, 1 Gr. Flottbek, 1 Langenfelde.
78 Bericht über die Vorlesungen.
Rechtsanwalt Dr. Leo, 1) Einführung in das Handelsrecht, I. Teil
(allgemeine Bestimmungen, Handelsgesellschaftsrecht, Handelskauf,
Kommissionsgeschäft, Agenturgeschäft, Börsengesetz). Gebühr MH 5.
Wöchentlich einstündig, im ganzen zehnmal.
Wohnort 8
Beruf & |2&8le2| 5
2 |=s2|=8 ®
2 |&2|38| 2
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen..... 51 | 8 | — |59
Bankbeanitern x ur ar a nen ser 4 1|i—| 5
Juristen (Assessoren und Referendare)..| 22 1 | — || 23
Verschiedene Beamte (Sonstige Beamte)| 1I— — 1
Volkssechullehrer 22% nr 3. me 15] == 1
Architekten und Ingenieure ............ 2 | 1.) #3
Verschiedene männliche Berufe ......... 2 1 — 3
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- Se
karten sr. see ae s3 | 12 | — || 95
Davon waren
männliche. Hörer... u. re: | 1122| — |
Gesamtzahl nach-der Kopfzählung .... >... un 2 un ee re 574 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 57
‚ Auswärtige: 4 Altona, 1 Bergedorf, 1 Billwärder a. d. B., 5 Blankenese, 2 Har-
burg, 1 Wandsbek.
2) Einführung in das Versicherungsrecht einschließlich des Seeversiche-
rungsrechts. Gebühr M 5.
Wöchentlich einstündig, im ganzen neunmal.
Wohnort 3
Beruf Ei | PR a a
oe | 5-|3% 2
Zi: 52 | S
Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen ....|29 3 | — || 32
Juristen:
a. Rechtsanwälte und Notare......... 1 1
b. Assessoren und Referendare ...... 192° 320015
c. Studierende der Rechte und Staats-
wissenschaften ee ne 1|—- | — 1
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Architekten und Ingenieure ............ EN Kae 1
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- [*)
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Davon waren
männliche. Hörer... 2.0 ara 4 | 5| — || #9
Gesamtzahl: nach.der Kopfzählung..........-. .---....- -.-x-.zsaenaen.uaucaus 299 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kupfaklliemgs 33:50
*) Auswärtige: 2 Altona, 1 Bergedorf, 1 Fuhlsbüttel, 1 Ohlsdorf.
Wintersemester 1910/11.
Übungen für juristisch vorgebildete Hörer.
Rechtsanwalt Dr. Sarling, Konversatorium und Praktikum des Erb-
Gebühr NM 15.
rechts.
Wöchentlich zweimal zweistündig durchs Semester, im ganzen 33mal.
Wohnort ©
TosTnmorwzesn 5
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2 |*E Sea IN
Juristen:
a. Assessoren und Referendare ....... 3 | 1ı| — || 14
b. Studierende der Rechte und Staats- |
wissenschaften Au. ll—| — l
Verschiedene Beamte (Bureaubeamte) ..| 1 — 125 1
Verschiedene männliche Berufe........ — a ES
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- So) |
Karten 2. u Ne BED, 15 2 | — || 17
Davon waren |
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Gesamtzahl nach der Kopfzählung
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.
*) Auswärtige: 1 Billwärder a. d. B., 1 Blankenese.
314 Zuhörer.
9
DE
Staatsanwalt Dr. Schroeder, Ausgewählte Fälle aus dem Zivilrecht.
1. Teil. Gebühr M# 10:
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 20mal.
Wohnort 5
SIMON wear
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Juristen: |
a. Assessoren und Referendare ....... 57 1! || 64
b. Studierende der Rechte und Staats-
WISSenschattenee ee 21 —ı — 2
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- |
Karten Re ATIESAERLE ERRR NT, 59 7! —.|| 66
Davon waren |
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Gesamtzahl nach der Kopfzählung
Durehschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. .
*) Auswärtige: 5 Altona, 1 Billwärder a. d. B., 1 Blankenese.
Ill. Volkswirtschaftslehre.
Öffentliche Vorlesungen.
4 Zuhörer.
„
Professor Dr. Schachner (Jena), Land und Leute in Australien.
An sechs Tagen einstündig.
1) Land. ä
2) Leute: Urbewohner. Besiedelung.
0 Bericht über die Vorlesungen.
5) Leute: Natürliche Vermehrung. Volkscharakter.
4) Staatsverfassung und Politik.
5) Wirtschaftsgesetzgebung.
6) Sozialgesetzgebung.
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Wohnort | 5 Wohnort || 5
Beruf & „ale2 E Beruf &|,&02 E
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Kaufleute bezw. Handlungs- Vortrag...[55 | 11| — || 66
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Bankbeamte..... ......... 1|—| — || 11 Lehrerinnen ............. l: | 1] ll 2
Juristen: Seminaristinnen........... 1) ıl—| 2
a. Rechtsanwälte und | | Architekten und Ingenieure| 5 | — — | 5
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b. Assessoren ünd | Handwerker... 1: 3I—-|—| &
Referendare, ....... 1/1—|—|| 1 | Landwirte und Gärtner...| 1I— | —|| 1
Verschiedene Beamte: Verschiedene männl. Berufe| 1 — — || 1
a. Technische Beamte des SCHU ONE ee 4| 4I—ıı $S
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b. Zollbeamte......... 1 11—|—|| i | Verschiedene weibliche
e. Bureaubeamte........ ul ll 3 Berufer Re 3) 11—| &
d. Sonstige Beamte ..... 6| 5/— || 9 | Weibliche Hörer ohne 1a
Mediziner (Ärzte) ........ 1!—|—|| 1 Berufsangabe: |
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Studierende der Philosophie] | | Gesamtzahl nach den aus-| *)
und der Lehrfächer ....| 3 —|— | 3 | gefüllten Zählkarten ...|99|22) 1122
Sonstige Studierende ...... a2 8 Davon waren m
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Übertrag...[55 | 11 | —- || 66 Weibliche er 21) 5, —|| 26
Gesamtzablnach der fKoptzahlunv.. nr. cn. ee ee 691 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 115 Y
*) Auswärtige: 15 Altona, 1 Freiburg i.B., 1 Gr. Flottbek, 1 Gr. Sachsenheim,
1 Harburg‘, 2 Lokstedt, 1 Wandsbek.
Dr. Wagemann, Wissenschaitlicher Hilfsarbeiter am Seminar für
Nationalökonomie und Kolonialpolitik, Wirtschaft und Währung Süd-
amerikas.
Wöchentlich einstündig, im ganzen sechsmal.
Eine genaue Berufsstatistik konnte nicht aufgestellt werden, da die ausgefüllten
Zählkarten zur Zeit nicht vorlagen. Nach der Kopfzählung wurde die Vorlesung von
insgesamt 329 Zuhörern besucht. Die Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen
betrug nach der Kopfzählung 54.
Die von Professor Dr. Rathgen angekündigte Vorlesung, Der
Welthandel und seine Organisation, hat nicht stattgefunden.
Vorlesungen für Hörer mit fachwissenschaftlichem Interesse.
Professor Dr. Rathgen, Allgemeine Volkswirtschaftslehre. (Grund-
lagen des Wirtschaftslebens: Natur, Technik, Bevölkerung. Organi-
sation des Wirtschaftslebens: Arbeitsteilung, Unternehmungsformen,
Groß- und Kleinbetrieb. Der Verkehr: Kapital, Preis, Geld und Kredit.)
(Gebühr MA 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 15mal.
Wintersemester 1910/11. 81
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Juristen (Assessoren und In Männliche Hörer ohne
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a. Technische Beamte des Weibliche Hörer ohne
höheren Verwaltungs- | Berufsangabe:
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b. Bureaubeamte........ 22,42 b. Unverheiratete ....... 3|—|—| 3
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Volksschullehrer ......... Ss 4 — 12 | Davon waren
Behrerinnen .!: ........ 3|—|1—|| 3 männliche Hörer....... 16,18 | — || 94
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Übertrag. ..| 74 | 16 | — || 90 |
1105 Zuhörer.
74 Be
1 Lübeck,
Gesamtzahl nach der Kopfzählung
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung..
*) Auswärtige: 8 Altona, 1 Bergedorf, 1 Fuhlsbüttel,
1 Othmarschen, 1 Rönneburg b. Harburg, 1 Wandsbek.
4 Harburg,
Dr. Wagemann, Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Seminar für
Nationalökonomie und Kolonialpolitik, Die Börse. Gebühr N 10.
Im Anschluß an die Vorlesungen fanden Übungen statt. (Siehe unter Übungen.)
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen lömal.
Wohnort 5
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen.....|19| 4 | — | 23
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Juristen: |
a. Rechtsanwälte und Notare ........ — 1|i — l
b. Assessoren und Referendare....... 4.1 — 1 d
Verschiedene Beamte (Sonstige Beamte) 1|— | —ı 1
Sonstige Studierende ..N.......u...... le
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Männliche Hörer ohne Berufsangabe ...| — 1 | — 1
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 27 "
*) Auswärtige: 6 Altona, 1 Bahrenfeld, 1 Fuhlsbüttel, 1 Gr. Flottbek.
6
892 Bericht über die Vorlesungen.
Übungen.
Zur Teilnahme war persönliche Anmeldung beim Dozenten erforderlich.
Professor Dr. Rathgen. Volkswirtschaftliche Übungen im Seminar
für Nationalökonomie und Kolonialpolitik. Gebühr A 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 14mal.
Wohnort 5
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen....| 2| 2/— | 4
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Juristen:
a. Verwaltungsbeamte und Richter ...| 1|— | — l
b. Assessoren und Referendare ....... B) 4| — 7
Verschiedene Beamte (Bureaubeamte) ..| — ll — 1
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Architekten und Ingenieure........... = In 1
Schriftsteller und Journalisten......... I sh l
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- 5)
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Davon waren |
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 14 e
*) Auswärtige: 4 Altona, 1 Bremen, 1 Farmsen, 1 Lübeck, 1 Wandsbek.
Dr. Wagemann, Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Seminar für
Nationalökonomie und Kolonialpolitik, 1) Übungen über das Börsen-
wesen. Gebühr # 5.
Für die Hörer der Vorlesung.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen l5mal.
Wohnort 3
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen ....' 9 11 — || 10
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Juristen : | |
a. Rechtsanwälte und Notare ........ a
b. Assessoren und Referendare....... 1710023001 4
Verschiedene Beamte (Sonstige Beamte)| 1 | — | — 1
Sonstige Studierender... rt. 1l— | — 1
Architekten und Ingenieure........... 1 Il — || 2
Männliche Hörer ohne Berufsangabe ...| — 1 — ii
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 14 ;
*) Auswärtige: 5 Altona, 1 Fuhlsbüttel, 1 Gr. Flottbek.
Wintersemester 1910/11. 833
2) Lektüre und Besprechung sozialistischer Schriften im Seminar für
Nationalökonomie und Kolonialpolitik. Gebühr M 5.
Wöchentlich einstündig, im ganzen achtmal.
Wohnort B
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen ....| 4 1Ii—-| 5
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Juristen (Assessoren und Referendare)... 3 | — — 6)
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Verschiedene weibliche Berufe.........| 1] — | — l
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- I*) |
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96 Zuhörer.
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Branitzahl nach der Kopftzahlung. 43: 42.2.2. 32.224...
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung ..
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*) Auswärtige: 2 Altona, 1 Finkenwärder.
IV. Medizin.
Öffentliche Vorlesungen.
Professor Dr. Weygandt, Direktor der Irrenanstalt Friedrichsberg,
Hygiene des Geistes und des Nervensystems.
Wöchentlich einstündig, im ganzen viermal.
Wohnort | 5 Wohnort 8
Beruf E Beruf E Fr =
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Kaufleute bezw. Handlungs-| | Vortrag...| 54| 6| — | 60
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Juristen: IN Oberlehren 2. u. se eb #2
a. Verwaltungsbeamte u. Studierende der Philosophie |
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b. Assessoren und | Sonstige Studierende ..... A| 2
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Verschiedene Beamte: | Lehrerinnen 2243. 222.2: 17):S| — || 25
a. Technische Beamte des | Seminaristinnen........... 2!—|—| 2
höheren Verwaltungs- NR Architekten und Ingenieure| —| 1/—| 1
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b. Bureaubeamte........ 6| 11 —|| 7 | Andere künstlerischeBerufe| 1 — | —|| 1
c. Sonstige Beamte ..... 12 || = 18) Handwerker ......::.0.0:.- 1—|—| 7
Mediziner: Landwirte und Gärtner...| 1 —|| 1
3, ANyzl 3|—|— || 3 | Seeleute (Steuerleute).....[ 1—|— | 1
Br Zalmarzte:.......2...: H= 1 | Verschiedene männl. Berufe| SS — | —- | 8
Übertrag...|54| 6| — ||60 Übertrag... .[104| 21 | — |125
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84 Bericht über die Vorlesungen.
Wohnort | 3 Wohnort | 5
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Beruf & 5802| & Beruf 5,802] 8
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Schuler m ze Eee 2 1)—|| 3] b. Unverheiratete ....... 34 11 — || 35
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Verschiedene weibl. Berufe| 27) 2, 5|| 34 gefüllten Zählkarten .. 1221154 | 81263
Weibliche Hörer ohne Davon waren
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a. Verheiratete ......... 415 158 weibliche .ı ... ren 123716 | 6149
Übertrag...|187| 33 | 1228
Gesamtzahl nach ‘der. Kopfzahlıng -. 1.2... 2... en ern 1153 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung 233 ”
*) Auswärtige: 1 Alsterdorf, 15 Altona, 1 Cassel, 1 Gr. Borstel, 2 Harburg,
I Langenfelde, 2 Lokstedt, 5 Sande b. Bergedorf, 1 Segeberg, 3 Wandsbek, 2 Wilhelms-
burg, 1 Lemberg, 1 Zürich.
Dr. Trautmann, Abteilungsvorsteher am Hygienischen Institut,
Bakteriologie des täglichen Lebens.
Wöchentlich einstündig, im ganzen fünfmal.
Wohnort | ä Wohnort B
Beruf &|,&o2| 3 Beruf &|,&e2| &
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Kaufleute bezw.Handlungs- | Vortrag...]25|] 4| —||29
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höheren Verwaltungs- | Weibliche Hörer ohne |
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b. Sonstige Beamte ..... 11—|—|| 1 a. Verheiratete ......... 12| 1| 2|15
Mediziner (Ärzte)......... 4 11 —|| 5 b. Unverheiratete ....... 12| 1\—|| 13
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Architekten und Ingenieure| 1 | — — | ı | Davon waren | | }
Andere private Techniker .| [| — —|| 1 männliche Hörer....... 25, 4| 188
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Übertrag...|25| 4| —||29
Gesamtzahl\nach”der-Ropfzählung ran 8 Se ee ee 329 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung . 65 „
*) Auswärtige: 7 Altona, 1 Blankenese, 1 Bremen, 1 Gr. Borstel, 1 Lokstedt,
1 Nauheim, 1 Straßburg i. E., 1 Nancy.
Dr. Graetz, Wissenschaftlicher Assistent am Hygienischen Institut,
Blut- und blutbereitende Organe im Lichte moderner Forschung.
Wöchentlich einstündig, im ganzen fünfmal.
Wintersemester 1910/11. 85
Wohnort B Wohnort | &
Beruf &|,&02| Beruf &|,&03| 8
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Kaufleute bezw. Handlungs- | Vortraer. 19251127
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Zollbeamte........... 1’ —|—) 1 | Männliche Hörer ohne
b. Sonstige Beamte ..... a, Berufsangabe.......... 3 —|—|| 3
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Andere künstlerischeBerufe| 1 — — 1 männliche Hörer ....... 25| 61 — 54
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Übertrag...[|22| 5| — ||27
Gesamtzahl nach der Kopfzählung .
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung..
*) Auswärtige: 6 Altona, 1 Blankenese, 1 Wandsbek, 1 Nancy.
149 Zuhörer.
30
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Dr. Kammann, Chemiker am Hygienischen Institut, Ausgewählte
Kapitel über Kolloidchemie und Serologie.
Wöchentlich einstündig, im ganzen viermal.
Wohnort 5
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Beruf 25285 5
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen ....| 1 — | — l
Mediziner (Atzte). ........0 m ann. l|ı— | — l
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung...
*) Auswärtige: 1 Blankenese, 1 Nauheim.
15
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Dr. Keiser, Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Hygienischen Insti-
tut, Chemie und Hygiene des Lebens.
Wöchentlich einstündig, im ganzen achtmal.
86 Bericht über die Vorlesungen.
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Kaufleute bezw. Handlungs- | Vortrag...150| 8| 3|| 61
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Bankbeamterre gan er 41 — |. 1. 5x1 Handwerker... ....2.2.2. 11—|—|| 1
Verschiedene Beamte: | Verschiedene männl. Berufe| 2) — — | 2
a. Technische Beamte des Sehuler z 2... Det see 5| 3I1—| 8
höheren Verwaltungs- | Männliche Hörer ohne
IENStesmer rn m, 11—|—| 1 Berufsangabe..... 3 3/1—| 6
B Zollheamte.* 2... 1 '— || 1 | Verschiedene weibl. Berufe ıı — | —| ıı
c. Bureaubeamte........ 5|— | —|| 5 | Weibliche Hörer ohne |
d. Sonstige Beamte ..... 2| 2 —| 4 Berufsangabe:
Mediziner (Zahnärzte)....[ ı — | —| ı a. Verheiratete.......... 13| 1|— || 14
Chemiker on Renee an ae) Unverheiratete ....... 8| 2/— 10
Sonstige Studierende ..... —ı 1/—|| 1 | Gesamtzahl nach den aus- *)
Volksschullehrer ......... 2 Be 2 gefüllten Zählkarten ...[94 | 17| 3]j114
en > — || 3 | Davon waren
FREE TE Er MEN männliche Hörer........ Sala ll
Architekten und Ingenieure 1| en 4 weibliche ı fa 37 | A121 28
Übertrag...|50| 8| 3||61
Gesamtzahl/nach der "Kopfzählune: „2. „mus 441 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 55
*) Auswärtige: 11 Altona, 2 Danzig, 1 Fuhlsbüttel, 1 Gr. Borstel, 2 Harbure.
Zyklus über Nahrungsmittelchemie.
Vorlesungen.
D
und Dr Nachrs 221%
wasserversorgung und -untersuchung.
Wöchentlich einstündig, im ganzen zwölfmal.
r. Schwarz, Wissenschaftlicher Assistent am Hygienischen Institut,
Chemiker am Hygienischen Institut, Trink-
Wohnort | 5
Beruf &|,&eo2 =
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Kaufleute bezw.Handlungs-
gehilien nee. RN 51 11.5
Theologen (Geistliche) .....| 21 — — | 2
Verschiedene Beamte:
a. Technische Beamte des |
höheren Verwaltungs- Kal
lienktEs m are 11 | —| 1
b. Bureaubeamte ....... 1|—|—| 1
c. Sonstige Beamte ..... 2. alle
Mediziner (Ärzte)......... 4 3|—|| 7
Anptbekern.......,. wesen el
Chemiker. 2. ar Sı 1I1—|| 9
Vberlehrertn am le 121) 2
Sonstige Studierende ..... 1\—|—|| 1
Architekten undIngenieuret S, 5|/ —||13
Andere private Techniker.| 1I|— | —| 1
Handwerker®. u.a sonen 1|— —| 1
Übertrag...|36 | 11 | — || 47
Gesamtzahl nach der Kopfzählung
Wohnort || 3
p [eb] © =
Beruf ? PIE s
= E6als
Vortrag...|36 | 11 | — ||47
Verschiedene männliche
Berufen ee 4 —|| 5
DCHUJETI KA 2I1—|— || 2
Männliche Hörer ohne
Berufsangabe.......... 51 1:
Verschiedene weibliche
Berufe nn 10) 5! —||15
Weibliche Hörer ohne
Berufsangabe:
a. Verheiratete ......... —ı 1!—| 1
Unverheiratete ....... 5|--1—| 5
Gesamtzahl nach den aus- 2)
gefüllten Zählkarten....[62|19| 1||82
Davon waren
männliche Hörer....... a7. 13 | NEN
weiblicher SE mer ee 15.| 6) SE
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung .
*) Auswärtige:
10 Altona, 1 Bahrenfeld,
ı Harburg, 1 Nauheim, I Straßburg i. E.,
33 7 Zuhörer.
28
I Bergedorf, 1 Blankenese, 1 Gr. Borstel,
2 Wilhelmsburg.
Wintersemester 1910/11. 87
Dr. Lendrich, Abteilungsvorsteher am Hyeienischen Institut, Nah-
rungsmittelgesetzgebung und Nahrungsmittelkontrolle.
Zweimal einstündig.
Wohnort 3
Beruf & ‚| 02 =
BEI] S
Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen ....| 6 | — 6
Mediziner (Zahnärzte)... ..2 ......... 1|— | — l
CHEN RENT a 13 Seal
Elandwerkersutsnt, me Bea ALTEN: 1Il— | - l
Bandwirte und Gärtner. nn — | — l
Verschiedene männliche Berufe...... lee ==, = |
Männliche Hörer ohne Berufsangabe ...| 2 | 1| — >
Verschiedene weibliche Berufe......... Kl || S
Weibliche Hörer ohne Berufsangabe:
Are MZerheirateten 4.7. 2, = _- 2
belmverbemnatetern ee 1 - l 2
(resamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- IM)
Karben RN Pa U Er. 35 4 4 | 43
Davon waren
MAnnlIchesEloLe ee ee: DAS: a
Weibliche 2 ER ne Bor 7 (012
mtzahl nach,uer, Kopfzablung a FR a Er er it, 62 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung... 31
*) Auswärtige: 2 Altona, 1 Gr. Borstel, 1 Gut Geeste b. Lingen.
„
Dr. Buttenberg, Ühemiker am Hygienischen Institut, Technische Er-
läuterungen zu den gesetzlichen Bestimmungen, betr. den Verkehr mit
Butter, Schmalz, Käse und deren Ersatzmitteln, sowie mit blei- und
zinkhaltigen Gegenständen und gesundheitsschädlichen Farben.
Dreimal einstündig.
J
|
|
|
|
|
|
_ Wohnort | © Wohnort B
Beruf &|,&02) = Beruf &|,&0o2| s
EIS 5 EOS
—
Kaufleute bezw.Handlungs- | Vortrag...[38 | S| 11147
SELTEN TON 2 DIE EIBndWerken. 8... el
Bankbeamten...........: 1I—|— | 1 | Verschiedene männl.Berufe[21 | 1|— 22
Verschiedene Beamte (Tech- SCHUENI I ea 1’— — || 1
nische Beamte des höheren | Männliche Hörer ohne |
Verwaltungsdienstes) ...|— 1 — Berufsangabe.). 4.2... L| l|ı 2
Mediziner: Verschiedene weibl. Berufe 4 — — | 4
BNDZIE ae li Il | Weibliche Hörer ohne
Bezahmärzte .....:..... —| 1|- 1 Berufsangabe :
Buntheker............... 3|—|-—|| 3] a. Verheiratete ....... a
Biker... .!....c.o. 10| 1/— || 11 b. Unverheiratete........ Se ee 1
ner Studierende ER Tara . Gesamtzahl nach den aus- 1) |
= ee | er oefüllten Zählkar |) 28
Architekten und Ingenieure al gefüllten Zähll lzrube ! 16 1 3
Andere private Techniker..[— 1 — | ı | Davon waren ö Khan
Schriftsteller u. Journalisten 21 — 9 männliche Hörer....... 659, 276
| -|- weibliche a Re. i1| 21— 13
Übertrag. ..|38 8 Nee: a 47
Gesamtzahl nach der Kopfzählung
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung .
1 Alt-Rahlstedt, 1 Freiburg i. B.,
*) Auswärtige: 5 Altona,
2 Wilhelmsburg.
51
153 Zuhörer.
Ric 15W andsbek,
88
Dr. Murdfield,
Weines und Weingesetze.
Bericht über die Vorlesungen.
Chemiker am Hygienischen Institut,
Chemie des
Viermal einstündig.
| Wohnort | 5 Wohnort | 5
E 2 BE 58 2 2 galsal 2
RIES EI Es
Kaufleute bezw. Handlungs- | Vortrag...|47| 5| 21|1|54
gehilfen. ..2....00.0.% 12 — 13 | Männliche Hörer ohne |
Verschiedene Beamte: | Berufsangabe.......... 1|—|—|| 1
a Zollbeannerter ve 2!— |— || 2 | Verschiedene weibl. Berufe| 7| 4/ — || 11
b. Sonstige Beamte ..... 2|— ,—|| 2 | Weibliche Hörer ohne
Mediziner (Ärzte) ........ 2 09 Berufsangabe:
Chemiker er 14|— | 2|16 a. Verheiratete ......... 21 — | —||_2
Volksschullehrer ......... In b. Unverheiratete ....... 21—|—|| 2
Architekten und Ingenieure| 2|— | — || 2 | Gesamtzahl nach den aus- *)
Schriftstelleru.Journalisten| 1 — ll gefüllten Zählkarten ...|59) 9| 2]|70
lee männl. Berufe “ e & > Davon waren
BEE REST RS | männliche Hörer....... 45| 5| 2|155
Ubertrag...[47| 5| 254 weibliche NER r 11| 4] —||15
Gesamtzahl nach der Kopfzählung
Punch erh] bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. .
) Auswärtige:
Dr. Noottbohm,
5 Altona, 1 Blankenese, 1 Halle a. d. S.,
Chemiker am Hygienischen Institut,
. 172 Zuhörer.
45
1 Harburg, 1 Toksted
Ausgewählte
Kapitel aus dem (rebiete der vegetabilischen Nahrungsmittel (Honig,
Kaffee, Tee, Kakao usw.).
Zweimal einstündig.
Wohnort | & Wohnort s
Beruf FIPE ee] 3 Beruf Ei Fr 3
o|7- = | = :D = = = =
ZI a “EP&]s
|
|
Kaufleute bezw. Handlungs- | Vortrag...135| 4 45
gehilten. au .Lr -earne 19. >32] — 24 sSchnler. 2 2.2.2 a 11, —| 1
Verschiedene Beamte(Tech- | Männliche Hörer ohne
nischeBeamte deshöheren Berufsangabe......... 2|—| 31 5
Verwaltungsdienstes)....|— | 1 —|| 1 | Verschiedene weibl. Berufe| 6| 31 —|| 9
Mediziner (Ärzte)......... 1/— [—|| 1 | Weibliche Hörer ohne
Chemiker Le RS Berufsangabe:
Volksschullehrer ......... 1|—| 1 8. Verheiratete gr. 21,20% 4\— | 21 6
Lehrerinnen: 2 Sr. une 1I—|—| 1 b. Unverheiratete ....... 6|—| 2| 8°
Architekten und Ingenieure| 1 — | — | 1 | Gesamtzahl nach den aus- *)
Fabrikanten .......... an ces gefüllten Zählkarten ...|57| 7| S||72
Handwerkern 2 Enz Davon waren
Verschiedene männl. Berufe 1| = —|ı 1 märniiche Hörer sr 0% N 48
Übertrag...|38| 4| 1||43 weibliche RE 17| 3| 4124
Gesamtzahl: nach, der/Kopfzählung - - -.2....22.2 2... nn are re ee
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung...
*) Auswärtige:
92 Zuhörer.
46
,)
3 Altona, 1 Blankenese, 1 Gr. Borstel, 1 Kl. Borstel, 1 Wandsbek.
Wintersemester 1910/11. 89
Dr. Frisch, Chemiker am Hygienischen Institut, Obstkonserven und
Marmeladen.
Zweimal einstündig.
Wohnort B
Beruf &|.®| oa 8
2 |&332| 2
U RS:
1 |
Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen | 1)
Medizaner(Arzbe).;.' je susstsh sun. li —
DEI ne en A ENGE 10 1 2 | 13
Behrerinmmen..z IE Iı—ı—| 1
Andere private Techniker............. 1 ll — || 2
ADS de ee —ı 1)— |
Handwerkenk se Au en. en Sk l li — 2
Verschiedene männliche Berufe........ 12°| — | — | 12
Männliche Hörer ohne Berufsangabe ...| 5 1 218
Verschiedene weibliche Berufe ........ 6i—-— | — 6
Weibliche Hörer ohne Berufsangabe:
a Verheiratete,.. . rss te Tell 2 li — 6
Berlnyerheiratete al Nr 4 Erle 5
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- |
KATH A A 65 Sl. el
Davon waren
Blannliehe” Hören... en. se aa es denn 49 | 6| 4159
weibliche ne a PN 16 | 2| — || 18
BEnrahli nach. der. Koptzahlung u... 20. une een nee: 140 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 70 n
*) Auswärtige: I Altona, 1 Alt-Rahlstedt, 1 Farmsen, 3 Harburg, 1 Lokstedt,
1 Wandsbek.
Dr. Sudendorf, Chemiker am Hygienischen Institut, Milchgesetz-
gebung und Milchkontrolle.
Dreimal einstündie.
Wohnort | 3 Wohnort || 3
Beruf &|,&o2 E Beruf &|,.&03 E
SR ES
72]
| | |
Kaufleute bezw. Handlungs- | Vortrag...162| 6| 2|70
I ER 6 — | —.|| 6 | Männliche Hörer ohne |
Juristen (Assessoren und Berufsangabe.......... 2 1 3
Referendare)........... — 1 —|| 1 | Verschiedene weibliche | |
Verschiedene Beamte Berufe en. 1I—|—|| 1
(Bureaubeamte) ........ Fl Weibliche Hörer ohne |
Be .........2..... 1I—|—|| 1 Berufsangabe: Ku!
Biken. 2.....2....:. 111— | 2|113 a. Verheiratete ......... Sl WEI ID,
enellehrer .............. — 1 -—|]1 b. Unverheiratete ....... ei
Architekten und Ingenieure| 1I— — | 1 | Gesamtzahl nach den aus- *) I
tele u.Jourmalisten| 2 — — | 2 gefüllten Zählkarten ...|69| 9| 381
Be ene männliche Davor waren |
TE ee ee | männliche Hörer........ 64 | 7| 2173
Übertrag...|62| 6| 2|70| weiblice „ ....... 5163,85
Bhlenach der Kopfzählung ...........-. 2.04.20: 222 124 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 41 ?
*) Auswärtige: 4 Altona, 1 !Alt-Rahlstedt, 2 Hellbrook, 1 Wilhelmsburg,
l Wittdün.
90 Bericht über die Vorlesungen.
Der von Professor Dr. Kister, Abteilungsvorsteher am Hygie-
nischen Institut, angekündigte Bakteriologische Kursus für Nicht-
mediziner und die von Dr. Noll, Wissenschaitlicher Assistent am
Hygienischen Institut, angekündigten Chemischen Untersuchungen des
Trinkwassers haben nicht stattgefunden.
Fortbildungskurse für praktische Ärzte und Kandidaten der Medizin
im Auftrage des Krankenhauskollegiums.
Für approbierte Zahnärzte nach Anfrage bei dem betreffenden Dozenten.
1) Im Krankenhause St. Georg.
In der Zeit vom 20. März bis S. April 1911.
Die Teilnahme war unentgeltlich.
Direktor Professor Dr. Deneke, Klinik der inneren Krankheiten.
Wöchentlich zweimal einstündig.
Oberarzt Professor Dr. Jollasse, Klinik der Magen- und Darmkrank-
heiten, mit besonderer Berücksichtigung der modernen Unter-
suchungsmethoden.
Wöchentlich zweimal einstündig.
Professor Dr. Weygandt, Direktor der Irrenanstalt Friedrichsberg,
Psychiatrische Klinik.
Wöchentlich zweimal anderthalbstündig.
Dr. Saenger, Klinische Vorträge aus dem Gebiete der Neurologie.
Wöchentlich zweimal einstündig.
Dr. Roosen-Runge, Lehrer der Krankenpflegerschule, Ausgewählte
Kapitel der Krankenpflege, Diätetik und therapeutischen Technik.
Wöchentlich zweimal einstündig.
Dr. Hamel, Wissenschaftlicher Assistent der Direktorialabteilung
des Krankenhauses St. Georg, Ausgewählte Kapitel der klinischen
Diagnostik.
Wöchentlich zweimal einstündig.
Dr. Weitz, Sekundärarzt der inneren Abteilung, Klinische Mikroskopie
und Chemie.
Wöchentlich zweimal einstündig.
Dr. Plate, Ausgewählte Kapitel der physikalischen Therapie.
Chronische Erkrankungen der Gelenke.
Wöchentlich zweimal einstündig.
Dr. Wiesinger, Oberarzt der ersten chirurgischen Abteilung, Chirur-
geische Demonstrationen. Ausgewählte Kapitel der Chirurgie.
Wöchentlich zweimal eihstündig.
Dr. Sudeck, Oberarzt der zweiten chirurgischen Abteilung, Chirur-
gische Vorlesungen.
a) Frakturenbehandlung,
b) moderne Lungenchirurgie,
c) Anästhesie.
Wöchentlich zweimal einstündig.
Wintersemester 1910/11. 91
Dr. Ringel, Leitender Arzt der chirurgischen Poliklinik, Poliklinische
Demonstrationen mit besonderer Berücksichtigung der chirurgischen
Erkrankungen der Kinder.
Wöchentlich zweimal einstündig.
Dr. Reinecke, Sekundärarzt der chirurgischen Abteilung, Chirurgie
des praktischen Arztes.
Wöchentlich zweimal einstündig.
Professor Dr. Albers-Schönberg, Röntgentechnik und -diagnostik.
Wöchentlich zweimal einstündig.
Dr. Wichmann, Radium der Heilkunde.
Wöchentlich zweimal einstündig.
Oberarzt Dr. Arning, Klinische Demonstrationen aus dem Gebiete der
Haut- und Geschlechtskrankheiten.
Wöchentlich zweimal einstündig.
Dr. Wilbrand, Leitender Arzt der Augenklinik, Ausgewählte Kapitel
aus dem (rebiete der Augenheilkunde im Zusammenhange mit den
Allgemeinkrankheiten.
Wöchentlich zweimal einstündig.
Sanitätsrat Dr. Ludewig, Die Erkrankungen des Ohres in der Sprech-
stunde des praktischen Arztes, mit Demonstrationen.
Wöchentlich zweimal einstündig.
Dr. Sinell, Assistenzarzt der Ohrenpoliklinik, Vorträge über Atmung
und Sprache.
I) Physiologie der Sprache. Zentrale Sprachstörungen.
2) Mechanik der Atmung. Indikation und Anwendungsweise von Atmungsübungen
bei Gesunden und Kranken.
3) Hygiene des Kehlkopfes und der Stimme.
4) Technik des Sprechens. Das Ablesen des Gesprochenen vom Gesicht.
5) Artikulationsfehler (Stammeln) und ihre Beseitigung.
6) Wesen und Behandlung des Stotterns.
Wöchentlich zweimal einstündig.
Dr. Meyer-Brons, hospitierender Arzt der Ohrenpoliklinik, Kursus
der Rhinoskopie und Laryngoskopie.
Wöchentlich zweimal einstündie.
Prosektor Professor Dr. Simmonds, Pathologisch-anatomische
Demonstrationen.
Wöchentlich zweimal einstündig.
Sekundärarzt Dr. Jacobsthal, Ausgewählte Kapitel aus der Immuni-
tätslehre, mit Demonstrationen.
Wöchentlich zweimal einstündig.
Dr. Bornstein, Ausgewählte Kapitel aus der Pathologie des Stoff-
wechsels, mit Demonstrationen.
Wöchentlich zweimal einstündie.
Physikus Dr. Sieveking, Ärztlich wichtige Verwaltungsgesetze, mit
Demonstrationen.
Wöchentlich zweimal einstündig.
92 Bericht über die Vorlesungen.
Professor Dr. L. Voigt, Theorie und Praxis der Impfung.
Wöchentlich einstündig.
Martini, Praktikum zur Einführung in den Gebrauch des Mikroskops
und seiner modernen Hilfsapparate unter besonderer Berücksichtigung
der Methoden der Dunkelfeldbeleuchtung und des Ultra-Mikroskops.
Mikrophotographie mit sichtbarem und ultraviolettem Licht.
Anmeldung beim Dozenten war erforderlich.
Name des Dozenten Thema Zahl
der Hörer
Professor Dr. Deneke..... Klinik der inneren Krankheiten .......... 45
Professor Dr. Jullasse .... | Klinik der Magen- und Darmkrankheiten usw. 33
Professor Dr. Weygandt... | Psychiatrische Klinik.................... 25
Dr. -Saengerl.. nen. Klinische Vorträge aus dem (Gebiete der
Nenrologie.. 727 2 nr 37
Dr. Roosen-Runge........ Ausgewählte Kapitel der Krankenpflege,
Diätetik NSW. RR ee 10
DirzdHamel,. 0, .jc eier: Ausgewählte Kapitel der klinischen Dia-
OTMOSEHR RE RA N 24
DreaWeitz ... He Klinische Mikroskopie und Chemie........ 20
Dr. Plater ar. m Won an Ausgewählte Kapitel der physikalischen
Therapie. Chronische Erkrankungen der
Gelenke... essen ea ee See a 20
Dr, Wiesingen. „.. ...... Chirurgische Demonstrationen ........ LRER b)
Di.2Sudeck sr 4 rer Chirurgische Vorlesungen... .............. 34
Dro Rinsgela nn Ma, Poliklinische Demonstrationen mit besonderer
Berücksichtigung der chirurgischen Er-
krankungen der. Kinder. 7... „2 ..ser .. 26
Dr. ‚Reinecke, ...-.>..... Chirurgie des praktischen Arztes ......... 25
Professor Dr. Albers-
Sehönber®. 2... une: Röntgentechnik und -diagnostik .......... 30
DrsWichmannee.ie.r ach Radıum in der Henlkunde. nn nee 12
Dr Armin Nr Klinische Demonstrationen aus dem Gebiete
der Haut- und Geschlechtskrankheiten .. 47
DewWäübrandd. 2.8.0, Ausgewählte Kapitel aus dem Gebiete der
Augenheilkunde im Zusammenhange mit
den Allgemeinkrankheiten.............. 23
Dr,Indewip m...) Se: Die Erkrankungen des Ohres in der Sprech-
stunde des praktischen Arztes mit De-
monstrationen. rer ee 21
Dr Sinellae nee Vo Vorträge über Atmung und Sprache ...... 14
Dr. Meyer-Brons......... Kursus der Rhinoskopie und Laryngoskopie 20
Professor Dr. Simmonds .. | Pathologisch-anatomische Demonstrationen 64
Dr. dacobsthal. 24... Ausgewählte Kapitel aus der Immunitäts-
lehre 2 nn 2 a ER NEN ME ER 26
Dr.#Bomstein‘.... 0... Ausgewählte Kapitel aus der Pathologie
des. Stoffwechsel «ern Ren en 19
Physikus Dr. Sieveking... | Arztlich wichtige Verwaltungsgesetze mit
Demonstrationen. .n „nr... 2.0.0 ar 2
Professor Dr. L. Voigt.... | Theorie und Praxis der Impfung ......... 6
Martıni le ar ua ‚| Praktikum zur Einführung in den Gebrauch
des Mikroskops-uBW. . . ...2. sense 14
Zusammen... 640
Wintersemester 1910/11. 93
Es nahmen 152 verschiedene Ärzte, 39 Kandidaten der Medizin, 2 Chemiker,
1 Oberlehrer, 1 Zoologe, 1 Masseur an den Kursen teil.
Davon hatten ihren Wohnort: und zwar:
im hamburgischen Staate. .| 119 Ärzte Ill aus der Stadt, 2 Bergedorf, 1 Geest-
hacht, 4 Langenhorn, 1 Wohldorf
31 Kandidat. | 27 aus der Stadt, 1 Cuxhaven, 2 Geesthacht,
d. Medizin 1 Ohlsdorf
1 Chemiker | aus der Stadt
1 Oberlehrer| aus der Stadt
1 Zoologe | aus der Stadt
1 Masseur | aus der Stadt
BBERFENBEN ..:.....2.0: >. 20 Arzte 4 Altona, I Bargteheide, I Berlin, I Berlin-
chen, 1 Düsseldorf, 1 Estebrügge, 1 Flens-
burg, 3 Harburg, 2 Kiel, 1 Langenfeld
bei Cöln, 1 Neu-Ruppin, 1 Oldesloe,
2 Wandsbek
7 Kandidat. | 2 Altona, 1 Bargteheide, 1 Hurup-Flensburg,
d. Medizin 1 Neumünster, 1 Oldesloe, 1 Wandsbek
webayem............... 1 Arzt I Bad Kissingen
SACHSEN"... 2222200: 2 Ärzte 2 Dresden
NEBHIESSENM 2 20.0.0 ee: 1 Chemiker | 1 Bad Nauheim
in Mecklenburg-Schwerin .| 1 Kandidat | 1 Ludwigslust
d. Medizin
eWaldeck ............. l Arzt 1 Pyrmont
meAuslande. ...:........ 9 Ärzte il Holland (Amsterdam), 3 Österreich
(1 Carlsbad, 2 Krakau), 2 Rußland (ohne
nähere Angabe des Wohnortes), 1 Spanien
(Cuenca), 1 Chile (Valparaiso), 1 Java
(ohne nähere Angabe des Wohnortes)
152 Ärzte
39 Kandidat.
d. Medizin
Zusammen... 2 Chemiker
1 Oberlehrer
1 Zoologe
1 Masseur
Die von Dr. Maes, Polizeioberarzt, Leitender Arzt der polizei-
lichen Abteilung für Geschlechtskranke, angekündigten Demonstrationen
aus dem Gebiete der Geschlechtskrankheiten haben nicht stattgefunden.
2) Im Eppendorfer Krankenhause.
In der Zeit vom 3. bis 22. Oktober 1910 nur für praktische Ärzte.
Die Kurse waren außer einer Einschreibegebühr von M 20, die bei der An-
meldung zu den Kursen im Direktionsbureau des Eppendorfer Krankenhauses einzu-
zahlen war, unentgeltlich.
Professor Dr. Kümmell, Erster chirurgischer Oberarzt, Chirurgische
Klinik mit Einschluß der Orthopädie. y
Wöchentlich dreimal anderthalbstündig.
94 Bericht über die Vorlesungen.
Oberarzt Hofrat Dr. Sick, Chirurgischer Operationskursus.
Wöchentlich zweimal zweistündig.
Oberarzt Dr. Rumpel, Innere Medizin, vorzugsweise Erkrankungen
des Blutes und Konstitutionskrankheiten.
Wöchentlich zweimal anderthalbstündig.
Oberarzt Dr. Nonne, Nervenkrankheiten.
Wöchentlich zweimal anderthalbstündig.
Oberarzt Dr. Reiche, Innere Medizin, vorzugsweise Herz-, Nieren-,
Magen-, Lebererkrankungen.
Wöchentlich zweimal einstündig.
Dr. Hegler, Erster Sekundärarzt der chirurgischen Abteilung, Infek-
tionskrankheiten.
Wöchentlich zweimal anderthalbstündig.
Prosektor Professor Dr. Fraenkel, Pathalogisch-anatomischer
Demonstrationskursus mit Berücksichtigung der Bakteriologie.
Wöchentlich zweimal anderthalbstündig.
Oberarzt Dr. Much, Einführung in die Serumwissenschaft mit spezieller
Berücksichtigung der neuen Immunitätsreaktionen.
Wöchentlich zweimal einstündig.
Spezialarzt Dr. Thost, Kursus der Hals-, Nasen- und Ohrenkrank-
heiten.
Wöchentlich zweimal zweistündig.
Spezialarzt Professor Dr. Unna, 1) Demonstration von Hautkranken.
Wöchentlich einmal anderthalbstündig.
2) Allgemeine Pathologie und Therapie der Hautkrankheiten.
Wöchentlich zweimal einstündig.
Dr. Kißling, Erster Wissenschaftlicher Assistent an der Direktorial-
abteilung, und Dr. Lorey. Sekundärarzt der Direktorialabteilung,
Die medizinische Diagnostik von Röntgenbildern, Demonstrationen
mit dem Projektionsapparat.
Wöchentlich zweimal anderthalbstündig.
Dr. Kotzenberg, Leitender Arzt des Ambulatoriums, 1) Kursus
der Cystoskopie und funktionellen Nierendiagnostik.
Wöchentlich zweimal einstündig.
2) Kursus der Massage.
Wöchentlich dreimal einstündig.
Dr. Hegler, Erster Sekundärarzt der Direktorialabteilung, Klinische
Mikroskopie.
Wöchentlich einmal einstündig.
Dr. Oehlecker, Sekundärarzt der chirurgischen Abteilung, Kleine
Chirurgie und Unfallerkrankungen.
Wöchentlich zweimal anderthalbstündig.
Schumm, Klinische Chemie und Spektroskopie.
Wöchentlich dreimal einstündig.
Wintersemester 1910/11. 95
Dr. Möller, Öhrenspiegelkursus.
Wöchentlich zweimal anderthalbstündig.
Professor Dr. Deutschmann, Klinik der Augenkrankheiten.
Wöchentlich einmal eindreiviertelstündig.
Professor Dr. Buchholz, Oberarzt an der Irrenanstalt Friedrichsberg,
- Psychiatrische Klinik.
Wöchentlich zweimal anderthalbstündig.
Professor Dr. Dunbar, Direktor des Hygienischen Instituts, und
Professor Dr. Kister, Abteilungsvorsteher am Hygienischen
Institut, Städtehygiene mit Besichtigung sanitärer Anstalten und Ein-
richtungen.
Wöchentlich dreimal zweieinhalbstündig.
Physikus Dr. Reuter, Ausgewählte Kapitel der gerichtlichen Medizin.
Wöchentlich zweimal einstündig.
Zahl
Name des Dozenten Thema
der Hörer
Professor Dr. Kümmell....| Chirurgische Klinik mit Einschluß der Ortho-
I ee ae ae ee TA EIN au
Bellen... ennsnaee Uhirurgischer Operationskursus ........... 13
Dr@Rumpel...:...2..:..: Innere Medizin, vorzugsweise Erkrankungen
ÜeRFBNben aswer e 38
BENDER ..:......:..-. Neryenkrankheiten...... tue. cu... cur. 50
Birzleiche....:2.....:... Innere Medizin, vorzugsweise Herz-, Nieren-
USWASENkrankUmSEenEe ee 27
Beellevler.’......:..... Intektionskrankheiten... ....aen.cce sec Sl
Professor Dr. Fraenkel ...| Pathologisch-anatomischer Demonstrations-
KOLBEN, ERW ee a ee 60
BEeNHch 2.0: 20 Einführung in die Serumwissenschaft usw. 46
Beerhost.....:..00 Kursus der Hals-, Nasen- und Öhrenkrank-
REES RI EN 29
Erötessor Dr. Unna ......: 1) Demonstration von Hautkranken....... 51
2) Allgemeine Pathologie und Therapie der
Hiautktankheiten®.. 2..e dan. 30
Dr. Kißling und Dr. Lorey| Die medizinische Diagnostik von Röntgen-
bildern uswerwe ee ee 29
In Kotzenberg.......... 1) Kursus der Uystoskopie und funktionellen
Nierendiasmostiks2 ten. 2. an. 30
2); Kursus; der Massarer.. 2...%.. 2.08 den. al
BrsHesier.............. Klimsche- Mikroskopier. 2. 2.02 220.0. une 32
Wr Oehlecker...........: Kleine Chirurgie und Unfallerkrankungen . 28
min asee.ssen. Klinische Chemie und Spektroskopie ...... 26
Moller .......2-.....- Ohrtenspreselkunsus. oa ee 20
Professor Dr. Deutschmann | Klinik der Augenkrankheiten ............ 20
Erofessor Dr. Buchholz...| Psychiatrische Klinik.................... 26
Professor Dr. Dunbar und
Professor Dr. Kister...| Städtehygiene ........... Mag Eur. 65
Physikus Dr. Reuter ...... Ausgewählte Kapitel der gerichtlichen Me- m
zn EEE
Zusammen...
96 Bericht über die Vorlesungen.
Es nahmen 90 verschiedene Ärzte, 33 Kandidaten der Medizin, 1 Apotheker,
S Chemiker und 1 Ingenieur an den Kursen teil.
Davon hatten ihren Wohnort: und zwar:
im hamburgischen Staate. .|52 Ärzte 49 aus der Stadt, 1 Billwärder a.d. Bille,
2 Langenhorn
33 Kandidat.
d. Medizin | aus der Stadt
1 Apotheker | aus der Stadt
7 Chemiker | aus der Stadt
INAPTEUBENT SH a 16 Ärzte 1 Andernach a.Rh., 1 Berg.-Gladbach, I Bonn,
I Christberg i. W., 1 Cöln a. Rh., 1 Domb
(Oberschlesien), 1 Düren, 1 Gr. Wartenberg
i.Schl., 1 Hultschin i. Schl., 1 Idaweide
i. Schl., 1 Krefeld, 1 Münster, 1 Osterode
(Ostpreußen), 1 Preetz, 1 Reinfeld i. H.,
I Süchteln b. Krefeld
1 Chemiker | I Gr. Flottbek
1 Ingenieur | I Altona
ID Bayern aA 5 Ärzte 2 Augsburg, 1 Homburg, 1 München,
1 Wassertrüdingen
in Württemberg........: 1 Arzt 1 Stuttgart
ImeBallentz or. Erna. es 2 Ärzte 1 Schopfheim, 1 Steinen
in Braunschweig......... 2 Ärzte l Braunschweig, 1 Helmstedt
in Mecklenburg-Schwerin .| 1 Arzt 1 Dahmen
in’Oldennuren...u ner ee 2 Arzte l Brake, 1 Vegesack
in-Bremen’. .2.6...- ra LAEZE 1 Bremen
im Nuslande: 2... ur... S Arzte 1 Dänemark (Kopenhagen), 1 Holland
(ohne Angabe des Wohnortes), 2 Norwegen
(1 Christiania, 1 ohne Angabe des Wohn-
ortes), 2 Österreich (1 Kaliez, 1 Prag),
1 Rußland (Moskau), 1 Schweiz (St. Gallen)
90 Ärzte
33 Kandidat.
d. Medizin
1 Apotheker
S Chemiker
1 Ingenieur
Zusammen...
Für Militärärzte.
Im Eppendorfer Krankenhause in der Zeit vom 20. November bis 10. Dezember.
Professor Dr. Kümmell, 1) Chirurgische Klinik.
Wöchentlich einmal anderthalbstündig.
2) Operationsübungen an der Leiche.
Wöchentlich einmal anderthalbstündig.
Prosektor Dr. Fraenkel, Normale und pathologische Anatomie.
Wöchentlich dreimal zweistündig.
Dr. Kotzenberg, Massagekursus.
Wintersemester 1910/11. 97
Öberärzte Dr. Rumpel, Dr. Reiche, Dr. Schottmüller und
Dr. Hegler, Ausgewählte Kapitel aus der inneren Medizin.
Wöchentlich einmal anderthalbstündig.
Oberarzt Dr. Nonne, Ausgewählte Kapitel aus dem Gebiete der
Nerven- und Geisteskrankheiten.
Je zweimal einstündig und anderthalbstündig.
Name des Dozenten Thema _-
der Hörer
Erstessor Dr. Künmell ....| I) Chirurgische Klinik .................. 15
2) Operationsübungen an der Leiche...... 15
Professor Dr. Fraenkel....| Normale und pathologische Anatomie ..... 15
De Kotzenberg.......... Massage kuss ehe 2 B)
Dres.Rumpel, Reiche, Schott-
müller und Hegler...... Ausgewählte Kapitel aus der inneren Medizin 15
BeNamme........::.... Ausgewählte Kapitel aus dem Gebiete (der
Nerven- und Geisteskrankheiten ....... 15
Zusammen.... so
Es nahmen 15 verschiedene Militärärzte an den Kursen teil.
Davon hatten ihren Wohnort:
TERRIOBSDUTO a aid.
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Zusammen.... 15
3) In der Irrenanstalt Friedrichsberg.
Die Kurse waren wnentgeltlich.
Direktor Professor Dr. Weygandt, Gerichtliche Psychiatrie mit
Demonstrationen.
Wöchentlich zweistündig, im ganzen viermal.
Oberarzt Professor Dr. Buchholz, Über Sexual-Pathologie und die
psychiatrische Beurteilung sexueller Vergehen mit Demonstrationen.
Wöchentlich zweistündig, im ganzen sechsmal.
Oberarzt Dr. von Grabe, Über die Ursachen der geistigen Störungen.
Wöchentlich einstündig, im ganzen dreimal.
98 Bericht über die Vorlesungen.
Name des Dozenten Thema en
der Hörer
Professor Dr. Weygandt .. | Gerichtliche Psychiatrie mit Demonstrationen 40
Professor Dr. Buchholz ... | Uber Sexual-Pathologie usw. ............. 42
Dr. von;Grabe..n, 7.28 Über die Ursachen der geistigen Störungen 2
Zusammen... S4
Es nahmen 34 Ärzte, 1 Zahnarzt, 1 Landrichter, 2 Amtsrichter, 4 Staatsanwälte,
13 Assessoren, 3 Referendare, 2 Lehrer, I Erzieher, 1 Kaufmann und I Schwester an
den Kursen teil.
Davon hatten ihren Wohnort:
und zwar:
im hamburgischen Staate. .[52 Arzte
1 Landrichter
2 Amtsrichter
4 Staatsanw.
13 Assessoren
30 aus der Stadt,
1 Gr. Borstel
aus der Stadt
aus der Stadt
aus der Stadt
12 aus der Stadt, 1 Bergedorf
1 Billwärder a. d. B.,
aus der Stadt
aus der Stadt
aus der Stadt
aus der Stadt
aus der Stadt
3 Referendare
2 Lehrer
1 Erzieher
1 Kaufmann
1 Schwester
in BReUBENE ren 2 Ärzte 1 Alt-Rahlstedt, 1 Harburg
1 Zahnarzt 1 Altona
34 Ärzte
1 Zahnarzt
1 Landrichter
2 Amtsrichter
4 Staatsanw.
13 Assessoren
ö Referendare
2 Lehrer
1 Erzieher
1 Kaufmann
1 Schwester
Zusammen...
Der von Oberarzt Dr. Brückner und Prosektor Dr. Kaes an-
gekündigte Kursus „Diagnostik und pathologische Anatomie der pro-
gressiven Paralyse‘“ hat nicht stattgefunden.
Kurse über Schiffs- und Tropenkrankheiten, im Auftrage der Oberschulbehörde.
(Nur für Ärzte und Medizinstudierende höherer Semester.)
Im Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten in Hamburg wurden
folgende Kurse abgehalten:
Wintersemester 1910/11. 99
1) Herbstkursus: Vom 17. Oktober bis ca. 17. Dezember 1910,
2) Frühjahrskursus: Vom 20. Februar bis 29. April 1911.
Honorar für jeden Kursus „MA 105.
Die Kurse waren unentgeltlich für hiesige oder solche Ärzte, die das Reichs-
kolonialamt oder das Reichsmarineamt zu ihrer Ausbildung entsandt hatte.
Vortragende:
Medizinalrat Professor Dr. Nocht, Abteilungsvorsteher Professor
Dr. Fülleborn, Obertierarzt Professor Glage, Abteilungsvor-
steher Giemsa, Wissenschaftlicher Assistent Mayer, Abteilungs-
vorsteher Dr. von Prowazek, Abteilungsvorsteher Stabsarzt
Dr. Werner.
Die Kurse hatten den gleichen Inhalt wie früher, siehe Jahres-
bericht für 1904/05, Seite 9 und 20.
1. Herbstkursus.
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Davon waren
männliche Hörer. m... m nen | 2|23 | — || 25
*) Auswärtige: 2 Berlin, 1 Breslau, 1 Danzig, 1 Darmstadt, 1 Kiel, 1 Kissingen,
1 Leipzig, 2 München, 1 Oberkotzau i. Bayern, 1 Wilhelmshaven, 1 Athen, 1 Rotter-
dam, 1 Pola, 2 Keetmanshoop (Südwestafrika), 1 Kamerun, 1 Südwestafrika, 1 Japan,
1 Shanghai, 1 Argentinien, 1 Lima.
2. Frühjahrskursus.
Wohnort s
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Mediziner: | |
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Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- *)
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Davon waren |
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*) Auswärtige: 1 Bamberg, | Döbeln i. S., 1 Dresden, 1 Kiel, 1 Königsbrück i. 8.,
l Montigny b. Metz, 1 München, 1 Nauen, l Stuttgart, 1 Taunus i. F., 1 Wandsbek,
1 Weißenburg i. E., 1 Charkow (Rußland), 1 Luzern, 1 Togo, 1 Chederah (Palästina).
if
100
Bericht über die Vorlesungen.
Für Ärzte und Zahnärzt
e.
Röntgenvorlesungen.
Siehe auch unter IV. Medizin: die Vorlesung von Professor Dr. Albers-
Schönberg über „Röntgentechnik und -diagenostik“ und unter XV. Physik: die
Vorlesung von Professor Dr. Walter über „Röntgenstrahlen und Röntgenapparate“.
Dr. Hahn, Über Röntgen- und Finsentherapie bei Hautkrankheiten.
An einem Tage anderthalbstündig.
Wohnort 3
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Mediziner:
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Volksschullehrers sr 1|l— | — 1
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- =)
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Davon waren |
männlicher Hlorena, re ee 4 el 7
*) Auswärtige: 1 Altona, 1 Kellinghusen.
V. Philosophie.
Öffentliche Vorlesung.
Dr. Graf von Keyserling (Rayküll), Fortschritt der Philosophie
im Wandel ihrer Problemstellungen.
Sechsmal einstündig.
1) Der Sinn des Erkenntnisfortschritts.
2) Die Griechische Philosophie.
3) Scholastik und Aufklärung.
4) Kant.
5) Die Identitätsphilosophie und die Abkehr von der Metaphysik.
6) Bergson und die Aussichten für die Zukunft.
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Kaufleute bezw. Handlungs- Vortrag...[|46 | 2 —||48
sehilfen . YEewa...e; 33 2 —|| 35| .c. Studierende der Rechte |
Bankbeamte Hr. nu... -|—|| 7 u. Staatswissenschaften]| 1) — | — | I
Theologen: Verschiedene Beamte:
a.Geistliche 2. 1'— —|| 1| a. Technische Beamte des
bh. #Studierendese.2n. 0. 1— —| 1 höheren Verwaltungs-
Juristen: dienstes DH 21 21 —| 4
a. Verwaltungsbeamte u. b.: Zollbesimtei.. 24. near 3|—|—| 3
Richter. el al 2 Zee Bureaubeamtiern. re 1| 1112
b. Assessoren und Re- 02 d. Sonstige, Beamte...... 14| 3) — || 17
ferendare . .....4.. 0.2... 2 | — ||| 2] Mediziner (Arzte)........ Aeee
Übertrag...|46 | 2|—|| 48 Übertrag...|68, 8 | —||76
Wintersemester 1910/11. 101
Wohnort | 3 Wohnort | 3
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Vortrag...| 65 S —|| 76 Vortrag. ..[144 32 | — 176
Chemiker ...... idR: Na le ll Bebmlars 2. a 4 7|—|| 11
Dpeniebrener .... 20%: .. 2) 51—|| 5] Männliche Hörer ohne |
Sonstige Studierende ...... ur Ba Berufsangabe.......... a
Volksschullehrer ......... 25) 6 — || 51]| Verschiedene weibliche |
BEMMATISLEN. 22 22... 1I—|—| 1 IBERUIEH er RI Nur 6 106
HBEHLETINNEN ......2202.0.% 29/12) — || 41 | Weibliche Hörer ohne |
Seminaristinnen ........... iR Berufsangabe: HS |
Architekten und Ingenieure| 6 1,— || 7| a. Verheiratete ........ 12 | T
Musikalische Berufe: ID b. Unverheiratete ....... 26| 41 — || 30
a. Herren .............. I — — | 1] Gesamtzahl nach den aus- |
b. Damen .............. —| 1)—| 1| gefüllten Zählkarten....[|203,46| 2|251
Blandwerker ............. 37 para waren u
Verschiedene männl. Berufe| 22 — — | 2 I R | -
u Ri — männliche Hörer....... 129) 26 | — 155
Übertrag. . .|144) 32 | — ||176 weibliche N 74120 | 2|| 96
Bearrzanlanaech, der. Kopfizahlune. ..... 2.2 en... nenn en: 1350 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 225
*) Auswärtige: 2 Alsterdorf, 30 Altona, 1 Bahrenfeld, 2 Fuhlsbüttel, 1 Lokstedt,
1 Meiendorf, 3 Ohlsdorf, 3 Wandsbek, 2 Wilhelmsburg, 1 Riga.
Übungen für Lehrer und Lehrerinnen.
Dieses Praktikum war nach den Vorschriften für die Oberlehrerinnenkurse
zu belegen.
Öberlehrer Dr. Mühe, Philosophisches Praktikum. Philosophische
Systeme der nachkantischen Zeit; Lektüre von Schopenhauers Kritik
der Kantischen Philosophie. Gebühr H 10.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 16mal.
Wohnort s
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Weibliche Hörer ohne Berufsangabe | |
Wrerhestabeke)..... sie sn ser ee elle
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- SRH
EHE de A N RE 17, ASGHRHEH- IHRE 15 ı | — | 22
Davon waren | |
Bionnliche, Hören... ar. ouensseone. N — Ile l
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Beramtzahl nach der Kopfzählung ...................».. ee 537 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 34 ”
*), Auswärtige: 4 Altona, 1 Bergedorf, 2 Buxtehude.
Übungen.
Zur Teilnahme war persönliche Anmeldung beim Dozenten erforderlich.
Dr. Görland, Ordentlicher Lehrer am Staatlichen Technikum,
1) Fichtes ‚Die Bestimmung des Menschen“.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 1Ymal.
102 Bericht über die Vorlesungen.
Wohnort ©
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen ....| 3 I— | 4
Theologen (Studierende) ............... 1ll—| —
Verschiedene Beamte: |
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b. Sonstige Beamte ea he —ı 2|—| 2
Studierende der Philosophie und der |
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Verschiedene männliche Berufe ........ lı -— | — l
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Weibliche Hörer ohne Berufsangabe | |
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Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- *)
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weibliche ARE en: Bi) | — 6
Gesamtzahl-mach der’ Kopfzahlung. . We. 200 2 m Bene ee 315 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 17 e-
*) Auswärtige: 3 Altona, 1 Bahrenfeld, 3 Bergedorf, 1 Finkenwärder, 1 Harburg.
2) Übungen über Hermann Cohens „Logik der reinen Erkenntnis“.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 1l5mal.
Wohnort 5
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen..... 120 l
Theologen (Studierende) .............. ee l
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Männliche Hörer ohne Berufsangabe ...| — | — 1 l
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- #)
karten ne Nee B) 2 l bo)
Davon waren
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Gesamtzahl "nach der Koptzählung 2.2.22 4. 2 0. Seen Jen ee ee 95 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung... 6 y;
*) Auswärtige: 1 Altona, 1 Finkenwärder.
VI. Literatur und Sprachwissenschaften.
Öffentliche Vorlesungen.
Professor Dr. Borchling, Die altdeutsche Lyrik bis zum Tode
Walthers von der Vogelweide.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 19mal,
Wintersemester 1910/11. 103
1) Der Ursprung der altdeutschen Lyrik.
2) Die lyrischen Gattungen der altgermanischen Poesie.
3) Die Lieder der Vaganten.
4
n Des Minnegesangs Frühling.
6) Älteste Spruchdichtung.
7) Der Ursprung des Minnedienstes,
8) Der Minnegesang unter romanischem Einfluß.
9) Reinmar der Alte.
10) Allgemeiner Charakter Walthers.
11)
12), Walthers politische Lyrik.
13)
14) Walthers Minnelyrik.
15) Wolframs Lyrik.
16) Walthers Minnelyrik.
17) Wolframs Lyrik.
18) Neidhart von Reuenthal.
19) Ausblick auf die Spätzeit.
Wohnort || 3 Wohnort | 3
Beruf &|,&l02| 3 Beruf & ‚&le2| =
2 |3E|30&]| © 2 |aE5& 0
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Kaufleute bezw. Handlungs- | | Vortrag...[117,28| 1146
Beben... 15 2|—|| 15| Architekten und Ingenieuvre| 3 — /— | 3
Baukbeamie............- 1 — || 1} Andere private Techniker .| —| 11—| I
Verschiedene Beamte: | Schriftstelleru. Journalisten] 2 — | —| 2
a. Technische Beamte des | Handwerker, 2... 2—|—-| 2
höheren Verwaltungs- | BCHilen rn a ee 111121 — || 23
BHBNSBES.. 2. ans 2) — | 1|| 3]| Männliche Hörer ohne |
Br zollheamte......:.... 1—-|—| 1 Berufsangabe.......... 3 1 —| 4
c. Sonstige Beamte ..... 8 21 —|| 10] Verschiedene weibliche
Mediziner (Ärzte)........ 1I— | —| 1 Berulewm. Aue Ss 11—|| 9
NETT) 1—|—|| 1| Weibliche Hörer ohne
BEleNren .=...2.00..... 3 —|—| 3 Berufsangabe:
Studierende der Philosophie | a. Verheiratete ......... aid
und der Lehrfächer ....| 2} 11—|| 3| b. Unverheiratete ....... 22) 5| 1|| 28
Sonstige Studierende ..... Sl 7.1 3,1, Go Sehulerinnem „2.0.2... ee
Volksschullehrer ......... 19| 5, — | 24| Gesamtzahl nach den aus- *)
Seminaristen............. 121 — —|) 12| gefüllten Zählkarten ...|179|49| 31231
BeRrerinnen............. 22 MO | Se anranen EEE LE Fe
1 Tat! 6) le &
Seminaristinnen EINE 29) 2 31 snnlicheuflorärte, Me szI2a| ılııa
Übertrag...[117\2S| 1146 weibliche N Pa N 9225| 2119
Gesamtzahl nach der Kopfzählung
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.
*) Auswärtige: 21 Altona, 4 Bergedorf, 2 Buxtehude, 1 Emden, 1 Harburg, 1 Kl.
Flottbek, 1 Lüneburg, 1 Ohlsdorf, S Wandsbek, 8 Wilhelmsburg, 1 Wologda (Rußland).
Professor LL. D. Meinhof, Die Dichtung der Afrikaner.
Wöchentlich einstündig, im ganzen achtmal.
l) Das Märchen.
2) Der Mythus.
3) Die Sage.
18
1353 Zuhörer.
”
104
Bericht über die Vorlesungen.
Das Epos.
Kultische Dichtung.
Anfänge dramatischer Kunst.
Sprichwort und Rätsel.
Kleinere Dichtungen und Lieder.
Wohnort | 3
Beruf SERR PR | E
2 2358| ®
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Kaufleute bezw.Handlungs-| | |
BSEHTEHN ne 10| — || 10
Bankbeamter 11— | — l
Theologen (Geistliche)....| 3| I | —|| 4
Juristen (Assessoren und ne
Rieterendare)a ee li — |
Verschiedene Beamte:
a. Technische Beamte des
höheren Verwaltungs- |
dienstes 70... er ner. |
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e. Bureaubeamte........ Zr = l
d. Sonstige Beamte ..... 2| 1 —|| 3
Chamikerin. Sr are see 11i—|—| 1
Studierende der Philosophie |
und der Lehrfächer ....|— | 1 —| 1
Volksschullehrer.......... 4| 3|—|| 7
Semunanistene si 11—| 9
Behrermneneenr SI 5 | — || 13
Übertrag. ...]42 | 13 | —|| 55
Gesamtzahl nach der Kopfzählung
*) Auswärtige:
Wohnort | 3
Beruf »|,&e2| 3
2 |33152 2
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Vortrag...[42|13 | —|| 55
Seminaristinnen ......... 4\. 1105
Architekten und Ingenieure 1 — | — | 1
Schriftstelleru.Joumalisten]| 1|— — | 1
Handwerkenkesss ee ee 5|—|—| 5
Verschiedene männl. Berufe| 2 — — | 2
Schüler JA. Ran 4| 3 —| 7
Männliche Hörer ohne |
Berufsangabe 2.0... ‘| 3 — || 10
Verschiedene weibl. Berufe| 3|— — | 5
Weibliche Hörer ohne
Berufsangabe:
a, Verheirateter ne en 11! 11—|| 12
b. Unverheiratete ....... 13| 6 — || 19
e. Sehüulerinnen........ 1I|—-|—| 1
Gesamtzahl nach den aus- |*)
gefüllten Zählkarten ...[94 |27 | — |j121
Davon waren
männliche Hörer....... 54 |14| — || 68
weibliche 4, .,e20.2 40 | 13 | — || 95
Durehschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung...
1 Gr. Flottbek, 2 Harburg, 3 Wandsbek, 1 Wilhelmsburg.
749 Zuhörer.
94
”
13 Altona, 2 Bergedorf, 1 Bethel bei Bielefeld, 4 Fuhlsbüttel,
Professor Gauchat (Zürich). Le roman francais au XVlIle siecle.
Zehnmal einstündig.
L’esprit de societe au XVlIlIe siecle.
La preeciosite,
Le roman pastoral.
Mlle de Scudery et son milien.
Le roman psychologique de Mme de la Fayette.
Le roman satirique.
Cyrano de Bergerac.
Paul Searron.
Antoine Furetiere et le roman bourgeois,
Conelusion.
Wintersemester 1910/11. 105
Wohnort | = Wohnort =
Beruf &|,& o2| 3 Beruf 2 |, 802] &
2 52=8 2 er =
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| | | |
Kaufleute bezw.Handlungs- | Vortrag... = 35 |—17S
Benlien: ? .............. 32) 6) — || 35] Schriftstelleru. Journalisten] 2) — | — | 2
Bankbeamte............. 61°; 1.1 —l 71 Handgerker.r... 2... .. 1.21 —|—| 2
Juristen (Assessoren und | Landwirte und Gärtner...| 1 1I1— | 2
Beierendare) .......... 1 —'— || 11 Verschiedene männliche
Verschiedene Beamte: Bexutey 7er seen 1 22 — | —|| 2
a. Technische Beamte des | SEHWlER a ne a 15 5 —|| 20
höheren Verwaltungs- IE Männliche Hörer ohne | |
te... . 260 I — | Il Berufsaneabe .... ..1.0r. EL. Mi
b. Bureaubeamte... ....[| 5 1,— | 4| Verschiedene weibliche |
c. Sonstige Beamte .... 3—|—| 3 Bere means: 10) 11 — || 11
BREINNKET) Ba. 0. l— | — | 1] Weibliche Hörer ohne
Bilehter . ........... 1 5) 31—|| 8 Berufsangabe:
Studierende der Philosophie | an \erheirateten ca... [57 2 6
und der Lehrfächer ....| 6 4| — || 10] b. Unverheiratete ....... 351 91 —|| 40
Sonstige Studierende...... al EB ©) Schülerinnen... 1 —'—| 1
Seminaristen | 21 | >| Gesumtzaht nach den aus) 9) | |
Mehrerinmen:........:.... 49| 14 | — || 63 | _ gefüllten Zählkarten_.. - 222.5. EA FOL
Seminaristinnen. ........ 6 — |— || .g| Davon waren
Architekten und Ingenieure| I — — | 7 männliche IIORERR 113) 30 Ka! 144
ce aller weibliche EEE 116|20| 1/1137
Übertrag. ..|[143| 35 | — ||178
zahienach der Kopfzahlune? .... u cc cn ne dla Sagen. 2267 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 227”,
i *) Auswärtige: 25 Altona, 1 Aurich, 4 Bergedorf, 1 Elmshorn, 1 Göttingen,
-] Gr. Flottbek, 5 Harburg, 1 Hummelsbüttel, 1 Meiendorf, 1 Nienstedten, 4 Wandsbek,
4 Wilhelmsburg, 1 Cherbourg, 1 Genf, 1 La Sagne (Schweiz).
Preston, Gardner, Pastor of the Church of the Liberal Faith in
Hamburg, Ten famous men. In englischer Sprache.
Zehnmal einstündig.
1) Daniel Defoe
2) Samuel Johnson.
3) Oliver Goldsmith.
4) Lord Byron.
5) Abraham Lincoln.
6) Charles Darwin.
7) Sir Walter Scott.
5) W. M. Thackeray.
9) Charles Dickens.
10) Cecil Rhodes.
Wohnort | 3 Wohnort | 3
"®ı 2 9| 5 e| 81,3] =
Beruf lee Beruf u ellerellnE
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BIT SAN ee ES
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Kaufleute bezw. Handlungs- Me! Vortrag...| 98| 9) — 107
Be ..n..:; 90 9! —| 99 | Verschiedene Beamte: |
Bankbeamte............. ZEN 8 Zollbeamtere are al 152
Juristen (Assessoren und IE | b. Bureaubeamte........ 41—|1—| 4
Beferendare)........... 11—|—|| 1| c. Sonstige Beamte ......| % 1/—|| 8
Übertrag...|98 | 9 | — |]107 Übertrag... .[111| 10 — [121
106 Bericht über die Vorlesungen.
Wohnort B Wohnort B
Beruf E 2. 2] 8 Beruf E aDe22| E
2 Z#laal 3 2 |2E32| 2
ES ES
Vortrag...|111) 10 | — [121 Vortrag...[253| 41 | — 294
Mediziner: | Handwerkern erreer 3—=|—| 3
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Studierende der Philosophie Berufsangabe.r..AuER2: 5| 31.2110
und der Lehrfächer ....| 1 — |—|| 1] Verschiedene weibl. Berufe| 16| 1|— | 17
Sonstige Studierende..... 1 — |—|| 1] Weibliche Hörer ohne
Volksschullehrer ......... 40) 5, — || 45 Berufsangabe:
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Seminaristinnen.......... 6 8) || 31 -c. Schulerınnen. Erzer 2 ee
Architekten und Ingenieure| 6 — —| 6| Gesamtzahl nach den aus- *) ]
Andere private Techniker..| 11 — | —|| 1 gefüllten Zählkarten ...[367| 63 | 2432
MusikalischeBerufe(Herren)) 1 — —|| 1 en
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Übertrag. ..|253| 41 | — |294 weibliche 1355| 36 — 171
GesamtzahlSnach (der, Kopfzahluine 3 I Beta 3969 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 396
*) Auswärtige: 24 Altona, 1 Alt-Rahlstedt, 1 Bahrenfeld, 4 Bergedorf, 6 Blanke-
nese, 1 Dockenhuden, 4 Elmshorn, 2 Fuhlsbüttel, 1 Gr. Borstel, 3 Gr. Flottbek, 5 Harburg,
1 Lokstedt, 1 Meiendorf, 1 Othmarschen, 2 Reinbek, 53 Wandsbek, 3 Wilhelmsburg.
Professor Begovic, Dramaturg des Deutschen Schauspielhauses,
Venezia. La storia, l’arte, i costumi dei Veneziani, dalle origini fino
alla caduta della repubblica. In italienischer Sprache.
1)
9\
2)
10)
Wöchentlich einstündig, im ganzen zehnmal.
Le origini.
Il medio evo. (Dal secolo IX. al XIV): Il governo — Le leggi — I grandi
— 11 popolo.
Le erociate — Il commereio — La lingua e la coltura.
L’epoca della grandezza veneziana. (Sec. XV e XVL) I fatti storid — La
pelitica — Il governo e il popolo.
Il rinaseceimento — Le academie — Le scienze, le lettere, le arti.
] commercio e lindustria — I costumi -- La vita privata.
I palazzi dei patrizi — Le abitazioni del popolo — Il lusso e la ricchezza —
Le donne — Il teatro — Le feste.
La decadenza. (Sec. XVII. e XVIIL.): I fatti storii — La corruzione dei
costumi.
L’arte e gli artisti — La societä.
La caduta della repubblica.
*) Auswärtige:
S Altona, 1 Bergedorf, 1 München, 1 Othmarschen.
”
Wintersemester 1910/11. 107
Wohnort || 3 Apelnltauı 5
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Juristen (Verwaltungs- | Berufsangabe.......... 16 52
beamte und Richter) 1i—/— || 1| Verschiedene weibl. Berufe I
Mediziner (Arzte)........ 1 —|—| 1| Weibliche Hörer ohne
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Seminaristen ..... .....- 11 || 1| Gesamtzahl nach den aus- ©)
Lehrerinnen .............| 6 3 —|| 9 gefüllten Zählkarten....[74 | 11) — ||85
Architekten und Ingenieure| 11I— — | Don Senken
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zahl snach”der Kopfzählung.. .. 2... nu: 2. onen tee re 449 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 45
Cortijo, Direktor der Berlitz School of Languages, Liter: atura Espa-
nola. In spanischer Sprache.
Wöchentlich einstündig, im ganzen zehnmal.
l)
2) sobre la Cieneia del Lenguaje.
3)
5 Decadencia de la Literatura Espanola bajo el intlujo de la Inquisicion y del
6) Fanatismo Religioso.
Ole la Filosofia Espanola.
10, Diferentes Maneras de comentar y juzgar el „Don Quijote“.
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Studierende der Philosophie | Berufsangabe: |
und der Lehrfächer ....|— | 1/— || 1| a. Verheiratete ......... 1|—| 4
Volkssehullehrer ......... 3, | .31 °b. Unverheirateie . %.. Feel
Lehrerinnen ............. I —|— | 1 Gesamtzahl nach den aus- =
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Seeleute (Schiffer)........ le ee e> rare oe ar Drag Ba
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Durehschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. .
*) Auswärtige:
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6 Altona, 1 Harburg, 1 Pinneberg, .2 Wandsbek, 1 Mexiko.
„
108 Bericht über die Vorlesungen.
Dr. Panconcelli-Galzia, Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter für
Phonetik am Seminar für Kolonialsprachen, Stimmbildung und Stimm-
pflege in Sprache und Gesang. Ausgewählte Kapitel mit Demon-
strationen und Lichtbildern.
Wöchentlich einstündig, im ganzen sechsmal.
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Volksschullehrer ......... 10) 3/—|| 13] Gesamtzahl nach den aus- *) | =
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Seminaristinnen ......... 1\—| — 1 {
Architekten und Ingenieure[— | 1) —|| 1 Dayen en |
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Gesamtzahl nach der Koptzahlung a. 2. 2: 2 5 en 430 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung . 72 a
*) Auswärtige: 4 Altona, 1 Blankenese, I Ohlsdorf, 1 Stellingen, 2 Wilhelmsburg.
Die von Direktor Professor Dr. Münzel angekündigte Vorlesung,
Einführung in die Bibliothekslehre, hat nicht stattgefunden.
Vorlesung für Hörer mit speziellem fachwissenschaftlichem Interesse und genügender
Vorbildung.
Professor Dr. Borchling, Einführung in das Studium des Alt-
sächsischen nebst Interpretation des Heliands. Gebühr MH 10.
Hörerinnen und Hospitanten der Oberlehrerinnenkurse belegten diese Vorlesung
nach den Vorschriften für die Oberlehrerinnenkurse.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 1Smal.
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 6 e
*) Auswärtige: 2 Altona, 1 Bergedorf.
Wintersemester 1910/11. 109
Übungen und Praktika.
Zur Teilnahme war persönliche Anmeldung beim Dozenten erforderlich, die Zahl
der Teilnehmer auf 20 beschränkt.
Die Zulassung zu den deutschen, französischen und englischen Praktika erfolgte
nach den Vorschriften für die Oberlehrerinnenkurse.
Professor Dr. Borchling, 1) Lektüre der kleineren geistlichen Ge-
dichte des XII. Jahrhunderts (ed. Alb. Leibzmann, Bonn 1910) im
Deutschen Seminar. Gebühr N 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 19mal.
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zahl nach der Koptzählung‘ „nr Nee een en ecrnenen 195 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 10 3
*) Auswärtige: 2 Altona, 1 Bergedorf.
2) Althochdeutsche Übungen im Deutschen Seminar. “Gebühr N 10.
Wöchentlich einstündig durchs Semester.
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Öberlehrer Dr. Rosenhagen, Zwei deutsche Praktika. 1) Alt-
deutscher Kurs: Parzifal, Fortsetzung; Einführung in die Nibelungen-
kritik; Übersicht über die deutsche Literaturgeschichte des Mittel-
alters. Gebühr M 10.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 1l’mal.
110
Bericht über die Vorlesungen.
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Gesamtzahl nach der Kopfzählung...................
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach
*) Auswärtige: 1 Altona, 2 Buxtehude.
2) Neudeutscher Kurs: Goethe nach 1794;
des Faust. Gebühr MH 10.
Wöchentlich einstündig durchs Semester,
der Kopfzählung...
156 Zuhörer.
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Gesamtzahl nach der Kopfzählung..........-.......
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.
*) Auswärtige: 2 Altona, 1 Blankenese, 2 Buxtehude.
195 Zuhörer.
14 Fr
Dr. Schwietering, Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Museum für
hamburgische Geschichte, Deutsches Praktikum.
schen. Gebühr N 10.
Gesamtzahl nach der Kopfzählung
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 13mal.
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177 Zuhörer.
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*) Auswärtige: 1 Altona, 1 Bergedorf, 1 Finkenwärder, 1 Harburg, 1 Kl. Flottbek.
Wintersemester 1910/11. 199:
Dr. Burg, Bibliothekar an der Stadtbibliothek, Skandinavisches Prak-
tikum. Altisländische Lektüre. Gebühr N 10.
Wöchentlich zweieinhalbstündig durchs Semester, im ganzen 20mal.
Wohnort 3
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 5 M
*) Auswärtige: 1 Bergedorf, 1 Fuhlsbüttel.
Professor Dr. Röttiger, Direktor der Realschule in Eppendorf, Zwei
französische Praktika.
1) Altfranzösische Formenlehre. Lesen und Interpretation aus-
gewählter Stücke aus „Bartsch“. Gebühr # 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 16mal.
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ramtzahl nach der Kopfzählung ........-.....-:.2.220ccuneenr een. 137 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 9 „
*) Auswärtige: 4 Altona, 1 Bahrenfeld, 1 Buxtehude.
2) Die Literatur und Sprache des 16. Jahrhunderts. Gesamtwieder-
holung unter Zusammenfassung der von den Teilnehmerinnen im Laufe
des Kursus gehaltenen Einzelvorträge zu Gesamtvorträgen über die
Entwicklung der einzelnen Literaturgattungen. Zusammenfassende
Übersicht der Laut- und Formenlehre. Behandlung methodischer
Fragen. Gebühr NA 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen zwölfmal.
112 Bericht über die Vorlesungen.
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 4 n
*) Auswärtige: 1 Buxtehude.
Öberlehrer Dr. Schaefer, Zwei französische Praktika.
1) Die Entstehung des Realismus und die realistische Schule (im
Roman und Theater). Die Hauptvertreter der Parnassiens und der
Symbolisten. Die modernen Kritiker von Ste. Beuve bis Jules
Lemaitre. Gebühr M 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 16mal.
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Gesamtzahl nach der Kopfzahling. =... 2.22 ee 154 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 10 „
*) Auswärtige: 4 Altona, I Bergedorf, 1 Buxtehude.
2) Formenlehre und Syntax des Pronomens und Adverbs. Lektüre
von Anatole France: Le Crime de Sylvestre Bonnard. Übersetzung
von Anton Ohorns Schauspiel ‚‚Die Brüder von St. Bernhard“, V. Akt.
Gebühr M 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 17mal.
Wohnort 8
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Gesamtzahl: nach der Kopfzählung „2... 22... Bee 401 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 24
*) Auswärtige: 4 Altona, 1 Bergedorf, 1 Nienstedten, 1 Pinneberg, 3 Wandsbek.
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Wintersemester 1910/11. 113
Professor Hering, Direktor der Realschule in Barmbeck. Englisches
Praktikum. 1) Lektüre und Interpretation ausgewählter Stücke aus Zu-
pitzas Alt- und Mittelenglischem Übungsbuch, bearbeitet von Schipper,
Wien und Leipzig, Braumüller. 2) Syntaktische Übungen und Wieder-
holungen bei der Lektüre von Bernard Shaw’s Major Barbara, London,
Constable & Co., 1909. Gebühr MH 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 16mal.
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 19 5.
*) Auswärtige: 2 Ahrensburg, 4 Altona, 1 Bahrenfeld,_ 1 Bergedorf, 1 Oth-
marschen, 1 Wandsbek, 1 Wilhelmsburg.
Öberlehrer Dr. Kiesow, Englisches Praktikum. Shakespeare und das
englische Drama neben und nach Shakespeare. Shakespeares Sprache
und Rhythmik. Gebühr X 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 1Smal.
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 11 3
*) Auswärtige: 1 Alsterdorf, 1 Altona, 1 Bahrenfeld, 1 Bergedorf.
Öberlehrer Dr. Lühr, Englisches Praktikum. Englische Literatur im
Zeitalter der Königin Viktoria. Gebühr X 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 16mal.
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114 Bericht über die Vorlesungen.
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 12 Pr
*) Auswärtige: 2 Ahrensburg, 2 Altona, 1 Bergedorf, 1 Wilhelmsburg.
Cortiio, Direktor der Berlitz School of Languages, Spanisches Prak-
tikum. Don Francisco Janes „Fäbulas de Esopo, Samaniego & Friarte“
sowie ein noch zu bestimmendes modernes Werk. Lektüre mit freien
Wortübungen. Gebühr # 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 21mal.
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Verschiedene weibliche Berufe......... 2|—- | — 2
Weibliche Hörer ohne Berufsangabe: | |
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Gesamtzahl nach der .Kopfzählung .. a. 2.2 7... 2er rear 262 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 12 5
*) Auswärtige: 1 Altona, 1 Harburg, 1 Wandsbek.
Professor Dr. Becker, 1) Arabisches Praktikum im Seminar für Ge-
schichte und Kultur des Orients. Interpretation eines arabischen
Schriftstellers. Gebühr MA 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 1l5mal.
Wintersemester 1910/11. 115
Wohnort B
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Juristen (Verwaltungsbeamteu. Richte)]| 1 | — | — 1
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl-
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hl mach -der. Kopfzählung. +... arena ensaate ne nr 35 Zuhörer.
Durchsehnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 2 kr
2) Syrisches Praktikum im Seminar für Geschichte und Kultur des
Orients. Interpretation eines syrischen Schriftstellers. Gebühr MA 10.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen zehnmal.
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Juristen (Assessoren und Referendare)... | || — ' —| 1
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung .. 2 ER
Professor Dr. Franke, Einführung in die Kenntnis der chinesischen
Sprache. II. Kursus. Gebühr # 10.
Zweimal wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 30mal.
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Juristen (Assessoren und Referendare)..| 1| — | — l
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enacheder Kopfzählung. .. \iN..:2..2.2n.0n nem e nenn 74 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 2 >
Die von Professor Dr. Wohlwill angekündigten literarhistori-
schen Übungen über Goethes Wilhelm Meister von seinen Anfängen bis
zu seiner Vollendung und die von Professor Dr. Franke angekündigten
Übungen in der Erklärung chinesischer Texte haben nicht stattgefunden.
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116 Bericht über die Vorlesungen.
Emanuel Stockhausen, Anleitung zur Vortragskunst.
Zugelassen wurden Lehrer und Lehrerinnen sowie solche Personen, die an
diesen Vorlesungen ein berufliches Interesse begründen konnten. Die Auswahl und
die Entscheidung über die Aufnahme war dem Dozenten anheimgestellt.
I. Kursus, für Anfänger. Gebühr M 10.
a. Anleitung zur Stimmbildung und Atemführung.
b. Die reine deutsche Aussprache und ihre Bedeutung für den Vortrag. Einteilung
der Vokale und Konsonanten. Sprechübungen.
c. Praktische Übungen im mündlichen Vortrage.
Alle 14 Tage zweistündig durchs Semester, im ganzen elfmal.
Wohnort | ® Wohnort | 3
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Studierende der Philosophie IB Berufsangabe:
und der Lehrfächer ....[ 11— | — || 1] a. Unverheiratete........ ‘| 2|—|| 9
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l en 3 Wilhelmsburg.
II. Kursus, für Fortgeschrittenere. Gebühr M 10.
a. Kurze Wiederholung der Theorie.
b. Praktische Übungen im mündlichen Vortrage.
Alle 14 Tage zweistündig durchs Semester, im ganzen zehnmal.
Wohnort
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Architekten und Ingenieure| 1|— | — | 1 en nu
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Durchsehnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 16 ”
*) Auswärtige: 2 Altona, 1 Bergedorf, 2 Blankenese.
12
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Wintersemester 1910/11. 7
II. Kursus, für besonders befähigte und interessierte Lehrer und Lehrerinnen
sämtlicher Lehranstalten. Gebühr 4 10. Zulassungsbedingung: Teilnahme an früheren
Kursen’beim Dozenten. Die Auswahl war dem Dozenten anheimgestellt.
Alle 14 Tage zweistündig durchs Semester, im ganzen zehnmal.
Wohnort B
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 30 3
*) Auswärtige: 3 Altona, 1 Bergedorf, 2 Oevelgönne.
IV. Kursus. Die Kunst des Atmens. Nur für Lehrer und Lehrerinnen. Gebühr M 5.
Wöchentlich anderthalbstündig, im ganzen sechsmal.
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen ....| — | 1 en l
Studierende der Philosophie und der
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*) Auswärtige: 4 Altona, 1 Blankenese, 2 Wilhelmsburg.
118
Bericht über die Vorlesungen.
V. Kursus. Die Kunst des Atmens. Nur für Lehrer und Lehrerinnen. Gebühr M 5.
Wöchentlich anderthalbstündig, im ganzen siebenmal.
Wohnort 5
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 15 „
*) Auswärtige: 3 Altona, 1 Harburg, I Kl. Flottbek, 1 Oevelgönne.
VI. Musikgeschichte.
Öffentliche Vorlesung.
Dr.Hermann Behn, Die Meistersinger von Nürnberg. Von Richard
Wagner. Mit Erläuterungen am Flügel.
Wöchentlich einstündig, im ganzen fünfmal.
Ursprung und Schicksal der Meistersinger. Wesen und Bedeutung der Dichtung
und der Musik. Auf zwei Flügeln: Das Vorspiel.
Die Quellen der Meistersinger-Dichtung. Erster Aufzug: Freiung. Auf zwei
Flügeln: Johannis-Choral; Zunftversammlung.
Die Dichtung der Meistersinger. Zweiter Aufzug: Johannisnacht. Auf zwei
Flügeln: Schusterlied; Ständchen und Prügelszene.
Der musikalische Stil der Meistersinger. Dritter Aufzug, erster Teil: Johannis-
tag. Auf zwei Flügeln: Vorspiel; Traumlied; Quintett.
5) Schlußbetrachtung. Dritter Aufzug, zweiter Teil: Preissingen. Auf zwei Flügeln:
Luther-Choral; Festwiese.
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c. Assessoren und | c. Bureaubeamte........ 6) 11 — \
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Wintersemester 1910/11. 119
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Architekten und Ingenieure] 5 3|— | 8S| b. Unverheiratete........ 12|13| 1|| S6
Andere private Techniker.| 1|— | —|| 1} c. Schülerinnen .......... 4— 1 —| 4
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 425 Si
*) Auswärtige: 2 Ahrensburg, 4 Alsterdorf, 32 Altona, 2 Bahrenfeld, 3 Bergedorf,
6 Blankenese, 2 Fuhlsbüttel, 1 Gr. Flottbek, I Harburg, 1 Hummelsbüttel, 5 Wandsbek,
3 Wilhelmsburg.
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VIII. Kunstgeschichte und Kunstwissenschaft.
Öffentliche Vorlesungen.
Professor Dr. Brinekmann, Direktor des Museums für Kunst und
Gewerbe, 1) Ausgewählte Abschnitte aus der Geschichte der Gold-
schmiedekunst, der ostasiatischen, islamischen und europäischen
Töpferkunst, der Bildwirkerei und der Lederarbeit.
Wöchentlich einstündig, im ganzen sechsmal.
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b. Sonstige Beamte ..... 2-3 —|| 5| Musikalische Berufe(Damen)| — 1/—|| 1
Übertrag...|22| 7) ı| 30 UÜbertrag...[355,12| 1]|51
120 Bericht über die Vorlesungen.
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Gesamtzahl nach der Kopfzählung
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung .
*) Auswärtige:
2 Gr. Flottbek, 2 Harburg, 1 Kl. Flottbek, 1 Neu-Kohlstedt, 1 Prag.
61
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370 Zuhörer.
11 Altona, 1 Alt-Rahlstedt, 2 Bergedorf, 1 Friedrichsroda, 2 Gotha,
2) Die neuen Erwerbungen für die Sammlungen und die Bibliothek.
Persönliche Anmeldung beim Dozenten war erforderlich.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen lömal.
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Studierende der Philosophie a. Verheiratete ......... S| 2 — IA
und der Lehrfächer ....| 2) — —|| 2]| b. Unverheiratete .. 7| 2| LO
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Gesamtzahl nach der Kopfzählung
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung .
*) Auswärtige: 4 Altona, 2 Bergedorf, 1 Harburg, 1 Wilhelmsburg.
34
514 Zuhörer.
”
Dr. Siegfried Weber (Zürich), Die bedeutendsten Maler der italie-
nischen Frührenaissance, mit Lichtbildern.
An sechs Tagen einstündig.
Fra Angelico).
hunderts.
15. Jahrhunderts.
Die Vorläufer und Übergangsmeister (Giotto, Lorenzetti, Gentile da Fabriano,
Masaccio und die Florentiner Malerschule in der ersten Hälfte des 15. Jahr-
Sandro Botticelli und die Florentiner Malerschule in der zweiten Hälfte des
Wintersemester 1910/11.
121
4) Andrea Mantegna und die oberitalienischen Malerschulen der Frührenaissance.
5) Die venezianische Malerschule im 15. Jahrhundert.
6) Die Umbroflorentiner (Piero della Francesca, Luca Signorelli, Melozzo da Fonli).
Gesamtzahl nach der Kopfzählung
Durehschnittszahl bei den einzelne
n Vorlesungen nach der Kopfzählung.
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Bamkbeamte........:.... 9 11— || 10| Architekten undIngenieuvre| 9 2) —| 11
Juristen: MusikalischeBerufe(Damen)] — 1/—|| 1
a. Rechtsanwälte und Andere künstlerische Berufel 3 11 —| 4
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b. Studierende der Rechte Handwerker 2... 14 — — | 14
u. Staatswissenschaften]| 1 — — | 1] Verschiedene männliche
Verschiedene Beamte: | Berner. era 4—ı—| 4
a. Technische Beamte des SE EN REN 12) 5|— || 17
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b. Bureaubeamte........ 1 — | — || 1| Verschiedene weibliche
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Mediziner (Ärzte) ........ 2 1/1— | 3| Weibliche Hörer ohne |
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Studierende der Philosophie b. Unverheiratete ....... 6812| 1|| 81
und der Lehrfächer ....| 3| 11)—|| 4| ce. Schülerinnen......... 4 = 4
Sonstige Studierende ...... 3 1|—|) 4| Gesamtzahl nach den aus- #)
‚Volksschullehrer ......... 12 2/— || 14) gefüllten Zählkarten ...[34164| 7|aı2
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2135 Zuhörer.
356 ”
*) Auswärtige: 25 Altona, 4 Bergedorf, 2 Blankenese, 1 Danzig, 1 Elbing, 2 Esch-
wege, 1 Fuhlsbüttel,
1 Gr. Borstel, 2 Gr. Flottbek, 1 Grund a. H., 1 Halle a.d. S.,
1 Heidelberg, 1 Nienstedten, 7 Othmarschen, 1 Schwarzenbek, 2 Stellingen, 5 Wandsbek,
° 4 Wilhelmsburg, 1 Wien, 1 Sundsvall (Schweden).
Dr.Gottschewski, Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Museum für
Kunst und Gewerbe, Die großen Bildhauer der Renaissance von Dona-
tello bis Michelangelo, mit Lichtbildern.
Wöchentlich einstündig, im ganzen sechsmal.
1) Donatello, der Schöpfer der
Donatellos Reife und Alter.
neuen Kunst.
3) Ghiberti und Luca della Robbia.
Die Virtuosen in Stein und
Lionardo als Bildhauer.
Die Akademie des Lorenzo
Bronze.
Magnifico und der klassische Stil.
192 Bericht über die Vorlesungen.
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Beruf &|,& eZ = Beruf &|..& 2 =
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a. Rechtsanwälte und | Architektenund Ingenieure| 3) 11 —| 4
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b. Assessoren und | Handwerkern. er rerree 3 —|—| 3
Referendare.......... — | 1/—|| 1| Verschiedene männliche
c. Studierende der Rechte Berufer. van — | — 1 SA
u. Staatswissenschaften| 1I— | — || 1} Schüler ................. Ss 3/— | 11
Verschiedene Beamte: | Männliche Hörer ohne
a. Technische Beamte des | Berufsangabe.......... o| —ıul Sl
höheren Verwaltungs- Verschiedene weibliche
dienstesee ee 2| 21 —| 4 Berulerr one ee 16| 3 | — || 19
b. Sonstige Beamte ..... 2|— |—|| 2] Weibliche Hörer ohne |
Mediziner: | Berufsangabe: |
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bazalmarziere ee 1|l—|—|| 1] b. Unverheiratete....... 63| 19 | — || 82
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Studierende der Philosophie IR , —__
und der Lehrfächer ll Davon waren e
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Gesamtzahl nach"der.Köpfzahlung 2... ee en ee 2115 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung 353 e
*) Auswärtige: 2 Ahrensburg, 26 Altona, 2 Bahrenfeld, 6 Bergedorf, 2 Blankenese,
1 Bürgel b. Jena, 1 Eschwege, 2 Fuhlsbüttel, 1 Gr. Borstel, 3 Gr. Flottbek, 2 Harburg,
1 Mainz, 1 Nienstedten, 7 Othmarschen, 4 Wandsbek, 5 Wilhelmsburg.
Professor Dr. Lichtwark, Direktor der Kunsthalle, im Auftrage der
Kommission für die Verwaltung der Kunsthalle, Allgemeine Ein-
führung in die Gremäldegalerie.
1) Einführung in die Gemäldegalerie im Fortbildungskursus der
Altonaer Juristen.
Wöchentlich einstündig, im ganzen sechsmal.
2) Einführung in die Gemäldesammlung.
Wöchentlich einstündig, im ganzen 1Smal.
Die von Herrn Professor Dr. Lichtwark angekündigten Einzel-
vorträge über wechselnde Themata haben nicht stattgefunden.
Übungen.
Zur Teilnahme war persönliche Anmeldung beim Dozenten erforderlich. Die
Zeichen-, Mal- und Modellierkurse waren für Lehrer und Lehrerinnen bestimmt. Die
Teilnehmer, deren Zahl auf 20 beschränkt war, hatten eine genügende Vorbildung
nachzuweisen, z.B. durch Vorlegen von Arbeiten.
Dr. Gottschewski, Wissenschaftlicher Hilisarbeiter am Museum für
Kunst und Gewerbe, Lektüre von Briefen und Gedichten Michelangelos
unter Zugrundelegung des italienischen Textes. Nach kultur- und
Wintersemester 1910/11. 128
kunsthistorischen Gesichtspunkten. Einige Kenntnis der italienischen
Sprache war erforderlich. Gebühr M 5.
Wöchentlich einstündig, im ganzen zehnmal.
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen ....| 21 — | — | 2
Juristen: |
a. Rechtsanwälte und Notare ........ I l
b. Assessoren und Referendare ....... ME 1
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*) Auswärtige: 1 Bergedorf, 1 Harburg, 1 Lokstedt, 1 Othmarschen.
Arthur Siebelist, Aktzeichnen und Malen. Gebühr A 10.
Nur für Lehrer.’
Wöchentlich dreistündig durchs Semester, im ganzen 20mal.
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Männliche Hörer ohne Berufsangabe ...[ — — | 3 3
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- |
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Davon waren
mannkche. Hörer... een 16 | — 3 le)
Betzablenach der Kopfzählung ....va...2....J.n en: 517 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 16 %
Friedrich Schaper, Kopfzeichnen, Zeichnen und Malen nach Still-
leben, ausgestopiten Tieren, Pflanzen, Blumen usw. Gebühr „A 10.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 20mal.
124 Bericht über die Vorlesungen.
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Beruf a |,&|o2|| 5
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Weibliche Hörer ohne Berufsangabe: |
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b. Unverhematete .n.... I ne 5“ | —Niaeb
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Gesamtzahl nach" der Kopfzäahlung. „2.2. na et ne 256 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 13 =
*) Auswärtige: 1 Bergedorf, 1 Harburg, 1 Lokstedt, 2 Wandsbek, 1 Wilhelmsburg.
H.Cornils, Modellierkursus für Anfänger und Fortgeschrittene. Nur
für Lehrer. Gebühr M 10.
Wöchentlich dreistündig durchs Semester, im ganzen 23mal.
Wohnort B
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Beruf ee]
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Violkssehullehrer. #3 2 rm ae 10 | 11
Männliche Hörer ohne Berufsangabe...| 2 | — | — 2
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- |
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mannlichedklörer a... es 2) —ı| 72
Gesamtzahl nach der ’Kopfzählıne a2, er ee 240 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 10 H,
IX. Geschichte.
Öffentliche Vorlesungen.
(reheimrat Professor Dr. Marcks. Deutsche Geschichte im Zeitalter
der Gründung des Reichs (1851—1871).
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 16mal.
1)
“ Die Reaktionszeit.
3) Die neue Ära. König Wilhelm 1.
4) Das Militärgesetz und der Konflikt.
5) Die deutsche Frage bis 1562.
6) Der Eintritt Bismarcks.
ei
Wintersemester 1910/11. 125
7) Preußen und Deutschland bis 1564.
S) Schleswig-Holstein.
9) Preußen und Deutschland bis 1566.
10)
2 Losbruch, Krieg und Friedensschluß 1566.
12) Deutschland im Norddeutschen Bunde.
15) Der Ursprung des Ver Kriegs.
14)
15), Der französische Krieg und die Gründung des Reichs.
10)
Wohnort | 3 Wohnort ||
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Juristen: | Architekten und Ingenieure] 2 — —|| 2
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b. Rechtsanwälte und | SuHlertenm Ara i—-|—| 1
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d. Studierende der Rechte | | Seeleute (Schiffer) ......... 11171
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Verschiedene Beamte: | Behuler and eg; 5) 2) 7
a. Technische Beamte des | Männliche Hörer ohne |
höheren Verwaltungs- Berufsangabe.......... 111) —|— || 11
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c. Bureaubeamte....... ll! 1,— | 12| Weibliche Hörer ohne
d. Sonstige Beamte ..... 301 5|—|| 33 Berufsangabe:
Mediziner (Ärzte)........ 55 3/—|| SI a. Verheiratete ......... 6711| — | 7S
Bere 2 nn, 1 —|—| 1} b. Unverheiratete ....... 49| 9. 1|| 59
Bemiker......2......... 3 —|—|| 3| .c. Schülerinnen ......... 3—|—| 3
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Studierende der Philosophie | gefüllten Zählkarten ...|398|sı) 2481
und. der Lehrfächer ....| —| 1|—ı 1 Davon teren a a
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Übertrag...[171|36 | 11208 WeIDlichereaee ee 19439 | 1234
elinach. der Kopfzahlung 2. 2... sn ae. een) 7132 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung 446 er
*) Auswärtige: 2 Alsterdorf, 49 Altona, 4 Bergedorf, 1 Dockenhuden, 4 Fuhls-
büttel, 2 Gr. Flottbek, 4 Harburg, 2 Langenfelde, 2 Lokstedt, 1 Ohlsdorf, 1 Pinneberg,
l Schwarzenbek, 5 Wandsbek, 3 Wilhelmsburg.
Professor Dr. Keutgen, Ausgewählte Kapitel aus der neueren Kolo-
nialgeschichte.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 17mal.
126 Bericht über die Vorlesungen.
Wohnort 3 Wohnort s
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a. Verwaltungsbeamte Männliche Hörer ohne |
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b. Assessoren und | Verschiedene weibliche |
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Verschiedene Beamte: Weibliche Hörer ohne |
a. Zollbeamte.........: 1I|—|—| 1 Berufsangabe:
b. Bureaubeamte........ Fr — li Sr a. öVerheivateter. ee: 2|—|—|| 2
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Mediziner (Ärzte). ..... | 1/—=/—)| 1] Gesamtzahl nach den aus-| *)
Studierende der Philosophie | gefüllten Zählkarten ...|58 | 12 | — ||70
und der Lehrfächer ....|— | 11 — | 1 Dan Arch
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Gesamtzahl nach der Kopfzählung
Durehschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung .
*) Auswärtige: 6 Altona, 1 Breslau, 2 Stellingen, 1 Wandsbek, 2 Wilhelmsburg.
489 Zuhörer.
29
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Professor Dr. Becker, Das moderne Ägypten und die englische
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Herrschaft.
Wöchentlich einstündig, im ganzen siebenmal.
l) Gründe und Geschichte der englischen Okkupation.
2) Lord Cromer und die Reorganisation Agyptens.
3) Wirtschaftspolitik.
4) Unterrichtspolitik.
5) Die Eroberung des Sudan.
6) Die nationalistische Bewegung.
7) Die jüngsten Ereignisse.
Wohnort B Wohnort B
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a. Verwaltungsbeamte u. | Mediziner (Zahnärzte) ....[|— | 1) —
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b. Rechtsanwälte und Chemikenit ee ee 1| 11—
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c. Assessoren und Re- Sonstige Studierende..... 1) = —
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Verschiedene Beamte: Seminaristen « .. .. 22. 21 — | —
a. Technische Beamte des Tehrerinnenn a 2.2. 2 Sul
höheren Verwaltungs- | Seminaristinnen.......... Sur je
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Wintersemester 1910/11. 197
Wohnort s Wohnort 5
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Verschiedene männl. Berufe| 2) — |— || 2| c. Schülerinnen......... N
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Männliche Hörer ohne { gefüllten Zählkarten ...|111)23 | 2136
Berufsangabe........... bi al KO ES Denn
Weibliche Hörer ohne Be- N er:
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Übertrag...[97|20| 2|I119 |
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung 149 an
*) Auswärtige: 13 Altona, 1 Bahrenfeld, 1 Bergedorf, 1 Gr. Borstel, 1 Harburg,
4 Wandsbek, 2 Wilhelmsburg. -
Dr. Schwietering, Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Museum für
hamburgische Geschichte, Das höfische Leben im Mittelalter, insbeson-
dere die Anteilnahme der höfischen Kreise an der schönen Literatur.
Wöchentlich einstündig, im ganzen dreimal.
Wohnort | Wohnort | 3
Beruf & „ale® 3 Beruf &|,&o2 E
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a. Technische Beamte des Männliche Hörer ohne
höheren Verwaltungs- | Berufsangabe........... 1| 11—|| 2
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b. Bureaubeamte........ — | 1/—|| 1] Weibliche Hörer ohne |
c. Sonstige Beamte ..... —| 1/—|| *1 Berufsangabe: |
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Sonstige Studierende ..... —, 11) 1| Gesamtzahl nach den aus- *
Volksschallehrer ......... RG gefüllten Zählkarten ...| 52 | 24 | — || 76
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Seminaristinnen 21— —| 2 Davon waren
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 66 55
*) Auswärtige: 1 Alsterdorf, 12 Altona, 1 Bergedorf, 1 Fuhlsbüttel, 1 Kl. Flott-
bek, 1 Lokstedt, 1 Lübeck, 2 Wandsbek, 4 Wilhelmsburg.
Dr. Nirrnheim, Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Staatsarchiv,
Hamburg als Hansestadt bis zum Ausgang des Mittelalters.
Wöchentlich einstündig, im ganzen fünfmal.
128 Bericht über die Vorlesungen.
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Verschiedene Beamte: | Schuler. „er. Ser 9 — | le
a. Technische Beamte des Männliche Hörer ohne |
höheren Verwaltungs- | Berufsangabe 4. 22% u Le
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b. Bureaubeamte........ 1 —| 1 Berufe. Ger ee 2) — | — | 2
c. Sonstige Beamte ..... 4| 1/—|| 5| Weibliche Hörer ohne
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Studierende der Philosophie | „| Gesamtzahl nach den aus- *)
‚und der Lehrfächer ....| 3 — | 3| gefüllten Zählkarten ...[101)16| 4121
Volksschullehrer 2 m. 6) 2! —| S ——
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Übertrag...|65|13 | 1|| 79 weibliche. ° , -Sası..z 301 3| 3|| 36
Gesamtzahlömach) der »Kopfzahlune Kern. ee ee 407 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. S1 R
*) Auswärtige: 1 Alsterdorf, 6 Altona, 2 Bergedorf, 2 Gr. Flottbek, 1 Harburg,
1 Ohlsdorf, 1 Potsdam, 2 Wandsbek.
Für Hörer mit speziellem historisch-wissenschaftlichem Interesse und genügender
Vorbildung.
Geheimrat Professor Dr. Marcks. Renaissance und Reformation (Ein-
führung). Gebühr MW 10.
Zur Teilnahme war schriftliche Anmeldung im Vorlesungsbureau unter Angabe
des Berufes erforderlich. Hörerinnen und Hospitanten der Öberlehrerinnenkurse
belegten diese Vorlesung nach den Vorschriften für die Oberlehrerinnenkurse.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 16mal.
Wohnort 5
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Beruf „ec | 5a ale E
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen . 31—-|—|| 3
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Andere private Techniker............. -— ll — 1
Verschiedene männliche Berufe......... — 1 — 1
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Männliche Hörer ohne Berufsangabe ...|— | 1 — l
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Wintersemester 1910/11. 129
Wohnort 3
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Weibliche Hörer ohne Berufsangabe:
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Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- =)
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miezahlinach der/Kopfzählung .. 2... u 22 8.8 ar RINDE 653 Zuhörer.
Durehschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 41 2
*) Auswärtige: 1 Alsterdorf, 9 Altona, 4 Bergedorf, 1 Finkenwärder, 1 Gr. Flottbek,
1 Othmarschen, 1 Wandsbek.
Professor Dr. Keutgen. Allgemeine Geschichte des Mittelalters II.
Begründung nationaler Staaten, insbesondere in Deutschland durch die
Könige aus dem Ottonischen Hause. Die Eroberung Englands durch
die Normannen. Der Kampf zwischen Kaisern und Päpsten bis zum
Wormser Konkordat. Gebühr A 10. |
Diese Vorlesung war nach den Vorschriften für die ÖOberlehrerinnenkurse
zu belegen.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 17mal.
Wohnort 3
Beruf Ei 5 E e2 2
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen ....| 1 1|— | 2
Juristen (Rechtsanwälte und Notare)...‘ 11 — | — l
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 28 e
*) Auswärtige: 9 Altona, 2 Bergedorf, 1 Buxtehude, 1 Harburg, 1 Moorburg;
1 Othmarschen, 2 Wandsbek, 1 Wilhelmsburg.
130 Bericht über die Vorlesungen.
Professor Dr. Franke, Geschichte der chinesischen Verfassung. 1. Teil.
Vom hohen Altertum bis zum Beginn der Tang-Dynastie (7. Jahr-
hundert). Gebühr # 10.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen I7mal.
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Juristen (Assessoren und Referendare) | 11 — —| |]
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Männliche Hörer ohne Berufsangabe ... |, 1 —- | — | 1
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- |
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weibliche ER EEE SE re: 1 1) — | 2
Gesamtzahl nach“der ‚Kopfzählung....... - u Aene e ee eaeeE 95 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 6 rn
*) Auswärtige: 1 Wentorf.
Übungen.
Zur Teilnahme an den Übungen war persönliche Anmeldung beim Dozenten
erforderlich. Hörerinnen und Hospitanten der Öberlehrerinnenkurse belegten die
Übungen nach den Vorschriften für die Oberlehrerinnenkurse.
Geheimrat Professor Dr. Marcks, Übungen zur neueren Geschichte
(Reformationszeit und 19. Jahrhundert), im historischen Seminar.
Gebühr N 10. =
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 16mal.
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Juristen (Assessoren und Referendare) | 1| — | — 1
Oberlemmer er RE mer sea |
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Weibliche Hörer ohne Berufsangabe
(Unyerheunatete) Ser ee _ 2 — 2
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- *)
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Davon waren
mannliche Hörer 2. 2.8.12 Dessau MAAS 2 Kr 3
Welche ia 1. a 15,7 0.022
Gesamtzahl nach der Kopfzählung ............. BE EREE 435 Zuhörer.
Durehschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 27 .
*) Auswärtige: 5 Altona, 1 Dockenhuden, 1 Finkenwärder, 1 Othmarschen,
1 Wandsbek.
Wintersemester 1910/11. E31
Professor Dr. Keutgen, Übungen zur Geschichte des Mittelalters, im
historischen Seminar. Gebühr N 10.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen l5mal.
Wohnort 3
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B | E|7< N
Melksschullehrer 24... 2.2 02. sans mr Ser 4
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Weibliche Hörer ohne Berufsangabe | h
(imverBerratete):........., 000 see 1lı—- | — l
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- |*)
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 13 ”
*) Auswärtige: 3 Altona, 1 Harburg, 1 Moorburg, 1 Wandsbek.
Professor Dr. Schulz, Zeitalter der französischen Revolution beson-
ders in der Auffassung der französischen Geschichtsschreibung. Die
preußischen Reformen und die französischen Einflüsse auf die Staats-
und Rechtsentwicklung Preußens. Der Wiener Kongreß und die
deutsche Verfassungsfrage. Vorgeschichte der Gründung des neuen
Deutschen Reichs. Richtungen der Geschichtswissenschaft. Erörte-
rung methodischer Fragen. Gebühr A 10.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 14mal.
Wohnort 3
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 7 hs
*) Auswärtige: 3 Altona, 1 Buxtehude.
Oberlehrer Dr. Lorentzen, Übungen über Friedrichs des Großen
„Histoire de mon temps“. Gebühr A 10.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 16mal.
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132 Bericht über die Vorlesungen.
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Gesamtzahl nach “der Kopfzählung ......n.u 2.0 2 144 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 9 n
*) Auswärtige: 4 Altona, 1 Buxtehude.
Das von Professor Dr. Schwalm angekündigte Praktikum in
Lateinischer Paläographie für Historiker und Philologen und die von
Professor Dr. Wohlwill angekündigten Übungen über hamburgische
(reschichte während der Revolutionsjahre 1848—1850 haben nicht statt-
gefunden.
X. Geographie und Völkerkunde.
Öffentliche Vorlesungen.
Professor Dr. Hagen, Wissenschaftlicher Assistent am Museum für
Völkerkunde, Ethnographie von Japan, mit Lichtbildern.
Wöchentlich einstündig, im ganzen achtmal.
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Bankbeamte.....:.........: 620222, SSH | AHlandwerkersesr 6226
Verschiedene Beamte: | Landwirte und Gärtner...[ 1 — | —|| 1
a. Technische Beamte des ER N Verschiedene männliche
höheren Verwaltungs- a Berule nn. Ce ee 3 —|—|| 3
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c. Bureaubeamte.......... 2|—|—|| 2 Bernfsangabe,. run 3 1) Ale
d. Sonstige Beamte ..... 7! 2 —|| 9 | Verschiedene weibl. Berufe| 3 — | —|| 3
Mediziner: | Weibliche Hörer ohne |
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Sonstige Studierende ...... 41— | —| 4 e-=Schülerinnen . En er.er 2 —|—| 2
Volksschullehrer ......... 1) 21— | 3 | Gesamtzahl nach den aus- *)
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Architekten und Ingenieure | ee ünnliche Ser 4132| ı|| 87
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Gesamtzahl;nach (der! Kopfzählung 4 23 a a en ee 675 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 54 ;
*) Auswärtige: 15 Altona, 1 Gr. Borstel, 1 Kl. Borstel, 1 Kl. Flottbek, 1 Wands-
bek, 3 Wilhelmsburg.
Wintersemester 1910/11. 133
Die von Dr. Byhan, Wissenschaftlicher Assistent am Museum
für Völkerkunde, angekündigte Vorlesung über die Vorgeschichte Europas
mit besonderer Berücksichtigung des Nordens hat nicht stattgefunden.
N
Für Oberlehrer, Lehrer, Lehrerinnen und Studierende der Geographie.
Die Vorlesungen waren nach den Vorschriften für das Kolonialinstitut oder die
Oberlehrerinnenkurse zu belegen.
Professor Dr. Passarge, Geomorphologie Gebühr A 20.
Wöchentlich zweimal zweistündig, im ganzen 27mal.
Wohnort S
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Sonstige Studierende... .nucr.n.... ee
Volksschullehrenm msn ar wer 2, | = b)
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antzahl nach .der-Kopfzäahline: . 7... Wal er. 375 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 14 4
*) Auswärtige: 1 Alsterdorf, 1 Altona, 2 Bergedorf, 2 Wandsbek.
Dr. Kohlschütter, Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an der Stern-
warte, Mathematische Greographie. Gebühr M 10.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen l4mal.
Wohnort 5
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 1
*) Auswärtige: 3 Altona, 1 Bergedorf, 1 Pinneberg, 1 Wandsbek.
134 Bericht über die Vorlesungen.
Übungen.
Dr. Reche, Wissenschaftlicher Assistent am Museum für Völkerkunde,
Anthropometrisches Praktikum. Gebühr N 10.
Persönliche Anmeldung beim Dozenten war erforderlich.
Dreimal wöchentlich eineinviertelstündig, im ganzen 13mal.
Wohnort s
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Gesamtzahl. nach der Kopfzählung. Hr RR a er RE 25 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung .. 2 b
Die folgenden Übungen waren nach den Vorschriften für das Kolonialinstitut
oder die Oberlehrerinnenkurse zu belegen.
Professor Dr. Passarge, Geographische Übungen. Gebühr N 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen l5mal.
Wohnort 5
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 19 in
*) Auswärtige: 1 Altona, 2 Bergedorf, 2 Wandsbek.
Professor Dr. Diersche, 1) Anthropogeographie (Fortsetzung). Ge-
schichte der Geographie und Methodik des geographischen Unter-
richts. Gebühr # 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 16mal.
Wintersemester 1910/11. 135
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Durehschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 7 r
*) Auswärtige: 1 Altona.
2) Handels-, Verkehrs- und Wirtschaftsgeographie Gebühr M 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 16mal.
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 4 R
*) Auswärtige: 2 Altona.
XT. Bau- und Ingenieurwissenschaft.
Öffentliche Vorlesung.
Bauinspektorr Ranck, Bau- und Kunstgeschichte des Hamburger
Bürgerhauses, mit Lichtbildern.
Wöchentlich einstündig, im ganzen sechsmal.
1) Die Abstammung des Hauses und sein Zusammenhang mit den Hausformen der
Umgebung.
2) Die Grundlagen der Entwicklung des Hauses in Hamburg.
3) Die Hauptformen: Kaufmannshaus, Kleinbürgerhaus, Bude.
4) Kaufmannshaus, Kleinbürgerhaus, Bude. Die Diele.
9) Die architektonische Ausgestaltung der Diele.
6) Die übrigen Räume und ihre architektonische Ausstattung.
7) Der architektonische Aufbau des Äußeren.
136 Bericht über die Vorlesungen.
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c. Sonstige Beamte ...... 3)—|—|| 3] a. Verheiratete ......... 3 | 354 12
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Gesamtzahl nach.der Kopfzahluine nr... 22. 552 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung . 76 x
*) Auswärtige: 9 Altona, 2 Fuhlsbüttel, 1 Runkel a. d. Lahn, 2 Wandsbek.
X1J. Fischerei.
Öffentliche Vorlesungen.
Professor Dr. Ehrenbaum,. Wissenschaftlicher Assistent am Natur-
historischen Museum, Leiter der Abteilung für Fischereibiologie, Über
die Biologie der heimischen Fische und Fischereiobjekte, mit Licht-
bildern.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 13mal.
1) Allgemeine Einleitung.
2)\ Die Aufgaben der biologischen Forschung im Interesse der Seefischerei an
3)J Beispielen erläutert.
4) Fische der Elbmündung und ihre Lebensgeschichte.
5) Der Elbbutt und seine Lebensgeschichte.
6) Die Scholle.
7) Flunder und Scholle.
$S) Fanggründe und Laichgründe der Scholle.
9) Altersbestimmung bei Fischen.
10) Seezunge, Steinbutt und andere Plattfische.
11) Ostseefische.
12) Der Kabeljau und sein Fang.
15) Der Schellfisch und Verwandte.
Wintersemester 1910/11. 137
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c. Sonstige Beamte 1| 11—|| 2 Berufsangabe.......... 13 A ter
Mediziner (Arzte)......... — 1/—|| 1] Verschiedene weibl. Berufe] — | 1, — l
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Volksschullehrer ......... 3) 2 51, au Verheiratete,. u... 82, alle
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Seminaristinnen .........[ 1 — | —| 1| Gesamtzahl nach den aus- |”) |
Architekten und Ingenieure| 1) 1 — | 2| soefüllten Zählkarten ...[77|22| s|107
Andere private Techniker.|— | 11—|| 1| n,, Ri Sen
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Gesamtzahl nach der Kopfzählung
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung .
*) Auswärtige:
1 Kl. Flottbek, 1 Wandsbek, 1 Wologda (Rußland).
Fischereidirektor Lübbert, Der gegenwärtige Stand der deutschen
Binnenfischerei, mit Lichtbildern.
Wöchentlich einstündig, im ganzen fünfmal.
519 Zuhörer.
40
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12 Altona, 2 Alt-Rahlstedt, 1 Berlin, 2 Emden, 2 Finkenwärder,
l) Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Binnenfischerei.
2) Die Forellenteichwirtschaft.
3) Die Karpfenteichwirtschaft.
4) Die fischereiliche Bewirtschaftung der Binnenseen.
5) Die Flußfischerei.
Wohnort | 2 Wohnort | B
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Bänkbeamte............. Ze SE jnschuleren van re 5 11—| 6
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Beferendare)........... — | 1/—|| 1 Berufsangabe.......... KL T 05
Verschiedene Beamte: | Verschiedene weibl. Berufe| 1 — | —|| 1
a. Technische Beamte des Weibliche Hörer ohne |
höheren Verwaltungs- Berufsangabe:
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b. Sonstige Beamte ..... 2| 2|—| 4 | b. Unverheiratete ....... See RO
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.
*) Auswärtige: 11 Altona, 1
Blankenese, 4 Finkenwärder.
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138 Bericht über die Vorlesungen.
XIII. Mathematik.
Vorlesung für Lehrer und Lehrerinnen.
Diese Vorlesung war nach den Vorschriften für die Oberlehrerinnenkurse
zu belegen.
Professor Dr. Pflaumbaum, Mathematisches Praktikum, IV. Teil.
1) Stereometrie und sphärische Trigonometrie. 2) Komplexe Zahlen
und kubische Gleichungen. Gebühr M 20.
Wöchentlich zweimal zweistündie durchs Semester, im ganzen 32mal.
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 17
*) Auswärtige: 5 Altona, 2 Bergedorf, 1 Buxtehude, 1 Harburg, 2 Wandsbek.
XIV. Astronomie und Nautik.
Öffentliche Vorlesungen.
Dr. Schwaßmann, Öbservator der Sternwarte, Die Methoden der
Bahnbestimmung von Kometen.
Mathematische Vorkenntnisse waren erforderlich.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 20mal.
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Studierende der Philosophie und der |
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Gesamtzahl nach.der Kopfzählung. . 2.2... un. ua un en wen el 149 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 7
*) Auswärtige: 2 Altona, 1 Bergedorf, 1 Blankenese, 1 Gr. Borstel, 1 Wandsbek.
Pr
Wintersemester 1910/11.
l
39
Dr. Graff, Observator .der Sternwarte, Allgemeine Astronomie,
III. Teil, mit Lichtbildern.
Wöchentlich anderthalbstündig durchs Semester, im ganzen zwölfmal.
Wohnort 2 Wohnort | 5
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Mediziner (Zahnärzte) ....| 2 — |— | 2] Verschiedene weibliche |
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Seminaristinnen.......... 1/|—|— || 1] ce. Schülerinnen......... ee
Architekten und Ingenieure | 3 \—|—|| 3] Gesamtzahl nach den aus-| (7 [x FM
Andere private Techniker. — 1 --| 1 gefüllten Zählkarten ...|56 16, — [72
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Gesamtzahl nach der Kopfzählung
Durehschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.
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645 Zuhörer.
*) Auswärtige: 5 Altona, 1 Alt-Rahlstedt, 2 Bergedorf, 1 Blankenese, 1 Elberfeld,
1 Geesthacht, 2 Wandsbek, 1 Wilhelmsburg, 1 Budapest, 1 Wologda (Rußland).
Dr. Dolberg, Observator der Sternwarte, Theorie der Figur der
Himmelskörper, II. Teil: Theorie der Gleichgewichtsfiguren.
Wöchentlich anderthalbstündig durchs Semester, im ganzen 21mal.
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Studierende der Philosophie und der Lehr- |
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 3
*) Auswärtige: 1 Altona, 1 Bergedorf, 1 Wandsbek.
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59 Zuhörer.
140 Bericht über die Vorlesungen.
Professor Dr. Bolte, Direktor der Navigationsschule, Die drahtlose
Telegraphie im Dienste der Seeschiffahrt mit Demonstrationen und
praktischen Übungen.
Persönliche Anmeldung beim Dozenten war erforderlich.
Wöchentlich anderthalbstündig, im ganzen elfmal.
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Verschiedene Beamte (Sonstige Beamte)| 5 | — | — 5
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Architekten und Ingenieure.... ...... L°\.— 1% |
Seeleute (Steuerleute)................. 19 | 3 | — || 22
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- a)
Kanten A CET 29 3 | — || 32
Davon waren |
Männliche Hören... 2... ner 29.| >3 | — 82
Gesamtzahl nach der. Kopfzahlung 2. rn. u. ee 27
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 2
*) Auswärtige: 3 Altona.
9 Zuhörer.
9] an
XV. Physik.
Öffentliche Vorlesungen.
Professor Dr. Voller, Direktor des Physikalischen Staatslabora-
toriums, Gesamtkursus der Elektrizitätslehre; IV. Teil: Neuere
Forschungen auf dem Gebiete der Elektrizitätslehre.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen l5mal.
Wohnort || 3 Wohnort E
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Kaufleute bezw. Handlungs- | Vortrag...| SS| 13 | — |/IOl
gehilten... Ser rer 22|— | —|| 22| Handwerker.............. 6 11—| 7
Bankbeamter.. 2 mn.a rn 2) 1/—|| 3] Verschiedene männliche |
Juristen (Rechtsanwälte jr Beimiert an 3 ee 11111 | — || 22
und Notare) ern 1 li | Schllen 2’. en. ee s| = | —/[ 73
Verschiedene Beamte: ie Männliche Hörer ohne |
a. Bureaubeamte........ 19| 5/ — || 24 Berufsangabe.........- 210
b. Sonstige Beamte ..... 13 | — | — || 13| Verschiedene weibl. Berufe| 5 11 —|| 6
Mediziner (Ärzte) ........| 1) 1)—|| 2| Weibliche Hörer ohne
Chemikerz re ee: || Berufsangabe:
Sonstige Studierende ..... 2|—|—|| 2] a Verheiratete ......... 12) 1) —|| 15
Volksschullehrer ......... 12| 2) —| 14| b.’ Unverheiratete....... ö—|—| 3
Lehrerinnen ............. DT a a eamezchlnach deananz *)
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rchitekten und Ingenieure — lu Tapzuns
Andere private Techniker 7) || - 7 Day NED. en
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Ubertrag...[SS | 13 | — |]101 weibliche.“ War AEEE 24| 5) — || 29
Gesamtzahl nach (der Kopfzählune .......n...... 2 ee 1759 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung 117
*) Auswärtige: 20 Altona, 1 Alt-Rahlstedt, 1 Fuhlsbüttel, 6 Ohlsdorf, 1 Wandsbek.
Wintersemester 1910/11. 141
Professor Dr. Classen, Wissenschaftlicher Assistent am Physika-
lischen Staatslaboratorium, Die Physik im täglichen Leben.
Wöchentlich einstündig, im ganzen achtmal.
Wohnort | 3 Wohnort | 3
51.8.2] : 31. 81.2] :
Beruf = »2188 5 Beruf E PEIER :
5 “EPs E |<] S
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Kaufleute bezw. Handlungs- Vortrag...}51| 10 63
Bellen... use: 10| 1| 2|| 13| Schriftstelleru.Journalisten| I — | —|| 1
Balkbeamte .........:.. 1|—|-—|| 1| Handwerker ............. 1 —|—| 1
Juristen (Verwaltungs- | Landwirte und Gärtner...|— 1i—|| 1
beamte und Richter) ...| 1I— —| 1] Verschiedene männl. Berufe| 1| 1) — | 2
Verschiedene Beamte: I | Schüler. es iR: 12\11)| 1|| 24
a. Bureaubeamte........ 5|—|— | 5] Männliche Hörer ohne HR |
b. Sonstige Beamte ..... zu le so Berufsangabe...... ..2. 4 4 —|| 8
Studierende der Philosophie ER) Verschiedene weibl. Berufe| 9| 1 —.|| 10
und der Lehrfächer ....| 1) 1/— || 2| Weibliche Hörer ohne In!
Volksschullehrer ......... 9| 31 — | 12 Berufsangabe: a
Bemmaristen.....:...:... 2|—|—|| 2] a. Verheiratete ......... 5.—|1—| 5
Behterinnen.. .......0.... 12| 3) — || 15| b. Unverheiratete ....... IE ll Ni
Seminaristinnen...........[— | 11—|| 1 Gesamtzahl nach den aus- *)
Architekten und Ingenieure | 2 — — | 2 gefüllten Zählkarten ...195 29 | 41128
Andere private Techniker | 5|— | — | 5 Davon ren Sr Eee
BP uEkalıscheBernie Damen) Li>> na]! männliche Hörer ........ 57\23| 3|| S3
Übertrag...[|51|10| 2|| 63 weibliche TER Ne: art (ol ul
e Semtzahl nach der Kopfzählune”. „2... 2... on cn a nn. 1086 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung 138 ”
*) Auswärtige: 15 Altona, 1 Blankenese, 1 Danzig, I Fuhlsbüttel, 1 Gr. Borstel,
2 Gr. Flottbek, 1 Harburg, 1 Lokstedt, 4 Wandsbek, 2 Wilhelmsburg.
Professor Dr. Walter, Wissenschaftlicher Assistent am Physikalischen
Staatslaboratorium, Über Röntgenstrahlen und Röntgenapparate.
Wöchentlich einstündig, im ganzen dreimal.
Wohnort | 3 Wohnort | 3
Beruf &|,&o2]| 8 Beruf &|,&e2| 3
3 3828 3 8 zal3dl &
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Kaufleute bezw. Handlungs- Vortrag...|53 | 15| 68
2 IT 103, — | 131, Handwerker 7... ...5.; 4| 11-—-| 5
IBamkbeamte.-.. 4.3... 4| 11—|| 5] Seeleute (Steuerleute).....[— | 11 —|| 1
Verschiedene Beamte: Verschiedene männl. Berufe| 5, 2 — || 7
a. Technische Beamte des | Schülers re 15 171035
höheren Verwaltungs- Männliche Hörer ohne
BBEnStEB.. ... ..2-....- —1|—| 1 Berufsangabe.. ...n.... 20 lee]
BeZollbeamte‘.........- 1|—|—-|| 1| Verschiedene weibl. Berufe| 3| — | —| 3
c. Bureaubeamte........ 3/— |—|| 3] Weibliche Hörer ohne I
d. Sonstige Beamte ..... 1| 21 —| 3 Berufsangabe: N
Mediziner (Zahnärzte) ....| 2) 1|—|| 3| a. Verheiratete......... 161-1 —| 6
ER 1/1—|—|| 1]| b. Unverheiratete........ 21— | —| 2
Volksschullehrer ......... 10| 2] —|| 12| c. Schülerinnen .......... 1 —| 1
Seminaristen ...........- 51—)—|| 5| Gesamtzahl nach den aus- #)
Lehrerinnen ......... | TI 2) 9| gefüllten Zählkarten ...[94 |37 | 1|132
Architekten und Ingenieure] 5 3 — || 8 en re ae
Andere private ern ke männliche Hörer....... ss
Übertrag...]53 |15 | — || 68 weibliche ENGE 19| 2/— || 21
Berahlenach der Kopfzählung: ... u... 40a 0. en dere 596 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 149 5
*) Auswärtige: 28 Altona, 1 Blankenese, 2 Gr. Flottbek, 3 Harburg, 1 Sande bei
Bergedorf, 2 Wandsbek.
142 Bericht über die Vorlesungen.
Dr.-Ing. Voege, Wissenschaftlicher Assistent am Physikalischen
Staatslaboratorium, Die verschiedenen Beleuchtungsarten in hygie-
nischer Beziehung unter Vorführung von Lichtbildern und Experi-
menten.
Wöchentlich einstündig, im ganzen viermal.
Wohnort | 3 Wohnort B
an: &|,&o5| 8 Beruf &|,&e2| 8
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Kaufleute bezw. Handlungs- | Vortrag...|42| S| 2152
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Verschiedene Beamte: | Männliche Hörer ohne
a. Z0llbeamte: ve: ra: 2: —| 11—|| 1 Berufsangabe .....2.2.2% 1) 11— 8%
b. Sonstige Beamte ..... 3| 1/—|| 4| Verschiedene weibl. Berufe| 5 — | —|| 5
Mediziner (Zahnärzte) ....| 1 — |— || 1| Weibliche Hörer ohne |
Chemiker sb en 14) — |] Berufsangabe: |
Volkssehullehrer ........- 1|.3|—|.101. @.Verbeiratete . ......... 6| 11 — || 7
Wehrerianen .. 7... u ee 3/—| 1j| 4| b. Unverheiratete....... ee
Architekten und Ingenieure| 4 1 —|| 5] Gesamtzahl nach den aus- *)
un Ei Techniker . Az || #| gefüllten Zählkarten ...|69|17| 3189
andwerket®... ....%..6: I—|1—|| 5 ——
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Verschiedene nalen, Berufe| 4 il 4 nnliche Hörer 49 | ı6| 1166
Ubertrag...|42| S| 2|| 52 weibliche a 20) 1| 223
Gesamtzahl nach "der 'Kopfzählung 2... 202 zen a nr a ... 223 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 55 .
*) Auswärtige: 6 Altona, 2 Gr. Flottbek, 3 Harburg, 1 Lokstedt, 4 Wandsbek.
1 Wilhelmsburg.
Dr. Fenchel, Metallkunde.
Wöchentlich einstündig, im ganzen zwölfmal.
Wohnort | 3 Wohnort B
Beruf Ei „ale = Beruf E T- =)
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5 “29028 ERS
Kaufleute bezw. Handlungs- | Vortrag... = 8| —|129
SEHEN SEN 21 211 1,9 1,Schulen 3.2 22. E ges 4 | 7
Verschiedene Beamte | Männliche Hörer ohne |
(Zollbeamte)a ne 1) — | —| 1 Berufsangabe .......... 1:| Li
Mediziner (Zahnärzte)....| S| 1/—|| 9] Verschiedene weibl. Berufe| 1|— | — | I
Chemiker a... 2. re —|—|| 1] Weibliche Hörer ohne |
Sonstige Studierende ..... Ze Berufsangabe |
Volksschullehrer ......... 1| 4 —| 5 (Verheiratete).......... 1 — ei
Andere private Techniker.| 3| — | —| 3| Gesamtzahl nach den aus- Bm" |
Fabrikanten .......2....: Nilar 1 gefüllten Zählkarten ...[25 | 16 | — 44
Handwerker... 2.2.22. ZU Davon Waren —
Verschiedene un Berufe| 2| 1/—|| 3 nnichaohemrer he 9616 — |
Übertrag...]21| S| — || 29 weibliche 5 RER 21) —|—|| 2
Gesamtzahl nach der Kopfzählung ...........2...:22eecuaeeeseneen.. 288 Zuhoremse
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 24 57
*) Auswärtige: 9 Altona, 1 Apenrade, 1 Blankenese, 2 Harburg, 2 Wandsbek,
1 Wilhelmsburg.
Wintersemester 1910/11. 143
Die von Dr. Jensen, Wissenschaftlicher Assistent am Physi-
kalischen Staatslaboratorium, angekündigte Vorlesung über die Be-
ziehungen zwischen den elektrischen und optischen Erscheinungen hat
nicht stattgefunden.
Vorlesungen für Lehrer und Lehrerinnen.
Professor Dr. Classen, Wissenschaftlicher Assistent am Physika-
lischen Staatslaboratorium, Allgemeine Experimentalphysik. II. Teil.
Gebühr M 10.
Diese Vorlesung war nach den Vorschriften für die Oberlehrerinnenkurse
zu belegen.
Wöchentlich zweimal zweistündig, im ganzen 32mal.
Wohnort 3
Beruf a|l,&lo2| 8
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Weibliche Hörer ohne Berufsangabe
(Umwerheiratete)b 220er 1|— | — l
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Davon waren
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weibliche a N Al Eur Fir | Al — 9
kl nach der-Kopfzahlung ...... .... .... 2.22. ensure ade 275 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 9 FE
*) Auswärtige: 2 Altona, 2 Bergedorf, 1 Buxtehude.
Professor Grimsehl, Direktor der Oberrealschule auf der Uhlenhorst,
Vorlesungen über Unterrichtsphysik, III. Reihe: Mechanik der flüssigen
und luftförmigen Körper, Wellenlehre, Akustik. Gebühr MH 10.
Wöchentlich : ZW weistündig durchs Semester, im ganzen 21mal.
Wohnort ©
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Beruf a|,alo@2| 8
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Studierende der Philosophie und der Lehr-
ER IE RE 21 —- | — 2
Molkrschullehrer . 2... masse ans 16 | 4 | — || 20
BECHRETINTICHL 4.02.00 2 ee 6 2ı— Re)
Weibliche Hörer ohne Berufsangabe
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Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- *)
EAN N 2535| 6| — || 34
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yannliche, Hörer ln. ante. 21 4| — || 25
El N BEER Tnz2. el,
eehlenach der Kopfzählung"............: 222000000800 586 Zuhörer.
Durehschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 28
*) Auswärtige: 1 Bahrenfeld, 1 Bergedorf, 1 Gr. Flottbek, 1 Harburg, 1 Kirch-
steinbek, 1 Ohlsdorf.
144 Bericht über die Vorlesungen.
Praktika für Lehrer und Lehrerinnen.
Professor Dr. Classen. Wissenschaftlicher Assistent am Physika-
lischen Staatslaboratorium, Praktische Übungen in der Experimental-
physik. Gebühr M 10.
Dieses Praktikum war nach den Vorschriften für die Oberlehrerinnenkurse
zu belegen.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 17mal.
Wohnort 8
Beruf | ,alo2| E
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oe | 5355| a8 &
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Lehrerinnen 2... erden 4) 2.1 —
Andere private Techniker........n.... een
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männliche. Hörer. Cru. een — |..1L] — l
weibliche En eh Te ER 41.2) — 6
Gesamtzahl nach ‘der. Koptzählung... 20 vn... ee EIER 99 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 6 ..
*) Auswärtige: 1 Altona, 1 Bergedorf, 1 Buxtehude.
Professor Grimsehl, Direktor der Öberrealschule auf der Uhlenhorst,
Praktische Übungen für den physikalischen Unterricht. Gebühr M 10.
Persönliche Anmeldung beim Dozenten war erforderlich. Die Zulassung setzte
voraus, daß der sich Meldende an den Vorlesungen des Dozenten über Unterrichts-
physik teilgenommen hatte.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 21mal.
Wohnort B
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Beruf 2|,&2|oS| 5
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Studierende der Philosophie und der |
lsehrfichern sr Mn 48 ee 1| —| 1
Volksschullehrer nr. re ger er gl —=|. = 7
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weibliche BE ES Rt SR ER 31-1 5
Gesamtzahl nachederKoptzahlıame rn ee pe ee 252 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 12 =
XVI. Chemie.
Öffentliche Vorlesungen.
Professor Dr. Voigtländer, Wissenschaftlicher Assistent am Chemi-
schen Staatslaboratorium, Die alkoholischen Getränke (Wein,
Wintersemester 1910/11. 145
Bier usw.), ihre Bereitung und Zusammensetzung, sowie die chemisch-
’ o
physikalischen Untersuchungsmethoden, unter besonderer Berück-
sichtigung von zollamtlichen Bestimmungen.
Wöchentlich einstündig, im ganzen siebenmal.
|
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|
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Theologen (Geistliche)....| 2 — — || 2 Berufsangabe.. ........; 2.1 ==, 8
Juristen (Studierende der | Verschiedene weibl. Berufe| 2| 1 — || 3
Rechte und Staatswissen- Weibliche Hörer ohne |
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Verschiedene Beamte: | &.. Verheiratete, ... ...z.. I|—|—|| 1
Besollbeamte.........:. 13) 2) —|| 15| b. Unverheiratete ...:... 3| 11 —| 4
b. Sonstige Beamte .... | 1|— —|| 1| Gesamtzahl nach den aus- *) ie
Chemiker .......... | 21) || 2] gefüllten Zählkarten ...|40) 6 — 46
Architekten und Ingenieure | 2 | — — | 2 Day ER ln
Handwerker .......... 1’—|1—| 1 ER |
4 u er ee männliche Hörer ........ 34| 4| — 58
Übertrag...130| 2| — || 32 weibliche ln. 6| 2|I—|| 5
zahl. nach der Koptzählung .......n en een ann. 223 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 32 on
*) Auswärtige: 2 Altona, I Fuhlsbüttel, 1 Lokstedt, 1 Lübeck, I Moorfleth.
Dr. Göhlich, Wissenschaftlicher Assistent am Chemischen Staats-
laboratorium, Das Blut in der gerichtlichen Chemie.
Wöchentlich einstündig, im ganzen viermal.
Wohnort E)
Beruf &|,&|o2 E
s | 52: |=0| 2
BIFEeRAlS
Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen I == 2
Verschiedene Beamte (Sonstige Beamte)| 1 | — | — 1
Mediziner (Studierende)............... 21, — | — y
Sonstige Studierende................. | '— | 1
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Männliche Hörer ohne Berufsangabe....| 3 — | — 3
Verschiedene weibliche Berufe ........ 11i—| 1
Weibliche Hörer ohne Berufsangabe
(Unverheiratete) ............. ae ei
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- SUR
ee N ER Se RE 101222) 12
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Manmlche, Haren! Sasse cn ehe. s) 1| — || 10
weibliche TE RIED: en RR | li — 2
nach der Kopfzählung .... 2.22.22... ei een 49 Zuhörer.
Durchsehnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung . 12 5
*) Auswärtige: 1 Altona, 1 Nancy.
10
146 ° Bericht über die Vorlesungen.
Dr. Gillmeister, Wissenschaftlicher Assistent am Chemischen
Staatslaboratorium, Die Chemie des Steinkohlenteers und der Teer-
farbstoffe.
Vorkenntnisse in der organischen Chemie waren erwünscht.
Wöchentlich einstündig, im ganzen zehnmal.
Wohnort | 5 Wohnort B
Beruf E „alo2| E Beruf ®|.& = EI
2l@383| EIFSICE E
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Verschiedene Beamte | Männliche Hörer ohne
(Zollbeamte) .......2.... 1\—|—| 1 Berufsangabe.......... 31—|—|| 3
Mediziner (Zahnärzte) ....| 1| 1) —|| 2| Weibliche Hörer ohne
Chemiker 22... 211 — | 2 Berufsangabe
Sonstige Studierende..... 1i—|—| 1 (Unverheiratete)........ 2|—|—| 2
Tara Br 9 ala ri a
ee ERERT E Rails i Gesamtzahl nach den aus-| ı*)
DENE Be ER LERNTE [N gefüllten Zählkarten....[38 | 11 | — ||49
Seminaristinnen.....-..... 1! —| | _ zen
Architekten und Ingenieure] 3, 11 —| 4 Davon waren |
Ferkel RER A männliche Hörer....... 32 | 11] — 43
a ee = weibliche a ri 6|—|—| 6
Übertrag...|23| 5| — || 28
Gesamtzahl nach. der Kopfzählung- 2.2 war re era ere 265 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach -der Kopfzählung. 26 “
*) Auswärtige: 5 Altona, 1 Bahrenfeld, 1 Harburg, 4 Wandsbek.
Dr. Klünder, Wissenschaftlicher Assistent am Chemischen Staats-
laboratorium, 1) Qualitative Analyse.
Wöchentlich einstündig, im ganzen zwölfmal.
Wohnort || 2 Wohnort B
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Beruf ®|,e= = Beruf E) BIP E
2 Sea 2 /S388| 2
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Bankbeamte) ®. ucsawerr 1/'— — | 1| Männliche Hörer ohne
Verschiedene Beamte: | Berufsangabe .......... El —
a. Bureaubeamte........ 8 — |—|| 3} Verschiedene weibliche
b. Sonstige Beamte ..... Kelhn! BEL r 2|— — || 2
Chemiker... Jo.crasehe, 2|— /|—|| 2] Weibliche Hörer ohne
Sonstige Studierende ..... — ll Berufsangabe:
Volksschullehrer x 227% 4| 2/|—|| 6| a. Verheiratete ......... 1 =
Lehrerinnen... ee 1|—|—|[ 1| b. Unverheiratete ....... 3| 11—|| 4
Architekten und Ingenieure] 1 2,— | 3| Gesamtzahl nach den aus- *)
Andere private Techniker.| 1 — | —|| 1 gefüllten Zählkarten ...|30 129) 1160
Handwerker 72 ee: B 1 —|—| 1 Davon-Waren —
3 . .. WR Pr 5) c Y
Verschiedene männl. Beruf 2 2 |- männliche Hörer... 293.28| 152
Übertrag.:.[16|10| 1|| 27 weibliche 1, ze 2 71 1|—[| 8
Gessiatzahl! nach der. Koptzählung 2.2... Chan. ur ee a 356 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 30 er
*) Auswärtige: 20 Altona, 1 Alt-Rahlstedt, 1 Bergedorf, 2 Harburg, 1 Lübeck,
1 Nienstedten, 1 Ohlsdorf, 2 Wandsbek.
Wintersemester 1910/11. 147
2) Organische Elementaranalyse.
Wöchentlich einstündig, im ganzen fünfmal.
Wohnort B
Beruf &|,&|o2| 8
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen ....| 4| — — || 4
Molksschnilehrer. -. 2... 2: han eg ae.
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Architekten und Ingenieure ........... 1:1 — | — |
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Landwirte und Gärtner.........7=... lı — | — l
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 25 Be
*) Auswärtige: 7 Altona, I Alt-Rahlstedt, 1 Bahrenfeld, I Bergedorf, 2 Harburg.
Die von Direktor Professor Dr. Dennstedt angekündigte Vor-
lesung über Einführung in das Studium der organischen Chemie hat nicht
stattgefunden.
Vorlesumg für Lehrer, Lehrerinnen und Zollkeamte.
Die Vorlesung war nach den Vorschriften für die Oberlehrerinnenkurse
zu belegen.
Haßler, Wissenschaftlicher Assistent am Chemischen Staatslabora-
torium, Allgemeine Experimentalchemie, anorganischer Teil. Ge-
bühr N 10.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 17mal.
Wohnort B
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen..... IN I 1
Verschiedene Beamte (Zollbeamte) ..... u — | ||“
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Architekten und Ingenieure............ a a |
Andere private Techniker............. — I#\, — 1
Weibliche Hörer ohne Berufsangabe |
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weibliche er srl Ben 5 2 | — l
Beehlinach der Kopfzahlune ..:..2.%.2.....: an. na 221 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Koptzählung. 15
*) Auswärtige: 1 Altona, 2 Bergedorf, 1 Buxtehude.
„
148 Bericht über die Vorlesungen.
Praktika.
l. Praktische Ubungen im Chemischen Staatslaboratorium für An-
fänger und Geübte unter Leitung des Direktors Professor Dr. Dennstedt.
Nach Übereinkunft täglich 9—4, Sonnabends 9—2.
Zur Teilnahme an den Übungen war persönliche Anmeldung beim Direktor
erforderlich.
Dr. Göhlich, Technische und forensische Analyse.
Wohnort 8
Beruf a | ‚8102| 8
E nn n'B 8 S
5} Ss# =) 0 EZ}
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Chemiker bt u EEE ll — 1
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl-
KaNbEDi. li — | — 1
Davon waren | |
männliekertlörer. ce u er 1l|ı—-ı — 1
Dr. Gillmeister, Quantitative Analyse und Darstellung von orga-
nischen Präparaten.
Wohnort 5
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen.....| — ee 1
Mediziner (Studierende)............... I21ı—|— 2
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Studierende der Philosophie und der |
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Verschiedene männliche Berufe ...... a l
Männliche Hörer ohne Berufsangabe ... — 1 1
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Davon waren |
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*) Auswärtige: 1 Harburg.
Dr. Klünder, Wissenschaftlicher Assistent am Chemischen Staats-
laboratorium, 1) (Qualitative Analyse und Darstellung von anorgani-
schen Präparaten.
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Wintersemester 1910/11. 149
Wohnort || ®
Beruf & „Sales B
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Verschiedene Beamte (Technische Beamte |
des höheren Verwaltungsdienstes)....| 3| — | — | 3
Mediziner: |
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VBErlEhTEr GN. .- lı — 1
Molksschullehner 3; Ba. 1 1| — 2
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Andere private Techniker ............ u l
SCHNIETI DE IE 1|-| —| 1
Männliche Hörer ohne Berufsangabe ...|— | — | 2 2
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- *)
Kane 197 #3 2 || 15
Davon waren
mannlicheyHoremin.r m ee Ile 8 2) 14
weibliche MIR EEE DRS: RA Re l - l
*) Auswärtige: l Altona, I Bergedorf, 1 Harburg.
2) Organische Elementaranalyse.
Wohnort || 3
Beruf &|,&le2| &
2. Bee zn
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Chemiker ee ee atir 1| — [al
Sonstige Studierende a 2 1 3 1a Bl el
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl-
ALGEN A NR 21 | — 2
Davon waren | |
amtliche Hörer... euch 3a — || 2
Die von Professor Dr. Voigtländer und Haßler angekün-
digten Praktika im Untersuchen von Nahrungs- und Genußmitteln und
über Physikalische Chemie haben nicht stattgefunden.
2. Für Lehrer und Lehrerinnen.
Dieses Praktikum nach den Vorschriften für die Oberlehrerinnenkurse
zu belegen.
war
Professor Dr. Rischbieth, Chemisches Praktikum. Anleitung zur
Gebühr A 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 20mal.
Ausführung chemischer Unterrichtsversuche.
150
Bericht über die Vorlesungen.
Beruf
Lehrerinnen
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl-
karten
Davon waren
weibliche Hörer
Gesamtzahl nach der Kopfzählung
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.
*) Auswärtige: 3 Altona, 1 Buxtehude.
XVII. Mineralogie und Geologie.
tuts, 1) Erdgeschichte.
Öffentliche Vorlesungen.
Professor Dr. Gürich, Direktor des Mineralogisch-Geologischen Insti-
Wohnort 5
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Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 16mal.
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119 Zuhörer.
Wohnort | © Wohnort 5
Beruf &|,&aloS = Beruf &|,& = E
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Kaufleute bezw.Handlungs- Vortrag. ..|37|18| — ||98
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beamte und Richter) ...|—, 1/— || 1| Landwirte und Gärtner...[— | 1/—|| I
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a. Technische Beamte des | | Männliche Hörer ohne
höheren Verwaltungs- | Berufsangabe.......... 5|—|—|| 5
dienstes Zur ern. — | 1—|| 1] Verschiedene weibliche
br Zellbeamter „Wer... 2|—|—|| 2 Berufe: ar See 1|—|—|| 1
ce. Bureaubeamte...\....[| 2)— —|| 2} Weibliche Hörer ohne
d. Sonstige Beamte...... I le Berufsangabe:
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Studierende der Philosophie | Gesamtzahl nach den aus- *)
und der Lehrfächer. .... Ze gefüllten Zählkarten....170| 28 | — ||
Volksschullehrer ......... 1710| —|| 27 B on
Seminaristen ........ 2|—-|—| 2 Davon’ warnen el =
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Gesamtzahl nach der Kopfzählung
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung
1250 Zuhörer.
39
”
*) Auswärtige: 13 Altona, 1 Bahrenfeld, 2 Bergedorf, 2 Bramfeld, 1 Dockenhuden,
2 Harburg, I Kl. Flottbek, I Schwarzenbek, 3 Wandsbek, 2 Wilhelmsburg.
2) Ausgewählte Kapitel über die Entwicklung der Organismen.
Wöchentlich zweimal einstündig durchs Semester, im ganzen 33mal.
}
Wintersemester 1910/11. 151
Wohnort || Wohnort | 3
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und der Lehrfächer ....[— | 1, —|] ı] Davon waren A 3
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Be nizahl nach. der‘ Kopfzählung ......... 2. nern sscaenuse. 253 Zuhörer.
Durehschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 25
*) Auswärtige: 4 Altona, 1 Blankenese, 1 Fuhlsbüttel, 2 Wandsbek.
XVII. Zoologie.
Öffentliche Vorlesungen.
Professor Dr. Pfeffer, Kustos des Naturhistorischen Museums, Allge-
meine Entwicklungsgeschichte (Embryologie) mit vorwiegender Be-
rücksichtigung der Wirbeltiere.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen 13mal.
Wohnort s Wohnort S
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b. Bureaubeamte........ 31 1711| 3} Seeleute (Schiffer)... ......: 11—| 1
ce. Sonstige Beamte ..... 3| 2)— || 5| Verschiedene männl. Berufe| 2 — | — | 2
Mediziner (Zahnärzte) ....| 21) —/— | 2] Schüler .............. ..[10| 11 — || 11
Ble.....:ceeaeee 1|—|— | 1] Männliche Hörer ohne Bd]
Biker .........42.0 We Berufsangabe.. ....... ..: a RL!
BRerlehrer............... 2|— | — | 2] Verschiedene weibl. Berufe| 2|— | —|| 2
Studierende der Philosophie | Weibliche Hörer ohne |
und der Lehrfächer ....|— | 1/—|| 1 Berufsangabe:
Sonstige Studierende ..... 1—|— | 1] a Verheiratete ......... —| 1|— l
Volksschullehrer ......... 1a | Zu 0b Unverbeiratete. 2... Sl | 1
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Andere Bunaie Techniken. a männliche Hörer........ Due 72
Übertrag...135|15| L|| 54 weibliche he ke £ 22| 7 —|| 29
Bnzahl nach. der-Kopfzählung .........2...:...22 22.220000 146 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 57 n
*) Auswärtige: ] Ahrensburg, 6 Altona, 1 Gr. Borstel, 3 Gr. Flottbek, I Klein
Flottbek, 1 Oldesloe, 1 Othmarschen, 6 Wandsbek, 1 Wologda (Rußland).
92 Bericht über die Vorlesungen.
Dr. Hentschel, _Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Naturhisto-
rischen Museum, Das Tierleben des süßen Wassers.
Wöchentlich einstündig durchs Semester, im ganzen zwölfmal.
|
Wohnort | Wohnort || 3
Beruf &|,&o2]| 3 Beruf 2,202 -
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Kaufleute bezw.Handlungs- Vortrag...153 | 19 | —|| 72
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a. Technische Beamte des | Verschiedene männliche
höheren Verwaltungs- 11.) Berule..: re 2| —| Es
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d. Sonstige Beamte ..... 5, 1/—| 6] Weibliche Hörer ohne
Amotheker ıer te rue: | 11— l Berufsangabe:
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Oberlehter 2... Be | — |" 1% 'b: Unverheiratete......,.. 2| 2/—| 4
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Architekten und Ingeniomre| 3| ı | —| 4] Davon waren
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Übertrag...|53 |19\— || 72| weibiee „ ..... 19| 6| —|| 35
Gesamtzahl nach.der Kofzahluner! ar. Koran ee ER 610 Zuhörer.
Durchsehnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopizählung. 51 os
*) Auswärtige: 13 Altona, I Alt-Rahlstedt, 1 Bergedorf, 1 Blankenese, 1 Bremen,
2 Kl. Flottbek, 5 Wandsbek, 2 Wilhelmsburg, I Wologda (Rußland).
Dr. Dräseke, Vergleichende Anatomie des peripherischen Nerven-
systems, mit Lichtbildern und Demonstration von Präparaten.
Wöchentlich einstündig, im ganzen dreimal.
Wohnort || 3 Wohnort 5
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a 2.833]: Beruf 3,222] =
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Bankbeamte'.ı. 0.2.1.3. 2|— | —|| 2| Verschiedene männl. Berufe] 2| 1/—|| 3
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a. Bureaubeamte........ 1 — — || 1] Männliche Hörer ohne
b. Sonstige Beamte ..... Sala IK en A Berufsangaber ur... 2 —
Mediziner: Verschiedene weibl. Berufe| 2 — — || 2
N 1/— | —|| 1} Weibliche Hörer ohne
b:#Zahnärzte’.... 4.22. 482. 1|I—|—|| 1 Berufsangabe:
Oberlehrer. 1. as. 88 3) 1/)—|| 4| a. Verheiratete ......... 2|—|—|| 2
Volkssehullehrer ......... 9| 1/—|| 10] b. Unverheiratete ....... 1|—|—|| 1
Lehrerinnen .............[ 6) 1/—|| 7| Gesamtzahl nach den aus- *)
an a Ham ı gefüllten Zählkarten ...[47| 6, 1154
ndere private Techniker. || — D s u
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Gesamtzahl nach. der’ Koptzaählung N... 2. ne en ee 125 Zuhörer.
Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 41 5
*) Auswärtige: 3 Altona, 1 Fuhlsbüttel, 2 Wandsbek.
4
Hi
Wintersemester 1910/11. 153
Die von Dr. Hentschel angekündigte Vorlesung für Lehrer und
Lehrerinnen über Allgemeine Systematik der Tiere hat nicht statt-
gefunden.
Praktika für Lehrer und Lehrerinnen.
Die Praktika waren nach den Vorschriften für die Oberlehrerinnenkurse zu
belegen.
Dr. Leschke, Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Naturhistorischen
Museum, Zootomisches Praktikum. Gebühr MH 10.
Wöchentlich zweimal zweistündig durchs Semester, im ganzen 32mal.
Wohnort 5
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 16 5
*), Auswärtige: ] Ahrensburg, 2 Altona, 1 Bergedorf, 1 Elmshorn, 2 Harburg,
1 Wandsbek.
Professor Dr. Fr. Ahlborn, Zoologische Übungen: Niedere Tiere (Ur-
tiere, Darmlose, Strahlentiere, Würmer). Gebühr M 10.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester, im ganzen 1l4mal.
Wohnort 5
Beruf an FR :
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Studierende der Philosophie und der Lehr- | |
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 6 &
*) Auswärtige: 1 Altona, 1 Ohlsdorf, 1 Wilhelmsburg.
11
154 Bericht über die Vorlesungen.
Das von Dr. Hentschel angekündigte Kolloquium über Allge-
meine Systematik der Tiere hat nicht stattgefunden.
XIX. Botanik.
Praktika.
Zur Teilnahme war Anmeldung beim Dozenten erforderlich.
Professor Dr. Klebahn, Wissenschaftlicher Assistent, Dr. Heering,
Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an den Botanischen Staatsinstituten,
an Stelle des Direktors der Botanischen Staatsinstitute, Professor
Dr. Zacharias, Botanische Übungen unter Benutzung des Mikro-
skops. Gebühr M 10.
Für Oberlehrer und Kandidaten des höheren Schulamts.
Wöchentlich zweistündig durchs Semester.
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Studierende der Philosophie und der |
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*, Auswärtige: 1 Altona.
Professor Dr. Voigt, Wissenschaftlicher Assistent an den Botanischen
Staatsinstituten, Praktische Übungen im Erkennen und Untersuchen
pflanzlicher Erzeugnisse des Handels. Gebühr H 10.
Wöchentlich zweistündig, im ganzen achtmal.
Wohnort 5
Beruf & „a 02 s
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Kaufleute bezw. Handlungsgehilfen ....| 7 — | — | 7
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung.. 9 “
Wintersemester 1910/11. 155
Die folgenden Praktika waren nach den Vorschriften für die Oberlehrerinnenkurse
zu belegen.
Professor Dr. Klebahn, Über Anatomie der Pflanzen, verbunden mit
praktischen Übungen. Gebühr # 10.
Wöchentlich zweistündig, im ganzen achtmal.
Wohnort 5
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Durchschnittszahl bei den einzelnen Vorlesungen nach der Kopfzählung. 7 5
*), Auswärtige: 1 Dockenhuden, 1 Elmshorn, 1 Wilhelmsburg.
Professor Dr. Zacharias, Professor Dr. Voigt und Professor
Dr. Klebahn, Anleitung zu selbständigen botanischen Arbeiten.
Wohnort 5
Beruf &|.,&0|o2| =
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Studierende der Philosophie und der | |
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Männliche Hörer ohne Berufsangabe ...| 1 | — | — l
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zähl- 7 |
Karten A 9), 5| — || 14
Davon waren |
mennliche Horer’sn.:.... ugs sr 9.75. = 14
*) Auswärtige: 3 Altona, 1 Bergedorf, 1 Pinneberg.
Das von Professor Dr. Klebahn angekündigte Botanische
Kolloquium hat nicht stattgefunden.
156 Bericht über die Vorlesungen.
NN. Vorlesungen und Kurse an der Pharmazeutischen Lehranstalt,
im Auftrage des Medizinalkollegiums.
Vorlesung für Apotheker und Ärzte.
Jungclaussen, Die Präparate und Prüfungsmethoden des Arznei-
buches für das Deutsche Reich, V. Ausgabe.
Wöchentlich einstündig durchs Semester.
Es nahmen 42 verschiedene Pharmazeuten und 1 Verwaltungsdirektor, zusammen
43 Hörer, an der Vorlesung teil.
Davon hatten ihren Wohnort:
im hamburgischen Staate. .|40 Pharmazeuten
l Verwaltungs- | "aus der Stadt
direktor....
10° euBem. 1. Waren 2 Pharmazeuten] 2 Altona
42 Pharmazeuten
Zusammen... I Verwaltungs-
| direktor
Kurse.
Jungclaussen, Anorganische Chemie.
Wöchentlich einstündig durchs Semester.
Dr. Hinneberg, Pharmakognosie. II. Teil.
Wöchentlich einstündig durchs Semester.
Zahl der Hörer
Name des Dozenten Thema :
‚ie bezw. Teilnehmer
Jungelanssemt.'. 0.2... Anorganische Chemie........2.......2. 12
Dr°Hinneberer ....#2..2.%; Pharmakognosie, I. Teil... ........% 12
Zusammen... 24
Es nahmen 11 verschiedene Pharmazeuten und 1 Arzt an den Kursen teil.
Davon hatten ihren Wohnort:
im hamburgischen Staate . ee | Anker Stade
in2 PrenBen .n..t sei ..[. 4Pharmazeuten] 3 Altona, 1 Schiffbek
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2 a) Verwaltungsbeamte und Richter
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3 3-1 —- —| 55) 69 ce) Assessoren und Referendare
1 d) Studierende der Rechte und Staatswissenschaften
Verschiedene Beamte:
11-1) —- ||| — fi 8 a) Technische Beamte des höheren Verwaltungsdienstes
ne Lil. 11 b) Zollbeamte
1-1 — 1) ——| 25| 26 ce) Bureaubeamte
I 111 012 | 12 d) Sonstige Beamte
Mediziner:
11/1) — | 34| 34 a) Ärzte
11 |— - ||) —— 6 % b) Studierende
11 3 3 c) Zahnärzte
ne |, L 2| Tierärzte
-1— | — | — — — | Apotheker
-——--——-———| 12| 12| Chemiker 2
| — | — — 11| 13] Oberlehrer ie
A m 4 6| Studierende der Philosophie und der Lehrfächer
5-1 1-1 ——| 52| 61| Sonstige Studierende
7 71 1 ——-———1 143 | 191 | Volksschullehrer
| 1 1| Seminaristen SE
9| 9| 7 91 6 6 6| 2] 1) 1| 189 | 429 | Lehrerinnen
Se aa a arm u 5 6| Seminaristinnen r
9) — — — — — — ——| 14| 16] Architekten und Ingenieure
||| 11 ——]| 9| 16| Andere private Techniker N
Musikalische Berufe: j'
= | 1 — 1) — 2 2 a) Herren N
= — 1 —|— —| — b) Damen 1%
- 1 ||| — 3 5| Andere künstlerische Berufe ıE
-— 1 11 —| 1 1| Schriftsteller und Journalisten ji
Er — 1 1 1 | Fabrikanten im
21 ———[——[ 10| 10] Handwerker |
Landwirte und Gärtner
Seeleute:
11111 a) Schiffer BER,
a b) Steuerleute ee
wer 0 - ec) Navigationsschüler on
111 | 0 — | 0 — d) Ohne nähere Angabe
1-- -— — — 18| 19] Verschiedene männliche Berufe
—— | ——— ——| 15| 15| Schüler
Benno ——| 23) 301 Männliche Hörer ohne Berufsangabe
21 = 11, 15| Verschiedene weibliche Berufe
Weibliche Hörer ohne Berufsangabe:
= | 29 a) Verheiratete
een eller:: b) Unverheiratete
_ 2 e) Schülerinnen
Gesamtzahl nach den ausgefüllten Zählkarten
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= = \ 1) 1 Studierende der Rechte und Staatanisenschaften
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11.
Jahresberichte
der
Hamburgischen
Wissenschaftlichen Anstalten
für das Jahr 1910.
Marl
war,
un
1. Stadtbibliothek
Bericht für das Jahr 1910
Direktor Professor Dr. Robert Münzel
Die Bibliothekskommission, deren Vorsitz Herr Senator Dr. von Melle
führte, hat einen schweren Verlust durch den Tod ihres Mitgliedes des
Pastors D. Carl Bertheau erlitten, der voll regen Interesses unserem In-
stitut stets ein treuer Freund und Förderer war. Zu seinem Nachfolger
ward der Professor für Geschichte und Kultur des Orients Herr Dr. €. H.
Becker erwählt. Als Sachverständiger auf dem Gebiet der Theologie und
Kirchengeschichte stand uns Herr Pastor Bertheau mit reichem Wissen,
ausgebreiteter Literaturkenntnis lange Jahre beratend zur Seite; sein
Andenken wird bei uns allzeit in Ehren gehalten werden. Ein Hoher Senat
ernannte den Bibliothekar Herrn Dr. J. Schwalm durch Beschluß vom
17. Juni zum Professor. Die neugeschaffene Hilfsarbeiterstelle für den
mittleren Dienst wurde vom 1. Oktober ab Fräulein Elisabeth Schierning
aus Altona übertragen, die bisher als Bibliothekarin die Büchersammlung
des Polytechnischen Vereins zu München verwaltet hatte. Die Volontärin
Fräulein Erna Obermann aus Hamburg verließ uns Ende Februar, um
in Berlin unter Leitung von Professor Wolfstieg ihre bibliothekarische
Ausbildung zu vollenden. -
Über die Fortschritte unserer Handschriftenbeschreibung sei folgendes
mitgeteilt.
Nach dem Abschluß der Ausgabe des Avignonesischen Formelbuchs,
dessen zahlreiche Besprechungen einstimmig die hohe Bedeutung jenes
Fundes und die Verdienste seines Editors anerkennen, teilweise auch
erwünschte Ergänzungen brachten, wandte sich Herr Professor Schwalm
wieder ganz der Katalogisierung der historischen Manuskripte zu. Fast
ununterbrochen beschäftigten ihn die schon früher erwähnten umfangreichen
Kollektaneen des Hieronymus Streitel (Proeliolinus), eines Augustiner-
Eremiten zu Regensburg, deren Bearbeitung mannigfache Schwierigkeiten
bietet. Denn sie enthalten neben Schriften und Auszügen historischen
Charakters, die leichter sich bestimmen lassen, eine Fülle von Exzerpten
aus Predigten und theologischen Traktaten, deren Verfasser nicht genannt
und sehr mühsam zu ermitteln sind. Bei solchen Untersuchungen empfanden
Verwaltung.
Katalogisierung
der ,
Handschriften.
4 Stadtbibliothek.
wir besonders schmerzlich den Mangel jenes einzigartigen Hilfsmittels,
das alle diese Probleme oft im Augenblick zu lösen und wochenlange
Einzelforschungen in die Arbeit weniger Minuten umzuwandeln vermag:
wir meinen das ursprünglich aus der Münchener Hof- und Staatsbibliothek
stammende, für die preußische Handschriftenbeschreibung erweiterte Initien-
verzeichnis, dessen Original sich in der Königlichen Bibliothek zu Berlin
befindet. Wir haben bereits einleitende Schritte getan, um in den Besitz
einer Kopie zu gelangen und so der Handschriftenkatalogisierung einen
rascheren Fortgang zu sichern.
Die von Herrn Professor C. F. Seybold in Tübingen übernommene
Ausgabe der alexandrinischen Patriarchengeschichte, die unter dem Namen
des Bischofs Severus von Asmunain den Orientalisten bekannt ist, befindet
sich im Druck; sie soll als dritter Band der Veröffentlichungen aus der
Stadtbibliothek erscheinen.
Unser Bestand an Handschriften hat sich gegenüber dem Vorjahr,
als das Oppertsche Vermächtnis einen so beträchtlichen Zuwachs brachte,
der Zahl nach nicht erheblich vermehrt, doch fehlen keineswegs der Er-
wähnung werte Stücke.
Herr Baron Hans von Ohlendorff überwies uns Akten vom Regens-
burger Reichstag des Jahres 1594 in gleichzeitigen Kopien, Religions-
angelegenheiten, Beschwerdepunkte der Stände Augsburgischer Konfession,
Kaiserliche Schreiben und Propositionen über den Türkenfeldzug umfassend,
(2 Bde), Fräulein Minna Kruse ein Autograph von Johannes Brahms, die
Komposition eines geistlichen Liedes von Paul Flemming, das in etwas ver-
änderter Fassung später als Opus 30 veröffentlicht ward, Fräulein Helene
Sophie Wächter verschiedene Manuskripte aus dem Nachlaß ihres Groß-
vaters, des bekannten hiesigen Schriftstellers Leonhard Wächter, genannt
Veit Weber, Herr Architekt €. Dröge zwei handschriftliche Hamburgensien,
die Schwester des verstorbenen Fräuleins Mary Rosenberg aus deren
Besitz ein Liederbuch vom Anfang des 19. Jahrhunderts.
Käuflich erwarben wir ein interessantes Schreiben, das Jakob Herz-
feld, bis 1826 Direktor des hiesigen Stadttheaters, an Schiller über die
erste Aufführung der Braut von Messina in Hamburg richtete, ferner
Briefe der Roman- und Jugendschriftstellerin Amalie Schoppe und des
Ehepaars Heinrich und Elisabeth Marr. |
Von einem Missale, das aller Wahrscheinlichkeit nach für den
Hamburger Klerus bestimmt war und die älteste bekannte Form darstellt,
ließen wir eine photographische Reproduktion in Rom anfertigen. Die Hand-
schrift befindet sich dort in der Biblioteca Vallicelliana (Cod. B 141 8°),
rührt aus dem 11. Jahrhundert her und ward von dem Oratorianer Augustin
Theiner, wie ein Eintrag von ihm lehrt, 1839 der Bibliotheca S. Mariae
in Vallicella geschenkt. Sie enthält ein unvollständiges sogenanntes
Stadtbibliothek. 5
Missale plenum. Was wir an hamburgischen Missalen sonst besitzen,
gehört einer viel späteren Zeit an. Vielleicht gewinnt dieser ehrwürdige
Zeuge kirchlichen Lebens in Hamburg besondere Bedeutung dadurch, daß
fol. 27b und 28a eine Hand gleichfalls des 11. Jahrhunderts bei der
Totenmesse pro omnibus defunctis verschiedene Namen Verstorbener an
den Rand schrieb, wie Arnulf, Adelbert, Gerhart, Hildewart, Gertrud,
deren Träger also wol einst hier lebten.
Die Witwe Fritz Stavenhagens hat einer Anregung der Stavenhagen-
Gesellschaft entsprechend den literarischen Nachlaß des Dichters, der auch
Unveröffentlichtes enthält, uns zur Aufbewahrung anvertraut. Die Über-
gabe geschah unter der Bedingung, daß wir die Manuskripte 30 Jahre
lang, vom Tage der Einlieferung ab gerechnet, Frau Stavenhagen und
ihren Rechtsnachfolgern, denen die ausschließliche Publikationserlaubnis
solange zusteht, zur Verfügung halten. Werden die Papiere innerhalb
jener Frist nicht zurückgefordert, fallen sie ohne weiteres der Stadt-
bibliothek als dauerndes Eigentum anheim. Ein knappes Inventar ist von
uns aufgenommen worden. Herr Wriede, der Vorsitzende des „Quickborns“,
hat sich liebenswürdig erboten, später einen ausführlichen Katalog anzu-
fertigen. Es empfiehlt sich, in allen ähnlichen Fällen künftig einen
bestimmten Termin für die endgültige Regelung derartiger Rechtsverhältnisse
festzusetzen, weil wir sonst eine immer wachsende Zahl störender Fremd-
körper im Organısmus unseres Instituts zu beherbergen genötigt werden.
Erfreuliches läßt sich über die Entwicklung unserer Papyrus-Sammlung
und ihre wissenschaftliche Erschließung berichten. Unter den jüngsten
Erwerbungen, die seit 1910 ausschließlich durch die den Berliner König-
lichen Museen angegliederte Papyruskommission geschehen, ward eine
Anzahl sogenannter Libelli libellaticorum aus der Decianischen Christen-
verfolgung des Jahres 250 entdeckt. Sie sind von Herrn Professor Paul
M. Meyer, Berlin im Anhang zu den Abhandlungen der Königl. Preußischen
Akademie vom Jahre 1910 veröffentlicht worden. Bisher kannte man nur 5
solcher Libelli:. Unser Fund, der dem Dorfe Tlıeadelphia im Faijum ent-
stammt, hat 19 vollständig oder in Fragmenten erhaltene hinzugefügt, die
über den Zeitraum vom 12. Juni bis 14. Juli 250 sich erstrecken, und
erweitert hinsichtlich mancher Einzelfragen unser Wissen in sehr erwünschter
Weise. Dem lehrreichen Kommentar, mit dem Herr Professor Meyer seine
Ausgabe begleitete, entnehmen wir einige Mitteilungen allgemeineren Inter-
esses. Diese Libelli stellen die amtliche, von einer besonderen Kommission
erteilte Bescheinigung dar, daß ihr Inhaber nebst seiner Familie den
römischen Staatsgöttern geopfert und Opferfleisch genossen habe. Das
Edikt des Kaisers Decius, das Ende 249 erlassen und im folgenden Jahre
durchgeführt wurde, richtete sich gegen alle römischen Bürger, die der
Staatsreligion die schuldige Ehrfurcht zu versagen schienen, nicht gegen
2
Papyrus-
Sammlung.
6 Stadtbibliothek.
die Christen allein, traf jedoch diese vornehmlich, weil in ihren Augen
Teilnahme am heidnischen Kult als die schlimmste Sünde, Weigerung als
heilige Pflicht galt. Daß allen Bürgern derartige Atteste gegeben wurden,
ist ausgeschlossen. Aber die Kommissionen hatten die Befugnis, Ver-
dächtigen nachzuspüren und sie vor ihr Forum zu ziehen. So dienten die
von dem Vorsitzenden unterzeichneten Libelli als Schutz vor Verfolgungen.
Wir können in ihnen einen Akt antiker Inquisition erblicken; treffend
vergleicht der Herausgeber die Professionszettel im Zeitalter der Gegen-
reformation.
Dieser Publikation reiht eine zweite sich an, die wir gleichfalls
Herrn Professor Meyer verdanken, das erste Heft unserer Papyrus-Urkunden,
die im Verlag von B.G. Teubner, Leipzig erscheinen!). Es enthält 23 gut
ausgewählte Stücke, die vom 21. September 57 bis zum 4. September 569
n. Chr. reichen und zum überwiegenden Teil aus dem Faijum, jener
unerschöpflichen Fundgrube, stammen. Daneben sind Alexandria, Oxy-
rhynchus, Antinoupolis und namentlich zwei Orte vertreten, aus denen wir
Papyri bis jetzt überhaupt nicht besaßen, der „Lagerbezirk bei Babylon
im Heliopolitischen Gau“ und Berenike Trogodytike, die südöstlichste
Stadt Ägyptens. Den Vergleich mit den vielen ähnlichen Sammlungen,
die das letzte Jahrzehnt der Altertumswissenschaft schenkte, brauchen
unsere Urkunden nicht zu scheuen. Sie gewähren einen reizvollen Ein-
blick in die Lebens- und Rechtsverhältnisse, den Verwaltungsapparat des
Landes unter römischer Herrschaft. Auf den Inhalt genauer einzugehen,
verbietet der Rahmen dieses Berichts, doch sei es uns gestattet, einige
der besten Papyri im Anschluß an den Editor mit wenigen Worten zu
charakterisieren. Gleich die erste Nummer bringt — höchst modern —
eine Girobankbescheinigung des Hauses Apollophanes in Alexandria, durch
dessen Vermittlung der Veteran L. Vettius Diogenes dem M. Antonius
Dionysius, Reiter der Schwadron des Fronto, 500 Silberdrachmen zur
Tilgung eines Darlehens zurückzahlt. Nr 7 liefert eine Volkszählungs-
eingabe vom 30. Juni 132. Niktathymis in Petaucha erklärt, daß sein
Hausstand aus vier Personen, ihm selbst, seiner Frau, seinem Sohn und
dessen Frau, bestehe, und bekräftigt seine Aussage durch den Kaisereid;
er selbst Kann nicht schreiben, weshalb Petosiris für ihn dies schwierige
Geschäft übernimmt. Herais (Nr 10) richtet an den Dekadarches Antonius
Longus eine Klagschrift wegen eines Raubanfalls. Als sie mit ihrer
Tochter von Theadelphia abwesend war, wurde in ihre dortigen „Häuser“
eingebrochen, der Verwalter Dioskoros, dessen Bruder und eine‘ Sklavin
!) Der Titel des Heftes — ein Bandtitel wird erst später ausgegeben — lautet:
Griechische Papyrusurkunden der Hamburger Stadtbibliothek. Bd. 1 herausgegeben und
erklärt von Paul M. Meyer. Heft1. Mit 7 Lichtdrucktafeln. Leipzig u. Berlin 1911
Hamburg: C. Boysen. (1 Bl. 1008. 7Taf.) 4°,
In Jar
Stadtbibliothek. Fi
ihrer Tochter erschlagen, ein großer Teil ihrer Habe fortgeschleppt.
Herais scheint eine vermögende Frau gewesen zu sein. Außer barem
Geld, zahlreichen Schmucksachen in Gold und Silber und Hausgerät hat
sie den Verlust kostbarer Garderobe zu beklagen. In Ägypten ward viel
regiert, viel Tinte verschrieben. Der Bureau- und Registraturvorstand
des Präfekten schickt (Nr 18) an ein Staatsarchiv, vermutlich das in
Patrika-Alexandria, das amtliche Aktenmaterial, welches in der Statt-
_ halterkanzlei während zweier Jahre — 220/221 und 221/222 — erwachsen
war, säuberlich nach sachlicher Ordnung aneinander geklebt und zu
Sammelrollen vereinigt. Einen breiten Raum nehmen naturgemäß land-
wirtschaftliche Dinge ein, so ein Pachtangebot auf Dattelpalmernte, ein
Quittungsbogen über entrichtete Pferdemarkensteuer, eine Anzeige von
der Nilschwelle nicht berührten Landes zwecks Steuernachlasses, das
Gesuch eines Domanialbauern um Gewährung von Saatkorn.
Das zweite Heft der Urkunden, dessen Ausarbeitung Herrn Pro-
fessor Meyer bereits beschäftigt, wird unter anderm Ptolemäer-Papyri
des dritten vorchristlichen Jahrhunderts bringen und mit einem weiteren
Hefte später den ersten Band bilden.
Die geplante paläographische Lehrmittelsammlung im Seminar für
Geschichte und Kultur des Orients konnte durch einige kleinere arabische
Papyri, die Herr Professor Borchardt in Kairo freundlichst für uns ankaufte,
begründet werden.
Die Arbeiten an der Bismarck-Abteilung wurden stetig gefördert.
Unser Hauptaugenmerk richteten wir diesmal auf die Ergänzung der aus-
ländischen Literatur. Daneben erwarben wir verschiedene bildliche Dar-
stellungen, auch Karikaturen, namentlich eine Fülle von Bismarck-Post-
karten, die mit dem bereits vorhandenen Bestand in fünf große Albums
nach systematischer Ordnung eingereiht wurden. Die Königliche Bibliothek
Berlin überwies uns eine umfangreiche Sammlung von Zeitungsausschnitten
mit Nekrologen auf den Tod des Fürsten.
Von der Baubehörde wurden mehrere neue Schränke beschafft, einer
für abgeschlossene Akten, ein anderer zur Aufbewahrung der Tafeln
größerer paläographischer Werke, ein dritter für unsere Papyri, nach dem
Muster der in den Berliner Königlichen Museen dem gleichen Zwecke
dienenden Schränke gearbeitet. Die Bücherablage des Lesesaals erhielt
die dringend notwendige Erweiterung; im Journalsaal ward ein mit Türen
versehenes Repositorium aufgestellt, das die älteren ungebundenen Hefte
und Nummern der wöchentlich erscheinenden Zeitschriften aufnehmen soll.
In die Handbibliothek des Lesesaals wurden 15 Werke mit 114 Bänden
neu eingestellt; sie enthält jetzt insgesamt 634 Werke oder 2725 Bände.
Im Journalsaal sind 730 ungebundene Zeitschriften vorhanden, darunter
folgende, die während des vergangenen Jahres hinzukamen:
gu
Bismarck-
Abteilung.
Inventar.
Lese- und
Journalsaal.
Stadtbibliothek.
Abhandlungen der Naturhistorischen Gesellschaft zu Nürnberg,
Acta Societatis Scientiarum Fennicae,
Archiv, Orientalisches. Illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kultur-
geschichte und Völkerkunde der Länder des Ostens,
Bericht der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft,
Berichte der Bayerischen botanischen Gesellschaft zur Erforschung der
heimischen Flora,
Blätter, Familiengeschichtliche. Monatsschrift zur Förderung der
Familiengeschichtsforschung,
Blätter für die Hamburgische Öffentliche Jugendfürsorge. Amtliches
Organ der Behörde für Öffentliche Jugendfürsorge,
Blätter aus dem Schwarzburgbund. Akademische Vierteljahrsschrift,
Blätter für Vertrauensärzte der Lebensversicherung,
Bulletin of the Chicago Academy of Sciences,
Bulletin of the Archxological Institute of America,
La Critica. Rivista di letteratura, storia e filosofia,
La Cultura,
Das Deutschtum im Ausland. Vierteljahrshefte des Vereins für das
Deutschtum im Ausland,
Eckard, Der getreue. Antiultramontane Blätter zu Lehr und Wehr,
U. S. Department of Agriculture. Office of Experiment Station. Ex-
periment Station Record,
Geister, Junge,
The Glasgow Naturalist. The Journal of the Natural History Society
of Glasgow,
Herold, Der Deutsche. Zeitschrift für Wappen-, Siegel- und Familien-
kunde,
Journal and Proceedings of the Royal Society of New South Wales,
Der Islam. Zeitschrift für Geschichte und Kultur des islamischen Orients,
Lehrproben und Lehrgänge aus der Praxis der höheren Lehranstalten,
Logos. Internationale Zeitschrift für Philosophie der Kultur,
März. Eine Wochenschrift,
Memoirs of the Royal Society of South Australia,
Mind. A quarterly Review of Psychology and Philosophy,
Monatsschrift für den elementaren naturwissenschaftlichen Unterricht,
Museum, Maandblad voor Philologie en Geschiedenis,
Nachrichten, Elektrotechnische,
The Outlook,
The Philippine Journal of Science,
Revue des langues romanes,
Revue, Politisch-Anthropologische. Monatsschrift für das soziale und
geistige Leben der Völker,
Stadtbibliothek. I)
Revue russe d’entomologie (auch russ. Titel: Russkoe entomologideskoe
obozr£nie),
Rivista degli studi orientali,
Science Progress in the twentieth Century. A quarterly Journal of
scientific Work and Thought,
Studi di filologia moderna,
Tufts College Studies,
University of California Publications in Zoology,
Volksbildungsarchiv. Beiträge zur wissenschaftlichen Vertiefung der
Volksbildungsbestrebungen,
Zeitschrift für Brüdergeschichte,
Zeitschrift für Kolonialsprachen,
Zeitschrift, Neue, für Mineralogie, Geologie und Paläontologie,
Zeitschrift für pädagogische Psychologie und experimentelle Pädagogik,
Zeitschrift für österreichische Volkskunde,
Zeitung, Münchener allgemeine.
In das Zugangsverzeichnis für 1910 sind 13 521 Werke mit 16 444
bibliographischen Bänden, darunter 264 Drucke des 15. und 16. Jahr-
hunderts, eingetragen worden, eine bisher niemals erreichte Ziffer; das
Vorjahr brachte 10 992 Nummern oder 14103 Bände. Ihrer Herkunft
nach wurden von diesen 16 444 Bänden erworben
ERS EN 4975 Bände,
It eSchen er NEL a
BOIBAUSERUSCH US SA Eh ae: G2LOTT
Auf die wissenschaftlichen Fächer der Bibliothek verteilt sich der
gesamte Zuwachs folgendermaßen:
1. Allgemeines (Bibliographie, Enzyklopädie,
Rkademieschriften) 9... 2.27%. 4:8 2340 Bände,
2. Theologie und Kirchengeschichte ...... SB, Mr
or hechtswissenschaft‘ 2... 2. 8%: San
2, Staatswissenschaft. 2... 2...%.....2... Ge
BD ME ee 807 5;
6. Mathematik und Naturwissenschaften... 1706 „
7. Ökonomie, Technologie, Landwirtschaft 167 H
8. Geschichte und Hilfswissenschaften ..... 1125 a
2»sprachen; und* Literatur .. . 2... 2... 2402 ,
Ir Philosophie und: Pädagogik --:.:..%... 550 e
ae ee nee Besten 544 ,„
12. Universitäts- und Schulschriften ....... 5474 x
Be Handschritenn rn tl 23 "
Vermehrung.
10 Stadtbibliothek. .
Zur Erklärung, warum die einzelnen Abteilungen scheinbar so un-
gleich behandelt werden, erinnern wir daran, daß die Stadtbibliothek
gewisse Disziplinen nicht durch Anschaffungen pflegt. Es sind dies Juris-
prudenz außer römischen und mittelalterlichen Quellen und ihrer Ge-
schichte, Staatswissenschaft, Medizin abgesehen von antiken Ärzten,
Architektur, Technologie, Landwirtschaft und leider auch neuere Geschichte,
für England von 1625, für Deutschland und die sonstigen Staaten von
1648 ab. Diese wenig glücklichen Abgrenzungen sind 1849 in einem
Kartell festgelegt worden, das wesentlich auf Petersens Betreiben zwischen
unserem Institut und einigen anderen hiesigen Bibliotheken abgeschlossen
ward und einer zeitgemäßen Revision dringend bedarf.
Der Bestand der Bibliothek vermehrte sich um 9137 Buchbinderbände.
Als reguläre budgetmäßige Mittel waren für Bücherankauf wiederum
NM 30 000 bewilligt, ausgegeben wurden M 29 999,03. Davon entfallen auf
Zeitschrilien se. ‚Sry 2 EI zu se M 12 972,73
Kortsetzungen 3.2... rare en 2.,.,..0.986.98
NOWIRALETE 2 a ee = aa
Antıonarla Ar nee „6 726,—.
Innerhalb der Zeitschriften konnte bei den Veröffentlichungen von
Akademien und gelehrten Gesellschaften nicht immer streng nach laufenden
und besonderen Fonds, deren wir später gedenken, geschieden werden.
Dies hätte die Rechnungsführung unnütz erschwert. Mit welchen Beträgen
die einzelnen Fächer bedacht wurden, zeigt in runden Zahlen die nach-
stehende Übersicht:
Allgemeines (Bibliographie, Enzyklopädie,
Akademieschrittem er "er een ner NM 2650
Theologie und Kirchengeschichte............. „ 2320
Rechtswissenschatt mr. 22. 2 7 IE EE EN
Staatswissenschaft, Ökonomie, Technologie,
Bandwirtschäft. 2. 27- Fan a DR Raea Ti,
Medizin ER IE a re RS LEHE Et
Mathematik und Naturwissenschaften......... „ 1450
Geschichte und Hilfswissenschaften .......... „. »150
Sprachen‘ and Titeratur "2.2 Sa „ 6530
Philosophie, Pädagogik, Kunst .............. „ 6630
Handschriften. 2.4222. was EHER FEIEENE ” 50
Hanseaktea 3... STR a 23308
Von größeren Erwerbungen, die nach Wert und Umfang hervor-
ragen, mögen einige hier Erwähnung finden:
Stadtbibliothek. i1
Die jüngere Matrikel der Universität Leipzig hrsg. von G. Erler.
Bd 1—3. Leipzig 1909,
B. Moritz, Arabic Palaeography. Cairo 1905,
W.A.Copinger, The Bible and its transmissions. London 1897,
G. Niemann, Der Palast Diokletian’s in Spalato. Wien 1910,
Alfonso el Sabio, Cantigas de Santa Maria las publica la R. Academia
Espanola. Vol. 1. 2. Madrid 1889,
Musei Etrusei, quod Gregorius XVI. in aedibus Vaticanis constituit,
monimenta. P. 1. 2. Romae 1842—43,
Monumenta palaeographica Vindobonensia. Denkmäler der Schreib-
kunst aus der Handschriften-Sammlung des Habsburgisch-Loth-
ringischen Erzhauses hrsg. von R. Beer. Lief. 1. Leipzig 1910,
Mind. A quarterly Review of Psychology and Philosophy. Vol. 1—16,
N. S. Vol. 1—19. London 1876—1910,
W. Scott, Waverly Novels by A. Lang. Vol. 1—48. (Border Edition)
London 1892 —94,
The Journal of the British Archaeological Association. Vol. 1—42.
London 1846—86,
Revue d’entomologie. T. 1—27. Caen 1882—1908,
ferner kostspielige Fortsetzungswerke, wie
J. D. Mansi, Sacr. Conciliorum Collectio. Vol. 42. 43. Paris 1909—10,
Prince d’Essling, Etudes sur l’art de la gravure sur bois & Venise.
Les livres ä figures Vönitiens. Partie2, ı.2. Florence, Paris
1909,
Altertümer von Pergamon. Bd 3,2. Text, Tafeln. Berlin 1910,
Codices graeci et latini photographice depieti. Suppl. 8 (Miniaturen
der lateinischen Galenos-Handschrift der K. Oeff. Bibliothek in
Dresden), T. 14 (Tibulli carmina. Sapphus epistola Ovidiana.
Codex Guelferbytanus 82, 6. Aug.). Lugduni Bat. 1910.
Eine bemerkenswerte Bereicherung erfuhr unsere Musikabteilung
durch
Pal&ographie musicale. Les principaux manuserits de chant Gregorien,
Ambrosien, Mozarabe, Gallican p. par les Benedictins de l’Abbey
de Solesmes. 1--9. Solesmes, sp. Tournay 1889—1906,
Denkmäler der Tonkunst in Österreich hrsg. unter Leitung von Guido
Adler. Bd 1— Jg 17. Wien 1894—1910,
Denkmäler deutscher Tonkunst. II. Folge: Denkmäler der Tonkunst
in Bayern. Jg 1—9. Leipzig 1900—08,
Publikationen der Internationalen Musikgesellschaft. Beihefte 1—),
I. Folge 1—8. Leipzig 1901—09,
W. A. Mozart, Werke. Kritisch durchges. Gesamtausgabe. Ser, 1—24,
Leipzig 1877—1909.
12 Stadtbibliothek.
Zur Vervollständigung der Schriften außerdeutscher Akademien und
mathematisch-naturwissenschaftlicher Gesellschaften waren als 2. Rate
im Budget M 5000 vorgesehen. Dazu kam noch ein ansehnlicher Rest
desjenigen Betrages (M 6000), der speziell der Ausfüllung von Lücken
in den Publikationen der fünf Pariser Akademien diente. Verausgabt
wurden während des Berichtsjahres insgesamt M 8056,48. Die Ergänzungs-
arbeiten wurden eifrig betrieben und manche wichtigen Ankäufe bewirkt,
aus denen wir unter Beschränkung auf größere Serien hervorheben:
Memoires de l’Academie des sciences et belles-lettres de Bruxelles.
T. 1°—4. Bruxelles 1780—83,
[Nouveaux] M&moires de l’Ac. des sciences, des lettres et des beaux-
arts de Belgique. T. 1—3. 6. 7. 10—12. 15— 35.53. Br. 1820—98,
Bulletins de l’Acad&mie de Belgique. T. 1—23, Annexe 1853/54, Tables
du Recueil des Bull. Ser. I. Br. 1836—58,
Annuaire de l’Acad&mie de Belgique. T. 1. 3—23. Br. 1835—57,
Memoires couronnes et M&moires des savants etrangers publ. par l’Ac.
R. de Belg. T. 1. 3. 4. 5. 12—32. Br. 1818—65, 4°,
Memoires couronnes et autres M&moires publ. par l’Acad. de Belgique.
Collection in 8°. T. 1—18. Br. 1840—66,
Philosophical Transactions of the Royal Society. (59 Bde von 1768
ab; Index to Vols 71—120. London 1769—1903),
Det Kongel. Danske Videnskabers-Selskabs Skrivter. Bd 1—4,1
(for 1805). Kjöbenhavn 1801 u. f.,
Det Kgl. Danske Videnskabernes-Selskabs Skrifter (Afhandlinger).
Ra&kke (IV)—VI. VII Naturv. og math. Afd. D. 1—4. Koben-
havn 1823—1908,
Oversigt over det Kgl. Danske Vid. Selsk. Forhandl. 1826/27—1859.
Kjöbenh. o. J.,
Kong]. Vetenskaps Academiens Handlingar. Vol. 1—30. Register 1—40,
Nya Handl. 1—53. Stockholm 1741—1821,
Öfversigt af Kgl. Vet.-Ak. Förhandlingar. Ärg. 1—17. 27. St. 1845— 71,
Atti dell’ Accademia Pontificia de’ Nuovi Lincei. T. 1—37. Roma .
1851—84,
Memorie della Pont. Ace. dei N. L. Vol. 1—15. Roma 1887—98,
Atti della Reale Accademia dei Lincei. (44 Bde aus Ser. II-V.
Roma 1875— 1904),
Acta Societatis Sceientiarum Fennicae. T. 13—20. Helsingforsiae
1884—95,
Öfversigt af Finska Vetenskaps-Societetens Fürhandlingar. 1—18.
25—36. Helsingf. 1853—94,
Proceedings of the British Academy. Vol. (1)—4. London 1903 u. ff.,
Stadtbibliothek. I
Berichte des Freien Deutschen Hochstiftes zu Frankfurt a. M.
N. F. 1-7, 1885—91. 9—17, 1893—1901; Jahrbuch 1902. 1903.
1907—09. Frankfurt a.M. o.J,.,
Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft. Jahrg. 1—24. Berlin
1883— 1906,
Verhandlungen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft. 1—17.
Leipzig 1891—1907, |
Papers and Proceedings and Report of the R. Society of Tasmania
for 1876—82. 1884. 1885. 1887. Tasmania 1877-88,
Bibliotheque de l’Eeole des hautes etudes. Sciences hist. et philol.
Base. 116—137. Paris 1897—1902,
Annales du Musee Guimet. T. 1—33. Paris 1880-1909,
Annales du Mus. Guimet. Bibliotheque d’etudes. T. 1—9. 11—24,1.
25. P. 1892—1908.
Das Vermögen der Stadtbibliothek hatte an Zinsen M 5212,26 ge-
tragen. Davon bestimmte die Bibliothekskommission in der Sitzung vom
4. Dezember 1909 M 2000 für Philosophie, M 1500 für Astronomie; mit
einem Betrag von M 500 sollte unser äußerst mangelhaftes Exemplar der
wichtigen Seriptores rerum Britannicarum vervollständigt, mit dem Rest
— 4 1212,26 — die Handbibliothek des Lesesaals fortgeführt und weiter
ausgestaltet werden.
Auf dem Gebiet der philosophischen Literatur haben wir uns mit
gutem Erfolg bemüht, vorhandene Lücken zu schließen. Neben zahlreichen
wertvollen Monographien konnten folgende größere Zeitschriftenreihen
angeschafft werden:
Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie hrsg. von R.
Avenarius. Jg 1—29. Leipzig 1877—1905 (Erg.),
Philosophische Monatshefte hrsg. von J. Bergmann. Bd 1—30. Berlin,
sp. Leipzig 1868—94,
Zeitschrift für experimentelle Pädagogik hrsg. von W. A. Lay und
E. Meumann. Bd 1—11. Leipzig 1905—-10,
Revue philosophique de la France et de l’etranger dir. par Th. Ribot.
Anne 1-—22 nebst Tables gen. 1876—95. Paris 1876—97 (Erg.),
ferner die von J. H. v. Kirchmann begründete Philosophische Bibliothek,
ein altes Desiderat.
Aus den Zinsen des Jahres 1907 hatten wir auf Wunsch des Herrn
Sachverständigen für Astronomie 4 1900 als Reserve zurückbehalten.
Diese faßten wir jetzt mit der neuen Bewilligung von M 1500 zu einigen
bedeutenden Ankäufen zusammen. An erster Stelle nennen wir
Astronomische Nachrichten hrsg. von H. C. Schumacher. Bd 1—29.
27—178 und Generalregister 21—40, 61—150, Ergänzungsheft
1849. Altona, sp. Kiel 1824—1908 (Erg.),
14 Stadtbibliothek.
außerdem
Bulletin astronomique fond@ en 1884 par E. Mouchez et F. Tisserand.
T. 1—27., Paris 1884—1910
und — aus der hinterlassenen Bibliothek des Professors Kreutz in Kiel —
The Astrophysical Journal. Vol. 1—25. Chicago 1895—1907,
Jahrbuch der Astronomie und Geophysik hrsg. von H. J. Klein.
Jg 1—8, 1890—97. Leipzig 1891—98,
Astronomischer Jahresbericht hrsg. von W. F. Wislicenus. Bd 1—8.
Berlin 1900—07,
Vierteljahrsschrift der astronomischen Gesellschaft. Jg 1—42, Suppl.-
Bd 1—3 und Generalregister 1—25. Leipzig 1866—1907,
L. Ambronn, Handbuch der astronomischen Instrumentenkunde. Bd1.2.
Berlin 1899,
H. Poincare, Les methodes nouvelles de la me&canique celeste. T. 1—3.
Paris 1892—99,
A. G. Pingre, Annales celestes du dix-septieme siecle. Paris 1901.
Eine besonders wertvolle Förderung erblicken wir darin, daß die
regelmäßigen Überweisungen aus den Zinserträgnissen uns gestatten, die
Handbibliothek des Lesesaals und die damit in Verbindung stehende der
Beamtenzimmer auf ihrer Höhe zu erhalten und auszubauen. Sie ward
diesmal — abgesehen von den neuesten Auflagen und den regelmäßigen
Fortsetzungen bereits vorhandener Werke — vermehrt durch
W.F. Poole, An Index to periodical Literature. 3. Ed. Boston 1882,
Supplem. 4. 5 (1897—1907). London o. J.,
F. Steingaß, A comprehensive Persian-English Dictionary. London o.J.,
Fr. Lachevre, Bibliographie des recueils collectifs de poesies publies
de 1597—1700. T. 1—4. Paris 1901—05,
durch das Staatslexikon im Auftrag der Görres-Gesellschaft hrsg.
von J. Bachem. 3. Aufl. Bd 1—3. Freiburg i. B. 1908—10
und die bisher erschienenen Bände der
Geschichte der Kunst hrsg. von L. Justi. Berlin (1909—10).
Die erwähnten Fonds sind bestimmungsgemäß aufgebraucht worden.
Nicht ganz so glücklich waren wir in unseren Bemühungen um die Er-
gänzung der Scriptores rerum Britannicarum, weil gerade die älteren
uns fehlenden Teile nur selten im Antiquariatsbuchhandel vorkommen.
Immerhin gelang es, einige Bände aufzutreiben.
An der Summe, die 1909 für Orientalia ausgesetzt wurde, waren
noch rd NM 200 verblieben. Wir benutzten sie zu Bestellungen aus’einem
Katalog von J. B. Yahuda in Kairo, wobei uns Herr Professor €. H. Becker
wiederum freundlichst beriet.
Die begonnene Verwendung des geologischen Fonds, der seit 1908
zur Verfügung stand, hatte Professor Gotisches jäher Tod unterbrochen.
4.
Stadtbibliothek. 15
Sein Nachfolger Herr Professor @ürich übernahm das verwaiste Amt
eines Sachverständigen. Auf seinen Vorschlag erwarben wir
The Geological Magazine or monthly Journal of Geology. Vol. 1—10,
New Ser. Dec. II Vol. 1—Dec. V Vol. 2. London 1864—1905,
C. Diener, R. Hoernes, F. E. Sueß, V. Uhlig, Bau und Bild Österreichs.
Wien, Leipzig 1903,
A. Lacroix, La montagne Pel&e et ses eruptions. Paris 1904,
H. Abich, Geologische Forschungen in den kaukasischen Ländern.
T.1—3, Atlas zu T. 2. 3. Wien 1878—87,
A. d’Orbigny, Paleontologie francaise. Description des mollusques
et rayonnes fossiles (48 Bde, soweit erschienen). Paris 1840—94.
An Geschenken, die uns von Behörden des In- und Auslandes, von
Korporationen, Vereinen und einzelnen Personen zugingen, ist das Berichts-
jahr so reich wie wenige seiner Vorgänger gewesen. Die Fülle der
Gaben zwingt zu desto knapperer Auswahl. Unser gebührender Dank
gilt allen, deren freundlicher Förderung wir uns erfreuen durften.
Von Einem Hohen Senat empfingen wir Monumenta Germaniae
historica Legum Sect. IV, T. 5,1. 8,1, Sceriptores qui vernacula lingua usi
sunt T. 6,2, Scriptores rerum Merovingicarum T. 5, Diplomata T. 4, Hanno-
verae et Lipsiae 1909— 10 in je 2 Exemplaren, die Nova Acta der Kaiserl.
Leopoldinisch-Carolinischen Akademie der Naturforscher Vol. 90 und 91
und die Leopoldina H. 45, Halle 1909, Verwaltungsberichte der Städte
Paris Budapest Buenos Aires. Die Oberschulbehörde übersandte 43,
das Staatsarchiv 98 Bände, hauptsächlich amtliche amerikanische Staats-
schriften, sowie den ersten Band seiner eigenen Veröffentlichungen, Ham-
burg 1910, die Kaiserl. Seewarte ihre regelmäßigen Publikationen,
die Kgl. Ministerial-Kommission zu Kiel die Wissenschaftlichen Meeres-
untersuchungen N. F. Bd 11 Abt. Kiel, Kiel und Leipzig 1910. Das
italienische Kultusministerium stellte uns den 20. Band der Galilei-Aus-
gabe, womit dies große Unternehmen zum Abschluß gelangte, zur Verfügung,
das Rijks Ethnographisch Museum, Leiden die ersten 3 Bände seines
Katalogs, Leiden 1909—10, die Universitätsbibliothek Utrecht De Ut-
rechtsche Universiteitsbibliotheek, haar Geschiedenis en Kunstschatten
voor 1880 door J. F. van Someren, Utrecht 1909, die Grand Lodge,
Philadelphia das Werk von N. S. Barratt und J. F. Sachse, Freemasonry
in. Pennsylvania Vol. 1. 2, Philadelphia 1908—09.
Herrn Senator Dr. von Melle verdanken wir 233 Bände, teilweise
aus dem Nachlaß von Frau @. H. Kämmerer, den Herren Dres Wolffson,
Dehn und Schramm 380 Bände wertvoller älterer Jurisprudenz, Herrn
Rechtsanwalt Dr. Hans Kai Möller 24 und Herrn Dr. Leonhard Wächter
38 Bände, gleichfalls Juridiea. Herr Pastor D. Bertheau schenkte uns
18 seltene Bibelausgaben in verschiedenen Sprachen, Herr Dr. 4. Nirrnheim,
Geschenke.
16 Stadtbibliothek.
Assistent am hiesigen Staatsarchiv, 19 Broschüren zur Geschiehte deut-
scher Schützengesellschaften, die Schwester des verstorbenen Fräuleins
Mary Rosenberg deren hinterlassene Musikalien und musikhistorische Werke
(81 Bände). Von der Familie Lanz in Mannheim erhielten wir das pracht-
voll ausgestattete Werk: Heinrich Lanz. Fünfzig Jahre des Wirkens in
Landwirtschaft und Industrie 1859—1909 dargestellt von Paul Neubaur,
Text-und Illustrationsband, Berlin (1910), von Herrn Professor W. L. Schreiber,
Potsdam T. 6—8 seines kostbaren Manuel de l’amateur de la gravure
sur bois, Berlin 1893—1900, von Herrn Regierungsrat Aoche, Köslin
Jg i—10 der Akademischen Turnbundsblätter, Berlin 1887—97, von
der Verlagsbuchhandlung Philipp Reclam jr. in Leipzig ein Exemplar der
Festschrift, wodurch sie das Erscheinen der 5000. Nummer ihrer bekannten
Universalbibliothek feierte. Der stattliche Band verwirklicht einen ori-
ginellen Gedanken, indem er die vielen lobenden und ehrenden Zuschriften,
die der Firma aus dem erwähnten Anlaß zugingen, in Faksimiles bringt.
So ziehen in bunter Reihe die besten Namen — Staatsmänner, Gelehrte,
Künstler, Diehter — am Leser vorüber. Herr Lizentiat HZ. Vollmer über-
gab uns als Frucht längerer wissenschaftlicher Reisen in Deutschland und
im Ausland 100 vortreffliche Nachbildungen aus mittelalterlichen Manu-
skripten, ein für paläographische Studien wie für die Kenntnis der
Miniaturmalerei gleich wichtiges Material.
Durch gütige Zuwendungen verpflichteten uns ferner die Herren
Professor Dr. C. H. Becker (4 Bde), Direktor Dr. F. Bendixen (4 Bde),
Dr. E. $. Dodgson, Biarritz (10 Bde), L. Gräfe (16 Bde), Dr. M. Ikle,
Zehlendorf (2 Bde), W. Krebs, Groß Flottbek (25 Bde), @. Kowalewski
(23 Bde), Frau Oberlandesgerichtsrat Dr. Kiesselbach (75 Bde), die Herren
CO. Langschmidt (142 Bde), Professor Dr. O. Lauffer (4 Bde), Dr. Th. Lorentzen
(6 Bde), Pastor Z. Meincke (3 Bde), Frau Dr. Ohaus (7 Bde), die Herren
Baron A. v. Ohlendorff (4 Bde), Dr. A. Ratti, Prefetto der Biblioteca
Ambrosiana, Mailand (3 Bde), Professor Dr. J. Schwalm (34 Bde), Edm.
J. A. Siemers (10 Bde), Dr. H. Strebel (19 Bde), Kanzlist J. Thias (30 Bde),
Bibliothekssekretär P. Viebeg (10 Bde), Fräulein 7. $. Wächter (63 Bde),
die Herren Dr. A. Warburg (4 Schriften J. Rists, Frankfurt 1668—70),
Professor Dr. A. Wohlwill (2 Bde), Freiherr A.W. von Westenholz (7 Bde).
Aus dem Nachlaß von Herın Zd. Hünten wurden uns 121 Bände
überwiesen, von der Oppertschen Bibliothek weitere 1952 Bände in das
Zugangsverzeichnis eingetragen.
Mit dem Gefühl tief empfundenen Dankes erwähnen wir schließlich
eine hochherzige glänzende Schenkung des Herrn Professors D. W. Sillem,
198 Bände, zumeist Drucke des 16. Jahrhunderts, in einem langen arbeits-
reichen Leben mit liebevoller Sachkunde gesammelt. Wahre Kleinodien
befinden sielı darunter, Lieder aus der Reformationszeit, das Onus ecelesiae
Stadtbibliothek. 17
und die Theologia germanica des Bernhard von Chiemsee (1531), Hans
Jakob Velr’s (Veler’s) Vergiß mein nit, Regensburg 1525, ein Büchlein,
von dem überhaupt nur zwei Exemplare bekannt sind. Die Hauptmasse
besteht aus teilweise äußerst seltenen Werken der Reformatoren und ihrer
- Anhänger, so von Luther, Bugenhagen, Joachim Westphal, Urbanus Rhegius,
Johannes Draconites, Andreas Keller, Michael Stiefel und vielen anderen.
Zahlreiche Sammelbände in gleichzeitigen Einbänden enthalten eine Fülle
kleinerer, heute fast unauffindbarer Abhandlungen und Flugschriften.
Einen Teil der in Hamburg gedruckten oder verlegten Bücher und
Broschüren führte uns zu das freundliche Interesse der Herren Auer & Co.,
J. W. Basedow, Th. Bömelburg,. O. Bröcker &. Co., @Genzsch & Heyse,
Hermann’s Erben, ©. Klof, Lütcke & Wulff, O. Meißner, H. O. Persiehl,
@. Schloeßmann, ferner der Buchhandlung des Deutsch-nationalen Handlungs-
gehilfen-Verbands, des wirtschaftlichen Schutzverbands, des Bureaus der
Sozialdemokratischen Partei, der Herold’schen Buchhandlung, der Ver-
einigten fünf Logen, des Verbandes der Gemeindeurbeiter, der Steinsetzer,
des christlichen Vereins junger Männer, des Vereins Quickborn, des Verlags
des Grundsteins, der Verlagsanstalt des Zentralverbandes deutscher Konsum-
vereine, des Zentralverbandes der Handlungsgehilfen und -gehilfinnen, der
Maurer Deutschlands.
Mit gewohnter Liberalität stellte uns der Inhaber der Firma Leopold
Voß, Herr E. Maaß, seine diesjährigen Verlagsartikel in je einem Exemplar
zur Verfügung. Herr A. Janfen gestattete freundlichst eine Auswahl aus
dem Verzeichnis der bei ihm erschienenen Novitäten.
Daß wir die hiesigen Zeitungen und Zeitschriften annähernd voll-
ständig zusammenbringen konnten, verdanken wir dem nie versagenden
Entgegenkommen, das wir bei den Redaktionen und Verlegern fanden.
Als Anhang fügen wir diesem Bericht eine Liste derjenigen hamburgischen
Zeitungen bei, die während der letzten fünf Jahre hier neu erschienen
und auf der Stadtbibliothek vorhanden sind. Sie bildet zugleich die
Fortsetzung des Verzeichnisses, das wir 1905 an gleicher Stelle gaben
und das unseren damaligen Besitz registrierte. Ausdrücklich sei noch
bemerkt, daß alle periodischen Publikationen, die nur einmal jährlich
an die Öffentlichkeit treten, darin nicht aufgenommen wurden.
Die Jahresberichte der Verwaltungsbehörden, der Berufs- und Er-
werbsgenossenschaften, der vielen politischen, gemeinnützigen, wissen-
schaftlichen Vereinigungen erhielten wir fast vollzählig. Ältere Lücken
zu schließen ermöglichten die reichen Geschenke der Herren Dr. W. Heyden,
Sekretärs der Bürgerschaft, (80 Bde) und Architekt ©. Dröge (121 Bde).
Herr R. Benöhr übersandte die Stammtafeln seiner Familie.
Als Gegengabe für ein volles Exemplar des Jahrbuchs der Ham-
burgischen Wissenschaftlichen Anstalten schickte uns die Universitäts-
Hamburgensien.
Tausch.
Sächliche
Ausgaben.
Benutzung.
15 Stadtbibliothek.
bibliothek Münster 502 ältere münsterische Dissertationen, die Stadt-
bibliothek Königsberg i. Pr., mit der wir unsere Veröffentlichungen aus-
tauschen, die beiden ersten Bände ihrer „Mitteilungen“, Königsberg 1909—10.
Die auf Vertrag beruhende Ablieferung des Naturwissenschaftlichen
Vereins ergab 567, die des Vereins für naturwissenschaftliche Unterhaltung
161 Bände.
Zur Deckung der sächlichen Ausgaben waren im Budget M 16 800
bestimmt. Die tatsächlichen Aufwendungen betrugen NM 16 799,56, die
sich folgendermaßen verteilen:
Druckkosten ur. 0.0.4 ee Ha ER M 694,37
Buchbinderarbeiten. 2 so 2.2. 28, zes ae 1299
Notwendige und kleine Ausgaben ........ a ERS)
Die letzte Position hat gegenüber dem Vorjahr eine Erhöhung von
M 400 erfahren.
Die Benutzung der Bibliothek nahm während des Jahres 1910 im
allgemeinen betrachtet weiter zu. Die Ziffer der Bestellungen ist höher
geworden. Die Statistik des Lesesaals weist ein Mehr von 3633 Personen
und von 3675 ausgehändigten Bänden nach. Auch die Entleihung zu
häuslichem Gebrauch stieg um rund 1520 Bände. Daß der auswärtige
Verkehr etwas zurückging, hängt wol von Zufälliekeiten ab. Trotzdem
ist das Gesamtbild kein durchweg befriedigendes. Es läßt sich nicht ver-
kennen, daß seit etwa zwei Jahren die Entwicklung der Bücherausgabe
mit der des Lesesaals nicht gleichen Schritt hält. Früher vollzog sie
sich in raschen Sprüngen, jetzt geschieht sie langsam, zögernd, obwohl
wir dauernd Benutzer hinzugewinnen. Man wird die Erklärung für diese,
mit einer gewissen Sorge von uns beobachtete Erscheinung vornehmlich
darin zu suchen haben, daß die Öffnungszeit der Bücherausgabe, die sich
auf die Stunden von 2—4 Uhr nachmittags beschränkt, für eine Großstadt
wie Hamburg viel zu knapp bemessen ist; sie müßte mindestens doppelt
so lang sein. Wir hoffen, in dieser Hinsicht bald die erforderlichen Ver-
besserungen einführen zu können.
Die Gesamtzahl der eingegangenen Bestellungen betrug 60 577, der
55 631 des vorigen Jahres entsprechen. Davon wurden
43541 (= 71,90) durch Aushändigung des gewünschten Werkes oder
durch Hinweis auf die Handbibliothek des
Lesesaals erledigt,
17938 (= 13,1 °/o) als „verliehen“,
765 = 1,3) als „nicht benutzbar“,
8333 (= 13,70) als „nicht vorhanden“ bezeichnet.
Die Ergebnisse des äußeren Dienstes im einzelnen veranschaulichen
die nachstehenden Tabellen.
Stadtbibliothek. 19
I Verleihungen nach Hause.
1908 1909 1910
Personen en 10 619 11 042 11 286
Bader 29116 80 274 31799
Grell’s Paketfahrt beförderte in 755 Paketen 1863 Werke oder
3119 Bände.
II. Lesesaal.
1908 1909 1910
Bersonon. ee 31471 33 768 37401
Benutzte Bände.......... 32 326 35 585 39 258
Die Bände wurden nur einmal bei ihrer Einlieferung im Lesesaal
gezählt; die Benutzung der Handbibliothek blieb unberücksichtigt. Die
Frequenz des Lesesaals, die innerhalb der einzelnen Monate mancherlei
Schwankungen unterworfen war, zeigt die folgende Zusammenstellung:
Personen Bestellte Werke
HE ee BR ER N RE 12.1) 2202
BebrBape le. ru 1iie 2981 1776
Mae Bee ZT 2635
Alan ee 3495 2811
a a Se 2160 1666
ESTER SIERT TR ARE RR 2671 2164
| a eh ei 2990 2204
BE EN EN 3926 2845
BeDiemheint ee 3004 2443
BER ee Ferse; 3726 3003
Nowembersninit 2 ER 28 As 3498 2504
Dee. 1.00 2767 1965
IIl. Journalsaal.
Der Journalsaal erfreute sich eines weit regeren Besuches als früher.
Da eine ständige Beaufsichtigung sich noch immer nicht ermöglichen ließ,
müssen wir uns mit der ungefähren Schätzung von 8200-8300 Personen
begnügen.
Die Leseräume standen insgesamt dem Publikum an 284 Tagen offen.
IV. Sendungen von auswärts.
19068 1909 1910
Zahl der verleihenden Bibliotheken 53 55 57
Dinpimsera KEN an 369 540 556
20 Stadtbibliothek.
Zahl der erhaltenen Bände:
2), Druckschritene ern aa 962 1244 1484
bh), HHandschniienemr en... ee 877 522 178
V. Sendungen nach auswärts
(mit Einschluß von 7 Orten des hambureischen Staatsgebiets:
Altengamme, Bergedorf, Cuxhaven, Finkenwärder, Langenhorn, Neuen-
gamme, Zollenspieker).
1908 1909 1910
Ola 121 139 134
Bände:
a) Druckschrittene.». 2.00... 1700 2491 2393
b), Handschriten 2... 02... 47 44 52
Innerhalb des Deutschen Reiches fanden Versendungen statt nach
folgenden Orten:
Altengamme, Apenrade, Assel (b. Stade), Aurich,
Barmstedt, Bergedorf, Berlin, Blankenese, Bonn, Brackel (Hannover),
Brandenburg a. H., Braunschweig, Bremen, Breslau,
Cadenberge, Cosel (Oberschlesien), Cuxhaven,
Dahlenburg, Dalheim, Damshagen, Darmstadt, Dresden,
Eberswalde, Eichede, Elberfeld, Elmshorn, Erfurt, Erlangen,
Finkenwärder, Flensburg, Frankfurt a. M., Freiburg i. B., Fulda,
Geversdorf, Gießen, Glückstadt, Göllnitz (b. Romschütz S.-A.), Göttingen,
Golste (b.Bevensen), Graudenz, Greifswald, Groß-Biewende, Groß-
gartach (Württemberg), Güstrow i. M.,
Hadersleben, Halle a. S., Hannover, Harburg, Heidelberg, Herzhorn
(Holstein), Höhnstedt (Mansf. Seekr.), Husum,
Jork, Itzehoe,
Kaltenkirchen, Karlsruhe, Keitum a. Sylt, Kellinghusen, Kiel, Kirch-
werder, Kitzingen a. N., Klanxbüll, Klein-Flottbek, Köln, Königs-
berg i. Pr., Königs-Wusterhausen, Kollmar a. E.,
Langenhorn, Lauenbrück, Leipzig, Lübeck, Lüneburg, Lutter a. Baren-
berg,
Magdeburg, Mainz, Marburg i. H., Marienhafe, Meiningen, Mölln, Moers,
München, Münster i. W.,
Nebel a. Amrum, Neuendorf (b. Elmshorn), Neuengamme, Neustadt
a.d. H., Neuwied, Norddorf a. Amrum, Northeim (Hannover),
Ochsenwärder, Oldesloe,
Passau, Plau i. M., Posen,
Reinbek, Rendsburg, Ronshausen (Reg.-Bez. Kassel), Rostock,
Stadtbibliothek. >31
Sankt Ludwig, Schleswig, Schönberg i. M., Schöneberg, Schwäbisch
Hall, Segeberg, Siethwende (b. Glückstadt), Sondershausen, Sorau,
Stade, Steglitz, Straßburg i. E., Stuttgart,
Treptow, Trier, Tübingen,
Uetersen, Ulm,
Wandsbek, Wedel, Wiesbaden, Wilhelmshöhe, Wismar, Wolfenbüttel,
Worms, Würzburg, Wyck a. Föhr,
Zollenspieker.
Außerhalb des deutschen Reichsgebietes erhielten folgende 8 Städte
Sendungen: :
Bern, Genf, Graz, Leiden, Paris, Prag, Uppsala, Wien.
Von den 52 versandten Manuskripten wurden geschickt:
9 nach Leipzig, je 7 nach Berlin, Tübingen, 5 nach Wien, 4 nach
München, 3 nach Prag, je 2 nach Breslau, Halle a. S., Keitum
a. Sylt, Meiningen, je 1 nach Bonn, Brandenburg, Göttingen,
Heidelberg, Königsberg i. Pr., Leiden, Schwäbisch Hall, Ulm,
Wolfenbüttel.
Außerdem wurden 158 literarische oder bibliographische Anfragen
beantwortet. Das Auskunftsbureau der deutschen Bibliotheken in Berlin
stellte 3231 Anfragen.
Im amtlichen Leihverkehr mit der Großherzoglichen Universitäts-
bibliothek zu Rostock, der Stadtbibliothek in Lübeck, der Höheren Staats-
schule in Cuxhaven, der -Hansaschule in Bergedorf, der Aueschule und der
Norderschule auf Finkenwärder wurden zusammen 770 Bände versandt,
und zwar
1. an die Großherzogl. Universitätsbibliothek in Rostock... 287 Bände,
)
Bemrdie Stadtbibliothek in Lübeck .................:-. 8: =
3. an die Bibliothek der Höheren Staatsschule in Cuxhaven 168 ,„
Bi die Hansaschule in Bergedorf... ................. 24 „
5. an’die Aueschule auf Finkenwärder ............... RE e
6. an die Norderschule auf Finkenwärder................ ANNE
Eine Ausstellung, die bei Gelegenheit des im Juli hier stattgehabten
Schachkongresses veranstaltet wurde, konnten wir durch Darleihen
interessanter, auf Schachspiel bezüglicher Literatur unterstützen. Der
Theater-Ausstellung in Berlin übersandten wir verschiedenes, für die Ge-
schichte der Hamburger Bühne wichtiges Material, namentlich solches
aus den Tagen des berühmten Friedrich Ludwig Schröder und seiner
3
Ausstellungen.
Ver-
sammlungen.
Vorlesungen.
22 Stadtbibliothek.
Stieftochter Charlotte Ackermann, deren früher Tod die Gemüter damals
so bewegte, hamburgische Opern, Komödienzettel des 17. und 18. Jahr-
hunderts, außerdem die Ölgemälde von Klopstock und dem Hauptpastor.
Johann Melchior Göze.
An der 11. Versammlung des Vereins deutscher Bibliothekare, die
zu Nürnberg stattfand, nahm der Direktor teil, desgleichen, von Einem
Hohen Senat beauftragt, an dem Internationalen Kongreß für Archiv-
und Bibliothekswesen in Brüssel. Herr Bibliothekar Dr. Burg hielt im
Wintersemester 1910/11 ein skandinavisches Praktikum (altisländische
Lektüre) ab. \
Stadtbibliothek. 23
Verzeichnis
der hamburgischen Zeitungen und Zeitschriften
im Besitz der Stadtbibliothek
1. Fortsetzung: Juli 1906 bis Juli 1911
(Ein Stern vor dem Titel bedeutet, daß die betreffende Veröffentlichung nicht mehr erscheint.)
Abhandlungen des Hamburgischen Kolonialinstituts.
* Abstinenz, Die. Organ des Internationalen Alkoholgegnerbundes.
*Anzeiger bevorstehender Geschäfts- und Wohnungs-Veränderungen für
Hamburg-Altona.
Anzeiger, Technischer, für Maschinen-, Dampf- und Motoren-Betriebe.
Arbeiterzeitung, Deutschnationale.
Bahn Frei. Unabhängige volkstümliche Werbeschrift für deutsches
Turnen und Turnspiele.
*Beamten-Baugenossenschaft, Die. Organ des Beamten-Wohnungsvereins
in Hamburg.
Beobachter, Allgemeiner. Halbmonatsschrift für alle Fragen des modernen
Lebens.
*Bezirks-Anzeiger für Hohenfelde, Eilbeck und Barmbeck. Organ für
Kommunal-, Handels-, Verkehrs- und Vereinsinteressen.
Blätter, Hamburger, für Hygiene und Naturheilkunde.
Blätter, Hamburgische, für Naturkunde.
Blätter für Seemanns-Mission.
Bote, Barmbecker. Monatsblatt der Kirchengemeinde Barmbeck.
Briefmarken-Zeitung, Berliner. (Berlin).
Correspondent, Hamburgischer.
Beilage: Uebersee.
Courier. Publikations-Organ des Deutschen Transportarbeiter-Verbandes.
*Criminal-Zeitung, Illustrirte. Illustrirtes Weltblatt.
Diogenes-Leuchte, Die. Monatsschrift für gegenseitigen Gedankenaus-
tausch auf allen Gebieten praktischen wie geistigen Lebens.
Elbwart, Der. Nationalliberale Halbmonatsschrift.
Entscheidungen in bei den hamburgischen Amtsgerichten anhängig ge-
wordenen Grundbuchsachen ...
Exporthandel, Der. Offizielles Organ des Vereins Hamburger Export-
agenten.
3+
24 Stadtbibliothek.
Farbe und Lack. Centralblatt der deutschen Farben- und Lack-Industrie.
(Hannover).
*Farben-Zeitung, Norddeutsche. Fachblatt für die gesamten Farben-,
Lack-, Chemikalien- und verwandte Hilfs- und Nebenbranchen.
Fischerbote, Der. Zeitschrift für die Interessen der Hochsee-, Küsten- und
Flußfischerei sowie der Fischverwertung.
Fisch-Industrie, Die. Zeitschrift für die Interessen der See- und Binnen-
fischerei, den Handel und die Verwertung von Fischen und Fisch-
Erzeugnissen.
Frauen-Zeitung, Hamburger. Organ des Hamburger Hausfrauen-Vereins.
Gauzeitung, Hamburgische.
Gemeindeblatt, Hamburgisches.
*Grerichtszeitung, Illustrierte.
Germania-Berichte. Mitteilungen des „Germania-Ring“ Verband deut-
scher Postwertzeichensammler-Vereine.
* Gesellschafter, Hammerbrooker.
(Gewerbe- und Industrie-Zeitung, Hanseatische. Wochenschrift für das
(Grewerbe- und Industriewesen der Hansestädte und Nordwest-
deutschlands.
Gewerkschaft, Die. Organ des Verbandes der Gemeinde- und Staats-
arbeiter.
Glaube, Der Alte.
(Gott mit uns! Monatsschrift der Strandmission.
(Grundeigentümer-Zeitung, Barmbecker.
*Grundstücks- und Geschäfts-Verkäufer, Deutscher.
*(srundstücks- und Geschäfts-Zeitung, Deutsche. Fachblatt für den
Immobilien- und Kapitalmarkt.
Gruß an die Gemeinde der Martinskirche.
Hafenbote, Der. Organ für die Interessen der Hafenarbeiter.
Hamburger, Der.
Handelsstand, Der, im Auslande. Monatsschrift für den deutschen Kauf-
mann im Auslande.
Harmonie, Die. Zeitschrift der Vereinigung deutscher Lehrer-Gesang-
vereine.
*Heilkunde, Die. Zeitschrift für Gresundheitspflege und Naturheil-
verfahren.
*Heim, Für’s.
*Heimat für Heimatlose. Mitteilungen des familiären Rettungshauses für
Frauen und Mädchen.
Immobilien-Börse. Fach-Zeitschrift für Grundbesitz und Kapital.
Johannisbote, Der, für die Gemeinde Harvestehude.
Jung Siegfried. Monatsschriit für die deutsche Jugend.
Stadtbibliothek. 35
Kälte-Industrie, Die. Offizielles Organ des „Verband Deutscher Eis-
Händler und -Fabrikanten“.
*Kamerad, Der abstinente. Zeitschrift zur Förderung der Totalenthalt-
samkeit unter den Mannschaften des stehenden Landheeres und des
Beurlaubtenstandes.
Kaufmann, Der deutsche, im Auslande.
Kaufmann, Der junge. Zeitschrift für Handlungslehrlinge und junge
Gehilfen.
Kinematographen-Zeitung, Erste Internationale. Organ für die gesamte
Projektions-Industrie und verwandte Branchen.
Kolonial-Kursbericht, Berlin-Hamburger.
Korrespondenz, Astronomische.
Korrespondenz, Handelsgeographische.
Korrespondenz-Blatt des Bürgerlichen Verbandes für Krankenkassen-
wesen.
Korrespondenz-Blatt, Vertrauliches, philatelistischer Vereine.
Kreuzkirchenbote, Der.
Künstler, Der. Offizielles Publikationsorgan des Internationalen Artisten-
Verbandes ‚Sicher wie Jold“. (Leipzig).
Kurs, Der rechte. Organ für die höchsten Interessen des deutschen See-
manns.
*Landarbeit, Die. Offizielles Publikations-Organ des „Deutschen Arbeit-
geberverbandes für Landwirtschaft“.
Landbote, Hamburger.
Laterne, Die. Wochenschrift für Hamburg.
*Lebenskultur. Organ des biosophischen Bundes und verwandter Gruppen.
Levante-Zeitung, Deutsche. Monatsschrift für den Handel und Verkehr
mit den Mittelmeer- und Levante-Ländern.
*Lichtstrahlen. Monatsschrift zur höheren geistigen Entwicklung, zur
Verbreitung eines gesunden Optimismus und zur Pflege eines starken
Charakters durch Gedankenkraft.
Mecklenburg. Publikationsorgan des „Verein der Mecklenburger von
Hamburg-Altona und Umgegend“.
*Meer und Fischerei.
Milch-Zeitung, Allgemeine. Milchwirtschaftliches Fachblatt für die Hanse-
städte Hamburg, Lübeck und Bremen, für Schleswig-Holstein, Han-
nover und Oldenburg.
Mitteilungen für die Förderer des Vereins der deutschredenden Blinden.
Mitteilungen vom evang.-luth. Gotteskastenverein in Hamburg aus seiner
Arbeit.
Mitteilungen, Kameradschaftliche. Militärische Kameradschaft von Hohen-
felde und Umgegend von 1889.
26 Stadtbibliothek.
Mitteilungen des Kunstgewerbevereins Hamburg.
*Mitteilungen aus dem Lehrlingsheim des Vereins für Handlungs-Commis
von 1858.
Mitteilungen des Verbandes der Kreis- und Ortsvereine im Deutschen
Buchhandel. (Berlin).
Mitteilungen des Vereins für Ferienkolonien von 1904.
Mitteilungen der Juden-Ohristlichen Vereinigung „Ephrata“.
Mitteilungen, Vierteljährliche, aus der Strandmission.
Modeblatt, Robinson’s Illustriertes.
Monatsbericht über Literatur, Kunst, Theater und Musik.
Monatsblätter der „Albingia“ Versicherungs-Aktiengesellschaft in Ham-
burg.
Monatsblatt, Barmbecker, für das Volksheim und seine Freunde.
Monatsgruß aus der St. Michaelis-Gemeinde.
Neuland.
L’Operaio Italiano. Organo settimanale in lingua italiana dei sindacati
professionali della Germania.
Philatelist, Der. Organ für Postwertzeichenkunde. (Dresden).
*Provianteur, Der. Fachblatt der Nahrungs- und Genußmittel-Industrie.
Rundschau, Hamburger. Illustrierte Wochen-Chronik der Neuen Ham-
burger Zeitung.
Rundschau, Kynologische. Zeitschrift für Hund und Jagd. (Leipzig).
Sanitätswarte, Die. Organ zur Vertretung der Interessen des gesamten
Personals in Kranken- und Irren-Anstalten. (Berlin).
Sanitas. Nachrichten-Blatt des Vereins für naturgemäße Lebens- und
Heilweise in Hamburg.
St. Jakobi-Kirchenbote, Der. Ein evangelisch-lutherisches Gemeindeblatt
für die St. Jakobi-Gemeinde.
Schiffsingenieur. Zeitschrift für die Interessen der technischen Schiffs-
offiziere.
Seefahrer, Der. Zeitschrift für die Interessen der seemännischen Be-
völkerung.
*Sicher wie Jold.
Spiel- und Sport-Artikel-Industrie, Die. Alleiniges offizielles Organ des
Verbandes deutscher Sportgeschäfte.
*Sport-Woche, Hamburger. Norddeutsches Sportblatt.
Straßenbahn, Auf der.
Touristen-Zeitung. Verbandsmitteilungen des Touristenverbandes für
Hamburg und Umgegend.
Treue, Deutsche. Halbmonatsschrift des Bundes vaterländischer Arbeiter-
vereine. (Berlin).
Turnverband, Hamburger, von 1911. Gut Heil.
Stadtbibliothek. 97
Up ewig ungedeelt von 1895. Organ des Vereins geb. Schleswig-Holsteiner
zu Hamburg.
Vereins-Blatt der Hamburger Turnerschaft von 1816.
Vereins-Mitteillungen des Hamburg-Altonaer Briefmarken-Sammler-
Vereins.
Vereins-Zeitung der im Außendienst beschäftigten Beamten und Ange-
stellten des hamburgischen Staates.
Vereins-Zeitung. Bildungs-Verein von 1845 zu Hamburg.
Vereinszeitung der Hamburger Turnerschaft Barmbeck-Uhlenhorst. Organ
zur Hebung des gesamten Vereinslebens.
Verwaltungsbeamte, Der Hamburgische. Zeitschrift des Vereins Hambur-
gischer Verwaltungsbeamten.
Volksblatt, Konsumgenossenschaftliches, des Zentralverbandes deutscher
Konsumvereine, Hamburg.
Weckruf, Der. Organ des Vereins gegen Unwesen im Handel und Gewerbe.
Wegweiser, Hygienischer. Zeitschrift für Pflanzenheilkunde und Lebens-
kultur.
Welt, Die, auf Reisen. Zentral-Organ für Touristik und Weltverkehr.
(Berlin-Wilmersdorf).
Werkstatt-Plauderei. Fachschrift für die Holz-Industrie.
*Wort, Das freie. Freies politisches und unterhaltendes Wochenblatt.
Zeitschrift, Die.
* Zeitschrift des Erfinder-Vereins ‚Pionier“.
Zeitung, Hohelufter.
Zeitung, Internationale. Internationale Monatsschrift und Spezial-
Organ für jede Art Tausch- und Sammelwesen.
Zions Ven.
28 Museum für Völkerkunde.
2. Museum für Völkerkunde.
Bericht für das Jahr 1910
vom
Direktor Prof. Dr. @. Thilenius.
Verwaltung.
Unter dem Vorsitz des Präses der Oberschulbehörde Herrn Senator
Dr. von Melle bestand die Kommission des Museums aus den
Herren Dr. @. Aufschläger, Dr. Brach, Dr. H. Krüss, A. O’Swald,
Dr. K. Siemers, Dr. A. Warburg und dem Rat Dr. Förster.
Im Berichtsjiahre schritt die Fertigstellung des Neubaus fort, so
daß in absehbarer Zeit mit seiner Fertigstellung gerechnet werden kann.
Infolgedessen mußte auch das Personal des Museums vermehrt werden,
da die Vorarbeiten für die Überführung der Sammlungen und ihre spätere
Aufstellung schon jetzt beginnen müssen. Am 1. Juli ds. Js. trat Herr
F. E. Hellwig in das Museum ein, um die Überwachung des Magazins
zu übernehmen, das Inventar zu beaufsichtigen und eine Eingangsstelle
einzurichten, die neue Sammlungen aufzunehmen und zu kontrollieren
hat. Für die Arbeiten am Zettelkatalog wurden am 15. Juni Fräulein
J. Schultze und am 1. November Fräulein E. Jahn angestellt. Zur Ent-
lastung des Bureaus trat Fräulein M. Eggert am 1. Oktober als Hilfs-
schreiberin ein. Am 24. November endlich wurde der Schlosser ©. Kluwe
eingestellt, da während des Winters die Zentralheizung des Neubaus
bedient werden mußte.
Mit dem Schluß des Jahres schied der Präparator ©. H. Lübbert
aus dem Museum aus und wurde pensioniert. Er trat vor 31 Jahren zu-
nächst in das Museum für Kunst und Gewerbe ein und wurde dann von
dem Museum für Völkerkunde übernommen, wo er als Hilfsarbeiter mit
der Konservierung beschäftigt wurde. Später rückte er zum beamteten
Aufseher auf, behielt aber die Konservierungsarbeiten bei. Im Jahre 1906
wurde er zum Präparator ernannt. Lübbert gehörte zu den ältesten
Beamten des Museums und hat die Sammlung, von der er jedes einzelne
Stück kannte, aus kleinen Anfängen entstehen sehen. Seine große
Geschicklichkeit und Zuverlässigkeit hat der Sammlung manches Stück
Museum für Völkerkunde. 99
erhalten, das arg beschädigt in ihren Besitz kam. Die zunehmende
Kränklichkeit Lübberts und sein hohes Alter machten leider die Pensio-
nierung notwendig.
Von den Beamten des Museums nahmen der Direktor als General-
sekretär und der erste wissenschaftliche Assistent als Kassenführer der
Deutschen Anthropologischen Gesellschaft an deren 41. allgemeinen Ver-
sammlung vom 3. bis 14. August in Köln teil.
Bei der Tagung des Nordwestdeutschen Verbandes vom 29. März bis
11. April in Xanten und bei der Hauptversammlung des Gesamtvereins
der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine vom 7. bis 10. September
wurde das Museum durch den zweiten wissenschaftlichen Assistenten
Herrn Dr. Byhan vertreten.
Eine größere Dienstreise nach Rußland führte in der Zeit vom
21. Mai bis 1. Juli Herr Dr. Byhan aus, um eine Anzahl von Museen
zu besichtigen und ihre Erfahrungen für die Einrichtung unseres Neu-
baus zu studieren.
Vorlesungen im Kolonialinstitut hielten der Direktor und Herr
Professor Dr. Hagen. Abgesehen von Einzelvorträgen, die mehrere
Herren hielten, las Herr Dr. Reche an 5 Abenden im Februar und März
öffentlich über die Ethnographie der Südsee. In dem letzten Quartal
las Herr Professor Dr. Hagen öffentlich über die Ethnographie Japans.
Zu Beginn des Berichtsjahres stand der Neubau des Museums an
der Rothenbaumchaussee unter Dach. Die Inneneinrichtung und die
Beschaffung des Mobiliars begann in dem Verwaltungsflügel, da zunächst
Räume für die Verwaltung bereitgestellt werden mußten, ehe die im
Galeriegeschoß des Naturhistorischen Museums, im Freihafen und in
5 Stockwerken zweier Privathäuser lagernden Sammlungen konserviert,
katalogisiert und für die spätere Aufstellung hergerichtet werden konnten.
Im Laufe des Sommers wurde der Verwaltungsflügel so weit fertiggestellt,
daß Mitte November die eigentlichen Verwaltungsräume in Benutzung
genommen werden konnten; es waren dies das Bureau, die Zimmer des
Direktors und der Zeichnerinnen, das photographische Atelier, die Biblio-
thek, drei Assistentenzimmer. Ende des Jahres begann die Aufstellung
der Regale im Sortierraum. Im neuen Jahre sollen zunächst die Arbeits-
räume für die Konservierung, die Werkstatt usw. hergerichtet werden.
Auch der Umzug der Bibliothek und möglicherweise kleinerer Sammlungs-
teile ist für den Beginn des neuen Jahres in Aussicht genommen.
Treten unvorhergesehene Zwischenfälle nicht ein, so kann der Neu-
bau Anfang 1912 von der Baudeputation an die Oberschulbehörde über-
geben werden und die Einrichtung beginnen.
Über die Vermehrung der Sammlungen berichten die Abteilungs-
vorsteher.
30 Museum für Völkerkunde.
I. Anthropologische Sammlung.
Die Abteilung erfuhr auch in diesem Jahre eine außerordentliche
Bereicherung, und zwar hauptsächlich dadurch, daß die Hamburgische
Wissenschaftliche Stiftung die von der Südsee-Expedition mitgebrachten
Sammlungen dem Museum als Leihgabe überwies. So erhielt die anthro-
pologische Abteilung aus Melanesien über 600 Schädel und Skelette, zahl-
reiche Einzeiknochen, Haarproben, Hand- und Fußabdrücke, einige
(rehirne und andere Präparate und aus Mikronesien 22 Schädel und
Skelette, zahlreiche Einzelknochen, Haarproben, Gipsabgüsse usw.
Unter den von der Südsee-Expedition mitgebrachten Schädeln sind
die zahlreichen deformierten von der Südküste von Neu-Pommern beson-
ders interessant. Gleich am Tage nach der Geburt schnürt dort die Mutter
dem Kinde eine Binde aus Rindenstoff fest um den noch weichen Kopf,
der dadurch allmählich — die Binde wird über ein Jahr angelegt —
dauernd eine höchst merkwürdige längliche Form erhält; die Stirn tritt
unmittelbar über den Augen stark zurück und das Gesicht erhält einen
außerordentlich wilden tierähnlichen Ausdruck. Die geistigen Fähigkeiten
der Leute leiden durch diesen starken Eingriff gar nicht.
Wertvoll sind auch einige vom Kaiserin-Augusta-Fluß stammende
Schädel, die durch ihre außerordentliche Kleinheit auffallen. Schon seit
längerer Zeit hatte man vermutet, daß es im Innern von Neu-Guinea
eine kleinwüchsige Rasse, echte Pygmäen, geben müsse. Die von der
Expedition mitgebrachten Schädel erbringen den einwandfreien Nachweis
dieser Rasse.
Weiterhin erfuhr die Abteilung eine sehr erwünschte Vermehrung
durch die von Herrn Kantorowicz vermittelte Schenkung der Firma
F. Rosenstern & Co., Hamburg, von 10 Schädeln aus Kaniet.
Außerdem gingen an Geschenken ein: 1 Schädel eines südchine-
sischen Arbeiters aus Johore von Herrn F. Diehl-Mölln und 3 Schädel
und 1 Skelett von der Insel Nauru von Herrn Dr. P. Hambruch.
Der Bestand der Schädelsammlung, der Ende 1909 auf über 1100
gestiegen war, erreichte im Berichtsjahre fast 1800 Stück.
II. Ethnographische Sammlung.
Europäisch-asiatische Abteilung.
Europa.
Die west- und mitteleuropäischen Sammlungen wurden nur durch
ein Wachsvotiv, Kuh mit Kalb darstellend (Gesch. Frl. E. Bodstein-
Museum für Völkerkunde. 31
Hamburg), zwei Wachskerzen mit aufgemalter „Schwarzer Madonna“ und
Votivmuscheln (Gesch. Frau Prof. M. Andree-Eysn-München) ver-
mehrt.*) Aus Ungarn gingen 5 bemalte Ostereier ein (Gesch. Frhr.
v. Miske-Köszeg). Angekauft wurden: eine Peitsche und eine ÜUsutora
aus Ungarn und eine Sammlung aus Bosnien, welche Türbeschläge und
Schlösser, Steigeisen, Brotstempel, Kleidungsstücke, Metall- und Ton-
gefäße, Pferdehalfter und -fessel, Tücher, Taschen, Frauenlaterne, Kinder-
spielzeug u. a. enthält, sowie ein Dolman mit Weste.
Einen bedeutenderen Zuwachs erfuhr die osteuropäische Abteilung.
Durch Tausch erhielten wir eine wertvolle Sammlung von den Großrussen
des Archangelschen Gouvernements, welche außer typischen Stücken der
Frauenkleidung Jagd-, Wirtschafts- und Hausgeräte, Werkzeuge und
Kinderspielzeug umfaßt, wie: hölzerne Schüsseln, Quirle, Löffel, Holz-
und Birkenrindengefäße, Mangelbretter, Spindel, Nähgeräte, Harken,
Hakenpflüge, Egge, Schlitten, Jagdgürtel, Bogen, Rindenball, Pferdchen,
Puppen, Klappern, Klötzchenspiel, Kinderbogen u. a Aus Rußland
stammen ferner: ein gewebter Gürtel mit Muschelornament aus dem Kreise
Dorshok im Gouv. Tver (Gesch. Dr. B. Adler-Petersburg), ein altes
Kupfergefäß aus Saratov, tönernes Spielzeug von altertümlicher Form
(Pferd, Widder, Hahn, Fisch, Schwein) aus Jekaterinoslav und ver-
schiedene Objekte von den Wolga-Völkern, darunter 5 interessante aus
Teig geformte Öpferfigürchen der Tschuvaschen von Tscheboksarai
(Gesch. Dr. B. Adler-Petersburg). Bei den Tataren von Kasan wurden
erworben bunte Frauenstiefel und -kappen, bei denen in der Krim:
Kupfergefäße, Tonkrug, gestickte Tücher, Pantoffeln, Ziegenhaartasche,
ledernes Amulett, und im Kaukasus: lesghische Strümpfe und Tücher,
grusinische Musikinstrumente, Kupfergefäße. Schwert, Messer, Steigbügel,
Panzerhemd. Gürtel, eine reich ornamentierte Pferdedecke und -taschen,
Tonkrüge u. ä.
Sammlung vorgeschichtlicher Altertümer.
Als Geschenk überwies Herr C. Laage-Altona das Inventar einer
Feuersteinwerkstätte bei Stellmoor, Herr Karl Rathjens-Elmshorn einen
schönen geschliffenen Steinmeißel aus Neumünster, Herr Willi Wolter-
Hamburg eine Bronzenadel mit flachem Kopf aus Jesteburg bei
Gr.-Klecken, Herr J. Konietzko-Hamburg eine Reihe von slawischen
Scherben, zusammen mit Pferdekiefern, Schweineknochen und -hauern,
ausgegraben auf dem Schloßberge von Proch bei Flatow. Angekauft
wurden: eine Axt mit Schaftloch von unregelmäßiger Form, gefunden bei
*) Im Tausche erhielten wir von der Ethnographischen Sammlung in Basel drei
der bekannten, in ihrer Verwendung auf einst bestehende Altersklassen hindeutende
Lötschtaler Masken.
32 Museum für Völkerkunde.
Buchholz; eine Absatzaxt von böhmischem Typ und eine mittelständige
Lappenaxt aus Schlesien, ein verzierter frühbronzezeitlicher Dolch und
eine Urne der gleichen Periode aus einem Hügel bei Krempel, ein fein
geschliffenes Steinbeil aus Spanien. Außerdem gingen ein: ein früh-
bronzezeitlicher Doich und eine steinerne Speerspitze aus Hügeln bei
Westersode, vier Urnen der jüngeren Bronzezeit aus Steinsetzungen am
Doktorberge bei Bergedorf, Steingeräte aus einer Herdstelle bei Sticken-
büttel, Muscheln und Gefäßscherben aus einem Muschelhaufen bei Brockes-
walde, Scherben der älteren Eisen- und Völkerwanderungszeit von Sticken-
büttel, darunter eine mit anhaftendem Geweberest.
Ferner wurde in Südrußland eine Sammlung skythischer, griechischer
und römischer Altertümer, meist in Kertsch und Taman gefunden, er-
worben. Es sind: Tongefäße, Lampen, Gläser, Tonfiguren, Maske, Wetz-
stein, Glas-, Knochen- und Bernsteinperlen. Stücke von gläsernen Arm-
reifen, bronzene Spiegel, Armreifen, Spiralen, Fibein, Ohr- und Finger-
ringe, Schnallen, Pfeilspitzen, Angelhaken, Amulette, Schlüssel, Pinzette,
silberner Ohrlöffel, eiserne Schwerter, Lanzenspitze, Messer, Panzerreste,
(sebißstange, Becher usw.
Vorder- und Mittelasien.
Für diese Abteilung wurden im Berichtsiahre nur wenige Stücke
erworben: ein Chalat und eine Mütze aus Turkestan, ein kleiner turkmeni-
scher Filzteppich mit aufgemalten schwarzen und roten Ornamenten und
einige kurdische Schwerter, deren Klingen mit figürlichen Ornamenten und
Inschriften verziert sind.
Nordasien.
Diese noch immer sehr lückenhafte Abteilung erfuhr eine recht er-
freuliche Bereicherung. Zunächst wurde die im Jahre 1908 erworbene
Sammlung sibirischer Altertümer durch den Ankauf einer zweiten großen
Kollektion von eisernen und bronzenen sowie einigen silbernen und
steinernen Gegenständen aus dem Kreise Minussinsk ergänzt. Sie enthält
in der Hauptsache: Dolche, Messer, Äxte, Lanzen- und Pfeilspitzen,
Pferdegebisse und -geschirrverzierungen, Steigbügel, Ziernadeln, Ringe,
Spiegel, Anhängsel, verschiedene Werkzeuge, wie Sicheln, Pflugschare,
Hämmer, Bohrer, Piriemen, Nadeln, Striegel, Kamm u. a.; besonders be-
merkenswert sind einige Tierfiguren, eine mit Tierfiguren in Durchbruchs-
arbeit verzierte Dolchscheide und zwei große Henkelgefäße, von denen
das eine am Bauche zwei menschliche Köpfe in Flachrelief aufweist.
Ferner konnten eine Reihe von steinernen Pfeilspitzen und Messern und
charakteristische Tonscherben aus der Gegend von Krasnojarsk erworben
werden.
Museum für Völkerkunde. 33
Sodann gelang es, eine wesentliche Vermehrung der Kultobiekte des
sibirischen Schamanismus zu bewirken, der bisher — abgesehen von einem
Schamanenanzug und Trommel von den Sagaiern — fast gar nicht ver-
treten war. Aus dem Sajanischen und dem Tangnu-Gebirge, von den
Sojoten oder Tuba stammen die folgenden schamanistischen Objekte, deren
Ankauf durch die äußerst dankenswerte Unterstützung seitens der
Godeffroy-Stiftung ermöglicht wurde: Ein ledernes Schamanen-
zelt, zwei Männerschamanenanzüge mit Kopfschmuck, Stiefeln, Trom-
meln und Klöppeln, ein Frauenschamanenanzug mit Kopfbedeckung,
Trommel, Klöppel und verschiedenen anderen Berufsabzeichen und end-
lich eine große Reihe von Ongon, d. h. aus Zeugstreifen hergestellte
Schlangen oder Filzstücke, auf die Schamanen-, Renntier-, Kamel-, Pferde-
bilder und Zeugstreifen in Schlangenform angeheitet sind. Während
diese und andere südsibirische Schamanenröcke durch die auf dem Rücken
hängenden zahllosen Zeugschlangen charakterisiert werden, zeichnen sich
die Fellanzüge der nordsibirischen Schamanen durch klappernde Eisen-
verzierungen aus. Von derart ausgestatteten Objekten wurden erworben:
ein Schamanenrock der Dulganen, Stiefel und Brustlatz eines Schamanen
der Jenissejer; von diesem letzteren rühren noch eine Trommel mit Klöppel
und eine eiserne Krone mit zwei Hörnern her. Dulganischen Ursprungs
sind sodann sechs ornamentierte Klöppel, tungusischer Herkunit ein
Klöppel, eiserne Schamanenanhängsel in Vogelform und hölzerne Fisch-
Amulette, ostjakische hölzerne Vögel von einer Kultstätte, Maulwurisfell
und die Holzfigur eines Fische raubenden Alten.
Außer diesen Kultobjiekten wurde eine Reihe von Einzelgegen-
ständen angekauft, wie: perlenbenähte Gürtel und Messer von den
Juraken; Teppich aus Renntierstirnfellen, Birkenrindengefäße, Harz zum
Kauen, Pfeile, Handgelenkschützer, Vogelschlingen, Packtaschen der Ost-
jaken; Kalender aus Mammutknochen der Jakuten; Strickspindel, Pack-
sattelbügel von den Tungusen; Schneeklopfer, Messer, ornamentiertes
Bogenfutteral, Netznadeln, schön geschnitzte Renntierzaumwangenstücke
aus Mammutknochen von den Samojeden; Löffel, Renntiergurt und -leitseil
der Dulganen u. a.
Eskimo.
Die Eskimosammlung, welche ebenfalls dringend des weiteren Aus-
baues bedarf, erhielt eine sehr erwünschte Vermehrung durch den Ankauf
einer kleinen Kollektion von Gegenständen aus Ost-Grönland. Sie ent-
hält einen Frauensommerrock, Knabenstiefel, Männer- und Weiberhosen,
zwei Kaiakröcke, Töpfe, Flintenstuhl, Seehundsfangschlitten, Kinderspiel-
zeug, geschnitzte Figuren, Nadeln, Ahlen, Schleppriemen, eine Maske u. ä.
Außerdem wurde eine Kajak aus Nord-Grönland erworben.
34 Museum für Völkerkunde.
Nordafrika.
Von Nordafrika besaß unser Museum bisher nur wenige Sachen,
deshalb kam der Ankauf einer aus dem Westen stammenden Sammlung
sehr gelegen. Sie enthält u. a. an Gegenständen aus Marokko: Rücken-
kratzer, Räuchergefäß, Koranständer, herzförmige Pulverflaschen; aus
Algier: Lampen, jüdische Beschneidungsschüssel; von den Berbern:
Flöten, Brotstempel, Schmucksachen, Pulverflaschen, Taschen, Pflug,
Webstuhl, Handmühle, Mantel, Schild; von den Tuareg: Lanze, Leder-
dosen, Armdolche, Schwert, Sattel, Schild.
Ost- und südasiatische Abteilung.
China.
Angekauft wurde eine alte Blumenschale aus vergoldeter Bronze
mit erhöhten Blumenranken, die mit rotem, grünem und blauem Email
ausgefüllt sind. In die Wand des Gefäßes sind 6 Jadeplatten eingelassen,
in die kaiserliche Gedichte über folgende Pflanzen eingraviert sind:
(Granate, Mispel, Lilie, Chrysanthemum, Zimmtblüte.
Angekauft wurden ferner 2 geschnitzte Türumrahmungen, von denen
die eine mit Darstellungen aus Romanen, die andere mit solchen von
Seetieren (Krebsen und Fischen) verziert ist.
Der Firma Justus Beyer & Co. verdanken wir eine Sammlung
volkskundlicher Gegenstände aus China: gedruckte bunte Bilderbogen,
Medikamente, Papierlaternen usw. Herr Oito Heyer schenkte 2 Modelle
von chinesischen Dschunken.
Indien.
Angekauft wurde ein fein bemalter Blasebalg, ferner ein Pfau aus
Messing und 2 Steinskulpturen mit Götterdarstellungen.
Eine Sammlung von Gipsabgüssen nach Originalskulpturen der
Hinduzeit in Indonesien, und zwar von Prambanan auf Java: ein bärtiger
Eremit mit Fischen und Wasserkrügen; ein Mann mit langer Halskette,
Baumfrüchte tragend, in der Wildnis, die durch verschiedene Tiere ange-
deutet ist; zwei bärtige Männer im Grespräch (Eremiten oder Brahmanen);
Räma sitzend mit anderen Personen; Räkshasa fechtend; zwei Elefanten,
eine Gottheit verehrend; Durgä als Siegerin auf dem in Gestalt eines
Stieres den Himmel Indras stürmenden Dämonen Mahishäsura; Räma und
Lakshmana, im Urwald jagend; König Dasaratha im Gespräch mit seiner
zweiten Frau Kaikeyi, die ihn an ein früheres Versprechen erinnert, irgend
einen ihrer Wünsche zu erfüllen. (Sie verlangt nun vom König, seinen
Lieblingssohn Räma zu verbannen und ihren Sohn Bharata an dessen
Stelle zum Thronfolger zu ernennen.)
Museum für Völkerkunde. 35
Von Siam wurden erworben: 2 Flöten, 1 Bild, das über die Wiege
des neugeborenen Kindes gehängt wird, 1 seidener Rock und 1 rotes Tuch
mit eingewebten Dämonenfiguren von den Lao, 1 altes Männer-pannung
(das übliche Kleidungsstück) aus braunrotem Zeug, 2 seidene, in Malakka
gewebte Frauen-pannungs, von Palastdamen getragen, 1 in Korat ge-
webtes rosaseidenes Tuch, 1 geschnitzte, vergoldete Bank für eine
Buddhafigur, 1 geschnitztes und vergoldetes Bett, geziert mit 8 Bildern
aus dem Brahmamythus, 1 Toiletteneinrichtung, bestehend aus einem
Spiegeltisch, einem Waschtisch, einem Handtuchständer, vergoldet und
reichgeschnitzt, mit Löwenfüßen und Drachenköpfen, 2 Buddhafiguren.
Von den Battak auf Sumatra wurde eine große Sammlung von
Zaubergeräten (gegen 100 Nummern) erworben, deren Wert besonders in
der genauen Angabe der Namen und der Verwendung liegt, ebenso eine
Anzahl Schriftproben und Musikinstrumente.
Afrikanische Abteilung.
An Geschenken gingen ein: von Herrn Alfred Stürken-Hamburg ein
sehr schön gearbeitetes Steinfenster aus Sansibar, von der Deutschen
Örient-Gesellschait eine Sammlung protohistorischer Altertümer aus
Ägypten aus einer Periode, die bisher in unserem Museum überhaupt noch
nicht vertreten war, ferner kleinere Sammlungen von den Herren L. Pagen-
stecher, H. Hetebrügge, L. Frobenius, L.Wollner und Frl. A. Werner.
Ein wissenschaftlich sehr interessantes Stück erhielten wir von Herrn
F. F. Eiffe als Geschenk überwiesen, nämlich ein Rindenboot von
Mozambique; es ist aus einzelnen Rindenstücken zusammengenäht und
stellt eine sehr altertümliche Form des Bootes dar. Derartige aus Baum-
rinde gefertigte Fahrzeuge finden sich jetzt nur noch in Amerika,
Australien und vereinzelt in Afrika, scheinen früher aber viel weiter ver-
breitet gewesen zu sein, und es ist nicht ausgeschlossen, daß es in
prähistorischer Zeit auch in Europa soiche Boote gegeben hat. So
primitiv die Boote aussehen, sind sie doch gar nicht so unpraktisch, sie
haben den Vorzug, außerordentlich leicht zu sein, so daß sie oft von einem
einzelnen Mann getragen werden können, außerdem sind sie in 1—2 Tagen
gebrauchsfertig herzustellen und trotz ihrer einfachen Bauart viel see-
tüchtiger, als man zuerst anzunehmen geneigt ist.
Angekauft wurden 3 größere Sammlungen. Die eine von ihnen
kam aus Kamerun und enthält unter anderen wertvollen Dingen die voll-
ständige Ausrüstung eines Panzerreiters aus Dikoa nebst Wattepanzer
für Reiter und Pferd. Eine weitere gleichfalls aus Kamerun stammende
Sammlung umfaßt sehr interessante Tanzmasken. Endlich wurde eine
sroße Sammlung von Steinwerkzeugen und Amuletten aus dem franzö-
sischen Sudan erworben.
36 Museum für Völkerkunde.
Amerikanische Abteilung.
Die amerikanische Abteilung erhielt nur einen sehr geringen Zu-
wachs. Angekauft wurden mehrere Masken mittelamerikanischer Her-
kunft, die zu einem von den Indianern Guatemalas aufgeführten Masken-
spiele gedient haben sollen. Spanier und Teufel, Hund und Affe befinden
sich unter den Masken, deren technische Behandlung durchaus auf
europäische Vorbilder schließen läßt. Auch das Maskenspiel selbst dürfte
europäischer Herkunft sein, obgleich es jetzt als einheimisches bezeichnet
wird. Für die Zeit, in der es nach Amerika eingeführt sein könnte, ist
vielleicht von Bedeutung, daß eine der Masken ein Barockornament trägt.
Die nordamerikanische Sammlung wurde durch die Erwerbung wei-
terer Stücke der Ogalala-Indianer vermehrt, so daß wenigstens eine für die
Schausammlung allenfalls ausreichende Zahl von Erzeugnissen der
Prärieindianer vorhanden ist. Aus Südamerika wurden einige perua-
nische Tongefäße und zwei Goldfiguren erworben. An Geschenken gingen
der Abteilung zu: von Frau A. R. de Petriconi einige peruanische Alter-
tümer, ferner Speere und (seräte moderner Herkunft, von Herrn
P. Staudinger erhielten wir den Abguß eines ungewöhnlich großen und
gut gearbeiteten Steinbeils, von Herrn H. Köhpcke ein Tanzkostüm mit
Kopfbedeckung und Zubehör aus Panama. Herr @G. O0. W. Fischer
schenkte eine Beilklinge und einen Reibstein der Calchaqui. Herr Ober-
inspektor Kirchheim überwies uns einen aus Muscheln zusammen-
gesetzten Korb aus Nicaragua. Herrn H. Knell verdanken wir eine
Sammlung von 25 peruanischen Tongefäßen.
Südsee und Australien.
Im Laufe des Jahres wurde der Zettelkatalog der bis 1909 aufge-
nommenen Sammlungen aus der Südsee und Australien zum vorläufigen
Abschluß gebracht.
Mit Ausnahme weniger für Tauschzwecke ausgeschiedener
Dubletten ist jedes Stück der Sammlung einzeln bezeichnet, beschrieben,
gemessen und neu numeriert worden. Der jedem Stücke entsprechende
Zettel wurde, soweit möglich. mit Angaben aus der Literatur versehen,
und das Herstellungsmaterial angegeben. In den meisten Fällen konnte
auch die einheimische Bezeichnung des Gegenstandes hinzugefügt
werden.
Die Gegenstände sind in Federzeichnung, Aquarell oder bemalter
Photographie wiedergegeben. Reliefornamente wurden mit schwarzem
Wachs auf japanischem Papier durchgerieben; Flachornamente durch-
gebaust. Die Bausen wurden in beiden Fällen auf die Zettel geklebt
oder, wenn sie deren Umfang überschritten, in Briefumschlägen bei-
Museum für Völkerkunde.
gefügt. Da die Zettel Hinweise auf alte Kataloge, Akten usw. enthalten,
so verfügt wenigstens diese Abteilung über das unentbehrliche Hilfsmittel
für Museumsarbeiten, Ankäufe, wissenschaltliche Untersuchungen, Ver-
öffentlichungen usw.
Die folgende Übersicht der 6900 Einzelblätter ergibt die Herkunft
der Bestände:
Australien.
IIW -AuUSbralien: 2... 2020 Na
NO -Australen... N... nl
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SS \ynare | De N
SORAMSTBAENE ee 2.
WESAIISTeAeNE ee
WASmamient Senn a,
Australien ohne nähere Angabe ...
Insgesamt. ...
Südseegebiet.
318 Blätter,
60
18
26
22
49
383 Blätter.
Il. Karolinen und Marianen.
Belaınselii, nase
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Kapıneamaraneıl...... „3. as.
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Karolinen ohne nähere Angabe ....
Insgesamt. ...
ll. Marshall- und Gilbertinseln und verwandte Gebiete.
Marshallmsen ie; .2.: 2.22.2035 EST:
ISO a 2 1 a IE TR
30 Blätter,
101
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1 Blatt,
24 Blätter,
2 ”
56 Mr
3
44 4
11 A
576 Blätter.
94 Blätter,
20
Übertrag. | 114 Blätter,
4
38
Museum für Völkerkunde,
Übertrag....| 114 Blätter,
Banaba ; 247 BERUHEN TEDART Be
Gulbertinseln here arr BEN 80x TE
Billceinseln Her ee ) r
Phönxinsenr 21! 7ER AETTER 1 Blatt,
Tokeläausruppe.r. 7.7 0. Men ee 5 Blätter,
Insgesamt...., 219 Blätter.
III. Polynesische Inselgruppen.
apanı a ER 24 Blätter,
Marguesasinseln’- 22... ZA
Paumotuarchpelee. 2 20er 21 n
Hier-weyinselnersa gs NARES
Nie 2 Eun. Dr BR Sa nike
Manihalkie® 80. ee 3 n
Samoa. IR, 2 an Aula a
Tonsasna.ie Te Me 20 0
Ha wall ee IM r
Neuseeland». ne wa 86 es
Insgesamt.... | 490 Blätter.
IV. Übergangsgebiete.
Nusmanaı rn seele wer 5 Blätter,
SIKAIaNa Dr EWR A 12 4
Tea A NER 1) N
Kotumar..... ... RN LERNEN Sa:
Eidschimsein nn re Eee 232 n
Insgesamt....| 266 Blätter.
Salomoinseln, Neuhebriden und verwandte Inseln.
Salomoinseln ern er ra 457 Blätter,
NISSAN en N Re er 2 R
St: GruzinselnaN. ee 2.0 Were: 21 5
Neuhebniden More a RE 10 re
Neukaledonien... En m. rn 160 =
Insgesamt....| 811 Blätter.
VI. Bismarckarchipel und Neuguinea.
Kaiser Wilbelmlandy 2.0. 22.220.002: 677 Blätter,
Nenponunern DE. 2 312 n
Übertrag....| 989 Blätter,
ur‘ an:
Müseum für Völkerkunde. 39
Übertrag....| 989 Blätter,
Kranzusische, Inseln aaa... a2... 5
DALE ANA. a sl n
N ne ee EN ans) n
Kane. Re re 137
N ee | 2.202 ı
Manu ea DUB N:
Admmalitätsinsen 2.2.2.3 8®. 283 x
St Mattbiasınseln.. 22.25, 222000 A 28
Neuhaunovemmr.e ar Haren 91 r
Hischermseln Aa,.2m. en, 4 &
Neumecklenburz u... 222. 2.2, 718 2
Neulauenburs-: +... 02... 49 5
Melanesien ohne nähere Angabe... 2 n
Neuguinea ohne nähere Angabe ... 169
Holländisch Neuguinea............ 158
Eimelseh-Nenguinean ne. 08 76 a
Dasselbe ohne nähere Angabe..... 127
D’Entrecasteauxinseln ...........- | 4
Brohrlandinsehn.. ==... 2. 2m 2.22%. a
Woodlarkimseln. ae. Ten
Baushlanmselhns- 2:2 meer 21
orresstrabernuns Wr as ee: ar
Orokelonaya ns IE 3. | Buya=.;
ENO TERROR ra N Er Nee 1 Blatt,
Karbadıdıstrikte ser. Super Dis REnS
Insgesamt.... | 4155 Blätter.
Neben einer kleinen Sammlung verschiedener Gegenstände aus der
Südsee wurde ein sehr wertvolles Stück erworben, die reichgeschnitzte
Vorhalle eines Maorihauses aus Neu-Seeland. Das Museum ist damit in
den Besitz eines ungemein kostbaren Stückes gekommen, das um so
höher zu veranschlagen ist, da die Neuseeländische Regierung seit einigen
Jahren ein striktes Ausführverbot für ethnographische Stücke er-
lassen hat.
Wie in früheren Jahren so hat sich die Abteilung auch im Jahre
1910 aus Hamburg selbst wie von auswärts der Förderung durch
Schenkungen zu erfreuen gehabt.
Es schenkten: Herr E. Demandt-Apia ein Tatauierbesteck aus
Samoa, die Jaluitgesellschaft-Hamburg 6 Stabkarten von den
Marschallinseln, Herr Oberinspektor Kirchheim-Hamburg mehrere Boot-
modelle von Nissan und Buka, die Firma Rosenstern & Co., Hamburg,
A*
40 Museum für Völkerkunde.
eine Sammlung aus Kaniet: 6 Speere, 14 Bastgürtel, 1 Trinkschale,
1 Kamm, Schüsseln, 3 Bastklopfer, 1 Fischleine mit Trochushaken,
A Schildpattspatel und 4 Schildpattnachnadel. Dieser Zuwachs macht unsere
Kanietsammlung damit zu einer der besten Sammlungen überhaupt. Herr
Dr. Kurt Siemers-Hamburg Bogen, Pfeile, Pfeilspitzen von den Salomo-
inseln, Herr Prof. Dr. @. Thilenius-Hamburg eine Sammlung aus der Süd-
see: Tapastreifen von Tahiti; Holzschale aus Aua; Brustschmuck und
Tanzschmuck aus Neu-Guinea; Armbänder und Muschelgeräte von den
Admiralitätsinseln.
Allen genannten Freunden und Gönnern des Museums sei auch an
dieser Stelle ein herzlicher Dank ausgesprochen. \
Leihgaben.
Die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung überwies nach Ab-
schluß der Expedition dem Museum die in den Jahren 1908/10 gesam-
melten Gegenstände. Nach ungefährer Schätzung umfaßst die durch ge-
naue Bezeichnung besonders wertvolle Leihgabe etwa 10000 Nummern.
Die Veröffentlichung der Ergebnisse der Reise wird vorbereitet; die ersten
Bände sollen 1912 erscheinen.
Museum für hamburgische Geschichte. 41
3. Museum für hamburgische Geschichte.
Bericht für das Jahr 1910
von
Direktor Professor Dr. Otto Laufer.
Banıe Kommissvoni fürn -daey Museum‘ ‚für, ham-
burgische Geschichte bestand im Jahre 1910 aus folgenden
Herren: Senator Dr. v. Melle als Vorsitzender, Landrichter Dr. €. Am-
sinck, O. Patow, M.d.B., Joh. E. Rabe, Hauptpastor Dr.D. F.G.T. Rode,
M.d. B., Landgerichtsdirektor Dr. Th. Schrader, Rat a. D. Dr. Fr.Voigt,
Rat bei der Oberschulbehörde Dr. M. Förster und Direktor Professor
Dr. O. Lauffer. Als neues Mitglied ist Herr Landgerichtsdirektor
Dr. G. Framhein, M. d. B., eingetreten.
2. Die Beamten des Museums: Es hat sich insofern ein
Wechsel vollzogen, als Herr Dr. J. Schwietering, der am 1. September 1909
als Volontär eingetreten war, am 1. April 1910 als wissenschaftlicher Hilfs-
arbeiter mit einem Monatsgehalt von „A 100 angestellt wurd. Am
1. Oktober ist sein Gehalt auf monatlich A 150 erhöht.
Die Hilfsarbeiterin Frl. B. Hein ist am 15. Mai aus dem Dienste des
Museums ausgeschieden. An ihre Stelle ist am gleichen Tage
Frl. K. Marquardi, geboren am 13. Februar 1855 zu Güstrow, getreten.
3. Bedienstete: Die im Etat für 1910 neugeschaffene Stelle
eines Werkmeistergehilfen ist dem bisherigen Aufseher Kröger, einem ge-
lernten Tischler, übertragen. Die dadurch erledigte Aufseherstelle wurde,
da sich nach erfolgter Ausschreibung Militäranwärter um sie nicht be-
worben hatten, dem bisherigen Hilisaufseher Tischler O. Jarmatz zunächst
auf ein Jahr probeweise übertragen. So blieb noch eine Hilfsaufseher-
stelle neu zu besetzen, in die der Tischler H. Weissen eingetreten ist,
nachdem sie ebenfalls vorher vergebens für Militäranwärter ausgeschrieben
war.
4. An Geldmitteln für die Verwaltung und die Vermehrung
der Sammlungen sind im Berichtsjahre auf Grund des von Senat und
Bürgerschaft bewilligten Etats folgende Summen aufgewandt worden:
A 17034 für Gehälter, A 10999,66 für Hilfsarbeit und Hilfsaufsicht,
N 2599780 für Vermehrung der Sammlungen, A 3999,70 für Hand-
42 Museum für hamburgische Geschichte.
bibliothek und Handapparat, 4 1751,95 für Unterhaltung der Sammlungen
und MA 6246,96 für sonstige Ausgaben.
5. Die Schauräume im Kellergeschoß des Johan-
neums, die dem Museum zu Ausstellungszwecken zur Verfügung
stehen, sind im Laufe des Jahres neu hergerichtet worden, zu welchem
Zwecke die Sammlungen in der Zeit vom 6. Februar bis zum 16. Dezember
für den Besuch des Publikums geschlossen werden mußten. In dieser Zeit
ist zunächst der Einbau einer Warmwasserheizung durchgeführt. Die
Arbeiten daran haben sich in unerwarteter Weise in die Länge gezogen,
da der angeschlossene Schornstein durch die ganze Höhe des Johanneums
den baupolizeilichen Vorschriften angepaßt werden mußte. Nachdem
letzteres geschehen, und nachdem der sehr schadhafte Verputz an den
Wänden und Pfeilern erneuert war, sind Wand und Decke neugestrichen
worden. Dabei sind die Farben so hell wie möglich gewählt, um in die
sehr mangelhaft beleuchteten Räume soviel Licht wie möglich hineinzu-
bringen. Die Decke ist ganz weiß gestrichen, die Wand in einem ganz
hellen Blaßgelb. In derselben Farbe sind auch alle an der Wand be-
festigten Tragegerüste gehalten, so daß sie sich in der Farbe überhaupt
nicht von der Wand unterscheiden. Nur die Fensterschaukästen und die
Holzuntersätze sind an den Außenseiten in einem kräftigen Rotbraun
gestrichen, während die Innenwände bezw. die Auflageflächen bei den
Schaukästen weiß, bei den Untersätzen blaßgelb gestrichen sind, so daß
sich die ausgelegten Sammlungsgegenstände möglichst stark von ihnen
abheben. So schien die beste Möglichkeit gewonnen zu sein, die
Museumsobjekte in den ehemaligen Kellerräumen, die nur notdürftig zu
Museumszwecken aptiert sind, und die auch jetzt trotz des hellen An-
striches bei trübem Wetter zum großen Teil mit elektrischem Licht be-
leuchtet werden müssen, wenigstens einigermaßen zur Geltung zu bringen.
Daß die Schauräume sich in diesem neuen Gewande wesentlich
besser ausmachen als früher, darf nicht verkannt werden. Um so mehr
aber ist es nötig, darauf hinzuweisen, daß ihr altes Grundübel, die alle
Begriffe übersteigende Feuchtigkeit, auch jetzt noch seine schädigenden
Einflüsse nach wie vor geltend macht. Schon längst vor der Wiedereröffnung
hat der neue Anstrich angefangen, an vielen Stellen der Wand wieder
abzublättern. Dadurch wird nicht nur die äußere Erscheinung des
Raumes in einer durchaus unwürdigen Weise beeinflußt, vielmehr bleibt
vor allem zu bedenken, daß die Feuchtigkeit auch die Konservierung der
Sammlungsgegenstände, besonders die der vielen Metall-, Leder- und Stoff-
sachen sowie aller Arten von Bildern, in der schlimmsten Weise schädigen
muß. Die Museumsverwaltung ist trotz aller Aufmerksamkeit gegen diesen
unbesiegbaren Feind aller Sammlungen machtlos, und es muß offen aus-
gesprochen werden, daß sie bei dem baulichen Zustande der jetzigen
Museum für hamburgische Geschichte. 43
Sammlungsräumlichkeiten außerstande bleibt, die Verantwortung für eine
sachgemäße Konservierung der Altertumsgegenstände in uneingeschränk-
ter Weise zu übernehmen.
6. Die Neuaufstellung der Sammlungen hat sich nach
Möglichkeit an die alte Gruppierung angeschlossen. Die Erscheinung der
beiden Lichthöfe ist fast unverändert, da an ihren Wänden viele Stein-
sachen befestigt sind, deren Standort man aus Rücksicht auf die Konser-
vierung nicht ohne Not antasten wird. In der großen Halle hat dagegen
durch Magazinierung vieler bisher ausgestellter Stücke und durch Neuauf-
stellung anderer Gegenstände ein gewisser Ausgleich unter den ver-
schiedenen Sammlungsgruppen stattgefunden. Die Ausdehnung der
Kriegs- und Militärdenkmäler ist wesentlich beschränkt, ein Entschluß,
der einige Überwindung gekostet hat, da es sich hier um eine der reich-
haltigsten und vollständigsten Abteilungen des Museums handelt. Durch
diese Beschränkung ist es aber möglich geworden, den Abteilungen für
Handel und Verkehr, besonders der schon jetzt recht ansehnlichen Samm-
lung der Schiffsmodelle, einen größeren Platz einzuräumen. Ferner ist
durch die Auflösung der Buchdruckerei etwas Raum für eine volkskund-
liche Abteilung (Bauernhausmodelle, Bauerntrachten, Bauernschmuck usw.
der Niederelbe) gewonnen worden.
Der Inhalt der Fensterschaukästen ist so gewählt, daß in jedem ein-
zelnen Kasten nur unter sich verwandte Stücke ausgestellt sind, und daß
diese in einem möglichst engen inneren Zusammenhange mit den in ihrer
Nähe ausgestellten Denkmälern stehen, jedoch hat letzteres Bestreben
aus räumlichen Gründen leider nicht überall scharf durchgeführt werden
können. Alles in allem war die Absicht maßgebend, möglichst aus
allen Gebieten, die in den Sammlungsbereich des Museums gehören,
wenigstens eine beschränkte Auswahl, soweit der enge Raum es gestattet,
zur Ausstellung zu bringen.
Eine strenge Gruppierung scharf voneinander geschiedener Haupt-
abteilungen durchzuführen, konnte bei der Art der jetzt verfügbaren
Räumlichkeiten kaum versucht werden. Soweit es angängig war, wurde
eine kulturgeschichtliche Anordnung angestrebt, bei der technologische
und stilgeschichtliche Rücksichten erst in zweiter Linie zu ihrem Rechte
kommen. So sind die topographischen Abteilungen mit Einschluß der
Bauteile, die Kriegsaltertümer, die Strafaltertümer, die Denkmäler der
Verwaltung, die kirchlichen Altertümer, die Abteilungen für Handel und
Verkehr, die Zunftaltertümer, die wissenschaftlichen Denkmäler, die volks-
kundlichen Abteilungen und die Gruppen der bürgerlichen Hauskultur
mit möglichster Geschlossenheit nebeneinander gestellt. Aber der
Zwang, der in der Gestaltung der Schauräume lag, hat die einzelnen
Sammlungsabteilungen doch oft ineinanderfließen lassen.
44 Museum für hamburgische Geschichte.
Mit Bewußtsein und mit voller Rücksichtslosigkeit sind alle Kurio-
sitäten aus den Schausammlungen entfernt. Möchten sich doch alle histo-
rischen Museen, die großen wie die kleinen, zu diesem Schritte vor allen
Dingen einmal entschließen. Mehr als alles andere sind es die Kurio-
sitäten, die denen, die den wissenschaftlichen und erziehlichen Wert der
historischen Museen in Abrede stellen, stets neue Handhaben geben. Die
immer wieder bis zum Überdruß ausgelegten Kuriositäten sind es, die die
historischen Museen in den Geruch der Rumpelkammern gebracht haben,
und alle, die diese Art von „Schaustücken“ lächerlich machen, haben ihr
gutes Recht dazu. Darum müssen .die Kuriositäten vor allen Dingen aus
den historischen Museen unbarmherzig und restlos entfernt werden. Will
man sie aufheben, so tue man sie in die Magazine. Aber die Schausamm-
lungen soll man mit ihnen ein für allemal verschonen.
Um dem Publikum bei der geschilderten Neuaufstellung soviel wie
möglich zu geben, sind die Sammlungen so eng zusammengerückt, als der
kaum es irgend zuließ. Für die Aufstellung nennenswerter größerer
Stücke wird künftig kein Platz mehr verfügbar sein. So wird die Raumnot
von Tag zu Tag unerträglicher, das Verlangen nach dem unentbehrlichen
Museumsneubau immer dringender werden.
7. Die Vorarbeiten für den Museumsneubau sind im
Laufe des Jahres 1910 in eine neue Entwicklungsstufe eingetreten, die
unzweifelhaft einen erheblichen Fortschritt bedeutet. Bei den Budget-
beratungen für das Berichtsjahr ist in der Bürgerschaftssitzung vom
21. Februar 1910 das Mitglied der Museumskommission Herr O0. Patow
in eingehender Weise für den Neubau eingetreten, indem er als Bauplatz
das Grundstück der alten Sternwarte in den Anlagen am Millerntor
empfahl. Er hat dabei die allseitige Zustimmung der Bürgerschaft
gefunden.
Die Museumsbaukommission hat darauf am 19. April eine erneute
Sitzung abgehalten. In derselben kam vor allem das Bestreben zum Aus-
druck, dem von der Finanzdeputation ausgesprochenen Wunsche auf Ein-
schränkungder Baupläne tunlichst entgegenzukommen. Der Baudirektorund
der Museumsdirektor wurden ersucht, in nochmalige Beratungen einzutreten,
um das Bauprogramm innerhalb der zulässigen Grenzen nach Möglichkeit
zu beschränken. Diesem Wunsche ist entsprochen worden. Gleichzeitig
wurde für die Mitglieder der Baukommission eine Denkschrift aufgesetzt,
in welcher das Bauprogramm mit den nötigen Erklärungen versehen und
mit einem von Herrn Baudirektor Prof. Schumacher entworfenen schema-
tischen Grundrißplan des Neubaus zusammengestellt war. Ein Vergleich
dıeses Planschemas mit dem Bauprogramm ließ erkennen, daß letzteres,
in Berücksichtigung des Wunsches der Finanzdeputation, um den achten
Teil der zuerst geforderten Schaufläche beschränkt worden war. Als
Museum für hamburgische Geschichte, 45
Ersatz dafür wurde vorgeschlagen, die Korridore mit als Nutzfläche in
Rechnung zu stellen.
Auf Grund dieser Vorarbeiten hielt die Baukommission am 26. Juli
abermals eine Sitzung ab, in der das Bauprogramm und die Baupläne
wiederholt durchberaten wurden. Da aber die Finanzdeputation erklärt
hatte, daß sie zurzeit nicht in der Lage sei, der Inangriffnahme des
projektierten Baues zustimmen zu können, so mußte die Frage des Neu-
baues abermals hinausgeschoben werden.
Dieser Aufschub durfte indessen einen Stillstand der Vorarbeiten
in keiner Weise herbeiführen. Um die Baupläne vorläufig weiter zu
fördern, fanden zwischen dem Baudirektor und dem Museumsdirektor auf
Grund der oben angegebenen Einschränkung des Bauprogramms wieder-
holte Beratungen statt. Im Verlauf derselben stellten sich bei näherer
Durchsicht der schematischen Baupläne einige Mängel museumstechnischer
Art heraus. Die Folge davon war, daß Herr Baudirektor Schumacher
sich in höchst dankenswerter Weise entschloß, unter Zugrundelegung des
Sternwartenplatzes nochmals einen ganz neuen Bauplan aufzustellen.
Dieses zweite Projekt ist dann in steter Fühlung mit dem Museumsdirektor
weiter ausgearbeitet und mehr und mehr einem Zustande der Reife ent-
gegengeführt worden. Alle Erfahrungen, die bei dem ersten verworfenen
Projekt gewonnen wären, sind diesem neuen Entwurf zugute gekommen,
und es darf jetzt schon die Überzeugung ausgesprochen werden, daß
derselbe bei seiner künftigen Ausführung Schönheit und Zweckmäßigkeit
in erwünschter Weise vereinigen wird.
8. Das Ausstellungsgerät wurde im Jahre 1910 vermehrt
um vier Kostümschränke und eine Reihe von Fensterschaukästen, ferner
um vier Vitrinen für das Modell der Petrikirche und für drei Bauernhaus-
modelle. Die Vitrinen sind mit Mahagoni-Untersatztischen versehen.
Für die Ausstattung der Bureauräume sind zwei Bücherregale und ein
Gestell für Sammelkästen neu geliefert worden.
9, Das Magazingebäude am Nagelsweg wird, zumal es
in ganz außergewöhnlichem Maße belastet ist, in zunehmender Weise bau-
fällig. Die schon seit Jahren beobachteten Sprünge im Mauerwerk waren
so bedrohlich geworden, daß von dem Direktor eine erneute bautechnische
Untersuchung des Gebäudes veranlaßt wurde. Letzteres ist daraufhin
an der Nordwestecke von außen mit starken Stützen versehen und innen
abgesteift. An der Vorderseite ist das Gesims, das in großen Stücken
herunterfiel, ganz abgenommen. Aber auch so ist der bauliche Zustand
des Hauses ein derartiger, daß die Bauverwaltung davor gewarnt hat, die
Obergeschosse zur Lagerung von schweren Stücken, wie Bauteilen, Eisen-
sittern, Öfen usw., zu verwenden. Die weitere Benützbarkeit des Hauses
46 Museum für hamburgische Geschichte.
für die Zwecke des Museums wird dadurch in zunehmendem Maße in
Frage gestellt.
10. Die Bureauräume des Museums im Hause „Karlsburg“
hatten sich infolge des starken Anwachsens der Einzelblättersammlung
und der Bibliothek längst als zu klein erwiesen. Da nun ein anstoßendes
Zimmer zum 1. Oktober 1910 frei wurde, so hat der Direktor die Bitte
ausgesprochen, daß dieses Zimmer noch für die Verwaltung des Museums
hinzugemietet werde. Die Finanzdeputation hat diesem Wunsche ent-
sprochen, und der neue Raum konnte Anfang Oktober in Benutzung ge-
nommen werden. Dadurch ist gegen früher insofern ein großer Fortschritt
gemacht, als nunmehr die Einzelblätter in einem eigenen Zimmer mit
zweckmäßigen Regalen für die Sammelkästen aufgestellt werden konnten.
Freilich bleiben auch jetzt noch die Bedenken, die gegen die Unter-
bringung öffentlicher Sammlungen in einem von vielen anderen Parteien
mitbenutzten Privathause stets geltend gemacht sind, in vollem Umfange
bestehen.
11. Die museologischen Arbeiten haben sich im Berichts-
iahre, abgesehen von den laufenden Verwaltungsgeschäften und von den
Arbeiten der besprochenen Neuausstattung und Wiederaufstellung der
Sammlungen, die die Kräfte der Museumsbeamten fast ganz in Anspruch
nahmen, im wesentlichen auf folgendes erstreckt. Eine möglichst sorg-
fältige Etikettierung der ausgestellten Schaustücke ist in den wich-
tigsten Teilen durchgeführt. Sie wird aber auch weiterhin noch sehr ver-
mehrt und sobald wie möglich auf die nötige Vollständigkeit gebracht
werden müssen.
Außerdem wird es nötig sein, den von Herrn Direktor Dr. Schrader
verfaßten vortrefflichen alten Führer durch die Sammlungen,
der seit einiger Zeit vergriffen und durch die Neuordnung auch änderungs-
bedürftig geworden ist, neu zu bearbeiten. Ich beabsichtige dabei die
ortsgeschichtlichen und altertumskundlichen allgemeinen Abschnitte
weiter auszubauen, während die Aufführung der Einzelstücke infolge der
erwähnten umfangreicheren Etikettierung mehr eingeschränkt werden
kann. Unbedingt notwendig wird die Einführung von Abbildungen sein.
Die ständige Kontrolie der Hausabbrüche ist durch die
Herren Dr. Stierling und Dr. Schwietering besorgt worden. Bei der Kon-
trolle der Erdarbeiten und der Bodenfunde hat sich die
Museumsverwaltung nach wie vor der zuvorkommenden und sachkundigen
Unterstützung des Herrn Bauinspektor Melhop und des ihm unterstellten
Herrn Rohrnetzaufseher Schmidt zu erfreuen gehabt.
Die Katalogisierung der Zugänge ist von den Herren
Dr. Stierling und Dr. Schwietering durchgeführt. Die Zugänge des
Jahres 1909 haben 492 Nummern erbracht gegen 642 des Jahres 1908.
Museum für hamburgische Geschichte. 47
Eine zweite Abschrift der Katalogzettel ist angefertigt worden, ebenso
ist auf diesen Grundlagen die endgültige Journalisierung durchgeführt
und das Lagerbuch, in dem die erste Eintragung erfolgt, für die Jahre
- 1908 und 1909 auf diese Weise durch definitive Journale ersetzt. Die
Zugänge des Jahres 1910 sind, abgesehen von einer Sammlung von
Waffen- und Uniformstücken, deren Katalogisierung noch nicht beendet
werden konnte, mit 501 Nummern abgeschlossen.
Von Einzelblättern war aus alten Beständen eine große Menge
in unverarbeitetem Zustande vorhanden. Es wurde daher für mehrere
Wochen aushilfsweise ein Buchbinder eingestellt, der in Gemeinschaft mit
dem Buchbinder des Museums den größten Teil jener Einzelblätter auf
Kartons aufgesetzt hat. Dieselben sind von Frl. Marquardt katalogisiert
und mit erklärenden Unterschriften versehen. Ihre Zahl ist im Zugangs-
verzeichnis für 1910 mit 1929 Nummern gegen 1091 des Vorjahres abge-
schlossen. Der Museumsbesitz an katalogisierten Einzelblättern, deren
systematische Bearbeitung erst im Jahre 1908 aufgenommen ist, läßt sich
nunmehr für die ersten drei Jahre mit 3973 Nummern berechnen.
Diese bis dahin noch ganz unübersichtlichen Bestände sind von Herrn
Dr. Schwietering sachgemäß geordnet und aufgestellt und die Sammel-
kästen sind mit durchlaufenden Etikettierungen versehen.
Die Handbibliothek ist nach Ausweis der von Frl. Schultz
angefertigten Kataloge im Berichtsjahr um 437 Nummern -—- gegen 520
des Jahres 1909 -— vermehrt. Auch sie ist erst seit 1908 ausgebaut und
umfaßt mit Abschluß des Berichtsiahres im ganzen 1140, überwiegend
durch Tausch und Schenkungen erworbene Werke.
Die Diapositive sind in neuen Sammelkästen übersichtlich ge-
ordnet. Die neuen Zugänge, durchweg doppelt verzettelt, betragen 117
Nummern gegen 241 des Vorjahres. Der Gesamtbesitz des Museums be-
läuft sich demnach mit Abschluß des Berichtsjahres auf 358 Diapositive.
Die Sekretariatsgeschäfte des Museums hat Frl. Schultz
unter dem ständigen Beistande von Frl. Marquardt besorgt. Der rasch
wachsende Briefverkehr des Museums belief sich laut Postbuch im Jahre
1910 auf 1169 ausgehende Sendungen gegen 928 im Jahre 1909.
12. Ausstellungen: Die Wechselausstellungen aus den Be-
ständen der Einzelblättersammlung oder aus Leihgaben befreundeter
Sammler mußten ‘wegen der eintretenden Renovierungsarbeiten im Be-
ginne des Berichtsiahres abgebrochen werden. Bei der Neueröffnung der
Sammlungen hatte die Museumsverwaltung das Bestreben, auch den numis-
matischen Interessen, die bis dahin im Museun: kaum vertreten waren,
innerhalb der verfügbaren Grenzen einen möglichst großen Raum zu ge-
währen. Es geschah durch die vorübergehende Ausstellung von zwei ver-
schiedenen Gruppen, deren eine einen Überblick über die Haupttypen der
48 Museum für hamburgische Geschichte.
hamburgischen Münzen mit einer vollständigen Reihe der Zweimarkstücke
gewährte, während die andere die ganze Zahl der hamburgischen Bürger-
meisterpfennige meist in wundervoller Erhaltung vor Augen führte. Beide
Sammlungen wurden dem Museum von Freunden der Anstalt leihweise
überlassen.
An den Vorarbeiten für die hamburgische Abteilung der Landwirt-
schaftlichen Ausstellung hat sich der Direktor durch Beschaffung von
Photographien und von Unterlagen für die ausgestellten Karten beteiligt.
Derselbe hat auch drei größere illustrierte Aufsätze für die Ausstellungs-
zeitung beigesteuert.
13. Über die wissenschaftlichen Arbeiten, die vom
Museum ausgegangen sind, ist folgendes zu berichten:
An dem Vorlesungswesen der Oberschulbehörde hat sich der
Direktor mit einem Zyklus von fünf Vorträgen beteiligt, die den Titel
„Entwicklungsstufen der volkstümlichen Kultur in Hamburg‘ führten.
Dabei wurde zunächst die Besiedelung und Stammeskunde, dann zwei-
stündig die Volkskunde und nochmals zweistündig die städtische Kultur
behandelt. Im Verein für hamburgische Geschichte hat der Direktor in
einem Vortrage über den derzeitigen Stand des Museumsneubaues und über
die Erwerbungen des Jahres 1909 Bericht erstattet.
Herr Dr. Schwietering hielt im Verein „Quickborn“ einen Vortrag
über niedersächsische Zauberformeln. Für das Vorlesungswesen der Ober-
schulbehörde las er im Sommersemester 1910 „Einführung ins Mittelhoch-
deutsche mit Lektüre von Hartmanns Gregorius“, zwei Stunden in der
Woche, und hielt im Wintersemester 1910/11 „Gotische Übungen“, eben-
falls zweistündig. Außerdem versah er die Verwaltung der Hand-
bibliothek der Oberlehrerinnen.
Eine wissenschaftliche Publikation ist von Herrn
Dr. Stierling geliefert worden, die unter dem Titel ‚Leben und Bildnis
Friedrichs von Hagedorn“ als Beiheit des Jahrbuches der Hamburgischen
Wissenschaftlichen Anstalten 1910 erscheint. Die Vorarbeiten dazu haben
ihm zu zwei Studienreisen nach Braunschweig und Dresden Veranlassung
gegeben.
Wissenschaftliche Umfragen, die späteren Veröffent-
lichungen vorarbeiten sollten, sind mehrfach vom Museum ausgegangen.
Die volkskundliche Umfrage bei den hamburgischen Land-
schullehrern, von der im vorjährigen Bericht bereits die Rede war,
ist auch im Berichtsiahre 1910 noch durch eine Reihe wertvoller
Mitteilungen beantwortet worden. Um die Verzettelung derselben hat sich
Frl. Marie Jennerich freundlichst bemüht.
Eine weitere Umfrage betraf das Bürgermilitär. Es bestand
dabei der Wunsch, neben den Erinnerungsstücken, die in den Sammlungen
Museum für hamburgische Geschichte. 49
aufgestellt sind, auch durch schriftliche Aufzeichnungen aller Art eine
möglichst lebhafte Vorstellung von dem Leben und Treiben innerhalb des
Bürgermilitärs auf die Nachwelt zu bringen. So hat das Museum selbst
nach den Mitteilungen des Herrn König, ehemaligen Tambours des
6. Bataillons, die alten Trommelmärsche des Bürgermilitärs aufzeichnen
lassen. Auch die Texte, meist heiteren und sogar spöttischen Inhalts, die
den Melodien der Märsche vom Volke untergelest wurden, sind ge-
sammelt.
Besondere Sorgfalt hat die Museumsverwaltung endlich der Samm-
lung hamburgischer Kriegsbriefe zugewandt. Um hierfür
auch im großen Publikum Verständnis und Interesse zu erwecken, erließ
sie in den Tageszeitungen einen Aufruf folgenden Inhalts:
In letzter Zeit ist an das gesamte deutsche Volk wiederholt der
Aufruf ergangen, alle Briefe und Tagebücher zu sammeln, die zu
Kriegszeiten geschrieben sind; nicht nur Briefe und Aufzeichnungen
der Soldaten, die draußen im Feld standen, sondern auch die Briefe, die
ihnen aus der Heimat geschrieben oder die von Verwandten und
Freunden daheim während des Krieges gewechselt wurden. Leider
werden solche Briefe, die über die Befreiungskriege hinausgehen, kaum
noch vorhanden sein. In erster Linie wird es sich um Briefe aus der
Zeit der schleswig-holsteinischen Kriege von 1848/50 und 1864, des
preußisch-österreichischen Krieges von 1866 und des deutsch-französi-
schen Krieges von 1870/71 handeln.
So viele Erlebnisse und Beschreibungen aus diesen Kriegen ver-
öffentlicht sind, ihre mehr oder weniger patriotische oder publizistische
Tendenz hat die intimsten Offenbarungen der Volksseele nicht berück-
sichtigt oder gar vernichtet. Es liegt hier nicht so sehr an den Aul-
zeichnungen der Feldherren und leitenden Oifiziere, den sogenannten
historischen Dokumenten, als an den schlichten Zeilen des gemeinen
Soldaten, die nie das Licht der Öffentlichkeit sehen sollten. Denn mit
dem gesamten Volk wollen wir diese großen Zeiten mitfühlen und mit-
erleben. Wir wollen uns ein Bild machen von Bauer und Bürger,
Arbeiter und Kaufmann, wie sie da draußen in der Fremde der Heimat
gedenken, in sehnsuchtsvoller Sorge um Weib und Kind, um Eltern und
Freunde. Ihren glühenden Patriotismus und kritischen Wankelmut,
ihren Haß und ihre Liebe wollen wir verstehen lernen. Doch auch die
stille, aufopfernde Liebe der Gattin und der sorgenden Mutter daheim
soll nicht unbeachtet bleiben. So soll das Leid des Krieges und die
Freude des Friedens in allen Wechselfällen an unserem Auge vorüber-
ziehen.
Ein schönes Buch des dänischen Professors Karl Larsen „Ein
modernes Volk im Kriege“ hat uns kürzlich gezeigt, welch
Museum für hamburgische Geschichte.
reiche, ungeahnte Schätze hier zu heben sind. Larsen hat die Briefe
und Tagebücher seines Volkes aus dem Krieg 1864 unermüdlich ge-
sammelt, Briefe, die in schlichten Worten von Königstreue und Heimat-
verlangen, von Gatten- und Elternliebe erzählen; alles in solch wahrer
und unverfälschter Form, daß wir selten die elementarsten Regungen
der Volksseele so belauschen können wie hier. Die großen Kriegserleb-
nisse haben alles Unwahre und alles Scheinenwollen abgestreift. Land-
mann und Städter, Gemeiner und Offizier, arm und reich, sie alle mit-
einander stehen vor uns in ihrem rein menschlichen Empfinden und in
ihrer dänisch-nationalen Eigenart. Jeder, der das Buch auf sich wirken
läßt, wird den Wunsch hegen, daß ein solches Buch auch unserem Volke
beschert werden möchte. Voll Hoffnung schließt Karl Larsen seinen
Vortrag, den er jüngst in Deutschland und Österreich gehalten hat:
„Man versteht in Deutschland Briefe zu schreiben und aufzu-
heben. Ich habe persönlich glänzende Beispiele gesehen von der
Pietät, mit der in deutschen Familien schriftliche Zeugnisse aus be-
wegter Zeit in Ehren gehalten werden. Es liegt in deutschen Landen
aus den Kriegen in Briefen und Tagebüchern ein Schatz, der noch
nicht gehoben worden ist. Es muß dies geschehen. Ich stehe für diese
große Aufgabe mit meinen Erfahrungen und meiner persönlichen Be-
teiligung zu Diensten; es ist mir außer allem Zweifel, daß sich meinen
geringen Kräften andere und größere anschlielien werden.“
Hamburg wird sich an dieser Aufgabe beteiligen. Und darum
richtet das Museum für hamburgische Geschichte an jeden Hamburger
aus Stadt und Land die freundliche Bitte, ihm bei dieser Sammel-
tätigkeit nach Kräften behilflich zu sein. Nicht nur die Hamburger
Kriegervereine, sondern auch alle die Vereinigungen und Gesell-
schaften, die die Liebe zur Heimat im weitesten Sinne wecken und
fördern wollen, werden es in erster Linie für ihre Ehrenpflicht halten,
hier mitzuarbeiten und mitzusammeln.
Wo jemand sich nicht trennen mag von alten, liebgewordenen
Briefen, da wird auch eine Abschrift genügen. Das Museum für
hamburgische Geschichte wird alle diese anvertrauten Schätze treu be-
wahren und später beitragen zu der großen, umfassenden Sammlung
aller deutschen Kriegsbriefe, die dann über die Grenzen der Heimat
hinaus beredtes Zeugnis ablegen wird von hamburgischem Wesen und
hamburgischem Patriotismus.
Der Erfolg dieses Rundschreibens ist nicht ausgeblieben. Von ver-
schiedenen Seiten und aus allen Ständen sind mehr oder weniger große
Packen von Kriegsbriefen teils im Original, teils in Abschriften zur Ver-
fügung gestellt. Aus dem Besitze eines Kriegsteilnehmers, der einer der
ersten Familien Hamburgs entstammt, ist der Museumsverwaltung die
Museum für hamburgische Geschichte. 51
ganze Sammlung seiner Kriegsbriefe bekannt geworden. Mit besonderem
Danke aber ist zu berichten, daß die ehemalige Leiterin des Kriegs-
lazaretts in Altona, Frau v. Begyats, sich entschlossen hat, dem Museum
ihren sehr interessanten Besitz von 200 Kriegsbriefen aus dem franzö-
sischen Kriege, darunter 81 von französischen Kriegsgefangenen, zu über-
weisen. Hoffentlich wird die Sammlung sich auch weiterhin der Unter-
stützung des Publikums in reichem Maße zu erfreuen haben.
Die Kongresseund wissenschaftlichen Tagungen,
an denen der Direktor teilgenommen hat, sind: die Jahresversammlung
des Hansischen Geschichts-Vereins und des Vereins für niederdeutsche
Sprachforschung, die Tagung des Gesamtvereins der deutschen Ge-
schichts- und Altertumsvereine, wo er in der Sektion für Volkskunde
den Vorsitz führt, und wo er nunmehr auch in den Verwaltungsausschuß
gewählt worden ist, ferner die Versammlung des Vereins von Museums-
beamten zur Abwehr von Fälschungen und endlich der Niedersachsentag.
14. Der Besuch des Museums kann für das ganze Jahr keine
große Gesamtsumme aufweisen, da das Museum den weitaus größten Teil
des Jahres geschlossen war. Im Durchschnitt ergibt sich, daß die Besucher-
zahl sich nicht nur auf der alten Höhe gehalten hat, sondern sogar noch
weiter im Fortschreiten begriffen ist, der beste Beweis für das starke
und anhaltende Interesse, das den Sammlungen vom Publikum entgegen-
gebracht wird. Bis zum 5. Februar wurden 6200 Besucher gezählt, ferner
noch vom 16. Dezember bis zum Schluß des Jahres 3276 Personen, so daß
sich für die Zeit von noch nicht zwei Monaten, während deren die
Sammlungen im Jahre 1910 geöffnet waren, eine Zahl von insgesamt
9476 Besuchern ergibt.
52 Sternwarte,
4. Sternwarte in Bergedorf.
Bericht für das Jahr ıgıo
vom
Direktor Professor Dr. R. Schorr.
I. Allgemeines.
Auch das Jahr 1910 wurde durch die Fortführung der Bau- und
Einrichtungsarbeiten für die neue Sternwarte noch ganz in Anspruch
genommen. Die Bauarbeiten erstreckten sich auf die Gebäude für den
Lippert-Astrographen und für das Spiegelteleskop, die beide so weit
fertiggestellt wurden, wie es vor Aufstellung der Instrumente möglich war.
Im Meridiankreisgebäude wurde von der Firma Zeiss eine Spaltgardine
eingebaut, welche als Sonnen- und Windschutz dienen soll. Die-
selbe ist aus Segeltuch hergestellt und überdeckt mit ihren beiden Teilen
den Spalt in seiner ganzen Breite von3 m. Der nördliche Teil der Gardine
kann bis zu einer Höhe von 45 Grad aufgezogen werden, der südliche Teil
geht bis zu 45 Grad über das Zenit hinaus, so daß der Spalt durch beide
Teile zusammen vollständig geschlossen werden kann. Das Segeltuch ist
in je 1.3 m Entfernung an horizontalen Führungsstangen befestigt, welche
sich in den auf beiden Seiten des Spaltes vorgesehenen U-Eisen mittels
Rollen bewegen. Der Antrieb der Bewegung erfolgt für jede Gardine ge-
trennt durch einen Elektromotor von 12 P.S. und wird durch Gallsche
Ketten auf die oberste Führungsstange übertragen. In der Südgardine
ist für die Beobachtung der Sonne und der helleren Fundamentalsterne
bei Tage in 9 von den insgesamt 11 Feldern je ein kreisrundes Loch
von 40 em Durchmesser ausgeschnitten, welches durch einen Rouleau-
verschluß geschlossen werden kann. In der Nordgardine befindet sich
eine gleich große Öffnung für die Einstellung der Mire. Wird die
Spaltgardine herabgelassen, so rollt sie sich nicht auf, sondern legt sich
in leichten Falten auf die Brüstung des Spaltes nieder. Im Gebäude des
großen Refraktors wurden die elektrischen Einrichtungen für die
Bewegung der Hebebühne fertiggestellt. Weiter wurden daselbst im
Herbst nach Aufstellung der Säule des großen Refraktors die noch aus-
stehenden Malerarbeiten ausgeführt. Was die äußeren Anlagen der Stern-
Sternwarte. 55
warte betrifft, so wurde der größte Teil der Bauplanke beseitigt und durch
eine hölzerne Einfriedigung ersetzt. Leider konnte dies jedoch nicht an
allen Stellen des Terrains geschehen, da die von der Sternwarte seit fünf
Jahren dringend gewünschte Schließung des zwischen den beiden Grund-
stücksteilen hindurchführenden Gojenbergsweges auch im verflossenen
Jahre noch nicht erreicht werden konnte. Die jahrelangen Verhandlungen
mit der Stadt Bergedorf und den in Frage kommenden Grundstückseigen-
tümern haben zu keiner gütlichen Einigung geführt; infolgedessen ist
im Februar des Berichtsjahres durch Senat und Bürgerschaft das Expro-
priationsverfahren für das Wegerecht an diesem Stück des Gojenbergs-
_ weges eingeleitet worden. Auch dieses Verfahren hat jedoch bis zum Ende
des Jahres noch nicht zum Abschluß gebracht werden können, so daß der
für die Sternwarte unleidliche Zustand der Trennung der beiden Grund-
stücke durch den Gojenbergsweg leider noch weiter fortbesteht. Infolge
dieses Mißstandes können die noch dringend notwendigen Arbeiten auf
dem Gelände der Sternwarte, die Herstellung der Wege, die Herrichtung
und Bepflanzung des Terrains sowie die vollständige Ausführung der
Einfriedigung noch immer nicht fertiggestellt werden.
Die inneren Einrichtungsarbeiten der Sternwarte betrafen die An-
lagen für den Zeitdienst und die Aufstellung der hierfür erforderlichen
Uhren. Ferner wurde im Mai das alte Repsoldsche 11 cm-Passagen-
instrument in dem hierfür errichteten Gebäude auf dem Nordterrain der
Sternwarte aufgestellt (vergl. VI. B.). Im Gebäude für den Meridian-
kreis wurde mit der Aufstellung dieses Instrumentes begonnen, doch
konnte dieselbe nicht ganz zu Ende geführt werden, da zuvor noch der
Einbau des Schutzdaches über dem Meridiankreis sowie der oben be-
schriebenen Spaltgardine und mehrere damit im Zusammenhange stehende
Bauarbeiten erfolgen mußten. Im Gebäude des großen Refraktors wurden
zunächst die Säulenteile und das Achsensystem des Instruments aufge-
stellt, damit die noch ausstehenden und dann erst möglichen Maler-
arbeiten im Gebäude fertiggestellt werden konnten. In der Hütte für
transportable Instrumente wurde die bei den Sonnenfinsternis-Expedi-
tionen benutzte Polarachse nach entsprechender Aufarbeitung aufgestellt
und an ihr die beiden kurzbrennweitigen photographischen Fernrohre
montiert, von denen das eine mit einem 6-zölligen Petzval-Objektiv von
Voigtländer, das andere mit einem 5-zölligen Cooke-Triplet von Voigt-
länder ausgerüstet ist.
Besichtigungen der vorhandenen Anlagen der Sternwarte erfolgten
im Berichtsiahre, abgesehen von einem Besuche der Finanzdeputation,
nur von seiten auswärtiger Fachgenossen. Allgemeinere Besichtigungen,
die von vielen Seiten nachgesucht waren, mußten bis nach der Fertig-
stellung der ganzen Anlage hinausgeschoben werden.
54 Sternwarte.
An der Versammlung der Internationalen Astronomischen Gesell-
schait in Breslau im September des Berichisiahres nahmen der Direktor
sowie die Herren Dr. Schwaßmann und Dr. Kohlschütter teil. Die Gesell-
schaft beschloß bei dieser (felegenheit, ihre nächste Versammlung im
Jahre 1913 in Hamburg abzuhalten.
Einem diesseitigen Wunsche entsprechend wurde die Sternwarte an
das Dreiecksnetz der Internationalen Erdmessung angeschlossen. Die
hierzu erforderlichen Messungen wurden im Juli und August des Berichts-
jahres von der trigonometrischen Abteilung der Königl. Preußischen
Landesaufnahme ausgeführt und erstreckten sich sowohl auf die Haupt-
gebäude der neuen Sternwarte in Bergedorf als auch auf die alte Stern-
warte in Hamburg, «len Michaeliskirchturm, den Zeitball, das Lichtsignal
auf Kuhwärder und auf den Ori der früheren Altonaer Sternwarte. Die
Sternwarte ist der Kgl. Preußischen Landesaufnahme, insbesondere deren
Chef, Herrn General von Bertrab, für die entgegenkommende Erfüllung
ihrer Wünsche verbindlichsten Dank schuldig.
II. Personal.
Als technischer Hilfsarbeiter trat zu Anfang des Jahres K. Greß-
mann ein, sonst ist im Personal der Sternwarte keine Veränderung vor-
gekommen.
III. Instrumente.
A. Neue Instrumente.
Der große Refraktor von 60 cm Öffnung wurde in der Werkstätte
von A. Repsold & Söhne fertiggestellt und abgenommen. Seine Säule
und sein Achsensystem wurde, wie bereits erwähnt, noch im Berichtsjahre
auf der Sternwarte aufmontiert. Die vollständige Aufstellung des Instru-
ments wird im Laufe des kommenden Frühjahrs erfolgen. Von den beiden
für das große Objektiv bestimmten Scheiben wurde kurz vor Schluß des
Berichtsjahres die Flintscheibe in guter Qualität und gutem Kühlungs-
zustande von der optischen Werkstätte von Schott & Gen. in Jena ge-
liefert und abgenommen. Die Fertigstellung der Kronscheibe kam im
Berichtsjahre noch nicht zum Abschluß, sie ist jedoch erfreulicherweise
inzwischen gelungen, so daß die Firma C. A. Steinheil Söhne in München
nunmehr an die Herstellung des Objektivs gehen kann. Das für das Leit-
rohr des Refraktors bestimmte Objektiv von 180 mm Öffnung und 8.43 m
Brennweite ist bereits im Berichtsjahre von Steinheil geliefert worden.
Das Spiegelteleskop und der Lippert-Astrograph wurden in der Zeiss’schen
Sternwarte. 5)
Werkstätte in Jena-im Laufe des Berichtsjahres nahezu fertiggestellt.
Ihre Aufstellung in Bergedorf wird voraussichtlich während des Sommers
des Jahres 1911 erfolgen können. Die optische Ausrüstung beider Instru-
mente ist mit Ausnahme der beiden kurzbrennweitigen Objektive des
Astrographen gleichfalls fertiggestellt. Eine wertvolle Bereicherung er-
fuhr der Instrumentenbestand der neuen Sternwarte durch die Erwerbung
eines vortrefflich ausgeführten größeren Universalinstruments mit Kreisen
von 27 em Durchmesser von Max Hildebrand in Freiberg. Das Instrument
war 1908 bestellt und gelangte noch kurz vor dem Tode seines aus-
gezeichneten Verfertigers in den Besitz der Sternwarte.
B. Uhren
Im Berichtsiahre wurden 5 Pendeluhren von der Firma W. Bröcking
geliefert, welche als Beobachtungsuhren für die verschiedenen Instrumente
bestimmt sind. Bröcking 1926 wurde im Gebäude des Äquatorials.
Bröcking 1927 im Gebäude des Passageninstrumentes aufgestellt, während
die Uhren Bröcking 1925, 1928 und 1929 ihre definitive Aufstellung erst
nach Fertigstellung der betreffenden Beobachtungsgebäude erhalten können.
- Bröcking 1928 und 1929 sind daher vorläufig im Hauptuhrenraum,
Bröcking 1925 im Normaluhrenraum im Keller des Hauptdienstgebäudes
aufgestellt. Sämtliche Pendeluhren haben Graham-Echappement, Riefler-
sches Nickelstahlpendel, mit Ausnahme von Bröcking 1929, die mit einem
Strasserschen Nickelstahlpendel ausgestattet ist, und Sekunden- und
Minutenkontakt. Von der alten Sternwarte in Hamburg wurden die
Pendeluhren Strasser und Rhode 170 und Kittel 25 nach Bergedorf ge-
bracht und nach gründlicher Reinigung erstere im Normaluhrenraum,
letztere im Hauptuhrenraum aufgestellt. Die schon im vorjährigen
Berichte erwähnte Halbsekunden-Pendeluhr Bröcking 1931, die als
Registrier- und Schaltuhr für den automatischen Uhrvergleichungsapparat
bestimmt ist, wurde am 11. Juli im Zeitdienstzimmer des Hauptdienst-
gebäudes aufgestellt. Die Uhr besitzt einen Sekundenkontakt mit aus-
bleibender Minute und eine Kontakteinrichtung, durch welche mittels
Stöpselschaltung zu beliebigen Stunden und beliebig oft ein Kontakt her-
gestellt und der Uhrvergleichungsapparat in Gang gesetzt werden kann.
Die Uhr ist sympathetisch mit Strasser und Rhode 170 verbunden und
hat seit ihrer Aufstellung den automatischen Uhrvergleichungsapparat
täglich viermal (6 Uhr morgens, 12 Uhr mittags, 6 Uhr abends, 12 Uhr
nachts) regelmäßig ausgelöst.
Bei der Abnahme der luftdichten Pendeluhr Bröcking 864 auf der
alten Sternwarte zeigte sich an dem einen Ende des Glaszylinders ein
kleiner Sprung, auf dessen Vorhandensein der in den letzten Jahren nicht
5*
56 Sternwarte.
genügende Luftabschluß des Zylinders zurückzuführen sein dürfte. Vor
der Wiederaufstellung der Uhr in Bergedorf wurde deshalb ein neuer Glas-
zylinder von 1.37 m Länge und 25 cm innerem Durchmesser beschafft, der
von den v. Poncet-Glashütten Ende des Jahres in guter Qualität geliefert
wurde. Die sogleich angestellten Dichtungsversuche des Zylinders gegen
die beiden Abschlußplatten aus Messing ergaben mit dem bei unserer luft-
dichten Pendeluhr Tiede 375 bisher immer benutzten Dichtungsmittel von
1 Teil Vaselin und 1 Teil Bienenwachs ein gutes Resultat, so daß die
Pendeluhr Bröcking 864 in nächster Zeit im Hauptuhrenraum in Bergedorf
wieder aufgestellt werden kann. ;
GC. Meteorologische Instrumente.
Für die neu eingerichtete meteorologische Station der Sternwarte
wurde im Laufe des Berichtsjahres eine größere Anzahl von Registrier-
apparaten erworben, über die im Abschnitt IX näheres angegeben ist.
IV. Bibliothek.
Die Bibliothek der Sternwarte hat im Berichtsjahre eine Zunahme
von 569 Bänden erfahren; von diesen gingen 282 der Sternwarte als
Geschenk zu. Die Geber, denen an dieser Stelle der verbindlichste Dank
abgestattet werden möge, waren die Sternwarten, meteorologischen und
geophysikalischen Institute usw. in Abbadia, Allegheny, Arcetri, Athen,
Berlin, Besancon, Bologna, Bordeaux, Brüssel, Cambridge (Engl.), Cam-
bridge (Mass.), Catania, Columbia, Dorpat, Edinburgh, Flagstaff, Genf,
Göttingen (Geophysikalisches Institut), Greenwich, Groningen, Hamburg
(Seewarte), Heidelberg, Hem, Johannesburg, Kapstadt, Kiel, Kodaikanal,
Kristiania, London (Solar Physics Observatory , South Kensington),
Lund, Madras, Mailand, Manila, Melbourne (Bureau of Meteorology),
Mount Hamilton, Mount Wilson, München, Neuchatel, New Haven,
New York, Ona, Ottawa, Oxford (University Observatory), Palermo, Paris
(Observatoire National), Pola, Potsdam (Astrophysikalisches Observa-
torium), Potsdam (Geodätisches Institut), Prag, Pulkowo, Rom (Collegio
Romano), Stonyhurst, Tacubaya, Tokio, Tortosa, Toulouse, Triest, Turin,
Uppsala, Washington (Naval Observatory), Wien (K.K. Sternwarte), Wien
(v. Kuffnersche Sternwarte), Williams Bay, Zürich; das Astronomische
Rechen-Institut in Berlin, das Bureau des Longitudes in Paris, das U. 8.
Nautical Almanac Office in Washington, die Schriftleitung der Astrono-
mischen Nachrichten in Kiel, das Zentralbureau der Internationalen Erd-
messung in Potsdam, die Kgl. Preußische Landesaufnahme, das K. K.
Gradmessungsbureau in Wien, die Schweizerische Geodätische Kommis-
Sternwarte. DT
sion, die Coast and Geodetic Survey of the U. S. of America, die Com-
mission Meteorologique in Toulouse, die Akademien der Wissenschaften
in Göttingen, Leipzig, Stockholm und Wien, die Russische Spitzbergen-
Expedition, die Royal Astronomical Society und die British Astronomical
Association in London, die Russische Astronomische Gesellschaft in
St. Petersburg, die Societä degli Spettroscopisti Italiani, die Societe
d’Astronomie zu Antwerpen, die Astronomical Society of the Pacific in
San Francisco, die Smithsonian Institution in Washington, die Mathe-
matische Gesellschaft, die Stadtbibliothek, das Vermessungsbureau, das
Handelsstatistische Bureau und das Statistische Bureau der Steuerdepu-
tation in Hamburg und viele Private.
Am Ende des Berichtsjahres umfaßte die Bibliothek 13 108 Bände.
V. Veröffentlichungen.
Von den „Astronomischen Abhandlungen der Hamburger Sternwarte
in Bergedorf“ erschien Nr. 1 von Band II:
Beiträge zur physischen Untersuchung der großen Planeten.
1. Beobachtungen und Zeichnungen des Planeten Mars während der Oppo-
sitionen 1901 und 1909, ausgeführt am 12-zölligen Refraktor der Urania-
Sternwarte in Berlin und am 914-zölligen Äquatorial der Hamburger
Sternwarte in Bergedorf von Dr. K. Graf.
Die von Dr. Graff am Äquatorial erhaltenen Kometenbeobachtun-
gen wurden zum größten Teile in Band 184 der „Astronomischen Nach-
richten‘ veröffentlicht. Der von der Sternwarte herausgegebene „Ham-
burgische Normalkalender für 1911“ erschien im Monat Juli.
VI. Beobachtungen.
A. 26cm-Äquatorial.
Der Beobachtungsdienst am Äquatorial war auf Dr. Graff und
Mag. Thiele derart verteilt, daß auf jeden Beobachter drei Tage in
der Woche entfielen. Dr. Graff beobachtete an 82, Mag. Thiele an
68 Abenden; unter diesen 150 Abenden sind aber viele, die Störungen
durch Regen, Wolken oder Nebel aufweisen.
Zu absoluten Messungen ist das Instrument nach den Erfahrungen
des Vorjahres nicht benutzt worden. Die Beobachter widmeten sich fast
ausschließlich Anschlußmessungen, hauptsächlich von Kometen, kleinen
Planeten und veränderlichen Sternen.
Über die erhaltenen Anschlußbeobachtungen gibt die folgende Über-
sicht Aufschluß:
a
58 Sternwarte.
Objekt Ben Dauer Objekt Beo. Anzahl der
‚Anschlüsse Anschlüsse
Komet Halley ....... G 38 (216) Kleopamar =. 4 10
Be 7 A es m 1
Komet 1909e ....... G | 1 (233) Asterope ...... AN 1
a A 1 2.00) Anahttaee AZ 1
Komet 19103 22.2... G2 200 (SOON. InaR ee 1 |
a al 7722» 1972) Palma meer ii 2
Komet 1910 +... Ge =S31 (376) Geometria ..... Al 1
PN Ser. | 9 | 06 (388) Charybdis ..... e) 3
Komet 1910 ei. 2.2. G | 6 EA I A: 2
ee ee T 2 (216) Valıcanay are G 1
RS? ee | G Vo Er ee ee Zr ab 1
ET m L. Kasarprih G 2
isn ee | DI EN m 1
EN HE T| 1 (471) ae ERDE: 8
(43) An Adaeacren (+ ZA m 1
(51) Nemausa....... T' 2 (500) Seine re. Be 7 1
KEDNIODE. urn. e! 2 (09) Jolandar. =n23 ib 1
(82) Alkmene ...... IS BED) IOETTA Al 2
(91) Aepına%.. . u. 4% I G 2 (054) Zelindar 0% ! 1
(95), Arethusat 27 2. . | T 1 (bYA)iRachele er 23: ee 6
(IS) Peithow.2.....%.. GG Ivad DAR pp 1
ser 2 1 (1910 KU) Interamnia | G | 2
(aß) Velledarnst.... 02% G | 2 25 | 1
SER SER EN Al l Veränderliche 2.221 Go sz3
(134) Sonlrisy Nee T 2 Rixsterne 2.200008 X u
(165) Loreley....:... P Be En N. Tot
aaa): Geule N |
Im ganzen sind also 107 Messungen von Kometen, 71 von kleinen
Planeten und 27 von Fixsternen ausgeführt worden.
Planeten wurden Jupiter
physische Eigentümlichkeiten dauernd überwacht, doch sind die Ergeb-
nisse infolge der ungünstigen Witterungsverhältnisse nur gering. Da-
gegen gelang Dr. Graff die Anfertigung einer Reihe detailreicher Skizzen
der helleren Kometen (insbesondere der Kometen 1910a, Halley und
1910 b). des Zodiakallichtes und der Milchstraße, die nach zusammen-
hängender Bearbeitung an geeigneter Stelle veröffentlicht werden sollen.
Außerdem führte Mag. Thiele eine vollständige neue Untersuchung der
und besonders
Saturn von Dr.
Von den großen
Graf a
Sternwarte. 59
alten Mikrometerschraube aus. Die Aufstellungsfehler des Instruments
wurden zweimal, der Revolutionswert der Schraube viermal bestimmt.
B. 1l1em-Passageninstrument.
Dieses Instrument ist das älteste der Sternwarte. Es wurde von
J. G. Repsold im Jahre 1829 erbaut und dann als sein Privateigentum
auf der damaligen neuen Hamburger Sternwarte am Millerntor in Hamburg
aufgestellt. Nach Repsolds Tode ging es in den Besitz der Sternwarte
über. Das Instrument ist fast acht Jahrzehnte hindurch in ununter-
brochenem Gebrauch gewesen und ist auch jetzt noch durchaus leistungs-
fähig. Sein Obiektiv von 110 mm Öffnung und 1630 mm Brennweite ist
sehr gut, es rührt wahrscheinlich von Utzschneider und Fraunhofer her,
doch ist keine Firmenbezeichnung auf der Fassung angegeben. Ehe das
Instrument in Bergedorf wieder aufgestellt wurde, ist es in allen Teilen
neu aufgearbeitet worden. Das Objektiv wurde von ©. A. Steinheil Söhne
aufpoliert, wodurch die im Laufe der Zeit aufgetretenen Oxydationsflecke
beseitigt sind. A. Repsold & Söhne lieferten einen neuen Okularkopf mit
unpersönlichem Mikrometer, neue Achsenlager aus Gußeisen, ein neues
Hängeniveau, zwei neue Niveaux am Kubus, elektrische Beleuchtungsein-
richtung, neue Teilung der Einstellkreise und neue Achsen-Zapfen, und
versahen den Kubus mit einer Durchbohrung. In der Werk-
statt der Sternwarte wurde das Fernrohr und die Achse neu
aufgearbeitet und lackiert, die elektrische Stromzuführung für
Mikrometer und Beleuchtung derart eingerichtet, daß alle Zuführun-
gen isoliert erfolgen und das Instrument nicht als Rückleitung
dient, und außerdem eine Einrichtung für die Beleuchtung bei Nadirein-
stellung angefertigt. Die elektrische Beleuchtung des Instruments erfolgt
mittels kleiner 4-voltiger Glühlampen, für welche der Strom einem
2-zelligen Akkumulator entnommen wird. Wir verwenden hier ausschließ-
lich kleine Osramlampen, die sich sehr bewährt haben; dieselben bedürfen
nur einer Stromstärke von 0.4 A, während die sonst gebrauchten kleinen
4-voltigen Kohlenlampen einen Strom von 1.2 A verlangen. Infolgedessen
ist es auch bei einer geringen Dimensionierung der Akkumulatoren mög-
lich, mehrere Lampen gleichzeitig zu brennen, und andererseits ist auch
die Dauer der Leistung der Akkumulatoren eine größere.
Das Instrument wurde, nachdem das neue Passagen-Gebäude auf
dem Nordterrain der Sternwarte fertiggestellt war, Anfang Mai aufge-
stellt und justiert und von dieser Zeit an zu regelmäßigen Zeitbestimmun-
gen benutzt. Die Zeitbestimmungen und die Bestimmungen der Instru-
mentalkonstanten wurden anfangs abwechselnd von Dr. Kohlschütter
und Dr. Dolberg, dann von letzterem allein ausgeführt. Im Laufe des
Monats November wurden mehrere Fäden des Netzes schlaff. Der
60 Sternwarte.
Okularkopf wurde abgenommen und das Fadennetz von A. Repsold &
Söhne durch ein neues ersetzt.
©. Photographische Aufnahmen von Kometen.
Beim Erscheinen des hellen Januar-Kometen 1910 a wurde die bei den
Sonnenfinsternis-Expeditionen der Sternwarte benutzte Polarachse in der
Hütte für transportable Instrumente aufgestellt und mit dem Voigtländer-
schen 6-Zöller und dem Voigtländerschen 5-zölligen Triplet ausgerüstet.
Mit diesen Instrumenten führte Dr. Schwaßmann einige Aufnahmen
dieses Kometen am 23. und 29. Januar und am 10. Februar aus.
Mit den gleichen Instrumenten wurden auch von dem Halleyscher
Kometen eine Reihe von Aufnahmen am 10. und 28. Februar, am 22., 23.,
24., 25., 26. und 30. Mai sowie am 6. Juni erhalten. Von dem von Pidoux
vermuteten kometenartigen Objekt zeigte eine reichlich ?/4stündige Auf-
nahme der in Frage kommenden Himmelsgegend am 28. Februar keinerlei
Spur.
D. 12 em-Kometensucher von Reinfelder & Hertel.
An diesem Instrument führte Dr. Graff eine größere Anzahl von
Revisionsbeobachtungen von Veränderlichen, namentlich solcher vom
Algoltypus, und Mag. Thiele Helligkeitsschätzungen einiger Nebel aus.
E. Polarisationsbeobachtungen des reflektierten
Himmelslichtes.
Im Anschluß an die vom Physikalischen Staatslaboratorium in
Hamburg getroffene Organisation zur regelmäßigen Verfolgung dieser
Erscheinungen wurden von Dr. Schwallmann an folgenden Tagen Beob-
achtungen bei Sonnenaufgang bezw. Sonnenuntergang angestellt: April
10, Mai 16, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25 und Oktober 7, 8, 14.16, 122
VII. Neureduktion der Hamburger Sternkataloge.
An der Fortführung der Reduktionsarbeiten der Rümkerschen Meri-
diankreisbeobachtungen der Jahre 1836-1856 beteiligten sich außer
Dr. Schwaßmann und Mag. Thiele im ersten Vierteljahr noch Dr. Graff
und Dr. Kohlschütter. Außerhalb der Sternwarte leisteten die Herren
Hildebrand, Lengning, Reuter und Schwaßmann sen. wieder schätzens-
werte Hilfe. Nachdem im vorigen Jahre die Berechnung der
definitiven Deklinationswerte der Rümkerschen Beobachtungen durch-
geführt war. bestand der Hauptteil der diesjährigen Reduktions-
arbeiten in der Ableitung der definitiven Rektaszensionswerte.
Sternwarte. 61
Zuvor mußte aber noch die im Vorjahre unerledigt gebliebene
kritische Bearbeitung der Reduktionselemente für die letzten Rümker-
schen Beobachtungsiahre 1852—1856 erfolgen. Die Ableitung der rund
60000 Rektaszensionswerte konnte dann bis zum Herbst des Berichts-
jahres erledigt werden, so daß nunmehr die definitiven Rektaszensionen
und Deklinationen aller einzelnen Beobachtungen fertig vorliegen. Die
Herstellung des neuen Generalkatalogs für die Katalogepoche 1845.0 wird
infolge der großen Anzahl der Beobachtungen allerdings noch längere
Zeit in Anspruch nehmen. Zu ihrer Vorbereitung wurde im Berichtsjahre
ein Zettelkatalog für insgesamt 13 600 Sterne angelegt. Am Kopfe jedes
Zettels ist neben der Sternnummer des alten Rümkerschen Katalogs die
Identifizierung des Sterns mit der B.D. und, soweit der Stern in A.G.
vorkommt, die auf 1845.0 übertragene Position aus dem A.G.-Kataloge
einschließlich der für 1845 geltenden Präzessionswerte aufgeschrieben.
Bei der Übertragung der einzelnen Beobachtungen aus dem Zonenjournal
auf diese Sternzettel wird zugleich die Reduktion auf 1845.0 mit aus-
geführt, und im Zonenjournal werden die Differenzen der abgeleiteten
Rektaszensionen bezw. Deklinationen gegen die Positionen der A.G.-
Kataloge fortlaufend untereinander eingetragen, wodurch eine durch-
greifende Kontrolle der ganzen Reduktion und eine Übersicht über die
Genauigkeit der für jeden Beobachtungsabend benutzten Reduktions-
srößen gewonnen wird. Mit der Herstellung des Zettelkatalogs konnte
bereits Anfang Dezember begonnen werden, und kann daher seine Fertig-
stellung für das Jahr 1911 in Aussicht gestellt werden.
VIII. Zeitdienst.
Der Zeitdienst der Sternwarte wurde während des Berichtsjahres
fast ganz noch von Hamburg aus ausgeführt, da die für die Verlegung des
Zeitdienstes nach Bergedorf erforderlichen umfangreichen Einrichtungen
auch während dieses Jahres noch nicht vollkommen fertiggestellt werden
konnten. Über die einzelnen Zweige des Zeitdienstes während des Jahres
1910 ist folgendes zu berichten.
1. Zeitbälle in Cuxhaven und Bremerhaven.
Die tägliche telegraphische Vergleichung der auf den beiden Reichs-
zeitballstationen in Cuxhaven und Bremerhaven aufgestellten Pendel-
uhren Tiede 420 und 425 wurde in der bisherigen Weise fortgeführt. Von
den 730 Zeitballsignalen in Cuxhaven konnten 3 wegen Versagens der
Auslösevorrichtung nicht erteilt werden; am 7. Mai um 12 Uhr ist der
Zeitball infolge Versehens des Ouxhavener Beamten zu früh gefallen.
Am 29. September um 1 Uhr erfolgte das Zeitsignal wegen Bruchs des
62 Sternwarte.
Kammrades um 2 Minuten zu früh und am 23. November um 12 Uhr um
3 Sekunden zu spät, weil die Schere sich klemmte. Die übrigen 724 Signale
erfolgten richtig und ordnungsgemäß. Das Mittel der Abweichungen der.
erteilten Signale — dieselben werden bei allen Reichszeitballstationen
auf die halbe Sekunde abgerundet — betrug 0.20 Sekunden. In Bremer-
haven fiel der Zeitball 1 mal nicht wegen Störung in der Zeitballanlage
und 3 mal nicht wegen Leitungsstörungen. Die übrigen 726 Signale
fanden richtig und ordnungsgemäß statt; das Mittel ihrer Abweichungen
betrug 0.23 Sekunden.
2. Zeitballin Hamburg (Kaispeicher A).
Die tägliche Auslösung des auf dem Turm des Kaispeichers A im
Hamburger Hafen aufgestellten Zeitballs wurde von der Pendeluhr
Strasser und Rhode 296 selbsttätig ausgeführt. Von den 365 Signalen
des Zeitballs erfolgten 359 richtig; am 23. Januar, 26. Mai und
28. November wurden wegen Störungen in den mechanischen Einrich-
tungen des Zeitballs keine Signale erteilt. Am 17. Februar fiel der Ball
wegen Leitungsstörung um 2 Minuten zu spät und am 30. Mai und 9. Juni.
erfolgte das Signal wegen Versagens des Auslösemechanismus unrichtig;
in diesen Fällen wurde stets der Störungsball aufgezogen. Die mittlere
Abweichung der erteilten Signale von der richtigen Greenwich-Zeit betrug
0.18 Sekunden.
3. Telegraphische Zeitübertragungs nach Horız
(Azoren).
Die an jedem Montag morgens 9 Uhr stattfindende telegraphische
Vergleichung der auf der Station der Deutsch-Atlantischen Telegraphen-
gesellschaft in Horta (Azoren) aufgestellten Pendeluhr Bröcking 1406
wurde in der bisherigen Weise fortgeführt. Von 52 Uhrvergleichungen
erfolgten 48 ordnungsgemäß. Die Uhrvergleichungen vom 3. Januar und
5. Dezember mußten wegen Leitungsstörungen, die Vergleichung vom
23. Mai, weil das Uhrenrelais in Horta versagte, und die Vergleichung vom
29. August wegen Verlegungsarbeiten im Telegraphenamt Emden aus-
fallen. Die durch die Beamten der Telegraphenstation in Horta aus-
geführten täglichen Thermometer- und Barometerablesungen wurden der
Sternwarte vierteljährlich übermittelt.
4. Telegraphische Zeitsignale nach Vigo, Monrovia
(Liberia) und Teneriffa.
Am 2..3..5. und 8. März wurden durch Vermittlung der Kabelstation
Emden telegraphische Zeitsignale für die Schulschiffe „Hertha“ und
„Freya“ nach Vigo in Spanien, am 12. und 13. Juni für S. M. S. „Eber“
2
nach Monrovia, am 19. November für den Dampfer ..Bavaria“ der Ham-
burg-Amerika-Linie nach Vigo, am 6. und 7. Dezember nach Monrovia
und am 31. Dezember nach Teneriffa für S. M. S. ..Eber" abgegeben.
Sternwarte. 63
-
5. Öffentliche Normaluhren der Sternwartein
Hamburg.
Die zur genauen öffentlichen Zeitangabe dienende elektrisch-sympa-
thetische Normaluhr an der Fassade des Börsengebäudes war, abgesehen
von kurzen vorübergehenden Störungen. in dauernder Übereinstimmung
mit der ihren Gang regelnden Pendeluhr der Sternwarte Strasser und
Rohde 296. In der Zeit vom 8. bis zum 18. Oktober traten häufige Leitungs-
störungen auf, die den sympathetischen Gang der Börsenuhr zeitweilig
beeinträchtigten; kleinere durch Leitungsstörungen und durch raschen
Batterieabfall verursachte Abweichungen bis zu 1.5 Sekunden traten in
den Morgenstunden des 25. April, 5. Juli und 20. August ein.
Die gleichfalls elektrisch-sympathetisch betriebene öffentliche
Pendeluhr Bofenschen am Eingang zum Ostflügel der Sternwarte zeigte,
abgesehen von kurzen kleinen Störungen, dauernd die genaue mittel-
europäische Zeit innerhalb einer Sekunde richtig an.
6. Normaluhr und Lichtzeitsignale auf
Kuhwärder.
Die in einem besonderen Uhrenhäuschen am Reiherdamm neben der
elektrischen Zentrale auf Kuhwärder aufgestellte Normaluhr, welche alle
6 Stunden das auf dem Turm der elektrischen Zentrale angebrachte Licht-
zeitsignal auf die Dauer von 5 Minuten 0.0 Sekunden selbsttätig ein- und
ausschaltet und in dauernder elektrisch-sympathetischer Verbindung mit
der Pendeluhr Strasser und Rohde 296 auf der Sternwarte steht, zeigte in
den Morgenstunden des 10. April und in den Abendstunden des 28. Juni
durch Leitungsstörung und raschen Batterieabfall Abweichungen von der
genauen mitteleuropäischen Zeit bis zu 2 Sekunden. Wegen Durch-
brennens der Sicherung des elektrischen Aufzugs blieb die Uhr in den
Abendstunden des 20. Januar und in den Morgenstunden des 30. Januar
stehen; am 29. Juni war die elektrisch-sympathetische Verbindung eine
"Stunde lang zwecks Prüfung und Regulierung des Ganges der Uhr auf-
gehoben. Im übrigen befand sich die Uhr in dauernder Übereinstimmung
mit der ihren Gang regelnden Hauptuhr der Sternwarte.
Von den vorgeschriebenen 1460 Lichtzeitsignalen erfolgten nach
Ausweis des Betriebsjournals, welches von seiten des Aufsichtspersonals
der elektrischen Zentrale über die Regelmäßigkeit des Ein- und Aüs-
schaltens der Zeitsignallampen auf Kuhwärder geführt wird, 1441 richtig;
am 20. und 21. Januar unterblieben 4 Signale und am 30. und 31. Januar
64 Sternwarte.
7 Signale, weil die Uhr, wie eben erwähnt, stehen geblieben war. Am
28. und 29. Juni brannten die Signallampen 8 mal nicht wegen Durch-
brennens der Starkstromsicherungen.
7. Normaluhr und Lichtzeitsignale an den St Pass
Landungsbrücken.
Die bereits in dem vorjährigen Berichte erwähnte, in dem Flut-
messerturm auf den neuen St. Pauli-Landungsbrücken aufgestellte Nor-
maluhr konnte mit der auf dem Turme eingerichteten Lichtzeitsignal-
anlage am 1. Oktober der Öffentlichkeit übergeben werden. Die im Erd-
geschoß des Turmes aufgestellte Normaluhr, deren Zifferblatt vom Turm-
durchgang aus sichtbar ist, steht in elektrisch-sympathetischer Ver-
bindung mit einer Hauptuhr auf der Sternwarte und zeigt die mittel-
europäische Zeit stets innerhalb einer Sekunde genau an. Das auf dem
Turme eingerichtete Lichtzeitsignal besteht aus elektrischen Glühlampen,
welche in Gruppen von je 3 Lampen oberhalb der Turmuhr zwischen den
S Tragsäulen der Turmkuppel nebeneinander angeordnet sind, derart, daß
das Zeitsignal beim Aufleuchten von allen Seiten sichtbar ist. Dieses
Lichtzeitsignal wird von der Normaluhr täglich 4 mal selbsttätig für die
Dauer von 5 Minuten 0.0 Sekunden ein- und ausgeschaltet, und zwar er-
folgt das Wiederverlöschen der Lampen genau um 6 Uhr morgens, 12 Uhr
mittags, 6 Uhr abends und 12 Uhr nachts mitteleuropäischer Zeit. Die
Turmuhr, deren Minutenzeiger jede halbe Minute ausgelöst werden, steht
mit der Normaluhr in elektrisch-sympathetischer Verbindung und zeigt
innerhalb einer halben Minute genau die mitteleuropäische Zeit an. Die
Normaluhr war seit der Betriebseröffnung bis zum Ende des Jahres in
dauernder Übereinstimmung mit der Hauptuhr der Sternwarte; von den
vorgeschriebenen 368 Lichtzeitsignalen erfolgten 367 richtig, 1 mal ver-
sagte die Auslösevorrichtung.
8. Automatisches telephonisches Zeitsignal.
Die zum Zweck einer automatischen Abgabe ständiger telephoni-
scher Zeitsignale aufgestellte Pendeluhr Bröcking 1930 ist während des
ganzen Berichtsjahres, abgesehen von einer Abweichung im Betrage von
1 Sekunde am 19. Juli, die sofort bemerkt und beseitigt wurde, in dauern-
der Übereinstimmung mit der ihren Gang regelnden Hauptuhr der Stern-
warte geblieben. Ebenso ist die Abgabe der ständigen telephonischen
Zeitsignale in der im vorjährigen Berichte beschriebenen Form, abgesehen
von kleinen gelegentlichen Störungen in den elektrischen Apparaten,
während des ganzen Berichtsjahres ordnungsgemäß erfolgt.
Um die Minutenzahl noch deutlicher erkennbar zu machen, ist beab-
sichtigt, statt der bisherigen Einrichtung, nach welcher in jeder 5. Minute
Sternwarte. 65
(und zwar zu den Minuten 0, 5, 10, 15 usw.) 5 Sekunden nach dem Zeit-
signal ein ungefähr 5 Sekunden lang andauerndes rasselndes Wecker-
geräusch im Hörrohr ertönt, die Minutenzahl selbst und die volle Stunde
unmittelbar nach dem Signal durch ein schnarrendes Weckergeräusch, das
sich aus Tönen von kürzerer und längerer Dauer entsprechend nach-
stehendem Schema zusammensetzt, anzugeben:
Bei jeder Einer-Minute ertönt:
Zweier „ ER
Dreier J, BER ET ET
Vierer „ RE CE
„u GBRUnFer ., er
"u. .nSechser",, re —
„ ÖSlebener,, er @ =
; on Achter . A —
5 Neuner „ I e000o0 =
„ Zehner Br u... 000 m
vollen Stunde
Für die automatische Abgabe dieser neuen Minutenbezeichnung
ist von der Straßburger Turmuhren-Fabrik von J. & A. Ungerer ein
Kontakt- und Schaltuhrwerk angefertigt und Mitte Dezember geliefert
worden. Dasselbe wird in der Hamburger Zeitzentrale aufgestellt werden
und hat neben der automatischen Abgabe der Minutensignale noch eine
größere Reihe von erforderlichen Schaltungen selbsttätig auszuführen.
Über die Einrichtung und Art des Betriebes des Kontaktuhrwerkes wird
im nächsten Berichte noch ausführlicher zu sprechen sein.
9.Sonstige Zeitabgabe in Hamburg.
Der Zentrale der Polizei- und Feuerwachen wurde an jedem Vor-
mittage um 10 Uhr ein telegraphisches Zeitsignal erteilt.
Die Hauptstation für Erdbebenforschung anı Physikalischen Staats-
laboratorium und die Gesellschaft „Normalzeit“ waren durch je eine
direkte elektrische Leitung mit dem Vielfach-Relais der Sternwarte, welches
die Regelung der elektrisch-sympathetischen Uhren besorgt, in Verbindung
gesetzt und erhielten auf diese Weise zu jeder geraden Sekunde einen
Stromschluß zur Vergleichung ihrer Pendeluhren.
IX. Meteorologischer Dienst.
Mit Beginn des Berichtsjahres wurde auf der neuen Sternwarte ein
regelmäßiger meteorologischer Beobachtungsdienst eingerichtet. Derselbe
umfaßt die Beobachtung aller wesentlichen meteorologischen Elemente
66 Sternwarte.
zu den 3 üblichen Tagesterminen. 7 Uhr morgens. 2 Uhr nachmittags
und 9 Uhr abends, und außerdem zu zwei nächtlichen Terminen, 12 Uhr
nachts und 4 Uhr morgens. Die 2 Uhr-Ablesung, mit der zugleich die
Kontrolle und Bedienung der Registrierapparate erfolgt, wurde von Herrn
Messow, die übrigen von dem Unterpersonal der Sternwarte ausgeführt,
das hierfür in den letzten Wochen des vergangenen Jahres besonders an-
gelernt war. Außer den genannten Terminbeobachtungen macht noch in
der Zeit von 6 Uhr abends bis 6 Uhr morgens der Wächter bei
seinen stündlichen Rundgängen regelmäßige Aufzeichnungen über die
Bewölkungsverhältnisse des Himmels. Über die Bewölkung während der
Tagesstunden geben 3 auf dem Dache des Hauptdienstgebäudes aufge-
stellte Sonnenscheinautographen Aufschluß, 2 Apparate nach Gampbell-
Stokes, einer für die Vormittags-, einer für die Nachmittagsstunden, und
1 Apparat nach Jordan. Aus diesem Beobachtungsmaterial ergibt sich
folgende Übersicht der Klarheit bei Tage und bei Nacht:
Sonnenscheindauer und Nachtklarheit in Bergedorf.
Sonnenscheindauer Nachtklarheit
(Apparat Jordan) (Bewölkung 0 —5)
1910 Zahl der klaren Zahl der klaren
Tage | Stunden | Nächte | Stunden
| |
Janyamzerı er ae 23 14 | 68
Februar.......... re 3 ee)
Marz 26.2: dr... Dbar. 148 22 116
April. RE 23 148 18:2 1
May NER 21 214 187187369
Bl RR RER re 05 29 278 Far
A IN ARE Te ZU 24 156 10 32
ABS Sta 0 SR 29 160 LS7mz 3200
September. ....... 28 140 16 112
Oktober 20 108 20 11%
November .....:.- a 44 16 63
Dezember... 2.7 TEE! 13 56
Jahressumme ..... 259 | 1485 186 390
Um die Mitte des Jahres wurden die folgenden meteorologischen
Registrier-Apparate aufgestellt: 1 Aneroid-Barograph (großes Modell) von
Richard, ein Thermograph (großes Modell) von Richard, 1 Hygrograph
von Quast, 1 Niederschlagsschreiber von Negretti & Zambra, 1 Wind-
Sternwarte. 67
geschwindigkeitsschreiber von Richard und 1 Windrichtungsschreiber von
Ruhstrat; die 5 letzten Apparate haben eintägige, der Barograph sieben-
tägige Gangdaner. Durch die Aufzeichnungen dieser Instrumente wird es
der Sternwarte möglich sein, über alle wichtigeren meteorologischen
Elemente dauernd Aufschluß zu erhalten.
Die Führung der meteorologischen Tabellen hat im Berichtsjahre
Herr Messow ausgeführt; ihre Veröffentlichung als Beiheft zum „Jahr-
buch der Hamburgischen Wissenschaftlichen Anstalten“ ist für die nächste
Zeit in Aussicht genommen.
Auf der alten Sternwarte in Hamburg wurden die Ablesungen der
meteorologischen Instrumente in der bisherigen Weise um 9 Uhr morgens
und 6 Uhr abends noch bis zum Schlusse des Berichtsiahres fortgeführt
und täglich in den „Hamburger Nachrichten“ veröffentlicht. Die lang-
jährige Reihe von meteorologischen Beobachtungen an dieser Stelle ge-
langte damit zwn Abschluß.
X. Vorlesungen.
Es wurden im Rahmen des Allgemeinen Vorlesungswesens die nach-
stehenden Vorlesungen abgehalten:
Sommersemester 1910:
Dr. K.Graff: Allgemeine Astronomie, 11. Teil.
Dr. F. Dolberg: Theorie der Figur der Himmelskörper (ein vier-
semestriger Zyklus), I. Teil: Theorie des Potentials und der Kugel-
funktionen.
Wintersemester 1910/11:
Dr. A. Schwaßmann: Die Methoden der Bahnbestimmung von
Kometen.
Dr. K. Graff: Allgemeine Astronomie, III. Teil.
Dr. F. Dolberg: Theorie der Figur der Himmelskörper, II. Teil:
Theorie der Gleichgewichtsfiguren.
Dr. A. Kohlschütter: Mathematische Geographie.
68 Physikalisches Staatslaboratorium.
d. Physikalisches Staatslaboratorium.
Bericht über das Jahr 1910
vom
Direktor Prof. Dr. A. Voller.
Aus der in gewohnter Weise fortgesetzten Arbeit des Institutes sei
folgendes erwähnt:
I. Die wissenschaftliche Tätigkeit und die öffentlichen
Vorlesungen.
1. Der Direktor beendete an den Freitagabenden in der Zeit zwischen
Ostern und Pfingsten seine Wintervorlesungen über die wichtigeren
praktischen Anwendungen der Elektrizität. Im Winter 1910/11
behandelte er dann eingehender die Lehre von den elektrischen
Strahlungen, deren Studium zu einer tiefgreifenden Weiterbildung
wichtiger physikalischer Grundanschauungen geführt hat. Es wurde
das gesamte Gebiet dieser Vorgänge einschließlich der Erscheinungen
der Radioaktivität und der luftelektrischen Vorgänge auf der Grund-
lage der Lehre von den Ionen und Elektronen besprochen.
2. Professor Classen hielt im Sommersemester eine Vorlesung über
Experimentalphysik, I. Teil (Mechanik), Montags und Donnerstags
von 2—3, und im Anschluß hieran Sonnabends von 1—3 physika-
lisches Praktikum. Diese Vorlesung und Praktikum waren besonders
für Lehrerinnen, die sich auf das Oberlehrerinnenexamen vorbereiten,
bestimmt.
Während der großen Universitätsferien fand außerdem im August
und September unter seiner Leitung, wie in den früheren Jahren,
täglich ein allgemeines Praktikum statt, an dem mehrere in den
Ferien hier weilende Studenten teilnahmen.
Im Wintersemester wurde die Vorlesung über Experimental-
physik II. Teil (Akustik und Optik), fortgesetzt, nebst dem dazu
gehörigen Praktikum.
An acht Dienstagabenden wurde außerdem eine Vorlesung über
„Physik im täglichen Leben“ gehalten. Behandelt wurden folgende
Gegenstände:
Physikalisches Staatslaboratorium. 69
a) Die Erscheinungen des Kochens, Siedens, Dampfspannung, Ober-
flächenspannung.
b) Luftfeuchtigkeit.
c) Luft in geheizten Räumen, Grundzüge der Heizungstechnik.
d) Unsere künstlichen Lichtquellen.
e) Unsere Zeitrechnung, die Achsendrehung und die Konstitution
der Erde.
f) Ursachen der Harmonie der Töne.
g) Übersicht über die Farbenempfindungen.
h) Atmosphärische Elektrizität.
An Veröffentlichungen erschienen von ihm: im Verlage des
Keplerbundes ein Sonderheft über „Das Entropiegesetz“ und in der
Zeitschrift für physikalischen Unterricht ein Aufsatz über „Das
Relativitätsprinzip“.
. Professor Walter hielt im Wintersemester an vier Abenden seine
in erster Linie für Ärzte bestimmten Vorlesungen über Röntgenstrahlen
und Röntgenapparate.
Er veröffentlichte folgende Abhandlungen:
a) Über die physikalischen Grundlagen der Diathermie (Münchener
medizinische Wochenschrift, Jahrgang 1910).
b) Über den Schutz des Untersuchers gegen sekundäre Röntgen-
strahlungen (Verhandlungen der Deutschen Röntgen-Gesellschaft,
Band 6).
€) Über Doppelaufnahmen von Blitzen mit einer stehenden und
einer bewegten photographischen Kamera (Jahrbuch der Hamb.
Wissensch. Anstalten, Band 27).
Außerdem lieferte er wie in den Vorjahren zahlreiche Berichte
über physikalische Arbeiten für die in Hamburg erscheinende Zeit-
schrift „Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen“.
. Die angekündigten Vorlesungen des Herrn Dr. Jensen mußten wegen
vorübergehender Erkrankung ausfallen. Die Propagandatätigkeit zur
Durchführung einer internationalen Beteiligung an den Forschungen
auf dem Gebiete der atmosphärischen Optik, über die in der vorher-
gehenden Jahresübersicht berichtet worden ist, wurde mit Erfolg
fortgesetzt. Abgesehen von kleineren Publikationen und einer größeren,
jetzt vor dem Abschluß stehenden Monographie über atmosphärische
Polarisationserscheinungen, die weitergeführt wurde, erstreckte sich
Dr. Jensens Tätigkeit auf kleinere experimentelle Untersuchungen
und auf fortlaufende Beobachtungen der neutralen Punkte der Atmo-
sphäre.
. Dr.-Ing. Voege sprach an vier Freitagabenden über „Die verschiedenen
Beleuchtungsarten in hygienischer Beziehung“. Nach einer einleitenden
6
70 Physikalisches Staatslaboratorium.
Übersicht über die Tageslichtbeleuchtung und ihre Ausnutzbarkeit
wurden die vom Standpunkte der Hygiene an eine künstliche Innen-
beleuchtung zu stellenden Forderungen näher behandelt.
Es wurde ausgeführt, inwieweit unsere modernen Beleuchtungs-
arten diesen Forderungen entsprechen und im Anschluß hieran an
Beispielen gezeigt, wie die Beleuchtung von Innenräumen passend
zu gestalten ist. -
Er gab im Berichtsjahre eine bei Jul. Springer in Berlin erschienene
Abhandiung „Die ultravioletten Strahlen der modernen künstlichen
Lichtquellen und ihre angebliche Gefahr für das Auge“ heraus und
beschrieb in der Zeitschrift für wissenschaftliche Photographie „Ein
neues Verfahren zur Bestimmung der Farbe und der Strahlungs-
eigenschaften künstlicher Lichtquellen“. — Derselbe nahm ferner im
Laufe des Winters an den Arbeiten der Lichtmeßkommission des
Verbandes Deutscher Elektrotechniker in Berlin teil.
II. Die amtliche Prüfungstätigkeit.
Die Inanspruchnahme des Laboratoriums zu amtlichen Prüfungen,
die außer von dem Direktor, Prof. Classen und Prof. Walter namentlich von
Dr. Voege und den Beamten des Elektrischen Prüfamtes ausgeführt wurden,
ist im Berichtsjahre weiter gewachsen. Insbesondere hat die Prüfungs-
tätigkeit auf dem Gebiete der Hochspannungsmessung und der Photometrie
einen so großen Umfang und eine solche Bedeutung angenommen, daß
die Prüfungseinrichtungen des Laboratoriums den Anforderungen der fort-
geschrittenen Technik nicht mehr genügten und eine Erweiterung des
Photometerzimmers und die Beschaffung einer Hochspannungsprüfanlage
für 100000 Volt und eine Leistung von 10000 Volt-Amp. erforderlich wurde.
Die Arbeiten an diesen Neueinrichtungen wurden im letzten Viertel des
Jahres 1910 wesentlich gefördert, sind aber erst im Jahre 1911 fertig-
gestellt worden.
Es wurden folgende Untersuchungen ausgeführt:
I. Im allgemeinen Laboratorium.
a) Photometrische Messungen.
Es wurden Lichtstärke und Verbrauch bestimmt
von 100 elektrischen Lampen, .
„ 95 Gaslampen.
Ferner wurden 6 Proben von Zusätzen zum Petroleum zur Er-
höhung der Leuchtkraft untersucht.
b) Prüfung galvanischer Elemente und elektrischer Hand- und
Taschenlampen.
Physikalisches Staatslaboratorium. Zi
Geprüft wurden:
26 Elemente,
47 elektrische Hand- und Taschenlampen.
ec) Prüfung von Apparaten für die Röntgentechnik.
Es wurden untersucht: 91 Härteskalen.
d) Hochspannungsmessungen.
Untersucht wurden:
17 Proben Transformatorenöl,
232100.) fester Isoliermaterialien,
20 Gummibleiplatten.
1 Hochspannungsschalter,
1 elektrisches Hochspannungskabel,
30 Kondensatoren,
2 Proben isolierter Doppeladerschnur.
e) Verschiedene Untersuchungen.
Es wurden 347 Thermometer und 3 Aräometer geprüft und ein
Elektromotor eingehend untersucht.
Ferner wurde eine größere Zahl von Lösungen und Salben auf
Durchlässigkeit von ultraviolettem Licht geprüft, ebenso eine Anzahl
Proben von Erzen, Lösungen usw. auf ihr radioaktives Verhalten.
1I. Im Elektrischen Prüfamt
wurden 443 Elektrizitätszähler geprüft und 78 anderweitige Untersuchungen
ausgeführt.
Von den 443 Elektrizitätszählern betrafen
150 Fälle in hamburgischen Staatsgebäuden installierte Zähler,
37
113
34
38
16
20
an hamburgische Staatsbetriebe angeschlossene Zähler,
von auswärtigen Elektrizitätswerken beantragte Prüfungen,
von hiesigen -Blockstationen beantragte Prüfungen,
von hiesigen Zählerlieferanten beantragte Prüfungen,
von der Hamburgischen Straßenbahngesellschaft eingelieferte
Straßenbahnzäller,
von den Hamburgischen Elektrizitätswerken eingelieferte
Straßenbahnzähler,
an das Hamburgische Elektrizitätswerk angeschlossene Zähler
von Privatkonsumenten.
Die 78 sonstigen Untersuchungen erstreckten sich auf die Prüfung
von Strom- und Spannungsmessern (in 23 Fällen), auf die Einstellung von
automatischen Maximalausschaltern (53), die Untersuchung von Schmelz-
sicherungen (1) und auf die Feststellung des Stromverbrauchs einer
größeren Anlage.
Außerdem wurden auf Veranlassung der Baudeputation regelmäßige
22 Physikalisches Staatslaboratorium.
monatliche Zählerablesungen vorgenommen (im Commerzhof und Artushof),
auch wurden die Staatseigentumzähler instand gehalten.
Im Oktober 1910 wurde durch Bekanntmachung des Herrn Reichs-
kanzlers das hamburgische Elektrische Prüfamt als solche Anstalt be-
zeichnet, bei der die Prüfung von Beleuchtungsmitteln im Sinne des
Leuchtmittelsteuergesetzes erfolgen kann. Einige Untersuchungen dieser
Art haben stattgefunden.
Insgesamt wurden im Laboratorium 143 Prüfscheine über größere
Untersuchungen, 347 Prüfscheine für Thermometer und 91 für Härte-
skalen ausgestellt. Im Elektrischen Prüfamt fanden 521 Untersuchungen
statt. Insgesamt sind somit 1102 amtliche Prüfungen ausgeführt worden.
Die für diese Prüfungen berechneten Gebühren betrugen:
im allgemeinen Laboratorium......... M 3 203,55
im. Elektrischen Prütfamt. 22.2 2.22.0% „2018.08
zus. M 9 019,30.
Hiervon wurden M 2505,40 nicht erhoben, da sie Untersuchungen
für hamburgische Behörden betrafen.
Auserdem sind in 6 Fällen Gutachten an hamburgische Behörden
erstattet worden.
Die Benutzung der Bibliothek und der Instrumentensammlungen
unseres Institutes seitens der physikalischen Kreise unserer Stadt hat
weiter zugenommen. Es wurden 423 Bücher und Zeitschriften sowie in
73 Fällen Instrumente ausgeliehen.
——
Chemisches Staatslaboratorium.
=:
©»
6. Ghemisches Staatslaboratorium.
Bericht für das Jahr 1910
von
Professor Dr. F. Voigtländer.
Herr Professor Dr. M. Dennstedt ist am 31. Dezember 1910, nach-
dem er fast 18 Jahre dem Chemischen Staatslaboratorium als Direktor
vorgestanden hat, aus Gesundheitsrücksichten in den Ruhestand getreten.
Dem Berichterstatter ist bis auf weiteres die Leitung des Instituts über-
tragen worden.
Als wissenschaftliche Hilfsarbeiter traten in das Institut die Herren
Dr. Luchmann, Dr. Schenk, Dr. Engelbrecht und Dr. Mahler ein, von denen
die Herren Dr. Zuchmann und Dr. Enngelbrecht sehr bald wieder in die
Technik zurückkehrten.
Außer den von den Dozenten des Chemischen Staatslaboratoriums
gehaltenen öffentlichen Vorlesungen und Vorträgen wurde auf Ansuchen
auswärtiger Gesellschaften und Behörden von den Herren Professor Dr.
Dennstedt und Professor Dr. Voigtländer drei Vorträge in Berlin gehalten.
Herr Professor Dr. Dennstedt sprach in der Deutschen Chemischen Gesell-
schaft über „Neuere Fortschritte auf dem Gebiete der forensischen Chemie*,
Professor Dr. Vorgtländer vor den Staatsanwälten und Richtern des König-
lichen Kammergerichts in Berlin über „Urkundenfälschungen“ und über „die
Tätigkeit des Chemikers in Kriminalfällen“.
Herr Hafßler unternahm am Schluß des Jahres eine Reise nach Berlin
zur Besichtigung der metallographischen Einrichtungen der technischen
Hochschule und der Bergakademie.
An Geschenken, für die den Gebern an dieser Stelle nochmals ver-
bindlichst gedankt wird, gingen ein:
1. Für die Bibliothek: Die bereits in früheren Jahren aufgeführten
periodischen Schriften, wie Jahrbücher, Jahresberichte, American Che-
mical Journal usw., ferner von der Stadtbibliothek und dem Natur-
historischen Museum verschiedene Dubletten, wie die Berichte der
. Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft usw.
Die Badische Anilin- und Sodafabrik, Ludwigshafen, überwies
dem Institute folgende Bücher: Die Anilinfarben, ihre Anwendung auf
64
se
[a7
Chemisches Staatslaboratorium.
Wolle, Baumwolle, Seide und sonstige Textilfasern; Die Alizarinfarben;
Die Indanthrenfarbstoffe; Indigo rein B. A. S. F.
Für die Sammlungen: Eine große Anzahl Gläser mit verschiedenen
Farbstoffen von den Farbenfabriken vorm. Friedrich Bayer & Co.,
Elberfeld. .
Verschiedene Gegenstände aus Britannia- und Neusilbermetall
von der Württembereischen Metallwarenfabrik, Geißlingen.
Ein Filterapparat von Wessels & Wilhelmi, Hamburg.
Rohprodukte und Fabrikate zur Darstellung des Palmins von
den Palminwerken H. Schlinck & Co., A.-G.
Produkte der Teerdestillation von J. Haltermann, Wilhelmsburg.
Verschiedene Präparate und Farbenproben von der Badischen
Anilin- und Sodafabrik, Ludwigshafen a. Rh.
Chemisches Staatslaboratorium.
Übersicht
—?
ot
über die vom Chemischen Staatslaboratorium im Jahre 1910 ausgeführten
Untersuchungen, abgestatteten Gutachten, Berichte usw.
IM.
G.
a.
Allgemeine Verwaltung:
Motivierte Eingaben, Berichte usw
Untersuchungen und Gutachten für Gerichte:
Mord, Körperverletzung, ‚Sittenverbrechen,
Todesursachen (Gifte, Flecken usw.)
Brandstiftung, ‚Explosionen msw. 2. Cem nee
Medizinalpfuscherei, Nahrungsmittelverfälschung, Betrug,
Schriftvergleichung, Sachbeschädigung
Verhandlungen vor den Gerichten
Untersuchungen,
Sektionen und Korrespondenz usw.
Untersuchungen, Gutachten, Berichte usw. für Verwaltungs-
Verdächtige Todesursache, fragliche Vergiftung usw. ..
Nahrungsmittel und Gebrauchsgegenstände
Fabriken und gewerbliche Anlagen
Allgemeine sanitäre Untersuchungen .... ......z.000..
Verschiedene andere Untersuchungen und Gutachten ..
t»}
Untersuchungen, Gutachten usw. in Zollsachen
z 7
Besichtigungen von Fabriken, gewerblichen Anlagen usw.
Konferenzen und Kommissionen mit anderen Behörden
Untersuchungen aus eigenem Antriebe
Zusammen....
20
204
283
Chemisches Staatslaboratorium.
l. Untersuchungen und Gutachten für Gerichte.
Tagebuch
(Übersicht unter II)
Nr. 334, 477. Mord, Körperverletzung usw.:
Untersuchung von Kleidungsstücken eines des Mordes An-
geschuldigten auf Blutspuren. In den Kleidern wurden Blutflecke
nachgewiesen. Auf biologischem Wege wurde festgestellt, daß
Menschenblut vorlag.
ös war die Frage gestellt, mit welchem Instrument ein
Hemd durchlöchert worden war. Das Loch in dem Kleidungs-
stück rührte nicht, wie behauptet worden war, von einem Stauer-
haken, sondern von einen stumpfen Instrument mit breiter
Schneide her.
„ 463, 1183. Sittenverbrechen:
9
”
Untersuchungen von Kinderwäsche und Kleidern auf Gegen-
wart von Sperma. In einem Falle konnte menschliches Sperma
mit Sicherheit nachgewiesen werden.
43, 189, 221, 495, 595, 620, 758, 892, 1023, 1034. Ver-
dächtige Todesursachen (Gifte, Flecke usw.):
Untersuchung emer Anzahl Leichenasservate von Personen.
die angeblich nach der in einer Heilanstalt verabreichten Kost
unter Vergiftungserscheinungen erkrankt und verstorben waren.
In gleicher Angelegenheit wurden zahlreiche Stuhlproben, Speise-
reste und Kochgeschirre auf Gifte untersucht. Die Ursache der
Vergiftungserscheinungen ließ sich nicht mit Sicherheit feststellen.
Untersuchung von Leichenteilen auf Vorhandensein von
Morphium. Ein positives Ergebnis ließ sich nicht feststellen.
Nachweis von Opiumtinktur in Leichenasservaten. Aus den
Leichenteilen (Magen, Darm, Blut, Leber, Milz und Nieren) ließen
sich Morphin und andere Opiumalkaloide nicht isolieren. Der
Nachweis der Mekonsäure, die ein charakteristischer Bestandteil
des Opiums ist, konnte nieht mit voller Sicherheit geführt werden.
Es wurde eine Substanz aus dem Magen, Darm und Blut ge-
wonnen, die zwar ähnliche, aber nicht alle Reaktionen der Mekon-
säure gab.
Zur Ermittelung der Todesursache eines Fabrikanten wurde
eine winzige Menge eines weißen Pulvers zur Untersuchung
eingeliefert. Das Pulver bestand aus einem Gemisch von salz-
saurem Morphin und kohlensaurem Kalk.
Tagebuch
Chemisches Staatslaboratorium. ir
Mutmaßliche Vergiftung eimes Hundes: In einem als Lock-
mittel verwendeten Stück Fleisch konnten weder mineralische noch
pflanzliche Gifte nachgewiesen werden.
Untersuchung des Inhalts einer Flasche auf giftige oder
sonst verdächtige zur Abtreibung geeignete Stoffe. Die Flüssig-
keit bestand aus einer sehr konzentrierten Aloetinktur.
Untersuchung verschiedener Medikamente, Spülflüssigkeiten,
diätetischer Präparate auf ihre Zusammensetzung, besonders auf
Anwesenheit von Kleesalz. Aus einem angeblich aus Öl, Wasser
und Kochsalz bestehenden Klistier konnten 15,7 & Kleesalz
isoliert werden, ebenso waren in einem kleinen Reste Beeftea
geringe Mengen Kleesalz nachzuweisen.
Untersuchung einer kafteeähnlichen Flüssigkeit: Die Unter-
suchung ergab, daß die Flüssigkeit durch Zusammenmischen einer
spirituösen Lösung von Schellack mit Wasser und einem bitteren
Branntwein hergestellt worden war. Giftige Stoffe konnten nicht
nachgewiesen werden.
Nr. 29, 366, 1181. Brandstiftung, Explosion usw.:
Die bei einem Brande beschlagnahmte Flasche mit wenigen
Tropfen Flüssigkeit sowie angebrannte Gardinen und Stoffreste
wurden darauf untersucht, ob der Inhalt der Flasche eine feuer-
gefährliche Flüssigkeit enthielt und ob die Gardinen mit dieser
getränkt worden waren. Der Flascheninhalt bestand aus einer
dem Petroleum ähnlichen Flüssigkeit, wahrscheinlich Benzin. Der
Nachweis, ob die Gardinen mit einer verdächtigen Flüssigkeit
getränkt waren, ließ sich nicht mehr erbringen.
wi, 425, 485, 670, 671, 674, 782, 1109. Medizinalpfuscherei,
Nahrungsmittelfälschung, Betrug, Sachbeschädi-
gung usw.:
Untersuchung der Beschmutzung einer Hutgarnierung. Es
lag eine Verätzung des Seidenstoffs durch Schwefelsäure vor.
Prüfung von Wolframerz auf Scheelitgehalt. Das Erz war
schon aufbereitet, doch gelang es, so viel Substanz zu isolieren,
daß der sichere Nachweis von Scheelit geführt werden konnte.
An den bei einem Falschmünzer beschlagnahmten Gegen-
ständen: Feilen, einem Reste eines braunen Öles, einem ver-
nickelten Tablett, einer Gabel, Taschentüchern und Öl, sollte
festgestellt werden, ob diese Gegenstände bei der Herstellung
von Falschstücken Verwendung gefunden haben könnten. Die
chemische Untersuchung gab das Resultat, daß die Gegenstände
zur Falschmünzerei benutzt worden waren.
718
Tagebuch
Nr. 229
Chemisches Staatslaboratorium.
In einer Diebstahlsache war die Frage aufgeworfen, ob
von Schlüsseln Wachsabdrücke gemacht worden waren. Wachs-
spuren waren an den Schlüsseln nicht zu erkennen. Der Schmutz
und der lose Rost, die sich an dem Schlüsselbart und in den
Ringelungen des Schlüssels befanden, machten es unwahrschemlich,
daß von den Schlüsseln ein Abdruck genommen war. Die Spur
verdächtiger fettiger Substanz erwies sich als Paraffin.
Es so]lte festgestellt werden, ob an einem beschlagnahmten
Paar Handschuhen Glassplitterchen und grüne Seife hafteten.
Beides war nicht vorhanden.
464, 556, 794, 821, 1077, 1126, 1177, 1270. Urkunden-
fälschung, Schriftfälschung usw.:
Feststellung, ob Datum und Unterschrift eines Schrift-
stüickes gleichzeitig hergestellt worden waren. Die Tinte des
Datums und der Unterschrift waren von gleicher Art, dagegen
war die Unterschrift und eine Änderung am Datum mit einer
Tinte von bedeutend größerer Konzentration als die der Texttinte
geschrieben.
Es war die Frage gestellt, ob an Stelle einer Zahl 3 ur-
sprünglich eine 2 gestanden hatte. In der mit Bleistift ge-
schriebenen Zahl 3 war unter dem Mikroskop ein Gewirr von
verschlungenen Linien und weiterhin ein in der Längsrichtung
der Zahl verlaufender Einriß im Papier zu erkennen. Es war
nicht wahrscheinlich, daß ursprünglich an Stelle der 3 eine Zahl
2 gestanden hatte. Beim Schreiben der Zahl 3 war der Stift
unter Zerreißung des Papiers ausgeglitten.
Feststellung, ob Eintragungen in ein Schriftstück vor längerer
Zeit dem Datum gemäß, oder aber in neuerer Zeit in einem Zuge
gemacht worden waren. Kopierversuche ergaben, daß die Ein-
tragungen erst vor kurzer Zeit in einem Zuge ausgeführt waren.
Die von einem Sachverständigen in Verkaufsbüchern fest-
gestellten Rasuren sollten nachgeprüft und gleichzeitig ermittelt
werden, ob noch weitere Rasuren vorlägen. Bei der sich auf
viele Tausende von Buchseiten erstreckenden Nachprüfung wurde
zur Erkennung der Verletzung der Papieroberfläche eine schräge,
seitliche Beleuchtung mit Spiegel angewandt. Es ließen sich
zahlreiche weitere Rasuren feststellen.
Es war ein Gutachten darüber abzugeben, ob die Zahl „5000“
auf einer Karte ursprünglich gestanden hat und ob sie später
durch Nachziehen der einzelnen Zahlen und Hinzufügen einer „1“
in „15000“ umgeändert worden war. Die einzelnen Zahlen der
Tagebuch
Chemisches Staatslaboratorium. 79
„5000“ zeigten eine kräftige und deutliche Übermalung. Die Zahl
„1“ befand sich in einem unnatürlichen Abstand zu der 5. Die
photographischen Aufnahmen ließen es wahrscheinlich erscheinen,
daß eine nachträgliche Umwandlung der Zahl „5000“ in „15000*
stattgefunden hatte.
Tintenvergleichung. Es war festzustellen, ob die auf der
Rückseite eines Schecks befindlichen Worte mit derselben Tinte
wie der Text geschrieben worden waren. Die mit Eisengallustinte
mit blauem Farbstoff hergestellten Schriftzeichen auf der Vorder-
und Rückseite des Schecks wiesen ein übereinstimmendes,
charakteristisches mikroskopisches Bild auf. Der Tintenkörper
bestand aus einem Gemisch von schwarzen und blauen Farbstoft-
körperchen. Der blaue Farbstoff war am Rande des Schriftfadens
feinkörnig und innerhalb des Fadens schollig und grobkörnig.
Der schwarze Farbstoff war in großen und kompakten Klumpen
vorhanden. Auch in dem chemischen und physikalischen Ver-
halten ergaben sich Unterschiede der beiden Tintenarten nicht.
2. Untersuchungen und Gutachten
für Verwaltungsbehörden.
Aufträge gingen ein von folgenden Behörden: Baudeputation, Bau-
deputation Cuxhaven, Baupolizeibehörde, Behörde für öffentliche Jugend-
fürsorge,
Direktion der Gaswerke, Feuerwehr, Irrenanstalt Friedrichsberg,
Kaiserliche Oberpostdirektion, Kaiverwaltung, Königlich Chemische Eisenbahn-
Versuchsanstalt Berlin, Landherrenschaften der Marschlande, Marine-
verwaltung Hamburg, Medizinalamt, Oberhafenmeister, Polizeibehörde, See-
amt, Seminar für öffentliches Recht und Kolonialrecht, Stadtwasserkunst.
Tagebuch
Nr. 4, 126, 205, 322, 478, 547, 684, 740, 741, 815, 897, 1005, 1263, 1327.
„ 115,
„38,
„ 48,
Analysen der aus der städtischen Abdeckerei gewonnenen Blut-
und Tierkörpermehle und Bestimmung des Gehalts an Feuchtigkeit,
Fett, Phosphorsäure, Stickstoff und Kochsalz.
202, 321, 461, 535, 635, 755, 852, 938, 1102, 1218, 1324.
Monatliche Bestimmung von Gesamtschwefel und Kohlensäure im
hiesigen Leuchtgase.
39, 135, 259, 501. Begutachtung einer Reihe von Lampen-
brennern und eines Petroleumofens auf Explosionsgefährlichkeit.
65, 78, 96, 124, 180, 208, 214, 290, 385, 543, 546, 682, 704,
mie
80
Tagebuch
Nr. 107.
„165
208
or
254
Chemisches Staatslaboratorium.
716, 728, 739, 773, 825, 870, 877, 894, 898, 906, 953, 1020,
1035, 1139, 1187, 1201, 1225, 1230, 1297, 1326. Untersuchung
einer Anzahl Materialien und Gebrauchsgegenstände auf Reinheit
und vertragliche Beschaffenheit: Maschinenölproben, Pflaster-
vergußmaterialien, Motorbenzin, Benzin, Goudron, Sicherheits-
zündhölzer, Bleiweißölfarben, Bleimennige-Leinölproben, Farban-
striche, Farbproben, Toiletteseifen, Leinölproben, Kammfett, Mörtel,
Zinkweiß, Mennige, Betonproben, Zement, Petroleumproben,
Seifen usw.
Untersuchung von Schwimm- und Sinkstoffen aus den Abfisch-
anlagen in der Hafenstraße und. der Ellerholzschleuse auf ihren
Dungwert.
. Knallkorke daraufhin zu untersuchen, ob sie als Zündspiegel im
Sinne des $ 1 Abs. 2 der Verordnung vom 26. Juli 1905, betreffend
den Verkehr mit Sprengstoffen angesehen werden können, oder
ob sie sprengkräftige Ladungen enthalten. Der Knallsatz bestand
aus Knallquecksilber, chlorsaurem Kalium und Schwefelantimon.
Bei der Detonation der Knallkorke im der beigegebenen Pistole
bildete sich eine heiße, ca. 10—15 cm lange Flamme unter Zer-
reißung des Korkes in zahlreiche kleine Stücke. Die Knallkorke
waren daher als sprengkräftigse Zündungen im Sinne des $ 2
Abs. 4 der V. OÖ. vom 26. Juli 1905, betreffend den Verkehr
mit Sprengstoffen, anzusehen.
. Bei einer Brandstiftung waren Packmaterial, Holzwolle und
Butterbalgen, anscheinend mit feuergefährlichen Flüssigkeiten
getränkt, aufgefunden worden. Die Untersuchung ergab das Vor-
handensein von Brennspiritus und Benzin in diesen Gegenständen.
In einem gleichen Falle konnte die Frage, ob Spuren brennbarer
Flüssigkeit in einem Oberbett vorhanden waren, nicht mit Sicher-
heit entschieden werden, weil das Asservat nicht zweckentsprechend
verpackt worden war. Das Asservat war lose in Zeitungspapier
eingewickelt und erst 2 Tage nach dem Brande zur Untersuchung
eingeliefert worden, so daß es nicht ausgeschlossen war, daß
Spuren brennbarer Flüssigkeit sich verflüchtigt hatten.
. Zur Feststellung einer Brandstiftung waren folgende Gegenstände
zu untersuchen: eine Fußmatte, ein in einem Hausflur aufge-
fundenes Stück Papier, ein in einem Zimmer des Beschuldigten
beschlagnahmtes Stück Papier, ein Wollstrumpf des Beschuldigten
und der Inhalt eimer Petroleumkanne. Das Gutachten sollte
Auskunft geben, ob die Fußmatte, das im Hausflur gefundene
Stück Papier und der Strumpf Spuren von Petroleum aufwiesen,
'4
dc
N
Tagebuch
296.
313,
336.
Chemisches Staatslaboratorium. 81
und ob bejahendenfalls das gewonnene Petroleum identisch wäre
mit dem in der Kanne vorhandenen. Die beiden Stücke Papier
waren daraufhin zu prüfen, ob sie von gleicher Beschaffenheit
wären. Es wurde gefunden, daß die Fußmatte und das auf der
Brandstätte gefundene Stück Papier Petroleum enthielten. Der
'Strumpf des Beschuldigten war frei von Petroleum. Die Überein-
stimmung des Petroleums aus der Kanne mit dem aus den Brand-
stiftungsmaterialien erhaltenen Petroleum konnte nicht entschieden
werden. Die beiden Papierstücke waren Fabrikate verschiedenen
Ursprungs.
Untersuchung der Ursache des Abspringens von Nietköpfen eines
Dampfkessels. Das Material war sehr inhomogen und phosphor-
reich.
522, 579, 599, 873, 886, 896, 980, 985, 1071, 1308. Unter-
suchung verschiedener, von der Feuerwehr, der Polizeibehörde und
dem Seeamt eingelieferter Gegenstände und Substanzen, wie Flachs,
Hanf, Hede, Zitronensäureessenz, ölgetränkte Baumwollstreifen,
ölgetränkte Fibrebündel, Baumwolle, bengalische Zündhölzer, Farbe
und Öl auf Feuergefährlichkeit und Selbstentzündlichkeit.
510, 571, 596, 597, 602, 661, 834, 857, 868, 1174, 1290. Unter-
suchung von Abwässern und Rückständen aus verschiedenen
Fabrikbetrieben und Feststellung, inwieweit öffentliche Abfluß-
gräben und Flußläufe durch sie verunremigt sein konnten.
Untersuchung von Nahrungsmitteln (Fleisch und Sauce) auf fremde
Zusätze. Es konnte ein Zusatz von Natriumkarbonat nachgewiesen
werden. |
354. Eine gutachtliche Äußerung war darüber abzugeben, ob
die bei der Reinigung von Rohöl mittels Schwefelsäure und
Lauge entstehenden etwa einprozentigen sauren Abwässer bei
Einführung in die Siele eine zerstörende Wirkung auf die Mauer-
steine, den Mörtel, die aus Goudron bestehende Dichtung der
Tonrohre sowie auf die Eisenteile der Siele ausüben konnten.
Versuche ergaben, daß etwa 1% Schwefelsäure enthaltende Abwässer
Eisen und Mörtel angreifen, dagegen nur wenig auf Ziegelsteine
und Goudron einwirken.
Feststellung, ob in der Turnhalle einer Seminarschule ein Ent-
weichen von Kohlenoxydgas aus den Öfen stattfand. Bei einem
plötzlich einbrechenden Schneesturm waren Kinder während des
Turnens nach ärztlichem Gutachten an Kohlenoxydgasvergiftung
erkrankt. Die an verschiedenen Tagen ausgeführten Untersuchungen
der Luft ergaben die Abwesenheit von Kohlenoxydgas,
82
Tagebuch
Nr. 341. Untersuchung von Wunderkerzen - auf Explosionsgefährlichkeit.
„
”
„
357,
389.
466.
[3 |
Qt
[|
ZU
&
—t
649,
691,
Chemisches Staatslaboratorium.
Der Inhalt der Kerzen bestand im wesentlichen aus Aluminium-
und Eisenpulver und Baryumnitrat.
764. Untersuchung von Holzteilen auf Petroleum, die ver-
schiedenen Brandstellen entnommen waren. In einem Falle
konnte Petroleum nachgewiesen werden.
Untersuchung von Wasserstoffgas für Ballonzwecke auf den Gehalt
an Wasserstoff.
Auf einer zum Schutz gegen eindringendes Grundwasser mit einem
Dichtungsmaterial behandelten Betonschicht hatte sich ein weiß-
licher Überzug gebildet. Die Ausscheidungen bestanden aus
kohlensaurem Kalk.
Untersuchung emer Probe Terpentinöl auf Feuergefährlichkeit im
Sinne des $ 15 der Hafenordnung.
506. Feststellung der Ursache von Rißbildungen in verschiedenen
Schiffsdampfkesseln. Die Ursache wurde gefunden in der grob-
kristallinischen Struktur und der dadurch verursachten Sprödig-
keit des Flußeisens.
Untersuchung von Kupferblechen. Nach der metallographischen
Prüfung waren die Bleche elektrolytisch hergestellt und nicht
gewalzt. Der Kupfergehalt betrug 99,92 %% im Mittel.
In einer Strafsache wegen Vergehens gegen die Gewerbeordnung
waren fünf Likörproben auf ihre Bestandteile, besonders auf den
Gehalt an Alkohol, zu untersuchen.
Ein beschädigter Postbeutel sollte darauf untersucht werden, ob
das in einem Briefe vorgefundene Ammoniumpersulfat und Chlor-
gold die Beschädigungen des Postbeutels und anderer Briefschaften
verursacht haben konnten. Die zerfressenen Stellen des Postbeutels
enthielten freie Schwefelsäure und schwefelsaures Ammon, jedoch
kein Ammonpersulfat und Chlorgold. Es ist wahrscheinlich, daß
ursprünglich Ammonpersulfat vorgelegen hat, dieses sich jedoch
bei Berührung mit dem Gewebe in freie Schwefelsäure und
Ammoniumsulfat zersetzt hatte; die Beschädigung konnte nur
durch die freie Schwefelsäure herbeigeführt worden sein.
Untersuchung von Ringsteinen und Baumaterialien auf Aus-
blühungen. Die Auswitterungen der Steine bestanden aus Sulfaten,
Chloriden und Thiosulfaten des Kalziums, Magnesiums, Natriums
sowie etwas organischer Substanz.
Untersuchung von Waschpulvern und Bleichflüssigkeiten.
Untersuchung von Stehbolzen aus einem Schifiskessel auf Ursache
des Reißens. Sowohl nach der chemischen wie der metallographischen
Tagebuch
Chemisches Staatslaboratorium. 33
Untersuchung war das Material einwandfrei. Die Ursache des
Reißens war daher nicht zu ermitteln.
Nr. 692. In den Flammenröhren eines Schiffskessels waren Risse aufgetreten.
”
”
185.
831.
859.
893.
920.
Die metallographische Untersuchung ergab, daß die Risse durch
Fehler beim Walzen des Rohres entstanden waren.
In der Rauchkammer eines Schiffskessels war das Blech voll-
kommen spröde geworden und gerissen. Nach der metallographischen
Untersuchung waren Sprödigkeit und Rißbildung auf Überhitzen
des Bleches zurückzuführen.
Abgabe einer gutachtlichen Äußerung, ob Magnesiumfackeln als
Feuerwerkskörper anzusehen sind und ob beim Abbrennen eine
erhebliche Gefahr für Personen und Eigentum vorhanden ist.
Untersuchung einer als Eisenware deklarierten Handgranate auf
Vorhandensein von Explosivstoffen.
Feststellung des Schmelzpunktes von Antipyrin, dessen Einfuhr in
Japan wegen abweichenden Schmelzpunktes beanstandet wurde. Im
japanischen und im deutschen Arzneibuch ist der Schmelzpunkt des
Antipyrins mit 113° C angegeben, während die übliche Handels-
ware einen Schmelzpunkt von 110—112°C hat.
Untersuchung von Inkrustationen aus Leitungsröhren. Die Ab-
lagerungen bestanden aus einem braungelben Schlamm, der in
der Hauptsache Eisenoxyd enthielt.
1042, 1143. Untersuchung zweier Wasserproben auf Verwendbarkeit
als Kesselspeisewasser. Die eine Probe enthielt Schwefelwasserstoff.
Für die Entfernung des Schwefelwasserstoffs wurde Filtration des
Wassers über Eisenoxyd empfohlen.
Daktyloskopie.
Die Tätigkeit des Chemischen Staatslaboratoriums wurde im Bericht-
jahre von der Polizeibehörde, Abteilung II (Kriminalpolizei), zur Feststellung,
Begutachtung, Entwicklung von sichtbaren und nicht sichtbaren Finger-
spuren bei Einbrüchen, Diebstählen, Mord usw. in weit höherem Maße in
Anspruch genommen als im Vorjahre.
In
77 Fällen wurde die Mithilfe des Chemischen Staatslaboratoriums
angerufen, und zwar wurde 60mal ein Beamter des Instituts an den Tatort
gesandt, und in 17 Fällen wurden dem Chemischen Staatslaboratorium be-
schlagnahmte Gegenstände zur Untersuchung eingeliefert.
Im ganzen wurden in 31 Fällen Fingerabdrücke, die sich zur photo-
graphischen Aufnahme eigneten und zu einem daktyloskopischen Vergleich ge-
eignet schienen, gefunden, oder mit chemischen Mitteln zum Vorschein gebracht.
84 Chemisches Staatslaboratorium.
In einem Falle führten die Abdrücke, ohne daß eine Person ver-
dächtigt war, beim Vergleich mit den in der daktyloskopischen Registratur
der Polizeibehörde befindlichen Abdrücken zur direkten Ermittelung des
Täters, in weiteren vier Fällen haben die eingesandten Abdrücke bei Er-
mittelung oder Überführung der Täter gute Dienste geleistet.
Nicht ohne Interesse dürfte es sein, daß die Tätigkeit des Chemischen
Staatslaboratoriums auch bei dem in der Bergstraße ausgeführten großen
Juwelendiebstahl von Erfolg begleitet war.
Die in Zollsachen ausgeführten Untersuchungen und
abgegebenen Gutachten
bezogen sich auf folgende Gegenstände und Fragen:
Tagebuch
Nr. 1, 64, 74, 131, 132, 133, 327, 328, 329, 379, 441. Untersuchung
einer Reihe Olivenölproben auf Reinheit.
„ 295. Erstattung eines Obergutachtens über zolltarifarische Beschaffen-
heit von Ölsäure.
„ 437, 783, 784, 800. Untersuchung von Zündhölzern auf den Gehalt
an giftigem Phosphor.
„ 497. Untersuchung einer als flüssiges Harz bezeichneten Warenprobe
auf Zollpflichtigkeit.
508. Untersuchung verschiedener Mischproben Olivenöl auf Baumwoll-
samen- und Sesamöl.
„544. Abgabe eines Obergutachtens, ob in einer Probe Zucker künst-
liche Farbstoffe enthalten waren.
„ 586, 587. Untersuchung von Grauspießglanzasche auf zolltarifarische
Beschaffenheit und Nachprüfung des von der Kaiserlich Tech-
nischen Prüfungsstelle vorgeschlagenen Verfahrens zur Unter-
scheidung von Grauspießglanzasche und Antimonoxyd (s. Jahres-
bericht 1909, Seite 16).
„ 1076. Erstattung eines Obergutachtens, betreffend Tarifierung einer erst
als Steinkohlenteer, später als Linoleumteer bezeichneten Ware.
„ 1153. Untersuchung einer Probe Ölsäure auf ihren Gehalt an festen.
Fettsäuren.
„ 1211. Prüfung von Gasölteer auf die Beschaffenheit der Ware und
Äußerung über die Stellungnahme zu den Gutachten der Kaiser-
lich Technischen Prüfungsstelle und eines Handelschemikers.
„ 1267. Gutachtliche Äußerung über die zollfreie Einfuhr mehlreicher
Roggen- und Weizenkleie.
„ 1296. Gutachtliche Äußerung über ein sogenanntes Gesundheitsbier.
Chemisches Staatslaboratorium. 85
3. Die amtliche Petroleumkontrolle im Jahre 1910.
Die amtliche Petroleumkontrolle bis zum Jahre 1910 lieferte folgendes
Ergebnis:
1. Getestet wurden im Laboratorium
1901 576 Proben mit 976 Bestimmungen
1902 679 1124
19032 6598: He. se la
1904: BI 1016
1905 703 ; 1177
13OBa a a192 LE 0058
oa nr 10
1908785, 1536
1909 750 „ LE a
1910 482 n el 5
2. Aus Tanks waren entnommen
1901 561 Proben = ,.3%41°%
1902 594 A Bl
1903 585 Ma 25988,
1904 558 are
1905 675 —ı RW
1906 579 = 2100.04,
1907 633 ee I
DS Ball. Fer se 9137,
1909 132 a
1910 474 ne 98,
3. Unter den Proben befanden sich:
a) Russisches Petroleum
1901 69 mal = 12,0 °%
7309 1a 200,50
1903 REN
1904 Boa 1 00.
er
1906 a SE
1907 Mh
1908 Da
1909 Da ae
1910 a Ne,
b) Galizisches Petroleum
1901 Oemal. =" 0! 50
1902 2 5; = 91,
86 Chemisches Staatslaboratorium.
1903 Omar he
1904 De
1905 a a ER
1906 ar ea
1907 Vi, Aal,
1908 Mb, = 352,
1909, 181 I, He mal,
1910 Ber
c) Rumänisches Petroleum
1901 8. male = 40,58
1902 LO
1903 Os
1904 en
1905 pe
1906 SU 2er
1907 1 ee
1908 BEE FUTTER,
1909 ee,
1910 ER ISA
d) Österreichisches Petroleum
1902 22 male 3.2 n
1903 IE, EI
1904 Br Te
1905 ee en
1906 a
1907 est.
1908 ide 2
1909 le — 7 7
1910 Weir
4. Bei den Testungen zeigte sich eine Differenz der Einzelbeob-
achtungen:
von 2 .G; 1901- bei 40-Proben>— 256 ,97%%
1,9095, 200% re 0 0
19054 Be eg
apa lo
N Te
1906-4, 39a
1907,05 ee
1908... 10, ee
0a er ng
1910. ee
Im ganzen sind 158 Tanks mit je 3 Proben aus
von 1°C und mehr 1885—1900 keinmal
0,
Chemisches Staatslaboratorium.
1901 bei
1902 „
1903 „
1904
1905
1906
1907
1908
1909
1910
2 Proben
0 ’
1 Probe
ee;
0 Proben
DIR
Di
(0)
”
3 %
”
”
und unteren Teile jedes Tanks getestet worden, davon sind bei
— 93,0 % die Proben übereinstimmend, bei 2 Tanks = 1,3 %
Testpunkt von oben nach
unten (normal),
bei
5 Tanks =
unten nach oben (anormal), bei 4 Tanks —= 2,5 %% stimmt der
oben
unten ab.
und unten
überein
)
weicht aber in. der
Mitte
5. Von den 482 Proben des Jahres 1910 hatten
reduz. Entflammungspunkt
unter 21°
21—21,9°
22— 22,9?
23—23,9
24—24,9 9
25—29,9 °
30° C u. darü
6.
B4.%.2170:== 8.07%
» EA a Br
” u ıE— 2,
” .9-= 6,0 „
” sl = 16,8 „
ne 2.23 — a AI,
ber2i32— 27,4,
482 = 100,0 %
1901
1903
1905
1907
1909
Die gemäß
OÖ mal
= |] ”
”
”
0
0
0
”
|
Mithin wurden mindertestige,
Proben gefunden:
nach
dem oberen, mittleren
147 Tanks
steigt der
5)
3,2% von
Testpunkt
oben oder
spezif. Gewicht bei 15° C
bis 0,799.
0,807
0,808 u. mehr....
d. h. unter
1902 = O0 mal
1908...
1906. 1,
19084>=:0
19102 U
dem Gebührentarife ($ 9) des neuen
Al
I, —
42 —
_— 0 9%
0
”
0
0
0
29,9 90
5,0 „
1.3;
100,0 %
210 GC entflammbare
Petroleumregulativs
88 Chemisches Staatslaboratorium.
dem Chemischen Staatslaboratorium zufallenden und ihm von der Haupt-
staatskasse gutzuschreibenden Gebühren betrugen im Jahre 1910 4772 4.
Nachdem schon in den letzten Jahren die zum Testen eingereichten
Faßproben mehr und mehr abgenommen hatten, hörte die Einführung von
Faßpetroleum seit dem Jahre 1906 überhaupt ganz auf. Im Jahre 1908
wurden wieder 16, 1909 5 und 1910 6 Petroleumfaßproben getestet. Seit
1907 werden zahlreiche österreichische, galizische und rumänische Petroleum-
proben in Zisternen, d. s. auf der Eisenbahn transportierbare, etwa 15 000 kg
fassende eiserne Behälter, eingeführt.
Meist wurden diese Zisternen in die Tanks entleert und dann ge-
meinsam getestet. In einzelnen Fällen ist jedoch Petroleum der Zisternen
gesondert getestet worden. Diese Proben sind in den beiden folgenden
Listen unter II besonders aufgeführt.
Reduzierte Entflammungspunkte.
I. Faßproben.
21 22 23 24 25 30°
Gesamt- | unter ; r R £ ä
Sr s bis bis bis bis bis und
u | aa 1 219% | 22,90 | 23,90 | 24,90 | 2990 | darüber
Zahl | % |zanı| % |zanı| 9% [zam| % [zanı) % [zanı) % Izanı) Y |zanı| %
| |
1901| 15 261— —| -|i-| - -| -/—-| - —| — —| 15/100,0
1902| 8511851 —| —|—|—| ı 12| slıo,6| 15/17,6| 46 54,1| 14 16,5
1903| 97) 12] 1 l148[-— le] 0] | Are a
19041. 201 85 | 1/50] ı| 50| 1|50| 4200| ı1] 55,0| 2] 10,0
1005| 28) 391 -| -| -|-| -| - | 3107| 8as6| 17 60,7) — EZ
1906| -— —1-| -| - -|-| -1-|) -| - - | -) -|-) -
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19081. 16) 29. — | he) Zur 2) ee Srirelsı Tea
1909 5 071 —|ı —| — — | — —-ıi—-|I -|ı — 1 20,0] 4| 80,0
1810|. 12,2, ze Fr
II. Zisternenproben.
190% A Fo nee = -| -/-[ <| [| 2 50,0] 2] 50,0
1908 N EN = Ze) | 3142,9| 4.571] ZIeEn
190917. 13.) .1,0.—- |.) =) lies) 2] 21551 25 es A
1510|, 2) oa | Se En a Fe 2/100'0 Be.
II. Tankproben.
1901] 561 | 9741| — | —| — | — | 89|15,9| 180 132,0] 43| 7,7| 84) 15,0] 165] 29,4
1902| 594 | 8751| — — = — | 7381| 12,3 | 164 |27,6| 42| 7,1|107| 18,0] 208| 35,0
1903| 585 | 98,8| -— —| 3 05| 56| 9,6|141 24,1| 75 12,8] 132) 22,6| 178) 30,4
1904| 558 96,5] — — 7 1,3|105 18,8] 99117,7| 20 3,6|190, 34,0| 137| 24,6
1905| 675 96,1] —| —| 18, 2,7| 77| 11,4] 124 18,4| 55, 8,1|179) 26,5| 222) 32,9
1906| 579 100,01 —| — | — | — | 37| 6,4| 68/11,7| 55 | 9,5 [218| 37,7|201) 347
1907| 633| 99,4] — —| 2:03] 37| 5,8| 57| 9,0| 51| 8,1|315) 49,8| 171) 270
1908| 831 97,3] — —|.26 3,1| 78) 9,4|112 13,5| 60, 7,2|390 46,9| 165) 19,9
1909| 732 | 97,6| —| —| 74 110,7|113 |15,4| 50| 6,8| 20| 2,7]|276| 37,71 199) 27,2
1910| 474| 83 —| -I =-I=1 —| 1 28] 581: 8L]17,1 387) 50.012893
Chemisches Staatslaboratorium.
Spezifische Gewichte bei 15° C.
I. Faßproben.
0,800 | 0,805
0,785 | 0,790 | 0,795
ı 0,781
= m bis DR Bi br Br nn
Jahr | 0,780 | ors4 | o,rss F 0,704 | 0,709 | 0,804 0,806 | 98%
Zahl, %0 (zahl % [zanı %o (zanı % Zahl) % Zahl, % |zanı| Yo [zanı % Izanı| 9
ee leer 5 5331 6a0ol = || —|) = | zii
1902| | —| —- —-| - -|- | -|-|)—-| 1182| 2] 24] 82/964
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me, | 202100) =| ==) = |- 3100 | =| | 1680,0
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1906| — -I-|-1- -|-|-1-|-| - -1| - —| -| -
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Bee 0), |) 9195| 8500| 1163| 581,2
ee | 2 je el.. 0 la. |" 83/600
Sn ee en en ze Ve ee eK
II. Zisternenproben.
1907| -— -|I- -| - | -[-!-[-|-] 2500| —| -| 250,0
ee I al 2117571100
Bares, | | | O1 17 5a —ı —| 51885
Be | | | Seele iat100
Il. Tankproben.
1901| —| —| 3| 0,5[ 63 |11,3| 33) 5,91321/57,2| 36] 6,4 | 3] 0,5| 102]18,2
Ba 1 —| —| 65110,6| 45) 7,6 237|39,9 10%17,2 | 3) 0,5] 14424,2
1908| — —-| —- | -1|54| 92| 36 6,1| 14023,9| 220 37,8 | 9 1,5| 126|21,5
Ba | — — | 27| 4,8| 54| 9,7] 75113,4| 2461441 | —| — | 156/28,0
1905| —| —|— —| 15 2,21 108j16,0| 99 14,7] 288142,7 3 0,4| 162 24,0
1906| — —| —-|-—| 6| 1,0] g9lır,ı] 73112,6| 26044,9 | 9| 1,6| 132/22,8
7071 = —-|—| -| ı5| 2,4] 93l14,7| 66110,4 264 41,7 — — | 195 30,8
Bar Si —-|—|21| 25 42 5,1| 15919, 1 279133,6 | 54) 6,5| 276 33,2
1909| 1101| — —| 21 2,9| 36) 4,9 176)24,0| 221130,2 | 60 8,2] 217,29,8
1910| —| — | — | —| 6| 13| ı8| 3,8| 120,25,4| 204/43,0 | 48l10,1| 78l16,4
4. Die Unterrichtstätigkeit.
a) Vorlesungen.
Im Sommersemester:
1. Die Nahrungs- und Genußmittel.
Nahrungsmittel. 1 Stunde wöchentlich.
3. Allgemeine Experimentalchemie, anorganischer Teil
2 Stunden wöchentlich. F. Haßler.
wöchentlich. Dr. Klünder.
stimmt
/0
(Fortsetzung.) Die pflanzlichen
Professor Dr. Voigtländer.
2. Einführung in die gerichtliche Chemie. Ausmittlung der flüchtigen Gifte
und der Alkaloide (Pflanzengifte). 1 Stunde wöchentlich. Dr. Göhlich.
(Fortsetzung).
. Vereinfachte organische Elementaranalyse mit Demonstrationen. 1 Stunde
I0
en
Chemisches Staatslaboratorium.
Im Wintersemester:
. Die alkoholischen Getränke (Wein, Bier usw.), ihre Bereitung und
Zusammensetzung, sowie die chemisch-physikalischen Untersuchungs-
methoden unter besonderer Berücksichtigung von zollamtlichen Be-
stimmungen. 1 Stunde wöchentlich. Professor Dr. Voigtländer.
. Das Blut in der gerichtlichen Chemie. 1 Stunde wöchentlich. Dr. Göhlich.
. Die Chemie des Steinkohlenteers und der Teerfarbstoffe. 1 Stunde
wöchentlich. Dr. @illmeister.
Alleemeine Experimentalchemie, anorgeanischer Teil. 2 Stunden
8 r , s
wöchentlich. F. Hafßler.
. 1) Qualitative Analyse. 1 Stunde wöchentlich.
2) Organische Elementaranalyse. 1 Stunde wöchentlich. Dr. Klünder.
b) Praktische Übungen im Laboratorium.
Es beteiligten sich an den Ubungen in der technischen und
forensischen Analyse 1, in der quantitativen Analyse und Darstellung von
organischen Präparaten 40, in der qualitativen Analyse und Herstellung
von anorganischen Präparaten 32, in der Elementaranalyse 9, zusammen
82 Personen.
Ihrem Berufe nach waren:
Chemiker einschl. Studenten der Chemie... ...... 35
Mediziner „ 5 „Medizin: ma %
Studierende. anderer, Rächer 3! 7... ara... 14
Geologen 24.6.2280 HET Re a re 3
Kauflenten.t Eisen N EEE .,
Tchrer 2.8. HL HA HA DEHETE NEL EEE 9
Ingenieur... =) 220 Als 2 a 1
Architekt 3%. 22.002 ee ER NE 1
Zahnarzt’. ee NE re 1
Techniker 1.1... Saar ee 1
Drogist u.a no A a a l
Metogroleger.!.. u Zr ee 1
Ohne Berta. 0:2, 20 De NE 6
zusammen..... 82
An Praktikanten waren von Januar bis Ostern 20, im Sommer 49 und
im Winter bis Ende Dezember d. J. 13 im Institute tätig.
11 Praktikanten waren auf Grund des $ 14 der Statuten im Winter- und
Sommersemester von der Honorarzahlung befreit.
Chemisches Staatslaboratorium. 9]
5. Untersuchungen aus eigenem Antriebe.
. Beiträge über Bestimmung des Alters von Tintenschriften.
‚ Über den Nachweis von Morphin und Opiumtinktur, besonders der
Mekonsäure bei Vergiftungen.
Über die Verbrennung explosiver Stoffe in der organischen Elementar-
analyse.
Versuche über Verbrennung organischer Körper mit sehr hohem
Stickstoffgehalte.
Ein vereinfachtes Verfahren zur quantitativen Trennung der flüssigen von
den festen Fettsäuren.
Metallographische Untersuchungen über das Gefüge von Flußeisen.
99 Mineralogisch-Geologisches Institut.
(. Mineralogisch-Geologisches Institut.
Bericht für das Jahr 1910
erstattet vom
Direktor Professor Dr. Georg Gürich.
Personalien.
Am 1. April 1910 übernahm der Berichterstatter die Leitung des
Instituts, nachdem noch im ersten Quartal des Jahres der wissenschaft-
liche Hilfsarbeiter Apotheker A. Frucht vertretungsweise die Direktion
fortgeführt hatte. Außer diesem war auch noch Dr. Horn als wissen-
schaftlicher Hilfsarbeiter tätig.
Als freiwillige Hilfsarbeiter beteiligten sich cand. phil. Koch, cand.
phil. Sievers, stud. phil. Gripp wiederholt, und kürzere Zeit hindurch
auch stud. phil. Fastert an den Ordnungsarbeiten im Institut.
Als Aushilfe bei Schreib- und Zeichenarbeiten trat am 1. November
Frl. Meuslahn ein.
Der wichtigste Fortschritt in der Entwicklung des Instituts war
die Eröffnung der Schausammlung,
die am 20. Dezember erfolgte. Herr Senator Dr. v. Melle leitete die Feier.
In der Eröffnungsrede!) hob er hervor, daß es wehmütige Erinnerungen
seien, mit denen die Schausammlung des Instituts dem Publikum über-
geben würde, weil der Mann, der im wesentlichen diese Sammlung auf-
gebaut habe und dem die Entstehung und Entwicklung des ganzen Insti-
tuts zu danken sei, diesen Tag nicht miterlebe, der ein Höhepunkt seines
Daseins, ein Markstein in seinem Leben gewesen wäre. Mit Prof.
Gottsche sei er, der Redner, schon von Jugend auf in Freundschaft ver-
bunden gewesen; in der Gelehrtenschule des Johanneums habe er mit
Gottsche auf einer Bank zusammen gesessen. Damals schon habe
!) Nach einem von Herrn Redakteur Grube angefertigten und von Herrn Senator
Dr. v. Melle selbst revidierten Referat.
Mineralogisch-Geologisches Institut. 93
Gottsche einen scharfen Blick und eine rege Beobachtungsgabe gezeigt.
Später habe Gottsche das Akademische Gymnasium besucht, das 10 Jahre
später aufgelöst worden sei. Als Gottsche dann nach vollendeten Studien
und einer Lehrtätigkeit als Privatdozent in Kiel, einem dreijährigen
Aufenthalt in Tokio und einer halbjährigen Reise in Korea in die Heimat
zurückkehrte, sei er dem Rufe Hamburgs gefolgt, eine neue geologische
Abteilung des Naturhistorischen Museums ins Leben zu rufen. Bürger-
meister Kirchenpauer habe in ihm den rechten Mann für die rechte Stelle
gefunden, wie auch von Kirchenpauer der Gedanke ausgegangen sei, das
Naturhistorische Museum aus den Mitteln der an Hamburg gefallenen
Kriegssentschädigung zu errichten. 1891 sei dann der Neubau am
Schweinemarkt bezogen worden, bald nachdem er, der Redner, in die
Öberschulbehörde eingetreten sei. Seine regen freundschaftlichen Be-
ziehungen mit Gottsche seien geblieben. Was heute hier zu sehen sei,
habe Gottsche geschaffen. Dieser habe gewünscht, daß das geologische
Institut nicht nur vom Naturbistorischen Museum getrennt, sondern auch
in einem Neubau untergebracht werde. Das habe sich nicht durchführen
lassen, aber man sei froh gewesen, als das gegenwärtig bezogene Gebäude
dem Institut zur Verfügung gestellt worden sei. (Grottsche habe in reger
Arbeit die Übersiedelung gefördert und den Umzug bewerkstelligt. Schon
sei fast alles für die Eröffnung festgestellt gewesen, da sei er, zu früh,
durch den Tod dahingerafft. Aber wenn er auch nicht mehr unter den
Lebenden weile, so schwebe doch sein Geist über seinem Werke. An die
Stelle des Dahingeschiedenen sei Herr Proiessor Dr. Gürich berufen
worden, der nach mannigfacher Wirksamkeit an bedeutsamen Stellen
dazu geeignet sei, -die Lebensaufgabe (Grottsches weiterzuführen, auf
dessen Schultern sein Nachfolger gewissermaßen stehe. Aber wie
Gottsche ein Berater für wichtige praktische Aufgaben geworden sei, so
würden seinem Nachfolger durch die sich stetig erweiternde Tätigkeit des
Vorlesungswesens und des Kolonial-Instituts neue Aufgaben erwachsen.
Er wünsche dem Institut unter Herrn Proiessor Gürichs Leitung eine gute
Entwicklung, auf daß es ein lebendiges Organ in der Reihe unserer
wissenschaftlichen Institute werden möge zur Belehrung weiter Kreise
und als Auskunitsstelle für unsern Handel. Herrn Professor Gürich be-
grüße er mit dem Wunsche, daß er sich in seiner neuen Tätigkeit wohl-
fühlen möge. Dieser entwickelte seine Auffassung von den Aufgaben
des Instituts!) in ausführlicher Darlegung.
Darauf wurde durch Herrn Trummer eine vom Bildhauer Carl Kühl
berrührende Bronze-Plakette mit einem Reliefbilde Gottsches enthüllt und
der Oberschulbehörde überwiesen. Durch Freunde des Verstorbenen, die
!) Siehe Anhang.
94 Mineralogisch-Geologisches Institut.
sich unter Prof. Brinckmann zu einem Komitee vereinigt hatten, waren
die Mittel dafür zusammengebracht worden. Nach dieser Feier führte
der Institutsleiter die zahlreich erschienenen Gäste durch die ver-
schiedenen Säle der Schausammlung.
Ausgeführte Arbeiten: Schausammlung.
Die Sichtung, Ordnung und sorgfältigste Beschriftung der bereits
von Gottsche größtenteils aufgestellten Schausammlungen bildeten die
- Hauptarbeiten des Jahres, an denen sich die wissenschaftlichen Hilfs-
arbeiter und der Berichterstatter beteiligten.
Auskunftserteilung.
Das Institut ist seit April 1910 A4mal um Auskunft gefragt worden.
Untersucht wurden: 17 Minerale, 32 Gesteine, 11 Erze, 9 Salze, ein
Kieselgur, 2 Pseudometeoriten, 1 gebrannter Ton, 1 Tonstein, 1 Asphalt,
eine Sandgrube. Außerdem wurden Auskünfte erteilt über Edelsteine
limal, Kalk imal, Asphalt imal, Phosphate 1imal, Kieselgur 1mal,
Braunkohlen imal, Moore 1imal, Hamburger Untergrundsverhältnisse
mal.
Auskünfte wurden eingeholt von Hamburger Firmen: 33, Zoll-
behörden: 4, anderen Behörden: 2, Hamburger wissenschaftlichen Institu-
ten, fremden Instituten — meist in wissenschaftlichen Fragen —: 5,
Zeitungen: 4. In 21 Fällen bezog sich die Untersuchung auf heimische
Produkte, in 23 Fällen auf überseeische.
Bohrarchiv.
Ein besonders interessantes Arbeitsgebiet erwuchs dem Instituts-
leiter aus dem Gasausbruch von Neuengamme; der Verfolg dieses Ereig-
nisses und der noch immer sehr wichtigen Wasserfrage veranlaßte eine
besonders sorgfältige Bearbeitung, Einordnung und Aut Wa der
zahlreich einlaufenden Bohrproben.
Auswärtige Geologen.
Auswärtige Gelehrte erhielten in manchen Fällen auf Wunsch wich-
tige Funde aus unserer Sammlung, um sie für ihre Arbeiten zu verwenden,
Mineralogisch-Geologisches Institut. 95
so: Geheimrat Steinmann-Bonn, Prof. Dollo-Brüssel, Dr, Steenstrup-
Kopenhagen, Wetzel-Kiel. Die Geologen der kgl. preußischen geologischen
Landesanstalt, die an der geologischen Aufnahme der Hamburger Karten-
blätter beteiligt sind, Dr. Koert, Dr. Schlunck, Dr. Wolff besichtigten
wiederholt unsere Sammlungen und das Bohrarchiv. Auch die Bibliothek
des Instituts wurde durch Hamburger und fremde Gelehrte zum Zwecke
wissenschaftlicher Arbeiten wiederholt und zum Teil sehr ausgiebig be-
nutzt, so durch die Herren Olssen-Jönköping, P. Ann. Oyn-Kristiania,
Dr. Welter-Bonn, Dr. Tams, Assistent an der Hamburger Erdbeben-
warte.
Von hiesigen Freunden der Geologie hat z. B. Landesgerichtsrat
Dr. Zacharias die Untersuchung von einigen artenreichen Foraminiferen-
faunen übernommen. In den akademischen Ferien wurden die Instituts-
Sammlungen vielfach von Studenten, Kandidaten und Kandidatinnen zum
Zwecke der Examensvorbereitung benutzt.
Vermehrung der Sammlungen.
Die bereits durch Gottsche in die Wege geleitete Erwerbung eines
fast vollständigen montierten Dronte-Skelettes und von Resten großer
diluvialer Säuger wurde in diesem Jahre endgültig erledigt, sowie eben-
falls der Ankauf wesentlicher Teile der paläontologischen Schausammlung.
Größere Serien von Gesteinen aus Spitzbergen und Skandinavien wurden
von dem Berichterstatter und Dr. Horn von den Exkursionen des inter-
nationalen Geologenkongresses heimgebracht.
Geschenkweise gingen mehrfach mineralische Rohmaterialien aus
unseren Kolonien durch Vermittlung der Firmen: Woermann, Brock
& Co., Matthias Roth & Co., Südwestafrikanische Marmorgesellschaft
dem Institut zu.
Besonders wichtig ist eine Sendung von Gesteinen aus dem
Bezirk Össindinge (Kamerun) von Herrn Dr. Mansfeld. Einen erfreu-
liehen Zuwachs erfuhr die Mineraliensammlung durch die Samm-
lung Plagemann, die dem Institut durch die Schwester des
verstorbenen Chile-Forschers überwiesen wurde. Aus Amerika er-
hielt das Institut durch Herrn Wilhelm Jesse einen sehr gut
erhaltenen Oberkiefer eines schmalschnauzigen Krokodils vom oberen
Amazonas und durch Herrn H. Seeger eine Sammlung zum Teil sehr
interessanter Mineralien aus der Provinz Bahia (Beryll, Rutil usw.). Herr
Reme verschaffte uns prachtvolle Zinnsteinkristalle aus Bolivia. Die
Übernahme einer wertvollen Gesteinssammlung aus Uruguay von
Dr. Guillemain in den Besitz des Instituts ist in die Wege geleitet. Aus
es
96 Mineralogisch-Geologisches Institut.
Australien erhielt das Institut eine interessante Gesteinssammlung von
Dr. Basedow. Prof. Passarge überwies seine überaus wichtige Samm-
lung südafrikanischer (Gresteine, die in seinem großen Kalahariwerke
verarbeitet sind, dem Institut zur einstweiligen Aufbewahrung. Unsere
Sammlungen aus der heimischen Geologie erfuhren eine wichtige Be-
reicherung durch eine Schenkung von Direktor Schröder-Lägerdorf: eine
Wirbelreihe eines Mosasauriers. Die Zementfabrik Hemmoor schenkte
einen gewaltigen Block holsteinischen Gesteins. Herr Lage-Altona
stiftete auch in diesem Jahre wieder eine große Reihe interessanter Funde
aus dem heimischen Diluvium.
Zahlreiche Bohrproben liefen ein von Dr. Schertel von der Ham-
burger Stadtwasserkunst, ferner von den PBohringenieuren Eising,
Hähnchen, Deseniss und Jacobi und von Herrn Bauinspektor Cornehl-
Wilhelmsburg.
Die Bibliothek
erfuhr eine wesentliche Bereicherung dadurch, daß Frau Prof. Gottsche,
die Absichten ihres verstorbenen Gatten pietätvoll erfüllend, dem Institut
den reichen Bücherschatz desselben überwies.
Wertzuwachs.
Insgesamt stieg durch diese Zugänge der Wert der Sammlungen auf
M 229936, der Bibliothek auf M 29661, des sonstigen Inventars auf
M 11400.
Exkursionen.
Teils um die Veränderungen der Aufschlüsse im Hamburger Gebiet zu
verfolgen, teils im Interesse des Vorlesungswesens oder des Kolonial-Insti-
tuts wurden zahlreiche, insgesamt 28 Exkursionen ausgeführt. Die Berichte
hierüber sind in den Akten des Instituts niedergelegt. Bei den kleineren
Exkursionen waren auch die wissenschaftlichen Hilfsarbeiter beteiligt. Der
Berichterstatter nahm an der Versammlung und den Exkursionen des
Niedersächsischen Geologischen Vereins in Bielefeld vom 17.—19. Mai und
im Staatsauftrage an dem internationalen Kongreß) für Bergbau, Hütten-
kunde und angewandte Geologie in Düsseldorf vom 19.—30. Juni teil.
Auch dem Kolonial-Kongresse vom 6.—8. Oktober in Berlin wohnte er
bei. Von ganz besonderem Werte war es dem Berichterstatter, daß es ihm
durch das Entgegenkommen der Staatsbehörden ermöglicht wurde, sich an
dem internationalen Geologen-Kongreß in Stockholm und namentlich an
a.
Fir ,®
Mineralogisch-Geologisches Institut. 97
den damit verbundenen Exkursionen vom 23. Juli bis 11. September zu
beteiligen. Die in Skandinavien und auf Spitzbergen gesammelten Er-
fahrungen sind von grundlegender Bedeutung für die Auffassung der
geologischen Verhältnisse im norddeutschen Flachlande.
Vorträge und Vorlesungen.
In Hamburger Vereinen sowohl wie in der Nachbarschaft von Ham-
burg wurden durch den Berichterstatter wiederholt, einmal durch
Dr. Horn, Vorträge gehalten.
ImSommer-Semester 1910 wurde gelesen: im Kolonialinstitut:
Die nutzbaren Minerale und Gesteine der deutschen Schutzgebiete, 3mal
wöchentlich mit 1 Stunde Übungen; @. Gürich.
Im Winter-Semester 1910/11 für das öffentliche Vorlesungs-
wesen:
1. Erdgeschichte Imal in der Woche.
2. Ausgewählte Kapitel aus der Entwicklungsgeschichte der Tiere
(Wirbeltiere) von demselben.
98 Mineralogisch-Geologisches Institut,
Anhang.
Ansprache am Eröffnungstage der Schausammlung
am 20. Dezember 1910.
Meinesehr geehrten Damen und Herren!
Ich danke sehr für die freundlichen mir gewidmeten Worte und für
das Vertrauen, das mir in meinem neuen Tätigkeitskreise in Hamburg
entgegengebracht wird. Aber ehe ich an die Besprechung der mir hier
erwachsenden Aufgabe gehe, drängt es mich ebenfalls, des Mannes zu
gedenken, durch dessen zähe Energie das Werk zustande gebracht wurde,
dessen Eröffnung wir heute feiern. Es ist für mich erhebend, zu hören
und zu lesen, in wie hohem Maße mein Vorgänger auf allen Seiten für
sein Streben und sein Arbeiten die wärmste Anerkennung gefunden hat.
Wir haben es soeben gehört aus dem Munde seines Vorgesetzten und
Freundes. In der Literatur sind mir bisher drei Nachrufe bekannt ge-
worden, die alle in gleicher Weise von dem Geiste wahrer Freundschaft
getragen sind. In den Mitteilungen des Hamburger Naturwissenschaft-
lichen Vereins hat der langjährige opferwillige Arbeitsgefährte Gottsches,
der Sammler des Langenfelder Tertiärs, Herr Paul Trummer, seine dem
verstorbenen Freunde gewidmete Gedächtnisrede niedergelegt. In der
Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft hat der Landes-
geologe Dr. Wolff einen ebenfalls sehr sympathisch berührenden Nachruf
veröffentlicht, der in wohlgesetzter Sprache, in zu Herzen gehendem
Ernste der eigenartigen Persönlichkeit Gottsches voll gerecht wird. In
ähnlicher Weise entwirft der Direktor der Geologischen Landesaufnahme
in Kopenhagen, Madsen, seinen dänischen Fachgenossen in bereitwilligster
Anerkennung ein Bild von der wissenschaftlichen Bedeutung Gottsches.!)
Wir anderen Greologen Deutschlands schätzten Gottsche von je her, seine |
geistige Regsamkeit und: Vielseitigkeit, seinen Kritizismus. Wir kannten
ihn als erfolgreichen Erforscher des Diluviums und gründlichsten Kenner
!) Neuerdings erschien noch ein Nachruf von Herrn Dr. Timm, gehalten im Vers
ein für Naturwissenschaftliche Unterhaltung in Hamburg.
re
Mineralogisch-Geologisches Institut. 99
des Tertiärs seiner Heimat. Als ich in Hamburg antrat und hier und da
einen Einblick in unsere Sammlung zu gewinnen versuchte, war ich über-
rascht, ja geradezu verblüfft über die unglaubliche Fülle des Materials, die
Gottsche aus seinem besonderen Arbeitsgebiete zusammengebracht hatte.
Freilich hatte auch er Vorarbeiter; es sei hier nur Sempers gedacht. Aber
alles, die alten und die neuen Aufsammlungen waren durch seine Hände
gegangen, alles war geprüft, das meiste bestimmt. An vielen Stellen der
Sammlung liegen die von seiner Hand geschriebenen Fossilienlisten, aus
denen eine nie ermüdende, immer wieder verbessernde Bestimmungsarbeit
ersichtlich ist.
Alles dieses ordnend durchzuarbeiten, für wissenschaftliche, um-
fassende Monographien zu verwerten, das war das Ziel seines Lebens —
er hat es nicht erreicht, das war die Tragik in seinem Leben. Aber eine
Genugtuung hatte er wenigstens — sein Institut hat er einrichten können,
er hat es noch seinen Freunden zeigen können. Wenn es dem Präses der
Öberschulbehörde heute möglich war, die Sammlung zu eröffnen, so ist es
Gottsches Werk gewesen, der die Dinge so weit gefördert hat. Seine
beiden wissenschaftlichen Mitarbeiter, Herr Frucht und Herr Dr. Horn,
haben nur seine Anordnungen ausgeführt; was wir zu tun hatten, sind
nur Äußerlichkeiten, durch die der Geist der Anlage nicht getroffen wird.
Freilich erforderte aber gerade dieser letzte Schliff reichliche Arbeit.
Wenn unser Werk nun doch gelungen ist, so bin ich Herrn Frucht für
seinen wohl künstlerisch zu nennenden Geschmack und für seine Kenntnis
von Orten, Dingen und Personen, Herrn Dr. Horn für seinen regen wissen-
schaftlichen Eifer zu Dank verpflichtet. Durch diese Mitarbeiter ist die
Kontinuität in der Führung der Institutsgeschäfte gesichert.
In seinem Nachrufe hat Herr Trummer die Sorge ausgesprochen,
wie schwer es wäre, die durch Gottsches Heimgang erfolgte Lücke aus-
zufüllen. Ich halte das alte Wort für falsch, nach dem niemand unersetz-
lich ist. Es gilt dies nur für Durchschnitts-, für Alltagsmenschen.
Gottsche war kein Durchschnittsmensch — er ist nicht zu ersetzen; seine
Art zu arbeiten kann niemand nachahmen. Und mir kann es nicht ein-
fallen, ihm darin gleichkommen zu wollen. Ich lasse mich aber dadurch
in meiner Aufgabe nicht entmutigen. Die Zeiten sind andere geworden,
die Anforderungen haben sich geändert — ihnen kann nun auch eine
andere Individualität gerecht zu werden versuchen.
Gottsche hat den Grundstock geschaffen; er hat eine solche Fülle von
Material zusammengebracht, daß es bei der damaligen Einrichtung des
Instituts nicht mehr möglich war, sie zu bewältigen. Er hat eine Periode
ausgedehntester Sammelarbeit geschaffen; sie fiel zusammen mit der
industriellen Entwicklung des Landes, mit der Neuschaffung von geologi-
schen Aufschlüssen, Tunnelanlagen, Tiefbohrungen usw. Jetzt geht die
100 Mineralogisch-Geologisches Institut.
Entwicklung in ruhigeren Wegen weiter. Auf die Zeit von Gottsches
Sammlertätigkeit muß nun eine Zeitinnerer Sammlung folgen; das soll
meine Aufgabe sein. Er hat den Grundstock geschaffen, wir wollen den
Bau weiterführen. Bei einem Fundament kommt es auf Wucht und Masse
an, wir haben die weitere Gliederung des Oberbaues sorgsam auszuführen.
Ich will damit nicht sagen, dal Gottsche diese Gliederung nicht schon
angestrebt hätte -— allenthalben zeigen sich Spuren davon —, aber sie
wird mehr und mehr zur unabweisbaren Notwendigkeit.
Die Entwicklung unserer Kolonien und die Verknüpfung unseres
Museums mit dem Kolonialinstitut lassen die schon früher vorhandenen
überseeischen Beziehungen viel ausgeprägter, bestimmter und anspruchs-
voller hervortreten. Unser Institut wird immer mehr ein überseeischer,
ein kolonialer Berater. Schon in der kurzen Zeit meines Hierseins hatte
ich zu meiner größten Befriedigung, entsprechend meinem Interesse für
die Kolonien, für die Fremdartigkeit der tropischen Natur, mich mit zahl-
reichen Fragen zu beschäftigen, die tief in das wirtschaftliche Leben in
unseren Kolonien eingreifen, die für den Hamburger Kaufmann Lebens-
fragen sind, wenn er es mit einer Kundschaft drüben in Brasilien oder
sonstwo auf der Welt zu tun hat. Diese stärkere Inanspruchnahme muß
durch die Ausgestaltung des Instrumentariums, durch Förderung der lite-
rarischen Hilfsmittel ausgeglichen werden. Ich werde nicht müde werden,
darauf hinzuweisen. Wir haben eben gehört, wie Gottsche für die
heimische Industrie, für die Hamburger Wasserversorgung mit Erfolg
tätig gewesen ist. Die letzten Wochen lassen darauf schließen, daß mir
in dieser Beziehung noch weitergehende Aufgaben zufallen werden.
Unsere Schausammlung bedarf deswegen noch einer besonderen,
eifrig zu pflegenden Abteilung für technische Geologie. Erzarten und
Erzlagerstätten, Bausteine, Kohlen, Rohmaterialien für Kunststeine und
Mörtel, für Keramik und Glasfabrikation, für die modernen Beleuchtungs-
mittel, sind es, die einen weiten Raum im Museum beanspruchen und
dafür in den Kreisen des Hamburger Handels und der Industrie frucht-
bare Anregung erwachsen lassen können.
Die Eigenartigkeit unserer Fächer bedingt, daß im allgemeinen
Vorlesungswesen und auch sonst der Zweck der Belehrung mit einfachen
Vorträgen nur bis zu einer gewissen Grenze erreicht werden kann. Ein
ersprießliches Fortarbeiten ist nur möglich mit Hilfe praktischer Übungen.
Unerläßlich sind diese natürlich bei jedem Versuche, etwas tiefer. in die
Wissenschaften einzudringen. Ein Kolonialstudent wird Diamanten nur
kennen lernen, wenn er die Steine selbst in die Hand nehmen und prüfen
darf; durch bloßes Hören von Vorlesungen, durch Betrachten der Dinge
unter Glas und Rahmen wird nichts erzielt. Die Einrichtung von Lehr-
sammlungen, für die nur das Beste gut genug ist, ist ein weiteres von mir
ee
Mineralogisch-Geologisches Institut. 101
zu erstrebendes Ziel; eine Hochschule kann Lehrsammlungen gar nicht
entbehren.
Unser Institut soll aber nicht nur ein Lehrinstitut sein, es soll auch
der Forscherarbeit dienen. Die von Gottsche inaugurierte- Lokal-
forschung muß selbstverständlich fortgesetzt werden. Sie findet aber ein
Gegengewicht durch die Beschäftigung mit den Kolonien. Mit jeder
Schiffsladung kann Untersuchungsmaterial zu uns kommen, das für die
- Wissenschaft neu ist, und so erwachsen uns Probleme aus der Geologie der
gesamten Erdoberfläche. Diese zu pflegen, will ich als meine höchste
Aufgabe betrachten; wenn irgendwo, dann ist Hamburg der Ort dazu.
Ich hege auch keinen Zweifel, daß für tiefere wissenschaftliche Fragen,
für die Vorgänge in der Erdkruste, für die Entwicklung der Organismen
und besonders des Menschen in vergangenen Perioden, das Interesse im
Fublikum in noch höherem Maße als bisher durch eine weitere Ausge-
staltung der Schausammlung erweckt werden kann. Die früher beliebte
trockene systematische Aufstellung kleinster Formate hat wohl gelegent-
lich angeregt und kann der Ordnung wegen auch jetzt noch nicht entbehrt
werden, — aber wir müssen uns die modernen Museen in anderer Disziplin
zum Vorbilde nehmen. Denken wir an die biologischen Gruppen in den
zoologischen Schausammlungen. Bestes Material muß in großen, in die
Augen fallenden Stücken nach bestimmten besonderen Gesichtspunkten
ausgestellt werden, um etwa besondere Gesetze, Ideen oder Hypothesen
zu erläutern, z. B. die Mineralien nach ihrer Paragenese, ihrem Zusammen-
vorkommen; die Fossilien nach Entwicklungs- oder Variationsreihen, nach
Konvergenzerscheinungen, nach Faziesentwicklung oder nach Erhaltungs-
art. Wesentliche Anregungen auch auf geologischem Gebiete verdanken
wir z. B. dem Museum in Altona. Ein aufkeimendes wissenschaftliches
Interesse kann durch trockene Systematik ertötet werden. Die Wissen-
schaft kann sie nicht entbehren; um aber unsere Aufgabe, der Belehrung
des Publikums zu dienen, ausreichend erfüllen zu können, müssen wir uns
nach kaufmännischen Grundsätzen den anderen Wissenschaften gegenüber
konkurrenzfähig machen. Unser jetziges Institut entspricht einem ganz
kleinen Universitätsinstitut. Die innere Wachstumsfähigkeit aber ist sehr
groß, so groß etwa wie in irgend einer großen Universität, beschränkt
aber ist sie durch unser Gebäude.
In der Bürgerschaft wurde seinerzeit bei der Bewilligung des Um-
zuges gesagt, das Institut wäre zwar bescheiden, aber ausreichend. Ich
gebe zu, bescheiden ist der Fachwerkbau. In dem hescheidenen Äußeren
sehe ich keinen Fehler; die Bescheidenheit braucht der Konkurrenzfähig-
keit nicht zu schaden, wenn nur sonst die Einrichtung zweckmäßig ist.
Weniger sicher kann ich die andere Behauptung billigen: das
Institut wäre ausreichend! Meine ideen von der Notwendigkeit einer
102 Mineralogisch-Geologisches Institut.
Ausdehnung unserer Schausammlung habe ich bereits erörtert. Etwa
4400 Schiebläden sind in unserem Museum vorhanden — vielfach liegen
die Objekte darin noch nicht getrennt; sie müssen noch gesondert werden,
brauchen also einen weiteren Raum. Außerdem sind etwa noch 350 Kisten
unausgepackt auf dem Boden, im Keller und im Schuppen. Also etwa !/,
der gesamten Sammlung entzieht sich der Betrachtung. Wohin sollen
wir damit? Die Zimmer des Instituts sind wohl geräumig, aber sie
dürfen wegen des leichten Baues nicht belastet werden. Die Schränke
voller Steine sind schwer und dürfen nur an den Wänden entlang auf-
gestellt werden — die Wände sind bereits sämtlich besetzt.
Einen Vorzug hat unser Institut, das ist das gute Licht; wir
Mineralogen bedürfen des Lichtes besonders. Im Osten sehen Sie, meine
Herren, die Baugrube des Technikums bedenklich nahe heranrücken; in
wenigen Monaten werden die Westwände dieses (Grebäudes ihre Höhe
erreichen, dann wird unserem mineralogischen Saale alles Licht entzogen
werden. Was dann?
Gottsche war glücklich, ais ihm überhaupt ein Institut angeboten
werden konnte. Das Hamburger Publikum kann zufrieden sein, daß es
überhaupt Gelegenheit hat, ein Institut wie das unsrige zu benutzen.
Aber von Anfang an konnte man im Senat und in der Bürgerschaft sich
der Ansicht nicht verschließen — wir haben es auch heute aus dem
Munde unseres Herrn Präses gehört —, daß dies Institut nur ein Provi-
sorium sein soll. Ich bitte Sie alle, meine Herren, die Sie Gelegenheit
dazu haben, dafür sorgen zu helfen, daß dieser Übergangszustand bald
einem Definitivum Platz macht, einer endgültigen Ausgestaltung, die eines
Staates wie Hamburg würdig ist.
@. Gürich.
era
Naturhistorisches Museum. 103
8. Naturhistorisches Museum.
Bericht für das Jahr 1910
vom
Direktor Professor Dr. K. Kraepelin.
Personalien.
Mit dem 1. April d. J. trat Herr Professor Dr. E. Ehrenbaum, bisher
Kustos an der Kgl. Preußischen Biologischen Anstalt auf Helgoland, in
den Dienst des Museums. Er ist mit dem wissenschaftlichen Studium der
Fischerei und der in dieses Gebiet schlagenden Fragen betraut. — Als
Hilfsarbeiterin bei Anfertigung eines Katalogs der Fischsammlung war
Fräulein M. L. Winter ebenfalls seit April d. J. am Museum tätig.
Durch freiwillige Darbietung ihrer bewährten Arbeitskraft sind wir, wie
in den Vorjahren, den Herren Direktor Dr. H. Bolau (Säugetiersammlung),
@. H. Martens (Ornithologische Sammlung) und Dr. H. Strebel (Mollusken-
sammlung) zu besonderem Danke verpflichtet. Nicht minder erfreulich
war es, daß mit Anfang September Herr Dr. Z. des Arts seine Arbeits-
kraft ganz in den Dienst des Museums stellte, um sich dem Spezialstudium
der bis dahin völlig verwaisten Arachnidensammlung zu widmen. Außer-
dem erfreuten uns durch längere oder kürzere freiwillige Mitarbeit die
Herren Dr. med. M. Hagedorn und Dr. ©. Fr. Roewer sowie die Ober-
lehrerinnen Fräulein Dieckmann und Fräulein Reishaus.
Bibliothek.
Die Bibliothek hatte, abgesehen von fortlaufenden Abonnements der
Zeitschriften, Lieferungswerke usw., einen Zuwachs von 1852 Nummern
im Gesamtwerte von 8890 M. Gekauft wurden von diesen 379, getauscht
240, geschenkt 1233 Nummern. Letztere stammen zum großen Teile aus
den Dubletten der Stadtbibliothek, deren Dublettenkataloge dem Museum
104 Naturhistorisches Museum,
behufs Auswahl zur Verfügung gestellt waren. — Die Aufstellung eines
Dublettenkatalogs der Museumsbibliothek wurde zum Abschluß gebracht.
In den Zettelkatalog des Coneilinm bibliographicum sind 24 390
Literaturzettel neu eingeordnet.
Ein Schriftenaustausch ist neu vereinbart mit dem Canterbury
Museum in Christchurch, N.Z., dem CeylonMarineBiol.Labora-
tory in Colombo, den Departments of Agriculture in Cape Town,
in Kwala Lumpur auf Malacca und in Sydney, dem Pomona
Journal of Entomology in Claremont, Kalifornien, der Societe
zoologique de Gene&ve, der Station zoologique de Cette.
In der Druckerei haben 779 Druckaufträge (Etiketten, Plakate usw.)
in einer Gesamtauflage von 97270 Exemplaren Erledigung gefunden.
Instrumente.
Außer den üblichen Ergänzungen an anatomischen Instrumenten,
Werkzeugen usw. sind an wertvolleren Objekten angeschafft: 1 Mikro-
skop von Winkel mit 4 Trockensystemen und 3 Okularen, 1 Mikroskop
von Zeiß mit 3 Trockensystemen und 2 Okularen, 1 Apochromat-Objektiv
für Ultramikroskop, 1 Binokular-Mikroskop, 5 Lupen, z. T. mit Stativen,
1 Beleuchtungsapparat für Dunkelfeldbeleuchtung, 1 Protar, 1 Deckglas-
taster, 1 Taschenkompaß, 1 Bohrmaschine mit elektrischem Betrieb,
1 Farbenzerstäubungsapparat mit elektrischem Betrieb, 2 Schernetze,
2 Brutnetze, 7 Fächerkörbe usw.
Vermehrung der Sammlungen.
Der Gesamtzuwachs an zoologischen Objekten belief sich auf rund
12000 Nummern in etwa 50 800 Exemplaren. Hiervon entfallen 6017
Nummern in 22 018 Exemplaren und im Gesamtwerte von 12798 M auf
die Geschenke. Der Gesamtwert der Eingänge beziffert sich auf 17 448 M.
Nach den einzelnen Tiergruppen verteilt sich der Zuwachs in
folgender Weise:
1:,.Baugeflerer= 2er 130 Nummern 161 Exemplare
RR 239 a 244 s
3. Reptilien eu zu ne 402 a 662 =
4... Amphibien... .22.. 2. %. 65 ’ 245 5
Dr aEISCHe 2m ea PepEr nn 728 n 2111 n
Übertrag.. 1564 Nummern 3423 Exemplare
3 Naturhistorisches Museum. 105
Übertrag... 1564 Nummern 3423 Exemplare
Fer Mollusken =... 2. :: 1 103 R 4969 x
Beinsekten:. .....22..... 17 7385 3 30 978 =
SEMYrIODOden .+..2........ 97 „ 395 ei
Se Rrachniden... .....:... 475 % 1557 e
Ba rustaceen »...........: 681 5 4 407 a
Fr Bchinodermen ..........: 87 a 469 5
BeeWürmern... .....22..:.. 291 = 1849 =
13. Tunicaten, Bryozo&n .... 110 e 606 h
14. Coelenteraten, Spongien.. 219 " 2153 R
Summe. ..12012 Nummern 50 806 Exemplare
Von größeren Ankäufen seien erwähnt: verschiedene Sammelausbeuten
aus Abessinien, Brasilien, Futschau, Surinam usw., eine 10 000 Exemplare
umfassende Sammlung deutscher Mikrolepidopteren, größere Kollektionen
von Conchylien, Cureulioniden, Tenebrioniden, Hymenopteren, Dipteren,
eine Serie anatomischer Präparate für die Schausammlung, Rotatorien-
Kollektion von Rousselet usw.
Von den Geschenken, deren vollständiges Verzeichnis bereits am
Schlusse jedes Quartals im hiesigen Amtsblatte veröffentlicht worden ist,
mögen folgende als besonders wertvoll hier nochmals aufgeführt werden:
Von Herrn Dr. HZ. Ahlburg Insekten und Conchylien aus Nord-
Celebes; von Herrn Dr. L. des Arts Crustaceen aus Hammerfest; von
Herın Pater F\. Bartels-Tsingtau eine wertvolle Sendung Schlangen, Fische,
Mollusken und anderer Seetiere aus der Bucht von Kiautschou; von
Herrn Z. Baur - Altona Amphibien, Fische, Insekten, Myriopoden, Spinnen
und Crustaceen aus Goslar am Harz; von Herrn Dr. R. Biedermann-
Imhoof in Eutin reichhaltige Kollektionen von Geweihen, Gehörnen,
Reptilien, Amphibien, Fischen, Mollusken, Crustaceen, Würmern -und
niederen Meerestieren aus verschiedenen Ländern; von der Biologischen
Anstalt auf Helgoland Bryozoen aus der Nordsee; von Herrn A. Brückmann
Ameisenbär, Krokodile, Eidechsen, Schlangen und Insekten aus Süd-
amerika; von Herrn F\ von Buchwald-Guayaquil eine Anzahl Insekten;
von Herrn F. Bruns wertvolle Sammelausbeute aus Persien, enthaltend
Fledermäuse, Schlangen, Eidechsen, Frösche, Fische, Krebse, Insekten
und Spinnen; von Herrn F. Buhk Insekten, Spinnen, Asseln, Käfer und
biologische Präparate aus der Umgegend Hamburgs; von Herrn’ F. Chapmann-
London Süßwasser-Bryozo@n aus Torquay ; von Herrn Ingenieur &. Demandt-
Apia eine reiche Ausbeute seiner Sammeltätigkeit auf Samoa, bestehend
aus Fischen, Mollusken, Krebsen, Insekten und Würmern; von Herrm
F. Diehl-Mölln i. L. Ratten, Vogelnester, Reptilien, Amphibien, Insekten,
Spinnen, Myriopoden und Krebse aus Südmalacca; von Herrn Dr. @. Duncker
106 Naturhistorisches Museum.
Ascidien, Schwämme und Meereswürmer aus der Neustädter Bucht; von
Herrn Dr. @. Eisen-Sevilla Spinnen, Zecken und Regenwürmer aus Guate-
mala; von Herrn Professor Dr. K. Escherich-Tharandt Regenwürmer aus
Ceylon; von Herrn Schiffsingenieur C©. Fritzsche Eidechsen und Insekten;
vom Kaiserl. Gouvernement in Daressalam tierische Schädlinge und
Fraßstücke aus Deutsch-Ostafrika; vom Kaiserl. Gouvernement in
Togo, z. T. durch Herrn Stabsarzt: Dr. Liebe, eine Sammlung west-
afrikanischer Fische sowie Insekten, Skorpione, Spinnen, Myriopoden und
Seesterne; von Herrn €. HM. Groth-Osdorf ein großer Hornissenbau, zahl-
reiche Insekten, Milben usw. aus Ameisen- und Maulwurfsnestern ; von Herrn
Kurt @roth-Penang Insekten von den Langwaki-Inseln; von Herrn Pro-
fessor H. M.Gwatkin-Cambridge mikroskopische Präparate von Schnecken-
zungen; von Herrn Dr. P. Hacker-Ölympia, Puget Sound, Reptilien,
Amphibien, Mollusken und Gliedertiere von Puget Sound in Washington;
von Herrn Dr. med. M. Hagedorn Insekten aus der Göhrde; vom Komitee
der Hamburger Magelhaensischen Sammelreise die Rhynchoten
der Reiseausbeute; von Herrn Dr. E. Hentschel reichhaltige Ausbeute
seiner Forschungsreise nach Neufundland, bestehend in Walpräparaten,
Vögeln, Fischen, Mollusken, Insekten und niederen Meerestieren; von
Herrn Regierungslandmesser O0. Hentschel-Okahandja wertvolle Samm-
lungen von Reptilien, Amphibien, Mollusken, Insekten, Myriopoden und
Spinnen aus Deutsch-Südwestafrika; von Herrn R. Higerloh Fische aus
Südamerika; von Herrn M. Hohn-Nossib& Fische, Echinodermen, Orustaceen
und Actinien von Madagaskar; von Herrn Carlos Huber Insekten aus
Argentinien; von Herrn P. Kibler-Amboine durch Herın Kapitän C. Mangels-
dorff eine Kollektion Insekten; von Herrn Schiffsoffizier Koblegk Korallen
aus St. Pierre; von Herrn Forstmeister ©. Köppel-Rowz bei Stargard i.M.
3 sehr schöne Edelhirschgeweihe; von Herrn W. Koltze eine reichhaltige
Kollektion seltener hiesiger Käfer; von Herrn Kapitän E. Krause 2 vor-
zügliche Ausbeuten von der Ostpatagonischen Bank, enthaltend Mollusken,
Krebse und viele andere niedere Meerestiere; von Herrn Professor
Dr. H. Lenz-Lübeck Fische, Taschenkrebse und Landschnecken aus ver-
schiedenen Erdteilen; von Herrn Kapitän P. Lorenzen Insekten aus Ponape;
von Herrn Fischereidirektor ©. Lübbert eine Anzalıl Glasaale; von Herrn
E. Maart Fische, Schlangen und Blindwühle aus Brasilien; von Herrn
Kapitän C. Mangelsdorff eine Kollektion Insekten, Schwämme von Port
Durban; von Herrn Schiffsingenieur ©. Manger Eidechsen, Krebse, Spinnen,
Insekten und Mollusken aus Süd-Nigeria; von Herrn Professor Dr.
W. Michaelsen die Eidechsen, Gliederspinnen, Termiten, Cicaden, Myrio-
poden, Würmer, Coelenteraten und Spongien seiner Forschungsreise nach
Westaustralien; von Herrn Schiffsoffizier ©. Moll Sammelausbeute seiner
Reise nach Venezuela, hauptsächlich bestehend aus Fledermäusen, Reptilien,
Naturhistorisches Museum. 107
Amphibien, Fischen, Insekten, Mollusken und Würmern; von Herrn
Ed. Miüller-Buenos Ayres eine große Zahl auserlesener Käferfraßstücke
aus Argentinien; von Herrn R. Mulach-Punta Arenas Riesentaschenkrebse
aus dem Magelhaen-Gebiet; von Herın Kapitän 7. Nissen reiche Plankton-
fänge aus dem Atlantischen Ozean; von Herrn Schiffsoffizier J. Oestmann
Fische, Mollusken, Krebse, Insekten und Bryozoen von der Westküste
Amerikas; von der Firma Wm. O’Swald & Co. Teil eines prächtigen
Termitenbaus aus Nossib&e; von Herrn Kapitän R. Paeßler eine sehr wert-
volle und reichhaltige Sammelausbeute seiner Reise nach der Westküste
Amerikas, alle Gruppen der Land- und Meeresfauna umfassend; von Herrn
Professor Dr. 5. Passarge eine auserlesene Sammlung von Landschnecken
aus der Kalahari; von Herrn Kreisarzt Dr. J. Pfeffer-Genthin Landschnecken
aus Abessinien; von Herrn E. Pfitzenmeyer - St. Petersburg Süßwasser-
mollusken aus Sibirien; von der Realschule in St. Pauli durch Herrn
Direktor Professor Dr. Meyer eine größere Kollektion Schlangen und
Eidechsen aus verschiedenen Ländern; von Herrn Dr. ZL. Reh zahlreiche
Fraßstücke und tierische Schädlinge; von Herrn Direktor M. Retzlaff eine
reiche Sammelausbeute aus Bibundi, enthaltend Säugetiere, Vögel, Reptilien,
Amphibien, Krebse, Insekten, Myriopoden und Termitenbauten; von Herrn
Kapitän H. Schmidt-Blankenese Vögel, Reptilien, Fische, Krebse, Insekten,
Myriopoden, Spinnen und Mollusken aus Australien und Südamerika; von
Herrn Kapitän W. Schwinghammer 2 reiche Sammelausbeuten seiner Reisen
nach Ostasien, bestehend aus Reptilien, Fischen, Mollusken, Krebsen,
Insekten, Spinnen und Würmern; von Herrn R. Southern-Dublin pelagische
Borstenwürmer aus dem Nordatlantischen Ozean; von der Station für
Pflanzenschutz durch Herrn Professor Dr. ©. Brick lebend mit fremden
Pflanzen eingeschleppte Insekten, Myriopoden und Landasseln; von Herrn
W. Stehr ein junger Elefantenschädel aus Deutsch -Südwestafrika; von
Herrn Schiffsoffizier F. Tamm eine Anzahl Insekten von der Mündung
des Amazonenstroms; von Herrn Rittergutsbesitzer M. Traun-Neusammit
in Mecklenburg eine Hirschkuh und ein Spießer; von Herrn M. Wegener-
Blankenese Sammelausbeute seiner Reise nach Algier und Tunis, haupt-
sächlich bestehend aus Reptilien, Insekten, Spinnen, Asseln, Myriopoden
und Regenwürmern; von der Zoologischen Gesellschaft durch Herrn
Direktor Professor Dr. J. Vosseler 55 Säugetiere, 26 Vögel, 24 Reptilien
sowie verschiedene Fische, Krebse und Landmollusken.
Inventar.
Die Vermehrung der Sammlung vom 1. Januar bis zum 31. Dezember
1910 ist, mit Ausschluß des Mobiliars, zum Zwecke der Feuerversicherung,
wie folgt, geschätzt:
108 Naturhistorisches Museum.
l. Zoologische Sammlung ....... Wert 17448 M
2,» Bibliothek a r 8890 „
3. Instrumente und Geräte...... A I9a8R
Summe... 28296 M
Benutzung des Museums.
Die Zahl der Besucher während des Berichterstattungsjahres betrug
123 517 Personen. Von auswärtigen Gelehrten besuchten 30 das Museum,
von denen 2 vornehmlich die allgemeinen Einrichtungen, 8 spezielle
Sammlungsteile studierten.
Die Bibliothek wurde in so ausgiebigem Maße seitens der heimischen
Fachgelehrten in Anspruch genommen, daß die Beschaffung eines besonderen
Lesezimmers ernstlich ins Auge gefaßt werden mußte. Die diesbezüglichen
Anträge, in denen auch noch weitere Arbeitszimmer, Laboratorien und
Lehrmittelsammlung vorgesehen sind, unterliegen zurzeit der Entscheidung
der Behörden. Für praktisch-künstlerische Zwecke, Zeichen- und Mal-
unterricht usw., sind namentlich die Objekte der Schausammlung vielfach
benutzt worden. Dublettenmaterial ist an verschiedene Schulen abgegeben.
Auskunft in zoologischen Fragen, hauptsächlich tierische Schädlinge,
Fischereiwesen, Handelsprodukte, Lehrmittel, aber auch Zollangelegen-
heiten betreffend, wurde in 65 Fällen schriftlich, in zahlreichen andern
Fällen mündlich erteilt.
Sammlungsteile des Museums wurden zur Untersuchung, Ver-
gleichung usw. versandt an die Herren: Baurat T’h. Becker - Liegnitz
(Dipteren), Dr. HZ. v. Berenberg-Gossler- Freiburg i. B. (Affenmägen),
Dr. W. Berndt-Berlin (Mollusken), @. Budde-Lund-Kopenhagen (Isopoden),
Dr. P. Buffa-Pisa (Thysanopteren), Geheimrat Professor Dr. E. Ehlers-
Göttingen (Aleyopiden), J. Evers-Bahrenfeld (Coleopteren), 4. Friese-Schwerin
(Apiden), J. ©. F. Fryer-Cambridge (Lepidopteren), @. F\ Hampson-London
(Lepidopteren), Professor Dr. W. Kükenthal-Breslau (Pennatuliden und
Gorgoniden), Dr. E. Mjöberg-Stockholm (Mallophagen), Dr. Th. Mortensen-
Kopenhagen (Echiniden), Professor Nuttal-Cambridge (Ixodiden), Dr. F.Ohaus-
Berlin (Coleopteren), Dr. A. C. Oudemans-Arnhem (Acariden), Dr. F. Pax-
Breslau (Actinien), Dr. E. Plate-Hamburg (Skelettmißbildungen), Professor
O. M. Reuter-Äbo in Finnland (Nabiden), Dr. Ris-Rheinau (Libelluliden),
Dr. R. Southern-Dublin (Tomopteriden, Polychaeten), Geheimrat Professor
Dr. J. W. Spengel-Gießen (Thalassemen), Professor Dr. J. Thiele- Berlin
(Mollusken), G. Ulmer-Hamburg (Phryganiden und Ephemeriden), Pro-
fessor Dr. F. Werner-Wien (Reptilien), Dr. E. Wolff-Frankfurt a. M.
(Branchiopoden).
Pr,
Naturhistorisches Museum. 109
Zur Bestimmung oder zum Vergleich ging dem hiesigen Institut
Material ein von den Museen in Berlin (Syngnathiden, Coceiden), Caleutta
(Phalangiden), Dublin (Cephalopoden), Dundee (Cephalopoden), dem
Kaiserl. Gouvernement in Togo, von Herrn Professor W. May-Karls-
ruhe (Mollusken, Krebse) und von hiesigen Entomologen.
Sammelkisten sind neu ausgegeben an die Herren A. Bartels-
Mazagan (Marokko), Pater F\ Bartels-Tsingtau, Rektor Daumgart-Lüderitz-
bucht, Fr. Diehl-Singapore, Ingenieur E. Demandt-Apia (Samoa), K. Fricke-
Sydney, Lehrer Herlyn und Dr. von der Au in Swakopmund, Dr. E. Obst
für seine Forschungsreise nach Zentralafrika, Henry Schmidt-San Jose de
Costarica, H. Schomburgk für seine Reise zum Tschadsee, Konsul @. Siemssen-
Futschau, Dr. A. Smidt für seine Reise naclı Ceylon, Fräulein Paula Timm-
Broken Hill, NW.-Rhodesia, sowie an die Herren Kapitäne bezw. Schiffs-
offiziere E. Krause, ©. Manger, H. Nissen, J. Oestmann, R. Paefler, H. Schmidt
und W. Schwinghammer. Zurückgekommen sind im Laufe des Jahres
16 Sammelkisten.
Arbeiten im Museum.
a) Schausammlung.
Zu erwähnen ist in erster Linie die Inangriffnahme von Schaugruppen
der heimischen Säugetiere in natürlicher Umgebung. Fertiggestellt wurden
im Laufe des Jahres eine Rehgruppe (Spätherbstlandschaft) und eine
Wildschweingruppe (Hochsommer), während eine Hirschgruppe (Herbst-
wald) der Vollendung entgegengeht. Alle 3 Gruppen, bei denen ein
gemalter Hintergrund die Illusion des Beschauers zu unterstützen ver-
sucht, werden etwa zu Ostern 1911 dem Publikum zur Besichtigung frei-
gegeben werden. Von den Spirituspräparaten der Schausammlung sind
etwa 60 neu montiert, einige 20 Präparate wurden neu aufgestellt, die
Etiketten der ganzen Sammlung revidiert und größtenteils erneuert. Die
Rotationsmikroskope erhielten eine verbesserte Konstruktion und sind
zum Teil mit neuen Präparaten versehen.
b) Wissenschaftliche Sammlung.
Über die Arbeiten in den einzelnen Abteilungen der wissenschaft-
lichen Hauptsammlung ist folgendes zu berichten:
Säugetiere. Die Revision der Chiropteren wurde fortgesetzt und
vorläufig zum Abschluß gebracht. Aus den Vorräten sind im ganzen
58 Nummern bestimmt und neu in die Sammlung eingeordnet. Die sehr
umfangreiche Balgsammlung der Säugetiere ist neu geordnet und mit den
Katalogen verglichen.
110 Naturhistorisches Museum.
Vögel. 90 Nummern der Vorräte wurden bestimmt und in die
Sammlung geordnet, 258 Vogelbälge katalogisiert. Die Familien der
Bucerotiden, Alcediniden, Capitoniden, Cuculiden, Corniciden, Paradiseiden,
Campophogiden und ein Teil der Raubvögel wurden in neuen Sammlungs-
schränken in Normalaufstellung gebracht.
Reptilien und Amphibien. 111 Nummern der Vorräte sind
bestimmt, katalogisiert und eingeordnet, die Neueingänge aptiert, etikettiert
und provisorisch geordnet.
Fische. Von der großen Masse der Vorräte konnten im Laufe des
Jahres 1552 Nummern bestimmt, etikettiert und in die Hauptsammlung
eingeordnet werden. Daneben wurde als Ersatz für die längst veralteten
Aufzeichnungen früherer Jahre ein neuer systematischer Katalog der
Fischsammlung in Angriff genommen. Zu dem Ende war zunächst aus
den Eingangsbüchern auf 11 600 Zetteln ein provisorischer Katalog anzu-
fertigen und das Zettelmaterial systematisch zu.ordnen. Es folgte an der
Hand dieses provisorischen Katalogs familienweise die Durchsicht, Neu-
aufstellung und teilweise Neumontierung der Hauptsammlung, worauf die
Reinschrift des Katalogs auf Kartonzetteln begonnen werden konnte. Bis
zum Schluß des Jahres sind auf diese Weise 26 Familien mit zusammen
2434 Nummern revidiert und katalogisiert worden.
Mollusken. Die kritische Revision der Sammlung unter gleich-
zeitiger Einordnung der großen Scholwienschen Sammlung wurde weiter
geführt und konnte für die Familien der Muriciden (1895 Nummern),
Purpuriden (2254 Nummern), Neptuniden (6838 Nummern), Buceiniden
(993 Nummern), Nassiden (1016 Nummern) und Fusiden (548 Nummern)
erledigt werden. Daneben ist das Spiritusmaterial der genannten Familien —
555 Nummern — bestimmt und neu geordnet. Die Gattung Thaumastus
erfuhr eine monographische Bearbeitung; ebenso unser Fasciolarienmaterial.
Ein großer Teil der Eingänge wurde bestimmt, etikettiert und eingeordnet.
Insekten. In der entomologischen Abteilung sind 6332 Insekten
gespießt und gespannt, 23 350 mit Individuenetiketten versehen worden.
In der Sammlung der Käfer sind 39 weitere Kästen Curculioniden in
Normalaufstellung gebracht, 1839 Exemplare der Vorräte eingeordnet.
Von Hymenopteren sind 3 Kästen mit Chrysididen, 7 Kästen mit Xylo-
lopeh und Apiden, 2 Kästen mit Nomada in Normalaufstellung gebracht,
1340 Exemplare der Vorräte bestimmt und in die Sammlung eingeordnet;
dazu kamen umfangreiche Vorarbeiten für die Aufstellung einer Lokal-
sammlung der heimischen Hymenopteren. In der Gruppe der Schmetter-
linge wurden die Fingänge teilweise bestimmt und nach Familien
geordnet; die Haupttätigkeit lag aber in der Ordnung der großen
von Bönninghausen’schen Sammlung brasilianischer Schmetterlinge, wie in
der Auswahl, Neumontierung und Etikettierung von 5000 Exemplaren der
Naturhistorisches Museum. 111
Lüderschen Mikrolepidopterensammlung. In der Dipterensammlung
schritt die Normalaufstellung um weitere 26 Kästen vor; daneben wurden
564 Exemplare der Vorräte bestimmt und eingeordnet. In der phyto-
pathologischen Abteilung sind unter anderm 265 Herbarblätter mit Fraß-
stücken, Coceiden usw. montiert, etikettiert und systematisch geordnet
worden.
Myriopoden. 28 Nummern Scolopendriden wurden bestimmt, eti-
kettiert, katalogisiert und eingeordnet, 520 Nummern der Vorräte vorläufig
geordnet und in die Sammlung gestellt.
Arachniden. 62 Nummern Gliederspinnen sind bestimmt, etikettiert,
katalogisiert und in die Sammlung eingeordnet, 350 Nummern Acariden
bestimmt und neu geordnet. Die 430 Nummern umfassende Boesenberg-
sche Sammlung einheimischer Spinnen ist einer eingehenden Revision
unterzogen, neu geordnet und etikettiert, 110 Nummern weiterer Spinnen
wurden bestimmt, etikettiert und mit der Boesenbergschen Kollektion zu
einer Sammlung deutscher Spinnen vereinigt.
Crustaceen. 374 Nummern der Neueingänge und Vorräte wurden
bestimmt, etikettiert, katalogisiert und eingeordnet. Die bereits im Vor-
jahre begonnene Neuaufstellung der Hauptsammlung — etwa 11 000 Gläser —
war am Schluß des Jahres zu Ende geführt.
Würmer. Die Familien der Acanthodrilimnen (250 Nummern), Mega-
scoleeinen (206 Nummern), Octochaetiden (30 Nummern) und Moniligastriden
(25 Nummern) wurden naclı der modernen Nomenklatur umetikettiert und
neu geordnet, die Neueingänge meist bis zur Gattung bestimmt, kata-
logisiert und in die Sammlung eingeordnet.
Tunicaten, Bryozo&ön. Die Familie der Tethyiden, 166 Nummern
umfassend, erfuhr eine wissenschaftliche Bearbeitung unter Neuordnung,
Etikettierung und Katalogisierung des Materials. ,
Echinodermen. 84 Nummern Echiniden und 14 Nummern Crinoiden
wurden bestimmt, katalogisiert und eingeordnet, die Neueingänge aptiert
und nach Ländern geordnet. Die Sammlung der trocknen Asteriden und
Ophiuriden erfuhr nach gründlicher Reinigung eine Neuaufstellung in
27 Schiebladen. Die Crinoidensammlung' wurde von Mr. Austin H. Clark-
Washington in ihren Bestimmungen revidiert.
Coelenteraten. 191 Nummern Spongien der Sammlung wurden
bestimmt, etikettiert und eingeordnet, dazu 385 mikroskopische Präparate
angefertigt. Die Neweingänge der echten Coelenteraten sind meist bis
zur Gattung bestimmt, katalogisiert und eingeordnet.
Elbuntersuchung. Die Hauptarbeit des Jahres bestand im der
Untersuchung der im Jahre 1909 gewonnenen Planktonfänge von Hamburg
bis jenseits des Mündungsgebiets der Elbe. Daneben ist die statistische
Bearbeitung der Molluskenfauna des Sielwassergebiets in Angriff genommen,
112 Naturhistorisches Museum.
wobei uns die Oberlehrerinnen Fräulein Reishaus und Fräulein Dieckmann
durch freiwillige Hilfsarbeit unterstützten. Vom 4.—17. Juli wurde eine
l4tägige Untersuchungsfahrt nach dem Mündungsgebiet der Elbe bis
Helgoland mit dem seitens der Deputation für Strom- und Hafenbau
freundlichst zur Verfügung gestellten Zweischraubendampfer „Schaarhörn“
unternommen, wobei unter gütiger Assistenz des Herrn Chemiker J. Görbing
von 5 zu 5 Kilometer Chlorbestimmungen des Wassers und qualitative
Plankton-Kettenfänge, von 10 zu 10 Kilometer quantitative Planktonfänge
gemacht wurden. Auch zahlreiche Grundfänge mit dem Scherbrettnetz
konnten im Laufe der Untersuchung erzielt werden. — Auf den Fischerei-
versammlungen in Altenwärder, Kiel und Hamburg wurden Vorträge über
die biologischen Verhältnisse der Elbe gehalten.
Fischereiwesen. Für die im Laufe des Jahres neu geschaffene
fischereibiologische Abteilung waren zunächst geeignete Arbeitsräume
und Laboratorien in einem Hause der Kirchenallee einzurichten. Die
Tätigkeit des Vorstehers hatte in erster Linie eine allgemeine Orientierung
über die Fischereiverhältnisse des Elbgebietes zum Zielpunkt. Nicht nur
umfangreiche Literatur- und Aktenstudien waren hierzu nötig, sondern
auch zahlreiche, vielfach bis Cuxhaven, Neuwerk und Büsum ausgedehnte
Exkursionen, Besuche der benachbarten Brutanstalten und Teichwirt-
schaften, Teilnahme an den heimischen Fischereiversammlungen, an der
Tagung des Deutschen Seefischerei-Vereins in Berlin, des Westdeutschen
Fischereiverbandes in Münster i. W., an dem Kursus über Biologie der
Süßwasserfische in Friedrichshagen bei Berlin. Auch an der Jahres-
versammlung des Ausschusses für die internationale Meeresforschung in
Kopenhagen nalım der Vorsteher auf diesbezügliche Einladung hin teil,
wobei er einen Bericht über die Eier und Jugendformen der Pleuronectiden
in der Nordsee zu erstatten hatte und mit einem neuen Bericht über die
Makrele betraut wurde. Eine Reise nach Rovigno und ein Gutachten
über die dortige Meeresstation des Berliner Aquariums wurde — unter
Zustimmung der Oberschulbehörde — auf Wunsch des Kgl. Preußischen
Kultusministeriums ausgeführt. Ein großer Teil der Arbeitszeit war sodann
der Beschaffung von Demonstrationsmaterial der wichtigsten Nutzfische
und ihrer Entwicklungsstufen, der Krebse, Weichtiere und sonstiger
Fischereiobjekte gewidmet, der Anlegung einer Sammlung von Wand-
karten, farbigen Tafeln und Lichtbildern sowie einer fischereibiologischen
Fachbibliothek. Zur Belebung des Interesses für Fischereifragen wurde
eine Reihe von Vorträgen gehalten teils in öffentlichen Fischereiversamm-
lungen, teils im Rahmen des allgemeinen Vorlesungswesens. In der
hamburgischen Fischereizeitschrift „Der Fischerbote“ veröffentlichte der
Vorsteher eine Anzahl monographischer Schilderungen über wichtige
Nutzfische des Meeres,
Naturhistorisches Museum. 113
Lehrtätigkeit.
a) Im Ralımen des Kolonialinstituts wurden folgende Vorlesungen
gehalten:
Professor Kraepelin: Einführung in die biologischen Wissenschaften,
2stündig.
Professor Mechaelsen: Die Tierwelt unserer afrikanischen Kolonien.
Daneben fanden seitens der Präparatoren Zfzerodt und Gast praktische
Kurse im Abbalgen und Präparieren von Tieren statt.
b) Speziell für Lehrer und Lehrerinnen, welche sich zum
Rektorats- bezw. Oberlehreiinnenexamen vorbereiten, waren folgende Ver-
anstaltungen bestimmt:
Dr. Leschke: Allgeineine Systematik der Tiere. II. Teil: Wirbeltiere.
Derselbe: Zoologisches Kolloquium.
Derselbe: Zootomisches Praktikum, 2stündig.
Professor von Brunn: Zoologische Exkursionen.
c) Dem Interesse des größeren Publikums dienten folgende
Zyklen:
Professor Pfeffer: Allgemeine Entwicklungsgeschichte (Embryologie)
mit vorwiegender Berücksichtigung der Wirbeltiere.
Professor Ehrenbaum: Über die Biologie der heimischen Fische und
Fischereiobjekte.
Dr. Hentschel: Das Tierleben des süßen Wassers.
Dr. Steinhaus: Führungen durch das Naturhistorische Museum.
Publikationen.
Seitens der Beamten sind im Laufe des Jalıres folgende Schriften
veröffentlicht:
Kraepelin, K.: Naturstudien in fernen Zonen. Leipzig, Teubner.
Pfeffer, @.: Einige Bemerkungen zur chromatischen Funktion der Tiere
in: Naturw. Wochenschr., Bd. 25.
Michaelsen, W.: Zur Kenntnis der Lumbrieiden und ihrer Verbreitung
in: Ann. Mus. Petersburg, Vol. XV,
Derselbe: On a new Megascolex from Ceylon in: Spolia Zeylonica,
wol VI.
114 Naturbhistorisches Museum.
Derselbe: Sur quelques Oligochetes de l’Ecuateur in: Mission geogr.
meridien &quat. Amer. Sud, Tom. IX.
Derselbe: Oligochaeten von verschiedenen Gebieten in: Mitt. Mus,
Hambg., Bd. XXVLI.
Derselbe: Die Oligochaetenfauna der vorderindisch - ceylonischen
Region in: Abh. Natw. Ver. Hamburg, Bd. XIX.
Derselbe: Die Oligochaeten des inneren Ostafrikas und ihre geo-
graphischen Beziehungen in: Wiss. Ergebn. deutsch. Zentr.-Afrika-
Exped. 1907—08, Bd. II.
Derselbe: ÖOligochaeten von den Aru- und Kei-Inseln in: Abh.
Senckenb. naturf. Ges., Bd. XXXII.
Derselbe: Jahresbericht über Oligochaeten 1907 und 1908 in: Arch.
f. Naturgesch., Bd. LXXIV und LXXV.
Ehrenbaum, E.: Das Aquarium der Biologischen Anstalt auf Helgoland,
in: Internat. Revue der ges. Hydrobiol. und Hydrographie, Bd. II.
Derselbe: Die Plattfischlarven der Nordsee und benachbarter
(Gewässer nach Zeit und Ort ihres Vorkommens, nebst Anlage:
Tabellen zur Bestimmung planktonischer Eier der Nordsee und
benachbarter Gewässer (mit Ausschluß der Ostsee) in: Rapports
et Proces verb. du Conseil Internat. pour l’explor. de la mer,
vol. XII.
Derselbe: „Über die Lebensgeschichte unserer Fische“, kleine Mono-
graphien in: Der Fischerbote, Zeitschr. f. d. Interessen d. Hochsee-,
Küsten und Flußfischerei sowie der Fischverwertung.
eh, L.: Zwei Erbfehler in zoolog. Hand- u. Lehrbüchern in: Natw.
Wochenschr. 1910, Nr. 13.
Derselbe: Lief. 5 der Tierischen Schädlinge in: Sorauer, Handbuch
der Pflanzenkrankheiten.
Derselbe: Die Lüneburger Heide in: Grubes Geogr. Charakterbilder,
3. Aufl.
Derselbe: Über Petroleum-Emulsion in: Prakt. Ratgeber in Obst-
und Gartenbau 1910.
Derselbe: Insekten und Vögel im Jahre 1910 in: Natw. Zeitschr. f.
Forst- u. Landwirtschaft 1910.
Volk, R.: Die Bedeutung der Sielabwässer von Hamburg- Altona für
die Ernährung der Elbfische in: Der Fischerbote 1910, Nr. 3 u. 4.
Duncker, G.: On some Syngnathids from Ceylon in: Spolia ceylanica,
BAVIE SP235:
Hentschel, E.: Jahresbericht über Bryozoen für 1907 u. 1908 in: Arch.
f. Naturg., Bd. LXXIV u. LAXV.
Derselbe: Über einen bei Neufundland gefangenen Pottwal (Physeter
macrocephalus L.) in: Zool. Anz., Bd. 56.
Naturhistorisches Museum. 115
Uber das Material des Museums sind ferner folgende Arbeiten
erschienen:
a) In den Mitteilungen des Museums, Bd.XXVIl:
Holmgren, Nils: Versuch einer Monographie der amerikanischen
Eutermes-Arten. Mit 78 Textfiguren und 1 Kartenskizze.
Mortensen, Th.: Arbaciella elegans, eine neue Echiniden-Gattung aus
der Familie Arbaciidae. Mit 3 Textfiguren und 2 Tafeln.
Werner, F.: Über neue oder seltene Reptilien des Naturhistorischen
Museums in Hamburg. II. Eidechsen.
b) In den Abhandlungen des Naturwissenschaftlichen Ver-
eins in Hamburg, Bd. XIX:
Roewer, C. Fr.: Revision der Opiliones Plagiostethi. 1. Teil: Phalan-
giden. Mit 6 Tafeln.
Strebel, H.: Concholog. Mitteilungen aus d. Naturh. Mus. Hambg. Mit
3 Tafeln.
c) In: Die Fauna Südwestaustraliens. Ergebnisse der Hamburger
südwestaustralischen Forschungsreise 1905:
Broch, H.: Pennatulida, Bd. III, Lief. 2.
Kükenthal, W.: Alcyonaria, 1. Teil, Bd. III, Lief. 1.
Loman, J. C. ©.: Opiliones, Bd. III, Lief. 4.
Ris, F.: Odonata, Bd. II, Lief. 24.
kitter-Zahony, R. v.: Chaetognatha, Bd. III, Lief. 3.
Weltner, W.: Spongillidae, Bd. III, Lief. 5.
Werner, F.: Reptilia (Geckonidae und Seincidae), Bd. II, Lief. 25.
d) Im Journal für Ornithologie:
Martens, G. H.: Ormis Fokiensis, Zusammenstellung der in der Prov.
Fokien vorkommenden Vogelarten mit spezieller Berücksichtigung
der Sammlungen des Hamburg. Naturhist. Museums.
Reisen.
Der Direktor wohnte als Delegierter des Hamburgischen Staates
dem VIII. Internationalen Zoologenkongreß in Graz (15.—20. August) bei;
auch nahm er teil an einer Konferenz im Reichskolonialamt zu Berlin
über Verteilung der aus den Kolonien eingehenden Naturobjekte.
116 Naturhistorisches Museum.
Professor Ehrenbaum folgte einer Einladung zur Versammlung des
Ausschusses für internationale Meeresforschung in Kopenhagen. Ein für
das preußische Ministerium des Kultus zu erstattendes Gutachten führte
ihn nach Rovigno; auch wohnte er den Verhandlungen des Deutschen
Seefischerei-Vereins in Berlin und des Westdeutschen Fischereiverbandes
in Münster i. W. bei.
Dr. Reh beteiligte sich an einer Sitzung der Deutschen Landwirt-
schafts-Gesellschaft in Berlin sowie als Delegierter des Museums am I. inter-
nationalen Entomologen-Kongreß in Brüssel (1.—5. August).
Dr. Hentschel unternahm mit Unterstützung des Museums von Mai
bis August eine Forschungsreise nach Neufundland, wobei er namentlich
der marinen Fauna einschließlich der Wale seine Aufmerksamkeit widmete.
Museum für Kunst und Gewerbe. 7
Eingelegter Tonfries von einem „Tischbein-Ofen“ aus Eutin. Anfang des 19. Jahrhunderts.
3reite 69 em.
9. Museum für Kunst und Gewerbe.
Bericht für das Jahr I910
vom
Direktor Professor Dr. Justus Brinckmeann.
Die Verwaltung.
In den Jahren 1910 bis 1911 bestand die Kommission des Museums
für Kunst und Gewerbe aus den Herren Senator Dr. von Melle als Vor-
sitzendem, E. H. E. W. Breymann, Georg Hulbe, Dr. H. Ulex, Alexander
Schoenauer, Ludwig Hansing, Dr. Max Albrecht, Rud. Sieverts und Sieg-
Jried Barden sowie dem Rat bei der Oberschulbehörde Herrn Dr. Max
Förster und dem Direktor Herrn Dr. Justus Brinckmann.
Als wissenschaftliche Assistenten arbeiteten an der Anstalt Herr
Professor Dr. R. Stettiner sowie die Herren Wilhelm Weimar und Shin-
kichi Hara.
Als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter verblieb Herr Dr. Adolf @ott-
schewski. Herr Dr. Theodor Raspe verließ uns am 1. Mai 1910, um dem
Ruf als Direktor des Kunstgewerbe-Museums zu Oldenburg i. Gr. zu folgen.
Die Ausgaben für die Verwaltung.
Die budgetmäßigen Gehalte für den Direktor, die drei wissenschaft-
lichen Assistenten, den Werkmeister, die beiden Werkmeistergehilfen, den
im Budget für 1910 neu bewilligten Restaurator und Buchbinder, den
Hausmeister, den Maschinisten und einen Anufseher beliefen sich auf
M 54 454.
Für Hilfsarbeit und Hilfsaufsicht wurden verausgabt M 13 952,19.
Hiervon entfielen auf wissenschaftliche Hilfsarbeit A 3316, auf künstle-
tische Hilfsarbeit (vorwiegend Denkmäler-Aufnahmen) M 1742,10, auf tech-
nische Hilfsarbeit (vorwiegend Tischlerarbeiten) .\ 3263,75, auf Hilfsarbeit
10
11 Museum für Kunst und Gewerbe.
bei den Schreibarbeiten M 3240, auf Hilfsaufsicht M 2277, der Rest auf
die staatlichen Versicherungszuschüsse.
Für die Bibliothek und die graphischen Sammlungen standen zur
Verfüceung M 12500, die bis auf M 0,96 verausgabt wurden. Von
den zu Lehrmitteln für die Vorlesungen ausgeworfenen M 400 wurden
M 258,30 verausgabt.
Für die sonstigen Ausgaben für die Verwaltung standen budget-
mäßig zur Verfügung M 66 700, denen eine Rückvergütung der Elektri-
zitätswerke hinzutrat von M 4365,20.
Die Ausgaben betrugen für Heizung, Lüftung und Bewachunge
M 18709,24, für Beleuchtung, Reinigung und Wasserversorgung
M 37 184,30. Zu beachten ist, daß diese Ausgaben nicht das Museum
allein betrafen, sondern das ganze Schul- und Museumsgebäude mit den
in ihm noch untergebrachten gewerblichen Lehranstalten, der Allgemeinen
(sewerbeschule, der Baugewerkschule und dem Technikum sowie den
Betrieb der Aula für Vorlesungszwecke umfaßten.
Die das Museum allein betreffenden Verwaltungskosten betrugen
\t 5597,92 für Restaurierungs- und Ausstellungsarbeiten, MM 4220,55 für
Reisen, Fracht und Verpackung, M 2839,35 für Drucksachen, Buchbinder-
arbeit, Schreibmaterial und Inserate, MM 2513,86 für Bureaukosten, kleine
Ausgaben und Dienstkleidung, insgesamt M 15 171,66.
Auch dieses Jahr war die Anstalt genötigt, nach dem Reichsgesetz
über die Besteuerung der Schenkungen an öffentliche Museen eine außer-
ordentliche Bewilligung zu beantragen, da ihr budgetmäßig keine Mittel
für Steuern zur Verfügung stehen; der erforderliche Betrag, M 300, wurde
von Einem Hohen Senat und dem Bürgerausschuß bewilligt.
Die Vermehrung der Sammlungen.
Im Jahre 1910 standen budeetmäßig zu Ankäufen für die Samım-
lungen zur Verfügung NM 40 000. Wie diese Mittel für Ankäufe verwendet
wurden, erhellt aus der nachstehenden Übersicht.
In der Zusammenstellung der Ankäufe nach technischen Gruppen
stehen dieses Mal die Holzarbeiten, Möbel und Täfelungen mit M 8577
an erster Stelle, wobei über die Hälfte auf eine Täfelunge und Schrank-
möbel aus den hambureischen Vierlanden entfiel. An zweiter Stelle stehen
die Porzellangefäße mit 4 8269,58, an dritter die Fayencen mit
M 6570,22. Auf Edelmetallarbeiten wurden M 3504 verwendet, vor-
wierend für Silbergefäße des 18. Jahrhunderts und niederdeutschen
Bauernschmuck. Ein erheblicher Betrag, 4 2982,24, kam den Stickereien
zugute, und zwar vorwiegend solchen vierländischer und niederelbischer
Herkunft, Gebiete, die auch nahezu ausschließlich im den Käufen von
Die Vermehrung der Sammlungen. 119
l. Nach technischen Gruppen.
Stück Preis M Stück Preis M
a IRASRTU Te en Big a ne SABR eR 86 1 034, —
RE ETETIER ET ee ee TR el. 213 2 982,24
nit eohTanbeitene a a na 1 5,89
REIS EEE SE EP IRBERE PR B) 895, —
Bike Ronpfefäße 7.1. 22. 2.2....02.. 028 1 6,60
EEE DEN HONE MN EREE DET EEE TE A 5 334,87
TREE AR ar ER HEN RENEIEEE FU 8 1357,30
a AN a de REN fe) 110,80
a at Selena kin ade Fa ele Myee 3l 6570,22
RE Ne Rn Re ae en er 3 290, —
Un ELLE BEN Tee EEE RR ER 50 8269,58
HNO REN... 30 Ann ae nenne 6 1550,—
zellinsalanterien . ...... 2 occesnezeeennnnee 1 DU. —
Meramssche Arbeiten im Banzen u... near 113 18539,37
een... eesueneeanser EN SR ei, ale are 1 1,
Beesbel und Täfelungen ................ N 70 7m
DI LZEG LET ZEN Te WE Pe I 850, —
HAlzarBeiten. im SAUZEn'H: Hal. RR 52 9427, —
Eee sin 0 2a en a a en 2 892,60
9. Edelmetallarbeiten:
LOSSEHIE EEE ER ion #225,
RBIBILERIER on 2 ae Ba a 4 3), —
BEE ee er N 108 2194, —
Hdelmetallarbeiten; im ganzen... „si... ep tar se 118 3 504, —
10. Kleingerät aus Metall und anderen Stoffen..............22222... 22 432,30
BerBrönze-, Kupfer- und Zinnarbeiten...-.--- -:--..-."..22..2..220.- 9 1 150, —
esensehaftliche Instrumente _ .. .. - ...-..2......u.auu.0u20 22... 1 19,7
DET ae A N SE SE 12 180,10
ee ecmevtarbeiten..5:2...122 2. elle. ri, 1 5,
ee en ee 1 40,—
Bapanische Schwertzieräten...............2200.22coueeeeeneese en 4 77,50
EHER se SEE: 115,
ee ee ee 2 30
Zusammen...... 644 40 000,—
Il. Nach geschichtlichen Gruppen.
Stück Preis M
Abendland: BE rahistorischenr. „u, le ernst; ehr: 2 210, —
EEE LARSISEHEST NHL Er 0 ar er 2 46,60
Tel ahrliundert ers 1 150, —
FAHREN ETIIH R ER ATERN ae 13 4 823,80
SE Bir Jahrhundert: -) 2.8. Suse n ndahand 15 5 928,62
Palo alrhindert 2. 2 co ee 138 14 552,64
Bor alrküunderir .:4aBe ee N ee 9 2 891,22
Ss 0 Jahrhunderb 2.0... ET 2 I —
9. Vierländisches des 17.—19. Jahrhunderts. ......... OT 5 634,89
10. Aus anderen niederelbischen Gebieten des 17.—19. Jahrh. 89 12999,
nl China, und Korea... 2-.2...2..00 020 ea een. 21 3 862,13
Li LESE Trosolee Mer ERE EN 5 130,10
Zusammen...... 644 40 000,—
120 Museum für Kunst und Gewerbe.
Kleidungsstücken zum Betrage von 4 1034 auftreten. Auch in anderen
Rubriken tritt dieses Jahr das bäuerliche Kunstgewerbe der niederelbischen
Marschen in den Vordergrund, dahin gehört auch ein Wagen, der ein
ausgezeichnetes Beispiel der zweirädrigen Karriolwagen aus den mit Klinker-
chausseen versehenen unterelbischen Gebieten ist.
In der zweiten Übersicht steht das 18. Jahrhundert mit M 14 552,64
obenan; Meißener Porzellangefäße und Figuren, Sevres-Porzellangefäße,
Silbergefäße der Rokokozeit fallen hierbei hauptsächlich ins Gewicht. An
zweiter Stelle steht das 17. Jahrhundert mit M 5928,62, wobei Möbel
und Holzschnitzereien zu zwei Dritteilen dieser Summe beteiligt sind.
Auf das 16. Jahrhundert entfielen M 4823,80, vorwiegend auf Fayencen
und Arbeiten aus unedlen Metallen. Zum Ankauf von Gegenständen des
Mittelalters boten sich keine besonderen Gelegenheiten, daher nur M 150
auf solche verwendet wurden, und zwar für spätgotische Möbelschnitz-
werke. Unbedeutender noch war dieses Jahr der Zuwachs an Erzeug-
nissen des klassischen Altertums, denen nur M 46,60 zugute kamen.
Wie die Zusammenstellung der Käufe aus den Vierlanden mit M 5634,89
ergibt, standen die Käufe des Vorjahres unter dem Zeichen der heimischen
„Volkskunst“; jene Summe würde sich noch um nahezu M 3000 erhöhen,
wenn sie, anstatt nur die aus ländlicher Handwerkskunst oder bäuer-
lichem Hausfleiß erwachsenen Gegenstände, Möbel, Textilien, Schmuck-
sachen zu umfassen, auch solche Altertümer enthielte, die in den Vier-
landen erworben, jedoch dort nicht entstanden, nur bewahrt worden sind.
Zum erstenmal in den Übersichten der Ankäufe erscheint dieses Jahr
neben den Vierlanden eine Rubrik, welche die Erzeugnisse der übrigen
niederelbischen Marschen umfaßt. Vorwiegend beteiligt sind hierbei das
hannöversche Alte Land und die hamburgische Elbinsel Finkenwärder.
Auch der hohe Betrag von M 3066,22 für Erzeugnisse des 19. Jahr-
hunderts beruht zu nahezu einem Drittel auf Gegenständen, insbeson-
dere auf Schmuck bäuerlicher Herkunft, im übrigen vorwiegend auf
Möbeln der Biedermeierzeit. Erwerbungen von Erzeugnissen des 20. Jahr-
hunderts waren nur wenige zu verzeichnen.
Der Vergleich der hohen Anzahl der im Berichtsjahr angekauften
Stücke, 644 im Durchschnittswerte von nur M 62 mit den entsprechenden
Angaben für die Vorjahre fordert eine Erläuterung. Im Jahre 1909 be-
trux der Durchschnittswert von 481 Stücken M 114, und für die vorauf-
gegangenen ‚Jahre ergeben sich für 1908: 461 Stücke zu NM 87, 1907:
530 Stücke zu M 151, 1906: 236 Stücke zu M 340, 1905: 200 Stücke zu
M 150, 1904: 230 Stücke zu M 130, 1903: 289 Stücke zu M 104, 1902:
207 Stücke zu M 145, 1901: 119 Stücke zu M 210. Der Durchschnitts-
preis ist demnach im Jahr 1910 niedriger gewesen als in einem der neun
voraufgehenden Jahre. Unsere Aufgabe, die niederelbische Volkskunst,
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 1
En
besonders die vierländische, so lange es noch möglich, zu vollkommener
Darstellung zu bringen, führte, da es sich hierbei nicht um hohe Einzel-
werte handelt, vorübergehend zu dem Sinken des Durchschnittswertes.
Ankäufe und Schenkungen.
Die Namentücher.
Englische Namentücher.
Die englischen Namentücher, „Sampler“, sind die einzigen
Stickereien dieser Art, denen ein eingehendes und zugleich farbig illu-
striertes Buch gewidmet worden ist. Marcus B. Huish, ein durch seine
Veröffentlichungen über Japanisches Kunstgewerbe schon länger bekannter
Schriftsteller, hat es im Jahre 1900 unter dem Titel „Samplers and tapestry
embroideries, also the stitchery of the same“ im Verlage von The Fine
Art Society in London herausgegeben. Den Stoff zu diesem Buch hatte
ihm eine im selben Jahr von der Fine Art Society veranstaltete Leih-
ausstellung geboten, in der 350 Sampler (Namentücher) vereinigt waren.
Daß es sich bei diesem Buche nur um Namentücher englischer Herkunft
handeln konnte, war zu erwarten; jedoch hat Mr. Huish in einem Abschnitt
„Foreign Samplers“ einen Beitrag der Mrs. ©. J. Longman über die
„Sampler“ ihres Besitzes von deutscher, holländischer, belgischer, franzö-
sischer, schweizerischer, italienischer, spanischer und portugiesischer Her-
kunft mitgeteilt, mit kurzen Angaben über Eigentümlichkeiten der Namen-
tücher dieser Länder und die ältesten auf ihnen beobachteten Daten.
Was dabei von den deutschen Namentüchern gesagt wird, hat wenig zu
bedeuten, weil das der Frau Longman vorliegende Material zu unbedeutend
war, vor allem aber deswegen, weil sie nicht imstande war, die deutschen
Namentücher nach ihrer Herkunft aus bestimmten Gegenden zu erkennen.
Die Abgrenzung der Herkunft der Namentücher nach bestimmten, man
darf sagen ethnographischen Gruppen ist aber, wenn nicht für das eng-
lische, so doch für das deutsche Namentuch möglich und wichtig, wie das
schon der Ausblick auf das beschränkte Gebiet der Niederelbe beweist.
Erst nachdem solche Aberenzungen gelungen, wird man, die Motive rück-
wärts verfolgend, den Weg zu den Quellen finden können, denen sie vor
Jahrhunderten entflossen sind. Darauf, daß für die Erforschung des Ur-
sprungs der Muster die Bauernstickereien, welche die Überlieferungen
dauernder festhielten als die von den Wandlungen des Geschmackes
rascher und völliger beeinflußten Arbeiten der städtischen Stickerinnen,
von besonderer Bedeutung sind, haben wir schon im Führer hingewiesen.
Die eigentlichen Bauernstickereien aber, die ohne Einfluß der Schule in
122 Museum für Kunst und Gewerbe.
häuslicher Überlieferung entstanden sind, scheinen, wenn das vorliegende
Material einen gültigen Schluß gestattet, in England ebenso zu fehlen,
wie es diesem Lande, seit Jahrhunderten wenigstens, an einem Bauernstande
fehlt, der unserem niederdeutschen Bauernstande hinsichtlich seiner Bedeu-
tung als Träger einer besonderen Geschmackskultur zu vergleichen wäre.
Über die Herkunft der „Sampler“ im einzelnen Fall weiß Huish
nichts zu berichten. Die durch eingestickte Ortsnamen als schottischer
Herkunft nachgewiesenen Sampler tragen keine durchgreifenden, sie von
denen englischer Herkunft unterscheidenden Merkmale. Auffallend ist
anderseits, daß bei den Samplers des 18. Jahrhunderts manche Blumen-
und Vogelmotive auftreten, sogar nicht selten eine planmäßige Gruppierung
dieser Motive erscheint, die an Näh- und Namentücher der holländischen
Provinz Groningen erinnern. Bei manchen Namentüchern muß man sich
erst durch die eingestickten holländischen oder englischen Mädchennamen
oder andere Einzelheiten davon überzeugen, welchem Volke sie zuzuweisen
sind. Die große Ähnlichkeit, ja Gleichförmigkeit gewisser Pflanzenmotive,
so der auf einem Dreieckfuß wachsenden symmetrischen Blütenstauden,
mag sich ungezwungen daraus erklären, daß die stilistische Gebundenheit
der auf dem Leinengewebe und dem Kreuzstich beruhenden Muster ganz
von selbst zu bestimmter Stilisierung leitete. Aus den senk- und wage-
rechten Geraden, den im halben rechten Winkel auf- und absteigenden
Schräglinien und aus den geraden Linien oder den schrägen Linien
stufenweis gebildeten gebrochenen Linien setzte sich das Gerippe solcher
Bäumchen zusammen, an das sich dann die ebenso gebundenen Einzel-
heiten, die Nelkenblüten, die heraldischen Lilien, die rhombischen Blätter
und andere pflanzliche Zierformen anfügten. Auf gleichem Wege gelangte
man auch zu verwandten Darstellungen von Tiermotiven, ohne daß nach
gemeinsamen Vorlagen gesucht zu werden braucht, wie solche in den
Siebmacherschen und älteren Stickmusterbüchern für andere Gruppen von
Stickmustern leicht nachweisbar sind; aber so sehr die stilistische Beein-
flussung des einfachen Naturmotivs durch die Technik erklärend zu Rate
gezogen werden darf, wird man in ihr doch nicht die einzige Ursache
der Formenverwandtschaft finden, denn in südlichen Ländern, im östlichen
Mittelmeer haben verwandte Techniken keineswegs zu gleichen Mustern
eeführt.
Das älteste datierte Namentuch, dessen Huish in England habhaft
werden konnte, ist 1648 von Rebekah Fisher gestickt. Die ganze Fläche
des langgestreckten Leinentuches ist dicht gefüllt mit Bortenmustern in
vielfarbiger Seide und verschiedenen Stichweisen, nur ein Antiquaalphabet
reiht sich bescheiden an. Ein Sampler von 1662 zeigt ebenfalls nur
mannigfache Bortenmuster, am Fuß ein Alphabet und die Worte: „Mary
Hall is my name, and when I was thirteen years of age I ended this
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 125
in 1662“. Die Schönheit und gute Ausführung der Muster ist erstaunlich
für ein so junges Mädchen; unser Erstaunen wächst, wenn wir dank
dem in der Folge üblichen, nur in England beobachteten Brauch, das
Alter der jugendlichen Arbeiterin anzugeben, von noch viel Jüngeren
Stickerinnen lesen.
Sobald die Reihung zahlreicher Bortenmuster auf dem langgestreckten
Tuch verlassen wird, zu Anfang des 18. Jahrhunderts, nimmt das Tuch
eine mehr quadratische Gestalt an und erscheinen auf ihm Einzelmotive,
zumeist wachsende Stauden und Blütenzweige, die, hie und da von Vögeln
belebt, das von einer gebrochenen Ranke eingefaßte Feld in regelmäßiger,
oft streng symmetrischer Anordnung füllen. Gleichzeitig verschwinden
die Alphabete, an ihre Stelle treten fromme Sprüchlein, geistliche Lieder,
Bibelstellen. Man fragt sich, ob man es hier noch mit einer Sammlung
von Mustern zur Auslese für die nützliche Anwendung im späteren Haus-
halt zu tun hat, und gewinnt den Eindruck, die jugendliche Stickerin
habe ohne Rücksicht hierauf eine Leinenfläche, zu deren Hauptsache die
fromme Mahnung wird, farbig verzieren wollen, das Tuch dann unter Glas
eerahmt als Wandschmuck zu verwenden, ein Brauch, der für England be-
zeugt und uns hie und da auch bei den niederelbischen Bauern begegnet ist.
Die dekorativ regelmäßige Anordnung der Muster, die Anbringung
eines oft viele Zeilen langen Textes und des Namens und Alters der
Stickerin sind die drei Merkmale, welche das englische Namentuch der
späteren Zeit kennzeichnen. Die Mustertücher dieser Art sind nahezu
stets in Kreuzstich mit farbigen Seiden ausgeführt, während bei den
älteren mannigfache Stichweisen, ganz wie bei den niederdeutschen der
Mitte des 17. Jahrhunderts auch die weiße Stickerei des punto tirato
und punto tagliato und für die farbige Stickerei der Stilstich, Kästchen-
stich, Holbeinstich und andere Stiche üblich gewesen waren.
Gute Beispiele des typischen englischen Samplers der zweiten
Hälfte des 18. und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bieten drei
Namentücher des Museums, von denen eines schon länger in unserem
Besitz, zwei im Vorjahre erworben wurden. Das älteste, gestickt in viel-
farbiger Seide von „Betsy Woolfe Aged 11 years 1782“, trägt nicht
weniger als drei fromme Inschriften, die als Ergänzung zu den vielen
von Huish abgedruckten hier Platz finden mögen. Die obere lautet:
The Lord is my Shepherd therefore can I lack notling. He
Shall feed me in a green Pasture and lead me forth beside the
Waters of Comfort. Thou shalt prepare a Table before me
against them that trouble me, thou didst anoint my Head with
Oil and my Cup shall be full, But thy loving kindness and
Mercy shall follow me all the Days of my Life and I will
dwell in the House of the Lord for ever
124 Museum für Kunst und Gewerbe.
Unter diesen sieben Schriftzeilen sind in streng symmetrischer Anordnung,
so daß die eine Hälfte das Spiegelbild der andern, kleine Motive verteilt:
ein Blumenkorb mit drei Nelken, blühende Bäume mit dreieckiger Krone,
Ohreulen, Löwen, Hunde, Pfauen, Kronen. Dann wieder ein Spruch:
Envy Not the Appearance of happiness in no Man for
Thou knowest not his Secret Griefs .
REIFE WE
4 Who dare Stand er me wien ind
X and ther RR
Da Ball ‚her Won
2
Englisches Namentuch, Sampler, mit vielfarbiger Stickerei, vom Jahre 1822. Gr. 34 zu 32 cm.
Diesen trennt ein mit Blumenkörben, Bäumchen und Vögeln in strenger
Symmetrie gefüllter Streifen von dem dritten Spruch:
The eye that mocketh at his father and despiseth to
obey his mother the ravens of the valley shall piek it
out and the young eagles shall eat it.
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 125
Den Beschluß macht ein auf breitem grünen Plan ruhender großer Hirsch
zwischen Blumenkörben und Vögeln. Eine eckige Ranke, von der ab-
wechselnd nach rechts und nach links Blumen abzweigen, umspannt
das Ganze.
Ein zweites Sampler, gestickt von „Mary Corn aged 10 July the
23 in the year of our Lord 1800“, bietet an Stelle des Spruches wieder
zwei Alphabete. Die mageren Muster, Blumen in Vasen, Bäumchen, Vögel,
Kronen, Häuser sind streng symmetrisch verteilt. Das dritte S. 124 abge-
bildete Sampler ist „Rhoda Hall her work aged 15 years 1822“ und ein
typisches Beispiel für die Mehrzahl der englischen Sampler, hinter denen
man weniger freie häusliche Überlieferung als den Einfluß der Nähschule
vermuten möchte, wie wir solchen auch hinter den hamburgischen Namen-
tüchern des 18. bis 19. Jahrhunderts vermuten dürfen.
Der Freundschaft huldigt die 10 jährige Stickerin hier mit folgenden
Versen:
Tell me ye knowing and discerning few
Where I may find a Friend both firm and true
Who dare stand by me when in deep distress
And then is love and Friendship most express.
Den Quellen der Spruchpoesie der englischen Sampler ist Huish
nicht nachgegangen; er beenügt sich damit, den vielen Zitaten die Be-
merkung hinzuzufügen, daß es eine interessante Aufgabe wäre, ihren
Ursprung aufzuklären, hinter dem er die Ausbreitung der Methodisten
und ihrer geistlichen und moralisierenden Gesänge vermutet.
Holländische Namentücher.
Auf die holländischen Namentücher, in ihrem Ursprungslande
„Letterndock“ oder „Neidock“ genannt, wurden wir vor zwei Jahren
durch die schönen Beispiele aufmerksam, welche ein nordholländisches
Stadtmuseum in der vom Lyceum-Club zu Berlin veranstalteten Volks-
kunstausstellung gezeigt hatte. Einige holländische Händler, denen wir
danach die nötigen Weisungen gaben, verschafften auch uns dergleichen
Namentücher, zumeist mit Nachweisen ihrer Herkunft, auf die es uns an-
kam, um beurteilen zu können, ob in Holland wie in Niederdeutschland
die Namentücher landschaftliche Besonderheiten aufweisen. Die Mehrzahl
unserer Namentücher stammt aus der Provinz Groningen, eines aus
Friesland, andere sind unbestimmter Herkunft. Das älteste in der
Reihe, das S. 126 abgebildete, aus Zyldyk in Groningen hat Hindricktrin
Geerts gestickt in den ‚Jahren 1685 bis 1693; ihrem Namen hat sie in
gleicher Schrift hinzugefügt die Worte „min neidock“. Oben ist in kleiner
Schrift der Vers zu lesen:
Museum für Kunst und Gewerbe.
RESE EDER VIELES EFEHEIBR TEE SFRERT
REBEL LFD
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” BR acer PURE EE
BERPEFSEIK LE
Holländisches Namentuch, gestickt in vielfarbiger Seide in den Jahren 1685 bis 1693
Größe 70 zu 47 cm.
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 12%
Rickdom en Schönhit daer is niet op te mviren,
het waerde verdel meer dan grodt moch het evwigh Dviren.
Zu deutsch etwa:
Reichtum und Schönheit, darauf ist nicht zu mauern,
ein sehr großer Vorteil wäre es, möchten sie ewig dauern.
Mit seinen mannigfachen vielfarbisen Buchstaben, die bald nur aus
geschachten Quadraten bestehen, bald mit Stilstichen umrandet oder rings
mit kleinen Augen besetzt, bald in den Flächen mit Kreuzchen gemustert
sind, zeigt sich die Liebhaberei der holländischen Stickerinnen für reiche
Zierschriften, wie solche in Niederdeutschland nur wenig vorkommen, in
einer der holländischen ähnlichen Weise am schönsten an den Namen-
tüchern der Altenländerinnen auf dem hannöverschen linken Elbufer. Die
untere Hälfte des Nähtuches ist dicht gefüllt mit einer Menge kleiner
figürlicher und sachlicher Ziermotive, wie sie mehr oder minder vollständig
an den hamburgischen Namentüchern unserer Sammlung aus den 30er und
40er Jahren des 18. Jahrhunderts sich finden, zugleich aber mit vielerlei
Bäumchenmustern, wie sie bei englischen und niederdeutschen Namen-
tüchern, nirgend aber reicher entfaltet als bei den Stickereien aus den
hamburgischen Landgebieten uns begegnen. Von altbiblischen Vorwürfen
sehen wir nur die Kundschafter Josuahs mit der Traube, wohl das belieb-
teste und verbreiteste Motiv dieses Ursprungs. Von christlicher Symbolik
nur den Pelikan, seine Jungen mit seinem Blute nährend, ebenfalls ein
altes und weit verbreitetes Motiv. Adam und Eva am Paradiesesbaum
fehlen und finden sich auch selten auf andern holländischen Namen-
tüchern, und die Kreuzigung, von der Huish auf englischen Namentüchern
nicht ein einziges Beispiel nachweisen konnte, scheint auch in Holland
völlig zu fehlen. Desto häufiger finden sich allerlei kleine figürliche und
sachliche Motive aus dem Alltagsleben. Unsere sich über anderthalb
Jahrhunderte erstreckenden holländischen Namentücher bieten davon: die
Frau mit der Eimertracht; die Frau neben dem Butterfaß und dem vom
Pferde getriebenen Göpelwerk zum Buttern; den Taubenschlag, das Segel-
schiff, alle diese schon auf unserem ältesten Namentuch von 1695 und
später oft wiederholt; die Windmühle; auf geschachtem Pflaster ein Schrank
mit drei blauweißen Vasen auf dem Gesims — und dergleichen andere
auf Besonderheiten des holländischen Landlebens bezügliche Sachen. Ein
Hut auf einer Stange neben einem aufgerichteten Löwen und der Hut
auf der Stange allein sind niederländische Freiheitssinnbilder.
Dergleichen kleine Spielereien geben, wenn sie auch Erdgeruch haben,
nicht das Wesen der Groninger Namentücher. Dieses beruht außer in
der den Lettern (daher der Name „Letterdock“) gewidmeten Sorgfalt, die
auf den Zusammenhang mit der Nutzanwendung für das Bezeichnen der
Leib- und Bettwäsche weist, auf den im strengen Stil des Kreuzstiches
128 Museum für Kunst und Gewerbe.
&ezeichneten Blütenstauden, von denen im hohen Grade gilt, was zu den
englischen Namentüchern über die stilisierten Blütenstauden und Bäumchen
bemerkt ist und uns weiter an den Namentüchern der niederelbischen
Bäuerinnen begegnen wird. In der symmetrischen Anordnung solcher
Motive im Felde nähern sich manche holländische Namentücher den eng-
lischen, mit denen sie auch die Einfassung aus eckigen Ranken gemein
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Holländisches Namentuch, gestickt in vielfarbiger Seide, aus dem Jahre 1778.
Größe 52 zu 54 cm.
haben. Gestickt sind alle diese Nähtücher in mehrfarbiger Seide, bis-
weilen mit Beschränkung auf nur wenige Farben; nur ein Namentuch aus
dem Jahre 1804 ist ganz in Schwarz ausgeführt, wie es bei den vier-
ländischen damals die Regel war.
Eine Gruppe für sich bilden einige holländische Namentücher von
nicht sicher bestimmter Herkunft, deren saubere Stickereien vom strengen
Stil abweichend sich naturalistischer Auffassung und freierer Farbigkeit
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 129
bedienen, ohne den Zusammenhang mit den älteren Beispielen ganz zu
verleugnen. Eines dieser Namentücher vom Jahre 1821 zeigt unten in
der Mitte ein Gittertor mit der Inschrift „Welbedagt“, daneben zur Rechten
ein schmales dreifensteriges und dreistöckiges Backsteinhaus, zu dessen
hochgelegenem Eingang eine Doppeltreppe führt, und zur Linken eine
weidende schwarzweiße Kuh. Dazu oben große Papageien und in der
Mitte ein Rund mit Figuren in Landschaft. Ein anderes vom Jahre 1815
zeigt als Mittelstück einen Strauß Rosen, Nelken und Rittersporn in einer
niedrigen birnförmigen Vase, deren blaue Bemalung mit Chineserien an
Delfter Ware erinnert. Um diese Mitte sind oben gruppiert Blumenvasen,
Blumen- und Fruchtkörbe, Orangenbäume in Kübeln und unten ein Heu-
schober unter einem an Stangen verschiebbaren Schutzdach, ein Baum im
Gärtchen, ein niederes Backsteinhaus, auf dessen Schornstein ein Storch
nistet, und ein Mann mit Eimertracht.
Völlig anderer Art ist ein aus der Provinz Friesland stammendes
vielfarbiges Namentuch ohne Jahrzahl. Die immer noch eckigen Muster
sind nicht im Kreuzstich ausgeführt, sondern in parallelen Stichen, die
mehrere Fäden des Leinengrundes überspannen oder strahlig einen zum
Loche werdenden Punkt umgeben. Die Muster bestehen in Borten, in
denen Herzen und gegenständige Vögel abwechseln; einige große Zier-
buchstaben erinnern an das älteste Neidock der Provinz Groningen; von
sachlichen Vorwürfen nur ein Schiff. Die gleichen altertümlichen Vogel-
und Herzmotive in ebensolcher Ausführung begegnen uns aber zugleich
mit den reinen Kreuzstichmustern, den sachlichen Vorwürfen und den
symmetrischen Blumenstauden auch an zwei Namentüchern aus den Jahren
1716 und 1769, beide aus der Gemeinde Leens in der Provinz Groningen.
Hamburgische Namentücher.
Einzelne durch ihre Schönheit und ihr Alter hervorragende Muster-
tücher hiesiger Gegend des 17. Jahrhunderts in unserer Sammlung sind
bereits im „Führer“ kurz beschrieben worden. Zu allgemeinen Betrach-
tungen Können sie jedoch nicht führen, ehe ihr Ursprung auf andere Weise
als durch ihr örtliches Auftauchen sicher festgelegt ist. Festeren Boden
gewinnen wir erst im 18. Jahrhundert. Über diese späteren Namentücher
und die stets zu ihnen gehörigen Stopfmustertücher, Hemdzwickel- und
Knopflochtücher haben wir im Führer, Seite 60, eine zusammenfassende
Darstellung gegeben, die von dem damals ältesten Namentuch der Samm-
lung aus dem Jahre 1778 ausging. Inzwischen sind zahlreiche Namen-
tücher gleicher Herkunft zumeist als Geschenke hinzugekommen, die ge-
statten, den Ursprung der auf diesen Stickereien vorkommenden Motive
noch um fast ein halbes Jahrhundert rückwärts zu verfolgen. Ein von
1738 datiertes vielfarbig gesticktes Namentuch der Clara Koenen ist wie
130 Museum für Kunst und Gewerbe.
die Mehrzahl der hamburgischen Stickmustertücher dadurch als hiesigen
Ursprungs bezeugt, daß an auffallender Stelle die dreitürmige Burg
zwischen den Löwen eingestickt ist. Von Buchstaben ist nur ein Antiqua-
Versalien-Alphabet und ein kleines Fraktur-Alphabet, dazu die Zifferreihe
von 1 bis 9 gegeben. Muster von Ziereinfassungen, Streifen oder Eck-
stücken, wie solche in den älteren niederdeutschen Namentüchern vorwiegen,
fehlen hier. Von den „Kränzen“ und „Bäumchen“, die in den gleich alten
Namentüchern der hamburgischen Vierlande die Fläche füllen, nur beschei-
dene Spuren, dagegen eine Fülle von über die Fläche verstreuten kleinen
Motiven, vor denen man sich immer fragen muß, zu welchem Zweck sie
hier sich finden, denn am Nachweis ihrer Anwendung an Kleidungsstücken,
Leib-, Bett- oder Tischwäsche fehlt es einstweilen. Auf dem Namentuch
von 1738 ist unter dem hamburgischen Wappen der zweiköpfige Reichs-
adler unter einer Krone gestickt. Weiter finden sich der seine Jungen
mit seinem Blute nährende Pelikan auf dem Neste zwischen zwei symme-
trischen Blütenstauden, von biblischen Motiven die Kundschafter Josuahs
mit der Riesentraube, über diesen ein auf ihre volkstümlichen Namen
‚Josuah und Caleb weisendes J C. Eine Frau im Reifrock ist durch Schwert
und Wage als die Gerechtigkeit gekennzeichnet. Aus dem Leben ge-
schöpft ist ein anderes weibliches Figürchen, das zwei an einer Tracht
hängende Eimer trägt, sowie der Storch, der Hahn, der Papagei, nicht
näher zu bezeichnende Vögelchen und kleine Hunde. Deutlich und groß
zeigt sich das von einer Säge durchschnittene, von zwei Pfeilen durch-
bohrte Herz. Vasen und Körbe mit blühenden Zweigen, auch, aber nur
gering an Zahl und wenig entwickelt, symmetrische Blütenzweige, die aus
der Spitze eines kleinen Dreiecks erwachsen, ein mit Früchten gefüllter
Korb, eine Hängelaterne mit drei Kerzen, ein Leuchter, ein Stuhl, ein
kleiner Bratrost vervollständigen den Motivenvorrat dieses ältesten sicher
hamburgischen Namentuches. — Die Übereinstimmung bedeutsamer Motive
mit denen des ältesten unserer holländischen Namentücher fällt auf.
Auf dem Namentuch der M D Bruhnse von 1747 bis 1750 erscheint außer
dem kleinen Wappen zwischen den Löwen noch einmal groß und auffällig
die dreitürmige Burg. Von biblischen Motiven treten den Kundschaftern
Josuahs hinzu Adam und Eva am Paradiesesbaum hinter einer Garten-
hecke, an deren Enden symmetrische Blütenstauden aufwachsen, Jacob,
ringend mit dem Engel des Herrn, Jesus und die Samariterin am Brunnen.
Die drei Tugenden der Liebe (Frau zwischen zwei Kindern), Hoffnung
und Gerechtigkeit, das Lamm Gottes mit der Siegesfahne, ein Hirsch über
einem Gartenzaun zwischen Blütenzweigen, ein Meerweibchen, Papageien,
ein Landschaftsmotiv mit Häusern und Kirchturm, blumengefüllte Vasen,
kleine Kronen kommen hinzu. Auffällig ist der auf schwarzweißem Fliesen-
boden stehende hochbeinige Schrank mit drei blauweißen Vasen auf dem
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 131
Sims und eine blauweiße doppelt gehenkelte Blumenvase mit großem, un-
symmetrischem Rosenzweig, dessen große Endblüte sich seitlich richtet.
Das älteste unserer Stopfmustertücher hamburgischer Herkunft
weist noch weiter zurück als das älteste Namentuch. Margareta Boutiens
hat Anno 1729 auf ihm 13 aus dem Leinengrund geschnittene Quadrate
durch Einspannen von Seidenfäden mit feinen mehrfarbigen Webmustern
Hamburgisches Namentuch, gestickt in vielfarbiger Seide in den Jahren 1747 bis 1750.
Größe 32 zu 33 em.
ausgefüllt und an vier solcher Ausschnitte ihre Fertigkeit im Stopfen
von Leinenwäsche gezeigt. Ein ähnliches Tuch vom Jahre 1779 mit
neun Stopfmustern in farbiger Seide zeichnet sich dadurch aus, daß
von den Ecken jedes dieser geschachten Muster Blütenranken in Stil-
oder Plattstich sich über die Leinenfläche verbreiten. Bezeichnet ist es
CDSP, d.h. C.D.S. Pahl (verh. Ecekhorst), deren Enkelinnen, die Fräu-
lein hlse und Franziska Eckhorst, es mit anderen Stickereien aus dem
132 Museum für Kunst und Gewerbe.
Besitz ihrer Großmutter dem Museum geschenkt haben. Ein besonders
schönes hamburgisches Stopfmustertuch vom Jahre 1780 fällt auch da-
durch auf, daß Name und Jahrzahl CM H 1780 inmitten des Tuches von
einem in feinstem Webestich mit roter Seide ausgeführten Rahmen um-
faßt werden, in dem oben und unten Friese aus Sibmachers Musterbuch
von 1579 wiedergegeben sind. Dieses Mittelstück ist abgebildet im
Führer, .S. 61.
In England ward erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts allgemein
üblich, daß die jungen Mädchen außer dem Namentuch ein Stopftuch,
„darned sampler“, stickten. Mrs. Longman ist geneigt, die Erfindung
den Deutschen zuzuschreiben. Muster und Stichweisen erinnern ganz an
die hamburgischen, bisweilen füllte man die Fächer daneben auch mit
Blütenzweigen, ohne diese jedoch von den Ecken der eingestopften
Flächen auswachsen zu lassen. Über das weitere Vorkommen solcher
Stopfmustertücher in anderen Gegenden liegen uns bis jetzt Nachweise
nur für Dänemark vor.
Die ältesten hamburgischen Sticktücher für Hemdzwickel und Knopf-
löcher tragen die Jahrzahl 1794 und sind Arbeiten der Großmutter der
Schenkerin Fräulein M. Lembcke. Noch eine vierte Art des Sticktuches
wurde zur Übung im Nähen von Hohlsäumen verschiedener Musterung
in Hamburg geübt, aber wohl nur ausnahmsweise. Ein solches Tuch mit
15 Hohlsäumen, gestickt von CACE 1822, wurde uns von Herrn Carl
F. ©. Schneider zugleich mit dem ebenso bezeichneten Hemdzwickeltuch
und Stopftuch, beide von 1823, geschenkt. Danach hätte der Unterricht
damals mit dem Nähen von Hohlsäumen begonnen. Wie lange die in
der häuslichen Übung doch wohl nur selten angewandten Stopftücher
hier in Gebrauch waren, zeigt das jüngste der langen Reihe, 1852 von
Marie Fritz gestickt; hier sind jedoch die Stopfmuster nicht mehr in
vielerlei Farben, sondern nur in roter und weißer Seide in die Ausschnitte
gestickt. Ein Stopftuch der Friederica Lege von 1837 (geschenkt von
Herın Carl F. C. Schneider) hat noch die im 18. Jahrhundert übliche
Mehrfarbigkeit bewahrt.
Das Gesamtbild, das jene ältesten hamburgischen Namentücher
bieten, bleibt dasselbe das ganze folgende Jahrhundert hindurch, nur daß
dann und wann ein neues Bildchenmotiv, Jacobs Traum von der Himmels-
leiter, Isaaks Opfer, ‚Jesus am Ölberg betend, Christi Auferstehung, hinzu-
tritt, ein früher benutztes fortfällt. Auf einem Namentuch von 1747 ist
auch der Gekreuzigte zwischen zwei Frauengestalten dargestellt und dem,
nach der Vorzeichnung bei Sibmacher, jedoch im Gegensinne gestickten
Lamm die Inschrift „O Lam Gottes unschuldig“ hinzugefügt. Inschriften
erbaulichen Inhaltes kommen nicht vor, es wäre denn, daß solche sich
durch Auflösung der bisweilen angebrachten Reihen von scheinbar zu-
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 153
sammenhanglosen Buchstaben ergeben könnten. Von niederdeutschen
Kerbschnitzereien sind in solchen Buchstabenreihen verborgene Sprüche
bekannt. Wie lange sich die alten Motive, ungeachtet des fehlenden
Zusammenhanges mit den Erfordernissen des Lebens, erhalten haben,
zeigt u. a. ein Namentuch von 1823 (geschenkt von Herm Carl F. ©.
Hamburgisches Namentuch, gestickt 1832 in vielfarbiger Seide. Größe 43 zu 41 cm.
Schneider). Es zeigt noch die ganze Fülle der vorerwähnten figürlichen
Spielereien der ältesten Namentücher, u. a. einen geputzten Mohren mit
einem Hündchen, einen Abendmahlstisch mit drei Kerzen, einer Kanne,
dem Kelch und der Patene. Zu beiden Seiten der ersten Menschen unter
dem Paradiesesbaume ist eine mit Blumen geschmückte Lattenpyramide
aufgerichtet, welche an die bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts an Stelle
11
134 Museum für Kunst und Gewerbe.
des Weihnachtsbaumes häufig in Hamburg vorkommende Weihnachts-
pyramide erinnert.
Als in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts die von Berlin aus-
gehenden farbigen Kreuzstichvorlagen mit ihrem wilden Naturalismus
verhängnisvoll wurden für den Geschmack in der Stickerei der Bieder-
meierzeit, fanden sie in Hamburg um so leichteres Spiel, als die kleinen
bunten Figurenmotive der in den hamburgischen Nähschulen geübten
Namentücher im Grunde schon seit einem Jahrhundert den Geschmack
für die Verirrungen vorbereitet hatten, denen er nunmehr verfiel. Diesen
älteren Mustern gegenüber bezeichnen die von Berlin ausgehenden eher
noch einen Fortschritt, wie ein hamburgisches Mustertuch vom Jahre 1832
zeigt, auf dem in vielfarbiger Seide Motive im neuen Geschmack fein
gestickt sind, eine von Rosen umwachsene Leier, eine blumenumrankte
Leier mit einem Amor, ein Grabkreuz und Anker von Rosen umrankt.
ein Hirte mit einer Schafherde, eine von blauen Winden umkletterte
Gartenvase auf einer Säule, neben der ein weißer Pudel sitzt, in den
Zwischenräumen bunte Schmetterlinge; an die herkömmlichen Namentücher
erinnert nur noch das hamburgische Wappen. (Abbildung auf S. 133.
Fehlt es uns auch an nachweisbaren Beziehungen der vielen kleinen
Bildmotive der hamburgischen Namentücher des 18. Jahrhunderts zur
Tracht und zu anderer Verwendung im täglichen Leben, so begegnen
uns Bildchen, wie sie das abgebildete Namentuch von 1832 zeigt, sehr
häufig, oft in feinster Kreuzstichstickerei oder in Perlenarbeit an den m
der Biedermeierzeit üblichen „Liebesgaben“, an Täschchen und Kästchen
aller Art, Tabaksbeuteln, Feuerzeugtäschchen, Glockenzügen, welche die
jungen Mädchen für Verlobte und Eltern stickten. Die meisten Zwecke,
denen diese Stickereien dienten, sind heute aus dem Leben entschwunden.
Zahlreiche Beispiele sind durch Schenkung in unseren Besitz gelangt.
Namentücher von der Elbinsel Finkenwärder.
Nicht durch die Daten ihrer Entstehung, wohl aber durch den Stil
ihrer Muster führen uns in eine ältere Zeit zurück die in der Sammlung
durch Ankäufe des letzten Jahres mit 20 Beispielen vertretenen Namentücher
der zum Gebiete der Stadt Hamburg gehörigen Elbinsel Finkenwärder.
Deutlich unterscheiden sie sich in den vorliegenden Mustern wie in der
Gesamterscheinung und in den vorherschenden Farben von den Namen-
tüchern der nahen linkselbischen Marschen, sowohl denen des niederwärts
belegenen Alten Landes, wie denen der elbaufwärts belegenen Winsener
Marsch. Die ältesten sind in mehrfarbiger Seide ausgeführt, später wird
vorwiegend rote Baumwolle allein, dazu bisweilen noch blaue verwendet,
und um die Mitte des 19. Jahrhunderts dringen auch hier die Vorlagen
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 135
ein, die von der Berliner Stickmusterindustrie mit Handkolorit in vorge-
druektem Liniennetz für alle Welt hergestellt wurden.
Die in Kreuzstich ausgeführten Muster füllen in unregelmäßiger An-
ordnung das nahezu quadratische Leinentuch unterhalb der den oberen
Rand einnehmenden Alphabete; eine eckige gebrochene Ranke, in der ein
Eichelmotiv häufig vorkommt. umrahmt das Feld. Wie es bei einer Bevöl-
EABCHEFGHIRT
RE EEELETLERIOTESTETTNR LEE RHRRFRERTRRE NER h
Namentueh von 1843 aus der hamburgischen Elbinsel Finkenwärder, gestickt auf Leinen
in roter und blauer Baumwolle. Größe 54 zu 54 cm.
kerung, deren Männer zum großen Teil der Fischerei im der Nordsee ob-
lagen, zu erwarten ist, fehlt unter den Motiven nur selten das grobe
Schiff. In allerlei Spielarten ist es dargestellt, auf dem Verdeck oder
den Rahen sieht man da kleine Männchen, am Bugspriet hängt eme große
Laterne, der Anker fehlt nicht. Von den Masten flattern Wimpel und
vom Heck weht eine große Flagge, in der Regel mit dem Wappen Ham-
nl
136 Museum für Kunst und Gewerbe.
burgs oder ausnahmsweise, wie in der Abbildung zu sehen, der Danebrog,
der den Elbfischern vertraut war durch die dänischen Kauffahrer und ein
auf der Elbe stationiertes dänisches Kriegsschiff. Auf den ältesten Tüchern
finden sich die bekannten biblischen Motive, Adam und Eva unter dem Para-
diesesbaum, über dessen Pforte ein Engel mit dem Schwerte schwebt, der
ringende Jacob, die Botschafter mit der großen Traube, Jesus und die
Samariterin am Brunnen, Christus auf der Weltkugel, das Lamm mit dem
Kreuze, die Kreuzigung. Auf dem ältesten Namentuche der I. C.A.K.
(+. vom Jahre 1807 erscheint als Ausnahme ein Prediger in der schwarzen
Amtstracht mit der Radkrause; auf einem vom Jahre 1843 sind allerlei
Figürchen, neben einem mit Gläsern bestellten Tischehen Männchen, die aus
langen Tonpfeifen rauchen; auf einem vom Jahre 1853 eine Frau in der
Tracht der nach Hamburg zu Markt gehenden Obstverkäuferinnen, in
Strohhut und rotem Rock, auf den Schultern die grüne Trage mit den frucht-
eefüllten Körben. Von leblosen Gegenständen Stühle von der im Lande
üblichen Form, Bratroste, Leuchter, Windmühlen. Mit Ausnahme der Schiffe
treten aber alle diese Motive zurück gegen die nach Kreuzstichweise streng
stilisierten Blütenzweige, deren Mannigfaltigkeit und gute Zeichnung in
nichts nachsteht den verwandten Mustern auf den besten holländischen und
englischen Namentüchern. Wie bei diesen ist die Verzweigung der aus Vasen
oder von kleinen Dreieckhügeln symmetrisch aufwachsenden Stauden offener
als die Anlage der üppigeren und dichteren „Bäumchen“ auf den vierländischen
Namentüchern. Höchst mannigfach sind die Blütenformen, in die die Zweige
auswachsen. Kleine Vögelchen beleben die Stauden in ebenso strenger
Symmetrie. Große Herzen, bei denen Blütenzweige das alte Motiv des
pfeildurchbohrten Herzens anklingen lassen, fehlen ebensowenig wie die
gegenständigen Hirsche am Baum. Die Buchstaben sind einfach, bisweilen
mit jener in Holland und im Alten Lande beliebten Umrahmung mit Stielstich.
Die Kränzchen aber, die in den vierländischen Stickereien so reichlich und in
der Ornamentik den Bäumchen gleichwertig auftreten, fehlen in Finkenwärder
als selbständiges Ornament und ebenso fehlen die von den Ecken auswach-
senden Zierstücke, die uns an den altenländischen Stickereien auffallen.
Mit Ausnahme eines sehr fein in roter und schwarzer Seide gestickten,
aber undatierten und unvollendeten Tüchleins mit dem Schiff unter ham-
burgischer Flagge sind diese Finkenwärder Namentücher derber ausgeführt
als diejenigen der nahe belegenen Elbmarschen. Diese Derbheit zeigt
sich auch an den unter der Herrschaft der Berliner bunten Wolle gestickten
Tüchern, die entweder ein altes Bäumchenmotiv stark vergrößert wieder-
holen oder, wie das Namentuch der Johanna Schuldt von 1862, Berliner
Industriemuster mit schweren Blumenhaufen, einer Schäferin am Brunnen,
einem die Schalmei blasenden Hirten, dem neben seinem großen Hunde
rastenden ‚Jäger, der Wassermühle am Bach vielfarbig wiedergeben. Sie
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 137
gaben den Todesstoß dem gesunden Geschmack der alten Finkenwärde-
rinnen; nur die Einfassung mit dem alten Eichelmotiv an der gebrochenen
Ranke erinnert auch hier noch an die gute alte Zeit.
WET ER w as er
z & a ee ir
CREIEEERE FERNE
ERFLERBEE TER DR
Vierländisches Namentuch der Grete Rathmanns, mit Buntstickerei, von 1788. Größe 45 zu 41 em.
Vierländische Namentücher.
Das älteste unserer Namentücher, die fast alle nicht nur durch die
Stätten, an denen sie erworben wurden, sondern auch durch die leicht
zu den vollen Namen zu ergänzenden Anfangsbuchstaben ihrer Stickerinnen
als vierländisch anzusprechen sind, ist von 1733; das folgende trägt die
Jahrzahl 1750 und die Initialen CON— WB (Cornelia Wobbe). Sie
sind, wie alle folgenden, mit Kreuzstichen ausgeführt, denen nur ausnahms-
138 Museum für Kunst und Gewerbe.
weise parallel über mehrere Fäden des Grundgewebes geführte Stiche,
dem Plattstich ähnlich, hinzutreten oder feine dem „Holbeinstich“ vergleich-
bare Stiche. Die bei der Kleidung beider Geschlechter verwendeten
schönen Plattstichstickereien hatten keinen Zusammenhang mit Namen-
tiichern, sondern beruhten meist auf Vorzeichnungen der Ladentischler.
Die Stickereien der ältesten Namentücher sind vielfarbig ausgeführt,
das zeitlich folgende der BK — G S (Becke Gladiators) vom Jahre 1762 ist
nur in Schwarz gestiekt, das der Antrien Wulfs von 1762 zeigt aber noch
völlige Buntfarbigkeit. Schwarz ist auch die Stickerei auf dem Tuche der
Ancke Eggers von 1786. Vielfarbig wieder das Tuch der Grete Rathmanns
von 1788 und das im Jahre 1789 begonnene der Ancke Riecken, das im Jahre
1824 von AKHS (Ancke Hars) ebenfalls vielfarbig vollendet worden ist.
Ganz in Schwarz eestickt ist das Namentuch der Becke Wulfs aus dem
‚Jahre 1800, wohl derselben Trägerin dieses Namens, deren schön ein-
gelegte Lade vom Jahre 1803 sich ebenfalls in der Sammlung befindet.
Fortan herrscht die Schwarzstickerei, wie die Namentücher der MG WB
(Margarethe Wobbe) von 1805, der Becke Wulffs von 1807, der Ance
Eggers, der BBRK (Barber Rieck), der Mette Eulers, diese vier sämt-
lich von 1808, der Jungfer Becke Albers von 1809 bezeugen. Nur aus-
nahmsweise findet sich, so bei dem Tuch der Barber Lütten von 1800 bis
1801, Rot in Einzelheiten sparsam verwendet.
Im zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts wird mehr und mehr die
Schwarzstickerei beliebt, wie u. a. die Namentücher zeigen der Margret
Buhks von 1810—12, JLKStB (Jungfer Lenke Stahlbuhk) von 1812,
der Mette Lütten von 1815, der Mette Buhcks von 1818; daneben aber
taucht immer noch vereinzelt die alte Vielfarbigkeit wieder auf. Die
Stickerin eines vorwiegend in blauer, grüner und roter Seide gestickten
Tuches von 1811 nennt sich zweimal, hochdeutsch Sophia Martens, in
landesüblicher Kürzung JFKMT, d.h. Jungfer Ficke Martens. Auf
einem grün, blau, braun, gelb, violett und weiß gestickten Tuch von 1814
nennt sich als Stickerm BB HM (Barber Heitmanns). Am Tuche der
MLBS (Marlena Bucks) von 1817 ist dem Schwarz spärliches Rot
hinzugefüst.
Doppelt und dreifach besetzt sind in der Sammlung die Jahrzahlen
des dritten ‚Jahrzehnts. Bei zwanzig Beispielen finden wir, abgesehen
von hie und da eingestreuten Kleinigkeiten in Rot, nur die Schwarz-
stickerei. Als Stickerinnen nennen sich 1820 LBGL (Lisabeth Grellen)
und BKLM (Becke Lohmeyer), 1821 TNHM (Trina Heitmanns) und
BKTS (Jungfer Becke Timms), 1822 AKEL (Ancke Eulers) und TKGB
(Trinke Garbers), 1825 JBKRM (Jungfer Becke Reimers), 1826 TKHS
(Trinke Hars) und MGEG (Margareta Eggers), 1826—27 GTEG
(Grete Eggers), 1827 Jungfer Margret Harden und LNMK (Lene Maakens),
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 139
1828 JMTWM (Jungfer Mette Wörmers) und GTTM (Gertrud
Timmanns), 1829 ESTM (Elsche Timmanns) und MLMT (Marlena
Mint), 1830 BKPF (Becke Puttfarcken).. Nur ein Tuch, das der
LKTM (Lenke Timmanns) von 1822—23, ist ganz in roter, grüner und
eraulila Seide gestickt, eines der Becke Albers von 1828 ganz in roter Seide.
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Vierländisches Namentuch der Mette Buhcks, mit Schwarzstickerei, von 1818. Größe 63 zu 65 cm.
Dasselbe Bild bieten uns die Mustertücher des vierten und fünften
Jahrzehnts, das der TKAB (Trinke Albers), das 1829 begonnen, 1831
beendet ist, der AÄKTM Ab alke Timmanns) v. 1831, der DRGL (Doro-
thea Gladiators) und der HKBM (Hilke Brügmanns) v. 1834, der TKTM
(Trinke Timmanns) v. 1835—38, der Becke Harms v. 1837, der Jungfer
Margaretha Wobben von 1838 (bei dem außer der schwarzen auch rote
und blaue Seide verwendet ist), der Mette Heitmann v. 1840, dr AKME
(Alcke Meier) v. 1841—43, der M G St (Magarethe Schwartz) v. 1841—44,
140 Museum für Kunst und Gewerbe.
der Trina Buhck v. 1845, der Becke Kalıl und der BKPF (Becke Putt-
farcken) v. 1846, der JANHS, (Anna Hars,) v. 1847, der Anna Bide-
karken v. 1858. Danach, als diese häusliche Kunst der Vierländerinnen
ihrem Ende entgegengeht, schwindet das Schwarz und werden die Namen-
tücher öfter ganz in Rot gestickt, so das der Jungfer Anna Heitmans
v. 1855—58, der GSSD (Gesche Schröder) v. 1860 und der Bertha
Rathmann v. 1883. Bei den Versuchen einer Neubelebung durch ein
Preisausschreiben des rührigen Vereins für Vierländer Kunst und Heimat-
kunde traten vor einigen Jahren glückliche Ansätze zutage, die Verbin-
dung des Schwarz mit dem Rot, das früher nur nebensächlich, mehr wie
zufällig, jenem sich gesellte, planmäßig durchzuführen. Daß es bei der
Gewinnung geschmackvoller neuer Namentücher sein Bewenden nicht haben
möge, sondern daß, worauf es ja allein ankommt, die gewonnenen Muster
auch in das häusliche Leben Eingang finden mögen, ist zu wünschen.
Bei den vierländischen Namentüchern wiegen durchweg vor Muster,
die unmittelbar verwendet wurden für Stickereien, in schwarzer Seide für
die Leib- und Bettwäsche, in vielfarbiger Seide für die Platen (Schürzen)
der Frauen und für die seidenen Halstücher beider Geschlechter. Muster,
die uns dort nicht begegnen, finden sich nur ausnahmsweise, daher stehen
die Blumenmotive, die Bäumchen und Kränzchen, belebt bisweilen durch
Vögelchen oder kleine Hirsche, sowie die mannichfachen Alphabete, oft
mit zierlichen, abwechselungsreichen Krönchen über jedem Buchstaben, im
Vordergrunde. Figürliche Motive, wie die geflügelten Engelsköpfe für
die Trauerkleidung und fliegende Engel als Umrahmung der Namensbuch-
staben, finden sich, aber die auf den städtischen Namentüchern den Haupt-
bestand bildenden biblischen Figürchen und Motive des Gerätewesens
bleiben Ausnahmen. Das Namentuch stand eben hier bis in unsere Tage in
enger Verbindung mit den Bedürfnissen des herkömmlichen Lebens.
Von biblischen Motiven finden wir Adam und Eva schon auf dem
Namentuch von 1753 und nochmals auf dem abgebildeten von 1812, auf
diesem zugleich die Kundschafter Josuahs, die 1817 nochmals vorkommen.
Damit ist der Bilderschatz unserer nach hunderten zählenden vierländischen
Namentücher erschöpft. Auf einem Tuch von 1841—43, wo sie mit der
Kreuzigung, dem hamburgischen Wappen und allerlei kleinen Figuren er-
scheinen, sind sie zufälliger Anhang, zu der eine städtische Vorlage ver-
leitet hatte, wie schon ihre Ausführung in bunter Seide auf dem sonst
nur schwarz gestickten Tuche zeigt.
In mannigfacher Anwendung, oft als Mittelstück eines symmetrischen
Baumes oder Blumenstraußes, finden wir einen gut stilisierten Doppeladler,
bei dem man denken mag an den alten Reichsadler oder an den Doppel-
adler von Lübeck, das bis in unsere Tage die Vierlande in Gemeinschaft
mit der Stadt Hamburg verwaltete. Sehr selten findet sich das hambur-
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 141
gische Wappen, in unserer Sammlung nur einmal 1782. \on dem beider-
städtischen Wappen, das auf den Kucheneisen häufig vorkommt, bieten
unsere Namentücher nicht ein einziges Beispiel. Sachliche Motive sind
selten und unbedeutend, nur einmal findet sich ein verkümmertes Schift.
Selten nur findet sich ein frommer Spruch, und dann ist es meist
jener, dem wir auch auf den Lieichentüchern in Schwarzstickerei, der
Längskante des Tuches folgend, begegnen. Auf einem vielfarbig gestickten,
undatierten Namentuch der Ancke Strus aus der zwischen Kirchwärder
und Neuengsamme an der großen Elbe belegenen Ortschaft Krauel lauten
die Worte: „Ich Lige un Schlaffe ganz mit Friden, denn allein
Du Herrhilffest mir. dasz ich sicher wohne.“ Demselben Gedanken
sind wir schon auf einem Leichentuche der Anna Klodts vom Jahre 1751
aus der den Vierlanden gegenüber auf dem linken Elbufer belegenen
Winsener Marsch begegnet; dort in etwas anderer Fassung und, wie aus
der Abbildung im Führer S. 49 zu ersehen, nicht in dem vierländischen
Kreuzstich, sondern in der den Winsener Bäuerinnen eigenen Stichweise;
auch zeigen dort die Buchstaben Füllungen aus zierlichem Pflanzenwerk
und Formen, die allein schon auf die Herkunft vom linken Elbufer deuten.
In der Sammlung des Museums kehrt dieser Spruch mit geringen Ab-
weichungen an einem halben Dutzend jener großen vierländischen Leinen-
tücher wieder, welche bei der Aufbahrung der Leiche im Sterbehause früher
gebraucht wurden. Auch auf Grabsteinen vierländischer Friedhöfe sind wir
demselben Spruch begegnet. Nur einmal noch findet sich ein anderer Spruch
auf einem vierländischen Namentuch von 1788; in einem von zwei Engeln
gehaltenen Kranz stehen die Worte: „Ehre sey Got in der Höhe.“
Lübeckische Namentücher.
Drei unserer Namentücher sind als lübeckische bezeugt, das eine
durch die voll eingestickte Bezeichnung „Lübeck 1849 Elise Wicker“, die
beiden anderen, diesem ähnlichen, aus dem Jahre 1778 und dem Jahre
1736 durch den Doppeladler mit dem rotweißen Herzschild. Im allgemeinen
gleichen diese mit bunter Seide in Kreuzstich gestickten Namentücher den
hamburgischen Namentüchern derselben Zeit. Das älteste zeigt in sym-
metrischer Anordnung Blumenvasen, Blumen- und Fruchtkörbe, Frucht-
bäume in Kübeln. einen Papagei im Käfig, ein Eichhörnchen, ein springendes
Pferd, allerlei Varianten des pfeildurchbohrten und von der Säge durch-
schnittenen Herzens, Häuser in Fachwerkbau und eine Kirche auf baum-
bewachsenem Erdreich, die Windmühle und andere kleine Motive. — Auf
dem Tuch von 1778 spritzt im Bilde der Kreuzigung das Blut aus der
Brustwunde Christi in einen Kelch; Adam und Eva, die Kundschafter Josua,
eine Justitia, der Pelikan, das Lamm mit der Fahne, Vasen mit Blumen usw.
Auffällig ein unsymmetrischer Apfelbaum, an dem ein Eichhörnchen. — Auf
142 Museum für Kunst und Gewerbe.
dem Tuch von 1849 dieselben biblischen Motive, der Crucifixus wieder
mit dem Kelch, Adam und Eva im Paradiesesgarten, vor dessen offener
Pforte eine Kette hängt, Moses mit den Gesetzestafeln am Berge Sinai
und als Motiv der jüngeren Zeit ein antiker Rundtempel. Schmale Zier-
streifen trennen hier die fünf Alphabete.
Altenländisches Namentuch, mit vielfarbiger Stickerei, von 1804—06. Größe 42 zu 38 cm.
Altenländische Namentücher.
Durch die Gegend, wo sie aufgefunden wurden, und durch die Über-
einstimmung mit den feingestickten Motiven der dem Altenlande eigen-
tümlichen Taschentücher, deren schon im Führer gedacht ist, sind für das
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 145
hannoversche Alteland auf dem linken Elbufer bezeugt eine Anzahl Namen-
tücher. Eines der besten ist in der Abbildung auf S. 142 wiedergegeben.
Gestickt ist es in den Jahren 1804 bis 1806 von JANB. Auffällig
sind hier die großen Buchstaben, deren Umrissen zierliche Einfassungen
folgen, die lebhaft erinnern an die Zierbuchstaben auf den holländischen
Neidockern, wie ja auch auf anderen Gebieten Beziehungen der Altländer
mit Holland nachgewiesen sind. In den Mustern herrschen vor mannig-
fache symmetrische Blumensträuße in Vasen, oft ringsum besetzt mit
kleinen Pfauen oder anderen Vögelchen. Von biblischen Motiven nur
Adam und Eva unter dem Paradiesesbaum sowie die Kreuzigung; bei dieser
strömt das Blut in einen schwebenden Kelch und treten an Stelle von
Maria und Johannes die Schächer am Kreuze. Auf anderen Tüchern finden
sich bemannte Schiffe, Windmühlen, durchstochene Herzen und die übrigen
auf den niederelbischen Namentüchern vorkommenden Motive. Auf einem
Tuch von 1841 einmal ein Wandbort, auf dem eine Teekanne und regel-
mäßig verteilt Tassen stehen. Ein Tuch der J. Metta Feindt von 1866
mit der Ortsbezeichnung Mojenhörn zeigt, daß um diese Zeit auch hier
der Verfall der guten Überlieferung einsetzt. Alle unsere altenländischen
Namentücher sind vielfarbig gestickt.
Verschiedene Namentücher unterelbischer Herkunft.
Wie wir aus unserer Sammlung von Namentüchern diejenigen aus den
Vierlanden, aus Finkenwärder und aus dem Altenlande nach leicht erkenn-
baren Merkmalen zu geschlossenen Gruppen zusammenfassen konnten, so
ließen sich die Vergleiche mit ähnlichem Ergebnisse fortführen auf andere
unterelbische Gebiete. Überall sehen wir, wie in dem Hausrat, in der
Tracht und dem Schmuck die Formen und der Geschmack sich deutlich
abheben von den Überlieferungen der angrenzenden Gebiete, die oft auch
durch die Lebensgewohnheiten, die Erwerbsformen ihrer Bewohner und
die Bauart der Häuser sich unterscheiden. Solche Gebiete sind die
Winsener Marsch auf dem linken Elbufer gegenüber den rechtselbischen
Vierlanden und die dem linkselbischen Altenlande gegenüber belegenen
rechtselbischen Marschen. Alle diese Gebiete sind jetzt in unserer Samm-
lung vertreten, aber noch nicht in genügender Auswahl älterer Namen-
tücher, die zu allgemeinen Betrachtungen den Stoff bieten könnten. Nur
eines der jüngst angekauften Namentücher heben wir hervor, das S. 144 abge-
bildete aus dem Jahre 1691, das aus der Gegend von Cuxhaven zu uns
gelangte und sich von den übrigen niederelbischen Namentüchern durch
seine Muster unterscheidet, dafür einige Verwandtschaft mit unseren ältesten
holländischen zeigt.
Gestickt ist dieses feine Namentuch auf bräunlichem Leinen mit viel-
farbiger Seide in verschiedenen Stichen unter Vermeidung des Kreuzstiches.
144 Museum für Kunst und Gewerbe.
Kleine Quadrate sind mit parallel gelesten Fäden gefüllt und schachbrett-
artig gereiht, oder die Fäden laufen in strahliger Anordnung in einem zum
Loch erweiterten Punkt zusammen, oder sie bilden ununterbrochene Linien,
bald in eckiger, bald in freierer Führung. An die älteren niederdeutschen,
englischen und holländischen Namentücher erinnern Bortenmuster, dabei
TASK
Namentuch von 1691, mit vielfarbiger Stickerei, aus der Gegend von Cuxhaven. Größe 44 zu 40 em.
solche mit ausgeschnittenem Grund. Die symmetrischen Blütenstauden
und „Bäumchen“, welche den Hauptbestandteil der Namentücher jener
Herkunft bilden, fehlen oder sind vielmehr durch schwerfälligere, von der
veränderten Stichweise beeinflußte Gebilde ersetzt, die nur noch in den
allgemeinen Umrissen an ihren Ursprung erinnern. Ebenso umgestaltet
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 145
sehen wir auch das Motiv des durchschossenen Herzens. Auffällig sind
die übereck gestellten Quadrate mit den geometrischen Füllmustern.
Nur auf den Namentüchern der Vierländerinnen sind uns diese sonst vor-
gekommen, dort sehr mannigfach entwickelt, den Bäumchen gleichwertig
und wie diese in den Stickereien an der Kleidung häufig angewendet.
Von sachlichen Motiven nur Spuren, u.a. eine kleine dreitürmige Burg,
bei der man aber schwerlich an das hamburgische Wappen denken darf.
Merkwürdig sind die elf kleinen Figürchen am unteren Rande; sie bieten
ein sonst auf keinem Namentuch beobachtetes biblisches Motiv aus dem
Gleichnis von den zehn klugen und zehn törichten Jungfrauen. Die größere
Figur im Heiligenschein stellt Christus dar, an den sich, einander die eine
Hand reichend, die zehn klugen Jungfrauen reihen, jede eine brennende
Lampe in der anderen Hand.
Dänische Namentücher.
Unter den im Vorjahre angekauften Stickmustertüchern entfernterer
Länder befinden sich zwei dänische, beide vielfarbig in Seide mit Kreuz-
stich gestickt in „Det Kongelige Waisenhusets Skole“ von Eulalia Olsen,
das Namentuch 1851, das Stopfmustertuch 1832. Jenes bietet nur ver-
schiedene Alphabete, sieben im ganzen, deren Reihen getrennt sind durch
einfache gefällige Ornamentstreifen mit antikisierenden Anklängen; dieses
in buntfarbiger Seide geometrische Stopfmuster völlig in der Art der ham-
burgischen Stopftücher derselben Zeit, dazwischen eine naturalistische
Rosenborte. Offenbar dürfen wir in diesen Namentüchern erkennen, was
man damals in der Waisenhausschule der dänischen Hauptstadt den
Schülerinnen für das Leben mitgab; mehr brauchbare Muster als jene
Spielereien, wie sie auf so vielen städtischen Namentüchern derselben Zeit
die Fläche füllen helfen. Inwieweit die dänischen Namentücher ländlicher
Herkunft im 18. bis 19. Jahrhundert eigene Wege einschlugen oder mit
denen in den Herzogtümern verwandt waren, läßt sich nach den in den
dänischen Sammlungen gesehenen Namentüchern einstweilen nicht beur-
teilen, zumal dabei die Herkunftsbestimmungen nicht immer genau fest-
stehen. Wir dürfen aber nach einem dem hamburgischen Museum gehörigen
handschriftlichen Musterbuch aus dem Jahr 1783 vermuten, daß damals
dieselben ornamentalen und sachlichen Motive, welche uns an den Namen-
tüchern hamburgischen und lübeckischen Ursprungs aus dem 18. Jahrhundert
als deren eiserner Vorrat begeenen, ihren Einfluß auch weit nach Norden,
bis in das nordfriesische, damals zu Dänemark gehörige Bredstedt übten.
Engel Dorothea Clausens in Bredstedt hat diese Muster zusammen-
getragen. Der eine Teil zeigt auf vorgedrucktem Straminnetz ausschließlich
mehrfarbige Muster. Auf dem von Nelkenzweigen eingefaßten Titel bezeich-
net die fleißige Zeichnerin ihn als „Mein Name Buch“. Über ihrem
146 Museum für Kunst und Gewerbe.
Namen halten zwei gekrönte fliegende Kinder einen Kranz, in dem die
Weltkugel mit dem Kreuze. Auf der folgenden, mit drei Alphabeten und
zwei Zahlenreihen gefüllten Seite sehen wir zwei fliegende Engel einen
Kranz halten, in dem ein gekröntes Herz. Die Einfassung dieser und aller
folgenden Seiten wird gebildet aus jener uns auf Namentüchern nieder-
deutscher Herkunft oft begegnenden, ringsum laufenden, eckigen, mit
Eicheln besetzten Ranke in Grün und Rot. Planmäßig geordnet folgen
die Motive: Zuerst Adam und Eva unter dem Paradiesesbaum zwischen
Blütenstauden hinter der mit roter Gitterpforte verschlossenen grünen
Hecke. Darunter allerlei kleines Getier: Pfau, Schwan, Storch und sieben
verschiedene Vierfüßer. Danach die Kundschafter Josuas und ein springender
Hirsch zwischen blühenden Stauden und ringsum allerlei kleines Getier.
Drittens der Gekreuzigte zwischen zwei weiblichen Gestalten, deren eine
als die Gerechtigkeit gekennzeichnet ist; darunter eine Kuppelkirche,
umgeben von den Leidenswerkzeugen und dem Hahın auf der Säule. Viertens
eine über grünem, hügeligem Gelände sich erhebende Gebäudegruppe mit
einem Turm und zwei Bäumen (ein sehr verbreitetes Motiv) und darunter
ein Dreimaster unter Segeln. Auf der 7. Seite hinter grüner Hecke
mit rotem Tor zwei gegenständige Hirsche am Fuße eines von kleinen
Vögeln umgebenen symmetrischen Fruchtbaumes, ein Meerweibchen und
ein zweitürmiger Torbau. Die 8. Seite ist gefüllt mit kleinen Motiven
des Alltagslebens: einem Giebelhaus, einem dreitürmigen Torbau, einem
Mann am Ziehbrunnen, einer Frau am Butterfaß, einer Frau mit Eimer-
trage, einer Windmühle, einem Korb mit Früchten und einem uns schon:
auf alten holländischen Namentüchern aufgefallenen Motiv, einer schwarzen,
erotesken Figur, die auf einem Stuhle sitzend spinnt. Auf den folgenden
Blättern blühende Stauden, Blumen in Körben und Vasen, Obstbäume,
wie sie häufig auf den niederdeutschen Sticktüchern des 18. Jahrhunderts
uns begegnet sind. Dazwischen hie und da verstreut das pfeildurchstoßene,
von der Säge durchschnittene Herz, Häuser mit hohen Treppengiebeln,
einmal auch eine Tischgesellschaft, bei der die drei sitzenden Figuren im
Aufriß, die Tischplatte aber mit Gläsern, Flasche und Pfeifen von oben
gesehen wiedergegeben ist.
Der andere Teil nennt sich auf dem Titel „Mein Blumenbuch“
und zeigt ausschließlich in Schwarz gezeichnete Muster, deren Motive mit
den niederdeutschen Namentüchern wenig mehr gemein haben. Es scheint,
als habe Engel Dorothea Clausens hier aus gedruckten Musterbüchern für
Webarbeit ihre oft sehr hübschen Grundmuster zusammengelesen. Manche
erinnern an jene in farbiger Seide gestickten Grundmuster, die auf süd-
deutschen Namentüchern häufig sind. Andere Muster lassen sich auf
bekannte Stickereien nicht beziehen, erinnern aber an die reichen Strick-
muster, mit denen ländliche Strickerinnen die Zwickel ihrer weißen Baum-
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 147
wollstrümpfe zu verzieren liebten. Frauenstrümpfe aus den hamburgischen
Vierlanden in unserer Sammlung zeigen der Idee nach ähnliche Muster,
die, obwohl sie weniger auffallend sind wie die vierländischen Netz-
stickereien, ebenso gute Zeugen sind von dem überall mit sicherem Griff
das Richtige erfassenden Geschmack der Vierländerinnen. Die Blumen-
motive sind höchst mannigfach, nicht alle einer Wurzel entsprossen. Neben
den überall auf den niederdeutschen und holländischen Namentüchern beob-
achteten Blütenformen strengen Stils, neben üppigeren Blüten, die geraden-
wegs einem vierländischen Namentuch entlehnt scheinen, sehen wir freiere
Gebilde, die ihren Ursprung vielleicht in süddeutschen Stickmusterbüchern
oder, wie ein Granatapfelmotiv, in älteren Webemustern haben. Engel
Dorothea Clausens hat eben zusammengetragen, was ihr in Büchern,
Stiekereien oder Geweben Brauchbares in die Hände kam.
Cölnische Namentücher.
Einige Namentücher eölnischer Herkunft aus der zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts bieten manche auch auf den holländischen Namentüchern
vorkommende sachliche Motive. Gartenhecken mit Vögeln auf blühenden
Stauden, Vasen mit Blumen, ein T’aubenhaus, Häuser, ein zweitüriges Schränk-
chen auf hohen gewundenen Füßen und mit Gefäßen auf dem Sims. allerlei
Getier. Die biblischen Motive fehlen und von solchen, die lokalen Ursprung
haben, findet sich nur eine Schenkkanne. Alphabete und Zahlenreihen sind
vielfach vertreten. Diesymmetrischen Bäumchen, welche viele niederländische
und niederelbische Namentücher auszeichnen, sind kaum entwickelt, aber
mancherlei Bortenmuster erinnern an die deutschen Namentücher älterer Zeit.
Bayerisches Namentuch.
Um den Gegensatz süddeutscher Namentücher zu den norddeutschen
zu zeigen, geben wir hier noch die Abbildung eines im Vorjahre angekauften
oberbayerischen oder tyrolischen, dessen Herkunft durch die Kostüme der
Frau, die ihren Krug am Brunnenbecken füllt, und des Bauern mit der
Kiepe annähernd bestimmt ist. Es trägt die Jahrzahl 1758 und ist in
Kreuzstich, Petitpoit, Plattstich und anderen Stichen in vielfarbiger Seide
auf Wollengewebe sehr fein gestickt. Die Monogramme des Namens Jesu
und der Maria in den Rähmchen und das Kreuz im Herzen als Krönung
des Rokokobrunnens sagen uns, daß wir in einem Lande katholischen
Glaubens sind; von den biblischen Figuren der norddeutschen Namentücher
keine Spur. Wenige Tiermotive: ein schwarzer Hahn, Eichhörnchen, Hund.
Einige gute Bortenmuster und elf verschiedene endlose Grundmuster von
reicher Farbigkeit. Die großen Blumenmuster im unteren Drittel heben
sich in dreierlei Rot, zweierlei Grün und zweierlei Gelb von schwarzen
Grunde ab. In dem geflammten Muster zur Rechten in der Mitte gehen,
148 Museum für Kunst und Gewerbe.
vermittelt durch hellere Töne bis zum Weiß, Rot in Blau, Rot in Grün m-
einander über; das kleine Grundmuster daneben zeigt in blaßblauem
Grunde rote Erdbeeren in grünen Deckblättern. Das geschachte Muster
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Bayerisches Stickmustertuch, gestiekt 1758 in vielfarbiger Seide. Größe 40 zu 31 em.
neben dem Brunnen bietet abwechselnd blaue und rote Schrägstreifen mit
schwarzen Einfassungen und weißen Kreuzen, und so bietet jedes weitere
Muster andere farbige Zusammenstellungen.
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 149
Einige schon länger in unserem Besitz des Museums befindliche
süddeutsche Mustertücher zeigen ähnliche Grundmuster in vielfarbiger
Seidenstickerei, besonders schön ein Tuch aus Nürnberg. Bei diesem
ist das untere Drittel gefüllt mit acht quadratischen Feldern, deren jedes
ein anderes Muster unter Verwendung ebenso vieler verschiedener Stich-
weisen darbietet. Über diesen für Stuhlkissen, Tischdecken und geistliche
Gewänder verwendbaren Grundmustern nimmt eine bildmäßig in Nadel-
malerei ausgeführte Jagd die Breite des Tuches ein. Darüber in der
Mitte in einem Blumenkranz M. H. H 1736 unter einer Krone, und seitlich
zwei schwebende Blumensträuße. Oben an Bandschleifen aufgehängte Blumen-
sträuße — und nur eine schmale Zeile mit Buchstaben und Zahlzeichen.
Schon der Vergleich der wenigen diesem Bericht beigefügten Ab-
bildungen läßt auffallende Verwandtschaften zwischen den Namentüchern
von Gebieten erkennen, die heute ohne staatlichen Zusammenhang sind,
während anderseits einander benachbarte und staatlich eng verbundene
Gebiete charakteristische Besonderheiten im Geschmack und in den Motiven
der Namentücher erkennen lassen. Eingehendere Untersuchungen auf der
Grundlage umfassenderen sachlichen Stoffes werden die mannigfachen Fragen
nach dem Ursprung und den Zusammenhängen der Motive der Stiektücher
zu beantworten suchen müssen. Bis jetzt hat die volkskundliche Literatur
dieses Gebiet vernachlässigt. Die hier fließenden wichtigen Quellen für
die Aufklärung alter Zusammenhänge völkischer Kultur ist unseres Wissens
von keinem der in Jüngster Zeit erschienenen Bücher erkannt, geschweige
denn ausgeschöpft worden. Weder in Richard Andrees Braunschweigischer
Volkskunde von 1901, noch in Robert Wuttkes Sächsischer Volkskunde
von 1903, noch in Carl Heßlers Hessischer Landes- und Volkskunde von
1904, noch in Franz Jostes Westfälischem Trachtenbuch von 1904 sind
wir auf Namentücher gestoßen, geschweige denn auf irgend ein Wort des
Verständnisses für die in ihnen beruhenden alten Überlieferungen und
Zeugnisse völkischer Geschmackskultur. Auch das eroße Werk M. Haber-
landts über die Österreichische Volkskunst von 1911 berührt die Namen-
tücher nur ganz kurz. „Neben den gedruckten Musterbüchern und Vor-
lagen“, schreibt der Verfasser, „werden wahrscheinlich auch in früher Zeit,
wie späterhin, wo die Belege hierfür zahlreicher werden, Mustertüchlein,
die sich die Stickerinnen selber anlegten, in gleicher Art für die Erhaltung
und Verbreitung der Ornamente gewirkt haben, nach Analogie der hand-
schriftlichen Gebet-, Zauber-, Rezept- und Liedersammlungen, welche man
seit dem 17. Jahrhundert in bäuerlichem Besitz antrifft.“ Diese zutreffende
Bemerkung erschöpft aber keineswegs die Bedeutung, die wir den Muster-
tüchern zuerkennen, auch abgesehen davon, daß die Musterbücher und
Vorlagen in ihrer Wirkung auf die Volkskunst zurücktreten gegen die
lebendige Überlieferung.
150 Museum für Kunst und Gewerbe.
Bucheinbände.
Der Sammlung der alten Bucheinbände konnte nach jahrelangem
Stillstand wieder ein schöner Einband, der hier abgebildete, hinzugefügt
x werden, der nach dem
el alten handschriftlichen
Vermerk „Liber gentis
Bevilaquie“ auf dem
Titelblatte und dem Ex-
libris mit dem Wappen
der Bevilacqua einst
die Bücherei eines An-
gehörigen dieses vene-
tianischen Geschlechtes
zierte. Der wohlerhal-
tene Band ist auf bei-
den Decken in Hand-
vergoldung mittels Fi-
leten bedeckt mit
reichem Ornament, das
sich in der Naturfarbe
des Kalbleders von
dem golden punktierten
Grunde abhebt. Er
umschließt ein Buch
über die Reitkunst, das
Federico Grisone 1598
unter dem Titel „Ordini
di cavalcare et modi di
Venetianischer Bucheinband aus Kalbleder mit Handvergoldung N lErnalue =
von ca. 1560. Höhe 21,5 em, Breite 15 cm. cavalli — con le figure
di diverse sorti dimorsi,
secondo le bocche e i minaggiamenti di cavalli* bei Bartolomeo Gesano
in Pesaro drucken ließ. Nicht viel jünger als das Buch ist der Einband.
Ü
Deutsche Hafnerarbeiten.
Unter den begehrtesten Stücken der Sammlung Lanna befanden
sich Kacheln, die der Katalog als zum Sakristeiofen der Stephans-
kirche in Wien gehörig beschreibt. Aus welchen Gründen diese Her-
kunft anzunehmen, ist für diese im Jahre 1867 in Wien aufgefundenen
Teile eines spätgotischen Ofens von Alfred Walcher von Molthein im
VII. Jahrgang der Wiener Zeitschrift Kunst und Kunsthandwerk dar-
gelegt worden. Die schönsten Stücke erwarb damals A. von Lanna,
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. la
andere das Österreichische Museum für Kunst und Industrie und das
Germanische Nationalmuseum in Nürnbere. Wo der Standort des Ofens
einstmals gewesen, ist nicht festgestellt; angenommen wird dafür die
obere Sakristei links neben dem Hochaltar im 1466 aufgeführten Sagrer.
Der Aufbau bestand aus dem vierseitigen Feuerraum, der aus den
srößeren der erhaltenen Kacheln aufgemauert war und an dessen Ecken
die beiden großen, übereck vorgesetzten Wappenschilder den Übergang zu
dem polygonen Oberbau vermittelten. Dieser muß sich turmartie nach
oben verjüngt haben, wie aus dem verschiedenen Maß weiterer Kacheln
zu entnehmen ist. Den Kacheln des Feuerraumes teilt Walcher v. Molthein
zwei der erhaltenen Muster zu, diejenigen mit dem heiligen Christophorus
und mit Simson, der den Löwen packt. In der ersten unteren Schicht
des Oberbaues saßen die Kacheln mit dem Sündenfall und der Vertreibung
aus dem Paradiese; zuhöchst die kleineren Kacheln mit dem heiligen
Sebastian und dem heiligen Nikolaus von Bari. Weitere Muster als diese
sind nicht nachgewiesen. ’
Für die Zeitbestimmung des Ofens sind weniger entscheidend die
Reliefs der einzelnen Kacheln, die auch älteren Beständen von Hohlformen
angehören könnten, als die frei modellierten weiblichen Halbfiguren, die
als Schildhalter die beiden Eckkacheln überragen. W. v. Molthein sieht
in der Tracht dieser Figuren das von den Wiener Frauen in den letzten
Jahren vor 1500 getragene Kostüm und versetzt daher den St. Stephans-
ofen in den Ausgang des 15. Jahrhunderts. Von diesen Eckkacheln ist
die eine mit dem doppelköpfigen Adler des römischen Kaisers und dem
österreichischen Bindenschild um M 11100 von dem Österreichischen Museum
ersteigert worden, die andere mit einem vielfach gespaltenen Schild mit
der vorgesetzten Figur des Apostels Johannes von einem Wiener Sammler
um einen noch höheren Preis. Beide Eekkacheln sind in der angeführten
Zeitschrift farbig wiedergegeben.
Von den Kacheln des Feuerraumes wurde die Kachel mit dem
h. Christophorus für das hamburgische Museum erworben, die Kachel mit
Simson und dem Löwen für das Kaiser Friedrich-Museum in Posen. Von
den Kacheln des Oberbaues ging diejenige mit der Vertreibung aus dem
Paradiese an das Kunstgewerbemuseum in Leipzig, die Kachel mit dem
heiligen Nikolaus von Bari an das Kestner-Museum in Hannover — und
nur eine, diejenige mit dem h. Sebastian am Marterpfahl, an einen
Berliner Sammler. In der Sammlung Lannas nicht vertreten war die von
W.v.M. nach dem Stück im Germanischen Museum abgebildete Kachel
mit dem Sündenfall.
Unsere in Form eines Kreissegmentes stark vertiefte Kachel zeigt
in hohem Relief den Heiligen, wie er durch ein Gewässer watet; die
linke Hand legt er mit vorgerecktem Ellbogen an die Hüfte, um auf der
12*
192 Museum für Kunst und Gewerbe.
Schulter dem Christkinde einen Sitzplatz darzubieten; mit der rechten
stützt er sich auf einen langen Baumstamm. Grün ist der große Turban
des Christophorus, sein
weiter Mantel und das
flatternde Mäntelchen
des Kindes, dunkelblau
das Gewand des Hei-
liven, gelbbraun sein
Haar und zweigeteilter
Bart und der Heiligen-
schein des Kindes; die
nackten Teile der Fi-
guren und das Wasser
haben nur die gelblich-
weibe Farbe der Gla-
sur; dunkelblau sind
die seitlichen und die
obere Innenfläche der
Nische, während deren
seitliche Umrahmung
mit gotischen Fialen
über einem nicht aus-
gefüllten Stand für eine
Figur nur die Glasur-
farbe zeigt; gewunde-
nes gotisches Blatt-
werk mit dunkelblauer
Spätgotische Kachel vom Ofen aus St. Stephan in Wien, u bildet UEE
Größe 37 zu 27 om oberen Abschluß der
Nische. Die Farben
sind flüchtig aufgetragen und im Brand so geflossen, daß etliche grüne
Streifen von der Bekleidung über die Gesichter herablaufen. Sir Julwus
Wernher in London hat dieses wertvolle Stück dem Museum geschenkt.
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mehrfarbig glasiert.
Deutsches Steinzeug.
Als Geschenk des Herrn Dr. M. Rosenbacher konnte dieser Abteilung
hinzugefügt werden eine Siegburger Schnelle der Englandsfarer-
Gesellschaft zu Hamburg. Diese Schnelle hat dieselbe Größe wie
die im Führer S. 253 abgebildete Schnelle gleichen Ursprungs, faßt also
ein Nössel alten hamburgischen Maßes. Auch die Darstellung des Wappens
der Englandsfahrer mit der Jahreszahl 1595 und der Unterschrift „Der
Engelandes-farer-geselschop in Hamborch“ ist derselben Form entnommen
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 153
wie bei jener. Die zwei seitlichen Hochfüllungen zeigen aber andere Or-
namente und andere Figuren, allegorische Frauengestalten, die durch Bei-
gaben, bei der einen ein Kind auf dem Arm, ein zweites an der Hand,
bei der anderen einen Kelch mit der Hostie und einen Crucifixus, sowie
durch Beischriften als die „Liebe“ und der „Glaube“ gekennzeichnet sind.
Über die durch den Cölner Kaufmann Diederich Strauß vermittelte
Lieferung des weißen Siegburger Steinzeuges nach Hamburg wußte man
bisher aus einem von Dornbusch im Kirchenarchiv zu Siegburg aufgefundenen
Vertrag des Strauß mit den „Ullner- Handwerks -Meistern und Amts-
genossen“ zu Siegburg aus dem Jahre 1599. Den Nachweis einer älteren
Urkunde verdanken wir Herrn Pastor Johannes Biernatzki, der bei seinen
im Auftrage des Museums in dem hamburgischen Staatsarchiv und anderen
Archiven unternommenen Forschungen nach Namen, Daten und Werken
hamburgischer Künstler und Kunsthandwerker (insbesondere der Gold-
schmiede) in dem Rechnungsbuch der Englandsfahrer eine auf den Bezug
von Krügen bezügliche Eintragung vom 6. März 1596 gefunden hat. Da-
nach wurden damals dem „Diderich Dullem von Collen bethalet für 175 Oesell
Kröse, dat stucke 2 ß, zus. 21 414 ß, noch vor 77 er. Kröse, dat stucke
4 ß, zus. 19 .% 4 ß. for de geselschop vnd for das wapen 1 Rikesdaler,
Is In Alles 43 4 3.“ Aus dem von Dormbusch veröffentlichten, auch
in den Mitt. d. Vereins f. Hambg. Geschichte X abgedruckten Vertrag von
1599 wußten wir, daß des Dietrich Strauß Vorgänger in diesem Handel,
Diderich Dullem, damals schon verstorben war. Zu den von diesem
gelieferten 175 kleinen Krösen, das Stück zu 2 Schilling, haben zweifellos
unsere Schnellen von 1595 gehört, und man darf wohl vermuten, daß die
Anrechnung von 1 Reichstaler für das Wappen sich auf das bestellte
Wappen der Englandsfahrer bezog, für das eine besondere Form gestochen
werden mußte, während für die seitlichen Hochfüllungen genug Model
den Ullnern zur Hand waren. Für die mittleren Schnellen, die ein Quartier,
das Doppelte eines Nössels oder Ösels faßten, brauchte man, falls sie
ein Wappen tragen sollten, dieses nicht erst stechen zu lassen, denn
Sieeburger Krüge mit dem hamburgischen Stadtwappen wurden schon
einige Jahre vor 1596 geliefert; ein solcher in der Sammlung trägt die
Jahreszahl 1591, ein jüngerer ist von 1598. Die uns bekannten Kröse
der Englandsfahrer tragen sämtlich die Jahreszahl 1595.
Als Gabe des Dansk-Kumstindustrie- Museums in Kopenhagen ist mit
besonderem Danke eine ehemals im der Sammlung Frohnes befindliche
Höhrer Kanne zu verzeichnen. Diese sowohl in Solons Werk „The
ancient art stoneware“, Vol. I, S. 91, wie in Otto von Falkes Werk „Das
Yheinische Steinzeug“, Bd. I, S. 87, abgebildete, 25 cm hohe, schöne
Trichterkanne aus weißem, stellenweis rotgelb angehauchtem Steinzeug ist
vorn am Bauch mit dem Wappen des Höhrer Landesherrn, Kurfürsten
154 Museum für Kunst und Gewerbe.
und Erzbischofs von Trier, Lothar von Metternich, verziert. Dessen
Regierungszeit von 1599 bis 1623 gibt die Entstehungszeit dieses Gefäßes.
Zwei Zierstücke zu den Seiten des Wappenreliefs zeigen eine fünfblättrige
Rosette, umrankt von Weinreben. Falke weist dieses seltene Stück der
Werkstatt der aus Siegburg zugezogenen Knütgen zu. Die Knütgen
waren die älteste und angesehenste Töpferfamilie der Aulgasse in Sieg-
burg. Aus der Werkstatt des Anno Knüteen sind dort in den letzten
Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts ausgezeichnete Krüge hervorgegangen,
deren altertümliches Gepräge noch in der gotischen Zeit wurzelt. Dahin
gehört auch unser Trichterkrug, der jedoch, wie Falke durch die Höhrer
Scherben in der Zais-Sammlung festgestellt hat, bereits nach der Über-
siedelung in den Westerwald entstanden ist.
Ein Raerener Gefäß aus graublauem Steinzeug erinnert durch seine
gegen die Standfläche und die Mündung eingezogene Walzenform an die
Albarelli genannten Apothekergefäbe aus Majolika. In einer Rollwerk-
kartusche steht die Inschrift „Of hi nit en is van Judas Geslecht 1591*
— die zu verstehen sein wird als Beischrift zum Bildnis irgend eines
alttestamentlichen Helden auf einem anderen Kruge mit derselben Inschrift.
Im Rollwerk stehen die Buchstaben I. E, die auf den Raerener Töpfer
Jan Emens Mennicken weisen, dessen Name uns zu Anfane des
17. Jahrhunderts auch in Höhr im Westerwald begegnet. Scherbenfunde
müssen oft im Einzelfall zu Hilfe genommen werden, um die Herkunft
mancher graublauer Steinzeuskrüge zu bestimmen; diejenige unseres
Apothekergefäßes mag aus diesem Grunde noch fraglich bleiben.
Wie dieses Apothekergefäß war ehemals in der Sammlung Lannas
ein Steinzeueskrug in Gestalt eines auf Kufen liegenden
Tönnchens mit kurzem eingezogenen Hals, kurzem Henkel, Zinnreifen
und Zinndeckel. Auf der hellbraun und grau gesprenkelten Glasur finden
sich Spuren teilweiser Vergoldung der plastischen Auflagen, die auf der
Leibung Wappen in Blattkränzen zeigen. Die Wappen tragen als Helm-
zier den seine ‚Jungen mit seinem Blute nährenden Pelikan und im Schilde
ein herzförmiges Blatt, das in einem rechteckigen Gestell hängt. Dieser
Tönnchenkrug vertritt als erstes Beispiel in der Sammlung das sächsische
Steinzeug des 17. Jahrhunderts. Obwohl das an mehreren Orten
des jetzigen Königreichs Sachsen hergestellte Steinzeug bei weitem nicht
jene hohe künstlerische Stufe und jene reiche Entwickelung erlangt hat
wie die niederrheinischen und Westerwälder Steinzeuggebiete, wecken
Krüge sächsischer Herkunft wie dieser und andere noch reicher verzierte,
die mit der Sammlung Lannas auf den Markt gebracht wurden, den leb-
haften Wunsch, ihnen möge eine monographische Behandlung zuteil werden,
wie sie das rheinische Steinzeug schon mehrfach erfahren hat. In höherem
Mabe ist dieser Wunsch hinsichtlich des Kreussener Steinzeuges zu wieder-
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 155
holen. Nach den sich drängenden Veröffentlichungen über Einzelgebiete
deutscher Keramik scheint es, als nehme die an und für sich erfreuliche
Jagd nach neuen Fayencemanufakturen das Interesse der keramischen
Forscher einstweilen ganz in Anspruch.
Über die Zuweisung eines großen Teiles der früher insgesamt als
Böttger-Steinzeug angesprochenen Gefäße aus braunschwarz elasierten
roten Steinzeug mit Silber- oder Golddekor an die Bayreuther „Fabrik
braunen Porzellans“ haben wir im „Führer“ Näheres gebracht.
Seither ist diese Gruppe durch einen in Gold bemalten Wappenteller mit
dem Namen des Goldmalers J. A. Fichthorn und der Jahreszahl 1747 ver-
mehrt worden und jüngst noch durch zwei Enehalskrüge. Der größere,
32 cm hohe Krug ist reich mit Silber bemalt, in dem die Innenzeichnung
auseeritzt ist. Fin bischöfliches Wappen mit der Muttergottes, dem
Krummstab und der Mitra als Helmzier vorm auf dem Bauch, an den
Seiten Blütenzweige und Vögel, am Hals Laub- und Bandelwerk zieren
dieses 1754 datierte, im Katalog der Sammlung Hermann Emdens unter
Nr. 200 abgebildete Gefäß. An dem kleineren, nur 20,5 cm hohen Krug
(Nr. 219 derselben Sammlung) ist eine Chineserie, umgeben von symme-
trischem Ornament, Fruchtgehängen, Vögeln und Insekten, in Gold und
Silber gemalt. Beide Krüge haben gleichzeitige Silberfassung; in den
Deckel des kleineren ist eine vergoldete Silbermedaille eingelassen, auben
mit dem Brustbild Luthers, innen demjenigen von Johann Huß.
Italienische Fayencen.
Die Glanzleistungen der italienischen Keramik in der ersten Hälfte
des 16. Jahrhunderts haben, wie das die Bestände aller älteren Museen
bezeugen, lange Zeit so im Vordergrunde der Sammlerinteressen gestanden,
daß es für das Studium der Vorstufen der Majolikakunst an sachlichen
Urkunden fehlte. Wie auf fast allen Gebieten der Kunst hat sich aber die
Forschung neuerdings mit Eifer auch den Wiegenzeiten der Majolika zu-
gewendet und den ersten, in das Mittelalter zurückreichenden Keimen
nachgespürt, aus denen unter der Renaissance die keramische Kunst sich
zu höchster Blüte entfaltete. Ein Sondergebiet der Inkunabeln der Ma-
jolika hat sieh erst vor wenigen Jahren durch Erdfunde erschlossen, die
zahlreiche Beispiele einer Art Mezza-Majolika zutage förderten, von der
bis dahin nur verstreute Beispiele aufgetaucht waren, ohne daß man ihre
Herkunft örtlich festzulegen vermochte, die aber jetzt als Erzeugnisse von
Töpfern der durch ihren Dom berühmten umbrischen Stadt Orvieto an-
gesprochen werden dürfen.
Vor etwa sechs Jahren wurden bei der Ausräumung mittelalterlicher
Hausbrunnen in Orvieto große Mengen Scherben grün und manganbraun
bemalter Gefäße, ausnahmsweise auch vollständig erhaltene oder aus den
156 Museum für Kunst und Gewerbe.
Bruchstücken wieder zu vervollständigende Schalen, Näpfe, Krüge und
Vasen zutage gefördert. Aus dem Stil der Verzierungen, aus Wappen
und anderen Umständen schloß man auf ihre Anfertigung im 13. bis
14. Jahrhundert. Die Funde erregten als Inkunabeln der Majolikakunst
sofort die größte Aufmerksamkeit, die sich auch darin bekundete, daß
wenige ‚Jahre danach schon Fälschungen auf den Markt gelangten zur
Befriedigung derer, denen die Scherben nicht genügten. Eine Anzalıl
orvietanischer Fundstücke, die vor etwa vier Jahren, als der Antiquitäten-
handel dieses Gebiet noch nicht ausgebeutet hatte, zutage „_ebracht
wurden, verdankt das Museum jetzt einer Schenkung von Sir Julius
Wernher in London.
Beobachtungen über die Funde von Orvieto hat 1909 ein römischer
Kunsthändler, Herr Alessandro Imbert, unter dem Titel: „Ceramiche
Orvietane dei secoli XIII e XIV, note su documenti* in einem Privat-
druck niedergelegt, den er dem Museum zu schenken die Güte gehabt
hat. Die „Pozzi“, brunnenartige Müllgruben, aus denen man die Scherben
hervorzog und zutage zu fördern fortfährt, waren in den felsigen Grund
ausgehöhlt oder bestanden aus Ringen, die aus Tuffstein geschnitten und
ohne Zement aufeinander zeschichtet waren. Durch Löcher im Pflaster
oder in der Mauer der Küche gelangten dahin mit den Küchenabfällen
Scherben des Gebrauchsgeschirres aller Art. Schon zu Anfang des
14. Jahrhunderts war gesetzlich verboten, Abfälle und Unrat auf Straßen
und Flußufer zu werfen, daher in vielen Häusern und Hausgärten der-
gleichen Müllbrunnen angelegt wurden. Imbert verzeichnet eine Reihe
von Palästen, aus deren Pozzi man Scherben hervorzog; in einem Pozzo,
der schon zu etruskischer Zeit benutzt sein muß, fanden sich unter einer
Schicht mittelalterlicher Scherben solche von antiken Bucchero-Gefäßen
und Terrakotta-Friesen, in einem andern Falle über den primitiven
Scherben solche von im Brand mißlungenen Fayencen des 15. Jahrhunderts.
Dergleichen Funde blieben natürlich nicht auf Orvieto beschränkt, son-_
dern wurden auch in benachbarten Ortschaften unter ähnlichen Um-
ständen gemacht.
Unter den Scherbenfunden von Orvieto läßt sich eine Gruppe ab-
sondern, die auf hellgelblichgrauem Scherben dünne schmutzigweiße Glasur
und Malereien zeigt mit manganbrauner Zeichnung, in der Flächen hell-
grün ausgefüllt sind. Weder geritzte Umrisse verbinden sich mit dieser
Bemalung, noch findet sich an irgendeinem Scherben unserer Sammlung
eine Spur davon, daß unter der Glasur ein weißer Erdanguß liegt. So-
mit fehlen dieser Orvietoware jene Merkmale, an denen man die Mezza-
majolika erkennen will. Die farbige Erscheinung der Gefäße erinnert
sehr an einen bekannten Majolikakrug mit dem Wappen des Astorgio
Manfredi, der im Museum zu Faenza bewahrt und von Arcagni in seinem
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 157
Buch über die Faentiner Majoliken farbig abgebildet ist. Arcagni sieht
in diesem Krug das Erzeugnis einer Faentiner Werkstatt, was naheliegt,
da jener Manfredi von 1395 bis 1405 Herr von Faenza war. Daß die
primitive Technik dieser Gefäße im 14. Jahrhundert nicht auf Orvieto
beschränkt blieb, sondern gleichmäßig auch in den Töpfereien anderer
Städte Italiens geübt wurde, darf angenommen werden.
Die aus jenen Orvietaner Erdfunden in unseren Besitz gelangten
Scherben dieser Art gehörten zu 23 Gefäßen, von denen einige zum
größeren Teil erhalten sind. Unter diesen sind hervorzuheben mehrere
„eoppette a due manichi“, zweihenkelige Näpfe von antikisierender Form.
Von dem über kleiner Standfläche eingezogenen Fuß steigt der Boden
in flachem Schwung sich erweiternd auf, mit scharfer Kante abgesetzt
geren die senkrechte leicht eingeschweifte Wandung; die beiden gebogenen
Henkel sind an den Enden durch Breitstrich in die Wandung übergeführt.
Eine dieser Coppette, mit schwach ins Violette spielender schmutzigweißer
Glasur, ist bemalt im Spiegel des Napfes, eingefaßt von zwei mangan-
braunen Kreisen, mit einem grünen, manganbraun umrissenen Kreuze und
den manganbraunen Leidenswerkzeugen Christi. Es ist derselbe Dekor,
den wir kennen von der früher so rätselhaften, in der Minoritenkirche
zu Cöln bewahrten Fayenceschale des heiligen Franciscus, die Wallis in
seinem Buche „Early italian Majolica“ S. 48 abbildet, und der auch auf
einem von Imbert Tav. I Nr. 3 abgebildeten Stücke vorkommt. Außen
ist diese Coppetta zwischen zwei Linien mit diagonal sich kreuzenden
Strichen und am unteren Rand mit einem hellgrünen Streifen bemalt.
Auf einer anderen Coppetta gleicher Form mit ins Grünliche spielender
schmutzigweißer Glasur sind in Manganbraun und Hellgrün gemalt ein
schreitender Vogel mit aufgerichteter Schwanzfeder und an dünnen Stengeln
drei Beerentrauben, deren Umriß durch Netzung ausgefüllt ist. Ein
dritter Napf zeigt im Spiegel, umfaßt von einem manganbraun umrissenen
grünen Streifen, in genetztem Grunde ein eichblattähnliches gelapptes
Blatt von violetter Zeichnung mit breiter hellerüner Hauptrippe. Ein
ähnliches Stück bildet Imbert Tav. II Nr. 9 ab. Auf einem vierten Napf
sehen wir das „Lamm Gottes“ mit Nimbus und Kreuzstab in mangan-
brauner Zeichnung mit grün und manganbraun getupftem Vlies. Scherben
henkelloser Gefäße zeigen in denselben Farben verschiedene einfache
Pflanzenornamente, mehrfach große Blätter; einmal erscheint auch eine
plastisch aufgelegte, grün und braun bemalte Traube, wie sie an einem
von Imbert Tav. X Nr. 42 abgebildeten Gefäß vorkommt.
Ein Bruchteil emer großen tiefen Schüssel ist dadurch merkwürdig,
daß Bohrlöcher auf eine schon in alter Zeit erfolgte Flickarbeit weisen;
die Bemalung zeigt im Innern, in ähnlicher Ausführung wie im Spiegel der
einen Coppetta, wieder das Kreuzeslamm, das hier auf gewellter grüner
158 Museum für Kunst und Gewerbe.
Bodenfläche zwischen zackigen Blättern an dünnen Stielen steht. Die
aufsteigende Wandung des Innern ist mit breitem Flechtwerk aus zwei
sich rechtwinklig kreuzenden manganbraunen Bändern bemalt, zwischen
denen viereckige Felder grün ausgefüllt und die Zwickel braun genetzt
sind. Einen ähnlichen Dekor bildet Imbert ab an dem Boccale, Tav. VII
Nr. 36.
Andere Bruchstücke ergeben die Formen einer Kanne mit ange-
setzter Schnauze, einer Kanne mit Röhrenschnauze, einer Kanne mit vor-
gezogener dreilappiger Schnauze. Bei einigen Stücken ist bei fetterer
Glasur auch Blau und Okergelb verwendet; diese werden aber einer
jüngeren Zeit angehören als die Gefäße, deren Dekor auf Manganbraun
und Hellgrün beschränkt ist, und die Imbert mit guten Gründen in das
13. und 14. Jahrhundert versetzt.
Wohl zwei Jahrhunderte trennen diese Orvietaner T’öpferwaren von
einer Schüssel in der Art der Majoliken von Urbino, die bemalt ist mit
einer Darstellung, in der Alttestamentliches und Antikheidnisches sich
mischen. Im Vordergrunde gebietet Neptun auf dem mit vier Meerpferden
bespannten Muschelwagen mit seinem Dreizack den Fluten Einhalt, im
Hintergrunde sieht man auf felsigem Berge die Arche Noah. In den
Wolken schwebt ein Rollwerkschild mit dem Wappen der Colleoni
zwischen den Buchstaben U M, von denen das M. vielleicht auf das den
Colleoni gehörige Schloß Malpaga gedeutet werden kann. Die mit drei
zitrongelben Kreisen am Rande, am Standring und in der Mitte zwischen
diesen umzogene Unterfläche erklärt die Darstellung der Schaufläche mit
den Worten „Fin’ del deluuio“, Ende der Sündflut. Ist diese Schüssel
bald nach der Mitte des 16. Jahrhunderts entstanden, so vertritt den
gegen linde des 17. Jahrhunderts in der süditalienischen Fayence vor-
herrschenden (Geschmack eine tiefe Schüssel aus einer der Castelli-
Manufakturen mit der in diesen beliebten Bemalung in blassen Scharf-
feuerfarben: Blau, zweierlei Grün, Gelb, Manganviolett und Manganbraun,
mit feiner Goldhöhung, welche die Darstellung belebt und detailliert.
Wir blicken über einen architektonisch angelesten Garten auf eine freie
Berg- und Flußlandschaft; im Vordergrunde trägt auf erhöhtem Stand-
punkt ein Gärtnerbursche eine Topfpflanze herbei, während im Mittel-
grunde ein vornehmes Paar in spanischer Tracht lustwandelt. Als Vor-
lage hat dem Maler das Bild des „April“ aus einer von Jodocus de Momper
gezeichneten, von J. Collaert gestochenen Monatsfolge gedient.
Französische Fayencen des 16. Jahrhunderts.
Endlich konnte ein gutes Beispiel der als „rustiques figulines“ be-
kannten, dem Bernard Palissy zugeschriebenen Töpferware erworben
werden, das alle Vorzüge dieser eigenartigen Ware, aber nicht minder
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 159
deren absonderlichen Geschmack vertritt, einen Naturalismus, den man
dem Zeitalter der Hochrenaissance nicht zu Lasten schreiben möchte,
wenn nicht derartige Werke als Erzeugnisse jenes berühmten keramischen
Suchers und Schaffers hinreichend bezeugt wären.
Der vertiefte Boden der länglich eiförmigen Schale erweckt durch
eingeritzte Wellenlinien und dunkel bläulichgrüne Glasur die Vorstellung
eines Gewässers; in dessen Mitte erhebt sich dunkles, violett und blau
getupftes Erdreich, auf dem schmutzigweiße Muscheln und grüne Blätter
verstreut sind, und ebenso ist auch der als Flußufer gedachte Rand aus-
gestattet. Auf dieser Unterlage schlängelt sich ihrer ganzen Länge nach
eine graubraun geschuppte Ringelnatter, deren Kopf sich frei über den
Rand erhebt. Auf dem Grund des Wassers liegen an den Längsseiten
der Schale ein Hecht und ein Barsch mit grauen, leicht manganviolett
sesprenkelten Rücken, hellgrauen Bäuchen, gelben Augen und rotvioletten
Flossen; ein graugrüner Krebs klettert aus dem Wasser zum Rande
hinauf, ein zweiter hat diesen schon erreicht. Eine hellgerüne Eidechse
und ein grüner Frosch vervollständigen den plastischen Schmuck der
zwecklosen Schüssel, die man nicht auf einer Prunkkredenz aufgerichtet
sich denken, sondern nur als ein auf einer Tischplatte liegendes Schau-
stück verstehen kann. Die untere Fläche, auf der die größeren plastischen
Erhöhungen der oberen Fläche als tiefe Gruben erscheinen, ist in Blau,
Manganviolett und Grün schön gewölkt. Früher befand sich diese
Schüssel in der Sammlung des Herrn Hermann Emden zu Hamburg, in
deren Versteigerungskatalog sie unter Nr. 265 auf Tafel 23 abgebildet ist.
Hamburgische Fayencen.
Wiederholt, auch im voraufgegangenen Jahresbericht, haben wir uns
mit den hamburgischen Fayencen des 17. Jahrhunderts zu beschäftigen
gehabt. Wieder hat die Sammlung um einige ausgezeichnete Beispiele ver-
mehrt werden können, darunter die S. 160 abgebildete Schüssel mit Blau-
malerei. Wie die zahlreich in der Sammlung vertretenen Fayencekrüge
hamburgischer Herkunft trägt sie weder einen Namen noch eine Marke,
die ihre hiesige Herkunft verbürgt. Wie bei jenen aber die sehr häufigen
Wappen unserer Stadt außer den sonstigen, früher von uns nachgewiesenen
Gründen die Bestimmung auf Hamburg gestatten, so trägt diese Schüssel
das Wappen einer seit 1576 in Hamburg ansässigen, aus den Nieder-
landen eingewanderten Familie, der Amsinck, im Schilde die drei
Stechpalmenblätter, als Helmzierat ein Stechpalmblatt inmitten eines
Fluges. Die Art, wie die Helmdecke blattwerkähnlich gebildet tief an-
setzt — ein Zeichen des Verfalles der Wappenkunst —, findet sich ebenso
auf den Helmdecken an hamburgischen Krügen, deren Entstehungszeit
durch die Jahrzahlen auf ihnen in den 30er bis 50er Jahren des 17. Jahr-
160 Museum für Kunst und Gewerbe.
hunderts anzunehmen ist; immerhin mag die Schüssel einige Jahrzehnte
Jünger sein. Aufgefunden wurde sie in bäuerlichem Besitz im hambur-
gischen Marschgebiet, in einer Gegend, die nicht fern liegt von dem vier-
ländischen Curslack, in dem im 18. Jahrhundert ein Amsinck ein statt-
liches, noch heute stehendes, die Hufnerhäuser überragendes Landhaus
Hamburgische Fayenceschüssel mit Blaumalerei, im Spiegel das Amsincksche Wappen.
Durehm. 44,5 cm.
besaß. Irgend eine Familienüberlieferung war mit der Schüssel nicht
verbunden, sie ist aber in für das Museum erfreulicher Weise dadurch
angeknüpft worden, daß die Herren Arnold und Johannes Amsinck, als sie
von dem Auftauchen der Wappenschüssel erfuhren, diese der Sammlung
schenkten.
Die Schüssel zeigt, daß die Werkstatt, aus der sie hervorging, die
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 161
mit der tadellosen Herstellung so großer flacher Gefäße verbundenen
Schwierigkeiten nicht völlig überwunden hatte. Der Scherben ist hellgelb,
die rötlich weiße, mit feinen farbigen Pünktchen durchsetzte Glasur zeigt
auf der Schauseite kleine Fehlstellen; auf der Unterseite zeigt sie, un-
gleich aufgetragen, unbedeckte Stellen, Verdünnungen und Verdickungen.
Das dunkle Untergelasurblau ist in mehreren Tönen aufgetragen. Auf der
Unterfläche des breiten Randes große Doppelkreise mit einer aus fünf
Punkten und einem kleinen Kreise bestehenden Mittelblume.
Ein nicht datierter, aber durch die Strenge der heraldischen Zeich-
nung noch in die ältere Zeit der hamburgischen Fayencen zu versetzender
Krug von der bekannten Birnform ist in kräftigem Blau und dunklem
Zitronengelb bemalt in einer vierteiligen Lorbeerumrahmung mit einem
großen Doppeladler, zwischen dessen Köpfen eine gelbe Krone und im
dessen herzförmigem Brustschild ein gelbes, von zwei Pfeilen durchbohrtes
Herz schwebt.
Ein großer, 32 cm hoher Fayencekrug dieser hamburgischen Art
ist in Blau bemalt mit einem von vierteiligem Lorbeerkranz umrahmten
Wappen, in dessen Schild ein springendes Pferd. Eine Pagode unter dem
Henkel und an den Seiten mit Vögeln belebte flüchtig gemalte Blumen-
stauden erinnern daran, daß chinesische Porzellane mit Blaumalerei auch
in Hamburg den Anfängen der Fayence nahe standen. Die Jahrzahl auf
diesem Kruge, 1656, ist die jüngste auf hamburgischen Fayencen unserer
- Sammlung.
Schleswig-holsteinische Fayencen.
Einige Hauptstücke dieser Abteilung wurden bei der Versteigerung
der Sammlung des Herrn J. W. Frohne in Kopenhagen erworben.
Seit Jahrzehnten bestanden zwischen dem hamburgischen Museum für
Kunst und Gewerbe und Herrn Frohne, einem der bedeutendsten Sammler
kunstgewerblicher Altertümer in der dänischen Hauptstadt, freundschaft-
liche Beziehungen zum Vorteil der Sammlungen hüben und drüben.
Herr Frohne war nicht nur ein eifriger Sammler, besonders von
Fayencen, sondern suchte auch durch eigene Forschungen die Geschichte
der Fayencefabrikation in Dänemark und den Herzogtümern über die von
dem hamburgischen Museum in dem Jahresbericht für 1882 und weiter im
Führer von 1894 dargebotenen Grundlagen zu ergänzen und weiter zu
führen. Über dieser Arbeit ereilte ihn der Tod. Die hinterlassenen Auf-
zeichnungen hat der Kunsthistoriker Ch. A. Been als Werk unter dem
Titel „Danske Fajancer, historiske Meddelelser om Fajancefabriker i
Danmark og Hertugdommerne i det 18. Aarhundrede af J. W. Frohne.
Kobenhavn, 1911“ bearbeitet. Als Manuskript ist es, mit zahlreichen Ab-
bilduneen und dem Bildnis Frohnes bereichert, in nur 200 Abzügen gedruckt
162 Museum für Kunst und Gewerbe.
worden, von denen einer von den Fräulein Agnes, Maria und Johanne
Frohne „zur Erinnerung an ihren verstorbenen Bruder“ auch dem Direktor
des hamburgischen Museums übersandt worden ist. Besonders reich an
neuen Aufschlüssen sind darin die Abschnitte über die verschiedenen in
Kopenhagen oder seiner Nähe betriebenen Manufakturen ; die älteste und
bedeutendste in der Store Kongensgade, die von 1722 an ein halbes Jahr-
hundert in Betrieb war: die 1755 zu Kastrup auf Amager begründete,
welche bis in die Zeit des Steingutes, 1814, bestand; König Christians VI.
Kachelofenfabrik hinter dem Blauen Turm, von 1738 bis 1754; die Ofen-
fabrik in Vesterbro von 1787 bis 1812. Nicht nur neues urkundliches
Material hatte Frohne ausgegraben, sondern zugleich eine Sammlung aus-
erlesener Erzeugnisse jener Werkstätten vereinigt und, damit diese sach-
liche Urkundensammlung nicht wie die übrige Fayencesammlung nach
seinem Tode verstreut werde, seinen ganzen Besitz an Kopenhagener
Fayencen dem unter Bernhard Olsens Leitung geschaffenen Dansk Folke-
museum letztwillig gestiftet.
Kleinere, bisher unbekannte dänische Fayencewerkstätten, so die zu
Mors, Gudumlund und @land und die Bornholmer Stemgutfabrik, hat
Frohne in die keramische Literatur eingeführt, auch über die uns schon
bekannten Manufakturen zu Schleswig (1755—1814), Rendsburg (1765 bis
1818) und Kellinghusen (1765 bis gegen die Mitte des 19. Jahrhunderts)
Neues aus dem dänischen Reichsarchiv und anderen Quellen mit guten Ab-
bildungen und Faksimiles der Marken beigebracht. Unter den Abbildungen’
bereenen uns auch zwei Stücke der hamburgischen Sammlung, eim Dinten-
faß, als einziges bekanntes Beispiel einer Kopenhagener Fayence mit viel-
farbigem Scharffeuerdekor, und eine Rendsburger Fayenceschüssel mit
Blaumalerei nach chinesischem Vorbild.
Für unsere Sammlung einige der Hauptstücke schleswig-holsteinischer
Favencen aus der Frohneschen Sammlung zu gewinnen, ist uns gelungen
trotz des starken Wettbewerbes der vielen Kopenhagener Museen, die
alle, mit erheblichen Mitteln ausgerüstet, von dem Besitz Frohnes dem
Lande die besten Stücke zu erhalten trachteten. Im ganzen wieder-
holten sich hier dieselben Vorgänge, die sich bei der ersten Auktion der
Lanna-Sammlung zu Berlin i. J. 1909 im Wettbewerb der deutschen und
österreichischen Museen abgespielt hatten, nur daß in Kopenhagen die
dänischen Museen infolge verständiger Arbeitsteilung weniger einander,
als die Außenseiter aus dem Handel oder der privaten Liebhaberei und
die norwegischen und schwedischen Museen zu bekämpten hatten.
Aus der Sammlung Frohnes wurde angekauft en Handbecken
nebst Helmkanne der Stockelsdorffer Manufaktur aus der
Zeit. da diese in den Jahren 1773 bis 1776 unter Buchwalds Leitung
stand. Zusammengehörig ergeben sie ein Gerät, dessen Bestimmung, die
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 165
Darreichung des Händewassers nach der Mahlzeit, im 18. Jahrhundert bald
durch ein Paar Silbergefäße, bald durch solche aus Fayence oder aus
Porzellan erfüllt wurde. In Hamburg war es mündlicher Überlieferung
zufolge noch zu Anfang des 19. Jahrhunderts Brauch, daß nach festlichen
Mahlzeiten die „Kleinmägde“ den Gästen das Händewasser aus solcher
Kanne über dem untergehaltenen Becken auf die Hände gossen, zugleich
Helmkanne aus Fayence, vielfarbig bemalt in Muffelfarben, Stockelsdorff, um 1775. Höhe 22 em.
ein Tuch zum Händetrocknen darreichend. Längst ist dieser Brauch ebenso
Seschwunden wie jener andere, an den zahlreiche Potpourrivasen in der
Sammlung, einige noch mit ihrem alten Inhalt an Rosenblättern und duftenden
Kräutern, erinnern. Bemalt ist unsere Stockelsdorffer Kanne mit Blumen-
zweigen in den natürlichen Farben, die Schnörkel an den Rändern und
am Henkel sind gelb mit brauner Zeichnung, die muscheligen Ränder am
Fuß und Bauch violett staffiert; in gleicher Weise das Becken.
164 Museum für Kunst und Gewerbe.
Angekauft wurde ferner aus der Frohneschen Sammlung eine Kieler
Fayencevase von der typischen Art der Potpourrivasen dieser Manu-
faktur. Sie hat einen weitausladenden flachen Fuß, &
Potpourrivase von Fayence, bemalt in bunten Muffelfarben,
die Landschaft nach einer Radierung nach van Goyen, Kiel. Höhe 34 cm
edrungene Birnform
mit scharf abgesetz-
ter Schulter und
breitem Hals, dessen
Rand ebenso wie der
des Fußes muschelig
selappt ist; auf dem
ebenfalls muschelig
gerandeten, hohen
und gewölbten Dek-
kel liegt ein starker
Zweig mit Blättern
und Blüten. Bemalt
ist der Bauch rings-
um mit einer Land-
schaft mit flachen,
bebauten Inseln in
breitem Wasserlauf,
über den ein Fähr-
boot zu fahren sich
anschickt. Schien es
auf den ersten Blick,
daß hier der Maler
Abraham Leihamer
ein Landschaftsmo-
tiv des Landes, etwa
von der Schlei, wie-
dergegeben habe, so
erwies sich diese
Vermutung als irrig,
als eine Radierung
des .J. de Vijscher
nach einem Bilde des
van Goyen aufge-
funden wurde, die
als Vorbild gedient
hatte und nunmehr
im Saal der schleswig-holsteinischen Fayencen ausgehängt ist. Vor dem
A. L. des Leihamer steht unter dem Boden der Vase in rotbrauner Riesen-
schrift die Bezeichnung „K. B. Direet.“, d.h. Kiel, Buchwald, Direeteur.
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 165
Nach dieser Beobachtung darf angenommen werden, daß, etwa von
natürlichen Blumen abgesehen, auch die Kieler Fayencemaler ebenso nach
Kupferstichen arbeiteten, wie das für die Stockelsdorffer Fayencemaler
nachgewiesen worden ist. Die figürlichen Buntmalereien, in denen Stockels-
dorff alle deutschen Fayencemanufakturen des 18. Jahrhunderts übertraf
und nicht weit zurückstand hinter den berühmtesten französischen der
Manufaktur von Sceaux, gehen zumeist zurück auf jene Stiche, die der Augs-
burger Maler und Stecher Joh. Esaias Nilson um die Mitte des 18. Jahr-
hunderts in zahlreichen Folgen von gewöhnlich vier Blättern im Selbst-
verlag herausgab. So viele deutsche Kupferstecher und Radierer damals
Vorbilderfolgen für das Kunstgewerbe auf den Markt brachten, hat doch
keiner von ihnen Nilson erreicht an Einfluß auf die keramische Malerei.
Wir begegnen seinen Spuren bei den feinsten Porzellanmalereien des
Rokokogeschmackes der Wiener Porzellanmanufaktur, bei den besten Blau-
und Scharffeuermalereien der Nürnberger Fayencemaler, und sogar die
Maler der holländischen Fayencemanufaktur zu Arnheim haben sich für
ihre besten Figurenmalereien der Vorlagen Nilsons bedient. Wie die
Stockelsdorffer ihn geschickt benutzten, zeigen einige seiner Stiche, die
wir unlängst neben dem Schauschrank mit dergleichen Fayencen aus-
gehängt haben. Nur das figürliche Hauptmotiv legt dabei der Maler
zugrunde, aber die Umgebung gestaltet er frei, sie beschränkend oder
erweiternd mit schicklicher Füllung des Raumes am Gefäßkörper in ganz
derselben Weise, wie das im 16. Jahrhundert die italienischen Majolika-
maler mit den von ihnen benutzten Stichen getan hatten.
Noch zwei Stockelsdorffer Fayencen wurden der Sammlung hinzu-
gefügt. Die eine ist eine Anhängevase in Gestalt eines Füllhornes mit
plastisch umrahmter Rokokokartusche, darin ein mehrfarbig gemalter
Blumenstrauß. Gelb und Violett herrschen vor in der Staffierung des
Hornes, dessen schneckenartig gewundenes Ende manganbraun und violett
gesprenkelt ist. Die andere ist ein Teller mit durchbrochenem Rand,
nachgebildet einem in unserer Sammlung befindlichen Teller der Josef
Hanongschen Manufaktur in Straßburg. Die Kopie kommt dem Original,
das im Straßburger Verzeichnis unter der Fabriknummer 958 als „Plateaux
pour paniers ronds“, also Untersatz für Körbe, verzeichnet steht, in dem
feinen weißen Schmelz und in der karminroten Staffierung des Randes
sehr nahe, bei den Blumen im Spiegel aber verrät sich der Kopist.
Dank den durch die Stiftung der Frau Minna Nonnenkamp, geb.
Hinrichs, uns zur Verfügung stehenden Mitteln konnte ein Ofen ange-
kauft werden als das erste Beispiel in unserer Sammlung jener zu Anfang
des 19. Jahrhunderts in einer Eutiner Töpferwerkstatt hergestellten Öfen,
die, anstatt die Überlieferung der schleswig-holsteinischen Fayenceöfen des
18. Jahrhunderts weiterzuführen, durch den Einfluß Wilhelm Tischbeins
18
166 Museum für Kunst und Gewerbe.
völlig dem antikisierenden Geschmack dieses damals berühmten Malers
folgten. Tischbein hatte wiederholt in Italien, zuletzt von 1789 bis 1799
als Akademiedirektor in Neapel, gelebt und war nach der Auflösung der
Akademie infolge der Erstürmung Neapels durch die Franzosen in seine
deutsche Heimat zurückgekehrt. Für die Hebung des Kunstlebens in
Hamburg, wo er sich zunächst niederließ, hatte er hochfliegende Pläne.
Er wollte hier eine Zeichenschule eröffnen, in der nicht nur Maler, sondern
auch Handwerker und jedermann das Zeichnen sollte lernen können, dem
er, wie er in seiner Selbstbiographie schreibt, „einen mächtigen Einfluß
auf die edlere Bildung des Menschen“ zuschrieb. Über den Kreis seiner
Schule hinaus wollte er an der Hand seiner Sammlungen Vorträge über
das Wiedererwachen der Antike in Italien halten. Für solche Gedanken
war der Boden hier aber noch nicht vorbereitet, nannte doch der Dom-
herr Meyer 1801 Hamburg „eine von allem, was die Plastik schön und
edel nennt, entblößte Wüste“, in der 1764 ein Abguß der Mediceischen
Venus wohl wie eine Erscheinung vom hohen Olymp herab begrüßt worden,
dann aber, als er der Stadtbibliothek vermacht worden war, nur in einem
schlecht beleuchteten Büchergang unwürdige Aufstellung fand. Ob die
Schule Tischbeins jemals eröffnet wurde, ist nicht ermittelt, immerhin fand
er als geschätzter Bildnismaler vielfache Beschäftigung.
In Hamburg machte er schon 1801 die Bekanntschaft des kunst-
liebenden Herzogs Peter von Oldenburg, der ihm einen Teil seiner Kunst-
schätze abkaufte, in freundschaftlichen Beziehungen mit ihm verblieb und
ihn 1808 gegen ein Jahrgehalt ganz an seinen Hof zog. Im Juni 1808
siedelte der Künstler, damals 57 Jahre alt, ganz nach Eutin, der herzog-
lichen Sommerresidenz, über, um dort bis an seinen 1829 erfolgten Tod
zu verbleiben.
Während seines Aufenthaltes in Eutin betätigte Tischbein seine Teil-
nahme für die Förderung des Handwerkes. Sein Biograph Franz Lands-
berger weiß zu erzählen von Möbeln, Sofas und Stühlen, die dort nach
seinen Zeichnungen mit eingelesten Verzierungen in antikisierendem
Geschmack hergestellt wurden, und Fr. von Alten, der 1872 seinen Brief-
wechsel herausgab, erwähnt, er habe für eine Dame, welche Kinder in
Handarbeiten unentgeltlich unterrichtete, Muster gezeichnet. Beide Bio-
eraphen gedenken auch seiner Entwürfe für die Verzierungen von Öfen
mit hellbraunen Zeichnungen auf dunkelbraunem Grunde, Ranken mit
springenden Tieren, wie er sie in Pompeji sah, oder griechischen Gestalten,
die er von seinen Aufnahmen griechischer Vasen kannte.
7/u diesen damals unter Tischbeins Einfluß entstandenen Fayence-
öfen gehört der jetzt in der Vorhalle unseres Biedermeier-Anbaues wieder
aufgebaute Ofen aus einem unlängst abgebrochenen Amtsgebäude zu Eutin.
Der Aufbau, der wohl nicht ganz der ursprüngliche, zeigt auf recht-
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 167
eckigem Grundriß einen 3'/» Kacheln hohen Unterbau und einen etwas ein-
gezogenen 6 Kacheln hohen schlichten Oberbau aus quadratischen Kacheln,
die mit bräunlichgelber, ins Orange spielender Glasur gleichmäßig über-
zogen sind. Den Abschluß bildet ein ebensoweit wie der Unterbau vor-
springender Fries unter einem Eierstab und Giebeldach, auf dem ein
rechteckiges Sockelstück eine hochfüßige, doppelgehenkelte Schale trägt.
Rings um den Fries ziehen sich in der Art griechischer Vasenmalereien
Figuren von der hellen Grundfarbe des Ofens in dunkelbraunem Grund.
Der Eierstab und der Vasensockel zeigen wieder die helle Farbe, die
Vase das dunkele Braun mit hellen Rippenstrichen.
Alle drei Friesbilder sind dem großen Vasenwerk entnommen, das
1791—95 in Neapel unter dem Titel: „Collection of engravines from
ancient vases of greek workmanship discovered in sepulchres in the King-
dom of the Two Sicilies, now in the possession of Sir Wm. Hamilton“
erschienen war und sich in der Bibliothek des Museums befindet. Tisch-
bein wollte mit der Herausgabe dieser Vasenbilder neben dem wissenschaft-
lichen auch einem pädagogischen Zweck dienen. Auf die genaue Wieder-
gabe der Umrißzeichnung verwandte er die größte Sorgfalt. Jedes Vasenbild
wurde mit Ölpapier durchgezeichnet, gepaust, mit Bleistift nachgezeichnet,
die Zeichnung von Sir Hamilton, dem Verfasser des Textes Italinsky und
anderen Kennern kritisiert, oft noch im Stich verbessert. Daß trotzdem
Tischbeins Wiedergaben weit abirrten vom Stil der griechischen Figuren-
maler, darf uns nicht wundernehmen, wenn wir lesen, daß der Künstler
es für sein gutes Recht hielt, vermeintliche Mängel der Zeichnung zu
verbessern. Immerhin hat sein großes Werk auch heute noch wissen-
schaftliche Bedeutung, weil die Originale nach einer Angabe auf der
Überfahrt nach England einem Schiffbruch zum Opfer fielen, nach anderer
Angabe zum Teil in einer unzugänglichen englischen Sammlung be-
sraben sind.
In diesem Werk finden wir nun die drei Friesbilder unseres Ofens
wieder. Die als Kopfleiste dieses Jahresberichtes abgebildete Darstellung
der Breitseite mit einer Szene in einem Fraueneemach auf der ersten
Tafel des IV. Bandes, diejenige der linken Seitenwand mit dem Abschied
eines Kriegers vom Vater und der Gattin auf der 33. Tafel des V. Bandes
und die der rechten Seitenwand mit einem sich bewaffnenden Krieger auf
der 76. Tafel desselben Bandes.
Die griechischen Vasenbilder wurden von dem Eutiner Töpfer nicht
durch Pinselmalerei wiedergegeben, sondern durch ein eigenartiges Ein-
legeverfahren, das wir uns verdeutlichen können mit Hilfe der Form, die
zur Herstellung des eines Seitenfrieses diente und aus einer alten Eutiner
Töpferwerkstatt in unsere Sammlung gelangt ist. Auf dieser Gipsform
sieht man die Zeichnung in zweierlei Relief; den Hauptumrissen der
13*
168 Museum für Kunst und Gewerbe.
Figuren folgt eme nach dem Inneren der Figuren steil, nach außen schräg
abfallende Umwallung; innerhalb dieser ist die ganze Innenzeichnung
durch wenig erhabene Linien wiedergegeben. Die Benutzung solcher
Form haben wir uns etwa so zu denken, daß man von der Hohlform
einen Abguß in Ton nahm, indem man die umwallten Flächen mit hellem
Ton, die übrigen Flächen mit dunklem Ton füllte, dann der aus der
Form gehobenen Tonplatte einen Überguß von dunklem Ton gab, der nun
die Vertiefungen der Umrisse und der Innenzeichnung füllte. Schließlich
wurde durch Abziehen mit einem Draht so viel von dem braunen Beguß
wieder entfernt, daß er nur in den vertieften Linien verblieb, im übrigen
der helle Ton der Figuren wieder bloßgelegt wurde.
Nürnbergische Fayencen.
in Gefäß von der unter den Fayencen Nürnbergs in der Sammlung
bisher nicht vertretenen Form der Helmkanne konnte dank dem Ver-
mächtnis des Herrn J. Ph. H. Kalkmann angekauft werden. Ausgezeichnet
ist es durch die bei den Fayencen dieser Herkunft ungewöhnliche reiche
und feine Bemalung. Vorn unter dem breitmündigen Ausguß ist in einer
von Putten eehaltenen Kartusche der Sündenfall in vielfarbiger Scharf-
feuermalerei dargestellt; ringsum überzieht blaues Spiralgeranke mit
wenieen großen violetten und gelben Blüten die Fläche. Im der Kar-
tusche steht in kleinster Schrift der Name des Malers, Glüer, in dem
wir den in den Jahren 1722 und 1723 an der Nürnberger Fayencemanu-
faktur nachweisbaren „Porcellanmaler“ Justus Alexander Ernst Glüer
erkennen, dessen Name in unserer Sammlung bisher fehlte neben den in
ihr schon gut vertretenen gleichzeitigen Hauptmeistern der ersten Blütezeit
der 1712 begründeten Nürnberger Fayencefabrik, den Georg Michael
Tauber, G. F. Grebner und ‚Joh. Andreas Marx.
Ansbacher Fayencen.
Als ein Erzeugnis der Ansbacher Manufaktur wurde bestimmt
eine blau bemalte Suppenterrine, die uns von Herrn Hofantiquar J. Rosen-
baum in Frankfurt a. M. geschenkt wurde. Der Dekor des Behang-
musters mit weiß in blau ausgespartem Rankenwerk erinnert von weitem
an einen typischen Dekor der Rouen-Fayencen, war aber auch in Straß-
burg, in Künersberg und im andern Orten beliebt; außerdem ist zweimal
am Bauch ein großes Heiratswappen gemalt, das sich bezieht auf die
1735 erfolgte Vermählung des Grafen Albrecht Ludwig Friedrich von
Hohenlohe-Weikersheim mit der Herzogin Christiane Louise von Schleswig-
Holstein. Fin seltsamer Zufall hat es gefügt, daß von anderer Seite
bald nach jener Schenkung eines der Originale der bei jener Heirat
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 169
vollzogenen Eheverträge in unsern Besitz gelangte. Auf den acht in
Folioformat gebrochenen, beiderseits beschriebenen Pergamentblättern sind
die bei Eingehung dieser Ehe von Lebens und Sterbens wegen verein-
barten vermögensrechtlichen Bedingungen ausführlich verzeichnet. Voll-
zogen ist die Urkunde in duplo, den 18. August 1735, auf dem Schloß
zu Ahrensboeck und am 22. September e. a. auf dem Schloß zu Weikers-
heim. Sie trägt die Unterschrift der Brautleute, des Grafen Albrecht
Ludwig Friedrich von Hohenlohe und der Christiana Louise, Herzoein zu
Schleswig-Holstein-Stormarn und der Dittmarschen, sowie der bei dem
Ehevertrag als Eltern oder Zeugen beteiligten Herrschaften, darunter der
Juliane Louise, „duchesse douariere de Schleswig Holstein“. Die Schnur,
mit der die Pergamentblätter geheftet sind, ist festgehalten durch sechs
in gedrechselte Holzkapseln geschlossene rote Wachssiegel mit den Wappen
der Unterzeichner des Vertrages.
Obwohl ebenfalls ohne Marke, ist sicher eine Ansbacher Fayence
ein Maßkrug, den wir der Stiftung der Frau Menna Nonnenkamp.
geb. Hinrichs, verdanken. Bemalt ist er in den Scharffeuerfarben :
Manganbraun, Grün, Blau und Gelb mit einem seitlich und unten von
Rokaillen umrahmten Rudel Hirsche, einem stehenden Leittier und einer
lagernden Hirschkuh mit dem Kalbe. Die Zeichnung und die flaue Tönune
gleichen ganz den Malereien der Wandfliesen, mit denen die Wände eines
Vorzimmers im Schloß zu Ansbach von oben bis unten bekleidet sind.
Eine dieser Fliesen trägt neben der Jahrzahl 1763 die Bezeichnung A. P.
die auf Ansbach Popp zu deuten nahe liest.
Casseler Fayencen.
Schon seit 1680 wurden, wie C. A. von Drach’s archivalische For-
schungen erwiesen haben, in der Kurhessischen Hauptstadt Cassel
Fayencen hergestellt. Obwohl diese Manufaktur über ein halbes Jahr-
hundert bestand, wissen wir von den Erzeugnissen ihrer Frühzeit sehr
wenig. Die Übereinstimmung gewisser Eigentümlichkeiten der Ornamente
mit jüngeren Gefäßen, die auf Grund bekannter Marken für Cassel in
Anspruch genommen werden, führt uns zu der Annahme, auch der auf S. 170
abgebildete blaubemalte Maßkrug mit der Jahreszahl 1719 sei eine Casseler
Fayence. Damit stimmt auch überein die der Jahreszahl hinzugefügte
aus IHK gebildete Marke, die sich unschwer auf jenen J. H. Koch
deuten läßt, der zwischen 1717 und 1724 die Casseler Manufaktur leitete.
Weitere Untersuchungen werden aufklären müssen, ob diese Marke, die
auf blaubemalten Fayencen der Frühzeit Straßburgs nicht selten vor-
kommt, dort auf denselben Maler bezogen werden darf. Aus Cassel ver-
schwindet J. H. Koch nach der Einstellung seiner Zahlungen im Jahre 1724.
Auffällig ist an unserem Kruge, den wir einer Schenkung des Herrn
170 Museum für Kunst und Gewerbe.
Maßkrug von Fayence mit Blaumalerei. Cassel 1719.
Höhe 23 em.
Dresdener Fayencen.
Geheimrates Th. Heye
verdanken, das ham-
burgische Wappen
mit dem „Vivat Ham-
burg” auf dem Spruch-
bande. Mit den ham-
burgischen Fayencen
hat er sonst nichts ge-
mein. Was von diesen
aus der Spätzeit vor-
handen, zeigt ihre Ver-
wandtschaft mit den
Ofenmalereien des 18.
Jahrhunderts. (Gefäbe
von so vollkommener
Arbeitscheinen auch so
spät in Hamburg nicht
mehr hergestellt zu
sein. Nur im zweiten
und dritten Viertel des
17. Jahrhunderts, als
die Öfen noch nicht zur
malerischen Verzierung
übergegangen waren,
blühte hier die Gefäß-
töpferei; später wird
diese vor der feineren
Delfter Ware, die um
die Mitte des 17. Jahr-
hunderts noch nicht
den Markt beherrschte,
zurückgewichen sein.
Im „Führer“ von 1894 haben wir die Vermutung ausgesprochen, dab
gewisse große Favencevasen mit Blaumalerei im Johanneum zu Dresden
auf die Zeit Böttgers und des von ihm aus Berlin nach Dresden berufenen
Fayenciers Eggebrecht zurückzuführen seien.
Kürzlich hat nun Ernst
Zimmermann diese Vermutung zur Gewißheit erhoben durch den Nachweis,
daß Eggebrecht, nachdem er sich einige Jahre in Rußland aufgehalten hatte,
1721 zum zweiten Male eine Delfter Töpferei in Dresden betrieb und bald
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. rl
danach große chinesische Porzellanvasen der Königlichen Sammlung in
Fayence nachbildete, von denen Original und Nachbildung im Johanneum
sich erhalten haben. Damit sind uns neue Aussichten auf die Bestimmung
deutscher Fayencen in Delfter Art eröffnet, die bisher bald den Holländern,
bald dieser oder jener der frühen deutschen Manufakturen zugeteilt wurden.
Zimmermann hat weiter ermittelt, daß 1756 die Werkstatt sich noch im
Besitz einer Tochter Ezgebrechts befand, 1768 an Frau Christiane Sophie
Hörschen, von dieser 1782 an deren Sohn Carl Gottlieb Hörisch überging
und bis 1784 in Betrieb blieb. Erzeugnisse dieser Hörichschen Zeit wurden
zugleich mehrfach nachgewiesen, waren aber nur mit grober Blaumalerei
oder schlechter Buntmalerei verziert. Daß aus der Hörichschen Werkstatt
jedoch auch feinere Ware hervorgegangen ist, beweist eine aus Mitteln
der Stiftung der Frau Minna Nonnenkamp, geb. Hinrichs, angekaufte Vase
mit der durch Zimmermann für jene Dresdener Fayencen festgelegten
Marke D. H. Diese balusterförmige Vase ist auf der Schauseite bemalt
mit einem großen Blumenstrauß in Scharffeuerfarben und schwarzer Vor-
zeichnung. Verwendet sind ein kräftiges Kornblumenblau, Manganviolett,
Hellgelb, Ockergelb, Gelbgrün und Blaugrün; sehr wirksam sind diese
beiden Gelb und Grün an einer vierfarbigen Tulpe vereinigt. Auf der
Schauseite ein kleinerer Strauß, an anderen Stellen Streublümchen in den-
selben Farben vervollständigen die Ausstattung.
Fayencen von Wrisbergholzen.
Dieser Manufaktur konnten wir im „Führer“ nur mit einem kurzen
Hinweis auf ihr Bestehen gedenken, über das die keramische Literatur
wenig ergab. Kürzlich hat nun Herr ©. Riesebieter auf Grund urkundlicher
Nachweise unsere Kenntnisse von dieser auf dem gräflich Görtz-Wrisberg-
holzenschen Gute Wrisbergholzen im Kreise Alfeld in Hannover betriebenen
und, wie sich weiter ergeben hat, nicht unbedeutenden Manufaktur er-
weitert, und gleichzeitig wurde für unsere Sammlung ein gutes Beispiel
ihrer Erzeugnisse erworben. Auffallend ist, daß so wenige dieser Fayencen
bisher nachgewiesen; auf häufigeres Vorkommen durfte man rechnen bei
einer Manufaktur, deren erster Brand „von gemahltem und glasiertem
Porcellain“ schon in das Jahr 1737 fiel, und die noch hundert Jahre da-
nach drei Brände im Werte von über 400 Talern im Jahre verzeichnen
konnte. Man muß schon voraussetzen, daß die Wrisbergholzenschen
Fayencen als solche nicht erkannt unter anderen Benennungen in den
Sammlungen stehen, wenn man nicht annehmen will, daß sie zu un-
bedeutend waren, um gesammelt zu werden. Diesem widersprechen aber
bekannte Stücke, besonders solche im Kestner-Museum zu Hannover und
auch das erste Beispiel in der hamburgischen Sammlung. Dies ist ein
walzenförmiger Maßkrug von dickem, ziegelrotem Scherben, mit gelber
172 Museum für Kunst und Gewerbe.
krisseliger Glasur und auf weiß ausgespartem Grunde bemalt in blassem
rissigen Blau, vorn mit einer die Höhe des Gefäßes ausfüllenden symme-
trischen Kartusche, in der ein stehender Chinese, und am oberen und
unteren Rand mit zackigen Einfassungen aus Halbrosetten. Unter der
Marke der Manufaktur, dem verbundenen WR steht das H, das nach
Riesebieter auf den Fayencemaler Johann Christoph Haase zu deuten ist,
der 1746 in Wrisbergholzen heiratete und drei Jahre danach starb, womit
eine untere Grenze für die Entstehungszeit des Kruges gegeben. In den
Zinndeckel ist der Zinnabguß eines Siegels eingelassen mit der Umschrift:
„Sigill. 1727. Manufacturie. Stadens. Alingsaas“ — ob und in welcher
Beziehung die nordöstlich von Gothenburg belegene schwedische Stadt
Alingsäs zu Wrisbergholzen stand, bleibt aufzuklären.
Zerbster Fayencen.
In Zerbst, im jetzigen Herzogtum Anhalt, wurde unter der Regierung
des Fürsten Johann August schon im Jahre 1721 eine Fayencefabrik durch
zwei vom Fürsten zu „Hof-Porzellain-Fabrikanten“ ernannte Unternehmer
begründet, von denen der eine der aus Hanau gebürtige, in Frankfurt a.M.
und zuletzt in Braunschweig tätig gewesene Johann Kaspar Ripp, der
andere der Delfter Daniel van Keyck war. Obwohl der Betrieb in
Gang kam, blieben infolge des unordentlichen Lebens beider die geschäft-
lichen Erfolge aus; 1736 war die Fabrik in Verfall, und erst ein neuer
Unternehmer, Johann Uhristoph Belger, brachte sie zu Anfang der
vierziger Jahre in Schwung. Erst im Jahre 1861 ist sie, nachdem sie
längere Jahre sich auf die Herstellung von Steingut beschränkt hatte,
eingegangen. Über die Geschichte dieser Manufaktur, die an ihr beschäftigten
Handwerker und Maler hat Stieda in seinem Buche über „Die keramische
Industrie im Herzogtum Anhalt“ umfangreiches urkundliches Material ver-
öffentlicht. Die von ihm mitgeteilten Warenverzeichnisse, deren Einzel-
heiten sich auf die Jahre 1739 bis 1775 erstrecken, bezeugen einen über-
aus mannigfachen andauernden Betrieb. Um so verwunderlicher war es,
daß Erzeugnisse dieser Manufaktur bis vor kurzem nirgend nachgewiesen
werden konnten. Sie hatte keine einheitliche Marke geführt, und die
Malermarken, welche auf heute als Zerbster Ware anerkannten Fayencen
vorkommen, waren so lange nicht als Ursprungszeugnisse zu verwerten,
bis ihnen nicht andere Beweise für die Herkunft so bezeichneter Stücke
hinzutraten. Unlängst hat O. Riesebieter im Cicerone eine Anzahl
solcher Beweise zugleich mit einigen Marken veröffentlicht. Damit ist
auch uns gelungen, eine bisher nicht sicher unterzubringende ovale Suppen-
terrine als Zerbster Fabrikat einzureihen. Sie hat dieselbe Form und
Ausstattung wie eine von Riesebieter abgebildete. Über die gerippten
Flächen des Gefäßes und des Deckels sind manganviolette Blütenzweige
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. res
und Streublümchen verteilt; die Griffe haben Muschelform, und als Deckel-
knauf ist ein derber, manganviolett staffierter Blütenzweig aufgelegt. Man
möchte dieses Stück den Schleswiger Fayencen zuteilen, denen es in seinem
manganvioletten Dekor ähnelt, wenn nicht die zweimal an im vorhandene
Marke La auf einen der Zerbster Fayencemaler des Namens Langendorf
sicher zu deuten wäre.
Holländische Fayencen.
Über die Wurzeln, denen zu Anfang des 17. Jahrhunderts die Fayence-
industrie der holländischen Stadt Delft entsproß, um rasch zu hoher Blüte
sich zu entfalten, waren wir bisher völlige im Dunkeln. Wir hatten die
Wahl, sie zu suchen: in Antwerpen, wo schon 1547 der italienische
Majolikamaler Guido Savino seine Kunst ausgeübt hatte, in Rouen, wo
schon etwas früher italienische Künstler, die dem Girolamo della Robbia
nach Frankreich gefolgt waren, Spuren hinterlassen hatten, endlich in
Spanien oder Italien, mit denen Kunst und Künstler der Niederlande in
vielfachen Beziehungen standen, und wo, wie wir aus van Manders „Schilder-
boek“ wissen, wenigstens ein holländischer Künstler, Hendrik Gornelissen
Vroom, in seinem ursprünglichen Berufe als Töpfer tätig gewesen ist.
Immer aber fehlte es an den sachlichen Urkunden, welche gestatten könnten,
die Majolikakunst des Südens mit der holländischen Fayencekunst unmittel-
bar zu verknüpfen. Den Wee, dahin zu gelangen, hat A. Pit, der Direktor
des niederländischen „Museums voor Geschiedenis en Kunst“ zu Amster-
dam, gewiesen, indem er den Inkunabeln holländischer Fayencekunst nach-
spürte und solche in erlesener Zahl in der ihm unterstellten Sammlung
vereinigte.
Pit geht aus von der Erzählung van Manders, daß der 1566 zu
Haarlem geborene Hendrik Vroom, der spätere Marinemaler, in seiner
Jugend das Töpferhandwerk von seinem Vater Cornelis Vroom erlernt
habe, der in der Kunst, „Plateelen (Schüsseln) of Porzeleijnen“ mit Farben
zu verzieren, sehr bewandert gewesen. Der junge Vroom, der schon als
Jüngling diese Kunst gut zu üben verstand, sei nach Sevilla in Spanien
gereist, habe sich dort mit „Plateel-schilderen“ beschäftigt bei einem
Italiener und endlich auch Italien besucht, wo er sich in Florenz, Rom,
Mailand und Venedig aufgehalten habe, in welch letzterer Stadt er an
die „Majoolkens oft porceleijnen“ gekommen sei. An diese Überlieferung
knüpft nun Pit die Frage, wie wohl die Irdenware des Hendrik Vroom
ausgesehen habe. Die Antwort verweist auf ein in der Amsterdamer
Sammlung bewahrtes kleines tonnenförmiges Gefäß mit Doppelhenkel, das
mit den Wappen von Haarlem und Amsterdam in kräftigen Majolikafarben
bemalt ist. Fr erkennt in den starken Farben, dem dunkelen, dick anf-
liegenden Blau, dem Orangebraun, dem Gelb und Manganviolett dieses
174 Museum für Kunst und Gewerbe.
und anderer Fayencen bisher unbekannter Herkunft Eigenschaften, die
sich entfernen von der Palette des in Antwerpen tätig gewesenen Durantiners
(suido Savino, vielmehr nahestehen den Werken des in Sevilla schon zu
Anfang des 16. Jahrhunderts wirkenden Nieuloso Francesco, dessen Palette
derjenigen der Faentiner Majoliken nahe verwandt sei.
Von diesen Erwägungen gelangt Pit dazu, eine Anzahl seltener,
bisher in den Sammlungen unerkannt verstreuter Fayencen für Nord-
holland, und zwar mit großer Wahrscheinlichkeit für Haarlem, die
Vaterstadt der Vroom in Anspruch zu nehmen, von wo es nicht weit wäre
nach Delft. Erdfunde von Scherben und vollständige Schüsseln, die auf der
Schaufläche in kräftigen Majolikafarben bemalt sind und auf der Unter-
seite anstatt der Zinnglasur nur eine bräunlich-graue Bleiglasur zeigen,
ergänzen seine Beweisführung. Unter den Belegstücken bildet er (in
Oud-Holland, XXVII. Jahrgang) auch eine Schüssel des hamburgischen
Museums ab, auf der eine Turmruine hinter niedrigen hochgiebeligen
Häusern in einer Landschaft dargestellt ist. Ein Seitenstück zu dieser
Schüssel, von sicher derselben Herkunft, ist im Spiegel mit großen auf-
gebrochenen Granatäpfeln, auf dem Rande mit blau und weißem Schach-
muster ebenso kräftig bemalt. Diesen beiden Schüsseln, die schon länger
in unserem Besitz sind, aber erst jetzt als nordholländische, vermutlich
Haarlemer Fayencen der Zeit um 1600 erkannt werden konnten, ist im
verflossenen Jahr eine dritte von gleicher Mache hinzugekommen. Der
Spiegel ist hier ganz «efüllt mit einer großen in den Majolikafarben
kräftig gemalten achtstrahligen Akanthusrosette.
Unabhängig von diesen in Zeichnung und Farbe stark dekorativen
Fayencen, begegnet uns der Einfluß der italienischen Majolika noch auf
einer wohl feineren, aber keineswegs schöneren Ware anderen Geschmacks.
Auf vollkommener, beide Flächen deckender Zinnglasur sehen wir, bald
auf den breiten Rand beschränkt, bald auch im Spiegel mageres Ranken-
werk mit erotesken Motiven, das wie ein ins Zierliche verwildertes
(‚roteskenornament der Patanazzi-Majoliken aussieht. Auf diese Weise
dekorierte holländische Fayencen gleichen oft auf den ersten Blick italie-
nischen Majoliken der Verfallzeit so sehr, daß erst besondere Vergleiche
ihre wahre Natur erkennen lassen. Eine Schüssel mit solcher Rand-
verzierung und im Spiegel einem Wappen in echt holländischer Blau-
malerei in der Amsterdamer Sammlung führt zu der Vermutung, daß wir
es hierbei mit Erzeugnissen der Frühzeit Delfts zu tun haben, wenn nicht
etwa eine bisher noch unbekannte andere holländische Quelle dafür nach-
gewiesen wird. Die weitere Entwicklung der holländischen Fayencen
sab weder diesen schwächlichen Erinnerungen an italienische Ornamentik
Folge noch jenen kräftigen Anfängen, die von den Majoliken nur das tech-
nische Verfahren geborgt, aber ihre Motive selbständig geschöpft hatten.
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 175
Nur zu bald drängten sich die chinesischen Motive in den Vordergrund, um
fortan den Formenschatz der Delfter Plateelbakker so zu beherrschen, daß
boden- und volkswüchsige Motive ganz dagegen zurücktreten. Als ein
Beispiel der vom chinesischen Porzellan nicht beeinflußten Erzeugisse Delfts
ist als „Geschenk der bei der Versteigerung Frohne in Kopenhagen
anwesenden fremden Händler“ hier ein Teller aus der. Frohneschen
Sammlung zu erwähnen, ein erstes Beispiel jener Tellerfolgen, auf denen
die Delfter Blaumaler je 12 zusammengehörige Szenen aus der biblischen
Geschichte oder dem holländischen Volksleben, den Heringsfang, den
Tabaksbau, die Monatsarbeiten im Garten, darzustellen liebten. Zu den
feinsten dieser fierürlichen Malereien gehören die biblischen, in der Art
unseres Tellers. Im Spiegel ist das Abendmahl dargestellt in ungewöhn-
licher, wahrscheinlich auf die Radierung eines guten Meisters zurückgehender
Auffassung, mit zittriger Konturierung und breitgepinselter Modellierung.
Der abgesetzte Rand ist wie bei allen Tellern dieser Folge mit einem
zweiteiligen Fruchtgehänge bemalt, dessen Band oben von einem stehenden
Vogel gehalten wird; in den Gehängen tummeln sich jederseits zwei Flügel-
kinder, von denen die unteren eine Kartusche halten mit der Angabe der
Bibelstelle, auf die das Bild sich bezieht, bei unserem Teller „Marei 14, 18“
(Christus redet vom bevorstehenden Verrat eines der Jünger).
Elsässische Fayencen.
Angekauft wurde ein Zwiebelkasten von rechteckiger Form, der
geteilt ist durch eine Längswand in zwei Abteilungen, eine vordere niedere,
eine hintere höhere, zu deren jeder ein von Vorsprüngen der Innenwand
getragener Deckel gehört mit drei größeren Öffnungen für die Zwiebeln und
acht kleinen Löchern. Die Flächen des Kastens sind mit naturalistischen
Blumensträußen, in denen das den Straßburger Fayencen der 70er Jahre
des 18. Jahrhunderts eigene tiefe Karminrot vorwiegt, fein bemalt; dieses
Rot herrscht auch in den muschelig gezackten Rändern des Kastens. Am
Boden steht in Blau unter der Glasur unter der Marke des Josef Hannong
die Zahl 924, entsprechend der Nummer, unter der in dem von Professor
Polaczek aufgefundenen Modellverzeichnis dieser Manufaktur die „Caisses
a 6 ognons“ aufgeführt sind.
Aus Mitteln der Stiftung der Frau Minna Nonnenkamp, geb. Hinrichs,
wurde ein Straßburger Teller von einer in der Sammlung bisher durch
kein Beispiel vertretenen Art angekauft, in der die Hannongsche Manufaktur,
als sie unter Pauls Leitung stand, um die Mitte des 18. Jahrhunderts sich
auszeichnete. Wie man damals in vielen Fayencemanufakturen in Höchst,
in Brüssel und am vollendetsten in Straßburg Tafelgefäßen die Form von
Schweinsköpfen, Truthähnen, Fasanen, Hühnern, Enten und anderem Ge-
flüge] gab, oder von Kohlköpfen, Artischocken, Spargelbunden, Melonen
176 Museum für Kunst und Gewerbe.
usw., so liebte man auch Teller mit allerlei Eßwaren, Gemüsen, Früchten,
Eiern, in gefälliger Zurichtung plastisch zu verzieren. Einen Gebrauchs-
zweck hatten dergleichen Zierstücke nicht, man mag sie sich denken etwa
zum Schmuck einer Schautafel in einer Prunkküche, wo auch manche jener
natürliche Dinge nachahmenden Gefäße eher am Platze waren, als für die
Aufnahme von Speisen. Unser Teller ist mit graugrünen Oliven gefüllt,
die, jede einzeln hohl geformt, zu einem Haufen appetitlich geschichtet,
von dem weißen Schmelzgrund des schalenartig vertieften Tellers sich
abheben. Die Unterfläche des Standringes ist, wie bei den meisten der-
artigen Fayencen der Werkstatt des Paul Hannong, hellgrün glasiert.
Schwedische Fayencen.
Der Gruppe der schwedischen Fayencen kamen neue Erwerbungen
nicht hinzu. Herr Dr. W.v. Dallwitz in Berlin schenkte jedoch eine Anzahl alter
Entwürfe für die Bemalung von Fayencen der Marienberger Manu-
faktur. Es sind zwei große Rötelzeichnungen und zehn getuschte kleinere
Zeichnungen zur Ausstattung von Tellern. Von den Rötelzeichnungen
zeigt die eine im Spiegel den in den Stockholmer Fayencen so oft ver-
wendeten strahlenden Stern und eine Randverzierung aus sechs Rokoko-
kartuschen zwischen Gitterwerk, die andere im Spiegel ein Strahlenmuster
aus Kreissegmenten und auf dem Rande durch sieben Rocaillemotive ab-
geteiltes Gitterwerk, dazu bei beiden Entwürfen den Durchschnitt des
Profils. In großen gleichzeitigen Schriftzügen steht auf dem ersten Blatte:
„Plan et coupe du profil d’un Assiette d’estre execute en Portcelin a la
Fabrique de Monsr. Ehrenreich a Kongsholm. Dessinz par Chr. Pr. le
20 Juin 1761“; auf dem zweiten Blatte: „Dessein d’un Assiette profonde,
dont les ornements puis &tre peint en couleur de pourpre sur un fond
blane, contourez par les bordes, devise en six pans. — inv. et dessinez ce
20 Juin 1761 pr Chr. Pre.“. Wie uns Herr Direktor Looström vom
Nationalmuseum zu Stockholm mitteilte, sind diese Rötelzeichnungen von der
Hand des sehr angeselienen schwedischen Goldschmieds Christian Precht.
Dessen Vater, Burchard Precht, war aus Bremen nach Stockholm ein-
oewandert, während ein Onkel, der ebenfalls Christian hieß, nach Ham-
bure übersiedelte. Unsern Zeichnungen wird in Stockholm besondere Be-
deutung beigelegt, insofern sie die bisher einzigen Beweise dafür sind,
daß ausgebildete Künstler für die Kongsholmer, d. i. Marienberger Manu-
faktur Entwürfe geliefert haben. Nach diesen Entwürfen ausgeführte
Fayencen haben sich übrigens bis jetzt nieht nachweisen lassen.
Die andern zehn Entwürfe sind unbezeichnet, beweisen aber durch
ihre Muster, daß auch sie einst in der Marienberger Manufaktur dienten.
Bei mehreren ist die dort häufiger als in irgend einer andern Manufaktur
angewendete Bemalung mit Blau und dick aufgesetztem Weiß auf kleister-
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. IRX
blau getöntem Glasurgrund angedeutet durch das dunkele abschattierte
Grau der in Blau zu malenden Blumen und Ornamente und das helle Grau
der in Deckweiß auszuführenden Ornamente. Ein Teller unserer Samm-
lung, der im Spiegel mit einer weißumstrahlten blauen Blume, auf dem
Rande mit breiten weißen Ranken zwischen blauen Blumen auf kleister-
blauem Grunde verziert ist, entspricht genau einem jener Entwürfe. Er
trägt die bekannte Marke der Manufaktur, das verbundene M und B
Marienbergs unter den drei Kronen des schwedischen Wappens, das B des
Franzosen Berthevin, der die Manufaktur von 1766 bis 1769 leitete, und
dazu das Datum 24/5 —68. Wie Herr Erich G. Folcker vom National-
museum in Stockholm uns mitteilte, besitzt man dort Teller mit dem gleichen
Dekor und der Jahrzahl 1765, woraus man schließen darf, daß dieser
Dekor schon unter der Direktion Ehrenreichs (1758—66) entworfen und
also auch unsere getuschten Entwürfe in dieser Zeit, derselben wie die
Rötelzeichnungen, entstanden sind. Auch das Motiv des strahlenden
Sterns ist in den Tuschzeichnungen vertreten und findet sich auf Marien-
berger Fayencen häufig ausgeführt in Blau und Deckweiß auf kleister-
blauem Grund.
Meißener Porzellan.
Unter den plastischen Werken der Meißener Manufaktur ist hervor-
zuheben eine unbemalte Altareruppe mit dem Kruzifixus zwischen
den Heiligen Petrus und Paulus. Das schwarze, an den Enden mit
Gelbmetall beschlagene, mit dem Sockel über einen Meter hohe Holzkreuz
erhebt sich aus einem mit Pflanzen und Moosen bewachsenen, mit Gebeinen
und einem Schädel belegten Felshaufen. Christus neigt sein dornen-
sekröntes Haupt zur Rechten; die Enden seines Lendentuches flattern
wie windbewegt. Oben am Kreuzesstamm ist ein Porzellanschild be-
festigt, auf dem die übliche Inschrift in hebräischen, griechischen und
lateinischen Goldbuchstaben steht. Der Apostel Petrus steht nach rechts
gewendet mit zurückgenommenem rechten Bein; die Rechte erhebt er wie
beschwörend; unter dem linken Arm hält er ein großes Buch und in der
linken Hand einen Schlüssel, an dem ein zweiter hängt. Der Apostel
Paulus steht mit ausgebogener rechter Hüfte auf dem rechten Bein, stützt
sich mit der Linken auf ein großes Schwert und erhebt die Rechte,
während er das Haupt nach links wendet. Wie der Kruzifixus sind die
beiden 48 cm hohen Apostelfiguren Ausformungen des von Kändler um
1755 geschaffenen Modells aus späterer Zeit, etwa aus den 70er Jahren
des 18. Jahrhunderts, worauf der den Schwertern der alten Meißener
Marke damals hinzugefügte Punkt hinweist.
Angekauft wurde ferner ein Tee- und Kaffeeservice in jenem um
die Mitte der 30er Jahre des 18. Jahrhunderts seinen Höhepunkt erreichenden
178 Museum für Kunst und Gewerbe.
und anderthalb Jahrzehnte behauptenden Geschmack, der zierliches Ornament
des Laub- und Bandelwerkstiles mit Bildchen belebter Landschaften ver-
bindet, und von den chinesischen Vorbildern, die in früherer Zeit im
Meißener Dekor vorgeherrscht hatten, dazu vielfarbige Blumen und fliegende
Insekten übernimmt. Die Tassen, sechs halbkugelige und. sechs hohe
becherförmige, sind henkellos; ihre Ränder mit goldenem Spitzenwerk,
anders bei diesen wie bei jenen eingefaßt. Der Spiegel der Untertassen
und je zwei Seiten der Tassen sind mit großen geschweiften Kartuschen
aus eoldenem, purpurnem und eisenrotem Laub- und Bandelwerk umrahmt,
in dem Randfelder mit lila Lüster gefüllt sind. Sehr mannigfach sind die
Teetopf von Meißener Porzellan, vielfarbig bemalt, um 1740. Höhe 8 em.
vielfarbigen Landschaften, an den Tassen allein (da eine Obertasse fehlt)
34 verschiedene Bildchen. Felsige Ufer- und Hafenlandschaften herrschen
vor, wobei im Vordergrunde Schiffer bei Ballen und Fässern beschäftigt sind
oder Leichterschiffe entladen, in weiterer Ferne Kauffahrteischiffe und
kleine Segel das Meer beleben. Einige Tassen bieten hügelige Binnen-
landschaften mit weidendem Vieh, gewölbten Brücken und Holzbauten.
Ebenso sind der hier abgebildete Teetopf, die Kaffeekanne, die Milchkanne,
die Spülkumme und die ein altes Böttgersches Modell wiederholende flache,
länglich achteckige Zuckerdose bemalt, nur daß bei diesen Gefäßen noch
bunte „indianische Blumen“ in weißem Grund außerhalb der Bildfelder
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 179
hinzutreten, Blumen, wie sie auch im Innern der niedrigen Tassen gemalt
sind. Die Marken sind nicht dieselben bei allen Stücken. Die Zucker-
dose ist in Unterglasurblau mit dem großen X. P. M. über den gekreuzten
Schwertern und mit der Goldnummer 43 gemarkt. Die niedrigen Tassen
und ihre Unterschalen haben die Schwertermarke in Blau und die Gold-
nummer 30, die sich auch auf der Spülkumme findet. Die hohen Tassen und
deren Unterschalen tragen die Goldnummer 94 und eine zierliche Schwerter-
marke teils in Purpur über, teils in Blau unter Glasur. Das Milchkännchen
hat die Goldnummer 25, das Kaffeekännchen die Goldnummer 23, das Tee-
kännchen ein goldenes S5. (Auch Goldbuchstaben finden sich an Stelle von
Nummern.) Da das Goldspitzenmuster auf allen, dieselbe Goldnummer
tragenden Stücken das gleiche ist, aber ein anderes bei den Stücken mit anderer
Goldnummer, liegt die Vermutung nahe, daß die bisher nicht aufgeklärten
(oldnummern immer einem besonderen Goldspitzenmuster entsprechen. Daß
Gefäße eines und desselben Services stets dasselbe Goldspitzenmuster haben
müßten, ist schon deswegen nicht anzunehmen, weil Größe und Form von
Gefäßen, die im übrigen gleichen Dekor erhielten, nicht immer auch die
Anwendung des gleichen Goldspitzenmusters gestatteten. Unser Teetopf
bot z. B. auf der breiten gewölbten Schulter Raum für eine breitere Spitze
als das kleine Rahmkännchen an dem schmalen aufsteigenden Rand ober-
halb der Bildfelder. Ob der durch unser Service gebotenen Deutung der
Goldnummern allgemeinere Geltung gegeben werden kann, bleibt nach-
zuprüfen. Auf Meißener Gefäßen der Sammlung aus anderen Servicen
finden sich noch die Nummern 2, 21, 22, 47 und 83; stets entspricht hier
die andere Nummer einem anderen Dekor. Ob ein bestimmtes Spitzen-
muster unter verschiedenen Goldnummern vorkommt, läßt sich mit unserm
Bestand nicht entscheiden. Im Jahrbuch der kel. preußischen Kunst-
sammlungen, XIV. Band (1893), hat Karl Lüders die Goldmarkenfrage
schon eingehend behandelt und dabei mit vielen willkürlichen Erklärungs-
versuchen des Handels aufgeräumt. Für die abschließende Beantwortung
wird man davon auszugehen haben, daß in der Frühzeit Meißens bei nur
mit Gold dekorierten Gefäßen die Goldnummer ebensowenig vorkommt
wie in der Spätzeit, als immer noch Goldspitzenkanten angewendet wurden.
In den 30er bis 50er Jahren, in denen die Goldspitzenmuster größte
Mannigfaltiekeit zeigen, mag man einmal eine Auswahl eingeführter
Muster zur Anweisung für die Goldmaler numeriert haben. Später, als
andere Randverzierungen beliebt wurden, lag für die Goldnumerierung
der Spitzenränder kein praktischer Grund mehr vor oder auch die dann
vielleicht benutzten Goldnummern gewannen andere Bedeutung.
Ebenso alt wie dieses Service ist eine von Herrn Otto Blohm ge-
schenkte Tasse, die mit ringsumlaufenden chinesischen Landschaften und
im Spiegel mit mythischen Tieren fein bemalt ist.
150 Museum für Kunst und Gewerbe.
Höchster Porzellan.
Die kurmainzische Porzellanmanufaktur zu Höchst ist die erste
unter den deutschen Porzellanmanufakturen, deren Geschichte eine wissen-
schaftliche Veröffentlichung gewidmet worden. Dem Verfasser, Ernst Zais,
stand aber im Jahre 1887 noch nicht der sachliche Anschauungsstoff zur
Verfügung, der ihn befugt hätte, den Anteil der einzelnen in Höchst be-
schäftieten Künstler an dem reichen Gesamtwerk der Manufaktur so fest-
zustellen, wie wir das heute fordern. Von dem Städtischen historischen
Museum zu Frankfurt a. M., in dem das Werk Höchsts mit einem der
Vollständigkeit zustrebenden Eifer gesammelt wird, darf man eine Ver-
öffentlichung erwarten, die der Bedeutung des Höchster Porzellans, vor
allem seiner Figuren und Gruppen in vollkommenerer Weise gerecht wird.
/iel jeder solchen Veröffentlichung wird stets sein müssen, nicht nur die
plastischen Werke einzeln zu verzeichnen, etwa wie das Werk eines
Kupferstechers, sondern vielmehr den Anteil der schaffenden Künstler an
ihnen festzustellen, dabei auch die benutzten Vorbilder und Bildquellen
nachzuweisen, durch welche die Porzellanplastik von den frei schaffenden
Künsten befruchtet wurde.
Als persönlichster Meister unter den für Höchst tätigen Modelleuren
steht J. P. Melehior immer noch im Vordererunde. Darf man ihm auch
viele der besten Figuren zuschreiben, so bleibt doch die Mehrzahl der
Höchster Modelle einstweilen noch namenlos. Mit einem bestimmten
Künstler sicher verbinden können wir auch nicht die prächtige Höchster
Gruppe, die uns im Vorjahre von Herrn und Frau Ludwig Hansing ge-
schenkt wurde. Ist sie, wie wir annehmen dürfen, identisch mit jener
(Gruppe, die in dem von Zais mitgeteilten Preisverzeichnis von 1766 als
eine der teuersten Gruppen unter der Bezeichnung „Chinesischer Kaiser“
aufgeführt steht, so kann sie schon aus diesem Grunde kein Werk
Melchiors sein, dessen Anstellung als mainzischer Hofbildhauer vom
28. Januar 1770 datiert. In den Jahren 1762 bis 1766 war Laurentius
Russinger Modellmeister, gleichzeitig waren aber noch andere „Model-
lierer“ und „Figurierer“ an der Manufaktur tätig. Wir teilen den „Chine-
sischen Kaiser“ daher nur mit allen Vorbehalten dem Werke Russingers
zu. Auch die Bildquelle, aus der das Motiv geschöpft wurde, haben wir
nicht ermitteln können. So sehr man auch glaubt, dem Vorwurf, wenn
nicht bei Watteau, so doch gewiß bei Boucher schon begegnet zu sein,
ist doch unser Suchen nach einem Stich, der als Vorbild gedient ‚haben
könnte, selbst in großen Kupferstichsammlungen ohne Ergebnis geblieben.
Bemalt ist die lebensvolle Gruppe in der für das Höchst der 60er Jahre
üblichen Weise. Der Rock des Kaisers ist mit goldenen Blumen zwischen
grünen Längsstreifen bestickt. Die Gewänder der dem Herrscher huldigen-
den Knaben sind teils mit blauen oder purpurnen Blümchen, teils mit
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 181
zarten purpurnen, blauen oder eisenroten Längs- und Querlinien verziert.
Purpurn ist der vom Rücken des Kaisers herabwallende Mantel, purpurn
„Chinesischer Kaiser“, bemalte Gruppe von Höchster Porzellan, um 1766. Höhe 38 em.
das bauschige Beinkleid des vor ihm sich neigenden jungen Zopfträgers,
der ein mit chinesischen Schriftzeichen beschriebenes Blatt in der Linken
hält. Zart blaßgelb ist das vom Baldachin herabhängende Tuch und
14
182 Museum für Kunst und Gewerbe.
das Beinkleid des Jünglinges mit dem großen Buche. Glänzend eisenrot
sind die Gamaschen der Majestät und die Schuhe des Jünglings zur
Rechten. Blaugrün, purpurn und golden staffiert ist der durchbrochene
Baldachin, blaugrün das Polster des Thronsessels; purpurviolett marmoriert
der Sockel des Ganzen, zart dreifarbig gestreift der darüber gebreitete
Teppich. Die farbige Gesamtwirkung ist licht und zart. Kräftige Ver-
goldung betont den Schwung der Stützen des Baldachins und dessen mit
goldenen Glöckehen und Quasten behängten Rand. Fine Marke trägt
die Gruppe nicht.
Berliner Porzellan.
Angekauft wurden zwei runde Schüsselsturze von dem für das
Speisegeschirr Friedrichs II. für das Neue Palais zu Potsdam angefertigten,
in der Manufaktur unter der Bezeichnung „Reliefzierat“ geführten Modell.
Derartige Schüsselsturze, die unter den Formen anderer als der Berliner
Manufaktur uns nicht begegnet sind, gehörten in großer Zahl zu jenem
Service, bei dem sie notwendig waren, weil die Küche des Neuen Palais
sich nicht in diesem, sondern in den Communs befand, von denen die’
Speisen über den offenen Hof zum Palais getragen werden mußten.
Als Knauf haben unsere Schüsselsturze eine halberblühte rote Rose
an einem lose auf der Wölbung liegenden beblätterten Zweig; — bei dem
Service des Neuen Palais bestehen die Knäufe aus blaßgelben violett
eezeichneten Anemonen. Die von leichterhabenen goldenen Blumenranken
durchzogenen Gitterstäbe sind blaßorange und ebenso grundiert die golden
eeschuppten von weißen, golden staffierten Rokaillen eingefaßten Zwickel-
felder am unteren Rand. In den weißen Feldern zwischen den Spalier-
flächen sind große kurzstielige Blumen frei verstreut, während von oben
und den Seiten kleine Blütengewinde hineinragen. Die Blumenmalereien
haben nicht die duftigen zarten Farben, wie bei den meisten Stücken
des Services Friedrichs II. und bei dem zu diesen gehörigen Dessertteller,
den wir im „Führer“ S. 446 abgebildet haben. Sie sind offenbar von der
Hand jenes noch namenlosen Blumenmalers gemalt, dessen Art Karl Lüders
in dem Jahrbuch der kgl. preußischen Kunstsammlungen, XIV. Band, ein-
eehend geschildert hat. Alle dort angegebenen Merkmale treffen auch
zu auf die Blumen unserer Schüsselsturze. „Die Bukette sind nicht ge-
schlossen, immer ist reichlich Luft zwischen den einzelnen Blumen gelassen.
Die Palette ist kräftiger und lebhafter als bei den Blumenmalereien für
das Neue Palais. Der Mohn, die Rosen und Tulpen sind bewunderungs-
würdig mit breitem Pinsel virtuos dargestellt. Der Maler liebt, den grünen
Blättern der Tulpen eine knitterige Form zu geben und die Stiele der
Mohnknospen wie eine Peitschenschnur zu drehen. ‚Jedem Blumenstrauß
fügt er einige gelbe Grashalme oder eine Ähre, den Zweig einer Erica
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 183
oder einer kleinen Rispenblume hinzu, und fast niemals fehlt eine kleine
lichtblaue oder hellviolette Blüte. Er arbeitet ebenso flott wie alle anderen
Maler der ersten Zeit und zeichnet mit großer Sicherheit.“ Von ihm
rühren die meisten Blumenmalereien des Breslauer Schloßservices, von
dem ein ovaler Schüsselsturz vom „Antikzierat“ genannten Muster mit
ebenso gemalten Blumen sich schon länger in unserer Sammlung befindet.
Nymphenburger Porzellan.
Unter den An-
käufen ist die Nym-
phenburger Manufak-
tur durch die hier ab-
gebildete allegorische
Figur „Afrika“ ver-
treten, eine der vier
Allegorien der Welt-
teile. Auf braun und
rot bemaltem, mit
erünem Kraut be-
wachsenem hohen Ge-
mäuer sitzt ein glän-
zend schwarzer Neger,
in der erhobenen lin-
ken Hand eine Zi-
trone; das vom Schoß
auf den Sockel herab-
fallende Manteltuch
ist mit blauen Stern-
chen besät. Das Ge-
mäuer wird getragen
von blau und golden
staffierten Rocaille-
voluten, aus deren
Höhlung vorn ein
brauner Löwe hervor-
bricht. Als Marke
unter der Höhlung des
Sockels in Untergla-
surblau das Hexa-
gramm mit den alchi-
mistischenBuchstaben
4 „Afrika“. Porzellanfigur aus der Nymphenburger Manufaktur.
als früheste Marke der Höhe 19,5 cm.
14*
184 Museum für Kunst und Gewerbe.
Manufaktur, die sie führte in den Jahren, da sie noch in Neudeck in der
Au betrieben wurde. Vor das Jahr 1760, in dem die Übersiedelung
nach Nymphenburg stattfand, ist also die Schaffung dieser Allegorienfolge
anzusetzen, die übrigens noch in späterer Zeit ausgeformt wurde. In der
Ausstellung alten bayerischen Porzellans zu München 1909 war dieselbe
Figur unbemalt zu sehen und ebenso wie die zugehörigen Figuren Eu-
ropa und Amerika mit der eingepreßten Marke des kleinen Rautenschildes,
die um 1765 angenommen wurde.
Ansbacher Porzellan.
Von Ansbach, der dritten der alten Porzellanmanufakturen im
heutigen Königreich Bayern, besaßen wir bisher nur einige Figuren.
Durch eine im Vorjahre von Herrn Antiquar Albert Salomon in Berlin
geschenkte Kaffeekanne ist jetzt auch die Gefäßbildnerei vertreten. Be-
malt ist die Kanne mit kleinen Landschaften und Streublümchen; am
Ausguß die bei dieser Manufaktur beliebte aus Muschelwerk hervor-
wachsende Maske mit roter Halskrause und roten und grünen Federn
im Haar. Vergoldete Silberfassung verbindet den Deckel mit dem aus
Rokokoschnörkeln und Blattwerk gebildeten Henkel. Die dem Ansbacher
Stadtwappen entlehnte Marke ist in den Boden gepreßt.
Porzellan von Sevres.
Durch eine Anzahl guter Gefäße war das Weichporzellan der Manu-
faktur von Sevres schon anschaulich vertreten, das Hartporzellan jedoch
nur durch wenige Beispiele, darunter allerdings die sechs wertvollen Isabey-
Teller aus dem Jahre 1814. Im Vorjahre gelangte durch den Gesamt-
kauf eines Dutzends verschiedener Bechertassen auch das Hartporzellan
zu besserer Vertretung. Diese in der Mehrzahl walzenförmigen Tassen
vertreten mit ihren verschiedenen Dekors nicht ebenso viele Dekors von
Servicen, sondern bieten, wie es die in den letzten Jahrzehnten des
18. Jahrhunderts herrschende Mode mit sich brachte, jede nur ein Einzel-
tassen-Muster. Die Tasse mit dem doppelten A für das Jahr 1778 und
dem Malerzeichen des Vogel- und Chineserienmalers Fallot ist auf grau-
srünem Grund bemalt in graviertem zweifarbigen Gold und Silber mit
fliegenden Vögeln und Fasanen auf blumenbewachsenem Erdreich. Offen- |
bar schwebte dem Maler als Vorbild eine japanische Goldlackmalerei vor,
wie solche am Hofe Marie Antoinettens geschätzt waren. — Eine Tasse
mit dem doppelten E für 1782 und einem noch nicht gedeuteten Blümchen
als Malerzeichen zeigt in blauem Grund ovale rotbraune Felder mit
figürlichen Darstellungen in mattem Gold und rotbrauner Innenzeichnung.
— Die Jahresbuchstaben F F für 1783 trägt eine Tasse mit demselben
Malerzeichen; sie ist in lebhaft hellgrünem Grund bemalt mit Rosen, Tulpen
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 185
und anderen Blumen in den natürlichen Farben. — Eine vierte mit dem
LL für 1789 zeigt in lachsrotem Grund ausgesparte Felder mit zier-
lichem Ornament in Sepiabraun nach dem damals durch die pompejanischen
Wandmalereien modischen Geschmack und, die Felder umrahmend, symme-
trisches Rankenwerk in verschiedenen Farben; die Malermarke entspricht
dem Namen des als Maler und Vergolder in Sevres tätigen Dieu. —
Eine Tasse mit eingezogenem Fuß und dem doppelten M für 1790 trägt
dieselbe Malermarke und ist in demselben Geschmack bemalt mit einem
Fries zierlichen vielfarbigen Ornaments zwischen zwei pompejanisch rot
erundierten, mit gelbbraunem Blattwerk verzierten Streifen. — Eine
dritte Tasse von ähnlich geschweifter Form mit dem Zeichen des Dieu
und NN für 1791 zeigt in karminrotem Grund auseesparte Felder mit
zierlichen Ranken, die einer Vase entwachsen, und in kleineren matt-
grünen Zwischenfeldern grau gemalte Chineserien. — Das doppelte P für
1795 und das Zeichen des Blumenmalers und Vergolders H. Pre&vost
trägt eine große Bechertasse mit besonders feiner Bemalung, die im
Spiegel der Unterschale und auf der Vorderfläche des Bechers einen auf
roter Marmorplatte stehenden Korb mit Weintrauben, Äpfeln und Birnen
darstellt; die Ränder sind mit breitem Behangmuster aus symmetrischem
Blattwerk und hängenden Blumengewinden in graviertem Gold bemalt. —
Die Zeichen des Landschafts- und Tiermalers Castel und des Vergolders
Vincent aine, jedoch keine Jahresbuchstaben, trägt eine Bechertasse
mit polnischen Reitern in einem runden golden umrahmten Felde, das
ausgespart ist in dem mit senkrechten blumigen Streifen aus graviertem
Gold überzogenen Grund. Auch im Spiegel der Untertasse ist eine
kriegerische Szene mit Geschützen dargestellt. — Eine ebenfalls von
Vincent aine& dekorierte Bechertasse ohne Jahresbuchstaben ist ganz
ungewöhnlich ausgestattet; im dunkelblauen Glasurgrund sind in leichtem,
aber glänzendem und in farbigem Lüster schimmerndem Gold Zickzack-
zonen gemalt, in denen ausgesparte Blattreihen zwischen Perlschnüren
die blaue Grundfarbe zeigen. — Eine kleine Bechertasse mit lila Grund
und bunten Blumenmalereien in ausgesparten Feldern hat das Zeichen
des noch 1792 tätigen Blumenmalers Bulidon, aber ebenfalls kein Jahres-
zeichen.
Bei derselben Gelegenheit wurden auch zwei Bechertassen von
Weichporzellan erworben, die eine mit zitronengelbem Grund und einem
ausgesparten Fries, worin blaue Ranken mit bunten Blumen, Früchten
und Vögeln, die andere mit goldenen Chineserien auf lapisblauem Grund.
Jene trägt die Marke Sevres R.F. und L22 in Blau sowie auf der
Untertasse eingeritzt Bouliado; diese den Jahresbuchstaben Z für 1777
und ein nicht zu deutendes Malerzeichen aus einem Strich und Punkt.
Überhaupt sind wir noch weit entfernt, alle Malerzeichen der Sevres-
186 Museum für Kunst und Gewerbe.
Porzellane deuten zu können. Schon ein Blick in das bisher vollständigste
von Chavagnac und Grollier veröffentlichte Verzeichnis läßt erkennen,
wie viele Lücken noch zu füllen sind.
Gläser und Glasmalereien.
Was von solchen der Sammlung hinzugefügt wurde, verdanken wir
wieder einer Schenkung des Herrn Geheimen Kommerzienrates Th. Heye.
Es sind dieses Mal Erzeugnisse der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Vier walzenförmige, nach oben leicht erweiterte Becher sind mit
schön geschliffenen Figuren antikisierenden Geschmackes verziert. Ihnen
liegen Kupferstiche zugrunde, die nach Schnorrs Zeichnungen von Heinr.
Schmidt gestochen sind und uns vorliegen in der fünften, 1514 in Halle in
der Rengerschen Buchhandlung erschienenen Auflage von C. A. Tiedges
Urania. Eine aufrecht sinnende Gestalt in antikem Gewande entspricht
dem Titelblatt zum ersten Gesang; darunter aus dem 90. Vers die Worte:
„Gott! ein Gott! ach, irrend such’ ich ihn!“ — Die Jünglingsgestalt mit
dem zum gestirnten Himmel erhobenen Arm auf dem zweiten Glase ist
dem Titelblatt des zweiten Gesanges entnommen und wird erklärt durch
Worte aus dem Vers 475 dieses Gesanges: „O glaub’ es dir und den
Versicherungen der Welten dort: es ist ein Gott!“ — Das Titelblatt zum
dritten Gesange gibt der knieende weibliche Genius mit Schmetterlings-
flügeln des dritten Glases wieder, dazu aus Vers 184: „Unendlichkeit kann
nur das Wesen ahnen, das zur Unendlichkeit erkoren ist.“ — Auf dem
vierten Glas führt ein schwebender Jüngling einen Genossen an der Hand
über den Erdball, wie auf dem Titelblatt des vierten Gesanges zu sehen.
Darunter aus dessen Schlußversen die Worte: „Es ist von ihm hinweg-
gesunken der irdische Druck; das Göttliche nur, den linden Strahl, den
reinen Aetherfunken, entwinket ein Gott dem Schoos der Natur.“ Alle
diese Inschriften sind in kursiven Antiquabuchstaben geschickt und mit
guter Raumteilung eingeschnitten.
Das andere Geschenk des Herrn 7h. Heye ist en Glasgemälde
aus der Zeit, da süddeutsche Glasmaler unter dem Einflusse des Rück-
eriffs zu mittelalterlicher Romantik die Technik der schweizerischen
Scheibenmaler des 16. Jahrhunderts wiederzubeleben versuchten. Auf
unserer Scheibe ist in gotischer Spitzbogenumrahmung dargestellt eine
Felsenlandschaft, durch die sich, vorüber an einer Burg und ummauerten
Stadt ein Fluß windet. Im Vordergrunde reitet der Ritter St. Georg in
blauem Stahlpanzer und rotem, gelbgefüttertem, gelapptem Gewand, von
seinem Hunde begleitet. Ihm tritt entgegen die Königstochter in blauem
Unter- und rotem Obergewand; an gelbem Bande führt sie einen bunt-
schillernden Drachen. Darunter auf einem Schriftbande die Worte: „Des
bösen Feindes alte Schlang, Sanct Jörg der Ritter Gottes zwang, Herr
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 187
Jesu gieb durch Deine Kraft auch uns solch gute Ritterschaft.“ Die
Buchstaben K. B. im Georgsbild und der Name F. Bührlen f. im untern
Rand gestatteten, diese Glasmalerei zeitlich und örtlich näher zu bestimmen.
Im amtlichen Bericht über die Allgemeine Ausstellung deutscher Gewerbs-
Erzeugnisse in Berlin 1844 (einer ergiebigen Funderube für Daten über
das Kunstgewerbe der Zeit zwischen dem Schwinden des Biedermeier-
geschmackes und den mit der Londoner Weltausstellung von 1851 ein-
setzenden neuen Richtungen der rückgrifflichen Geschmacksbewegung)
fanden wir als Aussteller von Glasmalereien (darunter auch „ein Ritter
mit seinem Liebchen“) genannt die Glasmaler Chr. Bührlen u. Sohn
in Ulm.
Werke des Bildhauers Landolin Ohmacht.
Schon länger besitzt das Museum zwei jener kleinen Bildnisreliefs
aus Alabaster, welche der im Jahre 1760 zu Dunningen im Württembereischen
geborene Bildhauer Landolin Ohmacht während seines Aufent-
haltes in Hamburg in den Jahren 1794 bis 1797 hier nach dem Leben
gearbeitet hatte. Beide Reliefs stammen aus hambureischem Besitz. Das
eine in flachem Relief, ein Brustbild eines Mannes in mittleren Jahren,
ohne Bart, im Profil nach links gewendet, mit Zopf, im Überrock mit
hohem Klappkragen, ist „Ohmacht“ bezeichnet. Wie stets fehlt der Name
des Dargestellten; Vergleiche mit anderen Bildnissen haben zu der Annahme
geführt, daß dargestellt sei der am 27. März 1751 geborene, 1789 zum
Senator erwählte Dr. Johann Schulte. Dieses Relief Ohmachts hat weiter
dazu gedient, in der Meißener Manufaktur Nachformungen aus Porzellan
anzufertigen, wie deren eine sich ebenfalls in der Sammlung befindet. Das
andere Bildnis stellt dar in hohem, aus einem vertieften Oval hervorragendem
Relief das Bildnis eines älteren bartlosen Mannes in nach rechts gewandtem
Dreiviertelprofil. Das dünne, leicht gelockte Haar ist unfrisiert, die Hemd-
krause offen; über die Weste legt sich ein faltiger Mantel. Es trägt ebenfalls
den Namen des Künstlers; wen es darstellt, hat sich nicht ermitteln lassen.
Diesen beiden kleinen Bildnissen ist im Jahre 1599 dank einer Schen-
kung der Frau @. L. Gaiser Wwe. ein marmornes Hauptwerk Ohmachts, das
schöne Relief, hinzugekommen, das er 1796 für das Grabmal der Frau
Engelbach auf dem Hammer Kirchhofe schuf. Von diesem Grabmal
erzählt der Domherr Meyer im dritten Heft seiner „Skizzen zu einem
Gemälde von Hamburg“ (Hamburg 1801 bis 1804 bei F. H. Nestler), einem
Buche, das über den Zustand der Künste in Hamburg um die Wende des
18. Jahrhunderts wichtige Aufzeichnungen bietet, zugleich aber manches
ernste Wort, das heute unseren Mitbürgern ins Gedächtnis zu rufen wohl
angezeigt wäre. Dort lesen wir: „Ein schrecklicher Unfall verursachte
den Tod dieser sehr schönen und liebenswürdigen Frau. Die brennende
188 Museum für Kunst und Gewerbe.
Spritlampe einer Theemaschine fiel ihr einige Wochen nach ihrer Entbindung
in den Schoos; die lodernde Flamme verzehrte in wenig Augenblicken ihr
(sewand, und sie starb am zweiten Tage an den Folgen des schrecklichen
Brandes. Der Künstler durfte diese erschütternden Umstände des Todes
in seinem Monument nicht benutzen; aber er wusste in die Komposition
des Ganzen einen Ausdruck zu legen, der viel rührender ist, als eine solche
schaudererregende Anspielung hätte sein können. — Eine schöne griechische
Figur sitzt sanft hingelehnt auf einem Sessel; der linke Arm ruhet auf
dem Schoos, der rechte ist auf die Hinterlehne des Sessels und der sich
seitwärts neigende Kopf — das ähnliche Portrait der Verstorbenen — auf
die einwärts gebogene Hand gestützt. Ein dichter Schleier deckt den
Kopf bis auf die Stirn und fällt auf die Sessellehne herab, so dass der
nackte Arm darin ruhet. Ein leichtes Gewand umfliesst den Körper und
lässt die schönen Umrisse durchscheinen. — Ist das der Schlummer des
Todes? — und wie drückte ihn der Künstler aus? — Über ihrem Haupt
schwebt der aus seiner Hülle entflogene Schmetterling empor. — An den
Knien der Hinübergeschlummerten gelehnt stehen ihre beiden zurück-
Selassenen kleinen Kinder —- auch Portraits — in flehender Stellung die
Arme gegen die Mutter ausgestreckt. Sie kennen noch nicht, was Tod
heisst; sie alınden ihren Verlust nicht; ihnen schlummert sie nur. ‚Ach
Mutter, erwache!‘ — scheint der Ausruf dieser Verwaisten zu sein.....
Des Künstlers Herz redet aus diesem Kunstwerk, welches grösser und
bestimmter ausgeführt zu werden verdiente, — und redet zum Herzen
jedes Anschauers. Der stehende Grabstein, in dessen Vertiefung das Bas-
relief eingefügt ward, ist die Arbeit des Steinhauers Wittgreff.“ (Diesen
lobt der Domherr an anderer Stelle wegen seines Geschmackes und seiner
Kenntnisse guter Formen, durch die er sich vorteilhaft von den Berufs-
genossen unterscheide.)
Was der Verfasser der „Skizzen“ bei dieser Gelesenheit bemerkt,
das 26 Hamburger Zoll hohe und 23 Zoll breite Relief aus karrarischem
Marmor sei als „Skizze“ bearbeitet und verdiente größer und bestimmter
ausgeführt zu werden, ist uns, die wir das zart durchgeführte Kunstwerk
in seiner ursprünglichen Frische bewundern können, nicht recht verständ-
lich. Man muß schon annehmen, daß der Domherr an eine Ausführung großen
Maßstabes dachte, etwa wie das damals nach seinen Ideen für die Marien-
Kirche zu Lübeck von Ohmacht ausgeführte Grabmal des Bürgermeisters
Peters. Seinen unberührten Zustand verdankt das Engelbachsche Grab-
mal besonderen Umständen. Nur wenige Jahre war es auf dem Hammer
Kirchhof dem Einfluß der Witterung ausgesetzt gewesen. Als nämlich
während der Belagerung Hamburgs 1813 die Kirche zu Hamm als Wach-
lokal für die französische Armee benutzt wurde und die Umgebung ver-
wüstet zu werden drohte, entfernte man das Marmorrelief aus dem Grab-
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 159
sten, indem es dureh eine schlichte Marmorplatte mit der Inschrift
„Engelbachs Familien-Begräbniss 1796“ ersetzt wurde. Im Jahre 1854
soll es sich noch im Hause eines Schwiegersohnes der Verstorbenen, des
Senators Friedrich Rücker, befunden haben. Dann blieb es verschollen,
bis ein öffentlicher Hinweis auf das verlorene Kunstwerk, von dem nur
Bildnis aus Alabaster, von Landolin Ohmacht, Ende des 18. Jahrhunderts.
Relief ohne die Metallfassung 8,2 zu 6,6 cm.
ein dürftiges Kalenderbildchen eine ungefähre Vorstellung vermittelt hatte,
es plötzlich wieder zutage förderte. In einem seiner Vorträge im Museum
hatte der Direktor des Verlustes gedacht; gleich nach dem Vortrag meldete
sich eine der Hörerinnen mit der erfreulichen Mitteilung, das vermißte
Kunstwerk befinde sich in einem dafür vor vielen Jahren angefertieten
190 Museum für Kunst und Gewerbe.
Schrank in ihrem Hause. Vierundzwanzig Stunden danach konnte der
Marmor unserer Sammlung eingereiht und ermittelt werden, daß das
Monument, dessen einziger künstlerischer Schmuck das Werk Ohmachts
gewesen, noch auf dem Friedhof stand. Eine photographische Aufnahme
des Grabmals ist neben dem Relief im Museum zu sehen. Seitdem ist
es wiederholt abgebildet worden, so im „Museum“, Jahrgang 1902,
Band VII, Tafel 136, und zu der kunstgeschichtlichen Studie, welche
Prof. Dr. J. Rohr unter dem Titel „Der Straßburger Bildhauer Landolin
Ohmacht“ dem Künstler gewidmet hat (Straßburg 1911, Karl J. Trübner).
Durch dieses Buch ist unser Wissen von dem Leben und den Werken des
Meisters, der seine letzten Lebensjahre in Straßburg verlebte und dort
monumentale Werke schuf, auf Grund neuer Erforschung der Urkunden
und Denkmäler bedeutsam erweitert worden.
Diesem älteren Bestande an Werken Ohmachts aus seiner ham-
burgischen Zeit haben nun im verflossenen Jahre zwei wertvolle Kunst-
werke hinzugefügt werden können, zunächst, dank den uns durch ein
Vermächtnis des am 25. August 1910 gestorbenen Herrn Johann Philipp
Hermann Kalkmann zur Verfügung gestellten Mitteln, das S. 189 abgebildete
Relief eines Unbekannten, dessen Name, da es aus hiesigem Besitz stammt,
wohl in dem Kreise zu suchen sein wird, in dem der Künstler sich hier
bewegte. Hervorzuheben ist, daß dieser sein Werk, wie er bisweilen
tat, mit griechischen Buchstaben 2MAXT bezeichnet hat. Das Relief
ist in den ursprünglichen Messingrahmen eingelassen. Es liegt in
einem ovalen Messingkasten, über dessen hohen Rand der Rahmen, den
die Abbildung zeigt, geschoben ist; über diesen Rahmen ist ein zweiter
Rahmen geschoben, in dessen schmalem Rand eine Glasplatte sitzt. Die
drei Teile schieben sich genau passend übereinander. Am oberen Rahmen
sitzt ein beweglicher Ring, das Relief an die Wand zu hängen.
Endlich konnte, als ein Geschenk des Herrn Otfo Blohm, auch eine
kleine Alabasterbüste Klopstocks der Sammlung eingereiht werden,
nicht die vom Domherrn Meyer erwähnte Büste des Dichters, falls deren
Größenangabe von 7 Zoll Höhe zutrifft, aber jedenfalls ein nach dem Leben
geschaffenes Werk, das seither von Geschlecht zu Geschlecht in der Familie
der zweiten Frau des Dichters überliefert worden war und von dem gelten
darf, was der Domherr an der größeren Büste lobt, daß in ihr „der Geist
des erhabenen Dichters und der Charakter des edlen Greises, stiller hoher
Ernst und Seelenruhe, ausgedrückt“ ist. Klopstock hatte, als der ihm
persönlich befreundete Ohmacht sich in Hamburg aufhielt, das siebzigste
Lebensjahr überschritten. Der Kopf ist leicht geneigt, und die hängenden
Hautfalten des Halses folgen dieser Bewegung. An der rechten Seite des
Halses fällt eine Vertiefung auf wie die Spur eines chirurgischen Ein-
eriffes an dieser Stelle. Die Stirn ist kahl, der Schädel nur an den Seiten
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 191
' und am Hinterhaupt von Locken umrahmt, bei deren Modellierung mehr-
fach der Bohrer verwendet ist. Das Gesicht ist bartlos. nur vor den
' Ohren sind, der Zeitmode entsprechend, kurze Bartstreifen stehen geblieben.
Infolge des unsymme-
trischen Bauesdes Kopfes
wirken die beiden Ge-
sichtshälften ungleich;
die rechte tritt stärker
zurück, während die linke
mehr nach vorn vorge-
baut ist. Die nur von
wenigen Runzeln um-
gebenen Augen sind ohne
: Pupillen gebildet. Die
: Nase ist gerade und am
ı Knorpelansatz leicht ein-
"gedrückt, so daß der
‚ untere dickliche Teil et-
was abgesetzt ist. Die
‘ Backenhaut erscheint
‚leicht hängend, und der
ein wenig geöffnete Mund
erhält seinen charakte-
ı ristischen Zug durch das
'Einfallen der Oberlippe
‚über dem zahnlosen
\ Kiefer.
Über die Herkunft
des Materials, aus dem
‚Ohmacht seine kleinen
! Werke schuf, belehrt uns
‚der Verfasser der „Skiz-
|; zen“, dab jener diesen Büste Klopstocks aus Alabaster, von Landolin Ohmacht, um 1795.
\zartkörnigen, etwas röt- one 12, 2jcm.
‚lichen Alabaster aus-
‘schließlich in der Gegend des Bodensees, in Stücken von einigen Zollen
\bis zu etwa zwei Fuß groß, im losen Sande entdeckte.
Über dieses Workommen des Alabasters verdanken wir Herrn Prof.
"G. Gürich die Mitteilung, daß Alabasterknollen in lockeren Ablagerungen
’ (Süßwasser-Molasse) am Fuße des Hohenhöwen im Hegau gefunden wurden.
Die Büste Klopstocks lag, als sie in den Besitz des Museums über-
“ging, in einem runden Spanholzkästchen, auf das ein Zettel geklebt war
192 Museum für Kunst und Gewerbe.
mit der Aufschrift: „Herrn Direktor Schadow, Königl. Hofbildhauer, Kleine
Wallstraße in Berlin, Neustad, Hierin eine kleine Büste Klopstocks“. Dies
führte zu der Vermutung, das Werk Ohmachts habe Schadow als Vor-
bild gedient für die Klopstockbüste, die er mit 16 anderen Büsten im Auf-
trage des Kronprinzen Ludwig von Bayern für die Walhalla gearbeitet
hat, deren Plan diesen damals beschäftigte.
Möbel und Täfelungen.
Die Mehrzahl der im Vorjahr angekauften Möbel wurde, wie schon
eingangs erwähnt, in den Vierlanden erworben, ohne jedoch als Erzeugnisse
dortiger Werkstätten gelten zu dürfen. Das älteste dieser Möbel, ein
zweitüriger Schrank, zeigt den Typus des mit Nußbaum furnierten
„Hamburger Schaps“ vom Ende des 17. Jahrhunderts in kleineren Ab-
messungen, als sie bei diesen Schränken sonst üblich sind. In dem hoch-
aufliegenden Akanthusblattwerk auf den seitlichen und dem mittleren als
Schlagleiste dienenden Pfeilern sind mit dem Kreuz, dem Herzen und dem
Anker als Symbolen des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung aus-
gestattete Putten angebracht, in den Pfeilerkapitellen weibliche Büsten;
in den oberen Zwickeln des verkröpften Rahmenwerks der Türen vier
Gestalten, die durch eine Blume, Ähren, eine Weintraube und ein Hand-
wärmebecken als Vertreter der Jahreszeiten gekennzeichnet sind; in den
unteren Zwickeln Adler mit rückwärts gewendeten Köpfen; auf dem hohen
vielfach gegliederten Kranzgesims in dem leicht verkröpften Mittelteil ein
großes Schnitzwerk mit zwei von Blattwerk umgebenen Frauengestalten,
die sich umarmen und durch das Schwert als die Gerechtigkeit, durch
die Palme als der Friede erklärt werden. Wie die Vorstellung, dab
Friede und Gerechtigkeit sich küssen, den Hamburgern geläufig war,
haben wir im Bericht für 1908 bei der Erwähnung eines geschnittenen
Glases mit der gleichen Darstellung des Näheren ausgeführt.
Ein halbes Jahrhundert jünger ist das zweite Kastenmöbel dieser
Herkunft. In dem Aufbau, dem Kommodenunterteil und dem eintürigen
ÖOberbau mit großem Spiegel vertritt es einen in der Rokokozeit be-
liebten Typus. Mit Ausnahme der Griffbeschläge aus vergoldetem Gelb-
metall sind alle dem Nußholzfurnier hinzugefügten plastischen Ver-
zierungen aus vergoldetem Holz, so der Sockel, die Voluten des Gesimses
und der breite durchbrochene Rahmen des Spiegels.
Wieder ein halbes Jahrhundert jünger ist das dritte Kastenmöbel,
das den noch mit Motiven des Empirestils stark durchsetzten Geschmack
der zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts vertritt. Damals hatte
das Mahagoni schon völlig das Nußholz verdrängt. Der Aufbau verbindet
einen Kommodenunterteil mit einer Schreibtischvorrichtung und darüber
drei kleinen, an den Seiten zurückspringenden Schränkchen mit Spiegeln
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 195
in den Türen. An den vorderen Kanten des Unterbaues und auf den
schmalen Pfeilern des Oberbaues sind weißmarmorne Halbsäulchen mit
metallenen Kapitellen und Basen eingefügt. Öffnet man die breite Platte
des Mittelfaches, die mit einer ovalen, ein Wedgwood-Jasper-Relief nach-
ahmenden bemalten Blechplatte belegt ist, so blickt man in eine runde
Halle mit acht freistehenden weißen Säulchen, von denen die vorderen
in natura vorhanden sind, die hinteren durch Spiegelung in der Spiegel-
wand dahinter sich ergeben. In den Boden der Halle ist ein großer
fliegender Skarabaeus aus gebranntem Holz eingelegt, und verschieden-
farbige Hölzer mit Einfassungen und Reliefs aus vergoldetem Metall be-
reichern die Ansicht der Schubfächer und Türchen zu beiden Seiten der
kleinen Säulenhalle. Den Abschluß des Oberbaues bildet eine schmale
Galerie aus durchbrochenem Messing, deren Spitzbogenmotiv uns erinnert,
daß der gotische Stil schon Einlaß begehrend vor der Tür steht. Ein
_ diesem Möbel sehr ähnliches im Würzburger Schloß ist auf der Mittel-
tür des Oberfaches innen mit einer Reklame beklebt, nach der sich darin
früher eine in Wien hergestellte Spieluhr befand, was die Vermutung
nahe legt, das ganze Möbel sei aus einer wienerischen Werkstatt hervor-
ı gegangen.
Ein viertes, aus städtischem Besitz erworbenes Kastenmöbel aus
' Mahagoni vertritt wieder eine vorgeschrittenere Zeit. Als Eekschrank
ausgebildet, enthält es unten Schubladen, im Mittelfach eine Schreibtisch-
vorrichtung, im Oberbau ein offenes Fach mit Spiegelwänden im Hinter-
grunde, die, im rechten Winkel zueinander stehend, einen hineingestellten
Gegenstand vielfach widerspiegeln. Darüber ist eine Uhr eingebaut,
über der eine Rundhalle mit Holzsäulchen unter einer Holzkuppel den
Abschluß bildet. In dieser offenen Halle stand — und steht wieder —
‚ frei eine antikisierende Figur aus Biskuitporzellan der Berliner Manufaktur.
Wie die drei jüngeren dieser neuerworbenen Kastenmöbel sind auch
eimige Tische und Stühle derselben Zeit angekauft worden im Hinblick
‚auf die später einzurichtenden Zimmer, die den Geschmack der Zeit
zwischen dem Empirestil und der Mitte des 19. Jahrhunderts veranschau-
‘lichen sollen.
u
Außer den erwähnten Möbeln von städtischer Arbeit sind wenige
Möbel von ländlicher Arbeit aus den Elbherzogtümern und eine Täfelei
aus den hamburgischen Vierlanden hinzugefügt worden.
Eine aus der Gegend von Dauenhof, unweit von Elmshorn in Holstein,
) . . . . . .
stammende Truhe von Eichenholz zeigt, wie lange sich das mittelalterliche
Verfahren des Aushebens des Grundes flacher Ornamente im Lande er-
‚halten hat. Auf den fünf senkrechten Rahmenstücken der Vorderwand
| heben aufsteigende Blattornamente mit tulpenförmiger Gipfelblüte, auf den
vier Fülltafeln aus Vasen wachsende Blätter und Blumen sich in Flach-
194 Museum für Kunst und Gewerbe.
schnitzerei von dem schwarz gestrichenen Grunde ab und ebenso die
Inschrift: Doradeha MunstersAnno 1694 auf der oberen Rahmenleiste,
Ferner zwei schleswigsche Wandbörter aus der zweiten
Hälfte des 18. Jahrhunderts, die sich früher in der Callsenschen
Sammlung zu Schleswig befanden und eine im Museum bisher fehlende Art
der Bortgestelle vertreten, auf denen die Landbevölkerung des westlichen
Schleswig allerlei nicht alltäglich gebrauchte Gefäße und Geräte, zumeist
chinesische oder thüringische Teekannen und Tassen, zur Schau zu stellen
pflegte. Beide Wandbörter sind aus Bortbrettern verschiedener Länge
zwischen schräggestellten Seitenbrettern zu einem giebelförmigen Gestell
verbunden; bei dem einen überragen die Börter die Seitenbretter, bei dem
anderen sind diesen an deren Außenseiten kleine Konsolen angefüst. Aus
dünnen Brettern gesägte Verzierungen treten schmückend hinzu; in dem
einen Falle bilden sie einen durchbrochenen Behang am unteren Brett und
Zwickelfüllungen der Konsolchen, in dem anderen decken sie, den Seiten-
brettern angefügt, die Verlängerungen der Börter. Ihrer geschmackvollen
Schattenrißwirkung trat mehrfarbiger Anstrich hinzu, der bei dem einen,
1789 datierten, aus Langenhorm im Kreise Husum stammenden Wandbort
rot, grün und gelb war. Bei dem anderen ist die Vorderkante der Börter
geschweift ausgeschnitten mit Rücksicht auf die verschiedene Größe der
(refäße.
Wieder eine vierländische Täfelung in unseren Gewahrsam zu
bringen, nötigte uns die drohende Aussicht, sie in den Besitz eines entfernteren
linkselbischen Museums übergehen zu sehen. ‚Jünger als die jüngste unserer '
früher aus Neuengammer Häusern erworbenen Täfelungen, ist sie ein aus-
gezeichnetes Beispiel für den in den vierländischen Intarsien um die Wende
des 18. Jahrhunderts in Blüte stehenden Geschmack, der an großen natür-
lichen Blumensträußen in großen Vasen sein Gefallen fand. Auch darin |
unterscheidet sich diese Täfelung von den älteren, daß sie in der Eckstube
eines Kätnerhauses angebracht war, während unsere älteren Täfelungen |
zu Stuben gehörten, deren Fenster in dem einen Fall nur auf die Giebel-
seite des Hauses, in dem anderen nur auf dessen Langseite hinausgingen.
Die jetzt erworbene Täfelung bekleidete eine Innenwand eines Eckzimmers,
dessen Fenster am Pfosten des Hauses zusammenstießen. Beide Fenster- |
wände waren von unten bis oben mit Fayenceastern bekleidet, ebenso
die Feuermauer der Eingangsseite, an der rechts von der Tür zum Flett
der vom Herd aus geheizte Ofen stand, und ebenso der Sockel unter der |
Täfelung an der Wand, welche unsere Stube von dem anstoßenden Mittel-
zimmer der Giebelwand trennte.
Das Haus, dem wir die Täfelung entnahmen, liegt in Kirchwärder |
nahe der Kirche, trug zuletzt die Nr. 82 und wurde schon seit langen
Jahren für den Betrieb eines Kleinhandels benutzt. Erbaut wurde es 179,
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 195
wie die Inschrift besagt, die den Hauptbalken unter dem abgewalmten
Giebel in seiner ganzen Länge mit schönen, in vertieftem Grund erhabenen
Kursivbuchstaben füllt. Sie lautet: „Anno 1799 d. 8. Juni haben Hencke
Stübe und Lehncke Stüben dieses Haus bauen lassen. Dreieiniger Gott,
gieb Glück u. Segen unserm Land und diesem Haus — lass deinen Schutz
sein Allerwegen — Segne, die gehen ein und aus. Ora et labora.“
Auf dem Hauptbalken des anderen Giebels steht ebenso geschnitzt
die Inschrift: „Der 15. Psalm v. 1.2. 3. Herr wer wird wohnen in dieser
Hütte? wer wird bleiben auf diesem heiligen Berge? — Wer ohne Wandel
einhergehet — und recht thut — und redet die Wahrheit von Herzen —
Wer mit seiner Zunge nicht verleumdet und seinen Nächsten kein Arges
thut und seinen Nächsten nicht schmähet.“
Endlich über der von einem Dreieckgiebel überdachten Haustür
inmitten der Langseite, die der Straße zugewendet ist, noch ein „Soli deo
eloria* am Sturz.
Durch diese Tür betritt man das Flett, an dem rechts die beiden
ummauerten Herde, zwischen ihnen die zum Obergeschoß führende Treppe
liegen und zwei Türen in die beiden Eckzimmer führen, zwischen denen
das Mittelzimmer liegt, das keinen Zugang vom Flett her hat.
Von dem Hause und seiner Inneneinrichtung, insbesondere dem Zimmer,
dem wir die Täfelung entnahmen, hat Ernst Begerow sorgfältige Maß-
aufnahmen gemacht, die uns in den Stand setzen, dereinst das Eckzimmer
in seiner ursprünglichen Gestalt wieder einzurichten, sobald uns dafür der
Raum zur Verfürung steht.
Die Täfelung besteht aus den Bettschiebern, hinter denen im Mittel-
zimmer der Bretterverschlag für die Betten lag, und aus der auf der
anderen Seite der Tür zum Mittelzimmer angebrachten Täfelung eines
mehrtürigen, mit seinem flachen Kasten ebenfalls in das Mittelzimmer vor-
springenden Wandschrankes, dessen mittleres Oberfach verglast ist, um
darin allerlei Geschirr und in Einschnitte der Börter gehängte silberne Löffel
zur Schau zu stellen. Die stark vorgekröpften achtseitigen Füllungen
des Rahmenwerkes sind eingelegt mit Vasen, die mit großen Blumen-
sträußen gefüllt sind. ‚Je nach der Form der Füllung haben die Vasen
die Gestalt einer zierlich durchbrochenen Rokokovase, einer schlanken
hohen oder einer breiten niedrigen Vase des Louis XVI. Stiles. Ausgeführt
sind diese Intarsien wenige Jahre nach Erbauung des Hauses. Die Namen
des Ehepaares, das dieses erbauen ließ, wiederholen sich mit der Jahr-
zahl 1902, eingelegt an der Stubentür.
Hervorzuheben ist von sonstigen Ankäufen der Spielbrett-
kasten, dessen obere Fläche die Abbildung wiedergibt. Das flache
Relief ist aus verschiedenen naturfarbenen Hölzern zusammengesetzt;
die Bäume und der Rasen sind aus grün gebeiztem Holz, die Hörner der
196 Museum für Kunst und Gewerbe.
Kuh sind aus Horn eingelegt. Die Unterseite des mit geätztem und ver-
eoldetem Eisen beschlagenen Kastens ist für das Schachspiel mit 64 ab-
wechselnd hell- und dunkelbraunen Holzfeldern ausgelegt, in den hellen
Feldern mit Früchten, in den dunklen mit Blumen in Holzeinlegearbeit
unter Anwendung grüner Beize für die Blätter und des Glühstiftes für
Einzelheiten. Im Innern ist jede der durch Scharniere verbundenen
Spielbrettkasten, mit Relief-Intarsien, Egerer Arbeit, um 1700. Größe 45 zu do cm.
Hälften des verschließbaren Kastens in zwölf abwechselnd hell- und
dunkelbraune schmale rechteckige Felder geteilt, in die Delphine aus
dunklem oder hellem Holze eingelegt sind. Jedem Felde entspricht
auf dem erhöhten Rahmen ein Loch. Diese Felderteilung diente für
das früher sehr beliebte, heute nur wenig mehr geübte Puff- oder
Trietrac-Spiel.
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 197
Ein Einsatzkasten enthält in 32 mit rotgestrichenem Leder aus-
geschlagenen Feldern die 32 Schachfiguren, die 16 weißen aus natur-
farbenem Buchsbaumholz, die 16 schwarzen aus Ebenholz geschnitzt.
Die weißen Figuren sind als Türken gekleidet, die schwarzen als Indianer
mit Federkronen und Blätterschurz. Das Kostüm der Könige und
Königinnen ist durch eingesetzte Granaten bereichert, die Springer sind
als Reiter auf sich bäumenden Pferden, die Türme als Kriegselefanten
dargestellt. Die Schnitzerei ist gut ausgeführt, läßt aber doch erkennen,
Vier Sehachfiguren aus dem Egerer Spielbrettkasten (Läufer, König, Königin und Bauer),
aus Buchsholz, mit Granaten besetzt, um 1700. Höhe 7,5 em.
daß diese Figuren nicht das persönliche Werk eines bedeutenden Meisters,
sondern das Ergebnis einer mehr handwerksmäßigen Wiederholung eines
gut eingeführten Musters sind. Wie diese Schnitzwerke das erste Beispiel
eines Schachspieles in der Sammlung, so ist der zugehörige Kasten das
erste Beispiel alter Reliefintarsia. Die elegante Wiederbelebung dieser
alten Technik in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war schon
durch einen Buchdeckel des Parisers Fourdinois von der Wiener Welt-
ausstellung von 1873 und durch den Staffeleikasten des Hamburgers
F. Ziegler von der hamburgischen Ausstellung von 1889 gut vertreten.
Silberarbeiten verschiedener Herkunft.
Angekauft wurde unter anderem ein silberner Doppelbecher. Die
halbeiförmige Cuppa jeder Hälfte wird von einem vasenförmigen mit drei
S-förmigen Henkeln besetzten Schaft getragen, der dem gebuckelten Fuß
angelötet ist; sie ist mit jenem durch eine ihr angelötete Schraube ver-
bunden und in Buckeln getrieben, die mit ihren Spitzen in die Zwischen-
räume der folgenden Buckelreihe eingreifen. Die bessere Arbeit und
Vergoldung der einen Hälfte zeigen, daß sie von älterer Arbeit als die
15
198 Museum für Kunst und Gewerbe.
andere; sie trägt neben dem Beschaustempel von Nürnberg das Meister-
zeichen des von 1588 —1617 daselbst tätigen Goldschmiedes Hanns
Weber und eine Repunze des K. K. Filialpunzierungsamtes Brünn für
die Jahre 1806—7. Die jüngere Hälfte trägt einen Stempel, der in ihr
eine Wiener Arbeit der zwanziger Jahre des 18. Jahrhunderts ver-
muten läßt.
Mehrere Riechbüchschen holsteinischer oder schleswigscher
Herkunft ergänzen unsere Sammlung dieser kleinen von der Mitte des
18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts in allen Werkstätten der Land-
städte, wo (Goldschmiede ansässig waren, in großer Zahl angefertigten
und den Wandelungen des Geschmackes vom Laub- und Bandelwerk zum
Rokoko und antikisierendem Ornament folgenden Gefäße des Handgebrauches
der Frauen. Für die ältere Zeit läßt sich die Herkunft oft durch das
dem Wappen der Städte entsprechende Beschauzeichen oder durch ver-
bürgte Meisterzeichen bestimmen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahr-
hunderts werden die Beschauzeichen aber vielfach unzuverlässig. In
manchen kleinen Ortschaften hörten die Goldschmiede auf, andere als
Ausbesserungsarbeiten zu machen und begenügten sich mit dem Verkauf
der aus den Fabriken bezogenen Sachen. Um der immer noch bestehenden
Nachfrage nach Riechbüchschen in der landesüblichen Form und Verzierung,
die nicht für alle Gegenden die gleiche war, zu genügen, wurden Be-
stellungen auf Riechbüchschen von den der eigenen Arbeit nicht mehr
fähigen Goldschmieden an gewisse größere Werkstätten, z. B. in Itzehoe,
übermittelt, die dann nicht nur den Geschmack der Besteller befriedigten,
sondern auch anstatt des Beschauzeichens ihres Wohnortes das alte
Beschauzeichen des Ortes aufschlugen, aus dem die Bestellung eingegangen
war. Man wird den in den Sammlungen angehäuften oder im Handel
schwimmenden Bestand an Riechbüchschen mit Rücksicht auf jene Tat-
sachen nachzuprüfen haben.
Angekauft wurde ferner eine in schwerem Silber mit reichem Rokoko-
dekor getriebene englische Kaffeekanne aus dem Jahre 1762. Sie ist
bezeichnet mit den damals gesetzlich vorgeschriebenen 4 Stempeln, dem
schreitenden Löwen als Staatszeichen, dem gekrönten Leopardenkopf als
Beschauzeichen, dem Jahresbuchstaben G (für 1762) und dem Meister-
zeichen J. P. Dieses sagt uns, daß sie ein Werk des Londoner Gold-
schmiedes John Payne, der 1750 in die Zunft eintrat. Auf jeder Seite
der Kanne ist in einer Kartusche ein Wappen graviert, das als dasjenige
eines Zweiges der Familie Brougham bestimmt werden Konnte.
Endlich sind noch zu erwähnen ein Paar silberne Leuchter von
italienischer Arbeit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Sie
dienten ein Jahrhundert lang als Leuchter auf dem Hausaltar einer in
Livorno ansässieen Familie Dugi. Ein Beschauzeichen fehlt; über das
gr
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 1939
Meisterzeichen F. B. hat sich nichts ermitteln lassen. Die deutsche
Literatur läßt in dieser Hinsicht noch alles zu wünschen.
Hamburgische Silberarbeiten.
Unsern Besitz alter hamburgischer Edelschmiedearbeiten zu mehren.
ist durch einige Schenkungen sehr erfreulich gelungen. Eine vergoldete
Schraubflasche schenkte Herr Jacques Seligmann in Paris. Außer dem
Beschauzeichen Ham-
burgs ist sie mit einem
Meisterzeichen gestem-
pelt, das wir auf den
in den Jahren 1664 bis
1711 hier nachweis-
barenGoldschmied Jür-
sen Richels beziehen.
Die hier abgebildete
Flasche hat sechspas-
sigen Grundriß; oben
und unten sind die
sechs gewölbten Wan-
dungsflächen mit ge-
triebenen Masken im
Ohrmuschelstil ver-
ziert, und die ovalen
glatten Felder in sehr
zartem Punzenstich mit
‚großen Blumen, Adlern
oder einem Schwan.
DerVerschluß geschieht
durch einen dicht schlie-
benden Einschubdeckel
und einen Überschraub-
deckel, an dem mit
starkem Scharnier der
bewegliche Griff be-
festist. Nach den Ohr-
muschelformen des Or-
naments dürfen wir die
Anfertigung dieses Ge-
fäßes in den Anfang
der Tätigkeit des Jür-
- Schraubflasche aus vergoldetem Silber,
gen Richels versetzen. hamburgische Arbeit von ca. 1670. Höhe 14,5 em.
15*
200 Museum für Kunst und Gewerbe.
Ein aus der Schenkung der Frau Minna Nonnenkamp, geb. Hinrichs,
angekaufter silberner Löffel erinnert, obwohl durch das Beschauzeichen
als hamburgische Arbeit verbürgt, an gewisse holländische Silberlöffel der
ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Der Stiel
besteht aus zwei flach gewundenen, mit Knötchen
besetzten Ästen, die mit einer Ohrmuschelmaske an
der Laffe haften und als Abschluß zwei stehende, sich
umschlungen haltende Figuren in antiker Kleidung
traxen. An der Laffe innen graviertes Blattwerk
und außen der Name Lisabeth Groepels 1637.
Neben dem hamburgischen Beschau ist eine Meister-
marke mit Halbmond und Stern eingeschlagen, die
noch nicht mit einem der für jene Zeit in Ham-
burg nachgewiesenen Goldschmiede hat verknüpft
werden können.
Ebenfalls hamburgische Arbeit ist der sil-
berne Bügel einer rotsammetnen Gürteltasche,
die Fräulein Martha Robenow geschenkt hat. Die
glatten Schauflächen des Bügels und des Hakens
zu seiner Befestigung am Gürtel sind mit graviertem
Laub- und Bandelwerk verziert. Auf der Unter-
seite des Bügels sind neben der Jahrzahl 1762
und dem Besitzernamen ER das hamburgische
Beschauzeichen mit dem .‚Jahresbuchstaben y und
ein Meisterstempel eingeschlagen, der auf den
hiesigen, für die Jahre 1753 bis 67 nachgewiesenen
Goldschmied Hieronymus Hartkopf zu be-
ziehen ist.
Ein Glanzstück hamburgischer Edelschmiede-
Silberner Löffel,
hamburgische Arbeit von 1637.
Länge 19,8 cm. kunst ist die hier abgebildete ovale Suppen-
terrine mit ihrem nach französischem Brauch
in der Mitte aufsteigenden Untersatz; Herr Ludwig Sanders hat sie der
Sammlung geschenkt. Das Ornament tritt in diesem um die Wende des
18. Jahrhunderts angefertigten Gefäß zurück; die schöne Form wird Haupt-
sache, und die polierten Flächen erheben ihren spiegelnden Glanz zu
voller Wirkung. Schnüre aus polierten Silberperlen gliedern mit ihren
Lichtpunkten, die aus den Schattenpartien hervorblitzen, die Flächen,
und die Randeinfassung des Deckels aus auf die Kante gestellten runden
Scheibehen bietet ähnliche Wirkung von Glanzlicht und tiefem Schatten.
Abgesehen von den Füßchen des Untersatzes, den Henkeln und dem
Deckelknauf, spricht der ornamentale Geschmack der Zeit um die Wende
des 18..Jahrhunderts nur aus dem schmalen Akanthusfries, der durchbrochen
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 201
gegossen und mit Nieten auf dem Gefäßkörper befestigt ist. Diesem für
den Gebrauch eine glatte Innenfläche zu geben, dient ein schlichter, mit
zwei kleinen Griffen versehener Einsatz, dessen innere Fläche im Feuer
ebenso wie die Unterfläche des Deckels vergoldet ist. Das hamburgische
reg Terteer u ererererrnE
EEE NIIT
Silberne Suppenterrine, hamburgische Arbeit von ca. 1800.
Höhe mit Untersatz 36 em. Platte 49 zu 39 em.
jeschauzeichen hat den Jahresbuchstaben N im offenen Tor und ein Meister-
zeichen aus I. H. Dies ist zu deuten auf Johann Hueß, der vom 30. März
1768 bis zum Jahr 1802 Meister im Amte war und resignierte, um am 21. Juni
1802 seinem Sohn Christoffer Bernhard Hueß die Werkstatt zu übergeben.
Eine silberne Taufkumme nebst Unterteller gibt durch die ein-
punktierte Jahrzahl 1801 zugleich mit dem N im Tor der Burg des ham-
burgischen Beschaustempels annähernd die Entstehungszeit sowohl dieses
(sefäßes wie der vorerwähnten Terrine. Die glatten Flächen sind in der
damals beliebten Weise durch gravierte Linien und Meißelhiebe verziert,
die sich zu Sternrosetten, Blattornamenten und Zackenbogen verbinden.
Schmuck.
Das verflossene Jahr bot Gelegenheit, auf weit voneinander ent-
legenen Gebieten die Sammlung von Schmucksachen zu vervollständigen:
202 Museum für Kunst und Gewerbe.
aus vorgeschichtlicher Zeit wurden zwei bronzene Halsringe, aus jüngerer
Zeit Schmuckstücke der russischen Ostseeprovinzen und nordwestdeutscher
(Gebiete, zumeist des westfälischen, erworben, und dank einem Vermächt-
nisse konnte ein Paar wertvoller goldener Armbänder vom Beeinn des
17. Jahrhunderts angekauft werden.
Gefunden ist der eine der bronzenen Halsringe auf einem Acker
zu Örevese in der Altmark; er ist ein tadellos erhaltenes, schönes Bei-
spiel eines Wendelringes aus der jüngeren Bronzezeit. Die seltsame
(Gestalt dieser Schmuckstücke hat bekanntlich sehr verschiedene technische
Erklärungen gefunden. Unser scharfkantiger „Torques“ ist in acht Ab-
sätzen abwechselnd nach rechts und nach links gedreht: die Enden be-
stehen aus einem kleinen knopfförmigen Haken zum Zusammenhalten des
um den Hals gelegten Ringes. Der andere Ring, der La Tene-Periode
angehörig, wurde bei Apenrade im Moor gefunden. Er entspricht dem
Typ der sog. „Kronenringe“, ist mit einem Scharnier versehen und
verschließbar mittels eines, am stumpfen Ende der einen Hälfte vor-
springenden Dornes, der in ein Loch des anderen Endes eingreift. Das
Scharnier besteht aus einer kreisrunden Platte mit einem Loch in der
Mitte, in das das umgebogene Ende der andern Ringhälfte eingreift.
Scharnier und Verschluß liegen sich gegenüber. Der Ring hat kreisrunden
Querschnitt und auf der Oberseite Linienverzierungen.
Bisher war der Bauernschmuck der russischen Ostsee-
provinzen nur vertreten durch eine große silberne Mantelschließe, die
vor Jahren bei der Versteigerung des hambnurgischen Sammlers Herrn
L. Würzburg erstanden wurde und von diesem in der Gegend von Riga
erworben war. Diese 12 cm im Durchmesser große Schließe hat noch
mittelalterlichen Typus. Auf der runden leicht gewölbten, am Rande mit
herzförmigen Durchbrechungen verzierten Scheibe sind fünf fingerhut-
förmige glatte Buckeln befestigt und zwischen diesen in strahliger An-
ordnung fünf gotische Krönchen; im Kreisrunden Ausschnitt ist der breite,
sekrümmte Dorn beweglich angebracht. Auf der Unterfläche ist der
Name eines Besitzers „Dwesel Peter“ eingraviert.
Verwandten Typus zeigt eme als Geschenk des Herrn Otto August
Ernst hinzugekommene Mantelschließe von 17 cm Durchmesser aus
vergoldetem Gelbmetall und Kupfer. Die flache Scheibe ist rosetten-
förmig ausgeschnitten, durch starke Drähte in strahliger Anordnung und
als Randeinfassung versteift und in drei konzentrischen Kreisen mit ver-
schiedenen Zierstücken besetzt. Im äußeren Kreis wechseln fingerhut-
förmige Buckeln mit hochgestielten Blumen aus rotem Glas in flach aus-
gebreiteten gebuckelten Kelchen; der mittlere Kreis besteht nur aus acht
solchen hochgestielten Blumen, und im inneren Kreis wechseln solche
kleinere Blumen mit hochgestielten flachen Blumen ohne Glas; ein flacher
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 2053
beweglicher Dorn überspannt die Öffnung inmitten der Scheibe. Diese
Riesenschließe stammt aus Kurland, wo solche Schmuckstücke mit einem
aus dem Deutschen in die lettische Sprache übernommenen Worte Breeze
senannt werden. Sie dienen den lettischen Bauerfrauen, um den ärmel-
losen, weißen, roteingefaßten Mantel auf der Brust zu schließen. Als
Ort ihrer Anfertigung wird das Städtchen Banske an der Aa, südlich von
Riga, genannt. Dort saßen viele Goldschmiede, die sich mit der Her-
stellung solchen Schmuckes beschäftigten und ihre Ware auch auf kur-
ländischen Jahrmärkten oder als umherziehende Händler im Lande ver-
trieben. Selten sind die kurländischen Breezen aus Silber gearbeitet,
seltener noch mit Beschau- und Meisterstempeln versehen.
Von ähnlichem Typ, jedoch geringerer Arbeit, sind einige kleine
silberne Spangen estländischer Herkunft der Mitte des 19. Jahr-
hunderts, die ebenfalls im Vorjahre erworben wurden. Drahtwerk, das
bei dem skandinavischen und niederdeutschen Bauernschmuck vorwiegt,
fand, nach diesen Beispielen zu urteilen, bei dem Schmuck in den Östsee-
provinzen kaum Verwendung; man begnügte sich mit gehämmerten, ge-
punzten oder auf die Fläche der Spange gelöteten oder genieteten Ver-
zierungen. Die reichste dieser Spangen, deren undeutlicher Stempel die
Jahrzahl 1850 erkennen läßt, ist am rundzackigen Rande mit sechs
Kelchen besetzt, deren Blätter nach innen umgebogen sind.
Der westfälische Bauernschmuck teilt das Schicksal des
deutschen Bauernschmuckes im allgemeinen, in den volkskundlichen Ver-
öffentlichungen und Volkstrachtenbüchern nur ganz oberflächlich abge-
handelt zu werden, obwohl er sowohl durch die in ihm bewahrten alter-
tümlichen Überlieferungen und die merkwürdigen örtlich umgrenzten
Spielarten vielseitiges Interesse bietet. Auch das durch seine prächtigen
farbigen Abbildungen ausgezeichnete „Westfälische Trachtenbuch‘“ von
Dr. Franz Jostes von 1904 widmet dem Schmuck nur unzureichende
Abbildungen und Erläuterungen, die nicht einmal das Alltägliche erschöpfen,
geschweige denn dem Entwicklungsgang gerecht werden. Offenbar fehlte
es in diesen Gebieten noch an wissenschaftlich geordneten und mit
sicheren Herkunftsangaben versehenen Sammlungen des alten Schmucks.
Von den silbernen Hemdspangen wird gesagt, sie schienen außerhalb
Schaumburg und Minden-Ravensberg nie in Mode gewesen zu sein, jetzt
auch im Absterben begriffen. Die ohne Ortsbezeichnung als Beispiele
abgebildeten Hemdspangen erschöpfen nun keineswegs den Gegenstand.
Sie zeigen nur die eine Spielart des scheibenförmigen Typs mit dem im
Anschnitt der Mitte beweglichen Dorn, wie solche aus Lübbecke und
Börnighausen im Kreise Lübbecke und aus Herfort in unsere Sammlung
gelangt sind. Der Durchmesser der Scheiben beträgt hier meist nur
6 cm, ihre vergoldete Fläche ist mit lockerem offenen Drahtwerk, farbigen
204 Museum für Kunst und Gewerbe.
Glassteinen, runden gebuckelten oder ovalen facettierten Plättchen belegt.
Sehr nahe stehen sie den Hemdspangen, die im Stader Geestgebiet üblich
sind, während auch die jüngeren vierländischen Spangen dieser Form
und vollends die älteren weit kräftigeres Drahtwerk zeigen. Im Schaum-
burg-Lippeschen war aber noch eine andere Spielart der scheibenförmigen
Fibel im Gebrauch, dieselbe, die deutlich zu erkennen an der reichen
Tracht der Braut und der Brautjungfern im Bilde des Freienhäger
Hochzeitszuges, den Jostes nach einem Aquarell von Joh. Gehrts farbig
abbildet. Diese Fibeln messen bis zu Il cm und darüber; die Scheibe
ist bei ihnen achteckig, außen und innen mit zwei Perlkreisen belegt,
die meist durch Auflötung einer Schnur gegossener Perlen hergestellt
sind. Zwischen diesen Perlkreisen sind auf die leicht gewölbte Fläche
allerlei gegossene oder ausgesägte und ziselierte Verzierungen, z. B. auf
Zweigen sitzende Tauben, sowie je vier große Buchstaben und eine ‚Jahr-
zahl aufgenietet. Eine derartige Spange vom Jahre 1834 mit den Buch-
staben AS und DK kam aus Haste im Kreise Osnabrück, eine von
1838 mit ASMK aus Holzhausen im Kreise Lübbecke, ebendaher eine
vom Jahre 1874 mit ESDG. Ob diese Fibeln in diesen Kreisen von
alters her getragen oder erst durch Übersiedelung oder Erbgang aus dem
Schaumburgischen dahin gelangt sind, bleibt zu ermitteln. Das Trachten-
buch zeigt sie auch an einer jungen Frau auf -dem Kirchgang im Kreise
Rinteln, der früher schaumburgisch war.
Auffällige Schmuckstücke der westfälischen Bäuerinnen sind die
eroßen Halsgeschmeide oder Halsgeschirre, bei denen mit Drahtwerk
und farbigen Glassteinen verzierte Platten oder Schnüre metallener großer
Perlen auf ein breites Band genäht sind, das den Hals eng umschließt;
sie sind eine uns in anderen Gegenden nicht vorgekommene Art des
Halsschmuckes. Bei einem Geschmeide unserer Sammlung aus Häverstädt
im Kreise Minden sind sechs Schilde, die durch siebenmal drei Buckel
untereinander und mit den Hälften des Kastenschlosses verbunden sind,
auf Sammetband genäht. Bei einem Halsgeschirr aus der Mindener
Gegend sind neun Schnüre großer Silberperlen auf befransten schwarzen
Stoff genäht. Bei einem dritten aus Hummelbeck, am Wege von Minden
nach Lübbecke, sind zwei Reihen von je zwanzig tonnenförmigen Silber-
perlen auf Sammet befestigt; jedes Tönnchen ist mit drei Reifen aus einer
vergoldeten Perlenschnur verziert. Ein viertes Geschmeide aus Häver-
städt im Kreise Minden zeigt vier Reihen von je achtzehn auf schwarzen
Sammet genähten facettierten länglichen Silberperlen. Die Schlösser, die
beim Umlegen dieser Geschmeide vorn sichtbar bleiben, sind mit Silber-
drahtwerk und meist auch farbigen Glassteinen wirkungsvoll verziert,
stehen aber, wie alle Schmucksachen dieser Herkunft, an Güte der Arbeit
zurück hinter den gleichzeitigen Filigranarbeiten des Alten Landes und
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 205
der Vierlande; sie erinnern im gewissen Sinne an Theaterschmuck, sind
aber in Verbindung mit der farbenreichen Festkleidung von prächtiger
Wirkung. Die großen Bernsteinketten, sog. „Krallen“, die in denselben
Gebieten beliebt waren, unterscheiden sich von den Bernsteinketten des
Alten Landes dadurch, daß diese aus knolligen wachsfarbenen Perlen
bestehen, während im Westfälischen durchsichtige, fazettierte Bernstein-
perlen vorgezogen wurden. Das führte dann wieder dazu, vergoldete
fazettierte Silberperlen von Nußgröße die Stelle des Bernsteins vertreten
zu lassen. Ohrringe, Fingerringe und andere Schmuckstücke derselben
Gegend sind ähnlich verziert. Ob irgend etwas von solchem Schmuck
aus dem Westfälischen noch ins 18. Jahrhundert zurückreicht, bleibt frag-
lich. Im Westfälischen war es, abgesehen von Jahrzahlen auf den großen
schaumburgischen Silberschließen, nicht üblich, die einzelnen Schmuckstücke
mit Namen und Daten zu versehen, wie es an den Ufern der Niederelbe
Brauch war.
Die beiden schon erwähnten goldenen Armbänder wurden ange-
kauft aus dem Vermächtnis des Herrn J. Ph. H. Kalkmann. Zu Güßwitz
in Thüringen sind sie bei einer Ziegelei in einer Tonschicht gefunden
worden, nähere Umstände des Fundes waren nicht zu erkunden. Sie sind
völlig gleich, entsprechend der durch Frauenbildnisse der Zeit um 1600
bezeugten Mode, zwei Armbänder von gleicher Arbeit, eines an jedem
Unterarm über dem Handgelenk zu tragen. Die Ketten bestehen aus
gewundenen Gliedern, die so ineinander gereiht sind, daß jedes Glied
nicht in das nächste, sondern in das übernächste eingezogen ist, wodurch
die Glieder dicht aneinander schließen. Die einzelnen Glieder sind aus
starkem Golddraht gebogen und verlötet. Geschlossen werden die Arm-
bänder durch Kastenschlösser, in die elastische Zungen eingreifen; sie
lassen sich nur öffnen mittels einer in Löcher des Kastens eingeführten
Nadel. Mit der Kette sind die beiden Schloßteile verbunden durch zwei
an Scharnieren bewegliche Ansatzstücke, an die je zwei Ringteile ange-
lötet sind, wodurch die Kette bis an das Schloß hinan ihren Zusammen-
hang behält. Auf den rechteckigen Platten der Schloßkasten sind je zwei
Wappen in farbigem, teilweis durchscheinendem Grubenschmelz ausgeführt.
Das Manneswappen mit einem aufrechten schwarzen Bären in rotem trans-
luziden Grund in 1 und 4 und einem weißen Lamm mit der Siegesfahne
in grünem transluziden Grund in 2 und 3 wurde erkannt als das Wappen
der regensburgischen Familie Miller. Das Frauenwappen zeigt oben
einen schreitenden gelben Löwen in weißem Feld, unten eine gelbe Rose
in weißem Feld, dazwischen einen blau und gelb geschachten Balken;
bestimmen ließ es sich nicht. Die Schmelzflächen sind mit feinen Gold-
linien umrändert, wodurch der Anschein erweckt wird, als liege Zellen-
schmelz vor. Ausgesprungene Stellen zeigen jedoch, daß hier eine Gold-
206 Museum für Kunst und Gewerbe.
platte unter Stehenlassen der Umrißlinien abgemeißelt ist. Um 1600
dürften diese Armbänder in einer süddeutschen Werkstatt angefertigt
sein. Sicherer wird sich die Zeit ihrer Herstellung erst durch urkund-
lichen Nachweis des Heiratsjahres der Wappenträger ergeben.
Bronzene Grabplatten.
Vom 16. bis 18. Jahrhundert war in den kunstreichen Städten Süd-
dentschlands Brauch, die liegenden Grabsteine mit bronzenen Gedenkplatten
zu schmücken, wie solche auf dem Johannis- Friedhof zu Nürnberg in
eroßer Zahl noch heute zu sehen, trotzdem manche, von denen ältere
Berichte vermelden, im Lauf der Jahre verschwunden sind. Hoffentlich
eelingt es der von Jahr zu Jahr erstarkenden Heimatschutzbewegung, die
Friedhöfe vor weiteren Beraubungen zu schützen, und der Gesetzgebung
über den Denkmalschutz, die bronzenen und anderen alten Kunstwerke
auf öffentlichen Friedhöfen dem privaten Verfürungsrecht der Grabstellen-
inhaber ein für allemal zu entziehen. Solange dies nicht geschehen ist,
wird man sich nicht wundern dürfen, wenn bronzene Grabplatten im
Handel auftauchen, und wird man es immer noch als einen Vorzug erachten,
wenn diese Platten, anstatt, wie früher wohl häufig geschehen, zur Ver-
wertung des Metalles in die Schmelzgrube zu wandern, in öffentliche
Sammlungen «erettet werden. Aus dem Handel erwarben wir dank der
Stiftung der Frau Minna Nonnenkamp, geb. Hinrichs, zwei bronzene Grab-
platten, die einst auf dem Johannis-Friedhof zu Ansbach sich befanden.
Die eine dieser Platten, die wir hier abbilden, trägt in schön geformter
Fraktur, die sich vom vertieften Grunde kräftig abhebt, die lange Inschrift:
„Hier ruhet weyland Herr Johann Schertzer, Fürstl. Brandenburg.
unnd E. E. Landschafft Ober-Einnehmer, auch ältister Bürgermeister
unnd Kirchen-Pfleger allhie zue Onoltzbach, Welcher gebohren zue
Waltershofft im Jahr Christi 1599, den 12 Jan. unnd allhier in
(Gott seelig verschiden, den 23 Martü 1671. Seines Alters 72 Jahr
> Monat unnd XI Tage. Dessen Seele Gott genade!“
Dann „Leich-Text Joh. 5. vers 24* und darunter in kleinerer Schrift
dieser Text selbst. In dem von den Flügeln des Cherubs umfaßten Schilde
das Schertzersche Wappen.
Auf dem Grabstein der Frau dieses ansbachischen Bürgermeisters
lag die zweite, jener in der reichen, schön gezierten Fraktur ähnliche
Bronzeplatte. Die Inschrift lautet:
„Hier ruhet weiland Frau Anna Margaretha Scherzerin, Herren
Christoff Arnschwangers, gewesenen ältern Bürgermeisters zu Crails-
heim mit Frauen Maria Beegin im Jahr Christi 1603 den 20 May
nachmittag um 2 uhren ehelich erzielte Tochter, welche sich mit
Herren Johann Scherzern gewesenen Hochfürstl. Brandenb. und
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 207
E.E. Landschafft Ober-Einnehmern auchältesten Bürgermeisternallhier
in Onolzbach den 7 Aprilis 1624 verehlichet und in wehrendem 47jähri-
gen Ehestande mit demselben 20 Kinder alss 11 Söhne und 9 Töchter
erzeugt und nach ihrem 10jährigem Wittibstande den 11 Aprilis 1681
Bronzene Grabplatte aus dem Jahre 1671, aus Ansbach. Höhe 51 cm.
nachts 4 vor 12 uhren allhier in ihrem Erlöser sanfft und seelig ver-
enden Ihres Alters 78.Jahr weniger5Wochen, 3Tage 14 und 1Stunde“.
Zum Schlusse auch hier der Leichentext nach Psalm 73, Vers 25
und 26: „Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und
208 Museum für Kunst und Gewerbe.
Erde usw.“ Über der Schrifttafel das Wappen der Frau. In der
Umrahmung ist eine kleine Schrifttafel angebracht mit den Buchstaben
H. W. H., hinter denen der Name des Gießers wohl zu suchen ist. Viel-
leicht sind sie zu deuten auf den in der zweiten Hälfte des 17. Jahr-
hunderts in Nürnberg tätigen Rotschmied Wolf Hieronymus Herold.
Siegelstempel deutscher Handwerksämter.
Über den älteren Bestand unserer Sammlung deutscher Zunft-
petschafte haben wir im Bericht für das Jahr 1904, über einige gelegent-
liche Ergänzungen in den ‚Jahresberichten für 1906 und 1907 berichtet.
Das verflossene Jahr bot nun Gelegenheit zu mancherlei Erwerbungen
durch die Versteigerung, welche das Nordische Museum zu Stockholm von
seinen deutschen Handwerksaltertümern in Cöln abhalten ließ. Der
Schöpfer des großartigen Nordischen Museums in der schwedischen Haupt-
stadt, Dr. Arthur Hazelius, hatte, als ihm vielfache Beziehungen des
skandinavischen Handwerks zu den deutschen Zünften aufgefallen waren,
auf seinen Einkaufsreisen in Deutschland Zunftaltertümer in großer Zahl
angekauft, zu einer Zeit, als sie in Deutschland selbst, da die stadt-
geschichtlichen Museen kaum im Entstehen waren, noch um ein Geringes
zu haben waren. Als nun vor einigen Jahren der große Neubau des
Nordischen Museums seiner Vollendung entgegenging und man die Ordnung
der von Hazelius mit vielem Geschick, aber etwas uferlos zusammen-
geralften, kaum übersehbaren Altertümer bedachte, erkannte man, daß
eine Beschränkung des Museums auf die skandinavische Kultur vorzuziehen
sei dem Hinübergreifen auf, wenn auch jener naheliegende, so doch ganz
selbständige Kulturgebiete. Man entschloß sich nun, die deutschen Hand-
werksaltertümer abzustoßen, und bot, indem dies auf dem deutschen Markte
geschah, vielen deutschen Museen Gelegenheit, sich Handwerksaltertümer
wieder zu sichern, die nie hätten Deutschland verlassen sollen. Für unser
Kunstgewerbemuseum kamen nur Handwerkssiegel in Betracht, durch die
Lücken in der Vertretung möglichst aller Gewerke in dieser für die Wappen-
kunst und die Handwerksgeschichte des 16. bis 18. Jahrhunderts wichtigen
Abteilung auszufüllen waren. Angekauft wurden u. a. das Siegel des „Ganz
ersamen Handwerks“ der Weber „in der fürstlichen Hauptstadt Graz“
mit der Jahrzahl 1649, die aber, wie in den meisten Fällen der Daten
auf Siegeln, nicht das Jahr der Anfertigung zu bezeichnen braucht, sondern
sich auf die Gewährung von Zunftsatzungen oder andere Vorkommnisse
beziehen mag. Ferner das Siegel der Schmiede und Wagner zu Griesbach
in Niederbayern vom Jahre 1653; das der Leineweber zu Manse im
Regierungsbezirk Breslau vom Jahre 1661; das der Schreiner in Gunzen-
hausen in Mittelfranken vom ‚Jahre 1678, der Hafner zu Lindau vom
Jahre 1795. In diesem ersten Hafnersiegel der Sammlung sind als Erzeugnisse
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 209
des Gewerbes dargestellt ein Pyramidenofen im Stil Ludwigs XVI., auf
dem diesen mit dem Feuerloch verbindenden Gemäuer eine Kanne mit
sewundenen Rundfalten und neben dem Ofen eine Vase auf einer Konsole.
Einige Petschafte aus kleinen Ortschaften zeigen, wie nicht zusammengehörige
Gewerbe bisweilen zünftig verbunden ein gemeinsames Siegel führten; so
waren zu Dirwang (Dürrwangen) in Mittelfranken die Schmiede und Waener
mit den Schreinern, Büttnern und Zieglern verbunden und zu Lichtenau,
ebenfalls in Mittelfranken, die Drechsler mit den Glasern und Hafnern
vereinigt.
Hinzu kamen durch gelegentliche Käufe das Amtssiegel der Seiler
zu Artern im Kreise Sangerhausen mit der Umschrift: „Wir Meister
daes Seiler-Handwercks in Artern 1679“, der Schmiede zu Tessin in
Mecklenburg mit der Jahrzalıl 1754, das „Bötgerampts Insigel in Buxte-
hude“ von 1750, das Petschaft der Zimmerleute in Glückstadt von 1637
mit der Fortuna aus dem redenden Stadtwappen. Endlich als Geschenk
des Herrn Franz Rompel das Petschaft des „Löblichen Zimmer-Handwerks
zu Rotenburg ob der Tauber“, als Geschenk des Herrn Paul Trummer
das Petschaft der Schneider in Holstain (Mähren), beide aus dem 17. Jahr-
hundert.
Verschiedenes abendländischen Ursprungs.
Eine Muschelkamee von italienischer Arbeit des 16. Jahrhunderts
schenkte Herr Walter Elkan. Auf der eewölbten Platte aus dem Gehäuse
der Cassis Öameo hebt sich das aus der weißen Schicht geschnittene Relief
von der blaugrauen Unterschicht ab. Dargestellt ist eine Entbindung.
Die Wehmutter sitzt, dem Beschauer zugewendet, auf einem Stuhle, unter-
stützt von zwei ihre Schultern umfassenden Frauen; mit dem linken Arm
stemmt sie sich auf einen Krückstock, während sie den rechten ausstreckt.
Vor ihr sitzt auf niedrigem Stuhl, den Rücken zum Beschauer gewendet,
die Hebamme, im Begriff, unter den Röcken der Wehmutter die Geburt
zu befördern. Eine Darstellung kleineren Maßstabes im Hintergrunde,
die eine Wiege mit einem Schlangen an sich pressenden Kinde zeigt,
sowie die Beischriften „Arcule* und „Lucina - Almena“ erheben die rea-
listische Darstellung zu höherer Bedeutung. Der Vorgang stellt die
Geburt des Herkules dar. Seiner Mutter Alkmene wird dabei von
Lueina, der Geburtsgöttin, Hilfe geleistet. Sie hatte die Entbindung
besonders schwer auskosten müssen, weil die eifersüchtige Hera ihr sieben
Tage lang die Hilfe der Geburtsgöttin versagte. Wahrscheinlich geht das
sehr gut geschnittene Relief auf einen italienischen Stich zurück. Wir
haben diesen nicht ermitteln können, aber eine sehr nahestehende Zeich-
nung im Gegensinne in einem Holzschnitt zu der Steynerschen Ausgabe
von Cicero de officiis 1531 gefunden, der in Peters „Arzt in der Heil-
210 Museum für Kunst und Gewerbe.
kunst“ (Monographien zur deutschen Kulturgeschichte) wiedergegeben ist.
Dort kniet die Hebamme, fehlt auch der Krückstock und der Hinweis
auf die Geburt des Herkules. Unsere Kamee ist in vergoldetes Gelbmetall
schlicht gefaßt mit einem festen Ring zum Durchziehen einer Schnur,
vielleicht damit sie bei Kindesnöten als Amulet am Hals getragen werden
konnte.
Dankend zu erwähnen ist hier auch ein Geschenk des Herrn C. F.
W. Jantzen und seiner Schwester, die dem Museum eine künstliche
Drechslerarbeit ihres Vaters, des Herrn J. C. F. Jantzen, gewidmet
haben, die im Jahre 1834 von der Hamburgischen Gesellschaft zur Be-
förderung der Künste und nützlichen Gewerbe mit der goldenen Medaille
ausgezeichnet worden ist. Später stand diese Drechslerarbeit, eine aus
einer kleinen Vase auf hohem und in der Weise der künstlichen Drechsler-
arbeiten des 18. Jahrhunderts mannigfach seltsam gegliedertem Stiel er-
blühende Passionsblume, die mit ihrem Stengel aus einem Stück Elfenbein
gefertigt ist, lange ‚Jahre, wie den älteren Hamburgern erinnerlich sein
wird, im Schaufenster des Jantzenschen Ladens auf dem Altenwall, ihrer
schwierigen und zierlichen Arbeit wegen von den Vorübergehenden oft
bewundert.
Nur wenige neuzeitige Werke wurden dem seit den Pariser Ankäufen
von 1900 durch gelegentliche Ankäufe angesammelten Bestand hinzu-
gefügt, der, wenn er umfang- und inhaltreich genug geworden, den Grund-
stock bilden wird zu einer Sammlung, die im Anschluß an den Pariser
Saal die fortschreitende Entwicklung des Geschmackes und der Technik
seit der Weltausstellung von 1900 in ausgewählten Beispielen vorführen
soll. In diesem Sinne wurden zwei gegossene Bronzemedaillons des jungen
englischen, in Paris lebenden Bildhauers T. Spicer-Simson angekauft,
das eine mit dem Bildnis des englischen Malers George Frederick
Watts aus dem Jahre 1904, das andere mit dem Bildnis der jungen
Louise Strong-Hammond aus dem Jahre 1906.
China.
Im vorjährigen Bericht haben wir eine Übersicht unseres Wissens
von den grünglasierten Töpferarbeiten der Han-Zeit gegeben. Ein
Beispiel der dort schon nach der Beschreibung in Berthold Laufers Werk
„Chinese Pottery of the Han Dynasty“ erwähnten Nachbildungen walzen-
förmiger, mit Ziegeln gedeckter Kornspeicher wurde im Vorjahre hinzu-
gefügt.
Die Ausgrabungen in China haben in den letzten Jahren außer jenen
meist grünglasierten Irdenwaren der Zeit der Han-Dynastie eine Fülle
mannigfachster keramischer Erzeugnisse auf den Markt gebracht, über
deren Entstehungszeit die Ansichten um viele Jahrhunderte schwanken.
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. Dajal
Mit allen Vorbehalten wird man die Angaben des Handels und der Sammler
zu prüfen haben, und geben auch wir hier annähernde Daten für das Alter
einiger aus chinesischen Grabfunden in unseren Besitz gelangten Stücke.
Alle reichen sie zurück in eine Zeit oder vertreten doch eine Technik,
die den Porzellanton noch nicht zu einem durchscheinenden Scherben zu
verarbeiten und zu brennen verstand. Der porzellanartig hart gebrannte
Ton ist bald mit harter, weißlicher oder gelblich durchscheinender Glasur
überschmolzen, oder die Glasur zeigt verschwimmende zartblaue Töne
oder purpurnen Anhauch, der sich bei den seltensten und kostbarsten
Stücken zu dem tiefsten Purpurrot steigert. Was von dahin gehörigen
Töpferarbeiten im Handel vorkommt, wird bald den Zeiten der Sung-
Dynastie, bald denen der Tang- oder Yuan-Dynastie zugeteilt, im anderen
Fällen für weit jüngere Arbeit im alten Stil erklärt, in den meisten Fällen
dort wie hier ohne sichere Begründung.
Von den altchinesischen Töpferarbeiten dieser Art heben wir daher
hier nur zwei hervor, die besonderen Anspruch auf Beachtung haben.
Die eine ist ein kugeliger Napf, dessen Form an die buddhistischen
Opferschalen (jap. Dohachi) erinnert. Der Scherben ist dunkelgrau,
nieht sehr hart gebrannt. Von dünner, grünlicher Glasur nur schwache
Spuren und silberig schimmernde Reste. Unter dem flach gewölbten Boden
ein dreifacher Kreis aus spitz-eiförmigen, den Lotosblütenblättern ähnlichen
Blättern, davon 12 im inneren Kreise, 21 im mittleren und ebensoviel im
äußeren stehen. Die gebauchte Wölbung ist ringsum mit länglichen Warzen
besetzt, die in 10 Reihen das Gefäß umgürten. Am kurzen, etwas ein-
gezogenen, gerade aufgerichteten Hals erhabene Querlinien, die an vier
Stellen durch senkrechte Iinien gitterartig gekreuzt werden. Gußnähte
lassen erkennen, daß dieser 7,3 cm hohe, 11 cm breite Napf aus zwei-
teiliger Form gewonnen ist. Auffällig ist seine Verwandtschaft mit
gewissen spätgriechischen Schalen aus Megara. Griechische Erinnerungen,
die mit dem Buddhismus nach Indien kamen, möchte man hier mit aller
Vorsicht vor voreiligen Schlüssen vermuten.
Das andere Stück ist die nur 7,5 cm hohe Figur eines Büffels
aus sehr harter porzellanartiger, aber nicht durchscheinender Masse und
überschmolzen mit milchweißer harter Glasur, welche die Füße des Tieres
und die Standplatte freiläßt. Ungeachtet der wenig detaillierten Aus-
führung ist dieser kleine Büffel im seiner stumpfsinnigen Plumpheit auf
das natürlichste wiedergegeben. Nahe liegt, ihn in die Zeit der Sung-
Dynastie zu versetzen.
Angekauft wurden ferner eine bauchige Flasche mit trichterförmiger
Mündung und lebhaft blauer Glasur der Zeit des Kaisers Yungcheng
(1723—36). Auf ein Original der Sung-Zeit zurück geht eine flache Schale,
die durch das Nienhao des Kaisers Kienlung sich als ein Werk des
212 Museum für Kunst und Gewerbe.
18. Jahrhunderts bekennt. Sie hat die Gestalt einer großen, der Länge
nach durchschnittenen Pfirsich an einem mit Blättern und einer kleinen
Frucht bewachsenen Zweige und ist gleichmäßig überflossen mit hell-
grünlichgrauer Glasur, die an den Rändern hie und da ein saftiges Braun
zutage treten läßt. Mit dem Nienhao des Kaisers Kienlung (1736—96)
ist auch bezeichnet eine von Herrn Major Voitus geschenkte Schale; deren
Außenfläche ist ganz gedeckt mit zitronengelber Glasur, in die wurm-
förmiges Geranke geritzt ist; ein Blütenzweig in den Farben der „rosen-
roten Familie“ ist über die gelbe Glasur gemalt.
Als erstes Beispiel alter chinesischer Lackarbeit wurde ein
Kasten angekauft, dessen aus dünnen Brettern gefügte Wände wie der
Klappdeckel in tiefbraunem Lackgrunde mit symmetrischem, in Lotos-
blüten auswachsendem Geranke aus vielfarbig schimmernder Perlmutter
eingelegt sind. Kleine Spangen aus Gelbmetall an den Kanten und Ecken
halten den Kasten zusammen, dessen an zwei Scharnieren beweglicher
Klappdeckel durch ein vorgelegtes Schloß verschlossen werden kann. Das
14.—15. ‚Jahrhundert wird
als die Zeit der Anfertigung
solcher Lackarbeiten ange-
nommen.
Wir können einerseits
Einflüsse der chinesischen
auf die koreanische Töp-
ferkunst nachweisen, ander-
seits aus Einwirkungen dieser
auf gewisse Gebiete der
japanischen Töpferkunst zu
Rückschlüssen gelangen auf
die technischen Verfahren
und den Geschmack der
koreanischen Töpfer aus der
Zeit vor dem Eroberungszug
der Japaner nach Korea und
der Übersiedelung koreani-
scher Töpfer nach Japan.
Vieles bleibt aber noch auf-
zuklären. Die hier abgebil-
dete eigenartige Kanne aus
Seladon-Porzellan unter-
scheidet sich durch ihre Ge-
stalt wie durch die Verwen-
Kanne aus Seladon-Porzellan, die Blattränder manganbraun.
Korea. Höhe 28 cm. dung des Manganbraun an
Ankäufe und Schenkungen i. J. 1910. 213
den Blatträndern so auffällig von den uns bekannten chinesischen Sela-
donen, daß wir in ihr ein eigenes Erzeugnis Koreas sehen dürfen.
Sie soll wie so viele der aus Korea auf den europäischen Markt
gebrachten alten Töpferarbeiten einem Grabfund entstammen. Wie
in China seit ältesten Zeiten, gab man in Korea den Bestatteten allerlei
Gebrauchsgefäße mit auf den Weg ins ‚Jenseits, ein Brauch, der in Japan
in historischen Zeiten nicht nachgewiesen ist. Aus zwei Lotosknospen,
einer großen für den Bauch, einer kleinen für den Hals der Kanne, ist
diese gebildet. Die parallele Aderung der Blätter ist durch Ritzung unter
der Glasur angedeutet. An der Einschnürung unter dem Hals stehen
zwei freimodellierte Kinder, Lotosstengel in den Händen; ein Lotosmotiv
auch an der braunen Tülle. (Der Henkel ist ergänzt.)
Koreanischer Herkunft ist auch eine durch Tausch erworbene bauchige
Flasche von steinzeugartiger harter Masse. Die schwarze, braungewölkte
und leicht irisierende Glasur zeigt stellenweis braune, wurmfraßförmige
Narben. An vier Stellen ist die glänzende Überglasur ausgeblieben, indem
man vor ihrem Auftrag trockene Blätter oder blattförmig ausgeschnittene
Papierstücke auf das Gefäß klebte. Diese nun trocken und leicht vertieft
sich darbietenden Blätter sind unregelmäßig gelappt oder kleeblattförmie.
Die Standfläche der Flasche ist ausgehöhlt und läßt zwischen braun-
schwarzen Glasurstreifen die dunkelgraue Masse erkennen. — Eine flache
Dose von 7'/s cm Durchmesser zeigt aufs beste die den Koreaner Töpfern
eigene Mishima-Arbeit; in den hellgraugrünen Glasurgrund hat man
Verzierungen geritzt, diese dann mit weißer oder dunkelgrauer Masse
ausgefüllt. Auf diese Weise ist der Rand des Deckels mit einem Lotos-
blattkranz, der Spiegel mit Chrysanthemumblüten zwischen weißen Ring-
streifen verziert. Ebenso mit schräglaufenden Linienmustern der Umfang
beider Teile der Dose. Unter deren Boden erinnern drei große Trocken-
warzen in der Seladonglasur an das beim Brande solcher Stücke von
den Koreanern angewendete Verfahren.
Herrn Prof. Adolf Fischer, dem Begründer und Leiter des ost-
asiatischen Museums, für das, nachdem es unlängst dem Kunstgewerbe-
Museum zu OCöln angegliedert wurde, nunmehr dort ein eigenes Gebäude er-
richtet wird, verdanken wir interessante koreanische Grabfunde aus
alter Zeit. Der eine Fund enthält u. a. einen bronzenen Spiegel, metallene
Eßstäbchen, Haarschopfnadeln, Knöpfe und Schmuckanhänger, der andere
Metallbeschläge eines hölzernen Sarges(?), verschiedene kleine Geräte,
(slasperlen, Münzen und eine kleine Bronzeschale.
Japan.
Mit der im Januar 1902 in Paris versteigerten Sammlung des Herrn
T. Hayashi, eines in den Kreisen aller Sammler japanischer Kunstsachen
16
214 Museum für Kunst und Gewerbe.
u
wohlangesehenen Kunsthändlers in Paris, gelangten fünf Lack-Inros zum
Verkauf, denen der Katalog die Bemerkung vorausschickt, sie kämen aus
einer unter der Bezeichnung „Gifou inro“, d. h. „Inros von Gifou“, be-
rühmten Sammlung, die vor zweihundert Jahren einem hohen Herrn in der
Provinz Mino, in der die Stadt Gifou lag, gehört hätten. Der „Fürst von
Gifou“ habe Yasutada, dessen Bezeichnung diese Inros tragen, während
mehrerer Jahre in seinem Palaste arbeiten lassen mit dem Auftrage, auf
100 Inros gleichen Modelles ebenso viele verschiedene Vögel darzustellen.
Eines jener fünf Inros, mit tauchenden Enten, wurde in der Versteigerung
für unser Museum erstanden. Im Vorjahre kamen aus dem Nachlasse
des in ‚Japan verstorbenen Herrn Hayashi weitere „Gifou-inro* nach
Europa, von denen Herr Konsul @ıustav Jacoby in Berlin, der schon so
viele ausgezeichnete Gaben unserer japanischen Sammlung widmete, dieser
elf Inros schenkte. Sämtlich zeigen sie in Takamakiye-Lack von Gold-,
Silber- und mehrfarbigem Lack auf schwarzem, zum Teil mit dünnem
Nashiji-Lack überzogenem Lackgrund verschiedene Vögel und blühende
Pflanzen. Wie es bei der großen Zahl unterschiedlicher Vögel und Pflanzen,
die dem Künstler darzustellen aufgetragen war, nicht anders zu erwarten,
entsprechen nicht auf allen Inros die Verbindungen der Vögel mit den
Pflanzen den durch die gefestigte Überlieferung zum eisernen Bestand
der japanischen Kunst erhobenen Doppelmotiven; freier verbinden sich
hier Tier und Pflanze. Chidori-Vögel fliegen über blühender Gampi (Ly-
chnis coronata); ein Schwan schwimmt an einem mit blühender Aster
bestandenen Gestade; neben dem im Sumpfe watenden Aosagi-Reiher
blüht Hinagikiö (Wahlenbergia marginata); Azaleen blühen über Silber-
fasanen; ein Hahn stolziert neben der Sumichiso (Gomphrena globosa);
unter leuchtendrotem Hahnenkamm pickt ein Vögelchen sein Futter.
Woher der Lackkünstler seine Vorwürfe nahm, hat Herr Hara ermittelt.
Wenn nicht alle, so sind jedenfalls viele dieser Vogelbilder zurückzuführen
auf Malereien des berühmten Malers der Kano-Schule, Tsunenobu. Mehrere
der Vorbilder sind wiedergegeben in einem in den Jahren Meiji 26 und 28
(1895 und 1895) in Osaka unter dem Titel: Kano Tsunenobu Kuachö
Guafu, d. h. Blumen und Vogelbilder, gemalt von Kano Tsunenobu, ver-
kleinert von Fukui Gessai, herausgegebenen Buche mit Farbenholzschnitten,
das sich in der Bibliothek des Museums befindet. Die Benutzung der
Malereien eines Meisters. der von 1636 bis 1713 lebte, mag Herrn Hayashi
oder seine Gewährsmänner zu der Annahme geführt haben, daß auch die
Lebenszeit des Koma Yasutada, dessen Namen sämtliche Inros tragen,
in jene Zeit fiel. Daß dies jedoch nicht zutrifft, sondern wir in diesem
einen Lackmeister frühestens aus der Zeit um 1800 zu sehen haben, ist
daraus zu schließen, daß Koma Yasutada für andere Arbeiten seine Vor-
bilder aus der Mangwa des Hokusai entlehnt hat. Einen Lackmeister
Die vierländische Ausstellung. 215
gleichen Namens hat Herr Hara übrigens in der japanischen, zahllose
Namen von Lackkünstlern aufzählenden Literatur vergebens gesucht.
Angekauft wurden fünf gelackte Schälchen von sogenannter
‚Jögahana-Arbeit aus der Provinz Yecchü vom Anfang des 19. Jahr-
hunderts. Auf zinnoberrotem Grund ist in farbigem Lack und „Mitsudasö“
auf jedem dieser gleich großen Schälchen ein Motiv aus einem der Gosekku,
der fünf großen japanischen Jahresfeste, dargestellt. Fliegende Kraniche
hinter der Neujahrskiefer bezeichnen das Nanakusa-Fest des 7. Tages
des 1. Monats, ein Puppenpaar und ein Pfirsichzweig das Mädchenfest
des 3. Tages des 3. Monats, die „Duftkugel“, Kusudama, das Knabenfest
des 5. Tages des 5. Monats, zwei Garnwickel und Papiermaulbeerblätter,
ein Tanzaku und ein Shikishi das Tanabatafest des 7. Tages des 7. Monats,
eine Geschenkdüte, Noshi, mit Chrysanthemumblüten und ein Blattfächer
das Fest der Chrysanthemen vom 9. Tag des 9. Monats.
Die vierländische Ausstellung.
Während nahezu dreier Monate dauerte unsere vierländische Aus-
stellung, die den Hamburgern Blicke eröffnen sollte auf bisher vergrabene
Schätze des Museums, Zeugnisse einer bäuerlichen Geschmackskultur von
einer Höhe, Geschlossenheit und Dauer, wie unseres Wissens sie nirgend
sonst in deutschen Landen nachgewiesen ist. Von der leihweisen Herbei-
schaffung vierländischer Altertümer konnte völlig abgesehen werden, denn
so reich war unser noch stets sich mehrender Besitz an Vierländischem,
daß die Schauhalle und was von Nebenräumen hinzugezogen werden konnte
bei weitem nicht reichte, alles zur Schau zu stellen, konnte doch nicht
einmal eine einzige unserer in den Magazinkellern lagernden eingelegten
Täfelungen gezeigt werden. Mit den Täfelungen und den Möbeln mußten
wir uns beschränken, bei den Stickereien und Trachten war freiere Ent-
faltungz möglich, obwohl auch hiervon viel Gutes noch in den Truhen ver-
bleiben mußte; vom Schmuck wurde nur eine kleine Auslese gezeigt, da
auf die ständig in der Abteilung des Bauernschmuckes sichtbaren vier-
ländischen Sachen verwiesen werden konnte, die übrigens unseren Bestand
keineswegs erschöpfen. Was die Ausstellung aus räumlichen Gründen
nicht bieten konnte, die Täfelungen, das Gerätewesen, die vollständigen
Kleidungen der Frauen, Männer und Kinder in ihrer allen Lebenslagen
angepaßten Mannigfaltigkeit, wurde aber im Bilde veranschaulicht teils
durch die im Besitz des Museums befindlichen, mit der diesem obliegenden
Inventarisation der hamburgischen Kunst- und Altertumsdenkmäler zu-
sammenhängenden Aquarelle Hermann Haases und architektonischen Auf-
nahmen von Julius Faulwasser, Ernst Begerow und anderer, teils und
vorwiegend durch das große Werk Hermann Haases, die im Laufe vieler
216 Museum für Kunst und Gewerbe.
Jahre von ihm hergestellten Aquarelle und Zeichnungen, die deren Besitzer,
Herr Physikus Dr. G. H. Sieveking, uns für diese Ausstellung zu leihen
die Güte hatte. Auf 492 Bildtafeln beläuft sich dieses Werk Haases,
etwa die Hälfte konnte ausgestellt werden, sämtlich Blätter, die nicht
schon durch gleiche oder ähnliche Aquarelle im Museum vertreten waren.
Als Erläuterung zu diesem Werke hatte Hermann Haase ein Buch unter
dem Titel „Tracht, Haus und Hof der Vierländer, Beiträge zur Kultur-
Vierländisches Stuhlkissen, gestickt mit vielfarbiger Wolle im Plattstich und Knötchenstich.
Anfang des 19. Jahrhunderts.
geschichte“ im Verlag von Alfred Janssen in Hamburg drucken lassen,
das den Besuchern der Ausstellung wertvolle Aufschlüsse bot. Zugleich
waren alle in der Bibliothek des Museums bewahrten Bücher und Schriften,
die denselben Gegenstand behandeln, in der Ausstellung für deren Besucher
aufgelegt.
Drei Flugblätter wurden den Besuchern kostenlos behändigt. Das
Wechselnde Ausstellungen. 217
erste (Flugblatt 6) „Zur Einführung“ bot eine gedrängte Übersicht der
Entwicklung von Land und Leuten seit vorgeschichtlichen Zeiten. Das
zweite Flugblatt (Nr 7) handelte von den alten vierländischen Bauern-
häusern, das dritte (Nr. 8) von den vierländischen Möbeln und den Laden-
tischlern als den Allerweltskünstlern des Landes.
Wiederholte Führungen durch den Direktor oder Herrn Professor
Dr. Stettiner, teils auf Wunsch von Vereinen, des Vereins für Hambur-
gische Geschichte, des Vereins für Vierländer Kunst und Heimatkunde,
des Frauenklubs, des Kunstgewerbevereins und anderer, teils für jeder-
mann zu vorher in den Tagesblättern angekündigten Stunden trugen dazu
bei, das Verständnis für die Überlieferungen und Denkmäler der vierlän-
dischen Geschmackskultur zu vertiefen, einer Kultur, die vor anderen als
„Volkskunst“ gepriesen zu werden verdiente, wenn nicht dieses so oft
mißbrauchte Wort schiefe Vorstellungen erwecken würde, sowohl über den
mit dem Worte „Volk“ zu verbindenden Begriff, wie über das, was wir
uns bei dem Worte „Kunst“ zu denken haben.
Wechselnde Ausstellungen.
Nachdem die Einbauten für die vom Kunstgewerbeverein veran-
staltete Raumkunstausstellung beseitigt und die in Voraussicht dieser
Einbauten unterlassenen Ausstattungsarbeiten im Mittelbau vollendet
waren, stand die Schauhalle für wechselnde Ausstellungen zur Verfügung.
Ende März wurde begonnen mit einer Ausstellung der Schriftgießerei
der Gebrüder Klingspor zu Offenbach a. M., die zugleich mit den
von ihr eingeführten Schriften und Verzierungen für den Buchdruck, dabei
Werke von Otto Eckmann, Peter Behrens, Heinrich Vogeler, Otto Hupp
und Walter Tiemann deren Anwendung für den Druck und den Buch-
einband zeigte. Im April folgte eine kleine Ausstellung englischer Schrift-
und Buchkunst und Buchbinderei, deren Beschaffung wir dem Fräulein
Anna Simons verdankten, die, selber eine Schriftkünstlerin, eine Aus-
lese von Werken anerkannter Buchkünstler herbeigeschafft hatte. Im
Anschluß daran wurden die dem Museum gehörigen englischen Buch-
einbände, zu deren dauernder Ausstellung es an Raum fehlt, sowie die
ebenfalls der Anstalt gehörigen Werke neuzeitiger englischer Buchkunst,
Drucke der Kelmscott Press und der Doves Press zeitweilig ausgestellt.
Von den im Sommer zeitweilig ausgestellten Erzeugnissen des ham-
burgischen Kunstgewerbes ist hervorzuheben der von Herrn Oscar Ruperti
und Frau Ida Marianne Ruperti für den Ratssilberschatz gestiftete silberne
Tafelaufsatz, ein Werk Alexander Schoenauers, dem ein hambur-
gisches Konvoy-Schiff, das aus Jochim Wichmanns Stich von 1675 bekannte
„Hamburger Wappen“, zugrunde liegt.
>18 Museum für Kunst und Gewerbe.
Während der Monate August bis November wurde die Schauhalle
nebst dem Vorraum des Pariser Saales und dem anstoßenden Gange gefüllt
mit der Vierländischen Ausstellung, über die wir im besonderen
Abschnitt berichten.
Danach wurde die Schauhalle den hamburgischen Künstlern und
Kunstgewerbetreibenden zu einer Weihnachtsausstellung freigegeben.
Obwohl auch diesmal manche vortreffliche Werke gezeigt wurden,
konnten wir uns dem Eindruck nicht verschließen, daß seit den erfole-
reichen und für viele Aussteller gewinnbringenden kunstgewerblichen
Weihnachtsmessen früherer ‚Jahre die Verhältnisse, unter denen diese
gelangen, sich wesentlich geändert haben. In den seither verflossenen
Jahrzehnten sind hier eine Anzahl kunstgewerblicher Verkaufshäuser er-
öffnet worden, die dem einzelnen Gewerbtreibenden, der nicht selbst den
ladenmäßigen Verkauf seiner Erzeugnisse betreibt, diesen vermitteln.
Zugleich haben große Dekorationsgeschäfte und Möbelhandlungen ihre
geschäftliche Tätigkeit umfassender auf nahezu alle Gebiete der Kunst im
Hause erstreckt. Für die hamburgischen Kunstgewerbetreibenden wird die
Ausstellung im Museum aber auch jetzt noch bedeutsam und vorteilhaft
sein können, wenn dem eigentlichen Programm der sog. „Permanenten
Ausstellung“ getreu die Zulassung zu ihr als eine Auszeichnung für
hervorragende Leistungen und einen Fortschritt bekundende Neuheiten
gehandhabt, und von den Besuchern auch als eine Auszeichnung gewürdigt
wird. Nicht nur eine kostenlose Verkaufsgelegenheit zu bieten war und
ist heute die Aufgabe dieser Ausstellung.
Die Bibliothek.
Unter den zahlreichen Gaben von Büchern, welche der Bibliothek
als Geschenke von Verfassern, anderen Anstalten und Freunden unseres
Museums zugingen, sind die folgenden hervorzuheben:
Der kaiserlich japanische Kommissar für die im Herbst 1910 in
London veranstaltete Ausstellung alter japanischer Kunstwerke, Herr
HA. Wada schenkte das große Werk, das von seiner Regierung bei diesem
Anlaß herausgegeben wurde. Zusammengestellt ist dieses bedeutende,
reich illustrierte und mit englischem Text versehene Werk vom Ministerium
des Innern der Kaiserlich Japanischen Regierung. Der erste Band ist
den Tempelbauten gewidmet. Besprochen und abgebildet werden die Bau-
denkmäler der vorbuddhistischen Zeit bis zur Tokugawa-Periode Auf
176 Tafeln sind dargestellt die alten Tempel in ihrer landschaftlichen
Umgebung und ihr Inneres durch vorzügliche Lichtdrucke, die Konstruk-
tionen durch Aufrisse und Schnitte, die vielfarbige Bemalung mehrerer
durch Farben- und Golddrucke. Der zweite Band ist den Werken der
Die Bibliothek. 219
Bildhauerkunst, der Malerei und der diesen verwandten Künstein den Tempeln
gewidmet. Die wundervollen Holzskulpturen, die Bronzen und Gemälde
von der Suiko- bis zur frühen Fujiwara-Periode sind hier in Lichtdrucken,
einzelne auch farbig wiedergegeben. Der dritte Band ist den Tempel-
schätzen der späteren Fujiwara bis zur Ashikaga-Periode gewidmet.
Neben den Skulpturen und Malereien finden wir hier auch klassische
Lackarbeiten, Rüstungen, Spiegel und anderes Metallgerät. Mit diesem
Band steigt die Zahl der Tafeln des Werkes auf im ganzen 509. Gedruckt
ist es im Jahre 1910 durch die Kunstanstalt Shimbo Shoin, deren aus-
gezeichnete Veröffentlichungen in ihrer Gesamtlieit einen Überblick der
alten Kunstdenkmäler des japanischen Reiches darbieten, wie ihn kein
europäisches Land bisher in die Öffentlichkeit gebracht hat.
Herrn Dr. James Simon in Berlin verdanken wir wertvolle Veröffent-
lichungen der Deutschen Orient-Gesellschaft. Von den wissen-
schaftlichen Ergebnissen der von dieser Gesellschaft unternommenen
Grabungen in Ägypten behandelt Ludwig Borchardt den Bau des Grab-
denkmals des Königs Sahu-Re in einem mit 197 Textbildern und 16 Tafeln
illustrierten Bande. Kunstgewerblich bedeutsam sind unter den Funden
die aus hartem Gestein gedrehten Gefäße sowie Fayencegefäße, deren
Schönheit auch durch farbige Abbildungen gezeigt wird. In einem anderen
Bande behandelt Robert Koldewey die Tempel von Babylon und Borsippa
unter Beifügung von 27 Tafeln und 110 Abbildungen, unter denen uns
ebenfalls merkwürdige kunstgewerbliche Altertümer begegnen.
Den seit einigen Jahren in den Vordergrund des Interesses der
Sammler alter Keramik gerückten altpersischen Fayencen hat Herr Dikkan
Khan Kelekian in Paris ein nur in 101 numerierten Abdrücken hergestelltes
großes Werk unter dem Titel „The Kelekian Collection of Persian
and analogous Potteries, Paris 1910“ «ewidmet, von dem er Nr. 5l
dem Museum zu widmen die Güte gehabt hat. Auf 112 Lichtdrucktafeln
bildet er darin ebenso viele erlesene Fayencen seiner ausgezeichneten
Sammlung ab. Einige glasierte griechische, ägyptische, koptische Fayencen
eröffnen die Reihe, die dann die seltensten Fayencen aus den Grabungen
von Rakka, von Sultanabad, von Rhages und anderen Fundorten an uns
vorüberziehen läßt. Den einzelnen Bildern sind genaue Beschreibungen
und Angaben der Fundorte beigegeben; inwieweit das Alter in jedem
Falle zutrifft, muß weiteren Forschungen vorbehalten bleiben. Zwischen
dem 10.—15. ‚Jahrhundert bewegen sich die Zeitbestimmungen; unser
Wissen von diesen erst seit kurzem in den Kreis wissenschaftlicher
Forschung aufgenommenen Denkmälern altpersischer Keramik ist noch
unvollkommen, aber überall ist man an der Arbeit, auch darüber Licht
zu verbreiten, und Werke wie das Kelekiansche bieten das schätzbarste
Material, dies zu erreichen.
220 Museum für Kunst und Gewerbe.
Die Vorträge.
Der Direktor Dr. Justus Brinckmann hielt im Februar und März
vier öffentliche Vorträge über die Fälschung kunstgewerb-
licher Altertümer. Im ersten Vortrag wurde eine geschichtliche Über-
sicht der Fälschungen von Kunstaltertümern gegeben, dabei hervorgehoben
die unabsichtlichen, darum aber nicht minder gefährlichen Fälschungen,
die durch Ergänzungen und Ausbesserungen alter Kunstsachen begangen
wurden und noch heute nicht überall überwunden sind. Im zweiten Vor-
trag wurden die Methoden der Fälscher besprochen, von der einfachsten,
die darin beruht, daß an und für sich echten Altsachen durch Unterschiebung
von Fundorten erhöhter Wert verliehen wird — ein besonders bei vor-
geschichtlichen Altertümern häufiges Verfahren —, zu den Fälschungen,
die, immer noch auf der Grundlage echter Altertümer, diese durch Hinweg-
nahme oder Hinzufügung von Daten, Namen, Wappen verfälschen, zu den
aus Verschönerungsverfahren erwachsenden Fälschungen, zu den Über-
dekorationen aller Art, zu den Nachbildungen von Altertümern, endlich
den Neuerfindungen solcher. Der dritte Vortrag befaßte sich mit Rat-
schlägen, wie man sich vor den Fälschungen bewahren könne. Auf
technische und stilistische Merkmale, deren Fehlen oder Vorhandensein das
Erkennen einer Fälschung erleichtern könne, wurde beispielsweise hin-
gewiesen. Gewarnt wurde vor der Meinung, daß Marken und Stempel
stets als sichere Merkmale der Echtheit anzusehen seien. An die Mahnung,
daß ernstes kunstgeschichtliches Studium und technisches Wissen allein eine
Schutzwehr gegen die Gefahren bieten könnten, die jeden Käufer alter
Kunstsachen bedrohen, wurde die Warnung geknüpft vor der anderen
Gefahr, die jeder laufe, der dem in einigen Büchern über die Fälscher-
künste erteilten Rat folge, dem Rat, stets nur unter schriftlicher Garantie
der Echtheit zu kaufen. Bei Befolgung dieses Rates trete ein Blatt Papier
nur allzu leicht an die Stelle eigenen Wissens und Urteils, die stets den
Ausschlag geben müßten. Im vierten Vortrag wurde die Nutzanwendung
gemacht an der Schilderung dreier der auffälligsten mit Fälschungen
zusammenhängenden Streitfragen unserer Zeit: der Benivieni- Büste und
anderer Terrakotta- und Marmorskulpturen des Italieners Bastianini und
der von dem Odessaer Goldschmidt Rochumowski gefälschten Tiara des
Saitaphernes, über welche beiden Fälle die Akten schon geschlossen sind.
Endlich wurde der Fall der Wachsbüste der Flora erörtert, die von einigen
als ein dem Lionardo nahestehendes Werk der italienischen Renaissance,
von anderen als ein Werk des englischen Bildhauers Lucas aus der
Vietorianischen Zeit angesprochen wurde, und über die der Vortragende
den Stand des Für und Wider in diesem Streit besprach, der zur Zeit
des Vortrages die Gemüter nicht minder heftig erregte, wie das 15 Jahre
Besuch der Sammlungen. 3231
ad
vorher die Tiara-Frage und 40 Jahre zuvor die Benivieni-Frage getan
hatten. Für die ersten drei Vorträge bot die im Museum angelegte kleine
Sammlung gefälschter Altertümer Anschauungsstoff, für den vierten wurden
Lichtbilder zur Hilfe genommen.
Außerdem hielt der Direktor im ersten Viertel des Jahres 1910 und
im Winterhalbjahr 1910/11 an den Sonntagmorgen von 9 bis 10 Uhr
vor beschränktem Hörerkreis Vorträge über neue Erwerbungen für die
Sammlungen und die Bibliothek. Besprochen wurden u.a. J. B. Isabey
als Miniatur- und Porzellanmaler, mittelalterliche Aquamanilen, die thü-
ringischen Porzellane, die Künstler der Ludwigsburger, Frankenthaler
und Höchster Porzellanfiguren, die Ornamentstiche deutscher Goldschmiede
der Renaissance aus der Sammlung Lanna, die mittelalterliche Keramik
Persiens, die Raerener Steinzeugkrüge, das hamburgische Wappen auf
keramischen Erzeugnissen alter Zeit, die japanischen Kunstdrucke der
Verlagsanstalt Tajıma, französische Silberarbeiten der Zeit Ludwigs XV.
Der wissenschaftliche Assistent Herr Sy. Hara erteilte im Winter-
halbjahr 1910/11 wöchentlich zweimal einstündig Unterricht in der japa-
nischen Sprache an in dieser schon geübte Teilnehmer. In der ersten
Stunde jeder Woche wurden Lesestücke aus dem vom japanischen Unter-
richtsministerium herausgegebenen Lehrbuch durchgenommen; die zweite
Stunde wurde der Unterhaltung in japanischer Sprache gewidmet. Dieser
Unterricht erfolgte im Anschluß an das Vorlesungswesen des Kolonial-
instituts.
Der wissenschaftliche Hilfsarbeiter Herr Dr. Adolf Gottschewski hielt
im November und Dezember 1910 sechs Vorträge über „Die Florentiner
Bildhauer der Renaissance von Donatello bis Michelangelo“. Die einzelnen
Themen lauteten: 1. Donatello und die Anfänge der neuen Kunst. 2. Reife
und Alter Donatellos. 3. Ghiberti und Luca della Robbia. 4. Die Vir-
tuosen in Stein und Bronze. 5. Die Reiterdenkmäler der Renaissance.
6. Die Jugendwerke Michelangelos. Alle besprochenen Werke wurden in
Liehtbildern vorgeführt.
Besuch der Sammlungen im Jahre 1910.
Der Besuch der Sammlungen während des Berichtsjahres ergab
61499 Personen, die sich folgendermaßen auf die einzelnen Monate ver-
teilten:
Jamlarety yore emilergirer 14008 Personen,
Behmar zer: Aus ee, 10 022 £
DZ En ee 4 166 H
NDEL See A et te 5 325 a
Übertrag. .. 33521 Personen
229 Museum für Kunst und Gewerbe.
Übertrag. ...33 521 Personen
Malie pt BEER Aw 2 140
JUN: T22 Ha DE 1 837
Jule re ee 3003
Aupust-kate sen 2.639
SEDLEmbEFSAN TRITT ER 4681
Oktober ee ar 5.096
Novemberian 2er: 5 663 E
Dezember mess ar 2919 e
Zusammen. ... 61499 Personen.
Im Jahre 1909 hatte der Besuch 52 315 Personen betragen, 1908
deren 32 995.
Benutzung der Bibliothek und des Lesezimmers.
Die Benutzung des Lesezimmers im Jahre 1910 ergibt sich aus
folgender Übersicht:
ana re EN. 204 Personen,
Rebruarie nr A 219
INALZEREAN N A el REN 182
A A ee Pr 195
Va A 159
I 144 5
DEI ee a 108
ANTOTISEY® areas en LER Sie 132
DEDTEINDER 4 na ee 208
Oktober A 174
November... So)... 189
Dezember Sr a 174
Zusammen. ... 2081 Personen.
Diese 2081 Personen benutzten im Lesezimmer 1843 Bände, 236 Kasten
der Sammlungen von kulturgeschichtlichen Abbildungen, Hamburgensien
und japanischen Farbenholzschnitten, sowie 68 Gegenstände der kunst-
gewerblichen Sammlungen. Über die zu jedermanns Benutzung im Lese-
zimmer ausliegenden Zeitschriften fanden keine Aufzeichnungen statt.
Ausgeliehen wurden 332 Bände, 633 Einzelblätter der graphischen Samm-
lungen und Photographien, 126 Sammlungsgegenstände und zur Benutzung
bei Vorträgen 42 Laternenbilder. Über die ohne Entfernung von ihrem
Standort im den Sammlungen gezeichneten oder photographierten Gegen-
stände wurden Aufzeichnungen nicht gemacht. Wie im Vorjahr zeichneten
alltäglich schon in den Frühstunden vor Eröffnung des Museums für den
Benutzung der Bibliothek und des Lesezimmers. 223
allgemeinen Besuch Schüler und Schülerinnen der Kunstgewerbeschule
unter Leitung ihrer Lehrer. Zeitweilig waren auch Herren und Damen
mit Zeichnungen und malerischen Aufnahmen im Zusammenhang mit den
Lehrer- und Lehrerinnenprüfungen im Museum beschäftigt. An die Kunst-
gewerbeschule und die Allgemeine Gewerbeschule wurden ausgeliehen
53 Gegenstände, an die Gewerbeschule für Mädchen 13 Gegenstände. Für
die Schüler der Kunstgewerbeschule hielt der kunstgeschichtliche Lehrer
dieser Anstalt, Herr Dr. Wilhelm Niemeyer, regelmäßig Führungsvorträge
in den Sammlungsräumen.
Nicht gezählt unter den vorstehenden Angaben sind die Sammlungs-
gegenstände, die wir für die Ausstellung von Meisterwerken
muhammedanischer Künste in München, Mai—Oktober 1910 auf
Wunsch des wissenschaftlichen Leiters dieser Ausstellung, des Herrn Prof.
Fritz Sarre, liehen. Es waren chinesische Porzellane mit arabischer In-
schrift, persische und türkische Fayencen, tauschierte Metallarbeiten,
eiserne Geräte, Buchdeckel, ein türkischer Koran des 16. Jahrhunderts,
im ganzen 18 Stücke, außerdem Teile der Wandbekleidungen eines Grab-
males zu Bochara aus geschnittener Fayence. Die Ausstellung und Rück-
lieferung vollzog sich in vollkommener Ordnung.
224 Museum für Kunst und Gewerbe.
Mittelstück eines hamburgischen Stopftuches von 1780.
Die Borten nach Sibmacher. (s. Seite 132.)
Botanische Staatsinstitute. 225
10. Botanische Staatsinstitute
(Botanischer Garten, Botanisches Museum und Laboratorium für Warenkunde,
Abteilungen für Samenkontrolle und Pflanzenschutz).
Bericht für das Jahr 1910
von
Professor Dr. Zacharias.
In diesem Jahre wurden die Botanischen Staatsinstitute wiederholt
von Vertretern deutscher und ausländischer Behörden, botanischer und
kolonialer Institute besichtigt. Gelegentlich des Wechsels im Vorsitz des
Professorenrats am Kolonialinstitut stattete auch der Unterstaatssekretär
des Reichskolonialamts Herr Dr. Böhmer den Instituten am 26. Oktober
einen Besuch ab.
Herrn Professor Dr. Fesca, der als Dozent für Landwirtschaft an
das Hamburgische Kolonialinstitut berufen worden war, wurde ein Arbeits-
zimmer im Institutsgebäude überwiesen.
Im Institutsgebäude wurden die chemischen Arbeitsräume vergrößert
und ihre Einrichtung ergänzt.
Als nichtständiger wissenschaftlicher Hilfsarbeiter war Herr
Dr. Denys vom 1. Februar bis zum 31. Oktober und vom 15.—31. De-
zember an den Botanischen Staatsinstituten tätig. Herr Dr. Heinsen
arbeitete in diesem Jahre nur vom 1. April bis zum 1. Juni im Herbarium,
die übrige Zeit auf der Station für Pflanzenschutz. Herr Apotheker
Selk war als freiwilliger Mitarbeiter mit der Erforschung des EIb-
planktons beschäftigt.
Das Zusammenarbeiten mit den Vereinen, die sich die Pflege der
reinen und angewandten Botanik, der Landwirtschaft, des Obstbaus und
der Kolonialwirtschaft zur Aufgabe gestellt haben, wurde durch Beteili-
gung der Beamten des Instituts an Versammlungen und Kongressen
wesentlich gefördert. So nahmen an dem Internationalen Botaniker-
Kongreß, der vom 14.—22. Mai in Brüssel tagte, außer Herrn Professor
Dr. Zacharias, der als Senatskommissar entsandt war, die Herren
Professor Dr. Voigt, Professor Dr. Klebahn, Professor Dr. Brick
und Dr. Heering teil. An dem Kolonialkongreß in Berlin beteiligten
sich die Herren Professor Dr. Zacharias und Professor Dr. Voigt.
15
il.
Allgemeines.
II.
Personalien.
III.
Botanischer
Garten.
Freiland-
anlagen.
Gebäude.
Schulgarten.
Pflanzen-
bestand.
DDIE Botanische Staatsinstitute.
Zur Feier des 50jährigen Bestehens des deutschen Pomologen-Vereins
in Eisenach vom 27.—30. Mai überbrachte Herr Professor Dr. Klebahn
die Glückwünsche des hamburgischen Staats.
Herr Professor Dr. Zacharias unternahm im Frühjahr eine längere
private Erholungsreise nach Algier, von der er eine große Anzahl pflanzen-
geographisch interessanter Photographien, ökologisch bemerkenswerter
Pflanzen zu Demonstrationszwecken, ein Herbar und Lebermoose und
Algen mitbrachte. Herr Professor Dr. Klebahn nahm im Auftrag der
Landherrenschaft an den Sitzungen der Marschkulturkommission in Bremen
und an der Reise zur Besichtigung der Versuchsfelder in Butjadingen
und Ostfriesland teil. Herr Dr. Lindinger unternahm vom 27. Juli
bis 1. Oktober eine Studienreise nach den Kanarischen Inseln. Herr
Dr. Heering arbeitete im Herbarium der Universität Zürich über Pflanzen
aus Deutsch-Südwestafrika.
Im Hintergarten wurden Schlingpflanzengestelle nebst Pergola
errichtet.
Vorbauten und Windfänge wurden an der Vermehrung, am Viktoria-
haus und am Kakteenhaus angebracht.
Im Hintergarten wurden als Ersatz der abgängigen Holzkasten zwei
Steinkasten erbaut.
Im Jahre 1910 sind an 23 staatliche höhere Lehranstalten, 177 öffent-
liche Volksschulen, 66 Privatschulen, 43 kunstgewerbliche Anstalten,
wissenschaftliche Institute und Privatleute, zusammen an 309 Empfänger,
1113 127 Exemplare (gegen 1 004 270 im Jahre 1909) abgegeben worden.
Geschenke für den Botanischen Garten gingen ein von!): Herrn
Ariza: Tamarindus indica, Herın Kapitän Fr. Block: Martinezia
caryotaefolia, Herrn C. Bock, Mühlenbrück, Kreis Flensburg: diverse
Samen von wildwachsenden deutschen Pflanzen, Herın Brüel: Kollektion
Orchideen, Herrn Kapitän Buuck, D. Guahyba: diverse Früchte, Knollen
und Pflanzen, u. a. 5 Orchideen auf Stammstücken, 2 Kakteen, 1 Areca
/utescens, aus Südamerika, Herrn Apotheker Capelle, Springe in Han-
nover: diverse Aspidium-Bastarde und Viola cucullata und Veola cucullata
grandiflora, Herın Cassuben: Kollektion Orchideen aus Brasilien, Herrn
Dickert, 2. Offizier, D. Blücher: eine Bromeliacee, Fräulein Toni Dose:
große Topfpflanze von Ficus elastica, Frau M. Föhse, Segeberg i. H.:
3 große Palmen, Kübelpflanzen, Frau Förster: 2 Pitcaörnia-Kübelpflanzen,
Frau Clara Fuchs-Roell in Danzig: diverse Flechten, Herrn Chemiker
Görbing: Knollen von Dioscorea und Samen aus Südamerika, Herrn
Habenicht durch Herrn A. Volk, Delagoabay: 9 große Zwiebeln von
Orinum spec., Herrn O. Jaap: Lebermoose von der Furkapaßhöhe, 2400 m,
') Der Wohnort der Geber ist, wenn nicht anders bemerkt, Hamburg,
Botanische Staatsinstitute. 297
Herrn Kapitän Köllemeyer, D. Kiel: 3 Caryota urens, Herın Kapitän
Krause, D. Elkab: Stammstücke, besetzt mit Moosen, Flechten, Hymeno-
phyllen von Smith Channel, Feuerland, z. T. an das Museum abgegeben,
2 Töpfe mit Calceolaria von Punta Arenas, ferner 2 Lilien, Sanseviera
guineensis, Agave americana, Masdevallia, Bryophyllum, Herrn Dr. S.
Krzemieniewsky, Dublany bei Lemberg: 3 Portionen Samen von
Coreopsis tinctoria prolifera, Herın Emil May: Kollektion Orchideen,
Herrn Meyer, Agricultural Explorer, Washington: Marchantia paleacea,
Pellia calycina und Fegatella conica aus dem Kaukasus, Herrn C. Moll:
Ananaspflanze, Herrn Neb, 2. Maschinist, D. Serak: diverse Orchideen,
1 Cocos nucifera, Frau Pfeffer: Tillandsia spec, Herrn Riebesell:
Dendrobium crumenatum, Frau Sasse: keimende Cocos nucifera, Herrn
Kapitän Schwamberger, D. Oceana: Kollektion Pflanzen aus Spitz-
bergen, Herrn Selzer: Pflanzen aus Lappland, Pinguzcula vulgaris, Saliz
polaris und Vaccinium Oxycoccos, Herrn Dr. Sonder, Oldesloe: Chara
horrida, Chara erinita, Chara foetida, Chara connivens, Chara delicatula,
Nitella flexilis, Netella translucens, Nitella gracilis und 2 Spezies von
Tolypella, Herrn Professor Dr. Timm: diverse Laub- und Lebermoose,
Herrn Professor Dr. Zacharias: eine reiche und teilweise seltene Arten
aufweisende Kollektion von Lebermoosen aus Algier, u. a. Petalophyllum
Ralfsüi, Riccia Gougetiana, Reboulia hemisphaerica und 8 noch unbestimmte
Arten, außerdem kräftige Pflanzen von Jsoötes Hystriz.
Ferner gingen von folgenden Behörden oder Instituten Geschenke
ein: Ministere des Colonies, Bruxelles: 37 Nummern lebende kolo-
niale Nutzpflanzen, Station für Pflanzenschutz: Melocactus communis,
Königl. Botanischer Garten, Dresden: 5 verschiedene Samenarten,
Königl. Botanischer Garten, Budapest: Samen von Loranthus
europaeus, Königl. Landwirtschaftliche Hochschule, Berlin:
5 Knollen von wildem Solanum Maglia zum Auspflanzen und- zur Beob-
achtung.
Durch Kauf wurden erworben von: Ansorge, Kl. Flottbek: Taxo-
dium distichum, Bhododendron, Azaleen, G. Arends, Ronsdorf: eine
große Kollektion alpiner Pflanzen, E. Benary, Erfurt: diverse Begonien,
Bd. E. Bockstael, Jardin Colonial, Laeken, Belgien: Kolonialpflanzen,
Frau Etatsrätin Donner, Privatgarten, Altona: diverse große Palmen,
E. Gauguin, Orleans: @erbera, Rubus, Coriaria, Clerodendron, Fr.
Gerbaud, Nancy: monströse Helenium pwmilum, H. A. Hesse, Weener:
diverse Sträucher und Bäume, F. H. Horsford Charlotte, Vermont,
U.S. A.: diverse Sarracenien, H. Junge, Hameln: 1 JZrzs-Sortiment, .
Krelage und Zoon, Haarlem: diverse Zwiebeln, V. Lemoine Fils,
Nancy: diverse Stauden und Sträucher, Luckmann, Lübeck: eine große
Kollektion Kakteen, W, Neubert, Wandsbek: 3 Spezies Araucarza,
18*
Käufliche
Erwerbungen
Abgabe von
Pflanzen-
material.
228 Botanische Staatsinstitute.
R. Pfitzer, Stuttgart: Dieffenbachia und andere Warmhauspflanzen,
Poolman-Mooy, Haarlem: diverse Zwiebeln, Regel und Kesselring,
St. Petersburg: Sortiment Stauden und Sträucher, G. Reuthe, Keston-
Kent, England: diverse Sträucher, J. ©. Schmidt, Erfurt: diverse ge-
füllt blühende Pflanzen, L. Späth, Berlin: diverse Sträucher und Bäume,
Stelzner & Schmalz Nachf., Lübeck: diverse Sträucher und Bäume.
Die ständige Tauschliste für Sämereien und lebende Pflanzen hat
keine Veränderung erfahren.
Sämereien wurden außerdem gesandt an den Botanischen Garten,
Cambridge: 60 gr. Lolium temulentum.
Lebende Pflanzen wurden nach der Tauschliste von 1910 gesandt
an die Botanischen Gärten in Cambridge, Amsterdam, Moskau,
Paris, Darmstadt, Tübingen, Zürich, Breslau, Bern, Wien,
Kopenhagen, Innsbruck, München, Bonn, Kiel, Dahlem.
Für Schulgärten wurden Sämereien abgegeben an die Realschule
Bismarckstraße und die Volksschulen Tornquiststraße und Eduardstraße,
nach auswärts an die Realschule in Marne i. H. und Harburg a. d. E.
Andere als in der Tauschliste aufgeführte Pflanzen wurden an
folgende Botanische Gärten abgegeben: Bonn: 4 Spezies Alchemalla,
5 Spezies Nepenthes, Bremen, Städtisches Museum: Sarracenza, Drosera
binata, Darlingtonia, Breslau: 3 Orchideen, 5 Darlingtonien, Dresden:
Crinum spec. von der Delagoabay, Erlangen: Cornus suecica, Antir-
rhinum maius peloria, Gießen: Crinum spec. von der Delagoabay,
Göttingen: Nepenthes, 4 Sorten, und Juniperus prostrata, Halle a. S.:
Orinum spec. von der Delagoabay, Victoria regea, Innsbruck: 1 Kollek-
tion Wasserpflanzen, Kiel: Lebermoose, Cyathea medullarıs, Drosera
capensis, D. spathulata, Victoria regea-Pflanze, Kopenhagen: Nelumbium
spec., Rhizom, Moskau: 1 Kollektion Insektivoren, Straßburg: 1 Kol-
lektion Insektivoren, Tübingen: 1 Kollektion Insektivoren, Upsala:
diverse Stauden und Wasserpflanzen, Würzburg: 3 Cycas revoluta,
Il Korb Orchideen und Insektivoren, Zürich: Unzola latıfola.
Ferner wurden an folgende Gärten lebende Pflanzen abgegeben:
Großherzogl. Hofgarten, Karlsruhe: 2 Oyathea medullarıs, Städt.
Gruson Gewächshäuser, Magdeburg: Dorstenia, Hibiscus, Crinum,
Hofgarten Nymphenburg, München: Mimulus luteus, Mimulus luteus
> cupreus, Mimulus luteus Ouragon, Herzogl. Hofgarten, Wörlitz:
3 Körbe Freilandstauden, Orinum spec. von der Delagoabay, Irren-
anstalt Hamburg-Friedrichsberg: 1 Sortiment Sumpfpflanzen, Zoo-
logischer Garten Hamburg: diverse Wasserpflanzen zur Besetzung
der Aquarien — und an folgende Privatpersonen: Herrn OÖ. Behrends:
1 Kollektion Freiland-Opuntien, Herrn M. Eggers, Altengamme: Vier-
länder Erdbeeren, Herın Landrat v. Fürstenberg, Westfalen: Cornus
Botanische Staatsinstitute. 229
canadensis, Herrn Geheimrat Professor Dr. Goebel, München: Oxymitra
pyramidata, Herın Dr. Lehmann, Kiel: diverse Pflanzen mit Bildungs-
abweichungen, Herrn Anton Lokovsek, Budapest: Pelargonium peltatum,
Herrn L. Piglheim, Hamburg: 7 Tabakpflanzen, Herrn G. Reuthe,
Keston-Kent, England: Darlingtonien und Cornus suecica, Herrn Sanitäts-
rat Dr. Roth, Bernburg: Ceropegia stapelüformis, Herın Carl Sattler,
Quedlinburg: 5' 2 Erdbeerpflanzen, Herrn Herm. Sandhack, Melhlem
a. Rh.: 1 Leea amabilis, Herrn Prof. Dr. Trabut, Algier-Mustapha:
Stecklinge von Burbanks Santa Rosa Perfected Cactus, Herren Vilmorin,
Andrieux & Co., Paris: 1 Kollektion Insektivoren.
Für die landwirtschaftliche Ausstellung wurde ausgeliehen für das
Grusonwerk in Magdeburg eine Kübelpflanze, an die Herren Warn-
holtz & Gossler in Hamburg zwei kleine Sisalagaven.
Für die Schau- und Vergleichssammlungen (außer dem Herbarium und
der Sammlung für Bodenkunde) gingen folgende Geschenke ein!): von Herrn
Harry Alberti: 36 bestimmte australische Hölzer und 5 Separate dazu,
Herrn C. Ansorge, Gr. Flottbek: Blüten von Hybriden, Oypripedium
Spicerianum und O. insigne Chanbini, Frau A. Amsinck (Obergärtner
Heyne): Blüte von Acanthorrhiza Warscewiezii Wendl., Herrn ©. Beuck:
Proben von Kautschuk, Tabak, Japan-Wachs, /pomoea Jalappa-Knollen,
Adansonia digitata (Samen), Anacardium occidentale (Kerne), Araucaria
brasiliana (Holz), Ratanhia-Wurzel, Matte aus Raphra-Bast, Ficus-Bast,
Kautschukprobe, Herrn P. E. Birt: Kürbiskerne aus Ostafrika, Lady
Brandis: 1 Samen von Melocanna bambusorde, Kalkutta, Herrn
Professor Dr. Bruchmann, Gotha: 2 Präparate Vorkeime von Lycopodium
complanatum und L. clavatum (Thür. Wald), Herrn Kapitän Buuck:
keimende Früchte von Persea indica und Cocos nucifera, Knollen von
Dioscorea Batatas, 1 Veronica salicifolia und diverse Samen, 6 Holzproben
aus Brasilien, 38 Nummern Nutzhölzer, 1 Fruchtstand von Artocarpus
incisa, Kokosnüsse, Früchte von Carica Papaya, Herren Crasemann &
Stavenhagen: Zentrifugalgummi der Castilloa aus Tabasco, Mexico,
Herrn Dr. Eichelbaum: Polyporus giganteus, Volksdorfer Wald, alte
Buchenstämme, 7 Pilze in Alkohol, Herrn Joh. Wilh. von Eicken:
1 Kollektion Tabakblätter, Herrn Arthur Embden: 2 Kaffeeproben von
Usambara, 6 Nummern bestimmte Pilze, 23 Nummern Pilze aus dem Harz,
davon 15 Nummern in Gläsern und 8 Nummern trocken, Herrn Ed.
Feldtmann: 8 verschiedene Proben in der Stockfabrikation ver-
wendeter Hölzer, Herrn A. Ferchel: Proben tropischer Nutzhölzer, Herren
A. C. de Freitas & Co.: Samen und Rohkautschuk von Manihot
Glaziovi, Wurzelstücke von M. utilissima, Herrn Otto Friedeberg:
') Der Wohnort der Geber ist, wenn nicht anders angegeben, Hamburg,
IV.
Botanisches
Museum.
Geschenke.
230 Botanische Staatsinstitute.
Ze
1 Probe Soja-Bohnen, mandschurische Ölbohnen, roter und weißer Dari
(Andropogon Sorghum) aus Durban oder Delagoa, je 1 Probe Cana-
valia ensiformis und Phaseolus vulgaris, je 1 Probe Marokkoweizen la.
und IIa. Qualität, Natal-Mais, choice white flat Qualität, verschiedene
Proben Natal-Mais, 1 Probe Karoon-Weizen aus Persien, Isola-Nüsse und
Karinynüsse (Aleurites trloba), Herın Max Friedländer: 1 Probe
ägyptische Baumwollsaat, Herren Gevekoht & Wedekind: 4 Proben
Manihotsamen, 1 Probe Palmsamen, Samen von Mankhot dichotoma und
M. piauhyensis, Herrn W. Gottschalk: 1 Frucht von Martynia probos-
cidea, Herrn Max Gröschner: 1 Probe rohes filtriiertes Sojabohnenöl,
Herren Hansing & Bazoche: Plantagenkautschuk von Hevea, Kaut-
schuk dead Borneo, Gutta, Herrn A. Harendt, Elmshorn: Verbänderung
bei Spargel, Herrn J. Heimerdinger: 1 Dose Pimientos morrones dulces
aus Spanien, Frucht des Topfbaumes ZLecythis Ollaria, Frucht von Mon-
stera deliciosa, Herrn M. Hellwig: 1 Zwillingsgurke, Herrn J. F. Helms:
vom Hausschwamm zerstörtes Holz und 1 Pilz (Hypholoma fasciculare),
Merulius lacrymans, Herın Myron Heyn: Gurjun-Balsam, des ätherischen
Öls beraubt, Herren Ed. Heyne & Sohn: Geschälte und ungeschälte
Sheanüsse und Telfairia pedata-Samen, Herrn Gustav F. Hübner:
Kautschuktabelle, Herın Carl Jacobsen: Verbänderung von Linaria
vulgaris, Herın ©. Köllermeyer, D. Kiel: } Frucht von Garcinia Mango-
stana, 1 Glas Nephelium lappaceum, Herın Ferd. Kugelmann: 1 Stein-
nußpalme, Herren J. P. Lange Söhne, Altona: 4 Proben Roggenmehl,
Herrn ©. Leinhas: Corozo-Nüsse (Attaleu Indaya), 1 Sack Samen von
Telfairia pedata aus Amani, Deutsch-Ostafrika, Ölkerne von Vitellaria
mammosa, Herrn J. Lepper: Frucht von Strelitzia reginae, Herrn Rob.
Leube, Botanisches und Kolonial-Museum, Gera, Reuß: Rhizome von
Zingiber offieinale und Curcuma longa, Herın C. Liebert: 4 Qualitäts-
proben Kaneelrinde aus Ceylon, Herren R. Liefmann Söhne Nachf.:
je 1 Probe von Bermuda-Gras, Georgia Burr Clover, Californ. Burr
Clover, Herren @. & O. Lüders: Proben von groben Reisspelzen, ge-
mahlenen Reisspelzen, sandfreies Reisfuttermehl mit garantiert 16° und
24 °/o Fett- und Proteingehalt, Herrn ©. Meyer: 1 Gebinde hannoversches
Flachsgarn, in Bodenteich b. Uelzen vor 1866 gewachsen und gesponnen,
Herrn Max Meyer, Prokurist der Firma ©. Woermann: 1 Milchbusch
(Euphorbia sp.), 2 Kakaoproben, Holz von bemerkenswerter Bildung, aus
Kamerun, 1 Stück Schirmbaumholz (Musanga Smith) und 1 Stück sog.
Birnbaumholz (Mimusops obovata) aus Kamerun, Herrn Kapt. H. Molchin:
Zweig mit Früchten von Gwslandina Bonducella, 1 Tellandsia sp., Kerne
von Persea gratissima, Samen von Abrus precatorius, 1 Same von Joan-
nesia princeps, 1 Bündel Zuckerrohr, Herrn Müller: Kartoffelkeimung,
Herın Kapt. Mützel: versteinertes Holz, Herrn E. Neubert: 1 Stamm-
Botanische Staatsinstitute. 231
stück von Chamaerops humilis, Herrn ©. Ott, Altona: 14 Nummern Holz-
proben, Herrn Kapt. R. Paessler (durch das Naturhistorische Museum):
verschiedene Algen, Akazienfrüchte, Holz von Santalum fernandezianum,
Herm Georg Plange: 5 Proben Weizenmehl, Herrn Polizeiinspektor
A. Röpcke: 2 große Pilzgemeinschaften von Agaricus (Tricholoma) con-
globatus, Herren J. H. Ramseger & Co.: 1 Palmfrucht, 1 Stück Bast
der Adamsonia, Herrn Diplomingenieur Arnold Schader: Polyporus betu-
Iimus aus dem Harz bei Friedrichsbrunn an gefälltem Birkenholz, Herren
H. Schlinck & Co.: 2 abgestorbene Ölpalmen, Herm Albrecht
Schneider: 1 Strauch und daraus gewonnener eingedickter Milchsaft,
Herrn Carl Fr. A. Schneider: Früchte der Araucaria brasiliensis,
Samen von Ormosia, Herrn Richard Schmitz: Sibuki-Extrakt (Khaky
dyes), Herrn C. Schuch: 1 Pilz (Polyporus squamosus), Herrn A. Chr.
Schümann: 1 Stammstück von Goldregen, Herrn William Stoffregen:
Proben von Roh-Asbest, Asbestgeweben, Kratzen, Baumwolle, Baumwoll-
garn-Copse, 5 Luffa-Schwämme, Herrn Prof. Dr. Timm: Polyporus squa-
mosus von einer Ulme in Oben-Borgfelde, Herrn Direktor Tom von Post,
Upsala: 11 Nummern bestimmter Pflanzenseiden und 2 Webstoffe (Kette:
Baumwolle, Schuß: Pflanzenseide), Herrn Dr. Waage, Berlin: 24 Gummi-
proben, 20 Cubebenproben, verschiedene Drogen und eine Gummi Ara-
bikum-Sammlung, 1 Sammlungsschrank mit der Hand-Chinarindensammlung
des Herrn Prof. Berg, 2 Kasten Sammlungsgegenstände, darunter Ziegel-
teeproben, Drogensammlung (Materia medica von Parke, Davis & Co.,
Detroit), Herrn ©. Wagemann, Osdorf: Sandelholz und 1 Pilz von San
Juan Fernandez (Robinsoninsel), Herren Warnholtz & Gossler: 2 Blatt-
stiele der Raphiapalme, 1 Probe Sisalhanf, 9 Holzproben aus Ostafrika,
Ingwer aus Togo, Chikidinüsse aus Pangani, Deutsch-Ostafrika, Baum-
wolle aus Monumbo, Herren Weber & Schaer: (anarium-Kerne, Samen
von Mimusops djave, Herren Woermann, Brock & Co.: Hülsen von
Acacia albida, Herrn S. W. Würzburg: Tabakblatt (Mißbildung), Herrn
Julius Zimmer, Bergedorf: Proben von Roh-Asbest, Astbestgeweben,
Kratzen, Baumwollgarn, Copsen.
Ferner gingen Geschenke ein von folgenden Behörden, Instituten
und Gesellschaften: Kaiserl. Gouverneur von Deutsch-Südwest-
afrika, Windhuk: 6 Nummern Pflanzenteile, von Eingeborenen zu Heil-
und Nahrungszwecken verwendet, Hamburgisches Kolonialinstitut,
Zentralstelle, als Geschenk des Kaiserl. Vizekonsuls Herrn H. Schultze:
Entebbe, Uganda, 31 bestimmte Holzproben aus Britisch-Ostafrika, ferner
2 kg Faser von Hibiscus lunarifolius aus dem Bezirk Atakpame, Togo,
Naturhistorisches Museum: 40 Gläser Algen von Westaustralien,
gesammelt von W. Michaelsen und R. Hartmeyer, Zollabfertigungs-
stelle Brooktorhafen: Palmbeeren (Serenoa) aus Florida, Ver-
V.
Herbarium.
239 Botanische Staatsinstitute.
suchsanstalt für Landeskultur, Victoria: 2 Flaschen Kick-
xialatex, Westafrikanische Pflanzungsgesellschaft „Bibundi“:
1 Hevea-Baum und 4 Kakaobäume, von der Ausstellung der D. L. G.
3 Ölpalmfruchtstände, Ölpalmfrüchte, Cola «cuminata-Blütenstände, Cola
lepidota, Äste mit Blüten, Landolphia spec. Ptlanze, Deutsche Land-
wirtschaftsgesellschaft, Kolonialabteilung Berlin: (Candelilla-
Samen.
Außerdem gingen die auf der Kolonialwirtschaftlichen Ausstellung
zur Schau gestellten Objekte, deren Herrichtung und Bearbeitung von
den Botanischen Staatsinstituten ausgeführt worden war, in den Besitz
des Instituts über.
“ Durch Kauf wurden erworben von: W. Ehrhardt, Joinville,
5 Lophophytum Leandri, 2 Citrus spec.
Außer zahlreichen einzelnen Pflanzenbestimmungen wurde besonders
die botanische Bearbeitung der zur Ausstellung eingesandten Futter-
pflanzen aus Deutsch-Südwestafrika ausgeführt und zugleich durch Anlage
eines Verzeichnisses der bisher von dort bekannten Arten und des im
Herbarium vorhandenen Vergleichsmaterials Vorkehrungen getroffen, um
auch in Zukunft Pflanzensendungen aus diesem Gebiet möglichst schnell
bestimmen zu können Die aus den Ausstellungsgegenständen gewonnenen
Herbarexemplare und die bereits im gepreßten Zustande eingesandten
Pflanzen gehören etwa 200 verschiedenen Arten an und sind in das
Herbarium eingereiht worden.
Ferner wurde von dem Verwalter des Herbars eine aus 240 Nummern
bestehende Kollektion Daccharis-Arten, die ihm von den Herren Teod.
Stuckert in Cördoba und Dr. Lillo in Tucuman zur Bestimmung zu-
gesandt war, bearbeitet und die Exemplare dem Herbarium einverleibt.
Die Ordnung des Herbars wurde weiter durchgeführt, so daß jetzt
fast das ganze Herbarium Brandis bei den Familien eingereiht ist.
Ebenso wurden große Teile des Herbarium J. A. Schmidt eingereiht,
außer den neu zugekommenen Sammlungen. Mit der Anlage eines Zettel-
katalogs des ganzen Herbariums ist der Anfang gemacht worden.
Herr E. Bruns in Hamburg hat während seines Aufenthalts in Persien
vom Januar 1909 bis Juli 1910 in dankenswerter Weise für das Hamburger
Herbar gesammelt und die Sammlung als Geschenk überwiesen. Der erste
Teil ist bereits durch Herrn Bornmüller in Weimar bearbeitet worden.
Aus dem Algenherbar ist die Gattung ZLiagora durch Herrn
Dr. Pilger in Dahlem revidiert worden.
Ferner bearbeiteten Herr Professor OÖ. Beccari in Florenz die Palmen
von den Philippinen und der Südsee und die in der karpologischen
Sammlung befindlichen Raphia-Früchte, Herr Professor Hackel in Atter-
see bestimmte bezw. revidierte eine Anzahl Gräser aus Deutsch-Südwest-
Botanische Staatsinstitute. 233
afrika, Herr Dr. Bitter revidierte die Gattungen Acaena, Margyricarpus,
Bencomia, Herr Professor Martelli in Florenz die Gattungen Freycinetia
und Pandanus, Herr Professor Dr. Schinz in Zürich bestimmte einige
Amarantaceen und war auch bei der Bestimmung anderer Pflanzen aus
Deutsch-Südwestafrika behilflich. Herr Dr. Ekman, Upsala, sah bei einem
Besuche die brasilianischen Vernonza-Arten durch. Auch von Hamburger
Botanikern wurden die Sammlungen vielfach benutzt.
Ganze Herbarien.
Dr. Waage, Berlin: 120 Mappen (G). Frau Königslieb: 1 Mappe
mit ca. 100 Nummern (G).
Hamburgisches Herbarium.
Durch das Einordnen des Herbars von J. A. Schmidt hat das
hamburgische Herbarium außerordentlich an Umfang zugenommen. Sonst
ist nur hinzugekommen eine kleine Sammlung (13 Nummern) von Pro-
fessor Dr. Brick (G).
Allgemeines Herbarium.
1. Phanerogamen.
A. Europa. Lappland: Dr. Eichelbaum 2 (G), Griechenland:
Herb. Zürich 9 (T), Belgien: Professor Dr. Klebahn 1 (G).
B. Asien. Persien: F. Bruns 386 (G), Philippinen: Elmer 1037 (RK).
C. Afrika. Algier: Professor Dr. Zacharias 148 (G), Togo:
Kaiserl. Gouvernement 1 (G), Liberia: Dinklage 197 (G), Kamerun:
Woermann | (G), Retzlaff I (G), Zenker 112 (K), Spanisch Guinea:
Tessmann 158 (K), Ostafrika: Biol. Anst. Amani 1 (G), Südafrika:
Dubletten aus dem Züricher Herbar 114 (T), Transvaal: J. Bauer,
Erlangen, durch Dr. Brunner 51 (G), Deutsch-Südwestafrika: Kaiserl.
Gouvernement Windhuk 4 (G), Dinter 247 (K), von verschiedenen
Farmern aus dem Ausstellungsmaterial c. 200.
D. Amerika. Westindien, Santo Domingo: v. Türckheim 122
(K), Südamerika, Chile: durch die Station für Pflanzenschutz 1
(G), Kapitän Paeßler: Zweig von dem letzten Sandelholzbaum auf
Juan Fernandez (G), Paraguay: Fiebrig 667 (K), Bolivien: Fiebrig
330 (K), Brasilien: Kapitän Molchin: 1 Bromeliazee (G), Ehrhardt,
Joinville 25 (K), Venezuela: Großmann 1 (G), Argentinien: Baccharis-
Arten, Dr. Heering 240 (G).
E. Südsee und Australien. Westaustralien: G. Ahriens-
Claussen 19 (G, durch Dr. Lindinger), Samoa: Vaupel 266 (K).
F. Aus verschiedenen Gebieten: Compositae Reineck 9 (K).
Zugänge.
234 Botanische Staatsinstitute.
2. Farnpflanzen.
Asien. Persien: Bruns 17 (6), Philippinen: Elmer 128 (K).
Afrika. Deutsch-Südwestafrika: Kaiserl. Gouvernement in
Windhuk 1 (G), Transvaal: J. Bauer in Erlangen 7 (G, durch Dr. Brunner),
Algier: Professor Dr. Zacharias 1 (6), Liberia: Dinklage 3 (6).
Amerika. Brasilien, Joinville: Ehrhardt 2 (K), Paraguay:
Fiebrig 12 (K), Bolivien: Fiebrig 24 (K), Westindien, Santo Domingo:
v. Türckheim 26 (K).
Südsee. Samoa: Vaupel 133 (K) und eine Mappe mit unbestimmten
Farnen, durch das Museum für Völkerkunde 98 (G).
3. Moose.
Europa. Lappland: Dr. Eichelbaum 1 (6).
Afrika. Algier: Professor Dr. Zacharias 4 (G).
Asien. Persien: Bruns 2 (G).
4. Algen.
Königl. Botanischer Garten und Museum, Dahlem:
10 Nummern Algen von Dr. Werth, auf der deutschen Südpolarexpedi-
tion gesammelt (G), Major Th. Reinbold, Itzehoe: 40 Nummern Algen
aus Exsiccaten von Bracebridge Wilson (Melbourne) und aus dem
Herbar Grunow (G), Naturhistorisches Museum: 2 Corallineen von
Ceylon, einige Algen von Kiautschou (G), Tempere: Diatomees du
monde entier, 75 Präparate (K), Collins, Holden and Setchell:
Phycotheca amer.-boreal. Fasc. 33 (RK).
Die in Gläsern eingesandten Algen sind bereits erwähnt. Sie wurden
z. T. in Herbarexemplare verarbeitet (s. Paeßler, S. 7, Natur-
historisches Museum, 8. 7).
5. Flechten.
Lappland: Dr. Eichelbaum 4 (G).
Philippinen: Elmer 9 (K), Brasilien: Station für Pflanzen-
schutz 1.
6. Pilze (auf der Station für Pflanzenschutz).
Sydow, Uredineen, Fasc. 46. Sydow, Ustilagineen, Fasc. 10.
Kabat & Bubak, Fungi imperfecti exsiccati, Fasc. XII. Eriksson,
Fungi parasitici scandinavieci exsiccati, Fasc. I-X. Serebrianikow,
Mycotheca rossica, Fasc. I—Il. Rick, Fungi austro-americani exsic-
cati, Fasc. XI—XV. Petrak, Fungi Eichleriani, Lief. IV—VI. Rehm,
Ascomycetes, Fasc. 45. Seaver & Wilson, Ascomycetes, Fasc. 1—4.
Theissen, Decades fungorum. Brasiliensium, Cent. 1. Raciborski,
Botanische Staatsinstitute. 235
Mycotheca polonica, Fasc. 1. Leonhardt (Berliner Botanischer Tausch-
verein), 242 Herbarpflanzen. Sydow, Mycotheca germanica, XVIII-XIX.
Jaap, Fungi selecti exsiccati, Serie 17—18.
Die nicht im Herbar konservierten Pilze sind unter den Eingängen
für die Schau- und Vergleichssammlungen aufgeführt.
7. Gallen, Coceciden (auf der Station für Pflanzenschutz).
Dresler, Cecidien-Sammlung, 3 Mappen. Jaap, Zoocecidien-Samm-
lung, Serie 1—2. Jaap, Coceiden-Sammlung, Serie 5—6. Dr. Lindinger,
eine von ihm auf den Kanarischen Inseln gesammelte, aus 125 Nummern
bestehende Kollektion von Schildläusen.
Aus den Dubletten der Sammlungen wurde Material abgegeben an
folgende Herren:
G. Azings Venema, Wageningen: je l Probe Samen von
Festuca gigantea, Anthoxanthum Puellüi, Poa annua; Prof. Dr. Beccari,
Florenz: 5 Raphia-Früchte; Prof. Dr. Goebel, München: Frucht von
Encephalartus longifolius,; Prof. E. Hackel, Attersee: 30 Nummern
Belegexemplare bestimmter Gräser; Prof. Hartwich, Zürich: 9 ver-
schiedene Kaffeesorten; Dr. Hegi, München: 43 Nummern kolonial-
botanischer Gegenstände; C. F. Hildebrandt, Magdeburg: 14 ver-
schiedene bestimmte Proben von Bohnen aus China und aus der Mand-
schurei; Jacobi, Wulksfelde b. Wohldorf: Baumwollkapsel, Erdnüsse in
Schale, Sojabohnen, Ölpalmfrüchte; Dr. Paul Keim, Gießen: Palmkerne;
Prof. Dr. Kobert, Rostock: Proben verschiedener Sojabohnen-Sorten;
Prof. OÖ. Lignier, Universite de Caen: junge weibliche Blüten der
Welwitschia, Dr. W. Meyer, Hamburg: 1 Probe ägypt. Baumwollsaat;
H. Rieck, Banana Farm, Australien: keimfähige Narras-Samen; Prof.
Dr. Felix Rosen, Breslau: Kompositen (Senecio Johnstont, Espeletia) ;
Prof. Dr. Schmidt und Dr. Ad. Schenk, Hamburg: Früchte des Holz-
ölbaumes (Aleurites fordü);, Dr. P. Schmidt, Leipzig: Proben berindeter
und geschälter Manihotwurzeln; W. Siedersleben &Co., Bernburg: auf
Veranlassung der Kolonialabteilung der D. L. G. je '/. kg Durrah, Sesam,
Natalmais und 2 Sorten Marokkoweizen ; Dr. Z. Szabo, Botanischer Garten
der Universität Budapest: 3 Stammstücke von Tuxodium distichum;
P.Waschek, Hauptlehrer, Schmard bei Kreutzburg: Verschiedene Proben von
Kolonialprodukten; Prof. Dr. Zimmermann: je 1 Probe ostafrikanischer
Riesenbohnen (Canavaka), und Rotbohnen (Phaseolus)
und an folgende Institute und Gesellschaften:
Landwirtsch. Untersuchungsanstalt Augsburg: Schinüsse;
Deutsche Kolonialgesellschaft, Berlin: 453 Sammlungsgegen-
stände aus den Dubletten der Kolonialwirtschaftlichen Ausstellung in
Hamburg 1910; Königl. Bot. Garten und Museum, Dahlem: Frucht
von Encephalartos longifolius; Bot. Institut der K. technischen Hoch-
Abgabe von
Material für
Schau-
sammlungen,
wissenschaftl.
u. praktische
Untersuchung.
VI.
Sammlung für
Bodenkunde.
vn.
Bibliothek.
236 Botanische Staatsinstitute.
schule, Dresden: 2 Herbarpflanzen von Ficusarten; Instituto Agricolo
Coloniale Italiano Florenz: 25 Nummern kolonialbotanischer Produkte;
Landw. Versuchsstation Jena: kleines Muster Sesamum radiatum,
aus der gewöhnlichen Handelsware ausgelesen; Bot. Museum der Uni-
versität Kopenhagen: Samen von Carapa procera,; Leipziger Lehr-
mittel-Anstalt: 3 Stangen Zuckerrohr aus der Beneckeschen Sammlung;
Landwirtschaftliche Kreisversuchsstation Würzburg: Schinüsse
und Schinußmehl; Deutsche Kolonialgesellschaft, Abt. Worms:
frische Samen der Ölpalme, Samen und Fruchtstand der Kolbenhirse,
Batatenmehl und Schnitzel, Samen und Fruchtstand von Sorghum,
Kapok, Manihotschnitzel, 4 Sorten Baumwolle mit Kapseln und Baum-
wollsaat.
Über die aus den Kolonien zu Untersuchungs- und Demonstrations-
zwecken eingegangenen Bodenproben ist bereits im vorigen Jahresbericht
S. 15 und 16 berichtet. worden. Die Sammlung ist durch eine minera-
logische und petrographische Sammlung durch Ankauf ergänzt worden.
Außer den Bodenproben aus den Kolonien sind auch Proben deutscher
Böden in die Sammlung eingereiht.
Aus den Kolonien wurde die Sammlung vermehrt durch eine Sendung
aus Kamerun und durch zwei von Herrn Professor Dr. Volkens, Dahlem,
geschenkte Proben von den Karolinen.
Die mechanischen und chemischen Analysen wurden fortgesetzt.
Die Liste der von den Herausgebern, Behörden, wissenschaftlichen
Anstalten und Gesellschaften im Tausch oder als Geschenk eingehenden
Zeitschriften und fortlaufend erscheinenden Publikationen ist im Jahres-
bericht für 1908 und 1909 mitgeteilt. Sie ist in diesem Jahre um folgende
Publikationen dieser Art vermehrt worden:
Apuntes de Historia Natural, Buenos Aires, durch E. Autran.
Botanikai Közlemenyek, Budapest, Kgl. Ungarische Naturw.
Gesellschaft.
Hamburgische Zeitschrift für Heimatkultur.
Kruidtuin, Antwerpen.
Maandschrift van de Nederl. Maatschappij voor Tuinbouw, Leiden.
Mitteilungen des Kaiser Wilhelm Instituts für Landwirtschaft,
‚ Bromberg.
Mitteilungen des Vereins der Getreidehändler der Hamburger Börse.
Nachrichten für Handel und Industrie, Berlin.
Ungarische Botanische Blätter, Budapest (Dr. A. v. Degen, Tausch).
In die Tauschliste sind aufgenommen: Herr Dr. A. v. Degen,
Budapest; Herr L. H. Newman, Ottawa, Kanada.
Botanische Staatsinstitute. 237
Folgende Institute, mit denen die Botanischen Staatsinstitute tauschen,
sandten fortlaufende oder einzelne Publikationen ein:
Albany, New York State Education Department, The State Library.
Amani, Biologisch-Landwirtschaftliches Institut.
Bern, Direktion des Botanischen Gartens und Instituts.
Bremen, Naturwissenschaftlicher Verein.
Brüssel, Jardin de Botanique de )’Etat.
Budapest, Kgl. Ungarisches National-Museum, Botanische Abteilung.
Buenos Aires, Museo de Farmacologia.
Buitenzorg, Department de l’Agrieulture.
Cambridge, Botanic Garden, R. J. Lynch, A. L. S. Curator.
Cape Town, Department of Agriculture, Cape Colony.
Chicago (Ill.), Field Museum of Natural History.
Cineinnati (Ohio), The Lloyd Library.
Durham, New Hampshire College of Agriculture and the Mechanic
Arts.
Edinburgh, Botanical Society of Edinburgh.
Haarlem, Koloniaal Museum.
Honolulu (Hawai), Hawaii Experiment Station of U. S. Department
of Agriculture.
Kew (near London), Royal Botanic Gardens.
Milwaukee, Public Museum of the City of Milwaukee.
Minneapolis (Minn.), Geological and Natural History Survey.
New York, Botanie Garden.
Notre Dame, Indiana, Biologieal Laboratories of the University of
Notre Dame.
Ottawa (Kanada), Central Experiment Farm, Department of Botany.
Paris V, Museum d’Histoire naturelle, Paris.
Peradeniya, Royal Botanie Gardens and Agrieultural Experiment
Station.
Rom, Regio Instituto Botanico di Roma.
Sao Paulo, Secretario do Agricultura, Commercio e Obras Publicas.
Singapore, Botanic Gardens.
St. Petersburg, Kais. Botanischer Garten und Botanisches Museum.
Stockholm, Kgl. Svenska Vetenskaps Akademien.
Toronto, University Library.
Washington, U. S. Department of Agriculture.
Zürich, Botanischer Garten und Botanisches Museum der Universität.
Außerdem wurden von folgenden Behörden, Gesellschaften und Ver-
einen teils fortlaufende, teils einzelne Schriften der Bibliothek überwiesen:
338 Botanische Staatsinstitute.
Association scientifique internationale d’Agronomie tropicale;
Berlin: Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft, Kolonialwirtschaft-
liches Komitee, Verband deutscher Müller;
Dahlem: Kaiserl. Biol. Anstalt;
Dresden: Botanischer Garten;
Hamburg: Deputation für Handel und Schiffahrt, Gewerbe-Inspektion,
Zentralstelle des Kolonialinstituts, Landherrenschaft, Museum für
Völkerkunde, Naturhistorisches Museum, Oberschulbehörde, Stadt-
bibliothek;
Brüssel: Ministere des Colonies;
Budapest: Magyar Nemzeti Müseum;
Gembloux: Institut agricole de l’Etat;
Krakau: Akademie;
Kristiana: Physiographiske Forening;
London: Board of Agriculture and Fisheries;
New Orleans: Louisiana State Museum;
New York: State Museum;
Rom: Ministerio di Algricoltura, Industria e Commercio;
Trinidad: Botanical Department;
Washington: Philosophical Society, United States National Museum;
Wellington: New Zealand Dep. of Agriculture.
Fortlaufende Publikationen, separat erschienene Schriften oder Separat-
abdrücke wurden der Bibliothek geschenkt von folgenden Herren:
G. H. Alberti, Hamburg; Dr. L. Allen, Hamburg; Beyle, Hamburg;
Georg Böcker & W. Berkefeld, Hamburg; H.Bögel, Hamburg; Prof. Dr.
Brick, Hamburg; Heinrich Emden & Co., Berlin; Mme.Errera, Brüssel;
R.Friedländer & Sohn, Berlin; Dr. Heering, Hamburg; Jose Hurtado
de Mendoza, Madrid; J. H. Maiden, Sidney; J. Medley Wood,
Durban, Natal; C. Merk, Darmstadt; J. F. Müller & Sohn, Hamburg;
E. Östrup, Kopenhagen; C. F. Peters i. Fa. L. Gabain, Hamburg;
Dietrich Reimer, Berlin; Forstamtsassessor v. Reitzenstein, Fürthi.B.;
MajorReinbold, Itzehoe; Roure-Bertrand fils, Grasse;Dr.R. Schander;
Bromberg; Schimmel & Co, Miltiz;, Dr. Ernst Schultze, Hamburg,
Geh. Rat Stuhlmann, Hamburg; W. v. Sycianko, Braunschweig;
Prof. Dr. Voigt, Hamburg; Dr. Waage, Berlin; OÖ. Weigel, Leipzig; Prof.
Dr. Zacharias, Hamburg; Gustav Zülzer, Hamburg.
Sowohl die öffentlich aufgestellte Handbibliothek im Botanischen
Garten als auch das Lesezimmer im Botanischen Museum wurden im
verflossenen Jahre regelmäßig und vielseitig benutzt. Ausgeliehen wurden
574 Bände (gegen 370 im Jahre 1909).
Die Veröffentlichungen der Botanischen Staatsinstitute und Sonder-
drucke von Arbeiten der Beamten und anderer Botaniker Hamburgs
ALSER
Botanische Staatsinstitute. 239
wurden zu Tauschzwecken versandt an sämtliche im vorigen Jahresbericht
aufgeführten Adressen.
Die mit der Bibliothek verbundene Sammlung von Bildern, Photo-
graphien und Lichtbildern wurde außer durch Kauf durch Geschenke ver-
mehrt: von Lady Brandis, Bonn: Bildnis des Sir Dietrich Brandis, ehem.
General-Landforstmeisters der Regierung in Vorderindien; von Herrn
Dr. Gaßner, Hamburg: 70 Lichtbilder laut Verzeichnis; von Herrn
J. Görbing, Hamburg: 10 Orchideen-Photograpbien.
Über die Tätigkeit des Laboratoriums für Warenkunde, der
Abteilung für Samenkontrolle und der Abteilung für Pflanzenschutz
folgen im Anhang besondere Berichte.
Über die Tätigkeit des Baumwarts im Stadt- und Landgebiete ist
folgendes zu berichten:
Die Bepflanzung der Landstraße Bergedorf-Kirchwärder mit Obst-
bäumen wurde um 150 Stück erweitert.
Es wurden in 6 Ortschaften an 56 Tagen Obstbaukurse abgehalten,
und in 12 Ortschaften wurden an 67 Tagen Besichtigungen zur Belehrung
im Obstbau unternommen. Praktische Unterweisungen über Obstbau im
allgemeinen fanden an 56 Tagen statt. Es wurde hauptsächlich dabei
berücksichtigt das Schneiden der Wurzel und Krone, Pflanzung, Düngung,
Pflege der jungen und alten Bäume.
Ferner wurden Zeichnungen und Pläne für Anlagen von rentabeln
Obstplantagen angefertigt und die Ausführung praktisch geleitet. Angelegt
wurden in 3 Ortschaften je eine Musterplantage. Außerdem wurde Rat
für den Ankauf junger Obstbäume erteilt. Anweisungen für die Bearbeitung
des Bodens, Veredelung, Bekämpfung von Schädlingen und in großer
Anzahl die Bestimmung von Obstsorten vorgenommen. Begutachtungen
von ÖObstanlagen in und außerhalb Hamburgs fanden an 22 Tagen
statt. Ferner wurden die von den Landherrenschaften gestifteten Preis-
obstbäume an die Obst- und Gartenbauvereine von Herrn Inspektor
Widmaier und. dem Baumwart angekauft und bis auf weiteres über-
wacht.
Die Untersuchungen und Versuche zur Förderung des Gemüsebaues
und der Landwirtschaft im Hamburger Staatsgebiete wurden fortgesetzt.
Die Ergebnisse der Untersuchung über die Ursachen der Selleriekrank-
heiten wurden in einer Abhandlung zusammengestellt (s. Verzeichnis der
Publikationen). Auf Grund der gewonnenen Ergebnisse wurde ein Ver-
fahren zur Bekämpfung der Krankheit und zur Erziehung gesunden Selleries
ausgearbeitet und in der Praxis erprobt. Zu dem Zwecke wurden bei 11
verschiedenen Landwirten in Moorfleth, Reitbrook, Ochsenwärder, Curslack
und Kirchwärder Versuchsfelder angelegt und das Ernteergebnis im Herbst
genau ermittelt. Ferner wurden im Botanischen Garten Düngungsversuche
VII.
Laboratorien.
IX.
Tätigkeit im
Interesse des
Land- und
Gartenbaus im
hamburg.
Staatsgebiet.
Obstbau.
Landbau.
Vogelsehutz.
240 Botanische Staatsinstitute.
mit Sellerie in Töpfen ausgeführt. Es gelang durch geeignete Behand-
lung, gesunden Sellerie zu erziehen. Das Verfahren ist allerdings noch
etwas reichlich kostspielig. Es ergab sich, daß der Hauptfehler bei der
gegenwärtigen Kultur der Mangel einer geeigneten Fruchtfolge ist. Es
wird die Aufgabe weiterer Versuche sein müssen, das Verfahren billiger
zu gestalten und auf die Anwendung von Fruchtwechsel hinzuwirken. Ein
genauerer Bericht über die Versuche befindet sich in Vorbereitung.
Einige Ergebnisse dieser Untersuchungen und Versuche wurden auf
der vom 2.—5. Juni 1910 stattfindenden Ausstellung der Deutschen Land-
wirtschafts-Gesellschaft vorgeführt.
Die geplanten Versuche zur Erschließung weiterer Landflächen für
den Gemüsebau konnten einstweilen noch nicht zur Ausführung gebracht
werden. Doch wurden zur Orientierung Bodenproben entnommen und zur
Untersuchung vorbereitet.
Die Arbeiten zur Förderung der Kultur anderer Früchte (Erdbeeren,
Gurken, Maiblumen usw.) konnten nicht in gleicher Weise gefördert
werden. Sie wurden aber im Auge behalten und durch einzelne Beob-
achtungen weitergeführt.
Die schon im letzten Bericht erwähnten Versuche über die kom-
postierende Wirkung des Pyrolusit führten zu einem positiven Resultat.
Es wurden deshalb neue Versuche auf möglichst. exakter Grundlage ein-
geleitet. Auf Anregung einer Kaufmannsfirma wurden Düngeversuche mit
Rizinusmehl als Ersatz für Stickstoffdünger ausgeführt. Besonders die
Versuche mit Rüben brachten ein sehr günstiges Resultat. Die mit Rizinus-
mehl gedüngten Parzellen waren den mit Salpeterstickstoff in gleichem
Verhältnis gedüngten Parzellen überlegen.
Über die im Jahre 1910 getroffenen Maßnahmen für Vogel-
schutz ist folgendes zu berichten.
Das im Frühjahr 1908 angelegte Vogelschutzgehölz bei der
Riepenburg in den Vierlanden wurde in einem Drittel kurz über
der Erde abgetrieben zur Erzielung eines buschförmigen Wuchses der
Einzelpflanzen. Im angrenzenden Bruchgelände wurde eine Futterstelle
mit Hessischem Futterhaus eingerichtet. Gegen Haarraubzeug wurden
4 Kastenfallen aufgestellt; gegen Sperber und Krähen, die, angelockt durch
die reiche Kleinvogelwelt des Vogelschutzgehölzes, sich öfter unangenehm
bemerkbar gemacht hatten, wurde die in Geesthacht nicht mehr benutzte
Krähenhütte etwa 800 m westlich vom Vogelschutzgehölz an einem Knick
auf freiem Felde aufgebaut. Schließlich wurde das Gehölz zum Schutze
gegen eindringendes weidendes Vieh an 2 Seiten mit einer Drahteinfriedigung
eingezäunt.
Die in der Nähe dieses Gehölzes gelegene 1450 qm große Vogel-
schutzanlage bei West-Krauel wurde mit 1000 Stück Weißdorn
Botanische Staatsinstitute. 341
(Orataegus oxyacantha) im Verband auf 80 cm bepflanzt, in die 100 Stück
Rot- und Weißbuchen (Fagus silvatica und Carpinus betulus) gleichmäßig
verteilt gesetzt wurden. Rings um die Anlagen stehen in 2 Reihen
1000 Stück Wildrosen (Rosa canına), die später eine undurchdringliche
Hecke bilden sollen, und davor 10 Stück Ebereschen (Sorbus aucuparia).
Mitten durch das in manchen Jahreszeiten sehr feuchte Gelände wurde
ein 1 m breiter Graben gezogen, der zur Entwässerung dienen und zugleich
den Vögeln Trink- und Badegelegenheit geben soll. Auf die Grabenwälle
wurde je eine Hecke aus Fichten (Prcea excelsa) und aus Lebensbaum
(Thuja ocerdentalis) gepflanzt; sie sollen außer der Darbietung einer Brut-
stätte für die Vögel auch als Beispiel für die leichte Beschaffung von
Nistgelegenheit für Freibrüter in Gestalt von Heckeneinfriedigungen der
Gärten und Felder dienen. Auch dieses Gehölz wurde mit einer Draht-
umzäunung versehen.
Auch die Bepflanzung der dritten im Geestgebiete auf Heide- und
Moorboden gelegenen etwa 10. 000 qm großen Vogelschutzanlage bei
Langenhorn wurde zum größten Teile fertiggestellt. Wegen des moorigen
Bodens wurden unter Schonung und Benutzung des schon vorhandenen
Baum- und Strauchbestandes von Kiefern, Birken, Gagel, Zitterpappeln,
Weiden und Ebereschen sowie Heide eine gruppenweise Bepflanzung mit
folgenden Arten gewählt: 1000 Stück Weißdorn (Orataegus oxyacantha),
50 Weißbuchen (Carpinus betulus), 100 Hartriegel (Cornus alba), 130 Silber-
weiden (Salz alba argentea), 100 Silberpappeln (Populus alba), 15 Schar-
lachdorn (Orataegus coccinea), 10 Roteichen (Quercus rubra), 60 Ebereschen
(Sorbus aucuparia), 300 Wildrosen (Rosa canina), 300 Fichten (Picea excelsa
und P. sitkaensis), 100 Lebensbäume (Thuja oceidentalis) und 20 Kiefern
(Pinus silvestris). An den tieferen Stellen des Geländes konnten kleine
Teiche und Inseln geschaffen werden, die für kleinere Sumpf- und Wasser-
vögel willkommene Nistgelegenheit darbieten. Die zwei offenen Seiten
des Gehölzes wurden mit einem Maschen- und Stacheldrahtzaun versehen.
Unter Beihilfe des Vogelwarts wurden ferner mehrere Vogelschutz-
hecken und Gehölzgruppen zur Nistgelegenheit für freibrütende Vögel in
Privatgärten von den Besitzern angelegt.
Für die Höhlenbrüter wurden von den Landherrenschaften 310 Nist-
höhlen für Meisen, Baumläufer, Trauerfliegenfänger, Spechtmeisen usw.
angeschafft und in den Gemeinden des Landgebietes an geeigneten Stellen
aufgehängt. Die in früheren Jahren dort angebrachten Nisthöhlen wurden
nachgesehen und ihre Besetzung mit den verschiedenen Vogelarten fest-
gestellt. Außerdem wurden 20 Nisthöhlen für die größeren Höhlenbrüter
in der Umgebung der Vogelschutzgehölze in den Vierlanden zu Versuchs-
und Beobachtungszwecken aufgehängt.
Ferner war der Vogelwart 44 Gartenbesitzern bei der Aufhängung
19
X.
Tätigkeit im
Interesse für
die wissen-
schaftliche
und wirt-
schaftliche
Erforschung
der deutschen
Kolonien.
242 Botanische Staatsinstitute.
von 794 Nisthöhlen für kleinere Vögel, 328 Stück für größere Höhlen-
brüter und 530 Halbhöhlen sowie bei Aufstellung von 12 Futterhäusern,
bei Anbringung von 5 Futterglocken und -krippen, ferner kleineren Futter-
apparaten und Futterbäumen behilflich.
Auf der vom 2.—7. Juni1910 veranstalteten Ausstellung der Deutschen
Landwirtschafts-Gesellschaft auf dem Heiligengeistfelde in Hamburg wurde
in der Hamburger Halle in der für die Botanischen Staatsinstitute vor-
gesehenen Abteilung eine größere Ausstellung von Gegenständen
und Modellen für Vogelschutz vorgeführt. Ein Teil der nachfolgend
aufgeführten Objekte war auch einer Ausstellung des Vereins Hamburger
Kanarienfreunde in der Alsterlust vom 4.—7. Dezember 1910 überlassen.
Es waren aufgehängt oder aufgestellt die verschiedenen Arten der
v. Berlepschschen Nisthöhlen, ganz und durchschnitten, minderwertige und
untaugliche Nisthöhlen, eine natürliche Schwarzspechthöhle, künstliche
Schwalbennester und Niströhren für Uferschwalben, künstlich beschnittene
und zusammengebundene Sträucher als Nistgelegenheit für freibrütende
Vögel (mit natürlichen Nestern), v. Berlepschsche Futterglocke, Dr. Bruhnsche
Meisendose, Futterlaube, Hessisches Futterhaus, verschiedene Futterkrippen
und Futterapparate, umgekehrt aufgehängte Blumentöpfe als Spatzenfallen
(Ausnehmen der Eier) u. a. Ferner war ein von dem Vogelwart O. Theil
angefertigtes großes Modell des Vogelschutzgehölzes bei der Riepenburg
in den Vierlanden nebst einem als Erklärung dienenden Plan ausgestellt;
es sollten damit die Anpflanzung und Behandlung eines Vogelschutzgehölzes,
Nistgelegenheit für Freibrüter und für Höhlenbrüter, Vogelfuttereinrichtungen,
Anbringung von Raubzeugfallen usw. gezeigt werden. Auch die bereits
im vorjährigen Bericht erwähnten Modelle über Einrichtung von Haus-
fronten und kleinen Gärten für Zwecke des praktischen Vogelschutzes
waren ausgestellt. Schließlich wurde in einer Tabelle die Besetzung der
von den Landherrenschaften in den verschiedenen Ortschaften des ham-
burgischen Landgebietes ausgehängten Nisthöhlen mit nützlichen Vogel-
arten im Frühjahre 1910 nach den Beobachtungen des Vogelwarts vor-
geführt. Eine weitere Tabelle zeigte nach statistischen, durch die
Landherrenschaften veranlaßten Aufnahmen die Abnahme der Störche im
hamburgischen Landgebiete. Die erstgenannte Tabelle ist auf neben-
stehender Seite wiedergegeben.
Gelegentlich der Wanderausstellung der Deutschen Landwirtschafts-
gesellschaft, die vom 2.—7. Juni in Hamburg stattfand, war von der
Deutschen Kolonialgesellschaft auch eine kolonialwirtschaftliche
Ausstellung veranstaltet worden.
Im Rahmen dieser Ausstellung hatte das Hamburgische Kolonial-
institut die Bearbeitung und Herrichtung dreier Gruppen übernommen:
l. Weidewirtschaft .in Deutsch-Südwestafrika. 2. Nahrungsmittel der Ein-
ee
Botanische Staatsinstitute, 243
Besetzung der von den Landherrenschaften u. a. in den
verschiedenen Ortschaften des hamburgischen Gebiets
ausgehängten Nisthöhlen
(nach Aufnahmen im Frühjahr 1910 vom Vogelwart O. Theil).
- | |
Gesamtzahl _ nu Von |
Ort der uneleen Sperlingen | Unbewohnt
Nisthöhlen | Yösen | pezogen |
| besetzt E
I. Vierlande:
Kirchwärders 22... 0... 350 | 323 | 29 28
Neuensamme........... 200 | 176 16 8
Ost-Kraueler..ı.., EN oe 100 | sl 10 | 9
Alteneammer ..n.can.ern- 170 153 | 15 | 15)
Emrslacke ea elee 170 125 22 | 23
II. Landschaften Billwärder-
Ochsenwärder: | | |
Ochsenwärder .......... 120 57 20 | 13
Matenber®- >... .......% +- 110 | 87 13 10
Spadenland.......... ER 60 | 45 | 7 5
Veıthrookae ser er: 70 | 3 7 _
lermohenssssses ee 40 al | 6 | 3
Moortletiee ee 15 11 4 _
III. Elbinseln:
IMOOLwArderse 30 | 24 4 2
Finkenwärder........... 310 265 23 | 19
IV. Moorburg: |
Moonhürs” we. ua. 40 | 31 7 2
V. Geestgebiet:
a) nördlich der Stadt:
Nlsterdonie rer ea. 40 29 5 6
ORISdone ae 40 DU 7 6
Fuhlsbüttel, Ort ........ 30 23 4 3
= Korrektions-
AUS ee 90 19 6 5
Langenhorn, Ort........ 150 | 144 21 15
s Irrenanstalt 155 105 24 | 26
Groß Bonstel. 2... 2%..... 70 55 | 9 6
b) Geesthacht: |
Geesthacht, Ort......... 100 6l | 19 | 20
> Blorsweee 100 39 | = | 11
Rn Edmundstal . 193 135 | — | 58
ec) Walddörfer: |
Nolksdart:..2..20...;6.. 50 33 | S 9
Wohldorf-Ohlstedt .. 35 DT 5 6)
Groß-Hansdorf-Schmalenb. 50 | 35 | Ü $)
Farmsen, Werk- und |
INLmennausee 20 | 8. $) S
Zusammen... 2968 2339 | 309 320
——————————————————————————
244 Botanische Staatsinstitute.
gebornen deutscher Kolonien. 3. Bodenproben und mechanische Boden-
analysen aus den verschiedenen deutschen Kolonien. Um Material für die
Darstellung der Weidewirtschaft zu erlangen, waren von der Deutschen
Kolonialgesellschaft Fragebogen ausgesandt worden mit der Aufforderung
an die Farmer, Material einzusenden. Dieser Aufforderung ist in reichem
Maße entsprochen worden (s. die Übersicht), so daß die Ausstellung ein
gutes Bild der einschlägigen Verhältnisse gab.
Die eingesandten Materialien wurden den Botanischen Staatsinstituten
überwiesen, es waren Proben von Futtergräsern und Futterbüschen, ferner
Erdproben, Photographien usw. Die Pflanzen wurden botanisch bestimmt
und chemisch analysiert, und ebenso wurden die Bodenproben chemisch
analysiert. Da die meisten Sendungen erst sehr spät eintrafen, Konnte die
wissenschaftliche Bearbeitung sich vorläufig nur auf das Material erstrecken,
welches speziell für die Ausstellung ausgesucht war. Dieses wurde mit
den wissenschaftlichen Namen und mit den in Tabellenform zusammen-
gestellten Ergebnissen der chemischen Analyse versehen. Es wurden bei
der Auswahl sämtliche Sendungen, bis auf eine, die erst nach der Aus-
stellung eintraf, gleichmäßig berücksichtigt. :
Zur Orientierung über die Weideverhältnisse in Deutsch-Südwestafrika
wurde in dem Führer durch die Kolonialwirtschaftliche Ausstellung ein
kleiner Aufsatz: „Futterpflanzen der deutsch-südwestafrikanischen Weide“
zum Abdruck gebracht (s. Abschnitt XI, Publikationen, S. 247).
Die Nahrungsmittel der Eingebornen waren ebenfalls besonders für
die Ausstellung eingeschickt worden.
In der Gruppe Bodenproben und mechanische Bodenanalysen war
die Bodenprobensammlung der Botanischen Staatsinstitute zur Ausstellung
gebracht (s. S. 236).
Da die Ausstellungsobjekte in den Besitz der Botanischen Staats-
institute übergingen, so bedeutete dies einen erfreulichen Zuwachs an
schönen Sammlungsgegenständen. Aus den Dubletten wurde eine Samm-
lung hergestellt, die an die Deutsche Kolonialgesellschaft abgegeben
wurde.
Die wissenschaftliche Bearbeitung der südwestafrikanischen Futter-
pflanzen und Bodenproben wurde nach der Ausstellung fortgesetzt. Ein
vorläufiger Bericht ist bereits erschienen (s. Publikationen) und die definitive
Bearbeitung ist abgeschlossen.
Bei dem großen Interesse, das die Darstellung der Weideverhältnisse
in Deutsch-Südwestafrika erweckte, schien es wünschenswert, die Unter-
suchungen weiter auszudehnen. Es wurden daher von den Botanischen
Staatsinstituten neue Anweisungen zum Sammeln, Fragebogen und Etiketten
gedruckt und durch die Zentralstelle des Hamburgischen Kolonialinstituts
an das Gouvernement in Windhuk abgesandt.
Botanische Staatsinstitute. 345
Übersicht über das zur Ausstellung aus Deutsch - Südwestafrika
eingesandte Material.
: ' Futter- |
Gras- | \ ı Boden-
j er busch- | 0]
Ort Einsender proben | proben Bemerkungen
| proben | =
zur chemischen Analyse
Otawifontein | Otawi-Minen- und |
Eisenbahn - Gesell-
Schale a 16 a | „) —
Voigtsgrund. | A. Voigts ......... 2 10 | — [Außerdem ein Herbar von
75 Nummern.
er »Barmen „Th. Glatz +... ..s«. 3 — | Il | Außerdem Wasserprobe von
der heißen Quelle.
9 Photographien.
Drah...,.%: Deutsch-Südwest-
afrikanische Schä-
ferei-Gesellschaft. 6 _ 2 17 Photographien.
NauHs’ +. do. 2 Ss I. — —
Dabiberr... 2. do. 2 a —
Farm Gras bei
Kub- 2... Woermann ........ — — — 13 Grasproben, nur Herbar-
exemplare.
Farm Anias
Nord... G3 Brauer? 2.45... 5 S ı — Außerdem Herbar.
ÖOtjitambi ... [Schlettwein.. ..... 1 2 — —
Otjomikambo
u. Anplatz. | Carpzow ...-...... — — 2 —
Geikeis...... | GeRischer. mr = — 2 —
Nonikanmı sc. H. Wull. =... m. l en 2 Außerdem Herbarexemplare
und Pflanzenteile
Zusammen... 33 76 12
246 Botanische Staatsinstitute.
Außerdem wurden zahlreiche Untersuchungen sonstiger Nutzpflanzen
aus den deutschen Kolonien in den Botanischen Staatsinstituten ausgeführt.
XL. Von den an den Instituten tätigen Herren erschienen folgende
Publikationen. Arbeiten:
Brick, C., Pteridophyten 1907. Justs Botanischer Jahresbericht XXXV,
78 8.
— Die auf dem amerikanischen und australischen Obste mitgebrachten
Parasiten und ihre etwaige Gefahr für den deutschen Obstbau.
Berichte über Landwirtschaft, herausg. im Reichsamt des Innern,
Heft 17, 13.82 ‚Berlin 1910:
— Die Einfuhr des ausländischen Obstes nach Deutschland, ins-
besondere amerikanischer und australischer Äpfel in Hamburg.
Festschrift zum 50jährigen Bestehen des Deutschen Pomologen-
Vereins, 58. Eisenach 1910.
— Gemüse- und Obstbau im hamburgischen Marschgebiet. 30 8.,
Hamburg 1910, und Jahrbuch der Deutschen Landwirtschafts-
Gesellschaft 1910, 13 8.
— Zythia resinae (Fr.) Karst. als unangenehmer Bauholzpilz. Jahres-
bericht der Vereinigung für angewandte Botanik VIII, 1910, 17 8.
Brunner, ©., siehe Voigt.
Denys, G., Anatomische Untersuchungen an Polyides rotundus Gmel.
und Furcellaria fastigiata Lam. Mit 7 Abbildungen im Text. Jahr-
buch der Hamb. Wissensch. Anstalten XXVII, 1909.
— siehe Voigt.
Grimme, C., „Narras“, ein wichtiges Eingeborenen-Nahrungsmittel in
Deutsch-Südwestafrika. Tropenpflanzer XIV, 1910, S. 297—302.
— Über einige seltene Ölfrüchte. Chemische Revue über die Fett-
und Harz-Industrie XVII, 1910, S. 156—158, 178—181.
— Über neuere und wenig untersuchte Ölfrüchte. Chemische Revue
über die Fett- und Harz-Industrie XVII, 910, S. 233—237,
263— 269.
— Die Futterpflanzen aus Südwestafrika auf der Hamburger Ausstellung.
Chemischer Teil — Vorläufiger Bericht. Jahrbuch der Deutschen
Landwirtschafts-Gesellschaft 1910, III, 4 S.
— Referate über angewandte Chemie. Chemisches Centralblatt 1910, II.
Heering, W., Naturdenkmalpflege und Vogelschutz. (Nach einem auf
der Generalversammlung des Vereins Jordsand 1909 gehaltenen
Vortrage.) 68.
— Über Naturdenkmalpflege mit besonderer Berücksichtigung Schleswig-
Holsteins. (Auszug aus dem auf der Generalversammlung des
Vereins für Natur- und Landeskunde am 1. Juni 1909 in Sonder-
burg gehaltenen Vortrage.) Die Heimat, Jahrg. 1910, Nr. 4, 5 8.
Botanische Staatsinstitute. 347
Heering, W., Bericht über die Tätigkeit im Interesse der Naturdenkmal-
pflege in Schleswig-Holstein vom 1. April 1909 bis 31. März 1910.
Mitteilungen des Schlesw.-Holst. Provinzialkomitees für Naturdenk-
malpflege, Nr. 2, 188.
— Futterpflanzen der deutsch-südwestafrikanischen Weide. Führer
durch die Kolonialwirtschaftliche Ausstellung der Deutschen
Kolonialgesellschaft auf der Wanderausstellung der Deutschen
Landwirtschafts-Gesellschaft vom 2.—7. Juni 1910 in Hamburg,
S. 24—26.
— Vorläufiger Bericht über die aus Südwestafrika zur Ausstellung. ein-
gesandten Futterpflanzen. Jahrbuch der Deutschen Landwirtschafts-
Gesellschaft, 1910, 3. Lief., 3 S.
— Leitfaden für den naturgeschichtlichen Unterricht an höheren Lehr-
anstalten. 1. Teil: Für die unteren Klassen, XII und 351 S.,
319 Textfig., S Farbentafeln. Berlin.
— und Dus£n, P., Neue Baccharis-Arten in Dusen, P., Gefäßpflanzen
aus Parana. Arkiv för Botanik. Stockholm 1910. Bd. IX, Nr. 15,
S. 23—30, Textfig. und Taf.
— Besprechungen für das Botanische Centralblatt, die Monatschrift
für höhere Schulen und Petermanns geogr. Mitteilungen.
Klebahn, H. Krankheiten des Selleries. Zeitschrift für Pflanzenkrank-
heiten XX, 1910, S. 1—40, Taf. I und II und 14 Abbildungen
im Text.
Lindinger, L., Bemerkungen zur Phylogenie der Monokotylen. Natur-
wiss. Wochenschr. XXV, 1910, Nr. 5.
— Mikroaufnahmen. Sonne VI, 1910, Nr. 5. Mit 3 Abb.
— ÖOrchideenstudien I. Orchis IV, 1910, Nr. 3. Mit 2 Taf.
— Bemerkungen über die Verbreitung einer Gurkenkrankheit in Deutsch-
land. Möllers Deutsche Gärtner-Zeitung XXV, 1910, Nr. 27. Mit
1 Abb.
— Die Schildlausgattung @ymnaspis II. Deutsche Entomol. Zeitschrift
1910, Nr. 4. Mit I Abb.
— Afrikanische Schildläuse III. Jahrbuch Hamb. Wiss. Anst. XXVII,
1309, 3. Beih., 1910. Mit 4 Taf.
— Die Coceidenliteratur des Jahres 1908 (D—Z). Zeitschrift f. wiss.
Ins.-Biol. VI, 1910, Heft 3—9.
— Beiträge zur Kenntnis der Schildlläuse und ihrer Verbreitung II
(Anfang). Ebenda Heft 11.
Voigt, A. (Mitarbeiter ©. Brunner und G. Denys), Technische und
Kolonialbotanik 1907. Justs Botanischer Jahresbericht XXXV 3,
S. 593 — 686.
— Hydnocarpus venenata Gaertn. die Stammpflanze des zur Backa-
XI.
Vorlesungen
und Praktika.
248 Botanische Staatsinstitute.
Margarine verwendeten giftigen Kardamom-(Maratti-)Fettes. Jahres-
bericht der Vereinigung für angewandte Botanik VIII, 1910.
Voigt, A., Über Probenziehungsapparate. (Fbenda.)
Von den Beamten der Institute wurden folgende Vorlesungen und
Praktika angezeigt:
Allgemeines Vorlesungswesen.
I. Sommersemester 1909.
Professor Dr. Zacharias: 1. Praktische Übungen im Untersuchen
und Bestimmen von Phanerogamen. Für Oberlehrer und Kandidaten des
höheren Schulamts. So. 4-6, Ubungssaal Botanische Staatsinstitute,
Jungiusstraße. Gebühr M 10. 2. Exkursionen. Für Oberlehrer und
Kandidaten des höheren Schulamts. Freitags nachmittags. Gebühr A 5.
Professor Dr. Voigt: Praktische Übungen für Getreide- Saaten- und
Futtermittelhändler unter Benutzung des Mikroskops. Fr. 7'/—10, Übungs-
saal Botanische Staatsinstitute, Jungiusstraße. Gebühr NM 10.
Professor Dr. Klebahn: Physiologisches Praktikum für Oberlehrer.
In zu verabredenden Stunden im Übungssaal, Botanische Staatsinstitute,
Jungiusstraße. Gebühr M 10.
Professor Dr. Zacharias und Dr. Heering: Praktische Übungen
im Untersuchen und Bestimmen von Phanerogamen. Mi. 5—7, Übungssaal
Botanische Staatsinstitute, Jungiusstraße. Gebühr M 10.
Professor Dr. Klebahn: Botanisches Kolloquium. 2stündig in zu
verabredenden Stunden im Übungssaal, Botanische Staatsinstitute, Jungius-
straße. Gebühr M 10.
Professor Dr. Zacharias, Professor Dr. Voigt und Professor
Dr. Klebahn: Anleitung zu selbständigen botanischen Arbeiten. In zu
verabredenden Stunden im Übungssaal der Botanischen Staatsinstitute.
II. Wintersemester 1909/10.
Professor Dr. Zacharias: Botanische Übungen unter Benutzung des
Mikroskops. Für ÖOberlehrer und Kandidaten des höheren Schulamts.
So. 46, Übungssaal Botanische Staatsinstitute. Gebühr M 10.
Professor Dr. Voigt: Praktische Übungen im Erkennen und Unter-
suchen pflanzlicher Erzeugnisse des Handels. Fr. 8—10, Übungssaal
Botanische Staatsinstitute. Gebühr 4 10.
Professor Dr. Klebahn: 1. Botanisches Kolloquium (Anatomie der
Pflanzen). 2stündig in zu verabredenden Stunden. Botanische Staats-
institute. Gebühr M 10. 2. Über Anatomie der Pflanzen, verbunden mit
praktischen Übungen. Di. 6—8, Übungssaal Botanische Staatsinstitute,
Gebühr M 10.
Er
az
BE in ©
Botanische Staatsinstitute. 249
Professor Dr. Zacharias, Professor Dr. Voigt und Professor
Dr. Klebahn: Anleitung zu selbständigen botanischen Arbeiten. In zu
verabredenden Stunden im Ubungssaal der Botanischen Staatsinstitute.
Kolonialinstitut.
I. Sommersemester 1909.
Professor Dr. Zacharias und Obergärtner Warnecke: Übungen
im Anlegen und Bewirtschaften Kolonialer Nutzgärten. — Demonstration
von Obstanlagen.
Professor Dr. Voigt: 1. Praktische Übungen im Erkennen und Unter-
suchen pflanzlicher Erzeugnisse des Handels. 2. Koloniale Nutzpflanzen
Professor Dr. Voigt und Professor Dr Ratlıgen: Besichtigung von
Warenlagern, Aufbereitungsanstalten und industriellen Anlagen.
Professor Dr. Klebahn: 1. Grundlagen der Bodenkunde 2. Ein-
führung in die landwirtschaftliche Pflanzenzüchtung und in die Lehre von
den Pflanzenkrankheiten.
Dr. Brick: Krankheiten der tropischen Kulturpflanzen.
Dr. Heering: Grundzüge der Pflanzengeographie.
l!. Wintersemester 1909/10.
Professor Dr. Zacharias: Allgemeine Botanik.
Professor Dr. Voigt: 1. Praktische Übungen im Erkennen und Unter-
suchen pflanzlicher Erzeugnisse des Handels. 2. Koloniale Nutzpflanzen.
3. Demonstrationen von Ausrüstungen für botanisches Sammeln auf Reisen.
Professor Dr. Voigt und Professor Dr. Rathgen: Besichtigung von
Warenlagern, Aufbereitungsanstalten und industriellen Anlagen.
Professor Dr. Klebahn: Die Grundlagen der Bodenkunde.
Professor Dr. Brick: Krankheiten der tropischen Kulturpflanzen (ver-
bunden mit praktischen Übungen).
Dr. Heering: Grundzüge der Pflanzengeographie mit besonderer
Berücksichtigung der deutschen Kolonien.
Professor Fesca: Landwirtschaftliches Laboratorium in Gemeinschaft
mit Dr. Grimme.
Es arbeiteten im Laboratorium Studierende, die sich in den Univer-
sitätsferien in Hamburg aufhielten, mehrfach an der Fertigstellung ihrer
Dissertationen. Bei anatomisch-systematischen Arbeiten wurde auch das
Herbar benutzt. Ferner arbeiteten im Institut Chemiker und Oberlehrer
aus Hamburg zur Vorbereitung auf Prüfungen und die Herren Dr. Himmel-
2U
XII.
Förderung
wissen-
schaftlicher
Tätigkeit.
XIV.
Förderung
anderweitiger
Bestrebungen
und
Beteiligung
an
Ausstellungen.
250 Botanische Staatsinstitute.
.
baur, Wien, und Dowson, Cambridge, über Pilze, Herr Schulamtskandidat
Esmarch, Altona, über die Cyanophyceen in den Erdproben aus den
deutschen Kolonien. Schließlich waren eine Reihe auswärtiger Heıren in
der Abteilung für Samenkontrolle tätig, um die dort geübten Methoden
kennen zu lernen.
Über die Abgabe von Material aus den Dubletten des Gartens und
der Sammlungen ist S. 228 und S. 235 berichtet worden. Teilweise dienten
die übersandten Objekte zur Unterstützung bei der Ausführung wissen-
schaftlicher Arbeiten.
Ausgeliehen wurden zu diesem Zweck Gegenstände aus der karpo-
logischen Sammlung an Herrn Professor O. Beccari, Florenz, aus dem
Herbarium an das Botanische Museum in Dahlem, an Herrn Carl
Skottsberg in Upsala, an Herrn Professor O. Beccari in Florenz, an
Herrn Professor Martelli in Florenz.
An der Ausstellung der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft vom
2.—5. Juni in Hamburg beteiligten sich die Botanischen Staatsinstitute in
der Hamburger Halle mit einer Kollektion von Ausstellungsgegenständen
über Pflanzenkrankheiten, über die zurzeit im hamburgischen Landgebiet
angestellten Düngungsversuche mit Sellerie, über Vogelschutz (s. S. 242.)
Über die kolonialwirtschaftliche Ausstellung s. S. 242.
Für die vom 12.—14 Juni in Hamburg stattfindende Tagung deutscher
Tabak- und Zigarrenhändler wurde die unter Aufsicht der Botanischen
Staatsinstitute stehende zolltechnische Sammlung des Kolonialinstituts, die
in der alten Sternwarte untergebracht ist, teilweise zur Verfügung gestellt.
Ferner fanden im Institute die Sitzungen der Botanischen Gruppe
des Naturwissenschaftlichen Vereins, die Sitzungen des Botanischen Vereins
und des Lehrervereins für Naturkunde statt.
a
Bericht über die Tätigkeit des Laboratorinms für Warenkunde 1910/1911. Hl
Bericht über die Tätigkeit des
Laboratoriums für Warenkunde
für die Zeit vom 1. Juli 1910 bis 30. Juni 1911 (zugleich XX. Bericht
über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle), erstattet von
Professor Dr. A. Voigt.
Geschichtliches.
Mit dem Jahre 1910/11 sind gut 25 Jahre verstrichen, seitdem mit
dem 1885 gegründeten Botanischen Museum ein Laboratorium für Waren-
kunde verbunden wurde 1891 kam dann eine Abteilung für Samen-
kontrolle hinzu. Diese hat heute eine 20jährige Tätiekeit hinter sich. Es
erscheint daher angebracht, nachstehend eine kurze Übersicht über die
Entwicklung dieser Laboratorien zu geben.
„Die Entstehung!) dieser neuen Abteilung (Laboratorium für Waren-
kunde) ist gewissermaßen auf die Ausstellung zurückzuführen, welche im
April 1855 zu Ehren des in Hamburg abgehaltenen V. Geographentages
veranstaltet wurde. Fast die ganze in dieser Ausstellung so bemerkens-
werte „Abteilung für Handelsprodukte“, welche von den ersten Handels-
häusern Hamburgs beschickt worden war, gelangte durch die Freigebigkeit
derselben in den Besitz des Botanischen Museums, soweit die ausgestellten
Waren oder Rohprodukte pflanzlichen Ursprungs waren. Dem hierbei
hinzugefügten und wiederholt ausgesprochenen Wunsche, in dem Bota-
nischen Museum nunmehr eine Abteilung für Warenkunde einzurichten,
konnte man um so mehr nachkommen, als hiermit zugleich der für Ham-
burg in Betracht zu ziehende praktische Wert des Botanischen Museums
betont wurde. Auch fand die Erwägung Ausdruck, daß zugleich mit der
Errichtung einer Abteilung für Warenkunde dem Botanischen Museum
eine Bedeutung gegeben werde, welche bis jetzt keinem anderen Institute
des Deutschen Reiches zukommt, wohl aber in engster Beziehung zu der
Tatsache steht, daß das so erweiterte Botanische Museum in der ersten
Handelsstadt des Deutschen Reiches seine Entstehung gefunden habe.“
Die Aufstellung dieser Sammlungen im Botanischen Museum führte
'!) Aus dem Jahresbericht des Botanischen Museums für 1855.
21
352 Bericht über die Tätigkeit des Laboratoriums für Warenkunde 1910/1911.
24
dann im Jahre 1887 zu der Umwandlung des Namens des Instituts in
„Botanisches Museum und Laboratorium für Warenkunde“. Gleichzeitig
wurde eine Gebührenordnung festgestellt für warenkundliche Unter-
suchungen. Gleich die ersten Jahre brachten neben kleineren Auskünften
einige größere gutachtliche Arbeiten, so über die verschiedenen Nutzhölzer
aus den Gruppen Buchsbaum, Zedern, Kokos, Ebenholz, Mahagoni u. a.
und eine Bearbeitung der Nahrungs- und Genußmittel einer Hagenbeckschen
Singhalesenkarawane.
Wenn auch das Laboratorium für Warenkunde in der folgenden Zeit
alljährlich eine Reihe von Anfragen aufzuweisen hatte, so konnte es eine
größere Bedeutung für den Handel doch erst dann gewinnen, als ihm die
dauernde, regelmäßige Begutachtung bestimmter Handelswaren von seiten
des Großhandels übertragen wurde,
„Mit der stetigen Zunahme!) der Kontrolltätigkeit im Handel mit
landwirtschaftlichen Sämereien trat für den Hamburger Großhändler immer-
mehr das Bedürfnis hervor, ein den Samenkontrollstationen der Landwirt-
schaftlichen Versuchsstationen entsprechendes staatliches Institut am eigenen
Platze zu besitzen.“
„Im Jahre 1887 wandten sich die am Saathandel interessierten
Firmen mit dem Antrage an die Hamburger Handelskammer, doch dahin
wirken zu wollen, daß in dem staatlichen Laboratorium für Warenkunde
des Botanischen Museums eine den sogenannten Samenkontrollstationen
entsprechende Einrichtung getroffen werde.“
„Nach längeren Verhandlungen zwischen den interessierten Firmen
und der Handelskammer einerseits und der zuständigen Behörde (der
Oberschulbehörde) und der Direktion des Botanischen Museums andererseits
wurde die gewünschte Abteilung für Samenkontrolle am 1. September 1891
zunächst provisorisch errichtet. Nachdem dann die Einrichtung sich als
zweckmäßig erwiesen hatte, wurde die Errichtung der Abteilung am 1. Juli
1892 definitiv bestätigt, die Stellung eines wissenschaftlichen Assistenten
am Botanischen Museum geschaffen und diesem die Leitung des Labora-
toriums übertragen.“
Die junge Einrichtung stützte sich zunächst auf die technischen
Vorschriften des Verbandes Landwirtschaftlicher Versuchsstationen. Da
aber der Hamburger Großhandel, ebenso wie der englische, die feineren
Sämereien in der eidgenössischen Samenprüfungsanstalt in Zürich unter-
suchen ließ, so konnte eine gedeihliche Entwicklung des Hamburger
Laboratoriums nur erreicht werden, wenn auch die Methoden und Ein-
richtungen dieses damals bereits allgemein anerkannten Institutes Berück-
sichtigung fanden. Gleich in den ersten Jahren hatte der Leiter der
') Aus dem ersten Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle
1891—93.
Übersicht über die Frequenz 1891—1911.
98 99 208 0 22 e3 0» 05 06.07 0S 03 0 MA
77
3 WISH
MU 58
21%
254
Abteilung Gelegenheit, sowohl die Schweizer Anstalt
erößeren Laboratorien des Auslandes, in Wien, Paris
und Kopenhagen, sowie die wichtigeren deutschen
Tharand-Dresden, Breslau, Rostock, Kiel, Hohenheim
In Verfolg dieser Studienreisen konnte dann die Me-
kennen zu lernen.
Bericht über die Tätigkeit des Laboratoriums für Warenkunde 1910/1911.
als auch die anderen
‚ Wageningen-Holland
Versuchsstationen in
,‚ Halle, München u. a.
thodik der Analysen und vor allem die häufig recht schwierigen Keim-
prüfungen so ausgebaut und vervollkommnet werden, daß die Ergebnisse
der Hamburger Untersuchungen neben den Züricher Analysen bestehen
Tab
Anzahl der Proben und Untersuchungen 1891—1911.
E: Untersucht auf 5
z 3 Tea
= Samenart Stu We er We 3 les |52 | 38 a
= ee ee @ [dr 595282 98
5 = | Aa = mıN || Se
174.82 3 en 6 Le ©) en
Anzahl der Proben und |
Untersuchungen von 1891 — 1911. |
DRleearten su ee 37473 434/51 88612106) 6404| 7788| 497) ——| — |) 49165
DI EHER ee DE ae sr S 925] 30] 1585| 85] 5472| 7298| 12] S1l—| —| 1458
3[Ausdauernde Futterkräuter .......... 22]. 1) 2 — ss 21 — —-—| — 32
4|Einjährige Futtergewächse......... .[ 1262| 23) | 21 8362| 1225| —| || je
HINERulsensuchteg sr ee 542 S| 20 8 a 641
GllGetreidearten ee 77 986]3265) — 1174 534 6S6| 674127931101 1|| SL 964
11 Wurzelgewächse und Gemüse........ 2239| 50 4 —| 175 2212] 44 29 —ı 249%
SH WISBRTERS A ee 2068| 52 6 4 198 57% — —|—| 1 2108
Si GEhölzBameN. EL ee 17e 4 _— — ss 12 — ——- — 204
LO Zierpllanzen US. ae 181@ 78 —| — _ 0 —ı —I—| — 18
IT Gerreideprodukte u. a. unseren: 64 — _ — 35) a a 64
12. Getreideabfalle u.a... .2.22.2.00. 1959] 60 — | — 1352 — — —-—1133) Ze
IS Olkuchen m Re ea 491| 14 — 212421 — | --—| 69 506
a Verschiedenest or rn an er 172] 41 AN a I 172
KO IRASBERUOIE 0, 2 ee Re 169 3| — —| 164 | — —| 1 — 169
16| Bestimmung von Unkrautsamen usw. . 641 62 —| 1 3 Ze Zu en 64
Zusammen... |133 650|4105 33 494|2200 91 682|19 996 1227/2876145 206|1155 831
konnten.
Die Zahl der jährlich zur Untersuchung eingesandten Proben
der landwirtschaftlichen Sämereien stieg in den ersten 10 Jahren von 600
auf 2000, von 1900 bis 1907 auf 4600 und beträgt heute gut 8000. Dazu
kommen seit etwa 5 Jahren die Reinheitsanalysen der importierten Ge-
treide, die auf Grund des deutsch-niederländischen Vertrages für Hamburg
im Laboratorium für Warenkunde ausgeführt werden. Sie betragen rund
32 000, so daß die gesamten Eingänge sich im letzten Jahre auf 40 525
belaufen. Die Zahl der Einsender stiee von 37 im Jahre 1901/02 auf 703
im Jahre 1910/11.
Das Getreide ist im wesentlichen russische Futter-
Bericht über die Tätigkeit des Laboratoriams für Warenkunde 1910/1911. 255
gerste, aber auch schon von Weizen, Roggen und Hafer, für die Analysen
noch nicht obligatorisch sind, kommen bereits rund 4000 Proben zur Unter-
suchung. Entsprechend dieser Steigerung der Untersuchungen haben auch
die Einnahmen des Laboratoriums sich erheblich gemehrt. Während in
den ersten Jahren von seiten der Handelskreise noch eine Garantie von
5000 Mark an Untersuchungsgebühren geleistet wurde, erreichen die Ge-
bühren heute rund 100 000 Mark.
Um die Frequenz in den verschiedenen Jahren zu veranschaulichen,
sind in Tabelle I die Zunahmen der eingesandten Proben, der ausgeführten
Analysen und der Einsender graphisch dargestellt. Eine zweite Übersicht
gibt eine Zusammenstellung der in den abgelaufenen 20 Jahren unter-
suchten Proben.
Durch diese regelmäßige Beschäftigung mit einer großen Zahl für
den Handel sehr wichtiger Waren konnte das Laboratorium reichlich
nutzbringende Erfahrungen sammeln und eine gute Kenntnis der oft
komplizierten Handelsverhältnisse gewinnen. Sie führten zu einem regel-
mäßigen Verkehr mit dem Großhandel und machten schließlich eine Ver-
tretung des Instituts an der Börse notwendig. Durch diese Beziehungen
nahmen dann allmählich auch die andern Auskünfte aus dem Gebiet der
botanischen Warenkunde mehr und mehr an Bedeutung zu, so daß vom
Jahre 1907 ab auch über diese Tätiekeit gemeinsam mit den Samen-
untersuchungen berichtet wird. Die Zahl derartiger Anfragen ist von
kaum 100 im Jahre 1885 jetzt auf gut 1000 gestiegen. Sie betreffen,
wie in dem nachstehenden Bericht näher ausgeführt ist, nicht nur die
verschiedensten Rohstoffe des Pflanzenreichs und ihre Warenkunde, sondern
auch vielfach den plantagenmäßigen Anbau derselben und die Aufbereitung
der Produkte. Daneben wird das Laboratorium vielfach in Anspruch
genommen zur Entscheidung zolltechnischer Fragen. Bis zur Einführung
anderer Bestimmungen hatte es die Entscheidung über die Qualität der
importierten Gersten, d.h. die Feststellung, ob Malz- oder andere Gerste
vorliegt. Seit einiger Zeit sind ihm ferner die Untersuchungen der im-
portierten Kleien übertragen worden, um durch mechanische, mikroskopische
und chemische Analysen festzustellen, ob die Ware den Vorschriften für
die Zollabfertigung als Kleie entspricht.
Da Hamburg ferner der bedeutendste Importplatz für ausländische
Futtermittel (Hülsenfrüchte, Ölkuchen, Kleien, Reisfuttermehle usw.) ist,
so trat das Bedürfnis hervor, in Streitfällen ein neutrales Institut für die
Klärung der Differenzen über den Wert dieser Produkte zu besitzen. Da
die den Handel orientierenden Analysen in den Laboratorien der Handels-
chemiker gemacht werden und die Nachprüfung der Waren in der Regel
in den Landwirtschaftlichen Versuchsstationen stattfindet, so entstanden
bei Differenzen vielfach Schwierigkeiten, wer durch eine dritte Analyse
256 Bericht über die Tätigkeit des Laboratoriums für Warenkunde 1910/1911.
zur Aufklärung der Abweichungen herangezogen werden sollte. Häufig
konnte eine Einigung nicht erzielt werden, da von der einen Seite eine
Versuchsstation, von der andern ein Handelschemiker für die dritte Kon-
trollanalyse in Vorschlag gebracht wurde. Das Laboratorium für Waren-
kunde hat auf Veranlassung des Vereins der am Futtermittelhandel
beteiligten Firmen der Hamburger Börse 1908 Einrichtungen getroffen,
um derartige Analysen ausführen zu können. Die Tätigkeit der Ham-
burger Handelschemiker wird dadurch in keiner Weise beeinträchtigt; die
neue Einrichtung trägt vielmehr dazu bei, die vielen Unzuträglichkeiten,
die besonders in letzter Zeit auf dem Gebiet der Futtermittelanalysen
hervorgetreten sind, nach Kräften auszugleichen.
Da das Bestreben der Importeure stets darauf gerichtet ist, der
laandwirtschaft möglichst billige und dabei nährstoffreiche Futtermittel
herbeizuschaffen, so gelangen alljährlich neue Futtermittel auf den Markt,
über deren Unschädlichkeit, Bekömmlichkeit und Wert noch wenig oder
ear nichts bekannt ist. Außerdem sind die Meinungen über die bekannten
Futtermittel noch häufig geteilt, und schließlich treten in manchen Futter-
mitteln plötzlich Beimischungen auf, die die Bekömmlichkeit beeinträch-
tigen können. So findet man in den letzten ‚Jahren in vielen auslän-
dischen Ölkuchen Rückstände der Rizinusbohne. Um derartige Fragen
klären zu können, hat das Laboratorium gemeinsam mit dem Staatstier-
arzt und dem Jlandwirtschaftlichen Betrieb des Werk- und Armen-
hauses in Farmsen unter Mitwirkung des Vereins der Getreidehändler
der Hamburger Börse die Möglichkeit geschaffen, Fütterungsversuche
mit den verschiedensten Futtermitteln anstellen zu können. Über die
ersten derartigen Versuche enthält der nachstehende Bericht weitere
Angaben.
Das Laboratorium für Warenkunde hat sich aus kleinen Anfängen
langsam, aber stetig weiterentwickelt und ist bisher immer in der Lage
gewesen, auf den gewonnenen Erfahrungen neue Einrichtungen aufzu-
bauen, die ausnahmslos von interessierten Handelskreisen gewünscht
wurden. Die mannigfaltige Betätigung des Laboratoriums ist allem aus
den Bedürfnissen des Hamburger Handels herausgewachsen, es hat sich
auf manchen Gebieten zufriedenstellend bewährt und besitzt in seiner
Entwicklung die besten Garantien für eine noch ausgedehntere Wirk-
samkeit in der Zukunft.
Bericht über die Tätigkeit des Laboratoriums für Warenkunde 1910/1911, 257
Laboratoriumsbericht.
Die an das Laboratorium für Warenkunde einschließlich der Abteilung
für Samenkontrolle gerichteten Anfragen und Anträge auf Untersuchungen
beliefen sich in der Zeit vom 1. Juli 1910 bis ultimo Juni 1911 auf
41571 gegen 36063 in 1909/10. Von diesen entfallen auf
1. Nahrungs- und Genußmittel........... 275
23 -Drosen und, Gewürze: 2 2.7.24. 4... : 90
as erh sund, Karbstotes an. wa... 26
4. ölliefernde Pflanzen und Pflanzenfette... 193
SKantsehnkpflanzener at m ee. 56
BERTTASET SHOT ne oe 140
Dub zbolzer a er en 8: 82
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Seliiseratumachweise...,. 22.0: IK
10. botanische Bestimmungen............. 74
ll. Diverses (Apparate, Anleitung zum
Sammeln, Bezugsquellen usw.)......... 47
52, SANENPENTUNDENEN. a Dar edlen nel 40 525
zusammen. ..4l 571
1. Nahrungs- und Genußmittel.
Getreide. In bezug auf die eigentlichen Getreide lagen mehrfach
Anfragen vor über den Weizenbau in tropischen Gebieten, namentlich in
Mittelamerika, und über die Auswahl des Saatgutes für diese Gegenden.
Auch für Marokko wurden Angaben über die empfehlenswerten Weizen-
sorten erbeten. Die Anfragenden wurden z. T. an die Kolonialabteilung
und Saatzuchtstelle der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft verwiesen
und z. T. mit den exotischen Weizensorten aus hiesigen Importen durch
die Vermittlung des Laboratoriums versehen. Für Marokko wurden die
algerischen Hartweizen und Provencer Weichweizen empfohlen.
Über die Probenahme bei Getreide im hiesigen Hafen sowie über
258 Bericht über die Tätigkeit des Laboratoriums für Warenkunde 1910/1911.
den Gang der Analyse nach Maßgabe des deutsch-niederländischen Ver-
trages wurden mehrfach Mitteilungen erbeten. Die Vorschriften für diese
Analysen sind auf Vorschlag des Laboratoriums von einer internationalen
Kommission des Deutschen Handelstages festgesetzt worden.
Auch in diesem Jahre kamen häufiger die Samen der Negerhirse oder
Durrah, Andropogon Sorghum, zur Vorlage, so dab anzunehmen ist, dab
der im letzten Jahr erwähnte versuchsweise Import fortgesetzt worden
ist. Nachfrage war ferner nach Saatgut von dieser Hirseart für das
Ovamboland.
Mehle, mehlliefernde Knollen und Früchte und Stärkemelhle.
Im Vordergrund des allgemeinen Interesses stand im verflossenen Jahre
die getrocknete Mehlbanane und das Bananenmehl, die sog. Planten, nach
neueren Anschauungen eine Abart der süßen Obstbanane. Sie werden fast
in allen Tropengegenden von den Eingeborenen und auf den großen Pflan-
zungen für die Ernährung der Arbeiter gebaut. Sie liefern in den relativ
sroßen Früchten ein mehlreiches Nahrungsmittel. Die Versuche, diese
Bananen geschält zu trocknen und sie oder ihr Mehl für den europäischen
Markt nutzbar zu machen, sind schon alt. Neuerdings wurde der Versuch
gemacht, von Kamerun die getrockneten Bananen zu exportieren. Die
ersten Sendungen erzielten relativ hohe Preise und wurden probeweise
semahlen und als Zusatz beim Brotbacken verwendet. Hierfür waren
aber die Preise viel zu hoch. Die Preise fielen und damit ging auch das
Interesse für den Export dieser draußen so nützlichen Früchte stark zu-
rück. Außerdem war über die Möglichkeit der Verwendung des Bananen-
mehles zu Backzwecken vielfach eine irrige Meinung verbreitet. Allein
verwendet kann es nie ein Brot von der üblichen Art geben. Es kommt
nur als Zusatz zu Weizen- und Roggenmehl in Frage. Vielleicht wäre
eine Gewinnung des reinen Stärkemehles erfolgreicher gewesen, aber auch
hier ist die Konkurrenz von Sago, Tapioka u. a., sowie vom Kartoffel-
mehl zu groß.
Über geeignete Trockeneinrichtungen für die Bananen wurden mehr-
fach Auskünfte erteilt, und in gleicher Weise für die Manioka- oder
Casavaknollen.
Die meisten vorgelegten tropischen Stärkemehle, auch solche mit
der Etikette „Sago“, erwiesen sich als Tapioka.
Hülsenfrüchte. Die gestellten Anfragen betrafen im wesentlichen
wieder die tropischen und subtropischen Bohnensorten, Vigna Catjang,
Phaseolus lumatus, Ph. radiatus, Ph. calcaratus, Canavalia ensiformis, La-
Ihyrus sativus und Cicer arietinum.
Für Marokko wurde als Sommerfrucht die weiße Bohne und als
\Vinterfrucht die Pferdebohne empfohlen.
Obst, Außer der Bestimmung einiger Apfel- und Birnensorten
EEE
Bericht über die Tätigkeit des Laboratoriums für Warenkunde 1910/1911. 259
wurden Auskünfte «über folgende tropische und subtropische Obstsorten
gegeben: Tamarindenfrüchte, Bezugsquellen verschiedener Mangosorten,
die zur Cherrybereitung verwendeten Früchte von Prunus Puddum, Jujuben
Zizyphus vulgaris, Anona Cherimolia, Citrus medica .var. acida, Monstera
delictosa u.a. Die größere Zahl der Anfragen betrafen aber die Obst-
bananen, ihre Sorten, ihre Kultur, ihre Ernte und die Herstellung von
sogenannten Feigenbananen.
Nüsse. Die wenigen Anfragen betrafen im wesentlichen die Man-
deln, ihre Kultur und ihre Surrogate, wie Pfirsichkerne und Aprikosen-
kerne. Ein Mandelersatz erwies sich als mit Mandelöl parfümierte Erdnüsse.
Nejanüsse konnten als die Kerne von Pinus Gerardiana bestimmt werden.
Kaffee. Im vergangenen Jahre war ein allgemeines Interesse für
Coffea robusta vorhanden. Von verschiedenen Seiten kamen Anfragen
nach der Herkunft und nach Bezugsquellen für diese neue Art. Das
Saatgut dieses Kaffees stammt vom französischen Kongo und ist durch
eine belgische Firma in den Handel gebracht worden. Er ist in erster
Linie in Holländisch-Indien versuchsweise angebaut worden und soll sich
Segen die meisten Schädlinge besonders widerstandsfähig erwiesen haben.
Auch waren die Erträge und die Qualität befriedigend. Aus diesem
Grunde hatte man im verschiedenen Geeenden die Absicht, Versuche
anzustellen. In letzter Zeit sind aber Zweifel an der Vorzüglichkeit
dieser neuen Art aufgetaucht. Es erschienen Berichte, die über Miß-
erfolge mit dieser neuen Kaffeeart Mitteilung machen. Wenn man daher
auch von Versuchen nicht abraten wird, so ist doch vor allzu großen Er-
wartungen zu warnen.
2 Kaiteeproben aus Deutsch-Ostafrika erwiesen sich bei der Beur-
teilung als gut bearbeitet und von schöner grüner Farbe. Das Aroma
war allerdings relativ schwach, doch gab er beim Rösten ein gutes Pro-
dukt. Der Wert kam demjenigen des gewaschenen Santoskaftees etwa
gleich, vielleicht war er noch etwas höher.
Als Rohmaterialien für die Kaffeesurrogatbereitung kamen zur
Bestimmung: Lupinen, indische Platterbsen, Kichern, Erdmandeln und
Dattelkerne.
Kakao. Für den Kakaobau in Brasilien wurde Literatur erbeten
und eine Anleitung zusammengestellt. Über die Haltbarkeit von Kakao-
butter wurde ein ausführliches Gutachten erstattet.
Kolanüsse. Die erteilten Auskünfte bezogen sich auf Bezugs-
quellen für die Nüsse, auf den Anbau in Kolumbien und auf die Verfahren
zum Rösten. Ein vorgelegtes Kolapulver hatte einen stark muffigen Ge-
ruch und einen relativ niedrigen Alkaloidgehalt. Die Rohware erschien
zum mindesten in ungeeigneter Weise getrocknet zu sein, Eine falsche
Kolanuß war Dimorphandra Mora.
2650 Bericht über die Tätigkeit des Laboratoriums für Warenkunde 1910/1911.
Über Mate wurde einem Interessenten die einschlägige Literatur
zur Verfügung gestellt.
Gewürze. Die ziemlich zerstreute Literatur über die Gewürze
wurde einem Interessenten zusammengestellt und, soweit möglich, zur
Einsichtnahme geliehen. Eine Kulturanweisung über Ingwer mußte für
Kolumbien bearbeitet werden. Eine Pfeffersorte aus Tsingtau war Xan-
thoxylon piperitum.
2. Drogen.
Kräuter, Blätter und Blüten. Für die Zollabfertieung kamen
wiederum mehrfach Proben von Thymian aus Frankreich zur Bestimmung,
die sämtlich Gartenthymian, T’hymus vulgaris, waren. 3 Drogen aus Mexiko
waren Canabis satwva-Hanf, Palo de Mulatto-Xanthoxylon spec. und Arte-
masia spec. Eine Droge aus Persien war Hyoscyamus spec., eine indische
die Blätter von Adhatoda vasica. Als Ersatz für Stipites Laminariae
wurde Tupeloholz empfohlen. Ferner lagen verschiedene Anfragen nach
Bezugsquellen für Bandwurmmittel vor.
Von Samen und Früchten wurden bestimmt Aegle marmelos, die
Belfrucht aus Ostindien, eine als Magenmittel dort hochgeschätzte Droge;
Abrus precatorrus, die sehr giftigen Paternostererbsen; Suwaseed Anethum
graveolens, Brustbeeren von Cordia myxa; Croton Tiglium, sämtlich aus
Ostindien; die großen Früchte des Kalebassenbaumes, Orescentia cujete
aus Curacao, deren Fruchtmus gegen Brustbeschwerden angewendet wird;
die Samen von Kmbelia Schimperi, die als Wurmmittel dienen; die sog.
großen Rizinussamen des Handels von Jatropha Curcas aus Neuguinea;
ein Same aus Persien erwies sich als Plantago Ispaghul, der wegen seiner
schleimbildenden Eigenschaften angewendet wird; Semillas de Tariri
aus Westindien konnten als Picramnia bestimmt werden, sie enthalten
reichlich Fett, haben aber außerdem heilkräftige Wirkungen; Cedron-
Samen, Simaba Cedron, die in Südamerika als Mittel gegen Wechselfieber
und gegen Schlangenbisse sehr gerühmt sind und die immer wieder —
allerdings ohne großen Erfolg — versuchsweise eingeführt werden; Seifen-
beeren von Sapindus saponaria kamen häufiger zur Bestimmung, sie scheinen
wegen Ihres Saponingehaltes eine größere Verwendung zu finden.
Rinden. Eine westindische Nelkenrinde war Lonchocarpus Nicou,
eine andere aus Neuguinea die sog. Massoy-Rinde von Oinnamomum spec.
Wurzeln. Eine Droge aus Turkestan war die Wurzel von Acantho-
phyllum macrodon, die ähnlich wie diejenige von @Gypsophila paniculata
unter dem Namen „bekh“ als Ersatz für Seife beim Waschen benutzt wird.
Die große Galgantwurzel von Alpenca Galanga kam für eine Zollentscheidung
zur Bestimmung. Sie ist weniger aromatisch und schärfer im Geschmack
als die echte kleine Galgant von Alpinia officinarum. Tarifarisch soll
Bericht über die Tätigkeit des Laboratoriums für Warenkunde 1910/1911. 261
sie aber nach der-amtlichen Entscheidung wie die echte Galgant als Ge-
würz verzollt werden. Eine Droge aus Japan war das Rhizom von
Cyperus longus. Eine Probe Radix arnicae war nicht diese Droge; eine
Sarsaparilla aus Surinam erwies sich als echt. Über Kawa-Kawa, die
Wurzel von Piper methysticum, die in der Südsee fast allgemein zur
Herstellung eines berauschenden Getränks verwendet wird, wurden mehr-
fach Auskünfte verlangt. Über den Bilitrank der Liberianer konnte er-
mittelt werden, daß er aus den knolligen Wurzeln von Osbeckia (‚Dissotis)
grandiflora hergestellt wird, und daß das Getränk alkoholfrei sein soll.
3. Farb- und Gerbstofle.
Bei den Auskünften und Anfragen handelt es sich im wesentlichen
um Gerbstoffe, so u. a. um Mulantha Katechu von Acacıa catechu; die
Früchte von Acacıa arabica aus West- und Ostafrika; Terihülsen aus
Raneun von Caesalpinia digyna;, Cureuma; die Ganibwurzel, Aydnora
Johnsii aus Südwestafrika, die sehr geerbstoffreich ist, aber kaum zu kul-
tivieren sein dürfte; Myrobalanen: schwarze Myrobalanen von Terminalia
chebula; die Kabaingrinde von Cerzops Roxburghiana aus Burmah und
andere Mangroverinden; die verschiedenen Sorten der Wattlebark und
ihre Kulturbedingungen; Dhavdi flowers von Woodfordia floribunda, die
in Indien mit andern Teilen der Pflanze in erster Linie als Gerbstoff,
aber auch als Farbstoff verwendet werden; Padala, die Gallen einer
Tamarixart; eine Kiefernrinde, wahrscheinlich von Pinus halepensıs.
“in von der Zollbehörde vorgelegtes Quebrachoholz war kein solches,
sondern ein zurzeit nicht näher bestimmbares hartes Nutzholz. Über den
Anbau von Divi-Divi und Algarobillos in Dentsch-Ostafrika wurden nähere
Mitteilungen gemacht.
Ein Safran aus Mexiko war Safflor von Carthamus tinctorüus; Taya
aus Trujillo, die Früchte und das Holz von Coulteria tinctoria und das
Material für eine japanische Metallfarbe, wahrscheimlich eine Abkochung
von Calamagrostis Hakonensis.
4. Öle und Fette.
Auch in dem verflossenen Jahre war das Interesse für neue Roh-
stoffe der Öl- und Fettindustrie ein sehr lebhaftes. Fs kamen daher
wieder eine große Anzahl neuer oder wenig bekannter Früchte und
Samen zur Vorlage, über deren Abstammung und Zusammensetzung sowie
über die Konstanten der gefundenen Öle oder Fette Veröffentlichungen
aus dem Laboratorium für Warenkunde in verschiedenen Fachzeitschriften!)
erfolgt sind.
!) Grimme, Cl. Über einige seltene Ölfrüchte Chem. Revue über [Fett- und
Harzindustrie 1910, pag. 156—158, 178--183. Uber neuere und wenig untersuchte Ol-
262 Bericht über die Tätigkeit des Laboratoriums für Warenkunde 1910/1911.
Das Interesse für Sojabohnen war immer noch ein reges. Nament-
lich zeigten sich Bestrebungen, dieselben in anderen Gebieten anzubauen,
so daß mehrfach Kulturanweisungen gefordert wurden. Auch Bezugs-
quellen für Saatgut sind vielfach vermittelt worden. Ein längerer Auf-
satz über die Narraskerne,') ihren Ölgehalt und ihren Nährwert im
Tropenpflanzer veranlaßte eine große Menge von Anfragen nach der An-
baumöglichkeit und dem Bezug von Saatgut. Es mußte in allen Fällen
auf die Schwierigkeit der Kultur dieser südwestafrikanischen Wüsten-
pflanze verwiesen werden.
Unter den zur Bestimmung und Auskunft vorgelegten Ölsamen sind
folgende zu erwähnen: aus Ost- und Westafrika die Samen des sogen.
Portemonnaiebaumes Ajzelia africana von bohmenähnlicher Gestalt, tief-
schwarz und mit einem großen roten Arillus; dieser enthält etwa 50 %,
Öl, die Samen selbst 15 %,, einen Handelswert hat der Same noch nicht;
Sheanüsse von Butyrospermum Parkii aus Westafrika, die schon in
merklichen Mengen exportiert werden; Amandes de Karite aus dem
Sudan waren keine Sheanüsse, sondern die wenig ölreichen Kerne der
Borassuspalme; Samen von Carapa guianmensis mit etwa 50%, Fett; ver-
schiedene Gurken- und Melonensamen aus dem Sudan mit ca. 17 °/o Fett;
die Kerne von /rvingia Barleri, die die Dikabutter liefern, mit ca. 60 "/o
Fett von der Elfenbeinküste; die Samen von dem westafrikanischen
Kautschukbaume Kickzia elastica mit 29,6 Yo Öl; die Kerne der afri-
kanischen Kautschuklianen von Zandolphia spec.;, lLamynüsse von
Pentadesma butyracea, die ebenfalls den Negern Westafrikas eine Art
Pflanzenbutter liefern, mit ca. 50 %, Fett; Njole-Njole, die fettreichen
medizinisch verwendbaren Kerne von Poga oleosa,; Mankettinüsse aus Deutsch
Südwestafrika, abstammend von Recinodendron Rautanent, enthalten 32,5 %,
eines hellgelben, ziemlich viskosen Öles — eine verwandte Art in Gabun
und Kamerun Röcinodendron Heudelotei liefert ähnliche Kerne —, es dürfte
aber zunächst schwer halten, die harten Schalen der Samen zu öfinen;
Njavinüsse von Mimusops Djave, für die von verschiedenen Seiten Interesse
sezeigt wurde, so daß mehrere Zusammenstellungen über ihre Herkunft,
den Fettgehalt und die Verwendbarkeit der Rückstände gegeben werden
mußten; Isanonüsse vom Kongo, die ein Sikkativöl genanntes Fett liefern
früchte, ibid. pag. 233—237, 263—269. Über die wichtigsten, fettes Öl liefernden
Pflanzen aus der Familie der Flacourtiaceen, ibid. pag. 102—106, 151—133, 155—161.
Xanthophyllum lanceolatum, ibid. pag. 125—126. Über fette Öle aus der Familie der
Umbelliferen Pharm, Zentralhalle 1911, pag. 661—667. Über fette Coniferenöle Chem.
Zeitung 1911, pag. 925—928. Über Papilionaceenöle I Chem. Revue über Fett- und
Harzindustrie 1911, pag. 53—55, 77—83. Über Papilionaceenöle II Pharm. Zentral-
halle 1911, pag. 1141—49. AL
') „Narras“, ein wichtiges Eingeborenennahrungsmittel in Deutsch-Südwestafrika,
Tropenpflanzer 1910, pag. 297—302,
en
AN»
27
Bericht über die Tätigkeit des Laboratoriums für Warenkunde 1910/1911. 263
sollen, abstammend von Ongokea Gore; Pluckenetia conophora; über diesen
neuen Ölsamen war in verschiedenen Zeitschriften die Mitteilung verbreitet
worden, daß er einen wertvollen Leinölersatz liefern sollte, trotzdem
war es. aber bis jetzt nicht möglich, auch nur kleine Quantitäten der
Rohware zur Prüfung zu erhalten; Fettmuskatnüsse von ‚Fernando Po,
abstammend von Pyenanthus Kombo, mit 26 °%/, Fett, die ebenfalls im
Küstenwalde von Kamerun reichlich verbreitet ist; Talerkürbissamen,
Queme, aus Ostafrika, von Telfairia pedata, für die wieder einmal größeres
Interesse vorhanden zu sein scheint, die aber wegen der schweren Ent-
fernbarkeit der Samenschalen immer noch technische Schwierigkeiten für
die Ausnutzung bieten; die harten Früchte einer südwestafrikanischen
Palme, Sclerosperma Manni, deren Kerne aber wegen des relativ geringen
Ölgehaltes kaum einen Nutzen versprechen; Mafurreira-Samen aus Portu-
sijesisch-Ostafrika von Trichilia emetica.
Aus dem tropischen Amerika kamen zur Begmtachtung: die Früchte
der Palme Acrocomia sclerocarpa mit 28%, Fett, die versuchsweise im-
portiert worden sind, ebenso die Früchte der nahe verwandten Acrocomza
Totai; die als Mandelersatz unter dem Namen Cashew kernels mehrfach
importierten Kerne von Anacardium occidentale; Cohunenüsse aus Mittel-
amerika von der Palme Attaleu Cohune mit etwa 50 °/, eines dem Kokos-
fett ähnlichen Fettes, ebenso die Kerne anderer Aftalea-Arten; die ölhaltigen
Samen des Parakautschukbaumes, Hevea brasiliensis, die Corallillo genannten
bereits oben unter den Drogen erwähnten Früchte von Prerammia Linde-
niana mit ca. 70 ®%, Fett; die Pistes genannten Kerne von Vitellarıa
mammosa aus Mexiko.
Die asiatischen Gebiete waren im wesentlichen durch nachstehende
Ölsaaten vertreten: Kemiri- oder Bankulnüsse von Aleurites triloba, die
nunmehr von der harten Schale befreit hierher. kommen und nicht un-
wahrscheinlich einen guten Leinölersatz liefern können, sie sollen außer-
dem als Mandelersatz verwendet werden und sind daher zolltarifarisch
wie Nüsse zu behandeln; diese Verwendung erscheint aber recht unwahr-
scheinlich, da die Kerne für den Genuß als nicht ungefährlich gelten;
Woodnuts, die Samen des das chinesische Holzöl liefernden Baumes Aleı-
rites Fordei; die Domba genannten Kerne von Calophyllum Inophyllum,
deren 60%, Öl und Rückstände wegen des Harzgehaltes der Samen wohl
nur technisch verwendbar sind; indische Sonnenblumenkerne von der
Safflorpflanze Carthamus tinctorius,; Perillasamen aus Japan, für die neuer-
dings viel Propaganda gemacht worden ist, da sie einen guten Leinöl-
ersatz liefern; es erscheint aber fraglich, ob genügende Mengen dieser
Saat für eine Ausnutzung im großen beschaffbar sind; Nejanuts aus Indien
mit ca. 51% Öl von der Kiefer Pinus Gerardiana; Talgbohnen von Stl-
lingia sebifera; indische Mandeln Terminalia Catappa; Mowrasaat von
>64 Bericht über die Tätigkeit des Laboratoriums für Warenkunde 1910/1911.
Illipe latifolia aus Indien, die in letzter Zeit scheinbar ein regelmäßiger
Rohstoff der Großindustrie in Europa «geworden ist; Devehnüsse von
Xanthophyllum Tlanceolatum mit 39 °/o Fett; sie sind identisch mit den
bisher unbestimmbaren Kernen Boca sioer aus Holländisch-Indien:; Tee-
samen enthielten 30 bis 45 % Öl, die Rückstände können als Futtermittel
kaum verwendet werden. Bei den Nachforschungen nach der Abstammung
des in der „Backa-Margarine* verwendeten Marattifettes gelang es dem
Laboratorium, die Stammpflanze Aydnocarpus venenata Gaertn. festzustellen.
Über Olivenöl und seinen Ersatz durch Arganöl von Argania
Sideroxylon in manchen Gegenden Marokkos sowie über die Eigenschaften
dieser beiden Öle wurde für die Zollbehörde ein Gutachten ausgearbeitet.
Außerdem lagen Anfragen vor über die Kultur der Kokospalme, der
Ölpalme, des Sesam, der Erdnuß u. a., sowie über die Aufbereitung ihrer
Produkte.
Ebenso wie für die Ölsaaten und ihre Öle viel Meinung im ver-
flossenen ‚Jahre war, so spielten auch die Rückstände der Fabrikation,
die Ölkuchen, eine nicht unbeträchtliche Rolle bei den Anfragen. Ihre
Verwendbarkeit als Kraftfutter ist bei der Kalkulation von großer
Wichtigkeit.
Mit Rizinuskuchen, die wegen ihrer Giftiekeit zu Fütterungszwecken
nicht verwendbar sind, wurden Versuche als Düngemittel angestellt. In
tropischen Pflanzungen dienen sie schon vielfach zu diesem Zwecke, und
neuerdings sollen auch in europäischen Weinbergen Versuche gemacht
worden sein. Näheres über die hier angestellten Untersuchungen wird
an anderer Stelle erfolgen.
5. Gummi, Harze, ätherische Ole, Kautschuk u. a.
Gummi. Ein Pulver, das als Gummiersatz dienen sollte, bestand
aus zerkleinerten Meeresalgen, Holzabfällen und Baumwollfasern. Ein
Gummi für Dextildrucke aus Österreich-Ungarn erwies sich als indischer
Tragant von Sterculia.
Balsame, Harze usw. Eine vorgelegte Balsamprobe wurde als
Gurjun-Balsam bestimmt, eine andere wahrscheinlich als der Rückstand
dieses Balsams. Eine Harzprobe war unreines Guajacharz. Von Ver-
suchen, die Stammpflanze des australischen Akaroidharzes, Xanthorrhoea
spec., zur Ausbeutung hier einzuführen, mußte abgeraten werden, da das
an Ort und Stelle gewonnene Harz wesentlich billiger zu stehen kommt.
Zur Beurteilung des Körnerlacks in bezug auf Reinheit und Zusammen-
setzung wurde das Laboratorium mehrfach herangezogen. Es mußte vor
allen Dingen durch vergleichende Untersuchungen zunächst eine einheitliche
Methode zwischen den indischen Instituten und dem hiesigen angestrebt
Bericht über die Tätigkeit des Laboratoriums für Warenkunde 1910/1011. 365
werden. Auch über die Gewinnung des Schellacks aus dem Stocklack
sind eine Reihe von Versuchen im Auftrage von Interessenten ausgeführt
worden.
Verschiedene zum Glasieren von Kaffee verwendete Rohstoffe erwiesen
sich als Kolophonium, Granatschellack und Kopal. Über das Vorkommen
von Kopalen in Südkamerun, über zur Anpflanzung geeienete harzreiche
Bäume für Kamerun sowie über die einschlägige Literatur wurden ver-
schiedene Auskünfte verlangt.
Ein Mariolaharz genanntes Produkt mußte als eine Wachsart an-
gesprochen werden.
Ätherische Öle. Zur Bestimmung kamen Folia matico, die aus
einem Gemisch von Piper angustifolium var. Ossanum, Piper lineatum und
wahrscheinlich Piper camphoriferum bestanden, Cople root aus Indien von
Saussurea lappa und Catura, die gebleichten Knollen von Curcuma Zedoaria
sowie die Frucht einer Amomum spec. und verschiedene Terpentine. Über
die Gewinnung des Terpentinöls wurde eine größere Zusammenstellung
gemacht.
Kautschuk. Die eingegangenen Anfragen betrafen den Anbau und
den Samenbezug des Parakautschuks, Hevea brasiliensis, die Kultur des
Cearakautschuks Manehot Glaziovii und seine Anbaumöglichkeit in Vene-
zuela, die Bedingungen für die Anpflanzung von Castelloa elastica sowie
die Kultur der Kautschukpflanzen im allgemeinen. Das Interesse für
Kautschuk war im verflossenen ‚Jahre bei weitem nicht so lebhaft wie
1909/10. Eine Probe Kautschuk aus den Früchten von Kickxia elastica
war nur von mittlerer Qualität, eine Kautschukprobe aus Panama zeigte
nur geringe Ähnlichkeit mit Kautschuk und Guttapercha, sie schien der
eingedickte Milchsaft einer Zuphorbia zu sein. Über das Kautschuk-
surrogat Almeidina aus Portugiesisch-Südwestafrika wurden mehrere Aus-
künfte verlangt und über die Anpflanzung von Guttaperchabäumen eine
Anleitung gegeben sowie Quellen für den Saatbezug genannt. Für die
bekannte indische Madarpflanze Calotropis spec., die auch in dem tropi-
schen Afrika verbreitet ist, war lebhaftes Interesse vorhanden. Die
Pflanze liefert neben der heute schon in regelmäßigen Mengen gehandelten
Pflanzenseide (Akon) und einer guten Bastfaser eine guttaperchaähnliche
Substanz. Nachfrage war ferner nach geeigneten Gründüngungspflanzen
für Kautschukplantagen.
6. Faserstoffe.
Baumwolle. Eine Baumwolle aus dem Innern Deutsch-Ostafrikas,
von Bismarckburg, zeigte durchaus den Typus der peruanischen Baum-
wolle (Gossypium brasiliense Macf.), der sog. Kidney. Da unter den
Caravonicasorten ähnliche Formen vorkommen, so war es fraglich, ob
AR
966 Bericht über die Tätigkeit des Laboratoriums für Warenkunde 1910/1911.
vielleicht diese schon soweit ins Innere vorgedrungen sind, oder ob doch
eher eine Einwanderung von Westen her anzunehmen, ist. Die Frage
konnte wegen Mangel an Material noch nicht endgültig entschieden werden.
Kapok und Pflanzenseiden. Über die Reinheit und Echtheit
der Handelsware finden laufend Analysen im Laboratorium statt, über die
im besonderen Teile berichtet wird. Fine größere Zusammenstellung
betraf den Anbau und die Kultur des Kapokbaumes. Eine Gossampin
genannte Faserprobe war eine Pfianzenseide vom Typus des Akon (Calo-
tropis). Über diese in Afrika verbreitete Nutzpflanze wurden mehrfach
Auskünfte erbeten. Neuerdings ist man auf die seidigen Haare der
Samen des westafrikanischen Kautschukbaumes Krckxia elastica aufmerk-
sam geworden, die in großen Mengen auf den Plantagen gesammelt
werden können. Es fragt sich nur, ob sich die langen grannenartigen
Stiele dieses Haarschopfes aus der Ware entfernen lassen oder ob man
sich entschließt, diese Beimischung als unwesentlich zu betrachten. Die
Fruchthaare eines Rohrkolbens (Typha) aus Kilwa, Deutsch-Ostafrika,
hatten keinen Handelswert. Zwei Proben bräunliche Spreuhaare von
Farnkräutern aus Honduras und Niederländisch-Ostindien waren das unter
dem Namen Penghawar bekannte, als blutstillendes Mittel verwendete
watteähnliche Material.
Flachs, Hanf u. a. Neuerdings versucht man, die Faser des Saat-
leins in den ausschließlich Leinsaat als Ölfrucht produzierenden Ländern,
Argentinien, Vereinigte Staaten u. a., ebenfalls zu nutzen. Diese Flachs-
faser ist bei weitem nicht so wertvoll als die europäischen Produkte,
findet aber doch als Zusatz zu Sisal bei der Herstellung von Garben-
bindegarnen schon Verwendung. Eine Probe aus Argentinien enthielt
etwa 26 °0 nicht aufbereiteter Fasern. Unter dem Namen Linofil wurde
ein Flachswerg vorgelegt. Für größere und umfangreichere Versuche
über die Konstruktion einer geeigneten Maschine zur Aufbereitung der
Ramiefaser wurden beträchtliche Anpflanzungen dieser Faserpflanze an-
gelegt und das Material den Interessenten zur Verfügung gestellt. Auch
über die Kultur der Ramie wurden mehrfach Literaturnachweise verlangt
und gegeben. Wie schon seit Jahren von Zeit zu Zeit, so tauchte auch
in diesem ‚Jahre die Anfrage nach der Nutzung unserer Brennesseln zu
Fasergewinnungszwecken wieder auf. Viel Erfolg haben alle Versuche
bisher nicht gehabt. Unter den andern zur Auskunftserteilung vor-
eeleeten Fasern befanden sich Bolubafasern aus Deutsch-Östafrika von
GFomphocarpus semtlumatus, Deccan hemp von Hebiscus cannabinus und die
Faser der Chuchupflanze, Sechium edule, die zur Fabrikation von Hüten
verwendet wird. Nach der Faser des Atfenbrotbaumes Adansonia digi-
Zata, die in der Papierfabrikation Verwendung findet, war in diesem
Jahre mehrfach Nachfrage.
-
Bericht über die Tätigkeit des Laboratoriums für Warenkunde 1910/1911. 267
Manila, Sisal u. a. Über die recht verwickelte Nomenklatur der
verschiedenen Agavenfasern einschließlich des Mauritius- oder Aloehanfs
wurde auf Verlangen eine größere Zusammenstellung gemacht. Für die
Herstellung einer Aufbereitungsmaschine wurden die Ausmaße der Blätter
vom Mauritiushanf aufgegeben, ebenso für die Uarragnata, Bromelia
argentina. Als neueres Produkt ist die Faser der Obstbanane zu nennen,
die in Versuchssendungen als Ersatz für Manilahanf vorgelegt worden ist.
Es fehlt dieser Faser häufig noch eine gleichmäßige helle Farbe und ferner
an Festigkeit.
(Grobe Fasern. Von gröberen Fasern kamen zur Beurteilung
Piassava aus Belgien, also wahrschemlich vom Kongo, ein Polstermaterial,
bestehend aus Waldwolle und Kiefernnadeln, ein anderes aus Sisalabfall
und in Deutsch-Ostafrika geerntete Luffa, die in Größe, Farbe und Reinheit
noch beträchtlich hinter der aus Japan stammenden Handelsware zurück-
stand.
Tierische Fasern. Einige indische Seidenproben, die z. T. als
Muschelseide vorgelegt worden waren, stammten vom Kastanienspinner,
und eine Pferdehaarprobe erwies sich als Kunstseideprodukt.
Garne. In dem verflossenen Jahre spielte unter den vielen für die
Zollbehörde ausgeführten Garnuntersuchungen vor allem die Beurteilung
der Baumwollgarne auf das Vorhandensein von merzerisierter Baumwolle
eine große Rolle. Bei den Untersuchungen hat sich ergeben, daß die
Behandlung der Baumwolle bei der Verarbeitung sich mehr und mehr
einer Art Merzerisation nähert, denn die üblichen Reaktionen zeigen bei
fast allen vorgelegten Proben ein derartiges Verfahren an. Man kann
daher annehmen, daß die Fabrikation der Baumwollgarmne in der Her-
stellung schwach merzerisierter Produkte derartige Fortschritte gemacht
hat, daß es kaum noch andere Erzeugnisse gibt. Eine vorgelegte Probe
eines Schiffstaues bestand aus Manilahanf und Sisalhanf, mehrere Garben-
bindegarne rein aus Sisal.
Die Untersuchung der tierischen Garne erstreckte sich im wesent-
lichen auf diejenigen Feststellungen, die für die zollamtliche Behandlung
notwendig sind, d. h. die Ermittelung von Wolle in groben Tierhaargarnen,
die Feststellung von Kamelhaargarn und Mohair, sowie die Untersuchung
auf das Vorhandensein von Kammgarn oder Streichgarn u. a. m.
(sewebe und Geflechte. Bei den Geweben handelt es sich in den
meisten Fällen ebenfalls um die Ermittelung des Rohmaterials, und zwar
sowohl um pflanzliche als auch um tierische Fasern, meistens mit Rück-
sicht auf die zollamtliche Behandlung. Zu dem gleichen Zwecke kamen
ferner eine Reihe von Geflechten zur Feststellung des verwendeten Roh-
stoffes zur Untersuchung, die als Matten, zur Herstellung von Hüten, zur
Umhüllung von Flaschen usw. importiert worden sind. Besonders inter-
22
968 Bericht über die Tätigkeit des Laboratoriums für Warenkunde 1910/1911.
essant sind die verschiedenen Sorten von Palmblättern, Basten und Holz-
spänen, die aus den Tropen und vor allem aus Japan zur Begutachtung
gelangten.
7. Nutzhölzer.
Über brasilianische Nutzhölzer wurde die einschlägige Literatur zur
Verfügung gestellt. Von den weiterhin zur Bestimmung vorgelegten amerika-
nischen Holzarten sind zu erwähnen: Peroba, Sapota gonocarpa aus Bra-
silien; Schlangenholz, Prratinera guianensis aus Surinam; Roble, Nothofagus
obligqua aus Chile, das neuerdings in größeren Mengen wie Rauli, N. procera,
importiert wird; Greenhart, Nectandra Rodiaei aus Surinam, das bei Hafen-
bauten Verwendung findet; Pisi, Nectandra Pisi aus Surinam, das für die
Fischräucherei verwendet werden sollte, ebenso das Kopie genannte aus
Surinam stammende hier vorgelegte Holz von Goupea tomentosa und das
Parawaholz, Avzicennia nitida.
Unter den afrikanischen Hölzern stand das bereits im vorigen Jahre
erwähnte Okoume, Aucoumea Klaineana, das in größeren Mengen regel-
mäßig importiert wird, im Vordergrunde des Interesses. Es findet in
erster Linie in der Zigarrenkistenfabrikation und als Blindholz für feinere
Möbel Verwendung. Da es früher meist unter dem Namen Mahagoni ging,
so ist es bis vor kurzem auch als solches verzollt worden. Nach einer
neueren Verfügung gilt es aber jetzt als nicht besonders genanntes weiches
Nutzholz und genießt infolgedessen einen niedrigeren Zollsatz. Eine Mfo
senannte Holzprobe aus Zentralafrika stammte von Poga oleosa, die oben
bereits wegen ihrer ölhaltigen Samen Erwähnung eefunden hat. Das
Laboratorium besitzt im Zusammenhang mit diesen Auskünften nun-
mehr schon eine recht reichhaltige Sammlung afrikanischer Nutzhölzer,
deren Bestimmung aber in manchen Fällen noch große Schwierigkeiten
macht.
Vonasiatischen Hölzern kamen unter anderm zur Begutachtung: Poonholz
aus Ostindien von Calophyllum Inophyllum, ein Baum, der in vielen tropischen
Gebieten als Alleebaum gepflanzt wird, ölreiche Samen hat und dessen
Holz ein schön gezeichnetes Möbelholz liefert; eine Reihe von japanischen
Hölzern, u.a. Tama, wahrscheinlich eine Eschenart; mehrere Eichen Onara,
(Wercus erispula, Nara noki oder Konora, Quercus glandulifera,; Reisstau-
holz aus Hinterindien von Dipterocarpus spec. Stuhlrohr wurde mit Rück-
sicht auf die Zollbehandlung daraufhin untersucht, ob es naturell oder durch
Brennen bereits bearbeitet war. Japanische Holzfurnierpapiere bestanden
aus dem Holze von Paulownia imperialis, dem Shima-giri, einem in Japan
sehr viel verwendeten leicht bearbeitbaren Holze.
Unter den australischen Hölzern spielen die zu Straßenpflaster ver-
wendeten Harthölzer immer noch die Hauptrolle für den hiesigen Markt.
Bericht über die Tätigkeit des Laboratoriums für Warenkunde 1910/1911. 269
Zum Zwecke einer Submission wurden für das Turpentineholz, Syncarpia
laurifolia, die nötigen Unterlagen gegeben.
Von europäischen Nutzhölzern waren namentlich die zu Schirm- und
Spazierstöücken verwendeten jungen meist aus Ungarn stammenden Hölzer
wegen ihrer Zollbehandlung recht häufig. Es kam im wesentlichen darauf
an, festzustellen, ob die verschiedenen Zeichnungen der Hölzer natürlich
waren oder einer Bearbeitung ihren Ursprung verdanken. Bei den Nach-
forschungen hat sich nun herausgestellt, daß die jungen zu diesen Zwecken
gezogenen Stämme während des Wachstums an bestimmten Stellen mit
besonders hierfür konstruierten Zangen verletzt und dann noch ein Jahr
weiter kultiviert werden. Die sich bildenden Narben geben den Stöcken
das besondere oft eigenartige Aussehen.
s—11. Kultur von Nutzpflanzen, Literaturnachweise u. a.
Die unter dieser Rubrik registrierten Anfragen und Auskünfte betreffen
Nutzpflanzen und Produkte, die in den vorhergehenden Abschnitten nicht
untergebracht werden konnten, vor allem die einfachen Bestimmungen
vorgelegter Objekte, die ohne größere Zusammenstellungen erledigt
worden sind.
Samenprüfungen
22°
270 XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
12. Samenprüfungen und andere Untersuchungen.
(Zugleich XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für
Samenkontrolle für die Zeit vom 1. Juli 1910 bis 30. Juni 1911.)
In der Zeit vom 1. Juli 1910 bis 30. Juni 1911 gingen insgesamt 40 525
Proben (gegen 55 208 im Jahre 1909/10) zur Untersuchung ein, und zwar:
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Ostpreußen ....... 17) 516) 2) 30.1.1351, 58,0) a7 0 SS Ser
Westpreußen ...... 17) 2) 3—|| 22 | 158] 31] 10— 2), 1] 14| —)—| 2) | 00
Brandenburg ...... 33| 4 3| 11) 41 | 259) 106| 2813| 12 4 20) 37) 8) —| —| 2 454
Pommern“... 26| S| 5] 1|| 40 1394| 334| 61/19 |» ,. 81-15] .6)—| 6) 78) —01,689
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Prov. Sachsen...... 25| 5] 5J— || 385 | 118 7 10116) 20 61 907 5,11 ol al 255
Schleswig-Holstein .| 25) 2] 7— || 3 | 57 41 —— 2506| 4171| 5) — —| 10) ——|| 303
Hannover... ...- ... 85| 3) 2/— || 43 | 4851| 37) 201 6| 3585| 71) 5) 3) 1] 4 — — 956
Westfalen ........ el 2 9 —| 1 47 16 1 2— —| — 1 139
Hessen-Nassau ....| 9 1-1 10| 9 = —— 2 — 2 23-| 45
Rheinprovinz ...... 5 3) 2) ı ll sı | s5| 221° 7200 25 — 95 ı—-| 9) 2] 27863
Preußen zus..... 248l40|35| 5331 [2s04) 702/142 75| 2978| 524|261| 58| 6| 52] 15] 9|| 7 626
Bayern ar ee 2— - 1| 3 I) U —_— | —| — 1) —| —— 4
Sachsenv sent. a 12| 2] 3—|| 17 | 14] 4 2— 2) 31 — 6—- 1 6— 38
Württemberg...... 7—|——|| 7 ee — 6 36 — — —— 50
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Hessen... ©. .8rr. sel „nt |. 28, 720 2207| SE 39
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Mecklenb.-Strelitz..| 1 1 2—| 4] 21 3 1— I 26
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Ausland zu..... a8| 5|— 2] 35 | 270] sol —- wol 2 ıl 3] —| 1]
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Überhaupt ....... |68.63 52:20 |703 |4733113521191 93/28 6424186290 397 20 348 246127 |10 525
5
a
XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
271
Über die Proben und die Untersuchungen gibt die folgende Übersicht Aufschluß.
') Inkl. Keimversuche aus Grasmischungen.
mischung sind bei den verschiedenen Gräsern verrechnet, siehe '),
2) Die Keimversuche von 12
& Untersucht auf IE
E =2|3 „als [8ilaslai.lte
Sir are Me 2 139553 | aleıl 5
= Samenart Ss S 38 = | E ES 38 215833
= diu.l 2 = |28|32|3|89| 82
a ze Are Bine
| BUN | 3 | 4 | 5 |6 | 7 |8)9 | >
Kleearten. | | Ka] ER
1 | Rotklee (Trifolium pratense L.).. ......! 23461! 32 2086) 331 444 | 477| 17 12.3397
2 | Weißklee (Trifolium repens L.)......... 112| ı0 | sısl 5| 190| 2331 — - 1 — |) 1056
3 | Bastardklee (Trifolium hybridum L.)... 398 | — | 3836| 55 164| 173) — in:
4 | Inkarnatklee (Trifolium incarnatum L.).. AU De a) 2 4
5 | Kleinblütiger Klee (Trifolium parviflorum) 1 2 = = | las Ber
6 | Wundklee (Anthyllis Vulneraria L.\..... 102| 6 may al 60er
Brinzerne (Medicago sativa L.) :...... . .| 7190| 22 | 7237| ıs| 175| 132 BB 9 IE, 1075
S | Hopfenklee (Medicago lupulina I). IR ac EA Al IT all e 5
9 | Gehörnt. Schotenklee (Lotus corniculatus L.) u 6 — Heel
10 | Zottiger Schotenklee (Lotus villosus Thuill.)| 118 | 116 4 4—ı — ı— — || 124
11 | Sumpfschotenklee (Lotus uliginosus L.) .. 4| — Le — a N en N u Dr
12 | Steinklee (Melilotus albus Desr.)........ 4] 2 21 — 1 1—| — | -|— 6
13 | Esparsette (Onobrychis sativa L.)........ LO. 2 t| — 4 101 — — — 17
Be @rotalaria striata DE. ..............:%. 21—-| -—| - Ba ee N 2
BerKleemischungen .........2........ Ze 11] — 9 — Bu zu 16
Beeredicagoabfall.........2..20:204.4 000 l| — I —) 2 —l 0 —) | 2 1 1
17 | Phacelia tanacetifolia Benth............. 5l — —| — Klee ae nr ee 6
Gräser. | |
15 | Engl. Raigras (Lolium perenne L.) ...... 2071 Se sHn129 1 az E94
19 | Italien. „ (Lolium italicum L.)......| 68] — 2.60, ale | >
20 | Argent. „ (Lolium italicum L.)...... Are Pa a 4
21 | Franz. „ (Arrhenatherum elatius M. et K.) 27, — —| — a Be ee 50
22 | Knaulgras (Dactylis glomerata L.)....... 103 — — 917| Slı- — — —|| 178
23 | Timothee (Phleum pratense L.).... .....| 471 35911617-370. 9270| | 186
24 | Honiggras (Holcus lanatus L.).......... 171 — —| — on u 35
25 | Wiesenfuchsschwanz (Alopecurus prat. L.). 5 | — - 50 al = 121103
- 26 | Wiesenrispengras (Poa pratensis L.)... . a, 1a — 11 987 — — — — || 159
27 | Platthalmrispengras (Poa compressa L.).. 441 — _ 3| 4 —ı — | — 57
25 | Gemeines Rispengras (Poa trivialis L.)... 45| — — — 45| 48 —- — | — 93
29 | Hainrispengras (Poa nemoralis L.) ...... 5] — —ı — Hl. ee 10
30 | Wiesenschwingel (Festuca pratensis Huds)| | — — - 66 ae ee
öl | Rohrschwingel (Festuca arundinacea Schr.) 2| — — |, — 9) a = - je) 4
32 | Schafschwingel (Festuca ovina L.)....... 52| — —) 39) | ee 94
83 | Rotschwingel (Festuca rubra L.)......... | 201 — I — 19| 20) —| — — — 39
34 | Härtlicher Schwingel (F. duriuscula Koch) 2| — — IE 22 en 3
35 | Feinschwingel (Festuca ovina capillata L.) N ie “ 4 —-— S
36 | Verschiedenbl. Schwingel (F. heteroph. Lam) lI-| — — l lI—- - - — z
37 | Trespenschwingel (Vulpia bromoides Dum.) 1| — — 1| 21 — —- — 3
35 | Drahtschmiele (Aira fleeuosa L.)........ 4| — —_ — 4 4 -—- — — — 5
39 | Rasenschmiele (Aira caespitosa L.)....... ll — —| — 1 921 -| — ı-— 3
40 | Ackertrespe (Bromus arvensis L.) ....... sI — — | — 4914| — | — = 18
41 | Wehrlose Trespe (Bromus inermis L.) ... 5I— | —| — | d—| — I — 10
Bor Trespe (Bromus spec.) :-........:...... Se 2a 5
43 | Weiche Trespe (Bromus mollis A. et G@.). 1|-| — — 1| 1- — — — 2
44 | Fioringras (Agrostis alba Schrad.)........ 56| — — 54, 3 — — — - 118
45 | Kammgras (Oynosurus eristatus L.)...... 54 — I — 50 | 962! — — — — || 113
46 | Rohrglanzgras (Baldingera arundinacea L.) 8sI—| — — ) A 16
47 | Echtes Geruchgras (Anthoxanthum odor. L.) 2I—- | — — 2 2—- | — = — 4
48 | Unechtes Geruchgras (A. Puelli Lec. et Lam.) 3l—ı —- — 2 Wa — 5
49 | Goldhafer (Avena flavescens P. B)....... Al 3 4| — | — = L;
BEeGgrasmischungen ...:......2... Nee. 141 1 — — 13) 9-1 — | — een 14
Übertrag... | 6085| 82 1493382 2112 2415| 18) 4 — — | 9506
Proben Gras-
272 XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
i Untersucht auf 5
& 2 FI Ser BRRIPRL,
2 © ® SU HH jOM| 88 | Alsal
E Samenart lee ee Es = 3.238
e ale
= =) Kra ER IE Besen: =
2 aa 5. |». | 7, 800 =
| | |
ÜUbertrag...| 6 085] S2 44931352] 211212415] 15 | 4 || — | 9506
Ausdauernde Futterkräuter. = |
51 | Kümmel (Carum Carvi L.)............. 4 — | — — Al N en 5
Einjährige Futtergewächse. |
52 | Serradella (Ornithopus satwus L.).... .. 1470 — — | — 12 145] — — | — Al
53 | Spörgel (Spergula arvensis L.).......... 231 — — | — 13| 231 — ı —.—— 56
54.11. Mais Zea Maus EN ee re, 15 — — — 1 15) — | — | — 16
55 | Gelbsenf (Sinapis alba L.) ............. 21 — | — — — 2ı1—-| — —— 2
Hülsenfrüchte. |
56 | Erbsen (Pisum sativum L.) ............. 10] — — — 4 Ss —| — —|— 12
57 | Bohnen (Phaseolus vulgaris) ............ 15} - —| 15 — los 15
55 Iı Große Bohnen (Vicia Haba L.).......... 5 — | — 11 5 | 6
59 | Saatwicken (Vieia satwa L.)............ 1 a 21.6 re 5
60 | Sandwicken (Vicia villosa L.) ... ...... 20 — ee] _— 15
61 | Weiße Lupinen (Lupinus albus)......... ll — | — | 1—-| — 4 — 2
62 | Gelbe r (Zupinus luteus L.)...... 26] — — | — 4 261 — | — | — B)
63 | Blaue » (Lupinus angustifolius L.) 161 — —| — 3 16|—| — || 19
64. | Linsen (Ervum Lens L.) ............... 2 —ı —ı = — 9—| —- 1 — 2
Getreidearten. |
65 | Gerste (Hordeum vulgare L.) ........... 25642] — —| — 28634] 11 —| I | 3) — 128 649
66 | Hafer (Avena sativa L.)............ ...| 6400| 2. —I— 67 14—| — | 2)—| 685
67 | Weizen (Triticum vulgare Vill.).... ....| 1935| 6 -/ —| 1921| 6-—| — in 937
hal Roggen. (Secalencerenle L.)....... wur. 14961 5 - 1483| 61—| 1 | 1-=|212438
69 | Hirse (Panicum miliaceum L.) .......... 20] — ) — 20 — —| — I — 20
70 | Zuckerhirse (Sorghum saccharatum Pers.) 2, = — | EZ en 2
71 Dari (Sorghum vulgare Pers.)........... 12 —| — 11 — — | — || | 12
72 | Kanariensaat (Phalaris canariensis L.)... u _ 69 — | 0
75 | Buchweizen (Fagopyrum esceulentum Mnch.) a — - | 3) — | 4
Tas EISMORYzaE San IN 41 — | — 4 — | — | — |— | — 4
OS MIEnSKOmER an ee ee 41 — — 4 = 4
Wurzelgewächse und Gemiise. |
76 | Runkelrüben (Beta vulgaris L.) ......... 125] — - 11/.134| 23) — | S| — 166
72 | Zuckerrüben (Beta vulgaris L.).......... 10] — — | 2|...10 7% —— 1 15
7S | Herbstrüben (Brassica Rapa L.)........ 4 — | — 2 4—ı — | — 6
79’ Kohlrüben (Brassica Napus L) 2.2... 1] — | — 1 I 2 22 2
SO | Kohlrabi (Brassica oleracea L.).......... = - | 11—| — | — l
SL | Steckrüben (Brassica Napus L.).. ...... 5 — _ | SI-| — | — 13
82 | Salatrüben (Beta vulgaris L.).... ...... 2 = — 1—| 1 — 2
Sau U Salat Ero/erUca Sao EEIT e 10| — _ — 10) —| — | — 10
$4 | Möhren (Daucus Carota L.) ............ I 12 Alu zz BB}
S5 | Kopfkohl (Brassica oleracea v. capitata L.) A — —| — — | 4 —| — |— 4
86 | Blätterkohbl( ,„ ». t.acephala DC.) 1] — —| — - 11— | — — | — 1
57 | Zwiebeln (Allium Cepa L.) ............. a) a N —| 8389| — | — |) — 39
SS | Petersilienwurzeln (Petroselinum sativ. Hoff.) ll — es — WA en 4
S9 | Gurken (Cucumis sativus L.)............ a = —| — | | b)
90 | Zichorien (Oichorium Intybus L.) ....... gl - | 1 9
SlainBorree (Allıum Bormum le) 2.2... ee 5 — 8 — | — |-1— S
92 | Schwarzwurzeln (Scorzonera hispanica L.) Sie | | 5— | — — —= b)
93 | Spinat (Spinacea oleracea L.)............ elle —ı 6 u at 6
Übertrag... [59 47S| 96 1108 382 35 0351/3016 46 | 6 19 1 143 090
XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
278
E Untersucht auf =
- |
S a<|l8|.|&| $3 |8 sölas|ajl3u ms
= Samenart Ss Segen a2 2:353
> i.12|2|3| 3 |3 2353: |3535|Sz
5 5| Na a Ss B=lg&| 2132155
a SI [0 Er eikG Hl |< =
1 2 |3 bei za 9 >
Übertrag.... |39 47S| 96 1193 332135 031/3016|46 | 6 119] 1143 090
94| Radies (Raphanus sativus var. Radiola DC.) 4 — — | — | 4 4
95| Sellerie (Apium graveolens L.)........... j\) ae a 1 1
961 Dill (Anethum graveolens L.)............ l | 1 | 1
97| Endivien (Cichorium Endivia L.)....... 1 | 2 | ee 1
981 Melde (Atriplex spec.) ©....222222222.... 2 | | 2
Ölsaaten.
99| Sesam (Sesamum indieum L.) ........... 72] — — u | 2
100| Erdnüsse (Arachis hypogaea L.)......... 49| — —ı — Ag |lmar= | | 49
101| Mohnsaat (Papaver somniferum L.)...... 10] — — | — ee I | 10
102| Leinsaat (Linum usitatissimum L.)...... 90] — er 90 2 ee 90
sl Senfsaat_(Brassica spet.).........2...... le K29 115 > sei 120
104| Raps (Brassica Napus L.).............. N We N EEE 4
105| Rübsen (Brassica Rapa L.)............. 11 — — | — 1 | | 1
106| Ölrettig(Rhaphanus sativus var. oleif. Rehb.) ae 1 4 | 5
107| Nigersaat (Guizotia abyssinica Cass.) .... 1 — | —— 1 I—| 1
108| Mowrasaat (Illipe latifolia Engl.) ........ | 1] — —) — I | ee l
109| Sojabohnen (Glyeine hispida L.)......... 24| — —| — 22 21 — | — — — 24
110} Intsiasamen (Intsia africana L.) ........ 1] — - — er 1
111] Cumin (Cuminum eyminum L).......... A > Al — | — — 4
112] Ajowan (Ptychotis Ajowan L.) ........ B In = — IT | — 17
1132| Fenchel (Foeniculum offieinale All.) ..... I — 2 | 2
114| Anis (Pimpinella Anisum L.) ........... 1] — - 1 | 1
Gehölzsamen.
115| Kiefern (Pinus silvestris L.)............ 10) — —| - 64 10 16
Kl6ı Fichten (Picea exelsa Lk.)... ..... RR 2] — —| — 1 2 | 3
117I Lärchen (Larix europaca DO.)......... I —ı — — | 98 —| — | — 5
11S| Japan. Lärche (Larix leptolepis Murr.)... 1I — - - l 1
119| Rottanne (Picea excelsa Lk.) ............. 1 1 1
120] Apfelkerne (Pyrus ussuriensis Maxim.) .. 1 | l 1
Zierpflanzen.
Ban Cobaca: Scandens... m: 22er 3 | 3 3
|
Getreideprodukte u. a. | N
Busehssrenmmehlii.. 2.0.0. nennen 2 2 | 2
EN OIZEHMERL ee er See 21 — | ——| 2) | — 33 — 27
Bee eismenle. nee 1 - | - | 1 1
Getreideabfälle u. a. | |
BErGerstenklae... un. .entn nee 6A — | — I — 64 - 64
Be Weizenkleis........ 0... el e. en 104 — | — | — 13 — — | — |— 91| 104
Beiwioscenkleie.....:....5....000 0 ca 1 = IN 22) — —| — 23 24
a Eee RE 3 — | — — | | | 3
BerErbeenkleier sn anna ae unen alien l |— | | 1
NEN uISkleian. Nenn en ine 50 — | — — #46 — — ı— — 4 50
131] Maisbohnenkraftfutter .............. en 3 | (er l— | —| 3 3
Übertrag... 40 186] 99 44931381130 579 3055 16 6 4 104 43 S10
274 XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
E Untersucht auf =
wi Sales 7) & |.=1,_Tale ee
a s2s[l8| 28|8|58 3835 8381-5
= Samenart Sg = oe a = = 22 |3:533
= en N Den © 29158 | 8202| 8%
= = 162] FE je} 14 IS E > &© 4 Q u < =
3 “unge. | =
ee | Bus =
| | | | | l |
Übertrag... HO ® 99 144931384135 57913055] 46 | 6 144104143 810. |
132| Reisfuttermehl........ RN er 34 31 —| — 01 — — | = 11-121 34
331#Melassetutten eat ee IE IETÄRR 12] — | — — 10| — — | = | 9 12
134 Maisschlempe rear ie a er g — — rn 9
351. Preber. 2.2 Sr Re Te Er Al — a re en 2 4
la6ı Versen iGetrerdeabtäller ee er Kö] = — 6). —ı el ne 10
Ölkuchen.
137| Erdnußkuchen resp. -mehl .. .. ... e: 25) — — dl — —ı — — 12 29
1381 Sesamkuchen.. 2... Er ER 1 ei - ken ee 7 Sg
139] Rapsknchen resp. -mehl ............ ... 24a — — — 23 — — | 3 234
TA SEreinkuchen ie ee a = — 4 —=—l —. 1 5
141} Kokoskuchen resp. -mehl ........... Er 16| - — I <——ı — IN
142| Sojabohnenmehl......:... ER 2 = = = 1 oo 1) 2
143) Baumwollsastmehl Rt 8. ne 40) - _ — | 1) 40 40
144| Indisch. Sonnenblumenkuchen ........... 1 - —ı— ll — — -- — l
145| Pongamkuchen (Pongamia glabra Vent.).. I — - 1| ee Ze l
14m JHantkuchent 2. RE 1] — _ li — —| - - — l
anjnkübkuchen tieren spare, ee 3 _ |: —ı—| — |- 1 4
jaseBalmkerischrobe ser | - - ] -— | — lo — l
49 Japanisches Perilamehl'...... . 22. ...... 1] — - ] 2) lo — l
150| Futterkuchen resp. -mehl (Mischungen)... a — I — De 3
Verschiedenes.
Hl Krattiuersem ee BEST 1 ne } l == 1
Bl Bischmehl, user an. art ee 4 — — 4 — (| — 4
153| Bockshornsamenpulver......... ...... N — li — —| - — l
541 Benchelpulver.. . 2u...4...n. 2:; RN l - l | — e= 1
155] Anispulver...... RT Re. 9 1 — = l - l
196 Bubenschnitzel: Mal. ne am. ER 1 —| —ı — | = |- 1 1
Bo, WButbenmittele seen see Ss — = S ee a S
Faserstoffe.
LOS RADOK Fe N er ee up ga | — I — — | — || — n
KOIKRKOnE ee et ae ke | — | — I eh en l
RO Banmwölle. Kari. ee | Dee Sr, ee 1 = 1
Zusammen... . [40 525| 103 1493384 35 31213055 46 | 6 451206144 150
| | |
Es wurden mithin ausgeführt:
Echtheitsbestimmunsen 4 27... N am a enerr 103
Feststellung des Gehalts an Seide ............. 4493
Herkunftsbestimmunsen. Ws. nn ee 384
Reinheitsanalysent tt re ee 35 812
Keimprüfungenn.as in ae ER NR 3.055
Gewichtshestimmungent ae ee ee 92
Feuchtigkeitsbestimmungen . ..2 . 2a... 2... 45
Feststellung der Zusammensetzung ............. 206
Zusammen... ‚44 150
XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911. 275
Auf die einzelnen Monate verteilen sich die Untersuchungen wie folgt:
1910
IS a 2 933
NEE a EN 2.096
BE EHEN er ee. aaa 397
DENODEN. 4 664
ORTEIEN DIR Se a t 150
DEASNOR. Sum Seile ER HEEHEE 4 002
3
LHl
Januar. .
Februar .
21212
4.605
2 656
3135
2 692
3.026
3.209
40 525
Der absolute Kleeseidegehalt stellte sich folgendermaßen:
ei Rot- | Weiß- | Al im: | Hopten- |Wund-| een | on. |
klee | klee | sike | zerne | klee |; klee klee klee
waren von....| 2056| eıs | 336 | var Jıı | 5 | 2| 6
eidehaltig ...| 1226| 2/5 | 71-1.
Bi SR 20°. @ 60 | i 35 13 I) 28 SEN a
th +3 I er u + 136 5 | 33
: ottiger
Schoten-
klee
116
' Timo- |
thee
' 359 |Proben
Es wurden ferner untersucht: 1 Probe kleinblütiger Klee, 1 Probe
Esparsette, 1 Probe Medicagoabfall, S Proben engl. Raigras, 2 Proben
argent. Raigras, 1 Probe Fioringras, 1 Probe Kammgras und seidefrei
befunden, außerdem 1 Probe Sumpfschotenklee, welche 2 Korn Seide ent-
hielt, 2 Proben Steinklee, davon 1 seidefrei und I mit 5 Korn Seide,
9 Proben Kleemischung, davon 5 seidefrei, 2 mit je 1 Korn und 2 weitere
mit 10 resp. 35 Korn Seide.
Innerhalb der Latitüde von 1 Korn in 100 resp. 50 g lagen:
Der öBotklee,... .2.:
= MWeißklee....:.. DB. 447,
BHRISIKE 202, 2. DR
an BNzerne. . 22.2. 22...
„ Hopfenklee ..... rss:
„ Wundklee....... AN Er
„sInkarnatklee=-.:...=,, ,
„ Geh. Schotenklee — „ ,„
” Zott. ” 12 ’ ”
44. Dimothee >28. ee
Rotklee enthielt in 100 g:
keine Kleeseide
al in elle m, Wa are ke een een au Le Te Ananas 6
„..62,,
oA
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„ 12 ”
F ID
00.
„ 5) „
„ BB) ”
” 7 8 ”
Or
I Een ne EL ER ne 70 584 2
WEDER ale KON es hen een 5
IR PTR DEE N a SANS. 69 a
Bm inreiteoseider ns... nn 152 N
BIERTERE IK OmmeR u ae us 102.0, #
Indslruehte... .......... 282
„ ”
„
40 %o und seidefrei waren 40 °/o, zusammen 80 "/o
79 „
92
73 5
76
95,
700
Ba
65
85
ca. 40
28.%
2086 Proben
276 XXX. Bericht über die Tätigkeit der Abteiluug für Samenkontrolle 1910/1911.
Reinheit und Keimkraft.
Zusammenstellung der gefundenen Maxima, Minima und Mittelwerte.
A ER 1909/1910 Gegen das
Reinheit Keimkraft Mittel nn:
Samenart ze 8) 8) ee Were = = 5 | Rein- | Keim-
Bel aelle| Neon = E 3 heit | kraft
5] Sa “5 an = 2 E +0 40%
|
Botklee SI 444 | 85,4 99,5,95,9 477 | 44 | 99 | 90+7) | 95,5 | 90+6N)| +0,4 | +0
Weißklee .......... 190 | 68,0! 97,8/90,7 1233 | 21 | 95 | 73+7 | 91,9[75+6 |—1,2 | —5
Bastardklee ... .... [164 | 44,5] 98,8192,0 [173 | 26 | 98 | 8446 | 93,7 |854+9 |—1,7 | —I
Inkarnatklee ...... | 2| 75 | 96| 8S6-+0 — /53+0 — | +33
Wundklee ........: 60 | 64,8] 98,9)86,7 | 66| 18 | 93 | 81+4 | 83,3185+4 |+3,4 | —7
Imzerneian! 5020, 175 | 73,6 99,997,4| 133 | 50 | 99| 90+6 | 96,4 |S9+5 |+10 | +41
Hoptenklee.... 2... 97 |81,5| 99,7/95,8 | 141 | 17 | 97 | TA+8 94,4 |7S+4 |—0,6 | —t
Gehörnt. Schotenklee] 589,0) 95,091,6]| 5,47 | 82) 73+8 | 91,1/|61+25| +0,55 | +12
Zottiger 1 4 | 87,8] 92,5/89,7 | 4| 66 | 92| +12 - 1 9
Sumpfschotenklee 2 | 85,5] 92,3,88,7| 2| 73 | S6| 80-+9
Steinklee...... 1 | 91,6 91,6|91,6| 1| 67 | 67 | 67+20 | 96,0| 61 I-——4, 6
Esparsette .........| 41[97,5/98,9|98,4| 10| 47 | sS|- 67 9851| 7a 10,4 | —7
Orotalaria striata ... | - 2| 88 45 4 |
Kleemischungen..... 359,0 85,075,01 4| 42 | 78 60 - |
Phacelia tanacetifolia| 198,6 98,698,6| 5| 35 | 98 7 — 0 — | +7
|
Engl. Raigras ...... |100| 70,1! 99,093 8[ı29 | 50 | 99| 84 |935| s [+13 | +1
a ee 6056,31 99,8195,6| e2| ıs ss| 81 [940 2 |-+16| -49
Armene.; mar Weser —| | — |— 2 49715 58 54 — EN rl)
er 26|44,1194,7180,5| 24| 40 | 92!) 79 [8201 69 |-—15 | +10
Knanleras.. „......1..92120,0) 94,579,3 1,81. 67. | 59812..88 94) 52 I—0,1| +6
Timothee ..........[170|693|99,5/94,4|270| ı5 |100 0 85 Is6A| 93 I-20| 8
Honieeras. ........‘ 13 | 29.0) 92,0174.1[ 2220| 95 79 56,91 67 I+172) +12
Wiesenfuchsschwanz. | 50 | 38,5 52,5 59,01 53 | 28 | SS 62 63,1) 585 | —41| +4
Wiesenrispengras ... | 71 60,0) 95,0177,6| ST | 32 | 91 63 82,71 68 [5,1 | —5
Platthalmrispengras . | 43 | 49,0 87,073,4| 44| 55 9 Sb 1763| SS |-—2,9 | —2
(remeinesRispengras. | 45 | 65,0) 98,587,5| 45 | 57 | 94 su S7Al 79 JH | Hl
Hainrispengras...... 5.1.8,21.93,0, U 1 JE ©5.25922522 2269 14,01 78 |—2,91 9
Wiesenschwingel.... | 66 | 55,4, 97,687,31 72 |: 1 | 99|. 81 923,5|1 57 [52 | +24
Rohrschwingel ...... 2181,61 85,234] 2| sı | 53 2 5,3 |. Tc. Pr2eNes
Schafschwingel ..... 39 | 43,51 91,0174,5| 55 | 3 Ba 72,7), 67 ]|+18 | +8
Rotschwingel........| 19|50,S| 96,8/90,8| 20| 42 | 96 57 S4,6| 67 |+6,2 | +20
Härtlicher Schwinge 1 | 90,0| 90,0/90,0| 2| ss | 89 89 76,1) 72 |[+13,9) +17
Feinschwingel ...... 4 | 65,5] 90,5 74,6| 4| 57 | 84 1 — — — —_
Verschiedenblättriger
Schwingel ....... 1 | 71,5) 71,5 71,5 1 a I 56
Trespenschwingel .. 1 | 73,5] 73,5108,5] 2| SO | 93| 87 48,5/ 96. 1-+25,0| —9
Drahtschmiele ...... 4 | 63,0] 79,0/71,4 4| 0 | 58 Bo) 90,5 66 —19,1] —28
Rasenschmiele ...... L-| 79,0, 250,75.0.| 21.168 | Sal 0 | =
Ackertrespe ........ 4| 92,3 96,7194,9| 14 | 60 |ıool 90 |srol 53 I-2,1| +37
Wehrlose Trespe.... 57620) 78,212.0 1. 5:7 sz| 8 83,2) 86 g—11,2| —5
Trespe (Bromus spee.)| 2|57,7| 74,9/66,3| 3| 69 | 96| 83
Weiche Trespe . 1154,81 54,354, | aa TA SA 3535| 64 [-+155| +10
FIONNETAS. 22. 54 | 6,9] 95,5/80,0| 63 | 65 | 9| 81,91-790. 9 19020
Kammgras ..... >... 5085:51.99318971.] 7624 7312293 753 91| 77 [10 | —4
Rohrglanzgras...... S | 81,0] 90,0)86,5] S| 54 | 90 69 - |
Echtes Geruchgras. 2:195,01:95:5195:3.1, 2241 3H3ur 63. 063
Unechtes A 21 85,5/90,5880| 3) 68 |: — 75 — | +0
') Die der Keimkraft beigefügten Zahlen geben die harten Körner an,
XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
20
1909/1910 Gegen das
Reinheit Keimkraft Miktel Vorlalır
Samenart |-2| = 3 _|-23)s=s|8| _ |=| 3 |Rc- | kem-
=g 5 | 3 R ze al = | 8 E | “ heit kraft
“23/3833 31|3|35 |
“5 | 5 S ri = 3 S | ra 2 | S +0 +0
| | |
nr... slenol gaaze| A a8 | sı| 57 I630| ci [+ıael —ı
Grasmischungen .... 13| SS,5I 97,890 | — —- | — | —- 1795| — [+142| —
Kümmel ....... 4197,01 98497,6| a 30 | ss| 64 |ss5/ 91 |—0,9 | —27
Serradella .......... 712| 85,7| 98,9193,91 145 | 16 | 97 | 73 |9%6| sı [+13 | —8
Spörgel............ 13| 90,9! 99,3196,3| 23| 46 | 95) 80 [9854| 70 |—2,1| 10
Bi... 1|98,0| 95,0/98,0| 15| 83 |100| 96 | 952, 7 |-02| +19
Melbsen®.......0.... — — | — | 55 a il ers . 100 BE. uno
| | |
Ban... 8. 4! 77,31100,0902]| 8| 79 | 9797| 8 | — 57 —_
Bohnen ....:.020 | 15/29 /|100| 84 | — 98 — | —14
Große Bohnen ...... 1199,01 99,0199,0| 5| 77 | 97) 90 |972 43 |+1,8 | +47
Saatwicken......... 2| 96,4| 98,7)97,6|. 6| s0 | 99/92+2| 973 92 |+0,3 | -+o
Sandwicken ........ a0 373889 11 530 71 8i ts] 77a) 87 [Line 26
Weiße Lupinen...... 198,0 950801 1 a| a! 2 | — — -- _
Gelbe Be 4| 98,8|100,0995| 26| 9 | 9a] 74192, 79 |+0,8 | —5
Blaue EM 3198,51 99,41989| ı6 | 35 | 91] 66 [| 999| 4 |—1,0 | —$
STE RE Se - — || — Da ras Inu |, — -- —
| | | |
EEE SR 28 634 79,2) 99,7195,2 a Re a 97 40,5 | — 15
Halten... 627| 93,8| 99,5/96,8| 14 | 74 199,5] 92 | 97,0 93 1—0,2 | —1
reizen... ..4..2:%. 1 921| 80,0) 99,3|95,41 6| 13 | 68| 46 | 96,2 61 0,5 | —15
Bancene. ...1,..2... 1483| 54,1) 99,7)95,7| 6| 0 | 97/| 60 | 9146| 85 [|-+1,1 | —25
ee 20| 91,8] 98,9194,9 95,6 — I-0,7| —
Zuckerhirse ........ | DIET Sr Se — 93 — 1 +%
ns 11193,8| 97,3196,.1| — | — | — | - |67| — I-06| —
Kanariensaat .... 69| S7,4| 98,7/96,9 — | —| — [| 97,0 — I-01| —
Buchweizen ........ 1| 90,4) 90,4 STE 7 Le ee 46 |—17,3 | -+44
| | |
Runkelrüben ... 11 92,5| 99,7198,1 | 124 | 170]2169| 142 | 97,6 | 1400 |+0,5 | +2)
Zuckerrüben........ 21 98,6| 98,9198,8| 10 122912529) 162D| 99,0 1429 |—0,2 | +20)
Herbstrüben ........ 21 98,8) 99,399 1| 4 5|9| | — 93 — | +
Kohlrüben.......... 11 98,7| 98,7198,71 1ı| 98 | 98 | 98 | 98,9 oe
Behlrabi ,. 8... — — | —|—-—[113)32| 8|-— 95 — |-5
Steekrüben......... 5 94,81 99,4/98,0 8182| 99°) 1795 — 10) re
Mehrrüben .....: - TEE |
Salatrüben ......... | 2| 90911515) 1219] — 147) — | — 26")
en. eins — —-| -|/-[108)%| 8| — 75 — | +8
BEOhrEN: ...2.20...0... 12187,0| 97,192,7| 40| 93 | 97 | 64 | 94,0 61 |—1,3 3
BHekoNl .......... — | -|— 411 %6ı89| A| — 13 - 1 —19
Blätterkohl......... — 11|9|19 9 | — |
Bwiebeln .......... — — | —|-—[39|35|97| 66 | — 68 u
Petersilienwurzeln... | 4| 49 | 70 6 | — 41 |
Eulen ........r.... | 3170:| 97 | ‚88 61 — E21
Pachorien........... | — 9| 52 | 82 63 | — 59 zur
reg... I 8138.97 | 79: — 60 = 1219
Schwarzwurzeln..... | 56 |S55| TAI - 77 - 13
N... || 79 — a
BENDER nen | — u 1 %| 8 |
Felleries 2... | | Krsanss nis — —
') Keimpflanzen aus 100 Knäulen,
>78 XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
DSamenart
DO pe er
Endivren KR wu
Melde,e. ee
SESAMIN.IE
Erdnüsse .....
Mohnsaat
Leinsaat ...
SEIlSaater
Raps er ae
Rärbsen a2: Ze
Otetie. 2 Ye
Nigersaat ..
Moweasaats a
Sojabohnen.........
Gumn era !
ATOWAE Eee
Henchelveessse nr
ATS Re LES
Kreterner ee
Bichtenr en: er
Märchensters re.
Larix leptolepis ....
Rottannere re
Apfelkerme........:-
Cobaea scandens ..
KARO Arc
ANKON ee
Anzahl
der Proben
DD
.
SD: SOS SS -HAI-1RD0O
Reinheit
Minimum |
San ee
= =
-
=
er
er
DEAD 1 DO- OS av
-
Sor om nwon sn -unn
Maximum |
ssosoos
DSDS
DS
>
“>
oo
So
BT
Mittel
ak
ZU > 1 SS
-
-
Anzahl
der Proben
Minimum
Maximum
[or SS)
Sowun—c&
wm on in OD
[30
1909/1910 Gegen das
Mittel Vorjahr
= = = Rein- | Keim-
= a & heit | kraft
e= EURE: |
“= = 2 +0 | +%
98,01 —L1| —
96,0) = 1 Ko Hg
98,2 +21
95,3 7 2 Gene
96,6 — oe
29| 95 [20,9 +0
2,
996 — ae
89,9... ae
81,8, > Sl 0,2
9,2 72 |—05| 47
98,1/| 64 [+18 | +23
| 42 —
55 — —6
an SEPRIR 1%
sa) eo
Reinheits- und Keimkraftergebnisse 1891— 1911
XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
219
Reinheits- und Keimkraftergebnisse
der wichtigeren Samenarten 1891--1911.
Reinheit Keimkraft
Fr, ar = =\ | S = = 3 =
Samenart ä;8 3 E : 2,8 : E ;
asel,E 2 ass, 5 2 =
RE ea 2923| 94 Res: 34115 ı 87 99,5 6
Weibklee......:...... 2186. 2907 10398 \N58u 1] 1592: 1: Tr - |, 100.9 28
STE 865| 90 | 99,8 | 38 1078 | 8 995| 19
Imkarnatklee......-....... 3 16| 94 | 95,6 | 85,1 3 8 99,8 l
Wuundkleefeer 0. Mas 336 86 bla | 208 328 85) 99 |
Barzeruer.. ru Bea 595 | 96 SERIE En! 600 | 89 100 7
Bionfenklee........ NEE 3355| 9 99,7 | 42 598 | 0 99 l
Gehörnter Schotenklee ...... 3288 30,6: 12.95 33 94 47
BeDarseite .. .. „oo... a 132.97 ne: 82.1 69 92 47
Enek. Raigras:..........: IISaE 531 1-92 99,3 | 23,8 147 2 99 N)
ae a RT, 325 95 [100 | 563| 432 | 79 | 99 10
DENIED N EEE 329. 80. 210.99 39 405 2 W 96 1
EN ee 1021| 78 97 2 sol | 8 99 0
NET ee ET Sich. 96%) 100. 1.69 1377 to3] 100 10
En EEE S4| 65 94,5 | 22 146 6 97 16
Wiesenfuchsschwanz ... .... 233| 65 Si! 29 302 ı 64 95 0
Wiesenrispengras .......... 404, 82 95 36 540 | 66 94 12
Platthalmrispengras......... 1990| 7% 96,5° |. 27,8 DI. SU 98 55
Gemeines Rispengras ....... 116 | 87 ga ar 124 | 78 96 0
Wiesenschwingel ......... “M a9 94 99,6 | 44 693 | 70 99 0
Schafschwingel....:........ 243 73 98 36 405 67 96 0
Rotschwmgel 1. :.........: 93° 97 96,5 | 61 29 1025 96 0
BORELIFESBE: ale easseee 20| 8 98 48 ‘0 | 67 | 100 0
BarInoras 0. sen >12 2561489 95 1 319,1 89 99 6
Kammpras... ..... Nr 1835| 82 99,31 35.5 234 | 75 95 l
Bohrelanzeras.....4....: 37| 9% 99 18 45 | 61 93 13
Unechtes Geruchgras ....... Ir 82 96 62 58 | 60 93 4
SIE 2014; 92 98,9 | Sı 985 ı TO 99 2
Er ARE HERE a 9 | 9393| 909| 1353| TO | 99 1
en 9% 9829 102 | 85 | 100 6
SAatbwicken m acer. 321..93.1.:939 5» A 7 100 | 47
Sanäwicken I. 2... do 6 1990.27 Br OD
Iapınen (pelb)». 11.2... .: 34| 96 |100 | 9 17821726 99 6
an 4| 99 | 999 | 98,5 25| 60 | 9 9
h Eee 1! 98 95 95 a! 96 0
|
En ae ki. 5% 62350 |,,95 |. .997 | 02 494 | #94 | 100° 17,22
Re EIN 1470| 96 | 9aası a2| ss| 87 | 3995| 31
DR SER 2845| 96 | 99,5 | 69 25 | 76 | 100 4
DOSmEnan an ae Ba 2165.795 199,7 |. 2 25 1278 99 0
Kannriensaat... 22... 2.2... 5354| % | 9 710,5 FE Fee a
Buchweizen ....... REIHAN, DE AROTAIIIL IN TS: 2 DU
380 XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
Reinheit Keimkraft
Z, N RE BR el a
Samenart 3:8| ; 5 | = 8,8 = 3 s
EBER= Br= Bl ar as ae
| | |
Buikelrüben.e eh > u 110 | 98 | 99,7 | 14 | 1461 | 153 | 287
Zuckerrüben ..... ee ns 7 9971,99. 221 2.3816 141. 158717291 2
Möhren De ie: 30 .| 90. 98 | 74 2007| 65 | 9 0
Zwiebeln ee | | | 103 re ee l
ZICHOFLEN Re 31 9% ER 1 41 6995 31
| | |
SIR N REN Be 102. 2, 90,20 2090.80 l 76. 6 76
Brdnusses isn | I! 96 | 994 | 66,8 == |
Mohnsant. > rer 317,195. 7|..99:5. 383,9 —|ı - | — —
DEInsaate re Bag u 79 217995. 0:69 | -
SENT a RT er 176 967199560 77,6 |
KIOWanR Et ee 235 | 86 | 95 | 55 |
Kiefern ER AA | 98 99,9 , 90,9 | 70 ee
| a! |
Bemerkungen zu den einzelnen Samenarten
l. Kleearten.
Rotklee Von 331 Herkunftsbestimmungen wiesen 136 auf
osteuropäische Provenienz, 141 auf west- bezw. südwesteuropäische und
39 auf Mischungen dieser beiden Herkünfte und z. T. auf amerikanische
Saat. 15 Proben boten keinen sichern Anhalt für die Provenienz. In
129 Fällen konnte die angegebene Herkunft bestätigt werden.
Seidehaltig waren 60 °o von den 2086 untersuchten Proben.
39 °/o derselben hatten nur bis zu 1 Korn in 100 g, so daß gut '/; der
vorgelesten Proben stärker mit Seide besetzt war. In der vorigen Saison
waren es 27 °/o, im Jahre davor 15 °/ und im Jahre 1907/08 42 %.
Kapselseide wurde in 13 °/o der Proben festgestellt. Grobseide enthielten
92 Proben = 13,9 °/o, gegen 6,8 °/o im Jahre 1909/10.
18 Muster wurden auf Silene dichotoma, 4 auf Plantago, 4 auf andere
Unkräuter, 3 auf Steinklee und 3 auf Hopfenklee untersucht.
Die Reinheitsanalysen von 444 Proben ergaben für 43 von
98—99,5 °/o, für weitere 87 von 97—-97,9 %o, für 114 von 96—96,9 °o,
für 104 von 95—95,9 °%/, so daß gut °/ı aller Proben über 95 °/ rein
waren, 84 Proben lagen zwischen 90,3 und 94,9 °/o und 12 Proben zwischen
85,4 und 89,5 %0.
Es keimten von 477 Proben 128 zwischen 95 und 99 %o, 168
zwischen 90 und 94 °o, 132 zwischen 80 und 89 °/o, 38 zwischen 70 und
XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911. >81
79 °/o, 6 zwischen 60 und 69 °/o, je eine 59 und 53 °o, 2 zu 50 °/o und eine
zu 44 °/o. Die höchste Menge harter Körner war 39 %o. Das Mittel ist 7 ®o.
Das Gewicht von 1000 Körnern war im Mittel für 17 Proben
1,891 g, die Gewichte lagen zwischen 1,642 und 2,092 e.
Weißklee. 5 auf Herkunft untersuchte Proben erwiesen sich
als Europäer. Der Seidegehalt nahm in bezug auf die Anzahl der
seidehaltigen Muster um 3 °/o ab. Von 618 Proben enthielten 38 °/o Seide,
17 °/o hielten noch die Latitüde von 1 Korn in 50 g, so daß 21 °/o stärker
mit Seide besetzte Proben vorhanden waren. Unter 190 Proben hatten 34
eine Reinheit zwischen 95 und 97,8 %/o, 92 zwischen 90 und 94,9 %,
55 zwischen SO und 89,9 %, 7 zwischen 73,8 und 79,8 °/o und je eine
69,8 und 68 °/o. Letztere enthielten 24,2 °/o Geranium molle und andere
Unkrautsamen resp. 27,5 °/o Alsike. 10 Proben wurden auf Schwefel
untersucht, welcher bei 7 Proben nachweisbar war.
Von 233 Proben brachte die Keimprüfung für 36 von 90 bis 98 %,
für 50 von 80 bis 89 %o, für 57 von 70 bis 79 %, für 50 von 60 bis
69 %, für 21 von 50 bis 59 %, für 12 von 40 bis 49 °/o, für 4 von 31
bis 36 °/o und für 3 von 21 bis 27 °/o. Bei den letzteren Proben faulte
der Rest der eingekeimten Körner. Die größte Hartschaliekeit betrug
25, 26, 27 und 31 °o.
Bastardklee. Zur Feststellung der Herkunft wurden 5 Proben
eingesandt. Es konnte bei allen die angegebene Herkunft — 3 Europäer
und 2 Amerikaner — bestätigt werden. Der Prozentsatz der seide-
haltigen Proben ging wiederum zurück, und zwar um 1°. Absolut
seidehaltig waren 13 °/o, stärker mit Seide besetzt 8 °/o. Von 164 Proben
lag die Reinheit bei 45 zwischen 96 und 98 °o, bei 42 zwischen 94
und 95,8 °/o, bei 44 zwischen 90 und 93,8 °/o, bei 23 zwischen 80,3 und
89,8 °/o, bei 6 zwischen 72,8 und 79,5 °/o und je 1 Probe hatte eine Rein-
heit von 59,3, 55,8, 55,3 und 44,5 °/o. Letztere enthielten 22, 19, 20,8
bezw. 21 % Timothee und 8,5, 15,5, 16 bezw. 22,5 % Bruch und ver-
trocknete Körner. Von 173 Proben keimten 70 zwischen 90 und 98 ®/o,
56 zwischen 80 und 89 °o, 31 zwischen 70 und 79 °/o, 10 zwischen 61
und 69 °/o, 1 Probe 46,2 %, 2 39 °/o und je eine 38, 34 und 26 °%.
Letztere enthielten 43, 54, 56, 57, 66 und 73 °/o faulende Körner. Die
Höchstzahl der harten Körner war 20 resp. 21 °o.
Inkarnatklee. 2 Proben wurden nur auf Seide untersucht und
seidefrei befunden. Die Keimkraft von 2 Proben war 96 und 75 °o.
Bei der letzteren faulten 25 °/o.
Kleinblütiger Klee. Es wurden 3 Proben zur Feststellung der
Art eingesandt und als Trifolium parviflorum, eine südliche, einjährige, wild
wachsende Kleeart, festgestellt. 1 Probe wurde auf Seide untersucht
und seidefrei befunden.
989% XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
Wundklee. 3 zur Feststellung der Herkunft vorgelegte Muster
waren Europäer. Der Seidegehalt stieg um 3 Yo auf 9 %. 5% der
Proben hatten sogar mehr als 1 Korn in 100g. Von 60 Proben war die
Reinheit bei 20 zwischen 90 und 98,9 °/o, bei 30 zwischen 80,4 und
s9,9 °/0, bei 8 zwischen 70,3 und 78,1 °/ und bei je 1 Probe 68,8 und
67,6 °/o. Die Keimkraft von 66 Proben betrug bei 9 zwischen 90 und
93 °/0, bei 39 zwischen 80 und 89 %o, bei 10 zwischen 71 und 79 % und
bei je 1 Probe 68, 67, 64, 61, 56, 53, 29 und 18 °o. Die beiden letzten
Proben hatten 69 resp. 81 °o faule Körner. Die Höchstzahl der harten
Körner war 30, 35 und 58 %. 6 Proben wurden auf Leinkraut und
Feldkresse untersucht.
Luzerne Die Herkunftsbestimmung von 18 Proben führte
zur Feststellung von 5 Osteuropäern, 5 Italienern und 5 Turkestanern.
Der Prozentsatz der seidehaltigen Proben stieg um 7% auf 49 %o
22 °/o lagen innerhalb der Latitüde von 1 Korn m 100 g, so daß über die
Hälfte der Proben stärker mit Seide besetzt war. 16 Proben = 2,2 %o
enthielten Grob- (Kapsel-) Seide. 7 Proben wurden auf Hopfenklee
6 auf Hopfenklee und Unkräuter, 6 auf Wollklettenluzerne, 2 auf Stein-
und Hopfenklee und Senf und 4 Proben auf Plantago untersucht. Von
175 Proben ergaben die Reinheitsanalysen bei 55 zwischen 90
und 99,9 °/o, bei 39 zwischen 98 und 98,9 °/o, bei 57 zwischen 96 und
97,9°/0, bei 20 zwischen 92 und 95,9% und bei je einer 83,9, 83,
81,9 und 73,6%. Es keimten von 133 Proben 85 zwischen 90 und 99 %o,
31 zwischen 80 und 89 °/o, 11 zwischen 70 und 79 °/o, 2 66 °/o und je eine 65,
60, 57 und 50 %o. Die beiden letzteren hatten 30 resp. 47 °/o harte Körner.
Hopfenklee. Es wurden 4 Proben auf Herkunft untersucht,
3 mitteleuropäische und 1 osteuropäische. Seidehaltig waren 39 von
141 Proben, gleich 28 °/0; 13 mehr als im Vorjahre. 24 °o waren stärker
als 1 Korn in 100 & mit Seide besetzt. Die Reinheit von 97 Proben
lag für 44 Proben zwischen 95 und 99,7 °o. für 39 zwischen 90 und
94,9%, und für 14 zwischen 81,5 und 89,9%. Von 141 Proben hatten
S eine Keimkraft zwischen 90 und 97°, 50 zwischen 80 und 89 %o,
43 zwischen 70 und 79°,, 24 zwischen 61 und 69%, 6 zwischen 52
und 56°, 6 zwischen 31 und 48% und je 2 keimten zu 27 und 17%.
Die größte Hartschaligkeit war 43, 60, 71, 76 und 81°. Das Gewicht
von 1000 Körnern einer Probe war 1,425 g.
Gehörnter Schotenklee. Von 6 auf Seide untersuchten Proben
wies eine 3 reife und 3 unreife Körner auf, die andern 5 Proben waren
seidefrei. Die Reinheitsergebnisse von 5 Proben waren 95, 93,5,
91, 89,5 und 89, die Keimkraftresultate 82, 81, 79, 77 und 47%.
Letztere hatte 38 °/o harte Körner, während 15 °/ faulten. Die anderen
4 Proben wiesen keine harten Körner auf.
XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911. 283
Zottiger Schotenklee. Es wurden 116 Proben auf Seidegehalt
untersucht und bei 55 Proben — 47 °/o Seide festgestellt. 12% hatten
weniger, 35 °/o mehr als 1 Korn in 50 g. Die Reinheit von 4 Proben
lag zwischen 87,8 und 92,5 ”/o. 4 Proben keimten zwischen 66 und 92 °/o.
Es waren 1, 5, 16 und 25 °/o harte Körner vorhanden.
Sumpfschotenklee. Eine zur Untersuchung gelangte Probe ent
hielt 3 Korn Seide. 3 Proben waren 92,3, 88,3 und 85,5 °o rein.
Die Keimkraft dreier Proben betrug 86, 80 und 73°. Eine Probe
hatte 185 °/o harte Körner.
Steinklee Von 2 auf Seide untersuchten Proben war die eine
seidefrei; in der anderen waren 5 eroße Körner. Die Reinheit
einer Probe war 91,6%, die Keimkraft 67 °o mit 20 °/o harten Körner.
Esparsette. Eine auf Seide untersuchte Probe war seidefrei.
Bei 2 auf Pimpinelle untersuchten Mustern konnte diese nicht fest-
gestellt werden. Die Reinheit der 4 zur Untersuchung gelangten Muster
war 98,9, 98,6, 98,6 und 97,5 °/o. 10 Proben keimten zwischen 47 und 88 °/o.
Phacelia tanacetifolia. Die Reinheit einer untersuchten Probe
war 98,6%. 5 Proben hatten ein Keimkraftresultat von 98, 96,
90, 64 und 35 %o.
Crotalaria striata. Die Keimkraft von 2 Proben war nur
38 und 43 °/o.
Kleemischungen. 5 Muster waren 85, 41 und 59°o rein. Es
keimten 4 Proben 78, 63, 57 und 42%.
Medicago-Abfall. Eine Probe wurde als seidefrei befunden.
2. Grassaaten.
Englisches Raygras. In dieser Saison wurden 8 Proben auf
Seide untersucht, waren jedoch sämtlich seidefrei. Die Reinheit von
99 Proben lag bei 25 zwischen 97 und 99 %o, bei 43 zwischen 95 und
96,9 %/o, bei 16 zwischen 90 und 94,9 °/o, bei 9 zwischen 81,4 und 89,8 °/o
und bei 6 Proben zwischen 70,1 und 79,5 °. Die Keimkraft wurde
für 129 Proben ermittelt. 28 keimten zwischen 90 und 99%, 71
zwischen Sl und 89 °o, 17 zwischen 72 und 79 °/o, 10 zwischen 62 und
69 %/0 und je eine keimte 59, 55 und 50 °%. Das Volumengewicht von
4 Proben lag zwischen 24,3 und 26,1 Ib. und gab im Mittel 25,4 Ib.
per bushel.
Italienisches Raygras. Die 60 ermittelten Reinheiten lagen
für 15 zwischen 98 und 99,8%, für 22 zwischen 96,3 und 97,9 %o, für
13 zwischen 94 und 95,9 %0, für 8 zwischen 90,1 und 93,9 %/o und für je
eine bei 88,6 und 56,3 %0. Letztere enthielt 42 °/o Spreu. Von 62 Proben
keimten 16 zwischen 90 und 98 %o, 24 zwischen 80 und 89/0, 17 zwischen
72 und 79 °/o und je eine mit 69, 65, 61, 24 und 18 %.
23
984 XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
Argentinisches Raygras. 2 Proben gelangten zur Untersuchung
auf Seide, wurden aber seidefrei befunden. Die Keimkraft war sehr
schlecht, sie betrug 49 und 58 °/o.
Französisches Raygras. Von 26 Untersuchungen auf Reinheit
hatten 3 ein Resultat zwischen 93 und 94,7 °o, 13 zwischen 81,3 und
89,3 %/o, 7 zwischen 73,8 und 79,8 %o und je 1 Probe 61,3, 60,7 und
44,1 °/. Letztere enthielten 17, 14,7 und 13,2 % Spreu. Die Keim-
kraft von 24 Proben war für 4 zwischen 90 und 92 %, für 13 zwischen
80 und 89°/o, für 4 zwischen 69 und 78° und für je eine 56, 54 und
40 °/0. Der Besatz an fremden Grasarten war im Mittel folgender:
reine Saab An Are 80,5 %o
Knaulemas zer 4,7 „ | gute Gräser
Wiesenschwingel.......... Ra 86,4 °/o
Poas6&ollhater are see Om
Drespens ro 2,2 7,
Raygras, Honiggras usw... 2,3 „
Umkranterse Gerne sen Use:
SDEEWr a Te ll:
Sand a en Ace 05
100,0 %0
Knaulgras. Die Reinheitsanalysen von 97 Proben ergaben
für 13 von 90 bis 94,5 °/o, für 50 von 80,3 bis 89,5 %, für 20 von 72,3
bis 79,8 °/o, für 8 von 55,3 bis 69,3 %/o und für je eine 47,5, 46,5, 41,5,
25, 24,5 und 20 °%. Letztere enthielten 47,5, 48,5, 51,2, 73,3, 23
und 43,7 °/o Spreu. Von 81 Proben keimten 43 Proben, gleich 50 °/o,
zwischen 90 und 98/0, 29 Proben zwischen 80 und 89°, 5 zwischen
72 und 78%, 3 69 Yo und eine 67°/o. Bei 12 Proben französischen
Knaulgrases war der Besatz an fremden Grasarten folgender:
reine Saab... Perl N 64,8 °/o
Wiesenschwingel.......... 9,9 „ | gute Gräser
französisches Raygras..... 1,37% 76,8 °/o
Roa, Goldhaker ze 22 0:85;
Trespen nA ee 192
Raygras, Honiggras usw... 5,1 „
Unkräanter>t- ve 0,
SPREM or or. Da 15,2 „
Sander. ne OA,
100,0 %o
XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911. 285
Timothee.. Von 16 auf Herkunft untersuchten Proben waren 6
europäischer und 10 amerikanischer Herkunft. Auf Seide wurden
359 Proben untersucht. Seidehaltig waren 80 Proben oder 22 %o (13 °/o
mehr als im Vorjahre) und 15 °o stärker mit Seide besetzt. Die Rein-
heit von 157 Proben lag bei 49 zwischen 97 und 98,8 °/o, bei 38 zwischen
95 und 96,8 °, bei 24 zwischen 93 und 94,9 °, bei 23 zwischen
90 und 92,8, bei 20 zwischen 80,3 und 89,9% und je eine bei 79,
76,3 und 69,3%. Letztere enthielt 10 % Agrostis, 9,5 %/o Unkraut
und 11,2% Spren und Sand. Die Keimprüfung von 270 Proben er-
gab bei 142 zwischen 90 und 100 %o, bei 59 zwischen SO und .89 °/o, bei
35 zwischen 70 und 79 °/o, bei 20 zwischen 60 und 69 °/o, bei 4 zwischen
55 und 59 °o, bei 4 zwischen 43 und 47 °/o und je einmal 39, 38, 27,
24.19 und. 15.%/6:
Honiggras. Von 14 Reinheitsanalysen waren 5 zwischen 83
und 92 und je eine 78,5, 70, 58,5, 31,5 und 29 °/o. Die beiden letzteren
enthielten 29 °/o Raygras und 39 °/o Spreu, resp. 31,5 °/o Trespen und Ray-
gras und 36% Spreu. Es keimten 5 Proben zwischen 91 und 95 %o,
12 zwischen 80 und 89% und je eine 68, 57, 50, 40 und 20 %.
Wiesenfuchsschwanz. Die Reinheit wurde von 50 Proben
festgestellt. Eine Probe war 82,5% rein, je eine 79,5 und 71 %o, 20
zwischen 60,5 und 68°, 21 zwischen 50 und 59,5 °/o, 5 zwischen 43,5
und 49,5% und eine 35,5 %/. Letztere enthielt 25,5 °;o Larven und
35,5 0 Spreu. Larven von Olögothrophus Alopecuri fanden sich im Mittel
18,2 %/0, höchstens 31,5 Yo und mindestens zu 9%. Die Keimkraft
‘ -_
von 53 Proben war für 3 zwischen 82 und 88°/o, für 17 zwischen 70
und 78/0, für 15 zwischen 60 und 68 °o, für 7 zwischen 52 und 58 %o,
für 8 zwischen 40 und 49% und für je eine 32, 31 und 28 %o.
Wiesenrispengras. Bei 7! Reinheitsanalysen wurden für je
eine 93,5 und 95 °/o festgestellt, für 32 zwischen 80 und 86°, für 22
zwischen 70,7 und 79,5 %, für 15 zwischen 60 und 69/0. Die letzteren
enthielten bis zu 34 %% Spreu. Von 87 Proben keimten eine zu 91 %o,
6 zwischen 82 und 89 °/o, 17 zwischen 70 und 79 %o, 26 zwischen 61 und
68%, 30 zwischen 50 und 59 °/o und je eine 48, 41, 38, 34 und 32 %/o.
Platthalmrispengras. Von 43 Untersuchungen auf Reinheit
hatten 17 ein Resultat zwischen 80 und 87 °/o, 14 zwischen 71 und 79 %o,
11 zwischen 50 und 69,5 °/o und eine 49 °o. Letztere enthielt 13 °/o
Timothee und 33,5% Spreu. Die Keimkraft von 44 Proben lag für
19 zwischen 90 und 95 0, für 20 zwischen 81 und 89° und für je eine
bei 18,.70..63..612und 55 °/o.
Gemeines Rispengras. Die 45 ermittelten Reinheiten lagen
für 19 zwischen 90° und 98,5 %, für 21 zwischen 80,5 /0 und 89,5°/o,
für 4 zwischen 73 und 78,5 %/ und für eine bei 65%. Diese enthielt
23*
986 XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
33 °/ Spreu. Von 48 Proben keimten 6 zwischen 90 und 94%,
25 zwischen 71 und 78°/o, eine 64%, 3 62° und je eine 58
und 57 °%o
Hainrispengras. 5 Proben hatten eine Reinheit von 93,
73, 70, 60,8 und 58,5 %. Letztere enthielt 20 °o Rasenschmiele
und 21°/o Spreu. Die Keimkraft war 832, 72, 68, 66 und 59%.
Wiesenschwingel. Von 66 auf Reinheit untersuchten Proben
lag dieselbe für 15 zwischen 96 und 97,6 °/o, für 13 zwischen 94,3 und
95,9 %o, für 10 zwischen 91,4 und 93,9, für 18 zwischen 81,5 und
89,5, für eine bei 76,5 °o, für 4 zwischen 60,6 und 68,2% und für 5
zwischen 55,4 und 59,2%. Von den letzteren enthielten 2 Proben 15
resp. 13,8 %/o Trespen, eine 28,6 °/o Raygras, je eine 13,1, 27,2, 38,6
und 41°/o Spreu. Es keimten 37 Proben zwischen 90 und 99 fo,
16 zwischen 80 und 89%, 8 zwischen 70 und 79° und je eine 68, 64,
45,42, .40, 29.726, 912. 21.02 und 20:
Rohrschwingel. Die Reinheit von 2 Proben war 81,6 und
85,2 °/o; die Keimkraft 81 und 83 %.
Schafschwingel. Von 39 Proben hatten 3 eine Reinheit zwischen
90 und 91%, 7 zwischen 81 und 88°, 19 zwischen 70,3 und 79%,
8 zwischen 62,3 und 68,5% und je eine von 53 und 43,5 °/. Die
letzten 10 Proben enthielten zwischen 29,2 und 53,7% Spreu. Bei
55 Proben lag die Keimkraft von 8 zwischen 90 und 93 %, von 20
zwischen 80 und 89°, von 11 zwischen 70 und 77 0, von 8 zwischen
60 und 68%, von 4 zwischen 50 und 59% und je eine keimte 49, 48,
36 und 34 Jo.
Rotschwingel. Die 19 ermittelten Reinheiten lagen für 10
zwischen 90,5 und 96,8 %o und für 9 zwischen 80,8 und 89,8%. Für
20 auf Keimfähigkeit untersuchte Proben war das Ergebnis von 11
zwischen 90 und 96 °/o, von 7 zwischen 81 und 89 °/ und von je einer
79 und 42%.
Härtlicher Schwingel. Die Reinheit von 1 Probe war 90%,
die Keimkraft zweier 88 und 89 ®%.
Feinschwingel. 4 Proben hatten ein Reinheitsergebnis von
90,5, 76, 66,5 und 65,5 %/ und enthielten 9, 20 und 33% Spreu. Sie
keimten zu 84, 77, 69 und 57 %.
Verschiedenblättriger Schwingel. 1 Probe wurde zur Unter-
suchung eingeschickt. Sie war 71,5 %/o rein, enthielt 24 °/ Knaulgras und
Aira und keimte 56 %.
Trespenschwingel. Die Reinheit einer Probe war 73,5 °n.
Die Probe enthielt außerdem 19,3 °/ Raygras.. Die Keimkraft zweier
Proben war 93 und 80 %o.
Drahtschmiele. Die 4 ermittelten Reinheiten waren 79, 77,7
XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911. 287
66 und 63°. "Die Proben enthielten 20, 21, 31 und 34°/o Spreu.
3 Proben keimten 58, 48 und 45°. Eine keimte überhaupt nicht.
Rasenschmiele Die Reinheit von 1 Probe war 75 °%, die
Keimkraft zweier 71 und 68 %o.
Ackertrespe. 4 untersuchte Muster waren 96,7, 96,5, 94 und
92,3 °/ rein. Von 14 Proben betrug die Keimkraft bei 2 100 °%o, bei
) zwischen 90 und 98 °/o und bei je einer 80, 73 und 60 %o.
Wehrlose Trespe. 5 Proben gelangten zur Untersuchung und
hatten eine Reinheit von 78,2, 75,5, 72,5, 71,9 und 62 °/ und eine
Keimkraft von 87, 84, 80, 78 und 75 %.
Weiche Trespe. Die einzige ermittelte Reinheit betrug 54,3 %o,
die Keimkraft 74 ®/o.
Fioringras. 1 Probe wurde auf Seide untersucht und war seide-
frei. Die Feststellung der Reinheit von 54 Proben ergab bei 21 zwischen
90 und 95,5 °/o, bei 18 zwischen 80,5 und 89 %, bei 8 zwischen 60,5
und 68,5 °/o, bei 3 58 °/ und bei je einer 51,5, 45, 39,5 und 6,9 %.
63 Keimversuche brachten für 46 zwischen 90 und 99 °/, für 5
zwischen 80 und 89 °/o, für 11 zwischen 72 und 79 °/o und für eine 65 °o.
Kammgras. Eine auf Seide untersuchte Probe war seidefrei. Bei
80 Reinheitsanalysen wurde für 20 zwischen 95,8 und 99,3 %/o fest-
gestellt, für 11 zwischen 91,3 und 94,8 °/o, für 14 zwischen 80,5 und
89,9 % und für je eine 77,3, 64, 41,5, 40,5 und 35,5 °/o. Die letzten
3 Muster enthielten 8,8, 8 und 13,5 °/o andere Gräser und 48,5, 49,8 und
46,5 % Spreu. Die Keimfähigkeit von 62 Mustern lag für 3 zwischen
90 und 93 %, für 25 zwischen 80 und 88 %, für 19 zwischen 70 und
79 °/o, für 5 zwischen 61 und 68 °/o, für 6 zwischen 41 und 58 %, für 2
bei 37 °/ und für je eine bei 35 und 31 °.
Rohrglanzgras. 8 Muster gelangten zur Untersuchung auf Rein-
heit und Keimkraft. Sie hatten eine Reinheit und eine Keim-
zähigkeit von 90, 81, 76, 68, 61, 61, 57 und 54 %.
Echtes Geruchgras hatte eine Reinheit in 2 Proben von 95
und 95,5 /o und keimte je 63 °/o.
Unechtes Geruchgras. 2 Proben waren 85,5 und 90,5 °/o rein.
Die Keimkraft für 3 Proben betrug 79, 79 und 68 °/o.
Goldhafer. Die Feststellung der Reinheit von 3 Proben brachte
99,7, 72 und 61°. Die beiden letzten Proben enthielten 26 °/o Spreu,
resp. 10 °/oe Knaul- und Raygras und 29 °o Spreu. 4 Muster keimten
574 29..,.58:-. und .28°/0:
Grasmischungen. Von 13 untersuchten Mischungen hatten 10
eine Reinheit zwischen 90,1 und 97,5 °/o und je eine 89,8, 85,8 und
88,5 °/. Die Werte der Keimfähigkeit sind bei den einzelnen Grassaaten
berücksichtigt worden.
>88 XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
3. Futtergewächse und Hülsenfrüchte.
Kümmel. 4 Reinheiten ergaben 98,4, 97,6, 97,4 und 97 %,
die Keimergebnisse waren 88, 83, 56 und 30 %o.
Serradella. Die Reinheit von 72 Proben ergab bei 27 zwischen
95 und 98,9 %/o, bei 38 zwischen 90 und 94,9 % und bei 7 zwischen
s5,7 und 89,3%. Die Keimfähigkeit war zum Teil sehr schlecht und
eing im Mittel um 8% auf 75 °/o zurück. Es keimten von 145 Proben
) zwischen 90 und 97 °/o, 57 zwischen 80 und 89 °o, 34 zwischen 70
und 79 °/o, 22 zwischen 60 und 69 °/o, 8 zwischen 50 und 59 °/o, 10 zwischen
41 und 49 ° und je eine 89, 33, 32, 24 und 16 °%o.
Spörgel. 6 von 13 ermittelten Reinheiten lagen zwischen 98
und 99,3 °/o und der Rest zwischen 90,9 und 97,6 °/o. Von 23 Proben
keimten 7 zwischen 90 und 98 %/0, 8 zwischen 84 und 89 %o, 4 zwischen
62 und 73 °/o, 2 58 % und je eine 56 und 46 °fo.
Mais. Die eine ermittelte Reinheit war gut, 98 °/. Die Keim-
kraft war fast ausnahmslos sehr gut. 3 Proben keimten zu 100 %o,
4 zu 98 Do, 2 zu 96.%o, 2 zu’ 95%), 2 zu 94/0 und je’ eine72ssnd
853 %o. Im Mittel stieg dieselbe gegen das Vorjahr um 19% auf 96 °o.
Gelbsenf. 2 Proben keimten zu 67 resp. 53 %.
Erbsen. Die 4 ermittelten Reinheitsanalysen waren 100,
96,1, 87,5. und 77,3 °/o. Die Keimkrafit von 3 Proben war 37.93.23
88,287, 87, So.und. 79ye:
Bohnen. "Von 15 Proben keimten ‚je 2 zu 100 une:
5 zwischen 91 und 98 %,, je eine 86, 84, 66 °/,, 2 62 %, und eine 29 %,.
Große Bohnen. Die einzige Reinheit wurde mit 99 %, fest-
gestellt, 5 Keimergebnisse waren 97, 96, 94, 85 und 77%.
Saatwicken hatten in 2Proben eine Reinheit von 98,7 und 96,4%.
Von 6 Proben keimten 2 zu 99 %/, und je eine 96, 93, 86 und 80 %,.
Harte Körner wurden bei 1 Probe 3, bei einer anderen 10 °/, festgestellt.
Sandwicken. Von 7 Reinheiten waren 4 zwischen 90 und
97,3 /, und je eine 82,9, 80 und 79%. 11 Muster wurden auf Keim-
kraft untersucht. Es keimten 5 .zwischen 90 und 97 %,, 3 zwischen
82 und 86 °/, und je eine 74, 72 und 30 °/,. Die größte Hartschaligkeit
betrug 16 °%.
Weiße Lupinen kamen in einem Muster von guter Reinheit und
Keimkraft zur Untersuchung, 98, 92 °/o.
Gelbe Lupinen. Die 4 ermittelten Reinheiten waren gut, 100,
99,8, 99,2: und 98,8%. Von 26 Proben keimten 5 zwischen 91 und
94/0, 7 zwischen 81 und 89°, 6 zwischen 71 und 78°o, 4 zwischen
61 und 68 °/o, zwei 57 °/o und je eine 27 und 9%.
Blaue Lupinen waren in 3 Proben 98,5, 98,9 und 99,4 %o rein.
Die Keimkraft von 16 Proben war für je eine 90 und 91%, für 5
XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911. 289
zwischen 70 und 77°/o, für 3 zwischen 65 und 68%, für weitere 3
zwischen 57 und 59° und für je eine 45, 41 und 35 %o.
Linsen keimten in zwei Proben 94 und 98°.
4. Getreide. °
Gerste. Auf Basis des Deutsch-Niederländischen Vertrages wurden
28 634 Analysen ausgeführt. Die eingesandten Proben repräsentieren eine
Warenmenge von 1431700 tons. Das Durchschnittsresultat war im Ver-
gleich mit dem der vorigen Saison folgendes:
1910/11 1909/10
zeme Gerster 2... 95,18 % 94,68 %
BSR EN DEE60N 2,66 „
Hafer einschl. Flughafer.. 2,05 „ Dh:
Roggen und Weizen...... 0,010); AI
Die durchschnittliche Reinheit stieg mithin in der letzten Saison
um genau '/e °o, und zwar ist diese Besserung auf einen Rückgang des
Besatzes (d. h. Sand, Spreu und Unkräuter) zurückzuführen. Dagegen
haben im Haferbesatz und in der Menge von Roggen und Weizen nur
unwesentliche Verschiebungen stattgefunden. Die niedrigste Reinheit war
79,2 °/o, die höchste 99,7 °/o. Die unreinste Probe enthielt nach einer
detaillierten Analyse 6,7 °/o Sand, 3,2 %/o Spreu, 9,3 %/ Flughafer, 1,6 °/o
Weizen und Roggen und keinen Kulturhafer. Eine Übersicht über die
Häufigkeit der verschiedenen Reinheiten gibt nachstehende Tabelle,
Reinheit Probenzahl | Prozent
| der Proben
79,0 Das Veen. |
SEN FELL IT 3
SO: 2 0,1
U Ne ie Be ER 9
BEI BASB 90... oc 8
SO er Re 28 0,1
IN REIN I... 55 0,2
RNIT 168 0,6
REN Tr 2 TR EN 863 3,0
93,0 Er 3 455 pas!
SI Sr PN ee ee 1435 26,0
Sa Us De Dre 8 689 30,3
EIS BE | Sa ee 5 669 19,8
IONNEEIET 1 894 6,6
kei ie DR \ or A 2935 1,0
Sl BSR 61 0,2
7210050
Zusammen...| 28634
Er
290 XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
Über die Nachanalysen hatte sich allmählich die Legende gebildet,
daß sämtliche Nachanalysen besser ausfielen als die ersten Analysen.
Wenn auch von mancher Seite betont wurde, daß die Wahrscheinlichkeit
für einen höheren Ausfall im der Reinheit bei den Nachanalysen spräche,
so wurde doch andererseits diese Behauptung benutzt, um die ersten
Analysen direkt anzuzweifeln. Da für die Nachanalysen neue Proben
zur Untersuchung kommen, so ist eine vollständige Übereinstimmung ja
nicht zu erwarten. Es sind nun in nebenstehender Tabelle 270 Nach-
analysen und ihre Differenzen mit den ersten Analysen zusammengestellt.
Die mittlere Differenz beträgt nun 0,53 °/o, entspricht mithin annähernd
den von uns schon früher für Parallelanalysen festgestellten mittleren
Fehlern. Die Abweichungen steigen bis zu 2,5%. Von 270 Nach-
analysen gaben 183 oder 67 °/o höhere Werte bei der Nachanalyse, 59
oder 22/0 niedrigere Werte und 10,4 °/o stimmten in beiden Analysen
überein. Es fielen mithin etwa Y/s der Analysen niedriger aus, °/s höher
und Yıo zeigte keine Differenzen.
Für 7 Gerstenproben wurden Keimprüfungen vorgenommen.
5 keimten zwischen 93 und 97 °/o und je eine 59 und 22%. Das Hekto-
litergewicht einer Probe war 57,5 kg. Der Feuchtigkeitsgehalt von
3 Proben schwankte zwischen 5 und 5,5 ”o.
Hafer. Die Anzahl der untersuchten Proben war doppelt so grob
als im Vorjahre. Die mittlere Reinheit war 96,8% (1909/10 97 ®%o),
bei einem Besatz von 2,7% und 0,1°/o Gerste und 0,4 °/o Roggen. Um
vielseitigen Anfragen zu begegnen, sei hier besonders hervorgehoben, daß
der Flughafer (Avena fatua) in allen seinen Sorten zu den Unkräutern
eerechnet wird. Von den 627 untersuchten Proben waren 60 zwischen
98 und 99,5 ”/o rein, 222 zwischen 97 und 97,9 °/o, 225 zwischen 96 und
96,9 °/o, 97 zwischen 95 und 95,9% und 23 zwischen 93,8 und 94,9%.
Die Keimkraft von 14 Proben war bei 12 zwischen 91 und 99,5 %o.
Je eine keimte 76 und 74%. Die Feuchtigkeit von 2 Proben war
12,6 °/0. Bei einer auf Kochsalz und Salpeter untersuchten Probe konnten
nur Spuren Kochsalz festgestellt werden.
Weizen. Die Anzahl der auf Besatz untersuchten Proben hat sich
ebenfalls verdoppelt. Die mittlere Reinheit von 1921 Proben war 95,4 °o
bei einem Besatz von 1,9% und bei 2% Roegen und 1,5 °%/o Gerste.
10 Proben waren zwischen 99 und 99,5 °/o rein, 119 zwischen 98 und
98,9 %,, 359 zwischen 97 und 97,9.%,, 485 zwischen 96 und 96,9 %,,
459 zwischen 95 und 95,9 °/,, 197 zwischen 94 und 94,9 °/,, 118 zwischen
93 und 93,9-%/,, 78 zwischen 90 und 92,9.%,, 76 zwischen 85 und 89,9 %,
und 20 zwischen 80 und 84,9 °/,. 6 Proben keimten 68, 67, 62, 52, 15
und 13%. 4 auf Wasser untersuchte Muster enthielten 6,2 bis 7,5 °/..
Kleber wurde bei 2 Proben mit 25,9 und 27,2 °/, festgestellt,
XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
Differenzen der Nachanalysen von russischer Gerste.
Differenzen überhaupt
„
SI mn mm m a
rt
| | Prozent
Probenzahl der Proben
28°. 1,210,4
3l 11,5
20 1,4 o
se el
3a as
21 | „Oö 55,6
2] „S
l ri
‚022,6
1 2|
2, )
0
“HH, DADdon TI nn
270
=)
14,4
DD CD ID u O5 He 1-1
1.4
— oe
100,00
Mittel 0,53.
291
Differenzen mit erhöhter Reinheit Differenzen mitermäßigter Reinheit
bei der Nachanalyse
Proben- Prozent | Prozent der
zahl der Proben | ges. Proben
0,1 17, 73) Bee
VE 12 6,6 4,4
0,83... 27 14,8 753,7 10,0
04... 23 .. 1a; 9,2
03.2. N | 6,5
0,6. 18,220 9,8 6,7
0,7. S;ı sa | 2.9
0,5 Ge2373,8726,2 2,6
U ge! | | 3,4
I MDR 6 3.3 2,2
1,1 S 4,4) 3,0
1,2 f 3,8 2,6
3 7 3,8 2,6
En... 5 2 1,5
Ei. ern 0,7
LE. 2 21208) 0,7
1.8. en
NE De 1,6 nf bl
2,0... 1 |
DAL 2 1 | 1,6 I 1
IRINA 1 | |
183 | 100,0 6
Mittel 0,65,
Proben-
zahl
0,1 14 93,7
ER S 13,5|
0,3 11 18,6. 174,5
0,4 7 0]
0,5 4 | 68
0,6 3 | 5,0
WM, 4 | sl, 31
0,8. l Ri
0,9 5 |
1,6 er
L2 ec,
59 , 100,0
Mittel 0,41.
Analyse und Nach-
bei der Nachanalyse
Prozent | Prozent der
der Proben | ges. Proben
on
2
u aloe a on
See 3
oo_o
oO Pr PT —- On
[Su
US
analyse stimmten bei 10,4°/, der Proben;
die Nachanalyse war
bis 0,5% höher bei 36,2
0,6 1,0... er ikt,oı:
32.0 7% 1 122,6
2129: , tas 1.0
bis 0,5 „niedriger „ 164
Mel, = Eye:
299 XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
Roggen. Auch hier hat sich die Probenzahl fast um das Dreifache
erhöht. 1496 Reinheiten ergaben im Mittel 95,7%, (1,1 °/o mehr als
im Vorjahre) bei einem Besatz von 2°/o und bei 20 Weizen und 0,3 %/,
Gerste. Die Reinheit lag bei 34 Proben zwischen 99 und 99,7 °/,, bei
65 zwischen 98 und 98,9 °/o, bei 263 zwischen 97 und 97,9 %o, bei 349
zwischen 96 und 96,9 °,, bei 320 zwischen 95 und 95,9 °/,, bei 239
zwischen 94 und 94,9 °/,, bei 181 zwischen 92 und 93,9 °/,, bei 20 zwischen
90,1 und 91,9 °/, und bei 10 zwischen 84,1 und 89,4 °/,. Die Keimkraft
von 5 Proben ergab für je eine 97, 96, 94, 63 und 13°/,. Eine Probe
keimte überhaupt nicht. Das Volumengewicht einer Probe war 69,6 ke.
Die Feuchtigkeit eines Musters betrug 15,7 %,.
Hirse. Von 20 Mustern lag die Reinheit bei 9 zwischen 95,4
und 98,9 °/o und bei 11 zwischen 91,8 und 94,5 °/o.
Zuckerhirse keimte in 2 Proben 84 und 72 %o.
Dari. Von 11 Reinheiten ergaben 8 zwischen 96,1 und 97,3 %o
und je eine 95,8, 95,2 und 92,8 %.
Kanariensaat. 69 Proben hatten im Mittel 96,9%, Reinheit.
46 Proben waren zwischen 97 und 98,7 °/, rein, 21 zwischen 94,4 und
96,9°,, und je eine 90,5 und 87,4 °/, rein. Letztere enthielten 3,5 %,
Unkraut und 3,7%, Sand resp. 5,1% Unkraut und 4,1%, Sand. Zur
Untersuchung auf Manganerz wurde eine Probe eingeschickt; es konnte
jedoch nichts nachgewiesen werden.
Buchweizen. Die Reinheit einer Probe war 90,4%. .3 Keim-
versuche ergaben 97, 95, und 78 °/o.
5. Wurzelgewächse und Gemüse.
Runkelrüben. 11 Proben wurden auf Reinheit untersucht und
ergaben im Mittel 98,1%. 10 hatten eine Reinheit zwischen 97 und
99,7% und die 11. war 92,5 Yo rein. Keimkraft und Feuchtigkeit
ergibt nachstehende Tabelle:
Runkelrüben. Es ergaben von 124 Proben:
Anzahl Keime %/o gekeimte Knäule
m —— e re
Min. Max. Mittel Min. Max. Mittel
gelbe Eckerndörfer... 41 68 216 140 35 87 70
rote R PR 40 205 145 22 95 1
selbe Oberndörfer.... 7 106 183 153 60 89 14
rote # ee) 142 Kayt 149 75 80 18
selbe Mammuth...... 1 183 183 185 81 81 81
rote BR SAU 7 17 212 150 11 94 71
selbe Klumpen....,.. 5 167 178 171 aR 83 s1
XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911. 293
Anzahl Keime "/u gekeimte Knäule
as Mittel Min) "Max: Mittel
weiße Oliven......... l 162 162 162 76 76 76
ee: 5 133 183 165 70 81 75
rote Bee. > 96 139 118 63 73 68
gelbe Flaschen....... 2 su ri % 5l 67 9)
rote BR ee 2.9 167 172 170 s3 84 84
Benkerıy.2.4.. 40; 3 13 145 159 62 78 69
Vs TE 2 2 136 124 65 2 69
Golden Tankard.... . 1 146 146 146 7A 77 a
EISEN. ae > 47 186 125 23 88 63
Der Durchschnitt für diese 124 Proben ist 142 Keime für 100 Knäule
und 71°/o gekeimte Knäule.
Die Feuchtiekeit wurde von 8 Proben ermittelt. Sie betrug im
Minimum 15,89 °/o, im Maximum 18,10 °% und im Mittel 16,79 %o.
Zuckerrüben waren in 2 Proben 98,9 und 98,6°/ rein. Der
Durchschnitt an Keimen stieg um 20 auf 162 Keime in 100 Knäulen.
> Proben hatten 200 resp. 252 Keime im 100 Knäulen, 4 zwischen 157
und 166, 3 zwischen 132 und 137 und eine 122 Keime. 5 Proben, auf
Gewicht von 1000 Korn untersucht, ergaben im Mittel 2,155, Minimum
1,992, Maximum 2,270.
Herbstrüben. Die Reinheit war 993 und 98,5 °/o, die Keim-
fähigkeit 99, 97, 86 und 85 °o.
Kohlrüben waren in einer Probe 98,7 °/ rein und keimten 98 "jo
Kohlrabi. Die Keimkraft einer Probe war 93 °o.
Steckrüben. 5 Reinheiten ergaben 99,4, 99,2, 98,4, 98,1 und
94,8%. Die Keimkraft von 8 Proben lag bei 6 zwischen 93 und 99 °/o;
je eine gab 89 und 82°.
Mohrrüben. 1 Probe keimte 73.
Salatrüben hatten 151 und 90 Keime in 100 Knäulen.
Salat. 10 Keimprüfungen erzielten für 4 zwischen 90 und 96 ”/o,
für 3 zwischen 80 und 86 % und für je eine 74, 65 und 63 ®jo.
Möhren. Von 12 Mustern hatten 5 eine Reinheit zwischen 95,1
und 97,1 °/o, 4 zwischen 90,1 und 94,4°o und je 1 Muster 88,4, 87,4
und 87 °%. Die 3 unreinsten Proben enthielten 10,5 12,3 resp. 11,5 %o
Spreu. 40 Proben wurden auf Keimfähigkeit untersucht. Das Mittel
stiee um 3% auf 64%. 5 Proben keimten zwischen 92 und 97%,
6 zwischen 81 und 87 °%, 9 zwischen 70 und 79°/o, 8 zwischen 52 und
69 %%, 7 zwischen 44 und 49 °/o, je eine hatte 31 resp. 30 °/o, zwei 26 "/o
und eine 9 °%o.
Kopfkohl keimte in 4 Proben 89, 57, 44 und 26 "/o,
294 XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
Blätterkohl. 1 Muster hatte 99 °/o Keimkraft.
Zwiebeln. Von 39 untersuchten Proben keimten drei 97, 92
und 91%, 9 zwischen 80 und 88 °/o, 11 zwischen 61 und 77°/o, 15 zwischen
40 und 59 %Y und eine 38 °%.
Petersilienwurzeln. 4 Proben zeigten eine Keimfähigkeit
von 70, 54, 52 und 49%).
Gurken. 3 Keimprüfungen erzielten 97, 96 und 70%.
Cichorien. 9 Muster keimten je 82, 71, 66, 64, 60, 60, 59, 53
und 52 %.
Porree. Keimergebnis von 8 Proben war für je eine Probe 97
und 86 °o, für drei 83°/o und für je eine 81, 79 und 38 %.
Schwarzwurzeln. Es keimten 5 Proben zu 86, 76, 70, 70
und 67 %,.
Spinat.. Das Keimergebnis war für 4 Proben zwischen 82 und
85 °/,, für je eine 75 und 66 °),-
Radies keimte in 4 Proben 96, 87, 46 und 21 %,-
Sellerie. Die einzige untersuchte Probe hatte eine Keimkraft
von 85 °/,. |
Dill hatte eine Keimkraft von nur 20 %,. \
Endivien. Ein Muster hatte eine Keimfähigkeit von 62 %,.
Melde. 2 Proben keimten sehr gering, 39 und 28 %,.
6. Ölsaaten.
Sesamsaat. Von 72 Reinheiten wiesen 20 zwischen 98 und
99,6 °%/, auf, 32 zwischen 96 und 97,9 °/, und 20 zwischen 91,8 und
95,8%. Die durchschnittliche Reinheit fiel um 1,1 Ye
Erdnüsse. Die Reinheiten der 49 Proben lagen für 9 zwischen
98 und 99,1 °/,, für 24 zwischen 96 und 97,9 °/,, für 13 zwischen 94,2
und 95,9 %/,, für eine bei 92,7°/, und für zwei bei 92,2 %,.
Mohnsaat. Von 10 Proben waren 8 zwischen 94,3 und 98,6%,
und zwei 88,5 °/, rein.
Leinsaat. 90 Reinheitsanalysen ergaben für 21 Proben 96 bis
99,3 /,,.. für 13 Proben’ 95 bis 95,67, für 157’Proben II
für 16. Proben 92,2 bis93,5.%7,, furl Proben 90 HIs a re
12 Proben 80,2 bis 89,6%, und für je eine Probe 74,4 und 70,1 %,.
Letztere enthielten 21,1°/, Ackersenf resp. 18,8 °/, Camelina und 8°,
Unkrautsamen.
Senfsaat. Es wurden 115 Proben untersucht. Bei 21 lag die
Reinheit zwischen 98 und 99,6 %,, bei 61 zwischen 96 und 97,9%,
bei 23 zwischen 94 und 95,9 °/,, bei 8 zwischen 92,4 und 93,9°/, und
je eine war 87,2 und 71,6%, rein, Die letzte enthielt 26,1 °/, Ackersenf,
1%
XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911. 295
Raps. 3 Preben waren 98,1, 92,5 und 90,7°/, rein. 1 Probe
keimte 95 °/,.
Rübsen. Die Reinheit einer Probe war 92,5 %,.
Ölrettig hatte in einer Probe 95,9 %, reine Saat. Von 4 Proben
keimten eine 98 °/,, zwei 81 °/, und eine 75 °%,.
Nigersaat. Die Reinheitsanalyse einer Probe ergab 95,3 '/,.
Mowrasaat. Die Reinheitsanalyse einer Probe ergab 97,6 °/,.
Sojabohnen. Von 22 Reinheiten lagen 13 zwischen 98,4 und
99,5%, 8 zwischen 94 und 97,3%, und eine zu 93,3 %,. 2 Proben
keimten 89 und 75 /,.
Cuminsaat. Die Reinheit von 4 Proben war 90,1, 90, 80,8 und 76 %/,.
Letztere enthielten 8,8%, Spreu und 10,1%, Sand resp. 7,1°/, Spreu
und 16,4 °/, Sand.
Ajowansaat (Weedseed). Von 17 ermittelten Reinheiten lagen
6 zwischen 90,8 und 91,3 %/,, 11 zwischen 81,4 und 89 %,.
Fenchel. 2 Proben waren 89,2 und 85,9%, rein.
Anis war in einer Probe 98 °/, rein.
7. Gehölzsamen.
Kiefern. Die Analysen für 6 Proben ergaben zwischen 98
und 99,1 °/, Reinheit. Von 10 auf Keimkraft untersuchten Proben
waren 6 zwischen 84 und 89 °/,, der Rest zwischen 63 und 78 °/,.
Fichten. Die Reinheit einer Probe war 99,9°/,. Zwei Proben
brachten 93 und 81 °/, Keimkraft.
Lärchen. 5 Muster keimten 27, 23, 18, 16 und 8 ,.
Larix leptolepis. Die Keimkraft einer Probe ergab 23 ,.
Rottanne keimte in einem Muster 62 %/,.
Apfelkerne. Eine auf Keimkraft untersuchte Probe keimte
überhaupt nicht.
8. Ziergewächse.
Cobaea scandens. Die Keimfähigkeit von 5 Proben war 62,
55 und 33%,.
9. Getreideprodukte.
Roggenmehl. Von 2 Proben enthielt die eine Sand, die andere
merkliche Mengen Reisstärke.
Weizenmehl. Bei 2 auf Reinheit untersuchten Proben Konnten
fremde Bestandteile nicht festgestellt werden. Bei 25 Proben wurde die
Feuchtigkeit festgestellt; sie betrug im Mittel 13,4 °/,, Minimum war
12,2 °/, und Maximum 14,5 /,.
Reismehl. Die Protein- und Fettuntersuchung ergab bei einer
Probe 13,2 resp. 11,2 %,.
296 XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
10. Getreideabfälle.
Gerstenkleie. Von 64 untersuchten Proben war nur eine frei von
fremden Beimischungen, 2 enthielten etwas Haferabfälle, 26 merkliche
Mengen und eine bedeutende Mengen Haferspelzen, 18 enthielten Weizen-
und Haferabfälle sowie Unkräuter, 11 Weizenabfälle und Hülsenfrüchte,
3 Weizen- und Roggenabfälle und 1 Probe reichliche Haferspelzen, merk-
liche Mengen Reisspelzen, etwas Hirse und Unkräuter. Bei 2 auf Kreide
untersuchten Proben konnte dieselbe nicht festgestellt werden. Der
Wassergehalt zweier Proben war 10,34 und 11,31 °/,.
Weizenkleie. Von 13 auf Reinheit untersuchten Proben konnten
bei 4 fremde Bestandteile nicht festgestellt werden. Bei 8 Proben wurden
Haferspelzen, Maisspindelmehl, Reisspelzen, Kartoffelstärke, Roggen- und
Gerstenabfälle sowie Unkräuter festgestellt. Eine als Weizenkleie ein-
geführte Probe stellte Weizenkeimkleie dar. Die Ascheuntersuchung
von 81 Proben ergab im Mittel 5°/, Asche in der Trockensubstanz,
Minimum war 2,6 °/, und Maximum 28,3 °/o.
2 Proben wurden auf Protein untersucht und ergaben 15,15 resp.
16,97 °/,, 8 auf Nährwert, Resultat: im Mittel 10,9°, Wasser, 4,4%,
Asche, 16,5 °/, Protein, 3,7 %/, Fett, 56,5 °/, Kohlehydrate und 8°, Roh-
faser. Der Stärkewert war im Mittel 75,3 %/,, Minimum 45,7 %,,
Maximum 89,3 %,. Für 2 Proben wurde der Preis auf M 8,38 resp. auf
\t 13,70 pro 100 kg berechnet.
Roggenkleie. Von 21 Proben hatten 2 keine fremden Bestand-
teile. 19 Proben enthielten bis 10 °/, Weizenabfälle, außerdem Schalen,
Bärte, Keime und Unkräuter. Der Sandgehalt dieser Proben war im Mittel
2 °/,, Minimum 0,65 °/, und Maximum 4,35 %/. Der Aschengehalt dreier
Proben war 3, 3,9 und 5,7 %,.
Haferkleie. Eine Probe enthielt keine fremden Bestandteile, eine
andere Gerstenkleie und eine dritte Maisstärke.
Erbsenkleie. Die einzige untersuchte Probe bestand im wesent-
lichen aus Erbsenschalen.
Maiskleie. Von 46 Proben enthielten 20 keine merklichen
fremden Bestandteile, 8 bis ca. 15%,, 12 bis 10°, Maisspindelmehl,
3 geringe Mengen Weizen- und Spindelmehl, 2 etwas Reis und Reis-
spelzen, eine merkliche Mengen Olivenkernmehl sowie Spuren von Weizen-
und Reisspelzen und Gerste. Eine Probe hatte 8,85 °/, Rohfaser. 4 auf
chemischem Wege untersuchte Proben ergaben folgendes Mittel: 10,8 °/,
Wasser, 1,8%, Asche, 13,3%, Protem, -5,5.%, Kett, 65,2% Kohle
hydrate und 4,2°/, Rohfaser. Das Mittel der Reinstärke war 80,4 %,.
Maisbohnenkraftfutter. Die Zusammensetzung dreier Proben
war wie folgt:
l. Probe. Mischung von Gerstenschrot, Kartoffelpülpe, Maisschrot
XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911. 297
und Sojakuchenmehl sowie Spuren Hafer und Unkraut. Stiekstoffhaltige
Substanz 14,3 %/,.
2. Probe. Getrocknete Kartoffelpülpe, Sojakuchenschrot, etwas Mais
und Spuren Leinsaat.
3. Probe. Sojakuchenschrot und Maiskleie neben geringen Mengen
Verunreinigungen. Die beiden letzten Proben enthielten 19,5 °/, resp.
14,9°/, Wasser, 7,8 resp. 4,7 °/, Asche, 17 resp. 24,3 °/, stickstoffhaltige
Substanz, 5l resp. 13,8 °/, Kohlehydrate und 3,2 resp. 5,2 °/, Rohfaser.
Reisfuttermehl. 3 auf Echtheit untersuchte Proben stellten
Abfall der Stärkefabrikation dar. Bei weiteren 3 Proben konnten fremde
Bestandteile nicht festgestellt werden. Fine vierte enthielt Spuren von
Weizenstärke und etwas Käferbesatz, 2 enthielten geringe Mengen, 2 12
resp. 31 °/, Spelzen und 2 erhebliche Mengen Reisschalen. In den letzten
6 Proben waren außerdem Unkräuter, Weizenstärke, Käferlarven u. a.
vorhanden. Von 7 Sanduntersuchungen war das Mittel 2,5°,. Ein
Muster hatte nur 0,3 °/,, alle anderen über 2 bis zu 3,8 °/, Sand. Für
18 Muster wurde der Gehalt an Protein und Fett festgestellt. Das Mittel
betrug 11,27 °/, Protein und 10,86 °/, Fett, Minimum 9,02 °/,, Maximum
12,50 °%/, resp. 7,42 und 13,18 °/,. 2 weitere Proben hatten 11,7 resp.
12,1°/, Fett. Eine Aschenanalyse ergab 13,9 %/..
Melassefutter. Von 10 untersuchten Proben bestand eine aus
Maisrückständen, 3 aus Kartoffelabfällen, Sojabohnenabfall, Maisschrot,
Erdnußhülsen, Weizenabfall, 2 aus Erdnußschalen, geringen Mengen
Gerste und Hafer, Spuren Holz, Weizenkleie, großen Mengen Erdnuß
und Unkräutern, 2 aus Getreideabfällen, Strohteilen, Spelzen, Weizen,
Roggen und Hafer, Rübenschalen, Unkräutern, Leinsaat und Erdnuß-
hülsen, eine zu gleichen Teilen aus Weizenkleie und Palmkernschrot sowie
geringen Mengen Unkrautsamen und eine enthielt viel Sand und Erde,
durchsetzt mit Brand- und Schimmelsporen, Halmstücken, Blattfragmenten,
etwas Hafer- und Gerstenspelzen. Vor Verfütterung dieser Melasse mußte
gewarnt werden. Bei je einer Probe wurde 13,03%, und 45,47%
Melasse ermittelt. Eine andere Probe ergab 4,51 %/, Protein und
4,08 °/, Fett.
Maisschlempe. Von 7 Proben enthielten 4 neben Mais-, Weizen-
und Roggenschlempe Gerste- und Haferabfall.e. Eine Probe bestand im
wesentlichen aus Baumwollschalen und Spuren Mais- und Gerstenspelzen.
Eine andere enthielt Weizen-, Roggen- und Gerstenabfälle und merkliche
Mengen Baumwollschalen sowie Spuren von Gersten- und Haferspelzen.
Ein Muster bestand aus 40°/, Maisschalen, 50%, Roggenschalen mit
etwas Weizen und 10 °/, Gersten- und Haferspelzen. 2 Proben, auf Protein
und Fett untersucht, ergaben ein Resultat von 24,4 und 25,6%, Protein
und 7,4 und 7,9°/, Fett.
998 XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
Treber. Drei Resultate ergaben 15,67, 20,49 und 25,09 %/o Protein
und 8,28, 8,43 und 5,36 °/o Fett.
Verschiedene Getreideabfälle Bei 6 Proben konnten andere
Bestandteile, als angegeben, nicht festgestellt werden. 3 Proben bestanden
aus 1. Getreideabreinigung, Rapssaat, Raygras, Kanariensaat, Gerste-
und Haferabfällen, Spuren Leinsaat, Erdnuß, Milben und Käferresten
sowie merklichen Mengen Sand; 2. Gerste-, Hafer- und Weizenschalen,
Erdnußschalen und Hülsen, Kanariensaat, Leinsaat, Rapssaat und reich-
lich Unkräutern; 3. 65 °/o Weizenabfall, 23 °/o Unkrautschalen und 12 %
Ackersenfkörnern. 4 auf Zusammensetzung .untersuchte Muster ergaben
im Mittel 10,9 °%/o Wasser, 3,8 °/o Asche, 19,7 % Protein, 4,4 °/o Fett,
54,9 °/o Kohlehydrate und 6,3 °/o Rohfaser. Der künstliche Verdauungs-
versuch nach Stutzer ergab im Mittel eine Verdauung des Eiweißes zu
89,2 °/o, Minimum 82,6 und Maximum 95,5 ”/o.
11. Ölkuchen usw.
Erdnußkuchen und -mehl. 8 Proben bestanden in der Hauptsache
aus Erdnuß. Sie enthielten ferner etwas Schalen und Hülsen, Holzmehl,
Kokos und Reisspelzen, Rapssaat, Leinsaat, Baumwolle, Rizinus, Safflor-
kerne, Sand und Unkräuter. Eine Probe war mit Milben besetzt. Zwei
andere bestanden im wesentlichen aus Erdnußschalen und -hülsen. Das
Resultat von 8 Sandanalysen war im Mittel 2,11 °/ Sand, Minimum 0,34 °o
und Maximum 3,88 °/o. Zwei nach der Schlämmethode und der Methode
der Versuchsstationen untersuchte Muster enthielten nach der ersteren
2,07 und 1,87 °/o Sand, nach der anderen Methode 3,50 und 3,55 °/o.
Für 12 Muster wurde der Gehalt an Protein und Fett ermittelt; das
Mittel war 46,4 °/o Protein und 8,2 °/ Fett.
Sesamkuchen. 119 Muster wurden zur Untersuchung auf Sand-
sehalt vorgelegt. Das Resultat war im Mittel 2,9 %, Minium 0 %o und
Maximum 6,7 °%o.
Rapskuchen. Zur Begutachtung auf Reinheit wurden 21 Proben
eingesandt. Bei 7 konnten fremde Bestandteile nicht nachgewiesen werden.
7 enthielten bis zu Vs indische Senfsaat (Brassica jJuncea), 4 bestanden
hauptsächlich aus indischer Rapssaat (Drassica glauca, Sarson), 2 ent-
hielten Spuren Hanf, Leinsaat, Unkräuter und Rizinus, 1 Spuren Ackersenf
(Ravison). Protein- und Fettgehalt einer Probe war 38,15 resp. 7 %o.
Leinkuchen. Es gelangten 5 Proben in dieser Saison zur Unter-
suchung. 1 Probe enthielt merkliche Mengen Baumwollschalen, etwas
Unkraut und Spuren Mowrahsaatabfälle, je eine Reisspelzen, Hanf und
Braunsenf, — zerkleinerte Leinkapseln —, merkliche Mengen Cruciferen-
samen, etwas Unkraut und Spuren Baumwollsamen. Der Protein- und
Fettgehalt einer Probe war 27,93 resp. 7,26 °o.
XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911. 290
Kokoskuchen. 5 Proben wurden auf Reinheit untersucht. Bei
3 konnten fremde Bestandteile nicht festgestellt werden. Fine weitere
Probe enthielt Spuren Erdnuß, Getreideabfälle, geringe Mengen Gewebe-
teile einer Illipe-Art sowie Spuren Rizinus. Die fünfte Probe bestand
zum Teil aus Palmkernschrot, Erdnuß, Leinsaat und Mais-, Reis- und
Haferabfällen. 10 auf Protein- und Fettgehalt untersuchte Proben hatten
im Mittel 21,6 resp. 8,7 °/o, Minimum war 20,2 und 4,2 °o, Maximum
24,3 und 16,5 °/o.
Sojabohnenmehl hatte in einer Probe nur Spuren fremder Bestand-
teile. Ebenfalls eine Probe hatte 43,7 %o Protein und 1,3 °/ Fett.
Baumwollsaatmehl. Die Feststellung von Protein und Fett
ergab für 40 Proben im Mittel 41,5 %,o Protein, Minimum 23,6 °o, Maximum
50 °%/o und 8,3 °/o Fett, Minimum 6 °o, Maximum 13,3 0.
Futterkuchen resp. -mehl. Verschiedene Futterkuchen waren
wie folgt zusammengesetzt: 1. Leinkuchenmehl, Raps, Süßholzwurzel,
Drogenabfall und Holzmehl, 2. Unkräuter, etwas Leinsaat und Klee,
3. Mowrahabfälle, Rapssaat, Erdnußhülsen und -schalen, Leinsaat, Baum-
wollschalen, Nigersaat und Unkräuter, 4. Erdnuß mit etwas Schalen und
Hülsen, Kokos, Leinsaat, Raps, Baumwollsaatmehl, Reisspelzen, Hülsen-
früchte und 2,32 %/o Sand, und 5. Cucumis spec.
Hanfkuchen. Eine Untersuchung ergab Spuren Lein- und Senfsaat.
Rübkuchen. Bei den 3 zur Untersuchung eingesandten Proben
konnten fremde Bestandteile nicht festgestellt werden. 1 Probe enthielt
34,7 °%% Protein und 10,2 %/o Fett.
Palmkernschrot. Bei einer Probe konnten fremde Bestandteile
nicht festgestellt werden, sie hatte aber einen ranzigen Geruch.
Fenchelpulver ergab in einer Probe wenig Früchte, aber viel Stiele.
Anispulver bestand in einer Probe zum größten Teil aus gefärbten
Reisspelzen und etwas Sand.
Japanisches Perillamehl. 1 Probe war Perilla ocymoides.
12. Verschiedenes.
Kraftfutter. 1 Muster bestand aus 40°/o Sojabohnen, Kleie,
Zuckermelasse, Bohnen und Salz.
Fischmehl. 4 Proben wurden zur Untersuchung eingeschickt.
Davon konnten bei einer fremde Bestandteile nicht festgestellt werden.
2 enthielten Spuren und eine reichlicher Holzmehl.
Rübenschnitzel zeigten in einer Probe normale Zusammen-
setzung.
Verschiedene Futtermittel,lagen in 8 Mustern vor. Sie
bestanden aus:
24
300 XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
1. Mahlabfällen, verschiedenen Gewürzen und Drogen, Fenchel, Koriander,
Wermut, Thymian, Salbei usw., außerdem Abfällen einer Wurzel-
und Rindendroge;
2. Mahlabfällen, verschiedenen Gewürzen und Drogen, hauptsächlich
Zitronenschalen, Koriander, Muskatnuß, Kardamom, Thymian, Wurm-
samen, Schafgarbe und Lavendel;
Weizen, Gerste, Mais, etwas Fleischfasern, Spuren Lein und Unkräutern ;
4. hauptsächlich Reisspelzen, Fisch- und Fleischmehl, etwas Leinsaat,
Erdnußmehl, Johannisbrot und geringen Mengen Bockshornsamen,
Erdnußschalen, Schwefel, Steinsalz, Kreide und phosphorsaurem Kalk ;
5. in der Hauptsache aus Fleischmehl, entölter Mohnsaat, Reisspelzen
und Leinsaat, etwas Erdnußschalen und -hülsen, Weizenkleie und
Spuren Soja und Mais;
6. Mentha und Umbelliferenwurzeln ;
7. wesentlich Fisch- und Fleischmehl, etwas Maisabfall und Spuren
Leinsaat und Bockshornsamen und
8. Malzkeimen, Erdnußhülsen, Sesam, Reisspelzen und Spuren Gersten-
spelzen, Weizenschalen, Bohnenschalen und Lein und Unkraut.
SY)
13. Faserstoffe.
Kapok. Reinheit von 6 Proben war 91,5, 89,1, 88,5, 86,5 82,2 und
60 °/%. Letztere enthielt 37,2 °/o Kapoksamen und 2,8 °o Spreu. In einer
Probe fand sich ein Samen Akon.
Akon war in einer Probe 93,3 °/ rein.
Baumwolle. 1 Probe hatte eine Feuchtigkeit von 6,79 °o.
14. Fütterungsversuche.
Wie bereits in der Einleitung erwähnt worden ist, hat das Labora-
torium auf Antrag des Vereins der am Futtermittelhandel beteiligten Firmen,
des Vereins der Getreidehändler der Hamburger Börse und des Vereins der
Baumwollsaatmehlimporteure die Möglichkeit zur Anstellung von Fütterungs-
versuchen geschaffen. Für die Anstellung solcher Versuche gelten folgende
Bestimmungen:
„Die Anträge auf Fütterungsversuche sind bei dem Laboratorium
für Warenkunde der Botanischen Staatsinstitute zu stellen, unter Angabe
der Fragen, auf die sich die Untersuchung erstrecken soll.
‚Die botanischen, mikroskopischen und chemischen Untersuchungen
werden in diesem Laboratorium ausgeführt und sind nach den bestehenden
Gebührensätzen zu bezahlen.
Die Fütterungsversuche werden von den Hamburgischen Botanischen
Staatsinstituten unter Überwachung des Staatstierarztes angestellt. Die
XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911. 301
Versuchstiere gehen für die Dauer des Versuches zu einem zu vereinbarenden
Preise in das Eigentum des Antragstellers über; diese Übernahme ist bei
Beginn der Versuche von dem Antragsteller zu bescheinigen. Der Kauf-
preis ist bei einem der drei unterzeichneten Vereine zu deponieren. Nach
Beendigung der Versuche werden die Tiere zum berechneten Preise von
dem Vereine, bei welchem das Depot errichtet ist, zurückgekauft, falls
keine Wertverminderung eingetreten ist. Falls während der Versuche
eine Wertverminderung bezw. Gewichtsverminderung der Tiere eingetreten
ist, so ist dafür von dem Antragsteller Ersatz zu leisten. Bei Milchtieren wird
das gratis gegebene Futter gegengerechnet und der natürlichen Abnahme
während der Laktationsperiode Rechnung getragen.
Treten Erkrankungen der Versuchstiere ein, die nach amtstierärztlicher
Feststellung mit der Fütterung in keinem Zusammenhang stehen, so soll
die vorstehende Vereinbarung außer Kraft treten und das Vieh Eigentum
des Vereins, bei welchem das Depot errichtet ist, verbleiben, sowie dem
Antragsteller sein Depot zurückgegeben werden.
Das zu untersuchende Futter ist in der für die Versuche nötigen
Menge gratis zur Verfügung zu stellen.
Für die Bewertung der Versuchstiere wird ein Taxator — bis auf
weiteres Herr Viehhändler Albert Martens in Tonndorf-Lohe — bestellt.“
Da eigene Anlagen, Viehställe, Vieh usw., für diese Zwecke dem
Laboratorium fehlen, so haben Verhandlungen zwischen den verschiedenen
in Betracht kommenden Behörden dazu geführt, daß in dem großen land
wirtschaftlichen Betriebe des staatlichen Werk- und Armenhauses solche
Versuche angestellt werden können. Durch dies Entgegenkommen sind
für derartige Untersuchungen unserer Meinung nach viel günstigere Grund-
lagen geschaffen, als in eigenen Versuchsställen. Die Anlagen in Farmsen
sind mustergültig, verfügen übereinen reichen Viehbestand und werdennachden
neuesten Erfahrungen auf dem Gebiet der Fütterungslehre bewirtschaftet.
Noch ehe die Verhandlungen über diese Einrichtungen zum Ab-
schluß gekommen waren, hat das Laboratorium gemeinsam mit einer Reihe
landwirtschaftlicher Versuchsstationen Untersuchungen angestellt über die
Wirkung der Palmkernkuchen auf die Milchproduktion. Diese Versuche
haben schon im Betriebe des Werk- und Armenhauses stattgefunden, während
die chemischen Untersuchungen im Laboratorium ausgeführt worden sind.
Über diese Arbeiten ist der allgemeine Bericht bereits in Heft XXI der
vom Reichsamt des Innern herausgegebenen Berichte über Landwirtschaft
erschienen. Die Einzelberichte sind bereits im Druck und kommen dem-
nächst heraus.
Auf Antrag verschiedener Firmen sind dann zwei Reihen von
orientierenden Fütterungsversuchen ausgeführt worden, über die nachstehend
kurz berichtet werden soll. Sie konnten zunächst noch nicht in der vor-
24*
30% XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung der Samenkontrolle 1910/1911.
schriftsmäßigen Vollständigkeit ausgeführt werden, geben aber doch gute
vergleichbare Werte.
Fütterungsversuche im Kontrollstalle des Werk- und Armenhauses.
I. Vergleichende Versuche über den Futterwert von Gerstenschrot
Hominyfeed, Mais und Maisproteinschrot.
Die Verwaltung des Werk- und Armenhauses berichtet über den
Gang der Versuche folgendes:
Der mit 48 Schweinen am 19. Januar 1911 begonnene Fütterungs-
versuch wurde am 2. März 1911 beendet. Eine zahlenmäßige Zusammen-
stellung über das Gesamtergebnis des Versuches folgt hier:
Vom 17. bis einschl. 20. Februar d. J. mußte der Versuch unter-
brochen werden.
Stall I erhielt pro Kopf und Tag 2 Pfd. Gerstenschrot neben Speise-
abfällen.
Gesamtgewicht der 12 Schweine am
13: Januarsdeer nee 738 kg
21. Januar del. „une 130,
>. Hebruardu)e nr. 0%: 862 „
117 Rebrmard. en. e 232
2. Marz ds 1066
”
Die Gewichtszunahme der 12 Schweine betrug vom 19. Januar bis
einschließlich 2. März d. J. 328 kg. Die Zunahme in Stall I betrug dem-
nach in 43 Tagen durchschnittlich 0,64 kg pro Tag und Tier.
Stall II erhielt pro Kopf und Tag 2 Pfd. Hominyfeed neben Speise-
abfällen.
(Gesamtgewicht der 12 Schweine am
19. Januar sd). Zu. 646 kg
27. Januar ander en 109%
3.BehruseW. Jr 109°,
IisBebruar er 827%
2-Marz dd. 31237,
Die Gewichtszunahme der 12 Schweine betrug vom 19. Januar bis
einschließlich 2. März d. J. 326,5 kg. Die Zunahme in Stall II betrug
demnach in 43 Tagen durchschnittlich 0,63 kg pro Tag und Tier.
‚Stall III erhielt pro Kopf und Tag 2 Pfd. Mixed Mais neben Speise-
abfällen.
XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911. 303
Gesamtgewicht der 12 Schweine am
13. JammarrdI. 2 700 kg
27.2.Januarsd2d2..2.. 8. 759 „
3. Debruan. deI 1224: 818-,,
IP Bebmaz dar ner 890 „
2. Manz del. 2 2. 1068,5 „
Die Gewichtszunahme der 12 Schweine betrug
einschließlich 2. März d. J. 368,5 kg. Die Zunahme
vom 19. Januar bis
in Stall III betrug
demnach in 43 Tagen durchschnittlich 0,71 kg pro Tag und Tier.
Stall IV erhielt pro Kopf und Tag 1 Pfd. Gerstenschrot und 1 Pfd.
Maisproteinfutter (Glutenfeed) neben Speiseabfällen.
Gesamtgewicht der 12 Schweine am
197 Jatuarnd2J23, 27.83: 558 kg
272. Januar de). er. Nee 6209%,
34 Rebruarid. mus ur: 693 ,,
IE>Pebruar a ea: UALOS.,
2er Marz de ar, 920,8. „
Die Gewichtszunahme der 12 Schweine betrug
einschließlich 2. März d. J. 372,5 kg. Die Zunahme
vom 19. Januar bis
in Stall IV betrug
demnach in 45 Tagen durchschnittlich 0,72 kg pro Tag und Tier.
Zunahme mit je I kg:
Stall, Ir Gerstenschroß. 2.2.2. ehe an.
a Hominyleede.- „uw. ur
BEA ee een 22
”
„ 1V, Gerstenschrot und Maisproteinschrot. .0,72
Setzt man die Zunahme für Hominyfeed mit 100
ein, so ist dieselbe
für Gerste 101,5, für Mais 112,7, für Maisproteinfutter und (Gerste 114,5.
Um einen Überblick über den Fütterungsversuch
man zunächst das Resultat abziehen, welches wahr
Speiseabfällen erreicht ist. Nimmt man die Zunahme
mit 0,40 kg an, so stellt sich das Resultat wie folgt:
Zunahme durch:
Gerste Hominyfeed Mixed Mais
0,64 kg 0,63 kg 0,71kg
0,40 „ | 0,40 „ 0,40 »
0,24 kg 0,23 kg 0,31 ke
zu bekommen, muß
scheinlich mit den
durch Speiseabfälle
Glutenfeed
und Gerste
0,72 kg
00.
0,32 kg
304 XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
Es bleiben also für:
1 ke Gerste: 7,3 Seele oe 0,24 kg Zunahme
l. -„.. Homimyieede ren me re re 2
1), Mixed-Maisı. re Dale r
!/s „ Glutenfeed und '/s kg Gerste...0,32 „ n
Oder es brachten:
100'ke7Gerstenschr or u. He 7 ar 24 kg Zunahme
100.,,°.Hlominyteeden. et ee 23, er
100... Mixed Maise.. ATiE rasen Prelige hr
50 „ Glutenfeed und 50 kg Gerste....32 „ u
100 kg Zunahme erforderten demnach:
417 kg Gerstenschrot,
435 „ Hominyfeed,
323 „ Mixed Mais,
313 „ Ye Glutenfeed und !/» Gerste.
Setzt man für die Zunahme mit Mais die Zahl 100, so ergibt sich
das folgende Verhältnis:
Mast en 0 le de EEE 100
Hominyfeeder 2m a 74
Gerstenschrob er em Ta,
Glutenfeed und Gerste............ 103
Glütenteed allen a. See 129
Die Rechnung für 100 kg Zunahme stellt sich wie folgt:
IVO kg Gerstenschrot brachten 24 kg Zunahme. Es kosten also 100 kg
Zunahme:
bei M 130,— per 1000 kg ............M 54,17,
AO OR FE „58,38,
00 OO „ 62,50,
100 kg Hominyfeed brachten 23 kg Zunahme und kosteten per 1000 kg
M 124,—, 100 kg Zunahme stellten sich also auf M 53,92,
100 kg Mixed Mais brachten 31 kg Zunahme und kosteten per 1000 kg
M 136,—, 100 kg Zunahme stellten sich also auf M 43,87,
100 ke m kg Glutenfeed (NM 120,— per1000kg) M 60, —| M 130,—,brachten
> 150 „ Gerstenschrot( „140,— „1000 „),„ 70,—| Zunahme 32 kg,
100 kg Zunahme stellten sich also auf A 40,62.
Sämtliche Resultate sind infolge des aus eiweißreichen Speiseabfällen
bestehenden Grundfutters sehr günstige.
XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911. 305
Es enthielten die Futter nach Kellner berechnet:
Um ?/; Eiweiß- Unsere Ver-
Stärkewert nach Kellner!) a ullces zuschlag erhöhter hältnis-
Stärkewert zahlen
Blutenteed .... ....:.. 71,63 16,7 82,76 129
Gerstenschrot.......... 03.18 10,69 80,86 Ci!
Ahzed Mais... ... 81,22 6,51 87,25 100
Hominyfeed .......... 69,56 DE! 73,07 74
!/a Glutenfeed und
!/a Gerstenschrot . .74,68 13.09 83,81 103
Es zeigt sich also, daß die Gerste ihrem Stärkewert entsprechend
ausgenutzt ist. Es müssen alle Teile, sowohl das Fett als auch die
Kohlehydrate und das Protein so gewirkt haben, wie es nur zu verlangen
ist. Im Mixed Mais konnten Fett und Stärke voll zur Geltung kommen,
und der hohe Stärkegehalt ergab das bessere Resultat, während sich beim
Hominyfeed zeigte, daß alle Teile weniger gut verwertet wurden. Nach
dem Gehalt an Rohnährstoffen hätte Hominyfeed ein höheres Resultat
liefern müssen, aber in den Kellerschen Tabellen wird für die organische
Substanz nur 75 °/o Verdaulichkeit angegeben, während für Mais 91 °/o auf-
geführt werden. Der Versuch mit dem Maisproteinschrot zeigt, daß das
Eiweißbedürfnis durch die Gerste-, Mixed Mais- und Hominyfeed-Fütterung
noch keineswegs gedeckt war, denn das Futter mit dem höheren Ei-
weißgehalt konnte noch 1 kg mehr Zuwachs bringen als Mixed Mais
und 8 kg mehr als reine Gerste. Es scheint also, daß der Mixed Mais
ein noch höheres Resultat gebracht haben würde, wenn man dem Mixed
Mais Glutenfeed zugesetzt hätte. Vergleicht man den Glutenfeedversuch
mit dem Gerstenschrotversuch, so ist durch den Zusatz des eiweißreichen
(rlutenfeeds noch eine erhebliche Verbesserung erzielt. Rechnet man den
Eiweißzuschlag nur mit °/s, so scheint dies nach unsern Resultaten noch
zu wenig. Rechnet man dagegen 1'/s Eiweißzuschlag, so hätten wir
folgende Verhältnisse:
Unsere Verhältniszahlen
/s Gerstenschrot und '/s Glutenfeed. .95,21 103
DR eh 2 90,98 100
Belelle, Se N 89,76 77
Hominyised kn nen suunnle. 77,46 74
Es wäre wünschenswert, die Versuche ohne Speiseabfälle zu wieder-
holen und zur Herstellung des richtigen Nährstoffverhältnisses den Eiweiß-
gehalt durch Fleischmehl resp. Fischmehl zu erhöhen.
!) Genaue Berechnung der Stärkewerte auf Grund der Analysen der Botanischen
Staatsinstitute siehe S. 308,
306 XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
Laufende
Nummer
der
Versuchs-
schweine
Statistik über die einzelnen Ställe.
Stall I.
Einzel- Gesamt- Gesamt- Gesamt- Einzel-
gewicht der | gewicht der | gewieht der | gewicht der | gewicht der
Versuchs- Versuchs- Versuchs- Versuchs- Versuchs-
schweine am schweine am | schweine am | schweine am | schweine am
19. Jan. 1911 | 27. Jan. 1911 | 3. Febr. 1911 | 11. Febr. 1911 | 2. März 1911
12 Versuchsschweine: Nr. 1—12. — Versuchsfutter: Gerstenschrot.
Verabfolgte Menge: 2 Pfd. pro Kopf und Tag neben Speiseabfällen.
Zunahme
während der
Versuchszeit
vom 19. Januar
bis 2. März 1911
kg kg kg | kg | kg kg
1 als: _— a 102,0 30,5
2 55,0 — a 82,5 27,5
3 u = — 101,5 31,5
4 202 mE. ee 95,0 33,0
5 63,5 = = = 90,0 26,5
6 62,5 = = = 88,5 26,0
7 60,0 zn er 84,5 24,5
) £) | © o*
S 65,0 — Li = 88,0 23,0
) 55,0 2 — a 83,5 28,5
10 Dee Bu — == 85,0 23,5
11 Se 2 ze 75,5 22,5
12 59,0 a EN ee 90,0 31,0
738,0 | 790,0 862,0 |, 932,0 | 1066,0 328,0
Stall II.
12 Versuchsschweine: Nr. 1—12. — Versuchsfutter: Hominyfeed.
Verabfolgte Menge: 2 Pfd. pro Kopf und Tag neben Speiseabfällen.
Laufende Einzel- Gesamt- Gesamt- | Gesamt- Einzel- Zunahme
Nummer gewicht der gewicht der gewicht der gewicht der | gewicht der während der
ns - Versuchs- Versuchs- Versuchs- Versuchs- Versuchs- Versuchszeit
Versuchs-
schweine
schweine am schweine anı | schweine am | schweine am | schweine am
19. Jan. 1911 | 27. Jan. 1911 | 3. Febr. 1911 | 11. Febr. 1911 | 2. März 1911
| |
vom 19. Januar
bis 2. März 1911
kg kg kg kg kg kg
53,0 an 5 30,5
2 48,0 = - a ET 26,0
3 56,0 2 ” Br 90,0 34,0
4 55,0 ee. — | 840 29,0
B 50,0 Se EEE 30,0
6 52,0 a RE 29,0
7 63,0 Ba ee ii) 20,0
8 56,5 ee oe) 2558
9) 53,0 Zr ee an 73,5 20,5
10 55,5 © ii u 30,0
ll 54,0 2 _- — 131.,0986,0 32,0
12 | 20,0
70,0
ee
646,0 705,00) 27650
| 827.0 | 9725
326,5
ee zz —————
XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911. 307
Stall IL.
12 Versuchsschweine: Nr. 1—12. — Versuchsfutter: Mixed Mais.
Verabfolgte Menge: 2 Pfd. per Tag und Kopf neben Speiseabfällen.
Laufende Einzel- Gesamt- | Gesanıt- Gesamt- Einzel- Zunahme
Nummer gewicht der | gewicht der | gewicht der | gewicht der | gewicht der | während der
En Versuchs- Versuchs- Versuchs- Versuchs- | Versuchs- Versuchszeit
der schweine am | schweine am | schweine am | schweine am | schweine am || vom 19. Januar
Versuchs- | 19. Jan. 1911 | 27. Jan. 1911 | 3. Febr. 1911 | 11. Febr. 1911 | 2. März 1911 || bis 2. März 1911
schweine =: Be | = Ee | 1 ke
| Es. = n 102,0 31,5
2 200, 0 — 101,0 31,0
3 3 N — £ 91,0 35,0
4 a >_ i 80,0 31,0
5 51,0 ar = = 78,0 27,0
6 45,5 - 2 — RO.
7 BBUEr) 2 107,0 | 39,0
8 Ze 2 2 105,0 | 35,0
|
Bo = 2 98,0 24,0
10 33.02 une - > 3.5 9222395
11 50,0 = a en 80,0 30,0
12 43,0 ln ge - 74,0 30,0
700,0 | 755,0 818,0 890,0 | 1068,5 368,5
Stall IV.
12 Versuchsschweine: Nr. 1—12. — Versuchsfutter: !/s Gersteschrot, '/s Maisproteinschrot.
Verabfolgte Menge: von dieser Mischung 2 Pfd. pro Kopf und Tag neben Speiseabfällen.
=
Laufende Einzel- Gesamt- | Gesamt- Gesamt- Einzel- Zunahme
Nummer gewicht der | gewicht der | gewicht der | gewicht der | gewicht der während der
5 £ Versuchs- Versuchs- Versuchs- | Versuchs- Versuchs- Versuchszeit
der schweine am | schweine am | schweine am | schweine am | schweine am || vom 19. Januar
Versuchs- | 19. Jan. 1911 | 27. Jan. 1911 | 3. Febr. 1911 |11. Febr. 1911 | 2. März 1911 || bis 2 März 1911
rd) r61 | |
Balyene kg kg kg kg kg ke
| | |
1 EV I ee 70,0 25,0
2 54,0 m = m 87,0 33,0
3 A gu 67,0 25,0
4 Bo = - 85,0 32,0
5 47,5 e a 80,0 32,5
6 Z5.08e ln. en 34,0 39,0
7 45,5 _ > — 80,5 35,0
8 42,5 Ze u 66,0 23,5
9 48,5 ee — 30,5 32,0
10 45,5 a = 80,0 34,5
11 45,5 nn _ = 76,0 30,5
12 I ni er = 74,5 30,5
558,0 | ‚620,0 | 692,0 | 746,0 | 930,5 02
308 XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
Analysen und Berechnung der Stärkewerte.
Gerstenschrot.
Wasser wre 11,31%
Trockensubstanz .......... 88,69 „
Aschei. 20 ee er 4,14 „
Prolei. er BERN 14,26 „ X 75 X 0,94 = 10,05 ’o
Felt ie ae,
Stickstofffreie Extraktstoffe. 64,40 „ <92x1 =59,25 „
Kohlaser. a msnat er e 3 2 Lie te
—= 74,01
1% Rohfaserdepression = 0,74 „
Stärkewert = 75,27 !
Enthält etwas Weizen, Hafer, Wicken, Unkrautsamen sowie Pilz-
sporen. Verdauliches Eiweiß 10,69 '.
Maisproteinschrot (Glutenfeed).
NVASSErS a Wear 9,48 'o
Trockensubstanz 2... .22. 90.92:
ASCHE ee eh Il
Protein 2a Be 19,42 „ > 86 x 0,94 = 15,64 !
Det NER 5,02 „ xX84x2,2 = 928,
Stickstofffreie Extraktstoffe. 58,82 „ <89x1 =53,34 „
Rohfasem».t.. Set ee 6,18 „ara Zee
— 79,58 'o
-- 10% Rohfaserdepression = 7,95 „
Stärkewert = 71,63 '
Fremde Bestandteile konnten nicht festgestellt werden. Verdauliches
Eiweiß 16,70 '.
Hominyfeed, weißes Maisfutter (zolltechnisch: Maiskleie).
WASSER. ie Sr eur 10,43 %
Trockensubstanz =... 2... SIOy,
Ascher. Se AR Den
Protein ar ee 10,33 „ <51x0,94= 4,95 '
Bett, Sara ne 6,97 „= 85= 2,2 119035
Stickstofffreie Extraktstoffe. 65,26 „ x82x1 =53,51
Röhlasers sr a Eee 4.52, = SB 1. 2
-- 5% Rohfaserdepression = 3,66 „
Stärkewert = 69,56 "
XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911 309
Fremde Bestandteile konnten nicht festgestellt werden. Verdauliches
Eiweiß 5,27 'h.
Mixed-Mais-Schrot.
EEE re ee 12,80 "/o
Rrocekensubstanz. u... .....- 80,20 „,
Nee eg. 192,
Provenan en. 9,04 „ x 72x09 = 6,11 'h
A ER REN ES)
Stickstofffreie Extraktstoffe. 69,02 „ <95x1 =65,56 „
Kohrasenun. sa: ER IN rail. 295,
Stärkewert = 81,22 '
Verdauliches Eiweiß 6,51 '.
2. Fütterungsversuch mit feiner und grober Weizenkleie.
Über den im Kontrollstall des Werk- und Armenhauses in Hamburg
angestellten Fütterungsversuch mit feiner und grober Weizenkleie ist
folgendes zu berichten:
Der Versuch wurde am 21. Januar d. .). begonnen und am 7. März d. J.
beendet. In der ersten Periode vom 21. Januar bis einschließlich 7. Fe-
bruar erhielten sämtliche Kühe gleichmäßiges Versuchsfutter, und zwar
bestand das Versuchsfutter zur Hälfte aus Gerstenschrot und zur Hälfte
aus grober Weizenkleie. Verabfolet wurden in allen drei Versuchsperioden
pro Liter Milch 2 bis 5 Pfd. Versuchsfutter. Zu Beginn des Versuches
wurden sämtliche 18 Kühe einzeln gewogen. (Vergl. die nachstehenden
Tabellen A und B.) Die Abteilung A hatte am 20. Januar d. J. ein Durch-
schnittsgewicht von 496,5 kg. Das Durchschnittsgewicht der Abteilung B
betrug am 20. Januar d. J. 520,5 kg. Zwei Kühe mußten in der ersten
Periode ausgeschieden werden. Nr. 176 hatte eine schwere Magen-
verstimmung, Nr. 190 mußte wegen Aufnahme eines Fremdkörpers ge-
schlachtet werden. Die hierfür in den Versuch eingereihten beiden Kühe
hatten annähernd das gleiche Gewicht und den gleichen Milchertrag wie
die übrigen Tiere. Bei einem Vergleich des ermittelten Gewichts ergibt
sich, daß die beiden Abteilungen A und B in den drei Versuchsabschnitten
eine fast gleichmäßige Gewichtszunahme zeigten, während der Milchertrag
bei beiden Abteilungen ebenfalls fast gleichmäßig zurückging. Der Grund
für das Zurückgehen des Milchertrages ist auf das Vorschreiten der
Laktationsperiode zurückzuführen.
Eine zahlenmäßige Zusammenstellung über das Ergebnis des Fütterungs-
versuchs folgt hier;
310 XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911.
Abteilung A.
I. Periode II. Periode III. Periode
vom 20. Jan. bis 7. Febr. 1911 | vom 8. Febr. bis 21. Febr. 1911 | vom 22. Febr. bis 7. März 1911
Versuchsfutter: Versuchsfutter: Versuchsfutter:
'/a Gerstenschrot /s Gerstenschrot '/s Gerstenschrot
und '/s grobe Weizenkleie | und !/s grobe Weizenkleie und '/ feine Weizenkleie
Durch- ‚ Durchschnitts- Durch- | Durchschnitts- Durch- | Durchschnitts-
schnitts- milchertrag schnitts- milchertrag schnitts-- | milchertrag
gewicht per gewicht | per gewicht | per
der Kühe Kuh und Tag| der Kühe Kuh und Tag| der Kühe Kuh und Tag
kg | Liter kg Liter kg | Liter
496,5 15,06 496,78 14,56 515,4 13,78
Leider wurde bei diesem Versuch die feine Kleie anstatt in der
zweiten in der dritten Periode verabreicht, so daß der Durchschnittsertrag
nicht genau zu ermitteln ist. Die Abnahme an Milch dürfte nur durch
die fortschreitende Laktationsperiode zu erklären sein, dagegen trat bei
der groben Kleie in der zweiten Periode keine Zunahme des Körpergewichts
ein. Als in der dritten Periode feine Kleie gegeben wurde, stieg das
Körpergewicht von 496,78 kg auf 513,40 kg, also um 6,62 ke.
Abteilung B.
I. Periode II. Periode Ill. Periode
vom 20. Jan. bis 7. Febr. 1911 | vom S. Febr. bis 21. Febr. 1911 | vom 22. Febr. bis 7. März 1911
Versuchsfutter: Versuchsfutter: Versuchsfutter:
!/s Gerstenschrot '/a Gerstenschrot !/s Gerstenschrot
und '/s grobe Weizenkleie | und !/» feine Weizenkleie | und '/s grobe Weizenkleie
Durch- | Durchschnitts- Durch- | Durchsehnitts- Durch- Durchschnitts-
schnitts- | milchertrag schnitts- milchertrag schnitts- | milchertrag
gewicht per gewicht | per gewicht per
der Kühe | Kuh und Tag| der Kühe | Kuh und Tag| der Kühe | Kuh und Tag
kg | Liter kg | Liter kg | Liter
| |
520,5 ı NED 528, — 11,70 533,2 11,22
Milchertrag, grobe Kleie, erste Periode 11,72 Liter; Milchertrag,
grobe Kleie, dritte Periode 11,22 Liter; durchschnittlich 11,47 Liter.
Der Milchertrag hätte also in der zweiten mittleren Periode 11,47 Liter
betragen müssen. Die zweite Periode ergab bei Verfütterung der feinen
Kleie 11,70 Liter, also ein Plus von 0,23 Liter.
Die Zunahme an Körpergewicht betrug in der gleichen Periode 7,5 kg;
dagegen in der dritten Periode mit grober Kleie 5,2 kg.
XX. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Samenkontrolle 1910/1911. 311
Es verfütterte sich also die feine Kleie etwas vorteilhafter als die
grobe. Wünschenswert wäre es, den gleichen Versuch noch in mehreren
Fällen zu wiederholen, da nur viele mit vielen Tieren ausgeführte, gleich-
mäßig verlaufene Versuche maßgebend sein können. Immerhin kann man
wohl schon aus diesem Versuch das Resultat ziehen, daß die feine Kleie
der groben nicht nachsteht.
Analysen und Berechnung der Stärkewerte.
Grobe Weizenkleie.
NEERSe Se Arie TE 10,73
Trockensubstanz .......... By %
ERSeHo ve Be Dean
Proteine te ee 16,71 „ x 79 x 0,94 = 12,40 'h
De LU NR le, 719x229 = 706 ,
Stickstofffreie Extraktstoffe. 57,02 „ <79x<1 =45,05 „
Koltasenee he ler! = 498),
= 68,79 Y
-- 18° Rohfaserdepression = 12,53 „
Stärkewert = 56,26 "
Enthält wenig Hafer und Unkrautsamen. Verdauliches Eiweiß 13,20 ".
Feine Weizenkleie (denaturiert).
Maenner 10,85 '
Prockensubstanz........:.- 89,12%,
ERTUche De EL RN 4,90 „
EEE 18,17, >88 0,94 —15,040),
ee ee BIT WE 20. EEE EEE
Stickstofffreie Extraktstoffe 57,83 „ <88xI =50,89 „
MCONRASERS Jen 2.2 22% u a Dee to ee el Er
| — 74,95 %
= 2°) Rohfaserdepression = 1,50 „
Stärkewert = 72,45 "
Enthält etwas Hafer und Unkrautsamen. Verdauliches Eiweiß 15,99 '.
312 XTIT. Bericht über dıe Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i. J. 1910/1911.
XII. Bericht
über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz
für die Zeit vom 1. Juli 1910 bis 30. Juni 1911
von
Professor Dr. ©. Brick.
Personal.
An Stelle des im November 1910 verstorbenen Kanzlisten R. Kluge
wurde vom Deklarationsbureau der Kanzlist H. Bauersfeld, der schon
früher zeitweise in der Station tätig war, überwiesen.
Untersuchung des frischen Obstes 1910-1911.
Zur Untersuchung wurden in den einzelnen Monaten vorgeführt
Fässer o. ä. Kisten o. ä. (davon aus zusammen
(85 kg und darüber) (unter 35 kg) Australien) Kolli
im Juli LI10.. — 9 )
„ August TEN —_ 10 (3) 10
„Beptember, 2... 11 34 45
„ Oktober KEN 8 409 15 724 24 133
„November 225. 38 924 21.097 60 021
„ Dezember nu: 5635 14 142 elerfuän
„Januar, „lol. 265 210153 21413
+ sMebrua my, Ma 331 17 054 17 365
„ März N EEE 1 14 704 14 705
„ April EEE 6 320 (34 975) 37.231
„ Mai Be 5 45 474 (45 431) 45 479
„ Juni ER 5 9 682 ( 9653) 9 687
zusammen... 53592 196 288 (90 062) 249 880
Der Herkunft nach stammten aus
Nordamerika: 53534 Fässer und 106020 Kisten o. ä Äpfel,
60 Fässer und 49 Kisten Birnen und 18 Kisten o. ä. verschiedene
Früchte, zusammen 159 681 Kolli;
XIII. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz 1. J. 1910/1911. 313
Südamerika: 12 Fässer und 67 Kisten o. ä. Äpfel und 8 Kisten ver-
schiedene Früchte, zusammen 87 Kolli;
Australien: 84 816 Kisten Äpfel, 5243 Kisten Birnen und 3 Kisten
Quitten, zusammen 90 062 Kolli.
Anderweitiger Herkunft waren 23 Kisten o.ä. Äpfel, 10 Kisten
Pfirsiche, 1 Korb Quitten, 1 Faß Weintrauben, 12 Kolli Zwetschen
und 3 Kisten verschiedene Früchte, zusammen 50 Kolli.
Von den insgesamt zur Untersuchung gelangten 249 880 Kolli wurden
10401 Kolli als Stichproben entnommen — 4,16 °/o.
I. Nordamerikanisches Obst.
Es kamen aus
Nova Scotia: 374 Fässer Äpfel;
Canada: 7170 Fässer Äpfel und 13 Kisten Pfirsiche, zusammen
7183 Kolli;
Britisch Columbia: 4 Kisten Äpfel;
den östlichen U. S.: 45988 Fässer und 1084 Kisten o. ä. Äpfel,
1 Kiste Aprikosen, 60 Fässer Birnen und 2 Kisten o.ä. verschie-
dene Früchte, zusammen 47 135 Kolli;
den westlichen U. S.: 2 Fässer und 104 932 Kisten Äpfel, 49 Kisten
Birnen und 2 Kisten verschiedene Früchte, zusammen 104985 Kolli.
Folgende Apfelsorten wurden in Mengen über 1000 Kolli eingeführt:
Baldwin 42 343 Fäss. und 1462 Kist., Newtown Pippin 413 Fäss. und
30 168 Kist., Ben Davis 4108 Fäss. und 10693 Kist., Yellow Newtown
Pippin 45 Fäss. und 11452 Kist., Jonathan 8 Fäss. und 10 149 Kist.,
Winesap 118 Fäss. und 5932 Kist., Spitzenburg 74 Fäss. und 5555 Kist.,
Rome Beauty 7 Fäss. und 4337 Kist., Stayman Winesap 3147 Kist.,
Red Pearmain 3038 Kist., Northern Spy 2407 Fäss. und 223 Kist., New-
town 67 Fäss. und 2373 Kist., Delaware Red 1899 Kist., King 611 Fäss.
und 1256 Kist., Black Twig 1794 Kist., Wagener 64 Fäss. und 1559 Kist.,
Oregon Red 1325 Kist,, Gano 6 Fäss. und 1223 Kist. sowie Lawver
1202 Kist.
Bemerkenswert ist die außerordentlich reichliche, bis in den Monat
April 1911 andauernde Zufuhr westamerikanischer Äpfel (in Kisten), an
der sich außer Californien auch die Staaten Oregon und Washington
beteiligten. Die überwiegende Einfuhr aus den westlichen Unionsstaaten
macht sich so recht in der obigen Zusammenstellung der Hauptsorten
geltend. Wenn auch der Baldwinapfel, der besonders aus den östlichen
U. S. kommt, noch immer mit 43 805 Kolli (27,4 °/o) an der Spitze steht, so
ist doch sein Verhältnis zu den andern Apfelsorten bei weitem nicht mehr
so erdrückend wie in den früheren Jahren, wo er allein fast immer
55 bis 70 °o der Gesamteinfuhr ausmachte. Neben ihm machten sich in
314 XII. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i. I. 1910/1911.
diesem Jahre aber Sorten. geltend, die in den Vorjahren nur in verein-
zelten Kisten eingeführt wurden. Nach Aufhebung des Zollkrieges mit
Canada kamen Äpfel aus diesem Lande wieder in größeren Mengen;
allerdings blieb die sonst so reichliche Einfuhr von Äpfeln aus Nova Scotia
fast ganz aus.
Mit der San Jos&e-Schildlaus besetzt befunden wurden
aus den östlichen bezw. mittleren U. S.: 1709 Fäss. Baldwin,
1005 Fäss. Ben Davis, 13 Fäss. Canada Red, 4 Fäss. Fameuse
(Snow), 6 Fäss. Gano, 4 Fäss. Golden Russet, 2 Fäss. Greening,
14 Fäss. Hubbardston, 19 Fäss. Kentucky Red, 9 Fäss. Newtown,
47 Fäss. Newtown Pippin, 97 Fäss. Northern Spy, 9 Fäss. Pomeroy,
12 Fäss. Red Stripe, 31 Kist. Rome Beauty, 3 Fäss. Spitzenburg,
2 Fäss. White, 100 Kist. Winesap, 33 Fäss. Yellow Newtown
(Albemarle) Pippin, 10 Fäss. und 50 Kist. York Imperial und
2 Kist. verschiedene Apfelsorten, zusammen 3000 Fäss. und
181 Kist. — 6,76 % der Äpfel (47072 Kolli) aus den östlichen bezw.
mittleren U.S. (1909/10 8,97 %/o, 1908/09 1,70%, 1907/08 6,91%);
aus den westlichen U. S.: 1 Kiste Arkansas Black, 70 Kist. Baldwin,
1536 Kist. Ben Davis, 1305 Kist. Delaware Red, 159 Kist. Gano,
1 Kiste Jonathan, 80 Kist. Kay, 100 Kist. Lawver, 10 Kist.
Monmouth Black Twig, 30 Kisten Newtown, 3160 Kist. Newtown
Pippin, 61 Kist. Northern Spy, 2133 Kist. Red Pearmain, 56 Kist.
Senator, 396 Kist. Spitzenburg, 768 Kist. Wagener, 1 Kiste
Winesap, 1024 Kist. Yellow Newtown (Albemarle) Pippin und
156 Kist. York Imperial, zusammen 11047 Kist. = 10,53 °o der
Äpfel (104 934 Kist.) aus den westlichen U. 8. (1909/10 4,04 %,
1908/09 14,52 %o, 1907/08 85,66 %o).
Im ganzen waren 14228 Kolli besetzt, d. s. 8,91 %/o des aus Nord-
amerika eingeführten Obstes (1909/10 7,59 °/o, 1908/09 7,17 °%%o).
Die Besetzung mit der San Jose-Schildlaus, Aspidiotus perni-
ctosus Comst., war in den meisten Fällen, namentlich auch bei den west-
amerikanischen Sendungen, nur schwach. Jedoch kamen auch starke
und mehrfach selbst Krustige Besetzungen, besonders in der Blütengrube
der Äpfel, vor, so z. B. aus den mittleren Oststaaten und aus Virginia.
Die Äpfel einer solchen Sendung zeigten sich reichlich mit Kupfer-
kalkbrühe bespritzt, die auf ihnen befindlichen Weibchen der San Jos£-
Laus waren aber trotzdem fast alle lebend.
Von den auf den Äpfeln aufgefundenen Schildläusen usw. sowie
den bemerkenswertesten Pilzen seien hier erwähnt:
Aspidiotus ancylıs Putn. Östliche U. S. (Maine, New Hampshire,
Massachusetts,‘ New York), Canada, Nova Scotia;
A. Forbesi Johns. Östliche U. S. (Virginia, New York), California;
XI. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i.J. 1910/1911. 315
A. Howardi Ckll. Östliche U. S. (New York auf Newtown Pippin,
Virginia);
A. perniciosus Comst. Östliche U. S. (Virginia — zuweilen krustig —,
New York, New Hampshire), Idaho, California, Oregon, Washington;
A. rapax Comst. California — oft in reichlicher Menge —, Oregon,
Washington, östliche U. S. (South-Carolina, New York), auch auf
Birnen aus California;
A. uvae Comst. Östliche U. S. auf Newtown Pippin, Canada auf Northern
Spy und Stark;
Chionaspis furfurea (Fitch) Lint. Östliche U. S. (New York, Virginia,
Massachusetts, Maine), Oregon, Canada;
Lecanium spec. Östliche U. $., Canada;
Lepidosaphes pomorum (Behe.) Kirk. Canada, Nova Scotia, östliche U. S.
(Maine, New York, SouthCarolina), California, Oregon, Washington;
Schizoneura lanigera Hausm. Östliche U. S., California;
Fusicladium dendriticum (Wallr.) Fuck. Canada, Nova Scotia, öst-
liche-U. S. (Maine, New Hampshire, Massachusetts, New York,
Virginia), Idaho, Washington, Oregon, California;
Leptothyrium pomi (Mont. et Fr.) Sacc. Canada, östliche U. S.
(Maine, New York, Virginia), Idaho, Washington, auch auf Birnen
aus California;
Reoestelia pirata (Schw.) Thaxt. Canada, östliche U. S. (Maine, New
York, Virginia), Oregon, Washington;
Vermicularia spec. Östliche U. S. (New York, Virginia), Canada.
II. Südamerikanisches Obst.
Zur Untersuchung gelangten aus
Argentinien, Uruguay und Südbrasilien: 7 Kisten Äpfel, 4 Kisten
Pfirsiche und 3 Kisten o. ä. verschiedene Früchte, zusammen
14 Kisten;
Chile: 12 Fässer und 60 Kisten o.ä. Äpfel und 1 Kiste verschiedene
Früchte, zusammen 73 Kolli.
Von Parasiten wurden auf Äpfeln aus Uruguay Aspidiotus rapaz,
aus Chile Zepidosaphes (Mytilaspis) pomorum und Fusicladium dendriticum
bemerkt.
III. Australisches Obst.
Eingeführt wurden in den Monaten April bis Juni 1911 aus
Tasmania: 4817 Kisten Äpfel und 1291 Kisten Birnen, zusammen
6108 Kisten;
Victoria: 52968 Kisten Äpfel, 1883 Kisten Birnen und 3 Kisten
Quitten, zusammen 54854 Kisten;
316 XII. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i. J. 1910/1911.
Südaustralien: 22828 Kisten Äpfel und 1802 Kisten Birnen, zu-
sammen 24 630 Kisten;
Neu-Süd-Wales: 1043 Kisten Äpfel;
Westaustralien: 3160 Kisten Äpfel und 267 Kisten Birnen, zusammen
3427 Kisten.
Von folgenden Apfel- bezw. Birnsorten wurden mehr als 1000 Kisten
eingeführt: Jonathan 24777 Kisten, Cleopatra (New York Pippin)
20 210 Kisten, Dunn’s Seedling (Monroe’s Favorite) 10 721 Kisten, Five
Crown (London Pippin) 7494 Kisten, Reinette du Canada 6681 Kisten,
Rome Beauty 2773 Kisten, Rymer 1638 Kisten, Esopus Spitzenburg
1279 Kisten und Vicar of Wakefield (Birnen) 2336 Kisten.
Mit der San Jos&-Schildlaus besetzt waren von den Äpfeln
aus Neu-Süd-Wales 3 Kisten Bismarck und 452 Kisten Granny Smith,
zusammen 455 Kisten, d. s. 43,62 0 (1909/10 34,72 %0) der Äpfel aus
Neu-Süd-Wales, und von den Äpfeln aus Westaustralien 25 Kisten Nicka-
jack, d. s. 0,79 % der Äpfel aus diesem Staate. Im ganzen waren mit-
hin 480 Kisten — 0,53 °/o (1909/10 0,06 °/o) der gesamten Obsteinfuhr aus
Australien mit der San Jose-Schildlaus besetzt.
Die australischen “Äpfel sind meist ganz frei von Parasiten. Beob-
achtet wurden:
Aspidiotus ancylus Tasmania, Victoria;
A. perniciosus Neu-Süd-Wales, Westaustralien (siehe oben);
A. rapax Tasmania, Victoria, Westaustralien, auch auf Birnen aus
Vietoria und Westaustralien ;
Lepidosaphes pomorum Tasmania, Vietoria, Südaustralien ;
Schizoneura lanigera Südaustralien;
Fusicladium dendriticum Victoria, Südaustralien.
IV. Obst anderweitiger Herkunft.
Die 50 Kolli Obst, deren Untersuchung auf San Jose-Schildlaus vor-
genommen werden mußte, da ihre Herkunft nicht mit Sicherheit nach-
zuweisen war, dürften sämtlich aus verschiedenen europäischen Ländern
stammen. Es fanden sich Aspidiotus piri Licht. auf Äpfeln aus Italien
und Diaspis piri (Boisd.) auf Pfirsichen aus Italien und Äpfeln aus Por-
tugal; auf diesen war auch der Schorfpilz, Fusicladium dendriticum,
vorhanden.
Untersuchung lebender Pflanzen und Pflanzenteile 1910—1911.
Zur Untersuchung wurden vorgeführt
aus Amerika: 136 Kolli Kakteen, 95 Kolli Orchideen, 143 Kolli
verschiedene Pflanzen, 20 Kolli bewurzelte Blumenzwiebeln,
XIIL Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i.J. 1910/1911. 317
Rhizome, Knollen usw., 442 Kisten Galaxblätter und 213 Einzel-
pflanzen ;
aus China und Japan: 1 Kiste Orchideen, 10 Kolli Zwergkoniferen,
5l Kolli verschiedene Pflanzen, 30 Kisten unbewurzelte Cycas-
stämme, 35 Kolli Rhizome und bewurzelte Blumenzwiebeln sowie
74 Einzelpflanzen;
aus Australien: 4 Packen Baumfarne und 3 Einzelpflanzen ;
anderweitiger Herkunft: 43 Kolli Orchideen, 3 Kisten Kakteen,
296 Kolli verschiedene Pflanzen, 12 Kolli bewurzelte Blumen-
zwiebeln, Rhizome usw. und 392 Einzelpflanzen.
Die San Jos&-Schildlaus fand sich auf 2 Prunus-Sträuchern
aus Japan.
Außer diesen beiden Pflanzen wurden auf Grund der einschlägigen
Einfuhrverbote noch von der Einfuhr zurückgewiesen 1 Kiste Chionan-
thus virginica, 1 Kiste und 1 Paket bewurzelte Rebpflanzen, 2 Pakete
Pfirsichsträucher, 2 Bündel Apfelsträucher, 1 Kübel und 1 Kasten ver-
schiedene Sträucher, 1 Paket Reben- und Apfelschnittlinge, 1 Coffea,
1 Flieder, 2 Gummibäume, 1 Prunus triloba und 1 Codiaeum aus Amerika,
ferner 2 Kisten verschiedene Bäume und Sträucher, 1 Wistaria, 4 Prunus,
l Acer und 1 Jasminum aus Japan sowie 1 Kiste mit Trauben und Reb-
teilen aus Belgien und 1 Paket Reben aus Ungarn.
Die auf den untersuchten Pflanzen gefundenen bemerkenswerten
Parasiten, insbesondere Schildläuse, sind von Dr. L. Lindinger in
der nachfolgenden Liste zusammengestellt:
Pflanze Ferkunft Parasit
Pteridophyten: | |
Lyeopodium......... ' Philippinen En a Tr | Hemichionaspis aspidistrae (Sign.) Cool.
Asplenum nidus..... | China (Tsingtan) ..... ı Lecanium hemisphaericum Targ.
J Argentinien (Buen.Air.) Lecanium hemisphaericum.
Nephrolepis exaltata ö En i ER
E - England (Harwich).. | Hemichionaspis aspidistrae.
N. e. Whitmani ....| Ver. Staaten (Philad.). .| Hemichionaspis aspidistrae.
Polypodium: 2.2.03. Piilippmenm.. 2.0... | Melanaspis Rossi (Mask.) Lindgr.
Barnes. | ATSENUMIENEN N... .n..:: ı Thrips sp.
Cycadeen:
Cycas revoluta ..... SAmERUn en .;.‘ Aspidiotus lalaniae Sign., Green; Chrys-
| omphalus ficus Ashm.
E 1 2...) Deutsch-Ostafrika .... Aspidiotus lataniae; A. orientalis Newst.;
| Ceroplastes sp.; Chrysomphalus fieus.
in BIC WAL TERM | Ver. Staaten (New York ) Hemichionaspis aspidistrae.
r Era 11 EURER China (Tsingtau) ..... ı Chrysomphalus aurantii (Mask.) CKRll.;
Lecanium hemisphaericum.
25*
318 XIII. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i.J. 1910/1911.
Pflanze
Herkunft
Parasit
Cycas revoluta
Encephalartus
Koniferen:
Araucaria
Chamaecyparis obtusa
Oryptomeria japonica
Juniperus chinensis ..
procumbens
».. „ıp1da
Pinus pentaphylla...
Sciadopitys verticil-
Varta ME
Monokotylen:
Cocos nucifera
”„
Elaeis guineensis ...
” „
„
Togo (Lome)
' Brasilien
Ceylon
AFOS na
” ”
China (Tsingtau)
Japan (Yokohama)....
Südeuropa
Deutsch-Ostafrika ....
.., Aspidiotus destructor; A.
| Aulacaspis pentagona (Targ.) Newst.;
Hemichionaspis aspidistrae; Pseud-
aonidia trilobitiformis (Green) Ckll.
ı Aspidiotus eyanophylli Sign.; A. spinosus
Comst.; Chrysomphalus dictyospermi
(Morg.) Leon.; Parlatorea proteus
(Curt.) Sign.
Eriococcus araucariae Mask.
.., Aspidiotus sp.
Aspidiotus eryptomeriae Kuw.; COrypto-
parlatorea leucaspis Lindgr.; Pseudo-
coccus Sp.
Aspidiotus ceryptomeriae; Lepidosaphes
Newsteadi (Sule) Fern.
‚ Lepidosaphes Newsteadi.
., Apidiotus cortieis-pini Lindgr.; Eier einer
Blattlaus.
| Fiorinia fioriniae (Targ.) Ckll. var. ja-
ponica Kuw.
Aspidiotus sp.
Aspidiotus destructor Sign.; Pinnaspis
pandanı (Comst.) Ckll.
Aspidiotus destructor; Chrysomphalus
aurantii,; Hemichionaspis minor (Mask.)
Cool.
Aspidiotus destructor.
Aspidiotus destructor ; Diaspis Boisdwali
Sign.
Aspidiotus transparens Green.
lataniae,; 4.
palmae Morg.; Cerataphis lataniae
(Boisd.); Ceroplastes sp.; Chrysomphalus
dietyospermi, Diaspis sp. ; Lepidosaphes
sp.; Melanaspis Rossi; Parlatorea pro-
teus; Pseudococcus sp.; Selenaspidus
articulatus (Morg.) Fern.
Ver. Staaten (New York) Aspidiotus britannicus Newst.
(Galveston) Graphiola phoenicis (Moug.) Poit.
| Aspidiotus hederae (Vall.) Sign.; Lecanium
hesperidum (L.) Burm.
Aspidiotus hederae; A.
Graphiola phoenicis.
Aspidiotus hederae; A.lataniae; A.rapax;
Chrysomphalus dictyospermi; Gra-
phiola phoenicis.
rapax Comst.
XIII. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i. J. 1910/1911. 319
Pflanze
Andere Palmen ..
a BR.
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Ünchideene een.
., Südeuropa ...
Herkunft
Mader
Tropisch-Westafrika ..
Kamerun
Deutsch-Ostafrika ....
(Bermudas)
” „
Westindien
Türkei (Smyrna)
Ceylon
Ava ee.
URAN ee
ANStEALEN.: :.r.... 4.0...
Schottland (Dundee) ..
Belgien (Antwerpen)
| Natal (Marianhill).....
, Mexiko
China (Tsingtau)..... |
| Parasit
|
|
‚ Chrysomphalus dictyospermi.
' Selenaspidus articulatus.
Ohrysomphalus _dietyospermi;
| chionaspis minor.
Aspidiotus destructor,; A. fissidens Lindgr.
var. pluridentatus Lindgr.; A. lataniae ;
A. palmae; A. spinosus,; Chrysomphalus
dietyospermi; Fiorinia fioriniae (Targ.)
Ckll.; Leucodiaspis Cockerelli (de
Uharm., Green) Lindgr.
Hemi-
., Ver. Staaten (New York), Chrysomphalus fieus; Pseudococcus nipae
(Mask.) Fern.
Aspidiotus hederae.
| Aspidiotus destructor ; Fiorinia fioriniae.
| Aspidiotus hederae.
Aspidiotus cyanophylli; A. destructor;
A. lataniae; COhrysomphalus dietyo-
spermi; Chr, fieus; .Hemichionaspis
minor; Ischnaspis longirostris (Sign.)
| Ckll.; Parlatorea proteus; Pinnaspis
pandani,; Pseudaonidia trilobitiformis.
| Aspidiotus hederae; A. lataniae, COhrysom-
phalus ficus.
, Aspidiotus hederae.
Graphiola phoenicis.
| Diaspis Boisdwali; Ischnaspis longi-
| rostris; Lepidosaphes sp.
Aspidiotus destructor; Chrysomphalus
aurantü.
Aspidiotus hederae; Chrysomphalus die-
tyospermi; Hemichionaspis sp.; Le-
, canium hesperidum,; Lepidosaphes sp.
| Aspidiotus destructor.
Aspidiotus hederae.
Aspidiotus hederae, Lecanium hesperidum.
ı Aspidiotus hederae.
| Aspidiotus hederae, A. rapax; Chrysom-
phalus dietyospermi; Graphiola phoe-
nieis.
| Chrysomphalus dietyospermi.
Diaspis Boisdwvali; D. bromeliae (Kern.)
Sign.; LDecanium sp.; Pseudococcus
longispinus (Targ.) Fern.; Pseudoparla-
torea jparlatoreoides (Comst.) Ckll.;
Tenthecoris bicolor Scott. An Wurzeln
von Sobralia macrantha haselnußgroße
Gallen (Erreger unbekannt).
3930 XII. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i.J. 1910/1911.
Pflanze Herkunft Parasit
Orchideen :... ........ nidadl SERRN Kr Isosoma orchidearum Westw. (nur die
Beschädigungen beobachtet); Pseudo-
parlatorea parlatoreoides; Tenthecoris
bicolor.
BEN He N... Kolumbien...... ....| Pseudoparlatorea parlatoreoides.
N ee Venezuela-?.4...° 2. Asterolecanium sp.; Cerataphis lataniae;
Diaspis Boisduwvali ; Furcaspis biformis
(Ckl1.) Lindgr.; Lecanium hemisphaeri-
cum; Pseudoparlatorea parlatoreoides.
4 BEER. Brasilient... 1. nem Blattläuse [Säo Paulo]; Cerataphis lata-
niae |Pernambuco, Säo Paulo]; Ohrysom-
phalus fieus; Diaspis Boisduvali [Rio
de Janeiro, Säo Paulo, Säo Francisco
do Sul, Porto Alegre|; Diaspis bro-
meliae |Rio de Janeiro]; Isosoma orchi-
dearum, nur die Schädigungen be-
| obachtet [Säo Paulo]; Lecanium he-
| misphaericum; L. oleae (Bern.) Walk.
[Porto Alegre]; Pseudococeus longi-
spinus [Rio de Janeiro, Säo Paulo, Porto
Alegre]; Tenthecoris bicolor |Rio de
Janeiro, Säo Paulo, Säo Francisco do
Sul].
KENNEN. 9. Sea ori, Argentinien (Buen. Air.) Diaspis Boisduvali,; Pseudococcus longi-
| spinus; Pseudoparlatorea parlatoreo-
ides; Tenthecoris bicolor.
a NE 3 IST EEE Bohrgänge der Raupe eines Klein-
schmetterlings in den Bulben; Parla-
torea Sp.
Na Lu Sn. Bene 1 Borneo. el en Lepidosaphes sp.
Dun AN Philippineng 220 Aspidiotus lataniae; Melanaspis Rossi;
Parlatorea pseudaspidiotus Lindgr. ;
Parlatorea sp.
I ERRERD Japanem nur Hemichionaspis Sp.
Agave lechuguilla ...| Westindien .......... Pseudischnaspis bowreyi CKl.
ne EN REN uatemalarae er... Saugstellen einer Wanze.
Asparasussee Brasiliens. tu. 32. Aspidiotus lataniae.
Aspidistrarke 2.2 er. RL RER Pseudococeus longispinus.
RAT China (Tsingtau)...... Ohrysomphalus ficus.
u ERS . England (Grimsby) ...| Hemichionaspis aspidistrae.
Le Tralten td. cal. Sen: Hemichionaspis aspidistrae.
Bambusar rs ETOSO KLome)e rer Asterolecanium bambusae Boisd.
Gordyline Wie sen. Japans. lc Me COhrysomphalus aurantü.
Gyperus: "ae 20 Argentinien (Buen. Air.)| Aspidiotus hederae; Pseudococcus longi-
spinus.
Furcraeanı Spa} Deutsch-Ostafr. (Tanga) Lecanium sp.; Vermicularia sp.
Musa Gavendishir al Denermes sea Pseudococcus eitri,
XIII. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i. J. 1910/1911.
321
Lindgr.;
Pflanze Herkunft Parasit
|
Bandanus ...4..%.. , Deutsch-Ostafrika . Chrysomphalus ficus.
illandsiar......... Mexilkor sn AR Pseudoparlatorea parlatoreoides; Wurzel-
| ' gallen (Erreger unbekannt).
Dikotylen:
Nenner Japan. (Kobe)z...... .| Leucodiaspis japonica (Ckll.)
| Parlatorea Pergandei Comst.; P. pro-
| teus; Pseudaonidia duple» (Ckll.) Fern.
Eunpelopsis "2... .. Schweiz (Seewen) .... Pseudococcus sp.
Aueupa- japomiea. ... | Portugal ..... 2. .... Aspidiotus hederae.
Vaetaceae... ........ | Ver. Staaten (New York
Calluna vulgaris ..
Camellia japoniea ...
Pb ”
Chrysanthemum
BEL ee
Clematis eoceinea...
Uodiaeum variegatum
”
”
Coffea arabica......
Fieus elastica
Galax aphylla
Gardenia
Leguminose
Nerium oleander.....
ÖOsmanthus
und Phoenix, Arizona)
Mexiko
ı Guatemala....
Costarica (S. Jose de C.)
St. Thomas .
ı Venezuela
., Norwegen (Stendal bei
Kristiania)....
‚ Gran Canaria (LasPalm.)
| Italien (Stresa).......
ı England (Lewisham)..
| Brasilien
Sizilien
Ver.Staaten (NewYork?)
Kamernamgrreere
Deutsch-Ostafrika ....
Westindien
Ver.Staaten (NewYork?)
Brasilien
Ver. Staaten (New York)
England (Essex)
Westafrika
Ver. Staat. (N.-Carolina)
Mexiko, Veracruz
Singapore
Rußland (Odessa)
Japan (Kobe)
Paeonia
Japan
Diaspis echinocacti (Bouche) Fern.
ı Dactylopius coceus Vosta; Diaspis echino-
ı .cacti.
Diaspis echinocacti.
ı Diaspis Boisduvali; D. echinocacti.
ı Diaspis echinocacti.
Diaspis echinocacti.
Aspidiotus ostreiformis Ourt.
Aspidiotus rapax.
Parlatorea Pergandei; Pulvinaria flocei-
fera (Westw.) Green.
‚ Oidium chrysanthemi Rabenh.
Hemichionaspis sp.; Pseudaonidia trilo-
| bitiformis.
Lecanium oleae; Lepidosaphes
‚Formis (Bouche) Kirk.; Parlatorea cali-
anthina Berl. et Leon.; P. zizyphi
(Lue.) Sign.
pinni-
Aspidiotus lataniae auf Wurzeln und
Rhizomen.
Lecanium hesperidum; Lepidosaphes
pinniformis,; Parlatorea proteus.
Lepidosaphes Gloveri,; Thrips Sp.
Hemichionaspis minor.
Pseudaonidia trilobitiformis.
Lecanium hesperidum.
Uromyces caryophyllinus (Schrk.) Schröt.
Heterosporium echinulatum (Berk.) Cooke.
Aspidiotus eyanophylii.
| Aleurodes sp.; Aspidiotus sp.; Lecanium
\ sp.; Meliola sp.; Sklerotien.
| Howardia biclavis (Comst.) Berl. et Leon.
Pseudococcus longispinus.
Aspidiotus hederae; Lecanium hesperidum.
Aulacaspis pentagona.
ı Aspergillus sp.; Sklerotien,
3223 XII. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i. J. 1910/1911.
Pflanze | Herkunft | Parasit
Paconla. ur... raue England (Biltmore) .. .| Heterodera radieicola Greeff in Wurzel-
| ı schwellungen.
Pilea2:. Ar. Brasilien ale. Syarer Hemichionaspis minor.
Pirus malus..-.....%.(Heleolandesrerrarge Fusicladium dendriticum (Wallr.) Fuck.;
| Lepidosaphes pomorum (Bouch6) Kirk.
Prunus mume ...... Japan en Aspidiotus perniciosus Comst.; Aulacaspis
pentagona.
SD RER A Eee | Lecanium sp.; Lepidosaphes sp.; Pulvi-
naria Sp.
BOB England (Hertshire und
| Waltham).e. u.a Sphaerotheca pannosa (Wallr.) Lev. auf
Stamm und Stacheln.
Schädigungen und Krankheiten der heimischen Kulturpflanzen
im Sommer und Herbst 1910, Winter 1910/11 und Frühjahr 1911.
I. Witterungsschäden an mehreren Kulturpflanzen.
Mit Beginn des Sommers 1910 setzten nach einer Dürreperiode im
Frühjahr, unter der besonders das Getreide auf der Geest litt, ausgiebige
Niederschläge ein. Ihren Höhepunkt erreichten sie am 4. August 1910
mit einem den ganzen Tag hindurch währenden schweren Dauerregen
von 66,6 mm Niederschlagshöhe, wodurch in der Landschaft Ochsenwärder
manche Flächen tagelang unter Wasser standen und die Kulturen von
Kohl, Bohnen, Rüben, Gurken, Kartoffeln u.a. sowie die Grasweiden
geschädigt wurden. Schon von Anfang August an wurde überall geklagt,
daß die Kartoffeln, besonders die Eierkartoffeln, unter der Nässe leiden
und sich die Kartoffelfäule ausbreite, und später auch, daß Heu und
Getreide verderbe. Von Mitte September trat dann trockenes, meist
schönes Wetter ein, das bis Ende Oktober anhielt; der erste leichte
Nachtfrost war am 13./14. Oktober zu verzeichnen.
Nach einem meist milden Winter, der allerdings häufig Stürme mit
einem die niedrig gelegenen Marschländereien überschwemmenden Hoch-
wasser — so z. B. am 17., 19., 24. und besonders hoch am 20. Februar —
aufwies, stellte sich zu Beginn des Frühjahrs kälteres Wetter ein, dann
kamen Nachtfröste, besonders vom 3.—7. April, welche die Wintersaaten in
Volksdorf und in den Landschaften Billwärder und Ochsenwärder, das
ausgesetzte Frühgemüse in Ochsenwärder, in den Vierlanden und anderen
Orten schädigten. Unter der Dürre im Monat Mai und Anfang Juni litten
alles Getreide, Klee und Weiden auf der Geest bei Langenhorn, Volks-
XIH. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i. J. 1910/1911. 393
dorf, Bergedorf und Geesthacht. Die Blüte der Obstbäume fiel in
trockene, warme, sonnige Tage und war daher früher beendigt als in
anderen Jahren, ebenso die Erdbeerblüte, so daß die Ernte der Frei-
landerdbeeren schon Anfang Juni (sonst Mitte Juni) beginnen konnte.
Ein Nachtfrost am 9./10. Juni richtete an Kartoffeln auf der Geest bei
Bergedorf und an Gurken und Bohnen in Billwärder Schaden an, Wal-
nußbäume in den Vierlanden zeigten dürre Blattspitzen.
II. Getreide.
Weizenähren in einem Felde bei Bergedorf waren Anfang Juli
1910 etwa zu 3 °/o durch den Schwärzepilz, Cladosporium herbarum Lk.,
befallen und meist taub. In einigen Roggenfeldern in Hamburg-Horn
und in Farmsen zeigte sich im Juli 1910 häufig Mutterkorn, (laviceps
purpurea Tul., vielfach mit recht großen Sklerotien. Eine Roggensaat in
Alsterdorf lief nach der Aussaat ungenügend auf, die meisten Körner
zeigten sich im Dezember 1910 mit dem grünen Pinselschimmel,
Penicıllium cerustaceum L., bedeckt; als Ursache mußte Erwärmung der
bei der Ernte feucht eingebrachten Körner auf dem Lager angenommen
werden. Mäuseschaden in Getreidefeldern machte sich im Herbst 1910
in der Landschaft Billwärder und in Ritzebüttel-Geest bemerkbar.
Klagen über das Auftreten von Mäusen im Frühjahr 1911 kamen
aus Billwärder, Moorfleth, Allermöhe, Volksdorf, Ritzebüttel-Geest, wo
an einigen Stellen die Hälfte des Roggens vernichtet war, und Ritze-
büttel-Marsch, wo die Tiere außer am Hafer auch besonders in Gras-
und Kleeweiden schädigten.
Haferrost wurde Ende Juni 1911 aus Billwärder gemeldet.
III. Hackfrüchte: Kartoffeln, Rüben.
Die Kraut- und Knollenfäule der Kartoffel durch Phytophthora
infestans dABy. machte sich im Sommer 1910 von Anfang August an in-
folge des vom 22. Juni an anhaltenden Regens fast überall mehr oder
weniger bemerkbar; besonders litten darunter, wie immer, die in Ham-
burg so beliebten Eierkartoffeln, die in Volksdorf stellenweise bis zu ®/ı
der Ernte krank befunden wurden. Die Rollkrankheit zeigte sich
Mitte Juli auf einigen kleinen Parzellen bei Wellingsbüttel. In einem
Garten in Groß-Hansdorf fanden sich Mitte Juli 1910 neben gesunden
Kartoffelpflanzen auch zahlreiche kranke Stauden, die kaum halb so hoch
waren, welkes Aussehen zeigten und schwärzliche, leicht abfallende
Blätter hatten; die Erscheinung mußte auf die Aussaat wahrscheinlich
ringkranker Kartoffeln zurückgeführt werden, während die Ver-
färbung der Blätter durch Cladosporium herbarum Lk. und Alternaria
x
324 XIII. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i.J. 1910/1911.
solani Sor. hervorgerufen wurde. Cladosporium herbarum fand sich auf
den braunen Blättern eines Kartoffelfeldes bei Bergedorf Anfang Juli 1910.
In den Runkelrübenfeldern des Gutes Schönau bei Aumühle trat
Mitte Juli 1910 in dem sonst vorzüglichen Rübenbestande nesterweise
sehr stark eine Zerstörung der inneren Blattsubstanz durch die Made der
Runkelfliege, Anthomyia conformis Meig., und gleichzeitig eine
Schwarzfleckigkeit der befallenen Blätter durch Phoma betae Frank
und Sporidesmium putrefaciens Fuck. auf.
Zu einer verbreiteten Plage wurde aber die in den Blättern der
Runkelrüben fressende Made der Runkelfliege Ende Mai 1911 in den
Runkelrübensaatbeeten in Ochsenwärder, hier auch in den Blättern der
Rotebeet, in den Vierlanden, besonders Curslack und Zollenspieker, und
in Geesthacht.
IV. Futterpflanzen: Klee, Ackerbohnen, Gräser.
In mehreren Rotkleeweiden bei Kl. Barnwitz bei Oldesloe (Holstein)
zeigten Ende April 1911 zahlreiche Pflanzen bleiche und kleinere Blätter;
sie waren vom falschen Mehltau, Peronospora trifoliorum dBy., befallen.
Ackerbohnen litten Ende Juni 1911 unter Blattläusen, Aphis papaveris
Fb., in den Vierlanden, Waltershof und stellenweise in Ritzebüttel-Marsch.
In den Wiesen, Gras- und Kleeweiden der Marsch in Ritzebüttel richteten
Mäuse im Herbst 1910 und Frühjahr 1911, wie fast alljährlich, Schaden an.
V. Gemüsepflanzen.
Erbsenpflanzen in Warwisch und Zollenspieker waren Ende Juli 1910
vom Mehltau, Erysiphe pist DC., bedeckt. Bohnen hatten Mitte August
1910 auf einem Felde in Hamburg-Hamm die Fleckenkrankheit der
Früchte durch Colletotrichum Lindemuthianum (Sace. et Magn.) in reich-
lichem Maße.
Die Kohlhernie durch Plasmodiophora brassicae Wor. wurde an
Grünkohlpflänzchen aus einem Garten in Hamburg-St. Georg Anfang Juli
1910 eingesandt. Über ihr Auftreten an Kohlpflanzen im Spätsommer
1910 wurde ferner in Ochsenwärder geklagt. Ebendort schädigten auch
Mitte Juli 1910 besonders den Winterweißkohl die Maden der Kohlfliege,
Anthomyia brassicae Bche., und vor allem blaugraue Blattläuse, Aphzs
brassicae L., welche die Kopfbildung des Kohls in vielen Fällen verhindert
haben sollen. Diese Kohlblattlaus fand sich auch an Grünkohl auf einem
Felde in Hamburg-Hamm massenhaft; die Blattränder zeigten sich vielfach
unter ihrem Einfluß zu richtigen Taschen umgebildet. In einem Blumen-
kohlbeete in Bergedorf waren Anfang Juli 1910 etwa bei der Hälfte der
Pflanzen das Mark des Stengels und die Blattstiele ausgefressen durch
XIII. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i. J. 1910/1911. 325
eine Käferlarve (vermutlich Baris spec.). Über Fraß von Weißlıngs-
raupen an Kohl Anfang September 1910 liefen Klagen aus der Land-
schaft Billwärder und aus Volksdorf ein.
Der Schorf der Sellerieknollen, verursacht durch Phoma apücola
Kleb., trat in den hauptsächlich Selleriebau betreibenden Landschaften
Ochsenwärder und Billwärder im Sommer 1910 ziemlich stark auf. Um
die schorfigen Knollen fanden sich in einem Garten in Ochsenwärder
Ende Oktober 1910 weiße Springschwänze, Onychiurus armatus (Tullb.)
(det. Dr. Schäffer), in solchen Massen, daß die Erde von ihnen mehlig erschien.
Die Blattdürre der Gurken durch Corynespora melonis (Cooke)
(C. Mazei Güss.) war Anfang September 1910 in einer Gärtnerei in Bill-
wärder vorhanden. Die Blattfleckenkrankheit der Tomaten durch
Septoria Iycopersici Speg., gegen die in den Vierlanden überall mit Kupfer-
kalkbrühe erfolgreich gespritzt wird, wurde Ende Juli 1910 in Warwisch
in einigen Gärten bemerkt. Ebenda zeigten Tomatenfrüchte auch schwarze
faule Flecken durch eine Phoma spec.
Ende Juni 1911 waren in Ochsenwärder die Schneidebohnen und
türkischen Erbsen, weniger die Wachsbohnen, von schwarzen Blatt-
läusen, Aplus papaveris Fabr., massenhaft besetzt. Auf der Blatt-
unterseite des Salats fand sich dort Anfang Juni 1911 eine den Blättern
gleich gefärbte Blattlaus, Ap/his lactucae Reaum., die zwar die Pflanzen
kaum schädigte, sie aber unappetitlich und daher unverkäuflich machte.
- In Blumenkohlkulturen aus überwinterten Pflanzen erwies sich gegen
Ende Mai 1911 in Ochsenwärder stellenweise der vierte Teil der Pflanzen
ohne Herz, das durch die Made der Kohlgallenmücke, Dasyneura
brassicae Winn., ausgefressen war. Die ausgesetzten Rosen-, Weiß- und
Blumenkohlpflanzen gehen ebenda Anfang Juni 1911 vielfach zugrunde
durch die graue Erdraupe, Agrotis segetum Schiff., und leiden ferner
unter der Hernie, Plasmodiophora brassicae Wor. In Farmsen wurde
Ende Juni 1911 über Beschädigungen der Blätter der verschiedenen
Kohlarten durch Erdflöhe geklagt.
Die jungen Gurkenpflanzen in der oben erwähnten Gärtnerei in Bill-
wärder waren Mitte April 1911 wiederum von Corynespora melonis (Cooke)
befallen. Die Ursache einer Gurkenkrankheit in mehreren Gewächs-
häusern einer Gärtnerei in Ourslack, bei der Ende Mai 1911 die Pflanzen
(Jaensch Modell) schnell, oft schon in einer halben Stunde welkten, ließ
sich nicht aufklären; der Stengelgrund und Wurzelanlauf war der Länge
nach aufgeplatzt und faulte später leicht.
VI. Obstgewächse.
A. Kernobst. Blattflecken auf einigen aus Oldenstedt bei Ülzen
(Prov. Hannover) Anfang September 1910 eingesandten Apfelzweigen
326 XII. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i. J. 1910/1911.
wiesen Hendersonia mali v. Thüm. als Veranlasser auf. Schorf, Fu-
sieladium dendriticum Fuck. und F\ pirinum Fuck., war fast überall vor-
handen, besonders in den Vierlanden; über durch Schorf fleckige und
rissige Birnen wurde Anfang September 1910 aus der Landschaft Bill-
wärder berichtet. Einem Geschäft in Altona wurden zahlreiche Äpfel
während der Versendung Mitte September schwarzfaul durch Monika
Jructigena Pers. Auch Birnen in einem Garten in Altona-Othmarschen
waren vereinzelt schon auf dem Baume schwarz geworden, später aber
wurden auf dem Lager noch zahlreiche Früchte schwarzfaul durch den
genannten Pilz. Über viele durch die Obstmade der Carpocapsa po-
monella L. wurmstichige Äpfel kamen am Ende des Sommers 1910
Meldungen aus der Landschaft Billwärder und Volksdorf; in Wandsbek
war auch der meist kernlose Cellini-Apfel davon befallen.
Die Blutlaus, Schezoneura lanigera Hausm., trat im Sommer 1910
hier und da in geringem Maße auf; nur in einigen Straßen der Stadt
war ein Vorkommen des Insekts auf den Apfelbäumen einer größeren
Zahl von Hausgärten zu verzeichnen. Die Revision der Gärten im
Stadtgebiet erfolgte in geeigneter Weise durch Beamte der Polizeibehörde,
welche die Besitzer auch zur Reinigung der mit Blutlaus behafteten
Bäume anzuhalten hatten. Die von den Polizeibeamten der Landherren-
schaft im Frühjahr 1911 vorgenommene Revision der Apfelbäume in den
Gemeinden der Geest- und Marschlande sowie in Bergedorf hat das Vor-
handensein der Blutlaus nur an wenigen Stellen ergeben.
Einen starken Befall durch Blattläuse wiesen die Apfelbäume
Ende Juni 1911 fast überall auf, so besonders in den Vierlanden, in
Bergedorf, in den Landschaften Billwärder und Ochsenwärder. Mehl-
tau, Podosphaera leucotricha (El. et Ev.) Salm., fand sich Ende Mai
1911 auf einem Buschapfelbaum in Zollenspieker. Aus einem Garten in
Hamburg-Harvestehude bald nach Mitte April 1911 eingesandte Birn-
zweige zeigten auf den Blättern die Pocken durch EZriophyes piri Pag.
und verdickte, gelbliche Blattränder durch die Larven der Birnblatt-
gallmücke, Dasyneura (Perrisia) peri Bche.
B. Steinobst. Das Zweigsterben an Sauerkirsche durch Monzlia
cinerea Bon. war in den Vierlanden, wie alljährlich, auch Ende Mai 1911
verbreitet. Mit Blattläusen dicht besetzt waren im Juni 1911 an
vielen Orten die Blätter der Pflaumen und Zwetschen, so in Ochsen-
wärder, West Krauel, Farmsen, Lokstedt u.a. In den Vierlanden wurde
geklagt, daß die Kirschenernte vielfach durch Stare vernichtet worden sei.
C. Beerenobst. Der amerikanische Stachelbeermehltau,
Sphaerotheca mors wvae (Schw.) Berk., war auch im Sommer 1910 an den
früher bezeichneten Orten der Vierlande vorhanden. Die Erkrankung
der Sträucher beschränkte sich aber in vielen Kulturen auf die Zweig-
XII. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i.J. 1910/1911. 397
spitzen, trat vielfach erst nach Mitte Juni in bemerkenswerter Weise auf
und verschonte die Früchte; sie verbreitet sich jedoch auch auf die
älteren, Kleinbeerigen Sorten. Die Krankheit wurde auch in Hamburg-
Hamm beobachtet, ferner in Ütersen (Holstein) auf Stachelbeerbüschen
in allen Infektionsstadien und auch auf hochstämmigen Stachelbeeren
bemerkt und wurde aus Hittfeld und Radbruch (Provinz Hannover)
eingesandt.
Unter der Blattfallkrankheit durch @loeosporium ribis (Lib.)
Mont. et Desm. litten die Stachelbeeren in den Vierlanden und der Land-
schaft Billwärder Ende Juni und Anfang August 1910 beinahe mehr als
die Johannisbeersträucher. Sie machte sich im Jahre 1911 an Stachel-
beeren in einem Garten in Kirchwärder schon Anfang Juni bemerkbar.
Die durch die Blattlaus Myzus rebis L. erzeugten, überall verbreiteten,
auffälligen roten Beulen an Johannisbeerblättern werden immer wieder
eingesandt, so im Mai 1911 aus den Vierlanden, Fuhlsbüttel und Rellingen
(Holstein), ebenso die an Johannisbeeren häufige Schildlaus Lecanium
corn? Bche., March., z. B. aus Ochsenwärder auf schwarzer Johannis-
beere, Moorwärder, Fuhlsbüttel usw. Die Blätter der Stachelbeeren,
weniger der Johannisbeersträucher, wurden Mitte Mai 1911 stark befressen
durch die raupenähnliche Larve der Stachelbeerblattwespe, Nematus
ventricosus Klg., am Mittleren Landweg in Billwärder und in Geesthacht;
in West-Krauel waren Ende Juni ganze Quartiere Stachelbeersträucher
abgefressen. Ein Absterben einiger hochstämmiger Stachelbeeren Ende
Juni 1911 in Fuhlsbüttel war infolge der Einschnürung der Rinde
durch den Etikettendraht herbeigeführt.
Die Erdbeeren in einem Treibhause in Kirchwärder wurden im
April 1911 geschädigt durch die rote Spinnmilbe, Tetranychus spec.;
die Früchte verlieren ihre Farbe und ihr Aroma und faulen vor der Reife.
An den Blüten der Erdbeeren auf einem Felde in Curslack fraßen Mitte
Mai 1911 die Räupchen des Wicklers Cnephasia Wahlbomiana L.
Die Reben an einer Hauswand in Geesthacht und in Groß-Borstel
waren im Sommer 1910 befallen vom echten Mehltau, Ordium Tuckeri
Berk., in Bergedorf vom Grauschimmel, Botrytis cinerea Pers., der
Blattranddürre verursachte.
D. Nußobst. Die Filzkrankheit der Blätter des Nußbaums,
erzeugt durch die Milbe Briophyes tristriatus Nal. var. erinea Nal. war
Ende Juni 1911 in West-Krauel und andern Orten der Vierlande wie all-
jährlich in geringem Maße vorhanden, ohne aber irgendwie zu schädigen.
VII. Straßen-, Garten-, Park- und Waldbäume.
Zahlreiche Bäume von Silberahorn (Acer dasycarpum) und Roß-
kastanie wurden Mitte Juli 1910 in der Brunnenstraße in Bergedorf durch
338 XII. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i. J. 1910/1911.
Ausströmung von Leuchtgas aus den Undichtigkeiten einer neu gelegten
Gasrohrleitung getötet; das Wurzelholz zeigte zumeist die charakteristische
violette Verfärbung. An den absterbenden oder toten Ahornstämmen
hatten sich angesiedelt Radulum hydnoideum (Pers.) Schröt. in weißlichen
Krusten, Oytospora decipiens Sacc., deren Sporen zu großen harzähnlichen
roten Polstern zusammengeschwemmt waren, und die schwarzen Frucht-
körper von Daldinia concentrica (Bolt.) Ces. et de Not. in mehreren Ex-
emplaren, von denen eines die beträchtliche Größe von 12:7:7 cm
erreichte. An mehreren Bäumen der Krimlinde (Tilia tomentosa) der
Chaussee Bergedorf-Escheburg sowie an großblättriger Linde auf dem
Altonaer Friedhofe bei Bahrenfeld waren die Blätter Mitte Juli 1910
bereits vollständig gelb und zeigten auf der Unterseite zahlreiche Ex-
emplare einer Spinnmilbe, Tetranychus spec., und waren teilweise auch
mit deren Gespinsten überzogen. An den Ulmen in manchen Straßen
der Stadt waren Mitte September 1910 Stämme und Äste gleichfalls mit
den Gespinsten der Spinnmilbe glasig bedeckt. An den zweiten jungen
Eichenaustrieben trat von Mitte oder Ende Juli an wiederum allgemein
der Mehltaupilz, Ordium quercinum v. Thüm., auf; in den Baumschulen
bei Halstenbek will man mit Schwefeln gute Erfolge erzielt haben. Die
Blätter von zweigroßen Eichenbäumen im Schloßgarten zu Ritzebüttel bei Cux-
haven waren stark befallen von Phylloxera quercus Fonse. Mit der Eichen-
pockenlaus, Asterolecanium varvolosum (Ratz.) Hagen, besetzte Zweige
junger Eichen in einer Baumschule in Farmsen zeigten sich gegenüber
nicht befallenen Zweigen zurückgeblieben. Ausgedehnte Rotbuchenbestände
im Sachsenwalde östlich von Friedrichsruh waren Mitte September voll-
kommen kahl gefressen durch die Raupen des Buchenspinners oder
Streckfußes, Dasychera pudibunda L.; von den Blättern waren meist
nur noch die Mittelrippen stehen geblieben. Auch einige Eichenbüsche
am Wegrande waren in gleicher Weise befressen.
Zahlreiche Nonnenschmetterlinge, ZLymantrıa monacha L.,
wurden Ende Juli und Anfang August 1910 in einigen Straßen der Stadt
beobachtet. Über Nonnenraupenfraß in der Stadt oder Umgegend ist jedoch
nichts bekannt geworden.
Der Kiefernmarkkäfer oder Waldgärtner, Myelophilus pini-
perda L., hatte Mitte August 1910 in den allmählich in Parkanlagen
umgewandelten Kiefernbeständen am Kösterberg und bei Marienhöhe in
Blankenese-Dockenhuden das Mark der einjährigen Triebe ausgefressen.
Zahlreiche vom Käfer der Länge nach durchbohrte Zweigenden, in denen
bis zu 4 Käfer aufgefunden wurden, waren durch den Wind abgebrochen
worden und bedeckten den Erdboden.
Auf Eiben in einem Garten in Hamburg-Harvestehude war Anfang
September 1910 die Milbe TZetranychus unungwis Jac. vorhanden.
XIII. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i. J. 1910/1911. 329
Die auffälligen Zweiggallen an Fichten durch Chermes abietis
Kalt. wurden aus einer davon stark befallenen Schonung beim Gut Haide-
hof bei Wedel (Holstein) eingesandt.
Der Fichtennadelrost, Chrysomyxa abietis Wallr., wurde aus einer
Forstbaumschule in Ellerbek-Rellingen (Holstein) Mitte Januar 1911 in be-
ginnenden Polstern gebracht. Stäubend fanden sich die Polster Mitte Mai an
zahlreichen Fichten im Sachsenwalde westlich und östlich von Friedrichsruh.
Der Blasenrost der Weymouthskiefer, Peridermium strobi Kleb.,
wurde Anfang April 1911 ausstäubend an einigen jungen Bäumen in
einem Garten in Wohltorf bei Reinbek beobachtet.
An zahlreichen jungen Bäumen der amerikanischen Platane in einer
Straße in Hamburg-Borgfelde wurden Ende Mai 1911 kleinere und
größere Rindenpartien durch die Sphaeropsidee Discula platani (Peck)
Sacc. zum Absterben gebracht.
Die Raupen des Pappelspinners, Ziparis salicis L., hatten Mitte
Juni 1911 die Blätter von zwei in einem Garten in Hamburg-Neustadt
stehenden kanadischen Pappeln stark befressen.
Die Rindenlaus der Weymouthskiefer, Chermes strobi Htg.,
wurde Anfang April 1911 aus einem Garten in Blankenese eingesandt,
die Rindenform der Tannenlaus, Chermes picene Ratzebg. auf der
Nordmannstanne Anfang Mai aus Ochsenwärder und ihre Exulansform
auf den jungen Trieben von Weißtanne Anfang Juni aus einem Garten
in Groß-Flottbek. Die Tannenwurzellaus, Pemphigus Poschingeri
Holzn., trat an Balsamtannen in Hamburg-Eppendorf Anfang Mai 1911
auf; die Wurzeln faulten und die Pflanzen begannen abzusterben.
VIII. Ziersträucher, Stauden und Krautpflanzen der Gärten.
Vom Mehltau, Sphaerotheca pannosa (Wallr.) Lev., waren im
Sommer 1910 die Rosenfelder bald stärker, bald schwächer wohl überall
befallen; besonders stark war er wie immer auf den Crimson - Rambler-
Sträuchern vorhanden. Ebenso war der Rosenrost, Phragmidium sub-
cortieium (Schrk.) Wint., wie alljährlich weit verbreitet, und die Fäule
der Blütenknospen durch den Grauschimmel, Botrytis cinerea Pers., war
Mitte August 1910 infolge der anhaltend feuchten Witterung gleichfalls
häufig. Hochstämmige Rosen, die auf dem sandigen Lehmboden einer
Gärtnerei in Niendorf bei Hamburg gezogen waren, gingen beim Ver-
pflanzen Anfang Oktober ein; auf den Stämmen waren große schwarze,
von grauen Längsrissen durchbrochene Flecke, in denen sich bei der
Kultur die Pykniden von Coniothyrium Wernsdorffiae Laub. entwickelten.
Ende Juli 1910 waren absterbende Blätter von Iris im Schulgarten
in Fuhlsbüttel bedeckt mit HAeterosporium gracile (Wallr.) Sacce.
330 XIII. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i. J. 1910/1911.
Die Blätter der Dahlien zeigten in vielen Gärten bereits im Juli
1910 Mißgestaltung durch das Saugen der grünen Blattwanze, Lygus
pabulinus F. Die Blätter von Echeverien auf dem Friedhofe in Hamburg-
Eilbeck waren vielfach bis auf den Stiel abgefressen durch eine Schnecke,
Helix (Arianta) arbustorum L., und die Wedel von Adiantum in einem
Gewächshause in Lokstedt durch eine Otiorhynchus-Art.
An stark geschnittenen Zierspargeln in einer Gärtnerei in Lokstedt
blieben Anfang März 1911 die neuen Schosse beim Treiben weiß oder
waren nur mangelhaft ergrünt infolge ungenügender Wärme im Gewächs-
hause; durch stärkeres Heizen wurde die Erscheinung behoben.
In den Rosenhäusern einer Gärtnerei in Niendorf breitete sich gegen
Ende Mai 1911 der falsche Mehltau, Peronospora sparsa Berk., aus.
Gelbe Flecke auf den Wedeln von Livistonea sinensis in einem
Gewächshause in Klein-Flottbek wurden durch die Schildlaus Florinia
fioriniae (Targ.) Ckll. erzeugt, die hauptsächlich auf der Blattunterseite
und auf den Blattstielen saß. Flecke auf Anthuriumblättern rührten von
der auf beiden Blattseiten befindlichen Pinnaspis pandani (Comst.) Ckll.
her. Myrten in einem Privatgarten in Reinbek waren mit Lecanzum hemi-
sphaereccum Targ. besetzt.
Pflanzenkrankheiten aus anderen Teilen Deutschlands.
Im Wachstum zurückgebliebene Haferpflanzen, die Anfang Juli
1910 aus Wolmirsleben eingesandt waren, zeigten die Spelzen und Blatt-
scheiden teilweise violett verfärbt und die Rispen zum Teil weißährig und
unfruchtbar; als Veranlasser fanden sich im Innern der Scheiden und
Spelzen Thrips spec. (nicht Th. cerealium oder Th. denticornis) und Rhizo-
glyphus spec. Ein neu angelegter Grasrasen bei Breslau wies Anfang
August 1910 eine gelbe, sich dauernd vergrößernde Stelle auf, die beim
Durchschreiten die Stiefel durch die Uredosporen des Kronenrostes,
Puceinia coronata Cda., rostbraun färbte.
Zahlreiche Gurkenkrankheiten gingen infolge eines Artikels von
Dr. Lindinger über die Verbreitung einer Gurkenkrankheit in Deutsch-
land (in Möllers Deutscher Gärtner-Zeitung XXV, Nr.27, 1910) der Station
im Juli und Anfang August 1910 zu, so Colletotrichum oligochaetum Cav.
auf Blättern, Blattstielen und Stengeln aus Zittau, Cladosporium cucume-
rinum Ell. et Arth. aus Georgmarienhütte bei Osnabrück und vom Ritter-
gut Neukirchen (Altmark), hier auch auf Melonen, Sporidesmium mucosum
Sacc. var. pluriseptatum Karst. et Har. aus Groß-Cammin (Mecklenburg-
Schwerin) und ferner aus verschiedenen Orten, wie St. Magnus bei Bremen,
Nedlitz bei Potsdam, Berka in Thüringen und Juditten bei Königsberg,
die rote Spinne, Tetranychus telarius L., zumeist in Begleitung von
32
XIII. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i. J. 1910/1911. 331
Pilzen, z. B. Alternaria spec. und Cladosporium cucumerinum. Besonders
bemerkenswert ist die Einsendung von Pseudoperonospora cubensis Berk.
et Curt., die sich Anfang September 1910 in Obergebelzig (Oberlausitz)
in kurzer Zeit in einem Gurkenhause verbreitet hatte.
Äpfel aus Ahrweiler (Rheinprovinz) waren stark besetzt mit Aspi-
diotus piri Licht., dessen dunkelgraue Schilde in der Blüten- und Stiel-
grube dichte Krusten bildeten, der aber auch auf der übrigen Oberfläche
der Früchte in zahlreichen Exemplaren vorhanden war. Die Blattränder
an Birnpyramiden in Deutsch-Wartenberg waren gegen Mitte Juni 1910
schmal umgerollt und etwas verdickt durch die Milbe Zpitrimerus piri Nal.
Die Blätter von zwei l8jährigen Eichen auf dem Friedhofe in Duisburg
waren Anfang Juli 1910 befallen von Phylloxera quercus Fonsc. In Weiden-
kulturen bei Brieg starben im Sommer 1910 die Triebspitzen und Blätter
unter Schwärzung ab durch Fusicladrum saliciperdum (All. et v. Tub.)
Lind.; die befallenen Weiden sind nur in geringen Mengen zu verwerten.
In Rosenveredelungen in einer Gärtnerei in Gettorp bei Kiel fraß Ende
August 1910 die rote Okulatenmade, Clinodiplosis oculiperda Rübs.
Ende Juni 1911 eingesandte Erbsenfrüchte von Versuchsfeldern
bei Braunschweig zeigten Saugstellen durch Zemothrips cerealium Halid.
Der sonst an Birkenlaub fressende Graukugelrüßler, Strophosomus
rufipes Steph., trat Ende April 1911 massenhaft auf Sauerkirschen und
Stachelbeersträuchern in Gifhorn auf.
Pflanzenschädigungen aus außerdeutschen Ländern und aus
deutschen Kolonien.
Auf den aus Frankreich eingeführten Pahlerbsen war mehrfach
die Fleckenkrankheit der Hülsen durch Ascochyta pisi! Lib. wahrzu-
nehmen. Aus Malaga (Spanien) eingesandte Weintrauben zeigten den
größten Teil der Beeren in Fäulnis übergegangen durch Aspergillus niger
van Tiegh.; die Krankheit tritt an den gesamten Stöcken eines Wein-
geländes auf, zuerst sind nur einige Beeren befallen und bald darauf die
ganze Traube. Aus kranken Rebblättern ebendaher entwickelte sich in
der Kultur eine Alternaria spec. In den Weinbergen bei Smyrna (Klein-
asien) verbreitet sich seit einigen Jahren ein Rüsselkäfer, Tanymecus
(Hypesamus) confinis Gyll., der durch Ausfressen der Knospen im Früh-
jahr großen Schaden anrichtet. Auf Apfelsinen- und Zitronenbäumen bei
Malaga hatte sich die Schmierlaus, Pseudococcus (Dactyloprus) citri
(Risso) Fern. ausgebreitet, in deren Gefolge dann auch auf Blättern und
Früchten der Rußtaupilz, Capnodium eitri Berk. et Desm., sich einstellte.
Akazien, Oleander, Musa und Citrus sowie Datteln aus Windhuk
(Deutsch-Südwestatrika) waren besetzt mit Aspidiotus hederae (Vall.) Sign.,
26
332 XII. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i. J. 1910/1911.
Zweige und Blätter von Citrus und Oleander mit Lecanium hesperidum
(L.) Burm.
In Kaffeepflanzungen in Guatemala trat stark der als „Argenio
negro“ oder „Mancha negra“ bezeichnete Rußtau, Capnodium coffeae Pat.,
auf; der wirkliche, durch das Saugen an den Blüten- und Fruchtstielen
stark schädigende Veranlasser war jedoch Pseudococeus (Dactylopeus) eitrt.
Ebendaher wurde auch die durch Pellicularia koleroga Cooke verursachte
Kolerogakrankheit eingesandt. Die Blätter der als Schattenbäume in den
dortigen Kaffeepflanzungen dienenden Cuxinbäume, Inga spec., waren
abgefressen durch Mottenraupen, so daß die Kaffeebäume zur Zeit der
Trockenheit ohne Lichtschutz waren. Eine Xyleborus-Art hatte in Kakao-
stämmen in Guatemala sehr zahlreiche etwa Imm im Durchmesser haltende
Bohrgänge gemacht. In Zuckerrohr und Mais in Guatemala fressen vom
Juni bis September Nashornkäfer „Ronron“, Oryctes rhinozeros L., das
Mark einzelner Internodien vollkommen aus.
Einige Pflanzen in einer größeren für Westafrika bestimmten Sendung
Hevea-stumps aus Ceylon waren befallen von Lasiodeplodia theobromae
(Pat.) Griff. et Maubl. (Z. nigra App. et Laub.).
Blattfiedern von Kokospalmen von der Karolinen-Insel Jap waren
besetzt mit Aspidiotus destructor Sign., solche von Nauru mit A. (Chrysom-
phalus) dietyospermi Morg., zuweilen auch mit wenigen A. lataniae Sign.,
solche von den Marshall-Inseln und Ostkarolinen mit Zurcaspis oceanica
Lindgr., untermischt mit einigen A. (Ohrysomphalus) aurantii Mask. Auf
den Kokosblättern von der Marshall-Insel Ujaie fand sich auch Graphiola
cocoina Pat., auf denen von anderen Südseeinseln eine Laszodiplodia spec.
In Steinnüssen (Phytelephas microcarpa), die als Saatmaterial
in Samoa verwendet werden sollten, hatten Käfer, Caryoborus nucleorum
Fabr., das so außerordentlich harte Endosperm vollkommen zerfressen.
Gutachten und sonstige Anfragen.
Für deutsche Kartoffeln, die zu Saatzwecken nach Südamerika,
Südafrika und Algier verschifft werden sollten, wurden in 88 Fällen
Bescheinigungen verlangt, die besagten, daß in den (namhaft gemachten)
Bezugsgebieten der betreffenden Kartoffelsendungen das Auftreten der
Reblaus und des Kartoffelkrebses (Chrysophlyctis endobiotica Schilb.) bisher
nicht bekannt geworden ist.
Tabake und Zigarren in Manila sowie Tabake in Konstantinopel
wurden zerfressen und durchlöchert durch die Larven und Käfer des
Lasioderma serricorne Fabr., die sich in außerordentlichen Massen in
den Fabriken entwickelt hatten. Durch Wegfangen der nachı dem Lichte
strebenden Käfer an den Fenstern konnte eine gewisse Verminderung
erreicht werden. Bei längerem Verweilen der fertigen Packkisten mit
XIII. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i. J. 1910/1911. 333
Zigarren vor der Versendung in einer Temperatur von —5° C konnte
die „Wurmgefahr“ wohl etwas gemindert, aber nicht beseitigt werden.
In Roggenkleie, die in Säcken in einem Elbkahn verladen war,
fanden sich in Menge kleine Käfer, Tribolium confusum Duv.
Das Holz eines Schiffes, z.B. die kiefernen Stützen und eichenen
Planken, war überall da, wo die aus der Ladung (gesalzene Häute, Felle
und Hörner) heraussickernde Flüssigkeit in das Holz gedrungen war,
1—3 cm tief zerfressen von den Larven und Käfern des Speckkäfers,
Dermestes vulpinus Fabr., besonders in bereits angemorschten Holzstellen.
Bei den Gutachten über Bauholz zerstörende Pilze handelte
es sich um den echten Hausschwamm, Merulus lacrymans (Wulf.)
Schum., in Hamburg in 7 Fällen, in Blankenese (hier außer im Hause
auch Fruchtkörper an der Außenwand des Hauses und zwischen den
Steinen einer aus rohen Feldsteinen und Erde bestehenden Wand eines
angrenzenden Stalles) und Ellerau in je einem Falle, um diesen Pilz in
Verbindung mit dem Kellerschwamm, Conzophora cerebella (Pers.) Schröt.
(Fruchtkörper beider Pilzarten zuweilen auf demselben Holzstücke) in
Hamburg in 2 Fällen und in Wandsbek, um diese beiden Pilze und
Lentinus squamosus (Schaeff.) in Bredeneck bei Kiel. Durch den Poren-
hausschwamm, Poria vaporaria (Pers.), zerstörtes Holz wurde aus Elms-
horn eingesandt; dieser Pilz und der Kellerschwamm fanden sich in einem
Hause in Altona-Ottensen. Der Kellerschwamm, Conzophora cerebella (Pers.)
Schröt., zerstörte in einem Schuppen des Hamburger Freihafens die Dielen
und Lagerhölzer unter den mit Eisenplatten belegten Fahrbahnen, Lager-
hölzer in einem Hause in Hamburg sowie in Stellingen, hier zusammen
mit dem Porenhausschwamm in geringer Ausbreitung; die Fruchtkörper
des Kellerschwamms wuchsen auch an mehreren morschen Brettern des
Verdeckes über der hinteren Plattform des Langenhorner Omnibus.
Lenzites abietina (Bull.) Fr. bewirkte die Fäule von Lagerhölzern in
‘einem neuerbauten Hause in Wohltorf bei Reinbek. Im gleichen Hause ent-
standen in den neuen Pitch-pine-Dielen schwarze, sich vergrößernde Stellen
durch den Blaufäulepilz, Oeratostomella pilifera (Fr.) Wint. Fruchtkörper
von Poria medulla panis (Fr.) Sacc. und Pasxillus acheruntius (Humb.)
Schröt. wurden aus einem Hause in Jena eingesandt. Der grüne Pilz-
belag der Dielen eines Schuppens im Freihafen bestand nicht aus Holz
zerstörenden Pilzen, sondern aus Aspergillus herbariorum (Wigg.); nasse
Waren hatten an der Stelle längere Zeit gelagert.
Sonstiges.
Im Hamburgischen Kolonialinstitut hielt der Referent mit mikro-
skopischen Übungen verbundene Vorlesungen über „Krankheiten der
tropischen Kulturpflanzen“.
26*
334 XIII Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i.J. 1910/1911.
In der Station arbeiteten in den Sammlungen und der Bibliothek längere
Zeit hindurch die Herren Dr. Rönn- Hamburg über Myxomyceten Schleswig-
Holsteins (Inauguraldissertation, Kiel), Dr. H. Eddelbüttel-Hamburg
über die Pilzflora des östlichen Weserberglandes (Inauguraldissertation,
Göttingen), OÖ. Jaap- Hamburg (Fungi selecti exsiccati, Cocciden- und Zoo-
cecidien-Sammlung), Fr. Meyer- Hamburg über Obstbau, Dr. W. Himmel-
baur-Wien über Pilze, insbesondere Phytophthoreen, W. J. Dowson-
Cambridge über Pilze, Z. Chmielewski-Krakau und Dr. P. Wisniewski-
Dublany über pilzliche und tierische Pflanzenschädlinge.
Der Referent nahm teil an Beratungen in der Kaiserl. Biologischen
Anstalt für Land- und Forstwirtschaft in Dahlem am 7. Dezember 1910
und in der Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege in Berlin am 30. De-
zember 1910. Herr Dr. Lindinger unternahm vom 27. Juli bis 11. Sep-
tember 1910 eine Reise nach Tenerife, um Untersuchungen an einigen
zur Einbürgerung in Deutsch-Südwestafrika geeigneten Nutzpflanzen anzu-
stellen. Anfang November 1910 machte er im Herbar des Kgl. Botanischen
Museums in Dahlem Studien über kanarische Schildläuse zur Vervoll-
ständigung des von Tenerife mitgebrachten Materials.
Eine Besichtigung der Stationund derangrenzenden Frucht-
schuppen, z. T. gelegentlich einer der vor der Obstauktion stattfindenden Aus-
stellungen der zu verkaufenden Früchte, fand statt durch 20 Teilnehmer an
der Studienfahrt Berliner Oberlehrer unter Führung von Prof. Dr. Eckstein-
Eberswalde, durch den Naturwissenschaftlichen Verein, durch den Natur-
wissenschaftlichen Klub des Hamburger Volksheims, durch Schüler und
Schülerinnen hiesiger höherer Lehranstalten sowie durch mehrere hiesige
und auswärtige Gelehrte und Interessenten.
Verzeichnis der aufgeführten Schädiger.
(Von Dr. L. Lindinger.)
Seite Seite
Agrofis: sepetuln. er 325 Ascochyta Dist.. rs ee 331
Alenroden Epe. ar. ea 321 | Aspergillus herbariorum .......... 333
Alternariasolani Ze make 323 TUDEr. A 331
sp. auf Rebblättern ..... 331 Sp: aut /Paeonial.. res 321
Anthomyia brassieae 2... 20. 208 324 Aspidiotus ancylus........... 314, 316
COnIOrMIR. 524 britannieusc= ce 315
Aphis "brassieae en. cH ee 324 eorticis-pin® 2-2 315
lactueae:. a 325 eryptomeriae ........... 318
papaveris. .n.uaak REN 324, 325 ceyanophylli... 315, 319, 321
Arıanta arbustorum. 2.2. wemere 330 destructor.... 318, 319, 332
XIII. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i. J. 1910/1911. 335
Seite
Aspidiotus fissidens var. pluridentatus 319
Horbestep een re 314
hederae 318, 919, 320, 321, 332
Howardiı!2..2..200... all
lataniae 317, 318, 319, 320, 321
OREREANSMEN. 0 He. rn 317
OSKEEIEOENISE 0... 2 321
Balmaea Hu, 2.44. 315, 319
perniciosus 314, 315, 316, 322
DIE 316, 331
rapax 315, 316, 318, 319, 321
sp. auf Chamaecyparis und
Sr 315, 321
SDINOSUSSRSE 315, 319
KrAnSpanenah. use 318
VOR a. 315
Asterolecanium bambusae .......... 320
sp. auf Orchideen. ..320
vanolosumy. 2. %.....: 325
Aulacaspis pentagona ... 318, 321, 322
Baris sp. in Blumenkohl........... 325
Blattläuse (siehe auch Aphis, Myzus)
320, 326
Bobrysis einerea ...2.......r. 327, 329
Cappodium elf ......000. 22.2: 331
GIEERBF SE. an erneen 332
Carpocapsa pomonella ..... ....... 326
Caryoborus nucleorum............. 332
Cladosporium eucumerinum ... 330, 331
Cerataphis lataniae........... 31S, 320
Ceratostomella pilifera ............ 333
Ceroplastes sp. auf Cycas.......... 317
ChermesraDistis.r..scnananee dee 329
DICBaBER Sn a Ban Hans: 329
BEIODIER SA ee 329
Chionaspis furfurea .........2..... 315
Chrysomphalus aurantii 317, 313,319, 320,
332
dietyospermi318, 319,332
dens. 317, 819, 320, 321
Chrysomyza abietis >... 2-1. 22.22: 329
Cladosporium herbarum ...... 323, 324
Clayiceps purpurea \........ ... 028
Clinodiplosis oculiperda ........... 331
Cnephasia Wahlbomiana........... 327
Colletotrichum Lindemuthianum ....324
oligochaetum ... ...330
Bonioyphora "cerebella ...%.,...2.,:: 338
Seite
Coniothyrium Wernsdorfliae ........ 329
Corynespora melonis (C. Mazei)..... 325
Uryptoparlatorea leucaspis .........318
Cytospora deeipiens........... a)
Dactylopius cocensa:n 2.0 321
Daldınia coneentriesr ea. rer 325
Dasychira pudibunda. .. ..2.2.......328
Dasyneura brassieae... ..... sure 325
PUT an SE RHE 326
Dermestes vulpinus ............... 333
Diaspis Boisduvali .. 515, 319, 320, 321
bromeliae.. 2a... 319,320
ECHINDLACH una 321
re .316
SpaueBlaeisnese 215
Dieniaypletaitt3. in... 329
Data rel 322
Enitrimierns pin. 8.242.008 8000. 0
Eirioegecus; araucanlaeı.....c.neeee- 318
ET ee 326
tristriatus var. erinea....327
Eryamke-pisi u 142.2: 0. 2. 324
Fiorinia fioriniae ............ 319, 330
var. japonica..... 318
Purcaspis. bikormis 432. nu... 320
DERADICH ES NH NL RS EAN. 332
Fusicladium dendriticum 515, 316, 322,326
RITINUMEe 2 NM 326
salieiperdum: 1. 22.2... 331
Gallenin an ee a8, Bl
GIDEOSPOHUmMETIBIR Aa een: 327
Grapbiola cocoinar ..r 1.2.2.2. eye 392
phoenieis.. ....... 318, 319
Gurkenkrankheit 1... 2... 2.0 325
erst een N Meran 323
Helix arbustotumern...e.n seen 330
Eliendessonia, malt... 2:2... 326
Hemichionaspis aspidistrae 317, 315, 320
minor 31S, 319, 321, 322
sp. auf Palmen, Orchi-
deen und Citrus
319,820, 321
Heterodera radıceicolar. ec er 322
Heterosporium echinulatum ........ 32]
336 XIII. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i. J. 1910/1911.
£ Seite
Heterosporium graeile..............929
Elowardianbielavis 2 res 2
Eiypesamus confinisı „nee 331
Ischnaspis longirostris ....2....2.22.319
Isosoma orchidearum ..............320
Kartoffelläule re 322
Lasioderma serricorme ............ #333
Lasiodiplodia sp. auf Cocos........352
theobromae ..........8832
Tecanıumr come ee 327
hemisphaericum 317, 320, 330
hesperidum 31S, 319, 321, 332
oleae.... ur ae 320,321
sp. .. 315, 319, 320, 321, 322
Dentinus squamosus. er rer 333
Lenzites abietina ..................888
Lepidosaphes Newsteadi............318
GIOVeRE ns ER 321
Pinniormisr.er 2. 20388 321
pomorum ... 315, 316, 322
SD: ... 818, 819, 320,822
Leptothyrtium pomi ...............8315
TIkeuchtoase Meter 325
Leucodiaspis Cockerelli............ 319
HADODICH ne 321
Limothrips: cerealium . ...n.......%.. 351
Ipanssalleisv.2.2. nes dee 329
yousspabulmussrt ers re 330
Lymantria monachar. 2. .r...0.2.. 325
NIANIBESHR N ee 323, 324
Melanaspis Rossi........ 517, 318, 320
Meliolassp aus Glass 521
Meruhuslacrymanse re 339
Monilineinerea We ee 326
TTUCHFEna er 326
Myelophilus piniperda ............. 325
MYzZUS: Ibis 327
Nachtfrost 2.2.2.2 ee 323
Nematus-‚ventricosustr ir u... 327
Niederschläge ......... er 23022
Oidium chrysanthemi ............. 321
OUELCINTID 325
Tucker Aare Are 327
Onychiurus armatus tee ee 825
Oryetes rhinozeros..ı. en 892
ÖOtiorhyncehus sp. auf Adiantum ....330
Parlatorea calianthina........ ol
Berzandente re 321
DIOGEUSWRE 318, 319, 321
pseudaspidiotus......... 320
sp. auf Orchideen ........ 320
ZiIzyphl 2 92. A 321
Paxillus acheruntus. . er Sem 333
Pellicularia kolerosa 2 ra er 332
Pemphigus Poschingeri............. 329
Penieillium erustaceum............. 323
Peridermium Strobl. ar rn 329
Beronosporausparsare Pe 390
trifoliorum See 324
Phoms/apiicola en. are 325
betae@ 3.0 ee 324
sp: aufsTomatenee ee 325
Phragmidium subeortieium.......... 329
Phylloxera quereus .......... 325, 331
Phytophthora infestans ............ 323
Pinnaspis pandani....... 318, 319, 380
Plasmodiophora brassicae ..... 924 2923
Podosphaera leucotricha ........... 326
Poria medulla-panis2 2... 0 358
VAPOTATIA... 2. 44. 02 339
Pseudaonidia duplex............... 321
trilobitiformis 315, 319, 321
Pseudischnaspis Bowreyi........... 320
Pseudococeus eitri ...... 320,331, 23832
longispinus 319, 320, 521
NIPAR. nr. 319
sp. auf Cryptomeria und
Ampelopsis... 318, 321
Pseudoparlatorea parlatoreoides 319,
320, 321
Pseudoperonospora eubensis ....... 331
Puüccmiacoronalasse er Pre 350
Pulyinarıa Noceitera> 2.200 321
sp. aut Prunuse er 322
Radulum hydnoideum ............. 325
Rhizoglyphus sp. auf Hafer........ 330
Rinskranke Kartoffeln... ... are 323
Roestelia Pirata, 2.2... ee 315
Rollkrankheit der Kartoffeln ....... 323
San Jose-Schildlaus ..... 314, 316, 317
Schizoneura lanigiera .,,. 315, 316, 326
XIII. Bericht über die Tätigkeit der Abteilung für Pflanzenschutz i.J. 1910/1911. 337
Seite
Schmetterlingsraupe in Orchideen. . .320
an Inga)... te 332
Selenaspidus artieulatus ...... 318, 319
Septorla, 1YEOpersich .. ..2..........82D
Sklerotiensan. Galax. \...:...2:.2...821
Sphaerotheca mors-uvae ........... 326
pannosa ........ 322, 329
Sporidesmium mucosum var. pluri-
septatum........ 330
putrefaciens......... 324
SEN He ee nr ee, Ace 326
Strophösomus rufipes.............. 33
Manymeeus coninis. . ...........2..:: 3al
Mentheeoris bicolor .......... 3198320
Seite
Tetranychus sp. auf Erdbeere und
Emderssor ee 2 828
telarius ee: Sal
UNUme Sp e 328
Thrips sp. auf Farn, Codiaeum und
Hafer er. 317, 321, 330
Briboliumr contusum 2 ee een 335
Uromyces caryophyllinus........... 321
Vermicularia sp. auf Apfel und Fur-
En Ne Syn 315, 320
338 Index Seminarii Horti Botanici Hamburgensis 1910.
Appendix.
Index Seminarii Horti Botaniei Hamburgensis 1910.
@.: planta annua. — b. seu 9.: planta biennis seu perennis herbacea. —
l.: planta lignosa. — fr.: planta in frigidario eulta. — e.: planta in caldario eulta. — d.: planta
sub dio culta et terrestris ubi non dieitur aquatica („agq.“).
Acanthaceae.
Acanthus longifolius Poir. — p. d.
— mollis L. — p. d.
Aceraceae.
Acer Ginnala Maxim. — I. d.
- tatarieum L. — 1. d.
Aizoaceae.
Mesembrianthemum erystallinum ZL.— a.d.
Tetragonia erystallina L’Herit. — a. d.
— echinata Ait. — a. d.
— expansa Murr. — a. d.
Alismaceae.
Alisma Plantago L. — p. d. aq.
Amarantaceae.
Amarantus hypochondriacus L. — a. d
panieulatus L. — a. d.
= sanguinea.
— salieifolius Hort. Veitch. —
a. .d.
Amaryllidaceae.
Alstroemeria aurantiacum D. Don. — p.d
— chilensis J. Oree. — p. d.
Leucojum aestivum L. — p. d.
Anacardiaceae.
Rhus Toxiecodendrum L. — 1. d.
Apocynaceae.
Amsonia angustifolia Michx. — p. d.
— Tabernaemontana Walt. — p.d.
Rhazya orientalis DO. — p. d.
Aquifoliaceae.
Ilex Aquifolium L, — I. d.
Araceae.
Arisaema amurense Maxim. — p. d.
— atrorubens Blume — p. d.
— Dracontion Schott. — p. d.
Arum maculatum L. — p. d.
Calla palustris L. — p. d.
Zantedeschia albo maculata Spr. — p. fr
Araliaccae.
Aralia cashemeriana Dene. — p. d.
— racemosa L. var. sacchalinensis —
p.d.
Aristolochiaceae.
Aristolochia altissima Desf. — p. d.
— rotunda L. — p. d.
Asclepiadaceae.
Asclepias Cornuti Decaisn. — p. d.
—- phytolacceoides Pursh. — p. d
Vincetoxicum fuscatum Rech. — p. d.
-- laxum Bartl. — p. d.
— nigrum Moench — p. d.
— offieinale Moench — p. d.
Balsaminaceae.
Impatiens Balsamina L. — a. d.
— glanduligera Ldl. — a. d.
— Noli tangere L. — a.d.
— parviflora DO. — a. d.
Basellaceae.
Basella rubra L. — a. d.
Berberidaceae.
Berberis Thunbergi DE. — 1. d.
Betulaceae.
Betula nana L. — 1. d.
Index Seminarii Horti Botanici Hamburgensis 1910. 339
Bignoniaceae.
Eecremocarpus scaber Ruiz et Pav. — a.d.
Incarvillea Delavayi Franchet — p. d.
— srandiflora Bureau et Franch.
— p2.d.
Borraginaceae.
Anchusa arvensis M. B. — a. d.
— Barrelieri Vitm. — p. d.
— capensis Thbg. — p. d.
— italica Betz. — b. d.
— offieinalis L. — p. d.
— sempervirens L. — p. d.
Borago offieinalis L. —- a. d.
Cynoglossum amplifolium Hochst.
— offieinale L. — p. d.
_ petiolatum D. C.
Echium vulgare L. — b. d,
Lindelofia spectabilis Lehm. — p. d.
Macrotomia echioides Boiss. — p. d.
Myosotis alpestris Schmidt — b. d.
— intermedia Link — b. d.
— palustris Roth — p. d.
— rupieola Sm. — b. .d.
Omphalodes linifolia Moench — a. d.
Solenanthus apenninus Hohen.
— mollissimus DC.
Campanulaceae.
Adenophora communis Fisch. — p. d.
— denticeulata Fisch. — p.d.
_- Lamarkü Fisch. — p. d.
— polymorpha Ledeb. — p. d.
Campanula bononiensis L. — p. d.
_ carpathica Jaeg. — p. d.
_ celtidifolia Boiss. et Reut.
— Cervicaria L. — p. d.
— glomerata L. — p. d.
-- — acaulis
dahurica — p. d.
— lamiifolia M. B. — p. d.
—_ latifolia L. — p. d.
— var. macrantha.
_ longistyla Fomine.
— medium L. — b. d.
an: — v. ealycanthema —
Dad.
— mirabilis Alboff — p. d.
— patula L. — p. d.
= persicifolia L. — p. d.
Campanula persicifolia v. alba — p. d.
_ pyramidalis L. — p. d.
— rapuneuloides L. — p. d.
— Rapuneulus Z. — b. d.
— sarmatica Ker — p. d.
— sibirica L. eximea.
— Trachelium L. — p. d.
— versicolor 9. et Sm. — p. d.
= Vidali Wats. — p. fr.
Codonopsis ovata Benth. — p. d.
z viridiflora Maxim. — p. d.
Jasione perennis Lam. — p, d.
Lobelia Gerardi — p. fr.
— kamtschatica Pall. — p.d.
— syphilitica L. — p. d.
Phyteuma betonieifolium Vill. — p. d.
— canescens W. et RK. — p.d.
— Halleri All. — p. d.
— orbiculare L. — p. d.
— Scheuchzeri All. — p. d.
— spieatum L. — p. d.
Platycodon autumnale Deene — p. d.
— grandiflorum A. DO. — p. d.
Mariesii hort. —
Do:
Symphyandra Hoffmanni Pantosz. — p. d.
Wahlenbergia grandiflora Schrad. — p. d.
— — alba.
Capparidaceae.
Cleome spinosa Jacg. — a. d.
Caprifoliaceae.
Lonicera alpigena L. — 1. d.
— flava Sims. — 1.d.
— iberia M.B. — 1.d.
Symphoricarpus acutus Dippel — I. d.
— Heyeri Dippel — 1. d.
Viburnum furcatum Blume — 1. d.
Caryophyllaceae.
Agrostemma Githago L. — a. d.
Alsine juniperina Wahlenb. — p. d.
— procumbens Fenzl.
Arenaria graminifolia Schrad. — p. d.
Cerastium tomentosum DU. — p. d.
Coronaria flos eueuli A. Dr. — p. d.
Cueubalus baceifer L. — p. d.
Dianthus alpnus Z. — p.d.
— arenarius L. — p. d,
340 Index Seminarii Horti Botaniei Hamburgensis 1910.
Dianthus barbatus ZL. — p. d.
caesius Sm. — ». d.
— Carthusianorum L. — p. d.
— Caryophyllus L. — p. d.
deltoides L. — p». d.
= slaucophyllus Colla — p. d.
= negleetus Loisl. — p. d.
— pallens S. et Sm. — p. d.
— plumarius L. — p. d.
-- Seguierii Vill. — p. d.
— superbus L. — p. d.
— — grandiflorus Tausch.
apa acutifolia Fisch. — p. d.
_ panieulata Z. — p. d.
= trichotoma Wender — p. d.
viscosa Murr. — pP. d.
ee alpestre Rehb. — p. d.
Herniaria glabra L. — p. d.
_ hirsuta L. — a. d.
Illecebrum verticillatum Z. — a. d.
Lychnis chaleedonica L. — p. d.
— diuma Sibth. — p. d.
— flos Jovis Z. — pP. d.
— Sartorii Boiss. — pP. d.
Melandrium album Garcke — b. d.
— rubrum Garcke — p. d.
-- Zawadski A. Br. — p. d.
Saponaria officinalis ZL. — p. d.
Silene aegyptiaca L. — a. d.
- conica L. — a.d.
— conoidea L. — a. d.
-—— Cucubalus Wibel — b. d.
— dinarica Spreng. — pP. d.
— echinata Otth. — a. d.
— gallica L. — a. d.
— gigantea L. — p.d.
— italica Pers. — p. d.
— Kitaibelii Vis. — p. d.
— Jlaeta A. Br. — a.d.
— Iydia Boiss. — a. d.
— maritima With. — p. d.
— mellifera Boiss. et. Reut. — p. d.
-— noctiflora L. — a. d.
— nutans L. — p.d.
— pendula L. — b. d
— Preslii Sekera — p. d.
— Pseudotites Bess. — p. d.
— quinquevulnera L. — a.d.
Sartorii Boiss. et Heldr. — p. d.
— saxifraga L. — 2. d.
Silene Schafta G@mel. — p. d.
— tatariea Pers. — p.d.
— venosa @ill. — p. d.
— vesieulifera J. Gay. — a. d.
— viridiflora L. — a. d.
— vulgaris Garcke — p. d.
Spergula arvensis L. — a. d.
— sativa Doenningh. — a. d.
Stellaria media Üyr. (neglecta Weihe)
Telephium imperati L. — ». d.
Tunica saxifraga Scop. — P. d.
— velutina Fisch. et Mey. — p.d.
Vaccaria parviflora Mneh. — a. d.
— segetalis Garcke — a. d.
Viscaria vulgaris Röhl. — p. d.
Celastraceae.
Evonymus europaeus L. — 1. d.
Staphylaea pinnata L. — 1. d.
Chenopodiaceae.
Atriplex Babingtonii Woods — a. d.
— bhortense L. — a. d.
— littorale L. — a. d.
— patulum L. — a. d.
Beta Ciela L. — b.d.
— gigantea
— maritima L. — a. d.
— trigyna W. K. — ».d.
— vulgaris L. — b. d.
— — v. rapacea.
Chenopodium album Z. — a. d.
— Bonus Henrieus L. — p.d.
— Botrys L. — a.d.
—_ petiolare H.B. K. — a.d.
— Quinoa L. — a.d.
Hablitzia tamnoides M. B. — p. d.
Kochia scoparia Schrader — a. d.
Monolepis chenopodioides Moq. — a. d.
Salsola collina Pall. — a. d.
— Kalil. —a.d.
Spinacia oleracea L. — a. d.
Cistaceae.
Cistus undulatus Moench — 1. fr.
Helianthemum Chamaeeistus Mill. — p.d.
— grandiflorum DO. — p. d.
-- mutabile Pers. — p. d.
— polifolium DO. — p. d.
— pulverulentum DC. — p.d.
—_ rhodanthum Dun. -p.d.
Be
Index Seminarii Horti Botanici Hamburgensis 1910. 341]
Helianthemum vulgare Gärtn. — p.d. Aster macrophyllus Z. — p. d.
_ — — (roseum — multiflorus Ait. — p. d.
DC.) — p. d. — Novi Belgii L. — p. d.
Commelinaceae.
Commelina tuberosa L. — p. e. d.
Tinantia fugax Scheidw. — p. d. ü
Tradescantia congesta Penny — p. d.
_ pilosa Lehm. — p. d.
— subaspera Ker — p. d.
Compositae.
Achillea alpina Z. — p. d.
— filipendulina Lam. — p. d.
— impatiens L. — p.d.
— Millefolium Z. — p. d.
== — f. rubra.
= nobilis L. — ». d.
_ Ptarmica L. — p. d.
— tanacetifolia All. — p. d.
Adenostyles albifrons L. — p. d.
Ageratum mexicanum L. — a. d.
Anacyclus offieinarum Hayne
Anthemis arvensis L. — a. d.
— austriaca Jacg. — pP. d.
— nobilis L. — p. d.
— tinetoria L. — pP. d.
Aplopappus croceus A. @r.
Arnica amplexicaulis Nutt. — p. d.
— Chamissonis Less. — p. d.
— Jlongifolia Eaton — p. d.
— montana L. — ».d.
Artemisia Absinthium Z. — p. d.
— austriaca Jacqg. — p. d.
— Draceuneulus L. — p. d.
— glauca Pall. — p. d.
— laciniata Willd. — p. d.
— lactiflora Wall. — p. d.
— mexicana Willd. — p. d.
— procera Willd. — p. d.
_- rupestris L. — p. d.
— vulgaris L. — p. d.
Aster alpinus L. — p. d.
— amelloides Bess. — p. d.
— canus W. K. — p.d.
— cordifoliu L, — p. d.
— corymbosus Ait. — p. d.
— foliosus Pers. Burthii — p. d.
— ineisus Fisch. — p. d.
— Linosyris Bernh. — p. d.
— ptarmicoides T. et Gr. — ».d.
sibirieus L. — ». d.
— tenellus Z.
— Tradescanti ZL. — p. d.
— Tripolium Z. — p. d.
— umbellatus Mill. — p. d.
Baeria coronaria Gray.
Bidens ferulifolia D. ©. — a. d.
— tripartita L. — a. d.
Buphthalmum salieifolium Z. — p. d.
Cacalia deltophylla Max. — p. d.
— suaveolens L. — ?. d.
Calendula offieinalis Z. — a. d.
Calliopsis bicolor Rehb. nana — a. d.
Callistephus hortensis Cass. — a. d.
Carduus acanthoides L. — b. d.
— cernuus Steud. — p. d.
— stenolepis Benth. — p. d.
Carlina acaulis L. — p. d.
Carthamus tinctorius L, — a. d.
Centaurea calocephala Willd. — p. d.
— — f. flava — p. d.
— eyanoides DO. — pP. d.
= Cyanus L. — a.d.
— dealbata Willd. — p. d.
En depressa M. B. — a. d.
— rosea
2 Jacea L. — p. d.
var. deeipiens Thwill. —
md:
u macrocephala Muss. et Puschk
— 2.d.
— nigra L. — pP. d.
— nigrescens Willd. — p. d.
— orientalis Z. — p. d.
phrygia L. — p. d.
— pulcherrima Willd. — p. d.
— rupestris L. — p. d.
— ruthenica Lam. — p. d.
— salonitana Vis. — p. d.
— Seabiosa L. — ». d.
v. albida — p.d.
2 Tournefortii Walp. — p. d.
Chrysanthemum Balsamita L. — p». d.
— corymbosum L. — 2. d.
— macrophyllum W. K. —
p.d.
342 Index Seminarii Horti Botanieci Hamburgensis 1910.
Chrysanthemum Parthenium Bernh. —
made
- segetum L. — a. .d.
Z—— vulgare Bernh. — p. d.
Cichorium Endivia L. — a. d.
== Intybus L. — p. d.
Cirsium bulbosum D. ©. — p».d.
canum M. B. — p.d.
— ciliatum M. B. — p.d.
— feröox DC. — p.d.
— monspessulanum All. — ».d.
— oleraceum Scop. — p. d.
rivulare Link — p. d.
— setigerum Ledeb. — p. d.
Unicus Benedicetus Gaertn. — a. d.
Coreopsis lanceolata L. — p. d.
Urepis rubra L. — a. d.
— sibiriea L. — p. d.
Uynara Oarduneulus L. — p. d.
— Scolymus L. — p. d.
Dahlia variabilis Desf. — p. d.
Dimorphotheca pluvialis Moench — p.d.
Echinops banatieus Roch. — p. d.
— commutatus Jur. — p. d.
_ Gmelini Turez. — p. d.
—- microcephalus Sbt. et Sm. —
Mmerde
niveus Wall. — p. d.
— sphaerocephalus L. — p. d.
Endoptera aspera DO. — a. d.
Erigeron alpinus L. f. glabratus — p. d.
— glabellus Nutt. — p. d.
Oregona — p. d.
== leiomerus A. @r. — ». d.
— philadelphieus L. — p. d.
— speciosus DO. — p. d.
Eupatorium ageratoides L. — p. d.
== cannabinum L. — p. d.
— purpureum L. — p. d.
Gaillardia aristata Pursh — p. d.
(maphalium luteo album Z. — p. d.
— margaritaceum L. — ».d.
Gymnolomia multiflora Benth. & Hook. —
md.
Hedypnois polymorpha DC.
Helenium autumnale Z. — p. d.
— Bigelowii A. Gray — p. d.
- pumilum Willd. — p. d.
Helianthus annuus L. — a. d.
— laetiflorus Pers. — p. d.
Helianthus Maximiliani Schrad. — ».d.
— mollis Lmk. — p. d.
- rigidus Desf.
_ uniflorus Nutt. — p. d.
Helichrysum thianschanicum Regel — p.d.
Heliopsis laevis Pers. — p. d.
— patula Wend. — p. d.
Hieracium amplexicaule ZL. — p. d.
— aurantiacum L. — p. d.
— Aurieula L. — p». d.
= boreale Fries — p. d.
— Bornmülleri Freyn — p. d.
— bupleuroides @mel. — p. d.
= flagellare Willd. — p.d.
— integrifolium Lange — p. d.
— lasiophyllum Koch — p. d.
— murorum L. — ». d.
— oceitanicum Jord. — p. d.
— praealtum Vill. — p. d.
— pratense Tausch — p. d.
— prenanthoides Vill. — p. d.
_ sabaudum L. — ». d.
— speciosum Hornem. — p. d.
-- tridentatum Fr, — p. d.
— umbellatum L. — p. d.
— vulgatum Fries. — p. d.
Hypochoeris radieata L. — p. d.
Inula ensifolia L. — p. d.
— glandulosa Puschk. — p. d.
— Helenium L. — p. d.
— hirta L. — p.d.
— macro cephala Boiss. & Roschy.
2.0.
— racemosa Hook. — p. d.
Royleana DO. — p. d.
— salieina L. — pP. d.
— squarrosa L. — ». d.
— thapsoides Spr. — p. d.
Jurinea cyanoides DO. — p. d.
Lactuca sativa L. — a.d.
— Scariola L. — a.d.
— virosa L. — b.d.
Lampsana communis L. — a. d.
Lappa minor Hill. — b. d.
— offieinalis All. — b. d.
Leontodon autumnalis Z. — p. d.
- hastilis L. — p. d.
_ hispidus L. — p?. d.
— pyrenaicus Gowan. — p. d.
Leontopodium alpinum (ass. — p. d.
Index Seminarii Horti Botanici Hamburgensis 1910. 343
Leontopodium himalayanum DO. — p.d.
= japonicum Mig. — p. d.
Lepachys columnaris T. Gr. — a. d.
Leucanthemum maximum DO. — p. d.
vulgare Lam. — p. d.
Liatris elegans Willd. — p. d.
— spieata Willd. — p. d.
Lignlaria calthaefolia Maxim.
== sibirica (ass. — p. d.
Madia capitata Nutt. — a. d.
— sativa Molina — a. d.
Matricaria Chamomilla L. — a. d.
_ inodora L. — a. d.
— maritima L. — pP. d.
Mulgedium alpinum Cass. — p. d.
— longifolium €. Winkl. — p. d.
—— Plumieri DO. — p. d.
Onopordon Acanthium Z. — b. d.
— acaulon Z. — p. d.
— myriacanthum Boiss. — p. d.
Pieridium intermedium Schultz Bip.
— a.d.
Pieris echioides L. — a.d.
Prenanthes purpurea L. — p. d.
Pyrethrum einerariaefolium Trev. — p. d.
— parthenifolium Willd. — p. d.
— roseum M. B. — p. d.
Rhaponticum eynaroides Less. — p. d.
— pulchrum F. M. — p. d.
Rudbeckia californica Gr. — p. d.
_ digitata Mill. — p. d.
-- laciniata L. — p. d.
— maxima Nutt. — p. d.
-— speciosa Wend. — p. d.
— subtomentosa Pursh — p. d.
Sanvitalia procumbens Lam. — a. d.
Scolymus hispanicus L. — a. d.
Scorzonera hispanica L. — p. d.
— humilis L. — b. .d.
— villosa Scop. — b. d.
Senecio cordatus Koch — b. d.
— celivorum Maxim. — p. d.
— Doria L. — 2. d.
— — erratieus Bert; — p: d.
— Fuchsii G@mel. — p. d.
— macrophyllus M. B. — p. d.
— nebrodensis L.
— tanguticus Maxim. — p. d.
— Tournefortii Lapeyr. — p. d.
— Veitehianus Hemsl. — p. d.
Senecio vernalis W. K. — a. d.
— vulgaris L. —- a. d.
— Wilsonianus Hemsl.
Sericocarpus conyzoides Nees — p. d.
Serratula coronata L. — p. d.
> radiata M. B. — p. d.
— tinetoria L. — p. d.
Silphium Hornemamni Schrd. — p. d.
—_ perfoliatum L. — p. d.
— terebinthinaceum .Jaeg. —
Dad:
— trifoliatum Z. — p. d.
Silybum marianum Gaertn. — a. d.
Solidago eanadensis L. — p. d.
— elliptica Att. — ». d.
— latifolia L. — p. d.
multiradiata Ait. — p. d.
= nemoralis Ait. — p.d.
odora Art. — pP. d.
— puberula Nutt. — p.dı.
— rigida L. — p.d.
—— rugosa Mill. — p.d.
-—- serotina Aid. — p. d.
= sparsiflora A. Gr. — p. d.
— Virga aurea L. — p. d.
Soliva sessilis R. et P. — p. d.
Sonchus oleraceus L. — a. d.
— palustris L. — p. d.
Spilanthes oleracea Jacg. — a. d.
Stokesia eyanea L’Herit. — p. d.
Tagetes patula L. — a. d.
Taraxacum offieinale Web. — p. d.
Telekia speciosa Baumg. — p. d.
Thrineia hirta Roth — p. d.
Tragopogon hortensis Focke
— porrifolius L. — p. d.
Verbesina helianthoides Michx. —
p. d.
Vernonia anthelmintica Willd. — p. d.
Willemetia apargioides (ass. — p. d.
Xanthium italieum Mor. — a. d.
— strumarium L. — a. d.
Ximenesia encelioides (av. — a. d.
Zinnia elegans Jaeg. — a. d.
—_ — tubulosa — a. d.
— Haageana Regl. — a. d.
— multiflora L. — a. d.
— paueiflora Z. v. tenuiflora Jacq.
— a.d.
— vertieillata Andr. — a. d.
344 Index Seminarii Horti Botanici Hamburgensis 1910.
-Convolvulaceae. Arabis hirsuta Scop. — b. d.
Convolvulus Scammonia L. — p. d. Gerardi Reut. — p. d.
Ei ee ni — japonica Regel — p. d.
% el — muralis Bertol. — p. d.
Cuseuta europaea L. — a. d. R a pendula L. d.
— glomerata Chois. — a. d. ubrietia deltoidea DO. — p. d.
— Gronowi Willd. v. calyptrata
Englm. — a.d.
Ipomoea purpurea Lmk. — a. d.
Coriariaceae.
Coriaria japonica A. Gr. — 1. d.
Cornaceae.
Cornus alba L. — 1. d.
— canadensis L. — p. d.
— Mal — Id.
— sanguinea L. — 1. d.
— swuecica L. — p. d.
Crassulaceae.
Sedum acre L. — ».d.
— aizoon L. — p.d.
— Rhodiola DC. — p. d.
Sempervivum acuminatum Schott. — p.d.
= arachnoideum L. — ».d.
— arboreum L. — pP. d.
— Boutignyanum Bill. — p.d.
— fimbriatum Schnittsp. u. ©.
B. Lehm. — p. d.
— flagelliforme Fisch. — p. d.
_- globiferum L. — p. d.
— tectorum L. — p. d.
— violaceum Hort. — p. d.
= Webbianum L. — p. d.
Cruciferae.
Alliaria offieinalis Andrz. — a. d.
Alyssum argenteum Vitm. — p. d.
— condensatum Doiss.& Hausskn.
— 2.d.
— 7 gemonense 1. m.d.
— saxatile Z. — p.d.
— sinuatum L. — b. d.
Arabis albida Z. — p. d.
albida Z. f. umbrosa.
— arenosa Scop. — a. d.
— bellidifolia Jacg. — b. d.
Barbarea arcuata Rehb. — p. d.
— praecox R. Br. — p. d.
— vulgaris R. Br. — p. d.
Berteroa incana DC. — b. d.
Biscutella ciliata D. ©. — a. d.
— didyma L. — a. d.
Brassica Napus L. — b. d.
-—- nigra Koch — a. d.
— oleracea L. f. acephala — b.d.
— RapaLl. f. annua Koch — a.d.
— — L. f. hiemalis Martens
— b.d.
Bunias Erucago L. — a. d.
— orientalis L. — p. d.
Cakile maritima Scop. — a. d.
Camelina dentata Pers. — a. d.
— sativa Orantz — a. d.
Capsella Bursa pastoris Medie. — a. d.
— Hegeri — a. d.
Cardamine macropbylla Willd. — p. d.
Carrichtera Vella DO. — a. d.
Cheiranthus Cheiri Z. — b. d.
— — v. pumilus
Cochlearia danica L. — a. d.
= glastifolia L. — b. d.
_- offieinalis L. — b. d.
Crambe abyssinica Hehst. — a. d.
— maritima L. — p. d.
Draba aizoides L. — p. d.
— hirta L. — p.d.
— rupestris R. Br. — p.d.
— stellata Jacg. — p. d.
— subamplexicaulis ©. A. Mey.
— verma L. — a.d.
Eruca cappadocica Reut. — a. d.
— sativa Mill. — a. d.
Erucastrum arabicum Füsch. et Mey).
Erysimum angustifolium Ehrh. — b. d.
_ cheiranthoides ZL. — b. d.
— hieracifolium Jaeg. — b. d.
= orientale Mill. — a. d.
_ Perofskianum Fisch. et Mey.
— a. d.
= pulchellum Gay — p. d.
in
Index Seminarii Horti Botaniei Hamburgensis 1910. 345
Erysimum virgatum Roth. — p. d. | Cyperaceae.
Farsetia elypeata R. Br. — b. d. |
5 $ | Carex acuta 1. — 2. d.
Hesperis matronalis Z. — p. d. : PR
3 — binervis Sm. — p. d.
Iberis amara L. — a. d. :
5 — caespitosa L. — P.d.
— sempervirens L. — I. d.
E — canescens L. — 2. d.
== — Garrexiana. eapilaris 2 a
> {e c I . (ib.
— umbellata L. — a. d. t
i — caryophyllea Latour. — p. d.
Isatis glauca Auch. BR
— cerus corvi Shuttlw. — p. d.
— japonica Mig. — b. d.
— tinetoria L. — b.d.
Lepidium campestre R. Br. — 6. d.
— Draba L. — a. d.
-— gramimifolium L. — p. d.
— Iberis L. — p. d.
= latifolium L. — p. d.
— perfoliatum L. — p. d.
— sativum L. — a. d.
_ stylatum Lag. — p. d.
— virginicum L. — a. d.
Lobularia maritima Dsf. — p. d.
Lunaria biennis Moench — b. d.
— rediviva L. — p. d.
Matthiola fenestralis R. Br. — p. fr.
— parviflora R. Br. — p. d.
— torulosa DC. — a. d.
Myagrum perfoliatum L. — a. d.
Nasturtium silvestre R. Br. — p. d.
Raphanus radiola L. — a. d.
— Raphanistrum L. — a. d.
E sativus L. — a. d.
— — oleifera — a. d.
Senebiera coronopus Poir. — b. d.
Sinapis alba L. — a. d.
— arvensis L. — a. d.
— chinensis L. — a. d.
— orientalis L.
Sisymbrium austriaecum Jaeg. — p. d.
f. acutangulum
— offieinale Scop. — a. d.
— polyceratium L. — a. d.
Thlaspi arvense L. — a. d.
Vesicaria utrieulata DE. — p. d.
Cucurbitaceae.
Bryonia dioica Jacqg. — p. d.
Cucumis Melo L. — a. c.
— sativus L. — a. d.
Cucurbita Pepo L. — a. d.
Luffa eylindriea Roem. — a. e.
— cyperoides L. — p. d.
— dioiea L. — p.d.
distans L. — p. d.
— divulsa Good. — p. d.
— elongata L. — p. d.
— ericetorum Pollich. — p. d.
extensa G@o0d. — p». d.
— flacca Schreb. — p. d.
— flavaL —p.d.
— Goodenoughii Gay — p. d.
— Grayi Carey — p. d.
— Hirta 2. — 2..d.
—- Hornschuchiana Hoppe — p. d.
— intermedia Good. — p. d.
— kiotensis French. et Sav.
— Jleporina L. — p. d.
ligerica J. Gay — pP. d.
— limosa L. — pP. d.
— muricata L. — p. d.
— ypanicea L. — p.d.
panieulata L. — p. d.
— paradoxa Willd. — p. d.
> paniculata.
pendula Auds. — p. d.
— pilulifera L. — p.d.
— punetata Gaud. — p. d.
— remota L. — pP. d.
— silvatica Huds. — p. d.
— sparganioides Mhlbg. — p. d
— strigosa Huds. —: p. d.
— teretiuseula Good. — p. d.
— vulpina L. — p.d.
Uladium Mariscus R. Br. — p. aq.
Cyperus natalensis Hochst. — a. €.
Eriophorum alpinum L. — p. d.
— latifolium Hoppe — p. d.
Heleocharis palustris R. Br. — p. d.
Rhynchospora fusca R. et Sch. — p. d.
Schoenus ferrugineus L. — p. d.
Seirpus atrovirens Willd. — p. d.
— ceaespitosus L. — 2. d.
— Holoschoenus L. — p. d.
346 Index Seminarii Horti Botanici Hamburgensis 1910.
Seirpus lacustris L. — pP. aq.
pungens Vahl. — p. d.
— silvatieus L. — 2. d.
— Tabernaemontani Gmel. — p. d.
-— triqueter L. — 2. d.
Dioscoreaceae.
Tamus communis L. — pP. d.
Dipsacaceae.
Callistemma brachiatum Boiss. — a. d.
Cephalaria alpina Schrad. — p. d.
— leucantha Schrad. — p. d.
— tatarica Schrd. — p. d.
Dipsacus ferox Loisl. — b. d.
lacmiatus L. — b. d.
silvestris Mill. — b. d.
Knautia arvensis Coult. — p. d.
Morina longifolia Wall. — p. d.
Scabiosa Columbaria L. — p. d.
-- dalmatica Huter et Kern.
— graminifolia L. — p. d.
— leucophylla Borb.
—= silvatica L. — p. d.
Suceisa australis Rchb. — p. d.
— pratensis Mnech. — p. d.
Droseraceae.
Drosera capensis L. — p. fr.
— rotundifolia L. — a. d.
Ebenaceae.
Diospyrus virginiana L. — 1. d.
Empetraceae.
Empetrum nigrum L. — 1. d.
Ericaceae.
Arctostaphylos Uva ursi Spr. — 1. d.
Erica cinerea L. — I. d.
Gaultheria procumbens Z. — 1. d.
Rhododendrum ferrugineum Z. — 1. d.
Euphorbiaceae.
Euphorbia helioscopia L. — a. d.
— Peplus L. — a. d.
— segetalis L. — a. d.
Rieinus communis L. — a. d.
Securinega japonica Miq. — 1. d.
Filices.
Adiantum capillus Veneris L. — pP. c.
- euneatum Langsd. & Fisch. —
DReS
— macrophyllum Sw. — p. e.
— pedatum L. — p. d.
— setulosum Sm. — ». c.
Alsophila australis R. Br. — 1. fr.
— excelsa Dr. — p. fr.
Aneimia Phyllitidis Sw. — p. c.
Aspidium acrostichoides Swartz — p. d.
— aculeatum Sw. f. proliferum —
P.d.
. coniifolium Wall. — p. fr.
- faleatum Sw. — p. fr.
— lobatum Sw. — p. d.
— marginale Sw. — pP. d.
— munitum Swarz
— novaeboracense Desv.
Asplenium angustifolium Mehx. — p.d.
eruciatum eristatum — p. d.
_ Edwardsii — p. d.
— Filix femina Bernh. — p. d.
f. coronatum.
v. erispum.
— Nidus L. — p. c.
— sagittatum lunatum — p. d
_ thelypteroides Michx. — p. d.
Blechnum boreale Sw. — p. d.
= brasiliense Desv. — p. c.
— oceidentale L. — p. ec.
Cyrtomium Fortunei J. Sm. — p. d.
Uystopteris fragilis Bernh. — p. d.
Dicksonia punctiloba Hook. — p. d.
Onoclea Struthiopteris Hofm. — p. d.
Osmunda regalis Z. — p. d.
-- — f£. gracilis.
Phegopteris Dryopteris Fee — p. d.
-- polypodioides Fee — p. d.
Platycerium aleicorne Desf. — p. c.
Polypodium aureum L. — p. c.
— caespitosum Blume — p. c.
— irioides Poir. — p. fr.
-- punctatum Sw. — p. fr.
— Reinwardtii Kunze — p. fr.
— sporadocarpum W. — p. c.
_ vulgare L. — p. d.
Polystichum eristatum Roth — p. d.
— Filix mas Roth — p. d.
= — — Tr. erispum —2.d.
2 Ta ee
Index Seminarii Horti Botaniei Hamburgensis 1010,
Polystichum rigidum DO. — p. d.
— spinulosum DO. — p. d.
v. dilatatum
— 2.d.
— Thelypteris Roth — p.d.
Pteridium aquilinum Kuhn — p. d.
Pteris eretica L. — p. fr.
— _palmata Wild. — p. e.
— serrulata L, fl. — p. c.
— tremula R. Br. — p.-c.
Scolopendrium vulgare Sm. — p. d.
Woodsia angustifolia Smith — p. d.
— obtusa Hook. — p. d.
Woodwardia virginica Smith — p. d.
Fumariaceae.
Adlumia eirrhosa Rafın. — p. d.
Fumaria offieinalis Z. — a. d.
Gentianaceae.
Erythraea Centaurium Pers. — a. d.
Gentiana asclepiadea L. — p. d.
— erueiata L. — ». d.
— Kesselringi Rgl. — p. d.
— Pneumonanthe L. — p.d.
— septemfida Pall. — p. d.
—. tibetica King — p. d.
Sweertia connata Schrenk — p. d.
— peremnis L. — p.dı.
Geraniaceae.
Erodium gruinum Ait. — a. d.
Geranium affıne Ledeb. — p. d.
— ibericum Cav. — p. d.
= macrorrhizum L. — p. d.
— molle L. — a. d.
— nepalense Sweet — p». d.
E nodosum L. — p. d.
— palustre L. — p. d.
— platyanthum Duthie — p. d.
== platypetalum Füsch. & Mey. —
2.'d.
— pratense L. — p. d.
— pyrenaicum Burm.
— sanguineum L. — p. d.
— Wallichianum D. Don — p. d.
Pelargonium tomentosum Jaeqg. — p. fr.
N
347
Globulariaceae.
Globularia Willkommii Nym. —
Gramineae.
Agropyrum tenerum Vasey — a. d.
Agrostis alba ZL. — p. d.
— alpina Scop. — pP. d.
— canina L. — p.d.
Aira caespitosa L. — p. d.
— flexuosa L. — p. d.
Alopecurus pratensis 7. — pP. d.
Anthoxanthum odoratum L. — p. d.
— Puellii Zec. et Lam.
Apera Spica venti P.B: — a. d.
Arrhenatherum elatius P, B. — p. d.
Arundinella anomala Steud.
Avena brevis Roth — a. d.
— chinensis Fisch. — a. d.
= — — v. aristata
— = — v. inermis
— fatua L. — a. d.
— nuda L. — a.d.
— orientalis Schreb.
— planiculmis Schrd. — a. d.
— pratensis L. — p. d.
— pubescens Huds. — p. d.
— sativa L. — a.d.
— sterilis L — a.d.
— strigosa Schreb. — a. d.
3eckmannia eruciformis Host — p. d.
Bouteloua oligostachya Torr. — p. d.
Brachypodium japonicum Miq. — p.d.
— pinnatum P. B. — p.d.
silvatieum R. Sch. — p.d.
Briza media L. — p. d.
3romus arvensis L. — pP. d.
— erectus Huds. — p. d.
Gussoni Parl. — b. d.
inermis Leyss. — pP. d.
— mollis L. — a. d.
— pendulinus Desf.
— purgans L. — b.d.
— rigidus Roth — a. d.
— sterilis Z. — a. d.
Calamagrostis arundinacea Roth — p. d.
— eonfinis Nutt. — p. d.
— Epigeios Rth. — p. d.
_ Halleriana DO. — p». d.
— Nuttaliana Steud. — pP. d.
— varia Beaw. — P.d.
27
348 index Seminarii Horti Botaniei Hamburgensis 1910.
Coix Lacryma L. — a. ag.
Cynosurus eristatus L. — pP. d.
Daetylis Aschersoniana @raebn.
— glomerata L. — ?.d.
Eleusine coracana Gaertn. — a. d,
indica Gaertn. — a. d.
olygostachya Lk. — a. d.
— tristachya Kth. — a. d.
Elymus canadensis L. — p. d.
— giganteus Vahl — p. d.
— sibiricus L. — p. d.
-—- virginieus L. — p. d.
Festuca amethystina L. — pP. d.
— arundinacea Schrb. — ». d.
distans Kunth. — p. d.
— duriuseula L. — p. d.
— gigantea Vill. — p. d.
— heterophylla Lam. var. nigrescens
— p.d.
— ovina L. — p.d.
— — glauca — p. d.
— pratensis Huds. — p. d.
— nubra L. — 2.d.
— silvatica Vell. — p. d.
— tenuifolia Sibth. — p. d.
— varia Haenke — ». d.
Glyceria nervata Trin. — ». d.
Haynaldia villosa Schur.
Holcus lanatus L. — p. d.
Hordeum bulbosum L. — p. d.
- distichum L. — a. d.
= hexastichum L. — a. d.
— jubatum L. — p.d.
— secalinum Schreb.
— vulgare L. — a.d.
= zeocriton L. — a.d.
Koeleria albescens DU. — p. d.
— eristata Pers. — p. d.
— glauca DC. — p. d.
— gracilis Pers. — p. d.
Lolium italicum A. Br. — p. d.
— perenne L. — ».d.
— temulentum Z. — ».d.
Melica altissima L. — p. d.
— ciliata L. — a. d.
— nutans L. — 2. d.
— wniflora Retz. — p. d.
Milium effusum L. — p. d.
Molinia caerulea Moench — p. d.
f. silvatica.
Muehlenbergia glomerata Trin. — p. d.
— mexicana Trin. -— p. d.
Nardus strieta L. — pP. d.
Oryza sativa L. — a. c. ag.
Panieum bulbosum A. B. RK. — p. d.
— . eapillare L. — a. d.
— «: erus gallı Z. — a.d.
— miliaceum L. — a.d.
v. badium.
— sanguinale L. — a.d.
Phalaris canariensis L. — a. d.
Phleum alpinum L. — ».d.
— DBoehmeri Wib. — a. d.
— Micheliüi All. — p. d.
— pratense L. — p.d.
Poa alpina L. — p. d.
— annua L. — a.d.
— Chaixi Vell. — p. d.
— compressa L. — p. d.
— nemoralis L. — p. d.
— palustris L. — p.d.
— pratensis L. — p.d.
— trivialis L— 2. d.
— violacea Pall. — p. d.
Def. —
p. d.
Secale anatolicum Boiss. — p. d.
— cereale L. — 2.d.
Sesleria argentea Savi — ». d.
Setaria germanica Beaw. — a. d.
— italica Beauv. —- a. d.
— vertieillata Beauv. — a. d.
Sieglingia decumbens Bernh. — p». d.
Sorghum halepense Pers. — a. d.
— vulgare Pers. — a. d.
Stipa Aristella Z. — p. d.
Calamagrostis Whlbg. — p. d.
— gigantea Lagasc. — P. d.
— juncea L. — b.d.
— pennata L. — 2.d.
Polypogon monspeliensis
Trisetum flavescens P. B. — p. d.
Triticum caninum L. — p. d.
— ceristatum Schrb. — p. d.
— dieoceum Schrank — a. d.
— durum Desf. — a.d.
— glaucum Desf. — p. d.
— junceum L. — 2.d.
— monococcum L. — a. d.
— polonicum L. — a. d.
— rigidum Schrd. — p. d.
Index Seminarii Horti Botanici Hamburgensis 1910.
Triticeum Spelta L. — b. d.
— ' vuleare Vill. — a. d.
Weingaertneria canescens Bernh. — p.
Zea Mays L. — a. d.
Halorrhagidaceae.
Gunnera magellanica Lam. — pP. d.
— scabra R. et P. — p.d.
Hydrophyllaceae.
Hydrolea spinosa L. — c. aq.
Hydrophyllum virginicum L.
Phacelia congesta Hook. — a. d.
— tanacetifolia Denth. — a. d.
Hypericaceae.
Hyperieum Androsaemum L. — p. d.
aureum Barth. — p. p.
— barbatum Jaeg. — p. d.
—_ floribundum Ait. — p. fr.
— hireinum L. — p. d.
hirsutum L. — p. d.
— inodorum Mill. — p. d.
= perforatum L. — p. d.
d.
— pyramidatum Ait. — p. d.
— quadrangulum L. — p. d.
— tetrapterum Fries — p. d.
Iridaceae.
Anomatheca ceruenta Lindl. — p. d.
Aristea Eckloni Baker — p. d.
Croceus biflorus Mill. — p. d.
— neapolitanus Gawl. — p. d.
— sativus L. — p. d.
— speciosus M. B. — p. d.
— susianus Ker.-Gawl. — p. d.
— zonatus Gray. — p: d.
Gladiolus segetum Ker. — p. d.
Iris anglica hort. — p. d.
— Gueldenstaedtiana Lep. — a. d.
— illyriea Tomm. — p. d.
— ochroleuca L. gigantea — p. d.
— pallida L. — p. d.
— persica L. — p. d.
— Pseudacorus L. — p. d.
— sibiriea L. — p. d.
albiflora.
— spuria L. — 2. d.
Iris versicolor L. — p. d.
f. elatior — p. d.
349
Sisyrinchium Bermudianum L, — p. d.
ealifornieum Spr. p.
Juncaceae.
Juncus artieulatus L. — p. d.
— baltieus Willd. — p. d.
— bufonius L. — a. d.
— compressus Jacg. — pP. d.
— diffusus Hoppe — p. d.
— fSiliformis L. — p. d.
— Gerardi Loisl. — p. d.
glaucus Sibth. — p. d.
— obtusiflorus Ehrh. — p. d.
— squarrosus L. — 2. d.
— supinus Moench — p. d.
-— Tenageia Ehrh. — p. d.
— tenuis Willd. — p: d.
Luzula albida Hofm. — p. d.
d.
— angustifolia Garcke — p. d.
— multiflora Lej. — p. d.
— nivea DO. — ».d.
— . .. pediformis DO. — p..d.
Juncaginaceae.
Triglochin maritimum L. — ». d.
— palustre L. — p. d.
Labiatae.
Ajuga genevensis L. — P.d.
3allota nigra L. — 2. d.
Betonica Alopecurus L. — p». d.
_— grandiflora Steph. — pP. d.
— officinalis 2. — P. d.
— orientalis L. — P. d.
Calamintha Nepeta Savi — p. d.
== rupestris Host.
Clinopodium vulgare L. — p. d.
Dracocephalum altaicense Laxm. — p. d.
— Moldavicum L. — a. d.
— nutans L. — p. d.
_ Ruprechti Rgl. — p
Ik
—_ thymiflorum L. — a. d.
Galeopsis Tetrahit L. — a. d.
— versicolor Curt. — a. d.
Horminum pyrenaicum L. — pP. d.
27*
350 Index Seminariı Horti
Hyssopus officinalis L. — p. d.
Lamium garganicum L. — p. d.
— maculatum L. — p.d.
Leonurus capitatus Fresen. — p. d.
-- Cardiaca L. — p. d.
— sibirieus L. — a. d.
= tataricus L. — a. d.
= villosus Desf. — p. d.
Lophanthus chinensis Benth. — p. d.
Lyecopus europaeus L. — p. d.
— exaltatus L. fl. — p. d.
Marrubium leonuroides Desr. — p. d.
— vulgare L. — p2. d.
Melissa offieinalis L. — p. d.
Mentha rotundifolia L. — p. d.
— silvestris LU. — p. d.
— — f. erispata — pP. d.
— — undulata — p. d.
— viridis L. — p.d.
Monarda fistulosa L. — p. d.
— purpurea L. — p.d.
— Russeliana Nutt. — p. d.
— strieta Wooton. — p. d.
Nepeta grandiflora M. B. — p. d.
— kokamirica Regel. — p. d.
— Jlanceolata Lam. — p. d.
— Jatifolia DO. — p. d.
— macrantha Fisch. — p. d.
— Mussini Spr. — p. d.
— Nepetella Z. — p. d.
— nuda L — p.d.
— racemosa Lam. — p. d.
— spieata Benth. — p. d.
Ocimum Basilieum L. — a. d.
Origanum Majorana L. — a. d.
— vulgare L. — p..d.
— — humilis.
Salvia austriaca Jacg. — p. d.
— DBaumgartenii Heuff. — p. d.
— Bertoloni Vis. — p. d.
— clandestina L. — p. d.
— glutinosa L. — 2. d.
— grandiflora Etling. — p. d.
— Horminum L. — a. d.
— offieinalis Z. — p. d.
— pratensis L. — p. d.
—_ — flore albo — p. d.
— — v. bicolor — p. d.
— Przewalskii Maxim. — p. d.
— Regeliana Heuff. — p. d.
Botaniei Hamburgensis 1910.
Salvia ringens Sibth. — p. d.
— Sclarea L. — b.d.
— silvestris Z. — p. d.
— verbascifolia Bbrst. — p. d.
— vertieillata L. — 2. d.
— virgata Ait. — p.d.
Satureja hortensis L. — a. d.
— -- f. compacta Bat.
— montana L. — a. d.
| Scutellaria albida Z. — p. fr.
| _ alpina L. — p. d.
| — altissima L. — p. d.
tn —_ baicalensis Georgi — p. d.
— galericulata L. — p. d.
| — macrantha Fisch. — ». d.
Sideritis scordioides L. — p. d.
— sieula Ueria — p2.d.
Stachys alpina L. — p. d.
— annua L. — a.d.
— germanica L. — ». d.
| — italica Mill. — p. d.
— Jlanata Jacg. — pP. d.
— recta L. — 2.d.
— setifera ©. A. Mey. — pP. d.
— sibirica Link — p. d.
— silvatica Z. — 2. d.
suberenata Vis. — p. d.
Teucrium Botrys L. — a. d.
— Chamaedrys L. — p. d.
— flavum L. — p. d.
— lueidum L. — p. d.
— Scordium L. — 2. d.
| —— Scorodonia L. — 2. d.
Thymus vulgaris L. — p. d.
Liliaceae.
Allium acutangulum Schrad. — p. d.
| — albidum Fisch. — p. d.
— ascalonicum L. — ». d.
| — Aschersonianum Barbey — p. fr.
— atropurpureum W. RK. — p.d.
— carinatum L. — 2. d.
— Cepa L. — b.d.
— controversum Schrd. — p. d.
— cyaneum Rgl. — ».d.
— fallax Schult. — p. d.
— fistulosum Z. — ». d.
— — bulbiferum — p. d.
— globosum M. B. — 2. d.
— hymenorrhizum Ledeb. — p. d.
ee TEL E
ax
“ Eremurus altaieus sten.
Index Seminarii Horti Botaniei Hamburgensis 1910. Hl
Allium Moly L. f. bulbiferum — p. d.
—_ nerım .—2.d
— obligquum L. — p. fr.
— .odorum L. — p. d.
— oleraceum L. — p. d.
— polyphyllum Kar. et Kir. — p. d.
— Porrum .L. — p. d.
— pulchellum Don — p. d.
— Rosenbachianum Regel — p. d.
— Schoenoprasum L. — p. d.
— Scorodoprasum L. — p. d.
— sibiricum L. — ». d.
— sphaerocephalum L. — p. d.
— subhirsutum Z. — p. fr. (bIb.)
— Victorialis Z. — p.d.
— vineale L. — 2. d.
Anthericum Liliago L. — p. d.
Asparagus officinalis L. — p. d.
Asphodeline liburnica Rehb. — p. d.
Astelia nervosa Banks & Soland. — p.fr.
Bowiea volubilis Harv. — p. fr.
Camassia Cusicki $. Wats. — p. d.
— esculenta Ldl. — p. d.
=> Fraseri Torrey — p. d.
Colehieum autumnale L. — p.d.
album.
— Bornmülleri Freyn. — p. d.
-- byzantinum Ker.-Gawl. —
»..d.
Convallaria majalis L. — p. d.
albo-striata.
rosea.
Endymion nonseriptus Garcke — p. d.
— 2.d.
— bimalaieus Bak. — p. d.
— robustus Agl. f. Elwesianus —
== spectabilis M. B. — 2. d.
Fritillaria Meleagris L. — p. d.
— montana Hoppe — p. d.
— pallidiflora Schrenk — p. d.
= pyrenaica L. — p. d.
Funkia Fortunei Baker f, robusta — p. d.
— ovata Spreng. — pP. d.
— sSieboldiana Lodd. — p. d.
Galtonia candicans Dene. — p. d.
Hemerocallis eitrina Baroni.
— Dumortierii Morr. — p. d
= Thunbergii Baker — p. d.
Lilium bulbiferum Z. — p. d.
Lilium colchieum Hort. — p. d.
— Martagon L. — p. d.
— pyrenaicum Gouan. — p.d.
— speeiosum T’hbg. v. album — p. d.
— tigrinum Ker. — 2.d.
Muscari Argaei Hort. — p. d.
— racemosum Mill. — p. d.
— tenuiflorum Tausch — p. d.
Narthecium ossifragum Huds. — p. d.
Ornithogalum sulphureum Schutt. — p. fr.
Paradisea Liliastrum Bert. — p. d.
Polygonatum latifolium Desf. — p. d.
— multiflorum AU. — p. d.
— verticillatum AU. — ». d.
Seilla hispanica Mill. — p. d.
Smilacina racemosa Desf. — p. d.
— stellata Desf. — p. d.
Streptopus roseus Michx. — p. d.
Tofieldia calyeulata Whlbg. — p. d.
Tulipa Gesneriana L. — p. d.
Uvularia sessilifolia Z. — p. d.
Veratrum album L. f. Lobelianum — p. d.
— ealifornieum Durand — p. d.
— nigrum L. — 2. d.
Zygadenus elegans Pursh. — p. d.
- glaucus Nutt. — p. d.
— Nuttallii A. Gr. — p. d
Linaceae.
Linum perenne L. — p». d.
usitatissimum L. — a. d.
Loasaceae.
Loasa hispida L. — a. d.
— .lateritia @ill. — a. d.
Wallisii Hort. — a. d.
Loganiaceae.
Buddleia japonica Linden — I. d.
Lythraceae.
Cuphea lanceolata Ait. — a. d.
— procumbens Cav. — a. d.
Lythrum Salicaria L. — p. d.
— virgatum L. — p.d.
Malvaceae.
Althaea armeniaca Ten. — p. d.
cannabina L. — p.d.
— fieifolia Cav. — b. d.
— offieinalis L. — p. d.
— rosea (av. — p.d.
— — v. nigra — 2. d.
— taurinensis DO. — p».d.
Lavatera arborea L. — b. d.
— thuringiaca L. — p. d.
Malva Alcea L. — p. d.
— erispa L. — a.d.
mauritanica Spr. — a. d.
— moschata L. — ».d.
— oxyloba Boiss. — a. d.
— silvestris L. — b. d.
Sida dioica Cav. — p. d.
Sidalcea candida A. Gr. — p. d.
— malviflora A. Gr. — p.d.
Menispermaceae.
Menispermum canadense L. — 1. d.
Myricaceae.
Myrica cerifera L. — 1.d.
— Gae L. — 1.d.
Myrtaceae.
Callistemon lanceolatus DO. — I. fr.
E= linearis DC. — |. fr.
Kunzea corifolia Rehb. — 1. fr.
Leptospermum attenuatum Sm. — 1. fr.
_ baccatum Sm. — I. fr.
= stellatum (av. — 1. fr.
_ virgatum Forst. — 1. fr.
Nyctaginaceae.
Mirabilis divaricata Low. — p. d.
— Jalapa L. — p. c. d.
— longiflora L. — p. d.
Oxybaphus nyetagineus Sweet — p. d.
Dleaceae.
Ligustrum obtusifoium 8. Z. — 1. d.
_ vulgare L. — 1. d.
352 Index Seminarii Horti Botauici Hamburgensis 1910.
Onagraceae.
Clarkia pulchella Pursh — a. d.
Epilobium adenocaulon Hausskn. — p. d.
— angustifolium L. — p. d.
— —_ v. album.
— Dodonaei Vill. — p. d.
— Fleischeri Hochst. — p. d.
— montanum L. — p. d.
— obseurum Schreb. — p. d.
— pedunculatum Phil.
— roseum Schreb. — p. d.
Fuchsia procumbens R. Cunn. — a. d.
Godetia lepida Ldl. — a. d.
— tenuifolia Spach. — a. d.
Jussieua salicifolia H. B. K. — p. c.
Oenothera ammophila Focke — b. d.
—_ biennis L. — b. d.
= — f£ grandiflora — b. d.
= caespitosa Nut.
— fruticosa L. — p. d.
— glauca Michx. — b..d.
— muricata L. — b. d.
— parviflora L. — b..d.
— rosea Ait. — b. d.
Zauschneria californica Prsl. — p. d.
Orchidaceae.
Epipactis palustris Orantz — p. d.
Orchis maculata L. — p. d.
Orobanchaceae.
Orobanche amethystea Thuill. — b. d.
= minor Sutt. — a. d.
-- ramosa L. — a. d.
— speciosa D. C. — a. d.
Oxalidaceae.
Oxalis strieta L. — p. d.
Papaveraceae.
Chelidonium majus L. — p. d.
— — flore pleno — p. d.
= — f. laciniata — p.d.
Eschscholzia califormica Cham. — p. d.
Glaucium ceornieulatum Curt. var.
phoeniceum DC.
— flavum Orantz — a. d.
Macleya cordata R. Br. — p. d.
Index Seminarii Horti Botaniei Hamburgensis 1910. 353
Meconopsis cambrica L. — p. d.
Papaver caucasicum M. B. — p. d.
— dubium L. — a. d.
umbrosum.
7 Heldreichi Boiss, — p. A.
— nudicaule L. — p. d.
— orientale L. — p. d.
— pilosum Sibth. Sm. — p. d.
— pyrenaicum DC. — p.d.
— Rhoeas L. — a.d.
— rupifragum BDoiss. et Reut.
— somniferum L. — a. d.
— spieatum Boiss. et Bal.
Papilionaceae.
Adenocarpus anagyrus Spreng. — p. d.
Arachis hypogaea L. — a. fr.
Arthrolobium scorpioides L. — a. d.
Astragalus alopecuroides L.
== baeticus L. — a. d.
— Cicer L. — p. d.
— falcatus Lam. — p. d.
_ galegiformis L. — pP. d.
— elyeyphyllus L. — p. d.
— narbonensis Gowan — p. d.
— vaginatus Pall. — p. d.
_ vesicarius L. — pP. d.
Baptisia australis R. Dr. — p. d.
— tinetoria R. Br. — p.d.
Caragana arborescens Lmk. — 1. d.
f. pendula.
Carmichaelia australis R. Br. — I. fr.
Cicer arietinum L. — a. d.
Coronilla varia L. — p. d.
Cytisus alpinus Lam. — 1. d.
— Alschingeri Vis. — 1. d.
— Attleyanus Hort. — I. fr.
— capitatus Scop. — 1. d.
— Laburnum L. — I.d.
— nigrieans L. — 1. d.
— racemosus Marnock — I. fr.
Desmodium eanadense DU. — p. d.
Dolichos Catjang L. — a. d.
_ faleatus Klein — a. d.
— ornatus Wall. — a. d.
— ruber Jaeg. — a. d.
— sesquipedalis L. — a. c.
Doryenium herbaceum Vill. — p. d.
— rectum Sering. — p. d.
Ervum Lens L. — a. d,.
|
|
Ervum Orobus Kittel — p. d.
— silvaticum Peterm. — p. d.
Galega offieinalis L. — p. d.
— orientalis Lam. — p. d.
Genista canariensis ZL. — I. fr.
— ovataW.R. — 1.d.
— praecox Hort. — I.d.
sibirica L. — 1. d.
— tinetoria L. — 1. d.
Hedysarum boreale Nutt. — p.d.
— esculentum Ledeb. — p. d.
— microcalyx Baker — p. d,
— neglectum Ledeb. — p. d.
— sibirieum Poir. — p. d.
Lathyrus Aphaca L. — a. d.
— heterophyllus L. — p. d.
— maritimus Bigelow — p. d.
— montanus Bernh. — p. d.
-- niger Bernh.. — p. d.
— pratensis L. — p. d.
-— rotundifolius Willd. — p.d.
-- silvestris L. — p. d.
L. Wagneri.
= vernus Bernh. — p. d.
Lotus comieulatus L. — p. d.
— uliginosus Schk. — p. d.
— villosus Forsk. — p. d.
Lupinus albus L. — a. d.
— arboreus x Colvillei — p. d.
— Jhuteus L. — a. d.
— polyphyllus Dougl. — p. d.
f. roseus.
Medicago lupulina L. — a. d.
— sativa L. — pP. d.
Melilotus albus Desr. — a. d.
— offieinalis Desr. — b. d.
Mimosa pudica L. — a. c.
Onobrychis sativa Lmk. — p. d.
nn: vieiifolia Scop.
Ononis hireina Jacq. — pP. d.
— rotundifolia L. — p. d.
Ornithopus sativus Brot. — a. d.
Phaseolus multiflorus Willd. — a. d.
— vulgaris L. — a. d.
f. nanus — a. d.
Pisum sativum L. — a. d.
Sarothamnus scoparius Koch — 1. d.
Securigera Coronilla DC. — a. d.
Soja hispida Moench — a. d.
Tetragonolobus purpurea Moench.
354 Index Seminarii Horti Botaniei Hamburgensis 1910,
Thermopsis fabacea DU. — pP. d.
— lanceolata R. Br. — p..d.
Trifolium alpestre L. — p. d.
arvense L. — 2. d.
— elegans Savi — p. d.
- hybridum Z..— p. d.
incarnatum L. — a. d.
— Lupinaster L. — p. d.
-- medium L. — 2. d.
montanum L. — p. d.
— pannonicum Jaeqg. — p. d.
pratenser 1.1 D..
— rubens L. — 2. d.
Trigonella caerulea Ser. — a. d.
= eretica Boiss. — a. d.
_ Foenum graecum 2.
Vicia aurantia Boiss. — p. d.
— cassubica L. — p. d.
— Cracea L. — p.d.
— dumetorum L. — «a. d.
— Faba L — a.d.
— sativa L. — a.d.
— sepium L. — p.d.
— unijjuga A. Br. — p. d.
— villosa Roth — a. d.
Paronychiaceae.
Scleranthus neglecetus Rochel — p. d.
— perennis L. — pP. d.
Pedaliaceae.
Sesamum orientale L. — a. d.
Phytolaccaceae.
Phytolacca eseulenta v. Hout. — p. d.
Pirolaceae.
Pirola minor Z. — p. d.
Plantaginaceae.
Plantago arenaria W. RK. — a. d.
— Coronopus L. — a. d.
— Cynops L. — 1.d.
— lanceolata L. — pP. d.
== — monstrosum.
— major L. — 2. d.
— — monstrosum
Plantago maritima L. — p. d.
— media ZL. — p. d.
— monosperma Pourr. — p. d.
_ Psyllium L. — a. d.
— serpentina Lam.
Platanaceae.
Platanus acerifola Willd. — 1. d.
Plumbaginaceae.
Acantholinum glumaceum Boiss. — p. d.
Armeria alpina Willd. — p. d.
— vulgaris Willd. — p. d.
Statice callicoma Ü. A. Mey.
— Jlatifolia Sm. — p. d.
-— Limonium L. — p.d.
— minutiflora Guss. — p. d.
— serbica Nym. — p. d.
— speciosa 2... — P.d.
— stataniea L% DR.
— Willdenovii Poir.
Polemoniaceae.
Gilia virgata Steud. — a. d.
Polemonium boreale Adams — ». d.
— coeruleum L. — p.d.
— flavum Greene — p. d.
— humile Wild. — p. d.
— pauecifolium S. Wats. p. d.
Richardsoni @rah. — p. d.
Polygonaceae.
Eriogonum umbellatum Torr. — p. d.
Fagopyrum esculentum Moench — a. d,
— tataricum Gaerin. — a. d.
Oxyria reniformis Hook.
Polygonum euspidatum 8. Z. — p. d.
— persicaria L. — p. d.
= sacchalinense F. Schmidt —
fi We.
— viviparum L. — 2. d.
— Weyrichii F Schmidt — p. d.
Rheum GCollinianum Baill. — p. d.
— Emodi Wall. — p. d.
— Franzenbachii Muwent. — p. d.
— Moorkroftianum Royle — p. d.
— offieinale Baill. — p. d.
— palmatum L. — p. d.
— Rhapontieum L. — 2. d.
4
Index Seminarii Horti Botanici Hamburgensis 1910. 355
Rheum tatarieum L. — p. d.
Rumex Acetosa L. — p. d.
— acutus L.. — p.d.
— alpinus L. — p.d.
— chrysocarpus Moris — p. d.
— erispus L. — p. d.
— domestieus Hartm. — p. d.
— Hydrolapathum Huds. — p. d.
— hymenosepalus Ton. — ».d,
— maritimus L. — a. d.
— maximus Schrb. — p. d.
— obtusifolius L. — p. d.
— Patientia L. — p. d.
— pinguis J. A. Arem. — 2. d.
— salieifolius Weinm. — p. d.
— sanguineus L. — p. d.
— seutatus L. — p. d.
Portulacaceae.
Calandrinia compressa Schrd. — a. d.
Claytonia perfoliata Donn. — a. d.
Portulaca oleracea L. — a. d.
Primulaceae.
Anagallis coerulea Schreb. — a. d.
Androsace septentrionalis L. — «. d.
Dodecatheon integrifolium Bongard
f. splendens — p.d.
Lysimachia barystachys Dunge — p. d.
== eiliata ZL. — p. d.
— Ephemerum L. — p. d.
— japonica Thrunbg. — p. d.
— punctata Walt. — p. d.
Primula Auricula L. — p. d.
— camiolica Jacg. — p. d.
— japonica Gray — p. d.
-- offieinalis Hell. — p. d.
f. suaveolens @odr. et
Gren. — p. d.
— varlabilis Goup. — p. d.
Ranunculaceae.
Aconitum barbatum Patr. — p. d.
— Kusnezoffi Rchb. — p. d.
-— Lyeocetonum L. — p. d.
_- Napellus L. — p. d.
pyramidale,
— vuiparia Rehb. — p. d.
Actaea alba Mill. — ». d.
— spieata L. — p.d.
- = irsaubro,
Anemone Hudsoniana Rich. — p. d.
-- nareissiflora L. — p. d.
— rivularis Buchanan — p. d.
E= silvestris Z. — p. d.
— „virginiana L. — 2. d.
Aquilegia alpina Z. — p. d.
— coerulea James — p. d.
— vulgaris L. — p. d. °
Caltha palustris Z. — p. d.
Cimicifuga americana Michx. — p. d.
Clematis alpina Zm. — p. d.
— angustifolia Jacg. — p. d.
— integrifolia L. — p. d.
— reca L—p.d.
— stans® 2 —n.d.
Coptis aspleniifolia Salisb. — p. fr.
Delphinium Ajacis L. — a. d.
= Cashmirianum Royle — p. d.
— Consolida L. — a. d.
— dyetiocarpum DE. — p. d.
= elatum L. — p. d.
flore pallido — p.d.
— formosum Boiss. et Huet —
p. d.
— grandiflorum L. — p. d.
orientale Gay — p. d.
— triste Fisch. — p. d.
Ficaria verna Pers. — p. d.
Helleborus foetidus L. — p. d.
Myosurus minimus L. — a. d.
Nigella arvensis L. — a. d.
— damascena L. — a. d.
— sativa L. — a.d.
Oxygraphis eymbalaria Prant! — p. d.
Paeonia banatica Rochel — p. d.
— corallina Reitz. — ». d.
— decora Andr. — p. d.
— peregrina Mill. — p. d.
Pulsatilla vulgaris Müll. — p. d.
Ranunculus acer L. — ». d.
— Flammula L. — p.d.
— Gouani Wild. — p. d.
_— lanuginosus L. — pP. d.
— lomatocarpus F\ et. Mey. —
a..d.
= platanifolius L. — p. d.
- sardous Orantz — a. d.
Thalietrum angustifolium L. — p. d.
= aquilegiifolium L. — ». d.
— eorynellum DO. — p. d,
356 Index Seminarii Horti Botaniei Hamburgensis 1910,
Thalietrum flexuosum Bernh. — p. d.
— glaucum Desf. — p. d.
— minus L. — p.d.
Trollius europaeus L.
— japonieus Miq. — pP. .d.
— laxus Salisb. — p. d.
= Ledebouri Rehb. — p. d.
— patulus Salisb. — p. d.
Resedaceae.
Uaylusea abyssinica Fisch. & Meyer —
b. d.
Reseda alba 2. — a.d.
— complicata Bory. — p. d.
— cıystallina Webb. & Berth. —
D=d,
— Janceolata Lag. — pP. d.
— Jutea Z. — b.d.
— ZLuteola L. — a.d.
— .odorata L. — a. d.
Rhamnaceae.
Rhamnus cathartiea Z. — |. d.
— Frangula L. — 1. d.
— Sebeinllist Jb, = ll ik
Rosaceae.
Acaena myriophylla Ldl. — p. d.
Agrimonia Eupatoria L. — p. d.
v. capensis — p. d,
— leucantha Kunze — p. d.
— odorata Mill. — p. d.
— pilosa Ledeb. — p. d.
Alchemilla fissa Schum. — p. d.
— major Boiss. — p. d.
_ pentaphylla L. — p. d.
— pubescens M. B. — p. d.
— pyrenaica Dufour — p. d.
vulgaris L. — p. d.
— v. subsericea —
Bd.
Aronia arbutifolia Medie. — I. d.
Comarum palustre L. — p. d.
Cotoneaster acutifolia Turez. — 1. d.
—_ buxifolia Wall. — 1. d.
— Simonsii Hort. — 1. d.
Crataegus cocemea L. — I.d.
— orientalis M. B. — 1. d.
|
Urataegus parvifolia Alt. — 1. d.
— rotundifolia X. Koch — I. d.
-- spatulata Michx. — 1. d.
Dryas Drummondii Richards. — p. d.
Filipendula hexapetala @ilib. — p. d.
— Ulmaria Maxim. — p. d.
Geum album Gmel. — p. d.
— Heldreichii 8. et Z. — p. d.
— japonicum Thunbg. — p. d.
— intermedium Ehrh. — p. d.
— pallidum F. et M. — p».d.
— pyrenaicum Mill. — ». d.
— rivale L.— p.d.
— strietum Ait. — p. d.
— tirolense Kern. — p. d.
— urbanım L. — p.d.
Gillenia stipulacea Nutt. — p. d.
Malus foribunda Sieb. — 1. d.
— rivularis Roem. — |. d.
Potentilla atrosanguinea Lodd. — p. d.
— chrysantha Trevir. — p. d.
— collina Wib. — p. d.
— formosa D. Don — p. d.
— Friedrichseni Späthe — 1. d.
- fruticosa L. — l.d,
—_ gelida CO. A. Mey. — p. d.
— insignis Royle — p. d.
norvegica L. — b. d.
procumbens Sbth. — p. d.
— pulcherrima Lehm. — p. d.
— pyrenaica Ram. — p. d.
u recta L. — pP. d.
— — f. obseura.
— — f pallida — p. d.
— rupestris L. — p. d. ö
- silvestris Schrank. — p. d.
_ Wrangeliana Fisch.& Ave-Lall.
— p2.d.
Prunus virginiana L. — 1. d,
Pyracantha coceinea Roem. f. Lalandi
Dipp. — 1.d.
Rhodotypus kerrioides 8. Z. — 1. d.
Rosa californica Oh. et Sch.
v. ultramontana — p. d.
— ferox M.B. — l.d.
— gallica L. — 1.d.
— haematodes Boiss. — 1. d.
— Jundzilli Bess. — 1. d.
— aitida Willd. — 1. d.
— nutkana Prsl. — 1. d.
PEN"
Rosa pendulina Z. v. pyrenaica G@ouan
— 1.d.
Index Seminarii Horti Botaniei Hamburgensis 1910.
— pimpinellifolia DC. — I. d.
— Ripartii.
— rubiginosa L. — 1.d.
_ v. rotundifolia.
— rubrifolia Vill. — 1. d.
— Seraphinii Viv. — 1.d.
— spinosissima L. — 1. d.
-— willosa L. — 1.d.
— virginiana Mill. f. arkansana —
Ir
Rubus phoenicolasius Max.
Sanguisorba alpina Bunge — p. d.
minor Scop. — p. d.
officinalis Z. — p. d.
Sibbaldia cuneata Hornem. — p. d.
Spiraea
procumbens Z. — p. d
betulifolia Pall. — p. d.
digitata Willd. — p. d.
palmata Thunbg. — p. d.
pectinata Torr. & Gray — p.d.
sorbifolia L. — ». d.
Rubiaceae.
Asperula hexaphylla Al. — p. d.
longiflora W. et K. — p. d.
taurina L.
tinetoria L. — p. d.
Crucianella stylosa Trin. — a. d.
Galium Aparine L. — a. d.
boreale L. — p. d.
eruciata Scop. — pP. d.
Mollugo L. — p. d.
purpureum L. — p». d.
rubioides L. — p. d.
— saccharatum AU. — a. d.
— silvaticum Z. — ». d.
— tricorne Stokes — a. d.
— verum L. — p.d.
Rutaceae.
Dictamnus albus L. — p. d.
Phellodendrum amurense Rupr. — 1. d.
Ptelea trifoliata L. — 1. d.
Ruta graveolens L. — I. d.
Skimmia japonica Thunbg. — 1. d,
|
Saxifragaceae.
Astilbe japonica A. Gray — p. d.
Francoa appendiceulata (av. — p. fr.
Heuchera americana L. — p. d.
— bracteata Ser. — p. d.
- brizoides Hort. — p. d.
= eylindriea Dougl. — p. d.
divaricata Fisch. — p. d.
- himalayensis Don. — p. d.
u hispida Pursh. — p. d.
villosa Michx. — p. d.
Mitella diphylla L. — p. d.
— pentandra Hook. — p. d.
Parnassia palustris Z. — p. d.
Ribes sanguineum Pursh. — I. d.
Rodgersia aeseulifolia Batalin — p.d.
u
(art
1
Saxifraga aizoides L. — p. d.
aizoon Jacg. — P. d.
altissima Kern. — p. d.
caespitosa L. v. sedoides — p.d.
— v. sponhemica @mel.
Churchillii Hut. — p. d.
cordifoium Haw. —- p. d.
erassifolia L. — p. d.
deeipiens Ehrh. — p. d.
-- v. sponhemica.
Geum L. — p. d.
eranulata L. — 2. d.
Hostii Tausch. — p. d.
muscoides All. — p. d.
peetinata Schott. -— p. d.
pensylvanica L. — 2. d.
rotundifolia L. — p. d.
supraaizoides Kern. — p. d.
trifureata Schrad. — p. d.
umbrosa L. — 2. d.
Tellima grandiflora R. Br. — p. d.
Seitamineae.
Thalia dealbata Fras. — p. aq.
Scrophulariaceae.
Alectrolophus minor W. @. — a. d.
Antirrhinum majus Z. — p. d.
_ maurandioides A. Gray —
Ba:
— Orontium L. — a. d,
Index Seminarii Horti
Browallia grandiflora Grah. -- a. d.
Chelone Lyonii Pursh, — p. d.
Collinsia bartsiifolia Denth. — a. d.
— heterophylla Grah. — a. d.
Digitalis ambigua Mur. — p. d.
ferruginea L. gigantea — p. d.
gloxinoides (av. — pP. d.
lutea L. — p. d.
— nervosa Steud. et Hochst. —
p. d.
ochroleuca Jacqg. — p. d.
— orientalis Lam. — p.d.
purpurea L. — b.d.
= = monstrosum.
u Thapsi L. — p. d.
— viridiflora Lindl. — p. d.
Euphrasia offieinalis Hayne — a. d.
Linaria bipartita Willd. — a. d.
minor Desf. — a. d.
purpurea Mill. — p. d.
— vulgaris Mill. — p. d.
Maurandia Barcklayana Ldl. — p. fr.
Mimulus luteus L. — p. d.
ringens L. — ?. d. aq.
Pentstemon coeruleus Nutt. — p. d.
Digitalis Nutt. — p. d.
glaucus Grah.v. stenosepalus
— 2.d.
Serophularia aquatica L. — p. d.
-- chrysantha Jaub. et. Spach.
— p2.d.
= Neesii Wirtg. — p. d.
nodosa L. — p. d.
scabiosaefolia Benth. — p. d.
— umbrosa Dumort. — p. d.
Verbascum Blattaria L. — b..d.
— Lychnitis L. — b. d.
— nigrum L. — 2. d.
— olympicum Boiss. > nigrum
L. — p.d.
phlomoides L. — b. d.
Veronica amethystina Willd. — p. d.
aphylla L. — p. d.
austriaca L. — p. d.
v. bipinnatifida Koch
— 2.d.
— crassifolia Wierzb. & Heuff.
— 2. d.
gentianoides Vahl — p. d.
— ineana L. — p. d,
Botanici Hamburgensis 1910.
Veroniea longifolia L. — p. d.
= montana L. — p. d.
= officinalis Z. — p. d.
— Ponae Gowan — p. d.
= Prenja Beck — p. d.
— serpyllifolia Z. — p. d.
— sibirica L. — p. d.
— spuria L. f.elegans DU. — p.d.
— Teuerium L. — p. d.
= Tournefortii @mel.
virginica L. — p. d.
Solanaceae.
Atropa Belladonna L,. — p. d.
— —_ fruet. luteo.
Capsicum annuum L. — a. c.
Datura Metel L. — a. d.
— Stramonium L. — a. d.
L. v. inermis — a. d.
— Tatula Z. — a.d. e
Hyosceyamus niger L. — a. d.
— pallidus Waldst. et Kit. —
a. d.
Nicotiana glutinosa L. — a. d.
— latissima Mill. — a. d.
_ longiflora Cav. — a. d.
— panieulata L. — a. d.
— rustica L. — a. d.
= silvestris Speg. et Como —
a.re
— Tabacum L. — a. d.
— viscosa Lehm. — a. d.
Nolana prostrata L. — a. d.
Petunia nyetaginiflora Juss. — a. d.
— violacea Lindl. — a. d.
Phygelius capensis E. Mey. — p. fr.
Physalis Alkekengi L. — p. d.
— Francheti Mast. — p. d.
— peruviana L. — a. d.
-- philadelphica Lam. — a. d.
Solanum Dulcamara L. — p. d.
— Lycopersicum L. — a. d.
— Melongena L. — a. e.
— nigrum L. — a. d.
Styracaceae.
Halesia tetraptera L, — 1. d.
Pr
Index Seminarii Horti Botaniei Hamburgensis 1910. 3509
Thymelaeaceae. Carum Bulbocastanum Koch.
Daphne Mezereum L. — 1. d. ln
g a Albin. Chaerophyllum aromaticum L. — p. d.
Br je ibn. — bulbosum ZL. — b. d.
Hippopha& rhamnoides Z. — 1. d. = hirsutum DZ. — p. d.
— nodosum Lm. — p. d.
ee — roseum M. B. — p. d.
Tiliaceae. Villarsii Koch — p. d.
Corehorus olitorius L. — a. e. Conium maculatum L. — b. d.
=: pilolobus Link — a. ce. Coriandrum sativum L. — a. d.
5 siliquosus Link — a. e. Cryptotaenia canadensis D. ©. — p.d.
7 textilis Delile — a. c. Cuminum Cyminum L. — a. dl.
Daucus Carota L. — b. d.
Tropaeolaceae. Dorema Aucheri Boiss. — p. d.
Tropaeolum aduncum Sm. — a. d. Eryngium Bourgati Gouam Bd
— Lobbianum Hort. Veiteh ar PO SS
le — »dichotomum Desf. — p. d.
Ri) majus I. — a. _ siganteum M. B. — p. d.
a ce a — maritimum L. — p. d.
— Oliverianum L. — ». d.
— planum Z. — p.d.
Typhaceae. a m Di
Sparganium ramosum Huds. — p. aq. Falcaria vulgaris Bernh. — b. d.
Typha angustifolia L. — p. aq. Ferula abyssinica Boiss. — p. fr.
— Jatifolia L. — p. ag.
— stenophylla Fisch. et Mey. —
p. d. aq.
Ulmaceae.
Celtis oceidentalis L. — 1. d.
Umbelliferae.
Aethusa Cynapium L. — a. d.
Ammi majus L. — a. d.
Anethum graveolens L. — a. d.
Angelica dahurica Maxim.
Anthriseus Cerefolium Hoffm. — a. d.
= silvestris Hoffm. — p. d.
Apium graveolens L. — b. d.
Archangelica decurrens Ledeb. — p. d.
— offieinalis Hofm. — p. d.
Astrantia graecilis Bartl. — p. d.
— major L. — 2. d.
— minor L. —*p. d.
Athamanta Matthioli Wulf. — p. d.
Bunium montanum Koch.
Bupleurum longifoium L. — p. d.
— multinerve DO. — ».d.
= ranuneuloides L. — p. d.
— stellatum Z. — p. d.
— Asa foetida L. — 2. d.
-—- sulcata Desf. — p. d.
Foenieulum offieinale Al. — p. d.
Heracleum granatense Boiss. — p. d.
— grandiflorum Stv. — p. d.
gummiferum Wild. — ».d.
- persicum Desf. — p. d.
— pubescens M. B. — p». d.
— sibirieum L. — p. d.
= Sphondylium L. — p. d.
Imperatoria Ostruthium L. — ». d.
Laserpitium gallicum L. — p. d.
— hispidum Biebrst. — p, d.
— Nestleri Soyer- Willem.
-— latifolium L. — ». d.
= pruthenicum L. — p. d.
— Siler L. — p.d.
Levisticum offieinale Koch — p.d.
Ligusticeum alatum Spr. — p. d.
— seotieum L. — p. d.
— Seguieri Koch — p. d.
Lophosciadium meifolium DC. — p. d.
Meum athamanticum Jaceqg. — p. d.
— Mutellina Gaertn. — p. d.
Molopospermum cieutarium DU. — p. d.
Myrrhis odorata Scop. — p. d.
360 Index Seminarii Horti Botaniei Hamburgensis 1910.
Oenanthe cerocata L. — p. d.
— fisttulosa L. — p. d.
— Phellandrium Lam. — b. d.
= pimpinelloides L. — p. d.
Oak hispidum @riseb. — p. d.
Pastinaca sativa L. — b. d.
Petroselinum sativum Hofm. — b. d.
Peucedanum coriaceum Rehb. — p. d.
— Ostruthium Koch. — p. d.
— ruthenicum M. BD. — a. d.
Pimpinella Anisum L. — a. d.
— magna L. — p. d.
— Saxifraga L. — P. d.
Sanieula europaea L. — p. d.
Seandix Balansae Reut. — p. d.
— brachycarpa @uss. — a dı.
— Peeten Veneris L. — a. d.
Seseli caespitosum Sibth. et Sm. — p.d.
— glaucum L. — ».d.
montanum L. — p. d.
Silaus Besseri DO. — p. d.
Siler triloebum Crantz — p. d.
Smyrnium perfoliatum L. — b. d.
Tommasinia verticillaris Bertol. — p. d.
Tordylium maximum L. — a. d.
Trochyscanthes nodiflorus All. — p. d.
Urticaceae.
Boehmeria nivea Ganudich.
Cannabis sativa L. — a. d.
Parietaria officinalis L. — p. d.
Urtica pilulifera L. — a. d.
Valerianaceae.
Valeriana exaltata Mikan. — p. d.
— offieinalis L. — p. d.
Valerianella olitoria Moench — a. d.
Verbenaceae.
Verbena biserrata H. B&E KR. — a...
— bracteosa Michx. — a. d.
— Drummondi Hort. — a. d.
— offieinalis L. — pP. d.
— urtieifolia Z. — p. d.
Violaceae.
Viola cognata Greene — p. d.
— cornuta L. — ». d.
— elatior Fr. — pP. d.
— odorata L. v. alba — p.d.
— pyrenaica Ram. — ». d.
— Riviniana >< canina.
— trieolor L. — 2. d.
— — maxima.
Desiderate werden bis zum 15. Februar 1911 erbeten.
HAMBURG, Dezember 1910.
Professor Dr. E. ZACHARIAS.
0. WIDMAIER, Garteninspektor.
©. MANSKOPF, OÖbergärtner.
Gedruckt bei Lüteke & Wulff, E. H. Senats Buchdruckern.
Dr. J. G. Fischer. Über einige afrikanische Reptilien,
hibien und Fische des Naturhistorischen Museums.
. und 3 Tafeln.
. Dr. A. Gerstäcker (Greifswald). Bestimmung
der von Dr. G.A. Fischer während seiner Reise nach
Prof. Dr, Pagenstecher. Die Vögel Südgeorgiens,
nach der Ausbeute der Deutschen Polarstation in
. 882 und 1883. 27 S. und 1 Tafel.
Prof. Dr.Pagenstecher. Die von Dr.G@. A. Fischer
_ auf der im Auftrage der Geographischen Gesellschaft
in Hamburg unternommenen Reise in das Massailand
‚gesammelten Säugetiere. 18 S. und 1 Tafel.
Prof. Dr. Pagenstecher. Megaloglossus Woermanni,
_ eine neue Form makroglosser Fledermäuse. 7 S.
_ und 1 Tafel.
Dr.J.G. Fischer. Ichthyologische und herpetologische
Bemerkungen. 75 S. und 4 Tafeln.
of.Dr.EduardvonMartens (Berlin)undDr.Georg
Pfeffer. Die Mollusken von Südgeorgien, nach der
_ Ausbeute der Deutschen Station 1882 und 1883. 73 8.
und 4 Tafeln.
Dr. L. Prochownik. Messungen an Südseeskeletten
mit besonderer Berücksichtigung des Beckens. 40 S.
und 4 Tafeln.
Dr. Georg Pfeffer. Die Krebse von Südgeorgien,
Dr. J. G. Fischer.
525. und 4 Tafeln.
Dr. W. Michaelsen.
Herpetologische Mitteilungen.
Die Oligochaeten von Süd-
von 1882—83. 21 S. und 2 Tafeln.
Dr. W. Michaelsen. Oligochaeten des Naturhistori-
: schen Museums in Hamburg. I. 17 S. und 1 Tafel.
Dr.GeorgPfeffer. Übersicht der vonHerrn Dr. Franz
Stuhlmann in Ägypten, aufSansibar und dem gegen-
- überliegenden Festlande gesammelten Reptilien, Am-
_phibien, Fische, Mollusken und Krebse. 36 S.
Dr.&eorgPfeffer. Zur Fauna von Südgeorgien. 198.
Dr. W. Michaelsen. Oligochaeten des Naturhistori-
_ schen Museums in Hamburg. II. 138. und 1 Tafel.
' Dr.W.Michaelsen. Die Gephyreen von Südgeorgien,
nach der Ausbeute der Deutschen Station von 1882—83.
_13 S. und 1 Farbentafgl.
Dr. A. Voigt. Lokalisierung des ätherischen Öles in
den Geweben der Alliumarten. 13 S.
I. Jahrgang.
II. Jahrgang.
III. Jahrgang.
IV. Jahrgang.
V. Jahrgang.
georgien, nach der Ausbeute der Deutschen Station
VI. Jahrgang.
Erste Hälfte.
Die bisher erschienenen Hefte des Jahrbuches der Hamburgischen Wissenschaftlichen
Anstalten enthalten außer den Jahresberichten folgende Arbeiten:
1883.
Dr.E.Rautenberg. Bericht über ein Hügelgrab bei
Wandsbek-Tonndorf. 13 S. und 2 Tafeln.
Prof. Dr. R. Sadebeck. Untersuchungen über die
Pilzgattung Exoascus und die durch dieselbe um
Hamburg hervorgerufenen Baumkrankheiten. 34 S.
und 4 Tafeln.
1884.
Dr. F.Karsch. Verzeichnis der von Dr. G. A. Fischer
auf der im Auftrage der Geographischen Gesellschaft
in Hamburg unternommenen Reise in das Massailand
len Myriopoden und Arachnoiden. 9S. und
1 Tafel.
Prof. Dr. Th. Studer (Bern). Die Seesterne Süd-
georgiens nach der Ausbeute der Deutschen Polar-
station in 1882 und 1883. 26S. und 2 Tafeln.
Dr.E.Rautenberg. Ein Urnenfriedhof in Altenwalde.,
25 S. mit 16 Abbildungen und 1 Tafel.
1885.
Dr. Georg Pfeffer. Mollusken, Krebse und Echino-
dermen von Cumberland-Sund, nach der Ausbeute
der Deutschen Nordpol-Expedition 1882 und 1883. 28 S.
und 1 Tafel.
Dr. GeorgPfeffer. Neue Pennatuliden des Hamburger
Naturhistorischen Museums. 11 S.
Dr. E. Rautenberg. Neue Funde vor Altenwalde,
8 S. und 1 Tafel.
Dr. E.Rautenberg. Über Urmenhügel mit La-Tene-
Geräten an der Elbmündung. 308. mit5 Abb. u.3 Tafeln.
1856.
nach der Ausbeute der Deutschen Station 1882—83.
110 S. und 7 Tafeln.
Dr. E. Rautenberg. Römische und germanische
Altertümer aus dem Amte Ritzebüttel und aus Alten-
walde. 14 S. und 2 Tafeln.
1887.
Dr. Georg Pfeffer. Die Krebse von Südgeorgien,
nach der Ausbeute der Deutschen Station 1882—83.
2. Teil. Die Amphipoden. 68 S. und 3 Tafeln.
1858.
C.W. Lüders. Der große Goldfund in Chiriqui im
Jahre 1859. 7 S. und 6 Tafeln.
Zweite Hälfte.
Dr.C. Brick. Beitrag zur Kenntnis und Unterscheidung
einig@r Rothölzer, insbesondere derjenigen von Bahia
nitida Afz., Pterocarpus santalinoides l’Her. und
Pt. santalinus L. f. 9 8. :
Dr. Johannes Classen. Beobachtungen über die
spezifische Wärme des flüssigen Schwefels. 28 S.
und 2 Tafeln. :
Dr. C. @ottsche. Kreide und Tertiär bei Hemmoor in
«Nordhannoyer. 12 S. h
G. Gercke. Vorläufige Nachricht über die Fliegen
Südgeorgiens, nach der Ausbeute der Deutschen
Station 1882—83. 2 8.
VII. Jahrgang.
Ts. W. Michaelsen. Die Lumbrieiden Norddeutsch-
lands. 19 S.
Dr. W. Michaelsen. Beschreibung der von Herrn
Dr. Franz Stuhlmann im Mündungsgebiet des
Sambesi gesammelten Terricolen. Anhang: 1. Diagno-
stizierung einiger Terricolen aus Sansibar und dem
gesenüberliegenden Festlande. 2. Chylustaschen bei
Eudriliden. 30 S. und 4 Tafeln.
Dr. W. Michaelsen. ÖOligochaeten des Naturhistori-
sehen Museums in Hamburg. II. 12 8.
Dr. Georg Pfeffer. Die Fauna der Insel Jeretik, Port
Wladimir, ander Murmanküste. Nach den Sammlungen
VII. Jahrgangs.
Dr. Johannes Petersen. Beiträge zur Petrographie
von Sulphur Island, Peel Island, Hachijo und Mija-
keshima. 588. mit4 Abbildungen im Text und 2 Tafeln.
Prof.Dr.R.Sadebeck. Kritische Untersuchungen über
die durch Taphrinaarten hervorgebrachten Baum-
krankheiten. 37 S. mit 5 Tafeln Abbildungen.
Dr. O0. Burchard. Beiträge und Berichtigungen zur
Laubmoosflora der Umgegend von Hamburg. 25 8.
Dr.C.Apstein, Kiel. Zoologisches Institut. Die Alcio-
piden des Naturhistorischen Museums in Hamburg.
19 S. mit 1 Tafel.
Prof. Dr. K. Kraepelin. Revision der Skorpione.
I. Die Familie der Androctonidae. 144 S. mit 2 Tafeln.
IX. Jahrgang.
1889.
des Herrn Kapitän Horn. 1. Teil: Die Reptilien,
Amphibien, Fische, Mollusken, Brachiopoden, Krebse,
Pantopoden und Echinodermen. Nebst einer anhäng-
lichen Bemerkung über die Insekten. 34 S.
Dr. Georg Pfeffer. Die Bezeichnungen für die höheren
systematischen Kategorien in der Zoologie. 10 S.
Dr. Georg Pfetfer. Die Windungsverhältnisse der
Schale von Planorbis. 16 S. und 1 Tafel.
Dr. GeorgPfeffer. Über einen Dimorphismus bei den
Weibchen der Portuniden. 8 S. und 2 Tafeln.
1890.
Dr. F.W. Klatt. Die von Dr. Fr. Stuhlmann und
Dr. Fischer in Ostafrika gesammelten Kompositen
und Irideen. 4 S.
B. Walter. Eine charakteristische Absorptions-
erscheinung des Diamanten. 5 S. mit 1 Tafel.
B. Walter. Über das a-Monobromnaphthalin. 28.
Dr. W. Miechaelsen. Oligochaeten des Naturhistori-
schen Museums in Hamburg. IV. 42S. und 1 Tafel.
Dr. JohannesPetersen. DerBoninit von Peel Island.
Nachtrag zu den Beiträgen zur Petrographie von
Sulphur Island usw. 9 S.
Dr. F. Wibel. Beiträge zur Geschichte, Etymologie und
Technik des Wismuts und der Wismutmalerei. 25 8.
1891.
Erste Hälfte.
Dr. W. Michaelsen. Beschreibung der von Herrn
Dr. Fr. Stuhlmann auf Sansibar und dem gegen-
überliegenden Festlande gesammelten Terricolen.
Anhang: I. Übersicht über die Teleudrilinen. II. Die
Terricolenfauna Afrikas. 72 S. mit 4 Tafeln Ab-
bildungen.
Prof. Dr. Th. Noack in Braunschweig.
Kenntnis der Säugetierfauna von Ostafrika.
mit 2 Tafeln Abbildungen.
Dr. Heinr. Lenzin Lübeck. Spinnen von Madagaskar
und Nossibe. 22 S. mit 2 Tafeln Abbildungen.
Prof. Dr. A. Gerstäcker. Die von Herrn Dr. Fr.
Stuhlmann in Ostafrika gesammelten Termiten,
Beiträge zur
88 8.
Dr. Cäsar Sehäffer. DieCollembolen von Südgeorgien
nach der Ausbeute der Deutschen Station von 1882/83.
9 S. mit 1 Tafel Abbildungen.
Prof. Dr. R. Sadebeck. Die tropischen Nutzpflanzen
Ostafrikas, ihre Anzucht und ihr ev. Plantagen-
betrieb. Eine orientierende Mitteilung über einige
Aufgaben und Arbeiten des Hamburgischen Bota-
nischen Museums und Laboratoriums für Waren-
kunde. 268. .
C.W.Lüders. Uber Wurfwaffen. 15 S. mit 15 Tafeln
Abbildungen.
Dr. B. Walter. I. Über die lichtverzögernde Kraft
gelöster Salzmoleküle. II. Ein Verfahren zur ge-
naueren Bestimmung von Brechungsexponenten. 358.
1891.
Odonaten und Neuropteren. 9 8.
IX. Jahrgang.
Zweite Hälfte.
Dr. G@. Mielke. Anatomische und physiologische
Beobachtungen an den Blättern einiger Eukalyptus-
arten. 27 S. mit 1 Tafel Abbildungen.
Dr. W. Michaelsen. Beschreibung der von Herrn
Dr. Fr. Stuhlmann am Victoria Nyanza ge-
sammelten Terricolen. 14S. mit 1 Tafel Abbildungen.
Dr. A. Gerstäcker. Bestimmung der von Herrn
Dr. Fr. Stuhlmann in Ostafrika gesammelten
Hemiptera. 16 S.
Dr. v. Linstow in Göttingen. Helminthen von Süd-
georgien. Nach der Ausbeute der Deutschen Station
von 1882—83. 19 S. mit 3 Tafeln Abbildungen.
Dr. W. Fischer in Bergedorf. Übersicht der von
Herrn Dr. Fr. Stuhlmann auf Sansibar und an
X. Jahrgang.
der gegenüberliegenden Festlandsküste gesammelten
Gephyreen. 11 S. mit 1 Tafel.
Dr. W. Michaelsen. Polychaeten von Ceylon. 238.
mit 1 Tafel Abbildungen.
Dr. F. W. Klatt. Die von Frau Amalia Dietrich
für das frühere Museum Godeffroy in Westaustralien
gesammelten Kompositen. 3 S
Dr. F. W. Klatt. Die von Herrn Dr. Fischer 1884
und Herrn Dr. Fr. Stuhlmann 1883'89 in Ostafrika
gesammelten Gräser. 4 S.
Dr. F. W. Klatt. Die von Herm E. Uhle in Estado
de Sta. Catharina (Brasilien) gesammelten Kom- ,
positen. 5 S.
1892.
Erste Hälfte.
Mitteilungen aus Jem Naturhistorischen Museum.
1. Dr. W. Fischer in Bergedorf. Weitere Beiträge
zur Anatomie und Histologie des Sipuneulus indieus
Peters. 12 S. mit1 Tafel. 2. F.Koenikein Bremen.
Die von Herrn Dr. F. Stuhlmann in Ostafrika
gesammelten Hydrachniden des Hamburger Natur-
Beiheft in 4° mit 1 Karte, 2 Textfiguren und 7 Tafeln: A. Voller.
historischen Museums. 55 S. mit3 Tafeln. 3. Dr. Georg
Pfeffer. Ostafrikanische Reptilien und Amphibien,
gesammelt von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann im Jahre
1853 und 1889. 37 S. mit 2 Tafeln Abbildungen.
4. Dr. Anton Reichenow. Die von Herrn Dr. Fr.
Stuhlmann in Ostafrika gesammelten Vögel. 275.
Das Grundwasser in Hamburg. 1. Heft.
Ba a du ce a ne u dan
2
*
8
#
x
£ X. Jahrgang. 1892,
Zweite Hälfte.
A. Mitteilungen aus dem Botanischen Museum. 1. Prof. Stuhlmann in Ostafrika gesammelt. 13 S. mit
— Dr.R.Sadedeck. Die parasitischen Exoasceen. Eine 1 Tafel. 3. Dr. Gustav Mayr. Formiciden, von Herın
Monographie. 110 S. mit 3 Doppeltafeln. 2. Dr. C. Dr. Fr. Stuhlmann in Ostafrika gesammelt. 9 S.
— Brick. Über Nectria einnabarina (Tode) Fr. 14 S. 4. V.v.Röder, Hoym in Anhalt. Dipteren, von Herrn
8. Dr.F. W. Klatt. Berichtigungen zu einigen von Dr. Fr. Stuhlmann in Ostafrika gesammelt. 4 S.
€.G. Pringle in Mexiko gesammelten Kompo- 5. Dr. Arnold Pagenstecherin Wiesbaden. Lepi-
siten. 4 S. dopteren, gesammeltinOstafrika1888/89von Dr.Franz
_ B. Mitteilungen aus dem Naturhistorischen Museum. Stuhlmann. 568. 6. Dr. Alexander Tornquist
1. Dr. Georg Pfeffer. Ostafrikanische Fische, in Straßburg. Fragmente einer Oxfordfauna von Mtaru
gesammelt von Herrn Dr. F. Stuhlmann im Jahre in Deutsch-Ostafrika nach dem von Dr. Stuhlmann
1888 und 1889. 49 S. mit 3 Tafeln. 2. Franz Friedr. gesammelten Material. 26 S. mit 3 Tafeln.
Kohl in Wien. Hymenopteren, von Herrn Dr. Fr.
C. Prof. Dr. Adolf Wohlwill. Hamburg während der Pestjahre 1712—1714. 118 S.
XI. Jahrgang. 1893.
2 A. Dr.J.J.Reincke. Die Cholera in Hamburg und ihre Lueia Cozumahualpa (Guatemala) im Museum für
_ Beziehungen zum Wasser. 102 S. mit 5 Abbildungen Völkerkunde. 18 S. mit 4 Tafeln.
im Text und 7 Tafeln. C. Mitteilung aus dem Chemischen Staats-Laboratorium.
B. Mitteilung aus dem Museum für Völkerkunde. M.DennstedtundC. Ahrens. Über das Hamburger
- Hermann Strebel. Die Steinskulpturen von Santa Leuchtgas. 33 S.
Beiheft in 8° mit3 Tafeln: K.Kraepelin. Revision der Skorpione. II. Scorpionidae und Bothriuridae;
Beiheft in 4° mit 3 Tafeln: A. Voller. Das Grundwasser in Hamburg. 2. Heft.
XH. Jahrgang. 1894.
_ A. Mitteilungen der Sternwarte. 1. Prof. G. Rümker. leitungen bei Berührung mit elektrischen Straßen-
Positionsbestimmungen von Nebelflecken und Stern- bahnleitungen. 12 S.
haufen. Ausgeführt auf der Hamburger Sternwartein | C. Mitteilung aus dem Chemischen Staats-Laboratorium.
den Jahren 1871—1880. 628. 2. Dr. CarlSteehert. _ M. Dennstedt und C. Ahrens. Wie ist das Ver-
- Bahnbestimmung des Planeten (258) Tyche. 41 S. | hältnis der schwefligen zur Schwefelsäure in den
B. Mitteilungen aus dem Physikalischen Staats-Labora- Verbrennungsprodukten des Leuchtgases? 11S. mit
torium. 1. A. Voller. Photographische Registrierung 1 Tafel.
von Störungen magnetischer und elektrischer Meß- D. Dr. Emil Wohlwill: Galilei betreffende Hand-
instrumente durch elektrische Straßenbahnströme und schriften der Hamburger Stadtbibliothek. 77 S.
deren Verhütung. Mit 1 Planskizze und 2Kurventafeln. E. Dr.KarlHagen. Holsteinische Hängegefäßfunde der
13S. 2. A. Voller. Versuche über die Schutzwirkung Sammlung vorgeschichtlicher Altertümer zuHamburg.
von Holzleisten und Stanniolsicherungen gegen den 18S. mit 6 Abbildungen im Text und 4 Tafeln.
Eintritt hochgespannter Ströme in Schwachstrom- |
Beiheft in 8°, enthaltend:
1. Dr. V. Vävra: Die von Herın Dr. F. Stuhlmann gesammelten Süßwasser-Ostracoden
Sansibars. Mit 52 Abbildungen im Text. 2.W.Bösenberg und Dr. H. Lenz: Ostafrikanische
Spinnen, gesammelt von Herrn Dr. F.Stuhlmann in den Jahren 1888 und 1889. Mit 2 Tafeln.
3. Professor Dr. P. Kramer: Über zwei von Herrn Dr. F.Stuhlmann in Ostafrika gesammelte
} Gamasiden. Mit 1 Tafel. 4. A.D. Michael: Über die auf Südgeorgien von der deutschen
Station 1882—83 gesammelten Oribatiden. Mit 1Abbildung im Text. 5. Prof. Dr.K.Kraepelin:
Nachtrag zu Teil I der Revision der Skorpione. 6. Prof. Dr. R. Latzel: Myriopoden aus
der Umgebung Hamburgs. Mit 2 Abbildungen im Text. 7. Prof. Dr. R. Latzel: Beiträge
zur Kenntnis der Myriopcedenfauna von Madeira, den Selvages und den Kanarischen Inseln.
Mit 5 Abbildungen im Text. 8. S. A. Poppe und A. Mräzek, Entomostraken des Natur-
historischen Museums in Hamburg: 1. Die von Herrn Dr. F.Stuhlmann auf Sansibar und dem
gegenüberliegenden Festlande gesammelten Süßwasser-Kopepoden. Mit 2 Tafeln. 2. Ento-
mostraken von Südgeorgien. Mit 1 Tafel. 3. Die von Herrn Dr. H. Driesch auf Ceylon
gesammelten Süßwasser-Entomostraken. Mit 1 Tafel.
Beiheft in 4° mit 9 Tafeln: A. Voller. Das Grundwasser in Hamburg. 3. Heft.
XII. Jahrgang. 1895.
A. Prof. Dr. Adolf Wohlwill: Zur Geschichte des
Gottorper Vergleichs vom 27. Mai 1768. 42 S.
B. Mitteilung aus dem Museum für Kunst und Gewerbe.
Dr. Justus Brinekmann. Beiträge zur Geschichte
der Töpferkunst in Deutschland (1. Königsberg in
Preußen, 2. Durlach in Baden). 35 S.
Beiheft in 8°, enthaltend Mitteilungen aus dem Naturhistorischen Museum:
1. Prof. Dr. C. Chun: Beiträge zur Kenntnis ostafrikanischer Medusen und Siphonophoren
nach den Sammlungen Dr. Stuhlmanns. Mit 3 Abbildungen im Text und 1 Tafel. 2. Dr. Graf
Attems: Beschreibung der von Dr. Stuhlmann in Ostafrika gesammelten Myriopoden. Mit
1 Tafel. 3. Dr. @. Pfeffer: Ostafrikanische Echiniden, Asteriden und Ophiuriden, gesammelt
von Herm Dr. F. Stuhlmann im Jahre 1888 und 1889. 4. Prof. Dr. K. Lampert: Die von
Dr. Stuhlmann in den Jahren 1888 und 1889 an der Ostküste Afrikas gesammelten Holothurien.
Mit 4 Abbildungen im Text. 5. Dr. deMan: Über neue und wenig bekannte Brachyuren des
Hamburger und Pariser Museums. Mit 3 Tafeln. 6. Prof. Dr. K. Kraepelin: Neue und wenig
bekannte Skorpione. Mit 1 Tafel. 7. Dr. C. Schäffer: Die Collembola der Umgebung von
Hamburg und henachbarter Gebiete. Mit 4 Tafeln. 8. Prof. Dr. K. Kraepelin: Phalangide”
aus der Umgebung Hamburgs.
Beiheft in 4® mit 6 Tafeln: A. Voller. Das Grundwasser in Hamburg. 4. left.
C. Mitteilung aus dem Physikalischen Staats-Labora-
torium. A. Voller. Mitteilungen über einige im
Physikalischen Staats-Laboratorium ausgeführte Ver-
suche mit Röntgenstrahlen. 17 S. mit 7 Tafeln.
a
XIV. Jahrgang. 1896.
A. Mitteilung aus der Stadtbibliothek. Prof. Dr. F. B. Mitteilung aus dem Museum für Kunst und Gewerbe.
Eyssenhardt. Die spanischen Handschriften der Prof. Dr. Justus Brinekmann. Kenzan, Beiträge
Stadtbib
1
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PR
othek. 21 S. zur Geschichte der japanischen Töpferkunst. 61 8.
Beiheft in 4° mit 5 Tafeln: A. Voller. Das Grundwasser in Hamburg. 5. Helft.
Beiheft in 8°, Mitteilungen aus dem Naturhistorischen Museum, enthaltend: 1. Dr. W. Michaelsen:
Neue und wenig bekannte afrikanische Terricolen. Mit 1 Tafel. 2. H.J. Kolbe: Uber die von Herrn
Dr. F. Stuhlmann in Deutsch-Ostafrika und Mosambik während der Jahre 1888 bis 1890 gesammelten
Coleopteren. Mit 1 Tafel. 3. Prof. E. Ehlers: Ostafrikanische Polychaeten, gesammelt von Herrn
Dr. F.Stuhlmann 1888 und 1889. 4. Prof. E. v. Martens: Ostafrikanische Mollusken, gesammelt
von Herrn Dr. F. Stuhlmann 1883 und 1889. 5. Dr. W. Michaelsen: Land- und Süßwasserasseln
aus der Umgebung Hamburgs. 6. W. Bösenberg: Die echten Spinnen der Umgebung Hamburgs.
7. Dr. W. Michaelsen: Die Terricolenfauna Ceylons. Mit 1 Tafel. 8. Dr. Georg Pfeifer: Zur
Kenntnis der Gattung Palinurus Fabr.
. Beiheft in 8°, Mitteilungen aus dem Botanischen Museum, enthaltend: 1. R. Sadebeck: Filices
Camerunianae Dinklageanae. 2. R.Sadebeck: Die wichtigeren Nutzpflanzen und deren Erzeugnisse
aus den deutschen Kolonien.
. Beiheft in 8°, Mitteilungen der Sternwarte, Nr.3: R. Schorr. Bemerkungen und Berichtigungen
zu Carl Rümkers Hamburger Sternkatalogen ı836.0 und 1850.0.
. Beiheftin 8°: Adolf Wohlwill. Aus drei Jahrhunderten der Hamburgischen Geschichte (1648—1888).
XV. Jahrgang. 1897.
A. Mitteilung aus dem Chemischen Staats-Laboratorium. 6. Mitteilung aus dem Botanischen Museum. Hans
M. Dennstedt und M. Schöpff. Einiges über die Hallier. ZweiConvolvulaceensammlungen des Bota-
Anwendung der Photographie zur Entdeckung von nischen Museums zu Hamburg. 88
Urkundenfälschungen. Mit 5 Tafeln. 23 S.
B. Mitteilung aus dem Physikalischen Staats-Labora-
torium. Johannes Classen. Die Prinzipien der
Mechanik bei Boltzmann und Hertz. 13 S.
1. Beiheft in 4° mit 5 Tafeln: A. Voller. Das Grundwasser in Hamburg. 6. Heft.
2. Beiheft in 8°, Mitteilungen aus dem Naturhistorischen Museum, enthaltend: 1. Walther May (Jena):
Die von Dr. Stuhlmann im Jahre 1889 gesammelten ostafrikanischen Aleyonaceen des Hamburger
Museums. 2. Karl Kraepelin: Neue Pedipalpen und Skorpione des Hamburger Museums. Mit
1 Abbildung im Text. 3. Hermann Bolau: Die Typen der Vogelsammlung des Naturhistorischen
Museums zu Hamburg. 4. Ludwig Sorhagen: Wittmaacks „Biologische Sammlung europäischer
Lepidopteren“ im Naturhistorischen Museum zu Hamburg. Beschreibung einiger noch nicht oder nur
ungenügend bekannter Raupen. 5. Dr. W. Weltner (Berlin): Ostafrikanische Süßwasserschwämme,
gesammelt von Herrn Dr. F. Stuhlmann 1888 und 1889. Mit 1 Tafel und 1 Abbildung im Text.
6. Dr. W. Weltner (Berlin): Ostafrikanische Cladoceren, gesammelt von Herrn Dr. Stuhlmann
1888 und 1889. Mit 2 Abbildungen. 7. Dr. M.v. Brunn: Parthenogenese bei Phasmiden, beobachtet
durch einen liberseeischen Kaufmann. 8. Dr. W. Michaelsen: Über eine neue Gattung und vier
neue Arten der Unterfamilie Benhamini.
. Beiheft in 8°, Mitteilungen der Sternwarte, Nr. 4: W. Luther: Katalog von 636 Sternen nach
Beobachtungen am Meridiankreise der Hamburger Sternwarte.
XVI. Jahrgang. 1898.
Mitteilung aus dem Museum für Kunst und Gewerbe. Dr. Gustav Brandt. Ein Mangelbrett des Hans Gudewerdt
im Hamburgischen Museum für Kunst und Gewerbe. Mit 3 Abbildungen im Text. 15 S.
1. Beiheft in 4° mit 5 Tafeln: A. Voller. Das Grundwasser m Hamburg. 7. Heft.
2. Beiheft in 8°, Mitteilungen aus dem Naturhistorischen Museum, enthaltend: 1. Dr. W. Michaelsen:
Terricolen von verschiedenen Gebieten der Erde. Mit 22 Abbildungen im Text. 2. Dr. L. Reh: Unter-
suchungen an amerikanischen Obstschildläusen. 3. Dr. W.May: Über das Ventralschild der Diaspinen.
4. Dr. W. May: Über die Larven einiger Aspidiotusarten. 5. Gustav Breddin: Hemiptera Insulae
Lombok in Museo Hamburgensi asservata adiectis speciebus nonnullis, quas continet colleetio auctoris.
6. Karl Kraepelin: Zur Systematik der Solifugen. Mit 2 Tafeln.
. Beiheft in 8°, Mitteilungen aus dem Botanischen Museum, enthaltend: 1. Dr. Hans Hallier:
Dipteropeltis, eine neue Poraneengattung aus Kamerun. Mit 1 Tafel. 2. Dr. Hans Hallier: Sycadenia,
eine neue Sektion der Argyreieengattung Rivea. 3. Dr. Hans Hallier: Zur Convolvulaceenflora
Amerikas. 4. Dr. Hans Hallier: Uber Bombycospermum Presl, eine Dieotylengattung von bisher
noch zweifelhafter Stellung. 5. Dr. C. Brick: Das amerikanische Obst und seine Parasiten.
6. Dr. A. Voigt: Friedrich Wilhelm Klatt. Mit 1 Bildnis.
. Beiheft in 8°, Mitteilungen der Sternwarte, Nr. 5: R. Sehorr: Bemerkungen und Berichtigungen
zu Carl Rümkers Hamburger Sternkatalogen ı336.0 und ı850.0. Zweite Serie.
XVI. Jahrgang. 1899.
Mitteilung aus dem Museum für Völkerkunde Dr. Karl Hagen, Assistent am Museum für Völkerkunde.
Altertümer von Benin im Museum für Völkerkunde zu Hamburg. Mit 19 Figuren auf 5 Tafeln. Teil I.
1%
92
2
Beiheft in 4° mit 5 Tafeln: A. Voller. Das Grundwasser in Hamburg. 8. Heft.
Beiheft in 8°, Mitteilungen aus dem Naturhistorischen Museum, enthaltend: 1. Dr. W. Michaelsen:
Eine neue Eminoscolexart von Hoch-Sennaar. 2. M. Pic (Digoin): Neue Coleopteren des Hamburger
Museums. 3. Sigm. Schenkling (Hamburg): Neue Cleriden des Hamburger Museums. 4. Dr. Oskar
Carlgren: Ostafrikanische Actinien, gesammelt von Herm Dr. F. Stuhlmann 1898 und 1899. Mit
7 Tafeln und 1 Textfigur. 5. Prof. Dr. G. Pfeffer: Synopsis der oegopsiden Cephalopoden.
. Beiheft in 8°, Mitteilungen aus dem Botanischen Museum, enthaltend: 1. H. Meerwarth: Die Rand-
struktur des letzten Hinterleibssegments von Aspidiotus pernieiosus Comst. Mit 1 Tafel und 5 Ab-
bildungen im Text. 2. Dr. Hans Hallier: Über Kautschuklianen und andere Apocyneen nebst
Bemerkungen über Hevea und einem Versuch zur Lösung der Nomenklaturfrage. Mit 4 Tafeln.
3. Dr. ©. Briek: Ergänzungen zu meiner Abhandlung über „Das amerikanische Obst und seine
Parasiten“. 4. Dr. L. Reh: Zuchtergebnisse mit Aspidiotus pernieiosus Comst. Mit 1 Abbildung im
Text. 5. Dr.L. Reh: Über Aspidiotus ostraeformis Curt. und verwandte Formen. Mit 1 Abbildung
im Text. 6. Dr. L. Reh: Die Beweglichkeit von Schildlauslarven. Mit 2 Abbildungen im Text.
7. Dr. J. Kochs: Beiträge zur Einwirkung der Schildläuse auf das Pflanzengewebe.
. Beiheft in 8°, Mitteilungen der Sternwarte, Nr. 6: R. Schorr und A. Scheller: Beobachtungen
der Zone 80 bis 81° nördlicher Deklination.
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XVIM. Jahrgang. 1900.
EA. Mitteilung” aus dem Physikalischen Staats-Labora- B. Mitteilung aus der Stadtbibliothek. F.Eyssenhardt.
— torinm. Johannes Classen. Die Anwendung der Die italienischen Handschriften der Stadtbibliothek
Mechanik auf Vorgänge des Lebens. 18 S. 32 S.
1. Beiheft in 4° mit 5 Tafeln: A. Voller. Das Grundwasser in Hamburg. 9, Heft.
2. Beiheft in 8°, Mitteilungen aus dem Naturhistorischen Museum, enthaltend:1. Hermann Meerwarth:
u Die westindischen Reptilien und Batrachier des Naturhistorischen Museums in Hamburg. Mit 2 Tafeln.
2. Prof. Dr. Aug. Forel: Formiciden des Naturhistorischen Museums in Hamburg. Neue Calypto-
e myrmex-, Dacryon-, Podomyrma- und Echinopla-Arten. 3. Dr. Carl Graf Attems: Nene Polydesmiden
FE des Hamburger Museums. Mit 3 Tafeln. 4. Dr. Carl Graf Attems: Neue, durch den Schiffsverkehr
in Hamburg eingeschleppte Myriopoden. Mit1 Tafel. 5. Dr. Emilvon Marenzeller: Ostafvrikanische
Steinkorallen, gesammelt von Dr. Stuhlmann 1888 und 1889. Mit 1 Tafel. 6. Richard Volk: Die
bei der hamburgischen Elb-Untersuchung angewandten Methoden zur quantitativen Ermittelung des
Planktons. Mit 3 Tafeln und 12 Textfiguren. 7. Prof. Dr. Karl Kraepelin: Über die durch den
Schiffsverkehr in Hamburg eingeschleppten Tiere. 8. Dr. M.v. Brunn: ÖOstafrikanische Orthopteren,
gesammelt von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann 1888 und 1889,
3. Beiheft in 8°, Mitteilungen aus dem Botanischen Museum, enthaltend: 1.R. Sadebeck, Direktor des
Botanischen Museums und des Laboratoriums für Warenkunde: Der Raphiabast. Mit 2 Tafeln und
4 Abbildungen im Text. 2. Dr. E.Heinsen, Hamburg: Beobachtungen über den neuen Getreidepilz
Rhynchosporium graminicola. Mit 4 Tafeln. 3. G. B. King und Dr. L. Reh: Über einige europäische
5 und an eingeführten Pflanzen gesammelte Lecanien.
XIX. Jahrgang. 1901.
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1. Beiheft in 4° mit 5 Tafeln: A. Voller. Das Grundwasser in Hamburg. 10. Heft.
2. Beiheft in 8°, Mitteilungen aus dem Naturhistorischen Museum, enthaltend: 1. Dr. W.Michaelsen:
Neue Oligochaeten und neue Fundorte altbekannter. Mit 1 Tafel. 2. Ch. Kerremans (Brüsse)):
Neue oder wenig bekannte Buprestiden des Naturhistorischen Museums zu Hamburg. 3. Hamburgische
Elb-Untersuchung: I. Riehard Volk: Allgemeines über die biologischen Verhältnisse der Elbe bei
Hamburg und über die Einwirkung der Sielwässer auf die Organismen des Stromes. Mit 6 Tafeln und
1 Karte. II. Herm. Müller (Harburg): Hydrachniden. IIl. Prof. Dr. G. W. Müller (Greifswald):
Ostracoden. Mit 7 Abbildungen im Text. IV. Dr. W. Michaelsen: Oligochaeten. Mit 1 Tafel.
3. Beiheft in 8°, Mitteilungen aus dem Botanischen Museum, enthaltend: 1. Dr. Hans Hallier: Beiträge
zur Morphogenie der Sporophylle und des Tropophylis in Beziehung zur Phylogenie der Kormophyten.
Mit 1 Tafel. 2. Dr. L. Reh: Phytopathologische Beobachtungen mit besonderer Berücksichtigung
der Vierlande bei Hamburg. Mit Beiträgen zur Hamburger Fauna. Mit 1 Karte.
4. Beiheft in 8°, Mitteilungen der Sternwarte, Nr. 7: R. Schorr und A. Scheller: Katalog
von 344 Sternen zwischen 79° 50’ und 81° ı0° nördlicher Deklination für das Äquinoktium 1900.
5. Sonderbeiheft in 8°: Shinkichi Hara und Justus Brinckmann. Die Meister der japanischen
Schwertzieraten. Mit 29 Abbildungen.
XX. Jahrgang. 1902.
Mitteilung aus dem Physikalischen Staats-Laboratorium, Dr. B. Walter. Über die Entstehungsweise des Blitzes.
Mit 5 Tafeln. 37 S.
1. Beiheft in 4° mit 4 Tafeln: A. Voller. Das Grundwasser in Hamburg. 11. Heft.
2. Beiheft in 8°, Mitteilungen aus dem Naturhistorischen Museum, enthaltend: 1. Karl Kraepelin:
Revision der Scolopendriden. Mit 160 Abbildungen im Text. 2. Hamburgische Elb- Untersuchung:
: V. Georg Ulmer: Trichopteren. Mit 2 Abbildungen im Text. VI. Dr. R. Timm: Copepoden.
3. Beilieft in 8°, Mitteilungen aus dem Botanischen Museum, enthaltend: H. Klebahn: Kultur versuche
mit Rostpilzen. XI. Bericht (1902). Mit 1 Abbildung im Text.
XXI. Jahrgang. 1903.
Mitteilung aus dem Physikalischen Staats-Laboratorium. W. Voege, Dr.-Ing. Untersuchungen über die Strahlungs
eigenschaften der neueren Glühlampen. Mit 4 Tafeln und 2 Abbildungen im Text. 34 S.
1. Beiheft in 4° mit 4 Tafeln: A. Voller. Das Grundwasser in Hamburg. 12. Heft. x
2. Beiheft in 8°, Mitteilungen aus dem Naturhistorischen Museum, enthaltend: 1. Dr. W.Michaelsen:
Revision der compositen Styeliden oder Polycoinen. Mit 2 Tafeln, 1 Abbildung im Text und 1 Karte.
2. Dr. W.Michaelsen: Über eine Trinephrus-Art von Ceylon. Mit 1 Abbildung im Text. 3. Dr. Georg
Duncker: Die Fische der malayischen Halbinsel]. Mit 2 Tafeln, 1 Kartenskizze und 1 Figur im Text.
3. Beiheft in 8°, Mitteilungen aus dem Botanischen Museum, enthaltend: 1. Dr. W. Heering: Dice
Baccharis-Arten des Hamburger Herbars. 2. E. Zacharias: Über die Cyanophyceen. Mit 1 Tafel.
XXI. Jahrgang. 1904.
A. Prof. Dr. Adolf Wohlwill: Hamburg im Todes- Souk-Ahras (Algerien) im August 1905. Erster Teil:
jahre Schillers. 63 S. Die Ausrüstung und der Verlauf der Expedition. Mit
B. Mitteilung aus derSternwarte. Prof. Dr.R.Schorr: 13 Tafeln und 8 Abbildungen im Text. 36.
Die Hamburgische Sonnenfinsternis-Expedition nach
1, 1. Beiheft in 4° mit 4 Tafeln: A. Voller. Das Grundwasser in Hamburg. 13. Heft.
2. Beiheft in 8°, Mitteilungen aus dem Naturhistorischen Museum, enthaltend: 1. A. Forel: Ameisen
aus Java. 2. J.C.C. Loman: Opilioniden aus Java. 3. Alb. Tullgren: Einige Chelonetiden aus
Java. Mit1 Tafel. 4. Eugen Simon: Arachnides de Java. Avec eing figures dans le texte. 5. Albert
Fauvel: Staphylinides de Java. 6. Georg Ulmer: Trichopteren aus Java. Mit 19 Abbildungen im
Text. 7. Fr. Klapälek: Plecopteren und Ephemeriden aus Java. Mit 1 Abbildung im Text. 8. Gustav
Breddin: Rhynchota heteroptera aus Java. Mit 23 Abbildungen im Text. 9. Rudolf von Ritter-
Zähony: Landplanarien aus Java und Ceylon. Mit 5 Abbildungen im Text und 2 Tafeln. 10. Gustav
Breddin: Versuch einer Rhynchotenfauna der malayischen Insel Banguey. 11. Hamburgische Ell-
Untersuchung: VII. R. Timm: Cladoceren. Mit 56 Originalzeichnungen im Text.
Sr
Mitteilung
Beiheft in 8°, Mitteilungen aus den Botanischen Staatsinstituten, enthaltend: 1. H. Klebahn: Über
die Botrytiskrankhest und die Sklerotienkrankheit der Tulpen, die Botrytiskrankheit der Maiblumen
und einige andere Botrytiskrankheiten. Mit 6 Abbildungen im Text. 2. H. Klebahn: Über eine
merkwürdige Mißbildung eines Hutpilzes. Mit 1 Tafel. 3. Dr. Hans Hallier (Hamburg). Mitglied
der internationalen Kommission für die botanische Nomenklatur: Neue Vorschläge zur botanischen
Nomenklatur. 4. P. Junge: Beiträge zur Kenntnis der Gefäßpflanzen Schleswig-Holsteins.
Beiheft in 8°, Mitteilungen der Hamburger Sternwarte, Nr. 8: K. Graff: Beiträge zur Untersuchung
des Lichtwechsels veränderlicher Sterne. Mit S Abbildungen im Text und 5 Tufeln.
. Sonderbeiheft in 8°: Die Schwertzieraten der Provinz Higo, bearbeitet nach dem japanischen Werke
Higo Kinkoroku des S. Nagaya von Gustav Jacoby. Mit 67 Abbildungen und einem Anhang: Die
Bezeichnungen der Higo-Meister.
XXIN. Jahrgang. 1905.
aus dem Physikalischen Staatslaboratorium. Johannes Classen: Über die Grenzen des Natur-
erkennens. Mit 1 Abbildung im Text. .
1. Beiheft in 4° mit 4 Tafeln: A. Voller. Das Grundwasser in Hamburg. 14. Heft.
2
a.
St
Beiheft in 8°, Mitteilungen aus dem Naturhistorischen Museum, enthaltend: 1. Hamburgische EIb-
Untersuchung: VIII. Richard Volk: Studien über die Einwirkung der Trockenperiode im Sommer
1904 auf die biologischen Verhältnisse der Elbe bei Hamburg. Mit einem Nachtrag über chemische
und planktologische Methoden. Mit 2 Tafeln und 1 Karte. 2: Dr. J. C. C. Loman (Amsterdam):
Ein neuer Opilionide des Hamburger Museums. Mit 3 Textfiguren. 3. F. Koenike-Bremen:
Hydrachniden aus Java. Gesammelt von Prof. K.Kraepelin 1904. Mit 2 Tafeln. 4. G. W. Müller
in Greifswald: Ostracoden aus Java. Gesammelt von Prof. K. Kraepelin. Mit 2 Abbildungen im
Text. 5. K. Kraepelin: Eine Süßwasserbryozo& (Plumatella) aus Java. Mit 3 Abbildungen im
Text. 6 Carl Börner: Das System der Collembolen nebst Beschreibung neuer Collembolen des
Hamburger Naturhistorischen Museums. Mit 4 Figuren im Text.
. Beiheft in 8°, Mitteilungen aus den Botanischen Staatsinstituten, enthaltend: 1. Leonhard Lin-
dinger: Die Schildlausgattung Leucaspis. Mit 7 Tafeln. 2. Dr. W. Heering: Die Süßwasser-
algen Schleswig-Holsteins und der angrenzenden Gebiete der Freien und Hansestädte Hamburg und
Lübeck und des Fürstentums Lübeck mit Berücksichtigung zahlreicher im Gebiete bisher nicht
beobachteten Gattungen und Arten. Unter Mitwirkung von Spezialforschern, insbesondere Professor
H Homefeld (Altona). 1. Teil: Einleitung. Heterokontae. Mit 43 Textfiguren.
. Beilieft in 8°, Mitteilungen aus dem Physikalischen Staatslaboratorium, enthaltend: 1. Chr. Jensen
und H. Sieveking: Anwendungen des Mikrophonprinzips. 2. Dr. Paul Perlewitz, wissen-
schaftlicher Hilfsarbeiter bei der Deutschen Seewarte: Registrierballonaufstiege in Hamburg vom
April 1905 bis März 1%6. Mit 5 Tafeln und 1 Abbildung im Text.
. Beiheft in 4°, Mitteilungen aus dem Museum für Völkerkunde, enthaltend: 1. G. Thilenius: Die
Bedeutung der Meeresströmungen für die Besiedelung Melanesiens. Mit 5 Abbildungen im Text.
2. Paul Hambruch: Die Anthropologie von Kaniöt. Mit 67 Abbildungen im Text und 5 Tafeln.
3. wu helm Müller: Beiträge zur Kraniologie der Neu-Britannier. Mit 1 Abbildung im Text und
2 Tafeln.
XXIV. Jahrgang. 1906.
. Beiheft in 4° mit 4 Tafeln: A. Voller. Das Grundwasser in Hamburg. 15. Heft.
. Beiheft in 8°, Mitteilungen aus dem Naturhistorischen Museum, enthaltend: 1. A. Forel (Yvorne,
Schweiz): Formiciden aus dem Naturhistorischen Museum in Hamburg. II. Teil. Neueingänge seit
190). 2. Alb. Tullgren, Experimentalfältet, Schweden: Zur Kenntnis außereuropäischer Chelo-
nethiden des Naturhistorischen Museums in Hamburg: Mit 5 Tafeln. 3. C. Attems: Javanische
Myriopoden, gesammelt von Direktor Dr. K. Kraepelin im Jahre 1903. Mit 42 Textfiguren und
> Tafeln. 4 W. Michaelsen (Hamburg): Neue Oligochäten von Vorder-Indien, Ceylon, Birma und
den Andaman-Inseln. Mit 30 schematischen Skizzen im Text. 5. W. Michaelsen: Zur Kenntnis
der deutschen Lumbrieidenfauna. Mit emer Abbildung im Text. 6. Hans Gebien, Hamburg:
Verzeichnis der im Naturhistorischen Museum zu Hamburg vorhandenen Typen von Coleopteren.
7. F. Silvestri, Portici: Neue und wenig bekannte Myriopoden des Naturhistorischen Museums
in Hamburg. (I. Teil.) Mit Sö Abbildungen im Text.
. Beiheft in 5° Mitteilungen aus den Botanischen -Staatsinstituten, enthaltend: 1. H. Klebahn:
Weitere Untersuchungen über die Sklerotienkrankheiten der Zwiebelpflanzen. Mit 11 Abbildungen
im Text. 2. Heinrich Timpe: Panaschierung und Transplantation. 3. Dr. W. Heering: Die
Süßwasseralgen Schleswig-Holsteins und der angrenzenden Gebiete der Freien und Hansestädte
Hamburg und Lübeck und des Fürstentums Lübeck mit Berücksichtigung zahlreicher im Gebiete
bisher nielrt beobachteten Gattungen und Arten. Unter Mitwirkung von Spezialforschern, insbesondere
ua: H. Homfeld (Altona). 2. Teil: Chlorophyceae (Allgemeines. — Siphonales). Mit 57 Text-
guren.
Beiheft in 8°, Mitteilungen der Hamburger Sternwarte, Nr. 9: R. Schorr: Tafel der Reduktions-
Konstanten zur Berechnung scheinbarer Sternörter für die Jahre 1830 bis 196).
. Beiheft in S®, Mitteilungen der Hamburger Sternwarte, Nr. 1l: K. Graff: Untersuchung des Licht-
wechsels einiger veränderlicher Sterne vom Algoltypus.
XXV. Jahrgang. 1907.
. Beiheft in 4° mit 4 Tafeln: A. Voller: Das Grundwasser in Hamburg. 16. Heft.
. Beiheft in 8°, Mitteilungen aus dem Natwrhistorischen Museum, enthaltend: 1. Georg Duncker:
Syngnathiden-Studien. I. Variation und Modifikation bei Siphonostoma typhle L. Mit 20 Tabellen,
3 Tafeln und 4 Textfiguren. 2. Prof. Dr. W. Michaelsen: Die Molguliden des Naturhistorischen
Museums zu Hamburg. Mit 3 Tafeln. 3. Prof. Dr. W. Michaelsen: Pendulations- Theorie und
Oligochäten, zugleich eine Erörterung der Grundzüge des Oligochäten-Systems. Mit 1 Abbildung
im Text. 4. M. Pie (Digoin): Neue Ptinidae, Anobiidae und Anthicidae des Naturhistorischen Museums
zu Hamburg. 5. Prof. Dr. K Kraepelin: Die sekundären Geschlechtscharaktere der Skorpione,
Pedipalpen und Solifugen. Mit 61 Abbildungen im Text. 6. Prof. Dr. W. Michaelsen: Die Pyuriden
[Halocynthiiden] des Naturhistorischen Museums zu Hamburg. Mit 2 Tafeln. 7. Prof. Dr. G. Pfeffer:
Teuthologische Bemerkungen.
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. Beiheft in 8°, Mitteilungen aus den Botanischen Staatsinstituten, enthaltend: 1. H. Selk: Beiträge
zur Kenntnis der Algenflora der Elbe und ihres Gebietes. 2, Leonhard Lindinger: Ein neuer
Orchideen-Schädling, Leucodiaspis cockerelli (de Charm.) Green. Mit 1 Tafel. 3. P. Junge: Die
Cyperaceae Schleswig-Holsteins. Mit 74 Abbildungen im Text. 4. H. Klebahn: Düngungsversuche
mit Phosphaten. Mit 2 Tafeln.
. Beiheft in 4°, Mitteilungen aus dem Museum für Völkerkunde, enthaltend: 1. Paul Hambruch:
Wuvulu und Aua (Maty- und Durour-Inseln) auf Grund der Sammlung F. E. Hellwig aus den Jahren 1902
und 1904. Mit 88 Abbildungen im Text und 375 Abbildungen auf 32 Tafeln. 2. K. Hagen: Die
Ornamentik von Wuvulu und Aua auf Grund der Sammlung des Museums. Mit 21 Abbildungen im
Text und 35 Abbildungen aut 5 Tafeln.
. Beiheft in 4°. Jenaer Studentenleben zur Zeit des Renommisten von Zachariae. Nach Stammbuch-
bildern aus dem Besitze des hamburgischen Museums für Kunst und Gewerbe. Geschildert von
Edmund Kelter. Mit Abbildungen im Text und Tafeln.
. Beiheft in 8°, Mitteilungen aus dem Physikalischen Staatslaboratorium, enthaltend: 1. Johannes
Classen: Eine Neubestimmung des Verhältnisses der Ladung zur Masse der Elektronen in den
Kathodenstrahlen. Mit 3 Abbildungen im Text und 1 Tafel. 2. Dr. F. Ulmer: Bestimmung der
Dielektrizitätskonstanten von Hölzern mittels elektrischer Schwingungen. Mit 10 Abbildungen im
Text. 3. F. Voller: Uber eine neue Methode zur direkten Bestimmung der spezifischen Wärme der
Gase bei konstantem Volumen. Mit 8 Abbildungen im Text.
. Beiheft in 8°, Mitteilungen aus der Stadtbibliothek, enthaltend: 1. Isak Collijn: Neue Beiträge zur
Geschichte desältesten Buchdrucks in Hamburg. 2. H.O. Lange: Eine anonyme Hamburger Druckerei
von 1502. Mit 15 Tafeln. ;
XXVI. Jahrgang. 1908.
. Beiheft in 4° mit 4 Tafeln: A. Voller. Das Grundwasser in Hamburg. 17. Heft.
. Beiheft in 8°, Mitteilungen aus dem Naturhistorischen Museum, enthaltend: 1. Dr. Hermann Strebel:
Revision der Unterfamilie der Orthalieinen. Mit 33 Tafeln. 2. A.M. Lea: Curculionidae from various
parts of Australia. 3. Prof. Dr. F. Werner: Über neue oder seltene Reptilien des Naturhistorischen
Museums in Hamburg. I. Schlangen. Mit 14 Figuren im Text. 4. Hamburgische Elb-Untersuchung:
IX. Dr. M. Leschke: Mollusken.
3. Beiheft inS°, Mitteilungen aus den Botanischen Staatsinstituten, enthaltend:1.LeonhardLindinger:
Die Schildlausgattung Selenaspidus. Mit 3 Tafeln und 1 Abbildung im Text. 2. Leonhard Lindinger:
Afrikanische Schildläuse. I. und II. Mit 24 Abbildungen im Text. 3. Leonhard Lindinger: Die
wirtschaftliche Bedeutung der Baumalo& fur Deutsch - Südwestafrika. Mit 1 Tafel. 4. Leonhard
Lindinger: Die sekundären Adventivwurzeln von Dracaena und der morphologische Wert der
Stigmarien. Mit 24 Abbildungen im Text. 5. ©. Brunner: Beiträge zur vergleichenden Anatomie
der Tamaricaceen. Mit 10 Abbildungen im Text.
. Beiheft in 4°, Astronomische Abhandlungen der Hamburger Sternwarte in Bergedorf: 1. F. Dolberg:
Die Polhöhe von Hamburg. Nach Beobachtungen mit dem Repsoldschen Durchgangsinstrument auf
der alten Hamburger Sternwarte am Holstenwall in Hamburg. Nebst einem Beitrag zur Bestimmung
der Polhöhenschwankung im Jahre 1905. Mit 3 Tafeln. 2. K. Graff: Beobachtungen und Zeichnungen
des Planeten Saturn zur Zeit des Durchganges der Erde und der Sonne durch die Ebene seines Ring-
systems (Opposition 1907), Mit 3 Tafeln. 3. K. Graff: Ortsverzeichnis von 580 Veränderlichen Sternen
zwischen dem Nordpol und 23° südlicher Deklination für die Epoche 1900.0 nebst Quellennachweisen.
. Beiheft in 4°, Mitteilungen aus dem Museum für hamburgische Geschichte, Nr.1: W. Peßler: Der
volkstümliche Wohnbau an der Niederelbe, vornehmlich im hamburgischen Amte Ritzebüttel. Mit
54 Textbildern, 4 Tafeln und 12 Karten.
XXVIH. Jahrgang. 1909.
. Beiheft in 4° mit 3 Tafeln: A. Voller. Das Grundwasser in Hamburg. 18. Heft.
. Beiheft in 8°, Mitteilungen aus dem Naturhistorischen Museum, enthaltend: 1. Prof. Dr, F. Werner:
Über neue oder seltene Reptilien des Naturhistorischen Museums in Hamburg. II. Eidechsen.
2. W.Michaelsen: Oligochäten von verschiedenen Gebieten. Mit 1 Tafel und 26 Abbildungen im
Text. 3. Nils Holmgren: Versuch einer Monographie der amerikanischen Eutermes-Arten. Mit
78 Figuren im Text und 1 Kartenskizze. 4. Th. Mortensen: Arbaciella elegans. Eine neue
Echiniden-Gattung aus der Familie Arbaciidae. Mit 3 Figuren im Text und 2 Tafeln.
. Beiheft in 8°, Mitteilungen aus den Botanischen Staatsinstituten, enthaltend: 1. Gerhard Denys:
Anatomische Untersuchungen an Polyides rotundus Gmel. und Furcellaria fastigiata Lam. Mit
7 Abbildungen im Text. 2. Leonhard Lindinger: Afrikanische Schildläuse. Ill. Mit 4 Tafeln.
3. P. Junge: Die Pteridophyten Schleswig-Holsteins einschließlich des Gebiets der freien und Hanse-
städte Hamburg (nördlich der Elbe) und Lübeck und des Fürstentums Lübeck. Mit 21 Abbildungen
im Text.
. Beiheft in 4°, Astronomische Abhandlungen der Hamburger Sternwarte in Bergedorf: K. Graff:
Nr.1. Beiträge zur physischen Untersuchung der großen Planeten. 1. Beobachtungen und Zeichnungen
des Planeten Mars während der Oppositionen 1901 und 1909.
. Beiheft in 8°, Mitteilungen aus dem Physikalischen Staatslaboratorium, enthaltend: 1. E. Tams:
Die seismischen Registrierungen in Hamburg nach den Beobachtungen der Hauptstation für Erd-
bebenforschung am Physikalischen Staatslaboratorium in Hamburg. a) Vom 1. April 1908 bis zum
31. Dezember 1908. b) Vom 1. Januar 1909 bis zum 31. Dezember 1909. Mit 5 Tafeln. 2. B. Walter:
Uber Doppelaufnahmen von Blitzen mit einer stehenden und einer bewegten photographischen Kamera.
Mit 1 Textfigur und 5 Tafeln.
. Beiheft m 4°. Edmund Kelter: Das Stammbuch des Andreas Chemnitius, 1597—1626. Mit
34 Abbildungen,
Gedruckt bei Lüteke & Wulff, E. H. Senats Buchdruckern,
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9 Beiheft
zum
XXVII. 1910.
Mitteilungen
aus den
Inhalt:
Seite
auna Sa Kanarischen Inseln. Mit drei | Tafeln ud 16 Abbaltungen im
14 H n A WIEN NE CT NT ER RAR N Cr RR NEE 39-61
‚dinand Esmarch: Beitrag zur Cyanophyeeenflora unsrer Kolonien ........ 2. 63—82
Hamburg 1911.
_ Kommissionsverlag von Lucas Gräfe & Sillem.
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8 Beiheft
zum
Jahrbuch der Hamburgischen Wissenschaftlichen Anstalten.
XXVIlI 1910.
Mitteilungen
aus den
Botanischen Staatsinstituten
in Hamburg.
IPrıh akt:
Seite
Leonhard Lindinger:: Afrikanische Schildläuse. IV. Kanarische Coceiden, ein Beitrag
zur Fauna der Kanarischen Inseln. Mit drei Tafeln und 16 Abbildungen im
Wolfgang Himmelbaur: Zur Kenntnis der Phytophthoreen. Mit einer Tafel und
pEionremenn Bester ln. ei.ses:: ee RE IL |
Ferdinand Esmarch: Beitrag zur ‘Cyanophyceenflora unsrer Kolonien ............ 63— 82
Hamburg I9l1.
Kommissionsverlag von Lucas Gräfe & Sillem. HL CONGEEN
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IV.
Kanarische Coceiden,
ein Beitrag zur Fauna der Kanarischen Inseln.
Von Leonhard Lindinger.
Mit 3 Tafeln und 16 Abbildungen im Text.
Während eines mehrwöchigen botanisch-landwirtschaftlichen Unter-
suchungen gewidmeten Aufenthaltes auf Tenerife sammelte ich auch
mancherlei Schildläuse. Es hing mit dem Zweck meiner Reise zusammen,
daß ich vor allem die Kulturpflanzen berücksichtigte, aber auch die Pflanzen
der Barrancos und des Lorbeerwaldes lieferten einige Ausbeute. Da die
Bearbeitung des Materials einige interessante Feststellungen ermöglichte,
erschien es mir wünschenswert, die in den botanischen Museen in Hamburg
und Berlin vorhandenen Kanarenpflanzen auf Schildläuse hin durchzusehen,
um so eine gewisse Abrundung zu erzielen. Diese Durchsicht wurde mir
durch die Liebenswürdiekeit der Herren Prof. Dr. E. Zacharias und
Prof. Dr. C. Brick, Hamburg, und Geheimrat Prof. Dr. A. Engler-
Berlin ermöglicht; ich benütze die Gelegenheit, den drei Herren an dieser
Stelle besten Dank auszusprechen. Zu dem nunmehr stark vermehrten
Material — verdanke ich doch allein Berlin 83 Nummern — kamen einige
frühere Feststellungen aus der Station für Pflanzenschutz.
So sind mir 39 Schildlausarten von den Kanaren bekannt geworden,
davon sind 12 neu für die Wissenschaft. Acht neue Arten habe ich selbst
von Tenerife mitgebracht. Eine neue Art stammt aus dem Material des
Hamburger Museums, drei lieferte das Berliner Herbar; sie sind im Text
durch den Buchstaben (H.) bezw. (B.) hinter dem Namen der Nährpflanze
bezeichnet. Das ganze Material habe ich in die Coccidensammlung der
Station für Pflanzenschutz eingereiht.
Die Schildlausfauna der Kanarischen Inseln war bislang so gut wie
unbekannt. In Fernalds Coecidenkatalog, der, im Jahre 1903 erschienen,
unsere damalige Kenntnis von den Schildläusen der Erde zusammenfaßt,
sind nur zwei Arten von den genannten Inseln aufgeführt. Eine weitere Art
hat Rübsaamen ohne Beschreibung erwähnt. Sehr wertvoll für die vor-
liegende Zusammenstellung waren die Berichte der Station für Pflanzen-
schutz zu Hamburg, in denen eine ganze Reihe von Arten für die
1
5) L. Lindinger,
_
Kanaren aufgezählt sind. Von der genauen Nennung der betreffenden
Literatur kann ich hier absehen, da diese den einzelnen Arten beigefügt
werden soll.
Am bekanntesten ist die Cochenille-Schildlaus, Dactylopius coccus, die
bis vor wenigen Jahren in großem Umfang gezüchtet wurde. Wegen des
aus ihr bereiteten Farbstoffes war sie die wichtigste Einnahmequelle der Insel-
bewohner. Allerdings ist die Schildlaus kein ursprünglich kanarisches
Tier, da sie aus Amerika stammt. Sie ist aber jetzt auf den Kanarischen
Inseln mit ihrer Nährpflanze verwildert und völlig eingebürgert. Ein
Gegenstand der Kultur ist sie nicht mehr; eine ausführliche Erörterung
der Gründe, weswegen die Cochenillezucht aufgegeben wurde, hat Wiepen
geliefert.
Die zweite von Fernald genannte Art ist der auf der Ananaspflanze
lebende Chrysomphalus bromeliae. Fernald stützt sich dabei auf eine
Angabe Newsteads®”. Ich habe mich aber überzeugen lassen, daß auf
den Kanaren keine Ananas gezogen werden — mit Ausnahme vielleicht
der Insel Palma —, und mehrjährige Feststellungen der Station für
Pflanzenschutz zu Hamburg machen es wahrscheinlich, daß die von
Newstead gefundene Laus von den Azoren stammte.
Wenn Sanders als Heimat der Oryptophyllaspis bormmiilleri Rübs.
Madeira und die Kanarischen Inseln nennt, so ist nach Rübsaamens
Angaben eigentlich nur Madeira in Betracht zu ziehen. Das muß man
aus dem Zusammenhang der betreffenden Angabe mit Rübsaamens
weiteren Ausführungen entnehmen; einen Fundort anzugeben, hat R.
nämlich vergessen. Bei der Prüfung des von ihm benützten, mir zur
Bearbeitung zugesandten, und des von mir in Hamburg und Berlin vor-
gefundenen Materials hat sich als Heimat Tenerife ergeben; weder von
einer anderen der Kanarischen Inseln noch von Madeira ist die Art bekannt.
Rübsaamen hat dem Namen übrigens keine Beschreibung beigezeben.
Weiter hatte ich ZLeucodiaspis pusila auf Pinus canariensis von
Tenerife gefunden, und endlich ist Oryptaspidiotus barbusano Lindgr. zu
nennen, die ich auf Apollonias canariensis von Tenerife entdeckt und
ursprünglich zur Gattung Chrysomphalus gestellt hatte.
Die in der vorliegenden Zusammenstellung aufgeführten 39 Arten
verteilen sich folgendermaßen auf die einzelnen Inseln: Gomera 3, Gran
Canaria 12, Hierro 1, Palma 7, Tenerife 36. Über die auf den anderen
Inseln vorkommenden Arten liegen keine Beobachtungen vor, wenn man
von Dactylopius coccus absieht; diese Art habe ich aber nur für Gran
! E. Wiepen, Die geographische Verbreitung der Cochenillezucht. Bonner
Diss. Köln 1890. Mit vielen Literaturnachweisen.
? R. Newstead, Monograph of the Coceidae of the British Isles I, 1901, p. ST
(als Aspidiotus bromiliae).
Afrikanische Schildläuse IV. 3
Canaria und Tenerife aufgeführt, da ich sie nur hier verwildert gefunden
habe.
Den zahlreichen endemischen Arten stehen solche gegenüber, die
unzweifelhaft adventiv und mit Pflanzen von auswärts eingeschleppt
sind; absichtlich ist nur Dactylopius coccus nach den Inseln gebracht
worden. Eine dritte Gruppe bilden solche Arten, die zwar auch ander-
wärts vorkommen, die ich aber aus verschiedenen noch zu nennenden
Gründen als Glieder der kanarischen Fauna betrachte. Die adventiven
Arten habe ich in der Aufzählung durch einen dem Namen vorgesetzten
Stern gekennzeichnet.
Das auffallendste Ergebnis meiner Feststellungen ist wohl das, daß
die endemischen Kanarenschildläuse nur auf endemischen Pflanzenarten
leben und nicht auf eingeführte Kulturgewächse und Unkräuter über-
gehen. Das Gegenteil, den Übergang adventiver Schildläuse auf endemi-
sche Pflanzenarten, konnte ich mehrmals beobachten, als Beispiele nenne
ich Aspidvotus hederae auf Picconia excelsa, Aspidiotus rapaxz auf Hyperi-
cum-Arten, Chrysomphalus dietyospermi auf Dracaena draco, Diaspis rosae
auf Rubus.
Einheimische und eingeschleppte Arten finden sich vielfach in großer
Zahl. Die heute nicht mehr kultivirte Cochenille ist m den tieferen
Regionen allenthalben auf Opuntia zu sehen (Tafel I,), auch da, wo sicher
adventives Vorkommen der Nährpflanze vorliegt. Auch eine andere
Schildlaus der Opuntien, Diaspis echinocactt, ist mancherorts häufige und
fast stets äußerst zahlreich. Agaven, Phormium, Oleander und Furcraea
sind infolge massenhafter Besiedelung mit Aspediotus hederae oft weiß
gefärbt, desgleichen wildwachsende und angepflanzte Rosa und Rubus
durch Diaspis rosae (Tafel Il,). Die häufig verwildernde Wigandia cara-
casana zeigt an Stamm und Zweigen krustige Besetzungen durch Aspe-
diotus lataniae, auf allen Pinus-Arten lebt ZLeucodiaspes pusilla und nur
selten in geringer Zahl. Argyranthemum frutescens, ein häufiges Unkraut
dürrer Lavafelder, ist an den Zweigen oft durch die eng aneinander-
stoßenden Schilde von Aspediotus canariensis bedeckt; bei genauem
Suchen bemerkt man Exemplare von Euphorbia regis-jubae, die durch
die massenhaft darauf sitzenden Aspidiotus taorensis und Diaspis barran-
corum ganz fremdartig aussehen.
Durch große Individuenzahl werden folgende Arten den Kultur-
gewächsen schädlich und sind daher als gefährlich zu bezeichnen: Aspzdzotus
hederae und Pseudococcus aridorum auf Tagasaste!, Diaspis rosae auf Rosen,
Pseudococeus citri auf Coffea, Lepedosaphes pinniformis und Parlatorea
calianthina auf Citrus. Im Valle de Taoro z. B. ist die Citruskultur ent-
' — (ytisus prolifer var. palmensis.
1*
A L. Lindinger,
schieden im Rückgang begriffen, und als eine der Ursachen muß Zepido-
saphes pinniformis genannt werden (vergl. Tafel III,). Die bisher ergriffenen
Gesenmaßnahmen — Abschneiden der stärkst befallenen, absterbenden
Äste und Ankalken der Stämme — sind durchaus unzureichend.
Wenn auch die Individuenzahl der Schildläuse oft eine außerordentlich
hohe ist, so darf man doch nicht glauben, daß man nun die Läuse auch
auf jedem Pflanzenindividuum findet. Oft kann man Hunderte von Exem-
plaren vergeblich absuchen, wie es mir mit Plocama pendula gegangen ist.
Plötzlich stößt man dann aber auf ein wahres Schildlausnest. Vergleicht
man nun diese Örtlichkeiten mit anderen von der gleichen Pflanze be-
siedelten aber schildlausfreien Stellen, so findet man, daß sie stets wind-
geschützt und der Sonne ausgesetzt sind. Den ersten Hinweis darauf gab
mir die Tatsache, daß gerade in engen, gewundenen Barrancos, an lange
von der Sonne beschienenen Stellen, starke Schildlausbesetzungen sehr
häufig sind. Den endgiltigen Beweis für die Begünstigung der Schildläuse
durch äußere Faktoren lieferten mir die Kaffeepflanzungen. Mitunter kann
man nämlich Kaffeebäumchen sehen, die sich in geradezu trauriger Ver-
fassung befinden: die älteren Blätter sind teilweise gelb, die jüngeren
verkrüppelt und gleich den meist entblätterten Enden der Stämme und
Zweige dicht bedeckt von weißen Massen, die sich als Anhäufungen einer
Schildlaus, Pseudococcus citri, entpuppen (Tafel I;).. In der Nähe solcher
Pflanzen stehen andere, die zwar auch die Laus aufweisen, aber nur
wenig geschädigt werden, und wiederum gesunde Exemplare Es zeigte
sich, daß die im Schatten der Bananenstauden als Reihen-Zwischenpflanzung
stehenden Kaffeesträucher gesund sind, wenn der Zutritt frischer Luft
möglich ist. Da, wo sie an exponirten Stellen der Sonne und jedem
Luftzug preisgegeben sind, sehen sie zwar teilweise auch recht kümmerlich
aus — sie tragen hier sehr reich —, sind aber frei von Läusen, während
sie an windgeschützten Orten um so mehr darunter zu leiden haben, je
sonniger der Platz ist. Nunmehr erkläre ich mir auch die Beobachtung
anders, daß die gefährliche Kokospalmenschildlaus, Aspideotus destructor,
auf Tahiti besonders stark auf der Leeseite der Insel auftrat. Früher
nahm ich an, es sei darin ein Hinweis auf die Ausbreitung des Insekts
durch den Wind zu erblicken!. Jetzt bin ich zur Ansicht gekommen, daß
die windgeschützte Lage die Vermehrung begünstigt hat. Natürlich kann
daneben auch noch die frühere Erklärung zutreffen: es ist dann eben
beides der Fall.
Ein weiteres, die Entwicklung und Vermehrung der Schildläuse
förderndes Moment sehe ich in der lang andauernden heißen Trockenzeit;
während im fast regenlosen Tiefland an den geeigneten Stellen die
! Zeitschr. f. wiss. Insektenbiol. XV (VD), 1910, p. 123.
Afrikanische Schildläuse IV, 5
Läuse oft die Farbe der Nährpflanze verdecken, kommen sie in höheren
Lagen, in den Bergwäldern und auf der Hochfläche von La Laguna nur
mehr vereinzelt vor und in wenigen Arten, wenn auch in weiter Ver-
breitung. Umgekehrt dürften durch größere Luftfeuchtigkeit die Feinde
der Schildläuse, vor allem die Pilze, beeünstigt werden.
Auf ähnliche Weise wird man häufige Erkrankungen von Pflanzen
durch Insektenbefall auf die wahre Ursache zurückführen können und
braucht nicht zur irreführenden Annahme einer der Pflanze eigenen Dis-
position zur Erkrankung zu greifen. Denn eine solche setzt eine Be-
nachteiligung der Pflanze voraus, welche die Schädlinge begünstigen
sol. Nun haben mich die Erfahrungen auf Tenerife dahin belehrt, daß
eine Disposition zwar vorhanden ist, aber nicht mit der Pflanze zusammen-
hängt, sondern die Schädlinge direkt begünstigt. So befanden sich z.B.
die von Diaspis barrancorum befallenen Exemplare von Euphorbia regis-
jubae unter fast besseren Vegetationsbedingungen als die anderen.
Gelingt es, den die Vermehrung der Schädlinge begünstigenden Faktor
zu erkennen und auszuschalten, so wird sich die Bekämpfung häufig sehr
einfach gestalten. Im vorliegenden Coffea betreffenden Fall dürfte die
Ermöglichung von Luftdurchzug wirksamer sein als alle chemischen und
mechanischen Bekämpfungsmittel.
Zu den als adventiv gekennzeichneten Arten habe ich noch einige
Bemerkungen zu machen. Das Vorkommen von Aspidiotus lataniae in
den Uanadas ist als adventiv schwer zu erklären. Da ich aber den
Fund nicht selbst an Ort und Stelle gemacht habe, kann ich nicht ent-
scheiden, ob nicht doch eine Verschleppung vorliegt. Deaspis visci ist
möglicherweise auf den Kanaren einheimisch, das von mir gefundene
Vorkommen aber sicher adventiv, auf einer den Kanaren fremden Pflanze
in einem botanischen Garten der Küste, weitere Funde liegen nicht vor.
Die Art mag also einstweilen als adventiv gelten.
Dagegen halte ich Zeueodiaspis pusilla für eine Art, die auch auf
den Kanaren heimatberechtigt ist. Zwar lebt sie auch auf Pinus-Arten
des Mediterrangebietes, die den Kanaren ursprünglich fremd sind, und
mag mit ihnen aufs neue eingewandert sein, sie kommt aber auch an
Orten vor, wo sich weit und breit nur Pinus canariensis findet, in Höhen,
wo die anderen Arten wohl kaum angepflanzt werden. Zudem fügen
sich die Kanaren zwanglos der Mittelmeerverbreitung der Laus an: der
nächste Fundort liegt in Marokko. Ich zweifle nicht, daß Leucodiaspis pusilla
schon auf Pinus canariensis lebte, als das Verbreitungsgebiet dieser Kiefernoch
mit dem der jetzt erloschenen dreinadeligen Kiefern Südeuropas zusammen-
hing. Leucodiaspis pusilla ist auch die einzige Diaspine, die auf einen Zu-
sammenhang mit dem Mediterrangebiet hinweist. Von den anderen Unter-
familien der Coceiden ist zu wenig bekannt, um Schlüsse daraus zu ziehen.
6 L. Lindinger,
Andere sicher endemisch kanarische Arten, wie Diaspes atlantica,
D. barrancorum, Aspidiotus lauretorum, A. taorensis, A. tinerfensis, tragen
entschieden afrikanisches, besser tropisch-afrikanisches Gepräge. Die
eigenartige Körperform des erwachsenen Weibchens der drei Aspidiotus-
Arten fällt dabei noch gar nicht einmal besonders ins Gewicht, obwohl
sich die gleiche Form bei Kameruner Arten findet, bei Aspediotus replicatus
und A. tectarius. Sie könnte durch Ursachen biologischer Art veranlaßt
sein, wie sie denn tatsächlich, zusammen mit der starken Chitinisirung
der Rückenhaut, eine „xerophytische“ Anpassungserscheinung darstellt.
Übrigens sind A. faorensis und A. tinerfensis dabei sehr dick, also auch
noch „sukkulent“, um mich eines weiteren botanischen Fachausdruckes
zu bedienen, während A. lauretorum und die zwei Arten aus Kamerun
einen flachen Körper besitzen. Die Ähnlichkeit zwischen der Sukkulenz
von Dracaena und Euphorbia und ihrer Läuse und der flach-lederblätterigen
Bäume der Wälder Tenerifes und Kameruns und wiederum ihrer Läuse
weist deutlich genug auf das biologische Moment hin.
Zur Formähnlichkeit kommt aber noch die Ähnlichkeit in der Glie-
derung des Analsegments. Besonders möchte ich da auf Draspis atlantica
aufmerksam machen, wo die Mittellappen ebenso geformt und gelagert
sind wie z. B. bei D. africana aus Kamerun. Zu einer mediterranen
Form haben diese Arten keine Beziehung.
Sehr auffällig ist das Fehlen der im Mediterrangebiet von Klein-
asien bis Portugal verbreiteten Aonidia laur:, einer typischen Art des
Laurus nobilis. Die kanarische Lorbeerart, Laurus canariensis, und ihre
Verwandten besitzen dafür zwei endemische Arten der Gattung Orypt-
aspedtotus. Diese sind mit dem bisher einzigen Oryptaspidiotus des Mittel-
meergebiets, Ur. mediterraneus'!, weniger verwandt als mit einer mir vor-
liegenden noch unbeschriebenen Art aus Kamerun. Auf Madeira sind die
kanarischen Cryptaspedrotus-Arten anscheinend nicht vorhanden, sie werden
dort durch eine gleichfalls noch unbeschriebene Targionia-Art vertreten.
Überhaupt scheint die Schildlausfauna von Madeira von der kanarischen
völlig verschieden zu sein.
Zur Gruppe des Aspidiotus lauretorum dürfte auch Aspidiotus born-
müller: gehören, bei dem die der Gruppe eigentümliche Körperform des
Qad. infolge des durch die Galle, in der das Tier lebt, gewährten Schutzes
nur noch andeutungsweise vorhanden ist. Alle vier Arten, A. bornmiüilleri,
A. lauretorum, A. taorensis und A. tinerfensis, dürften aus den Lorbeer-
waldungen hervorgegangen sein; eine Art lebt ja jetzt noch dort, auch
auf der mediterranen Hedera, die anderen haben sich auf verschiedenen
Pflanzen der Küstenregion angesiedelt und sich ihnen angepaßt.
! Zeitschr. f. wiss. Insektenbiol. XV (VI), 1910, p. 437 (erschienen I. 1911).
Afrikanische Schildläuse IV. ‚7
In großen Zügen stimmt demnach die Mischung von mediterranen
und tropisch-afrikanischen Elementen der kanarischen Schildlausfauna mit
der gleichen Mischung in der kanarischen Flora. Weitere Schlüsse, z. B.
einen Schluß auf etwaige Landverbindungen, lassen die bisherigen lücken-
haften Feststellungen aber nur mit Vorbehalt zu.
Unterfamilie Coceinae.
Gattung Dactylopius Costa.
* Dactylopius coceus Üosta.
Gran Canaria: zwischen Puerto de la Luz und Las Palmas.
Tenerife: überall in der trockenheißen Küstenregion, auf Opuntia,
verwildert und als völlig eingebürgert zu betrachten; nicht mehr kultivirt.
Im VII. 1910: 22 ad. mit Ovarialeiern; freie Larven. — Tafel ]..
Wohl auf den meisten Inseln verwildert.
Gattung Eriococcus Targioni.
# Hriococcus araucariae Mask.
Tenerife: Valle de Taoro, mehrfach, auf Araucaria excelsa.
Gattung Pseudococcus Westwood.
Pseudococcus aridorum sp. n.
Erwachsenes Weibchen (dauernd?) in einer schneeweißen, ge-
streckt-eiförmigen, 5 mm langen, 2 mm dicken, aus Wachs- und Chitinfäden
bestehenden Hülle eingeschlossen, die als Eisack aufzufassen ist. Die
weiße Farbe der Hülle wird in der Hauptsache durch die zwischen den
einzelnen Fäden befindliche Luft hervorgerufen; sie verschwindet, wenn
man die Hülle mit Alkohol usw. behandelt. Das nach dem Kochen in
Glyzerin sich beim Erkalten wieder abscheidende Wachs ist zwar auch
weißlich, aber doch viel dunkler als die ursprüngliche Farbe der Hülle.
Q ad. (präparirt) oval, 2,5 mm lang, 1,5 mm breit. Antennen (Abb. 1a)
achtgliederig; nach der Länge und mit dem längsten beginnend ordnen
sich die Glieder: 8, 1, 2, 3, 7, 5, 4, 6. Glied 2 und 3 fast gleichlang.
Anallappen (Abb. 1b) mit 1 sehr langen und 1 kürzeren randständigen
borstenförmigen Haar, darüber eine Drüsengruppe mit einigen Borsten-
haaren und 2 dick kegelförmigen stachelartigen Haaren.
gQ L. Lindinger,
Larve mit sechsgliedrigen An-
tennen (Abb. 2a,); die Glieder der
Länge nach geordnet: 6, 1,2,5,9,4;
2 und 3 häufig nur undeutlich ge-
trennt. Anallappen mit wenigen
Drüsen (Abb. 2c,).
Tenerife: Montaäüeta de la
Horca, auf Argyranthemum frutes-
cens, Cytisus prolifer var. palmensis,
Gras, Trifolium panormitanum; oft
klumpenweise beisammen sitzend
Tafel II,); am 28. VIII. 1910: 22 ad.
mit Ovarialeiern, junge Larven in
der Hülle des Muttertiers.
/ #= Pseudococecus eitri (Risso) Fern.
Tenerife: Valle de Taoro,
zwischen dem alten Weg unterhalb
El Cipres und dem östlichen Barranco
bei Puerto de la Cruz, auf Coffea
arabica, jüngere Blätter und Zweige
in dichten Anhäufungen besiedelnd
und schwer schädigend (Tafel I,),; am 16. VII. 1910: 92 ad. und
Larven.
Abb. 1. Pseudococcus aridorum Lindgr.
2 ad.: a Antenne, < 173. b Anallappen,
><2,69:
Abb. 2. Pseudococeus aridorum Lindgr.
Larve: a, Vorderkopf mit Antennen, > 260. b, Tibia und Tarsus, > 390. c, Anallappen, < 3%.
Afrikanische Schildläuse IV. 9
*= Pseudococeus longispinus (Targ.) Fern.
Tenerife: El Cipres im Valle de Taoro, auf Persea gratissima.
Unterfamilie Diaspinae.
Gruppe Aspidioti.
Gattung Aspidiotus Bouche.
Aspidiotus bornmülleri (kübs.) Lindgr.
Syn. Oryptophyllaspis bornmülleri Rübsaamen nomen nudum! Marcellia I, 1902, p. 62.
Schild des 2 weiß, flach, länglich, mit exzentrischen Exuvien.
Länge und Breite nicht näher feststellbar, da das Tier in Gallen lebt
und die Schilde bei der Freilezung aus dem getrockneten Material nicht
unbeschädigt zu erhalten waren. Schild des 5 lineal, weiß, ],l mm lang,
0,56 mm breit, mit endständiger Larvenhaut.
Abb. 3. Aspidiotus bornmülleri (Rübs.) Lindgr.
Hinterrand des Pad. >< 497.
Larve (Exuvie) eiförmig oder breit birnförmig bis fast rundlich,
0,355—0,45 mm lang, 0,5 mm breit, deutlich segmentirt, gelb.
Zweites Stadium (Exuvie) eiförmig, 0,6 mm lange, 0,4 mm breit,
braungelb, deutlich segmentirt; Analseement wie beim 9 ad., aber in
allen Teilen kleiner.
10 L. Lindinger,
Erwachsenes Weibchen breit-eiförmig mit viel schmälerem,
abgesetztem, halbkreisförmigem Analsegment, etwa 1 mm lang, 0,75 mm
breit, mit flacherer, stark chitinisirter Rücken- und gewölbter Bauchseite.
Stigmen- und Perivaginaldrüsen 0. Analsegment (Abb. 3): 2P,, L,,
2P,, Ls, 3P;, Ls, 5P,. Platten länger als die Lappen, mit geweihartigen,
zahlreichen, kräftigen, spitzen Zähnen. L, dreilappig mit kleinem, gerun-
detem Mittelläppchen und parallelen Seitenrändern, L, kleiner, unsym-
metrisch mit geradem Innenrand und ein- bis zweimal gekerbtem
Außenrand, gerundet, mit breitem Grund sitzend, L, aus breitem Grund
in 1—2 ungleiche stumpfkegelige Spitzen auslaufend. Dorsal und ventral
einige starke, die Lappen überragende Haare. Dorsal zahlreiche, den
Randdrüsen gleichende Drüsen.
Tenerife: Barranco de San Andres, zahlreich auf Globularia
salicina (B., H.), in gallenartigen Ausstülpungen der Blätter (leg. Born-
müller); am 30. V. 1901: $2 ad. in Exuvie 2. Stad., 2? ad. mit Ovarial-
eiern (z. T. Larven schon erkennbar), leere J'c' Schilde, Sc 2. Stad.
Über die Galle und ihren Erreger finden sich folgende Angaben:
Bornmüller hat der unter Nr. 3040 der Plantae excicc. Canar. ausge-
gebenen Pflanze die Bemerkung beigefügt: „mit Coceiden (sp. nov. — t.
Rübsaamen)*“. Rübsaamen schreibt (Über Zoocecidien von den Canari-
schen Inseln und Madeira. Marcellia I, 1902, p. 62): „Globularia
salicina Lk. Blattgallen. Hemipterocecidium. Die Blätter dieser Pflanze
sind bedeckt mit kleinen konischen Blattgallen von 2—3 mm Höhe. Der
Eingang in diese Blattausstülpung ist im Gegensatze zu gewissen ähn-
lichen Milbengallen auf andern Pflanzen auffallend weit und unbehaart.
Erzeuger ist eine Coccide, und zwar eine Oryptophyllaspes-Art, die ich zu
Ehren des Entdeckers Cr. Bornmüiller: nenne. Die genaue Beschreibung
des Tieres wird m Kürze an anderer Stelle erfolgen.“ Einen Fundort
nennt Rübsaamen nicht.
Die von den Jo‘ verursachten Gallen sind schmäler und um ein
Drittel länger als die breiten, plumpen Gallen der 2%, in denen mitunter
zwei Tiere leben, während die Yo‘ nur einzeln gefunden wurden. Die
Tiere liegen der seitlichen Gallenwandung an, sie sind ventral gewölbt
und vom flachen Schild überdeckt. Am Ende der Galle des 2 bemerkt man
nach dem Aufkochen eine Anzahl kurzer, zapfenartiger Gebilde, die ohne
Zweifel den verschiedenen Einstichstellen der Saugborsten des Tieres
entsprechen. Die Gallen finden sich vorzugsweise auf der Blattfläche
zwischen Mittelnerv und Rand in zwei Reihen, die Spitze und der Stiel
sind frei. Die Zahl der Gallen auf einem Blatt schwankt an meinem
Material im Durchschnitt zwischen 6 und 20 (Tafel II];).
Die mir von Herrn Rübsaamen als Oryptophyllaspıs bornmiillere
zur Beschreibung übersandten Tiere stimmen mit denen aus dem Hamburger
Afrikanische Schildläuse IV. 1l
und Berliner Herbar überein, sie dürften alle vom gleichen Fundort
stammen. Von Madeira, wie man aus Rübsaamens erwähnter Notiz
vermuten könnte (er beschreibt nämlich einige Zeilen weiter in demselben
Abb. 4. Aspidiotus canariensis Lindgr.
a letztes Abdominal- und Analsegment der Larve. b Hinterrand vom 2 2. Stad.,
c der vom Q ad. v ventrale Randhaare. > 653.
12 L. Lindinger
Abschnitt eine zweite, von Madeira stammende Galle der gleichen
Pflanze), sind sie wohl nicht. Das von Rübsaamen gewählte Artwort
behalte ich bei, da man die Art zur Not an der Galle wiedererkennen kann.
Die Gattung Oryptophyllaspis habe ich schon früher aufgehoben, da sie
keine Daseinsberechtigung besitzt (Berl. Entomol. Zeitschrift LII, 1907,
pEal02):
Aspidiotus camariensis Sp. n.
Schild des 2 rund, grauweiß oder bräunlichgrau mit gelben,
+ exzentrischen Exuvien, bis 2,5 mm im Durchmesser haltend. Schild
des 5 schmal, lineal, 1 mm lang, grauweiß mit gelber, mitunter auch
erünlicher, dem Kopfende genäherter Exuvie.
Larve eiförmig, june 0,25 mm lang, 0,17 mm breit, Exuvie 0,55 —0,4mm
lange, 0,25—0,3 mm breit. Analsegment (Abb. 4a) mit 2 Lappenpaaren,
6—8 Randdrüsen und wenigen dolchförmigen oder wenigzähnigen Platten.
Zweites Stadium (Exuvie) breit-birnförmig, mitunter fast rundlich,
im Durchschnitt 0,75 mm lang, 0,6 mm breit. Analseement (Abb. 4b) mit
eroben, vorstehenden, unsymmetrischen, zweilappigen Mittellappen und
kleinen, gerundeten, häufig fast fehlenden Seitenlappen. Platten 12, dolch-
förmig oder zweizähnig, spitz, mit breitem Grund sitzend, so lang oder
länger als die Mittellappen. Haare 8 dorsal, 6 ventral, stark, lang. Reihen-
folge der. Dappen und Platten 20 R,, GE, 2P, EL, 22, BE, 1 Z2ER
Erwachsenes Weibchen rundlich oder breit-birnförmig, gelb
mit bräunlichem Analseement, 1—2 mm lang, I—1,5 mm breit. Perivaginal-
und Stigmendrüsen 0. Analsegment: OP,, Lı, 2Ps, Las, 2P;, L;, 0—2 P..
Mittellappen mit gekerbtem Unterrand, groß, vorstehend, Seitenlappen
nur angedeutety Platten dolchförmig, häufig mit einem Zahn am Außen-
rand, spitz, kürzer als L,, Haare länger als L, (Abb. 4c). Dorsal viele
kleine Drüsen ähnlich den Randdrüsen.
Auf Stamm und Zweigen von Argyranthemum frutescens.
Gran Canaria: Felsen an der Straße nach Telde; im III. 1901:
OP? ad. mit Ovarialeiern (B.).
Tenerife: bei Santa Cruz; am 22. III. 1901: 2 ad. mit Ovarial-
eiern (Larven entwickelt) (B.).. — Zwischen Puerto de la Cruz und
dem botanischen Garten, auf wüsten Lavafeldern, in Menge; am
16. VIII. 1910: PQad. jung und solche mit Ovarialeiern, freie und beschildete
Larven, 22 2. Stad. in der Larvenhaut, 22 2. Stad. jung, Jo! 4. Stad. und
fc ad. unterm Schild, leere dc! Schilde. — Montaüeta de la Horca
im Valle de T’aoro, in Menge; am 28. VIII. 1910: wie vor.
Gomera: bei San Sebastian; am 14. IV. 1901: 22 ad. mit Ovarial-
eiern (Larven entwickelt) (B.).
Afrikanische Schildläuse IV. 13
* Aspidiotus eyanophylli Sien.
Tenerife (ohne nähere Bezeichnung), auf Cordyline indevısa, Blatt;
am 10. II. 1909: 22 2. Stad. in der Larvenhaut, @ ad. in Exuvie 2. Stad.,
Dad. und solche mit Ovarialeiern (Eier und Larven unterm Mutterschild);
An Balme: (St.-Ber. XI. 1909, p- 2).
Aspidiotus gymmosporiae sp. n.
Schild vom 2 weiß mit gelben, zentralen Exuvien, flach, rund,
2 mm im Durchmesser haltend. Schild des 5 länglich, 1,5 mm lang, 1 mm
breit, Exuvie dem Kopfende etwas genähert.
|
Mur
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vum m SE N
Abb. 5. Aspidiotus gymnosporiae Lindgr.
Hinterrand a der Larve, b vom 2 ad. x 520.
Larve (Exuvie) oval, 0,5 mm lang, 0,38 mm breit. Analsegment
mit 2 Lappenpaaren. Mittellappen groß, vorstehend, länger als breit,
Innenrand nicht oder (undentlich) einmal, Außenrand mehrmals gekerbt,
L, um die Hälfte kleiner, dreilappig. Platten kurz, langzähnig (Abb. 5a).
Zweites Stadium (Exuvie) eiförmig mit ziemlich spitzem Hinter-
ende, 0,85 mm lang, 0,62 mm breit. Hinterrand wie beim 2 ad., aber in
allen Teilen kleiner.
Erwachsenes Weibchen breit-birnförmig mit stark verschmä-
lertem Abdomen, 0,95-—1,4 mm lang, 0,75—0,95 mm breit. Stigmen-
drüsen 0. Analsegment (Abb. 5b): 2P,, Li, 2Ps, Ls, 3P;, Is, #P..
Lappen alle annähernd gleich lang, länger als breit, am Grund breiter
als am gerundeten Ende, mit ganzem oder einmal gekerbtem Innen- und
14 L. Lindinger,
zwei- bis viermal gekerbtem Außenrand. Platten länger als die Lappen,
erob- und stumpfzähnig, Zähne wenig zahlreich, PR—P, aus schmälerem
Grund verbreitert, am Ende kammartig gezähnt, P, aus breitem Grund
verschmälert, mit meist gegabeltem langen Innenzahn. Perivaginaldrüsen
m Gruppena(8: 22272, 223279322098 A 1e Ara.
Tenerife: Botanischer Garten in Puerto de la Cruz, auf kult.
Gymmosporia cassinotdes (B.), Blatt; im IV. 1901: 2 2. Stad. in Larven-
haut, 22 ad. in Exuvie 2. Stad., 22 ad., 22 ad. mit Ovarialeiern (Larven
z. T. entwickelt), freie Larve.
Palma: Barranco del Rio, auf Gymmosporia cassinoides (B.),
Blattoberseite.
* Aspidiotus hederae (Vall.) Sien.
Gran Canaria: Monte, auf Cereus, Phyllocactus und Rhepsalis
sp.; am 28. XI. 1906: 22 ad. in Exuvie 2. Stad., 22 ad. jung (St.-Ber.
IX. 1907, p. 8). — (Ohne nähere Bezeichnung.) Auf Agave americana
(St.-Ber. VIII. 1906, p. 7. — XII. 1910, p. 6).
Tenerife: Santa Cruz, auf Nerium oleander, Ceratonia siliqua.
— Valle de Taoro, auf Nereum oleander, Agave americana, Furcraea
gigantea, Phormium tenax, Trachycarpus excelsa, Laurus nobils und vielen
anderen Pflanzen. — Montaäüeta de la Horca, auf Oytısus prolkfer var.
palmensis. — La Laguna, Tacoronte, La Victoria, Matanza, Sta.
Ursula, auf Nerium oleander. VIII. 1910: 92 ad. jung und solche mit
Ovarialeiern, Larven unterm Mutterschild, 22 2. Stad. in der Larvenhaut,
92 2. Stad. jung, leere Jo Schilde. — Zwischen Icod und Garachico,
auf Gelsemium sempervirens (H.), Blatt, starker Befall; im IV. 1894:
QP ad. jung und solche mit Ovarialeiern, Eier und Larven unterm Mutter-
schild. — Oberhalb Bajamar, auf Pecconda excelsa (B.), Blattunterseite;
im III. 1907: Qad., Larven unterm Schild. — Vielfach stark von Schlupt-
wespen befallen.
Die Art ist eine der verbreitetsten adventiven Schildläuse auf der
Insel und wohl mit Oleander eingeführt. Starke Besetzungen finden sich
vor allem auf Nerium, Agave, Furcraea und Phormium. Auch auf Oytisus
prolifer var. palmensis traf ich sie in unstreitig schädlicher Menge an.
Gomera: Cumbre del Vallehermoso, auf Adenocarpus folio-
losus var. gomerae (B.); im III. 1906: 2 ad. mit Övarialeiern.
* Aspidiotus lataniae Sign., Green.
Tenerife: Puerto dela Öruz, in einem Garten ö. unterhalb des
Hotels Humboldt, in großer Menge auf Stamm und Zweigen von Wigandia
caracasana H.B.K.; am 16. VIII. 1910: 22 2. Stad., 22 ad. jung und solche
mit Ovarialeiern. Perivaginaldrüsen 4:3:3:4; 3:2:2:3. — Montaüeta
Afrikanische Schildläuse IV. 15
de la Horca, auf Zicus carica fruct. alb., Zweig und Frucht, zahlreich;
am 28. VIII. 1910: 22 2. Stad., 22 ad. jung und solche mit Ovarialeiern
(Larven mehr oder minder entwickelt). — (Ohne nähere Bezeichnung.)
Auf Dracaena draco, Blatt, und Thaya sp., Blatt (St.-Ber. XI. 1909, p. 5).
— Caüadas, 2000—2500 m ü. M., auf Spartocytisus nubigenus (B.),
Zweig; am-4. IV. 1901: Qad. in Exuvie 2. Stad., PP ad.
Aspidiotus lauretorum sp. n.
Schild (2) weiß oder hell-gelbbräunlich, durchscheinend, mit mehr
oder minder zentrischen Exuvien, unregelmäßig, länglich, 2,5—3 mm lang,
2—2,5 mm breit. — Schild vom J' weiß, länglichh 1—1,2 mm lang,
0,7—0,8 mm breit, Larvenhaut + exzentrisch.
Abb. 6. Aspidiotus lauretorum Lindgr.
Hinterrand des 2 ad. x 591.
Larve (Exuvie) gelb oder bräunlichgelb, breit-oval, 0,45 mm lang,
0,55 mm breit. Hinterrand ähnlich wie bei A. tinerfensis.
Zweites Stadium (2) jung breit-eiförmig, 0,43 mm lang, 0,57 mm
breit, erwachsen (Exuvie) birnförmig, 0,85 mm lang, 0,73 mm breit. Anal-
segment: 2 P,, Li, 2P,, Le, (2--)3P;, La, 3-5B. Form der Lappen
und Platten wie beim Qad., nur Lappen kleiner, Platten weniger gezähnt.
16 L. Lindinger,
Erwachsenes Weibchen in der Form wie bei A. tinerfensis,
1—1,2 mm im Durchmesser haltend. Analsegment (Abb. 6): 2P,, L,,
2 Ps, La, 3 P3, Lz, 6—7 P,. Lappen gerundet, L, dreilappig, spatelförmig,
L, ähnlich. aber kleiner, am Innenrand kaum gekerbt, L, mit ungekerbtem
Innen- und ein- bis zweimal gekerbtem Außenrand, unsymmetrisch. P,
und P, so lang als L,, P; und die ersten P, etwas länger als L,, P,
mit breitem Grund sitzend. Randdrüsenmündungen sehr schräg. Stigmen-
drüsen 0. Perivaginaldrüsen wenig zahlreich (1:0:0:0; 1:0:0:1;
1:09:12 1510 202512112 1222 DEDTDEDELZET
2.:0:022), Ovoxnivipar.
Gran Canaria (ohne nähere Bezeichnung), auf Dracaena draco,
Blatt, vereinzelt; am 20. II. 1911: PP? ad. jung, PP ad. mit Ovarialeiern,
eine unbeschildete Larve unterm Mutterschild (comm. Herr. F. Behrens-
Las Palmas).
Tenerife: Lorbeerwaldungen bei Taganana, auf G@ymnosporia
cassinoides (B. u. H.); am 5. VI. 1900: 2 ad., 2 ad. mit Ovarialeiern.
Auf Ilex canariensis (B.); am 9. IV. 1901: Qad. Auf Zlex platyphylla;
im II. 1906: 2ad. tot. Auf Oreodaphne foetens (H.); am 5. VI. 1900:
Qad. Auf Picconia excelsa (B.); am 10. IV. 1901: 2 ad., ?2 ad. mit Ovarial-
eiern. Auf Smeilax canariensis (B.); im IV. 1901: Qad. In 400-1000 m
Meereshöhe. — Anaga (?), auf Hedera helix canariensis (H.); im IV. 1894:
2 2.Stad. in der Larvenhaut, 2 2. Stad. (parasitirt). — Lorbeerwald von
Las Mercedes, auf Apollonias camariensis und Hedera helix canariensis;
am 11. VIII. 1910: 22 2. Stad., ?@ ad. in Exuvie 2. Stad., 2? ad. jung und
solche mit Ovarialeiern (Larven ziemlich entwickelt), “co! ad. Etwa
900 mü. M. Auf Heberdenia esxcelsa (B.), 800 m ü. M.; am 25. III. 1901:
leerer Schild eines 2? ad. Auf Oreodaphne foetens (B.), 900 m ü.M.; am
25. III. 1901: 2? ad. — Monte de la Mina oberhalb Tegueste, 800 m
ü. M., auf Heberdenia excelsa (B.); am 19. IV. 1905: Q ad. mit Ovarial-
eiern (Larven erkennbar). — Lorbeerwald von Agua Garcia, auf Hedera
helix canariensis; im IV. 1894: 29 2. Stad., 2? ad. mit Ovarialeiern. —
Villa Orotava, auf Laurus canariensis; am 12. VII. 1910: 22 2. Stad.,
QP ad. nach der Eiablage, leere Z' 5! Schilde. — Oberhalb Villa Orotava,
auf Visnea mocanera (B.).
Palma: (ohne nähere Bezeichnung) auf Zauracee (H.}; im IV. 1894:
Q ad. tot. — Lorbeerwald der Cumbre, 800 m ü. M., auf Laurus cana-
riensis (B.); am 18. IV. 1901: 2 ad. — Los Tiles, 400m ü. M., auf
Oreodaphne foetens (B.); im III. 1906: 2 2. Stad., Pad. — Barranco de
los Tiles, 400 m ü. M., auf Picconia excelsa (B.); im III. 1906: 22 ad.
mit Ovarialeiern (Larven ziemlich entwickelt).
Die Art lebt stets auf den Blättern der Nährpflanzen, mit Vorliebe
auf der Oberseite; sie kommt nur selten in etwas größerer Zahl vor,
Afrikanische Schildläuse IV. 1
meist findet sie sich in einem oder wenigen Exemplaren. Sie dürfte aber
wohl auf keiner der genannten Pflanzen in den Lorbeerwäldern fehlen
und sich auch noch auf anderen finden.
* Aspidiotus rapasx Comst.
Gran Canaria: Las Palmas, auf Myrtus communes (St.-Ber. XI.
1910, p. 6). — San Mateo, 800 m ü. M., auf Cykisus prolifer (B.),
Zweig. — Barranco Angostura bei Monte, 300 m ü. M., auf Aypericum
reflecum (B.), Zweig; am 19. III. 1901: 2 2. Stad. in Larvenhaut, $2 ad.
und solche mit Ovarialeiern (Larven entwickelt). j
Tenerife: Etwa 650 m ü. M. unterhalb Agua Mansa, auf
Hypericum canariense, Zweig; am 21. VIII. 1910: 22 ad. mit Ovarial-
eiern (Larven völlig entwickelt), beschildete Larven. — (Ohne nähere
Bezeichnung ) Auf Vinca major, Blatt; am 5. XI. 1904: Q ad. jung (St.).
Aspidiotus taorensis Sp.Nn.
Schild des 2 rund, weiß mit gelben, zentral gelagerten Exuvien,
wenig größer als das Q ad., ziemlich flach.
Larve (Exuvie) gelb, breit-oval, 0,45 mm lang, 0,4 mm breit.
Zweites Stadium (Exuvie) breit-birnförmig, 0,55 —0,9 mm lang,
0,7—0,75 mm breit, gelb; jung schwachgelblich, fast farblos. Anal-
segment (Abb. 7a) mit gelben Mittel- und fast farblosen Seitenlappen;
zur I. 2Pp. I, 3b, 43 AP, 2 und B, breit, Jangzahnig,
4. P, einfach, dolchförmig, kurz. Stigmendrüsen 0.
Erwachsenes Weibchen wie bei A. tinerfensis und A. lauretorum
&eformt, dick, nach der Bauchseite gewölbt und in gallenartige Ver-
tiefungen der Unterlage eingesenkt. Stigmen- und Perivaginaldrüsen 0.
Analsesment" (Abb. (b);* &Pı,. Bu,r2 BR, Es, 13 -4Bs L, 9—6 BR.
Lappen gerundet, länger als breit, L, am größten, L, klein, L, gelb,
L, und L, farblos, L, oft kaum sichtbar. P, und P, langzähnig, schmal,
P, und P, langzähnig, immer breiter und kürzer werdend, Zähne derb,
spreitzend. Ovovivipar.
Gran Canaria: Barranco Guiniguada bei Las Palmas,
200-250 m ü.M., auf Zuphorbia aphylla (B.) und E, regis-jubae (B.),
Zweige; am 14. III. 1901: 92 ad. — Baia del Confital, am Meer, auf
Euphorbia aphylla (B.), Zweig; am 12. II. 1905: g2 ad. mit Ovarialeiern
(Larven entwickelt).
Tenerife: Valle de Taoro, östlicher Barranco zwischen El Cipres
und Puerto de la Cruz, zahlreich auf Zuphorbia reges-jubae, auf den
Stammorganen und Blättern; im VIII. und IX. 1910: alle Stadien des 2. —
Buenavista, am Meer, auf Zuphorbia aphylla (B.), Zweig; im I. 1906:
QP ad. und solche mit Ovarialeiern (Larven entwickelt).
18 L. Lindinger,
Das Tier verursacht auf den Stammorganen Gallen ähnlich denen
der Diaspis visci auf Veiscum.
Abb. 7. Aspidiotus taorensis Lindgr.
Hinterrand a vom 2 2.Stad., b vom Pad. x 655.
Aspidiotus tinerfensis sp.n.
Schild vom @ ad. rundlich, groß, 2(—2"e) mm im Durchmesser
haltend, weiß mit hellbraunen, exzentrisch gelagerten Fxuvien, dünn,
durchscheinend, beim 2 ad. mit Övarialeiern scheinbar braun durch die
braune Färbung des darunter liegenden stark chitinisirten 9, stark
gewölbt. — Schild vom linealischh 1—1,5 mm lang, 0,5—0,7 mm
breit, schneeweiß mit hellgelber, meist exzentrisch am Kopfende, mitunter
aber in der Mitte befindlicher Larvenhaut. R
Larve (Exuvie im Glyzerinpräparat) gelb, breit-eiförmige, 0,45 bis
0,5 mm lang, 0,4 mm breit. Analsegment (Abb. Sa) mit 2 Lappenpaaren
und 10 Platten. Mittellappen groß, mit breitem Grund, sitzend, gerundet,
Innenrand einmal, Außenrand zweimal gekerbt. Zweiter Lappen ganz
Afrikanische Schildläuse IV. 19
klein, breiter als Jang, gerundet. Platten langzähnig, mit Ausnahme
der P, meist mit gefördertem Innenzahn. Reihenfolge: 2P,, L,, 2P;,
ls; 2P;:
Zweites Stadium (2) jung gelblich mit dunklerem Analsegment,
breit-eiförmig, 0,7 mm lang, 0,6 mm breit, alt (Exuvie im Glyzerin-
präparat) breit-birnförmig, gelb, 1,15—1,24mm lang, I mm breit. Anal-
sesment (Abb. Sb) mit 3 dunkelgelben Lappenpaaren und 18 Platten.
IN ER N. )\
NR
’ j ,
Abb. S. Aspidiotus tinerfensis Lindgr.
Hinterrand (dorsal) a der Larve, b des 2 2. Stad. (in d, abweichend geformte L, und L.),
eadesr Paadar><236>:
L, und L, vom 2 ad. häufig eckiger.
Reihenfolge: 2P,, Lu, 2E,, L, 3B;, Ls, 3P;. Platten lang, fein- und
langzähnig, mit Ausnahme der annähernd symmetrisch entwickelten P,
unsymmetrisch, mit ungezähntem Innenrand und gefördertem innersten
Zahn. Zähne mitunter gegabelt. Lappen kürzer als die Platten, nur
am Außenrand einmal flach gekerbt, von L, bis L,;, an Größe rasch ab-
nehmend. Am dorsalen Grund jedes Lappens ein starkes Haar. Stigmen-
drüsen 0.
9#
20) L. Lindinger,
Erwachsenes Weibchen jung rundlich-birnförmig, 1,07”—1,1 mm
lang, 0,9—0,95 mm breit, gelblich mit dunklerem Analsegment und
braunem Hinterrand. Unterer Seitenrand des Üephalothorax am jungen
Tier kegelförmig verlängert, Verlängerungen mit zunehmender Eientwick-
lung immer größer werdend, sich nach hinten und ventral unter das
Analsesment schiebend, zuletzt sich berührend (Abb. 9a bis ec). Qad.
daher im Alter dem Aspidiotus tectarius in der Form sehr ähnlich.
Perivaginal- und Stigmendrüsen 0. Dorsalhaut des Cephalothorax mit
eigenartiger, entfernt an Pflanzenepidermis erinnernder, zelliger Struktur.
Hinterrand des Analsegments (Abb. 8c) ähnlich wie beim 2. Stad.,
2P,, Li, 2-3 PR, Le, 3—tP;, L;, 6—7P,. Platten mit Ausnahme von
P, und der äußeren P, lang, die Lappen weit überragend, mit sehr
langem inneren Zahn, lang- und feinzähnig. P, annähernd symmetrisch
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Abb. 9. Aspidiotus tinerfensis Lindgr.
a 2 ad. in Ex. 2. Stad. Fortsätze / des Cephalothorax klein, stumpfkegelig. 5b 2 ad.
jung, f sich vergrößernd. c 2 ad. alt, f unterm Analsegment zusammenstoßend. a und b
< al B2=S lo)
verzweigt, die äußeren P, auf einige Zähne reduzirt. L, groß, undeut-
lich dreilappie, im Umriß spatelförmig, gerundet, L, und L, mehr oder
minder spitz oder eckig, mit gekerbtem Außenrand. Dorsale Randhaare
kürzer, ventrale so lang oder länger als die Platten.
Tenerife: Valle de Taoro, auf Dracaena draco, meist an den
Blättern, seltener am Stamm, stets ziemlich zahlreich; im VIII. und IX.
1910: alle Stadien von f' und 9.
Die Art ist gleich ihrer Nährpflanze sehr widerstandsfähig; auf einem
mitgebrachten, etwa Mitte August 1910 vom Baum abgeschnittenen, noch
lebenden, aber wurzellosen Ast einer Dracaena draco lebt die Laus immer
noch in verschiedenen, auch auf den hier gebildeten Blättern sitzenden
Indiyıduen, 20217 9);
Afrikanische Schildläuse IV. >|
Gattung Chrysomphalus Ashmead.
"Chrysomphalus dietyospermi (Morg.) Leon.
Tenerife: Puerto de la Cruz, in einem Garten, zahlreich auf
Areca sapida, Blatt; am 22. VIII. 1910: 22 ad. in Exuvie 2. Stad., PP ad.
und solche mit Ovarialeiern (Larven erkennbar), Larven unterm Mutter-
schild, beschildete Larven. — Santa Uruz, auf Dracaena draco, Blatt;
Mitte Februar 1911: $P ad. in Ex. 2. Stad., 2 ad. (comm. Herr H. Schmidt
und Herr Konsul J. Ahlers-Santa Cruz).
= Chrysomphalus ficus Ashm.
Tenerife: Santa Cruz, Marina, auf Hedera helix (kult.), Blatt-
unterseite; am 4. IX. 1910: ?% ad. und solche mit Ovarialeiern (Larven
erst vereinzelt erkennbar). — Puerto de la Cruz, Anlagen des Hotels
Humboldt, auf Fleus sp. und Citrus aurantium, Blatt, ziemlich zahlreich;
am 16. VIII. 1910: Larven in der Umwandlung zum 2. Stad., 22 ad. jung
und solche mit Ovarialeiern (Larven zum Teil entwickelt); Sg! ad. unterm
Schild.
Gattung Oryptaspidiotus Lindinger.
Cryptaspidiotus aonidioides sp. n.
Schild des $ klein, braun, kapselartig, mit dickeren Zuwachsstreifen,
etwas länglich, fast walzenförmig bis elliptisch, mit spitzerem Hinterende,
l mm lang, 0,5--0,75 mm breit. Schild des 9 braun, elliptisch, 0,75 mm
lang, 0,4 mm breit. Larvenhaut dem Kopfende genähert.
Larve (Exuvie) oval, dunkelgelb, 0,37 mm lang, 0,25 mm breit.
Analsegment (Abb. 10b) mit großen, zusammenneigenden, am Innenrand
ein-, am Außenrand zweimal gekerbten Mittellappen und 2 P,, diese am
Ende dreizähnig.
Zweites Stadium (Exuvie) braun (jung farblos), breit-birnförmig,
0,6—0,8 mm lang, 0,5 - 0,7 mm breit. Analsegment bei / und 2 (Abb. 10e)
mit großen, vorstehenden, braunen, dreilappigen Mittellappen und farb-
losen, stumpfkegeligen oder breitgerundeten L, und L,. L, oft kaum an-
gedeutet. 2 P,, schmal, am Ende verbreitert und kurz dreizähnig; 2 P;,
breiter, gegen das Ende verschmälert, am Ende oder auch am Außenrand
gezähnt; 2 P; ebenso, nur länger; (0—1)P,, einfach, dolchförmig. Haare
kräftig, dornartig, dorsal jederseits 4, ventral je 1. Stiemendrüsen 0.
Erwachsenes Weibchen rundlich, 0,5—0,75 mm lang, 0,45 bis
0,65 mm breit, gelblich mit braunem Hinterrand (Abb. 10a). Analsegment
(Abb. 10e) mit 3 Lappenpaaren. Mittellappen groß, parallel, durch größeren
39 L. Lindinger,
Zwischenraum getrennt, braun; L, und L, farblos, gerundet mit gekerbtem
Unterrand oder ganzrandig, breiter als lang. Von Platten nur 1 P,, wenig-
zähnig. Haare kräftig, dornartig, dorsal je 4, ventral je 3. Perivaginal-
und Stigmendrüsen 0. An der Grenze des Analsegments geren das nächste
4
Abb. 10. Uryptaspidiotus aonidioides Lindgr.
agad., Sl. Analsegment (dorsal) d der Larve, ce des Z und 2 2.Stad., d des Z
3. Stad., e des 2 ad. b—d >< 665. In e das mit + bezeichnete Haar falsch gezeichnet,
es steht nicht dorsal, sondern ventral.
Segment 4 halbmondförmige Chitinverdickungen, von denen die mittleren,
größeren oft zu einer verschmelzen. — Kryptogyn, vivipar. 2 ad. höchstens
2 Larven zur Zeit enthaltend.
Tenerife: Zwischen Icod und Garachico, auf Laurus canariensis
Afrikanische Schildläuse IV. 23
(H.), Blatt, auf beiden Seiten vorzugsweise an den Adern sitzend, oft
krustig gehäuft, äußerlich der Aonidia lauri auffallend ähnlich; im IV. 1894:
2 2. Stad. in der Larvenhaut, 22 2. Stad. jung und erwachsen, 22 ad.
und solche mit Larven, freie Larven in der Exuvie 2. Stad., 4'c0' 2.—4. Stad.,
erwachsene J'c' (5. Stad.) unterm Schild. — (An der Nährpflanze fanden
sich auch Gallen von Trioza alacris Först.)
Palma: Barranco del Rio, auf Apollonias canariensis (B.), Blatt;
im III. 1906: 22 ad. mit Ovarialeiern (Larven entwickelt).
Cryptaspidiotus barbusano Lindgr.
Chrysomphalus barbusano; Lindinger, Berl. Entomol. Zeitschr. LII,
(1907) 1908, p. 101f. — Zeitschr. f. wiss. Insektenbiologie V, 1909, p. 105.
— Üryptaspidiotus barbusano; Lindinger, Zeitschr. f. wiss. Insekten-
biologie VI, 1910, p. 156.u. 192.
Schild des ?ad. bis 0,94 mm lang, 0,55 mm breit, annähernd kreis-
rund, kreiselförmig erhaben, mit verschmälertem Grund aufsitzend, bräunlich-
rot bis dunkelrotbraun, die die Exuvie 2. Stad. umgebende, am Schild des
Qad. samt der Larvenhaut meist abgefallene Schildmasse mehr gelblich-
braun. Larvenhaut in der Mitte. Rückenschild gegen die Mitte erhoben,
etwa wie ein flaches Chinesenhütchen. — Schild vom 2. Stad. (in einem
gut erhaltenen Exemplar, 5?) 0,49 mm lang, 0,45 mm breit, annähernd
kreisrund, Larvenhaut intensiv dunkelgelb, Schildmasse bräunlich oder
schwach gelblich, mitunter fast farblos, gleichmäßig konzentrisch geschichtet,
von Schicht zu Schicht nach dem Rand zu dünner werdend. — Schild der
Larve unbekannt.
Larve (an der Exuvie gemessen) 0,55 mm lang, 0,31 mm breit, an-
nähernd kreisrund oder breit-eiförmig, mit einem Lappenpaar und mehreren
kurzen dolchartigen Fortsätzen, soweit dies an den aus den Schilden
herauspräparirten Häuten zu erkennen war. Lappen am Außenrand ge-
kerbt, zweilappig mit großem, gerundetem Innenläppchen (Abb. 11a).
Zweites Stadium (9, an der Exuvie gemessen) 0,63 mm lang,
0,58 mm breit, tot rotbraun, annähernd kreisrund mit kurzem, breit an-
gesetztem Hinterrand. Dieser ähnlich wie bei Aspediotus orientalis mit
3 Lappenpaaren und 18 Platten. Mittellappen am größten, breit, gerundet,
Innenrand ungekerbt, Außenrand mit 1 bis 2 Kerben; 1. Seitenlappen
(2. Lappen) kleiner, sonst ähnlich, 2. Seitenlappen ebenso, oft auch drei-
lappig, kleiner als der 1. Seitenlappen. Platten: zwischen den Mittel-
lappen 2, an der Seite häufig mit kleinen Zähnen, an der Spitze gabelig,
Zähne etwa halb so lang als die Platte; zwischen Mittel- und 1. Seiten-
lappen 2, entweder an der Spitze dreizähnig oder mit erobzähnigem
Außenrand; zwischen 1. und 2. Seitenlappen 3, innere meist ungeteilt
24 L. Lindinger,
dolchförmig, die beiden anderen mit langem Endzahn und grobzähnigem
Außenrand oder gegabelt mit längerem Innenzahn; nach dem 2. Seiten-
lappen 3, innere ungeteilt dolchförmig, die beiden anderen breit, an der
Spitze dreizähnig mit kurzem Mittelzahn und langen Seitenzähnen, von
denen der äußere oft mehrmals länger als der ungeteilte Plattenteil ist.
Diese beiden äußersten Platten erinnern entfernt an die karakteristischen
Abb. 11. Uryptaspidiotus barbusano Lindgr.
Hinterende a der Larve, b des 2 2. Stad., ce des ? ad. a und 5 = 760, ce x S50.
(Aus der Zeitschr. 1. wiss. Ins.-biol.).
Fortsätze von Aspediotus pernaciosus. Platten länger als die Lappen, vom
Mittellappen an nach außen stets länger werdend (Abb. I1b).
Erwachsenes Weibchen dauernd in der Exuvie des zweiten
Stadiums eingeschlossen, in emem Fall 0,56 mm lang, 0,51 mm breit, mit
rückgebildetem Hinterrand, oval, in der Mitte am breitesten. Analsegment-
rand etwa stumpf-dreieckig, Hinterrand olne Platten, mit 2 deutlichen,
Afrikanische Schildläuse IV. 35
aber stark rückgebildeten, dunkler gelben Mittellappen mit stumpfkegelig
vorgezogener Mitte sowie einigen weiteren cerista-artigen Lappenrudimenten.
Perivaginaldrüsen fehlen. Am Seitenrand des Cephalothorax jederseits
ein nach unten gerichteter, kurzer, zahnartiger Vorsprung. Antennen
1—2gliedrig (Abb. 11c).
Auf den Blättern von Apollonias canariensis (= Phoebe barbusano).
Neneritee Nasanana, Cumbre, 90m. M.(B.); am, 13: VIE 1900:
9? ad. und solche kurz vor der Umwandlung aus dem 2. Stadium. —
Lorbeerwald von Las Mercedes, 900 mü.M.; am 11. VIII. 1910: leerer
Schild vom 2 2.Stad. — Orotava (B.); am 2. IV. 1901: 22 ad., leeres
&' Schild.
Palma: Barranco delRio, 600 m ü.M. (B.); im III. 1906: 22 ad.
mit Ovarialeiern (Larven entwickelt). — Barranco Carmen bei Sta. Cruz
de la Palma, 250 mü.M. (B.), in Menge; am 23. IV. 1901: .alle Stadien.
— . Bei Brena Baja, 400m ü.M. (H.); am 10. V. 1901: 92 ad.'in..der
Eibildung.
Gattung Targionia Signoret.
Targionia (?) campylanthi sp. n.
Das mir vorliegende Material dieser Art ist sehr gering und so schlecht
erhalten, daß die Beschreibung große Lücken enthält. Der Schild scheint
weißlich zu sein. Das 2. Stadium ist mir unbekannt, so daß auch die
Gattungszugehörigkeit frazlich bleibt.
Abh. 12. Targionia (?) campylanthi Lindgr.
Hinterrand a der Larve, b des 2 ad. >< 627.
96 L. Lindinger,
Larve jung breit-oval, 0,2 mm lang, 0,15 mm breit. Hinterrand
ohne Platten, mit 1 Lappenpaar (Abb. 12a). Mittellappen unsymmetrisch
mit geradem, ganzrandigem Innen- und gekerbtem Außenrand. Unterrand
abgestutzt, Grund breit.
Erwachsenes Weibchen birn- oder eiförmig mit spitz zulaufendem
Analsegment (parasitirt), 0,95 mm lang, 0,6 mm breit. Analsegment (Abb. 12b)
ohne Platten, mit weit hervorragenden, sich am Innenrand berührenden,
im Umriß dreieckigen braunen L, mit gekerbtem Außenrand. L;s und L,
breit, abgerundet, farblos. Haare 14, 8 dorsal, 6 ventral, lang und stark.
Um die zwischen L, und L, sowie L, und L, befindlichen Drüsenmündungen
starke Chitinverdicekungen. Am dorsalen Außenrand von L, eine kleine
Randdrüse. Perivaginal- und Stigmendrüsen 0.
Tenerife: zwischen Santa Cruz und San Andres, auf Campyl-
anthus salsoloides (B.), Zweig; im IV. 1901: 1 Larve, 1 9 ad., SQ ad.
parasitirt.
Gruppe Diaspides.
Gattung Chionaspis Signoret.
Chionaspis canariensis sp. n.
Schild des 2 weiß mit gelben Exuvien, gewölbt, langgestreckt,
schmal, 2—3 mm lang, 0,6—0,8 mm breit. — Schild des / schmal-linealisch,
1,57 mm lang, 0,3 mm breit, schneeweiß.
Larve (Exuvie) elliptisch, am Kopfende mit breiter Einbuchtung,
0,38—0,4 mm lang, 0,2—0,24 mm breit.
Zweites Stadium (Exuvie) elliptisch bis oval, dann hinter der Mitte
am breitesten, 0,75—0,8 mm lang, 0,35 —0,5 mm breit. Analsegment ähnlich
wie beim 2 ad., mit 3 Lappenpaaren.
Erwachsenes Weibchen rötlichgelb oder rot mit dunklerem Anal-
segment, elliptischh 1—1,3 mm lang, 0,4—0,5 mm breit. Analseement
(Abb. 13) mit 3 Lappenpaaren. Mittellappen auseinanderspreizend, ganz-
randig oder mit fein krenelirtem Innenrand, am Außenrand von 2 Platten
überragt, an deren Dorsalgrund eine Randdrüsenmündung. Dann eine
kurze, spitze Platte, zweiter, ganzrandiger oder schwach dreilappiger,
gerundeter Lappen, dritter, kleiner, am Ende gerad abgestutzter oder
gerundeter Lappen, überragt von 2 Platten, dann manchmal eine 3. Platte,
darauf zweimal je 2 kegelförmige, oft kurz zugespitzte, mehr und mehr
breiter werdende Vorwölbungen mit je 1 Randdrüsenmündung, dazwischen
eine breite, schwachgezähnte Vorwölbung und in großem Abstand noch
zweimal 1—2 Platten oder erst 2 und dann 1. Haare wenige, schwach.
Stigmendrüsen 0, Perivaginaldrüsen in 5 Gruppen, 11—14 : 15—19 : 78:
Afrikanische Schildläuse IV. 37
18—14 : 13—11. Besonders bezeichnend sind die 2 inneren zugespitzten
Drüsenmündungen d (siehe Abb. 13).
Gran Canaria: Auf den Hügeln beim Hafenort von Las Palmas,
auf Plocama pendula (H.), Blatt; am 12. VII. 1889: 22 2. Stad. in der
Larvenhant, 92 ad. in Exuvie 2. Stad., 2? ad. mit Ovarialeiern. — Zwischen
Las Palmas und Sta. Brigida, zahlreich, auf Plocama pendula (B.), auf
Blättern und Zweigen; im IV. 1905: alle Stadien. — Bei Tafira, 4—500 m
ü.M., auf Micromeria ericifolia (H.), Blatt; am 15. V.1900: Q ad. — Barranco
de San Felipe, auf Mecromeria linki (B.), Blatt; im I. 1906: 22 ad.
mit Ovarialeiern, Eier unterm Mutterschild, leere 5' 5! Schilde. — Barranco
de Fatarga, 250 m ü.M., auf Ruta oreojasme (B.), Blatt; im V. 1908:
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Abb. 13. Chionaspis canariensis Lindgr.
Hinterrand vom 2 ad., X 733.
QP ad. mit Ovarialeiern. — Baia del Confital, auf Cneorum pulverulentum
(B.), Blatt; im II. 1906: 22 ad. mit Ovarialeiern, leere 'c? Schilde.
Tenerife: Santa Uruz, auf Micromeria teneriffae (ded. Rübsaamen),
Blatt; im VI. 1900: 22 ad. mit Ovarialeiern, J'c ad. unterm Schild. Auf
Micromertia terebinthacea (H.), Blatt; am 27. V. 1900: 2 ad., 5 4. Stad.
— Barranco Taodio bei Sta. Cruz, auf Plocama pendula, auf Blättern,
Zweigen und Früchten; am 13. VIII. 1910: 22 ad. mit ÖOvarial-
eiern, leere Jo! Schilde. — Barranco de Bufadero, auf Plocama
pendula (B.), Blatt; am 18. III. 1905: 2 ad. mit Ovarialeiern, Eier und
Larven unterm Mutterschild. — Barranco Hondo bei Güimar, 4—500 m
ü. M., auf Micromeria terebinthacea (B.), am 6. VII. 1900: 22 ad. mit
28 L. Lindinger,
Ovarialeiern, leere 5! o' Schilde. — Puerto dela Cruz, Barranco NMartiänez,
auf Micromeria sp. (B.), Blatt, und Salsola longifolia (B.), Blatt; am 5.1V.1901:
Q9P ad. (parasitirt). — Icod, auf Plocama pendula (H.), Blatt; im IV. 1894:
92 ad. in Exuvie 2. Stad., 22 ad. mit Ovarialeiern. — Garachico, auf
Plocama pendula (B.), Blatt; am 23; V. 1900: 22 ad. — Punta Teno,
auf Oneorum pulverulentum (B.), Blatt; am 7. 11. 1905: 2 2. Stad. in der
Larvenhaut, 22 ad., Eier und Larven unterm Mutterschild, leere 5’ 5 Schilde.
Gomera: Lomito de Fragoso, auf Micromeria sp. (B.), Blatt; im
III. 1905: 2 ad. mit ÖOvarialeiern.
Palma: Barranco Madera bei Sta. Cruz, auf Mecromerta sp. (B.),
Blatt; am 21. IV. 1901: Ag und 22 2. Stad., 22 ad. — Barranco Rio
bei Sta. Cruz, 250 m ü. M., auf Micromeria sp. (B.), Blatt; am 21. IV. 1901:
fc 2. Stad. in der Larvenhaut, Pr ad. mit Ovarialeiern, Eier und Larven
unterm Mutterschild. — Barranco Carmen, auf Micromeria sp. (B.),
Blatt; am 20. IV. 1901: 22 ad. (parasitirt). — Barranco de las An-
gustias bei Llanos, 400 m ü. M., auf COytisus filipes (B. u. H.), Zweig,
zahlreich, am 18. IV. 1901: 22 ad. mit Ovarialeiern, Eier und Larven
unterm Mutterschild.
Gattung Diaspis Costa.
Diaspis atlantica sp. n.
Schild weiß mit gelben exzentrischen Exuvien, 2 mm lang, l mm
breit, hinter der Mitte am breitesten, am Ende gerundet. — Larve?
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Abb. 14. Diaspis atlantica Lindgr.
Hinterrand vom 2 ad. >< 427.
Afrikanische Schildläuse IV. 29
Zweites Stadium (Exuvie) birnförmig, etwa 0,8 mm lang, 0,65 mm
breit.
Erwachsenes Weibchen birnförmig, rot, 1,2 mm lang, 1mm
breit. Hinterrand (Abb. 14) gelb, mit 2 Lappenpaaren. In der Mediane
eine auf die Dorsalseite zurückgezogene Drüsenmündung, dann 1 ventrales
Haar, kleiner, am Ende gezähnter Lappen mit 1 vorgezogenen gröberen
Zahn, dorsales Haar, Platte, Drüsenmündung, großer, gerundeter, im Umriß
spatelförmiger Lappen, dorsal davon 1 starkes Haar, dann 1 kleines
ventrales Haar, 2 Platten, deren innere länger, 2 Drüsenmündungen auf
breiten, chitinisirten, gelben, gezähnten Vorwölbungen, dorsales und ven-
trales Haar, Platte, 2 breit-kegelförmige Vorwölbungen mit Drüsen-
mündungen, dorsales Haar, Platte, ventrales und dorsales Haar, Platte,
nochmals eine Drüsenmündung mit breit-kegelförmigem Vorsprung, 4 Platten.
Perivaginaldrüsen in 5 Gruppen (8:13:8:12:8).
Hierro: bei Sabinosa, auf Juniperus phoenicea (B.), Blatt; am
6. V. 1901: 2 ad. mit Ovarialeiern.
Diaspis barrancorum sp. n.
Schild des 2 dünn, rund, 2 mm im Durchmesser haltend, schmutzig-
weiß mit gelben, exzentrischen Exuvien. Schild des 5 schmal, linealisch,
1 mm lang, 3 mm breit, mit schwachem Kiel längs der Mittellinie, Larven-
haut am Kopfende.
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Abb. 15. Diaspis barrancorum Linder.
Hinterrand a der Larve, X 551; b des 2 2. Stad., x 378; c des 2 ad., x 378.
30 L. Lindinger,
Larve (Exuvie) eiförmig, 0,4—0,45 mm lang, 0,25 mm breit. Anal-
segment (Abb. 15a) mit wenigen dolchförmigen Platten und 8 Lappen,
von denen nur die beiden innersten gut entwickelt sind, diese breiter als
lang, ungekerbt.
Zweites Stadium (Exuvie) breit-birnförmig, 0,65 mm lang, 0,6 mm
breit, mit dreieckigem Analsegment. Dieses (Abb. 15b) mit 3 Lappen-
paaren. Mittellappen unsymmetrisch, mit ganzrandigem oder schwach
sekerbtem Innenrand, auseinanderstrebend und durch einen Zwischenraum
getrennt, in den 2 kurze, ventral stehende Haare hineinragen. Nach L,
eine dolchförmige Platte, dann kegelförmige Drüsenmündung, L, und L,
ganzrandig, im Umriß spatelförmig, gerundet, L, zweimal so groß als L;,
dann 2 breite, im Umriß dreieckige Drüsenmündungen, 1 breite, dolchförmige
Platte, breit dreieckige Drüsenmündung, 2 Platten.
Erwachsenes Weibchen breit-birnförmig, 1,45 mm lang, 1,15 mm
breit, mit breit-dreieckigem Analsegment. Hinterrand (Abb. 15c) mit
5 Lappenpaaren. Mittellappen zurückliegend, breit spatelförmig, ganz-
randig, etwas unsymmetrisch. Gliederung bis L; wie beim 2. Stadium,
dann 1 Platte, 1 Drüsenmündung, L, und L, gerundeter als L;s und L;,
sonst ähnlich, dann Platte, 2 Drüsenmündungen auf breitsitzenden, stumpf-
spitzigen oder am Außenrand stumpfzähnigen, im Umriß dreieckigen Vor-
wölbungen, 3—4 Platten, 1 breite, gerundet kegelförmige oder mit langem,
stumpfzähnigem Außenrand versehene Vorwölbung mit Drüsenmündung,
5—7 Platten, deren äußerste auf isolirter Vorwölbung sitzend. Am Rand
des nächsten Segments 6—7 Platten. Stigmen- und Perivaginaldrüsen 0.
Auf dem Analsegment dorsal zahlreiche Drüsen ähnlich den Randdrüsen.
Tenerife: Valle de Taoro, östlicher Barranco zwischen E] Cipres
und Puerto de la Cruz, in Menge auf wenigen Bäumchen von Zuphorbia
regis-jubae,; im VII. 1910: 22 und So! 2. Stad. in der Larvenhaut, 22 ad.
in Exuvie 2. Stad., P2 ad. mit Ovarialeiern, Larven unterm Mutterschild.
* Diaspis boisduvali Sign.
Tenerife: Puerto dela Cruz, in einem Garten, auf Areca sapida,
Blatt; am 22. VIII. 1910: Q2 ad. in und nach der Eiablage, Larven unterm
Mutterschild, beschildete Larven, Larven in der Umbildung zum 2. Stadium,
fc ad., leere Sc" Schilde.
* Diaspis echinocacti (Bouche) Fern.
Syn. Diaspis calyptroides Costa; D. cacti Comst.; D. opunticola Newst.
Gran Canaria (ohne nähere Bezeichnung), auf Opuntia, sehr dichte
Besiedelung (St.-Ber. VIII. 1906, p. 8). — Puerto de la Luz, an der
Straße nach Las Palmas, auf Opuntia.
Afrikanische Schildläuse IV. al
Tenerife: Santa Cruz, am Weg nach dem Hotel Quisisana und
an den Hängen des Barranco Taodio. — Valle de Taoro, mehrmals;
in ungeheurer Zahl, die Nährpflanze völlig bedeckend, im östlichen Barranco
zwischen EI Cipres und Hotel Humboldt. — Auf Opuntia, zweifellos ver-
breitet. Am 1b. VIII. 1910: 22 ad. mit Ovarialeiern, J'c' ad., Larven
unterm Mutterschild, beschildete Larven im Übergang zu ae. 2. Dtadı,
fc 2. Stad. in der Larvenhaut. Das 2. Stadium des 9J' weicht wie bei
vielen Diaspides (z. B. Frorinia) vom gleichen Stadium des 2 in der Aus-
bildung des Hinterrandes stark ab, so sind die Mittellappen spitz und
dreizähnig. Schild des 2 ad. meist einseitig in eine stumpfe Spitze ver-
längert, mit exzentrischen Exuvien, bräunlich, nicht wie bei amerikanischen
Exemplaren grünlich.
* Diaspis rosae (Bouche) Siegen.
Tenerife: Valle de Taoro, überall in Gärten, Hecken, in Barrancos
und an Mauern auf Rosa und Rubus, die Triebe oft lückenlos bedeckend
(vergl. Tafel II,); 16./21. VIII. 1910: 22 ad. jung, solche mit Ovarialeiern
(Ei bis entwickelte Larve) und solche nach der Eiablage, unbeschildete
Larven unterm Mutterschild, &'o 2. Stad. in der Larvenhaut, "co! ad.
— Das co 2. Stad. stimmt in der Ausbildung des Hinterrandes nicht mit
dem 2 2. Stad.; das von Börner (Zool. Anz. XXXV, 1910, p. 556, Fig. 5,
und Naturwiss. Wochenschrift 1910) als 9' 3. Stad. abgebildete Tier ist
in Wirklichkeit das 5 2. Stad., wie man an den noch in der Larvenhaut
eingeschlossenen Tieren unwiderlegbar feststellen kann.
* Diaspis visci (Schrank) Löw.
Syn. Diaspis juniperi (Bouche) Sign.; D. juniperi (Bouch6) Sign. var. visci (Schrank) Lindgr.
Tenerife: Puerto de la Cruz, botanischer Garten, auf Cupressus;
22. VII. 1910: einige leere Zc' Schilde.
= Diaspis zamiae More.
Tenerife: Orotava (Puerto de la Cruz ?), auf Dioon edule, Frucht-
zapfen; am 1. X. 1907: 22 ad. in Exuvie 2. Stad., 22 ad. mit Ovarialeiern
(z. T. Larven ziemlich entwickelt). (Comm. Bot. Mus. Hamburg.)
Gattung Hemichionaspis Cockerell.
* Hemichionaspis minor (Mask.) Cool.
Gran Canaria: Las Palmas, auf Agave americama, Blatt.
(St.-Ber. XI, 1909, p. 6.)
L. Lindinger,
oo
185)
Gattung Lepidosaphes Shimer.
* Lepidosaphes pinniformis (Bouche) Kirk.
Gran Canaria: Las Palmas, auf Codiaeum variegatum, Blatt-
unterseite; am 7. IX. 1904: 22 ad. mit Ovarialeiern, Eier unterm Mutter-
schild, fc! 2. Stad. in der Larvenhaut, 2 ad. in Exuvie 2. Stad, Zcd
3. 8tad. (St.).
Tenerife: Valle de Taoro, auf Crtrus aurantium, Stammorgane und
Blatt (vergl. Tafel III,), die Bäume tötend; am 16./18. VIII. 1910: PP ad.
mit Ovarialeiern, Eier unterm Mutterschild (Larven in verschiedenen Ent-
wicklungsstadien), 7 co! 2. Stad. in der Larvenhaut, Z'o"' 2. Stad. in der
Umbildung zum 3. Stad., Sc? 4. Stad., Sc! ad. (5. Stad.) unterm Schild.
— Puerto de la Cruz, in einem Garten, auf dem Stamm von Wigandia
caracasana; am 16. VIII. 1910: 2 ad. tot mit Eiern und Larven unterm Schild.
*= Lepidosaphes pomorum (Bouche) Kirk.
Tenerife: ? Canadas, auf Spartocytisus nubigenus (Luff, Entomol.
Monthl. Mag. Sec. Ser. IV, 1893, p. 138: „from the peak of Teneriffe on
Oytisus nubigenus at 7—8000 ft., collected there by Mr. D. Morris, of
Kew Gardens.“ — Reh, Allgem. Zeitschr. f. Entomol. IX, 1904, p. 21).
Gruppe Parlatoreae.
Gattung Leucodiaspis Sign.
Leucodiaspis pusilla (Löw.) Lindgr.
Tenerife: (ohne nähere Bezeichnung) auf Pinus canariensis (1821).
(Lindinger, Die Schildlausgattung Leucaspis, p. 46, Jahrb. d. Hamb.
Wiss. Anst. XXIII, 1905, 3. Beih. 1906.) — Chasna (Vilaflor), zwischen
1500 u. 2400 m ü. M., auf Pinus canariensis; im VI. 1905: Q ad. mit ab-
gelegten, unentwickelten Eiern in der Ex. 2. Stad. (Lindinger, Beiträge
zur Kenntnis der Schildläuse und ihrer Verbreitung. Zeitschr. f. wiss. Insekten-
biologie XV (VD), 1910, p. 437 (1. 1911).) — Esperanza bei La Laguna,
600—800 m ü. M., auf Pinus canariensis (B.), am 9. VI. 1900: 2 ad. tot. —
Finca de Portezuelo (zwischen Tacoronte und La Laguna, beim Caserio
de Guamaza), auf Pinus canariensis. — Valle de Taoro: Zwischen Villa
Orotava und El Cipres, auf Pinus canariensis. Puerto de la Cruz,
Anlagen des Hotels Humboldt, auf Pinus maritima. Montaneta de la
Horca, auf Pinus austriaca, P. maritima und P. pinea. Im VIII. 1910:
QP ad. und solche mit Ovarialeiern, leere 5'5' Schilde. — Fast immer
sehr zahlreich.
Palma: Barranco del Rio, 700 m ü. M., auf Pinus canariensis (B.);
am 29. Il. 1905. 2ad410t
Afrikanische Schildläuse IV. 33
Gattung Parlatorea Tarsioni.
= Parlatorea calianthina Berl. et Leon.
Tenerife (Valle de Taoro): El Cipres, zwischen Villa Orotava
und Puerto de la Cruz, auf Cdtrus aurantium, sehr starke, krustenartige
Besetzung der Stammorgane; am 16. VIII. 1910: Larven unterm Mutter-
schild, 22 2. Stad., P2 ad. in Exuvie 2. Stad., 22 ad. jung und solche mit
Ovarialeiern. — Das Qad. besitzt zwischen 3. und 4. Lappen drei Platten
(Leonardi gibt vier an).
Unterfamilie Lecaniinae.
Gattung Ceroplastes Gray.
#* Ceroplastes cerifer (Anders.) Sien.
Gran Canaria: Las Palmas, auf Aralka sp. (St.). Ohne Zweifel
nur eingeschleppt. Die Tiere sind schlecht erhalten, die Bestimmung ist
daher nicht völlig sicher.
* Ceroplastes rusei (L.) Sign.
Tenerife: Montaüeta de la Horca, auf Ficus carica fr. alb. —
Puerto de la Cruz, am Weg nach dem botanischen Garten, auf Argyr-
anthemum frutescens.
Gattung Lecamium Burmeister.
*= Lecanium hemisphaericum Targ.
Tenerife: Puerto de la Cruz, im einem Garten, auf Solanım
capsicastrum®; am 22. VIII. 1910: Eier unterm toten ?ad. — El Cipres
bei Villa Orotava, auf Cycas revoluta, Blatt; am 16. VIII. 1910: Qad.
= Lecanium hesperidum (L.) Burm.
Tenerife: Santa Cruz und im Valle de Taoro, auf Nerium
oleander; im VIII. 1910: 22 ad. mit Ovarialeiern (Larven entwickelt), freie
Larven. — Santa Uruz, auf Micromeria teneriffae (Reh, Allgem. Zeitschr.
f. Entomol. VIII, 1903, p. 457); VI. 1900: 22 ad. mit Ovarialeiern.
Palma: Barranco de las Angustias bei Llanos, 400 m ü. M.,
auf den Zweigen von Cytisus filipes (B.), zahlreich; am 18. IV. 1901:
gP ad., entwickelte Larven bergend.
ee)
24 L. Lindinger,
Lecanium oleae (Bern.) Walk.
Gran Canaria: Las Palmas, auf Agave americana, Blatt; am
12. V. 1906: tote 22 mit Eiern (St.-Ber. VIII, 1906, p. 8); auf Myrtus
commaunis (St.-Ber. XI, 1910, p. 7). — Barranco de Guiniguada, auf
Rhammus crenulata (B.), am 25. III. 1900: 22 ad.
Tenerife: (ohne nähere Bezeichnung) auf Lotus peliorhynchus, Zweig
(St.-Ber. VIIL, 1906, p. 8). — Wald bei Taganana, 1000 m ü. M., aut
Jlex canariensis (B.), Blattunterseite; am 9. IV. 1901: 2 ad. und solches
mit Ovarialeiern (Larven entwickelt). — Cortadura, 300 m ü.M., auf
Convolvulus virgatus (B.), Zweig; im IV. 1906: 92 ad. — Finca de
Portezuelo, auf Erica arborea, am 1. IX. 1910: tote 22 mit Eiern. —
Puerto de la Cruz, auf Adiantum und Asplenum (St.-Ber. XI, 1909,
p. 6). — Montaäüeta de la Horca, auf lcus carica fr. alb., Früchte
und Zweige; am 28. VIII. 1910: 22 ad. mit Larven.
Gattung Pulvinaria
Targioni.
Pulvinaria plana sp.n.
Erwachsenes Weibchen
/ flach, 3 mm lang und breit,
/ im Umriß etwa gerundet-
dreieckig mit spitzerem Kopf-
teil und jederseits 3 flachen
Einbuchtungen (Abb. 16a).
Am Grund der ersten Ein-
buchtung ein Augenfleck, in
den beiden (4) anderen je
1 starker dorsaler Dorn und
2 kürzere ventrale Dornen,
am ganzen Rand zahlreiche,
LE meist am Ende gabelige oder
She zu 4 N “: .
BEIEEN mehrzähnige, seltener un-
{ (® \ . =
| | la geteilte Haare (Abb. 16b).
\ } . . .
EN Antennen siebengliedrig 4,
(3, 7), 2, 1, 5, 6. Anallappen
Rat. schmal und lang, mit stumpf-
Abb. 16, Pulvinaria plana Lindgr. C : L &
: dreieckigem freien Ende, ın
a 2 ad., < 5; b Randhaare und -dornen vom 9 ad., &= i j
> 250; ce Antenne der Larve, > 380; d Hinterende deı Körpermitte liegend
der Larve, X 355. (Abb. 16a), am Ende des
Afrikanische Schildläuse IV. 3»
durch die gewaltigen Randlappen des Tieres gebildeten Spalte. Anal-
lappen der Larve (Abb. 16d) im Umriß rhombisch, mit 1 endständigen
langen borstenförmigen Haar. Antennen der Larve (Abb. 16c) sechs-
gliedrig, 6, 3, 2, (4, 5), 1. Eisack flach, in der Hauptsache unter dem
Tier befindlich, überall mit Ausnahme des Kopfteils darüber hinausragend.
Tenerife: El Cipres im Valle de Taoro, auf Laurus canariensis,
Blattunterseite; am 18. VIII. 1910: 22 ad. tot, Eier und junge Larven
im Eisack.
L. Lindinger,
Verzeichnis der Pflanzen und ihrer Schildläuse.
Schildlaus b = auf Blatt, f= auf Frucht, s
& — gallenbildend.
auf Stamm oder Zweig sitzend,
Pflanze Schildlaus Eilanzen- Insel
| teil u. a.
| I
Adenocarpus foliolosus var.
Somergegbiti 2... ı Aspidiotus hederae ...... | bs | Gomera
INdiantumgsper er er Inlecaniumrolenerne b Tenerife
Agave americana ........ Aspidiotus hederae...... b Gran Canaria, Tenerife
ı Hemichionaspis minor... b ' Gran Canaria
| Decanium oleae......... | b | R
Apollonias canariensis ....| Aspidiotus lauretorum ... b ' Tenerife
Oryptaspidiotus aonidioi-
EEE IE. | b Palma
ı Oryptaspidiotusbarbusano, b n. „ Tenerife
Nrallasp ee Ceroplastes cerifer ..... | S Gran Uanaria
Araucarla excelsa......... ı Eriococcus araucariae ... b Tenerife
Agecawsapidar er. Chrysomphalus _ dictyo- |
SIEHT RER | b si
Diaspis boisduvali ...... b R
Argyranthemum frutescens | Aspidiotus canariensis...| S Gomera, Gran Canaria,
| | Tenerife
Ceroplastes rusci........ sb | Tenerife
| Pseudococeus aridorum a sb #
Asplenumsspesser ee | Lecanium oleae......... | e
Campylanthus salsoloides... Targionia campylanthi .. s n
Ceratonia siliqua......... | Aspidiotus hederae ... b |
BETEUSTENE ee | " PR nr | S Gran Canaria
Citrustaurantiumn...... Uhrysomphalus fieus ... . b Tenerife
Lepidosaphes pinniformis | bs | 4
Parlatorea calianthina .., s | >
Cneorum pulverulentum Chionaspis canariensis .., b Gran Canaria, Tenerife
Codiaeum variegatum ...., Lepidosaphes pinniformis | b =
Colteasarabica m... Pseudococeus eitri....... sb Tenerife
ÖConvolvulus virgatus..... Lecanium oleae......... S a
Cordyline indivisa.... | Aspidiotus eyanophylli... b | z
GUpnessusespy SET TLUSPISSWÄSChEr b |
Gyeasireyoluta 2 0... ı Aspidiotus hederae ...... b 5
Lecanium hemisphaericum b 5
Cytisus Alipes nen... Chionaspis canariensis S Palma
Lecanium hesperidum S | "
5 prolter me Aspidiotus rapax ....... Ss Gran Canaria
4 “ var. pal- |
BIEHSISS ; hederae ......, sb | Tenerife
Pseudococeus aridorum ... sb
”
Afrikanische Schildläuse IV. 37
Pflanze Schildlaus anzen. Insel
teil u. a.
|
Dioonzedulersen nr... IDIaSpISBZaN. CE b Tenerife
Dracaena draco........... Aspidiotus lataniae ..... b N
” lauretorum . . . b 2 , Gran Canaria
tinerfensis ...| bs E
Chrysomphalus dietyo-
SDERNaR b x
Hrieasarboreas se: Lecanium oleae......... | S e
Euphorbia aphylla ....... Aspidiotus taorensis..... | sg Gran Canaria, Tenerife
“ regis-jubae.... RR Inusebre: n 5 "
\ Diaspis barrancorum...., sb Tenerife
Kicus) cariea .. ....: Aspidiotus lataniae ..... Ss 5
Ceroplastes rusci..... a f 5
Lecanium oleae........ N Bat 5;
SD an ee - Uhrysomphalus fieus ... | b “
Fureraea gigantea ....... Aspidiotus hederae...... b
Gelsemium sempervirens .. R REN b 5
Globularia salieina ....... ; bornmülleri ... bg e
Graminum spe - .e...0.. Pseudococcus arıdorum .. b 5
Gymnosporia cassinoides.. Aspidiotus gymnosporiae.| b Palma, Tenerife
lauretorum... b Tenerife
Heberdenia excelsa n n b n
Hederashelizer er. | Chrysomphalus fieus. ...., b :
’ „ eanariensis .. Aspidiotus lauretorum...| b n
Hyperieum canariense.....| Re RADAR | s n
h rellexume, ai Br | s Gran Uanaria
Nlex canaliensis ......... u lauretorum .. b Tenerife
Lecammum oleae......... b 5
Seplatyplyllans.. ne Aspidiotus lauretorum .. .\ b =
Juniperus phoenicea...... | Diaspis atlantica ........ b Hierro
Laurus canariensis........ ' Aspidiotus lauretorum b Palma, Tenerife
Oryptaspidiotus aonidioi-
(ER EN b Tenerife
Pulvinaria plana ....... b | "
we mobilis ne. Aspidiotus hederae...... b
Lotus peliorhynchus...... | Lecanium oleae......... s
Magnolia fuscata ........ Aspidiotus hederae... b 3
Micromeria erieifolia ..... Chionaspis canariensis .. b | Gran Canaria
a I | ” x | b \
Speer er 5 ” | b ı Gomera, Palma, Tene-
rife
a teneriflae ..... N b Tenerife
Lecanium hesperidum ... b 2
terebinthacea ., Ohionaspis canariensis .. b a
Myrtus commuwnis......... Aspidiotus rapax ....... b Gran Canaria
\ Lecanium oleae.... S
4
38 L. Lindinger, Afrikanische Schildläuse IV.
Pflanze Schildlaus AZEI- Insel
teil u. a.
| |
Nerium oleander......... Aspidiotus hederae...... n38bas 2 Menerite
Lecanium hesperidum .... bs | „
Opuntiansp.).. re: Dactylopius coceus ...... Sr Gran Canaria, Tenerife
Diaspis echinocacti.:.... a6, SEE ‘ Ä =
Oreodaphne foetens ...... Aspidiotus lauretorum .. .\ b Palma, Tenerife
Persea gratissima........ Pseudococcus longispinus. b Tenerife
Phormium tenax.........| Aspidiotus hederae...... | b 2
Phylloeaetussp.r .r..0.: | Pr a | S Gran Canaria
Pieconia excelsa ......... ; RER ER Tenerife
> lauretorum b Palma, Tenerife
Pinus austriaca .......... Leueodiaspis pusilla.... b Tenerife
„ canariensis ........ | 5 Nee b Palma, Tenerife
„ maritime ie... A| BE a El ET REN b Tenerife
= SPInEae Re e ee | b | =
Plocama pendula......... Chionaspis canariensis .., b sf | Gran Canaria, Tenerife
Rhamnus cerenulata ...... | Zecanium oleae......... | sb n
Rhipsalis sp.2 222 2.0.1.2: ı Aspidiotus hederae...... | s “
RosauSspD Er Diaspismosae nn... sb Tenerife
IRubususp ee | 5 ARTE S | x
Ruta oreojasme.......... Uhronaspis canariensis b Gran Canaria
Salsola longifolia ........ e oe b | Tenerife
Smilax canariensis ....... Aspidiotus lauretorum... A) b | €
Bolanamusp.ten nee Lecanium hemisphaericum Set: 7
Spartocytisus nubigenus .. Aspidiotus lataniae ..... S a
Lepidosaphes pomorum .. S H
hujasspr meet | Aspidiotus lataniae...... b a
Trachycarpus excelsa..... 5 hederae...... b =
Trifolium panormitanum . | Pseudococcus aridorum .. sh "
ViIncarmajor dan ee Aspidiotus hederae ...... | b r
| % rapaza N. | b =
Visnea mocanera......... | = lauretorum...\ b >
Wigandia caracasana..... hr latamiae ...... | S 5
\ Lepidosaphes pinniformis
un
Eingegangen am 6. Februar 1911.
Ausgegeben am 14. März 1911.
Jahrbuch der Hamb. Wissensch. Anstalten. NXVIII. Beiheft 5.
—
Starke Besiedelung von verwilderter Opuntia mit der Cochenille-Schildlaus.
Valle de Taoro. Original. Sehr verklein.
Starken Befall von Coffea arabica durch Pseudococeus eitri. Valle de Taoro.
Original. Schwach vergrößb.
Kanarische Cocciden.
Jahrbuch der Hamb. Wissensch. Anstalten. NXVIIT. Beiheft 3. Tafel II.
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Valle de Taoro.
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Wissensch. Anstalten.
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"TEULSTIO OTORL,
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Kanarische Cocciden.
Zur Kenntnis der Phytophthoreen.
Von Wolfgang Himmelbaur-Wien.
Mit einer Tafel und 14 Figuren im Text.
Anläßlich eines längeren Aufenthaltes in Hamburg zu botanischen
Studienzwecken im Winter 1909/10 übergab mir Herr Professor Klebahn
drei von ihm in Reinkulturen gezogene Pilze der Gattung Phytophthora
zur weiteren Beobachtung. nämlich Ph. Syringae Klebahn, Ph. Fagi
Hartig und Ph.Cactorum Lebert und Cohn. Es handelte sich darum, das
Verhältnis dieser drei Pilze zueinander genauer zu untersuchen und ins-
besondere festzustellen, ob nicht die beiden letztgenannten, die seinerzeit
De Bary unter dem Namen Ph. omnivora vereinigt hatte, doch als ver-
schiedene Arten aufzufassen seien.
Die nachfolgende Arbeit wurde in den Räumen der Botanischen
Staatsinstitute fertiggestellt. Es ist mir ein Bedürfnis, für das liebens-
würdige Entgegenkommen, das mir Herr Professor Klebahn ständig
zeigte, meine aufrichtigste Ergebenheit auszudrücken. Zu großem Danke
bin ich ferner dem leider zu früh verstorbenen Direktor der botanischen
Institute, Herrn Professor Zacharias, verpflichtet und ebenso dem Vor-
stand der Station für Pflanzenschutz, Herrn Professor Briek, die mir
beide in liberalster Weise die Mittel ihrer Institute zur Verfügung stellten.
Ferner danke ich allen anderen Herren der Institute, die mich m
meinen Bestrebungen mit großer Bereitwilligkeit unterstützten, auf das
herzlichste.
De Bary beschrieb im Jahre 1881 eine Phytophthora, die er zuerst
1878 auf (Tleome violacea entdeckt hatte'!). Späterhin fand er diesen Pilz
auch auf Alonson caulialata, Schizanthus pinnatus, Gilia capitata, Fago-
pyruım marginatum und tataricum sowie auf Clarkia elegans. Er stellte
mit diesem Pilz noch weitere Untersuchungen an und infizierte Lepidium
sativum, Oenothera biennis, Epilobinum roseum, Salpiglossis sinuata und
Sempervivum-Rosetten. Auch Buchen und Cereus speciosissimus, ferner
C. peruvianus waren einer Infektion zugänglieh. Da diese Phytophthora
1) Bei den Autoren siehe das Literaturverzeichnis am Schlusse.
410 Wolfgang Himmelbaur.
nit Pilzen, die Lebert und Cohn 1575 auf Kakteen (als Peronosporu
Caectorum), Hartig 1875 auf Faguskeimlingen, Schenk ebenfalls 1875
auf Sempervivrum-Arten (als Peronospora Sempervivı) gefunden und beschrieben
hatten, eine gewisse habituelle Ähnlichkeit aufzuweisen schien, und da
namentlich die Übertragung von De Barys Pilz auf Kakteen, Buchen-
blätter und Sempervivum-Laubrosetten leicht gelang, hielt De Bary seinen
Pilz für identisch mit den andern drei und gab ihn im Hinblick auf seine
zahlreichen, miteinander wenig verwandten Wirte den Namen: Phytophthora
OMNEVOTA.
Diese Bezeichnung war durchaus berechtigt, denn die von den
anderen Forschern entdeckten Pilze waren ebenfalls omnivor!),. Lebert
und Cohn (1875) hatten die Phytophthora (Peronospora) Cactorum auf Cereus
giganteus und Melocactus tomentosus gefunden, Hartig (1882) seinen Pilz
außer auf Buchen auch auf Ahorn, Fichte, Kiefer, Lärche und Tanne
festgestellt, die Ph. (P.) Semperviri war von Schenk (1875) auf Semper-
vivum albidum, tectorum, glaucum und stenopetalum entdeckt worden.
Klebahn imfizierte viel später (1909) mit Ph. Fagi, Salpiglossis sinuata,
Lepidium, Oenothera biennis, Sempervivum, Kakteen und Flieder. Seine
Phytophthora Syringae, die wohl in die unmittelbare Nähe der unter dem
Namen ommivora zusammengefaßten Pilze gehört, kann auf Flieder,
Liguster, ‚Jasmin, Forsythie, Orataegus Oxryacantha, Pirus communis, Fagus,
Chionanthus virginica, Sempervivum und Kakteen leben. Phytophthora
Cactorum will Bubäk (1910) auf Pirus gefunden haben. Obzwar das für
Ph. Cactorum charakteristische Myzel auf der beigegebenen Tafel nicht
ersichtlich ist, spricht die große Variabilität der Konidien’) (Fig. 10—18)
für eine Identität mit Phyt. Cactorum. Mir glückte es, den Kakteenpilz
auf Zweige von Liguster, Jasmin, Forsythie, COrataegus, Fagus, Flieder
und auf Keimlinge von Fagopyrum eseulentum sowie Olarkia pulchella zu
übertragen. Die Übertragung erfolgte bei den Sträuchern durch Anlegen von
Pilzmyzel an verletzte Knospen und Umhüllen derselben mit feuchter Watte
und Stanniol, bei den Keimpflanzen einerseits in Töpfen durch Legen von
Myzel auf die jungen Pflänzchen, andererseits in Glasschalen durch im Wasser
schwimmendes Myzel, in die noch die betreffenden Keimlinge geworfen
wurden. Es kam mir bei diesen Infektionsversuchen nicht darauf an, den
Weg oder die Größe des Befalles festzustellen, sondern bloß zu unter-
suchen, ob der Pilz in der betreffenden Pflanze eine geeignete Unterlage
findet. Der Befall wurde dann festgestellt, sobald sich Oosporen, ver-
einzelt oder in größerer Menge, im Wirtsgewebe vorfanden.
') Selbst Phytophlhora infestans wurde 1875 außer auf Solanum-Arten auch auf
Schizanthus Grahami gefunden. (De Bary 1876.)
°) Im folgenden sollen die Ausdrücke: Konidien, Sporangien, Zoosporangien als
gleichbedeutend verwendet werden.
Zur Kenntnis der Phytophthoreen. 4]
Methoden zur Unterscheidung der Pilze.
Für eine kritische Untersuchung der die Phytophthora ommivora
De Bary bildenden Pilze konnte demnach die Frage nach den Wirts-
pflanzen nicht im Betracht kommen, da ja jeder beliebige der drei Pilze
(Ph. Cactorum, Sempervivi, Fagi) so ziemlich omnivor war. Von Interesse
war es jedoch, zu prüfen, wie sich ein und derselbe Wirt allen Pilzen
gegenüber verhalten mochte. Es standen mir, wie schon in den ein-
leitenden Worten bemerkt wurde, Phytophthora Syringae, Ph. Cactorum
und Ph. Fagi zur Verfügung. Ph. Syringae und Ph. Fag’ stammten aus
Reinkulturen, die Herr Professor Klebahn seinerzeit züchtete (1909).
Ph. Cactorum (erhalten von Phyllocactıs sp. 1909) war von Herrn
Dr. L. Peters-Dahlem an Herrn Professor Klebahn zum Studium
gesandt worden. Ph. (Peronospora) Sempervivi wurde, weil sie nicht
erhältlich war, nicht in den Kreis meiner Untersuchungen einbezogen.
Da sich die Untersuchung von vorneherein auf die weniger bekannte
Phytophthora Cactorum Leb. und Cohn bezog, so wurden vor allem
Kakteen mit den drei Pilzen infiziert. Die Impfung geschah in Wunden;
nach derselben stellte ich die Pflanzen unter Glasglocken. Die Impfung
wurde Anfang und Mitte Dezember 1910 zweimal nacheinander bei sämt-
lichen zur Verfügung stehenden Kakteen zu gleicher Zeit vollzogen. Das
(Gesamtergebnis der Infektion sei in folgender Tabelle vor Augen geführt:
Makroskopischer Befund’®) Mikroskopischer Befund
Name des Wirtes)) RE BEER ad ar Be ——-
02) ee: Ö erker
| | Ste sehr sehr ,
Echinopsis Eyriesii....)| Stark | stark | chwach viele | viele yiele
befallen | befallen | Oosporen
befallen | Oosporen | Oosporen
ee
Cereus tephracanthus...!| schwach \ schwach
| . ” | ”
schwach viele viele | wenig
befallen | Oosporen | Oosporen | Oosporen
befallen | befallen
Ser) == ROY ae
Bares Murki | = | schwach viele wenig | viele
Jereus Martianus ..... 2] schwach schwach SEE CL
& befallen Oosporen Oosporen | Vosporen
befallen befallen |
') Die Kakteen waren ganz junge Stecklinge. Deren Bestimmung war demnach
ziemlich erschwert. Aber jedenfalls gehörten die Pflanzen — wenn nicht zur betreffenden
Art — so doch in die nächste Nähe derselben.
2) C, F und S mögen fortan der Kürze halber Phytophthora Cactorum, Fagt
und Syringae heißen.
3) Der Befall von Kakteen wird bei mehreren Autoren ebenfalls als nicht stark
42 Wolfeane Himmelbaur.
Bei den stark befallenen Kakteen bildet sich im Verlaufe von 14 Tagen
unter Rötung des offen liegenden Parenchyms eine große und tiefe Wunde,
die schließlich in Fäulnis übergehen kann. Die + schwach befallenen
Pflanzen erlitten erbsen- bis haselnußgroße Wunden, die dann durch Wund-
kork im Pflanzenkörper isoliert wurden; die schwach befallenen Objekte
zeigten flache linsenförmige Vertiefungen, die aber auch durch Kork vom
übrigen Gewebe getrennt wurden. — Die Epidermis bleibt — wie auch von
anderer Seite bemerkt wurde — intakt und vertrocknet über einem aus zer-
fallenen und zersetzten Zellen bestehenden Mull, den schon makroskopisch
serötet erscheinenden Parenchymresten. Diese + starke Partie wird gegen
das Innere der Pflanze durch den erwähnten Kork abgegrenzt. In diesem Mull
nun findet man die Oosporen oft in Massen liegen. Im übrigen ist der Befall
auch bei den empfindlichsten Kakteen keineswegs das Wachstum hemmend.
Eine Schädigung tritt aber unter Umständen durch weitere Wundparasiten
und Bakterien ein und kann dann zum Tode des Individuums führen.
Blinde Verwundungen, die zur Kontrolle ausgeführt wurden, schädigen,
wenn keine sekundären Erkrankungen eintreten, die Kakteen gar nicht.
Die Wundpartie wird zusammen mit der vertrockneten Epidermis eben-
falls durch Kork isoliert, nur tritt keine: braune zersetzte Mullmasse auf.
Es ließ sich also auch aus den Infektionsversuchen bei einem Wirt
durch alle drei Pilze kein befriedigendes Ergebnis bezüglich einer Speziali-
sierung herauslesen. Denn graduelle Unterschiede dürfen namentlich
bei den ungemein plastischen Pilzen noch nicht zur Unterscheidung heran-
gezogen werden.
Neben Infektionsversuchen kann fernerhin als ein Mittel, Art-
unterschiede festzustellen, die Reinkultur der betreffenden Formen ange-
sehen werden. Nur muß man dabei unter möglichst gleichen äußeren
Bedingungen arbeiten und beim Vergleich möglichst gleiche Teile einer
Untersuchung unterziehen. Denn sonst läuft man Gefahr, schon bei einer
und derselben Art die verschiedensten Erscheinungen auftreten zu sehen
und das Bild zu verwirren. [Vel. Leininger (1911), der durch Kultur
der Pestalozzia Palmarıum Cooke auf verschiedenen Nährböden und unter
verschiedenen Bedingungen Konidien an freien Myzelfäden, Konidienlager,
Pseudopykniden und Pykniden erhielt. Damit ist so recht die Künstlich-
keit des Systems der Fungi imperfeeti gezeigt. Um die feststehenden
Züge einer Art herauszuschälen, gibt es allerdings kein besseres Mittel,
als sie unter den verschiedensten Bedingungen zu untersuchen (Appel
und Wollenweber, 1910).]
So wurden denn von C, F und S zunächst (von allen drei Anfang
Dezember 1910) frische Reinkulturen auf sterilisierten Möhren in Erlenmayer-
bezeichnet. Eine mikroskopische Untersuchung der Wundstellen erschien daher zum
Vergleiche mit den äußeren Erscheinungen geboten.
Zur Kenntnis der Phytophthoreen. 43
kolben hergestellt, wie sie Klebahn (1909) auf Seite 38, Abb. 30, bringt.
In kurzer Zeit (10—14 Tage) waren die Kulturen ansehnlich heran-
gewachsen. C gedieh am besten. Ein üppiges, schneeweißes Myzel
bekleidete den Boden und unteren Teil des Kölbehens, in dem die
Möhren vollkommen verschwanden. S wuchs lange nicht so gut, aber
die Kultur erstreckte sich doch über die Oberfläche der Möhren. F vege-
tierte sehr spärlich. Die Möhren schienen bloß von einem warzigen
Häutehen überzogen und schimmerten gelblich durch den Belag. Trotz-
dem man diese Wachstumsunterschiede ebenfalls als bloß graduell (vergl.
p. 42) bezeichnen kann, möchte ich doch in dieser Wachstumsweise schon
einen Artunterschied bemerken. Denn während bei den Infektionsversuchen
lebende Kakteen verwendet wurden, Individuen, deren Vorgeschichte
unbekannt war und deren Stoffwechsel durch die Infektion und das Weiter-
wachsen des Pilzes im Innern des Wirtes sicher gestört wurde (außer-
dem mußten die Versuchsobjekte einigemale verstellt werden), war bei den
Reinkulturen auf Möhren eine eroße Gleichmäßiekeit zu Beginn und
während des Wachstums vorhanden. Es wurden in jedes Kölbchen
annähernd sleich große sterilisierte Möhrenstückehen in gleiche Lage
eebracht, alle mit gleich viel destilliertem Wasser befeuchtet, mit annähernd
gleich viel Myzelflöckchen beschiekt und im gleichen Raume unter gleichen
Temperaturverhältnissen belassen. Nebenbei wurde jede Reinkultur in
dreifacher Auflage hergestellt, und es waren die drei gleichnamigen Rein-
kulturen voneinander gar nicht verschieden.
Außer den Reinkulturen im großen wurden ständig Kulturen im Hänge-
tropfen beobachtet. In feuchte Kammern (vergl. Strasburger, Grob. Bot.
Prakt., IV. Aufl., Fig. 176) wurde ein Tropten über Glas destillierten Wassers
(zum Ausschluß oligodynamischer Wirkungen) gebracht. Dieser Tropfen
wurde unter Vorsichtsmaßregeln mit winzig kleinen Myzelpartikelchen be-
laden und die ganze kleine feuchte Kammer in eine große mit Wasser gefüllte
und überdeckte Glasschale auf Gestelle gelegt. Derartige Kulturen wurden
von Ende November 1910 bis Ende Februar 1911 in großer Zahl gezogen.
Des weiteren kamen Kulturen in Petrischalen zur Verwendung. Der
als Nährboden gebrauchte Agar war nach Mace&, E. (Traite pratique de
Baeteriologie, Paris, 1889), vorbehandelt. Dann wurden 30 & davon in 1]
eewöhnlichen Wassers "/2 Stunde lang gekocht. 9 & Salep (Bernard, N.,
Rev. gen. d. Bot. XVI, 1904, p. 408), die bis dahin ebenfalls '/s Stunde lang
in 11 gewöhnlichen Wassers gekocht hatten und wieder auf 1] aufgefüllt
worden waren, wurden dazu geschüttet. Als fernerer Zusatz (Klebahn)
dienten:
1 2 Traubenzucker,
0,2 „ Monokaliumphosphat,
Spur Ammoniumnitrat,
44 Wolfgang Himmelbaur.
Spur - Ammoniumsulfat.
Eisenvitriol,
„ Maenesiumsulfat,
0,2 oe Weinsteinsäure.
Das ganze verrührte Gemenge wurde noch "/2 Stunde lang gekocht, dann
in Dampf filtriert (bis über 2 Tage), bis es klar war, in Soxleth-Flaschen
eefüllt und sterilisiert (vergl. Klebahn, JJahrb. f. wiss. Bot. XLI, 1905,
p. 488). — Die goldgelbe Flüssigkeit erstarrt zu einer trübe erscheinenden
Masse, die sich leicht durch Kochen verflüssigt. Nach jedem Gebrauch sind
die Flaschen abermals zu sterilisieren. Die sterilisierten Petrischalen dürfen
nicht in zu dieker Schicht ausgegossen werden. — Die Schalen wurden in der
Mitte mit Myzelteilchen belegt, und nach einem Tage schon kann man das
Myzel sich kreisförmig ausbreiten sehen. Auch von Petrischalenkulturen
konnte ich mehrere Serien anlegen, und es standen mir im Laufe der Zeit
(Dezember 1910 bis Ende Februar 1911) des öfteren ganz junge, voll-
wachsende und alte Kulturen aller drei Pilze zur Verfügung.
Die Kulturen im Hängetropfen und die Kulturen auf Petrischalen
wurden nun den ganzen Winter hindurch beobachtet und auf Grund
eemeinsamer Merkmale, die ständige auftraten, konnten einerseits die
Beschreibungen der besser bekannten Phytophthora Syringae Kleb. und
und Phytophthora Fagt Hartig bestätigt, andererseits die weniger
bekannte Phytophthora Cactorum Leb. und Cohn genauer erforscht werden.
Der Vergleich der drei Pilze untereinander aber gestattete die Wieder-
aufstellung der zu der Phytophthora ommivora vereinigten Arten,
Neben Infektionsversuchen und Reinkulturen gäbe es noch die
Cytologie als Hilfsmittel, Kritische Arten zu unterscheiden. Mit Ausnahme
einiger flüchtiger Färbeversuche wurde auf eine eytologische Untersuchung
nicht eingegangen.
Beschreibungen der Pilze.
Phytophthora Syringae (vergl. auch Klebahn, 1909): Eine Rein-
kultur des Pilzes in der Petrischale sieht wie ein Querschnitt durch ein
ddikotyles Holz aus (Tafel, Fig. 1). Das Myzel (Textfigur 1) strahlt nämlich
vom Zentrum nach allen Richtungen einfach und geradlinig aus. Es
erzeugt kein Luftmyzel'). In gewissen, vom Zentrum gleich weit abstehenden
Entfernungen bilden sich Myzelfäden in größerer Menge. Nach S—-10 Tagen
entstehen an den äubersten Spitzen der Hyphen, sowie in den Stellen,
') Darunter sind Erhebungen der Hyphen über das Substrat zu verstehen.
Zur Kenntnis der Phytophthoreen. 45
wo viele Myzelfäden nebeneinander liegen, Konidien [Sporangien')] in grober
Anzahl. Die übrigen Hyphen — in den Zwischenräumen — bleiben einfach
und geradlinig. Da auf dem Agarboden die Konidien gewissermaßen
- fumktionslos geworden sind — ein Ausschwärmen von Zoosporen ist ja sehr
erschwert —, so entstehen aus ihnen zum Teil Wucherungen (Textfigur 2),
die vielfach Hyphenfäden treiben. Auch dürften von diesem Zeitpunkt
an wohl neue Wucherungen von vornherein angelegt werden, ohne ein
Konidienstadium zu bilden. Durch diese reeelmäßige Aufeinanderfolge
von wenigen, geradlinigen Myzelfäden auf viele konidienbildende und
Wucherungen treibende Myzelfäden immer im gleichen Abstand vom
?
S
Re, 13),
Phytophthora Syringae: Pio. 9,
einfache Myzelfäden. Phytophthora Syringae:
Myzelwucherungeen in den Zonen.
Zentrum entsteht das Bild konzentrischer Kreise. Zu Ende des
Wachstums — sei es durch Erschöpfung des Nährbodens, dureh zu
reichen Nährboden, durch unpassenden Nährboden, durch Mangel an
- Temperaturunterschieden während des Wachstums usw. herbeigeführt — löst
sich das regelmäbige Bild durch ein verwischt diehotomisches Austreiben
der äußersten Myzelfäden auf (Textfigur 3). Das Myzel verzweigt sich
sonst etwa unter einem Winkel von ca. 60° („geweihartig”).
Die Kultur von S im Wassertropfen bietet genau dieselben Bilder
der Myzelfäden, Verzweigungen des Myzels usw. Die im Wassertropfen
segren Ende des Wachstums auftretenden Wucherungen sind hier wohl
Degenerationserscheinungen und nicht Konidienaussprossungen. Im übrigen
ist das Wachstum im Hängetropfen viel freier, sind die Abzweigungen
und Hyphenanhäufungen viel unregelmäßiger und unabhängiger vom Medium.
') Vide die Anmerkung auf p. 40.
?) Vide pag. 61. Der Pfeil bezeichnet bei Fig. 1. 2. 6, 10, 11 die Wachstumsrichtung.
.
46 Wolfgang Himmelbaur.
In Pflanzenteilen ist das Myzel intercellular, anfangs einzellig, die
Scheidewände im Alter sind tellerförmig gebuchtet.
Die Haustorien sollen fadenförmig sein.
Die Konidien (Zoosporangien) werden im Wasser und auf Agar
gebildet (Textfigur 4. Sie entstehen spät, erst am 8. oder 10. Tage
nach der Impfung. Sie sind länglich eiförmig, unten dicker als an
N
“=
a
Fig. 3.
Phytophthora Syringae: Hyphenverästelung zu Ende des Wachstums.
der Spitze, einzeln, endständig und wachsen auf Sympodialzweigen. Sie
besitzen einen flachen Deckel, der oft nur angedeutet ist. Nach der
Entleerung der Konidie ist die Mündung flach. Maße: 40-75 u:
30 —A2 u.
Die aus den Konidien austretenden Schwärmsporen sind eiförmig
und besitzen zwei ungleich lange Geibeln.
Das Oogonium ist endständig, interkalar, rund und für gewöhnlich
intramatrikal. Es wird spät (S—10 Tage nach der Impfung) gebildet.
Auf Agar wurde es nicht gesehen, im Wasser höcht selten.
Zur Kenntnis der Phytophthoreen. 47
Das Antheridium entspringt oft Verzweigungen derselben Fäden
oder naheliegender Fäden. Es legt sich an unbestimmten Stellen dem
Oogonium breit an. Ein Befruchtungsschlauch ist wahrscheimlich vor-
handen (Textfigur 5).
Fig. 4.
Phytophthora Syringae:
Konitien.
ae.
— | \ Da Phytophthora Fagı:
einfache Myzelfäden neben
TTS
Fig. 6.
Myzelwucherungen.
in
Hoss.
Phytophthora Syringae:
Oogonien und Antheridien.
Die Oosporen sind kugelig oder rundlich oval, ca. 30 « im Durch-
messer. Die Membran ist diek, gelblich und glatt.
Phytophthora Fagi (vergl. auch Hartigs Arbeiten): Eine Reinkultur
des Pilzes in der Petrischale sieht wie eine zerstreutflockige Strahlen-
sonne aus welligen Strahlen um einen Mittelpunkt aus (Tafel, Fig. . Das
Myzel (Textfigur 6) strahlt nämlich vom Zentrum nach allen Richtungen
in leisen Wellenlinien aus. Es erzeugt ein Luftmyzel. In ganz unbe-
stimmten, vom Zentrum also ungleich weit abstehenden Entfernungen
48 Wolfgang Himmelbaur.
bilden sich in zerstreuten Gruppen Myzelfäden in größerer Menge. Nach
wenigen Tagen entstehen in den Stellen, wo viele Myzelfäden in zer-
streuten Gruppen neben- und übereinander (Luftmyzel!) liegen, Konidien
in großer Anzahl. Die übrigen Hyphen — in den Zwischenräumen der
zerstreuten Gruppen — bleiben weniger verzweigt und wellig. Da auf dem
Agarboden die Konidien gewissermaßen funktionslos geworden sind — ein
Ausschwärmen von Zoosporen ist ja sehr erschwert —, so entstehen aus
ihnen zum Teil Wucherungen (vergl. Fig. 9 in Hartig, 1880) (Textfigur 6),
die vielfach Hyphenfäden treiben. Auch dürften von diesem Zeitpunkt
an wohl neue Wucherungen von vornherein angelegt werden, ohne ein
Konidienstadium zu bilden. Durch diese unregelmäßige Aufemanderfolge von
Fi,
Phytophthora Fagi: Hyphenverästelung zu Ende des Wachstums.
wenigen, wellig verlaufenden Myzelfäden auf viele konidienbildende und
Wucherungen treibende Myzelfäden in zerstreuten Gruppen und in ungleichen
Abständen vom Zentrum, entsteht das Bild einer zerstreut flockigen
(dendritischen) Strahlensonne aus welligen Strahlen. Zu Ende des Wachs-
tums — sei es durch Erschöpfung des Nährbodens, durch zu reichen
Nährboden, durch unpassenden Nährboden, durch Mangel an Temperatur-
unterschieden während des Wachstums usw. herbeigeführt — scheinen
sich die äußersten Myzelfäden langsamer, als es ihrem sonstigen Wachs-
tum entspricht, über den Nährboden hinwegzuschieben. Es treten knollige
Stauungen an den Hyphenspitzen auf (Textfigur 7). Das Myzel verzweigt
sich unter einem Winkel von über 60°.
Die Kultur von F im Wassertropfen bietet genau dieselben Bilder
der Myzelfäden, Verzweigungen des Myzels usw. Die im Wassertropfen
gegen Ende des Wachstums auftretenden Wucherungen sind hier wohl
je
Zur Kenntnis der Phytophthoreen. 49
Degenerationserscheinungen und nieht Konidienaussprossungen. Im übrigen
ist das Wachstum im Hängetropfen viel freier, sind die Wellenberge und
-täler der Hyphenfäden viel langgestreckter und die Hyphenanhäufungen
viel lockerer und aufgelöster.
In Pflanzenteilen ist das Myzel imtercellular, anfangs einzellig, die
Scheidewände sind gerade. Durch einen glücklichen Zufall konnte ich
im Herbar der Hamburger Station für Pflanzenschutz unter den Phytophthora-
Exsikkaten ein Exemplar eines eben mit F befallenen Buchenkeimlings
auftreiben. Die Exemplare sind von Rabenhorst-Winter im den Fungis
europaeis 1889 als Nr. 3777 unter Phytophthora Cactorum (das hier aber
unzweifelhaft Fuyi ist) ausgegeben. Das größte der Exemplare trägt auf
einem Keimblatt junge Befallstellen mit F, die, wie die Untersuchung
lehrt, mit Oosporen erfüllt sind. Diese Befallstellen zeigen im
Fig. 8.
Phytophthora Fagi: Konidien.
(Diese Figur ist «durch ein Versehen meinerseits etwas zu klein geraten.)
kleinen auf natürlichem Nährboden annähernd das gleiche
flockigstrahlende Bild wie die Reinkultur vonF! Es ist diese
Erscheinung auch ein schöner Beleg für De Barys (1584) Mitteilung
(p. 418), daß bei Phytophthoreen die Verbreitung bei Infektionen von
einer einzigen (oder mindestens einigen wenigen, der Verf.) Spore aus-
einge (Tafel, Fig. 5).
Haustorien sollen wenie vorhanden sein.
Die Konidien (Zoosporangien) werden im Wasser und auf Agar
gebildet (Textfigur 8). Sie entstehen m großen Mengen schon in
_ einigen Tagen nach der Impfung. Sie sind von außerordentlicher Regel-
mäßigkeit, eiförmig (zitronenförmig), in der Mitte am dieksten, einzeln,
endständig und wachsen auf Sympodialzweigen. Sie besitzen einen kurzen
papillösen Deckel. Nach der Entleerung der Konidie ist die Mündung
flaschenhalsförmig. Maße: 15—30 u: 30—40 u.
Die aus den Konidien austretenden Schwärmsporen sind eiförmig
und besitzen zwei ungleich lange Geißeln.
50 Wolfgang Himmelbaur.
Das Oogonium ist meist interkalar. Da es sich gegen die Träger-
hyphe in einen Stiel fortsetzt, so erhält es eine birnförmige Gestalt mit
sehr schmalem Stielteil. Es wird bald und leicht gebildet. Auf Agar und
im Wasser tritt es in Massen auf.
Das Antheridium entspringt demselben oder einem naheliegenden
Faden. Es ist an seiner Ursprungsstelle oft sehr verzweigt. Es legt sich am
unteren Ende des Oogoniums, nahe an dessen Basis an. Ein Befruchtungs-
schlauch ist vorhanden (Textfigur 9). i
Die Oosporen sind kugelig, ca. 20—30 « im Durchmesser. Die
Membran ist diek, gelblich und glatt.
Ne
ST a
N
/
Fie. 9.
Phytophthora Fagı: Vogonien und Antheridien.
Fig. 10.
Phytophthora Cactorum:
einfache Myzelfäden.
Phytophthora Cactorum (vergl. auch Leb. und Cohn, 1875): Eine
Reinkultur des Pilzes in der Petrischale sieht entfernt wie ein Querschnitt
durch einen monokotylen Stamm aus (Tafel, Fig. 6). Das Myzel (Text-
figur 10) strahlt nämlich vom Zentrum nach allen Richtungen vielfach
verästelt und in kurz-welliegen Linien aus. Es erzeugt reichlich Luft-
myzel. In gewissen, vom Zentrum gleich weit abstehenden Entfernungen
bilden sich Myzelfäden in größerer Menge. Diese Myzelfäden lassen aber
neben sich Stellen des Nährbodens frei, d.h. sie schließen nicht eng
aneinander an, wie es bei S der Fall ist. Nach wenigen Tagen entstehen
in den Stellen, wo viele Myzelfäden in lokalisierten Gruppen neben- und
übereinander (Luftmyzel!) liegen, Konidien in großer Anzahl. Die übrigen
Hyphen — in den Zwischen- und Nebenräumen — bleiben weniger ver-
zweigt und in kurz-welligen Linien. Da auf dem Agarboden die Konidien
gewissermaßen funktionslos geworden sind — ein Ausschwärmen von
Zoosporen ist ja sehr erschwert —, so entstehen aus ihnen zum Teil
e
Zur Kenntnis der Phytophthoreen. 51
Wucherungen (Textfigur 11), die vielfach Hyphenfäden treiben. Auch
dürften von diesem Zeitpunkt an wohl neue Wucherungen von vornherein
angelegt werden, ohne ein Konidienstadium zu bilden. Durch diese regel-
mäßige Aufeinanderfolge von wenigen, in kurz-welligen Linien verlaufenden
Myzelfäden auf viele konidienbildende und Wucherungen treibende Myzel-
fäden in lokalisierten Gruppen und in fast gleichen Abständen vom
NG GR
V
Ss Fig. 12.
= = Phytophthora Cactorum :
Hyphenverästelung zu Ende des
Wachstums.
KieEr.
Phytophthora Cactorum :
Myzelwucherungen in den Zonen.
Zentrum entsteht das Bild konzentrischflockiger Kreise. Zu Ende des
Wachstums — sei es durch Erschöpfung des Nährbodens, durch zu reichen
Nährboden, durch unpassenden Nährboden, durch Mangel an Temperatur-
unterschieden während des Wachstums usw. herbeigeführt — scheint eine
Stauung des Plasmas in den äußersten Myzelfäden aufzutreten. Das Hyphen-
ende wird — plastisch betrachtet — wie ein verzweigter kormophytischer
Vegetationskegel mit vielen spitzen Auswüchsen ausgebildet (Textfigur 12).
Das Myzel verzweigt sich rechtwinklig oder nahezu rechtwinklig. Es ist
überdies C schon an einem einzelnen Myzelfaden kenntlich. Denn ein Faden
59 Wolfeang Himmelbaur.
von C ist an seiner Oberfläche nach allen Richtungen hin mit kleinen,
rechtwinklig abstehenden Höckern (Verzweigungsanlagen) besetzt (Text-
figur 10). Die Abzweigstellen sind manchmal angeschwollen. Dasselbe
Prinzip im Myzelbau kehrt in allen Phasen des Wachstums
von C wieder und ist für C charakteristisch.
Die Kultur von C im Wassertropfen bietet genau dieselben Bilder
der Myzelfäden, Verzweigungen des Myzels usw. Die im Wassertropfen
geren Ende des Wachstums auftretenden Wucherungen sind hier wohl
Degenerationserscheinungen und nicht Konidienaussprossungen. Im übrigen
Fig. 13.
Phytophthora Caetorum: Konidien.
ist das Wachstum im Hängetropfen viel freier, sind die Wellenberge und
-täler der Hyphenfäden nicht so eng geschlängelt wie auf Agar. Das ganze
Bild hat einen aufgelösteren Habitus, wie er ja vom Medium bedingt ist.
In Pflanzenteilen ist das Myzel intercellular, anfangs einzellig,
die Scheidewände sind in der Wachstumsrichtung tellerförmig gebuchtet.
Haustorien wurden nicht bemerkt, was aber ihr Vorkommen nicht
abstreiten soll.
Die Konidien (Zoosporangien) werden im Wasser und auf Agar
gebildet (Textfigur 13). Sie entstehen in großen Mengen schon in
einigen Tagen nach der Impfung. Entgegengesetzt dem Verhalten bei F
und S ist hier ihre Variationsweite außerordentlich groß. Man trifft kreis-
runde, rundlichovale (in Überzahl), sogar längliche Formen. Merk-
Zur Kenntnis der Phytophthoreen. 53
würdig sehen die auf Agar und im Wasser gegen Ende des Wachstums
auftretenden Degenerationsformen aus. Man sieht da birnenförmige, lang-
sestreckte, wurstförmige usw. Typen. Oft treten am selben Faden zwei
bis drei unmittelbar übereinander auf, von denen sich dann natürlich nur
das oberste gut entleeren kann. Sie sind im allgemeinen endständig, hie
und da allerdings interkalar. Sie scheinen einzeln und nicht in Sympodial-
zweigen zu entstehen. Sie besitzen einen dieken papillösen Deckel von
x
ER
Fig. 14.
Phytophthora Caetorum: Vogonien und Antheridien.
wechselnder Größe. Die Größe des Deckels scheint, wie aus Färbe-
versuchen hervorging, möglicherweise vom Auftreten einer verquellenden
Mittelschicht der Sporangienwand abzuhängen. (Über eine Quellung’ zur
Ablösung der Konidien bei Peronosporaceen vergl. Cornu, M., p. 38, 39.)
Manchmal setzt sich der Deckel in eine lange Spitze fort. Nach der
Entleerung ist die Mündung flaschenhalsförmig, öfters tritt eine Kniekung
des Halses nach innen ein, die vermutlich von der Menge und Schnelligkeit
der die Konidie verlassenden Zoosporen abhängt. — Zwillings- und Drillings-
konidien, wie sie Hartig (1878, 1882) bei F beobachtete (Tafel I, Fig. 10),
ferner hakenförmig gekrümmte Konidien (Lebert und Cohn, 1875,
Fig. IID, traten auch im meinen Kulturen auf. Von Maßangaben muß ich
wegen der zu eroßen Variationsweite absehen.
54 Wolfgang Himmelbaur.
Die aus den Konidien austretenden Schwärmsporen sind eiförmig
und besitzen zwei ungleich lange Geißeln.
Das Oogonium ist für gewöhnlich endständig. Es ist intramatrikal,
tritt aber auch im Wasser und auf Agar auf.
Das Antheridium entspringt demselben oder einem naheliegenden
Faden. Im Wassertropfen wurde es selten gesehen. ‘Es legt sich an
unbestimmten Stellen des Oogoniums an. Lebert und Cohn (1875) wollen
einen Befruchtungsschlauch gesehen haben (Textficur 14).
Die Oosporen sind kugelig, ca. 30—45 « im Durchmesser. Die
Membran ist sehr diek, bräunlich und glatt.
Es wäre gegen vorstehende vergleichende Beobachtungen der Ein-
wand zu machen, dab sie bloß aus Winterkulturen und aus verhältnis-
mäßig alten Reinkulturen gemacht wurden und daß sich bei Untersuchung
frischer und Sommerkulturen vielleicht noch andere Ergebnisse gezeigt
hätten. Dieser Einwand bleibt bestehen.
Eine weitere Frage wäre die, welehe Form wohl De Bary (1881)
vor sich hatte, als er die Phytophthora ommivora schuf. Nach den vor-
liegenden zahlreichen Beschreibungen des Autors glaube ich, daß es ent-
weder der Buchenkeimlingspilz oder ein ihm nahestehender Typus gewesen
ist. Hier läßt sich heute keine sichere Entscheidung mehr treffen.
Was die Stellung der eben geschilderten Pilze zueinander betrifft,
so läßt sich vorläufig nur sagen, daß wir es mit ganz nahe verwandten
Formenreihen zu tun haben. Dem Habitus des Myzels der Salepkultur
nach sind S und © einander ähnlich, ersteres, das konzentrische, letzteres,
das konzentrischflockige Kreise bildet. Die Konidienform nach der Ent-
leerung ist bei S, das eine flache Mündung zeigt, allein dastehend. F und
U zeigen flaschenhalsförmige Mündungen. Die Scheidewände im Myzel
bei S und C sind beide tellerförmig gebuchtet. Demgegenüber ist C durch
seinen Myzelbau, Fäden mit rechtwinkligen Verzweigungsanlagen, sowie
durch die außerordentlich große Variationsweite der Konidiengestalt etwas
isoliert.
Solange es keine unter gleichen Bedingungen ausgeführten Unter-
suchungen und Reinkulturen der anderen Phytophthora-Arten geben wird,
wird sich auch kaum etwas Weiteres über die Beziehungen zu diesen
anderen Arten feststellen lassen. In der Literatur (vergl. auch Fischer,
1892) ist (meben Ph. infestans [Montagne, 1845] De By, 1876) noch
eine Phytophthora Thalietri Wils. und Davis (Bull. Torrey Bot. Club,
= Ri.
E
\ >
2 -
mE
Zur Kenntnis der Phytophthoreen. 55
1907, 34. Bd., p. 392) und eine Phytophthora Phaseok Thaxter (Bot. Gaz.,
1889, XIV. Bd,, ‚pP. 273) angegeben. Hollrung führt ferner Phytophthoreen
auf Aralda (1907), Tabak (1905), Kakao (1905) usw. an. Aus Präparaten
einiger dieser Pilze ließ sich betreffs der systematischen Stellung nichts
Positives feststellen. Die von Phytophthoreen des öftern hergestellten
Reinkulturen (ÖOlinton, 1908 [Phyt. infestans, Thalictri, Phaseoli| mit
Literatur, Breda de Haan, 1896 [Phyt. Nicotianae, Matruchot und
Molliard, 1900 und 1903 | Phyt. infestans)) sind für systematische Zwecke
nicht recht geeignet.
Überraschend sind, namentlich in den Reinkulturen auf Agar, die
phylogenetischen Anklänge an die Siphonales bezw. Vaucheriaceen'). Abge-
sehen von der ganz algenartigen Form der Myzelfäden, die sich bloß
durch ihre Farblosiekeit von Grünalgenfäden unterscheiden, erinnert die
Sporangienbildung manchmal unzweifelhaft an Bilder, wie sie Oltmanns |,
p: 319, von „Brutkeulen“ der Alge Dichotomosiphon (mach Ernst) bringt.
Auch die Möglichkeit einer Keimung aus allen Punkten der Oberfläche
finden wir bei Phytophthora-Konidien wieder. Die tellerförmige Quer-
wandbildung älterer Exemplare (S und ©) mit emem Porus in der Mitte,
der die Plasmaströmung gestattet (Klebahn, 1909) erinnert an die
wulstförmigen Verdiekungen in den Zellen von Codiaceen (Oltmanns |,
p. 292, Fig. 5 nach Woronin], p. 317, an Dichotomosiphon |nach Ernst)
und von Vaucheriaceen (Heering 1907, p. 114, 115). Auch bei Vaucheri-
aceen scheint das Plasma in ständiger Bewegung zu sein (Oltmanns |,
p: 318). Die verwischt diehotomische Verzweigung von S bei Degenerations-
| zuständen findet ebenfalls ihr Analogon bei Vaucheriaceen, bei denen auch
eine falsche Diehotomie erzeugt werden kann (vergl. Oltmanns 1, p. 327,
die Arbeiten von Ernst, Solms-Laubach, Walz). Es sei auch noch auf
die gequollenen Papillen der Antheridien von Vaucheria dichotoma (Solms-
Laubach, Taf. IX, Fig. 2, in Oltmanns I, p. 327) hingewiesen (vergl.
Heering 1907, p. 139). Ganz gleiche Quellungserscheinungen sehen wir
bei den Papillen der Konidien von den beschriebenen Pilzen (p. 53). Auch
physiologische Momente, die allerdings allgemeinerer Natur sind, lassen
Beziehungen zu den Algen bezw. Siphonales konstruieren. Sehon Walz
(1868) fand, daß bei Algen die Sauerstoffzufuhr' die Zoosporangien reize ar
Bei Phytophthoreen waren es De Bary (1881) und Klebahn (1909), die
die Entleerung derselben Organe durch frisches Wasser bezw. Sauerstoff-
zufuhr herbeiführten. (Man vergleiche ferner die einschlägigen Punkte in
Klebs, 1896.) Auch mir gelangen derartige Experimente leicht.
y a Anftreken der im Folgenden geschilderten atavistischen Erscheinungen er-
folgt hauptsächlich beim Degenerieren oder beim Altern der Kulturen!
2) Walz spricht von Zoosporenbildung; er dürfte aber (vergl. Klebs, p. 72) die
Entleerung von schon gebildeten, reiten Zoosporangien beobachtet haben.
56 Wolfgang Himmelbaur.
Die Zonenbildung bei Phytophthora Syringae.
Die bei S auftretende Ringbildung war nebenbei von Interesse. Das
Zustandekommen dieser Gürtel ist, wie erwähnt, durch eine Hyphen-
anhäufung bewirkt, in der dann Konidien und Wucherungen entstehen.
Das Sprossen der Konidien und Wucherungen gerade in den Hyphen-
anhäufungen als Orten stärkeren Wachstunis ist erklärlich. Welche
äußere Faktoren nun bei den Agarkulturen eine Hyphenvermehrung herbei-
führen können, war zu ermitteln. Da, soweit tunlich, alle sonstigen
Bedingungen eleich gewählt wurden, war bloß eine Abwechslung von
Licht und Dunkel, Kalt und Warm in Betracht zu ziehen. Zwischen
diesen vier Komponenten sind folgende Kombinationen möglich:
Kulturraum Temperatur
Bleich Sa. er 1%
kanstantı. „er. ale. E i
| ungleich... 2:
Er 2. ER Rs leich 3.
intermittierend.....- | 5 :
ungleich... A.
leich”. Ma 5:
konstant 2 .Imerte [8 r
Pak \ungleich ..... 6.
Kae sleich ee al
intermittierend .....: E 5
uneleieh =: r 8.
Die Kombinationen 3, 4 sind gleich 7, 8. 2 konnte wegen technischer
Schwierigkeiten vorläufige nicht hergestellt werden, auch 3 auszuführen
war noch nicht möglich. Bei 4 und 6 wurden gleichmäßig, wie gewöhnlich,
Ringe gebildet. Die Petrischalen standen bei diesem Versuch zum Teil
verdeckt, zum Teil frei in einem Zimmer mit Temperaturunterschieden von
5—6 Celsius. Für die Herstellung der Bedingungen zu 1 und 5 wurde ein
Thermostat mit einer 5Okerzigen Bogenlampe, deren Lichtstärke aber all-
mählich bis gegen 30 Kerzen herabsank, verwendet und deren Strahlen nach-
weisbar die Keimzahlen von Poa pratensis um ca. 53 %/o erhöhten. Die
Temperatur im Thermostaten war 20 bis höchstens 23° Celsius. Bei diesen
Versuchen war sowohl im Licht wie im Dunkel die Ringbildung so gut
wie unterdrückt (Tafel, Fig. 3). Die leisen Zonenandeutungen sind ent-
weder auf die geringen, aber doch vorhandenen Temperaturschwankungen
oder auf eine nicht ganz zu unterdrückende Arteigentümlichkeit'), wahr-
scheinlich auf beides, zurückzuführen’).
') Wenn die Petrischalen erst einige Tage Temperaturschwankungen ausgesetzt
waren und dann in den Thermostaten gestellt wurden, so läuft trotz der gleich bleibenden
Temperatur die induzierte Ringbildung nachwirkend weiter! (Tafel, Fig. 2.)
°) Die Ringzahl stimmt nie genau mit der Zahl der Tage überein. Sie ist meist
etwas geringer.
Pe:
1
Zur Kenntnis der Phytophthoreen.
N
7
Obzwar diese. Versuchsreihen aus Zeitmangel und weil sie von
anderer Seite ausgearbeitet werden sollen, nicht mit der gewünschten
Ruhe und Mühe aufgestellt wurden, kann man doch zu einem Wahr-
scheinlichkeitsschluß betreffs der Entstehung der Zonen gelangen.
Aus Versuchsreihe 4 und 6 geht hervor, daß Licht bezw. abwechselnde
und dauernde Lichtentziehung bei Temperaturschwankungen keinen Ein-
fluß auf die Ringbildung übt. Bei gleichbleibender Temperatur dagegen
unterbleibt sowohl im Dunkeln, wie im Hellen die Rinebildung (Versuch 1
und 5). Wenn wir daher die Temperaturschwankungen für eine
Ringbildung verantwortlich machen wollen, so müssen bei den
noch anzustellenden Versuchsreihen 3 keine Ringe, bei 2 dagegen Ringe
gebildet werden’).
Infolge der Unvollständigkeit der Versuche muß ich ein weiteres
Eingehen auf diese Fragen tnterlassen. Soviel sei nur bemerkt, dab
Gallemaerts (1910) bei Schimmelpilzen (Penieillinm, Aspergillus) und einigen
unvollständig bekannten Pilzen (Cephalotheeium, Alternaria, Hormodendron)
entgegengesetzt den allgemeinen (vergl. die Mitteilung von Knischewsky
1909, p. 341) und wahrscheinlich auch bei den Phytophthoreen geltenden
Erscheinungen Licht und Dunkelheit als für eine Ringbildung aus-
schlaggebend hält (vergl. auch Leininger [1911], p. 33). Plaut fand
bei dem unvollständig bekannten, Bart- und Kopfatfektionen verursachenden
Pilz Microsporon eine Ringbildung bei Reinkulturen in gleicher Temperatur ;
sie ist also hier arteigentümlich (.„biologisch“, d.h. „die Ringe bedeuten
einen bestimmten Punkt im Entwicklungszyklus des Pilzes”, im Gegensatze
zur „physikalischen“ Ringebildung beim Wechsel der Außentemperaturen).
Es dürfte Fälle geben, in denen „biologische“ und „physikalische“ Momente
ziemlich ineinander übergehen. ‚Jedenfalls ist das ganze Problem der Ring-
und damit der Konidienbildung ein sehr kompliziertes, von vielen Vorgängen
beeinflußtes (vergl. die Literatur in Pfeffer, 1904),
Zusammenfassung.
1. Phytophthora Syringae Kleb., Cactorum Leb. und Cohn und Fagyr
Hartig sind gute Arten (zum mindesten physiologische Rassen), die
durch deutliche, morphologische Merkmale im Gesamthabitus, Myzel-
bau und Sporangienbau voneinander getrennt sind.
!) Die Temperatur von über 20° Celsius dürfte für das normale Wachstum der
Pilze etwas zu hoch sein. Die Kardinalpunkte für das Wachstum wären überhaupt zu
bestimmen, ebenso der günstigste Nährboden. Die Degenerationserscheinungen (Stauungen
und verwischt dichotomische Verzweigungen an Hyphenenden) traten bei Thermostaten-
kulturen viel früher ein als bei Zimmerkulturen. Vielleicht mag auch der bloße Mangel
an 'Temperaturunterschieden auf das Wachstum der Pilze störend einwirken,
98
Wolfgang Himmelbaur.
be} ie)
Infolgedessen ist die Phytophthora ommivora De By. (1881), unter
welchem Namen zwei der obigen Pilze (Cactorum und Fagi) samt
einer Phyt. Sempervivi Schenk zusammengefaßt wurden, als Art auf-
zugeben, und die alten Namen der Phytophthora Cactorum Leb. und
Cohn (1875) und Phytophthora Fagi Hartig (1875) sind wieder auf-
zustellen.
Phytophthora Syringae, Cactorum und Fagı zeigen aber als nahe
verwandte Formenreihen der Gattung Phytophthora doch wieder die ver-
schiedensten Beziehungen im (resamthabitus, Myzelbau und Sporangien-
bau zueinander.
Die Stellung der drei Pilze unter den übrigen Phytophthoreen ist
noch ungeklärt. Eine vielen Phytophthoreen zukommende Erscheinung
ist deren Pleophagie.
Die Phytophthoreen zeigen, namentlich beim Altern und Degenerieren,
Anklänge an die Vaucheriaceen unter den Siphonales.
Die Zonenbildung von Phytophthora Syringae aut Agarkulturen scheint
durch Temperaturschwankungen bedingt zu sein.
Zur Kenntnis der Phytophthoreen. 59
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Ldw. Jahrb. 1909. XXXVILL Bd. Ergzgsbd. V. „Thielfestschrift.“
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Über die Fäule der Uactusstämme.
jeitr. z. Biologe. d. Pflanzen. Breslau. I. Bd. 1875.
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Beitrag zur Keuntnis der Zoosporenbildung bei den Algen.
Bot. Ztg. 1868. 26. Jahrg.
iD
Zur Kenntnis der Phytophthoreen. 61
Zu den Figuren.
Textfiguren 1—14: Sämtliche Textfiguren sind mit dem Leitzschen Zeichen-
okular gezeichnet. Die Originalzeichnungen wurden von A. Kasper-Wien für die Wieder-
gabe kopiert. Die Vergrößerung ist durchwegs eine 210fache.
Tafel
Figur 1. Phytophthora Syringae. Eine normale Reinkultur. Zonenbildung. Auf
der einen Seite ist die Agarschicht etwas dünner, die Hyphenbildung daher schwächer.
12 Tage alt.
Figur 2. Phytophthora Syringae. Eine Kultur, die bis zum Entstehen des zweiten
Ringes (in 3 Tagen gebildet) in wechselnder Temperatur stand und dann in den Thermo-
staten mit gleichbleibender Temperatur gestellt wurde. Die induzierte Zonenbildung wirkt
weiter. Am Rande frühzeitige Degenerationserscheinungen und Auflösung des gewohnten
Bildes. 10 Tage alt.
Figur 3. Phytophthora Syringae. Eine Kultur, die im Thermostaten gleich
bleibender Temperatur ausgesetzt war. Die Zonenbildung erscheint fast unterdrückt.
Am Rande frühzeitige Degenerationserschemungen. 10 Tage alt.
Figur 4. Phytophthora Fagi. Eine normale Reinkultur. 10 Tage alt.
Figur 5. Ein Buchenkeimling, dessen einer Cotyledon die Ausbreitung des Phy-
tophthora Fagi-Pilzes in ähnlicher wellig-strahligen Form zeigt, in der das Myzel in der
Reinkultur auf Salep-Agar wächst.
Figur 6. Phytophthora Cactorum. Eine normale Reinkultur. 10 Tage alt.
Sämtliche Photographien sind ca. 1'/a der Naturgröße. Die weißen Stäubchen und
Schrammen des dunkeln Untergrundes sind durchscheinende Makel der Petrischale. Das
Negativ der Figur 5 herzustellen, hatte Herr Dr. Leonhard Lindinger-Hamburg die
große Freundlichkeit.
Eingegangen am 7. April 1911.
=,
Jahrbuch der Hamb. Wissensch. Anstalten. - XVIIT. Beiheft 3.
Fig. 1-4, 6 phot. Autor. Fig. 5 Phot. Lindinger,
Beitrag zur Cyanophyceenflora unsrer Kolonien.
Von Ferdinand Esmarch.
Die folgenden Untersuchungen wurden vom Januar 1910 bis zum
Juni d. J. im Hamburger Botanischen Staatsinstitut ausgeführt. Es war
der kürzlich verstorbene Prof. Dr. ZACHARIAS, der dazu die Anregung gab.
Wie er sie stets mit Interesse verfolgte, so hat er sich noch in seinen
letzten Tagen nach dem Stand derselben erkundigt und ihre Veröffent-
lichung in diesem Jahrbuch vorbereitet. Leider war es mir nun nicht
mehr vergönnt, ihm die abgeschlossene Arbeit vorzulegen, und ich kann
meine Dankbarkeit nur dadurch bezeugen, daß ich sie seinem Andenken
widme. Im übrigen hat Herr Dr. HEERING mich in stets hilfsbereiter
Weise mit Rat und Tat unterstützt, und es ist mir eine angenehme Pflicht,
ihm auch an dieser Stelle herzlich zu danken.
Hamburg, Juni 1911.
Ferdinand Esmarch.
Einleitung.
In der vorliegenden Arbeit handelt es sich um einen Versuch, über
die Öyanophyceenflora unsrer Kolonien auf indirektem Wege Auskunft zu
erhalten. Die meisten Cyanophyceen bilden bekanntlich sog. Sporen und
überdauern vermittels derselben auch längere Zeiten ungünstiger Lebens-
bedingungen. Der Boden, auf dem Cyanophyceen wachsen bezw. wuchsen,
wird mit solchen Sporen mehr oder weniger durchsetzt sein. Gelingt es
nun, diese in geeigneter Weise zum Keimen zu bringen, so kann man
umgekehrt auf die Cyanophyceenflora des betreffenden Bodens Rückschlüsse
machen. Von diesem Gesichtspunkt aus habe ich 90 Bodenproben aus
Deutsch-Ostafrika, Deutsch-Südwestafrika, Kiautschoun und Samoa auf
Cyanophyceen untersucht.
Wenn die Untersuchungen ein einwandfreies Ergebnis liefern, d.h.
über die in den genannten Gebieten gedeihenden Cyanophyceen unter-
richten sollen, ist es natürlich Voraussetzung, daß nicht nachträglich
Sporen in die Bodenproben eingedrungen sind. Die Proben gelangten in
leinenen Säcken hierher, und die Art ihrer Behandlung scheint mir dafür
zu bürgen, daß eine „Infektion“ während oder nach dem Transport nicht
stattgefunden hat. Auch die Methode der Untersuchung läßt eine solche
7
64 Ferdinand Esmarch.
nicht befürchten. Ich benutzte Petrischalen, die zuvor durch längeres
Srhitzen auf ca. 110° von etwa vorhandenen Sporen befreit waren. Sie
wurden bis zur Höhe von etwa l cm mit den Proben gefüllt und diese
mit sterilisiertem Leitungswasser gründlich durchfeuchtet. Um das Ein-
dringen von Sporen aus der Luft zu verhüten, blieben die Schalen dabei
nach Möglichkeit geschlossen. Die Oberfläche wurde mit Scheiben von
sewöhnlichem Fließpapier belegt, die ihrerseits über einer Spiritusflamme
sterilisiert waren. Die so vorbereiteten Schalen stellte ich im Treibhaus
auf, wo sie beständig einer Temperatur von 19—21° C ausgesetzt waren.
Durch gelegentliches Begießen mit (sterilisiertem) Wasser wurden sie
gleichmäßig feucht erhalten. Unter solchen Umständen mußten, wenn
überhaupt nennenswerte Mengen von Sporen in dem Boden vorhanden
waren, die an der Oberfläche liegenden auskeimen. Die entstandenen
Fäden wuchsen durch die Poren des Papiers hindurch und breiteten sich
auf demselben zu zunächst punktförmigen Lagern aus. Durch weiteres
Wachstum umd Verschmelzung benachbarter Lager entstanden blaugrüne
oder bräunlich-grüne Flecken. Ich prüfte den Stand der Kulturen in der
Regel jede Woche einmal, notierte dabei insbesondere die Tage, an denen
zuerst deutliche Flecken sichtbar wurden. An kleinen, mit der Pinzette
herausgenommenen Proben wurden dann die Bestimmungen der Arten vor-
genommen und die Kulturen so lange fortgesetzt, bis die Lager eine be-
deutendere Ausdehnung erreicht bezw. die ganze Oberfläche überzogen
hatten. In vielen Fällen nahm die Kultur allerdings ein früheres Ende,
weil das Papier den chemischen Einflüssen des Wassers und des Bodens
nicht standhielt. Schließlich wurden die Papierscheiben mit den Cyano-
phyceen abgenommen und in 2—3 °/oigem Formalin konserviert. Die
Proben, auf denen sich keine Cyanophyceen zeigten, wurden meist mit
den gleichzeitig angesetzten wieder abgesetzt, z. T. aber auch etwas
länger im Treibhaus belassen. Eine Revision der Artenbestimmungen erfolgte
an dem konservierten Material, wobei ich hauptsächlich DE TonNIs „Sylloge
algarum“ V (1907) und J. TILDENs „Minnesota Algae“ I (1910) benutzte
und die im Herbar vorhandenen Exemplare zu Vergleichen heranzog.
Ich lasse zunächst eine tabellarische Übersicht über die Ergebnisse
folgen. Daran schließt sich eine systematische Aufzählung der Arten
unter Zugrundelegung des zitierten Werkes von TILDEN. Der dritte
Abschnitt enthält die pflanzengeographischen Resultate, die ich oben als
den eigentlichen Zweck dieser Arbeit bezeichnete, und der letzte einige
ökologische Bemerkungen, die sich beim näheren Studium der Tabelle
ergaben und mir der Mitteilung wert erscheinen.
ee!
Beitrag zur Cyanophyceenflora unsrer Kolonien.
um
>
U
Tabellarische Übersicht.
Beginn
Nr. | Herkunftsort Bodenart Binde’ | Deut], Aufgefundene Arten
der Kultur | Spur
Mohöre, Baumwollboden, . nlustee paludosum.
Ei ostafrika Oberschicht 10.2 7102592 014, 2: Nostoc sp.
(1—25 cm) Calothrix sp.
Kilindi - Ihod
2 (Rufiji), an 1071 3.5. | 24.2. | Cylindrospermum majus.
“ Oberschicht
Ostafrika
Untergrund zu Nr. 2 | Cylindrospermum
BD > Ds
3 do. (25—50 cm) 10.1, | 260421 73.8: muscicola.
Tamburufluß)| Baumwollboden,
Ostafrika Oberschicht 10=1.2| 1020: 7 — 5%
B) do. Untergrund zu Nr. 4 | 10.1. | 10.5.| — —
6 N Baumwollboden, NE ie Öylindrospermum
a Oberschicht j nn minutum (?).
7 do. Untergrund zu Nr. 6] 12.1. | 10.5.| 14.3 Nostoc paludosum.
Mol Reisboden,
>) ö n Ei Oberschicht 12.1. | 1055. 273. Nostoc sp.
BunER (125 cm)
5 A Untergrund zu Nr. & B
0. (2550 cm) 12.21 10.5.) — u
Matingi B
10 (Rufiji), Reisboden, 2.1 Su H N De muscorum.
Ostafrika Oberschicht ylindrospermum majus.
: ' U a ea 2 Nostoc commune.
1 do. ntergrund zu Nr. 1 1. 1,109 27.20. Cylindrospermum majus.
Mitondo, Reisboden, 5
12 | Ostafrika Oberschicht | ae SR
66
Ferdinand Esmarch.,
ee ————
Nr.
Herkunftsort
Bodenart
Beginn
der Kultur
Deutl. Aufgefundene Arten
R Mitondo, Eee R
15 ee Untergrund zu Nr. 12| 12.1. | 10.5.| —
Nzamisi, Reisboden,
3 D) 5 2
14 | Ostafrika Oberschicht a
15 do. Untergrund zu Nr. 14| 12.1. | 10.5.| — --
er { Palmenboden, R
16 a Oberschicht 13.50) 1.9, ons e ea humifusum.
stafrika sn) yngbya perelegans.
17 do. Untergrund zu Nr.161 13.5 |-1. % ),. — —
Sisalboden,
18 do. Oberschicht I Me re _
(1—15 cm)
Baumwollboden
Kissauke z Cylindrospermum
; (Sandader zw. Ton), &
19 a. Wami, Oberschicht 13.5. 11.9. | 2.8. catenatum.
)stafrik: Ra ph
Ostafrika (1 356m) Hapalosiphon sp.
Untergrund zu Nr. 19 ;
< =] 9 5) S .
20 do. (2550 cm) 18.9.1 109. S. Hapalosiphon sp.
Baumwollboden
21 do. (Schwarzerde), 13.3. | 6,9. 2726 Nostoc sp.
Oberschicht
Untergrund zu Nr. 21
22 35 ( _ —
22 do. (gelber Ton) 13.5. | 6. 9
Baumwollboden,
> 2 “,
23 do. Ren 13:9. 0-9: mE =®. Nostoc muscorum.
24 do. Untergrund zu Nr.23| 13.5. | 6. 9. | 27.6 Nostoc muscorum.
Br 1 Baumwollboden le Basis
ER Fa (sandig), Oberschicht | °" 7 "B we
26 do. Untergrund zu Nr. 25| 17.6. | 28.9.| — —
3 i EN on ee e Oylindrospermum majus.
27 do. (frisches Iluvia ), 17.6.113.1022: Nosioc sphaericum.
Oberschicht
Oylindrospermum majus.
23 do. Untergrund zu Nr.27 | 17.6. |19.10.| 28. 6. Nostoc sphaericum.
Anabaena variabilis.
Beitrag zur Cyanophyceenflora unsrer Kolonien.
Beginn
Deutl.
Nr. | Herkunftsort Bodenart Bus Aufgefundene Arten
der Kultur | Spur
2 Oylindrospermum majus.
Kissauke Baumwollboden = }
; 3 i Nostoc muscorum.
29 a. Wami, |(50 m vom Flußrand),| 17.6. | 19. 10.| 28. 6
} : Anabaena sp.
Ostafrika Oberschicht E
yngbya sp.
30 do. Untergrund zu Nr.29| 17.6. |19.10.! 28.6 Nostoc muscorum.
g 4 Rohes Neuland, & ü
1 0. Oberschicht IR RN Nostoc muscorum.
32 do. Untergrund zu Nr. 31 | 17.6. |19.10.| — —
Cherhami | Feuchter Sandboden
35 (Sadami), (unkultiviert), 17.6. |19.10.| — —
Ostafrika Oberschicht
34 do. Untergrund zu Nr.33 | 17.6. 19.10.| — —
ER TrockenerSandboden, | __ \
39 do. Oberschicht l Ic 6. 19% 1( \ ZZ un
36 do. Untergrund zu Nr.35| 17.6. |19.10.| — —
3 Ibod Nostoc commune.
97 N mar Be r Lyngbya aerugineo-
37 do. Oberschicht Stk GB IM. 9. yng I R I
caerulea.
38 do. Untergrund zu Nr.37 | 1.7. |4.12.| — —
Schwarzerde
39 do. (unkultiviert), 1... 84. Dal —
Oberschicht
40 do. Untergrund zu Nr.39| 1. 7. |4.11.| — n
Baumwollboden Nostoc muscorum.
41 do (Sandu. Schwarzerde),| 1. 7. | 5.12. | 17.9. Nostoe punctiforme.
Oberschicht Calothrix sp.
42 do. Untergrund zu Nr.41| 1.7. |4.12.| — —
Schamba, } ER en
43 Ostalrika ! ea 28: ca ena um.
Calothrix sp. (?).
Öylindrospermum
catenatum.
44 do. ? ae 501232
Nostoc ellipsosporum.
Lyngbya sp.
Ferdinand Esmarch.
24.11.
68
Nr. | Herkunftsort Bodenart a ai Dil Aufgefundene Arten
der Kultur | Spur
Oylindrospermum
Aruscha, K R E muscicola.
Ostafrika affeeboden 1. 0. | 9.12. | 2 8. Anabaena oscillarioides.
Lyngbya sp.
Oylindrospermum
muscicola.
N Anabaena oscillarioides.
16 de Bananenboden 1.1. | 5.12.) 2. 8. Phormidium uncinatum.
Phormidium foveolarum.
Nostoc sphaeroides.
Burkafluß Anabaena oscillarioides,
47 | b. Aruscha, Kaffeeboden 6.19. | 19. 12429-.10: Nostoc muscorum.
Ostafrika Anabaena sp.
Ndurumafluß Orlindr 5
48 | b. Aruscha, do. 6. 31 Tale Aa en -
Ostafrika ostoc punctiforme.
ls r Öylindrospermum majus.
49 do. Weizenboden 6-.92192122 119:910% Anabuena user
; Kae $ dla a
50 0. Benmwollboden 085 le 2 yngbya aerugineo-
caerulea.
51 do. Kaffeeboden 6.94 1127.12. —
Engare ol
52 Matonje, Weizenboden 6.9: 127. 12:5 — ==
Ostafrika
Nostoc foliaceum.
58 N ? 6. 9. 1 27.12.19. 10.| Nostoc punctiforme.
Ostafrika Calothrix sp. (2).
54 do. ? a ze == =
55 do. 5 6.9. 19572. — —
Nostoe ellipsosporum.
Nostoc punctiforme.
Calothrix sp. (?).
56 Derema, ? 6. 9. | 27. 12.19. 10. [| Phormidium foveolarum.
Ostafrika Lyngbya martensiana.
Öylindrospermum
x muscicola.
57 do. ? 6. 4 — —
Beitrag zur Cyanophyceenflora unsrer Kolonien. 69
Beginn) Ende
Herkunftsort Bodenart
der Kultur
Nr.
Deutl. Aufgefundene Arten
Spur
ee ss
Weiden)
| Lungusa, B h A Synechococeus
55 | Ostafrika a 2aulnı Pens 951m aeruginosus.
59 do. ? 24.11. 16.3.1 — ==
Windhuk, Gartenboden Nostoc sphaerieum.
60 | Südwest- (Obst, Gemüse), Mar 10,0: 02. Nostoc punctiforme.
afrika Oberschicht Anabaena oscillarioides.
ä 1 o h, Nostoc sphaericum.
\ = = 17.1. )10.5.| 14.8. | 4nabaena oscillarioides.
Gamannstal, h
62 Südwest- Garten er I BE ARE ' Anabaena oscillarioides.
af, Oberschicht .
63 do. Flußsand a AlıESE —
Windhuk, $
64 | Südwest- wendung 2. | 10.6.| 14.3. | Anabaena oseillarioides.
at unbearbeitet
65 do. do. 5.2. | 10.6. | 22.3. | Anabaena oscillarioides.
Gartenboden Anabaena variabılis.
Swakoptal, ER T ” ß
66 Shäwest (Gemüse, Luzerne, . = Nodularia harveyana.
Be 2 Wein), 28.2.1 2,9 ,.2005 Oseillatoria brevis.
A Oberschicht Phormidium uneinatum.
Anabaena variabilis.
6% do. Untergrund zu Nr.66 | 26.4. | 2. 85. | 20.5.] Nodularia harveyana.
Lyngbya sp.
Gartenboden Phormidi ee.
68 ds: (Gemüse), 96.a.|5.7| 20.5. a N na am.
Oberschicht vormidium foveolarum.
Anabaena variabilis.
69 1 U oe eele A R Nodularia harveyana.
TE ntergrund zu Nr.68 | 26.4. | 2. 8. | 80.5. | Pyormidium Foveolarum.
Oscillatoria brewvis.
Swakopmund, Boden aus der
70 | Südwest- Namib bei 26.4. | 2. 8. | 30.5.| Anabaena variabilis.
afrika Swakopmund
E era Anabaena vartabilıs.
(1 do. (Blumen, 1229 19.94 010326
Nostoc sp.
70 Ferdinand Esmarch.
Nr. | Herkunftsort Bodenart Beginn] Ender Deufl, Aufgefundene Arten
der Kultur | Spur
Granitboden
A Iltisberge, (Gräser, Stauden), Sal
‘“ | Kiautschou Oberschicht a N ee Br
(1—20 cm)
2 A Untergrund zu Nr. 72| _ _ N
13 0. (30—50 em) 2.424 120.6 —
Tschan- Weizenboden, Nostoc sp.
14 tschan, Oberschicht 7..2. 110.6. 19.4. Calothrix sp.
Kiautschou (1-—20 cm) Scytonema varium.
Basaltboden
75 | Kiautschou (Gräser, Stauden), 1.22.11, 20290 n—
1—20 cm
i Untergrund zu Nr.75| _ 4
ı6 [0] (30—50 cm) (ko. 20. SE Fr >.
2 1 Untergrund zu Nr. 75 lie
[| 0. (60— 80 cm) 1, u 30. 5 ee =.
FR Lößanschwemmung
Signalberg, (Kiefern), Oberschicht | 9. 2. | 10.6. | 26.4.| Anabaena variabilis.
ıS I Kiautschou (1—20 cm)
y Untergrund zu Nr. 75 x
Unkultivierter
Arkonainsel, | Boden: „alle Pflanzen
Nostoc sp.
Lyngbya perelegans.
9. 2.) 10.0. 17 2lurds
So Kiautschou | verwesen an Ort und $ Lyngbya aerugineo-
Stelle“ caerulea.
Untergrund zu Nr. SO h e
Sl do. (30—50 em) 9.2. 1 10.6.) — ==
5 ' Untergrund zu Nr. SO 5
2 ne (oa 10m a =
Upolu Waldboden,
S3 (Samoa- Oberschicht 24.11.| 25.3.| — —
inseln) (1—30 cm)
I Np Q02
4 48 Untergrund zu Nr. 55 9 B
(30—60 cm)
Palmenboden,
s5 do. Oberschicht 24.11.1027. 4.102702: Nostoc foliaceum.
(1—30 cm)
Beitrag zur Cyanophyceenflora unsrer Kolonien. 71
Nr. | Herkunftsort Bodenart De Be a Aufgefundene Arten
der Kultur | Spur
Upolu U ensh |
s6 (Samoa- Er ee —
inseln) eu £0rem) .
Unkultivierter
ST do. Boden, 24.11.| 15.4.) 25.2.| Anabaena variabilis.
Oberschicht
Ss do. Untergrund zu Nr. 87 | 24. 11. | 27.4.| — -—
Palmenboden, IE "RR e er
39 do. Überschicht 24.11. | 27.4.| 27.2.| Nostoc punctiforme.
90 do. | Untergrund zu Nr.S9 | 24. 11. | 27.4.| — =
Systematische Zusammenstellung der Arten.
Bei dieser Zusammenstellung wurde, wie bereits bemerkt, J. TILDEN,
Minnesota Algae, vol. I (Myxophyceae) zugrunde gelegt. Maße und sonstige
Eigenschaften sind nur mitgeteilt, soweit sie von der Tildenschen Be-
schreibung abweichen. Die Maßzahlen sind auf halbe w abgerundet.
I. Chroococeaceae.
a) Synechococcus Naegeli.
l. Symechococcus aeruginosus Naegeli.
Probe 58.
Zellen 6,5—10,5 # breit, 8—10,5 w lang.
ll. Oseillatoriaceae.
a) Oscillatoria Vaucher.
1. Oscillatoria brevis Kuetzing.
Proben 66 und 69.
Fäden 4—5 « breit.
2 Ferdinand Esmarch.
b) Phormidium Kuetzing.
1. Phormidium Joveolarum Gomont.
Proben 46, 56, 68, 69.
Fäden bis 2 « breit.
2. Phormidium uncinatum Gomont.
Proben 46, 66, 68.
Fäden 5—6,5 « breit, Zellen 1,5—2,5 w lang.
c) Lyngbya Agardıh.
1. Lyngbya perelegans Lemmermann.
Proben 16 und 80.
Fäden 1,5—2,5 « breit. Bisher nur aus Salzwasser bekannt.
2. Lyngbya aerugineo-caeruleaı Gomont.
Proben-37,,50,80.
Fäden 4—5 u breit, Zellen 2,5—4 u lang.
3. Lyngbya martensiana Meneghini.
Probe 56.
4. Lyngbya sp.
Proben 29, 44, 45.
Einzelne Fäden zwischen anderen Cyanophyceen, blaß-
blaugrün, mit dünner, farbloser Scheide, 1,5—2,5 u breit. Zellen
zylindrisch, 2,5—4 w lang. Querwände selten erkennbar, z. T.
durch glänzende Graneln bezeichnet. Endzelle etwas verschmälert,
abgerundet.
5. Lyngbya sp.
Probe’67.
Einzelne Fäden oder Bündel zwischen Nodularza, mit dünner
Scheide, an den Querwänden etwas eingeschnürt. Zellen 1,5—2 u
breit, 0,5—2 w lang, blaßblaugrün, ohne Graneln.
III. Nostocaceae.
a) Nostoe Vaucher.
1. Nostoc punctiforme Hariot.
Proben 41, 48, 53, 56, 60, 89.
Sporen 4—6,5 « breit, 4—8 u lang.
2. Nostoc paludosum Kuetzing.
Proben 1 und 7.
Fäden 53—4,5 u breit, Sporen 4—6,5 u breit, 6,5—9 u
lang.
3. Nostoc ellipsosporum Rabenhorst.
Proben 44 und 56.
Fäden bis 5 « breit, Sporen 10,5—15,5 « lang.
6.
10.
Ur.
12.
Beitrag zur Cyanophyceenflora unsrer Kolonien. 73
Nostoc muscorum Agardh.
Proben 10, 23, 24, 29, 30, 31, 41, 47.
Fäden bis 5 « breit.
Nostoc humifusum Garmichael.
Probe 16.
Fäden bis 3,5 « breit, Heterocysten 3,5—4,5 « im Durch-
messer. Sporen 4—5 u breit, 6—8 u lang.
Nostoc foliaceum Mougeot.
Proben 53 und 85.
Fäden bis 5 « breit, Sporen 8—10,5 uw lang.
Nostoc commune \aucher.
Proben 11 und 37.
Nostoc sphaerecum Vaucher.
Proben 27, 28, 60, 61.
Sporen 5—6 w breit, 6,5—9 u lang.
Nostoc sphaeroides Kuetzing.
Probe 46.
Nostoc sp.
Proben 21, 71, 74,
Lager schleimig, anfangs kugelig, später ausgebreitet,
bräunlich-grün. Fäden gewunden, verflochten, z. T. mit gelblicher
Scheide, 2,5—4 u breit. Zellen kugelig oder tonnenförmig.
Heterocysten kugelig, 4—5 «u im Durchmesser. Sporen oval,
farblos oder gelblich, 6,5—8 « breit, 8—10,5 « lang.
Nostoc sp.
Proben 8 und 80.
Lager schleimig, ausgebreitet, bräunlich-grün. Fäden ver-
flochten, z. T. mit dicker, bräunlicher Scheide, 4—5 u breit.
Zellen kugelig oder tonnenförmig. Heterocysten oval, 5—8 u
lang. Sporen oval oder kugelig, 5—6,5 w breit, 5—8 w
lang.
Nostoc sp.
Probe 1.
Lager schleimig, ausgebreitet, bräunlich-grün. Fäden dicht
verflochten, z. T. mit gelblicher Scheide, 4—4,5 u breit. Zellen
kugelig, seltener oval, sich nicht berührend. Heterocysten kugelig,
5—7 w im Durchmesser. Sporen oval, 4,5—6,5 w breit, 6,5 bis
10,5 « lang.
b) Nodularia Mertens.
L.
Nodularia harveyana Thuret.
Proben 66, 67, 69.
Fäden bis 6,5 « breit, Zellen 2,5—4 uw lang.
74 Ferdinand Esmarch.
c) Anabaena Bory.
1. Anabaena vartabılıs Kuetzing.
Proben 28, 66, 67, 69, 70, 71, 78, 87.
2. Anabaena oscillariordes Bory.
Proben 45, 46, 47, 49, 60, 61, 62, 64, 65.
Sporen bis 9 « breit, nur bis 22 « lang.
3. Anabaena sp.
Proben 29 und 47.
Lager ausgebreitet, dunkel-blaugrün. Fäden 5—6 u breit,
z. T. mit etwas dickerer, farbloser Scheide. Zellen tonnenförmig,
2,5—b w lang. Heterocysten kugelig, 6,5—8 w im Durchmesser.
Sporen kugelig oder oval, in Reihen, entfernt von den Hetero-
cysten, 8 w breit, 8S—13 « lang. Scheint A. variabils nahe-
zustehen.
d) Cylindrospermum Kuetzing.
l. Oylindrospermum majus Kuetzing.
Proben 2, 10, 11, 27, 28,.29,.48,.49, 50.
Sporen bis 15,5 « breit, bis 39 w lang.
2. Oylindrospermum minutum Wood.
Probe 6 (?).
Fäden meist nur 1,5 « breit, Querwände nicht erkennbar.
Sporen 8—10 « breit, 15,5—-21 w lang.
Den Maßen nach steht diese Art zwar Ü. minutissimum
näher, doch gab die Abbildung von Tilden den Ausschlag zu-
sunsten von ©. minutıum.
3. Oylindrospermum muscicola Kuetzing.
Proben 3, 45, 46, 56.
Sporen bis 25 « lange.
4. Cylindrospermum catenatum Ralfs.
Proben 19, 43, 44.
IV. Seytonemaceae.
a) Sceytonema Agardh.
1. Sceytonema varium Kuetzing.
Probe 74.
V. Stigonemaceae.
a) Hapalosiphon Naegeli.
l. Hapalosiphon sp.
Proben 19 und 20.
Beitrag zur Cyanophyceenflora unsrer Kolonien. 75
Lager bräunlich, dünn. Fäden verschieden gekrümmt, ver-
flochten, einseitig verzweigt, mit farbloser oder bräunlicher
Scheide, 5—6,5 « breit. Zellen zylindrisch, quadratisch oder
länger als breit. Heterocysten länglich, 4—-5 « breit, 4—8 u
lang. Scheint ZH. intricatus nahezustehen.
VI. Rivulariaceae.
a) Calothrix Agardh.
1. Calothrix sp.
Proben 1, 41, 74.
Einzelne Fäden oder Bündel zwischen andren Cyanophyceen,
teils mit, teils ohne dünne, farblose Scheide, an der Basis
5—6,5 w breit, in ein langes Haar auslaufend. Zellen meist
kürzer als breit. Heterocysten basal, selten intercellular, 4—6 w
breit, 5,5—8 u lang.
2. Calothrix sp. (2).
Proben 43, 53, 56.
Fäden sehr allmählich verjüngt, zuweilen verzweigt, mit
etwas dickerer, farbloser oder bräunlicher Scheide, an der
Basis 5—8 u breit (mit Scheide 10,5—13 w). Heterocysten
zusammengedrückt-kugelig, an der Basis, 4—6,5 « im Durch-
messer, gelbgrün.
Die Bestimmung der Art ist unsicher, weil Fäden mit
haarförmigem Ende nicht gefunden wurden. Die Fäden endeten
meist mit einer längeren, abgerundeten Zelle.
Pflanzengeographische Ergebnisse.
Die Verteilung der Bodenproben auf die verschiedenen Herkunfts-
gebiete ist eine recht ungleichmäßige. Der weitaus größte Teil — 59 —
entfällt auf Deutsch-Ostafrika, 12 auf Deutsch-Südwestafrika, 11 auf
Kiautschou und 8 auf die Samoainseln. Von diesen wurden 32 bezw.
11, 3, 3 Proben mit positivem Ergebnis auf Cyanophyceen untersucht.
Dementsprechend ist auch die pflanzengeographische Ausbeute ungleich
verteilt. Für Ostafrika wurden insgesamt 29 Arten festgestellt, für Süd-
westafrika 10, Kiautschou 7 und Samoa 3. Soweit ich nach der mir
zugänglichen Literatur beurteilen kann, sind die meisten derselben in den
76 Ferdinand Esmarch.
betr. Gebieten bis jetzt noch nicht beobachtet worden. Ich habe diese
in der nachfolgenden Aufzählung mit einem Stern bezeichnet.
I. Deutsch-Ostafrika.
1.* Symechococcus aeruginosus Naegeli.
Lungusa.
2.* Phormidium foveolarum Gomont.
Aruscha, Derema.
3.* Phormidium uncinatum Gomont.
Aruscha.
4.* Lyngbya perelegans Lemmermann.
Palmenpflanzung Kiomoni.
5. Lyngbya aerugineo-caerulea Gomont.
Cherhami (Baumwollplantage), Ndurumafluß bei Aruscha.
6. Lyngbya martensiana Meneghini.
Derema.
7.* Nostoc punctiforme Hariot.
Cherhami, Ndurumafluß bei Aruscha, Mevera, Derema.
8.” Nostoc paludosum Kuetzing.
Mohoro, Ufer des Tamburuflusses.
9.* Nostoc ellipsosporum Rabenhorst.
Schamba, Derema.
10. Nostoc muscorum Agardh.
Matingi (Rufiji), Kissauke (Baumwollplantage), Cherhami, Burka-
fluß bei Aruscha.
11.* Nostoc humifusum Carmichael.
Kiomoni.
12.* Nostoc foliaceum Mougeot.
Mevera.
13. Nostoc commune Vaucher.
Matingi (Rufiji), Cherhami.
14.” Nostoc sphaericum Vaucher.
Kissauke am Wami.
15.* Nostoc sphaeroides Kuetzing.
Aruscha.
16.* Anabaena variabelis Kuetzing.
Kissauke am Wami.
17.* Anabaena oscillarioides Bory.
Aruscha, Burkafluß, Ndurumafluß.
18.* Cylindrospermum majıus Kuetzing.
Kilindi (Rufijji), Matingi (Rufiji), Kissauke am Wami, Nduruma-
fluß bei Aruscha.
Beitrag zur Cyanophyceenflora unsrer Kolonien. IST,
19.* Oylindrospermum minutum Wood.
Ufer des Tamburuflusses.
20.* Oylindrospermum muscicola Kuetzing.
Kilindi (Rufiji), Aruscha, Derema.
21.* Oylindrospermum catenatum Ralfs.
Kissauke am Wami, Schamba.
Außerdem 8 nicht näher bestimmte Arten, welche den Gattungen
Lyngbya (1), Nostoc (3), Anabaena (1), Hapalosiphon (1) und Calothrix (2)
angehören.
II. Deutsch-Südwestafrika.
1.* Oseillatoria brevis Kuetzing.
Swakoptal.
2.* Phormidium foveolarum Gomont.
Swakoptal.
3." Phormidium uncinatum Gomont.
Swakoptal.
4.* Nostoc punctiforme Hariot.
Garten in Windhuk.
5.* Nostoc sphaericum V aucher.
Garten in Windhuk.
6.* Nodularia harveyana Thuret.
Swakoptal.
7.* Anabaena variabılıs Kuetzing.
Swakoptal, Garten in Swakopmund, Namib bei Swakopmund.
In Südafrika beobachtet.
8.” Anabaena oscillariordes Bory.
(sarten in Windhuk, Gamannstal.
Außerdem 2 nicht näher bestimmte Arten der Gattungen Zyngbya und
Nostoc.
Ir. Kiautschon:
1.* Lyngbya perelegans Lemmermann.
Arkonainsel.
2.* Lyngbya aerugineo-caerulea Gomont.
Arkonainsel.
3." Anabaena varvabelis Kuetzing.
Signalberg.
4.* Scytonema varium Kuetzing.
Dorf Tschan-tschan.
Außerdem 3 nicht näher bestimmte Arten der Gattungen Nostoc (2)
und Calothrix (1).
78 Ferdinand Esmarch.
IV. Samoa-Inseln.
1. Nostoc punctiforme Hariot.
Upolu (Palmenpflanzung).
2.* Nostoc foliaceum Mougeot.
Upolu.
3." Anabaena variabelis Kuetzing.
Upolu.
Ökologische Bemerkungen.
1. Oberflächliche und tiefere Bodenproben.
In den Akten über die untersuchten Bodenproben fanden sich, von
) Nummern abgesehen, Angaben über die Tiefe, der sie entstammen.
Sie lassen sich danach in solche aus oberflächlichen Schichten bis zu
einer Tiefe von 25 cm und solche aus tieferen Schichten (meist 25—50 cm)
einteilen. Die Ergebnisse der Kultur zeigen bei diesen beiden Gruppen
bemerkenswerte Unterschiede. Von den 49 Proben der ersten lieferten
35 Cyanophyceen, von den 32 der zweiten Gruppe nur 9. Bei der langen
Dauer der Kultur — die Proben standen 4 Monate und länger im Treib-
haus — darf man annehmen, daß alle Proben, die Sporen in nennens-
werter Menge enthielten, Lager von Cyanophyceen entwickelt haben.
Umgekehrt werden solche Proben, die keine Spuren von Lagern zeigten,
keine in Betracht kommende Menge von Sporen enthalten haben. Von
diesem Gesichtspunkt aus ergibt sich, daß die oberen Erdschichten be-
deutend reicher an Sporen sind als die tieferen. Bei ersteren machen
die erfolgreichen Kulturen 71,5 °o, bei den letzteren nur 28°/o aus.
Dieser Unterschied ist auch durchaus verständlich. Die Cyanophyceen
wachsen als lichtbedürftige Pflanzen an der Erdoberfläche, und ihre
Sporen können daher primär nur an oder dicht unter derselben vor-
kommen. Erst sekundär, durch Umlagern, Umgraben, Pflügen usw. ge-
langen sie in tiefere Schichten. Man wird also in Unterschichten nur
dann Üyanophyceen erwarten, wenn es sich um kultivierten Boden
handelt. Die Untersuchungen bestätigen diesen Schluß vollkommen.
Denn die 9 Unterschichten, welche Cyanophyceen lieferten — es sind das
die Nummern 3, 7, 11, 20, 24, 28, 30, 67, 69 —, gehören sämtlich
kultivierten Böden an. Im allen diesen Fällen enthielten auch die zu-
gehörigen Oberschichten Sporen, und zwar zum großen Teil von gleichen
oder verwandten Arten. Das Ergebnis bleibt übrigens für die Oberflächen-
proben gleich günstig, wenn man nur die Proben in Rechnung zieht, die
Beitrag zur Cyanophyceenflora unsrer Kolonien. 79
sich paarweise als Ober- und Unterschicht gleicher Herkunft zusammen-
‘stellen lassen. Es würde sich dann um 30 Paare handeln, und die Erfolge
würden 67 °/o bezw. 30 °/o der Gesamtzahl ausmachen.
2. Kultivierte und unkultivierte Böden.
Bei 81 Proben war ferner angegeben, ob der Boden bearbeitet wird
bezw. welche Kulturpflanzen auf ihm angebaut werden. Teilt man zunächst
allgemein nach kultivierten und unkultivierten Böden ein, so ergeben sich
55 Proben der ersten und 26 der zweiten Art. Auch diese beiden Gruppen
zeigen hinsichtlich des Ergebnisses interessante Unterschiede. Von den
Kulturböden lieferten 37, d. h. 67 °/o, Cyanophyceen, von den unkultivierten
nur 7, d.h. 270. Die Prozentsätze verschieben sich allerdings zugunsten
der letzteren, wenn nur die Oberflächenproben berücksichtigt werden.
Das erscheint gerechter, weil nach dem oben Gesagten nur die Ober-
schichten als primäre Fundstellen von Cyanophyceen-Sporen anzusehen
sind und gerade diese unter den Proben unkultivierter Böden relativ
weniger zahlreich sind. Es bleiben in diesem Falle 35 bezw. 14 Proben
übrig, und die Prozentsätze der erfolgreichen Kulturen werden 80 bezw. 50.
Immerhin behalten die Kulturböden einen beträchtlichen Vorsprung. Es
scheint also, als ob diese den Öyanophyceen günstigere Lebensbedingungen
bieten. Dafür findet sich in der Tat eine gute Bestätigung, wenn man
die Menge und Artenzahl der Uyanophyceen auf den einzelnen Proben in
Betracht zieht. Auf den unkultivierten Böden trat durchweg nur eine
Art auf und diese noch dazu in geringer Menge. Nur Probe 80 macht
mit 5 Arten eine Ausnahme. Dafür gibt aber vielleicht die Bemerkung
der Akten, daß auf dem betreffenden Boden „alle Pflanzen an Ort und
Stelle verwesen“, eine Erklärung, indem solch humusreicher Boden das
Gedeihen von Cyanophyceen aus irgendeinem Grunde begünstigt. Auf
den Kulturböden fanden sich dagegen meistens mehrere Arten und diese
in größeren Mengen. Von den hierhergehörigen Proben wiesen 13 eine
Art, 12 zwei Arten, 8 drei Arten, 3 vier Arten und eine deren sogar
fünf auf. Die Sporen waren in einigen Proben (besonders 28—30, 60,
66—69) in solcher Menge vorhanden, daß schon nach verhältnismäßig
kurzer Frist die ganze Oberfläche mit Cyanophyceen überzogen war.
Wenn nun die Cyanophyceenflora auf den Kulturböden durchweg soviel
reicher ist, darf man annehmen, daß sie auf denselben besonders geeignete
Existenzbedingungen vorfindet. Ob diese von den Kulturpflanzen geschaffen
werden oder ob umgekehrt das Gedeihen der Kulturpflanzen auf die Vor-
arbeit der Cyanophyceen zurückzuführen ist, muß allerdings dahingestellt
bleiben.
Man kann nun die Frage aufwerfen, ob sich die Kulturböden, je
nach den auf ihnen angebauten Pflanzen, in diesem Punkte verschieden
8
80 Ferdinand Esmarch.
verhalten. Die Kulturpflanzen stellen ja recht verschiedene Anforderungen
an den Boden, und es wäre möglich, daß auch die Cyanophyceenflora
davon abhängig ist. Auf den untersuchten Böden wurde Baumwolle,
Gartenpflanzen (Gemüse, Obst), Reis, Palmen, Kaffee, Weizen, Bananen
und Sisalagaven gebaut. Die so gebildeten 8 Gruppen sind mit den bez.
Ergebnissen in der folgenden Tabelle zusammengestellt.
Kalturpllanze in Eon | Fer en Reis I Kaffee we at an
Gesamtzahl der Proben ....| 24 5 | &) 6 b) 3 1 1
Erfolgreiche Kulturen ...... 16 Ro) 3 3 4 2 n —
Gesamtzahl der Arten).....| 30 | 2 5) a lo|5s | 5 | —
Verschiedene Arten A nen: 17 10 4 4 S 5 9 %
Wie man sieht, sind die Gruppen sehr ungleich und lassen sich,
auch wenn man von den 3 kleinsten absieht, nur unter Vorbehalt mit-
einander ‚vergleichen. Vergleicht man zunächst die Zahlen der ersten
beiden Reihen, so ergibt sich, daß die Gartenböden bei den Kultur-
versuchen am besten abgeschnitten haben; dann folgen die Kaffeeböden,
Baumwoll-, Palmen-, Reisböden. Auch der Gesamtzahl der Arten nach
stehen die Gartenböden am günstigsten, die Palmenböden am ungünstigsten
da. In Bezug auf die Mannigfaltigkeit der Arten werden sie allerdings
von den Kaffeeböden übertroffen und von den Baumwollböden fast erreicht.
Unter den Kulturböden scheinen demnach die mit Gartenpflanzen und
Kaffee bebauten den Cyanophyceen mehr zuzusagen als z. B. die Reis-
böden. Dieser Satz hat aber nur den Wert einer Mutmaßung, da meine
Untersuchungen nicht umfangreich genug sind, um einen sicheren Schluß
zu erlauben.
3. Der Zeitpunkt des Auftretens deutlicher Spuren.
Die Proben lassen sich noch nach einer dritten Richtung vergleichen,
nämlich in Bezug auf den Zeitpunkt, an dem sie die ersten deutlichen
Spuren von Cyanophyceen aufwiesen. Unter „deutlichen Spuren“ ver-
stehe ich bequem sichtbare Flecken von einigen Millimetern im Durch-
messer. Solche Flecken traten bei den erfolgreichen 49 Proben (bei einer
wurde versehentlich kein Datum vermerkt, doch betrug die Frist höchst-
') Hier ist das mehrfache Auftreten derselben Art mehrfach gezählt worden.
Beitrag zur Cyanophyceenflora unsrer Kolonien. | S1
wahrscheimlich ca. 1‘; Monate) nach folgenden sehr verschiedenen
Fristen auf:
nach 1—15 Tagen bei 3 Proben
” 16 30 ” ” 7 ”
N ra)
de re 5
” 6175 ” ” 5 ”
„00 20 ” „” ü ”
„ mehrals90 „ A F-
Es fällt zunächst auf, daß die Frist im Durchschnitt recht lang ist. Das
hat seinen Grund z. T. wohl darin, daß die Bodenproben eine lange
Trockenzeit hinter sich hatten und darum nicht gleich so durchfeuchtet
sein konnten, wie es zum Auskeimen der Sporen nötig war, vor allem
aber darin, daß die ausgekeimten Fäden in der Durchbrechung des
Fließpapiers eine relativ bedeutende Arbeitsleistung zu bewältigen hatten,
bevor sie in Gestalt von Flecken sichtbar wurden. Wie erklären sich
aber die beträchtlichen Unterschiede im einzelnen? Das Naheliegendste
wäre, sie auf ungleich schnelles Auskeimen oder Wachsen der ver-
schiedenen Arten zurückzuführen. Es müßten dann Proben mit gleichen
Arten ungefähr nach gleichen Fristen Flecken aufweisen, besonders wenn
sie zugleich angesetzt wurden und aus demselben Gebiete stammen. Meine
Untersuchungen lassen ‘aber eine solche Regelmäßigkeit nicht erkennen,
wofür ich einige der häufigeren Arten als Belege anführe: Nostoc puncti-
FJorme wurde u. a. auf 3 ostafrikanischen Proben gefunden, die im Sep-
tember angesetzt waren; auf zweien erschien die Alge nach 44, auf der
dritten erst nach 59 Tagen. Nostoc muscorum fand sich u.a. auf 5 im
Mai und Juni angesetzten Proben aus Ostafrika; die Fristen waren
83, 45, 11, 11, 60 Tage, und dabei waren die ersten beiden der Ober-
und Unterschicht desselben Bodens, die letzten drei dem Boden derselben
Plantage entnommen. Anabaena oscillarioides trat u. a. viermal auf
südwestafrikanischen Böden auf, die alle im Januar und Februar an-
gesetzt waren; deutliche Spuren traten nach 18 bezw. 56, 57, 45 Tagen
auf. Cylindrospermum majus wurde auf 9 ostafrikanischen, z. T. als Ober-
und Unterschicht zusammengehörigen Proben festgestellt; je drei waren
im Januar, Juni und September angesetzt, wiesen aber die sehr ver-
schiedenen Fristen von 45, 61, 74 bezw. 45, 11, 11 bezw. 59, 44, 22 Tagen
auf. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Verschiedenheit der Arten hier
mit hereinspielt, aber ausschlaggebend ist sie jedenfalls nicht. Ich glaube
vielmehr, daß die Verschiedenheit der Fristen in erster Linie durch den
verschiedenen Reichtum der Bodenproben an Sporen bedingt ist. Sind
mehr Sporen vorhanden, so durchdringen die ausgekeimten Fäden das
82 Ferdinand Esmarch.
Fließpapier an zahlreicheren Stellen, als wenn wenig Sporen vorhanden
sind. Um so eher werden auch benachbarte mikroskopisch kleine Lager
zu deutlich sichtbaren Flecken zusammenfließen. Mit anderen Worten,
kurzfristige Proben sind reich an Cyanophyceen-Sporen, langfristige arm
daran. Sehr lehrreich ist in dieser Beziehung der Vergleich der äußersten
Extreme: Die Proben 28—30 zeigten die ersten Spuren nach 11 Tagen und
waren schon wenige Tage später ganz von Cyanophyceen überzogen. Auf
den Proben 85 und 89 traten erst nach 95 Tagen Spuren auf, und die
Lager blieben bis zum Ende der Kultur (nach ca. 5 Monaten) wenig aus-
gedehnt.
Eingegangen am 7. Juli 1911.
Gedruckt bei Lüteke & Wulff, E. H. Senats Buchdruckern.
+ 5. Beiheft
zum
hrbuch der Hamburgischen Wissenschaftlichen Anstalten.
| XXVIII. 1910.
| Mitteilungen
{ % . aus dem
Physikalischen Staatslaboratorium
; in Hamburg.
Fi Inhalt:
E Seite
iR Friedr. Busch und Chr. Jensen: Tatsachen und Theorien der atmosphärischen
Polarisation nebst Anleitung zu Beobachtungen verschiedener Art. Zum
Gedächtnis hundertjähriger Forschung im Auftrage des Physikalischen
Staatslaboratoriums in Hamburg und der Vereinigung von Freunden der
Astronomie und kosmischen Physik. Mit zahlreichen Tabellen und Figuren
Ei SR 8 REN SE DANN. DAHER FOR ARRRANE Br RER N ERBE NER ER 1539
E: A. Voller und B. Walter: Über den Helium- und Argongehalt des Erdgases
FR von Neuengamme. Mit einer Tafel............ ......nesenaneeeeren 1— 14
Hamburg I9l1.
Kommissionsverlag von Lucas Gräfe & Sillem.
5. Beiheft
zum
Jahrbuch der Hamburgischen Wissenschaftlichen Anstalten.
XXVIl. 1910.
Mitteilungen
aus dem
Physikalischen Staatslaboratorium
in Hamburg.
num arlet:
Seite
Friedr. Busch und Chr. Jensen: Tatsachen und Theorien der atmosphärischen
Polarisation nebst Anleitung zu Beobachtungen verschiedener Art. Zum
Gedächtnis hundertjähriger Forschung im Auftrage des Physikalischen
Staatslaboratoriums in Hamburg und der Vereinigung von Freunden der
Astronomie und kosmischen Physik. Mit zahlreichen Tabellen und Figuren
Hamburg 1911.
e Fe hr ae nnARY N
Kommissionsverlag von Lucas Gräfe & Sillem\®' vi
ner
DEE Sm =
Tatsachen und Theorien der
atmosphärischen Polarisation
nebst Anleitung zu Beobachtungen verschiedener Art. |
Zum Gedächtnis hundertjähriger Forschung im Auftrage des
Physikalischen Staatslaboratoriums in Hamburg
und der
Vereinigung von Freunden der Astronomie und kosmischen Physik
herausgegeben von
Prof. Friedr. Busch wid Dr. Chr. Jensen.
Mit zahlreichen Tabellen und Figuren im Text.
re
EN ze i
Vorwort.
Wenn wir die vorliegende Schrift der Öffentlichkeit übergeben, so
geschieht dies in der Hoffnung, daß hierdurch eine größere Zahl von
Lesern dem lange Zeit hindurch gar zu sehr vernachlässigten und gerade
gegenwärtig höchst interessante und wichtige Ausblicke bietenden und
mit Macht zu einer größeren Beteiligung von seiten der Astronomen,
Meteorologen und Physiker sowie aller ernsten Freunde der meteorolo-
gischen Optik und kosmischen Physik herausfordernden Studium der
atmosphärischen Polarisation zugeführt werden. Daß derartige Unter-
suchungen auf eine breitere Basis gestellt würden, war schon lange der
lebhafteste Wunsch der Herausgeber, was auch bereits im Jahre 1907
in kürzerer oder längerer Ausführung öffentlich zum Ausdruck gebracht
wurde. Wie aber vielfach erst außergewöhnliche Ereignisse eintreten
müssen, um eine wichtige Sache ins Rollen zu bringen, so bedurfte es
erst ganz auffälliger Störungen im optischen Verhalten unserer Atmo-
sphäre im Sommer 1908, um den Mitherausgeber Jensen zu dem Entschluß
zu bringen, von da ab mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln eine
enereische Propaganda für die Beteiligung weiterer Kreise an der Lösung
der interessanten, mit dem Studium der atmosphärischen Polarisations-
verhältnisse, und zwar zunächst in erster Linie mit dem der neu-
tralen Punkte, verknüpften Probleme ins Werk zu setzen. Die Möglich-
keit zur Verwirklichung seines Planes wurde durch das große Interesse
und Entgegenkommen von Herrn Professor Dr. Voller, dem Direktor des
Hamburgischen Physikalischen Staatslaboratoriums, geschaffen, und diesem
verdankt auch die vorliegende Schrift im erster Linie ihre Entstehung.
Es ist aber dabei nicht zu vergessen, daß eine ähnliche Anregung dem
Mitherausgeber Busch schon vor einer Reihe von Jahren vom Vorsitzenden
der Vereinigung von Freunden der Astronomie und kosmischen Physik,
Herrn Geheimrat Professor Dr. Foerster, gegeben wurde. Wenn dieser
1
> Friedr. Busch und Chr. Jensen.
u
Gedanke auch nicht gleich zur Ausführung kam, so wurde er doch nicht
fallen gelassen, und er rückte der Verwirklichung näher infolge gemeinsamer
Besprechungen, die im August 1908 zwischen Busch und dem Herausgeber
der „Mitteilungen“ genannter Vereinigung, Herrn Professor Dr. J. Plaßmann
in Münster, bezüglich einer eventuellen Herausgabe einer Anleitung zur
Beobachtung der neutralen Punkte in den genannten Mitteilungen statt-
gefunden hatten. Da nun um die nämliche Zeit Herr Professor Dr. Voller
einer auf das Studium der atmosphärischen Polarisation «erichteten
Propaganda sein Interesse zugewandt hatte, lag schließlich nichts näher,
als die beiderseitigen Interessen zu vereinigen. Bei der persönlichen
Rücksprache zwischen Busch und Jensen kam man überein, nach Möglich-
keit zusammenzugehen und den genannten Plan einer Anleitung zur
polariskopischen Untersuchung des Himmelslichtes dahin zu erweitern,
daß auch eine Anleitung zu polarimetrischen Messungen sowie eine etwas
genauere Übersicht über das gesamte Gebiet der atmosphärischen Polarisa-
tion gegeben werden sollte. Dieser Plan fand die Zustimmung der Herren
Foerster und Voller.
So sind wir nun in der Lage, den Freunden der meteorologischen
Optik und kosmischen Physik diese Arbeit zu überreichen. Möge sie
dazu beitragen, unsere Kenntnisse auf dem Gebiete der atmosphärischen
Polarisation zu erweitern und zu vertiefen.
Den Herren Foerster und Voller aber möchten wir auch an dieser
Stelle unsern aufrichtigsten Dank aussprechen für die Förderung, die sie
unserer Arbeit haben angedeihen lassen.
Arnsberg und Hamburg, im November 1909.
Busch. Jensen.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 3
Einleitung.
Im Jahre 1809 machte Arago die Entdeckung, daß das blaue Licht
des unbewölkten Himmels teilweise polarisiert sei. Seitdem sind gerade
hundert Jahre verflossen, und in diesem langen Zeitraum hat sich eine
große Zahl hervorragender Physiker der verschiedensten Länder mit der
näheren Erforschung dieses Gebietes der Geophysik beschäftigt. Durch
umfassende und sorgfältige Beobachtungen, durch scharfsinnige theoretische
Untersuchungen ist eine große Menge wertvollen Beobachtungsmaterials
zusammengetragen, und ist unsere Einsicht in das Wesen der gesamten
Erscheinungen erheblich gefördert und vertieft worden. Aber dennoch
muß man der atmosphärischen Polarisation auch heute noch die Bezeich-
nung eines „geheimnisvollen Phänomens“ beilegen, wie man sie um die
Mitte des vorigen Jahrhunderts wiederholt bezeichnet hat. Zu den vielen
noch ungelösten Problemen sind gerade in den letzten zwanzig Jahren neue
hinzugetreten, die gebieterisch eine umfassende und eingehende Erforschung
erheischen, und die insbesondere die Herbeischaffung eines viel umfang-
reicheren Beobachtungsmaterials erfordern. Dieses zu gewinnen und dadurch
der Wissenschaft der Geophysik zu dienen, ist der Zweck dieser Schrift.
Um unseren Lesern einen vorbereitenden Überblick über das gesamte
Gebiet der atmosphärischen Polarisation zu geben, lassen wir hier zunächst
den wesentlichsten Teil eines Vortrags folgen, den Chr. Jensen bei Ge-
legenheit der Jubiläumsversammlung der Deutschen Meteorologischen
Gesellschaft im September 1908 in Hamburg gehalten hat: ')
Hochgeehrte Versammlung!
Gelegentlich der im Jahre 1901 in Hamburg tagenden Versammlung
deutscher Naturforscher und Ärzte habe ich in emem Überblick über die
Tatsachen und Theorien auf dem Gebiete der atmosphärischen Polarisation
hingewiesen auf den Wert, welchen Polarisationsbeobaehtungen für die
Wetterprognose haben können. Daß Polarisationsbeobachtungen — und
zwar handelt es sich hier wesentlich um die messende Verfolgung der
neutralen Punkte, die sich bisher in allererster Linie an den Namen Bausch
!) Dieser Vortrag ist auch abgedruckt in den Astronomischen Nachrichten, Nr. 4283,
Bd. 179, Nov. 1908.
1*
4 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
knüpft — auch Licht werfen auf Fragen von viel allgemeinerer Bedeutung,
wurde auch schon damals dargelegt. Aber seit jener Zeit ist in der
eben angedeuteten Richtung ein so reiches neues Material zutage gefördert
worden, und hat sich eine Fülle neuer Fragen aufgetan, ja, es sind —
ohne zuviel zu sagen — manche Fragen so brennend geworden, daß es
num allerhöchste Zeit ist, daß man endlich einmal von seiten der Meteorologie,
der Geophysik und auch von seiten der Astronomie diesen und allen hier-
mit im Zusammenhang stehenden Beobachtungen ein viel weitgehenderes
Interesse entgegen bringt, als es bisher geschah, obgleich die Entdeckung
der atmosphärischen Polarisation schon vor fast genau 100 Jahren er-
folgte, und obgleich die weitere Erforschung derselben sich an eine nicht
geringe Zahl bedeutendster Namen — ich erinnere nur an Babinet, Brewster,
Becquerel, Cornu, Soret, Lord Rayleigh, Tyndall, Rubenson — knüpft.
In meinen Bestrebungen gehe ich, wie ich vorwegnehmen darf, durchaus
Hand in Hand mit dem bekannten, schon .erwähnten Professor Busch,
und dieser Vortrag ist auf Grund mündlicher Verhandlungen mit ihm
zustande gekommen.
Zunächst sei mir gestattet, daß ich in möglichster Kürze die Haupt-
erscheinungen der atmosphärischen Polarisation ins Gedächtnis zurückrufe.
Untersucht man irgendeine Stelle des blauen Himmels mit Hilfe eines
Nicols bezw. einer Turmalinplatte oder noch besser mit Hilfe des, auf
dem Prinzip der chromatischen Polarisation beruhenden Savartschen Polari-
skops, so kann man leicht konstatieren, daß das blaue Himmelslicht im
allgemeinen mehr oder weniger stark polarisiert ist.
Es hat sich ferner gezeigt, daß das Maximum der Polarisation ca.
90 Grad von der Sonne entfernt liegt, daß die Polarisationsgröße in einem
Punkte aber nicht nur abhängig ist von der Winkeldistanz der Sonne,
sondern dab eine ausgeprägte Tageskurve existiert, daß die Jahreszeit
eine hervorragende Rolle spielt ete., indem, kurz gesagt, die Beschaffenheit
der Luft das Phänomen stark beeinflußt. Abgesehen von zum geringeren
Teil durch das erdmagnetische Feld herbeigeführten Abweichungen ist
die Polarisationsebene bei wolkenlosem Himmel — und einen solchen
wollen wir für die weitere Besprechung voraussetzen — gegeben durch
die Ebene Punkt, Sonne, Beobachter. Uns soll hinfort nur der Vertikal-
kreis der Sonne beschäftigen.
Legen wir nun, lediglich im Interesse einer bessern Anschaulichkeit, die
Annahme zugrunde, daß bei einem total polarisierten Lichtstrahl die Äther-
schwingungen senkrecht zur Polarisationsebene erfolgen, so hätten wir
uns, wenn die Sonne in der Nähe des Horizonts steht, vorzustellen, daß
die Schwingungen, welcheim Sonnenvertikal von einer 90 Grad von der Sonne
entfernten Stelle ausgehen, im wesentlichen horizontal sind. Wir würden
von einer positiven Polarisation sprechen, was sich durch das Savartsche
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 5
Polariskop, das bis jetzt feinste Reagens auf Polarisation, dadurch dokumen-
tieren würde, daß, falls wir das entsprechend eingestellte Instrument in
eine solche Lage gebracht haben, daß die farbigen Fransen in der Richtung
des Sonnenvertikals verlaufen, das Mittelfeld dunkel ist. Ebenso würde
es sich mit den meisten andern Punkten des Sonnenvertikals verhalten.
Jedoch gibt es sehr bemerkenswerte Ausnahmen. So können wir kon-
statieren, daß die Mitte hell ist, falls wir uns von der Sonne aus fort-
bewegen bis zu einem gewissen, etwa 17 Grad über derselben liegenden
Punkte. In diesem ist gar keine Polarisation vorhanden, was sich dadurch
kundgibt, daß die matter und matter gewordenen Fransen schließlich
völlige unterbrochen sind. Wir haben an dieser Stelle den nach Babinet
benannten neutralen Punkt vor uns. Ein entsprechender, nach Arago
benannter neutraler Punkt, der nur bei tiefstehender Sonne vorhanden
ist, liegt über dem Gegenpunkt der Sonne (Fig. 1). Ein relativ schwer
aufzufindender, nach Brewster benannter neutraler Punkt kann uns heute
nicht beschäftigen.
Es ist nun das Verdienst Sorets, auf dem Boden der bekanntlich
mit der Lichtzerstreuung an außerordentlich kleinen Teilchen, mit der
sogenannten Diffusion, operierenden Rayleighschen Theorie eine sehr be-
achtenswerte Theorie der neutralen Punkte gegeben zu haben. Nehmen
wir:der Einfachheit wegen an, daß die Sonne im Horizont steht. Existierte
die Sonne allein als Strahlungsquelle, so müßte 90 Grad von der Sonne
entfernt totale Polarisation herrschen. Das ist aber keineswegs der Fall,
und das wird auch verständlich, wenn man bedenkt, daß jeder vom direkten
Sonnenstrahl getroffene Punkt des Himmelsgewölbes wiederum Licht nach
allen Seiten ausstrahlt, welches dann zum zweitenmal diffundiert wird.
Und Sorets Verdienst ist es eben, die hochwichtige Rolle erkannt zu
haben, welche die sekundäre Diffusion für das Verständnis der Polarisations-
erscheinungen spielt. In seinen Rechnungen operiert er zunächst so, als
6 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
ob die in Betracht kommende Atmosphäre halbkugelig sei und als ob
die lichtzerstreuenden Teilchen gleichmäßig in dieser Atmosphäre ver-
teilt seien. Beides ist aber nicht der Fall, da wir, es erstens mit einem
kleinen Kugelsegment zu tun haben und da zum andern die Zahl der
Teilchen im allgemeinen nach der Erde hin zunimmt, so daß ein Sonnen-
strahl um so mehr diffundierende Teilchen antrifft, je kleiner sein Neigungs-
winkel zur Erdoberfläche ist. Um das Resultat, welches aus der nicht
zutreffenden Annahme entspringt, zu korrigieren, fügt Soret der zuerst
berechneten Wirkung die eines besonderen, dem Horizont aufliegenden
Ringes diffundierender Teilchen hinzu (und es muß wohl zugestanden
werden, daß Sorets Theorie die wichtigsten Erscheinungen bei den neu-
tralen Punkten recht befriedigend erklärt, wobei ruhig zugegeben werden
kann, daß sie, wie wohl die meisten Theorien, auch ihre schwache Seite
hat). Die weitere Verfolgung von Sorets Berechnungen ergibt nun, daß
bei Sonnenuntergang infolge der Wirkung der dem Horizont unmittelbar
aufliegenden, diffundierenden Schicht die unteren Teile des Sonnenvertikals
negativ (horizontal), die höher gelegenen positiv (vertikal) polarisiertes
Licht aussenden, beides in nach entgegengesetzten Richtungen abnehmender
Stärke; dazwischen muß ein neutraler Punkt liegen. Diese Überlegungen
selten für beide genannten Punkte.
Nun hat bereits Soret aus seiner Theorie gefolgert, daß die Abstände
der Punkte wachsen müssen mit der Lichtintensität in der Nähe des
Horizonts, und er hat dementsprechend hingewiesen auf die Wichtigkeit,
um die Zeit des Sonnenunterganges vergleichende Messungen der Helliekeit
im Horizont und im Zenit anzustellen. Es sind nun wohl einige Messungen
ausgeführt worden, welche sich für diesen Zweck verwerten lassen, so
von L. Weber, von Schramm und auch von mir, jedoch fehlen leider noch
durchaus direkt auf die Lösung dieser Frage abzielende, systematische
Untersuchungen. Von solchen Gesichtspunkten aus würde man also er-
warten müssen, daß sich zur Zeit tiefstehender Sonne Schwankungen im
Verhältnis der horizontalen zur zenitalen Helligkeit wiederspiegeln in
einer entsprechenden Schwankung der Abstände der neutralen Punkte
von der Sonne bezw. dem antisolaren Punkt. Tatsächlich existiert nun
ein sehr auseeprägter Gang der beiden Punkte, und zwar hat Busch "aus
seinen eigenen Beobachtungen und denen früherer Beobachter den Schluß
ziehen können, daß bei Sonnenuntergang die Abstände erst vergrößert
und dann verringert werden, und daß dieselben hernach wieder zunehmen,
wobei erwähnt werden mag, daß bei der Kurve des Aragoschen Punktes
der erste und bei der des Babinetschen Punktes der letzte Ast etwas
unsicher ist. Interessant ist es nun, wie Busch versucht (auf dem
Boden der Soretschen Theorie), die Wanderung der Punkte aus den
Änderungen des Helliekeitsverhältnisses, wie sie sich nach dem Augen-
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 7
schein bezw. aus Überlegungen heraus vollziehen, zu erklären. Daß die
beiden Kurven etwas gegeneinander verschoben sind, in dem Sinne, daß
der Aragosche Punkt die Phasen seiner Wanderung etwas früher durch-
macht als der Babinetsche Punkt, möchte Busch daraus erklären, daß
sich die Änderung der Helligkeitsverhältnisse im Osten etwas früher voll-
zieht als im Westen. — Übrigens hat @. Sack in Lübeck nach der
Methode von Busch den Gang der beiden Punkte auch zur Zeit des Sonnen-
aufeganges verfolgt, wobei er zu dem Resultat gelangte, daß sich die Ab-
stände beider Punkte von der Sonne bezw. dem antisolaren Punkt mit der
Stellung der Sonne um die Zeit des Sonnenaufganges und -unterganges
im nämlichen Sinne ändern. — Daß schließlich eine nahe Beziehung zwischen
dem Gange der neutralen Punkte und dem Gange der Polarisationsgröße an
einer bestimmten Stelle des Himmels existiert, scheint aus den von mir aus-
geführten Beobachtungen hervorzugehen, so daß auch in dieser Richtung
ein fruchtbringendes Arbeitsfeld vorliegen dürfte.
So viel nun über den normalen Gang der neutralen Punkte. Es
liest mir aber vor allem daran, auf die, zum Teil gewaltigen Störungen
hinzuweisen, welche sowohl die Größe des Abstandes an sich, als auch
der Gang: beider Punkte bisher erfahren hat. Im Jahre 1884 hatte Cornu
mitgeteilt, daß seit der Zeit, wo der Bishopsche Ring sichtbar war, die
Abstände beider Punkte eine beträchtliche Steigerung gegen früher er-
fahren hatten. So haben Cornu und Riggenbach beim Babinetschen Punkt
Maximalabstände bis zu 35 Grad gefunden. Von Kießling angeregt, wandte
sich Busch 1886 dem Studium der atmosphärischen Polarisation zu, wo-
bei er zunächst fand, daß sich von 1886 bis 1859 der Gang beider Punkte
prinzipiell änderte, und vor allem, daß sich die mittleren Abstände der-
selben in dem genannten Zeitraum fortwährend verminderten. Da er nun
aus eigenen Beobachtungen und denen anderer wußte, daß mit einer
Trübung der Atmosphäre eine Vergrößerung des Abstandes des Babinetschen
Punktes verknüpft war, so faßte er die eben erwähnte Tatsache so auf,
als ob der Krakatau-Ausbruch von 1883, durch welchen unsere Atmosphäre
offenbar mit fremden Partikelchen geschwängert worden war, die relativ
hohen Abstände der ersten Beobachtungszeit bedingt hätte, wogegen in
dem allmählichen Rückgang der fraglichen Abstände das allmähliche Ver-
klingen der 1883 eingetretenen Störung angedeutet werde. Als er nun
1891 fand, daß die Abstände beider Punkte wieder erheblich zugenommen
hatten, ohne daß man, wie es scheint. irgendwelche Vulkanausbrüche
dafür verantwortlich machen konnte, wurde er auf den Gedanken geführt,
daß vielleicht eine direkte Beziehung zu Sonnenvorgängen vorliege, und
durch fortgesetzte Beobachtungen wurde er mehr und mehr in der Ver-
mutung bestärkt, daß ein Gleichlauf des Ganges der fraglichen Abstände
und der Sonnenfleckenperiode existiere. Bis auf die Gegenwart hat Busch
8 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
seine diesbezüglichen Untersuchungen fortgesetzt, und man muß wohl sagen,
daß sich seine Vermutung bis zu einem sehr hohen Grade bestätigt hat.
Die folgende Tabelle enthält die aus den Beobachtungen berechneten
Werte der Höhe der beiden neutralen Punkte nebst der Sonnenflecken-
relativzahl, und in Figur 2 sind die Verhältnisse graphisch dargestellt.
Höhe der neutralen Punkte von Arago und Babinet
bei Sonnenuntergang.') Jahresmittel nach Busch.
Aragos Punkt Babinets Punkt
Ausgegl. Werte Ausgegl. Werte
Rohe a+tb+c Rohe a+ b-+ ce Sonnenflecken-
alt Werte 9 un Werte arte relabreanlen
ET 20°1 (2021) 23°9 (2329) 25°1
1 Eee 1929 195 219 21:2 13-1
SS 18.4 18,7 1739 18.9 BR
bet 17788 18.0 16.9 16: 6-1
SI ar Ted VS 15.4 18.5 6-5
SE 2055 193 23.8 20.0 3926
1B92 2 ei. 1976 20.1 21.4 23.0 73.8
1899, 2: 20.2 20.2 24.2 23.0 84.9
ee 20.7 19.) 2323 22:2 18.6
Bd en. 18.8 10912 170 1929 65-9
SIG 182 18.3 17,5 17.8 40.5
SI 10-8 18.0 1321 17.0 17-4 26.2
1898.14. 2.722: tea! kr! 16.8 16.9 26.2
SIT TR IE 1740 125 16.8 oT 11.9
1IODR Ri Ikzigzt TER 16.6 16.7 920
TS) O1 oe pe I112:6 Kal 16.6 18.0 a
02 21.2 19.7 20.9 23.1 5.0
I Se 20.4 21.0 31.8 27.2 2523
Pam er. za) 2! 28.9 293.0 41:1
1b O 21.0 20.7 24.5 24.5 62.8
A 19.7 20.2 DO 0 52.9
VON 1988 20.0 a7 18.8 64.5
la ao: 20.4 17.6 Er 41.3
Das Jahr 1889 weist für alle drei Phänomene ein Minimum auf,
das Jahr 1893 ein Maximum. Von 1893 ab nehmen alle drei Größen
allmählich ab, wogegen die letzten Jahre wieder relativ große Zahlen
für alle drei Momente aufweisen. Nun erscheint es allerdings seltsam,
dab die Abstände 1902 und 1903 stark emporschnellen, während wir uns
noch (wie Kurve und Tabelle zeigen) absolut im Minimum der Sonnen-
fleckenperiode befinden. Man darf aber nicht vergessen, daß hier, ähnlich
wie in den achtziger Jahren, offenbar eine Wirkung der gewaltigen west-
') Die Zahlen für 1908 sind nachträglich hinzugefügt.
Bere.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 9
indischen Vulkanausbrüche vorlag. Dadurch aber wird die Vermutung
bezüglich des Gleichlaufes mit der Sonnenfleckenperiode nicht hinfällig
werden können. Ganz abgesehen von dem Maximum der drei Momente
in den ersten Jahren der Buschschen Beobachtungen lag eine äußerst
bemerkenswerte, völlige Übereinstimmung eines Minimums der drei Er-
scheinungen vor, und gleichzeitig mit dem Emporschnellen der Sonnen-
fleckenrelativzahlen von 1891 fand auch ein ziemlich plötzliches Anschwellen
der Werte für die Abstände beider Punkte statt, bis zu dem 1893 für
alle drei Momente eintretenden Maximum, ohne daß, wie es scheint, be-
sonders beachtenswerte Vulkanerscheinungen in den ersten neunziger
Jahren bekannt geworden wären. Sehr zu denken geben auch die Ab-
standswerte für den Aragoschen Punkt, welche aus den Beobachtungen
0 9 92 93 9 9 96 97 98 99 1900 01
TILLTTEFIFEEFITITTTEITT
02 03 04 05 06 07
zanum IITFIITTI IT HH
hervorgehen, die Klöden aller Wahrscheinlichkeit nach Anfang Juli 1837
anstellte, und welche offenbaren Störungscharakter tragen. Es liegt
nämlich 1837 ein Maximum der Sonnenfleckenrelativzahlen vor. Und selbst
wenn die Beobachtung nicht 1837, sondern 1836 — was ev. in Frage
kommen könnte — gemacht worden wäre, so würden die Zahlen durch-
aus im nämlichen Sinne liegen, weil schon 1836 die Sonnentätigkeit
enorm hoch war (Relativzahlen nach Kleins ‚Jahrbuch für Astronomie
und Geophysik, Jahrg. 1892: 1835 —= 56.9, 1836 — 121.8, 1837 —= 138.2,
Bess — 105.1).
Es erscheint auch nach der eingeholten Erkundigung ausgeschlossen,
daß irgendwelche bedeutendere Vulkanausbrüche die relativ hohen Ab-
stände des Punktes bedingt haben. So machen die bisherigen Beob-
achtungen es wahrscheinlich, daß der Gang der beiden Punkte wesentlich
durch zwei Hauptmomente störend beeinflußt wird, und zwar einmal
durch Vulkansausbrüche und zum andern durch die Sonnentätigkeit. Eine
10 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Frage für sich wäre es, inwieweit vielleicht ein tieferer Zusammenhang
zwischen den Vorgängen auf der Sonne und den erdvulkanischen Er-
scheinungen besteht. (Auf der einen Seite gibt es ja zu denken, daß
die so gewaltige vulkanische Eruption von 1883 mit einem Maximum
der Sonnentätigkeit zusammenfällt, auf der andern Seite aber haben wir
die starken westindischen Eruptionen im Minimum der Sonnenflecken-
bildung und im ‚Jahre 1893 ein starkes Maximum der Sonnentätigkeit,
ohne daß besonders nennenswerte vulkanische Erscheinungen bekannt
geworden wären.) Man wird wohl richtig gehen, wenn man bekennt,
daß die Beziehungen noch sehr in Dunkel gehüllt sind. In den sechziger
Jahren des vorigen Jahrhunderts gelangte Prof. Rudolf Wolf in Zürich
auf Grund eines größeren Materials zu dem Resultat, daß sonnenflecken-
arme Jahre eruptionsreiche Jahre seien und umgekehrt. Aber es scheint,
daß sich heute die Seismologen dieser Frage gezenüber fast ausnahms-
los absolut neutral verhalten, indem man erkannt hat, daß noch ein
viel zu geringes seismologisches Material zur Klärung dieser Fragen
vorliegt.
Ein Verständnis dafür, daß Vorgänge auf der Sonne die Abstände
der neutralen Punkte in ähnlicher Weise wie irdische Vulkanausbrüche
beeinflussen, dürfte man am ehesten auf dem Boden der Theorie von
Arrhenius gewinnen, nach welcher bei Sonneneruptionen entstandene
Partikelehen durch den Strahlungsdruck nach allen Weltrichtungen hinaus-
geschleudert werden, und nach welcher also die in unsern Luftkreis
einfallende Menge Sonnenstaub parallel mit der eruptiven Tätigkeit der
Sonne variieren muß. Diese Partikelchen würden dann die Abstände
der neutralen Punkte in ähnlicher Weise beeinflussen wie die feinen
Partikelehen, mit welchen die Atmosphäre durch die irdischen Vulkan-
ausbrüche geschwängert wird. Dieser Standpunkt wird insbesondere von
Arrhenius vertreten, und Busch ist durchaus geneigt, sich ihm anzu-
schließen. Dazu kommt aber vielleicht noch ein anderer Faktor, der
nach Busch in ähnlichem Sinne wirkt. Setzen wir wieder voraus, dab
die Sonne am Horizont steht, so wird offenbar an sich das Verhältnis
der horizontalen zur zenitalen Helligkeit, infolge der dichteren Anhäufung
der diffundierenden Teilchen in der Nähe der Erdoberfläche, mit der Intensität
des eingestrahlten Lichtes wachsen. Nehmen wir nun weiter an, daß
sonnenfleckenreiche ‚Jahre sich durch erhöhte Strahlung auszeichnen —
und dieser Standpunkt scheint neuerdings von der Mehrzahl der Astronomen
vertreten zu werden — so würde vom Buschschen Standpunkt aus ein
(leichlauf im Gange der Punkte und der Sonnenfleckenperiode noch ver-
ständlicher erscheinen. Kehren wir nun zu dem eben Erwähnten zurück,
so müssen wir natürlich sagen, daß wir noch gar keine Anhaltspunkte
dafür haben, in welchem Verhältnis die beiden Faktoren im Gange der beiden
er
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 11
Punkte sichtlich hervortreten. Es ist aber jedenfalls wohl klar, daß sich
hier sehr interessante Perspektiven zu erschließen scheinen.
Noch viel merkwürdiger aber wird die Materie, wenn man sich über
die genauere Art der Störungen und die begleitenden Umstände im den
verschiedenen Störungsperioden Rechenschaft zu geben sucht. Ich kann
und will nur noch ganz kurz andeuten: Betrachten wir einmal die
Störungen nach dem Krakatau-Ausbruch, die Störungen der Jahre 1892
und 1893 und die von 1902 und 1903, so findet sich zunächst aller-
dines vor allem eine große Übereinstimmung, indem in allen drei Störungs-
perioden der Babinetsche Punkt erheblich stärker beeinflußt war als der
Aragosche. Auch scheint es, als ob in allen drei Perioden das Verhältnis
der Abstände der beiden Punkte nahezu von der nämlichen Größe war.
Und doch zeigen die Perioden bei genauerer Untersuchung und bei Be-
trachtung der begleitenden Umstände sehr starke Verschiedenheiten. Die
dem Krakatau-Ausbruch folgende Störung war bekamntlich ganz besonders
ausgezeichnet durch die enorm glänzenden Dämmerungsphänomene und
das starke Hervortreten des Bishopschen Ringes; die Abstände des
Babinetschen Punktes waren sicher recht beträchtlich, aber doch aller
Wahrscheinlichkeit nach erheblich kleiner als 1903. Im ‚Jahre 1905
wurden nämlich Abstände bis zu 45 Grad gefunden, während für die erste
Zeit der Krakataustörung nur Werte bis zu 35 Grad gefunden sind. Dagegen
waren die Dämmerungsphänomene 1902 und 1903 offenbar nicht von der-
selben Intensität wie in den achtziger Jahren, wobei zu bemerken ist, dab
die Tinten mehr gelblich, in den achtziger Jahren mehr rötlich waren; und
zudem war der Bishopsche Ring in dieser Störungsperiode nur bei be-
sonderer Klarheit der Luft zu finden. In der Periode 1892 und 1893
waren die Abstände auch ziemlich eroß, wenn auch offenbar nicht so
eroß wie in den beiden andern Perioden; auch war eine Steigerung der
Dämmerungsphänomene zu konstatieren, aber die Erscheinungen waren
sicherlich viel schwächer als in den andern Perioden; hin und wieder
erschien auch der Bishopsche Ring, aber nur recht schwach. Aus der
Betrachtung der ersten und der letzten der drei Störungsperioden scheint —
wie auch aus sonstigen Beobachtungen — ziemlich sicher hervorzugehen,
dab die Größe der Abstände nicht der Intensität der Dämmerungs-
phänomene entspricht, wobei auch bemerkt werden mag, daß diese
polarimetrischen Störungen offensichtlich jedenfalls vielfach den sonstigen
optischen Störungen etwas nachhinken. Dies war besonders 1902 auf-
fällige. — Übrigens verdient noch ein besonderes Charakteristikum der
großen Störung von 1903 hervorgehoben zu werden. Wie sich aus den
von Busch in Arnsberg und von Sack in Lübeck angestellten Beob-
achtungen ergeben hat, sind die Werte für die Abstände des Babinetschen
sowohl, als auch des Aragoschen Punktes zunächst — vor Sonnenunter-
12 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
gang — größer als bei den entsprechenden Sonnenhöhen 1886 und 1887;
mit sinkender Sonne wird dieser Unterschied aber immer kleiner, so daß der-
selbe schließlich sogar negativ wird. Allerdings sind diese positiven Differenzen
für den Aragoschen Punkt nicht im entferntesten so groß wie für den
Babinetschen, wo dieselben zum Teil über 20 Grad betragen. Busch hat
dieses interessante Ergebnis so ausgesprochen, daß im Jahre der stärksten
Störung die negative Polarisation vor Sonnenuntergang stark zugenommen
hat, daß aber kurz nach Sonnenuntergang ein Zeitpunkt eintrat, von
welchem ab sie geringer war als in den übrigen Jahren der Störung.
In Verbindung damit scheinen die höchst beachtenswerten Tatsachen zu
stehen, daß 1903 beim Babinetschen Punkt eine Verfrühung des Maximal-
abstandes und beim Aragoschen Punkt eine Verspätung des Minimal-
abstandes eintrat.
Und nun wollen wir nur noch ganz kurz einen Blick auf die Werte
von 1907 und 1908, soweit sie mir zu Gebote stehen, werfen. Nach
den Untersuchungen von Busch ist in der Zeit zwischen dem 3. April
und dem 10. Mai 1907 in Arnsberg eine neue polarimetrische Störung
eingetreten. Im Mai und September haben die Dämmerungsfarben dort
wieder einen gesteigerten Glanz gezeigt, ja im September und Oktober
konnte selbst um die Mittagszeit der Bishopsche Ring deutlich erkannt
werden, der in den ersten Monaten des Jahres selbst bei den günstigsten
Witterungsbedingungen vergeblich gesucht war. Busch fragt mit Recht,
woher denn diese Störung kam, da doch der Vesuvausbruch bereits am
10. April 1906 stattgefunden hatte. Es erscheint nach allem Vorher-
sehenden sehr wahrscheinlich, daß die Störung irgendwie im Zusammen-
hang stand mit der noch immer sehr starken Sonnentätigkeit im Jahre 1907.
Der markanteste Zug dieser neuen Störung hat nun aber darin bestanden,
dab, entgegen allen früheren Erfahrungen, der Aragosche Punkt stärker
beeinflußt war als der Babinetsche, indem diese Beeinflussung von Aragos
Punkt besonders auffallend vor Sonnenuntergang hervortritt, da die Werte
im zweiten Beobachtungszeitraum von 1907 ungefähr um 5 Grad höher sind
als im ersten. Diesen eigenartigen Störungscharakter hat der Aragosche
Punkt bis gegen die Mitte des gegenwärtigen Jahres behalten, wenn auch
in stets abnehmender Schärfe. Da trat eine neue Störung ein, an jenem
50. Juni, welcher bekannt genug «eworden ist durch die Erscheinung
der leuchtenden Nachtwolken, durch jene glänzenden, bis tief in die Nacht
anhaltenden Dämmerungserscheinungen, welche gleichzeitig mit so großer
Plötzlichkeit in weit ausgedehnten Gebieten der Erde auftraten. Und
(las Interessanteste ist, daß der Charakter der polarimetrischen Störung
wieder genau der nämliche war wie 1907. Daß man es am 30. Juni mit
irgendeiner kosmischen Störung zu tun hatte, mag doch wohl viel Wahr-
scheinlichkeit für sich haben. Aber welcher Art diese kosmischen Vor-
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 13
gänge sind, ist wohl noch in tiefes Dunkel gehüllt. Vor allem erscheint
es äußerst rätselhaft, warum der Charakter der polarimetrischen Störung
ein so gar verschiedener sein kann. Man könnte, wenn man an kosmischen
Staub denkt, zu dem weiteren Gedanken geführt werden, ob, wie Busch
es ausgesprochen hat, vielleicht die Natur und Größe der Teilchen eine
Rolle spielt, oder aber man könnte daran denken, daß die verschiedene
Höhe der Partikelchen über der Erdoberfläche ins Gewicht fällt. Wie
dem nun auch sei, man ersieht, daß hier eine Fülle von Fragen sich
auftut, und man wird es vielleicht verständlich finden, daß es uns gerade
durch die Erscheinungen der letzten Jahre besonders nahegelegt wurde,
ernstlicher Propaganda für eine größere Beteiligung an diesen und ähn-
lichen Beobachtungen zu machen.
Als Programm für eine weitere, zweckmäßige Verfolgung dieser
Probleme ist etwa folgendes gedacht:
I. Da sich offenbar Störungen durch in die Atmosphäre eindringende
Teilchen in besonders deutlicher Weise durch die Beobachtung der beiden
neutralen Punkte verfolgen und gewissermaßen ziffernmäßie zum Ausdruck
bringen lassen, so wird die weitere messende Verfolgung des Aragoschen
und des Babinetschen Punktes in erster Linie von Wichtigkeit sein.
Um aber mehr und mehr ein klares Bild von der Art und Größe der
Störungen gewinnen zu können, wird man sein Bestreben auch darauf
richten müssen, das normale Verhalten der Punkte noch genauer kennen
zu lernen. Durch viele Jahre hindurchgehende Beobachtungen in dieser
Richtung wurden aber bislang nur in Arnsberg angestellt. Nun scheint
aber aus Beobachtungen von Connel, von Soret und aus Parallelbeob-
achtungen von Busch und Sack eine starke Beeinflussung der Polarisations-
phänomene durch die Boden- und Höhenverhältnisse hervorzugehen, und
die von Rubenson und von mir angestellten Beobachtungen machen eine
nicht unwesentliche Beeinflussung derselben durch die meteorologischen
Verhältnisse wahrscheinlich. Infolgedessen wird es schon aus solchen
Erwägungen heraus nötig sein, zunächst an einer möglichst großen Zahl
von Orten in verschiedener Höhenlage, mit verschiedenen klimatischen
und verschiedenen Terrainverhältnissen diese Punkte messend zu verfolgen.
Da aber das eigentliche, nächste Ziel die Erkenntnis der Störungen sein
muß, wird es nötig sein, nach Möglichkeit den Eintritt, das weitere
Umsichgreifen und das Nachlassen derselben zu konstatieren, und so wird
es selbstverständlich auch von diesem Gesichtspunkt aus von ungeheurer
Wichtigkeit sein, daß an einer möglichst großen Zahl von Orten, die
möglichst gleichmäßig über die Erde zu verteilen wären, beobachtet wird.
Daß es überhaupt wünschenswert ist, eine möglichst große Zahl
von Beobachtungsstationen zu haben, springt noch mehr in die Augen,
wenn man bedenkt, wie selten zum Beispiel unser veränderliches Klima
14 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
solche Beobachtungen, welche nicht durch Wolken gestört werden dürfen,
an einem und demselben Ort zuläßt, und wenn man ferner erwägt, dab
die hierdurch angedeutete Schwierigkeit noch dadurch wächst, daß die
Beobachtungen der Natur der Sache nach nur um Sonnenauf- oder -unter-
eang angestellt werden können. Beobachtungsorte, die möglichst wenig
gestört sind durch Staub oder Rauch großer Zentren, kommen vor allem
in Betracht, so daß — ganz abgesehen von Beobachtungen vom Ballon
aus, welche natürlich auch sehr in Frage kommen — Orte mit reiner
Höhenluft am geeignetsten erscheinen, schon deswegen, weil dort die mit
diesen Phänomenen in naher Beziehung stehenden anderen atmosphärisch-
optischen Erscheinungen am günstigsten zu beobachten sind. Überhaupt
müßten, und zwar am besten an Höhenstationen, nebenher systematische
Untersuchungen der Wolken und der atmosphärisch-optischen Erscheinungen
sehen, über die bisher fast nur gelegentliche Beobachtungen vorliegen.
ll. Wie wir sahen, können die Beobachtungen der neutralen Punkte
nur während einer sehr kurzen Zeit des Tages erfolgen. Dies ist anders
bei der messenden Verfolgung der Polarisationsgröße gewisser Punkte
des Himmelsgewölbes, wo unter sonst gleich günstigen Bedingungen der
eanze Tag für die Messung zur Verfügung steht. Wie ich bei früherer
(Gelesenheit auseinandergesetzt habe, scheint das Zenit ein für derartige
Messungen besonders geeigneter Punkt zu sein. — Daß auch die messende
Verfoleung der Polarisationsgröße, wenn auch nicht in so ausgeprägter
und vor allem wohl kaum im entferntesten in so fein nuancierter Weise,
Anhaltspunkte dafür bietet, daß Störungen vorhanden sind, hat sich wohl
namentlich in den achtziger Jahren des verflossenen Jahrhunderts evident
gezeigt. Und auch ganz abgesehen von diesem Gesichtspunkt, erscheint
es von hohem Werte, die genaueren Beziehungen zwischen der Polarisations-
eröße an einem Punkt und ‚den Abständen der neutralen Punkte kennen
zu lernen.
III. Daß sehr innige Beziehungen zwischen den Helligkeits- und
den Polarisationsverhältnissen des Himmelsgewölbes existieren, ist schon
längst erkannt und durch verschiedene Untersuchungen, welche sich u. a.
an die Namen Clausius, Pernter, Riggenbach, Soret, L. Weber und Busch
knüpfen, klarer und klarer geworden. Wie wichtig aber vor allem für
das Verständnis der Erscheinungen an den neutralen Punkten die genauere
Kenntnis der Beziehungen zwischen horizontaler und zenitaler Helligkeit
zu sein scheint, wurde vorhin dargetan. Eine endgültige Aufklärung
dieses Zusammenhanges kann aber nur durch fortgesetzte, systematische
Beobachtungen gewonnen werden, die dringend nötig erscheinen.
IV. Eine besonders lohnende Aufgabe bestände darin, daß an einer
durch die klimatischen Verhältnisse besonders begünstigten Höhenstation
sleichzeitige Messungen der Abstände der beiden neutralen Punkte, der
si >»
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 15
Polarisationsgröße im Zenit und des Verhältnisses der horizontalen zur
zenitalen Helligkeit angestellt würden.
Die Erkenntnis der Wichtigkeit der von L. Weber in die Meteorologie
eingeführten Messungen der Intensität des diffusen Tageslichtes und der
aktinometrischen Messungen für das Verständnis der Vorgänge auf der
Sonne zur Zeit starker Fleckenbildung scheint sich mehr und mehr Bahn
zu brechen. Aber den Aufgaben, über welche ich soeben berichtete,
steht man sicherlich noch immer viel zu passiv gegenüber. Allerdings
mehren sich gerade in der allerneuesten Zeit die Zeichen eines regeren
Interesses, indem beispielsweise die Vereinigung von Freunden der
Astronomie und kosmischen Physik diesen Dingen ein erhöhtes Interesse
entgegengebracht hat, und indem, um ein anderes Beispiel zu nennen, in
dem großen, von Pater Cirera S. J. geleiteten astrophysikalischen Obser-
vatorium zu Tortosa in Spanien seit einigen Jahren regelmäßige polarime-
trische Messungen angestellt werden.
Im Hinblick auf die große Wichtigkeit der Sache bittet der Vor-
tragende den Vorstand der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft um
möglichste Förderung des Unternehmens durch Hinweis auf die Bedeutung
desselben und teilt im Einverständnis mit Herrm Professor Voller mit,
daß das Physikalische Staatslaboratorium in Hamburg weitere Forschungen
in dieser Richtung nach Kräften zu unterstützen gewillt sei.
16 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Erster Abschnitt.
Allgemeine Übersicht über das gesamte Gebiet der
atmosphärischen Polarisation.
Nachdem der oben abgedruckte Vortrag in Hamburg gehalten war,
haben bereits mehrere Gelehrte, welche durch ihr Spezialfach den hier
erörterten Fragen nahestehen, in äußerst erfreulicher und dankenswerter
Weise ihr Interesse für unsere Bestrebungen bekundet und ihre Mitarbeit
in Aussicht gestellt. Wir haben auch naturgemäß zunächst an die be-
rufenen Vertreter der Kosmophysik, der Meteorologie und der Astronomie
eedacht. Es gibt aber zweifelsohne — was sich unter anderm aus der bereits
stattlichen Mitgliederzahl der „Vereinigung von Freunden der Astronomie
und kosmischen Physik“ ergibt — auch sonst noch Personen genug, die an
eeeigneten Orten wohnen, und deren sonstige tägliche Beschäftigung es ihnen
wohl erlauben würde, zu ihrer eigenen Befriedigung im Dienste der Wissen-
schaft unsere Bestrebungen durch tätige Mithilfe zu unterstützen. Und
so dürfte es namentlich den letzteren von Wert sein, wenn wir zunächst
über die bisherigen Forschungen auf diesem (Gebiete berichten. Dies
dürfte auch schon deswegen besonders erwünscht sein, weil das ganze
Gebiet der atmosphärischen Polarisation mit wenigen Ausnahmen leider
noch immer sehr stiefmütterlich in den Lehrbüchern der Physik und der
Meteorologie behandelt wird. Es wird sich leider auf der andern Seite
nicht vermeiden lassen, daß wir manchem Leser bereits Bekanntes bringen ;
wir geben uns jedoch der Hoffnung hin, daß auch diejenigen auf ihre
Rechnung kommen werden, welche der Materie schon näher stehen, indem
wir durch möglichst eingehende Behandlung der Hauptpunkte und vor
allem auch durch eine möglichst gute Literaturübersicht auch denjenigen
Herren, welche sich weiter in das Gebiet vertiefen möchten, entgegen-
zukommen suchen.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 7
Ehe wir uns nun dem Himmelsgewölbe') zuwenden, wird es gut sein,
in gedrängter Kürze an die optischen Prinzipien zu erinnern, welche hier
wesentlich in Frage kommen, und welche namentlich von den verschiedenen
Forschern für die Konstruktion ihrer Apparate benutzt worden sind?).
Wir wissen, daß sich Lichtstrahlen voneinander unterscheiden können
durch ihre Schwingungsenergie, welche proportional dem Quadrat der
Amplitude der Ätherschwingungen ist, von denen wir annehmen, daß
sie nach allen Richtungen senkrecht zum Strahl erfolgen. Bezeichnet
etwa in nachfolgender Fig. 3 © den Punkt, in welchem ein senkrecht
die Papierebene durchsetzender Lichtstrahl eben diese Ebene trifft, so
hätte man sich danach vorzustellen, daß die Ätherteilchen in der
Papierebene — also senkrecht zur Fortpflanzungsrichtung des Strahls —
in allen möglichen Richtungen hin- und herpendeln, jedoch so, daß die-
selben dabei durch die Gleichgewichtslage O0 hindurchgehen. Die Intensität
des ausgestrahlten Lichtes würde um so gröber sein, je größer die, durch
OA bezw. OB usw. angedeutete Amplitude der Schwingungen ist, und
- 1) Bezüglich größerer Übersichten über das Gebiet der atmosphärischen Polari-
sation sei verwiesen auf: Busch, Die Polarisation des zerstreuten Himmelslichtes,
Natur und Offenbarung, Bd. 36, p. 22—30, 90—101 und 165—177; ferner p. 281—316
von „Chr. Jensen, Beiträge zur Photometrie des Himmels“ (Kieler Dissertation 1898
bezw. Schriften des Naturw. Vereins für Schleswig - Holstein, Bd. 11, Heft 2); ferner
(ohne Literaturnachweis) Uhr. Jensen, Kurzer Überblick über Tatsachen und Theorien
auf dem Gebiete der atmosphärischen Polarisation, Met. Zs. 1901, p. 545—558 (gekürzt
in den Verhandlungen des Vereins deutscher Naturf. und Ärzte von 1901) und Chr.
Jensen, Die Polarisation des zerstreuten Himmelslichtes, Das Weltall, Jahrgang 3
(1902), p.9—26, 537—42 und 53—56. Ferner siehe: Günther, Handbuch der Geophysik,
Bd.2 (1899), p. 102—103; ferner Mascart, Traite d’Optique, vol. 3 (1893), p. 391—402,
und E. Dorsey, On the Color and the Polarization of blue Sky Light, Monthly Weather
Review 1900, p. 382—389, wo sich namentlich eine gute Literaturübersicht findet.
Ein Auszug ohne Literaturübersicht findet sich auch in der Nature, vol. 64, p. 138—140. Von
älteren Übersichten dürfte vor allem diejenige in Betracht kommen, welche Rubenson in
seiner ausgezeichneten Arbeit „M&moire sur la polarisation de la lumiere atmospherique,
Upsala, 1864“, gibt.
?) Anmerkung bei der Korrektur: Während der Drucklegung des ersten Abschnittes
der vorliegenden Schrift erschien unerwartet der, von M. Exner herausgegebene 4. Abschnitt
der Meteorologischen Optik von Pernter-Exner, in welchem die Erscheinungen, welche
durch die stets in der Atmosphäre vorhandenen, sehr kleinen Teilchen jeder Art bewirkt
werden, behandelt werden, und dessen Erscheinen wir vor allem deswegen mit besonderer
Freude begrüßt haben, weil Exner die Rayleighsche Theorie mit besonderer Ausführlichkeit
behandelt und in eingehender Weise versucht hat, dieselbe auf verschiedene optische
Phänomene der Atmosphäre anzuwenden. Dort findet man auch im 2. Kapitel (p. 599—655)
eine Übersicht über die Polarisation des Himmelslichtes. Dieses Buch konnte natur-
gemäß im ersten, bereits seit längerer Zeit im Druck befindlichen Abschnitt unserer Schrift
sehr wenig Berücksichtigung finden; jedoch hoffen wir, dasselbe — wenn auch jeden-
falls zum Teil in sehr beschränkter Weise — in den folgenden Abschnitten etwas berück-
sichtigen zu können.
18 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
zwar würde dieselbe mit dem Quadrate derselben wachsen, so daß
beispielsweise einer dreimal so eroßen Amplitude eine neunfache Licht-
intensität entsprechen würde. Von der Schwingungsdauer hängt bekanntlich
die Farbe ab. Außer diesen Momenten aber gibt es noch eins, welches
gerade für uns seine besondere Wichtigkeit hat. Wir ersehen, daß in
Fig. 3 sämtliche Schwingungsamplituden von gleicher Größe sind, daß
also keine einzige der zum Strahl senkrechten Richtungen hinsichtlich
der Schwingungen gegenüber den anderen bevorzugt ist. Wir hätten
es demgemäß mit einem gewöhnlichen, unpolarisierten oder neutralen
Strahl zu tun, wie er etwa von einer leuchtenden Flamme ausgeht; zur
Darstellung bringt man einen solchen bekanntlich durch ein Achsen-
kreuz mit gleich großen Achsen, wie es die später folgende Fig. 5a zeigt,
wobei man aber nie vergessen darf, daß es sich, wie bei den entsprechenden
übrigen Bildern, nur um eine mathematische Fiktion handelt, und daß
sich die Vorgänge in Wirklichkeit ganz anders abspielen dürften, als
wie sie durch die Bilder zur Darstellung gebracht werden. Man kann
sich nun wohl die bei solchen Strahlen auftretenden Verhältnisse am
besten so vorstellen, daß die Ätherteilchen in allen angedeuteten
Richtungen schwingen, aber nicht auf einmal, sondern nacheinander, m
so außerordentlich raschem Wechsel der Schwingungsrichtung, daß man
sich von den hierbei in Frage kommenden Zeitgrößen gar keinen Begriff
machen kann, so daß es für das Auge genau so ist, als fänden die
Schwingungen gleichzeitig in allen Richtungen statt. Nun ist auch die
Ansicht vertreten worden, daß bei dem unpolarisierten Strahl die einzelnen
Schwingungen nicht geradlinig erfolgen, sondern daß sich die Ätherteilchen
in einer Ellipse um die Gleichgewichtslage herumbewegen. Dabei wären
dann, wie aus Fig. 4 zu ersehen ist, zwei Fälle zu unterscheiden. Es
könnte, was man sich allerdings schlecht genug vorstellen kann, die
Änderung der Achsenriehtung sprungweise erfolgen (s. Fig.4a), oder aber
dieselbe könnte (Fig. 4b) stetig vor sich gehen. Schließlich mag wohl
auch (s. Fig. 4c) diejenige Ansicht etwas für sich haben, nach welcher
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 19
sich mit der Änderung der Achsenrichtung auch das Größenverhältnis
zwischen eroßer und kleiner Achse der Ellipse verschöbe, so daß Kreis
und gerade Linie als Grenzfälle vorkämen. Genauere Untersuchungen
über diese hochinteressanten Fragen knüpfen sich vor allem an die Namen
Dove, Fresnel, Mach, Stefan und Verdet. Nun gibt es aber andererseits
Strahlen, bei denen man sich, soweit das Auge in Betracht kommt,
die Verhältnisse am besten so. vorstellen kann, daß die Ätherteilchen
geradlinige Schwingungen um die Gleichgewichtslage vollführen, welche
nur in einer einzigen durch die Strahlrichtung gelegten Ebene vor
sich gehen, nämlich die total oder linear polarisierten Strahlen.
Wenn ein solcher Strahl, der sich also nach verschiedenen Seiten
ungleich verhält, auf ein Medium träfe, welches nach allen Richtungen
von gleicher Beschaffenheit ist, so daß die Ätherschwingungen innerhalb
dieses Mediums eleich gut in allen nur denkbaren Ebenen vor sich
Fig. 4c.
gehen können, so müßte es für die sich daraus ergebenden Erscheinungen
völlig belanglos sein, ob man das Medium um die Achse des Strahles oder
aber letzteren um seine eigene Achse drehte. Anders natürlich bei Medien,
die sich nicht gleich nach allen Richtungen hin verhalten; durch solche
könnte man Mittel in die Hand bekommen, um zu entscheiden, ob die auf-
fallenden Strahlen polarisiert sind, oder nicht.” Andererseits bieten Medien,
in denen die Ätherschwingungen nur in gewissen Ebenen vor sich gehen
können, die Möglichkeit, unpolarisiertes Licht zu polarisieren. Denken
wir uns nun ein solches Medium, durch welches man ein Bündel unpolari-
sierten Lichtes sendet, derart um seine Achse gedreht, daß die Polarisations-
ebene in der vorher angedeuteten Weise in raschem Wechsel seine Lage
ändert, so müßte es bei genügend rascher Drehung möglich sem, daß das
Auge die in allen Ebenen vor sich gehenden, austretenden Schwingungen
als eine Einheit zusammenfaßt und dadurch den Eindruck von unpolari-
siertem Licht empfängt. Daß dies in der Tat möglich ist, haben von
Dove angestellte Experimente dargetan. Wenn aber die Schwingungen bei
solchen Experimenten nur ganz kurze Momente auf das Auge wirken,
2*
20 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
so wäre andererseits zu erwarten, daß der Eindruck unpolarisierten
Lichtes nieht zustande käme; auch die Richtigkeit dieser Überlegung
wurde durch Versuche mit Belichtung durch kurzdauernde elektrische
Funken bestätigt.
Es soll hier übrigens gleich auf einen sehr wichtigen Punkt hin-
gewiesen werden, den man stets im Auge behalten muß, um nicht die
nötige Orientierung zu verlieren. Bei einem linear polarisierten Strahl')
gibt es, wie wir sahen, eine gewisse die Strahlriehtung in sich auf-
nehmende Ebene, welche vor den übrigen durch eben jenen Strahl ge-
leeten Ebenen besonders bevorzugt ist, und welche man Polarisationsebene
nennt. Diese Ebene ist immer eindeutig definiert. Dagegen ist eine
bereits viel ventilierte Frage die, ob diese Polarisationsebene mit der
Schwingungsebene identisch ist, oder aber ob sie senkrecht zu derselben
steht. Nach einer von Neumann aufgestellten Theorie fallen jene beiden
Ebenen zusammen, nach einer von Fresnel herrührenden bilden dieselben
einen rechten Winkel miteinander. Durch die elektromagnetische Licht-
theorie mußte die ganze Fragestellung verschoben werden, weil nach
derselben stets zwei zueinander senkrechte Komponenten vorhanden sein
müssen, der elektrische und der magnetische Vektor, von denen der eine
durch den anderen bedingt ist. Die Frage würde demnach so lauten
müssen, ob die auf das Auge wirkenden Schwingungen dem elektrischen
oder dem magnetischen Vektor entsprechen; eine endeültige Lösung hat
das Problem auch dadurch nicht gefunden. Noch verwickelter gestaltet
sich die Vorstellung hinsichtlich der Vorgänge, mit denen man es beim
Lichtstrahl zu tun hat, auf dem Boden der Elektronentheorie, die in der
kurzen Zeit ihres Bestehens schon sehr viel zum Fortschritt der Physik
beigetragen hat. Bei einer Flamme ist nach dieser Theorie das Leuchten
bedingt durch Schwingungen der als Elektronen bezeichneten elektrischen
Elementarquanten. In diese Bewerung der Elektronen wird der das
Medium der Flamme durchsetzende Äther mit hineingerissen, und derselbe
teilt seine Bewegung dem umgebenden Äther mit, durch welchen sich
eben der Strahl fortpflanzt, indem die elektrischen Kräfte in einer ge-
wissen Ebene, die magnetischen aber senkrecht dazu schwingen. Gelangt
nun der Strahl an einen durchsichtigen Körper, so. überträgt sich die
Ätherbeweeung auf die in demselben vorhandenen Elektronen, deren
Schwingungen durch den molekularen Aufbau des Körpers geregelt sind.
Selbstverständlich gerät ebenfalls der dies Medium durchsetzende Äther
') Bezüglich zirkular polarisierten Lichtes, in welches sich linear polarisiertes Licht
beim Eintritt in gewisse Substanzen, wie Bergkristall, die weinsteinsauren und trauben-
sauren Salze in ihren Lösungen sowie viele ätherische Öle und verschiedene Zuckerarten,
verwandelt, sowie bezüglich elliptisch polarisierten Lichtes, das uns bei der totalen Reflexion
entgegentritt, können wir hier nur auf die Lehrbücher der Physik verweisen.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. >T
ai
in entsprechende Schwingungen, und man kann sich vielleicht am besten
vorstellen, daß die Elektronen und der elektrische Vektor in einer und
derselben Ebene schwingen, und daß die magnetischen Schwingungen
senkrecht dazu erfolgen. Es kommt uns aber hinsichtlich aller dieser
Fragen für das Folgende wesentlich auf eine genaue Orientierung an, und
wir wollen unsere Vorstellung in der Weise festlegen, daß die Polarisations-
ebene senkrecht steht zu der für unser Auge in Betracht kommenden
Schwingungsebene. 3
Nun kommen bei der atmosphärischen Polarisation, wie wir hernach
genauer sehen werden, total polarisierte Lichtstrahlen gar nicht in Betracht,
sondern in Ausnahmefällen den Eindruck von unpolarisiertem Licht machende,
im wesentlichen aber sogenannte teilweise polarisierte Strahlen. Diese
letzteren stehen sozusagen zwischen neutralem und linear polarisiertem
Licht. Während wir nämlich einen neutralen Strahl durch ein Achsen-
kreuz mit gleich großen Achsen (Fig. 5a) und einen linear polarisierten
C
A 2 27
24 = 4
Fig. 5a. Fig. 5b. Big: Sc.
Strahl durch die Gerade AOB — siehe Fig. 5b, wo AO=BO ist —
darstellen können, würde Fig. 5e einen teilweise polarisierten Strahl
darstellen. Hier ist AO= BO und (O= DO, aber es sind AO und BO
>(O und DO. Für die Rechnung kann man einen solchen, teilweise
polarisierten Strahl ersetzt denken durch die Summe von einem neutralen
und einem darüber gelagerten, linear polarisierten Strahl oder aber durch
zwei senkrecht übereinander gelagerte linear polarisierte Strahlen von
ungleicher Amplitude. Die größere Amplitude entspricht natürlich der
sogenannten Hauptschwingungsebene und die dazu senkrechte Ebene
der Hauptpolarisationsebene oder, wie wir sie fernerhin kurz nennen
wollen, der Polarisationsebene. Will man die jeweilige Größe der
Polarisation angeben, so muß man zunächst die relative &röße der beiden
Amplituden, oder richtiger der Quadrate der beiden Amplituden kennen.
Wie man daraus das Maß für die Polarisationsgröße gewinnt, werden
wir in einem späteren Abschnitt sehen.
Bevor wir nun die instrumentellen Hilfsmittel kurz ins Auge fassen,
dürfen wir nicht unterlassen, auf eine Erscheinung hinzuweisen, welche
)) Friedr. Busch und Chr. Jensen.
unter geeigneten Bedingungen auftritt, und welche es ohne Anwendung
analysierender Instrumente, allein durch den Gebrauch des Auges, fest-
zustellen gestattet, ob die ins Auge fallenden Strahlen polarisiert sind
oder nicht, ja welche sogar unmittelbar die Lage der Polarisationsebene
festzustellen erlaubt. Wir denken hier an die im Jahre 1844 von
Haidinger entdeckte und nach ihm als „Haidingersche Büschel“') be-
zeichnete Erscheinung, wobei allerdings gleich bemerkt sei, daß es sich
dabei um die Perzeption sehr schwacher Reize handelt, die sich überdies
im einzelnen verschiedenen Beobachtern etwas verschieden darzustellen
scheint. Das Wesentliche scheint ein gelbes Büschelpaar zu sein, in der
Art etwa, wie es in nebenstehender Figur (6) angedeutet ist. Mehrfach
wurde die Erscheinung allerdings so dargestellt, als ob es sich um ein System
von zwei gekreuzten Büscheln handelt, von denen das eine gelb ist und
unmittelbar die Polarisationsebene angibt, das andere, dazu senkrechte,
dagegen bläulich erscheint. ‚Jensen, dem es nach vielfach vergeblichem
Bemühen endlich am 27. Januar dieses ‚Jahres gelang, das Phänomen zu
sehen, und der es jetzt bei den nötigen Bedingungen immer sofort
2
Fig. 6.
wiederfindet, sieht nur das g«elbe, die Polarisationsebene unmittelbar
angebende Büschelpaar in einem sonst homogenen Felde. Busch sieht die
Büschel, wenn er durch eine schwach grün gefärbte Turmalinplatte nach
einer weißen Fläche blickt, die unpolarisiertes Licht aussendet, fast
genau so, wie Helmholtz sie in seiner Physiol. Optik abgebildet hat; nur
erscheint ihm die blaue 3 weniger lichtstark. Die genaue Umrandung
der Büschel anzugeben scheint übrigens jedenfalls schwierig zu sein. Um
die Büschel zu finden, stellt man zunächst am besten durch die bekannten
geeigneten Mittel linear polarisiertes Licht her. Nach Haidinger und
v. Helmholtz sollen allerdings Beobachter, welche die Büschel besonders
') An Literatur hierüber siehe: Müller - Pfaundler, Lehrbuch der Physik und
Meteorologie, 9. Auflage, Bd. 2, 1. Abteilung, p. 1114—1115. 0. D. Chwolson, Lehrbuch
der Physik, Bd. 2 (1904), p. 847. Poggend. Ann., Bd. 63 (1844), p. 29—39. W. Haidinger,
Uber das direkte Erkennen des polarisierten Lichts und der Lage der Polarisationsebene.
W. Haidiuger, Beobachtungen der Lichtpolarisationsbüschel im geradlinig polarisierten
Licht, Poggend. Ann. 68 (1846), p. 73—88. W. Haidinger, Beobachtung der Licht-
polarisationsbüschel auf Flächen, welche das Licht in zwei senkrecht aufeinander stehenden
Richtungen polarisieren, Poggend. Ann., Bd. 68 (1846), p. 305—319. W. Haidinger, On
the Polarization of Light by Air mixed with Aqueous Vapour, Phil. Mag., 4. Ser., vol. 38
(1869), p. 54—56. V. Helmholtz, Handbuch der Physiol. Optik, 2. Auflage, p. 570—572.
Die Zeichnung von v. Helmholtz gibt auch Wüllner in seinem Lehrbuch der Experimental-
physik wieder.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 23
En
deutlich wahrzunehmen imstande sind, dieselben schon bei teilweise pola-
risiertem Lichte erkennen, derart, daß sie beispielsweise bei dem vom blauen
Himmel stammenden Lichte unmittelbar die Lage der Polarisationsebene zu
erkennen vermögen, so daß es denjenigen, welche dem Studium der atmo-
sphärischen Polarisation obliegen, angelegentlichst empfohlen werden kann,
ihre eigenen Augen daraufhin zu prüfen. Längere Zeit konnte die
Haidingersche Entdeckung von keiner Seite bestätigt werden, bis die
Bestätigung zu Haidingers großer Freude Moigno') gelang. Hernach
haben sich manche bekannte Physiker mit der Erscheinung beschäftigt,
so Brewster, v. Helmholtz, Jamin und Maxwell. ‚Jamin führt das Phänomen
auf die Eigenschaften der Linse und der sonstigen brechenden Medien
des Auges zurück?). Auf das Ungenügende dieser Erklärungsweise wiesen
schon Brewster, Maxwell und Stokes hin. V. Helmholtz sieht dagegen
die Ursache für die Erscheinung im Bau des gelben Flecks, wobei noch
besonders darauf hingewiesen sei, daß nach Brewster und Maxwell
die Ausdehnung der Büschel mit der des gelben Flecks in Überein-
stimmung steht.
Nunmehr liegt es uns ob, in aller Kürze auf die wesentlichen
Prinzipien zu verweisen, welche von den verschiedenen Forschern
bei der Konstruktion ihrer Apparate für die messende Verfolgung der
atmosphärischen Polarisation verwandt wurden. Läßt man ein von einer
Flamme ausgesandtes, unpolarisiertes Liehtbündel auf den isländischen
Kalkspat oder den sogenannten Doppelspat fallen, so zerlegt sich dasselbe
bekanntlich in zwei Strahlenbündel, welche sich, dem verschiedenen
Brechungsindex entsprechend, mit verschiedener Geschwindigkeit durch
den Kristall fortpflanzen, und deren Polarisationsebenen senkrecht auf-
einander stehen. Es ist nun bekannt genug und findet sich wohl in
jedem Lehrbuch der Physik beschrieben, wie Nicol aus einem solchen
Doppelspat das nach ihm benannte Nicolsche Prisma oder den sogenannten
Nicol?) herstellte, indem er durch Spaltung eines wasserhellen Kalkspat-
') Im Jahre 1846 wurde nach Haidinger seine Entdeckung im Blatt „l’Epoque“
und in der Pariser Akademie der Wissenschaften bekannt gemacht.
?) J. Jamin, Über die Haidingerschen Farbenbüschel, Poggend. Ann., Bd. 74,
p. 145—147. J. Jamin, Note sur les houppes colores de Haidinger, Ü. R., vol. 26 (1848),
2197199.
>) Nicol, Edinb. new. phil. Journal, Nr. 11, p. 83 (1828); siehe darüber auch
Poggend. Ann. 29 (1833), p. 182—186; M. Spabky, Note über das Nicolsche Prisma,
Poggend. Ann., Bd. 44 (1838), p. 168—176, Poggend. Ann., Bd. 49 (1840), p. 238,
Poggend. Ann., Bd. 50 (1840), p. 25. Siehe ferner über diese und überhaupt über
Polarisationsprismen Winkelmann, Handbuch der Physik, Bd. 6 (1906), p. 1122—1128,
W.Große, Die gebräuchlichen Polarisationsprismen usw., Olaustal 1889, Müller, Photometrie
der Gestirne, Leipzig 1897, p. 231—240, und K. Feußner, Über die Prismen zur Polarisation
des Lichtes, Zs. f. Instrumentenkunde, Bd. 4 (1884), p. 41—50. Bei Winkelmann findet
sich auch genaue Literaturangabe.
24 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
rhomboeders, durch passendes Anschleifen und Benutzung einer Schicht
von Kanadabalsam zwischen den beiden Teilkörpern dafür sorgte, daß der
die gewöhnlichen Brechungsgesetze befolgende, ordentliche Strahl durch
totale Reflexion für das Auge unwirksam gemacht wird, wogegen der
sogenannte außerordentliche Strahl, durch den Kristall hindurchgehend,
ins Auge des Beobachters gelangt. Die für das Auge in Betracht’
kommenden Schwingungen der außerordentlichen Strahlen gehen nun in
einer einzigen Ebene vor sich; die Polarisationsebene derselben haben
wir uns nach unserer Vereinbarung als senkrecht zu jener Ebene
liegend vorzustellen. Dieses Nicolsche Prisma findet bei den Polarisations-
apparaten eine weitgehende Verwendung. Um Material zu sparen, hat
man auch wohl die eine Prismenhälfte aus einer Glassorte hergestellt,
deren Brechungsindex und Dispersion denen des Kalkspats für den außer-
ordentlichen Strahl möglichst nahekommen. Andererseits hat man beim
Foucaultschen') Prisma statt Kanadabalsam eine Zwischenschicht aus
Luft gewählt; hierdurch kann, was natürlich bei der Seltenheit im Vor-
kommen des isländischen Spats sehr ins Gewicht fällt, das Prisma sehr
verkürzt werden, allerdings auf Kosten der Größe des Gesichtsfeldes.
Bei einer zweiten Untergruppe von Polarisationsprismen wird der auber-
ordentliche Strahl durch Totalreflexion entfernt, und der ordentliche
gelangt ins Auge des Beobachters. Ein anderes Mittel, um bei doppelt-
brechenden Kristallen das eine Strahlenbündel für das Auge unschädlich
zu machen, liefert die Natur selbst, indem vor allem beim Turmalin?) der
senkrecht zur optischen Achse verlaufende ordentliche Strahl stark durch
Absorption geschwächt wird. Wenn man daher aus einem Turmalin-
kristall eine Platte parallel zur Achse herausschneidet, so teilt sich
jeder senkrecht auf. die Platte auffallende Strahl in zwei senkrecht
zueinander polarisierte Strahlen, von denen, wenn die Platte diek genug
ist, nur der außerordentliche hindurchgeht. Im allgemeinen darf man
wohl sagen, daß das völlige Verschwinden des ordentlichen Strahls um
so besser erreicht wird, je stärker die Färbung des Kristalles ist; das
zieht nun aber leider den Nachteil’ nach sich, daß dann auch der im
Leon Foucault, Nouveau polariseur en spath d’Islande, Experience de fluorescence,
0. R. 45 (1857), p. 238—241.
?) Siehe Winkelmann, Handbuch der Physik, 2. Auflage, Bd. 6, p. 1125; Biot, Amn.
Chim. Phys. 94 (1815), p. 191; siehe auch Biot, Lehrb. der Plıysik, 2. Auflage, Bd. 5.
p. 127—132. Übrigens findet sich bekanntlich dieser Dichroismus bei manchen Kristallen,
so z. B. beim Topas, Beryll, Smaragd usw. Es sei hier auch auf A. Beckers Kristall-
optik (Stuttgart 1903) verwiesen, in welcher man eine ausführliche Darstellung aller
wesentlichen kristalloptischen Erscheinungen nebst einer historischen Entwickelung der
verschiedenen Lichttheorien findet.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 25
ist, und daß durch. die Färbung auch die Qualität der zu beobachtenden
Erscheinungen ungünstig beeinflußt werden kann. Färbung und Dicke
der Platte müssen am besten dem jeweiligen Zweck besonders angepaßt
werden'). Fällt nun auf eine solche Turmalinplatte oder aber auf eins
der vorher genannten Prismen ein paralleles Bündel unpolarisierten Lichtes,
so kann man dieselben um den Lichtstrahl drehen, wie man will, ohne
daß dadurch die Intensität des hindurchgegangenen Lichtes beeinflußt
wird. Hat man es dagegen mit linear polarisiertem Licht zu tun, so
werden die Schwingungen in voller Stärke — selbstverständlich abgesehen
von der unvermeidlichen, relativ geringen Schwächung durch Absorption —
nur fortgepflanzt, wenn ihre Ebene mit der Schwingungsebene des ange-
wandten Polarisators übereinstimmt oder, anders ausgedrückt, wenn die
in Frage kommenden Polarisationsebenen miteinander übereinstimmen.
Stimmen diese Ebenen nicht miteinander überein, so muß man die
Amplitude des polarisierten Strahls in zwei zueinander rechtwinklige
Komponenten zerlegen, von denen die eine in die Polarisationsebene des
Kristalls, die andere in die dazu senkrechte Ebene fällt. Nach unserer
Annahme kommt für die Beobachtung nur die letztere in Betracht. Ist
das auffallende Licht teilweise polarisiert, so wird man naturgemäß diese
Komponentenzerlegung für jede der beiden aufeinander senkrecht stehenden
Amplituden desselben anwenden und für das Resultat beide in die
Schwingungsebene des Kristalls fallenden Komponenten berücksichtigen
müssen. Es bedarf kaum der Erwähnung, daß es für das Resultat
völlig gleich ist, ob man der Neumannschen, oder aber, wie wir es tun,
der Fresnelschen Anschauung folgt. Steht vor dem einen Nicol noch ein
zweites so, dab die Polarisationsebenen der beiden senkrecht aufeinander
stehen, so werden, wenn man von etwaigen Störungen durch an den
Seiten des ersten Prismas reflektiertes Licht absieht, keine Strahlen durch
das zweite hindurchgelassen, sei nun das auf das erstere auffallende Licht
polarisiert, sei es unpolarisiert; stimmen die Ebenen miteinander überein,
so können die Strahlen hindurchgehen. Schließen dieselben irgendeinen
zwischen 0° und 90° liegenden Winkel miteinander ein, so ermöglicht
einem wieder die Komponentenzerlegung, die Größe der Amplitude des
hindurchgegangenen Lichtes zu bestimmen, falls man Polarisationsgröße
und Polarisationsebene des auffallenden Lichtes kennt. Umgekehrt ist
aus den Intensitätsverhältnissen des hindurchgegangenen Lichtes in
recht bequemer Weise die Polarisationseröße des auffallenden Lichtes
') Nach Herschel (s. Herschel, Vom Licht, deutsch von E. Schmidt, 1831, p. 473)
hat Brewster gezeigt, daß die Hitze die Farbe mancher doppeltbrechenden Kristalle
dauernd verändert, indem sie eine Änderung der Absorptionskraft für gewisse Farben
hervorbringt, von denen nur der eine der beiden senkrecht aufeinander polarisierten
Strahlen betroffen wird.
26 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
zu berechnen, falls man nur dessen Polarisationsebene und die Winkel-
stellung der Prismen zueinander kennt. In einem späteren Abschnitt
wird dies ausführlicher gezeigt werden.
Sehr wichtig für unseren Gegenstand sind auch die Polarisations-
erscheinungen, welche mit der Spiegelung (Reflexion) und Brechung (Re-
fraktion) verknüpft sind. Die Polarisation der von durchsichtigen Medien
reflektierten Strahlen wurde im Jahre 1808 von Malus entdeckt, und da-
durch wurde der Optik ein gänzlich neues Gebiet, nämlich das der Polarisa-
tionserscheinungen überhaupt, eröffnet, und erst jetzt wurden die Physiker
in den Stand gesetzt, die schon lange vorher von Huyghens entdeckte,
aber bis dahin unverstandene Tatsache des Verschwindens zweier von den
vier durch Doppelbrechung in zwei Kalkspat- Rhomboedern erhaltenen
Bildern eines Lichtpunktes bei Drehung zu verstehen. Malus fand, daß die
reflektierten Strahlen im allgemeinen teilweise polarisiert sind, und daß
die Größe der Polarisation derselben abhängig ist sowohl von der reflek-
tierenden Substanz, als auch vom Reflexionswinkel, derart, daß die ver-
schiedenen Substanzen einen bestimmten, aber für jede verschiedenen
Reflexionswinkel hat, unter welchem der reflektierte Strahl total polarisiert
ist. Das unter diesem bestimmten „Polarisationswinkel“ reflektierte Licht
verhält sich durchaus wie das des einen durch einen Kalkspat hindurch-
gegangenen Lichtbündels, und zwar ist für dasselbe die Einfallsebene eine
ebenso ausgezeichnete Ebene wie für den ordentlichen Strahl der Haupt-
schnitt des Kalkspats; es ist nämlich die Einfallsebene beziehungsweise
die mit ihr zusammenfallende Reflexionsebene die Polarisationsebene des
reflektierten Strahls. Die Schwingungen muß man sich demgemäß nach
unserer Voraussetzung als parallel der spiegelnden Fläche vor sich
gehend denken. Ist der Reflexionswinkel kleiner, oder größer als der
erwähnte „Grenzwinkel“, so bleiben allerdings die Schwingungen parallel
der spiegelnden Fläche bestehen, aber man muß sich nun vorstellen, daß
außer den relativ großen, in der angegebenen Ebene vor sich gehenden
Schwingungen auch solche von kleinerer Amplitude in anderen, senkrecht zur
Strahlrichtung liegenden Ebenen vorhanden sind, und zwar in der Weise, daß
dieselben innerhalb der eben definierten Polarisationsebene am kleinsten
sind und mittlere Beträge annehmen in den zwischen den beiden besonders
ausgezeichneten Ebenen liegenden Ebenen. Fig. 5e würde solche, nicht
unter dem Grenzwinkel reflektierte Strahlen veranschaulichen können. Was
nun den Polarisationswinkel anbetrifft, so ‚vermutete Malus wohl einen
gesetzmäßigen Zusammenhang zwischen diesem Winkel und den sonstigen
optischen Konstanten der Substanz. Die genaue Beziehung fand aber
erst Brewster durch Experimentieren mit achtzehn verschiedenen Sub-
stanzen. Das nach ihm benannte Gesetz sagt bekanntlich aus, daß die
Tangente des Polarisationswinkels gleich dem Brechungsindex der spiegeln-
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. Im
“den Substanz ist, woraus sich ergibt, daß für diesen Fall des Grenz-
winkels der reflektierte Strahl senkrecht zum gebrochenen steht'). Aller-
dings muß man wohl beachten, daß diese Beziehung ganz streng nur für
eine ganz bestimmte Wellenlänge gilt, da der Brechungsindex sich
von Wellenlänge zu Wellenlänge ändert, und demgemäß Strahlen ver-
schiedener Wellenlänge nach der Brechung verschiedene Wege in der durch-
sichtigen Substanz zurücklegen. Bei Substanzen mit relativ großer Dis-
persion, wie beispielsweise bei Kassiaöl, macht sich das auch durchaus
bemerkbar, wogegen es beispielsweise bei Glas wenig ins Gewicht fällt.
Lassen wir nun unpolarisiertes Licht auf einen Spiegel fallen, so werden
nach dem Vorhergegangenen wesentlich die der Einfallsebene als Polarisa-
tionsebene entsprechenden, also die der spiegelnden Fläche parallelen
Schwingungen, reflektiert werden; die darauf senkrechten, also in der
Einfallsebene vor sich gehenden Schwingungen werden sich wesentlich
als gebrochener Strahl im durchsichtigen Medium fortpflanzen; aber auch
hier sind noch, wenn auch mit kleinerer Amplitude, parallel zur spiegeln-
den Fläche vor sich gehende Schwingungen vorhanden. Die Polarisation
des gebrochenen Strahls ist nun bei weitem nicht so stark wie die
des reflektierten, und wenn das reflektierte Licht bei Wahl des richtigen
Grenzwinkels total polarisiert ist, weist der gebrochene Strahl stets nur
teilweise Polarisation auf. Hat aber das durch die eine Platte hindurch-
gegrangene Licht eine zweite, dritte, vierte Glasplatte zu durchsetzen,
so wird bei Eintritt in jede derselben ein Teil des in der Einfallsebene
polarisierten Anteils reflektiert, so daß der in der dazu senkrechten
Ebene polarisierte Anteil um so stärker den anderen überwiegt, je mehr
Platten zur Verwendung gelangen, derart, daß eine streng gesetzmäßige
Beziehung zwischen der Polarisationsgröße und der Zahl der Platten be-
steht. Solche Glasplattensätze wurden bei der Erforschung der atmo-
sphärischen Polarisation vielfach benutzt, indem dieselben allerdings, wie
wir hernach sehen werden, nicht als Polarisatoren, sondern als Depolarisa-
toren des auffallenden polarisierten Lichtes Verwendung fanden. Nach-
teili@ macht sich nun, um es gleich vorwegzunehmen, bei den Glasplatten-
sätzen die starke Schwächung des auffallenden Lichtes geltend.
Ein Prinzip, welches viel bei der Erforschung der atmosphärischen
Polarisation angewandt wurde, ist das der von Arago entdeckten
chromatischen Polarisation. Dringt ein Lichtstrahl in eine Platte eines
doppeltbrechenden Kristalles ein, so zerlegt sich derselbe bekanntlich im
allgemeinen — wenn nicht gerade die Richtung des Strahls mit der
der optischen Achse des Kristalls zusammenfällt — in zwei recht-
winklig zueinander polarisierte Strahlen, welche wegen der verschieden
') Bekamntlich gilt das Gesetz streng nur für die gewöhnlichen durchsichtigen
Substanzen und keineswegs für die mit anomaler Dispersion begabten Metalle.
28 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
eroben Geschwindigkeit, mit der sich der ordentliche und der außer-
ordentliche Strahl fortpflanzt, beim Austritt aus dem Kristall einen, für
verschiedene Farben verschieden großen Gangunterschied aufweisen, so
daß diese beiden Strahlen, falls die Kristallplatte dünn genug ist, wenn
ihre Schwingungen nach dem Durchgang durch die doppeltbrechende Platte
durch ein Nicol bezw. eine Turmalinplatte auf eine einzige Ebene zurück-
geführt werden, wie gewöhnliches Licht entsprechend ihrem Gangunter-
schied interferieren und die entsprechenden Interferenzfarben erzeugen.
Ist die Platte des doppeltbrechenden Kristalls senkrecht zur optischen
Achse geschnitten, so würden senkrechte Strahlen, da sie in Richtung
der optischen Achse verlaufen, sich nicht in zwei senkrecht zueinander
polarisierte Strahlen spalten; daher bedarf man für die Entstehung von
Interferenzerscheinungen in diesem Falle eines konvergenten Lichtbündels
und erhält dann die charakteristischen Figuren einachsiger beziehungs-
weise zweiachsiger Kristalle. Ganz allgemein kann man wohl sagen, dab
unter sonst gleichen Bedingungen die Farbenerscheinungen um so aus-
geprägter sind, je größer die Polarisation ist, je mehr also bei teilweise
polarisierten Strahlen die eine Komponente die auf ihr senkrechte über-
wiegt. Sehr leicht kann man sich klar machen, daß, wenn man auf solche
doppeltbrechende Platten zwei, einen unpolarisierten Strahl ersetzende,
senkrecht aufeinander polarisierte Strahlen fallen läßt, die durch die
eine Komponente erzeugten Farben komplementär zu den durch die
andere erzeugten werden müssen, so dab also dadurch die Farben-
erscheinung wieder fortfällt')., An dieser Stelle sei schließlich noch auf
die Farbenerscheinungen aufmerksam gemacht, welche entstehen, wenn
polarisiertes Licht auf rasch gekühlte, oder gepreßte Gläser fällt, und
das hindurchgegangene Licht durch einen der gebräuchlichen Analysatoren
betrachtet wird. Auch hier zerlegt sich ja der auffallende Strahl in
zwei zueinander senkrecht polarisierte Strahlen, welche das Medium mit
verschiedener Geschwindigkeit durcheilen; jedoch unterscheiden sich
solche Gläser von den doppeltbrechenden Kristallen sehr wesentlich da-
durch, daß sie nicht homogen sind, sondern daß sie ihre Eigenschaften
von Stelle zu Stelle in gesetzmäßiger Weise verändern. Daher ist auch
bei Anwendung paralleler Strahlen die Färbung keine gleichmäßige; die-
selbe ändert sich vielmehr von Stelle zu Stelle in gesetzmäßiger Weise,
und es entstehen ähnliche Figuren, wie man sie bei den gewöhnlichen
') Von älteren Lehrbüchern, welche ausgezeichnet über alle diese Verhältnisse
orientieren, sei vor allem das von Biot erwähnt. An neueren ausgezeichneten, diesen
(regenstand behandelnden Lehr- bezw. Handbüchern gibt es recht viele; es möge in
erster Linie aufmerksam gemacht werden auf Chwolsons, Müller-Pfaundlers, Riekes und
Wüllmers Lehrbuch der Physik, auf Winkelmanns Handbuch und ebenso auf Beers Ein-
leitung in die höhere Optik.
Don in
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 29
ir
doppeltbrechenden Substanzen erhält, wenn konvergentes Licht auf eine
senkrecht zur optischen Achse geschnittene Platte fällt. Solche Gläser
wurden zwar unsers Wissens nur in kaum nennenswerter Weise in den
Dienst der Erforschung der atmosphärischen Polarisationsphänomene ge-
stellt; da dieselben aber an sich höchst interessant und auch instruktiv
für das Verständnis der übrigen Polarisationserscheinungen sind, und da sie
einem vor allem ein sehr einfaches Mittel an die Hand geben, um sich über
die allgemeinsten Tatsachen der atmosphärischen Polarisation zu orien-
tieren, so wollten wir sie nicht unerwähnt lassen.
Hält man ein gekühltes Glas zwischen einem Punkte des blauen
Himmels und einem Nicolschen Prisma oder einer Turmalinplatte, so wird
man bei der Durchsicht im allgemeinen die bekannten regelmäßigen,
farbigen Figuren erbliecken. Besonders schön würde man dieselben etwa
sehen, wenn man bei Horizontstellung der Sonne in der angegebenen
Weise den Zenitpunkt anvisierte. Die Polarisation ist aber bei genüsendem
Abstand des anvisierten Punktes von der Sonne stark genug, um die-
selbe deutlich, schon bei alleiniger Benutzung eines Nicols oder einer
Turmalinplatte, durch wechselnde Helligkeit — bei entsprechender Drehung
des Kristalls — zu erkennen. Interessant ist ein ganz einfaches Mittel, um
sich von der Polarisation des Himmelslichtes zu überzeugen, auf welches
kürzlich v. Geitler‘) aufmerksam machte. Man nehme einfach eine ge-
kühlte Glasplatte, wie sie wohl in jeder physikalischen Sammlung vor-
handen ist, oder wie man sie sich im Notfall selbst zurechtmachen kann,
zur Hand und lasse sich darauf das diffuse blaue Himmelslieht spiegeln, so
wird man bei genauem Zusehen die erwähnten Interferenzfiguren erblicken.
Es bedarf also keines besonderen Analysators, indem hier offenbar die
(rlasplatte selbst als Analysator des in sie hineingebrochenen Lichtes
dient. Damit die Figuren möglichst deutlich hervortreten, tut man
übrigens gut, störendes Licht nach Möglichkeit dadurch auszuschalten,
daß man die Glasplatte auf einen dunklen Hintergrund, am einfachsten
also auf den Rockärmel, legt. Es scheint uns nun von besonderem
Interesse zu sein, daß bereits Goethe die eben erwähnte Erscheinung
kannte. In seiner berühmten und wohl noch mehr berüchtigten, allen-
falls aber von eminenter Beobachtungsgabe zeugenden, Farbenlehre’)
spricht er sich an einer Stelle folgendermaßen darüber aus: „Das
Experiment in seiner größten Einfachheit ist folgendes. Man zerschneide
eine mäbig starke Spiegelscheibe in mehrere anderthalbzöllige Quadrate;
diese durchglühe man und verkühle sie geschwind: was davon bei dieser
') v. Geitler, Ein einfacher Polarisationsversuch, Phys. Zs. Jahrgang 9 (1908)
p- 563.
?) Siehe das Kapitel über entoptische Farbenlehre in Band 10 seiner sämtlichen, von
K. Goedeke herausgegebenen (1885) Werke, p. 203 u. ff.
>0 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Behandlung nicht zerspringt, ist nun fähig, entoptische Farben hervor-
zubringen.“ Und weiter: „Bei unserer Darstellung kommt nun alles
darauf an, daß man sich mit dem Körper, welcher entoptische Farben
hervorzubringen vermag, unter den freien Himmel begebe, alle dunklen
Kammern, alle Löchlein (foramina exigua) abermals hinter sich lasse.
Eine reine, wolkenlose, blaue Atmosphäre, dies ist der Quell, wo wir
eine auslangende Erkenntnis zu suchen haben.“ Und nun berichtet er
über den einfachsten Versuch: „Jene bereiteten Tafeln lege der Be-
schauer bei ganz reiner Atmosphäre flach auf einen schwarzen Grund,
so dab er zwei Seiten derselben mit sich parallel habe, und halte sie
nun, bei völlig reinem Himmel und niedrigem Sonnenstand, so nach der
der Sonne entgegengesetzten Himmelsgegend, richte sein Auge dermaßen
auf die Platten, daß von ihrem Grunde die Atmosphäre sich ihm zurück-
spiegle, und er wird sodann, in den vier Eeken eines hellen Grundes,
vier dunkle Punkte gewahr werden. Wendet er sich darauf gegen die
Himmelsgegenden, welche rechtwinklig zu der vorigen Richtung stehen,
so erblickt er vier helle Punkte auf einem dunkeln Grund; diese beiden
Erscheinungen zeigen sich auf dem Boden der Glasplatte. Bewegt man
die gedachten Quadrate zwischen jenen entschiedenen Stellungen, so ge-
raten die Figuren in ein Schwanken.“ Es sei übrigens darauf hin-
gewiesen, daß die Farbenerscheinungen von gekühlten Gläsern bei Ver-
wendung polarisierten Lichtes nicht lange vorher — das Vorwort zu
„Entoptische Farben“ scheint im Jahre 1817 geschrieben zu sein —
von dem mit Goethe verkehrenden, bekannten Physiker Seebeck entdeckt
worden waren.
Auch die Polarisation des Himmelslichtes war bereits seit einer Reihe
von ‚Jahren bekannt. Gerade in diesem Jahre sind hundert Jahre ver-
tlossen.') seitdem die atmosphärische Polarisation entdeckt wurde, und
zwar verdanken wir diese Entdeckung keinem Geringeren als dem berühmten
französischen Physiker Arago. Die hauptsächlichsten Erscheinungen
wurden auch bereits von ihm festgeleet; allerdings sind auf diesem Gebiet
auch von späteren Physikern noch manche Entdeckungen gemacht worden,
aber es bleibt noch so außerordentlich viel zu erforschen, ja es harren
') Auf p. 545 vom Bd. X der (Euvres completes de F. Arago publiees par M.)J.
A. Barral steht allerdings in einer Anmerkung: „La decouverte de la polarisation de
l'atmosphere a 6te faite par M. Arago en 1811“, und dabei wird auf p. 37 und 40 dieses
3andes (Denkschrift über die chromatische Polarisation) verwiesen. Das ist aber offenbar
nur eine Verwechslung mit der Tatsache, daß die bezeichnete Denkschrift 1811 zur Ver-
lesung kam, und kann offenbar nicht stimmen. Arago hat auch ausdrücklich Babinet
mitgeteilt, daß er die ersten diesbezüglichen Beobachtungen bereits 1809 machte. — Es
sei an dieser Stelle darauf aufmerksam gemacht, daß die atmosphärische Polarisation der
Wärmestrahlen von Wartmann nachgewiesen wurde. Siehe Wartmann, Note sur la Pola-
risation de la chaleur atmospherique, Ann. Chim. Phys., 3. Ser., vol. 34 (1852), p. 341.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 31
gerade jetzt, wie schon erwähnt, so ganz besondere Fragen ihrer Lösung,
daß man wohl glauben möchte, es sei kein Zeitpunkt geeigneter, recht
zahlreiche Forscher dazu zu veranlassen, ihre Kräfte energischer denn bisher
diesem Wissenszweige zuzuwenden. Es mag für manche vielleicht im
ersten Augenblick verwunderlich erscheinen, daß die Tatsache der atmo-
sphärischen Polarisation nicht schon länger bekannt ist; man darf aber
nicht vergessen, daß es nicht viel länger her ist, daß man die Polarisations-
erscheinungen als solche kennen lernte, und daß die chromatische Polarisa-
tion sogar erst später bekannt wurde, indem es gerade das Auffinden
der atmosphärischen Polarisation war, welche Arago weiter zu der
glänzenden Entdeckung der chromatischen Polarisation führte. Im ‚Jahre
1508 fand Malus') die Polarisation durch Spiegelung. Die erste Nach-
richt darüber ließ er in einer Abhandlung „Sur une propriete de la lumiere
reflechie par les corps diaphanes“’) am 12. Dezember 1808 dem „Franzö-
sischen Institut“ zukommen. Die Polarisation bei der einfachen Brechung
wurde ein wenig später von Malus”), und zwar gleichzeitig mit Biot?),
gefunden; die Abhandlungen beider gelangten am 11. März 1811 im
Französischen Institut zur Verlesung. (Genau einen Monat vorher erfolgte.
soweit wir uns haben orientieren können, die erste, kurze Mitteilung Aragos’)
über seine Beobachtungen der atmosphärischen Polarisation an die mathe-
matisch-physikalische Klasse des Kaiserlich Französischen Instituts. Hier
erwähnt Arago, daß die Polarisation mehr oder weniger stark ist, je
nach dem Winkel, unter welchem die Sonnenstrahlen von der Luft re-
flektiert werden, daß das Maximum derselben in einem Abstande von 90°
von der Sonne herrscht, daß dieselbe aber nicht vollständig ist. Es war
demnach nicht richtig, wenn der eine von uns (s. ©. Jensen, Beiträge zur
Photometrie des Himmels, Dissert. Kiel 1598, p. 2, Anmerkung 4) bei
früherer Gelegenheit erwähnte, daß die erste Angabe am 11. August 1811
erfolgt sei. In der Sitzung vom 11. August wurde eine Denkschrift über
die chromatische Polarisation) verlesen, und es wurde eben in derselben
') Siehe Rosenberger, Die Geschichte der Physik, 3. Teil (1887—1890), p. 147 u. ff.
2) Siehe „Bull. Soc. philomath. I, Nr. 16, 1809“; ferner „M&m. d’Arcueil II, 1809*,
übersetzt in Gilberts Annalen, p. 286 (Band nicht genannt).
>) Die Abhandlung wurde übersetzt in Gilberts Ann., Bd. 38, p. 228; siehe dazu
auch Bull. Soc. philomath. II, Nr. 47, 1811, und Gilberts Ann. 40, p. 119, ebenso Rosen-
berger 1. eit. p. 150.
1) Siehe Biot, Lehrb. der Experimentalphysik, Bd. 5 (2. Auflage der deutschen
Bearbeitung), p. 116—119.
>) Siehe (Euyres de Francois Arago, publiees par M. J. A. Barral, t. 10 (1858), oder,
was dasselbe, t. 1 der M&m. Scientifiques, p. 33—35.
6) Dieselbe erschien 1812 im Druck, im Bande der Memoiren dieser Klasse für
1811, unter dem Titel „Memoire sur une modification remarquable qu’eprouvent les
rayons lumineux dans leur passage A travers certains corps et sur quelques autres
phenomenes d’optique ((Euvres compl., t.10, p.36). Nach p.151 von Aragos (Euvres compl..
323 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
dargetan, wie die Entdeckung der atmosphärischen Polarisation Arago zu
der weiteren Entdeckung der chromatischen Polarisation geführt hatte.
Er hatte die vom blauen Himmel kommenden Strahlen durch einen Kalk-
spat beobachtet, indem sich zwischen dem Spat und dem Himmel ein
Glimmerblättchen befand. Dabei zeigten sich die dem ordentlichen und
dem außerordentlichen Strahl entsprechenden Bilder gefärbt, und die
Stärke dieser Färbung richtete sich nach der Stunde des Tages und dem
Stande der Sonne. War dagegen der Himmel völlig bedeckt, so waren
die Bilder nicht gefärbt. Nun wußte er bereits, daß das Licht bei be-
decktem Himmel jedenfalls nicht nennenswert polarisiert war, daß da-
eegen das vom heiteren Himmel stammende Licht mehr oder weniger
starke Polarisation aufwies, indem sich die Stärke der letzteren nach
dem jeweiligen Sonnenabstande des beobachteten Punktes richtete. So
wurde er darauf geführt, daß die Farbenerscheinungen von den Polarisa-
tionsverhältnissen des auffallenden Strahlenbündels abhängig waren.
Wie schon erwähnt, wußte Arago im Jahre 1811, daß die
stärkste Polarisation in einem Abstande von 90° von der Sonne zu
finden ist; eigenartigerweise fand er bei Messungen am 22. November 1812
einen erheblich kleineren Winkel für das Polarisationsmaximum; dies
deutet offenbar darauf hin, daß irgendwelche Störungen vorhanden waren,
wofür auch schon der alleinige Umstand sprechen würde, daß die Einzel-
beobachtungen in erheblichem Maße voneinander abwichen‘). Daß Arago
aber wohl bestimmt gewußt hat, daß bei absolut heiterem Himmel das
Polarisationsmaximum in einem ungefähren Sonnenabstand von 90° zu
finden ist, geht deutlich genug aus seinen Schriften hervor. Besonders
viele Beobachtungen über die Polarisationsgröße scheint er in den
Jahren 1814 und 1815 angestellt zu haben? Das von ihm für seine
Beobachtungen konstruierte Polarimeter bestand im wesentlichen aus einem
Glasplattensatz?) und einem Polariskop. Der Glasplattensatz, der jetzt
meist als Polarisator benutzt zu werden scheint, kann nämlich, wie schon
Tables, 1862 (in Notices chronologiques sur les @uvres d’Arago) wurde die am 18. Fe-
bruar 1811 im Französischen Institut verlesene Denkschrift erst 1817 im 3. Band der
„Mem. de la Societe d’Arceuil“ veröffentlicht, und ein Teil ging verloren infolge der
Besetzung der Buchdruckerei durch die Kosaken.
') Siehe beispielsweise p. 394 in Bd. VII der mehrfach erwähnten „(Euvres“
von Arago.
?) Siehe „(Euvres“, t. 10, p. 548.
») Zur Theorie des Glasplattensatzes siehe: Mousson, Physik, Bd. IIH, p. 636—637;
F. Neumann, Vorlesungen über theoretische Optik (1885 von Dorn herausgegeben),
p. 147—150; Wüllner, Experimentalphysik, Bd. IV (5. Auflage), p. 728—732; Arago,
(Euvres usw., Bd. 7, vor allem p. 321—336; Ed. Desains, Memoire sur la polarisation de
la lumiere reflechie par le verre, Ann. Chim. et Phys., 3. Reihe, Bd. 31 (1851), p. 286—295;
E. ©. Pickering, Measurements of the Polarization of the Light reflekted by the Sky
and by one or more Plates of Glass, Phil. Mag., 4. Ser., vol. 47 (1874), p. 127—143.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 33
bemerkt, auch zur Depolarisation von auffallendem polarisierten Lichte
dienen, und zwar muß man demselben bei Anwendung der nämlichen
Plattenzahl je nach der Stärke der Polarisation eine verschiedene Neigung
geben, damit sich das durchgelassene Licht wie gewöhnliches, un-
polarisiertes verhält"). Kennt man den Brechungsindex der angewandten
Glassorte und bestimmt den Einfallswinkel, welcher nötig ist, damit
das hindurchgegangene Licht depolarisiert ist, so läßt sich daraus
die Polarisationsgröße des einfallenden Lichtes feststellen. Arago stellte
seine Beobachtungen an, indem er den Apparat genau eichte, das heißt.
indem er auf rein empirischem Wege bestimmte, welche Polarisations-
werte und welche Einfallswinkel für das auf einen Glasplattensatz auf-
fallende teilweise polarisierte Licht zusammengehörten. Um polarisiertes
Licht von bestimmter Polarisationsgröße zu erhalten, ließ er linear polari-
siertes Licht durch ein Plättchen dringen, welches aus Berekristall?) parallel
der einen Winkel « < 45° mit der Polarisationsebene bildenden optischen
Achse herausgeschnitten war. Zu einem bestimmten Winkel « gehörte
eine leicht zu berechnende Größe des partiell polarisierten Lichtes und zu
dieser wiederum ein bestimmter Einfallswinkel des auf den Glasplattensatz
auftreffenden Lichtbündels, unter welchem durch den Plattensatz De-
polarisation eintrat. Das Fehlen der Polarisation stellte er fest mittels des
nach ihm benannten, auf dem Prinzip der chromatischen Polarisation
beruhenden Polariskops, indem er dem Plattensatz eine solche Neigung
gab, daß keine Farben mehr zu konstatieren waren?). Arago eibt an’), daß
er noch eine Farbenerscheinung wahrnehmen konnte, wenn der polarisierte
Anteil des auffallenden Lichtes nur noch den 71. Teil des Gesamt-
lichtes ausmachte, so daß er die Empfindlichkeit des Instrumentchens
auf ca. g; angab. Mit seinem Polarimeter hat er nun Polarisations-
beobachtungen des Himmelslichtes angestellt, indem er zum Teil’) bei
’) Nach den bekannten Fresnel-Neumannschen Formeln lassen sich durch den
Brechungsindex der Glassorte die Intensitäten der reflektierten und gebrochenen Strahlen
bestimmen, falls man vollständige Politur der Platten voraussetzt. In der Annahme, dab
diese Voraussetzung nicht streng gültig ist, da bei Durchstrahlung mit sehr hellem Licht
diffuse Strahlung ausgesandt werde, prüfte neuerdings Lunelund (Phys. Zs., Jahrg. 10.
p- 222—224) die berechneten Werte, indem er sie mit den durch Photometrie gewonnenen
verglich, für gewöhnliches gutes Spiegelglas, indem er als Lichtquelle zwei hintereinander
geschaltete Nernstlampen nahm; dabei fand er eine außerordentlich gute Übereinstimmung
zwischen Theorie und Wirklichkeit.
?) Siehe die erwähnten „(Euvres“ von Arago, Bd. 10, p. 452—467, De la loi, d’apres
laquelle un faisceau de lumiere polarisee se partage entre l’image ordinaire et image extra-
ordinaire, quand il traverse un erystal dou& de la double refraction (la loi du carre du cosinus).
>) Über sein Polariskop siehe seine „(Euvres“, t. 10, p. 163—164. Ebenda,
p- 270— 277, siehe „Graduation experimentale du Polarimetre“.
*) Siehe 1. eit., t. 10, p. 229—230, Sensibilite du Polariscope.
5) Siehe loc. eit., t. 10, p. 282—289.
34 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
heiterem, zum Teil aber auch bei bewölktem Himmel beobachtete. Gerade
die Frage der eventuellen Wolkenpolarisation nötigte ihm ein besonders
eroßes Interesse ab. Auf seine besondere Empfehlung hin untersuchte
der bekannte M. Barral bei den berühmt gewordenen, zusammen mit Bixio
unternommenen Luftschiffahrten die Wolken mittels eines von Arago mit-
gegebenen Polariskops, wobei er fand, daß diejenigen Wolken, in deren
unmittelbarer Nähe man sich befand, absolut keine Polarisation aufwiesen,
sei es nun, daß das Instrument sein Licht empfing von Strahlen, welche
durch die Wolke hindurchgegangen waren, oder aber, daß es sich um
von der Wolke reflektiertes Licht handelte‘). Hieraufhin und auf Grund
von Versuchen, welche an künstlichen Wolken angestellt waren, gelangte
Arago zu dem Schluß, daß das von den Wolken stammende Licht als un-
polarisiert zu betrachten sei, so daß also die relativ schwache Polarisation,
welche man konstatiere, wenn man durch ein Polariskop nach einer
Wolke hinblicke. als von dem zwischen Wolke und Beobachter liegenden
Teil der Atmosphäre herrührend zu betrachten sei. Er gelangte dabei
auf Grund eines direkten Experimentes, über das wir leider keine genaueren
Angaben haben finden können, zu der bestimmten Annahme, daß schon
eine Luftschicht von 50 Metern zur Erzeugung einer merklichen Polarisation
ausreiche. In dieser Richtung bewegten sich auch seine Ideen über die
- Bestimmung der Höhe von Wolken’), die in der Tat äußerst originell
waren, aber von Voraussetzungen hinsichtlich der Lichtverteilung in der
Atmosphäre ausgingen, welche nicht nur unbeweisbar waren, sondern
auch schon allein deswegen ohne weiteres als falsch angesehen werden
müssen, weil er nur Rücksicht nahm auf eine einmalige Zurückwerfung
der Sonnenstrahlen. Auch haben spätere, direkte Beobachtungen in ver-
schiedenen Höhenlagen das Falsche seiner Voraussetzungen erwiesen.
Darum müssen wir es uns jedenfalls an dieser Stelle versagen, auf seinen
interessanten Ideengang einzugehen?).
Betreffs der Polarisationsebene fand Arago, daß das Licht an einem
beliebigen Punkte des Himmelsgewölbes, wenn der Himmel heiter und
') Am 1. August 1838 teilte Arago dem Längenbureau mit, daß das Licht der
Wolken nicht merklich polarisiert sei. Jedoch beruhigte er sich nicht dabei, sondern es
wurden eben auf sein besonderes Verlangen von Barral die oben erwähnten Unter-
suchungen bezüglich der Wolken ausgeführt. Siehe darüber die mehrfach zitierten
„(Euvres“, t. 7, p. 415—418 (emploi du polarimetre pour l’e&tude de l’optique atmospherique
dans les ascensions a6rostatiques). Ferner siehe „(Euvres“, t. 9, p. 511—516, über Barrals
und Bixios Fahrten.
?) Siehe die erwähnten „(Euvres“, t. 10, p. 232—289, Determination de la hauteur
des nuages.
®) Übrigens hat in späterer Zeit Cormu auf eine derartige Verwendung von
Polarisationsmessungen hingewiesen (Association francaise pour l’avancement des sciences.
Congres de Limoges 1890).
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 35
wolkenlos ist, in derjenigen Ebene polarisiert ist, welche durch die
Sonne, den anvisierten Punkt und das Auge des Beobachters bestimmt
ist. Für eine bestimmte Stelle des Firmaments mußte sich hiernach im
Laufe des Tages die Polarisationsebene entsprechend dem Sonnenstande
ändern. Visierte beispielsweise der Beobachter nach dem Nordpol des
Himmels, so mußte die Polarisationsebene in jedem Augenblick mit dem
Stundenkreis der Sonne zusammenfallen. Wenn es nun möglich war, bei
Anwendung der chromatischen Polarisation aus der Farbenänderung,
welche sich bei Benutzung eines bei heiterem Himmel auf eben jenen
Punkt gerichteten Polariskops ergab, einen genügend genauen Anhalts-
punkt für die Beurteilung der damit zusammenhängenden Drehung der
Polarisationsebene zu ziehen, so war damit das Problem einer Farbenuhr
gelöst. Über dies Problem hat sich Arago bereits im Jahre 1816 mit
Alexander von Humboldt!) unterhalten, jedoch hat er, wie er ausdrück-
lich selber bemerkt, dieselbe seines Wissens nirgends veröffentlicht und
gesteht die Ehre der ersten Konstruktion einer solchen Uhr rückhaltlos
M. Wheatstone?) zu, welcher nach seiner Angabe im Jahre 1849 der
Pariser Akademie der Wissenschaften eine von M. Soleil ausgeführte
Polaruhr vorführte?). J. Müller‘) hat in seinem bekannten Lehrbuch an
der Hand von Abbildungen eine ausgezeichnete Beschreibung der Polar-
uhr geliefert. Der wesentlichste Teil derselben ist danach ein Nicol-
sches Prisma, welches mit einem dünnen Gipsblättehen so verbunden ist,
daß die Polarisationsebene des Nicols diejenige der beiden Polarisations-
ebenen im Gipsblättchen halbiert. \Wenn man nun durch diese Kom-
bination nach dem Nordpunkt des Himmels blickt, für welchen die senk-
recht zur Polarisationsebene stehende Schwingungsebene um 6 Uhr
morgens vertikal sein, also mit dem Meridian des Beobachters zusammen-
fallen muß, so ändert sich die Farbe, in welcher das Gipsblättchen er-
scheint, je nach der Drehung des Instruments um die Achse des Nicols,
und man wird bei einer bestimmten Stellung ein Maximum des Farben-
) Siehe die erwähnten „(Euvres“, t. 7, p. 395—396 (Horloge polaire). Siehe hier
auch Biot, Lehrbuch der Experimentalphysik, Bd. 5 (1829), p. 223—231, Über eine auf
den Prinzipien der chromatischen Polarisation beruhende vergleichbare Farbenskala.
?) Wheatstone, On a means of determining the apparent Solar Time by the
Diurnal Changes of the Plane of Polarization at the North Pole of the Sky, Brit. Ass.
Rep. 18 (1848), part 2, p. 10—12.
>) Notice sur l’horloge polaire de M. Wheatstone, construite et perfeetionnee par
M. Soleil, ©. R. 28 (1849), p. 511—513. Siehe auch an derselben Stelle (p. 513) Re-
marques de M. Arago au sujet de la communication de M. Soleil, wo man auch erfährt,
daß er der eigentliche Schöpfer der Idee war. Siehe auch Mascart, Trait& d’Optique,
vol. III (1893), p. 399.
*) Siehe J. Müller, Lehrb. der kosm. Phys., 2. Auflage, p. 279—281, oder die von
Peters bearbeitete 5. Auflage des nämlichen Werkes, p. 442—443.
3*+
36 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
slanzes finden. Dieser Winkel, um welchen man drehen muß, um auf den
nämlichen Farbenzustand zu stoßen, ändert sich natürlich mit der Sonnen-
stellung, und man muß nun auf diese letztere oder, anders ausgedrückt,
auf die Zeit schließen, aus dem Winkel, welcher erforderlich ist,
um eine bestimmte Farbennuance zu erhalten. Die Teilung des am In-
strument befindlichen Teilkreises ist direkt in Uhrzeiten angegeben. Es
ist selbstverständlich, daß man keine allzugroße Genauigkeit von einem
derartigen Instrument erwarten darf. Nun hat sich allerdings heraus-
gestellt, daß auch bei wolkenlosem Himmel die Polarisationsgröße für
einen und denselben Punkt auch bei dem nämlichen Sonnenstande keines-
wegs zu allen Zeiten dieselbe ist, und davon muß natürlich auch die Sättigung
der Farben des Gipsblättchens sehr abhängig sein. Aber ganz abgesehen
davon gibt es noch ein anderes Moment, welches sehr störend für die
Benutzung eines derartigen Instruments ins Gewicht fällt, worauf auch
schon Arago hinwies. Das Zusammenfallen der Polarisationsebene irgend-
eines Himmelspunktes mit der durch Sonne, Auge des Beobachters und
anvisierten Punkt gelegten Ebene eilt nur — und auch da, wie wir
später sehen werden, nur angenähert — für einen völlig wolkenlosen
Himmel und dürfte beispielsweise für den Zenitpunkt um so weniger
gelten, je mehr die Bewölkung auf der einen Seite des Sonnenvertikals die
auf der anderen überwiegt. Wie eminente Verschiebungen der Polarisa-
tionsebene durch Bewölkung tatsächlich eintreten können, haben Chr. Jensens
Beobachtungen zur Genüge dargetan. So würde jedenfalls in unserem
veränderlichen Klima die Polaruhr selten benutzt werden können; aber
immerhin bleibt sie ein originelles, instruktives, der Erörterung würdiges
Demonstrationsinstrument, und es sei darauf hingewiesen, daß dieselbe
noch heute von der bekannten optischen Firma Steeg & Reuter in Hom-
burg vor der Höhe, mit dem empfindlichen, hernach zu beschreibenden
Savartschen Polariskop an Stelle der Kombination „Gipsblättehen und
Nicol“ versehen, in den Handel gebracht wird.
Daß nun auch bei völlig wolkenlosem, heiterem Himmel die
Polarisationsebene keineswegs immer mit der durch Visierlinie und Sonne
gelegten Ebene zusammenfällt, weiß man nicht nur seit der gleich zu
besprechenden, relativ frühzeitigen Entdeckung von Punkten am Himmel,
welche neutrales Licht aussenden, und welche man daher auch neutrale
Punkte genannt hat, sondern das ist noch in viel allgemeinerer Weise
seit den siebziger Jahren durch Untersuchungen dargetan worden,
welche sich an die Namen Becquerel, Bosanquet, Busch und Hurion
knüpfen. Fassen wir zunächst Punkte des Himmelsgewölbes ins Auge,
welche im Sonnenvertikal liegen, und sehen wir einstweilen von den
soeben angedeuteten Abweichungen, die übrigens auch gerade für Punkte
des Sonnenvertikals außerordentlich wenig in Betracht kommen, ab, so
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 37
hätten wir uns nach der im Anfang dieses Abschnittes gemachten Vor-
aussetzung vorzustellen, daß die Schwingungsrichtung des von diesen
Punkten zu uns gelangenden Lichtes senkrecht zum Sonnenvertikal, das
heißt parallel zum Horizont, erfolgt, und wir sprechen von einer
positiven Polarisation. Man kann sich sehr leicht davon überzeugen,
daß dies tatsächlich für die meisten Punkte des Sonnenvertikals der Fall
ist, und ebenso kann man, wenn das auch jedenfalls teilweise schwieriger
ist, mit einem einfachen Instrumentchen feststellen, daß es, wie bereits
im einleitenden Vortrage bemerkt wurde, bemerkenswerte Ausnahmen gibt,
indem jenseits der in jenem Vertikalkreis liegenden, sogenannten neutralen
Punkte die Polarisationsebene senkrecht zu der des Sonnenvertikals
liegt, so daß wir uns also die Schwingungen der von dort zu uns ge-
langenden Strahlen als in der Ebene des Sonnenvertikals vor sich gehend
zu denken haben. und demgemäß von einer negativen Polarisation
Fig. Tb.
sprechen müssen. Das Instrumentchen, an das wir hier denken, ist das
Savartsche Polariskop'), welches bei der Erforschung der atmo-
sphärischen Polarisationsverhältnisse ganz besonders große Dienste geleistet
hat und, wie wir hoffen, auch gerade in absehbarer Zeit zur Erweiterung
unserer diesbezüglichen Kenntnisse beitragen wird. Der wesentlichste
Bestandteil des auf dem Prinzip der chromatischen Polarisation beruhenden
Polariskops ist die Savartsche Platte; letztere besteht aus zwei Quarz-
platten, welche unter einem Winkel von 45 Grad gegen die optische Achse
herausgeschliffen und so übereinander gelegt sind, daß ihre Hauptschnitte
senkrecht zueinander stehen. Als Analysator dient ein Nieolsches Prisma oder
Fig. 7a.
!) Siehe „Polariskop von Savart“, Poggend. Ann., Bd. 49 (1840), p. 292; das
Polariskop wird hier in einer Anmerkung zu einem Referat über die mittels desselben
von Baudrimont zu Paris (s. auch ©. R., vol. 9, p. 573—574) beobachtete Polarisation
des Nordlichtes vom 22. Oktober 1839 erwähnt. Wir erfahren hier aber (s. auch Ü. R.,
. vol. 9, p. 574—575), daß Arago, der gleichzeitig: beobachtete, der Beobachtung keinen Wert
beimaß, weil gleichzeitig Mondschein herrschte, indem höchstens genaue Bestimmungen
bezüglich des Sinns und der Größe der Polarisation darüber hätten entscheiden können,
ob und wieweit das Nordlicht selbst das Polarisationsphänomen bedingte.
38 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
eine Turmalinplatte. Gelangen nun in das Polariskop Strahlen, welche auch
nur die geringste Beimengung von polarisiertem Licht haben, so tritt im Ge-
sichtsfelde außer einem bezw. zwei schwarzen Streifen in der Mitte zu beiden
Seiten der letzteren eine Reihe farbiger Streifen auf — Fig. Taundb —.
Diese Streifen sind besonders deutlich, wenn die Polarisationsebene des
Analysators mit den Hauptschnitten der Quarzplatten einen Winkel von
45° bildet, und wenn die Richtung der Streifen mit der Polarisations-
ebene des einfallenden Lichtes parallel läuft, oder aber senkrecht dazu
steht. Wenn im ersteren Fall die Mitte des Gesichtsfeldes einen
dunklen Streifen aufweist, so zeigt sich im letzteren ein heller (auf jeder
Seite davon ein dunkler), wobei noch zu bemerken ist, daß die früheren
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|
ie. 8.
Farben in ihre Komplementärfarben verwandelt sind. Nach einer Drehung
des Polariskops um 45° liegt in der Mitte des Gesichtsfeldes ein heller
Querstreifen ohne Fransen, und an der einen Seite durchsetzt ein dunkler,
an der andern ein heller Streifen die Mitte des Gesichtsfeldes — Fig. 8 —;
die durch diese Drehung um 45° gegen die in der größten Intensität
erscheinenden Streifen verdrehten Fransen bilden demnach mit der
Polarisationsebene des betrachteten Punktes einen Winkel von 45°. Wie
diese mit großer Schärfe aufzufindende Stellung des Polariskops in neuerer
Zeit zu einer wertvollen Bereicherung unserer Kenntnisse über die
Polarisationsverhältnisse diente, werden wir später sehen. Über die Theorie
des Savartschen Polariskops siehe auch Mascarts Traite d’Optique, vol. 2
(1891), p. 132—133.
Blickt man nun durch das entsprechend eingestellte Polariskop nach
dem Zenit und bringt es in eine solche Lage, daß die Fransen in ihrer
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 39
erößten Intensität erscheinen, wenn sie dem Sonnenvertikal parallel
laufen, und wenn gleichzeitig in der Mitte des Gesichtsfeldes ein dunkler
Streifen liegt, so würde sich die negative Polarisation jenseits eines der
bekannten, im Sonnenvertikal liegenden neutralen Punkte dadurch zu er-
kennen geben, daß ein heller Streifen an die Stelle des dunklen tritt.
Zwischen diesen negativen und den positiven Fransen sieht man eine
Zone, wo keine Streifen erscheinen — Fig.9 —. Das Verdienst, zuerst
einen solchen neutralen Punkt entdeckt zu haben, gebührt Arago.')
Er benutzte bei seinen Untersuchungen ein von ihm selber konstruiertes
I)
u ? A 59
BE
RN)
Kruzond
Fig. 9.
Polarimeter, dessen einer Bestandteil ein für diesen Zweck erdachtes, sehr
empfindliches Polariskop war, und zwar fand er, daß, wenn er bei tief-
stehender Sonne im Sonnenvertikal von dem um ca. 90° von der Sonne
entfernten Punkte maximaler Polarisation sich mit seinem Instrument
weiter von der Sonne fortbewegte, die Polarisation schwächer und
schwächer wurde, bis an einer bestimmten, gegen 20° überm Gegenpunkt
der Sonne liegenden Stelle, die eben nach ihm den Namen „Aragoscheı
Punkt“ erhalten hat, keine Spur von Polarisation zu entdecken war;
einge er über diesen Punkt hinaus, so trat die Polarisation wieder auf,
jedoch derart, daß auf eine Polarisationsebene geschlossen werden mußte,
welche senkrecht zu jener stand, die für die auf der anderen Seite des
) Siehe die erwähnten „(Euvres“, t. 7, p. 394 und 39.
40 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
neutralen Punktes liegenden Himmelsstellen galt. Über die Beziehung
der Lage desselben zur Lage der zum Horizont hinabsinkenden Sonne
beziehungsweise des sich entsprechend verändernden antisolaren Punktes
hat er einige, aber offenbar nur wenige, — so am 18. April 1815’) —
Beobachtungen angestellt. Es war ihm aber wohl bekannt, daß der Ort
für diesen Punkt nicht nur durch den Stand der Sonne, sondern auch
durch den Zustand der Atmosphäre bedingt ist, und daß beispielsweise
die Gegenwart einiger Wolken hinreicht, um die Lage desselben beträchtlich
zu verschieben. Über diese Dinge sprach er sich im Jahre 1834 vor der
französischen Akademie der Wissenschaften aus, da er es für nötig hielt,
weil Chevalier und Airy?), welche in den Sitzungen der Philosophical
Society von Cambridge am 3. beziehungsweise 17. März des nämlichen
Jahres über ihre diesbezüglichen Untersuchungen berichteten, verschiedene
von ihm festgelegte Tatsachen auf dem Gebiete der atmosphärischen
Polarisation nicht anerkennen wollten?), indem sie vor allem eine recht-
winklig zur Sonnenebene stehende Polarisationsebene nicht hatten auf-
finden können. Bei dieser Gelegenheit sprach er sich auch — was hernach
vielfach in Vergessenheit übergegangen zu sein scheint, worauf aber
später schon von Zantedeschi aufmerksam gemacht worden ist —, wenn
auch nur ganz kurz, dahin aus, daß die Umkehr der Polarisationsrichtung
im neutralen Punkte durch vielfache Reflexionen des Lichtes an der Luft
bedingt werde („Le renversement de la polarisation parait dependre
des reflexions multiples de la lumiere par l’air“). Und wenn man wohl
auch im allgemeinen kurzen, gelegentlichen Bemerkungen nicht gar zu
großes Gewicht beimessen darf, so kann man doch nicht umhin, zuzugeben,
daß er beim Versuch, die Entstehung der Polarisation zu erklären, bereits
an Reflexionen in einem ganz anderen als dem bis dahin gebräuchlichen
Sinne gedacht hat. Das geht unzweideutig aus einer Stelle seiner
Schriften hervor‘), wo er sich dahin äußert, daß die Reflexion, welche
uns unter einem Winkel von 90° eegen die direkten Strahlen das Sonnen-
licht ins Auge bringt, sich an den Molekeln und nicht an den Luft-
schichten vollzogen hat, und daß, da wir über die Dichtigkeit der Mole-
keln nichts wüßten, das Phänomen der atmosphärischen Polarisation
') Siehe die „(Euvres“, t. 10, p. 552.
?) Über Airy sowie auch über Chevalier siehe „L’Institut“, Nr. 50, p. 137.
») Siehe die „(Euvres“, t. 7 (dasselbe wie der 4. Band der Notices Scientifiques),
p: 435 und 436; ferner (auch über Uhevalier u. Airy) Poggend. Ann., Bd. 32 (1834),
p. 125—128.
*) Chr. Jensen machte in seiner Dissertation „Beiträge zur Photometrie des Himmels“,
Kiel 1899, p. 4, Anmerkung, auf eine jedenfalls scheinbare Inkonsequenz in den Äußerungen
Aragos über die Ursache der atmosphärischen Polarisation aufmerksam; diese Meinung
scheint sich aber nach Einsicht in seine Schriften nicht halten zu lassen. Übrigens
sind die dort angegebenen Seitenzahlen von Bd. 7 (335 und 360) falsch.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 4]
‚keineswegs mit denjenigen Phänomenen verknüpft ist, welche die durch-
sichtigen Spiegel darbieten, und einen ganz besonderen Charakter trägt.
Dies ist wohl zu beachten, und es ist bedauerlich, daß seine Ansicht so
in Vergessenheit geraten konnte. Der Grund dafür mag wohl darin zu
suchen sein, daß sich diese Ansicht, wie so viele andere, ganz zerstreut
in seinem umfangreichen Werke findet. Erst einer späteren Zeit war
es vorbehalten, auf der Grundlage des Experiments zu ganz analogen
Ansichten und auf dieser Basis zu einer exakt mathematisch formulierten
Theorie der atmosphärischen Polarisation im allgemeinen und der neutralen
Punkte im besonderen zu gelangen. Vielleicht sind dabei die gewöhnliche
Reflexion und Brechung, die, wie wir in einem besonderen Kapitel zeigen
werden, gerade das Phänomen der neutralen Punkte etwas modifizieren
dürften, nicht ganz zu ihrem Recht gekommen.
Bevor wir nun Arago verlassen, sei noch kurz erwähnt, daß von
ihm auch die Polarisation des Sonnenringes studiert wurde, und dab er
konstatierte, daß auch die vom Mond erleuchtete Atmosphäre Strahlen
aussende, deren Polarisation stark genug sei, um in einem genügend
eroßen Abstand vom Gestirn beobachtet zu werden. Auch sei noch er-
wähnt, daß er darauf aufmerksam machte, daß man bei Nebel mittels
des Polariskops feststellen könne, ob der Himmel darüber blau sei,
oder nicht.
Wenn wir uns vielleicht relativ lange mit Arago') beschäftigt haben,
so geschah das absichtlich, und zwar zum Teil, um vor allem der Be-
deutung des Entdeckers der atmosphärischen Polarisation gerecht zu
werden, zum Teil auch in der Erwägung, daß gerade jetzt ein Säkulum
seit der Aragoschen Entdeckung verflossen ist.
Nachdem Arago die fundamentalsten Tatsachen aufgedeckt hatte, trat
bis etwa geeen Ende der dreißiger Jahre des verflossenen Jahrhunderts ein
Stillstand in der weiteren Forschung ein. Wohl beschäftigte sich eine
Anzahl von Physikern, angeregt durch die Aragoschen Entdeckungen,
mit dem Problem, aber es wurden keine neuen Tatsachen von größerer
Bedeutung zutage gefördert. Man richtete vor allem sein Augen-
merk auf die Bestimmung der Lage der Punkte mit maximaler Polari-
sation und der des Aragoschen Punktes. Vor allem seien hier Airy,
Chevalier, Herschel?), Quetelet. Delezenne, Seebeck und auch Goethe?)
eenannt. Airy und Chevalier erwähnten wir bereits bei Arago. @uetelet
') „Aragos sämtliche Werke“ sind in deutscher Sprache herausgegeben worden
von W.C. Hankel (Leipzig 1860).
2) Siehe John Herschel, Trait& de la lumiere, traduit par Werhulst et Quetelet
(deutsch von E. Schmidt 1831).
?) Siehe Goethes sämtliche Werke, herausgegeben von Karl Goedeke, Bd. 10, p. 194
u. ff., Die entoptischen Farben (vor allem p. 203 u. 204).
42 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
aus Brüssel!) und Delezenne aus Lille?) sollen im Jahre 1825 die
Polarisation des Himmelslichtes gefunden haben, ohne etwas von der
Aragoschen Entdeckung zu ahnen. Delezenne stellte auch Unter-
suchungen über die durch das Mondlicht hervorgebrachte Polarisation an,
deren Resultate er später veröffentlichte. Herschel erging sich vor allem
in Spekulationen über die Ursache des Phänomens und hat zweifelsohne
das Verdienst, zuerst mit besonderer Deutlichkeit auf die große Wichtig-
keit des Studiums der atmosphärischen Polarisation für die gesamte
Meteorologie und speziell natürlich für die meteorologische Optik hin-
gewiesen zu haben. Mit Seebeck zusammen, der bekannt genug ist
durch seine Entdeckung der farbigen Polarisationserscheinungen an ge-
kühlten Gläsern?), stellte Goethe zahlreiche optische Experimente an. Von
besonderem Interesse erschien uns der schon erwähnte Goethesche Versuch
mit gekühlten Gläsern, von denen das vom blauen Himmel stammende
Licht ins Auge des Beobachters reflektiert wird, zu sein.
Interessant ist es, daß Biot bereits am 11. März 1811 dem „Fran-
zösıschen Institut“ seine dahingehende Entdeckung mitgeteilt haben soll,
daß das Licht, woraus die beiden Hauptbogen des Regenbogens be-
stünden, vollständig polarisiert sei in Ebenen, welche durch ihren
gemeinsamen Mittelpunkt gingen. Dieselbe wurde einige Tage später im
Moniteur veröffentlicht. Erst später machte Brewster, mit dem wir uns
noch näher zu beschäftigen haben werden, unabhängig davon die näm-
liche Entdeckung. Übrigens hatte Biot bereits im Jahre 1812, ohne etwas
von Aragos Entdeckung zu wissen, die Beobachtung gemacht, daß das
vom blauen Himmel stammende Licht polarisiert sei, und er veröffent-
lichte seine Ergebnisse im darauffolgenden Jahre®).
Im Jahre 1837 veröffentlichte ein junger Deutscher namens Klöden (der
bekannte Geograph) eine beachtenswerte Dissertationsschrift „De luce aere
polarisata“, welche leider hernach völlig in Vergessenheit geraten ist, bis
Busch dieselbe fand und ihren bedeutenden Wert erkannte’). Abgesehen von
einem Bericht über das bis dahin auf diesem Gebiet Geleistete enthält diese
Arbeit sehr bemerkenswerte Resultate über die Wanderung des Arago-
') Siehe ÜUorrespondance Math&matique et Physique, Gand 1825, vol. 1, p. 275.
2) Werhulst et Quetelet (deutsch von E. Schmidt, 1831), Recueil des Travaux de
la Societe de Lille, 1825. Über Quetelet, Chevalier und Airy siehe auch Kämtz, Lehrb.
d. Meteorologie, Bd. 3.
°) Siehe darüber Schweiggers Journal, vol. 7, p. 290—382; siehe ferner Herschel,
Vom Licht (deutsch von E. Schmidt, 1831), p. 616—633. Übrigens hatte Brewster fast
zu gleicher Zeit und unabhängig von Seebeck diese Erscheinungen entdeckt, weswegen
er auch die Hälfte des französischen Preises erhielt.
4) Treatise on New Philosophical Instruments, Edinburgh, March 1813, p. 349.
>) Die Klödensche Arbeit wird auch nicht in der sonst sehr guten Literaturübersicht
des ausgezeichneten Rubensonschen Werkes über die atmosphärische Polarisation erwähnt.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 43
schen Punktes, und zwar gibt Klöden sein Hauptresultat in folgenden
Worten: „Pariter cum sole oceidente indigentiae punetum aperte scandit,
sed recedere incipit, si sol aliquot tantum gradibus ab horizonte distat,
donee contigit quosdam gradus infra eum, quo facto denuo ascendit.”
Rechnet man die von Klöden angegebenen Höhen des neutralen Punktes
in Abstände vom Gegenpunkt der Sonne um, so ergibt sich das erst
nahezu fünfzig Jahre später von Busch aufgestellte Gesetz bezüglich der
Wanderung dieses Punktes. Und gerade im Hinblick auf die gegen-
wärtig in Diskussion stehenden Fragen hinsichtlich der Beziehungen der
atmosphärischen Polarisation zu Vorgängen auf der Sonne ist es von
sroßem Werte, aus weiter zurückliegender Zeit ein so umfangreiches
Material zu besitzen, wie es das Klödensche Buch liefert. Wir kommen
an anderer Stelle auf Klöden zurück.
Bald darauf, im Jahre 1840, wurde von Babinet') eine Entdeckung
von weittragender Bedeutung gemacht. Als nämlich Babinet eines Abends
die Höhenänderungen des Aragoschen Punktes mit dem Savartschen
Polariskop studieren wollte, wurde er durch eine eigentümliche Beob-
achtung im Sonnenvertikal, in der Nähe des Sonnenortes, von seiner Auf-
gabe abgelenkt. Brachte er das Savartsche Polariskop in eine solche
Lage, daß die Polarisationsfransen in ihrer größten Intensität in der
Richtung des Sonnenvertikals verliefen, so wurden dieselben bei An-
näherung an die Sonne vom Zenit aus schwächer und schwächer und
verschwanden in einem gewissen Abstand von der Sonne gänzlich. Ging
er über denselben hinaus, so traten sie in den komplementären
Farben wieder auf. Richtete er nun das Instrument auf die erwähnte
Stelle, so mochte er es drehen, wie er wollte, die Fransen blieben
unterbrochen. So konnte es für Babinet keinem Zweifel unterliegen,
daß er es mit einem neuen neutralen Punkt zu tun hatte, und er
wandte sich mit Eifer an die Weiterverfolgung seiner Entdeckung.
Noch im nämlichen Jahre konnte er die Tatsache veröffentlichen,
daß ein solcher, wie der Aragosche Punkt bei niedrigem Sonnenstande
zu beobachtender Punkt sowohl im Westen bei sinkender Sonne vor-
handen sei, als auch im Osten, wenn sich die Sonne um nur wenige
Grade über den Horizont erhoben habe?) In einer ferneren Notiz”)
') Babinet, Sur un nouveau point neutre dans l’atmosphere, C.R., vol. 11 (1840),
p. 618—62%0.
2) C.R.,t. 11 (1840), p. 615—620. Hier erwähnt Babinet Polarisationsbeobachtungen,
welche Gu6rard in den Pyrenäen angestellt haben soll. Wir haben leider nichts über
die diesbezüglichen Veröffentlichungen feststellen können.
3) Babinet, Sur la variation de hauteur des deux points neutres, Ü. R., t. 15 (1842),
p. 43—44. Hier teilt er mit, daß Aragos und seine eigenen Beobachtungen bestätigt
seien durch Forbes, Edimbourg und Silbermann, der ihn bei seinen Beobachtungen unter-
stützt habe. Weiteres darüber haben wir nicht auftreiben können.
Friedr. Busch und Chr. Jensen.
4
teilte er mit, dab der Aragosche Punkt nach Sonnenuntergang beträchtlich
steiet, während Babinets Punkt erheblich sinkt. Die hier erwähnte
Bewegung des Babinetschen Punktes erscheint von besonderem Interesse
mit Rücksicht auf die Resultate, welche in neuerer Zeit Busch aus seiner
jahrelang durchgeführten Verfolgung beider Punkte gewann, und mit
Rücksicht auf die Fragen, welche uns momentan in besonderem Maße
beschäftigen und die Veranlassung zu Jensens Vortrag und zu unserer hier
vorliegenden Schrift geworden sind.
Als Brewster von der Entdeckung des Babinetschen Punktes erfahren
hatte, machte auch er sich daran, — im April 1841 — den Gegenstand
weiter zu verfolgen, und er beschäftigte sich mehrere Jahre hindurch
sehr eingehend mit demselben'). So machte er eine Menge von Messungen
iiber die Lage der bereits bekannten neutralen Punkte, über ihre Ortsver-
änderung bei verschiedenen Witterungszuständen und verschiedenen Durch-
sichtigkeitsgraden der Luft. Auch verband er damit Untersuchungen über die
(Größe der maximalen Polarisation. Theoretische Betrachtungen führten ihn
zur Annahme eines dritten neutralen Punktes, zwischen Sonne und Horizont.
Er argumentierte etwa folgendermaßen: Da sowohl über dem Aragoschen,
als auch über dem Babinetschen Punkt positive und unter beiden Punkten
negative Polarisation vorhanden sei, so sei es klar, daß beide neutrale
Punkte zustande kämen durch eine Kompensation, in welcher negativ
polarisiertes Licht positiv polarisiertes neutralisiere. Ob man nun an-
nähme, daß in den genannten Fällen das negativ polarisierte Licht ent-
standen sei durch Reflexion in einer senkrecht zur Ebene „Sonne, neu-
traler Punkt, Auge“ stehenden Ebene, oder ob man lieber der Anschauung
') Extrait d’une lettre de M. Brewster sur la polarisation atmospherique; et Note de
M. Babinet sur le m&me sujet. ©. R. 20 (1845), p. 801—804. — On the Polarization of
the Atmosphere. By Sir David Brewster, Phil. Mag., 3. Ser., vol. 31 (1847), p. 444—454. —
Observations on.the Polarization of the Atmosphere, made at St. Andrews in 1841, 1842,
1543, 1844 and 1845. By Sir David Brewster, Phil. Mag., 4 Ser., vol. 30 (1865), p. 118—129
und 161—181. — Additional Observations on the Polarization of the Atmosphere, made
at St. Andrews in 1841, 1842, 1843, 1844 and 1845. By Sir David Brewster, Phil. Mag.,
+. Ser., vol. 33 (1867), p. 290-304, 346—360 and 455—465. — Siehe auch Transactions
of the Royal Soc. of Edinb., vol. 23, p. 211—239, und Brewsters Treatise on Opties. —
D. Brewster, Observations sur les points neutres de l’atınosphere decouverts par M. Arago
et par M. Babinet, C©.R. 30 (1850), p. 533—536 (nach den F. d. Phys. 6—7, p. 476, auch
veröffentlicht in den Arch. d. sc. phys. et nat., vol. 14, p. 146). Nach den F. d. Phys. 6—7
(1850—51) veröffentlichte Brewster seine Polarisationsbeobachtungen auch in Sill. J. (2),
vol. 10, p. 400, Rep. of the Brit. Assoc. 1850, vol.2, p. 6, in Athen. 1850, p. 905, und im Inst.,
No. 883, p. 391. — Im Jahre 1855 erschienen zum erstenmal, im physikalischen Atlas von
Berghaus und Johnstone, die Karten mit den Linien gleicher Polarisation (außerdem
wurden dieselben im Phil. Mag., 4. Ser., vol. 30, abgedruckt). Siehe über Brewsters Arbeiten
auch F. d. Phys. 3 (1847), p. 159—160; 19 (1863), p. 520; 23 (1867), p.535—536, und Berl.
3er. 1845, p. 189; 1846, p. 187; 1847, p. 159; 1850-51, p. 478 (angegeb. in F. d. Phys.
19, P: 520):
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. rn
[9]
huldige, daß die negative Polarisation durch Brechung innerhalb der durch
die drei Punkte gehenden Ebene entstanden sei, so sei es, meinte er,
jedenfalls klar, daß die nämlichen Ursachen einen neutralen Punkt unter-
halb der Sonne schaffen müßten. So stellte er eine Unmenge von Be-
obachtungen an und ließ sich durch das Mißlingen in keiner Weise ent-
mutigen. War schon das Auffinden des in der Sonnennähe liegenden
Babinetschen Punktes schwieriger als das des Aragoschen, so wußte er
auch, daß die Flut des Sonnenlichtes die Beobachtung in noch größerer
Nähe des Horizontes noch mehr erschweren müsse, und erklärte sich aus
solchen Überlegungen heraus die übermäßig schwachen Polarisations-
anzeichen unterhalb der Sonne. Wie es ihm nun nach unendlicher Mühe
eines Tages gelungen war, jedenfalls mit Sicherheit negative Fransen
zwischen Sonne und Horizont zu finden, zweifelte er nicht mehr daran, dab
es ihm auch noch gelingen werde, jene Stelle zu finden, wo die positive in
die negative Polarisation überginge. Endlieh — es war am 28. Februar 1842
— gelang ihm die Auffindung des nach ihm benannten neutralen Punktes,
indem er das Sonnenlicht abblendete und dafür sorgte, dab nur von jener
Himmelsstelle Licht ins Auge gelangte, wo er den neutralen Punkt ungefähr
vermutete ; derselbe lag bei einer Sonnenhöhe von 22° fünfzehn bis sechzehn
Grad unterhalb der Sonne. Erst im Jahre 1845 teilte er Babinet seine Ent-
deckung mit. Dieser ging alsbald an Bestätigungsversuche heran, jedoch
machte er erst am 23. Juli des darauffolgenden ‚Jahres eine diesbezüg-
liche, deutliche Beobachtung‘). Daß dieser Punkt in der Tat meist
schwierig aufzufinden ist, dürfte zur Genüge daraus hervorgehen, dab
es verschiedenen späteren, mit den besten Instrumenten bewaffneten
Beobachtern niemals gelungen ist, denselben zu finden. Bei besonders
eroßer Klarheit der Luft konnte allerdings Busch denselben in Arnsberg
in Westfalen sehr oft auffinden und seine Lage bestimmen ; in der besonders
stark durch Dunst beeinflußten näheren Umgebung Hamburgs dagegen gelang
die Auffindung desselben Jensen bislang noch nie, wobei allerdings zu
berücksichtigen ist, daß Jensen mit der regelrechten Verfolgung der neu-
tralen Punkte erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit begonnen hat. Da-
gegen ist allerdings ganz besonders darauf aufmerksam zu machen, dab
auch Chase denselben bei Philadelphia außerordentlich oft hat beobachten
können, ja daß dort der Punkt häufig genug so klar in die Erscheinung
trat, daß Chase denselben nicht nur erkennen, sondern mittels eines
Savartschen Polariskops deutlich die Streifenumkehr zu beiden Seiten
beobachten und eine sichere Lagenbestimmung des Punktes vornehmen
konnte. Er weist in mehreren Artikeln?) mit besonderem Nachdruck
!) Babinet, Note sur l’observation du point neutre de M. Brewster, le 23. Juillet
1846 & cing heures du soir, C. R., t. 23, p. 233— 235.
2) Chase, Observations on Skylight at Philadelphia, Phil. Mag., 4. Ser., vol. 32
46 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
darauf hin und regt dazu an, den Grund dafür zu suchen, warum die
europäischen Forscher so große Schwierigkeiten bei der Auffindung dieses
Punktes haben‘). Höchst bedauerlich ist es, daß Chase die für die Lage
des Punktes gewonnenen Daten nirgends — soweit wir bislang haben
konstatieren können, jedenfalls nieht im Philosophical Magazine und in
den Proceedings of the American Philosophical Society — veröffentlicht
zu haben scheint”). Allerdings sind seine Veröffentlichungen auch so von
Interesse, und wir möchten vor allem auf seine Vergleichungen der Sicht-
barkeit aller drei Punkte hingewiesen haben. In einem besonderen
Abschnitt über die neutralen Punkte werden wir etwas näher auf seine
diesbezüglichen Beobachtungen eingehen müssen.
Die genaueren ziffernmäßigen Feststellungen Brewsters hinsichtlich
dieses Punktes bei normalen oder anormalen Witterungsverhältnissen
müssen wir an dieser Stelle übergehen. Das nämliche gilt bezüglich seiner
Beobachtungen über die beiden anderen neutralen Punkte. Dagegen wollen
wir einige Augenblicke verweilen bei der Betrachtung eines sekundären
neutralen Punktes in der Nähe des Aragoschen Punktes, welchen Brewster
im Jahre 18541 bei einem besonderen Zustand der Atmosphäre im Sonnen-
vertikal beobachtete. Das Phänomen dürfte nämlich von besonderem
Interesse sein hinsichtlich der Versuche, das Zustandekommen der neutralen
Punkte an sich zu verstehen. Brewster berichtete darüber folgendermaßen:
„Der Aragosche Punkt erschien nicht zuerst im Horizont, sondern etwa
14° darüber, indem die Kompensation dort bewirkt wurde, wo die
positive Polarisation schwächer als im Horizont war. Als dies stattfand,
hatten wir das sonderbare Phänomen eines neutralen Punktes mit positiver
Polarisation zu beiden Seiten. Im weiteren Verlaufe nahm dann die
normale negative Polarisation des Horizontes zu, so daß die abnorme
positive Polarisation mehr und mehr verschwand, vom neutralen Punkte
nach abwärts fortschreitend. Hierdurch entstand die auffällige Erscheinung
von zwei neutralen Punkten, einem oberen, primären und einem wenige
(Grade darunter befindlichen, sekundären, zwischen denen die Polarisation
(1866), p. 79—80; siehe auch Proceedings of the American Philos. Society, vol. 10 (1866),
January 5; Uhase, On the Comparative Visibility of Aragos, Babinets and Brewsters
neutral Points, Phil. Mag., 4. Ser., vol. 32, p. 156—157; siehe auch Proceedings of the
American Philos. Society, vol. 10, February; Chase, On Brewsters neutral Point,
Phil. Mag., 4. Ser., vol. 34 (1867), p. 325; siehe auch Sill. Amer. Journ. for July 1867.
') Es erscheint nicht ausgeschlossen, dab manche europäische Beobachter jeden-
falls zum Teil deswegen schlechtere Resultate erhielten als Chase, weil sie nicht so gut
für Abblendung des störenden Nebenlichtes sorgten.
?) Herr Professor Kimball in Washington war so freundlich, sich mit dem Sekretär
der American Philosophical Society in Philadelphia in Verbindung zu setzen, um even-
tuell die Möglichkeit zu gewinnen, uns in den Besitz der Originaldaten von Chase zu
bringen; aber leider hatten diese äußerst dankenswerten Bemühungen keinen Erfolg.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 47
negativ war.“ Brewster gibt an, daß dies, durch nebenstehende, dem
Philosophical Magazine entnommene Figuren 10a und 10b wiedergegebene
Phänomen am besten gesehen wurde am Seehorizont, welcher mit einem
dunklen, wenige Grade hohen Streifen gezeichnet war, der auf entfernten
Nebel schließen ließ. Er hat diesen sekundären neutralen Punkt mehr
als zwanzigemal beobachten können, jedoch, wie er angibt, gewöhnlich
in etwas verschiedener Form, je nach der Intensität der neuen polari-
sierenden Ursache und je nach der Lage der am Horizont befindlichen
Stelle, wo der neutrale Punkt sich erhob. Nach seiner Meinung mußte
nun auch der Babinetsche Punkt bei einem gewissen Zustand des nahe am
Horizont gelegenen Himmels von einem solchen Trabanten begleitet sein,
jedoch ist es ihm nie gelungen, einen solehen aufzufinden').
Im Gegensatz zu Babinet, welcher für das Zustandekommen der
EH
Ss
Ss=
+
ee
FE =|
Fr —J
u
uk —
Sa
Fig. 10b.
atmosphärischen Polarisationserscheinungen nur mit Reflexionsvorgängen
rechnete, vertrat Brewster entschieden die Meinung, daß auch das durch
Brechung polarisierte Licht eine große Rolle spiele. Babinet dachte sich
beispielsweise die Entstehung des Brewsterschen Punktes so, daß die
positive Polarisation an jener Stelle verursacht werde durch direkte
Sonnenstrahlunge und die negative durch gleichzeitige Erleuchtung der-
selben von seiten der übrigen, von der Sonne bestrahlten Atmosphäre,
indem die positive Polarisation, die bei so großer Sonnennähe nur gering
sej, genügend kompensiert werden könne durch die negative Polarisation,
während in noch größerer Sonnennähe die negative und in größerer Ent-
fernung vom Gestirn die positive Polarisation überwiegen müsse. Es sollte
dann diese Auffassungsweise, mit Anwendung geringer Modifikationen,
auch auf die übrigen neutralen Punkte anwendbar sein. Dagegen meinte
nun Brewster, daß einmal eine solche sekundäre Reflexion überhaupt nicht
erwiesen sei, und daß dieselbe, wenn man sie auch annehmen wolle,
') Phil. Mag., 4. Ser., vol. 30 (1865), p. 166.
48 - Friedr. Busch und Chr. Jensen.
jedenfalls am Schluß der Dämmerung äußerst schwach sein müsse, um
schließlich ganz zu verschwinden, während die direkte Wirkung der
Sonnenstrahlen noch tätig sei'). Offenbar müsse dann, meinte er, das
Erlöschen der sekundären Reflexion sich in einer Rückkehr des Aragoschen
Punktes zum antisolaren Punkt zeigen, das heißt zu derjenigen Stelle,
die er bei allein vorhandener direkter Sonnenstrahlung einnehmen würde,
was mit seinen Erfahrungen nicht übereinstimmte. Ferner war er der
Ansicht, es müsse sich unter Voraussetzung der Richtigkeit der Babinetschen
Hypothese herausstellen, daß Hand in Hand mit einer Änderung der Be-
wölkungsverhältnisse eine Lagenänderung der neutralen Punkte vor sich
eehe, was er aber niemals habe konstatieren können, wenn er bei sonst
mehr oder weniger stark bedecktem Himmel den Aragoschen Punkt an
einer blauen, wolkenlosen Stelle beobachtet habe). So glaubte er, Grund
genug zu haben zur Verwerfung der Babinetschen Hypothese, und stellte
dagegen die Theorie auf, die neutralen Punkte seien hervorgebracht
durch die entgegengesetzte Wirkung zweier Strahlenbündel, von denen
das eine durch Reflexion, das andere durch Brechung polarisiertes Licht
enthalte. In dieser Ansicht hatten ihn auch, wie er selber mitteilt, Be-
obachtungen bestärkt, die er bereits im zweiten Dezennium des Jahr-
hunderts über die Lichtpolarisation bei Glasplattensätzen angestellt hatte,
obeleich es ihm damals noch nicht elückte, Stellen aufzufinden. wo die
senkrecht aufeinander polarisierten Strahlen sich zu neutralem Licht kom-
pensierten?). Später suchte er der Lösung dieser Fragen durch das Ex-
periment noch näher zu kommen, indem er Versuche anstellte mit matt-
geschliffenen Glasplatten und mit einer großen Reihe anderer Körper mit
rauher. Oberfläche — Marmor, Porzellan, Wolle, Seide, Papier, Magnesia
usw. —, die seiner Meinung nach ähnlich auf das Licht wirken mußten
wie die Atmosphäre. Bei diesen Experimenten, die er im Jahre 1863
in einer sehr interessanten und für alle diejenigen, die sich mit unserem
(regenstande eingehender beschäftigen wollen, jedenfalls beachtenswerten
Abhandlung im Philosophical Magazine *) beschrieb, fand er, daß die ge-
nannten Körper nicht nur das auffallende Licht teilweise polarisierten,
sondern auch wirkliche neutrale Punkte hervorriefen, und zwar durch die
Kompensation von Strahlen, welche durch Reflexion und Brechung gleich
!) Phil. Mag., 4. Ser., 30, p. 177—178.
?) Dies erscheint uns sehr überraschend, wenn man nicht jedenfalls annehmen
will, daß die Bewölkung bei allen diesen Beobachtungen besonders gleichmäßig über den
Himmel verteilt war. Es sei hier an die schon von Arago konstatierte Verschiebung (aus
dem Sonnenvertikal) des nämlichen Punktes bei einseitiger Bewölkung erinnert.
®) Phil. Transact. 1814.
4) D. Brewster, On the Polarization of Light by Rough and White Surfaces, Phil.
Mag:., 4. Ser., vol. 25 (1863), p. 344—350: siehe auch Transact. of the Royal Soc. of Edinb.,
vol. 23, p. 205—210.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 49
stark polarisiert waren. Dies Resultat sah Brewster als eine starke
Stütze seiner Theorie an. Hernach werden wir nun sehen, daß die
heutige Wissenschaft sich die atmosphärischen Polarisationserscheinungen
im allgemeinen und das Zustandekommen der neutralen Punkte im besonderen
in völlig anderer Weise erklärt; jedoch dürfte in der Brewsterschen
Auffassungsweise immerhin ein Körnchen Wahrheit enthalten sein, und
wir halten es wohl für wahrscheinlich, daß sie dazu angetan ist, die jetzt
alleemein herrschenden Ansichten etwas zu modifizieren.
Eben erwähnt sei nur, dab Brewster auch einige Beobachtungen
über die durch Wolken und Dünste hervorgerufenen Polarisations-
erscheinungen machte'), und daß er, wie vorher schon Arago und später
Bravais?), die Polarisation des Sonnenringes von 224° untersuchte. Was
die Lage der Punkte mit maximaler Polarisation betrifft, so fand er, daß
der Sonnenabstand zwischen 88 und 92° schwankte. Beachtenswert ist
dabei vor allem, daß wenn die Sonne im Horizont stand, die Polarisation
in einem am Horizont um ca. 90° von der Sonne entfernt liegenden
Punkt geringer war als an dem entsprechenden Punkt im Sonnenvertikal.
Aus den allgemeinen Resultaten, welche Brewster aus seinen Be-
obachtungen im Sonnenvertikal und längs des Horizonts angestellt hatte
— er scheint nur Punkte in den genannten Ebenen auf die Polarisation
hin untersucht zu haben —, glaubte er, die nötigen Mittel gewonnen zu
haben. um angenähert die Verteilung der Polarisationsgröße über das
Himmelsgewölbe bestimmen zu können. Für die Polarisationsgröße hatte
er ein sehr eigenartiges Maß, so daß wir seine Methode mit ein paar
Worten erläutern müssen. Seine Beobachtungen stellte er mit einem in
einem Tubus befindlichen Glasplattensatz an. In diesen Tubus ließ er
das auf seine Polarisation hin zu untersuchende Licht fallen, welches bei
geeigneter Neigung des Plattensatzes depolarisiert wurde. Die De-
polarisation wurde mittels eines am Okularende des Tubus angebrachten
Polariskops durch das Verschwinden der Streifen konstatiert. Nun mußte
natürlich, je nach der Größe der zu messenden Polarisation, bei gleich-
bleibender Plattenzahl dem Plattensatz eine verschiedene Neigung zur
Achse gegeben werden, damit die gewünschte Depolarisation eintrat.
Entsprechend der verschiedenen Neigung, die hierzu erforderlich war,
rückte die zu beobachtende Unterbrechungsstelle an verschiedene, durch
Marken auf einer Geraden genauer zu bestimmende Punkte des kreis-
förmigen Gesichtsfeldes”), so daß umgekehrt aus der Lage der Unter-
) Phil. Mag., 4. Ser., vol. 30, p. 175—176.
?) Bravais, Notice sur les halos suivie d’instructions sur l’observation de ces
phenomenes, nach Rubenson zu finden im Extrait de l’Annuaire meteorologique de la
France, annee 1851, p. 170, und im Institut Nr. 852, p. 140.
®) Phil. Mag., 4. Ser., vol. 30, p. 169—172.
50 Friedr. Busch und Uhr. Jensen.
brechungsstellen auf den erforderlichen Neigungswinkel geschlossen werden
konnte. Nun dreht sich bekanntlich sowohl bei Reflexion, als auch bei
Brechung eines polarisierten Strahls!) die Polarisationsebene, und bei
teilweise polarisiertem Licht ist die Größe der Drehung abhängig von
der Stärke der Polarisation. Brewster stellte daher fest, daß bestimmten
Punkten seiner Skala bestimmte, durch den Drehungsgrad R der Polari-
sationsebene definierte Polarisationsgrade entsprachen, und gewann so
sein Maß R für die Polarisation. In diesem Maße sind seine Zahlen für
die maximale Polarisation?) bezw. für die Polarisationsgeröße überhaupt.
ausgedrückt.
Bei einem anderen, meist nur mit einer Glasplatte versehenen
Instrument, welches er hauptsächlich dann benutzte, wenn es sich um
schwache Polarisationsgrade handelte, war der Neigungswinkel der Platte
in anderer, sehr einfacher Weise zu bestimmen, und der besprochene
Drehungswinkel der Polarisationsebene des einfallenden Lichtes war aus
folgenden Beziehungen zu finden: R= ® — 45° und cot = cos? — 7),
wo i den Einfallswinkel und :’ den Brechungswinkel bedeutet. Wurde
ein aus n Platten bestehender Glasplattensatz angewandt, so war cot ®
— 08” @ — ’). Um nun zu einer empirischen Formel zu gelangen, durch
welche die Linien gleicher Polarisation berechnet werden könnten, faßte
Brewster zunächst den Schnitt des Himmelsgewölbes ins Auge, welcher
durch den Sonnenvertikal gegeben ist, und stellte folgende Formel auf:
R=— 33°. (sin D- sin D\)), wo D und D’ die Abstände des betrachteten
Punktes von dem Aragoschen beziehungsweise Babinetschen Punkte be-
deuten. Dabei ist zu bedenken, daß die Formel für den Fall gelten sollte,
wo die Sonne im Horizont stand, und wo normale Verhältnisse in der
Atmosphäre vorlagen. Bei solchem normalen Zustande lag dann nach
Brewsters Auffassung der Aragosche Punkt 184° überm antisolaren Punkt
und der Babinetsche 184° über der Sonne, und der Brewstersche Punkt
müßte, falls er bei dieser Sonnenstellung zu beobachten wäre, ebenso
viele Grade unter der Sonne liegen. Als normalen Wert für die maximale
Polarisationseröße R im Zenit nahm Brewster 30° an, und die Berechnung
ergibt unter den angegebenen Bedingungen auch diesen Wert; ebenso wird
die Polarisation = 0 für die beiden überm Horizont liegenden neutralen
Punkte. ‚Jedoch ist leicht zu ersehen, daß in dieser Formel nur Rücksicht
genommen wurde auf die Ebene des Sonnenvertikals. Vor allem ist ohne
') Bei der Reflexion eines linear polarisierten Strahls nähert sich die Polarisations-
ebene bei der Drehung der Einfallsebene, bei der Brechung entfernt sie sich von derselben.
?) Leider kann man lange nicht alle von ihm angegebenen Zahlen als Maximal-
zahlen der Polarisation betrachten, da er, wie er selber zugesteht, den Abstand des be-
obachteten Punktes von der Sonne nur feststellte, wenn es ihm bequem war.
») Auf p. 451 vom Phil. Maeg., 3. Ser., vol. 31, steht offenbar versehentlich 30° statt 33°.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 51
weiteres zu ersehen, daß die Berechnung für einen am Horizont um 90°
von der Sonne entfernt liegenden Punkt einen größeren Polarisationswert
ergibt als für das Zenit, was im krassen Gegensatz zu der erst erwähnten
und bei dem heutigen Stande unseres Wissens besser verständlichen, von
Brewster gemachten Erfahrung steht. Daher korrigierte er denn auch
die Formel in folgender Weise:
R = 334° - (sin D - sin D’) — 6° 34° (sin Z- sin A).
Hier bedeutet Z den Zenitabstand und A das vom Sonnenvertikal
aus gerechnete Azimut des in Frage kommenden Punktes, und es ergibt
sich ohne weiteres, daß das Korrektionsglied den aus der ersten Formel
hervorgehenden Wert für die Polarisationsgeröße im Zenit — da Z=0 ist —
Biete: Fig. 11b.
nieht verändert, wogegen der Maximalwert im Horizont um 6 34’ kleiner
wird als nach der ersten Formel. An der Hand dieser Formel konstruierte
Brewster die zuerst 1855, in Johnstons „Physical Atlas” abgedruckten und in
beistehenden Figuren 11a und b wiedergegebenen Karten der Polarisations-
verteilung am Himmelsgewölbe'). Auf diesen sind die über das Himmels-
gewölbe verteilten Linien gleicher Polarisation einmal projiziert auf die
senkrecht zu den Sonnenstrahlen stehende Ebene und zum andern auf
die Horizontalebene. Man ersieht ohne weiteres, daß bei der einen Pro-
jektion Sonne (S), Babinetscher (P) und Brewsterscher (P) und bei der andern
Sonne, Aragoscher (P) und Babinetscher (P) Punkt angegeben sind.
') Mit Rücksicht auf den zur Verfügung stehenden Raum wurde der Maßstab ge-
ändert, indem die Formel auf den Ausdruck „N = 20,5° - (sin D - sin D) — 3,9° - sinZ - sin 4”
gebracht wurde, was aber für das Wesen der Sache völlig belanglos ist. Siehe darüber
Phil. Mag., 3. Ser., vol. 31, p. 452. Diese Karten mit den Linien gleicher Polarisation
wurden auch abgedruckt im Phil. Mag., 4. Ser., vol. 30 (1865), und in den Transactions
of the R. Soc. of Edinburgh, vol. 23.
4*
52 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Im Jahre 1865 veröffentlichte Poey') die Ergebnisse seiner 1862
bis 1864 unter dem tropischen Himmel von Havanna angestellten Be-
obachtungen, die namentlich eine Festlegung der Grenzen der Gebiete
positiver und negativer Polarisation am Himmel sowie ihre Veränderung
mit dem Sonnenstande bezweckten. Es ist sehr merkwürdig, daß der
Beobachter dabei mit Anwendung des Savartschen Polariskops zu einer
anderen Polarisationsverteilung kam als mit Hilfe des Aragoschen.
Bei Anwendung des letzteren will er zur Zeit des Sonnenauf- und
-unterganges zeefunden haben, daß die atmosphärische Polarisation
zwei zueinander rechtwinklige Polarisationsebenen aufweist, „lun vertical
qui passe par l’a@il de l’observateur et le soleil, et l’autre horizontal
qui lui est perpendieulaire“, und daß außer den in der ersten Ebene
liegenden neutralen Punkten von Arago und Babinet auch in der zweiten
zwei neue neutrale Punkte liegen, der eine nördlich, der andere südlich
von der Sonne. Das letztere ist ein offenbarer Irrtum, und es ist seltsam,
daß derselbe von Brewster, der Poeys Arbeit kannte, nicht zurückgewiesen
wurde. Vor und nach Mittag soll dieselbe Verteilung der Polarisation
vorliegen, nur sollen sich jene beiden Ebenen und die neutralen Punkte,
die der Deklination der Sonne folgen, einander nähern und wieder von-
einander entfernen. Steht die Sonne im Zenit, so soll nur eine einzige
Vertikalebene der Polarisation und nur eine einzige Umkehr der Polarisation
vom Osten zum Westen des Meridians vorliegen. Die neutralen Punkte
seien dann mit der Sonne selbst zusammengrefallen, und das Maximum der
Polarisation liege 90° östlich und westlich von der Sonne. Wir müssen
gestehen, daß wir nicht einsehen können, wieso beim Zenitstande der Sonne
die Ost-Westrichtung vor irgendeiner anderen ausgezeichnet sein kann.
Mit Hilfe des Savartschen Polariskops fand Poey, daß jene beiden
Vertikalebenen bei dem Horizontstande der Sonne zueinander geneigt
seien, „indem sie die geometrische Figur von zwei Kegeln, einem im
Westen und einem im Osten, bilden, deren Spitzen im Zenit zusammen-
stoßen, und deren Grundflächen ungefähr 30° über dem Horizonte liegen,
und die auch dieselbe seitliche Ausweichung, also einen Öffnungswinkel
von 30°, haben“. Offenbar hat Poey hier die große lemniskatische
Figur gefunden, auf welcher, wie wir später sehen werden, die Unter-
brechungsstelle der Fransen fortschreitet, wenn man diese senkrecht zum
Horizonte ringsherumführt. Bei seinem Polariskop hatte dabei aber
wohl der Analysator eine gegen die von uns festgelegte um 90° ge-
drehte Stellung. Das geht unzweifelhaft aus der Bemerkung hervor:
„In dem ganzen Innern der genannten Kegel beobachtet man eine
derjenigen der Umgebung entgegengesetzte Polarisation, derart, dab
') Poey, Recherches sur la polarisation atmospherique observee sous le ciel
tropical de la Havane. C. R. 1865, p. 781.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 53
man den schwarzen Streifen (in der Mitte der Polarisationsfransen) in
der ganzen Ausdehnung des Himmels vom Horizont bis zu den Konturen
der Kegel, wo er neutral ist, erblickt, während er im Innern der Kegel
weiß ist.“ Aus seinen Beobachtungen glaubt Poey den Schluß ziehen
zu dürfen, daß das blaue Licht des Himmels gleichzeitig durch Brechung
und Reflexion polarisiert sei. Bei Sonnenauf- und -untergang sei das
Licht der Atmosphäre vorzugsweise durch Brechung polarisiert und ver-
halte sich wie in den doppeltbrechenden oder zweiachsigen Kristallen,
während beim Zenitstande der Sonne das Licht ganz durch Reflexion
polarisiert sei, analog dem der einachsigen Kristalle. Mit dieser Auf-
fassung, die ja im wesentlichen der Brewsterschen entspricht, wie dieser
auch selber sagt'), könnte man sich allenfalls einverstanden erklären; aber es
entspricht nicht der allgemeinen Auffassung, wenn Poey bemerkt?), daß um
6 Uhr morgens und abends die Polarisation rings um den Horizont, im
Westen bis zu einer Höhe von 30°, wo sich die Basis der beiden Kegel
mit neutralen Rändern befinde, und im Süden und Norden bis zum Zenit,
vertikal sei, daß sie aber im Innern der beiden Kegel horizontal
werde. Die Verhältnisse liegen, ganz abgesehen von den durch die
anderweitigen Untersuchungen über die Drehung der Polarisationsebene
ermittelten Tatsachen, gerade umgekehrt.
Im Jahre 1875 hat Bosanquet?) die Brewsterschen Karten einer
strengen Kritik unterworfen, und er wurde dabei zu dem Ergebnis ge-
führt, daß dieselben fast ganz verworfen werden müssen, und zwar nicht
nur als eine Darstellung der tatsächlich bestehenden Verhältnisse, sondern
auch als eine solche der Resultate von Brewsters eigenen Beobachtungen.
Bosanquet zeigte zunächst, daß, wenn man nur das Vorzeichen gehörig
berücksichtigt, die Formel die Polarisationsverteilune im Sonnenvertikal
hinreichend gut wiedergibt, und daß sie auch mit großer Annäherung
für den Horizont gilt. ‚Jedoch ist er andererseits der Meinung, dab
die Anwendung derselben auf andere, nicht in dieser Ebene liegende
Punkte auf der falschen Voraussetzung beruht, daß die neutralen
Punkte Zentren, oder daß deren Radienvektoren Polarisationsachsen sind,
von denen aus die Winkelerößen D und D’ nach allen Richtungen ge-
wählt werden dürfen, ja daß diese Voraussetzung zu einer völligen Miß-
achtung des Vorzeichens der Polarisation und zu der Vorstellung führt,
daß die durch eine ganz andere Ursache hervorgerufene Polarisation in
der negativen Region von gleicher Art mit der positiven sei, und dab die
beiden ununterbrochen ineinander übereingen. Bosanquet meint, daß man
) .Phil. Mag., vol. 30, p. 181, und. vol. 33, p. 293.
2) ©.R., 1865, p. 784.
») R. H.M. Bosanquet. On the Polarization of the Light of the Sky, Phil. Mag..,
4. Ser., vol. 50, p. 497—521.
54 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
bei Annahme der Brewsterschen Voraussetzung zu einer Verteilung der
Polarisation gelange, welche völlig unvereinbar sei mit seinen eigenen
Beobachtungen und Schlüssen und mit denen aller übrigen Beobachter,
daß dieselbe so gut wie absurd in sich selbst sei. Auch wies er
darauf hin, daß dies der einzige Fall sei, in welchem Geometer sich
lange Zeit hindurch bei der Annahme beruhigt hätten, daß die Grenze
zwischen zwei Regionen auf einer Kugeloberfläche ein Punkt sei, wobei
er noch hinzufügte, daß Brewster selber gelegentlich Spuren einer
Fig. 12a.
Trennungslinie zwischen der positiven und negativen Region beobachtet
habe. Nunmehr versuchte er es, die Brewstersche Formel durch eine
bessere zu ersetzen, und das Ergebnis seiner Bemühungen war die
folgende Formel:
R= (331° — 3}. sin Z)- V sin 4 sin (% — 184°) - sin($ + 183°).
Hier ist 184° wieder der bei Sonnenauf- und untergang als normal
angesehene Abstand des Aragoschen bezw. Babinetschen Punktes vom
Horizont; Zist wieder die Zenitdistanz der betrachteten Stelle des Himmels-
sewölbes, wogegen 9 hier die Winkeldistanz des betreffenden Punktes
von der Sonne ist; schließlich bedeutet n irgendeine sehr große Zahl.
Ist nun = 0), so ist V sin 4 = 0, also R = 0, das heißt, die Sonne sendet
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 55
neutrales Licht aus!). Für $—= 184° beziehungsweise 180 — 185 wird
R ebenfalls 0, wie es für die genannten neutralen Punkte erforderlich
ist. Die Formel macht allerdings auch für den antisolaren Punkt R=0,
was den Beobachtungen nicht entspricht. Dies hält Bosanquet im vor-
liegenden Fall für belanglos, da die direkten Sonnenstrahlen niemals den
Gegenpunkt der Sonne träfen, falls er beobachtet werden könne. Immer-
hin aber liegt doch in diesem Gegensatze zu den Tatsachen eine
bedenkliche Schwäche der Formel. Mit ihrer Hilfe berechnete Bosanquet
/
| S
/ I \
/ N
VD L2 ERBE
die Linien gleicher Polarisation und gelangte dabei zu den in den
Fieuren 12a und 12b wiedergegebenen Darstellungen. Die Projektionen
sind die nämlichen wie bei Brewster?). Bosanquet, der die Sonne und
!) Bosanquet macht hier auf eine Beobachtung Babinets aufmerksam, der neutrales
Licht in unmittelbarer Nähe der Sonne fand. Siehe darüber C. R., vol. 23 (1846),
p. 233—235 (Babinet, Note sur l’observation du point neutre de M. Brewster usw.).
Bosanquet macht ferner darauf aufmerksam, daß G. Karsten (siehe F. d. Phys. 1846,
p. 187—188) diese neutrale Stelle fälschlich als Brewsterschen Punkt aufgefaßt habe,
da Babinet unterhalb dieser Stelle negative Polarisationsfrausen konstatiert habe.
2) In der „Meteorologischen Optik“ von J. M. Pernter, 4. Abschn., herausgegeben
von Felix M. Exner, Wien 1910, bemerkt der Verfasser auf p. 605 in einer Anmerkung,
daß Bosanquets Angriffe auf Brewsters Formel auf einem vollständigen Mißverständnis
beruhen. Brewster verstehe nämlich unter Polarisation das Verhältnis der Intensität des
56 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
deren Gegenpunkt als Polarisationszentren ansieht und irrtümlicher-
weise das Vorhandensein einer neutralen Linie als Grenze der positiven und
negativen Polarisation annimmt, rechnet selbstverständlich den Winkel 4
gleichfalls nach allen Richtungen. Es ist demnach nicht zweifelhaft, dab
Brewsters Linien gleicher Polarisation der Wirklichkeit näher kommen
als die von Bosanquet.
Diese Untersuchungen hatten Bosanquet zu der Ansicht geführt, daß die
Region der positiven Polarisation von der negativen durch einen neutralen
Ring getrennt sein müsse, und er wurde dadurch auf die Idee geführt,
die Polarisationsverhältnisse in der Umgebung des Aragoschen Punktes
und in der Nähe der Sonne etwas genauer zu studieren '), Er begann
diese Untersuchungen mit dem Savartschen Polariskop, fand aber bei der
Beobachtung von Himmelsgegenden mit schwach ausgesprochener Polarisa-
tion darin eine Schwierigkeit, daß bei diesem Instrument die Unterbrechung
der Fransen nicht nur bei Vorhandensein eines wirklichen neutralen
Punktes stattfindet, sondern daß die Fransen auch dann unsichtbar
werden, wenn ihre Richtung mit dem Hauptschnitt des Analysators, oder
aber mit der Polarisationsebene des einfallenden Lichtes einen Winkel
von 45° einschließt. Daher konstruierte er ein Polariskop, bei welchem
diese Übelstände vermieden waren, und bei dem die Polarisationsfransen
nahezu (wenn nicht ganz) ebenso deutlich erschienen wie beim Savartschen.
Bezüglich der Optik dieses Instrumentes sei auf die Bosanquetsche Abhandlung
verwiesen, und es sei hier nur bemerkt, daß, wenn man dies Polariskop
auf einen Punkt richtet, von welchem polarisiertes Licht ausgeht, und nun
um 180° dreht, die Fransen in allen Richtungen von gleicher Intensität
bleiben, und daß nur eine Parallelverschiebung derselben nach rechts be-
z\ehungsweise links eintritt, aus deren Größe man auf die Polarisations-
ebene im anvisierten Punkte schließen kann.
Mit Hilfe dieses neuen und des Savartschen Polariskops untersuchte
nun Bosanquet die Polarisationsverhältnisse der angegebenen Himmels-
bezirke, wobei er zu Ergebnissen gelangte, welche seine früheren, auch
in den Karten der Polarisationsverteilung zum Ausdruck gebrachten An-
schauungen nicht unwesentlich modifizierten. Während er nämlich bei
seinen an die Brewsterschen Linien gleicher Polarisation eeknüpften
Untersuchungen von der, auf den ersten Blick ganz einleuchtenden Annahme
polarisierten zu der des totalen Lichts, eine stets positive Verhältniszahl, während man
seit Arago durch den Ausdruck positive oder negative Polarisation die Lage der Polarisations-
ebene bezeichne. Dem stimmen wir zu, aber andererseits bleibt doch die schwache Seite
von Brewsters Formel bestehen, daß die Winkel D und D’ nach allen Richtungen von
den neutralen Punkten aus gerechnet werden sollen.
') R.H.M. Bosanquet, On a new Form of Polariscope, and its application to the
observation of the Sky, Phil. Mae., 5. Ser., vol. 2, p. 20—28.
1
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 57
ausgegangen war, daß die die positive und die negative Polarisation auf-
weisenden Zonen des Himmels durch einen neutralen Ring getrennt seien,
fand er nun, daß es sich hier um Licht handelt, welches weder positiv, noch
negativ, sondern in anderen Ebenen polarisiert ist als solchen, welche senk-
recht stehen zu der durch die Visierlinie und den Sonnenort gebildeten
Ebene. und zwar stellte es sich heraus, daß sich die Richtung der Pola-
risation von der durch Sonne und Visierlinie gelegten zu der auf dieser
senkrecht stehenden Ebene durch allmähliche Drehung um einen
rechten Winkel ändert, nicht aber durch Übergang durch den Polarisations-
wert 0, ausgenommen den neutralen Punkt selbst. Die Möglichkeit einer
\N
Fig. 13.
solchen Drehung war Bosanquet bei der scharfen Aburteilung der Brew-
sterschen Karten offenbar nie in den Sinn gekommen, und tatsächlich ist er
erst von anderer Seite auf eine solche Möglichkeit hingewiesen worden, bevor
er an die experimentelle Prüfung der Verhältnisse einge. Das gesamte
Ergebnis dieser Untersuchung hat Bosanquet in einer hier wiedergegebenen
Zeichnung — Fig. 13 — veranschaulicht, welche sowohl für die Um-
gebung des Babinetschen, als auch für diejenige des Aragoschen Punktes
gilt. Die ausgezogenen Linien zeigen annähernd für jeden ihrer Punkte
direkt die Lage der Polarisationsebene an; die an eine Hyperbel erinnernde
punktierte Linie ist der geometrische Ort für diejenigen Punkte, in denen
die Richtung der Polarisationsebene um 45° gegen die Vertikale geneigt
ist. Die untere, einer Lemniskate ähnliche, punktierte Kurve ist der geo-
metrische Ort derjenigen Punkte, in welchen die Richtung der Polarisations-
ebene einen Winkel von 45° mit dem Radiusvektor nach der Sonne
58 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
beziehungsweise ihrem Gegenpunkt bildet, und Bosanquet hielt diese für
die wirkliche Grenzlinie der Gebiete positiver und negativer Polarisation.
Nicht uninteressant ist es nun, daß Busch‘), ohne etwas von der eben
besprochenen Bosanquetschen Untersuchung zu wissen”). Ende der 80er
‚Jahre des verflossenen Jahrhunderts die Lage der Polarisationsebene in
der Sonnenumgebung festzustellen suchte, und daß er mit alleiniger An-
wendung eines sehr empfindlichen Savartschen Polariskops zu An-
schauungen gelangte, die im wesentlichen mit den Ergebnissen Bosanquets
übereinstimmten und insofern noch über diese hinausgingen, als sie sich
auch über die Region des Brewsterschen Punktes erstreckten. Busch
brachte, wie das auch Brewster getan hatte, und wie es auch Jensen
bei seiner neuerdings begonnenen Beobachtung der neutralen Punkte tut,
dien Analysator in eine solche Lage zu den gekreuzten Quarzplatten des
Instruments, daß ein dunkler Streifen in der Mitte des Gesichtsfeldes die
l,age der Polarisationsebene im betrachteten Punkt unmittelbar angab.
Um eine Vorstellung über die Lage der Polarisationsebene an den unter-
suchten Himmelsstellen zu haben, benutzte er die vorhin erwähnte Tat-
sache, daß bei bestimmter Montierung des Analysators aus der Unter-
brechungsstelle in der Mitte des Gesichtsfeldes auf eine um 45° gegen
die Richtung der zu beiden Seiten der Unterbrechungsstelle erscheinenden
Fransen gedrehte Polarisationsebene geschlossen werden kann. Es wird
zum besseren Verständnis der Buschschen sowie auch gleichzeitig der
Bosanquetschen Resultate und zur Vermeidung von Irrtümern hinsichtlich
der Verteilung der Polarisationsebene über die nach der Sonne gezogenen
Radienvektoren nötig sein, etwas weiter auszuholen und seine Beobachtungs-
methode genauer zu kennzeichnen. Zunächst richtete Busch das Polari-
skop gegen den um die Sonne gelegenen Teil des Himmels und brachte
die Streifen in den Vertikalkreis der Sonne, so daß der Babinetsche
Punkt an der Unterbrechungsstelle der Fransen zu erkennen war.
Bewegte er nun das Instrument nach links oder nach rechts, derart,
daß die Fransen stets vertikal blieben, also in ihrer Verlängerung nach
dem Zenit liefen, und ihre Unterbrechungsstelle in der Mitte des Gesichts-
feldes blieb, so bewegte sich diese Stelle auf einer symmetrisch zum
Sonnenvertikal liegenden, nach dem Horizont konvex und nach dem Zenit
spitz zulaufenden Kurve (aa in Fig. 14).
') F. Busch, Beobachtungen über die Polarisation des Himmelslichtes, insbeson-
dere zur Zeit der Abenddämmerung, Met. Zs. 1889, p. 81—9.
?) Dies geht sowohl ohne weiteres aus Absatz 3 auf p. 94 hervor, als auch aus
einer Anmerkung zu p. 90, in welcher Busch äußert, daß er seine Untersuchungen be-
gonnen habe, ohne etwas von den — hernach zu besprechenden — Becquerelschen Un-
tersuchungen zu wissen. Erst im Jahre 1908 wurde er von Jensen auf die Bosanquet-
sche Arbeit aufmerksam gemacht.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 59
War der Brewstersche Punkt, den Busch bei den für derartige
Beobachtungen besonders günstig liegenden klimatischen Verhältnissen
Arnsbergs oft beobachten konnte'), sichtbar, so ließ sich eine ähnliche
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Horizont = S Horızont
Fig. 14.
Linie nachweisen, von der allerdings aus in der Natur der Sache liegenden
Gründen nur ein Teil festgestellt werden konnte; der Scheitel dieser
Kurve lag, wie bb der Fig. 14 zeigt, im Brewsterschen Punkt, und ihre
konkave Seite war dem Horizont zugewandt.
Oberhalb des Aragoschen Punktes war eine der ersten (aa) ähnliche
') Bosanquet gibt an, dab er seine Beobachtungen auf den Brewsterschen
Punkt nicht ausdehnte, weil sie bei genügend hohem Sonnenstande ermüdend für die
Augen seien.
60 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
zu konstatieren, die mit dieser zusammen eine einzige Kurve von der
Gestalt der Lemniskate bildete.
Um eine Kenntnis der Lage der Polarisationsebene in dem un-
mittelbar um die Sonne liegenden Gebiet des Himmels zu erlangen,
dirieierte er das Polariskop so, daß die Fransen in ihrer Verlängerung
durch den Sonnenort liefen, indem die Mitte des Gesichtsfeldes die er-
wähnte Unterbrechungsstelle aufwies. Führte er nun in dieser Weise
das Instrument herum, so wanderte die Unterbrechungsstelle vom
Babinetschen Punkt aus auf einer Kurve von der Form einer Schleife,
deren Gipfel der Babinetsche Punkt, und deren untere Spitze die Sonne
ist. Diese Kurve (cc in Fig. 14) stimmt, wie man sieht, recht gut mit
der gestrichelten unteren Kurve Bosanquets überein. Eine ähnliche,
wenn auch schmalere und längere‘), aber ebenso wie die vorige, sym-
metrisch zum Sonnenvertikal gelegene Schleife Konstatierte Busch unter-
halb der Sonne, so oft der Brewstersche Punkt zu beobachten war. Ihre
oberste Spitze lag dann im Sonnenort, wogegen der Brewstersche Punkt
ihre tiefste Stelle bezeichnete (dd in Fig. 14). -
Vergegenwärtigt man sich nun, daß die Polarisationsebene für die
einzelnen Kurvenpunkte um 45° gegen die Vertikale beziehungsweise
gegen die nach der Sonne gezogenen Radienvektoren geneigt ist, so
erscheint es verständlich, wie Busch aus denselben Schlüsse bezüglich
der Lage der Polarisationsebene in der Umgebung der Sonne ziehen
konnte. Allerdings muß dabei noch eins bedacht werden. Man muß
nämlich die Richtung kennen, in welcher um 45° gegen die Fransen-
richtung zu drehen ist, damit man in der Lage der größten Intensität
einen schwarzen Streifen in der Mitte des Gesichtsfeldes hat?). Die
Kenntnis der nötigen Drehungsrichtung ist nämlich deswegen besonders
wiehtig, weil es bei den schwachen Polarisationsanzeichen in der Nähe
der Sonne sehr schwer ist, sich in jedem einzelnen Fall die gewünschte
Rechenschaft zu geben. Es ist nämlich auch in der Stellung der größten
Intensität der Streifen nicht zu erkennen, ob die Mitte des Gesichts-
feldes von einem weißen, oder von einem schwarzen Streifen ein-
senommen ist. Busch gelangte nun zu der Überzeugung, daß der Sinn
dieser Drehung mit derjenigen Richtung zusammenfällt, in welcher der
von der Sonne abgewendete Teil der Fransen auf dem kürzesten Wege
zur horizontalen Richtung gelangt. Danach hat man oben rechts von
') Es hatte demnach der Brewstersche Punkt einen größeren Abstand von der
Sonne als der Babinetsche.
?) Wie erwähnt, hatte Busch den Analysator so gestellt, daß die Streifen die
Lage der Polarisationsebene unmittelbar angaben, falls der mittlere Streifen schwarz war.
Man kann es allerdings auch umgekehrt machen; es ist aber, um Mißverständnisse zu
vermeiden, dringend erwünscht, daß alle Beobachter einheitlich zu Werke gehen.
E;
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 61
der Sonne das Polariskop mit dem Uhrzeiger, unten rechts gegen den
Uhrzeiger zu drehen; oben links dagegen hat man gegen, unten
links im Sinne des Uhrzeigers zu drehen. Die Figur zeigt unmittelbar,
wie sich Busch ungefähr die Lage der Polarisationsebene an den einzelnen
Stellen der 6 durch die Sonne laufenden Radienvektoren denkt; die Quer-
striche auf den einzelnen Radien bezeichnen hier die Lage der Polarisations-
ebene in den entsprechenden Punkten.
Faßt man zunächst den Sonnenvertikal ins Auge, so sieht man, daß
zwischen Sonne und Babinetschem Punkt einer- und Sonne und Brewsterschem
Punkt andererseits die Polarisationsebene senkrecht zum Sonnenvertikal
oder parallel zum Horizont verläuft; das nämliche findet statt für die zwischen
dem Aragoschen und dem antisolaren Punkte liegenden Stellen des
Himmelsgewölbes. An allen übrigen Punkten desselben würde die Polari-
sationsebene unter normalen Verhältnissen — die hier natürlich voraus-
gesetzt werden — mit der Richtung des Sonnenvertikals zusammenfallen,
indem in den neutralen Punkten eine plötzliche Drehung der Ebene um
90° stattfindet. In dem durch den Sonnenort gelegten Horizontalkreis
fällt die Polarisationsebene mit erstgenannter Ebene zusammen, was
daraus hervorgeht, daß die in der Richtung nach der Sonne zu ver-
laufenden Fransen in dieser Lage ihre größte Intensität und einen
schwarzen Streifen in der Mitte haben. Diese Fransen ließen sich in
Arnsberg, wenn nur die Sonne dem Horizont genügend nahe war, bis an
die Sonne hin verfolgen. In einem nach rechts oben durch die Sonne
gelegten größten Kreise weicht, wie die Figur zeigt, die Polarisationsebene
in erößerer Entfernung von der Sonne von der Richtung dieses Kreises
nur wenig ab, dreht sich aber, wenn man sich auf demselben der Sonne
nähert, im Sinne des Uhrzeigers mehr und mehr aus dieser Lage heraus,
um sich der horizontalen Lage zu nähern. Bei dem entsprechenden
@Quadranten oben links vom Sonnenvertikal liegen die Verhältnisse ganz
analog, nur daß man statt der Drehung im Sinne des Uhrzeigers eine
gegen den Sinn desselben erfolgende Drehung zu setzen hat; und bei den
entsprechenden Radienvektoren unter der Sonne liegen ebenfalls ganz
analoge Verhältnisse vor. Besonders interessant ist es, zu sehen, welch
großer Unterschied im Betrage der Drehung der Polarisationsebene auf
den verschiedenen Radien vorhanden ist. In den horizontalen Radien
findet überhaupt gar keine Drehung statt; dieselbe wird erößer und
größer, je mehr man sich den vertikalen Radien nähert, wo sie einen
Betrag von 90° annimmt und dadurch Veranlassung zur Bildung der
neutralen Punkte gibt.
An dieser Stelle müssen wir noch kurz auf die von Mascart ange-
stellten Betrachtungen über die Lage der Polarisationsebene in der
Umgebung der drei neutralen Punkte hinweisen. Diese Überlegungen
62 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
findet man mit entsprechenden Figuren im dritten, 1893 herausgegebenen
Band seines Traite d’Optique'). Hier geht Mascart von der Voraussetzung
aus, dab die Polarisationsebene für die in größeren Abständen von den
neutralen Punkten befindlichen Himmelsstellen durch die Sonne, den anti-
solaren und den anvisierten Punkt gegeben ist, daß aber in geringen
Abständen eine Störung der Lage der den beobachteten Punkten normaler-
weise zukommenden Polarisationsebene zu erwarten ist.
In loserem Zusammenhange mit den soeben besprochenen Unter-
suchungen stehen Beobachtungen, welche der bekannte französische Physiker
Henri Becequerel in den Jahren 1878 und 1879 in la Jacqueminiere und Chä-
tillon-sur-Loing anstellte, und über die er im darauffolgenden Jahre ausführ-
lich berichtete?). Nachdem er sich durch eine Reihe vorläufiger Messungen
davon überzeugt hatte, daß die Polarisationsebene im allgemeinen keineswegs
eenau mit der durch Sonnenmittelpunkt und Visierlinie bestimmten Ebene
zusammenfällt, beschränkte er sich bei seinen weiteren Messungen auf eine
Reihe von Punkten, die ihm besonders wichtig erschienen ; insbesondere wählte
er die vier Kardinalpunkte des Horizonts, den Nord-, Süd-, Ost- und West-
punkt, und außerdem das Zenit, den Punkt, nach welchem die Inklinations-
nadel zeigt, die Horizontpunkte des magnetischen Meridians und die um
90° von diesen entfernten Punkte sowie den Pol, wobei er sich nicht
mit der Bestimmung der Abweichung für weißes Licht begnügte, sondern
dureh Vorschaltung farbiger Gläser auch in rotem und blauem Licht
beobachtete. Über das bei den Untersuchungen benutzte Instrument und
die Beobachtungsmethode hat Beequerel recht ausführlich in den „Annales
de Chimie et de Physique“ von 1880?) berichtet, und wir müssen den
geneigten Leser darauf verweisen. Nur so viel sei darüber gesagt, dab
auch hier das Savartsche Polariskop Verwendung fand, und zwar auch
in der Weise, daß auf das Verschwinden der Fransen in der Mitte des
(resichtsfeldes eingestellt wurde, da Becquerel der Meinung war, daß
canz allgemein diese Stellung mit größerer Schärfe aufzufinden sei als
diejenige, bei der die Streifen in ihrer größten Intensität erscheinen.
Becequerel kommt zu dem Schluß, daß, wenn die durch Sonne und
Visierlinie geleete Ebene vertikal ist, die beiden in Frage stehenden
Ebenen zusammenfallen müßten, falls keine störenden Einflüsse vorhanden
sind. Das ist auch ohne weiteres verständlich, wenn man bedenkt, daß
1) Pr 392—393.
2) Siehe H. Becequerel, M&moire sur la polarisation atmospherique et l’influence
du magnetisme terrestre sur l’atmosphere, Ann. Chim. et Phys., Ser. 5, t. 19 (1880),
p. 90—125; siehe auch: C. R., t. 89 (1879), p. 838—841; ferner: Beibl. d. Phys., Bd. 4,
p. 292—293; F. d. Phys. 36III (1880), p. 188; D’Almeida J., t. 9, p. 51--56; Mondes (2),
t. 51, p. 446448; Naturf., Bd. 13 (1880), p. 9—10.
®) Tome 19, p. 93—99.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 63
der Sonnenvertikal bezüglich der Atmosphäre eine Symmetrieebene bildet.
Da nun für den Zenitpunkt die definierte Ebene stets mit dem Sonnen-
ge RB. eobachtumgen- —assı 7/7. re: TA. Au gest: Ze FI.
IREERERREH
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en ICE Mag 7 2
Fie. 15a.
Beobachtungen am 4 Loplonıler 103 .
3,
ENTE RANG
Fig. 15b.
vertikal zusammenfällt, so dürften sich hier unter der gegebenen Vor-
aussetzung keine Abweichungen ergeben; tatsächlich fand denn auch
Becquerel, daß für diesen Punkt die Polarisationsebene mit der wieder-
holentlich definierten Sonnenebene zusammenfiel. Für andere Punkte
64 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
kann demnach höchstens zu bestimmten Zeiten — wenn nämlich der
Sonnenvertikal mit der durch Auge, anvisierten Punkt und Zenit gelegten
Ebene übereinstimmt beziehungsweise senkrecht dazu steht — ein Zusammen-
fallen jener beiden Ebenen erwartet werden, wogegen man im allgemeinen
eine mehr oder weniger große Winkeldifferenz wird erwarten dürfen.
Man muß sich dabei immer vor Augen halten, worauf auch Beequerel
aufs bestimmteste hinwies, daß das von dem anvisierten Punkt in unser
Auge gelangende Licht zum Teil direkt von der Sonne stammt, zum
eroßen Teil aber auch von dem ganzen übrigen, von der Sonne erleuchteten
Himmelsgewölbe. Um den Verlauf der Winkeldrehungen deutlicher zu
zeigen, geben wir hier in Fig. 15a und b zwei von Becquerel mitgeteilte
eyaphische Darstellungen wieder. Die Stunden sind als Abszissen, die
Beträge der Drehung als Ordinaten aufgetragen, wobei zu berücksichtigen
ist, daß die positiven Winkel für das Auge des Beobachters Drehungen
im Sinne und die negativen solche gegen den Sinn des Uhrzeigers sind.
Wenn man an einem wolkenlosen Tage einen im Süden oder Norden,
nahe dem Horizont liegenden Punkt anvisiert, so ist nach Beequerels
Untersuchungen der Winkel zwischen den in Frage kommenden Ebenen
zunächst recht klein; hernach vergrößert er sich bis zu einem Maximum am
Morgen, vermindert sich dann, wird gegen Mittag, wenn die Sonne in der Nähe
des durch den beobachteten Punkt gehenden Vertikalkreises steht, zu Null,
vergrößert sich darauf von neuem bis zu einem zweiten Maximum, nimmt
dann wiederum ab und scheint um die Zeit des Sonnenunterganes zu
Null werden zu wollen. Wie die zwei, zu verschiedenen Beobachtungs-
tagen gehörenden Kurven zeigen, ist — was natürlich von vornherein zu
erwarten ist — der Sinn der Drehung für den Nord- und den Südpunkt
zu den entsprechenden Zeiten ein entgegengesetzter. Im Osten und
Westen gelangt. die Sonne nur morgens oder abends in den Vertikalkreis
des betrachteten Punktes, und Beequerel war der Meinung, daß man
daher für diese beiden Punkte im allgemeinen für den Winkel zwischen
den mehrfach erwähnten Ebenen nicht O finde‘, Für in der Nähe des
Horizonts liegende Punkte fand er ein Minimum gesen Mittag. Gegen
9 Uhr vor- und 3 Uhr nachmittags waren die gefundenen Werte recht
beträchtlich, aber die Nähe der neutralen Punkte störte das Phänomen
und verhinderte ihn leider, wie die Kurven erkennen lassen, an der
weiteren Beobachtung. Die Größe der Maxima und Minima sowie der
Zeitpunkt ihres Eintritts variierte mit den Jahreszeiten und den Sonnen-
höhen zu den entsprechenden Zeiten.
Für einen außerhalb des Meridians oder des durch den Ost- und
') Für einen im Osten gelegenen Punkt hat Becquerel eine gestrichelte Kurve
zur Darstellung gebracht, woraus man wohl wird entnehmen können, daß er nur ein
paar Werte für relativ weit auseinander liegende Punkte bestimmt hatte.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 65
Westpunkt gelegten Sonnenvertikals gelegenen Punkt überlagerten sich
die beschriebenen Erscheinungen und gaben zu einer zum Teil recht ver-
wickelten Variation des Winkels zwischen den beiden Ebenen Veranlassung.
Im Hinblick auf unsere vorangehende Besprechung der Polaruhr
dürften für uns Beequerels Beobachtungen am Pol des Himmels von
besonderem Interesse sein; die für diesen Punkt beobachteten Winkel
zwischen den beiden Ebenen waren sehr klein, woraus es verständlich wird,
daß Wheatstone mit seinem Instrument keine Abweichungen gefunden hatte.
Bezüglich sämtlicher beobachteten Punkte kam Beequerel zu dem
Schluß, daß der Winkel, den die Polarisationsebene mit der durch die
Visierlinie und den Sonnenmittelpunkt bestimmten Ebene bildet, sich von
Augenblick zu Augenbliek mit der Lage der Sonne überm Horizont ändert
und immer ein solcher ist, daß die Polarisationsebene ein wenig unter-
halb der Sonne einhergeht, zwischen dieser und dem Horizont. Dies eilt
indessen nicht, wie die entsprechenden Kurven von Bosanquet und Busch
erkennen lassen, für die oberhalb der Sonne und des antisolaren Punktes
liegende Region des Himmels, aber es ist dabei zu bedenken, daß Becquerel
bei Besprechung des Ost- und Westpunktes direkt darauf aufmerksam
macht, daß die Nachbarschaft der neutralen Punkte Störungen herbei-
geführt habe, die ihn an der weiteren Beobachtung verhindert hätten.
Was die mit farbigem Licht angestellten Untersuchungen betrifft, so
ergab sich das beachtenswerte Resultat, daß die Polarisationsebene für
die roten Strahlen von der Brechbarkeit € der durch die Sonne und die
Visierlinie gelegten Ebene näher lag als diejenige, welche für die blauen
Strahlen von einer zwischen F und @ liegenden Brechbarkeit gefunden
wurde, während die für das gesamte weiße Licht geltende Polarisations-
ebene ein mittleres Verhalten zeigte. Dies steht, worauf auch Beequerel
aufmerksam machte, in guter Übereinstimmung mit der, hernach genauer
zu erläuternden Tatsache, daß unsere Atmosphäre bedeutend mehr blaues
als rotes Licht reflektiert!) (diffundiert).. Ändert sich in irgendeiner
Weise die Intensität der, vom Sonnenstande bezw. von meteorologischen
Bedingungen abhängigen sekundären Diffusion der Atmosphäre, oder aber
die, sicherlich auch nicht zu vernachlässigende Intensität des vom Erdboden
reflektierten Lichtes, so ist dadurch wieder eine Veränderung der Haupt-
polarisationsebene bedingt, so daß also die Sonnenhöhe einen starken
Einfluß auf den Gang des Phänomens haben muß, und Becquerel gelangte
aus solchen Überlegungen heraus zu dem Schluß, daß die periodische
Variation des Winkels zwischen den beiden in Frage kommenden Ebenen
') Wir werden, Lord Rayleigh folgend, in Zukunft von Reflexion tunlichst nur dann
reden, wenn wir wissen, dab die das Licht zurückweıfenden Körper jedenfalls teilweise groß
gegenüber der Wellenlänge, oder jedenfalls von gleicher Größenordnung sind, von Diffusion
dagegen, wenn diese Körper klein gegen die Wellenlänge des Lichtes sind.
1)
66 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
mit ihren Maximis und Minimis an die veränderlichen Beleuchtungs-
bedingungen der Atmosphäre beim Steigen und Sinken der Sonne geknüpft
zu sein schiene.
Abgesehen von diesen Einflüssen, welche zu Abweichungen von mehr
als vier Graden von der durch Sonne und Visierlinie gelegten Ebene führen
können, fand Beequerel noch ein anderes, allerdings in viel geringerem
(Grade das Phänomen beeinflussendes Moment, an welches vielleicht vorher
noch nie jemand gedacht hatte. Während er nämlich für den Nord- und
Südpunkt und für den Punkt des Horizontes, der im magnetischen Meridian
lag, in dem Moment, wo die Sonne im Vertikalkreis dieser Punkte stand,
für die Abweichung der Polarisationsebene den Wert 0 hätte erwarten
sollen, zeigte es sich, daß diese Ebene stets in demselben Sinne um einen
klemen Winkel gegen die Vertikalebene der Sonne gedreht erschien, und
daß die beiden Ebenen erst zusammenfielen, nachdem die Sonne den Vertikal-
kreis des beobachteten Punktes bereits überschritten hatte. Für einen nach
Norden blickenden Beobachter erschien die Polarisationsebene immer im
Sinne des Uhrzeigers, für einen nach Süden blickenden in entgegen-
gesetztem Sinne gedreht. Die Größe der Abweichungen betrug beispiels-
weise im Nordpunkt, am 4. September 1879, in Chätillon-sur-Loing 24 Bogen-
minuten, im Südpunkt, am 12. August 1879, in La Jacqueminiere 22 Minuten;
im magnetischen Meridian war sie größer und erreichte am letztgenannten
Orte, am 21. August des nämlichen Jahres, im Süden den Wert von 36’
und am 3. September 1879 in Chätillon-sur-Loing den Wert 48’'). Dagegen
war die Abweichung in einer senkrecht zur Richtung der Inklinations-
nadel liegenden Richtung merklich Null.
Auf Grund dieser Tatsachen gelangte Becquerel zu dem, wohl
neuerdings kaum mehr beanstandeten Schluß, daß die Ebene der maximalen
Polarisation für Punkte, die am Horizont nahe dem magnetischen Meri-
dian liegen, eine Drehung erfährt, die eine Wirkung des Erdmagnetismus
zu sein scheint. Im Hinblick auf anderweitige Untersuchungen, durch
welche er gezeigt hatte, wie der magnetische Einfluß der Erde auf
die Ausbreitung polarisierten Lichtes in durchsichtigen Medien dargestellt
und gemessen werden kann’), durfte er dem eben angeführten Satz
die Bemerkung hinzufügen: „Wenn alle Lichtstrahlen, die an der Atmo-
sphäre in derselben Richtung reflektiert werden und dasselbe Strahlen-
bündel bilden, dieselben Luftschichten durchsetzten, so würden alle Polari-
') Die größtmöglichen Fehler bei diesen vier Beobachtungen sind in der entsprechenden
Reihenfolge= +5’, #5’, #12’ und +15’. Je näher die beobachteten Punkte bei der
Sonne lagen, um so ungenauer wurde die Beobachtung. Nach Becquerels Angabe sind
von seinen sämtlichen Beobachtungen die besten auf 3’, die schlechtesten auf 15’ genau.
?) H. Becquerel, De la Rotation du Plan de Polarisation de la Lumiere sous
UInfluence magnetique de la Terre, Ann. Chim. Phys., 5. Ser., vol. 27 (1882), p. 312—347.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 67
sationsebenen die nämliche Rotation aufweisen, und die Ebene der
maximalen Polarisation würde um denselben Winkel gedreht sein. Aber
das Phänomen scheint verwickelter zu sein; die Lichtstrahlen gehen
von sehr verschiedenen Entfernungen aus, und die Polarisationsebenen
erleiden Rotationen, welche Funktionen von der Dicke der Luftschicht
sind, die sie durchdringen. Man kann also voraussagen, daß infolge der
Erscheinung der magnetischen Drehung der Polarisationsebene in einem
Liehtbündel, das sich im wesentlichen aus Strahlen zusammensetzt, die
in allen Ebenen polarisiert sind, diese Ebenen ungleichmäßig verteilt
liegen, und daß die Lage der Ebene der maximalen Polarisation sich
ändern muß. Der Winkel, um welchen dieselbe abgelenkt wird, ist also
das Ergebnis einer Reihe von sehr verwickelten Vorgängen.“ Becquerel
hatte aus seinen Versuchen gefunden, daß das erdmagnetische Feld für
einen nach Norden schauenden Beobachter, bei normalen Temperatur-
verhältnissen und bei einem Luftdruck von 760 mm, für die eine Luftschicht
von Im Dicke durcheilenden gelben Strahlen des Spektrums eine Drehung
der Polarisationsebene von ca. 0,00018 Bogenminuten herbeiführen müsse.
Da sich nun unter sonst gleichen Bedingungen die Drehungsgrößen um-
gekehrt proportional dem Quadrat der Wellenlänge verhalten, so ließ
sich unter gegebenen Bedingungen dies Resultat für die von ihm beob-
achteten Strahlengattungen verwerten. Unter der Annahme einer Höhe
unserer Atmosphäre von ca. 8000 m gelangte er zu Zahlen, welche ungefähr
der Größenordnung der durch Beobachtung gefundenen Werte entsprach,
worauf man aber bei den äußerst komplizierten Verhältnissen zunächst
noch nicht allzu großes Gewicht legen darf. Eine relativ einfache Prüfung
auf die Richtigkeit der Theorie dürfte sich aber aus der Vergleichung
der Drehungsgrößen bei den verschiedenen von Becquerel verwandten
Strahlenarten ergeben; die Verschiedenheiten lagen durchaus in dem von
der Theorie geforderten Sinne und waren auch sehr beträchtlich; jedoch
ergab sich nicht eine genaue umgekehrte Proportionalität mit dem Quadrat
der Wellenlänge, so daß die Versuche auf eine ungleiche Reflexion ver-
schiedenfarbiger Strahlen in der Atmosphäre deuteten. So viel über
Beequerel, den wir hier besonders eingehend besprechen mußten, da sich
hernach kaum Gelegenheit finden wird, auf diese hochinteressanten und
zu weiteren Untersuchungen in dieser Richtung herausfordernden Ergeb-
nisse zurückzukommen.
Mit der Abweichung der Polarisationsebene von der durch die
Visierlinie und den Sonnenort bestimmten Ebene hat sich auch Hurion ')
beschäftigt, und zwar insbesondere mit der Abhängigkeit dieser Ab-
weichung von der Lage des beobachteten Punktes zur Sonne. Wie groß
!) A. Hurion, Sur la polarisation de la lumiere diffusee par les milieux troubles.
Application a la polarisation atmospherique. Ann. chim. phys., t. 7 (1896), p. 488.
5*+
68 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
diese Abweichungen sein können, zeigt die folgende Beobachtungsreihe,
welche er am 28. Juni 1895 in Clermont erhielt, und in welcher 9’ den
Winkelabstand des anvisierten Punktes von der Sonne und £& den Winkel
bezeichnet, welchen die durch die Visierlinie und die Sonne gebildete Ebene
mit der Ebene des Sonnenvertikals bildet. Die diesen Winkeln ent-
sprechenden Zahlen der Tabelle sind die Werte der beobachteten Ab-
weichungen:
ß y’ —=40° | 9 = 30°
DE ER 1207 ==
OT SR 19% Da
I ee ale 3:07 159%
DIESEN): 4,0° 12,9°
DREI ARE 5,3° 15,8°
307 SS HER 5,9 ° 1525
EN 6,3.° 1
Pe 6,2° 202
a AR 6,0° 18,2
BORN 58° 15,0°
3 Il Ber
BORN | 4:5, en
\Wie Hurion bemerkt, findet die Abweichung in einem solchen Sinne
statt, daß sich die Polarisationsebene dem Horizont zu nähern sucht,
und es ist bemerkenswert, daß dies in Übereinstimmung steht mit den
von Bosanquet, Beequerel und Busch angestellten Beobachtungen, und
daß es auch verständlich erscheint auf dem Boden der später zu be-
sprechenden Theorie der atmosphärischen Polarisation, wie sie auf der
Basis der Lord Rayleiehschen Berechnungen von Soret und Hurion
entwickelt wurde. Im übrigen ergeben sich aus den Zahlen der Tabelle
die recht bemerkenswerten Tatsachen, daß 1) jene Abweichung durch ein
Maximum eeht, wenn der Winkel 8 stetie wächst, und dab 2) unter
übrigens eleichen Umständen die Abweichung um so größer ist, je näher
der betrachtete Punkt der Sonne liegt. Vielleicht erklärt auch diese
letztere Beziehung die Tatsache, daß die von Hurion gefundenen Ab-
weichungen die von Beequerel angegebenen Werte weit übertreffen. Bei
den Beequerelschen Beobachtungen der in nördlicher oder südlicher
Himmelsgegend in der Horizontnähe liegenden Himmelsstellen war eine
größere Sonnennähe ohne weiteres ausgeschlossen, bei der Beobachtung
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 69
der im Osten oder im Westen liegenden Punkte wurde sie dadurch elimi-
niert, daß er, wie wir erwähnten, die Beobachtungen wegen zu grober
Nähe der neutralen Punkte unterbrach.
Hurion hat leider den mitgeteilten Zahlenwerten die Größe der
Sonnenhöhe nicht beigefügt. Zweifelsohne wird aber die Abhängigkeit
des Phänomens von dieser Höhe nicht unerheblich sein. Leider ist auch
die hier angegebene Beobachtungsreihe die einzige, welche Hurion mit-
geteilt hat. So müssen wir, alles in allem genommen, wohl sagen, dab
wir noch weit davon entfernt sind, uns ein vollständiges Bild von der
Gesamtheit der die Lage der Polarisationsebene an einem beliebigen
Punkte des Firmaments bedingenden (Gesetzmäßiekeiten zu machen.
Bevor wir nun diesen Gegenstand verlassen, sei noch kurz darauf
hingewiesen, daß nach Untersuchungen von .J. L. Soret!) auch für solche
Luftschichten, welche nicht direkt von den Sonnenstrahlen getroffen werden.
sondern welche ihr Lieht von denjenigen Stellen empfangen, die unmittel-
bar von der Sonne bestrahlt werden, und welche Soret als „masse
ombree“ bezeichnet, die Polarisationsebene die nämliche Lage hat, wie
wenn dieselben unmittelbar von der Sonne beleuchtet würden. Im An-
schluß hieran hat kurze Zeit darauf Walter Könige?) eine auf atmo-
sphärische Polarisationsbeobachtungen gegründete Schlußweise von Liais
bezüglich der Bestimmung der Höhe der Atmosphäre als hinfällig erwiesen.
Liais hatte nämlich im ‚Jahre 1858?) berichtet, daß bei einem Sonnen-
stande von 18° 5’ unterm Horizont die Polarisationsebene®) im Zenit mit
dem Sonnenvertikal zusammenfalle, und er hatte weiter eeschlossen, dab
man hieraus ersehen könne, daß die Sonne noch bei einer negativen
Höhe von 18° 5° dem Zenit direktes Licht zusende, wodurch er zur
Berechnung einer Atmosphärenhöhe von 320 Kilometern gelangte. Da
es nun aber, worauf eben König hinwies, nach den Soretschen Unter-
suchungen eine durchaus unnötige Annahme war, daß der Zenitpunkt während
der Liais’schen Messungen von direkten Sonnenstrahlen getroffen wurde,
so ist hiermit gezeigt, daß auch die entsprechenden von Liais hergeleiteten
Folgerungen illusorisch sind. Besonders bemerkenswert ist es aber, wie
es Liais gelang, die zur Zeit des Endes der Dämmerung äußerst schwache
') J. L. Soret, Sur la Polarisation Atmospherique, Ann. CUhim. Phys.. 6. Ser.,
vol. 14 (1888), p. 503—541. Dasselbe im Auszug in Ü. R., t. 106 (1888), p. 203 — 206.
Siehe darüber auch Wied. Beibl., Bd. 13, p. 312—314.
?) W. König, Über die Höhe der Atmosphäre, Met. Zs. 6 (1889), p. 17—18.
°) Emm. Liais, Sur la hauteur de l’atmosphöre deduite d’observations de polari-
sation faites dans la zone intertropicale au commencement de l’aurore et a la fin du
er&puscule, ©. R., t. 48, p. 109—112. Siehe darüber auch F.d. Phys. 15 (1859), p. 543—545.
1) Bezüglich einer anderen Berechnung, welche Liais ohne eine bestimmte Annahme
hinsichtlich direkter, oder aber indirekter Beleuchtung der auf die Polarisation hin unter-
suchten Himmelsstelle zum Wert von 340 km führte, siehe loc. eit., p. 111—112.
70 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Polarisation‘) festzustellen. An eine Verwendung der gebräuchlichen
Polariskope von Arago und Savart war nicht zu denken. Liais nahm
nun einfach ein Nicolsches Prisma oder eine Turmalinplatte, welche er
drehte, indem er dadurch auf das in Betracht kommende Stück des
Himmels blickte; dabei lenkte er seine Aufmerksamkeit auf die kleinsten,
an der Grenze der Sichtbarkeit stehenden Sterne. War nun das
Licht des die Sterne umgebenden Gesichtsfeldes polarisiert, so mußte je
nach der Stellung der Kristallachse die Intensität desselben verschieden
sein, so daß sich bei einer gewissen Stellung des Turmalins die Sterne
schärfer vom Hintergrund abhoben als bei einer anderen. Demgemäß
suchte er die Stellungen auf, wo er eine relativ große bezw. eine relativ
geringe Zahl von Sternen fand’). War das Licht des Hintergrundes
nicht polarisiert, so wurde natürlich durch die Drehung des Kristalls die
Helliekeit des Grundes nicht geändert und infolgedessen ebensowenig die
scheinbare Helligkeit der Sterne. In einer Arbeit, in welcher er über
die Polarisation des Zodiakallichtes berichtete, beschrieb Liais seine
Beobachtungsmethode. Auf die hohe Wichtigkeit solcher, in äußerst
einfacher Weise anzustellender Polarisationsbeobachtungen hat Weiß in
der von G. Neumayer herausgegebenen Anleitung zu wissenschaftlichen
Beobachtungen auf Reisen hingewiesen’).
Nachdem wir nun eine Reihe von Untersuchungen besprochen haben,
welche sich mit der Lage der Polarisationsebene befaßten, wollen wiı
zunächst auf einige Arbeiten hinweisen, die sich mit der Größe der
Polarisation beschäftigen. In naher Beziehung zueinander stehen vor
allem die Untersuchungen von Bernard, Rubenson und Jensen. Von
diesen müssen die beiden letztgenannten etwas eingehender besprochen
werden. Auf die epochemachenden Entdeckungen von Babinet und
Brewster war eine Reihe von ‚Jahren gefolgt, in denen keine wesentlich
neue Gesichtspunkte liefernden Tatsachen gefunden wurden, bis im
Jahre 1854 durch die von Bernard!) in Bordeaux angestellten Be-
obachtungen ein nicht ganz unwesentlicher Fortschritt in der Erkenntnis
der Polarisationserscheinungen der Atmosphäre erzielt wurde. Dieser
Physiker verfolgte die maximale Polarisation im Laufe von vier Oktober-
tagen, wobei er zu dem Resultat gelangte, daß die Maximalpolarisation
abnimmt in dem Verhältnis, wie sich die Sonne dem Meridian nähert,
kan ul
?) Emm. Liais, Observations sur la lumiere zodiacale faites dans la zone intertropieale
pendant la traversee de France au Bresil, C. R., vol. 47 (1858), p. 450—453 (siehe hier
p. 451—452).
’) Siehe p. 390—391 der 2. Auflage genannten Buches bezw. p. 684—685 (von
J. Plaßmann bearbeitet) der 3. Auflage. Die Soretschen Untersuchungen dürften hier dem
Verfasser noch unbekannt gewesen sein.
*) F. Bernard, M&moire sur la polarisation del’atmosphere, ©.R.,t.39 (1854), p.775— 779.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 1
daß sie aber wieder wächst, wenn sich die Sonne vom Meridian wieder
entfernt, um kurz vor Sonnenuntergang ihren größten Wert zu erreichen.
Für die Amplitude der Variation ergab sich der Wert 0,09, wobei zu
bedenken ist, daß Bernard als Maß für die Polarisation den Quotienten
aus der Differenz und aus der Summe der Amplitudenquadrate der teil-
weise polarisierten Lichtstrahlen nahm.
Auch die ausgedehnten und mit außerordentlicher Genauigkeit durch-
geführten Untersuchungen des erst kürzlich verstorbenen schwedischen
Forschers Rubenson') zielten in allererster Linie auf die Erkenntnis der
täglichen Variation der maximalen Polarisation ab. Allerdings ist auch
ein Teil der umfangreichen Arbeit, in welcher zunächst eine recht hübsche
Literaturübersicht gegeben ist, der Ergründung der Ursache der atmo-
sphärischen Polarisation, ein anderer der Bestimmung der Lage der
maximalen Polarisation und ein dritter den Ursachen, welche das Phä-
nomen störend beeinflussen, gewidmet). Ohne etwas von den Bernardschen
Untersuchungen zu wissen, begann Rubenson seine Beobachtungen in
Upsala im Jahre 1859, und er setzte dieselben in den Jahren 1861 und
1862 in Rom beziehungsweise Segni fort. Sein Instrument bestand im
wesentlichen, gleich dem von Brewster benutzten, aus einem Glasplatten-
satz und einem Savartschen Polariskop, und Rubenson konnte mit Hilfe
verschiedener an demselben angebrachten Kreisteilungen die Lage der
Polarisationsebene, den Abstand zwischen Sonne und beobachtetem Punkt.
desgleichen die Höhe und den azimutalen- Abstand des betreffenden
Punktes von der Sonne sowie endlich die relative Größe der Polarisation
feststellen. Bezüglich der genaueren Konstruktion seines Instrumentes
und speziell bezüglich der Eichung desselben müssen wir auf die
Rubensonsche Arbeit verweisen, da es zu weit führen würde, wenn wir
uns auf die genauere Besprechung der, in den Einzelheiten vielfach stark
voneinander abweichenden Instrumente einlassen würden, und da dies auch
nicht im Rahmen der vorliegenden Schrift liegen kann. Nur so viel sei
hier noch erwähnt, daß Rubenson, wie auch später Jensen, das nämliche
Maß für die Polarisationsgröße hatte wie Bernard.
Da Rubenson der Meinung war, daß der Punkt der größten Polarisation
) R. Rubenson, Memoire sur la polarisation de la lumiere atmospherique,
145 Seiten nebst einem Anhang mit dem Beobachtungsmaterial und vier Tafeln, heraus-
gegeben 1864 in Upsala, im Verlage von Ü. A. Leffler. Siehe auch über Rubenson und Bernard
die „Additional Observations“ von Brewster, Phil. Mag., 4. Ser., vol. 353 (1867), p. 290—295,
wo auch über die erwähnten Liais’schen Beobachtungen und über die 1862—1863 von
A. Poey auf Havanna angestellten Beobachtungen (siehe Ü. R., vol. 60, p. 781—754)
berichtet wird.
?) Es ist Rubenson auch in Italien nicht gelungen, den Brewsterschen Punkt
aufzufinden; auch hat er nicht den von Brewster aufgefundenen, sekundären neutralen
Punkt beobachtet, der unter gewissen Bedingungen den Aragoschen Punkt begleitet.
72 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
hinsichtlich seines Sonnenabstandes von allen Punkten des Sonnenvertikals die
geringsten Änderungen aufweist, so beschränkte er seine Untersuchungen mit
sehr wenigen Ausnahmen auf diese Stelle. Es schien ihm aber die Lage des-
selben durch die bereits vorliegenden Beobachtungen noch nicht genau
genug festgelegt zu sein, und daher widmete er einen Teil seiner Unter-
suchungen der Lagenbestimmung desselben. Er fand, daß der Abstand dieses
Punktes von der Sonne nicht unbeträchtlichen Schwankungen unterworfen
war, indem die meisten Werte zwischen 88 und 92° lagen; als mittlerer
Wert iner großen Beobachtungszahl ergab sich 90° 2’, so daß sich also eine
mehr als hinreichend genaue Übereinstimmung mit dem von Arago und
von Brewster angegebenen Wert von 90° herausstellte. Als störend für
die Polarisationsphänomene der Atmosphäre erkannte Rubenson in erster
Linie Rauch, Nebel und Wolken, was in sehr anschaulicher Weise aus
seinen Beobachtungsreihen hervorgeht. Sehr beachtenswert und sicher-
lich viel zu wenig bekannt sind seine Bemühungen '), die Wirkungs-
weise dieser Faktoren genauer zu verstehen. Nicht nur erging er sich
eingehend in Spekulationen und versuchte es, durch Aufstellung von:
mathematischen Formeln der Sache näher zu kommen, sondern er stellte
auch Experimente an über die Zerstreuung des Lichtes an Rauch und an
Wasserdampf. Wieso übrigens auch ohne auffällige Störungsmomente
eine völlige Konstanz der Lage des Polarisationsmaximums bezüglich der
Sonne nach dem heutigen Stande des Wissens gar nicht erwartet werden
kann, werden wir vielleicht an anderer Stelle dartun können. Indem
nun Rubenson den täglichen Gang der Polarisationsgröße des in Frage
stehenden Punktes untersuchte, fand er das Resultat von Bernard, daß
nämlich dieselbe am Vormittag abnähme und am Nachmittag zunähme,
vollauf bestätigt, ohne jedoch imstande zu sein, die genaue Stunde des
Minimums anzugeben. Er neigte schließlich zu der Annahme, daß die
Polarisation etwas vor Mittag ihren kleinsten Wert erreiche. Hand
in Hand mit der Bestimmung der Polarisationsgröße eing bei Rubenson
eine Schätzung der Sättigung der blauen Himmelsfarbe am beobachteten
Punkt, da er mit Recht der Meinung war, daß die Phänomene der
blauen Himmelsfarbe und der atmosphärischen Polarisation eng mitein-
ander verknüpft seien. Da nun aber seine Kurve für die Intensität
der maximalen Polarisation eine völlig andere war als die für die
Sättigung der blauen Farbe der anvisierten Stelle, so zog er den Schluß,
daß die Beziehung der beiden Phänomene zueinander jedenfalls keine
sehr einfache sei. Bemerkenswert sind seine Versuche, die tägliche
Variation der Maximalpolarisation durch eime Formel darzustellen. In
Anbetracht der Verminderung der Polarisationsgröße während des Vor-
mittags und der Zunahme derselben gegen Abend hin versuchte er
') Rubenson, loc. eit. p. 122—140 (Sur les Perturbations).
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation.
-1
SV
zunächst, den täglichen Gang durch eine mit einem Minimum ver-
sehene Funktion darzustellen und wählte daher folgende Gleichungen, in
welchen % die Polarisationsgröße und x die Tagesstunde bedeutet:
y=4A+Bxz+ (x und y=Me?”+ Ne-“, Jedoch gab er sehr bald
diese Formeln auf, da er sah, daß einige besonders regelmäßige ver-
laufende Kurven sich denselben nicht anschlossen, und daß die für den
Vormittag geltenden Kurvenäste fast niemals mit den für den Nachmittag
gefundenen übereinstimmten. Auch zeigten seine Kurven niemals ein
wahres Minimum, indem sie gegen Mittag fast sämtlich durch Störungen
unterbrochen waren, mindestens aber jede Regelmäßiekeit verloren hatten.
5 [ k?
So gelangte er hernach zur Aufstellung der Formel y=ıa-+- .)
GUZZEBE
welche natürlich auch zunächst nichts weiter war als eine Interpolations-
formel, und das um so mehr, als sie nach dem eben Erwähnten bei Bei-
behaltung der nämlichen Werte für die Konstanten A? und «, nur für die
eine Hälfte des Tages Geltung haben konnte. Daneben diskutierte er
2
auch die Formel y=a-+ _——. Es ist nun nicht ohne Interesse,
zu sehen, wie er hernach auch versuchte, zu einer theoretischen Formel zu
gelangen. Dabei ging er von dem Gedanken aus, daß der Tageseang der
Polarisationseröße nicht bloß durch eine direkt auf die Polarisation
wirkende Ursache, sondern auch durch die, von der veränderlichen Sonnen-
höhe abhängige Gesamtintensität des Lichtes beeinflußt werde. Er dachte
sich dabei das gesamte -Licht in einen linear polarisierten und einen
nicht polarisierten Anteil zerlegt und setzte zunächst voraus, daß die
Zunahme des polarisierten Anteils einerseits sowie die Verminderung der
(sesamtintensität andererseits proportional der vom Mittag ab gerechneten
Zeit sei. Bedeutet daher P die Intensität des polarisierten Anteils um Mittag
und / die des nichtpolarisierten Anteils um die nämliche Zeit, so mub
>
die Stärke der Polarisation um Mittag — PL}7 sein. Ist ferner » gleich
ar
der Vermehrung von P während der Einheit der Zeit, herrührend von
einem besonderen Zuwachs des polarisierten Anteils, und s gleich der
Verminderung, welche ? während der Einheit der Zeit erleidet, und welche
von einer Verminderung der Gesamtintensität des Lichtes im betrachteten
Punkt herrührt, so ist, wenn 7 die Verminderung des nichtpolarisierten
Anteils während der Einheit der Zeit bedeutet, die Polarisationseröbe zu
2 ; IBAN a } P—sx:-+px
einer gewissen Zeit (x) am Nachmittage: „= — ———— en —, Dureh
: ; eo 0
x n s s+ti £ h
Anwendung der Beziehungen = = ergibt sich dann nach
7: BR ET}
') Es ist hier x die vom Mittag ab gerechnete Tagesstunde.
74 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
einiger Umformung die Gleichung:
yY= = E 2 ' . P 5 1
ö Bl
Setzt man nun:
Je 'z p
=(G, 1 —=gq und
s KIBErEN s
1.2
so wird y=ad + ———, gleich obigem, auf Grund einiger Beobachtungs-
Cı —m38
R .
P+I s”
reihen aufgestelltem Ausdruck. Die Ausdrücke s/p und p/P
RP
P+I’
betrachtete Rubenson insofern als die wesentlichsten polarimetrischen
Konstanten, als deren Veränderung das Hauptkriterium für die meteoro-
logische Beschaffenheit der Atmosphäre sei. Machte Rubenson nun die
Hypothese, daß die Gesamtintensität des vom Punkte des Maximums aus-
gehenden Lichtes in gleich weit vom Mittag abstehenden Zeitpunkten die
nämlichen Werte annimmt, so mußte dieselbe ausgedrückt werden durch
eine Beziehung, welche für + x und für — x denselben Betrag liefert.
Indem er weiter voraussetzte, die Intensität des polarisierten Lichtanteils
folge einem ähnlichen Gesetz, gelangte er für die Polarisationsgröße zu
-
u
ı
der Formel y„=a+ ———,, wo a, k und c, nun zwar andere Zahlen-
Cı Fr DES
werte erhalten, aber doch die nämliche Beziehung zu den Größen P, I, i, s
und p haben wie bei der vorhergehenden Gleichung. Bei Zugrundelegung
der letztbesprochenen Formel ergab sich merkwürdigerweise für eine
Anzahl der im Winter gewonnenen Beobachtungsreihen das höchst sonder-
bare Resultat, daß man sich dadurch gezwungen sah, auf eine am Nach-
mittag stattfindende Zunahme der Gesamtintensität des Lichtes zu schließen.
Nun war es ja immerhin nicht ganz ausgeschlossen, daß während dieser
Beobachtungen ein ganz außergewöhnlicher Zustand der Atmosphäre
geherrscht hatte; von solchen Erwägungen geleitet, verwarf Rubenson auch
nicht ohne weiteres die letzte Formel, aber immerhin sah er einstweilen
die erstere als die den Tatsachen besser entsprechende an. Faßte er die
sich aus beiden ergebenden Beziehungen zwischen seinen polarimetrischen
Konstanten zusammen, so gelangte er zu dem Schluß, daß die Vermehrung
der (sesamtintensität des Lichtes am Morgen und die Verminderung der-
selben am Abend in erster Linie die tägliche Variation bestimmten. Über-
haupt eröffnete er bei der Diskussion dieser gegenseitigen Beziehungen
der Konstanten höchst interessante Perspektiven, die uns wohl zum Teil
etwas seltsam anmuten mögen, aber andererseits vielleicht bei einem
fortgeschritteneren Zustand unseres Wissens von großem Werte werden
können. So wies er unter anderem darauf hin, daß eine sehr nahe
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 75
Beziehung stattfinden müsse zwischen p/P — der von ihm so genannten
eigentlichen polarimetrischen Konstante der Atmosphäre — und gewissen
meteorologischen Phänomenen, welche offenbar in nahem Zusammenhang
mit der Intensität des atmosphärischen Lichtes stehen, als da sind die
Transparenz der Luft, der Feuchtigkeitsgehalt derselben usw'). Überhaupt
wußte Rubenson den Einfluß der meteorologischen Faktoren vollauf zu
würdigen, und er unterließ es daher nicht, sämtlichen Beobachtungsreihen
mit der größten Sorgfalt eine Schilderung des gleichzeitigen atmosphärischen
Zustandes, soweit er sich durch den Gang der gebräuchlichen meteoro-
logischen Instrumente oder durch Beobachtung mit bloßem Auge angeben
ließ, anzuschließen.
Außer der Bestimmung des durchschnittlichen täglichen Ganges der
Polarisationsgröße suchte Rubenson, die Änderung dieser Variation im
Laufe des Jahres festzustellen. Ebenso stellte er Untersuchungen über
den jährlichen Gang der Polarisation an?). Zu dem Ende konnte er
selbstverständlich nur solche Werte miteinander vergleichen, welche der
nämlichen Sonnenhöhe entsprachen, und er wählte für diese Untersuchungen
den Zeitpunkt, wo die Sonne im Horizont stand. Für den Winter erhielt
er einen mittleren Wert von 0,7825, für den Sommer einen solchen
von 0,6996, woraus sich eine Differenz von 0,0829 ereibt. Eine Formel
für die jährliche Schwankung aufzustellen, gelang ihm nicht. Dagegen
fand er eine solche für die im Laufe des Jahres stattfindende Änderung
der täglichen Variation, die wir jedoch an dieser Stelle nicht besprechen
wollen.
In ziemlich engem Zusammenhang mit den Rubensonschen Unter-
suchungen stehen die zwischen dem Sommer 1894 und dem Herbst 1896
von Chr. Jensen?) in Kiel vorgenommenen Messungen, bei denen, soweit
') Es sei hier z. B. darauf aufmerksam gemacht, daß die Herausgeber (H. Wiener
und O. Wiener) der in den Nov. Act. Leopold, Bd. 73 (239 Seiten), erschienenen Ab-
handlung Chr. Wieners „Die Helligkeit des klaren Himmels und die Beleuchtung durch
Sonne, Himmel und Rückstrahlung“ im Vorwort darauf hinweisen, daß die von L. Weber
in Kiel am 8. August 1593 beobachteten Helligkeitsunterschiede an den verschiedenen
Punkten des Himmelsgewölbes viel kleiner sind als die von Chr. Wiener beobachteten,
und daß sie dies auf die Verschiedenheit des Feuchtiekeitsgehaltes der Atmosphäre in
beiden Fällen zurückzuführen geneigt sind.
?) Rubenson hat seine Messungen nur im Sonnenvertikal ausgeführt, und zwar,
wie bereits erwähnt, bis auf sehr wenige Ausnahmen (siehe darüber auch Me. Uonnel,
Phil. Mag., 5. Ser., vol. 27, p. 89) nur bezüglich des Punktes mit maximaler Polarisation.
>) Chr. Jensen, Beiträge zur Photometrie des Himmels, Inauguraldissertation, Kiel
1898 (106 Seiten). Dieselbe Arbeit erschien auch in den Schriften des naturw. Vereins
für Schleswig-Holstein, Bd. 11, Heft 2, p. 232—346. Ein von Jensen besorgter Auszug
erschien auch in der Met. Zs. 16 (1899), p. 447—456 und 488—499 (nur die eigenen
Messungen ohne die rohen Beobachtungszahlen enthaltend). Siehe darüber auch F. d.
Phys. 55 III, p. 300—301, und Wied. Beibl. 23, p.358—359. Siehe auch Uhr. Jensen, Kurzer
76 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
die schwache Gesamthelligkeit es zuließ, auch die Zeit nach Sonnen-
untergang berücksichtigt wurde. Allerdings stehen diese Untersuchungen
in einer Beziehung in fundamentalem Gegensatze zu den Rubensonschen
Beobachtungen sowohl, als auch, soweit wir uns orientiert haben, zu
denen aller vorhergehenden und nachfolgenden Beobachter. Während
nämlich sonst stets wechselnde Punkte des Himmelsgewölbes auf ihre
Polarisationsverhältnisse hin untersucht worden sind, indem auf den
ca..90° von der Sonne abstehenden Ort maximaler Polarisation ein-
eestellt wurde'), schien es Jensen von vornherein ratsam, einen und den-
selben Punkt auf die zeitliche Änderung des Phänomens hin ins Auge zu
fassen, da sich naturgemäß mit der wechselnden Lage des betrachteten
Punktes die Dicke der Luftschicht überm Beobachter sowie eventuell
auch andere, das Phänomen in wichtiger Weise beeinflussende Momente
änderten. Als ein besonders ausgezeichneter Punkt mußte naturgemäß
(las Zenit erscheinen, und Jensen wählte diesen Punkt auch schon aus
dem Grunde, weil für ihn, wie wir bei Besprechung der Becquerelschen
Arbeit sahen, die Hauptpolarisationsebene bei wolkenlosem Himmel mit
lem Sonnenvertikal zusammenfallen muß, und dadurch bei dem benutzten
Instrument, dem L. Weberschen Polarisations-Photometer, die Messungen
wesentlich vereinfacht wurden, solange die Sonne überm Horizont stand.
Um den rein zeitlichen, von der direkten Beziehung zum Winkelabstand
von der Sonne losgelösten Tagesgang des Phänomens zu erhalten, mußte
er natürlich erst die einfache Beziehung der Polarisationsgröße im Zenit
zum Sonnenabstand dieses Punktes kennen, um die entsprechenden Werte
in gebührender Weise in Abzug bringen zu können. Die Kenntnis dieser
Beziehung war allerdings auch an und für sich sehr erwünscht. Wohl
hatte bereits im Jahre 1856 H. Wild?) an einem Nachmittage des Sep-
tembermonats bei vollkommen reinem Himmel mit seinem Polarimeter die
Verteilung der Polarisationsgröße in einem Vertikalkreis durch die Sonne
zitfernmäßig festgestellt, und auch Rubenson hatte am 21. Juni 1861 die
Polarisationsgeröße im Sonnenvertikal bei zwischen 60 und 90° variie-
renden Sonnenabständen des betrachteten Punktes bestimmt, aber es
Überblick über die Tatsachen und Theorien auf dem Gebiete der atmosphärischen Polarisation
(Vortrag, gehalten in der Abteilung für Geophysik usw. auf der 75. Versammlung
deutscher Naturforscher und Ärzte zu Hamburg), Met. Zs. 18 (1901), p. 545—558. Der-
selbe Vortrag erschien in abgekürzter Form in den Verhandl. deutscher Naturforscher und
Ärzte 1901, II. Ba., 1. Hälfte, p. 194—198.
') Siehe hierzu Ernest Dorsey, On the color and the polarization of blue sky-
light, Monthly Weather Review, vol. 28 (1900), p. 382--388; dasselbe ohne Literatur-
nachweis in der Nature, vol. 64 (1901), p. 138—140.
°) H. Wild, Über ein neues Photometer und Polarimeter nebst einigen damit an-
gestellten Beobachtungen, Poggend. Ann., Bd. 99 (1856), p. 235—274 (siehe insbesondere
p. 272—273).
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 11
handelte sich hier erstens nur um ganz vereinzelte Messungen und zum
andern nicht um einen Punkt von konstanter Lage. So ordnete ‚Jensen
zunächst das gesamte Material nach der Sonnenhöhe und konstruierte
daraus die hier wiedergegebene Kurve — Fig. 16 —. Es entspricht,
wie man sieht, einer Sonnenhöhe von 53,5° ein Polarisationswert von
0,102; sodann steigt die Kurve bei abnehmender Sonnenhöhe zunächst
in einem schwachen Bogen, um von 37° ab bis auf etwa 0° einen ziem-
lich geradlinigen Anstieg zu nehmen. Das Maximum von 0,718 liegt
ungefähr bei 2° negativer Sonnenhöhe, worauf ein entschiedener Rück-
gang stattzufinden scheint.
Pe
=
030
| I N IF
ü INA),
o 3 o
E77]
Nach Gewinnung dieser Kurve wurden die im Beobachtungsjournal
angegebenen Zahlen nach der Tageszeit angeordnet, und es wurde sodann
die Differenz dieser Werte gegen die vorher besprochenen Durchschnitts-
werte gebildet. Auf diese Weise gewann ‚Jensen eine Kurve der täg-
lichen Variation für den Juli, für den September und für das Jahr. Als
Ditferenz zwischen dem größten und kleinsten Tageswert ergab sich für
den ‚Juli 0,029, für den September 0,013 und für das Jahr 0,017. Beim
Vergleich mit den Rubensonschen Differenzen stellte sich heraus, dab
78 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
diese erheblich größer waren, und noch größer ist die von Bernard
eefundene Schwankung. Bei eingehender Vergleichung zwischen den
beiderseitigen Ergebnissen gelangte Jensen zu dem Schluß, daß der Sinn
der Abweichung vermutlich zu einem Teil aus der verschiedenen Be-
obachtungsmethode, zu einem andern aus dem verschiedenen Gang der
meteorologischen Faktoren an den verschiedenen Beobachtungsorten zu
erklären ist. Darin stimmten die Resultate der beiden überein, daß die
Differenzen zwischen Maximum und Minimum im Sommer am erößten
sind, ferner auch darin, daß die Tageskurve am Abend ein Maximum
und um die Mittagszeit ein Minimum aufweist. Einen Grund für den
Rückgang des Phänomens gegen Sonnenuntergang gab Jensen nicht an,
jedoch sprach er die Ansicht aus, daß derselbe vielleicht in innigem Zusammen-
hange mit dem Wachsen des Sonnenabstandes des Babinetschen Punktes um
diese Zeit stehe. Während nun Rubenson nicht entscheiden konnte, ob das
Minimum vor oder nach Mittag einträte, ging aus den Jensenschen Unter-
suchungen klar hervor, daß das Minimum nach Mittag, und zwar ca. zwei
Stunden später, eintritt. Dies ist ein sehr wichtiges Resultat, und zwar vor
allem mit Rücksicht auf die Frage nach der Ursache der atmosphärischen
Polarisation. Wir werden bei späterer Gelegenheit darauf zurückkommen
müssen und wollen hier nur kurz erwähnen, daß Jensen diese Tatsache
in Verbindung brachte mit einer von H. König!) für die entsprechende
Zeit nachgewiesenen, offenbar mit dem Gange der Bewölkung zusammen-
hängenden Depression der Tageskurve des Sonnenscheins, welche sich
namentlich in der wärmeren Jahreszeit geltend macht. Es muß übrigens
auch darauf hingewiesen werden, daß Jensen, da er bei Beginn der
Untersuchungen einen prinzipiellen Unterschied zwischen verschieden-
farbigen Strahlen nicht finden konnte, seine weiteren Beobachtungen auf
den gesamten vom Zenit ausgehenden Farbenkomplex beschränkte, worauf
sich also auch die angegebenen Resultate beziehen. Dagegen bezogen
sich Hand in Hand mit den Polarisationsmessungen gehende Bestimmungen
der Flächenhelligkeit des Zenits auf zwei verschiedene Farbenkompo-
nenten, indem vor das Instrument ein rotes (nur Strahlen von 680 bis 590
Milliontel mm Wellenlänge durchlassendes, mit einem Hellickeitsmaximum
bei 630,6 Milliontel mm) oder ein grünes (Strahlen zwischen 590 und
470 Milliontel mm durchlassendes, mit einem Helligkeitsmaximum bei 541,5
Milliontel mm) Glas geschaltet wurde. Da die Polarisationserscheinungen
offenbar in innigem Zusammenhange mit der Gesamtheit der Helliekeits-
verhältnisse am Himmelsgewölbe stehen, so mußten solche Messungen,
ganz abgesehen davon, daß sie an sich Interesse beanspruchten, als
wertvoll erscheinen. Daß die Polarisationsgeröße an irgendeinem Punkte
') H. König, Die Sonnenscheindauer in Europa, Nova acta der Kaiserl. Leop.-Carol.
Deutsch. Akad. d. Naturf., Bd. 67, Nr. 3 (1896), p. 311—395 (siehe insbesondere p. 354).
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 79
des Himmels in nächster Beziehung zur Verteilung der Helligkeit am
ganzen Himmelsgewölbe steht, hatte bereits Clausius!) angedeutet, und
L. Weber, welcher Untersuchungen über genannte Helliekeitsverteilung
anstellte, hatte es wiederholentlich ausgesprochen, daß solche Messungen
sehr viel zur Erklärung der atmosphärischen Polarisationserscheinungen
würden beitragen können. Eine besondere Frage ist natürlich die, ob
nicht vielleicht auch schon zwischen der Polarisationsgröße an irgend-
einem Punkte des Himmels und der Helligkeit an der nämlichen Stelle
eine direkte Beziehung existiert. Daß Rubenson eine innige Beziehung
zwischen der Gesamtlichtintensität und der Polarisationsgröße vermutete,
sahen wir bereits bei der Diskussion seiner Formeln. Und daß wirklich innige
Beziehungen zwischen der Flächenhelle und der Polarisationsgeröße einer
und der nämlichen Himmelsstelle vorhanden sind, war durch Unter-
suchungen von Busch, Pernter, Riggenbach und L. Weber sehr wahr-
scheinlich gemacht worden. Das ‚JJensensche Material erwies sich nun
allerdings für eine genügende Vergleichung nach dieser Richtung hin als
nicht ausreichend; immerhin aber wurde dadurch ein erster, vorbereitender
Schritt in der angedeuteten Richtung getan.
Großes Gewicht legte Jensen darauf, den Beobachtungstabellen eine
möglichst große Zahl meteorologischer Daten beizufügen. Daher verfolgte
er nicht nur den Gang der bekannteren meteorologischen Instrumente,
sondern er hielt auch in nicht zu großen Zwischenpausen eine förmliche
Himmelsschau, beobachtete die Lage oder Größe etwa vorhandener
Wolken und prüfte die Atmosphäre auf das Vorhandensein von Rauch oder
Nebel hin, da er erkannt hatte, wie außerordentlich störend dies den
sonst normalen Verlauf des Phänomens beeinflußt. Auch suchte er, sich
in einfacher Weise ein Urteil über die Größe der Luftdurchsichtigkeit
zu verschaffen. Da nun gerade die Transparenz der Luft sehr eng mit
dem Phänomen der atmosphärischen Polarisation verknüpft zu sein und
andererseits in sehr naher Beziehung zu den Dämmerungserscheinungen
zu stehen schien, so bemühte sich Jensen, auch den Gang dieser Er-
scheinungen möglichst getreu darzustellen. Schließlich fügte er den
Tabellen auch die den Beobachtungstagen entsprechenden Registrierungen
des Campbell-Stokes’schen Sonnenscheinautographen bei. Welch innige
Beziehungen übrigens gerade zwischen Polarisations- und Dämmerungs-
erscheinungen vorhanden sind, ist vor allem durch später zu besprechende,
durch viele Jahre hindurch fortgesetzte Beobachtungen von Busch klar
zutage getreten.
') R. Glausius, Über die Lichtzerstreuung in der Atmosphäre und über die Inten-
sität des durch die Atmosphäre reflektierten Sonnenlichtes, Poggend. Ann., Bd. 72 (1847),
p- 294—314. Diese Abhandlung erschien als Auszug aus zwei im Journal für reine
und angewandte Mathematik (Bd. 34 und 36) vollständig erschienenen Abhandlungen.
s0 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Während der Ausarbeitung dieses Manuskriptes wurden wir auf
eine im Druck befindliche!) Untersuchung des amerikanischen Meteoro-
losen Kimball aufmerksam gemacht, dessen Resultate zum Teil interessante
Vergleiche mit den Rubensonschen und Jensenschen Ergebnissen zulassen
dürften. Kimball, welcher unseres Wissens bisher vor allem durch seine
Arbeiten über die Absorption der Sonnenstrahlen in der Erdatmosphäre?)
bekannt geworden ist, hat auch seine, übrigens zum Teil bereits in einer
früheren Studie bekannt gegebenen polarimetrischen Messungen in erster
Linie angestellt, um dieselben in Beziehung zu pyrheliometrischen Be-
obachtungen zu setzen, und da es sich um äußerst gründliche, systematische
Untersuchungen handelt, hoffen wir, in einem späteren Abschnitt Gelegen-
heit zu finden, näher auf dieselben?) einzugehen. An dieser Stelle da-
gegen können wir nur in aller Kürze seine Resultate bezüglich des täglichen
(sanges der Polarisationseröße erwähnen. Beobachtet wurde allemal nur
') Prof. Kimball stellte Dr. Jensen in entgegenkommendster Weise einen Korrektur-
abzur zur Verfügung.
°) H. H. Kimball, Observations of Solar Radiation with the Angström Pyrhelio-
meter at Asheville and Black Mountain, N. C., Monthly Weather Review, vol. 31 (1903),
P. 320 — 334, wo schon eine Menge Polarisationsbeobachtungen zum Vergleich herangezogen
sind; ferner H. H. Kimball, Abnormal Variations in Insolation, Monthly Weather Review,
vol. 31, p. 232— 233: derselbe, Variations in insolation and in the polarization of blue sky
licht during 1905 and 1904, "Third Convention of Weather Bur. Officials, Sept. 1904, Peoria:
(lerselbe, The variations in atmospherie transpareney during 1902, 1903 und 1904, Monthly
Weather Rev. 33 (1905), p. 100—101, worüber referiert ist in der Naturw. Rundsch.,
Bd. 21 (1906), p. 33. Hier sei auch auf die zahlreichen aktinometrischen Messungen
Urovas hingewiesen, so u. a. auf „Mesure de lintensite calorifique des radiations solaires
et de leur absorption par l’atmosphere terrestre, Ann. Chim. Phys., 5. Ser., vol. 11 (1877),
p. 435—520, bezw. Ann. Chim. Phys., 5. Ser., vol. 19 (1880), p. 167—194,“ und auf „Sur
la transmissibilite de la radiation solaire par l’atmosphere terrestre, ©. R., vol. 104 (1887),
p. 1475-1480“.
») H.H. Kimball, Pyrheliometer and Polarimeter Observations, Bulletin of the Mount
Weather Observatory. vol. 1, part 2 (1908), p. S3>—93 (Comparison of Pyrheliometers), und
part 4, p. 207231 (Reduction of Pyrheliometric Observations), sowie vol. 2 (1909), part 2,
D- 55—65 (The Relation between Sky Polarization and the General Atmospherie Absorption).
Siehe hier auch unter anderem Ü. Michalke, Untersuchungen über die Extinktion des Sonnen-
lichtes in der Atmosphäre, Dissert.. Breslau 1886, 58 Seiten; ferner Langley, Die aus-
wählende Absorption der Energie der Sonne, Wied. Ann., Bd. 19 (1883), p. 384—400 ;
Langley, Researches on Solar Heat, Washington 1884, sowie seine zahlreichen dies-
bezüglichen Untersuchungen im Philosophical Magazine; ferner Capt. Abney, Trans-
mission of Sunlight through the Earth’s Atmosphere, Phil. Transact. 1887 u. 1893; siehe
auch F. W. Very, Atmospherie Radiation, A Research conducted at the Allegheny Ob-
servatory and at Providence, R. I, Washineton 1900; siehe auch Hann, Lehrb. der
Meteorologie, Leipzie 1901, p. 11 u. ff. (Verhalten der Atmosphäre gegen die Sonnen-
strahlung). Siehe ferner A. Bemporad, L’assorbimento selettivo della radiazione solare
nell’ atmosfera terrestre e la sua variazione coll’ alterra, Reale Accademia dei Lincei
von 1908, 108 Seiten, und A. Bemporad, Osservazioni pireliometriche a differenti altezze
sull’ Etna, Memoria della Societä degli Spettroscopisti italiani, vol. 38 (1909) usw.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 1
der Punkt maximaler Polarisation im Sonnenvertikal. Die Polarisation
dieses Punktes suchte Kimball, indem er die Lichtzerstreuung an kleinen
Teilchen, die an größeren Partikelchen und ferner die Reflexion der
Sonnenstrahlen an der Erdoberfläche als gesonderte Faktoren in Rechnung
brachte und sodann die, durch die veränderliche Sonnenhöhe bedingte
Verschiedenheit in der Dicke der von den in Frage kommenden Licht-
strahlen zu durchlaufenden Luftschicht ins Auge faßte, durch eine
Formel darzustellen, und er gibt an, daß die Anlehnung der tatsächlich
beobachteten täglichen Variation der Polarisationsgröße an seine Formel
befriedigend war. Seine diesbezüglichen Beobachtungen führten ihn zu dem
Ergebnis, daß das Minimum der Polarisation um Mittag vorhanden ist,
daß dieselbe allmählich wächst, wenn sich die Sonne dem Horizont nähert,
und daß ein ausgesprochenes Wachstum während der ersten paar Minuten
der dem Sonnenuntergang folgenden Dämmerung stattfindet. Vor allem das
letzte Resultat ist schon an sich sehr interessant, und dasselbe wird noch
interessanter, wenn man es mit einer von Chr. Jensen bei Gelegenheit der
Diskussion der die Beziehung der Polarisationsgröße im Zenit zur Sonnen-
höhe darstellenden Kurve gemachten, dahingehenden Äußerung vergleicht,
daß „vielleicht durch den Sonnenuntergang ein starkes Anschwellen der
Polarisation an sich bedingt ist“.
In loserem Zusammenhange mit den vorgenannten Untersuchungen
stehen Messungen, welche James C. Me. Connel') zwischen dem Oktober
1887 und dem Januar des Jahres 1889 ausführte. Er legte seine Re-
sultate im Philosophical Magazine von 1889 nieder. In dieser Arbeit dis-
kutierte er zunächst die Ursache der Polarisationserscheinungen, wie sie
uns die Atmosphäre an den verschiedenen Punkten des Himmelsgewölbes
bietet, und unterwarf die Beobachtungsmethode von Brewster und Rubenson
einer Kritik. Darauf ginge er zu seinen eigenen Beobachtungen über,
welehe in Thusis, in Davos und in St. Moritz?) angestellt waren. Sein
Apparat bestand im wesentlichen aus einer Kombination eines beweglichen
mit einem unbeweglichen Glasplattensatz zur Depolarisation des in das
Instrument eintretenden, mehr oder weniger stark polarisierten Lichtes
und aus einem Polariskop, das aus einer senkrecht zur optischen Achse
geschnittenen isländischen Doppelspatplatte und einem Niecolschen Prisma
zur Konstatierung der Depolarisation bestand. Da jedenfalls eine genaue
Berechnung der Polarisationsgröße aus den Angaben eines Glasplatten-
satzes eine große Schwierigkeit in sich birgt, so zog Connel, dem
Beispiele Aragos und Rubensons folgend, es vor, sein Instrument zu
!) James ©. Me. Connel, On the Polarization of Sky Light, Phil. Mag., 5 Ser., vol. 27,
p. 81—104.
2) Connel gibt für seine Beobachtungsplätze bei Thusis, Davos und St. Moritz
2450, 5100 und 6000 Fuß an, was ungefähr 747, 1554 und 1829 Metern entspricht.
6
8: Friedr. Busch und Chr. Jensen.
ad
eichen'). Mit diesem beobachtete er dann solche Punkte, welche sich in einem
Sonnenabstand von 90° befanden, ohne sich jedoch auf den Sonnenvertikal
zu beschränken. Die aus den Ablesungen gewonnenen Werte drückte er
in zwei verschiedenen Maßen aus. Wenn die Intensitäten der beiden senk-
recht aufeinander stehenden Komponenten eines teilweise polarisierten
Lichtstrahls A bezw. B genannt werden, so bezeichnete er „B/A“ mit r
“
A
behaupten, daß das von ÜUonnel beigebrachte Beobachtungsmaterial ein
sehr reichhaltiges ist; auch vermißt man eine genauere Angabe über die
zur Zeit der Beobachtung bestehenden meteorologischen Verhältnisse,
welche zur Vereleichung der beigebrachten Werte untereinander um so
mehr erwünscht wäre, als bis jetzt wenig Messungen an so hochgelegenen
Orten vorliegen, die doch, wie an anderer Stelle bemerkt wurde, von
besonderer Wichtigkeit sind. Auf der anderen Seite aber eibt die
Connelsche Arbeit recht interessante Gesichtspunkte und wirkt sehr an-:
regend, so daß das Lesen derselben künftigen Beobachtern wohl an-
selegentlichst empfohlen werden kann. Abgesehen davon, daß auch diese
Beobachtungen zeigten, daß die Polarisation um die Mittagszeit am
schwächsten ist, gingen vor allem zwei wichtige Resultate aus den
Untersuchungen hervor. Einmal ließen die Beobachtungen, wenn man
sie untereinander und mit den zur entsprechenden Tageszeit?) an niedriger
gelegenen Orten gewonnenen Werten verglich, den starken Einfluß der Höhe
auf das Phänomen erkennen, so daß er die Beziehung dahin formulieren
konnte, daß die Stärke der Polarisation ceteris paribus mit der Erhebung
über den Erdboden wuchs. Zum andern — und diesem Ergebnis legte Connel
wohl die größte Bedeutung bei — ging aus den Messungen deutlich hervor,
wie sehr die Polarisationsgröße durch die Helligkeit des Erdbodens ge-
schwächt wird, indem hier vor allem schneebedeckter Boden dieselbe ganz
enorm herabdrückte. Dies letzte Resultat ist übrigens, und zwar offenbar
völlig unabhängig von Connel, kürzlich auch von Kimball gefunden worden.
Wir können uns nun nicht versagen, an dieser Stelle eine bereits
1846 von Zantedeschi gemachte Bemerkung über den Einfluß des Bodens
auf die atmosphärische Polarisation wiederzugeben. Zantedeschi?) schreibt
wörtlich: „Arago avera fino del 1809 notato linfluenza delle eircostanze
und den Ausdruck mit s. Man kann nun nicht gerade
1) Bei dieser Gelegenheit bespricht er kurz die verschiedenen Möglichkeiten, ein
derartiges Instrument zu eichen.
?) Die weitaus größte Zahl von Beobachtungen wurde in der dem Mittag nahe
liegenden Zeit des Tages angestellt.
») Zantedeschi, Delle leggi dell’ intensitä della polarizzazione della luce solare
nell’ atmosfera serena, Extrait de la Raccolta fisico-chimica italiana von 1846, t. 1, fasc. 10.
Im übrigen müssen wir auf Zantedeschis Arbeit verweisen, deren wesentlichster Wert in einer
Literaturübersicht zu liegen scheint.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation.
RR
3
che fanno variare l’illuminazione diretta o secondaria della massa aerea.
Tali sono lV’elevazione della stazione, la trasparenza attuale dell’aria, la
presenza parziale del nubi sull’orizonte, la vieinanza del mare e quella
delle montagne, il riflesso dei vasti bacini d’acqua e la luce del suo meno
richiararato, sopratutto quando egli € coperto di nive.“ Im übrigen
können wir auf die Untersuchungen von Zantedeschi nicht näher eingehen,
zumal seine Resultate!) in einigen wichtigen Punkten von den bis zu
jener Zeit gewonnenen und hernach allgemein anerkannten abweichen.
Was nun die Beziehung der Beschaffenheit des Erdbodens zu den Er-
scheinungen der atmosphärischen Polarisation betrifft, so sei noch auf die
Untersuchungen von J.L. Soret”) hingewiesen, welcher eine in die Augen
springende Beeinflussung der unterhalb der Sonne im Sonnenvertikal zu
beobachtenden Polarisationsphänomene durch die große Wasserfläche des
Genfersees konstatierte, und welcher ferner bei leicht nebeligem Wetter
wiederholentlich über dem Wasser das Phänomen zweier, zu beiden Seiten
von der Sonne befindlicher, in der Höhe dieses Gestirns liegender neutraler
Punkte beobachten konnte. Daß die von derWasserfläche reflektierten Sonnen-
strahlen die Beleuchtung der Atmosphäre verändern und eine Polarisation
herbeiführen, welche abhängig ist von der Höhe der Sonne überm Horizont,
von der Ausdehnung und von der sonstigen Beschaffenheit der Wasserfläche
sowie von der Beschaffenheit der darüber befindlichen Luft, leuchtet ohne
weiteres ein und braucht hier um so weniger diskutiert zu werden, als sich
uns an anderer Stelle Gelegenheit bieten wird, darauf zurückzukommen.
Die Stärke der Polarisation bei Mondschein hat Cornu?) untersucht.
und zwar fand er, daß zur Vollmondszeit, bei unverändertem Zustande
der Atmosphäre und entsprechender Höhe von Sonne und Mond, der
polarisierte Anteil im Himmelslicht bei Tag und Nacht derselbe ist. Dies
Resultat hat Piltschikoff') bestätigt gefunden; andererseits aber gelangte
er zu dem Ergebnis, daß dieser Betrag von einem Maximum zur Voll-
mondszeit bis auf 0 zur Zeit des Neumondes sinkt, um darauf wieder bis
') Siehe darüber F. d. Phys., Bd.2 (1846), p. 191—192. Die Arbeit selbst haben wir
leider nicht in die Hand bekommen können.
2) J. L. Soret, Influence des surfaces d’eau sur la polarisation atmospherique et
observation de deux points neutres A droite etä gauche du soleil, ©. R., vol. 107 (1888),
p. 867870. Siehe darüber Met. Zs., vol. 6 (1889), p. [22—23], Wied. Beibl., Bd. 13,
p- 314—315 und Nat. Rundsch., Bd. 4, p. 64.
>) A. Cornu, Sur l’application du photopolarimötre A la Meteorologie, Congres de
Limoges, Notes et memoires, p. 267—270, und Dorsey in Monthly Weather Review von
1900, p. 385, sowie in der Nature, vol. 64, p. 138—140; siehe auch A. Cornu, Sur le
photopolarimetre consider comme instrument meteorologique, M&em. du Congres met.
intern., Paris 1889, p. 95—97 (nach F. d. Phys. 46 II, p. 531).
») N. Piltschikoff, Sur la polarisation de l’atmosphere par la lumiere de la lune,
‘©. R. 114 (1892), p. 4658—470; siehe auch F. d. Phys. 48 III, p. 373. S. auch Zantedeschi.
6*
84 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
zum Vollmond zuzunehmen, einem Ergebnis, welches wir wohl bei späterer
Gelegenheit etwas näher ins Auge werden fassen müssen. Die Funktion,
welche die Beziehung zur Mondphase ausdrückt, hat übrigens Piltschikoff
seiner zu geringen Beobachtungszahl nicht entnehmen können. Durch
Vorsetzen farbiger Gläser vor das Cornusche Photopolarimeter unter-
suchte er ferner die Abhängiekeit der Polarisationsstärke von der
Wellenlänge’). Dabei fand er auffällix große Unterschiede zwischen
den bei Vorschaltung eines roten und eines blauen Glases erhaltenen
Werten, indem allerdings diese Differenz mit der Luftbeschaffenheit
schwankte. Der Veränderung des Staubgehaltes der Atmosphäre maß
Piltschikoff die wesentlichste Rolle bei den beobachteten Schwankungen
bei. Er kam dabei zu dem Resultat, daß die atmosphärische Polarisations-
stärke im allgemeinen für die blauen Strahlen erheblich größer sei als
für die roten, indem die Differenz um so geringer ausfalle, je höher der
Betrag derselben an sich sei. Der erste Schluß vor allem muß immerhin
mit Vorsicht aufgenommen werden, entspricht er doch nur einer relativ
geringen Beobachtungszahl und offenbar auch besonderen meteorologischen
Bedingungen. Die Angaben bezüglich der Abhängigkeit der Polarisations-
größe von der Wellenlänge sind bei den verschiedenen Beobachtern sehr
verschieden, und es sei nur darauf hingewiesen, daß weder Connel noch
Jensen einen prinzipiellen Unterschied bei verschiedenen Farben finden
konnten. Wie wir hernach zeigen werden, haben uns gerade neuere Unter-
suchungen über das Wesen der mit den Polarisationserscheinungen aufs
innigste verknüpften sonstigen optischen Verhältnisse unserer Atmosphäre
verständlich gemacht, woher so verschiedene Ansichten über diesen Punkt
kommen konnten.
Es ist eine verständliche, aber immerhin nicht uninteressante
Erscheinung, daß gerade anormale Verhältnisse uns oft dem Verständnis
des normalen Verlaufs eines Phänomens näher bringen. So ist es auch
auf dem hier besprochenen Gebiet gewesen. Wir berichteten schon
verschiedentlich darüber, wie die Polarisationserscheinungen von den
meteorologischen Verhältnissen stark abhängig sind. Es war uns nun
interessant, bei der Literaturdurchsicht zu erfahren, daß auch schon
Cornu?), ja daß gerade Cornu?) mit Nachdruck darauf hingewiesen hat,
dab eine plötzliche Änderung in dem Verhältnis des polarisierten zum
unpolarisierten Anteil immer eine erhebliche Witterungsänderung ankündige,
') N. Piltschikoff, Sur la polarisation spectrale du eiel, ©. R., vol. 115 (1892),
p. 555 —558.
°) A. Cornu, Sur le photopolarimetre considere comme instrument meteorologique,
Mem. du Congres met. intern., Paris 1889, p. 95—97 (siehe F. d. Phys. 46 II, p. 531).
°) A. Cornu, loc. eit.; siehe auch Chr. Jensen, Beiträge zur Photometrie des.
Himmels, p. 50.
Br.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. s5
und zwar mehrere Stunden, bevor andere meteorologische Phänomene,
als da sind barometrische Schwankungen, Halos oder andere meteorologisch-
optische Erscheinungen, eine prinzipielle Änderung anzuzeigen begönnen.
Derselbe Cornu war es auch, welcher, soviel wir haben erfahren können,
zuerst auf jene starken Störungen der atmosphärischen Polarisation hin-
wies, die sich im Gefolge des Krakatau-Ausbruchs vom August 1883 ein-
stellten. Diese, zusammen mit den sonstigen auffälligen Erscheinungen'), vor-
nehmlich den ganz außergewöhnlich prächtigen Dämmerungeserscheinungen,
dem nach dem Vorschlage von Forel dem Entdecker zu Ehren als Bishopscher
Ring bezeichneten farbigen Ring um die Sonne und den von Jesse entdeckten
und genauer studierten „leuchtenden Nachtwolken“, haben offensichtlich
das Studium dieser und der in nahem Zusammenhang damit stehenden
Erscheinungen neu belebt. Schon in dem auf die gewaltige Eruption
folgenden Jahre teilte Cornu?) mit, daß die maximale Polarisation, welche
in den dem Ausbruch vorhergehenden ‚Jahren an schönen Tagen Werte
von 0,75°) angenommen hatte, erheblich geschwächt sei, indem sie in
der Störungsperiode fast niemals den Wert 0,48 überschritt. Sodann
') F. Busch, Mitteilungen über einige mit der glänzenden Dämmerung des Winters
1883/84 in Zusammenhang stehende Erscheinungen, Met. Zs. 2 (1885), p. 232—234.
F. Busch, Über die Dämmerung, insbesondere über die glänzenden Erscheinungen des
Winters 1883/84; derselbe, Beobachtungen über den Bishopschen Ring und über das erste
Purpurlicht, Arnsberg 1886, Wissenschaftl. Beilage zum Programme des Köniel.
Gymnasiums zu Arnsberg, Ostern 1887, 33 Seiten, und Sur les ph&enomenes eröpuseulaires
de 1883/84, Ann. soc. met. de France, juillet, aoüt 1886. O. Jesse, Auffallende Abend-
erscheinungen am Himmel, Met. Zs. 2 (1885), p. 311—312; derselbe, Die Höhe der Dunst-
schicht, durch welche die merkwürdigen Dämmerungserscheinungen der letzten Monate hervor-
gerufen sind, Met.Zs.1 (1884), p.127—137. J.Kießling, Untersuchungen über Dämmerungs-
erscheinungen zur Erklärung der nach dem Krakatauausbruch beobachteten atmosphärisch-
optischen Störung, Hamburg und Leipzig, Verlag von Leopold Voß, 1888, 170 Seiten.
Neumayer, Bericht über die vulkanischen Ausbrüche des Jahres 1883 in ihrer Wirkung auf
die Atmosphäre, Met. Zs. von 1884, p. 1—4, 49—65, 156— 163, 181— 198, 277— 282, 311—319.
Perron et Thollon, Note sur les er&puscules extraordinaires de 1883/84, Ann. Chim. Phys., 6. Ser.,
vol. 1 (1884), p. 433—449. Riggenbach, Beobachtungen über die Dämmerung, Habilitations-
schrift, Basel 1856. The Eruption of Krakatoa and subsequent Phenomena, Report of the
Krakatoa-Kommittee ofthe Royal Society, edited by G.J. Symons, London 1888, Großquart,
494 Seiten, mit 3 Farbendrucktafeln und 43 weiteren, großen Tafeln sowie sehr vielen
Illustrationen im Texte (besprochen von Pernter in der Met. Zs. 1889, p. 329—339,
409—418, 447— 466). Die Fortschritte der Physik von 1884 und 1885 weisen eine Flut
von Literatur über die auffälligen meteorologisch - optischen Phänomene nach dem
Krakatau-Ausbruch nach.
2) A. Cornu, Observations relatives & la couronne visible actuellement autour du
soleil, C. R., vol. 99 (1884), p. 438—493, und Journ. de phys., Ser. 2, vol. 4, p. 53—59;; siehe
dasselbe ins Deutsche übertragen in Exners Repertorium der Physik, Bd. 21 (1885),
Pa2 IT
>) Cornu hat offenbar dasselbe Maß für die Polarisationsgeröße angewandt wie
Bernard, Rubenson und Jensen.
86 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
hatte er gefunden, daß seit der Zeit, wo der Bishopsche Ring — der
offenbar in nächster Beziehung zur Katastrophe stand — sichtbar war,
die Abstände des Aragoschen, des Babinetschen und des Brewsterschen
Punktes von der Sonne beziehungsweise ihrem Gegenpunkte eine be-
trächtliche Vergrößerung erfahren hatten. Außerdem berichtete er über
vier neue neutrale Punkte, von denen je zwei zu beiden Seiten der
Sonne beziehungsweise ihres Gegenpunktes, symmetrisch zum Sonnenvertikal
und nahezu in der Höhe genannter Zentren vorhanden waren. Die Beob-
achtung der beiden neuen neutralen Punkte, rechts und links von der Sonne,
war erheblich leichter als die der beiden anderen Punkte. Bei Vor-
schaltung eines roten Glases vor das Savartsche Polariskop fand Cornu
dieselben am äußeren Rande des roten Sonnenringes, und die Abstände
von der Sonne verkleinerten sich mehr und mehr, wenn er vom roten zu
einem grünen und von diesem zu einem blauen Glase überging. Er faßte
seine diesbezüglichen Ergebnisse dahin zusammen, daß die Intensität der
Störung mit der Brechbarkeit des ausgesandten Lichtes abnehme, und daß
die polariskopische Analyse des Phänomens, wenn man sie mit der früherer
Jahre vergleiche, zeige, dab die Störung in jedem Punkte mit dem Auf-
treten eines Lichtbündels verbunden sei, welches in einer Ebene senkrecht
eeeen die durch die Sonne gehende polarisiert sei. Um die beiden anderen
Punkte beobachten zu können, mußte er ein doppeltes rotes Fenster-
glas vor das Polariskop schalten, um es mit Strahlen zu tun zu haben,
die so monochromatisch und so wenig brechbar wie möglich waren. Auch
gab Cornu an, daß dieses, sehr schwache Phänomen leider nur einige
Minuten vor Sonnenuntergang dauere.
Wir können hier nicht umhin, darauf hinzuweisen, daß neuerdings
Chr. Jensen zu einer Zeit, wo man es offenbar mit normalen Verhältnissen
zu tun hatte, eine Abhängigkeit der Höhe der bekannteren neutralen Punkte
von der Farbe, in der beobachtet wird, fand, wobei vor allem zu beachten
ist, daß jedenfalls in der überwiegenden Mehrzahl der Beobachtungen die
Abstände von der Sonne beziehungsweise dem antisolaren Punkt bei kleineren
Wellenlängen größer waren als bei den nach dem roten Ende des Spektrums
hin liegenden. Auch fand ‚Jensen wiederholentlich eine Veränderung der
Größe dieser Differenzen innerhalb einer Beobachtungsreihe, ohne daß es
allerdings bislang möglich gewesen wäre, eine einfache Beziehung dieser
Differenzen zur Sonnenhöhe, oder aber zu meteorologischen Verhältnissen zu
finden. Wir können hier nur andeuten, gedenken aber in einem späteren
Abschnitt darauf zurückzukommen, da diese Entdeekung nicht nur für
die instrumentelle Seite der Frage von großer Bedeutung sein kann, sondern
auch dazu angetan erscheint, neues Licht auf die Theorie der atmo-
sphärischen Polarisation zu werfen.
Von Kießling angeregt, wandte sich Busch im Jahre 1886 dem
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation.
[0 e)
7
Studium der atmosphärischen Polarisation‘) zu, indem er vor allem der
Verfoleung der neutralen Punkte oblag. Mit geringer Unterbrechung
beobachtete er bis auf den heutigen Tag, so oft Zeit und Zustand des
Himmels es erlaubten, vor allem den Gang der nach Arago und Babinet
benannten Punkte. Daneben machte er auch interessante Beobachtungen
über die Polarisationsverhältnisse von Wolken, wie sie sonst auch noch
von Rubenson und von Soret angestellt wurden und zur Kenntnis einiger
interessanter neuer Tatsachen führten, die zu erwähnen wir vielleicht noch
hernach Gelegenheit bekommen. Hier sei dazu nur so viel bemerkt, daß,
während man lange Zeit hindurch mit Arago angenommen hatte, dab
das von den Wolken stammende Licht stets unpolarisiert ist, sich in neuerer
Zeit die Ansicht Bahn gebrochen hat, daß die Wolken jedenfalls durch
Reflexion beziehungsweise Diffusion des auf sie einfallenden Lichtes eine
eigene Polarisation erhalten können?. Was nun die Buschschen Be-
obachtungen der neutralen Punkte anbetrifft, so wollen wir uns darüber
hier möglichst kurz fassen, da einmal die wesentlichsten Gesichtspunkte
in der Einleitung besprochen wurden, und da wir zum andern uns in
einem eigenen Abschnitt, dem vornehmsten Zwecke gegenwärtiger Schrift
dienend, besonders ausführlich über die neutralen Punkte zu verbreiten
gedenken. Busch beobachtete zunächst bis 1889; während dieser Zeit
nahmen die Abstände des Aragoschen und Babinetschen Punktes all-
mählich ab, ganz entsprechend dem Verklingen der übrigen bereits erwähnten
optischen Störungen der Atmosphäre, weswegen Busch, wie schon erwähnt,
da er aus eigenen Beobachtungen und aus denen anderer Forscher hinsicht-
lich des Babinetschen Punktes wußte, daß mit einer Trübung der Atmosphäre
!) F. Busch, Zur Polarisation des zerstreuten Himmelslichtes, Beobachtungen über
den Gang der neutralen Punkte, Met. Zs. 3 (1886), p. 532—539. F. Busch, Beobachtungen
über die Polarisation des Himmelslichtes, insbesondere zur Zeit der Abenddämmerung,
Met. Zs. 6 (1889), p. 81—95. Derselbe, Beobachtungen über die atmosphärische Polarisa-
tion, Arnsberg 1890, Programm des König]. Gymnasiums, 48 Seiten. Derselbe, Die neu-
tralen Punkte von Arago und Babinet und die Sonnentleckenrelativzahlen seit 1886,
Met. Zs. 13 (1896), p. 1585—160. Derselbe, Beobachtungen über die gegenwärtig vor-
liegende Störung der atmosphärischen Polarisation, Met. Zs. 20 (1903), p. 317-319.
F. Busch, Beobachtung über die Wanderung der neutralen Punkte von Babinet und
Arago während der atmosphärisch - optischen Störung der Jahre 1903—1904, Met. Zs. 22
(1905), p. 248—254. Derselbe, Die neutralen Punkte von Babinet und Arago in den
Jahren 1905 und 1906 nach Beobachtungen in Arnsberg, Met. Zs. 24 (1907), p. 351—359.
Derselbe, Eine neue Störung der atmosphärischen Polarisation, Met. Zs. 25 (1908),
p. 412-414. Derselbe, Das Verhalten der neutralen Punkte von Arago und Babinet
während der letzten atmosphärisch-optischen Störung, Das Weltall, Jahrg. 6, Heft 3 (1905),
p-31 41, 55 62 und 77-80.
2) Siehe p.528—536 von J. L. Soret, Sur la polarisation atmospherique, Ann. Chim.
Phys., 6. Ser., vol. 14 (1888), p. 503—541; siehe auch S. G. Schultz, Study of Sky Polarization
with Reference to Weather Conditions, Proceedings of the Second Convention of Weather
Bureau Offieials (1901), p. 28—31.
88 Friedr. Busch und Uhr. Jensen.
eine Vergrößerung des Sonnenabstandes verbunden ist, die Verhältnisse
so auffaßte, als ob der Krakatau-Ausbruch durch Schwängerung der Atmo-
sphäre mit fremden Partikelchen die relativ hohen Abstände der ersten
Beobachtungszeit bedingt hätte, wobei allerdings erwähnt werden muß,
daß sich die Störung keineswegs nur durch die Vergrößerung der
mittleren Abstände, sondern auch durch den gegen die Norm vor-
handenen, verschobenen Gang dokumentierte. Cornu hatte vor der Zeit,
wo Busch beobachtete, noch viel höhere Abstände gefunden, und es ist
sehr bedauerlich, daß aus der allerersten Zeit der Störung nur ganz ver-
einzelte Beobachtungen vorliegen. Die wohl heute ganz allgemein an-
genommene Theorie der Schwängerung unserer Atmosphäre mit vom
Krakatau-Ausbruch herrührenden Partikelehen haben von europäischen Ge-
lehrten Jesse, Lockyer') und Forbes zuerst, unabhängig voneinander, aus-
gesprochen. Es hatte aber nicht an gewichtigen Stimmen gefehlt, welche
dafür eintraten, daß die atmosphärisch-optische Störung in den dem
Krakatau-Ausbruch folgenden Jahren eine rein kosmische Ursache habe,
indem die Erde am 27. November 1883 mit einer kosmischen Wolke
zusammengetroffen sei, welche in ähnlicher Weise wie bei Kreuzung der
Erdbahn mit der Bahn des Bielaschen Kometen am 27. November 1872
eine große Menge fremdartiger Materie in die Atmosphäre geschleudert
habe. Hier seien nur Falb, Klinkerfues, Nordenskjöld und Plaßmann ge-
nannt. Nachdem aber Mitteilungen eingelaufen waren, daß die unge-
wöhnlichen optischen Phänomene in der nämlichen Weise bereits im
September desselben Jahres in Afrika, Südamerika und Indien, im Oktober
in Nordamerika und später bald hier, bald dort in außereuropäischen
Ländern beobachtet worden seien, war dieser Theorie der Boden entzogen.
Jede einseitig kosmische Theorie dieser Erscheinungen mußte aber
natürlich in sich zusammenfallen, sobald der deutliche Nachweis einer
zeitlichen Ausbreitung der Phänomene geliefert war. Diesen Nachweis
in geradezu klassischer Weise geführt zu haben, ist das unbestreit-
bare und wohl auch wunbestrittene Verdienst Kießlings?), welcher der
vulkanischen Auffassung zum absoluten Siege verhalf, wenn auch das
') Nach der Nature, vol. 33 (1885/86), p. 483, trat Lockyer zuerst energisch mit
seiner Ansicht heraus in den „Times“ vom 8. Dezember 1883 (Busch gibt in einer Pro-
erammschrift von 1886 den 6. Dezember 1883 an). Es scheint aber, dab tatsächlich
0. Jesse der erste war, der die Ansicht aussprach (Kreuzzeitung vom 2. Dez. 1883).
Siehe Zs: f. Met. 119, p- 313 317 u, BE? Phys. A017 p2262:
?) Bei einer von H.H. Warner in Rochester ausgeschriebenen Konkurrenz für die beste
Schrift über die Ursache der ungewöhnlichen Dämmerungserscheinungen erhielt Kießling
bei der von mehreren amerikanischen Universitätsprofessoren geleiteten Preisverteilung
den ersten Preis von 200 Dollars. Auch Braun erhielt einen Preis, in Gestalt einer
goldenen Medaille im Werte von 60 Dollars. Es waren im ganzen 36 Arbeiten hervor-
ragender Astronomen und Physiker eingelaufen.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 89
zeitliche Auftreten vereinzelter Erscheinungen, welche offensichtlich mit
den gesamten durch den Krakatau-Ausbruch herbeigeführten Störungen
zusammenhingen, Erklärungsschwierigkeiten zurückgelassen hat. Diese
vulkanische Auffassung hatte übrigens schon vorher in Braun’) einen
enereischen Vertreter gefunden.
Äußerst interessante Beziehungen zu den neutralen Punkten fand
man auch bei der Verfolgung der Polarisation des Bishopschen Ringes.
Zunächst fand Riggenbach, daß außerhalb des hellsten Ringteiles positive,
innerhalb negative Polarisation vorhanden war. Den Radius dieses hellsten
Teiles gab er im Durchschnitt zu 14° an; ganz besonders interessant
aber war Riggenbachs?) Nachweis eines Anschwellens desselben zur Zeit
des Sonnenunterganges. Im Anschluß an diese Tatsachen wies Busch
darauf hin, daß die Messung der Sonnenabstände des Babinetschen und
des Brewsterschen Punktes vom April bis zum Oktober 1856 im Durch-
schnitt ebenfalls 14° ergeben habe, wobei er besonders betonte, dab
sich der Sonnenabstand des Babinetschen Punktes um Sonnenunter-
gang in genau dem gleichen Betrage vermehre wie der Radius des
Bishopschen Ringes. Hier wollen wir allerdings ja nicht verfehlen, dar-
auf hinzuweisen, daß man, wenn man bestimmte Schlüsse in der an-
gegebenen Richtung machen will, wohl zu beachten hat, in welcher Höhe
überm Meeresboden die Abstände der neutralen Punkte beobachtet wurden,
da die Größe dieser Abstände ceteris paribus um so geringer auszufallen
scheint, je höher man steigt. Pernter?) setzte nun mit dem Buschschen
Hinweis das von Riggenbach erhaltene Resultat der verschiedenen Polari-
sationsriehtungen zu beiden Seiten des Ringes in Verbindung und legte
in einem Referat über den Krakatau-Ausbruch und seine Folgeerscheinungen
— da in den neutralen Punkten eine Umkehr der Polarisationsrichtung
stattfindet — den immerhin interessanten Gedanken nahe, daß ein un-
sichtbarer, nur durch das Polariskop erkennbarer Bishopscher Ring ge-
wissermaßen stets vorhanden sei, der nachgewiesen sei durch die neutralen
Punkte und hervorgerufen durch den in der Atmosphäre immer vor-
handenen Dunst. Im Anfang der gewaltigen Störung, so meinte er
weiter, konnte der Ring nicht erscheinen, da der Dunstnebel noch zu
) Der 1907 verstorbene Jesuitenpater Prof. Braun, Direktor des Erzbisch. Haynald-
schen Observatoriums in Kalocsa, gab eine Widerlegung der kosmischen Hypothese in „Natur
und Offenbarung, Bd. 30, p. 162— 165".
2) Riggenbach, Beobachtungen über die Dämmerung, insbesondere das Purpurlicht
in seinen Beziehungen zum Bishopschen Sonnenring, Habilitationsschrift, Basel 1886,
105 Seiten; siehe darüber auch F. d. Phys. 42 III, p. 300—302, und Met. Zs. 3, p. 471—472;
ferner Nature, vol. 33 (1885/86), p. 483.
3) Pernter, Der Krakatau-Ausbruch und seine Folgeerscheinungen, Met. Zs. 6 (1889),
p. 329—339, 409—418, 447—466 (siehe hier vor allem p. 453); siehe ferner Pernter,
Zur Theorie des Bishopschen Ringes, Met. Zs. 1889, p. 401—409.
90 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
ungleich große Teile enthielt; jedoch trat er nach Aussichtung der
orößeren Teilchen, die infolge der Schwere vor sich einge, in die Er-
scheinung. Diese Ansicht deckt sich auch völlig mit den Kießlingschen
Anschauungen, welche, nebenbei bemerkt, durch seine eigenen experimen-
tellen Untersuchungen mit Beugungsphänomene hervorrufenden Par-
tikelchen verschiedenster Größe aufs glänzendste erhärtet wurden. Aus
den von Archibald und von Riggenbach vorgenommenen Messungen der
Radien des Bishopschen Ringes berechnete Pernter den Durchmesser der
kleinsten Teilchen, welche zur Bildung dieses Ringes beitrugen, wobei
er den Wert 0,00185 mm fand. Flögel') hatte den Radius dieser kleinsten,
in den höchsten Schichten der Atmosphäre schwebenden Teilchen, welche
auch die gesamten Polarisationsphänomene so störend beeinflußten, zu
0,00106 mm berechnet, Forel?) hatte 0,003 und Archibald?) 0,00159 mm
eefunden. Aus seinen ausgedehnten Beobachtungsreihen über die
Dämmerungserscheinungen war nun Riegenbach zu der, sich mit der
Kießlineschen Ansicht deekenden Annahme gelangt, daß das sogenannte
erste Purpurlicht nur eine Fortsetzung des Bishopschen Ringes sei, indem
das Lieht nach Sonnenuntergang beim Hindurchgehen durch die untersten
Luftschichten monochromatisch rot gefärbt werde und darauf durch einen
feinen, homogenen Dunstnebel in hohen Schichten der Atmosphäre Beugung
erleide. Leider müssen wir es uns versagen, auf die weiteren Aus-
führungen Riggenbachs über den Verlauf und die Höhe des Purpurlichtes,
welche im wesentlichen mit den Angaben von v. Bezold, Kießling und
Jesse übereinstimmen, aber zum Teil durch Herbeischaftung von neuem
Material noch über dieselben hinausreichen, einzugehen. Da wir hier
aber speziell mit den Polarisationserscheinungen zu tun haben, so sei
noch erwähnt, daß er zu dem Ergebnis gelangte, daß das erste Purpur-
licht senkrecht polarisiert sei zu dem benachbarten Himmelslichte. So
fand er’) am 23. November 1885 zunächst deutlich an beiden Enden
des Ringdurchmessers eine zum Radius senkrechte Polarisation und her-
nach, sobald sich vor das eine Ende eine entfernte, bläulichgraue Wolke
gelagert hatte, eine geren die frühere um 90° «edrehte Polarisations-
ebene, und er wies darauf hin, daß sich bei deutlich strahliger Struktur
des Purpurlichtes, wo man genau die blauen Zwischenräume sieht, der
Unterschied beider Lichtquellen schön dadurch müsse erkennen lassen,
daß die Savartschen Streifen auf dem blauen und roten Hintergrund
komplementäre Farben zeigen. Dagegen müssen wir darauf hinweisen,
') Schriften des naturwissenschaftlichen Vereins für Schleswig-Holstein, Bd. 5
(1884), p. 133.
?) Arch. d. Sciences, vol. 12 (1884), p. 182.
>) The Eruption of Krakatoa, p. 257.
*) , Loe, eit. p. 18
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 9
daß Busch bei seinen diesbezüglichen Beobachtungen, im Gegensatz zu
Riggenbach, für beide Lichtquellen die nämliche Polarisationsebene fand,
wobei allerdings zu beachten ist, daß Riggenbach bei spektraler Zer-
legung für das recht deutlich auftretende Grün und Blau ebenfalls eine
teilweise Polarisation in einem durch die Sonne gehenden größten Kreis
konstatierte.
Zum nämlichen Resultat gelangten Busch und Riggenbach — und
zwar in Übereinstimmung mit v. Bezold, der bereits in den 60er Jahren in
seinen grundlegenden Untersuchungen über die Abenddämmerung über diesen
Punkt berichtet hatte — hinsichtlich der Lage des Babinetschen Punktes
zum Purpurlicht, indem sie fanden, daß derselbe innerhalb der Röte liegt,
und zwar dort, wo das Purpurlicht am deutlichsten siehtbar ist. Diese
letztere Tatsache ist sicher beachtenswert, und zwar namentlich, wenn man
sie in Beziehung setzt zu der vorhin gemachten Angabe über die hellste
Stelle des Bishopschen Ringes und zu folgender Tatsache, auf welche
L. Weber aufmerksam gemacht hat: „Wenn man das System der Linien
gleicher Helligkeit am Himmelsgewölbe entwirft und hierzu das System
ihrer senkrechten Trajektorien zieht, so scheint diejenige Trajektorie,
welche durch das Mimimum der Helligkeit hindurchgeht, in ihrem ganzen
Verlauf die Stellen der maximalen Polarisation zu umfassen.“ Bezüglich
des zweiten Purpurlichtes fand Riggenbach für das- hier weniger intensive
Grün und Blau eine durch die Sonne gehende Polarisationsebene. Fine
Polarisation dieses Purpurlichtes selbst konnte er mit dem Nicol nicht
nachweisen, und zur Beobachtung mit dem Savartschen Polariskop hatte
sich ihm damals noch keine Gelegenheit geboten.
So vielnun über die Polarisations- bezw. die damit zusammenhängenden
Untersuchungen, welche sich an die Störungen durch den Krakatau-Aus-
bruch knüpften. Das Jahr 1388 faßte Busch bereits als nahezu normal
auf, und in einer Programmschrift von 1890 formulierte er auf Grund
seiner Beobachtungen der letztverflossenen Zeit und soleher früherer Be-
obachter den Gang der beiden neutralen Punkte folgendermaßen:
„l. Der Abstand des Babinetschen neutralen Punktes von der Sonne
vergrößert sich mit sinkender Sonne, erreicht im Mittel sein Maximum
bei Sonnenuntergang (Sonnenhöhe = — 0,5°) und nimmt nach Sonnen-
untergang wieder ab, um später unter normalen Verhältnissen bis zur Zeit
seines Unsichtbarwerdens von neuem zu steigen.
2. Der Abstand des Aragoschen Punktes vom Gegenpunkt der Sonne
vermindert sich bei sinkender Sonne, erreicht bei — 1,5° Sonnenhöhe im
Mittel seinen kleinsten Wert und wächst darauf bis zu seinem Unsichtbar-
werden ziemlich rasch; er beträgt alsdann etwa 24°.“
Hierauf stellte Busch längere Zeit seine Beobachtungen ein. Aufs
äuberste überrascht wurde er, als er im Februar 1891, wie er das Polariskop
92 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
wieder zur Hand nahm, bemerkte, daß die Abstände der beiden neutralen
Punkte wieder erheblich zugenommen hatten. Da nun an erneute Vulkanaus-
brüche nicht zu denken war, so wurde er auf den Gedanken gebracht, ob er
es vielleicht mit einer Wirkung von Vorgängen auf der Sonne zu tun habe.
Die Abstände stiegen weiter bis zum Jahre 1593, und da wir uns 1893
sowie auch um die Zeit des Krakatau-Ausbruches in einem Maximum der
Sonnenfleckentätigkeit befanden, sprach Busch auf der ersten Wander-
versammlung der Vereinigung von Freunden der Astronomie und kosmischen
Physik offen den Gedanken aus‘), ob nicht vielleicht zwischen der
ca. l1jährigen Periode der Sonnenflecken und dem Gange der Zahlen
für die neutralen Punkte eine gewisse Übereinstimmung bestehe. So
lebte die kosmische Theorie der optischen Störungen in unserer Atmosphäre,
wenn auch in gänzlich veränderter Gestalt, wieder auf, und sie scheint
diesmal nicht wieder verschwinden zu sollen. Busch hat bis auf den
heutigen Tag die diesbezüglichen Messungen fortgesetzt, und die erhaltenen
Werte haben ihn mehr und mehr in der Vermutung bestärken müssen,
daß ein Gleichlauf existiert zwischen dem Gange der Abstände der beiden
neutralen Punkte und der Sonnenfleckenperiode. Zum Teil gingen große
Vulkanausbrüche Hand in Hand mit einem Maximum der Sonnenflecken-
bildung, zum Teil aber schien der Gang der Punkte zur Zeit häufiger
Fleckenbildungen durch Vorgänge auf der Sonne beeinflußt zu sein, ohne
daß starke Vulkanausbrüche auf der Erde nachweisbar waren. Ob nun
das Zusammenfallen von starken Fleckenbildungen und Vulkanausbrüchen
ein Zufall war, oder ob innige Beziehungen zwischen diesen beiden
Phänomenen bestehen, welcher Art etwaige Beziehungen sind, in welcher
Weise die Sonnenfleckenbildung die Beschaffenheit der Atmosphäre ändert,
ob gemäß einer von Arrhenius?) aufgestellten Theorie bei starker Sonnen-
tätiekeit vermöge des Strahlungsdrucks relativ große Mengen kosmischen
Staubes in unsere Atmosphäre gelangen, welcher Art etwa diese Bestandteile
sind, in welcher Höhe sie schweben, ob andererseits bei den Polarisations-
störungen jedenfalls zum Teil Intensitätsschwankungen des von der Sonne
ausgestrahlten Lichtes eine Rolle spielen, das alles sind Fragen, welche
unser höchstes Interesse beanspruchen, und deren Beantwortung brennender
denn je geworden ist. Die allerneuesten Jahre haben vor allem gezeigt,
') F. Busch, Über die Polarisation des zerstreuten Himmelslichtes, Bericht über
die am 9. und 10. Oktober 1893 zu Münster in Westfalen abgehaltene erste Wander-
versammlung, Sonderabdruck aus den Mitteilung. der Vereinig. v. Freund. d. Astron. u.
kosm. Phys. (Berlin 1893, F. Dümmlers Verlag), p. 49—47 (Neumayers Bemerkungen dazu
p. 49).
?) Svante Arrhenius, Lehrbuch der kosmischen Physik, Leipzig 1903, p. 150—156,
p. 873 und 920—925. Derselbe, Das Werden der Welten, Leipzig 1907 (Übersetzung
von Bamberger), p. 855—106 (Strahlungsdruck) und p. 107—133 (Der Sonnenstaub in der
Erdatmosphäre; Polarlicht und Variationen des Erdmagnetismus).
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 95
daß die Beeinflussung des optischen Verhaltens unserer Atmosphäre ganz
außerordentlich verschieden sein kann. Während es bis dahin der Gang
des Babinetschen Punktes war!), der in erster Linie durch Vulkan-
ausbrüche, oder aber durch andere Vorgänge im Kosmos gestört war,
fand Busch 1907, wie bereits erwähnt wurde, daß der Aragosche Punkt
stärker beeinflußt war, indem diese Beeinflussung besonders auffallend
vor Sonnenuntergang hervortrat, und es ergab sich, daß die um diese
Zeit gewonnenen Werte im zweiten Beobachtungszeitraum von 1907
ungefähr um 5° höher lagen als im ersten. Diesen eigenartigen Störungs-
charakter behielt der Aragosche Punkt, wie schon in der Einleitung
bemerkt wurde, bis gegen Mitte des Jahres 1908 bei, wenn auch
in stets abnehmender Schärfe. Wie nun Busch nach dem 30. Juni des
nämlichen ‚Jahres, welcher vermutlich bei vielen Lesern in lebhafter
Erinnerung stehen wird durch die Erscheinung der leuchtenden Wolken,
durch jene außerordentlich glänzenden, bis tief in die Nacht anhaltenden
Dämmerungserscheinungen von auffallender Lichtintensität?), von Hand m
Hand damit gehenden Polarisationsstörungen von ganz ähnlichem Charakter
berichtete, reifte in Jensen der Entschluß, von jetzt ab mit allen ihm zur
Verfügung stehenden Kräften für die Beteiligung weiterer Kreise an der
Erforschung der atmosphärischen Polarisationsverhältnisse zu wirken und
zunächst auf der für den September des nämlichen Jahres für Hamburg
in Aussicht genommenen Versammlung der Deutschen Meteorologischen
(resellschaft über die unser aller ganz besonderes Interesse erheischenden
gegenwärtigen Probleme zu berichten, welche mit dem Studium der atmosphä-
rischen Polarisation verknüpftsind, und ein erstes Programm für weitere For-
schungen auf diesem Gebiete aufzustellen, indem er ganz besonders auf die
merkwürdigen Perspektiven hinzuweisen gedachte, welche durch die Buschsche
Verfolgung der neutralen Punkte eröffnet worden sind, in der Hoffnung,
daß dadurch auch andere Forscher sich in den Dienst der Sache stellen
würden. Dieser Plan fand die lebhafteste Zustimmung von Busch, und
bei persönlicher Rücksprache in Arnsberg beschlossen Busch und Jensen,
nach Möglichkeit gemeinsam ernst für eine möglichst große Beteiligung
von seiten der Astronomie, Kosmophysik und Meteorologie an der Weiter-
verfolgung der in Diskussion stehenden Fragen wirken zu wollen, wobei
zunächst in erster Linie an die Beobachtung der neutralen Punkte von
Arago und Babinet gedacht war. Diese Bestrebungen fanden die wohl-
wollendste Unterstützung von seiten des Direktors des Physikalischen
Staatslaboratoriums in Hamburg sowie des Vorstandes der Vereinigung
') Siehe die vorher erwähnten Arbeiten.
?) Über die außergewöhnlichen Lichterscheinungen siehe vor allem Met. Zs. 25
(1908), Phys. Zs. 9, p. 606—607, Monthly Weather Review 36, p. 219, Nature 78, p. 247,
Astron. Nachr. 178 sowie F. d. Phys. 64 III, p. 286— 290.
94 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
von Freunden der Astronomie und kosmischen Physik. Durch den Ham-
burger Vortrag wurden bereits verschiedene sehr wertvolle Anknüpfunes-
punkte geschaffen, und wir können mit Befriedigung berichten, daß
sich bereits eine Anzahl Forscher mit Apparaten zur Beobachtung
der neutralen Punkte versehen hat, und daß andere vom Hamburger
Physikalischen Staatslaboratorium aus, welches auch nötigenfalls gern
zur Verarbeitung des roh eingesandten Beobachtungsmaterials bereit
ist, mit solchen versehen wurden, so daß wir zu hoffen wagen, daß schon
in absehbarer Zeit an den verschiedensten Punkten der Erde regelmäßige
Beobachtungen im Gange sein werden. ‚Jensen hat gegen Ende des Jahres
1908 in Hamburg mit Beobachtungen der neutralen Punkte begonnen.
Bis dahin hatte ihn die relativ stark dunstige Luft der Großstadt davon
zurückgehalten '), in der Erwägung, daß, ganz abgesehen von der geringen
Zahl der zu erhoffenden Tage mit. wolkenfreiem Himmel, die vielfach
rauchige und dunstige Luft, welche erwiesenermaßen die normalen Er-
scheinungen der atmosphärischen Polarisation sehr störend beeinflußt,
die Diskussion der gewonnenen Werte sehr erschweren würde. Nachdem
aber die Möglichkeit gegeben wurde, ziemlich weit vom Zentrum
der Stadt entfernt zu beobachten, lag die Sache schon ein wenig anders.
Und vor allem war bei Aufnahme der Messungen schließlich der Gedanke
maßgebend, dab der Direktor der wegen der ungünstigen atmosphärischen
Verhältnisse Hamburgs soeben nach Bergedorf verlegten Hamburger Stern-
warte, Professor Schorr, gewillt ist, baldmöglichst auch die Beobachtung
der neutralen Punkte sowie sonstiger Polarisationserscheinungen ins Pro-
eramm der Sternwarte aufzunehmen, so daß man wohl hoffen darf, daß es
durch Parallelbeobachtungen in Hamburg und Bergedorf mit der Zeit
möglich sein wird, den lokalen Einfluß der Großstadt Hamburg aus den
Beobachtungen zu eliminieren. Bevor nun Jensen und Busch an eine Pro-
paganda imgrößeren Stil gingen, sollte möglichst erst die instrumentelle Frage _
erledigt werden. Busch hatte jahrelang derart operiert, daß er einen Pendel-
quadranten in der einen Hand hielt und ein Savartsches Polariskop in der
andern. Das hatte allerdings den Vorteil größerer Einfachheit und Billigkeit.
‚Jensen ließ aber, um namentlich auch für Beobachter mit weniger sicherer
Hand und geringerer Übung eine größere Einstellungssicherheit zu ge-
winnen und um es zu ermöglichen, daß an jedem beliebigen Ort ohne
jerliche Stütze leicht und bequem beobachtet werden kann, einen Apparat
konstruieren, bei welchem ein Savartsches Polariskop fest auf einem mit
Alhidade versehenen Pendelguadranten montiert ist, und übernahm von Busch
ein neues Visier, welches man am besten als Rahmenvisier bezeichnen kann.
Heute liegt nun ein nicht allzu teures Instrument zur Beobachtung der neutralen
Punkte vor, welches außerordentlich leicht transportabel ist, und bei
') Siehe auch Chr. Jensen, Met. Zs. 1907, p. 185—187.
Dis
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 95
welchem man mit-großer Bequemlichkeit sicher einstellen kann, so daß wir
hoffen dürfen, daß es sich bei genügender Übung mit Vorteil nicht nur für
Beobachtungen vom festen Erdboden, sondern auch vom Schiff und vom Ballon
aus wird anwenden lassen. So dürfen wir hoffen, daß dieser Apparat mit dazu
beitragen möge, daß in nicht gar zu ferner Zeit Licht in die besprochenen
kosmophysikalischen Probleme gebracht wird. Und wenn unsere Hoffnung
in Erfüllung gehen sollte, daß in nicht zu ferner Zukunft an einer eroßen
Zahl von Orten mit den verschiedensten klimatischen Verhältnissen unter
den mannigfaltigsten meteorologischen Bedingungen beobachtet wird, so
wird sicherlich auch für die Meteorologie im engeren Sinne reiche Frucht
abfallen. — Eine Beschreibung und Abbildung des Instrumentes geben wir
an anderer Stelle.
Daß die Polarisationsgröße von der Reinheit der Luft abhängig ist,
wurde bereits im Jahre 1840 klar und deutlich von Fr. Petrina') aus-
gesprochen, der allerdings mit seinem eigenartigen, Kaleidopolariskop
genannten Instrument eigentliche Messungen nicht ausführen konnte. In
späterer Zeit stellten Crova und Houdaille°) auf dem Mont Ventoux einige Be-
obachtungen über die Wechselbeziehungen der maximalen Polarisationsgeröße
und der Reinheit der Atmosphäre an. Zuerst in systematischer Weise die Be-
ziehungen zwischen der Reinheit der Luft und der Polarisationsgröße mittelst
genauer Messungen verfolgt zu haben, ist jedoch, soweit wir wissen, das große
Verdienst Kimballs”), welcher seit einer Reihe von Jahren Pyrheliometer-
messungen mit Polarisationsbeobachtungen verknüpfte und auf Grund seiner
eingehenden Untersuchungen in der neuesten Arbeit zu dem Resultat gelangte,
daß Bestimmungen der allgemeinen atmosphärischen Polarisation, welche
allein auf Polarisationsmessungen basiert sind, im allgemeinen jedenfalls
ebenso zuverlässig erscheinen wie Bestimmungen, die sich auf pyrhelio-
metrische und psychrometrische Beobachtungen gründen. Auf eine offen-
bare Beziehung zwischen der Polarisationsgröße und der Durchsichtigekeit
der Luft‘) für Sonnenstrahlen hatte er übrigens auf Grund einer Reihe
!) Fr. Petrina, Das Kaleidopolariskop, Poggend. Ann., Bd. 49 (1840), p. 236— 237.
2) A. Crova et Houdaille, Observations faites au sommet du mont Ventoux sur
lintensit& calorifique de la radiation solaire, ©. R. 108 (1889), p. 35—39 (siehe vor allem
p. 37 und 39).
>) H. H. Kimball, The Relation between Sky Polarization and the General
Atmospherie Absorption, Bulletin of the Mount Weather Observatory, vol. 2 (1909), p. 55—63.
1) Siehe bezüglich der Luftdurchsichtigkeit u. a. Chr. Schultheiß, Über die Durch-
sichtigkeit höherer Luftschichten nach den Beobachtungen der Alpenaussicht vom südlichen
Schwarzwald, Verhandlungen des Naturw. Vereins in Karlsruhe, Bd. 13 (1900), p. 262—279,
und vor allem J. Aitken, On the number of dust particles in the atmosphere of certain
places in Great-Britain and on the continent, with remarks on the relation between the
amount of dust and meteorological phenomena, Proc. Roy. Soc. Edinb., vol. 17 (1890),
Transact. Roy. Soc. Edinb., vol. 37, sowie die übrigen diesbezüglichen Arbeiten Aitkens
und diejenigen von Coulier und Mascart. Siehe ferner De la Rive, De la poussiere qui
96 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
von Messungen schon im Jahre 1903 hingewiesen'). Bei dieser Gelegen-
heit wollen wir auch nicht verfehlen, hervorzuheben, daß offenbar auch
sehr innige Beziehungen zwischen den Polarisationserscheinungen der
Atmosphäre und den luftelektrischen Phänomenen vorhanden sind. Dies
erscheint ohne weiteres verständlich, wenn man nur bedenkt, wie
außerordentlich groß der Einfluß der Trübung auf die elektrische Zerstreuung
in der Atmosphäre ist”), indem letztere bei besonders reiner und
sichtiger Luft auch am größten ist. Durch solche Erwägungen scheinen auch
verschiedene Forscher, ganz abgesehen davon, daß sie in dankenswertestem
Entgegenkommen ihre Zeit in den Dienst der Erforschung der momentan
im Vordergrunde des Interesses stehenden Probleme gestellt haben, bei
der Übernahme von Beobachtungen geleitet zu sein?). Und wir sind auch
der Meinung, daß, wenn erst zahlreichere Polarisationsbeobachtungen vor-
liegen, diese beiden Gebiete sich gegenseitig befruchten werden, und daß
flotte dans l’atmosphere, Arch. sc. phys., Ser. 2, vol. 37, p. 229—242, und De la Rive, Note
sur un Photometre destine & mesurer la Transparence de l'air, Ann. Chim. Phys., 4. Ser.,
vol. 12 (1867), p. 243—249, H. Wild, On the Absorption of Light by the Air, Phil. Mag.
4. Ser., vol. 37 (1869), p. 293—303 und H. Schlagintweit, Bemerkungen über die Durch-
sichtigkeit der Atmosphäre und die Farbe des Himmels in größeren Höhen der Alpen,
Poggend. Ann., Bd. 84, p. 298—302, und Astron. Nachr. 1850, Nr. 742.
') Siehe p. 332—8334 von H. H. Kimball, Observations of Solar Radiation with
the Angström Pyrheliometer at Ascheville and Black Mountain, N. C., Monthly Weather
Review, vol. 31 (1903), p. 320— 8334.
?) Siehe u. a. J. Elster und H. Geitel, Beiträge zur Kenntnis der atmosphärischen
Elektrizität, im 12. Jahresbericht des Vereins für Naturwissenschaft in Braunschweig und
in der Met. Zs. 1900, p. 226—231. Ausführlichere Mitteilungen stehen in Terrestrial
Magnetism and Atmospher. Electrieity. Siehe auch F. d. Phys. 55 III (1899), p. 276—278.
— Hier sei auch u. a. auf folgende Arbeiten aufmerksam gemacht: C. Barus, Condensation
of Atmospherie Moisture, U. S. Weather Bureau Bulletin, Nr. 12, p. 49; derselbe,
A continuous record of Atmospherie Nucleation, Smithonian Contributions to Knowledge,
part of vol. 34, p. 75 und 121—126. R. v. Helmholtz und Fr. Richarz, Über die Einwirkung
chemischer und elektrischer Prozesse auf den Dampfstrahl und über die Dissoziation der
Gase, insbesondere des Sauerstoffs, Wied. Ann., Bd. 40 (1890), p. 161—202. R. v. Helmholtz,
Untersuchungen über Dämpfe und Nebel, Wied. Ann., Bd. 27 (1886), p. 508—543.
Derselbe, Versuche mit einem Dampfstrahl, Wied. Ann., Bd. 32 (1857), p. 1—19.
Ph. Lenard, Über die elektrische Wirkung der Kathodenstrahlen auf atmosphärische Luft,
Wied. Ann., Bd. 63 (1897), p. 253—260. F. Richarz, Über die Wirkung der Röntgen-
strahlen auf den Dampfstrahl, Wied. Ann., Bd. 59 (1896), p. 592—594. C. Barus, On the
Change of the Colours of Cloudy Condensation with the number of available Nuclei, and
on the Effect of an Electric Field, Phil. Mag., 7 Ser., vol. 1 (1901), p. 572—578.
») Derartige Sonderinteressen verfolgt beispielsweise Professor Süring, welcher
in Potsdam die Verfolgung der neutralen Punkte von Arago und Babinet ins Programm
des meteorologischen Instituts aufgenommen hat, und ebenso Dr. Jänsch in St. Rupert in
den Salzburger Alpen, welcher die Beobachtung der neutralen Punkte mit luftelektrischen
Messungen verknüpfen möchte. Aus solchen Erwägungen heraus wurde auch vor kurzem
in Westerland auf Sylt mit luftelektrischen, lichtelektrischen (ultraviolette Sonnenstrahlung)
und mit Beobachtungen der neutralen Punkte begonnen.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 97
in der Ergründung dieser Wechselbeziehungen ein sehr lohnendes Forschungs-
gebiet vorliegt. ‚Ja, wir geben uns der starken Hoffnung hin, daß schon
von diesem Gesichtspunkte aus bald zahlreiche Physiker und Meteorologen,
welche von vornherein den luftelektrischen Phänomenen ihr besonderes Inter-
esse entgegenbringen, unsere Bestrebungen energisch unterstützen werden.
Von besonderem Interesse ist es ferner, daß bereits vorliegende
Daten zu der Hoffnung zu berechtigen scheinen, daß Polarisationsbeob-
achtungen in Zukunft ein wertvolles Mittel in der Hand der Wetter-
prognose werden können. Schon im Jahre 1890 wies Cornu!), wie wir
bereits sahen, auf die nahen Beziehungen zwischen polarimetrischen
Störungen und Witterungsumschlägen hin und regte an, die polarimetri-
schen Variationen mit den übrigen charakteristischen meteorologischen
Elementen zu vergleichen. Ohne die diesbezüglichen Cornuschen Ar-
beiten zu kennen, lenkte ca. 9 Jahre später Chr. Jensen einmal die
Aufmerksamkeit darauf, daß oftmals starke polarimetrische Störungen
Wetterumschlägen vorhergingen, bevor das Auge die leiseste Spur von
Wolken zu erkennen vermöge?), und zum andern auch darauf, daß
eventuell Verschiebungen der Polarisationsebene interessante Schlüsse auf
die Beschaffenheit der Atmosphäre unterm Horizont zulassen dürften’),
und im Jahre 1901 empfahl er gelegentlich der 73. Versammlung
deutscher Naturforscher und Ärzte mit Nachdruck den Meteorologen
das Studium der atmosphärischen Polarisationsverhältnisse als Hilfsmittel
für die Wetterprognose’). Es ist nun ein eigenartiger Zufall, daß fast
genau um dieselbe Zeit (Ende August 1901) in Amerika auf der „Second
Convention of Weather Bureau Offieials“ von L. G. Schultz?) Bericht er-
stattet wurde über die durch mehrere Jahre hindurch vom „Weather
Bureau“ aus angestellten polarimetrischen Messungen, welche lediglich
der Prüfung der Frage dienten, ob und wieweit derartige Messungen der
Wetterprognose dienstbar gemacht werden könnten. Auf die Beziehungen
der Polarisationsgröße zur Luftbeschaffenheit hatte übrigens in Amerika
1) A. Cornu, loc. eit.
2) Chr. Jensen, Beiträge zur Photometrie des Himmels, Met. Zs., Bd. 16
1899), p. 496.
>) oc. eeit. p. 455.
#) Chr. Jensen, Kurzer Überblick über die Tatsachen und Theorien auf dem Gebiete
der atmosphärischen Polarisation (Vortrag in d. Abteil. für Geophysik auf der 73. Ver-
samml. deutsch. Naturf. u. Ärzte), Met. Zs. 1901, p. 545—558 (siehe p. 545 und 558).
‚Siehe auch Uhr. Jensen, Bemerkungen im Anschluß an die letzte Arbeit des Herrn Sack
über die neutralen Punkte von Babinet und Arago in den Jahren 1903 und 1904, Met.
Zs., Bd. 24 (1907), p. 185—187.
>) L. G. Schultz, Study of Sky Polarization with Reference to Weather Üon-
‚ditions, Proceedings of the Second Convention of Weather Bureau ÖOfficials, held at
Milwaukee, Wisc., Aug. 27, 28, 29, 1901 (Washington 1902), p. 23—31. Siehe auch F.
.d. Phys. 58 II, p. 335.
-]
98 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
schon vor nahezu dreißig ‚Jahren Pickering hingewiesen, welcher aller-
dings bei seinen, wesentlich mit Instrumenten eigener Konstruktion an-
gestellten polarimetrischen Messungen in erster Linie die Prüfung der
Fresnelschen Formeln für das reflektierte Licht bezweckt hatte‘). Bei
diesen Untersuchungen stellte sich nun heraus, daß der Himmel ceteris
paribus an den eleich weit von der Sonne abstehenden Punkten die
gleiche Polarisationsgröße aufweist. Allerdings zeigten sich Variationen,
welche Piekering zum Teil auf Beobachtungsfehler, zum Teil aber auch
auf Unregelmäßigkeiten in der Beschaffenheit der Atmosphäre zurück-
führte. Weiter aber verfolgte er diesen Befund nicht, und erst im Jahre
1599 begann Schultz mit einem dem Pickeringschen ähnlichen, jedoch
auf den ganz speziellen Zweck zugeschnittenen Instrument systematische
Untersuchungen der Polarisationsgröße der um 90° von der Sonne ab-
stehenden Himmelsstellen vorzunehmen.
Aus diesen Beobachtungen wurde nun das Resultat gezogen, daß
auf starke Veränderungen der Polarisationsgröße am Morgen öfter sonstige
atmosphärische Störungen folgen als auf solche am Abend. Weiter fand
man, daß auf übernormale oder zunehmende Polarisation ruhiges Wetter
folgte, wogegen niedrige Polarisationswerte trübes Wetter ankündigten.
(Ganz besonders interessant aber waren die Beziehungen, welche zwischen
den Veränderungen der Polarisationsgröße und den Veränderungen an
schon vorhandenen Wolken gefunden wurden. Alles dies ist aber natürlich
nur als ein erster Schritt zu betrachten; will man wirklichen Nutzen für
die Wetterprognose aus diesen oder ähnlichen Messungen ziehen, so sind
sicherlich noch langdauernde, an verschiedenen Orten anzustellende Be-
obachtungen erforderlich. Es ist nun zu vermuten, daß die neutralen
Punkte ein mindestens ebensogutes Kriterium für die sonstigen meteo-
rologischen Verhältnisse abzugeben vermögen wie die Polarisationsgröße,
und es wird die Kenntnis der Beziehungen zwischen der Lage dieser Stellen
des Himmels und den sonstigen gewöhnlichen meteorologischen Bedingungen
ganz von selbst gefördert werden, wenn erst an vielen Orten beobachtet
wird. Kurz erwähnen möchten wir hierbei nur noch, daß neuere, von
Chr. Jensen angestellte Beobachtungen auf eine engere Beziehung der Größe
'!) E. ©. Pickering, Application of Fresnels Formula for the Reflecetion of Light,
Proc. Amer. Acad. of Arts and Sciences, vol. 9 (1873), p. 1-31. Derselbe, A new Form
of Polarimeter, Proceed. of the Americ. Acad. of Arts and Sciences 1885, p. 294—302,
wo Pickering auch auf die ursprünglich von ihm angegebene Form (Proceed. of the
Amer. Acad. of Arts and Scienc., vol. 9) hinweist. Siehe über dies Instrument auch Zs.
für Instr., Jahrg. 6 (1886), p. 2831—283. S. ferner E. C. Pickering, Measurements of the
Polarization of the Light reflected by the Sky and by one or more Plates of Glass, Phil.
Mag., 4. Ser., vol. 47 (1874), p. 127—143. Zu Beginn dieser Arbeit weist Pickering
darauf hin, daß das volle Beobachtungsmaterial in den Proceedings of the American
Academy of Arts and Sciences erscheinen wird.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 99
der neutralen Brücke bei den „sogenannten“ neutralen Punkten zur Durch-
sichtigkeit der Luft hindeuten.
Bevor wir nun die neutralen Punkte verlassen, dürfen wir nicht
die diesbezüglichen Untersuchungen unerwähnt lassen, welche G. Sack
in Lübeck vom September 1902 bis zum Oktober 1903 anstellte. Diese
Beobachtungen ergänzten die Buschschen Messungen vor allem dadurch
in sehr schöner Weise, daß Sack auch bei Sonnenaufgang Messungen
vornahm, wobei sich herausstellte, daß zwischen den Morgen- und Abend-
beobachtungen hinsichtlich des Ganges der neutralen Punkte kein
prinzipieller Unterschied besteht. Sack!) fand nun, daß der von ihm be-
rechnete Gang der beiden Punkte im Prinzip mit den vorher genannten,
von Busch formulierten Gesetzen übereinstimmte; als Wirkung der
Ausbrüche der westindischen Vulkane erkannte er jedoch beim Babinet-
schen Punkt eine erstaunliche Zunahme seines größten Abstandes von der
Sonne und beim Aragoschen Punkt eine Abnahme seines kleinsten Abstandes
vom antisolaren Punkt. Sehr bemerkenswert war es aber, daß sowohl nach
den Sackschen, als auch nach den in der nämlichen Zeit von Busch ange-
stellten Beobachtungen kurz nach Sonnenuntergang für beide Punkte ein
Moment eintrat, von wo ab die Abstände von der Sonne beziehungsweise
dem Geeenpunkt derselben zur Zeit der stärksten Störung kleiner waren als
am Anfange derselben. Busch formulierte diese Tatsache so, dab zur Zeit
der stärksten Störung die negative Polarisation vor Sonnenuntergang stark
zugenommen hat, daß aber kurz nach Sonnenuntergang ein Zeitpunkt
eintrat, von welchem ab sie geringer war als in den übrigen Jahren der
Störung. Übrigens lag der Zeitpunkt der Umkehr beim Aragoschen Punkt
etwas früher als beim Punkt von Babinet. Ganz besonders interessant
war übrigens das von Sack aus seinen Beobachtungen abeeleitete Re-
sultat, daß sich das Maximum des Sonnenabstandes des Babinetschen
Punktes in den Jahren 1903 und 1904 nach einer größeren Sonnenhöhe
verschob, was sicher als ein besonderes Charakteristikum der damaligen
Störung anzusehen ist. Auch auf diesen Punkt werden wir eingehender
zurückkommen müssen. Beachtenswert ist noch der Umstand, daß die
Sackschen Mittelwerte durchweg um einige Grade höher sind als die
Buschschen, was jedenfalls zum Teil auf die, ca. 200 m betragende
Differenz in der Höhenlage von Lübeck und Arnsberg zurückzuführen
sein dürfte. Zu guter Letzt sei auch noch darauf hingewiesen, daß seit
!) G. Sack, Beobachtungen über die Polarisation des Himmelslichtes zur Zeit der
Dämmerung, Met. Zs. 21 (1904), p. 105—112; s. auch Naturw. Rdsch. 19 (1904), p. 343.
G. Sack, Beobachtungen über die neutralen Punkte von Babinet und Arago in den Jahren
1903 und 1904, Met. Zs. 23 (1906), p. 348—351. Siehe dazu Chr. Jensen, Bemerkungen
im Anschluß an die letzte Arbeit des Herm Sack über die neutralen Punkte von Babinet
und Arago in den Jahren 1903 und 1904, Met. Zs. 1907, p. 185—187.
7*
100 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
1904 auch Wilke!) in Berlin die Punkte von Arago und Babinet messend
verfolgt.
Wir haben bereits darauf hingewiesen, daß J. L. Soret Beobachtungen
über die Polarisationsverhältnisse solcher Luftschichten anstellte, welche
nicht direkt von der Sonne beschienen werden, sondern nur das
vom Himmel bereits einmal diffundierte Licht zugestrahlt bekommen, und
welchen er den Namen „masse ombree“ gab. Wir sahen, daß bei heiterem
Himmel auch für solche Punkte die Hauptpolarisationsebene im allgemeinen
mit der durch Visierrichtung und Sonnenmittelpunkt gelegten Ebene
zusammenfällt, und wir können dem hinzufügen, daß nach Sorets Unter-
suchungen das Maximum im Schattenraum auch rechtwinklig gegen die
Richtung der Sonnenstrahlen liegt.
Im Anschluß hieran sei erwähnt, daß bereits Brewster, Hagenbach
und Tyndall wußten, daß die Luftschichten, welche zwischen dem Beobachter
und einem dunklen Hintergrunde im Terrain, etwa einem Bergabhang, liegen,
Polarisation aufweisen. Die beiden letzteren haben bereits zu Anfang der
70er Jahre in äußerst interessanten und zu weiteren diesbezüglichen Beob-
achtungen anregenden Artikeln?) darauf hingewiesen, daß man mit Hilfe
eines Nicolschen Prismas imstande ist, den blauen Dunst vor entfernten
Bergen, da er polarisiertes Licht aussendet, wogegen vor allem das von den
schneebedeckten Bergen selbst ausgesandte Licht merklich unpolarisiert ist,
mehr oder weniger stark auszulöschen, und daß man auf diese Weise bewirken
kann, daß die sonst nur in verschwommenen Umrissen oder auch gar nicht
erkennbaren Berge deutlich sichtbar werden. Es erinnert dies Verfahren
sehr an die vorhin besprochene Liais’sche Methode, um nach Sonnenunter-
eane die Polarisationsebene für die zu beobachtende Himmelsstelle fest-
zulegen, sowie auch an den 1835 von Arago gemachten Vorschlag, ein
Polarisationsprisma zu benutzen, um zur Verhütung von Schiffsunfällen
beim Aufsuchen von Klippen das von der Wasseroberfläche reflektierte
Licht abzublenden?). Hagenbach gab an, daß ein Nicolsches Prisma
') Wilke wurde zu derartigen Beobachtungen durch einen Vortrag von Jensen
angeregt. Seine Beobachtungen wurden mit von Busch publiziert (siehe „Das Weltall“,
6. Jahrg. (1905), Heft 3, p. 37—41, 55-62 und 77-80).
?) E. Hagenbach, Über Polarisation und Farbe des von der Atmosphäre reflektierten
Lichtes, Poggend. Ann., Bd. 148 (1873), p. 77—85. Dasselbe in den Verhandl. d. Berner
naturf. Ges. 1872 (siehe darüber Berl. Ber. 1872). Siehe auch F. d. Phys., Bd. 29 (1873),
p. 461—462, Arch. scienc. phys., 2. Ser., vol. 37, p.176—180, Ann. phys. chim., 4. Ser.,
vol. 20, p. 225—226, Naturf. Bd. 3, p. 158—159 und John Tyndall, Die Wärme betrachtet
als eine Art der Bewegung (deutsch von H. v. Helmholtz und G. Wiedemann, 1875), p. 626
bis 674 (15. Kapitel).
®) Ähnlich ist auch die ersterwähnte, ebenfalls von Arago angegebene Methode,
mittels eines Turmalins beziehungsweise irgendeines Polarisationsprismas die Schrift auf
einem unter einer Glasplatte liegenden Papierstück für das Auge deutlich hervortreten
zu lassen. In ähnlicher Weise hat man auch unseres Wissens den Nicol bei der Wolken-
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 101
besonders beim Betrachten der Alpenkette vom Jura aus sehr wesentliche
Vorteile ergeben habe, welche noch deutlicher hervorgetreten seien bei
passender Verbindung desselben mit einem Fernrohr, und es ist sicher
bedauerlich, daß diese einfache Methode bei den Touristen wenig bekannt
zu sein scheint. Tyndall faßte seine diesbezüglichen Ergebnisse in seiner
bilderreichen Ausdrucksweise folgendermaßen zusammen: „Längs der ganzen
Kette vom Matterhorn zum Mont-Blanc!) hatte der Nicol sehr starke
Wirkung auf das Licht des Himmels dieht über den Gebirgen. Die Ver-
änderungen der Lichtstärke waren zuweilen ganz erstaunlich. Der Beschauer
lernt durch ein wenig Übung leicht den Nicol so schnell von einer Lage
in eine andere bringen, daß das abwechselnde Verlöschen und Wieder-
aufleuchten des Lichts in einem Augenblick geschieht. Als ich dies
damals längs der genannten Ketten tat, erinnerte der Wechsel von Licht
und Dunkelheit hinter den Gebirgen an Wetterleuchten. Es lag etwas
Ehrfurcht Gebietendes, Schauerliches in der Schnelligkeit, mit der die
mächtigen Massen längs jener Linie der Einwirkung des Prismas gehorchten
und ihre ganze Erscheinungsweise, die Schärfe ihrer Umrisse danach
änderten.“ Diese Versuche zeigten deutlich genug, daß das vom Duft
reflektierte, einem hellen Schleier ähnlich wirkende Licht oft viel mehr als
die unvollkommene Durchsichtigkeit der Luft die Ursache davon sein kann,
daß vielfach bei ganz klarem Himmel ferne Berge undeutlich oder auch
gar nicht in die Erscheinung treten. Es ergaben sich für das von solchem
Dufte reflektierte Licht dieselben Polarisationserscheinungen wie bei
den vom offenen Himmel stammenden Lichtstrahlen. Nach einer von
Hagenbach am Luzernersee gemachten Beobachtung konnte mittels Nicols
und Quarzplatte bei einer Luftschicht von einigen tausend Fuß?) eine
deutliche Polarisation nachgewiesen werden, und nach einer ungefähren
Schätzung von Tyndall’) würde eine Luftschicht von neun englischen
Meilen Dicke unter günstigen Umständen fast ebenso lebhafte Polarisations-
farben geben wie der heitere Himmel.
Ganz kürzlich hat übrigens M. Salet den Vorschlag gemacht, dureh Aus-
löschung des zu SO °o polarisierten Himmelsblau mit Hilfe eines an einem
Fernrohr angebrachten Nicols die Tagessiehtbarkeit von Sternen zu er-
höhen.') Er erwartet einen besonderen Erfolge für Sterne in der Nähe
photographie benutzt. und es kann sich ein jeder besonders leicht davon überzeugen, wie
Wolken mit schwachen Konturen bei einer bestimmten Stellung des Nicols scharf hervortreten.
>, oe. at. P. 672.
?) Ein Schweizer Fuß hat 300 mm, wobei man sich dessen erinnern möge, dab
nach Aragos Beobachtungen erst eine Luftschicht von 50 m hinreichen soll, um eine merkliche
Polarisation zu erzeugen. Vor allem kommt es natürlich auf die Empfindlichkeit des
Polariskops an, die bei Arago nach seinen Angaben außerordentlich groß war.
3) Loc. eit. p. 670.
*) Bulletin Astronomique, Paris 1909, t. 26, p. 225.
102 Friedr. Busch und Uhr. Jensen.
des Poles, da diese ungefähr 90° von der Sonne entfernt sind und sich dem-
nach nahe dem Maximum.der Polarisation befinden. Salet hat an dem großen
Pariser Meridianfernrohr von 24 cm Öffnung der Pariser Sternwarte mit
Anwendung eines Nicols Beobachtungen angestellt, und es gelang ihm am
23. November 1908 um 2" 30" nachmittags die Beobachtung von 51 H. Ceph.
(Größe 5,26 im Harvard-System). Es wird dabei bemerkt, daß wegen des
vorhandenen Nebels und der Nord- oder Westwinde die Polarisation durch-
aus nicht im Maximum war.
Es mag nun noch bemerkt werden, daß die eben erwähnten Unter-
suchungen von Hagenbach und Tyndall völlig unabhängig voneinander ange-
stellt wurden. Hagenbach musterte vom 12. August 1869 ab!) die Berge des
Luzernersees mit dem Nicol, und er erfuhr erst später, daß Tyndall fast um
die nämliche Zeit, und zwar vom 23. August desselben Jahres ab, die Aussicht
auf die Walliserberge zum Gegenstande seiner Forschungen gemacht hatte.
Es ist dies gewiß ein interessantes Zusammentreffen, und zwar ist es für
uns um so interessanter, weil wir im folgenden Hagenbach und Tyndall
als die Begründer zweier, ganz extremer Theorien über die Ursache der
atmosphärischen Polarisation kennen lernen werden, von denen allerdings
nur die von Tyndall in ihren ersten Grundzügen dargelegte und hernach
durch den mathematischen Kalkül weiter entwickelte sowie durch ein-
gehende experimentelle Prüfung mehr und mehr erhärtete Theorie wirklich
Boden fassen konnte. Bevor wir aber an die Betrachtung dieser Theorien
gehen, müssen wir uns erst noch kurz mit früheren Erklärungsversuchen
für die atmosphärische Polarisation befassen.
Wir sahen bereits, daß sich Arago an einer Stelle seiner Schriften
dahin geäußert hat, daß die Reflexion der ins Auge des Beobachters ge-
langenden Strahlen an den Molekeln?), nicht aber an den Schichten der
Atmosphäre habe stattfinden müssen, und daß sich demnach, da wir über
die Diehtigkeit dieser Molekeln nichts Genaueres wüßten, die Erscheinung
der atmosphärischen Polarisation nicht mit der durch Reflexion an durch-
sichtigen Spiegeln bewirkten verknüpfen lasse und einen durchaus be-
sonderen Charakter behalte. Diese Äußerung ist aber, wie wir bereits
anführten, kaum beachtet worden und fiel der Vergessenheit anheim.
Wir sahen auch, als wir die Ansicht Babinets über das Zustandekommen
der neutralen Punkte besprachen, daß dieser Physiker die atmosphärischen
Polarisationserscheinungen als durch gewöhnliche Reflexionsvorgänge be-
stimmt ansah, daß dagegen Brewster von dieser Theorie, welche nur mit Re-
flexionsvorgängen rechnete und gar keine Rücksicht auf eine durch Brechung
hervorgerufene Polarisation nahm, durchaus nichts wissen wollte. Die
') Poggend. Ann., 1. eit., p. 85.
°) Diese Äußerung hat ein ganz besonderes Interesse im Hinblick auf eine neuer-
dings von Lord Rayleigh geäußerte und näher begründete Ansicht.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 103
meisten Physiker jedoch, welche sich vor Tyndall mit der atmosphärischen
Polarisation beschäftigten, betrachteten sie einfach als die Folge einer
Reflexion der Sonnenstrahlen, welche nach den gewöhnlichen Reflexions-
gesetzen vor sich geht. Diese, auf den Gesetzen der gewöhnlichen Re-
flexion beruhende, ältere Theorie fand eine gewichtige Stütze in der
Ungezwungenheit, mit welcher sie scheinbar die Lage der Polarisations-
ebene für einen hinreichend weit von der Sonne entfernten Punkt er-
klärte. Ebenso ließ sich, falls man nur die Luft selbst als die reflek-
tierende Substanz ansah, in völlig ungezwungener Weise die Lage des
Polarisationsmaximums bei ca. 90° erklären. Faßt man die einmalige
Reflexion der von der Sonne ausgehenden Strahlen ins Auge, so ergibt
sich aus den gewöhnlichen Reflexionsgesetzen, daß das unter einem
rechten Winkel gegen die Richtung der Sonnenstrahlen ins Auge ge-
langende Licht unter einem Winkel von 45° reflektiert worden ist. Da
nun das Polarisationsmaximum bei einem um 90° von der Sonne abstehenden
Punkte angenommen wird, so wäre hier 45° der Polarisationswinkel.
Nach dem Brewsterschen Gesetz ist nun die Tangente des Polarisations-
winkels gleich dem Brechungsindex der die Reflexion herbeiführenden
Substanz, so daß sich danach in diesem Falle der Wert1 für die, die Re-
flexion herbeiführende Substanz ergeben würde. Da dieser Wert dem
bekannten Brechungsindex der Luft, nämlich 1,00293, außerordentlich nahe
kam, so glaubten einige Forscher, aus dieser Übereinstimmung auf die
Richtigkeit der Theorie schließen zu dürfen, nach welcher die Polarisation
durch gewöhnliche Reflexion an Luft entsteht. Allerdings gingen vielfach
die Meinungen hinsichtlich der Art der reflektierenden Körper sehr ausein-
ander. Von Forschern, welche die Luft selbst als die für die Polarisations-
erscheinungen in Betracht kommende Substanz ansahen, wollen wir nur
Brewster und Herschel sowie auch Hagenbach nennen, welch letzterer
wohl wesentlich durch seine vorher besprochenen, in den Alpen ange-
stellten Beobachtungen zu der Theorie geführt wurde, daß die Reflexionen
an Luftschichten von verschiedener Dichtigkeit vor sich gehen. In
neuerer Zeit hat vor allem Pernter') gezeigt, wie — ganz abgesehen von
dem mit den Polarisationsverhältnissen aufs innigste verknüpften Phänomen
des Himmelsblau — die Polarisationsverhältnisse des Himmels der Hagen-
bachschen Reflexionstheorie kaum überwindliche Schwierigkeiten bieten. Da
hier die gewöhnlichen Reflexionsgesetze in Frage kommen, so ist der Winkel
ausschlaggebend, welchen die reflektierenden Luftsehichten verschiedener
Dichte, oder mit andern Worten die Luftschlieren, mit den auffallenden
Strahlen bilden. Man könnte nun einmal annehmen, daß diese Schlieren
1) J. M. Pernter, Untersuchungen über die Polarisation des Lichtes in trüben
Medien und des Himmelslichtes mit Rücksicht auf die Erklärung der blauen Farbe des
Himmels, Wien. Denkschrift 73, p. 301— 328, 1901.
104 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
oleichmäßig nach allen Richtungen hin verteilt sind; das würde aber, wie
Pernter zeigte, zu großen Schwierigkeiten führen, weil die durch eine
erste Reflexion polarisierten Strahlen durch Auftreffen auf eine um 90°
gegen die erste gedrehte Ebene ausgelöscht werden, so daß es schwer
wird, die tatsächlichen Polarisationsverhältnisse zu verstehen. Und ebenso
schwer gestaltet sich nach Pernter das Verständnis der tatsächlich be-
obachteten Verhältnisse, wenn man die Annahme macht, daß die Lage
der Luftschlieren im wesentlichen den Richtungen der dieselben offenbar
erzeugenden Luftströmungen entspricht. Es dürften nach ihm zweifels-
ohne im wesentlichen horizontale, oder vertikale Luftströmungen vorkommen,
und bei der eben gemachten Annahme müßten bei dieser Betrachtungsweise
die Ebenen um so mehr auszuschließen sein, je mehr sie von den beiden
eenannten Richtungen abweichen, je näher demnach der mit der Horizon-
talen, oder der Vertikalen eingeschlossene Winkel an 45° herankommt.
Eine solche Lage müßte man aber gerade annehmen für den Zeitpunkt,
wo die Sonne im Horizont steht, und wo sich demnach das Polarisations-
maximum im Zenit befindet. Zu noch größeren Unwahrscheinlichkeiten
würde man aber gelangen, wenn man den täglichen Gang der Lage
des, etwa im Sonnenvertikal befindlichen Punktes mit maximaler Polarisation
ins Auge faßt, indem man bei konsequenter Betrachtungsweise zu der
sanz eigenartigen Ansicht gelangen müßte, daß die für den Punkt
maximaler Polarisation in Frage kommenden Schlierenebenen ihre Lage
dem jeweiligen Sonnenstande anpassen. Späterhin werden wir auch sehen,
daß die hinsichtlich der Farbenverhältnisse des heiteren Himmels ge-
wonnenen Ergebnisse sich mit der Hagenbachschen Theorie nicht ver-
tragen. Diese Theorie hatte übrigens unseres Wissens nie viele Anhänger.
Auf der andern Seite hat sich eine mit viel Scharfsinn von Clausius')
durchgeführte und später von J. Müller?) vervollkommnete Theorie, nach
welcher Wasserbläschen als die, die Reflexion und damit auch die Polari-
sation herbeiführenden Körper anzusehen sind, jahrzehntelang einer ganz
') R. Olausius, Über die Lichtzerstreuung in der Atmosphäre und über die Inten-
sität des durch die Atmosphäre reflektierten Sonnenlichts, Poggend. Ann., Bd. 72 (1847),
p. 294—314. R. Clausius, Über die Natur derjenigen Bestandteile der Erdatmosphäre,
durch welche die Lichtreflexion in derselben bewirkt wird, Poggend. Ann., Bd. 76 (1849),
p. 161—188. R. Olausius, Über die blaue Farbe des Himmels und die Morgen- und Abend-
röte, Poggend. Ann., Bd.76, p. 155—195. Derselbe, Bemerkungen über die Erklärung
der Morgen- und Abendröte, Poggend. Ann., Bd. 84 (1851), p. 449—453. Siehe für
Olausius auch Crelles Journal für die reine und angewandte Mathematik, Bd. 34 (1847),
und R. Clausius, Die Lichterscheinungen der Atmosphäre, Leipzig bei E. B. Schwickert,
1550 (mach Angabe von Clausius in Poggend. Ann. 1851). R. Clausius, Über das Vor-
handensein von Dampfbläschen in der Atmosphäre und ihren Einfluß auf die Licht-
reflexion und die Farben derselben, Poggend. Ann., Bd. 88 (1853), p. 543—556.
?) Müller, Kosmische Physik, 4. Auflage, p. 403; dasselbe, 5. Auflage (von Peters
bearbeitet), 1894, p. 433—437.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 105
außerordentlichen Beliebtheit erfreut, derart, daß man dieselbe trotz
.schwerwiegender, schon vor geraumer Zeit dagegen geltend gemachter
Einwände bis in die neuere Zeit hinein als eine erwiesene Tatsache be-
handelt und sie in Lehrbüchern weitergeschleppt hat. Vor allem
kam es Clausius darauf an, auf Grund seiner Bläschentheorie die blaue
Himmelsfarbe zu erklären, ein Phänomen, welches wohl bereits nach
der Annahme der meisten derzeitigen Meteorologen und Physiker eng
mit den Polarisationserscheinungen verknüpft war'). Bei seinen Unter-
suchungen knüpfte er zunächst an Newton’) an, welcher zuerst die An-
sicht ausgesprochen hat, daß das Blau des Himmels durch Interferenz
bei der Reflexion des Lichtes an den in der Atmosphäre schwebenden
Wasserteilchen entstehe und dem Blau erster Ordnung unter den Farben
dünner Blättchen entspreche. Welche Gestalt Newton für die, die Inter-
ferenzen herbeiführenden Wasserteilchen annahm, scheint nicht recht klar
aus seinen Schriften hervorzugehen; Clausius war der Meinung, dab er
an Wasserkügelchen gedacht hat. An die Möglichkeit, daß man sich
den sich kondensierenden Wasserdampf in Gestalt von Bläschen vorstellen
könne, scheint er jedenfalls nie gedacht zu haben. Die Idee kugeliger Bläs-
chen, die aus Luft mit einem dünnen Wasserhäutchen bestehen, ist vielmehr
von Halley°) und Leibnitz ausgegangen. Die Bläschen, mit denen Clausius
operierte, dachte er sich mit dünnen Wandungen mit einander parallelen
Grenzflächen versehen. Den wichtigsten Grund für das Vorkommen solcher
Wasserbläschen in der Atmosphäre fand er in der Tatsache, daß uns die
Sonne als scharf begrenzte Scheibe und nicht in einem unbestimmten,
über den Himmel verbreiteten Glanz erscheint. Nach seiner Meinung
nämlich ließ sich diese Tatsache nur verstehen, wenn die, die Licht-
reflexion in der Atmosphäre bedingenden Teilchen so gestaltet sind, dab
Brechung ausgeschlossen ist. Und dazu, meinte er eben, sei die Gestalt
von Platten mit parallelen Grenzflächen notwendig; denn nur diese hätten
') Wie wir schon erwähnten, meinte Rubenson, aus seinen Beobachtungen der
Polarisationsgröße im Punkte maximaler Polarisation und der Sättigung der blauen
Farbe des nämlichen Punktes den Schluß ziehen zu müssen, daß die Beziehung der
beiden Phänomene zueinander jedenfalls keine sehr einfache sei, und er warnte sehr
vor voreiligen Schlüssen.
2) Newton, Opties, Book II. Newton, Optice latine reddidit Sam. Clarcke 1740.
Newton schreibt: „The blue of the first order, though very faint and little may possibly
be the colour of some substances; and particularly the azure colour of the skies seems
to be of this order. For all vapours, when they begin to condense and coalesce into
small parcels, become first of that bigness, whereby such an azure must be reflected,
before they can eonstitute clouds of other colours. And so, this being the first colour,
which vapours begin to refleet, it ought to be the colour of the finest and most trans-
parent skies, in which vapours are not arived to that grossness requisite to reflect other
colours, as we find it is by experience“ (s. Poggend. Ann., Bd. 76, p. 189).
>) "Halley, Physica, p. 135 und 148 (nach J. Kober in Poggend. Ann. 144, p. 399).
106 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
die besondere Eigenschaft, daß die beiden Brechungen, welche beim Ein-
und Austritt geschähen, sich gegenseitig aufhöben, wogegen sich die zu-
gleich stattfindenden Reflexionen addierten. Solche durchsichtige dünne
Platten, deren Existenz in der Atmosphäre man sich kaum anders als
bei der Annahme von Bläschen denken kann, so schloß Clausius weiter,
reflektieren das auffallende Licht in unveränderter Farbe, je nach der
Dicke der Bläschenwandung, und zwar erscheint bei der geringsten Dicke,
bei welcher sich überhaupt eine Farbe zeigt, das Blau der ersten Ordnung.
Hieraus folgt weiter, daß der Himmel blau erscheint, wenn in der Luft nur
solche Bläschen schweben, deren Wandungen nicht die der blauen Farbe ent-
sprechende Dicke überschreiten. In diesem Zustande sind die Bläschen bei
völlig heiterem Wetter. Wenn aber die Luft feuchter wird, so werden die
schon vorhandenen Bläschen diekwandiger und reflektieren andere Farben,
und wenn nun auch fortwährend neue dünnwandige, blaues Licht reflek-
tierende Bläschen entstehen, so kann doch infolge des Zusammenwirkens
der in den verschiedensten Entwickelungsstadien befindlichen Bläschen der
Himmel nur eine weißliche Färbung annehmen, welche sich dem reinen
Weiß um so mehr nähert, je mehr diekwandige Bläschen vorhanden sind.
Mit Rücksicht auf eine genauere Verfoleung der Polarisationser-
scheinungen hielt Clausius es für unerläßlich, bei der Berechnung den-
jenigen Anteil des von der Atmosphäre reflektierten Lichtes, welcher erst
nach mehrfacher Reflexion ins Auge gelange, von demjenigen zu sondern,
welcher nur eine einmalige Zurückwerfung erfahren habe, da nämlich
die regelmäßige Polarisation dem einmal reflektierten Licht entspreche.
wogegen alles beigemischte Licht die unregelmäßige Polarisation —
worunter er die neutralen Punkte und die Abweichungen der Polarisations-
ebene von der durch Visierlinie und Sonne gelegten Ebene verstand —
hervorbringe‘). In diesem Sinne stellte er eingehende Berechnungen an
und gelangte unter Zugrundelegung der Bläschentheorie zu Formeln, um
bei gegebener Sonnenhöhe für einen beliebigen Punkt am Himmelsgewölbe
die vorhandenen Helligkeiten zu berechnen, indem er darauf hinwies, dab
genauere experimentelle Untersuchungen über die Verteilung der Helligkeit
am Himmelsgewölbe durch die Übereinstimmung beziehungsweise Nicht-
übereinstimmung mit den sich aus seinen Formeln ergebenden Werten
die beste Probe auf den Wert seiner Bläschentheorie abgeben würden.
Dabei wollen wir aber nicht verfehlen, daran zu erinnern, daß Clausius,
auch ganz abgesehen von der Bläschentheorie, insofern von falschen
Prämissen ausgine, als er die Lichtabsorption in der Atmosphäre bei
seinen Berechnungen ignorierte. Was die experimentelle Probe betrifft,
so ist zu erwähnen, daß es derzeit hinsichtlich eines bequem zu hand-
habenden Instruments für derartige Messungen nicht so gut bestellt war
1) Poggend. Ann., Bd. 72 (1847), p. 311.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 107
wie heute, wo wir vor allem in dem L. Weberschen Photometer'), bei
seinem leicht transportabeln Charakter, einen für solche Untersuchungen
besonders gut geeigneten Apparat besitzen.
Dieser Bläschentheorie trat nun im Jahre 1852 Brücke mit seiner
an die Theorien von Leonardo da Vinci?) und Goethe?) anknüpfenden, aber
im Newtonschen Sinne begründeten Auffassung trüber Medien?) entgegen.
Die ersten Beobachtungen darüber, daß trübe Medien im auffallenden
Lichte und vor einem dunklen Hintergrunde betrachtet blau, im durch-
fallenden Lichte gelb oder rot erscheinen, sollen von Leonardo da Vinei
herrühren, der sie benutzte, um daraus die Farben des Himmels und der
Landschaft zu erklären. Goethe hatte die in Vergessenheit geratene An-
sicht von Leonardo da Vinci wieder aufgenommen und dieselbe seinen
farbentheoretischen Gesichtspunkten angepaßt. Brücke?) stellte nun die
beobachteten Erscheinungen auf eine physikalische Basis. Indem er
nämlich die Atmosphäre als ein Gemenge von verschiedenen durchsichtigen
Substanzen betrachtete, deren einzelne Partikelcehen außerordentlich klein
sind, gelangte er zu dem Schluß, daß die blaue Himmelsfarbe zustande
käme durch vielfältige, mit Reflexionen verbundene Interferenzen, ganz
ähnlich, wie er es bei seinen künstlich hergestellten trüben Medien be-
obachtet hatte, das heißt bei „(Gremengen von zwei oder mehreren Medien
mit verschiedenem Brechungsvermögen, bei welchen die einzelnen Par-
tikeln der eingemengten Substanzen so klein sind, daß sie als solche
nicht in die Augen fallen, sondern nur dadurch wahrgenommen werden,
') L. Weber, Mitteilung über einen photometrischen Apparat, Wied. Ann., Bd. 20
(1883), p. 326—337. L. Weber, Eine neue Montierung des Milchglasplattenphotometers,
Zs. f. Instr., Jahrgang 11 (1891), p. 6—13. Siehe hierzu auch Met. Zs. 1899, p. 449—456,
in Chr. Jensen, Beiträge zur Photometrie des Himmels, und W. Schramm, Über die Verteilung
des Lichtes in der Atmosphäre, Inauguraldissert., Kiel 1901, p. 13—18.
2) Leonardo da Vinci spricht in seinem Trattato della pittura die Ansicht aus,
daß die blaue Farbe des Himmels durch Vermischung des von der Atmosphäre reflektierten,
weißen Sonnenlichtes mit der schwarzen Farbe des Himmelsraumes außerhalb der Atmo-
sphäre entstehe. Vergl. auch M. Herzfeld, L. da Vinci, p. 32 (Leipzig, E. Diederichs, 1904.)
3) Für Goethe ist die blaue Himmelsfarbe die unmittelbare Folge eines Grund- und
Urphänomens (siehe seine Farbenlehre, Kapitel 10, Dioptrische Farben der ersten Klasse,
p- 145—177). Bei Goethe sowohl, als auch bei Leonardo da Vinci entsteht das Phänomen
der blauen Himmelsfarbe erst durch den Hintergrund des dunklen Weltraumes, während
das von der Atmosphäre in unsere Augen gelangende Licht an sich weiß ist, so dab wir
es gewissermaßen mit einer Kontrastwirkung zwischen Schwarz und Weiß zu tun haben.
*) Ein für solche Untersuchungen geeignetes trübes Medium gewinnt man beispiels-
weise, indem man 1 Gewichtsteil des feinsten, möglichst farblosen Mastix in 87 Teilen
Alkohol löst und diese Lösung tropfenweise dem, durch stetes Umschütteln in starke
Bewegung versetzten Wasser zusetzt.
>) 0. Brücke, Über die Farben, welche trübe Medien im auffallenden und durch-
fallenden Lichte zeigen, Sitzungsberichte der Kais. Akademie d. Wiss. zu Wien, Juli 1852.
Dasselbe von Brücke in Poggend. Ann., Bd. 85 (1853), p. 363— 387.
108 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
daß sie die Durchsichtigkeit des Ganzen schwächen, sowohl indem ein
Teil des Lichtes an ihren Grenzflächen reflektiert, als auch weil das
durchgehende Licht durch die Brechung teilweise zerstreut wird“. Die
Tatsache, daß das reflektierte Licht mehr Wellen kurzer, der gebrochene
Strahl dagegen verhältnismäßig viel Licht langer Wellen enthielt,
fand Brücke durchaus in Übereinstimmung mit den Fresnelschen Formeln
für die Intensität des reflektierten und des gebrochenen Strahls. Was
vor allem das reflektierte Licht betrifft, so hängt die Stärke der Reflexion
nach der von Fresnel für durchsichtige Körper aufgestellten Reflexions-
formel vom Brechungsverhältnis ab und wächst mit diesem zugleich, so
daß, wenn das ankommende Licht weiß war, in dem reflektierten die
stärker brechbaren Strahlen überwiegen müssen. Eine einmalige Reflexion
liefert nun zwar eine sehr schwache Farbe, und es ist, wie Brücke selber
zugibt, der Unterschied in der Reflexionsfähigkeit für die verschiedenen
Spektralgebiete so gering, daß schon ein geübtes Auge, wie das eines
Malers, dazu gehört, um ihn zu erkennen; nichtsdestoweniger aber hält
Brücke diesen Unterschied bei trüben Medien für bedeutungsvoll genug,
da sich die Reflexionen an den zahlreichen trübenden Teilchen vielfach
wiederholen, so daß das Endresultat eine deutlich sichtbare blaue Farbe
ist. In den so entstehenden, vielfachen Reflexionen fand aber Brücke
nur den ersten Grund für die bläuliche Farbe, in welcher trübe Medien
im auffallenden Lichte erscheinen; eine zweite Ursache für das Zu-
standekommen der fraglichen Phänomene ersah er eben in den Interferenzen,
zu welchen die Teilchen der trüben Medien bei hinreichender Kleinheit
Veranlassung geben müßten. Er hatte nämlich bei den von ihm mit dem
Mikroskop untersuchten Substanzen feststellen können, daß die Sättigung
der blauen Farbe in erster Linie durch die Kleinheit der Partikelchen
bedingt war, und zwar derart, daß gerade in solchen trüben Medien,
welche die in Rede stehenden Farben sehr auffällig zeigten, jene Teilchen
so klein waren, dab notwendigerweise Interferenzerscheinungen hervor-
treten mußten. Hiergegen machte nun Clausius in einer zur Kritik der
Brückeschen Ausführungen im Jahre 1853 veröffentlichten Arbeit geltend,
daß, wenn überhaupt die Interferenz des von kleinen Teilchen reflektierten
Lichtes beim Zustandekommen der blauen Himmelsfarbe mitwirke, man
unbedingt Wasserbläschen als die Ursache der Interferenz ansehen müsse,
da man nur in diesem Falle parallele Oberflächen vor sich habe, was
nötig sei, um bei Anwendung der gewöhnlichen Reflexionsgesetze auf das
Phänomen der durch Interferenz bedingten Farben zu stoßen. Sollte es
sich allerdings herausstellen, daß sehr kleine Körperchen, wie sie bei
trüben Medien vorhanden sind, nicht mehr nach den gewöhnlichen Reflexions-
und Brechungsgesetzen wirken, so mußten, wie Clausius selbst zugab,
seine Gegeneründe wegfallen. Allerdings schränkte er dies Zugeständnis
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 109
durch folgende Betrachtungen wieder sehr ein. Er meinte nämlich, daß,
wenn man die Möglichkeit eines solchen Falles auch zugäbe, es doch
immerhin eine Frage bliebe, ob und wieweit die reflektierenden Teilchen
der Atmosphäre unter denselben fielen. Und zwar erblickte er ın
dem Umstande, dab das vom heiteren Himmel stammende Licht pola-
risiert ist, eine gewaltige Schwierigkeit, da es sich jedenfalls schwer
einsehen ließe, wie Körperchen, die ihrer Kleinheit wegen in anderer
Beziehung nicht mehr den gewöhnlichen Reflexions- und Brechungsgesetzen
unterworfen seien, doch fähig sein sollten, dem Lichte dies „charakte-
ristische Kennzeichen einer regelmäßigen Reflexion“ mitzuteilen, was ihn
auch dazu veranlaßt habe, den Luftmolekeln selbst einen Anteil an
der Reflexion zuzuschreiben. Zur Entscheidung dieser Frage hielt er
weitere, experimentelle Untersuchungen für erforderlich, und es bedürfe,
meinte er, falls man die in der Atmosphäre wirksamen Teilchen so klein
annimmt, daß die gewöhnlichen Reflexionsgesetze keine Anwendung mehr
auf sie finden, einer neuen Entwickelung, bei welcher zu berücksichtigen
sei, inwiefern diese Annahme mit der Polarisation des vom heiteren
Himmel kommenden Lichtes vereinbar sei.
Nahezu fünfzehn ‚Jahre später wurde es durch höchst interessante
Versuche des englischen Physikers Tyndall, der sich schon früher mit der
Theorie der Himmelsfarben beschäftigt hatte!), mehr als wahrschemlich
gemacht, daß die Teilchen der Atmosphäre, durch welche die blaue Farbe
sowohl, als auch die normalen Polarisationserscheinungen bedingt sind,
sich tatsächlich in dem Zustande äuberster Feinheit befinden, und diese
Untersuchungen stellten die Theorie der atmosphärischen Polarisation auf
eine völlig neue Basis. Daher müssen wir dieselben etwas ausführlicher
betrachten. Tyndalls?) nächste Absicht bei der Vornahme dieser Ex-
perimente war, die chemische Einwirkung der Lichtstrahlen auf gewisse
farblose, flüchtige Substanzen zu studieren. Er nahm zu dem Ende eine mit
ebenen Glasplatten verschlossene Glasröhre von drei Fuß Länge und etwa
drei Zoll Durchmesser, ließ die zu untersuchenden Dampfgemische hin-
eintreten und ließ auf sie die mit Hilfe einer Linse konzentrierten
Strahlen einer elektrischen Lampe fallen. Unter dem Einfluß des Lichtes
bildeten sich weniger flüchtige Verbindungen, welche sich bereits bei der
') Siehe Tyndall, Glaciers of the Alps, 1860; ungefähr um dieselbe Zeit erschien
auch ein Artikel von ihm, in dem er die blaue Himmelsfarbe und die Farbe des Torf-
rauchs (der Hütten des Marktfleckens Killarney) auf die nämliche Ursache zurückführte.
2) J. Tyndall, Sur une nouvelle serie de reactions chimiques produites par la
lnmiere; siehe darüber: F.d. Phys. 24 (1868), p. 359—360; Arch. se. phys., Ser. 2, vol. 33,
p. 317—365; Mondes (2), vol. 18, p. 651—657 u. 744—747; Ausland 1869, p. 47—48;
Inst., vol. 37 (1869), p. 20—24; Sillim. Journal (2), vol. 47, p. 129—130; Mondes (2),
vol. 18, p. 704—709; Ann. chim. phys. (4), vol. 16, p. 491; Cimento (2), vol. 1, p. 73
bis 80; Arch. de Gen£ve, t. 33, p. 317—336.
{10 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
in der Röhre vorhandenen Temperatur kondensierten und, soweit die
Wirkung des Lichtes reichte, eine aus mehr oder weniger feinen Parti-
kelchen bestehende Wolke bildeten. Durch passende Vorrichtungen konnte
die Menge der Dämpfe beliebig variiert werden, so daß Tyndall es durch
senügendes Ausprobieren in der Hand hatte, die einzelnen Teilchen der
sefällten Wolke äußerst fein werden zu lassen, so daß dieselben seines
Erachtens weit jenseits des Bereichs der besten Mikroskope lagen, und so
daß er kein Bedenken trug, anzunehmen, daß man so Teilchen erhalten
könne, deren Durchmesser nur einem kleinen Bruchteil der Wellenlänge
des violetten Lichtes gleichkommt'). So nahm er beispielsweise die
bezeichnete Glasröhre, pumpte dieselbe möglichst luftleer und ließ darauf
etwas getrocknete Luft ein, welche durch salpetrigsauren Butyläther hin-
durchgegangen war, also eine geringe Menge von dem Dampf dieser
flüchtigen Flüssigkeit enthielt, bis die Spannung der in der Röhre ent-
haltenen Luft etwa 330 Atmosphäre betrug. Darauf wurde mit Salz-
säure geschwängerte Luft eingelassen, bis das Quecksilber der Barometer-
probe noch einen halben Zoll tiefer gesunken war.
Wenn nun das intensive Licht durch diese sehr verdünnte Luft,
welche eine äußerst geringe Menge von Salzsäure- und Butylätherdampf
enthielt, hindurcheing, so erschien die Röhre, von der Seite gesehen,
anfangs dunkel; nach einiger Zeit jedoch, nachdem die chemische Wirkung
begonnen hatte, erschien sie in prächtigem Azurblau, welches eine Zeit-
lang zunahm und ein Maximum an Tiefe und Reinheit erreichte, um sodann,
als offenbar die Teilchen größer wurden, in ein weißliches Blau über-
zugehen. Tyndall verwandte viele andere farblose Substanzen von den
verschiedensten optischen und chemischen Eigenschaften zu diesem Ver-
') Über die diesbezüglichen Tyndallschen Arbeiten siehe weiter: Tyndall, Sur la
couleur du ciel, la polarisation de l’atmosphere et la polarisation de la lumiere par les
substances nuageuses en genöral, Ann. chim. phys. (4), vol. 16, p. 491—493, und ein recht
ausführliches Referat in d. F. d. Phys., vol. 24, p. 591—593. Ferner J. Tyndall, On the
blue colours of the sky, the polarization of skylight and the polarization of light by
cloudy matter generally: Proc. Roy. Soc., vol. 17, p. 223- 234; Phil. Mag. (4), vol. 37,
1869, p. 384—394; Mondes (2), vol. 19, p. 167—172, 385—391 und 415—421; Arch.
sc. Phys. (2), vol. 34, p. 156—173; Naturforsch., Bd.2, p. 141—142 und 159—160; Sill.
J. (2), vol. 48, p. 258—268; F.d. Phys. 25 (1869), p. 372—374. Eingehend berichtet Tyn-
dall über diese Untersuchungen und die damit zusammenhängenden Fragen in seiner
„Wärme als Art der Bewegung“ (siehe die deutsche Übersetzung von H. v. Helmholtz
und G. Wiedemann, Braunschweig 1875, p. 627— 674). Siehe darüber auch in Tyndalls
„On Light“ (deutsche Übersetzung von G. Wiedemann, Braunschweig 1876, p. 166— 176).
Über die neue Klasse chemischer Lichtwirkungen, deren Entdeckung Tyndall der Royal
Society in der Sitzung vom 24. Oktober 1868 mitgeteilt hatte, berichtete er ausführlich
in den Proc. Roy. Soc., vol. 17, p. 92—102 (On a new series of chemical reactions pro-
duced of light); siehe darüber auch Erdmanns J., vol. 107, p. 4—7, und Dinglers J.,
vol. 193 (1869), p. 393—396.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. ıInjall
such, und es stellte sich dabei heraus, daß, falls nur die Dämpfe der
dazu verwandten Flüssigkeiten genügend verdünnt waren'), die sichtbare
Wirkung stets mit der Bildung einer blauen Wolke begann. Diese
Wolken waren, wie sich denken läßt, unsichtbar bei gewöhnlichem Tages-
licht, und Tyndall gibt an, daß sie, um gesehen zu werden, nur durch ein
kräftiges Strahlenbündel beleuchtet werden dürfen, sonst aber von voll-
ständiger Dunkelheit umgeben sein müssen. Um keinen Irrtum herbeizu-
führen, gibt er weiter an, daß dieselben in vielen wichtigen Eigenschaften
von den feinsten gewöhnlichen Wolken abweichen, und daß man ihnen mit
Recht eine Zwischenstellung zwischen diesen Wolken und wirklichem wolken-
losen Dunst zuerkennen muß. Mit mehreren der angewandten Substanzen
gelang es Tyndall, eine Azurfarbe zu erreichen, welche durchaus ebenso
schön war wie das Blau des reinsten italienischen Himmels?), und
es sei nur erwähnt, daß er, abgesehen von vielen anderen Substanzen,
als besonders geeignet für diese Untersuchungen Benzin, Schwefelkohlen-
stoff, salpetrigsaures Amyloxyd, salpetrigsaures Butyloxyd, Amyljodür
und Isopropyljodür angab. Bei allen Substanzen jedoch, mit denen er
operierte, vergrößerten sich, bald mehr, bald weniger rasch, je nach der
Beschaffenheit der Dämpfe, die Teilchen dieser Wolke°?); das Blau ging
über in ein weißliches Blau und dieses schließlich m Weiß. Sobald die
blaue Farbe auftrat, zeigte sich nun die Polarisation -—- wie verschieden
auch der Brechungsexponent der Substanzen sein mochte — völlige un-
abhängig von dem von Brewster definierten Winkel, so daß ganz offenbar
die bekannten Beziehungen zwischen Polarisation und Brechung oder
Reflexion auf Substanzen von so ausgezeichneter Feinheit keine An-
wendung fanden. Vor allem fand Tyndall, mit einem Nicol senkreeht
') Tyndall geht in einer Abhandlung über die Kometentheorie (Phil. Mag., 4. Ser.,
vol. 37, p. 241—245) näher auf den äußerst verdünnten Zustand der Materie ein, welcher
nötig ist, um die hier besprochenen Erscheinungen hervorzurufen. Dabei äußert er die
Ansicht, daß wenige Unzen von Allyljodiddämpfen hinreichen möchten, um eine aktinische
Wolke von der Größe und Helligkeit des Donatischen Kometen zu erzeugen. Recht
originell ist seine Idee, es könne Kometen geben, deren Gasgemenge unzersetzbar durch
Sonnenlicht sei, so dab uns solche Kometen unsichtbar blieben und, wenn sie mit der
Erde zusammenträfen, ihre Anwesenheit vielleicht nur durch eine Gefährdung der Gesund-
heit verrieten. Über den Reichtum des Kometenlichtes an blauen Strahlen vergl. noch
R. Rosenberg, Astrophys. Journ. XXX (1909), p. 267—283.
?) Das Blau des italienischen Himmels scheint übrigens keineswegs durchgängig
tief gesättigt zu sein, wie wir hernach aus den Beobachtungen von Zettewuch ersehen werden.
3) Das Auftreten von Wolken, welche Tyndall bei der Zersetzung von Dämpfen
durch das Licht beobachtet hatte, veranlaßte ihn dazu, auch die Bildung von Wolken im
allgemeinen zu studieren. Er veröffentlichte darüber folgendes: Note on the Formation
and Phenomena of Clouds, Phil. Mag. (4), vol. 38, p. 156—158, Note sur les nuages,
Arch. sc. phys. (2), vol. 36, p. 264—267 und Note sur la formation et les phenomenes
des nuages, Mondes (2), vol. 19, p. 6951—653.
112 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
gegen die Rohrachse sehend, wenn also die ins Auge tretenden Licht-
strahlen mit der Richtung der einfallenden Strahlen einen Winkel von
90° bildeten, daß das Licht der blauen Wolke vollständig polarisiert war,
und zwar in einer durch die Achse des Rohres und den ins Auge ge-
laneenden Lichtstrahl gelegten Ebene, und dies führte ihn naturgemäß
zu einer Vergleichung mit dem blauen Lichte des heiteren Himmels,
dessen Polarisationsebene im allgemeinen ebenfalls mit der durch den
einfallenden und den reflektierten Strahl gelegten Ebene zusammenfällt,
und dessen maximale Polarisation auch schon damals in einem Abstande
von 90° von der Sonne angenommen wurde. Allerdings wies ja der
blaue Himmel an keinem Punkte eine vollkommene Polarisation auf, aber
diesen Unterschied zwischen dem Himmelsblau und seinen künstlich erzeugten
blauen Wolken führte Tyndall mit Grund im wesentlichen auf die Tat-
sache zurück, daß es sich im Experimentierraum um ein einziges, helles,
im übrigen aber von völliger Dunkelheit umgebenes Lichtbündel handelt, wo-
gegen im Freien die Strahlen der Sonne nach allen möglichen Richtungen
auf die Atmosphäre eindringen und so dieselbe ganz erleuchten. — Außer-
ordentlich interessant war es, die allmähliche Abnahme der Polarisation
bei den so gebildeten blauen Wolken zu verfolgen. Unter günstigen
Versuchsbedingungen hielt die totale Polarisation unter einem rechten
Winkel gegen den einfallenden Lichtstrahl etwa zehn bis fünfzehn Minuten
an. In dem Maße jedoch, wie die blaue Farbe an Reinheit abnahm, oder
wie sich nach Tyndalls Ansicht gröbere und gröbere Partikelchen nieder-
schlugen, so daß wirklich Wolken sich zu bilden anfingen, wurde die
Polarisation schwächer und schwächer, um schließlich, wenn das Blau
völlig in Weiß übergegangen war, ganz zu verschwinden.
Durch folgenden Versuch wurde dargetan, daß die Richtung der
Schwingungen des seitlich ausgestrahlten polarisierten Lichtes senkrecht
steht zum erleuchtenden Strahl. Tyndall nahm ein Nicolsches Prisma,
welches groß genug war, um das ganze Strahlenbündel der elektrischen
Lampe zu fassen, und stellte es zunächst so auf, daß die kurze Diagonale
vertikal war. Sowie nun das Licht auf geeignete in der Röhre befindliche
Substanzen zu wirken begann, war eine prächtig blaue Wolke zu sehen,
wenn er in gleicher Höhe mit der Röhre auf den eintretenden Strahl
blickte; wenn er jedoch vertikal, von oben oder unten, auf das Rohr sah,
war das Licht für das Auge völlig ausgelöscht, weil eben eine Reflexion
beziehungsweise Diffusion nach unten und nach oben hin bei der ange-
gebenen Nicolstellung offenbar nieht möglich war. Das Umgekehrte trat
dagegen ein, wenn das Nicolsche Prisma um 90° gedreht wurde. —
Im weiteren stellte Tyndall auch die entsprechenden Versuche mit anderen
Stoffen an, welche fein verteilt in der Luft schwebten. Auch diese
Versuche sind für uns von großer Bedeutung, da sie einmal in Verbindung
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 113
€
mit ähnlichen, schon vorher von einigen anderen Forschern angestellten
Experimenten die soeben besprochenen Versuche in sehr erwünschter
Weise ergänzen und einem so das Verständnis dieser ganzen Gruppe von
ürscheinungen näher bringen, und zum andern, da in unserer Atmosphäre
feine und grobe Stoffteilchen der verschiedensten Art schweben, von welchen
selbstverständlich die gesamten atmosphärisch - optischen Erscheinungen
und im speziellen auch die sich tatsächlich zu den verschiedensten Zeiten
abspielenden Polarisationsphänomene mehr oder weniger stark abhängen.
Wenn das elektrische Licht durch die Luft des verdunkelten
- Laboratoriums fiel, so ließ sich seine Spur wegen der Reflexion an den
in derselben schwebenden Staubteilchen deutlich erkennen. Das seitlich
zerstreute Licht wies, ebenso wie die unter Einwirkung des Lichts
stehenden Dampfgemische, eine Polarisation auf, die allerdings nieht voll-
ständig war. Auch hier hatte man das Polarisationsmaximum, wenn
man senkrecht gegen die erleuchtete Staubsäule blickte. Wandte Tyndall
eine Gipsplatte') an, so erhielt er dementsprechend die intensivste Farben-
wirkung, wenn er unter 90° gegen das Strahlenbündel blickte; je schräger
er auf dasselbe sah, um so mehr erblaßten die Farben, um unter einem
gewissen Winkel ganz zu verschwinden; bei noch schrägerer Richtung
traten sie wieder auf, jedoch komplementär zu den früheren, so daß also
diese Polarisationsebene rechtwinkelig zu der vorher beobachteten war.
So hatte Tyndall hier durchaus ein Analogon zu den neutralen Punkten
der Atmosphäre vor sich. Besonders beachtenswert war nun das bei
diesen Untersuchungen gefundene Resultat, daß die Luft, falls sie so
gereinigt war, daß absolut keine sichtbaren Staubteilchen mehr in ihr
vorhanden waren, auf das durchgehende Licht keinen Einfluß mehr aus-
übte, so daß also kein Lichtbündel und demgemäß auch keine Polarisations-
phänomene?) mehr in die Erscheinung traten.
Tyndall richtete nun bei weiteren Untersuchungen mit den ver-
schiedensten Substanzen sein besonderes Augenmerk auf die Umkehr der
Polarisation in den sogenannten neutralen Punkten, das heißt auf den Winkel,
unter welchem man auf die Strahlrichtung blicken muß, um die Stelle zu
finden, wo die Polarisation verschwindet, und wo sie an der anderen Seite
mit umgekehrtem Zeichen wieder auftritt. Als er nun seine Experimente mit
verschiedenen Rauchsorten begonnen hatte, wurde er durch Wheatstone
') Dieselbe war in der Mitte dünn und wurde nach den Rändern zu allmählich
dicker, so daß er bei Anwendung polarisierten Lichtes ein System farbiger Ringe erhielt.
?) Es erscheint uns dies beachtenswert, wenn man es der neuerdings von Lord
Rayleigh vertretenen Ansicht gegenüberhält, daß die Diffusion des Lichtes an den Luft-
molekeln ausreiche, um bis zu einem gewissen Grade die Erscheinungen der blauen
Himmelsfarbe und der atmosphärischen Polarisation hervorzubringen. Es handelt sich
da ja allerdings um eine sehr oft wiederholte Diffusion.
114 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
darauf aufmerksam gemacht, daß der Physiker Govi bereits im Jahre
1860 der französischen Akademie Mitteilungen über ganz ähnliche Ver-
suche gemacht hatte. Zu diesen Experimenten war Govi') durch pola-
riskopische Untersuchungen des Kometenlichtes geführt worden. Er warf
mittels eines Heliostaten ein zylindrisches Bündel von Sonnenstrahlen in
eine dunkle Kammer. Diese Strahlen zeigten nun, da die Reflexion
wesentlich an Metall stattgefunden hatte, eine sehr geringe Polarisation;
um aber auch diese Spuren zu beseitigen, ließ er nach den ersten vor-
bereitenden Versuchen die Strahlen durch ein Blatt weißen Papiers
eehen. Wurde dann durch Verbrennung von Weihrauch eine große
Menge Rauch erzeugt, so erhielt er ein Lichtbündel, welches nach
allen Seiten hin weißliches Licht diffundierte. Dieses Licht erwies
sich als mehr oder weniger polarisiert, indem Govi die geringste
Polarisation konstatierte, wenn er nahezu senkrecht auf die Richtung
des Lichtbündels blickte, und die stärkste, wenn er unter einem
ziemlich kleinen Winkel beobachtete, wobei zu bemerken ist, dab
die Winkel von der Lichtquelle aus gerechnet sind. Als einen Punkt
von fundamentaler Bedeutung betrachtete er vor allem die Tatsache, daß
die von ihm konstatierte Polarisationsebene senkrecht stand zu der durch
die Strahlenquelle und die Visierlinie gegebenen Ebene, das heißt zu der-
jenigen Ebene, welche er erwarten zu müssen glaubte, wenn es sich um
gewöhnliche Reflexionserscheinungen handelte, und er stellte sich die
Frage, ob die Polarisationsebene bei den wiederholten Reflexionen an
den Gasteilchen verschoben würde, oder aber ob die Wirkung der Gase
unter Umständen analog der der brechenden Körper sei, ohne jedoch
eine bestimmte Ansicht zu fixieren. In der richtigen Erkenntnis je-
doch, daß hier jedenfalls interessante Beziehungen zu den Erscheinungen
der atmosphärischen Polarisation sowie auch zu anderen Phänomenen
vorliegen könnten?), veröffentlichte er seine zunächst noch sehr unvoll-
ständigen Beobachtungen. Eben nachdem er der französischen Akademie
1) G. Govi, De la polarisation de la lumiere par diffusion, €. R., vol. 51 (1860),
p. 360—361. Derselbe, De la polarisation de la lumiere par diffusion (pour faire suite
A une pr&cedente communication), ©. R., vol. 51, p. 669—670. Derselbe, On the Polari-
zation of Light by Diffusion, Phil. Mag., 4. Ser., vol. 21 (1861), p. 157”—159 (im wesent-
lichen der Inhalt der beiden vorher genannten Arbeiten). Derselbe, Von der Polarisation
des Lichts durch Diffusion, Poggend. Ann., Bd. 111 (1860), p. 349—351 (dasselbe, was
in der erstgenannten französ. Arbeit). Die nämliche Arbeit wie in den ©. R., vol. 51,
p. 360—361, auch in den Ann. Chim. Phys., 3. Ser., vol. 60 (1860), p. 213—215. Siehe
auch F. d. Phys., Bd. 16 (1860), p. 255, Cosmos 17, p. 302—304, und L’Institut, Journal
universel des sciences et des Societes savantes en France et A l’etranger (premiere
section) 1860, p. 291.
2) Govi spricht hier (in seiner ersten Publikation) auch von möglichen Beziehungen
zur Fluoreszenz und zur Eigenfarbe der Körper.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 115
sein Manuskript überreicht hatte, machte er bei Fortführung der be-
sonnenen Versuche, indem er sich empfindlicherer Polariskope bediente,
die wichtige Entdeckung, daß die Polarisation mit umgekehrtem Vor-
zeichen wieder auftrat, wenn er über den nahe der Normalen zum
ursprünglichen Liehtbündel liegenden Winkel hinausging, unter welchem
dieselbe verschwand. Beobachtete er — siehe nebenstehende schematische
Fig. 17a — unter einem sehr kleinen Winkel (X SMN), so war die
negative Polarisation bereits sehr merklich; bewegte er sich von der
L.
RER AD
Fig. 17a.
Richtung MN mehr und mehr nach MP, so wurde dieselbe noch größer und
erreichte unter einem gewissen Winkel ihr Maximum, um dann wieder
abzunehmen und in der Richtung MQ, in der Nähe der Normalen MP,
zu verschwinden. Ging Govi über diese Richtung hinaus, so trat die
Polarisation, wenn auch sehr schwach, mit umgekehrtem Zeichen wieder
auf, nahm aber rasch ab, je mehr er sich der Richtung MO näherte, so
daß er bald nicht mehr die geringsten Polarisationsspuren konstatieren
konnte. Mit Tabakrauch fand er im wesentlichen dieselben Resultate,
allerdings mit dem durchaus beachtenswerten Unterschied, daß hier
der zwischen der positiven und der negativen Polarisation liegende neutrale
Winkel größer war als beim Weihrauch‘).
') Man hat es hier offenbar mit der Wirkung verschieden großer Teilchen zu tun.
gr
116 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Rubenson, der in dem Bestreben, die Störungen zu erforschen, welche
Rauch, Wolken und Nebel bei den normalen Polarisationserscheinungen
der Atmosphäre hervorbringen, die Govischen Experimente wiederauf-
nahm und dieselben noch durch Untersuchungen über die Diffusion des
Lichtes an Dampfwolken vervollständigte'), fand zunächst bei seinen
Rauchuntersuchungen die Govischen Resultate in den Hauptzügen be-
stätigt, jedoch mit der Abweichung, daß die unter einem Winkel von 90°
gegen die Richtung des primären Lichtbündels beobachtete positive Polarisa-
tion mindestens ebenso stark war wie die unter einem kleineren Winkel be-
obachtete negative; dementsprechend bildete die Richtung, in der man
=
RU LAIR,
N
Fie. 17b.
gegen das Liehtbündel blicken mußte, um keine Polarisation zu haben,
mit der Richtung desselben einen erheblich kleineren Winkel als bei
Govi, indem der neutrale Winkel, wie Fig. 17b zeigt, ungefähr 45°
betrug. Allerdings variierte der Winkel von Augenblick zu Augenblick,
was offenbar im Zusammenhange mit der verschieden großen Menge des
Rauches stand. Hierbei möge nur ganz kurz hingewiesen werden auf
äußerst interessante Polarisationsbeobachtungen, welche Soret?) an Sonnen-
') Rubenson, loc. eit. p. 135.
?) Siehe J. L. Soret, On some Phenomena of Polarization by Diffusion of Light,
Phil. Mag., 4. Ser., vol. 47, p. 205—211, sowie auch die zu diesen Untersuchungen den
Anstoß gebenden Experimente, über die Hirn in den „Me&moires sur les proprietes optiques
de la flamme des corps en combustion et sur la temperature du soleil“, Ann. Chim. Phys.,
4. Ser., vol. 30 (1873), p. 319—351 (vor allem siehe p. 321—324), berichtet.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. NT
licht anstellte, welches von verschiedenen Flammen sowie von dem von der
Flamme aufsteigenden Rauch diffundiert wurde. Bei der Diffusion des
Lichtes an Wasserdampf fand Rubenson ein umgekehrtes Verhalten hin-
sichtlich der Polarisationserscheinungen, indem er, wie nebenstehende
schematische Fig. 17e zeigt, unter kleinerem Winkel zur Richtung des
Lichtbündels positive und unter größerem Winkel negative Polarisation
fand. In dem nämlichen Sinne lagen entsprechende Versuche von Tyndall,
welcher übrigens auch Konstatierte, daß sich die Dämpfe von Salzsäure,
Salpetersäure und Jodwasserstoffsäure ebenso verhalten. Merkwürdie ist
es, daß T'yndall, welcher die Govischen Versuche kennt, die Rubensonschen
”
LRAUTLTTS
Fig.'1Te.
mit keiner Silbe erwähnt‘). Mit Rücksicht auf die später genauer zu
besprechenden Variationen in der Höhe der neutralen Punkte der Atmo-
sphäre sind für uns die Tyndallschen Versuche mit Weihrauch, bei denen
er die Größe des neutralen Winkels feststellte, indem er nach und nach
den Rauch aus dem Laboratorium entweichen ließ, von besonderem In-
teresse. So teilte Tyndall eine Versuchsreihe mit, bei welcher der Winkel
bei nach und nach vorgenommenem Öffnen der Fenster von 66 auf 54,
49, 43 und 33 Grad herabsank. Unwillkürlich muß man dabei daran
') Es war uns bei der Durchsuchung der Literatur überhaupt auffällig, daß der
Rubensonschen Arbeit, welche zum mindesten eine große Fülle von Anregungen bietet,
und deren Wert vielleicht noch höher erscheinen wird bei einem noch fortgeschritteneren
Zustande unseres Wissens, in der auf ihr Erscheinen folgenden Zeit so sehr wenig
Erwähnung getan wird.
118 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
denken, wie bei den nach dem Krakatau-Ausbruch vorgenommenen
Messungen von Busch die Höhe der neutralen Punkte mehr und mehr
abnahm, um sich schließlich wieder normalen Werten zu nähern.
Auch erscheint es von diesem Gesichtspunkt aus instruktiv, die von
Jensen seit Ende 1908 in Hamburg mit seiner relativ dunstigen Luft
beobachteten Werte für die Abstände des Aragoschen und des Babinetschen
Punktes mit den entsprechenden, in Arnsberg gewonnenen Zahlen zu ver-
gleichen, indem die ‚Jensenschen Werte durchgängig erheblich höher als
die Buschschen sind, worauf wir in einem besonderen Kapitel eingehender
zurückkommen werden’).
Fassen wir übrigens alle diese Experimentaluntersuchungen, bei
denen neutrale Punkte beobachtet wurden, zusammen, so erweckt es den
Eindruck, als ob zum Zustandekommen derselben größere Partikelchen
nötig waren, die offenbar nicht mehr klein im Sinne Lord Rayleighs
waren. Einmal handelte es sich um Rauch- oder Staubteilchen, bei den
Versuchen mit Dämpfen wohl offenbar um größere Kondensationsprodukte.
‚Jedenfalls ist es sehr bemerkenswert, daß, wie es scheint, im Falle der
herrlich blauen Tyndallschen Wolken keine neutralen Punkte beobachtet
wurden.
Bevor wir nun die hochinteressanten Tyndallschen Versuche ver-
lassen, müssen wir noch auf einige besondere Erscheinungen hinweisen,
welche Tyndall bei einigen seiner durch die Wirkung des Lichtes ge-
bildeten Wolken fand. Bei mehreren Beobachtungen zeigte es sich,
daß sich das Strahlenbündel an den verschiedenen Stellen verschieden
verhielt, so daß er, wenn er sich, senkrecht darauf blickend, längs des-
selben fortbewegte, einen mehrfach wiederholten Wechsel der Polarisations-
ebene (Drehung von 90°) fand. Offenbar hatte also die vom Licht ge-
getroffene Gassäule an den verschiedenen Stellen eine verschiedene Struktur?),
was auch ohne weiteres aus der verschiedenen Färbung hervorging, indem
einige Abschnitte weiß waren, während andere noch eine blaue Farbe
aufwiesen. Wie zu erwarten, wurde dieser eigenartige Effekt bei den
Rauchexperimenten nicht gefunden, weil hier die dazu nötigen — aller-
dings auch bei den andern Experimenten nicht leicht verständlichen —
Verschiedenheiten in der Struktur der Wolken fehlten.
Noch müssen wir die von Tyndall mit dem Namen „residual blue“
') Im Zusammenhange hiermit sei darauf aufmerksam gemacht, daß H. König in seiner
Arbeit über die Sonnenscheindauer Europas (Abhandlungen d. Kaiserl. Leopold.-Carolin.
Deutschen Akademie der Naturforscher, Bd. 67, p. 367) einen erheblichen Ausfall an
Sonnenschein für Hamburg gegenüber anderen Orten mit ähnlicher geographischer Lage
fand. So fand er als Jahressumme für Kiel 1507, für Hamburg 1236, für Bremen
1701 Stunden.
>) Man denkt bei der Tyndallschen Schilderung’ unwillkürlich an die Schichten-
bildung in Geißlerschen Röhren.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 119
bezeichnete Erscheinung ins Auge fassen‘). Wenn durch das Licht die
vorhin beschriebene, prächtig blaue Farbe in die Erscheinung getreten
"war, herrschte, wie wir sahen, vollständige Polarisation, sobald man
senkrecht auf das Lichtbündel blickte, so daß also durch passende Vor-
schaltung eines Nicols eine völlige Auslöschung des Lichtes zu erreichen
war. Dieser Zustand hielt nach Tyndalls Angabe etwa zehn bis fünf-
zehn Minuten an. Wenn nun die blaue Farbe nach und nach mehr ins
Weißliche überging — was auch Tyndall richtig der zunehmenden Größe
der niedergeschlagenen Teilchen zuschrieb —, so verringerte sich, wie
wir auch schon zur Genüge sahen, die Polarisationsgröße, so daß ein Teil
des Lichtes bei allen Stellungen des Nicols durch denselben hindurchging.
Besonders bemerkenswert ist jedoch folgendes: Da blaue Farbe und
Polarisation bei diesen Erscheinungen von vornherein eng miteinander
verknüpft erscheinen, so möchte man im ersten Augenblick glauben, daß
auch gerade die blauen Strahlen am längsten ihre Polarisation behalten;
dies war aber keineswegs der Fall, indem der Nicol einige Zeit nach
dem Verschwinden vollständiger Polarisation bei der Stellung geringster
Durchlässigkeit noch immer ein prächtig blaues Licht hindurchließ, wo-
gegen das übrigebleibende, weiße Licht durch das Prisma abgeschnitten
wurde. Und erst nachdem die Wolkenstruktur so dicht geworden war,
daß man es mit Erscheinungen zu tun hatte, welche wirklichen Wolken
analog waren, war überhaupt keine Polarisation mehr zu konstatieren.
Diese Erscheinung des „residual blue“ ist, wie wir später genauer
sehen werden, von eminenter Wichtigkeit für das Verständnis der atmo-
sphärischen Polarisationserscheinungen, ja für das Verständnis des optischen
Verhaltens der wolkenlosen Atmosphäre überhaupt, und sie wird einem
erst recht verständlich, wenn man Einblick gewonnen hat in eine von
Strutt oder vom späteren Lord Rayleigh entwickelte Theorie, durch
welche die fundamentalsten von 'T'yndall beobachteten Erscheinungen
auf die Wellentheorie des Lichtes zurückgeführt wurden, und welche
gleichzeitig auch den Schlüssel zu den vorher besprochenen Brückeschen
Experimenten lieferte.
Fassen wir nun die von Govi, von Rubenson und von Tyndall
angestellten Untersuchungen über die Diffusion des Lichtes an Rauch-
und Staubteilchen sowie an Teilchen, die sich unter der Wirkung des
Lichtes an geeigneten Gasgemengen bildeten, zusammen, so gelangen
wir zu dem Hauptresultat, daß bei winziger Größe das seitlich diffundierte
Licht blau ist, und daß man vollständige, positive Polarisation beobachtet,
daß aber bei stetiger Zunahme der Größe der diffundierenden Teilchen
sowohl die Sättigung der blauen Farbe, als auch die Polarisation ent-
sprechend abnimmt, indem sich auch der Winkel, unter welchem die
!) Siehe Phil. Mae., 4. Ser., vol. 37, p. 387—388.
120 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
maximale Polarisation zu beobachten ist, von 90° entfernt. Eingehender
hat Bosangquet, der in der Gesamtreihe dieser Erscheinungen — indem man
von den feinsten diffundierenden Teilchen bis zu den gröbsten fortschreitet —-
drei Stufen unterscheidet, diese Verhältnisse in recht übersichtlicher
Weise diskutiert, und es sei hier nur kurz auf seine interessante
Kritik!) hingewiesen.
Den idealsten Fall, welcher auch die Basis für die hernach zu
besprechende Lord Rayleighsche Theorie gab, haben wir da vor uns,
wo die herrliche, azurblaue Farbe mit vollkommener Polarisation unter
einer Blickrichtung von 90° gegen das zylindrische Lichtbündel verknüpft
war. Da nun die Wiederholung dieses wundervollen Versuches mit nicht
sanz geringen Schwierigkeiten verknüpft ist, weil es vielfach sehr auf
ein recht genau innezuhaltendes Verhältnis zwischen den einzelnen Gas-
arten anzukommen scheint, dürften wir einem vorhandenen Bedürfnis
entgegenkommen, wenn wir hier eine von Sohnke?) angegebene Versuchs-
anordnung mitteilen, mittels welcher der Versuch immer gelingen soll.
Ausprobiert haben wir denselben jedoch noch nicht. Sohnke nahm eine neun
Zentimeter weite und etwa achtzig Zentimeter lange Glasröhre, die an
beiden Enden durch planparallele Glasplatten verschlossen und in der
Nähe der beiden Enden mit je einem Hahn versehen war; durch den
einen dieser Hähne konnte die Verbindung mit der Luftpumpe abgesperrt
werden; an dem andern war ein sich bald gabelnder Schlauch angesetzt.
Will man nun den Versuch anstellen, so evakuiert man zunächst die Röhre
und schließt dann den zur Luftpumpe führenden Schlauch ab. Durch den
andern Hahn läßt man nun vermittels des einen Schlauches durch Schwefel-
kohlenstoff”) und zugleich vermittels des andern Schlauches durch kon-
zentrierte Salzsäure hindurchgegangene Luft in die Röhre hineinströmen,
wobei es vorteilhaft sein soll, den Schwefelkohlenstoffdampf etwas reich-
licher zu bemessen als den Salzsäuredampf. Wenn der Innendruck dem
Atmosphärendruck ganz oder jedenfalls nahezu gleich geworden ist, so
soll man den Hahn schließen. Schickt man nun im verdunkelten Zimmer
ein paralleles Bündel von Strahlen der Sonne, oder aber einer elektrischen
Lampe durch die Röhre, so wird man nach Sohnke spätestens in einigen
Minuten einen aus allerfeinsten Teilchen gebildeten, blauen Nebel sehen,
und es wird sich ber senkrechtem Aufblicken auf das Lichtbündel eine
') p. 503—508 in „Bosanquet, On the polarization of the light of the sky (Phil.
Mag., 4. Ser., vol. 50, p. 497—521).“ Übrigens werden die hierher gehörenden Rubenson-
schen Untersuchungen auch nicht von Bosanquet erwähnt.
?) p. 145—146 in „L. Sohnke, Gemeinverständliche Vorträge, Jena 1892 (in einem
Abschnitt über das Blau des Himmels).‘
°) Wie erwähnt, hatte Tyndall unter den besonders günstig wirkenden Substanzen
auch Schwefelkohlenstoff angegeben.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 121
vollständige Polarisation zeigen. Hat man dies erreicht, so soll es
nicht unvorteilhaft sein, noch ein wenig zu evakuieren, indem man so
vermutlich größere Aussichten haben wird, den eben geschilderten Zustand
etwas länger zu erhalten. Auch darauf sei hier noch verwiesen, daß
sich nach Sohnkes Angaben die Befreiung der Luft von Wasserdampf,
oder von Staub zum Gelingen des Versuches bei dieser Anordnung als
durchaus unnötig erwies. Offenbar wird also die Wirkung in der ge-
wünschten Richtung eine so kräftige sein, daß auch die etwaige Störung
durch größere Staubpartikelchen dagegen völlig in Wegfall gerät. Eine
äußerst lohnende Aufgabe würde es nun sein, etwa in dieser, nach Sohnke
besonders guten Erfolg versprechenden Versuchsanordnung die Tyndallschen
Experimente in den verschiedensten Entwickelungsphasen zu wiederholen,
indem man in beiden (beziehungsweise in allen) Quadranten unter den
verschiedensten Winkeln die Polarisationsphänomene in den verschiedenen
Spektralbezirken genau quantitativ verfolgt, was unseres Wissens noch
nicht geschehen ist. Bedenken müßte man dabei wohl, daß bei solchen
Experimenten, bei denen man im Gegensatz zu den Rauchexperimenten
eines Glasrohres bedarf, dadurch Komplikationen eintreten können, dab
jedenfalls unter gewissen Winkeln die durch die Brechung im Glase herbei-
eeführte Polarisation ins Gewicht fällt.
Aus den Tyndallschen Gasexperimenten war so viel allerdings mit ab-
soluter Deutlichkeit hervorgegangen, daß die, im Hinblick auf die atmo-
sphärischen Verhältnisse besonders ins Gewicht fallenden Erscheinungen
der stark gesättigten blauen Farbe und des Vorhandenseins völliger
Polarisation, wenn man rechtwinklig gegen den ursprünglichen Strahl
blickt, aufs engste mit der Kleinheit der diffundierenden Teilchen verknüpft
sind; jedoch empfand Tyndall die Tatsache, daß sich der Polarisations-
winkel, entgegen dem die gewöhnlichen Reflexions- und Breehungsvorgänge
beherrschenden Brewsterschen Gesetz, als völlig unabhängig von der Natur
der Substanzen zeigte, als eine ganz außerordentliche Schwierigkeit, und
er wies auf die Notwendigkeit hin, dem Grunde dafür nachzuforschen.
Bald darauf zeigte Strutt, der spätere Lord Rayleigh, in einer 1571 er-
schienenen, bis auf den heutigen Tag erundlegend gebliebenen Arbeit!)
') J. W. Strutt, On the licht from the sky, its polarization and colour, Phil. Mag.,
4. Ser., vol. 41, p. 107—120 und 274— 279. — Hier sei auch auf die eingehende Besprechung
der Rayleighschen Theorie seitens Felix M. Ener im 4. Abschnitt der Meteorologischen
Optik von Pernter-Exner hingewiesen, wobei noch bemerkt werden muß, daß Exner hier
auch eine spätere, auf dem Boden der elektromagnetischen Liehttheorie stehende Arbeit
Strutts (siehe Lord Rayleigh, On the Electromagnetie Theorie of Licht, Phil. Mag., 5. Ser.,
vol. 12 [1881], p. 8{—101) besprochen hat, wovon wir, ganz abgesehen von anderen
Erwägungen, schon allein deswegen Abstand genommen haben, weil die erste, von der
mechanischen Lichttheorie ausgehende Abhandlung allgemein als die wichtigste ange-
sehen wird.
122 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
zunächst, daß diese Schwierigkeit nur durch einen Mißbrauch des Wortes
„Reflexion“ entstehe und sofort verschwinde, wenn man auf die Grund-
vorstellungen der Wellentheorie zurückgehe, indem es einem dann sofort
einleuchte, daß das Wort „Reflexion“ nur so lange einen bestimmten Sinn
habe, als man Körper betrachte, deren Oberfläche groß sei im Verhältnis
zur Wellenlänge oder, exakter ausgedrückt, groß im Verhältnis zum
(uadrat der Wellenlänge. Da es sich aber bei Tyndall um die Wirkung
von Teilchen handle, deren Ausdehnung nach allen Dimensionen wesent-
lich kleiner sei als die Wellenlänge des Lichtes, so könne man hier nicht
von durch Reflexion bedingter Polarisation sprechen.
Bei seinen weiteren Betrachtungen nahm nun Strutt mit Fresnel
an, daß die Dichte des, sich gegen Formveränderungen wie ein fester
Körper verhaltenden Äthers in den verschiedenen Medien wechsele, wo-
gegen der Widerstand desselben gegen Formveränderungen, das heißt seine
Elastizität, konstant sei'), wobei noch darauf hingewiesen sei, daß er in
einer besonderen Arbeit des nämlichen Jahres’) nachzuweisen suchte,
daß diese Annahme keineswegs willkürlich sei, sondern daß die Phänomene
selbst einem diese Annahme aufdrängten. Und die fernere Annahme,
mit der die ganze Theorie steht und fällt, ist die, daß die störenden
Partikelehen verschwindend klein sind gegen die Wellenlänge, derart
gedacht, daß das Volumen derselben — es kommt hier durchaus auf das
Volumen an — verschwindend klein gegen die dritte Potenz der Wellen-
länge ist. Dieses Verschwinden gegenüber der Wellenlänge ist daher
erforderlich, weil die am weitesten voneinander abstehenden Punkte
eines so gedachten störenden Volumens nicht so weit voneinander entfernt
sein dürfen, daß man für die extremen Punkte einen Phasenunterschied
anzunehmen gezwungen wäre für den Fall, daß die Partikelchen in die
Schwingungsbewegung hineingezogen werden.
Da die Ätherdichte in der Umgebung eines störenden Teilchens
relativ groß ist, also relativ viel Äthermasse in Bewegung zu setzen ist, so
muß dadurch die Fortpflanzung des primären Strahls gehemmt werden.
Denkt man sich dagegen die Teilchen weg, so würde das primäre Licht-
bündel ungehemmt seinen Weg durch das Medium fortsetzen. Dasselbe
würde erreicht, wenn wir die störenden Partikelchen bestehen lassen und
ihrer hemmenden Wirkung ein Gegengewicht schaffen durch passende
Kräfte, welche überall dort in Wirksamkeit treten, wo die sonst homogene
Ätherdichte eine Änderung erleidet. Diesen Kräften müßten wir die
nämliche Richtung und Periode wie den ungestörten Lichtsehwingungen
') Strutt sieht hier ab von Effekten, welche denen der chromatischen Dispersion
analog sind.
?) J. W. Strutt, On the scattering of light by small particles, Phil. Mag., 4. Ser.
vol. 41, p. 447—454.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 123
selbst zuschreiben. Von den in hierzu entgegengesetzter Richtung
wirkenden Kräften müßten wir also annehmen, daß sie das seitlich zer-
streute Licht hervorrufen. Auf die Bestimmung dieser Kräfte würde es
also ankommen. Wenn uns nun auch eine Anhäufung des Äthers um die
störenden Teilchen vorschwebt, so können wir doch wegen der Klein-
‚heit derselben — die wir uns geradezu punktförmig denken wollen —
‚annehmen, daß die in dem Volumen eines solchen Teilchens wirkenden
Kräfte alle von der nämlichen Intensität sind und nach derselben Richtung
wirken, ja wir können sie mit Strutt als ein Ganzes ansehen und müssen
das auch für die weitere Betrachtung‘), Nun meint Lord Rayleigh
weiter, daß die Bestimmung der durch die Wirkung einer periodischen,
in einem bestimmten Punkt vorhandenen Kraft hervorgerufenen Äther-
bewegung natürlich die Hilfe der mathematischen Analysis erfordere,
daß aber schon eine sehr einfache Betrachtungsweise zu einem bestimmten
Schluß führe hinsichtlich der Lage des Polarisationsmaximums. In einem
späteren Abschnitt zeigt er ferner, wie eine einfache Dimensionsbetrachtung
in völlig exakter Weise Aufschluß gibt über die Intensitäten der, ver-
schiedenen Wellenlängen entsprechenden diffundierten Strahlen. Was die
Betrachtung der Polarisationsgröße unter verschiedenen Winkeln zur
Riehtung des primären Strahls betrifft, so setzt Lord Rayleigh zunächst
linear polarisiertes Licht voraus. In dem punktförmig gedachten Ort
eines störenden Teilchens denkt er sich die von hier als Zentrum nach
allen Richtungen ausstrahlende Störung um die Schwingungsrichtung im
primären Strahl als Achse symmetrisch verteilt. Als Folgerung der so
gedachten Symmetrie ergibt sich, daß bei allen von diesem Punkt aus
zerstreuten Strahlen die Schwingungen in der durch die betreffenden
Strahlen und die Schwingungsrichtung beim Primärstrahl gelegten Ebene
vor sich gehen, was gleichbedeutend damit ist, daß die Richtung
der Schwingungen im zerstreuten Strahl mit der der Schwingungen im
primären Strahl einen möglichst kleinen Winkel bildet. Umstehende
Figur 15 möge das noch an einem Beispiel verdeutlichen. Es ist hier
AB die Richtung des linear polarisierten Primärstrahls. Wie angedeutet,
sehen die Schwingungen in der Papierebene vor sich. Der diffundierte
Strahl OY liegt ebenfalls in der Papierebene, und nach dem vorhin Ge-
sagten müssen wir uns vorstellen, daß auch die Schwingungen desselben
in der Papierebene (Ebene durch OY und die Schwingungsrichtung des
Primärstrahls) vor sich gehen. Greifen wir nun aus OY einen Punkt X
heraus. Die von X ausgehenden Schwingungen seien XP bezw. XQ.
Die Richtung dieser Schwingungen bildet mit der verlängerten Richtung
der um Z’ im Primärstrahl vor sich gehenden Schwingungen den Winkel «.
‘) Es ist uns aus den Struttschen Arbeiten nicht recht klar geworden, ob er sich
die materiellen Teilchen selbst als mitschwingend vorstellt, oder nicht.
124 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Denkt man sich nun XP so um OY als Achse gedreht, daß es stets
senkrecht dazu bleibt, so ist es ohne weiteres ersichtlich, daß jeder andere
Winkel zwischen XP und XL’ größer werden würde als der jetzt vor-
liegende @. Man ersieht ferner ohne weiteres aus der Figur, daß in der
Richtung der Achse, das heißt in der Schwingungsrichtung des Primärstrahls,
kein diffundierter Strahl zustande kommen kann, was übrigens Strutt mit
Recht auch aus der soeben durchgeführten Betrachtung schließt, da in
diesem Fall keine Ebene vor der andern ausgezeichnet sein und kein
kleinster Winkel existieren würde. Nun stellt sich Strutt einen vertikal
auffallenden, linear polarisierten Primärstrahl vor, dessen Schwingungen
67
Fie. 18.
im Meridian vor sich gehen, so daß also die horizontale Nord-Südrichtung
die Achse ist. In dieser Richtung können also nach dem Vorhergehenden
keine Sekundärstrahlen ausgesandt werden. Dagegen wird ein Intensitäts-
maximum vorhanden sein für Strahlen, welche senkrecht zum Primärstrahl
zwischen West und Ost verlaufen. Denkt man sich nun den vertikalen
Primärstrahl unpolarisiert, so erhellt, daß das in der Nord-Südrichtung
zerstreute Licht einzig und allein von den zwischen Ost und West ver-
laufenden Schwingungen herrührt und daher vollständig polarisiert ist,
indem auch hierfür Ost-West die Schwingungsrichtung ist. Ganz ent-
sprechend verhält es sich mit allen übrigen in horizontaler Richtung aus-
gesandten Strahlen, die demnach vollständig polarisiert sind. Je mehr
aber die Fortpflanzungsrichtung der Sekundärstrahlen von der Horizontal-
ebene abweicht, um so geringer wird ihre Polarisation, um für Vertikal-
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 125
strahlen völlig zu verschwinden. Dagegen ist für die letzteren die Licht-
intensität ein Maximum geworden.
Die für eine bestimmte Beobachtungsrichtung vorhandene Polarisations-
oröße kann man sich nun leicht konstruieren, indem man die Schwin-
gungen des Primärstrahls in zwei gleiche, zueinander senkrechte Kom-
ponenten zerlegt denkt, von denen diejenige, die senkrecht zu der durch
Primärstrahl und diffundierten Strahl gelegten Ebene steht, für den
diffundierten Strahl voll zur Wirkung gelangt, während die andere, in
2 [4
A
Ries 19.
jener Ebene liegende nur mit einem der Beobachtungsrichtung ent-
sprechenden Betrage wirkt. Aus Figur 19 ist dann leicht zu ersehen,
daß die letztere Komponente um so größer, mithin die Polarisation
um so kleiner wird, je kleiner der Winkel zwischen Primärstrahl und
diffundiertem Strahl wird‘). Bedeutet AB den Primärstrahl, und sind
001, 002, 00s, 004 von 0 aus diffundierte Strahlen, so gelangen für
letztere die senkrecht zur Papierebene stehenden Schwingungsamplituden
voll zur Wirkung, und wir erhalten für die diffundierten Strahlen die in
der Papierebene liegenden Amplituden, indem wir die Amplituden von
AB nach den diffundierten Strahlen hin verschoben denken und in be-
') Bei dieser Figur sind die Winkel, wie man sieht, nicht von der Lichtquelle ab
gerechnet, wie es bei den Figuren 17a, 17b und 17e der Fall war.
126 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
kannter Weise die Komponentenzerlegung nach dem Parallelogramm der
Kräfte vornehmen.
Wir hätten also hiermit vor allem das entsprechende Resultat ge-
funden, wie es Tyndall für seine azurblauen Wolken fand, daß nämlich
bei hinreichender Kleinheit der trübenden Teilchen unter 90° gegen
die ursprüngliche Strahlrichtung vollständige Polarisation zu beobachten
ist. Das nämliche Resultat läßt sich bei den verschiedenartigsten
trüben Medien konstatieren, wenn eben nur die in Betracht kommenden Par-
tikelehen hinreichend klein sind, so beispielsweise auch bei den Brücke-
schen Mastixemulsionen. Allerdings muß man wohl bedenken, daß
sich die Größe der für die Theorie in Betracht kommenden Teilchen mit
dem Mikroskop nicht mehr messen läßt, da nach den Abbeschen') und
v. Helmholtzschen ?) Untersuchungen die kürzeste Wellenlänge des zur
Beleuchtung dienenden Lichtes der Auflösungskraft der Mikroskope eine
(Grenze setzt. Man würde also auf diesem Wege höchstens ein negatives
Resultat gewinnen können, indem man bei mehr und mehr zunehmender
Verdünnung der Lösung feststellt, wie die Größe der Teilchen mehr und
mehr abnimmt, bis bei noch größeren Verdünnungen keine einzelnen Teilchen
mehr zu konstatieren sind.
In der heiteren Atmosphäre haben wir nun, wie wir sahen, wohl
das Polarisationsmaximum in einem Sonnenabstand von 90°; aber die
Polarisation ist nicht vollständig. Es liegen hier aber die Verhältnisse
völlig anders als in dem von Strutt betrachteten, theoretischen Fall und
auch anders als in den Tyndallschen Experimenten, wo man es mit einem ein-
zigen, relativ dünnen Primärstrahlenbündel zu tun hat. Und zwar sind die
atmosphärischen Verhältnisse einmal schon dadurch anders, daß man es
hier sicherlich abgesehen von winzigen Partikelchen immer auch mit einer
mehr oder weniger stark ins Gewicht fallenden Menge wesentlich größerer
trübender Teilchen zu tun hat; zum andern aber muß man wohl be-
denken, daß hier nicht nur eine einmalige Diffusion in Betracht kommt,
sondern daß im allgemeinen jede Stelle des Himmelsgewölbes außer dem
direkten Sonnenlicht von allen übrigen Punkten der Atmosphäre schon
einmal diffundiertes Licht zugestrahlt bekommt, so daß also schließlich
zum mindesten zweimal diffundiertes Licht ins Auge des Beobachters
gelangt. Wie von diesen Gesichtspunkten aus Soret und Hurion die
') Siehe „Gesammelte Abhandlungen von E. Abbe“ (Jena 1904), Verlag von G.
Fischer, Bd. 1, p. 119—164, Die optischen Hilfsmittel der Mikroskopie; siehe auch die
bekannten Lehr- bezw. Handbücher von Müller-Pfaundler, Chwolson und Winkelmann,
ebenso „Die Bilderzeugung in optischen Instrumenten“ von M. v. Rohr, Berlin 1904
(Verlag von Jul. Springer).
2) H. v. Helmholtz, Die theoretische Grenze für die Leistungsfähigkeit der Mikro-
skope, Poggend. Ann. 1874 (Jubelband), p. 557 —584.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 127
Theorie der atmosphärischen Polarisationserscheinungen entwickeln, werden
wir hernach ausführlicher zeigen. Hier sei nur kurz angedeutet, daß
Strutt in der hier behandelten Arbeit‘) darauf aufmerksam macht, daß
bei alleiniger Berücksichtigung eines einzigen diffundierenden Teilchens
für den diffundierten Strahl OF, der von einem innerhalb des Primär-
strahls AOY liegenden Punkt O in der Richtung der X-Achse ausgeht, nur
eine Schwingungsamplitude vorhanden ist, welche senkrecht zu der durch
Primär- und Sekundärstrahl gelegten Ebene steht, daß aber eine inner-
halb der bezeichneten Ebene liegende, zur Y-Achse parallele Schwingungs-
amplitude hinzukommt, wenn man einen in der XY-Ebene zwischen OX
und OY liegenden Punkt ? zu Hilfe nimmt, der schon einmal diffundiertes
Lieht nach O sendet, welches nun zum zweiten Male bei O diffundiert wird.
Er äußert bei dieser Betrachtung, daß in dieser Richtung vielleicht
die Erklärung dafür zu suchen sei, daß in einem Sonnenabstand von
90° keine vollständige Polarisation vorhanden ist, wobei man allerdings
auch bedenken müsse, daß eine nicht genügende Kleinheit von einigen
der störenden Partikelchen die nämliche Abweichung gegenüber dem ein-
facheren, theoretischen Fall herbeiführen müsse.
Nunmehr wollen wir zeigen, in welch einfacher Weise Strutt die Ab-
hängigkeit der Intensität des zerstreuten Lichtes von der Wellenlänge findet,
unter der Voraussetzung, daß alle Teilchen erheblich kleiner sind als die
Wellenlänge des violetten Lichtes. Der Gedankengang ist kurz folgender: Da
offenbar die Intensitäten des einfallenden und des zerstreuten Lichtes ein-
ander proportional sein müssen, so kommt es an auf die Bestimmung des
Verhältnisses dieser beiden Intensitäten, die sich wieder wie die Quadrate
der entsprechenden Amplituden zueinander verhalten werden. Zunächst
hätte man also das Verhältnis (z) der Amplitude des zerstreuten zu derjenigen
des einfallenden Lichtes zu bestimmen. Dies Verhältnis kann höchstens
von folgenden Größenarten abhängig sein: 1. von dem mit 7 bezeichneten
Volumen des störenden Partikelchens, 2. von dem mit r bezeichneten
Abstande des betrachteten Punktes vom genannten Partikelchen, 3. von
der Wellenlänge 4, 4. von der mit b bezeichneten Fortpflanzungsge-
schwindigkeit des Lichtes, 5. von der Dichte D des im ursprünglichen
Medium befindlichen Äthers, 6. von der durch die Anwesenheit des
Teilchens veränderten Ätherdichte D’. Von diesen Elementen ist 7 die
Funktion einer Länge, indem / in der dritten Potenz vorkommt (7?); auch r
ist die Funktion einer Länge (?) und ebenso die Wellenlänge A (2); die Fort-
pflanzungsgeschwindigkeit hängt bekanntlich sowohl von der Länge, als auch
von der Zeit ab er = en schließlich hängen die Ätherdichten
D und D’ sowohl vom Volumen, als auch von der Masse ab und sind
1) Phil. Mag., 4. Ser., vol. 41, p. 114.
128 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
= = m- ni Bezüglich der Grund-
einheiten des absoluten Maßsystems sind demnach 1, 2 und 3 nur Funktionen
von /, ist 4 eine Funktion von Z und £, und sind 5 und 6 Funktionen von /
und m. In der Dimension des zu bestimmenden 7 kann aber sicherlich keine
Masse vorkommen, da; eine reine Zahl bedeutet. Sollen also D und D’in
der aufzustellenden Formel vorkommen, so können dieselben, damit sich m
daher Funktionen von m und I
ß En D
heraushebt, nur in der Form des Verhältnisses Dr vorkommen, welches man,
da eine reine Zahl herauskommt, aus der weiteren Betrachtung ausschließen
kann. Da schließlich die Zeit f, die nur in 4 vorkommt, im Ausdruck für ö
nicht vorkommen darf, so muß die Fortpflanzungsgeschwindigkeit'!) aus der
Betrachtung herausbleiben. Somit blieben nur 7, » und A übrig. Wir können
nun auch wohl Lord Rayleigh in der Annahme folgen, daß ; direkt propor-
tional der Größe des, immer als außerordentlich klein anzusehenden Partikel-
volumens sein muß, und ebenso darin, daß es umgekehrt proportional r
sein muß, da man sich doch die Ätherdichte, wenn man sich vom Zentrum
des Volumens entfernt, als nach und nach wieder in die ursprünglich gedachte
Größe übergehend denken kann. Soll nun noch A im Ausdruck für 2 stehen,
so muß es schon, damit sich für © eine reine Zahl ergibt, als Quadrat
im Nenner vorkommen, und wir hätten = ( az 0 C irgendeine
. Yes
Konstante bedeutet, das heißt wir hätten, da bekanntlich die Lichtinten-
sität proportional dem Quadrat der Schwingungsamplitude ist, mit Strutt
folgendes wichtige Gesetz gefunden:
Wenn Licht durch Teilchen zerstreut wird, welche im
Vergleich zu irgendeiner der Wellenlängen sehr klein sind,
so ändert sich das Verhältnis der Schwingungsamplituden
des zerstreuten und des einfallenden Lichtes umgekehrt wie
das Quadrat der Wellenlänge und die Intensität der Strahlen
umgekehrt wie die vierte Potenz.
Hiernach muß also die Lichtzerstreuung für die brechbareren Strahlen
wesentlich größer werden als für die weniger brechbaren, und man
kann sich auch wohl ohne weiteres vorstellen, daß bei der außer-
ordentlich gering angenommenen Dimension der vorgelagerten Partikel-
chen die größeren Wellenzüge wenig behindert werden in ihrer gerad-
linigen Ausbreitung, wogegen kleinere Wellenzüge leichter von ihrer
ursprünglichen Richtung abgelenkt werden. Aus diesem Umstande erklärt
') Strutt macht auch in der Einleitung zu seiner ersten Arbeit (siehe loc. eit.,
p- 108) darauf aufmerksam, daß er Effekte analog denen der chromatischen Dispersion
vernachlässigt, was also darauf hinauskommt, daß er eine für alle Wellenlängen gleiche
Fortpflanzungsgeschwindigkeit im Medium annimnt.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 129
denn auch Strutt das Überwiegen der blauen Farbe beim Tyndallschen
Phänomen, und die folgende Tabelle’), welche, von dem für A als Einheit
festgesetzten Werte ausgehend, für Konstantes 7 und r nach der an-
gegebenen Formel i” — wofür wir hier ] setzen wollen — für die den
bekannteren Fraunhoferschen Linien entsprechenden Wellenlängen angibt,
zeigt allerdings mit überraschender Deutlichkeit das Übergewicht der
brechbareren Strahlen. Es ist nämlich Z:
kr 4% — 2.000
DB - 2a
Br Rs!
222,501
ER ea
ee Luis
Hr — 6,036
GE ee
„HH == 13,589
Diese Zahlenverhältnisse würden allerdings selbstverständlich be-
deutende Änderungen erleiden können, wenn auf dem Wege zum Beobachter
hin erneute Diffusion beziehungsweise auswählende Absorption in Kraft träte.
Betrachtet man zum Beispiel unsere Atmosphäre als ein trübes Medium, so
darf man natürlich nicht außer acht lassen, daß dann auch die eben
besprochenen Verhältnisse vielleicht dadurch eine wesentliche Modifikation
erleiden können, daß man sich selbst mitten im Medium befindet. Wir werden
auch noch sehen, wie Lord Rayleigh seine diesbezüglichen Untersuchungen
auf die Atmosphäre ausgedehnt hat, aber vorher dürfte es vielleicht
manchem unserer Leser, der sich durch die bisher wiedergegebenen De-
duktionen nicht völlig befriedigt fühlt, erwünscht sein, daß wir noch
ein wenig auf die weiteren mathematischen Entwickelungen Strutts ein-
gehen, was nun geschehen soll, indem wir mit Absicht die Struttschen
Rechnungen und Überlegungen zum Teil in etwas breiterer Weise zur
Darstellung bringen werden. Es handelt sich also um die Aufstellung
des mathematischen Ausdrucks für die Stärke der Lichtzerstreuung, die
dureh kleine Teilchen von der vorhin definierten Art hervorgerufen wird.
Jede Wellenbewegung läßt sich durch eine Gleichung von der Form:
2 : h
y=4:* cos bt darstellen?), worin y die Ablenkung des schwingenden
!) Siehe Chwolsons Lehrb. d. Phys., Bd. 2 (1904), p. 729—731, Müller-Pfaundlers
Lehrb. d. Phys., Bd. 2 (1909), p. 1064—1067, und M. E. Mascart, Traite d’Optique, vol. 1
(1889), p. 339—343. Bezüglich der Farben trüber Medien siehe auch Verdets Optik bezw.
Vorlesungen über die Wellentheorie des Lichtes (deutsche Bearbeitung von K. Exner,
bei Vieweg & Sohn in Braunschweig, 1887, Bd. 2, p. 403—409).
2) Gewöhnlich nimmt man wohl den Sinus statt des Kosinus, wodurch die Werte
für t eine andere Bedeutung erlangen (= Ofür den Durchgang durch die Ruhelage gedacht).
Be)
130 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Teilchens aus der. Gleichgewichtslage zur Zeit 4, A die Amplitude der
Schwingung, 4 die Wellenlänge und b die Fortpflanzungsgeschwindigkeit
bedeutet. Für {=0 würde sich dann y=4-cos0=A4 ergeben. Der
nämliche Wert muß sich auch ergeben, so oft ? ein Multiplum von 2/b,
das heißt ein Multiplum der Schwingungsdauer ist. Ist nun ? gleich
einer ungeraden Anzahl von halben Schwingungsdauern, so wird y=—A,
ist es gleich einer ungeraden Anzahl von einem Viertel der Schwingungs-
dauer, so ergibt sich dagegen y= +0, das heißt, das schwingende Teilchen
befindet sich in der Gleichgewichtslage. Für die Geschwindigkeit der
Schwingung zur Zeit ? gilt die Gleichung:
N
2 le
I -—Al sin | ” ht),
Dieser Ausdruck wird nun gerade für diejenigen Werte von ? gleich 0, für
die y mit + A ein Maximum oder Minimum erreicht, und derselbe er-
reicht die extremen Werte, wenn =0 wird, so daß also die Geschwin-
digkeit am größten ist, wenn das schwingende Teilchen die Gleichgewichts-
lage passiert. Schließlich ist die Beschleunigung des schwingenden
Teilchens zur Zeit ? gegeben durch:
2 c 2 97
rg Al?7) - eos Eon
Nun sind aber die wirkenden Kräfte den Beschleunigungen pro-
portional, so daß also die Kraft
2 ıch\2 23
k= —0.A|- » COS | x ni)
A A
zu setzen wäre. Wie wir aber sahen, ist die Kraft, welche erforderlich
ist, um ein Ätherteilchen bis zu einer gewissen Amplitude schwingen zu
lassen, abhängig von der Dichte des an der in Betracht kommenden Stelle
vorhandenen Äthers, indem in der Umgebung der störenden Partikelchen,
wo die Ätherdichte D’ größer ist, von der nämlichen ° bewegenden
Kraft mehr Masse in Bewegung zu setzen ist als an den Stellen ohne
Störung, wo die kleinere Ätherdichte D herrscht. Diese Überlegung führt
Lord Rayleigh dazu, den Ausdruck
2 nb
2 270
—(D’—D). AS)» 0087 bi
') Wird die Schwingungszahl » genannt, so ist bekanntlich b=n-A, also A/b =
1 Age),
Enikarg der Schwingungsdauer T.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 131
aufzustellen für diejenige Kraft, welche man den Teilchen mit der Äther-
dichte D’ hinzufügen müßte, damit der Wellenzug ungestört da hindurchgehen
kann. Derselbe Ausdruck, mit dem umgekehrten Vorzeichen versehen, würde
die nämliche Störung hervorrufen, wie sie nun durch das störende Teilchen
hervorgerufen wird. Dabei ist aber noch zu bedenken, daß die Wirkung
eines solchen Teilchens nicht nur seiner, von der Ätherdichte abhängigen
optischen Dichte, sondern auch seinem Volumen proportional ist, das heißt
natürlich immer unter der einen Voraussetzung, daß dies Volumen 7 außer-
ordentlich klein ist im Verhältnis zum Kubus der kleinsten Wellenlänge des
einfallenden Lichtes. Der vollständige Ausdruck für die Kraft k, mit deren
Wirkung wir es an der in Frage kommenden Stelle zu tun haben, würde
demnach sein:
)
5
k= 7. —D).4.()- cos,
2 1
So wäre also unsere Frage darauf zurückgeführt, welche Störung im
Äther durch eine periodische Kraft von gegebener Stärke hervorgebracht
wird. Hier benutzt nun Lord Rayleigh eine von Stokes nachgewiesene
Beziehung‘). Stokes hatte nämlich gezeigt, daß die in Frage kommende
Störung
F-sin« Pe
E — - . S l 5
S re (DE 15)
2m .
ist, wenn die wirkende Kraft = F'- c0os —— ; -bt ist. Hier bedeutet « den
Winkel, welchen der sekundäre Strahl mit der Schwingungsrichtung des
einfallenden Strahls bildet, und » den Abstand des betrachteten, in die
Störung hineingezogenen Punktes vom wirkenden Teilchen. Setzen wir
nun in den Ausdruck für & den Wert für F aus der vorhergehenden
Gleichung, so erhalten wir:
“iR } 2ub\ | sine er Br )
= 7m —Dma. I) | ns bt
PD: — DD}: A422... a4
Dr 1 - SINE - COS —— ET (bt r)
—=A4- Dee sina.cos (tn) ?)
D r.22
!) Stokes, On the Dynamical Theory of Diffraction, Cambridge Phil. Transact.,
vol. 9 (daß die Literaturangabe richtig ist, geht aus einer anderen Arbeit von Stokes
hervor; leider konnten wir nicht in den Besitz dieser Abhandlung gelangen).
2) Bei dem diffundierten Strahl wird also nicht für {= 0, sondern für bt — r—=0)
‚die größte Elongation erreicht.
9*
132 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
als Ausdruck für den Zustand eines im Abstande r von einem störenden
Partikelehen befindlichen, m die Störung hineingezogenen Punktes zur
Zeit £'). Da hier der vorm Kosinus stehende Ausdruck die Amplitude
bedeutet, so würde die Intensität des zerstreuten Lichtes dargestellt
werden durch
(DEZ) Sn
A®. - s :
705 Mur:
So hätten wir also auch auf diesem Wege die umgekehrte Proportionalität
mit der vierten Potenz der Wellenlänge gefunden. Handelt es sich nun nicht
um ein einziges störendes Teilchen, sondern um eine Schar von solchen, so
müssen natürlich die entsprechenden Summen in die Formeln hmeingebracht
werden. Jedoch wollen wir, da wir die für uns nötigen Beziehungen gefunden
haben, nicht auf die weiteren Rechnungen eingehen und müssen hier auf die
Arbeiten Lord Rayleighs verweisen, sowie auch auf einen die Struttschen
Rechnungen und in gedrängter Kürze die in engerer Beziehung hierzu
stehenden Haupttatsachen auf dem Gebiete der atmosphärischen Polarisation
und der blauen Himmelsfarbe diskutierenden Artikel Dorseys?). Wir haben
also, wie bei den Tyndallschen Wolkenversuchen, nicht nur vollständige
Polarisation, wenn wir unter einem rechten Winkel auf das primäre
Strahlenbündel blicken, sondern wir haben auch ein ganz eminentes
Überwiegen der blauen beziehungsweise violetten Strahlen über die übrigen
Strahlen des sichtbaren Spektrums, da eben die umgekehrte Proportionalität
mit der vierten Potenz der Wellenlänge besteht. Und zwar muß wohl
beachtet werden, daß die Farbe des diffundierten Lichtes unabhängig
von der Richtung der Zerstreuung ist. Ganz besonders aber muß — mit
Rücksicht auf die spätere Besprechung einer die Wissenschaft lange in
Spannung haltenden Meinungsverschiedenheit zwischen Pernter und Spring
— darauf hingewiesen werden, daß sich aus den Rayleighschen Ent-
wickelungen nicht der mindeste Anhalt dafür bietet, daß die Polarisations-
eröbe abhängig ist von der Wellenlänge des Lichtes. Die Rayleighsche
Theorie fordert absolute Gleichheit der Polarisationsverhältnisse für alle
Farben. Voraussetzung dabei ist natürlich, daß auch die Struttschen
Voraussetzungen in der Wirklichkeit erfüllt sind, das heißt vor allem,
!) Dieser Ausdruck unterscheidet sich, ebenso wie der entsprechende, von Dorsey
in einem Artikel über die Farbe und die Polarisation des blauen Himmelslichtes (Monthly
Weather Review 1900, p. 354) angegebene, von dem bei Strutt angegebenen um den
konstanten Faktor x im Zähler, was aber den Sinn der Formel nicht beeinflußt. In einer
späteren Arbeit (siehe Anmerkung zu p. 377 von Phil. Mag., 5. Ser., vol. 47) wurde auch
dies Versehen von Strutt selber berichtigt.
?) E. Dorsey, On the color and polarization of blue skylight, Monthly Weather
Review 1900, p. 352—389 (hier auch eine recht ausführliche Literaturzusammenstellung).
Dasselbe ohne Literaturverzeichnis auch in Nature, vol. 64 (1901), p. 135— 140.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 133
e
daß in Wirklichkeit das Volumen der diffundierenden Teilchen ver-
schwindend klein ist im Verhältnis zum Kubus der in Betracht kommenden
kürzesten Wellenlänge, und das heißt zum zweiten natürlich auch, daß
außer der Diffusion nicht noch andere Kräfte wirksam sind. Im Rahmen
der für die Gültigkeit der von Lord Rayleigh abgeleiteten Gesetze er-
forderlichen Größen für die störenden Partikeln sind nun natürlich
Schwankungen möglich, und es ist sehr wohl zu beachten, daß dann die
Intensität des diffundierten Lichtes mit der Teilchengröße wächst. In
dem genannten Artikel macht nun Dorsey darauf aufmerksam, daß Crova
in einer Arbeit über die Analyse des vom Himmel diffundierten Lichtes?)
fälschlicherweise die Ansicht vertritt, die von Lord Rayleieh errechnete
Beziehung 1/4* beruhe auf der Voraussetzung, daß die Zahl der in einem
bestimmten Luftvolumen enthaltenen trübenden Teilchen für alle in Frage
kommenden Größen genau dieselbe sein müsse, und dab auch Mascart?)
auf diesem falschen Standpunkt steht. Wir müssen hier Dorsey völlig
beipflichten, da tatsächlich nach der Struttschen Entwickelung die Zahl
der Teilchen für die Zusammensetzung des seitlich diffundierten Lichtes
gar nicht in Frage kommt. Aber — wir wollen das hier vorwegnehmen und
mit allem Nachdruck darauf hinweisen — bei der Beurteilung der tatsäch-
lichen Farbenzusammensetzung des von der Atmosphäre diffundierten Lichtes
dürfte dennoch die Menge der in einem bestimmten Volumen vorhandenen
Teilchen unter Umständen eine sehr wesentliche Rolle spielen. Denn
abgesehen von der Größe der Teilchen, welche in dem oben angegebenen
Sinne wirkt, wird um so mehr in seiner Zusammensetzung durch 1/4!
bedingtes Licht diffundiert, je mehr solche, die im Struttschen Sinne gedachte
Zerstreuung herbeiführende Teilchen vorhanden sind. Nun finden sich
aber bekanntlich auch andere das auftreffende Licht zurückstrahlende
Teilchen in der Luft, deren Größe der Wellenlänge nahekommt beziehungs-
weise mehr oder weniger über dieselbe hinausgeht, und die Farben-
zusammensetzung des seitlich zerstreuten Lichtes wird dadurch eine ganz
andere, indem die blauen beziehungsweise violetten Strahlen hier bei weitem
nicht ein so starkes Übergewicht über die anderen Farben haben wie in dem
in Diskussion stehenden theoretischen Fall. Demgemäß würde bei konstant
angenommener Zahl großer Teilchen das durch kleinste Teilchen diffundierte
Lieht um so mehr in seiner Farbenzusammensetzung modifiziert werden,
je weniger kleinste diffundierende Partikelchen vorhanden sind.
Was nun die Größe der Teilchen betrifft, so dürfen wir wohl mit
Pernter annehmen, daß die Tyndallschen Wolkenversuche eher als Ex-
perimente mit den bekannten trüben Medien die Wahrscheinlichkeit bieten
') A. Crova, Sur l’analyse de la lumiere diffusee par le ciel, ©. R. 112 (1891),
Bel 11709:
2) Mascart, Traite d’Optique, t. 3, p. 386.
134 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
werden, daß man es mit Partikeln von annähernd gleicher Größe zu tun
hat. Es dürfte auch anzunehmen sein, daß die Teilchen um so weniger
homogen sind, je mehr derselben — bei der einen Methode sowohl, als auch
bei der andern — sich bereits niedergeschlagen haben. Stellt man sich
nach der Brückeschen Vorschrift eine alkoholische Mastixlösung her,
indem man 1 & des feinsten, durchsichtigsten Mastix in 87 g Weingeist
löst und sodann unter starkem Rühren dem Wasser tropfenweise von
dieser Lösung zusetzt, so kann man schon recht feine suspendierte Teil-
chen erhalten. Man erkennt dies auch schon ohne weiteres an der
schönen blauen Färbung im auffallenden Lichte. So hat Tyndall eine
derartige Emulsion mit einem, offenbar recht guten Mikroskop von Huxley
untersuchen lassen. Huxley konnte die Partikelchen nicht erkennen, woraus
er berechnete, daß dieselben jedenfalls kleiner als 0,00025 mm waren').
Wenn man allerdings bedenkt, daß der Linie A im sichtbaren
Sonnenspektrum eine Wellenlänge von 759,4 uw und der Linie 7 eine
solche von 396,9 ww entspricht, so kann man nicht ein Partikelchen von
0,00025 mm Länge als sehr klein gegen die Wellenlängen und ganz und
gar nicht als klein im Sinne Lord Rayleighs bezeichnen. Aber es bedeutet
ja auch 0,00025 mm nur die errechnete obere Grenze, und man hat durch-
aus keinen Grund, daran zu zweifeln, daß nicht nur bei den Tyndall-
schen Experimenten, sondern auch bei den Mastixemulsionen und anderen
ähnlichen trüben Medien Teilchen in Frage kommen, welche durchaus
im Sinne der Lord Rayleighschen Teilchen aufzufassen sind. Wäre das
nicht der Fall, so bliebe das oft äußerst starke Überwiegen des Blau,
und es blieben ferner die Polarisationserscheinungen bei den verschieden-
sten trüben Medien durchaus unerklärlich. So sei auch darauf hingewiesen,
daß die Richtigkeit des Rayleighschen Gesetzes hinsichtlich der umgekehrten
vierten Potenz der Wellenlänge von verschiedenen Forschern nachgewiesen
worden ist, so von Abney und Festing”) sowie auch von Lampa’) für Mastix-
emulsionen, von Compan') für Mastix-Emulsionen und Silberchlorüre und
von A. Hurion?) für Zitronensäure in Alkohol und Silberchlorüre in Wasser.
') Dies stimmt nahezu überein mit einer Angabe von v. Helmholtz, welcher 1874
(s. Poggend. Ann. 1874, Jubelband, p. 576) 455, mm als die ungefähre Grenze der Auf-
lösungskraft der derzeitigen Mikroskope bezeichnete.
?) Abney and Festing, Intensity of Radiation through turbid media, Proceed. Roy.
Soc. Lond., vol. 40, p. 378 u. ff.
>) Lampa, Über die Absorption des Lichtes in trüben Medien, Wien. Sitzungsber.,
Bd. 100, Abt. IIa, p. 730 u. ff.
‘) P.Compan, Transmission de la lumiere par les milieux troubles, Ü. R., vol. 128
(1899), p-. 1226—1229.
°) A. Hurion, Transmission de la lumiere A travers les milieux troubles, Ü. R.,
vol. 112 (1891), p. 1431-1434. Siehe hier auch: Trabert, Diffuse Reflexion und Ab-
sorption in der Atmosphäre, Met. Zs. 1893, p. 425—427.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 135
Es muß allerdings bemerkt werden, daß Hurion das von der Theorie
geforderte Verhalten in aller Strenge nur für den Moment der Herstellung
der Emulsionen fand, wogegen sich die den einige Stunden später an-
gestellten Messungen entsprechenden Formeln!) so darstellten, als ob sich
der von der Wellenlänge abhängigen Zerstreuung eine allgemeine, von der-
selben unabhängige überlagerte. Mit Teilchen, deren Durchmesser er-
heblich größer sind als die Wellenlänge, hatten es offenbar Angström’)
und Stark°?) bei ihren Untersuchungen der festen trüben Medien von
Maenesia, Ruß und Zinkoxyd zu tun. Über die Größenverhältnisse von
Rußteilchen haben im Jahre 1898 Crova und Compan*) Untersuchungen
angestellt. Letzterer untersuchte im darauf folgenden Jahre unter
anderen Substanzen’) auch Ruß auf die Diffusion hin und fand eine um-
gekehrte Proportionalität mit dem Quadrat der Wellenlänge; das nämliche
konstatierte er für Magenesiumoxyd, für Baryumsulfat (in einem Gemisch
von Glyzerin und Wasser), für Kalziumoxalat und chinesische Tusche.
Besonders interessant waren aber die Resultate, welche er für anisierten
Salzalkohol und für die mit alkoholischer Seifentinktur hergestellten
Lösungen fand, indem sich hier eine umgekehrte Proportionalität mit der
3ten Potenz ergab. Dies galt für die Zeit gleich nach der Herstellung,
wogegen für. anisierten Salzalkohol nach einem Stehenbleiben von einigen
(ungefähr 4) Stunden eine umgekehrte Proportionalität mit 4° konstatiert
wurde, so daß also das gewöhnliche Reflexionsgesetz galt. Im letzteren
Fall lagen also offenbar Teilchen vor, deren Durchmesser erheblich
größer waren als die in Betracht kommenden Wellenlängen. Für Teilchen,
welche der Größe nach zwischen dieser und der in der Rayleighschen
Theorie behandelten Gruppe liegen, sind bislang noch keine Gesetze auf-
gestellt worden. Pernter hat nun die Vermutung ausgesprochen, daß
Compan, als er die umgekehrte Proportionalität mit der 3ten Potenz der
Wellenlänge fand, Vertreter jener, noch nicht der Rechnung unterworfenen
Zwischeneruppe von Körpern vor sich gehabt hat°).
En (4 +>) an
) Jo.e 5 statt Jo-e nn wo b eine zweite Konstante bedeutet.
2) Knut Angström, Beobachtungen über die Durchstrahlung von Wärme verschiedener
Wellenlänge durch trübe Medien, Wied. Ann., Bd. 36 (1889), p. 715—724.
3) J. Stark, Untersuchungen über Ruß, Wied. Ann., Bd. 62 (1897), p. 353—867.
4) Crova et Compan, Sur le pouvoir absorbant du noir de fumde pour la chaleur
rayonnante, ©. R., vol. 126, p. 707— 710.
5) Siehe die kurz vorher zitierte Arbeit.
6) Es sei an dieser Stelle noch hingewiesen auf einen Artikel von James Barnes
(On the light seattered and transmitted by fine particles suspended in solution, Johus
Hopkins University Circulars 20 [1901], p. 82), welcher in Mastix-Emulsionen das Verhältnis
zwischen dem durchgehenden und dem zerstreuten Lichte mit Bezug auf die Zahl bezw.
die Größe der trübenden Partikelchen bestimmte. Siehe dazu Beibl. d. Phys., Bd. 25, p. 818.
136 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Zu einer exakten Messung sehr kleiner Partikelchen, deren Größe
zwischen der Wellenlänge des Lichtes und molekularen Dimensionen liegt,
ist man in neuester Zeit durch die Untersuchungen von H. Siedentopf und
B. Zsigmondy') gelangt, deren Methode zur Bestimmung der Teilchengröße
im wesentlichen teils auf der Siehtbarmachung der Partikelchen durch
seitliche Beleuchtung und Ermittelung der in einem bestimmten Volumen
enthaltenen Teilchenzahl, deren Gesamtmasse bekannt ist, beruht, teils
auch auf der Prüfung der von der Teilchengröße abhängigen Helligkeit
der Beugungsbilder der beleuchteten Teilchen. So fanden diese Forscher
im Goldrubinglas Goldteilchen, welche kleiner waren als 6 (4 bis 7) wu,
wobei zu bemerken ist, daß Teilchen von der angegebenen Größe mittels
der genannten Methode noch gerade sichtbar gemacht werden konnten.
Solche Teilchen sind ja schon recht klein gegenüber der Wellenlänge
des Lichtes; aber der Fall, wo man es mit feinverteilten Metallpartikelchen
zu tun hat, erfordert eine ganz besondere Betrachtung, da es auf dem
Boden der elektromagnetischen Lichttheorie nicht gleichgültig sein kann,
ob man es mit leitenden, oder mit nichtleitenden Teilchen zu tun hat. Bei
den bislang behandelten trüben Medien, die natürlich in erster Linie für uns
in Betracht kommen, galt die Voraussetzung, dab die Substanzen an sich
so gut wie farblos seien; bei Metallen in feiner Verteilung. dagegen, so
bei dem erwähnten Goldrubinglas und so auch bei den kolloidalen Metall-
lösungen, kommt als sehr wesentlicher Faktor zur diffusen Reflexion
beziehungsweise zur Diffusion?) die selektive Absorption hinzu. Letztere
gibt bekanntlich zum Teil zu sehr glänzenden Farbenerscheinungen Ver-
anlassung. Während bei den gewöhnlichen trüben Medien das seitlich aus-
gestrahlte Licht je nach der Größe der Teilchen blau, mit allen nur denk-
baren Abstufungen bis zum Weiß hin, erscheint, weisen zum Beispiel die
kolloidalen Metallsuspensionen vielfach, je nach der Natur der Metalle,
durchaus davon und untereinander verschiedene Färbungen auf; so er-
scheint das kolloidale Gold rubinrot, oder rotviolett, in allen möglichen
Abstufungen bis zum Schwarz hin; das Silber erscheint in rot- oder grün-
brauner bis tiefbrauner Farbe, während Platin- und Eisenkolloide Braun in
allen Nuancen aufweisen. Auch weichen die Polarisationserscheinungen sehr
wesentlich von den bei den gewöhnlichen trüben Medien gefundenen ab; so
findet man bei Einstrahlung von unpolarisiertem Lichte für das seitlich
') H. Siedentopf und B. Zsigmondy, Über Sichtbarmachung und Größenbestimmung
ultramikroskopischer Teilchen, mit besonderer Anwendung auf Goldrubingläser, Drud.
Ann., Bd. 10 (1903), p- t-39.
?) Wir sprechen statt von „diffuser Reflexion“ bezw. „diffuser Brechung“ von
„Diffusion“, sobald es sich um Teilchen handelt, die als verschwindend klein gegen die
Wellenlänge im Sinne Lord Rayleighs anzusehen sind, weil man dann eben von einer
Reflexion bezw. Brechung im gebräuchlichen Sinne nicht mehr reden kann.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 137
ausgestrahlte Licht das Polarisationsmaximum unter Winkeln von 120 bis
110° zur Richtung des primären Strahlenbündels. Dabei sei erwähnt, daß
J. J. Thomson!) in einer Untersuchung über die Zerstreuung elektrischer
Wellen durch Metallkugeln, indem er den Grenzfall behandelte, daß die
Metallkügelehen unendlich klein gegenüber der Wellenlänge sind, zu dem
Resultat kam, daß das Polarisationsmaximum unter einem Winkel von
120° gegen die Richtung des ursprünglichen Strahlenbündels unpolarisierten
Lichtes liegt. Was die mannigfaltigen Farben bei den metallischen
Kolloiden betrifft, so neigte man früher zu der Annahme, daß die Metalle
in verschieden gefärbten Modifikationen aufträten. In neuester Zeit wurde
dagegen mehrfach die Ansicht vertreten, daß diese Farben auf optischer
Resonanz beruhen, indem man annahm, daß die Metallteilchen sich auch
den schnellen Schwingungen des Lichtes gegenüber als vollkommene
Leiter verhalten, und daß die Farbenerscheinungen von der Größe der
Metallpartikelchen, von ihrer gegenseitigen Entfernung und von der Dielek-
trizitätskonstante des Mediums, in dem sie eingebettet sind, abhängen, wobei
wir wesentlich an die Arbeiten von Wood?) und Kossonogoff’) sowie auch
vor allem an die von Ehrenhaft‘) denken.
(segen die Ehrenhaftsche Hypothese wandte sich F. Pockels?), da
er die Erklärung der Erscheinungen bei feinverteilten Metallen durch optische
Resonanz für sehr unwahrscheinlich und die darauf gegründete Berechnung
der Teilchengröße für unzulässig hielt. Er hob dabei aber besonders
hervor, daß er hierbei nur an diejenige Resonanz denke, bei welcher
die Metallteilchen als Ganzes wie Resonatoren wirken sollten, wogegen
er in keiner Weise die Zulässigkeit der Annahme einer intramolekularen
Resonanz bestreite, wie sie in der elektromagnetischen Lichttheorie zur
Erklärung der selektiven Absorption und der anomalen Dispersion her-
') J. J. Thomson, Recent researches in Eleetrieity and Magnetism, p. 437 (1893).
2) R. W. Wood, Über elektrische Resonanz von Metallkörnern für Lichtwellen,
Phys. Zs., Jahrgang 4 (1902/03), p. 338. R. W. Wood, A suspected case of the Electrical
Resonance of Minute Metal Partieles for Light-waves. A New Type of Absorption,
Phil. Mag., 6 Ser., vol. 3 (1902), p. 396—410. Siehe hier auch E. Aschkinaß und Cl.
Schäfer, Über den Durchgang elektrischer Wellen durch Resonatorensysteme, Drud. Ann.,
Bd. 5 (1901), p. 489—500, und M. Laugwitz, Über den Durchgang elektrischer Wellen
durch nichtmetallische Gitter, Ann. d. Phys., 4te Folge, Bd. 23 (1907), p. 148— 162.
?) J. Kossonogoff, Über optische Resonanz, Phys. Zs., Jahrgang 4, p. 208—209.
Siehe hierzu auch A. Bock, Zur optischen Resonanz, Phys. Zs., Jahrgang 4, p. 339—340.
#) F. Ehrenhaft, Das optische Verhalten der Metallkolloide und deren Teilchen-
gröbe, Drud. Ann., Bd. 11 (1903), p. 489—514. Derselbe, Zur optischen Resonanz,
Phys. Zs., Jahrgang 5, p. 33”—390 (Erwiderung auf einen Artikel von Pockels im selben
Jahrg. dieser Zeitschrift).
5) F. Pockels, Zur Frage der optischen Resonanz, Phys. Zs., Jahrg. 5 (1904),
p-. 152—156. F. Pockels, Entgegnung auf die Bemerkungen des Herrn F. Ehrenhatft,
„Zur optischen Resonanz“, Phys. Zs., Jahrg. 5, p. 460—461.
138 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
angezogen werde. Auch Mie') wandte sich gegen die von Ehrenhaft ver-
tretene Auffassung; er ließ die Annahme, daß die Metalle auch gegen-
über den Lichtstrahlen als vollkommene Leiter anzusehen seien, fallen
und gelangte unter der Annahme einer unendlich feinen Suspension zu
dem Resultat, daß das Polarisationsmaximum unter einem Winkel von 90°
(und nicht 120) gegen die ursprüngliche Strahlrichtung statthat. Schließlich
sei hier noch Maxwell-Garnett?) erwähnt, welcher nachwies, daß sich
die Farben von kolloidalen Metallen, wenn die suspendierten Teilchen
sehr klein sind, aus der Theorie, welche L. Lorentz?) für optisch-homogene
Medien entwickelte, einwandsfrei ableiten lassen. Auf das Für und Wider
der verschiedenen Theorien können wir selbstverständlich hier nicht ein-
sehen; wir wollten lediglich im Interesse eines möglichst vollständigen
Überblicks auch die verschiedenen Arbeiten über Metallsuspensionen er-
wähnen und möchten nun nur noch zur Gewinnung von Anhaltspunkten zum
weiteren Studium dieser Phänomene auf die entsprechenden, von O. Lummer')
in der neuesten Auflage von Müller-Pouillets Lehrbuch der Physik und
Meteorologie behandelten Abschnitte verweisen.
Was nun Teilchen betrifft, welche jedenfalls recht klein gegenüber
der Wellenlänge des Lichtes sind, so müssen wir uns noch etwas ein-
sehender mit einer bestimmten Gruppe derselben befassen, nämlich mit
den Molekeln der Körperwelt. Vor allem sind wohl die Loschmidtschen
Bestimmungen der Molekelgröße bekannt. Dieser Forscher nahm in einer
in den Wiener Sitzunesberichten®) erschienenen Arbeit den Durchmesser
einer Luftmolekel zu 1,18 ww an, und van der Waals®) schätzte den Durch-
messer einer Wasserstoffmolekel auf 0,11 bis 0,14 wu). Derartige Molekeln
dürften also sicher als klein gegen die Wellenlänge im Sinne Lord Rayleighs
aufzufassen sein, und dieser Physiker, welcher zuerst sehr geneigt war,
winzige Salzpartikelchen als die wesentlichste Ursache der blauen Himmels-
farbe und der atmosphärischen Polarisation anzunehmen, hat selber vor
') G@. Mie, Beiträge zur Optik trüber Medien, speziell kolloidaler Metallösungen,
Ann. d. Phys., Bd. 25, 4. Folge (1908), p. 377—445.
2) J. ©. Maxwell-Garnett, Phil. Transact., vol. 203 (1904), p. 385, und vol. 205
(1906), pP. 237.
>) L. Lorentz, Über die Refraktionskonstante, Wied. Ann., Bd. 11 (1880), p. 70—103.
") Siehe 2. Band, p. 1064—1067 (Diffuse Zerstreuung des Lichtes an kleinen
Körperchen. Entstehung des Himmelsblau) und p. 1109—1113 (Resonanz von Lichtwellen).
°) J. Loschmidt, Zur Größe der Luftmoleküle, Wiener Sitzungsberichte, Band 52,
Abteil. 2, p. 395.
6) Van der Waals, Over de continuiteit van den gas- en vloeistoftoestand, Leiden 1873.
‘) Siehe hierüber auch J. Königsberger und W. J. Müller, Über kleinste Schicht-
dicken und Molekulardurchmesser, Phys. Zs., Jahrg.6 (1905), p. 849—851, und in H. Griese-
bach, Physikalisch-Chemische Propädeutik, Bd.1 (Leipzig 1895—1900), den Abschnitt über
Teilbarkeit und Konstitution der ponderablen Materie (p. 131—149).
Ü
1.4
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 139
nahezu zehn Jahren!) eingehender die Frage diskutiert, inwieweit die
Luftmolekeln selbst für die Erklärung der blauen Himmelsfarbe heran-
gezogen werden könnten, und ob es’ überhaupt nötig sei, bei den Er-
klärungsversuchen seine Zuflucht zu besonderen Beimengungen irgend-
welcher fester oder flüssiger Substanzen zu nehmen. Wie wir ersehen,
wurde übrigens Strutt bereits im Jahre 1573 durch einen Brief von Maxwell
zu dieser Idee angeregt. Der uns hier wesentlich interessierende Teil
der Rayleighschen Arbeit ist kurz folgender: Der Zweck der ganzen Unter-
suchung war, gründlicher, als es bisher geschehen war, die Schwächung eines
primären Lichtbündels durch ein kleine Partikelchen enthaltendes Medium
in ihrer Abhängigkeit von Zahl und Größe der Licht zerstreuenden Teilchen
zu prüfen. Lord Rayleigh geht hier aus von dem in der ersten Arbeit
gewonnenen Ausdruck
DD
7-1. on e0S2;
. —— » sind : ——
D rA® )
-- (bt— r)
für die Schwingungsamplitude, welche von einem Partikelchen in einer
Richtung zerstreut ist, die mit der ursprünglichen Schwingung einen
Winkel # einschließt. Wie wir vorhin sahen, bedeutet hier D’ die
optische Dichte des Partikelchens, 7 das Volumen desselben, D die
optische Dichte des umgebenden Mediums und r den Abstand irgendeines
Punktes längs des sekundären Strahls vom Partikelchen. Um nun die
sanze Energiestrahlung vom Partikelchen aus zu haben, integriert Strutt
das Quadrat des genannten Ausdrucks über die Oberfläche einer Kugel
mit dem Radius v. Der so gewonnene Ausdruck würde der von einem
einzigen Partikelchen ausgehenden Energiestrahlung entsprechen. Nun
nimmt er weiter n gleiche Partikelchen in der Volumeneinheit an und
berechnet durch Einführung des Faktors n dx die Energie, welche von
einer Schicht ausgeht, deren Dicke = dx und deren Grundfläche — 1 ist.
Da es sich — was stillschweigend vorausgesetzt wird — um ein nicht-
leitendes Medium handelt, so wird, indem auch hier wieder die Dispersion
vernachlässigt wird), weiter angenommen, daß der Lichtverlust nur durch
Zerstreuung herbeigeführt wird, und es repräsentiert, da jaim Ganzen keine
Energie verloren gehen kann, der berechnete Wert gleichzeitig den
Verlust an Energie im primären Strahl. Wenn nun « den Brechungs-
index des durch die trübenden Partikelchen modifizierten Mediums dar-
‘) Lord Rayleigh, On the Transmission of Light through an Atmosphere containing
small Particles in Suspension and on the Origin of the Blue of the Sky, Phil. Maeg.,
vol. 47 (5 Ser.), 1899, p. 375— 384.
?) Man ersieht das z. B. aus der in den Rechnungen vorkommenden Beziehung
„a—1l=n:T(e' — 1)“, worin A gar nicht vorkommt, so daß also keine Beziehung des
Brechungsindex zur Wellenlänge, also auch keine Änderung mit der Wellenlänge vorkommt.
140 Friedr. Busch und Uhr. Jensen.
stellt, wenn ferner « den Brechungsindex des als homogen vorgestellten
Partikelchens bedeutet, und wenn der Brechungsindex des ursprünglichen
Mediums als Einheit gesetzt wird, so gelangt man mit Lord Rayleigh
schließlich zu einer Formel, welche die Abhängigkeit des Transmissions-
koeffizienten vom Brechungsindex « und von der Zahl der Partikelchen
in der Volumeneinheit darstellt. Und nun die äußerst interessante An-
wendung der Formel auf die Molekeln der Luft. Strutt operiert hier
ungefähr folgendermaßen: Er setzt in den für den Transmissions-
ze
3nA*
6.107? em ein, für « — 1 die Zahl 0,0003, und er findet so für die Strecke x
oder 1/h, um welche das primäre Lichtbündel fortschreiten muß, um eine
Schwächung im Verhältnis e:1 zu erleiden, den Wert 4,4.10=1%.n. Es
kommt nun weiter darauf an, den Wert für n zu bestimmen, das heißt
den Wert für die Zahl der Molekeln in der Volumeneinheit. Strutt folgt
hier nun Maxwell und nimmt unter Normalverhältnissen die Zahl der
Molekeln im Kubikzentimeter zu 1,9.101° an'), woraus er findet, daß das
Licht eine Strecke von 83 Kilometern durch Luft von Atmosphärendruck
hindurchgehen muß, um im ‚Verhältnis 2,7:1 (e:1) geschwächt zu werden.
Die sich hieraus ergebende Transparenz ist, wie Lord Rayleish genauer
zeigt, zu hoch, was ja auch von vornherein zu erwarten war, da die
Atmosphäre sicherlich durchweg mehr oder weniger fremde, die Trans-
parenz weiter herabdrückende Körperchen enthält. Zur genaueren Be-
urteilung der tatsächlich vorhandenen Verhältnisse zieht Strutt nun die
Helligkeitsschätzungen der Sterne in verschiedenen Höhen überm Horizont
heran. Er nimmt mit Bouguer°’) an, daß acht Zehntel von der jenseits der
Atmosphäre vorhandenen Intensität des Sternenlichtes zu uns gelangen, wenn
ein gewisser Stern im Zenit steht. Die hierbei in Frage kommende Luft-
schicht setzt er bei normalem Atmosphärendruck gleich einer Schicht von
83 km. Daraus würde sich 0,81% oder 0,11 statt 1/e = 0,37 für die Licht-
transmission durch die aus der Formel resultierende Luftschicht von
83 km Mächtigkeit ergeben. Zwischen diesen Grenzen etwa würde man
also nach Lord Rayleigh den wahren Wert zu suchen haben, und die
Übereinstimmung zwischen dem an Hand der von ihm gefundenen Formel
errechneten und dem aus Beobachtungen gefundenen Wert hält Strutt
für durchaus befriedigend, da sehr zu berücksichtigen ist, daß er in seiner
Formel durchaus gar keine Rücksicht genommen hat auf die Fremd-
koeffizienten (7) gewonnenen Ausdruck „32 - für 2 den Wert
') Siehe Nature vol. 8 (1873), p. 440 (Moleeules). Heute nimmt man n meist zu
2,76.10'’ an. 8. hierzu auch Lord Kelvin, On the Weight of Atoms, Phil. Mag. (6), vol.4
(1902), p. 177—198 u. 281—301 (vor allem), und derselbe, Vorlesungen über Molekular-
dynamik und die Theorie des Lichtes (1902, deutsch von B. Weinstein), p. 248—-267.
?) Bouguer, Essai d’optique sur la gradation de la lumiere, Paris 1829, p. 63 ff.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 141
körperchen der Atmosphäre. Es ergibt sich hieraus vor allem das
Resultat, daß weit mehr als 4 von dem in der Atmosphäre zerstreuten
Sonnenlichte auf Konto der Luftmolekeln als solcher zu setzen ist, und
Lord Rayleigh kommt zu dem, in der Tat äußerst interessanten, Ergebnis,
daß die Luftmolekeln allein hinreichen würden, um uns einen blauen
Himmel zu schaffen, der gar nicht so sehr viel dunkler sein würde als
derjenige, den wir jetzt genießen. Dabei wollen wir nicht unterlassen,
darauf hinzuweisen, dab man bekanntlich auch in großen Höhen, wo
die Luft auch nach direkten Messungen sehr wenig Fremdkörper enthält,
einen prächtig blauen Himmel beobachten kann. Ja, dort ist sogar das
Blau im allgemeinen besonders ausgeprägt, wenn auch, wie aus dem
Vorhergehenden zu erwarten ist, viel dunkler als in der Ebene. Diese
geringere Intensität rührt allerdings offenbar nicht nur daher, daß die
Fremdkörper in viel geringerer Zahl vorhanden sind als in der Ebene,
sondern jedenfalls zum großen Teil auch daher, daß die Zahl der Luft-
molekeln in. der Volumeneinheit hier erheblich kleiner ist als in geringeren
Höhen. Auf der anderen Seite ist aber wohl zu beachten, dab, wie eben
erwähnt, die Sättigung der blauen Farbe in größeren Höhen besonders aus-
geprägt ist, was nach einer kürzlich von Wundt!) ausgesprochenen Ansicht
keineswegs allein daher rühren dürfte, dab dort die gröberen Partikeln
mehr fehlen, sondern wohl zum sehr großen Teil auch daher, daß bei dem
größeren gegenseitigen Abstand der Luftmolekeln die von der Rayleighschen
Theorie verlangten Voraussetzungen besser erfüllt werden als in geringeren
Höhen, wo auf eine Wellenlänge des Lichtes mehrere Molekeln kommen.
Erwähnt möge hier übrigens sein, daß K. Exner?) vor einiger Zeit
kurz auf einen, bereits im Jahre 1888 von ihm ausgeführten Versuch hin-
wies, welcher allerdings stark dafür zu sprechen schien, daß hier die
blaue Farbe und die Polarisation nur auf Konto von Molekeln herbei-
geführt wurden. Exner hatte nämlich einen dünnwandigen Glasballon
mit Chlorgas gefüllt und zugeschmolzen, und es waren nach seiner Angabe
Maßregeln getroffen worden, um die äußerste Reinheit des Gases garantieren
zu können. Und als er dann ein breites Bündel Sonnenstrahlen durch
eine Sammellinse so dirigierte, daß der Kreuzungspunkt der Strahlen in
den Innenraum des Ballons fiel, konnte er an dieser Kreuzungsstelle
— wo also die Strahlen am dichtesten waren — die Farben und die
Polarisationsverhältnisse trüber Medien wahrnehmen. Wenn man von
') 8. Wundt, Über die Berechnung der Solarkonstante, Met. Zs. 1907, p. 261— 269.
?) K. Exner, Farbe und Polarisation des Himmelslichtes, Met. Zs., Bd. 24 (1907),
p. 139. Bezüglich der von Lord Rayleigh bei der Theorie der atmosphärisch-optischen
Phänomene behandelten Luftmolekeln s. Winkelmann, Handb. d. Phys., Optik, 2. Auflage,
p- 1118; s. dort auch das ganze Kapitel „Zerstreuung des Lichtes durch trübe Medien“,
91113 —1119.
142 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
diesem Experiment erfährt und sich dabei vergegenwärtigt, daß nach der
Rayleishschen Theorie bei gleicher Zahl pro Volumeneinheit der diffun-
dierenden Teilchen die Intensität des seitlich zerstreuten Lichtes mit der
Volumengröße abnimmt, mag man allerdings sehr wohl in der Auffassung
bestärkt werden, daß vielfach bei Versuchen, bei denen fremde trübende
Partikelchen mehr und mehr ausgeschaltet waren, die für trübe Medien
charakteristischen optischen Phänomene nur deswegen nicht in die Er-
scheinung getreten sind, weil die Intensität des Lichtes dazunicht ausreichte').
Interessant ist es nun, daß der französische Physiker Lallemand
lange vor Strutt in seinen Arbeiten über die Erleuchtung durchsichtiger
Körper?) die Luftmolekeln als diffundierende Teilchen in Anspruch nahm,
allerdings mit dem sehr wichtigen Unterschied gegenüber Lord Rayleigh,
daß er nur die fundamentalsten Erscheinungen der atmosphärischen Polari-
sation, und zwar vor allem die Tatsache, daß das Polarisationsmaximum
unter einem Winkel von 90° gegen die direkten Sonnenstrahlen statt-
hat, auf die gedachte Diffusion zurückzuführen suchte, keineswegs aber
das Phänomen der blauen Himmelsfarbe, welches nach ihm ein Phänomen
hypochromatischer Polarisation ist, wie denn nach seinen Untersuchungen
die meisten Körper bei gesteigerter Lichtintensität dem diffusen, polari-
sierten Lichte neutrales Fluoreszenzlicht beigemischt zeigen?). Dabei sei
erwähnt, daß er die neutralen Punkte als ein Phänomen betrachtete,
welches durchaus gar nichts zu tun habe mit den sonstigen von Arago
entdeckten atmosphärischen Polarisationserscheinungen, und welches zu-
stande komme durch die spiegelnde, oder diffuse Reflexion, die unter
verschiedenen Einfallswinkeln an der Oberfläche der in der Atmosphäre
schwebenden Staubkörnchen stattfindet. Diese Ansicht findet sich in
mehreren Arbeiten‘) vertreten, wenn auch Lallemand im einzelnen seine
Ansichten über diese Punkte etwas modifizierte, worauf wir noch zurück-
kommen werden in dem besonderen Abschnitt über die neutralen Punkte.
') Siehe hierzu Anmerkung 2 auf p. 71.
°) A. Lallemand, Sur la polarisation et la fluorescence de l’atmosphere, ©. R. 75
(1572), p. 7W7—711. A. Lallemand, Recherches sur l'illumination des corps transparents,
Ann. Chim. Phys., 5. Ser., vol. 8 (1876), p. 993—136. Siehe hierzu auch F. d. Phys. 32,
p- 581587.
>) An hierher gehörenden Arbeiten Lallemands siehe: Recherches sur l’illumination
des corps transparents, Ann. Chim. Phys., 4. Ser., vol. 22 (1871), p. 200—234; dasselbe
C.R., vol. 69 (1869), p. 189—193, p. 2822834, 917920 u. 12941296; Sur quelques
phenomenes d’illumination, ©. R., vol. 77 (1875), p. 1216—1219, und die Resultate der
Lallemandschen Studien über die Erleuchtung durchsichtiger und undurchsichtiger Körper
im ‚Journ. d. Phys. 5, p. 329—340 u. 373—378, worüber sich ein ziemlich ausführliches
Referat in Beibl. d. Phys., Bd. 1, (p. 129—136), findet. Siehe auch A. Lallemand, Sur
Villumination des corps opaques par la lumiere neutre ou polarisee, Ü. R. 78 (1874),
p. 1272—1276, und A. Lallemand, Sur la diffusion lumineuse, ©. R. 79 (1874), p. 693—696.
') Siehe die beiden in Note 2 genannten Arbeiten.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 143
Er faßt die von ihm bei der Beobachtung durchsichtiger Medien gewonnenen
Ergebnisse im wesentlichen so auf, daß, wenn etwa direktes Sonnen-
licht durchsichtige Körper durchläuft, die Ätherbewegung einen Wider-
stand erfährt und eine Art molekularer Reflexion, eine sogenannte innere
Diffusion, erleidet, infolge deren sich Lichtstrahlen mit den bekannten
Polarisationserscheinungen nach allen Seiten verbreiten, daß aber außer-
dem die Molekeln des Mediums einen Teil der lebendigen Kraft des
Äthers absorbieren, dadurch selbst in Bewegung geraten und zusammen-
gesetzte Schwingungen veranlassen, wie sie im natürlichen Licht statt-
finden, wodurch eben die Erscheinungen der Fluoreszenz zustande kommen.
Der Lallemandschen Auffassung, daß die fraglichen Erscheinungen durch
die Molekeln der betrefienden Körper erzeugt würden, trat J. L. Soret
in mehreren Arbeiten entgegen‘). So fand er beispielsweise bei seinen
Untersuchungen mit durchsichtigen festen Körpern, daß, wenn Quarz,
Steinsalz, Diamant, Alaun und Eis eine innere Diffusion zeigten, letztere
nur vorgetäuscht sei durch meist leicht nachweisbare Fehler im Innern
der Kristalle. Auch durch seine Wasseruntersuchungen wurde er in
seiner Ansicht bestärkt. Je mehr es ihm nämlich gelang, Wasser von
darin suspendierten feinen Körperteilchen zu reinigen, um so weniger
waren die von Lallemand beschriebenen Erscheinungen zu bemerken.
Andererseits erzeugte er künstlich feine Niederschläge, indem er zum
Beispiel dem, an sich besonders klaren Wasser des Genfer Sees?) Tropfen
einer außerordentlich verdünnten Silbernitratlösung zusetzte und dann
belichtete, und er fand dabei, daß hierdurch die in Diskussion stehenden
Erscheinungen deutlicher hervortraten. Wir dürfen hier allerdings nicht
unterlassen, darauf hinzuweisen, daß Soret ausdrücklich hervorgehoben
hat”), daß die das durchstrahlte Wasser sichtbar machenden suspendierten
') Sur l’illumination des corps transparents (Extrait d’une lettre de Soret), ©. R. 70
(1870), p. 519. On Illumination and Polarization in Transparent Substances, by L. Soret,
Phil. Mag., 4. Ser., vol. 39, p. 221—229. Sur la diffusion de la lumiere et l’illumination
des corps transparents, par J. L. Soret, ©. R., vol. 79 (1874), p. 35—39. Sur l’'illumination
des corps transparents par J. L. Soret, Ann. Chim. Phys., 4. Ser., vol. 20 (1870), p. 226— 227;
siehe auch F. d. Phys.. vol. 26 (1870), p. 380, wo noch folgende Stellen zu Sorets Unter-
suchungen über die Erleuchtung transparenter Körper angegeben sind: Arch. sc. phys. (2),
vol. 37, p. 129—175, Inst. 1870, p. 73—74, Mondes (2), vol. 22, p. 513—514, Cimento (2),
vol. 3, p.192—199. Siehe hierüber und über Lallemand auch E. Verdets Vorlesungen über
die Wellentheorie des Lichtes (deutsch von K. Exner), 2. Teil, 1887, p. 406—407.
?) Siehe Sorets Arbeiten über die Durchsichtigkeit des Wassers im Genfer See in:
Arch. des sciences physiques et naturelles, Ser. 3,t. 12, p. 158— 164; Naturf. 1884, p. 403 —404;
Arch. seiene. phys. et natur., Ser. 3, t. 15, p. 413—414; Naturw. Rundsch. 1886, p. 279.
Siehe auch L. Soret, On the Colour of the Lake of Geneva, Phil. Mag., 4. Ser., vol. 37,
p- 345—348, und J. L. Soret, Sur la polarisation de la lumiere bleue de l’eau, ©. R. 68
(1869), p. 911—913. Siehe auch die Untersuchungen von Forel aus den 70er Jahren.
?) Siehe Ü. R. 69, p. 1196, Anmerke.
144 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Teilchen auf die Farbe nur einen sekundären Einfluß ausübten, indem
dieselben wohl sehr stark die Färbung beeinflußten, ohne jedoch die
eigentliche Ursache der blauen Wasserfarbe zu sein. Daß das Blau eine
Absorptionsfarbe, d.h. die sogenannte Eigenfarbe des Wassers ist, und
daß die suspendierten Partikelchen, wenn sie auch hauptsächlich zur
Erleuchtung beitragen und die bemerkenswerten Polarisationserscheinungen
hervorrufen, höchstens einen äußerst geringen Beitrag zur Intensität
der blauen Farbe liefern, wohl aber die Ursache der mehr oder weniger
scharf ausgesprochenen grünen Farbentöne sein können, indem die nach
dem Gelb oder Braun hinneigende Durchlaßfarbe eines trüben Mediums
die ursprünglich blaue Farbe mehr oder weniger stark modifiziert, wurde
vor allem klargestellt durch die äußerst wichtigen, eingehenden Unter-
suchungen Springs‘). Hier ist aber nicht der Ort, weiter darauf ein-
zugehen, und es sei nur noch erwähnt, daß auch Tyndall hinsichtlich
des vom Wasser diffundierten Lichtes auf dem Boden der Soretschen
Auffassung stand und zu dem Resultat gelangte”), daß man auf keine
Weise ein Wasser von solchem Grade der Reinheit gewinnen könne, dab
ein elektrisches Liehtbündel bei seinem Durchgange nicht zerstreut wird.
Wenn wir nun auch hinsichtlich des vom Wasser diffundierten Lichtes
durchaus geneigt sind, Soret gegen Lallemand Recht zu geben, sehen wir
doch einstweilen nichts gegen die von Lord Rayleigh vorgetragene Ansicht
sprechen, daß bei der Diffusion des Lichtes in der Luft die Luftmolekelm
selbst eine hervorragende Rolle spielen. Es will uns das auch viel plau-
sibler erscheinen als die in Strutts erster Arbeit herangezogenen Nalz-
partikelchen?). Es sei hier aber darauf aufmerksam gemacht, daß Lord
'; Bezüglich der Springschen Arbeiten siehe: La couleur des eaux, Bullet. de l’Acad.
Royale de Belgique, 3. Ser., vol. 5 (1883), p. 55—84; Sur l’origine des phenomenes de
coloration de l’eau de la mer et de l’eau des lacs, Bullet. de l’Acad. Royale de Belgique,
3. Ser., vol. 12 (1886), p. 814—857; Sur le röle des courants de convection colorifique
dans le phenomene de l’illumination des eaux limpides, loc. eit. 3. Ser., vol. 31 (1896),
p. 94-110; Sur la couleur des alcools comparee a la couleur de l’eau, loc. eit. vol. 31
(1896), p. 246— 256; De la temperature ä laquelle les courants de convection commencent
ä produire l’opacite d’une colonne d’eau d’une longueur donnee, loc. eit. vol. 31 (1896),
p. 256—260; Sur la transparence des solutions des sels incolores, loc. eit. vol. 31 (1896),
p. 640—654; Sur la cause de l’absence de coloration de certaines eaux limpides naturelles,
loe. eit. 3. Ser., vol. 36 (1898), p. 266—276.
2) Tyndall, Über die Zerstreuung des Lichtes im Wasser und in der Luft, Dingl.
Journ., vol. 199 (1871), p. 501—502. Siehe auch F. Boas, Beiträge zur Erkenntnis der
Farbe des Wassers, Dissert., Kiel 1881, 42 Seiten, und Otto Freiherr von und zu Aufseß,
Die physikalischen Eigenschaften der Seen, 4. Heft der „Wissenschaft“, Braunschweig
1905 (115 Seiten).
3) Es erscheint uns die Annahme als wahrscheinlich, daß — abgesehen etwa von
großen Salzwüsten — man relativ viele Salzpartikelchen in der Gegend der See er-
warten muß, so daß man, wenn man von gröberen Sälzteilchen absieht, von diesem Gesichts-
punkt aus dort im allgemeinen eine größere Sättigung der blauen Himmelsfarbe erwarten
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 145
Rayleieh in der letzterwähnten Arbeit ausdrücklichst darauf hingewiesen
hat, daß man, wenn man sich auf den Boden der elektromagnetischen Licht-
theorie stellt, die Molekeln als kugelförmige, homogene Körper betrachten
muß, welche sich vom übrigen Medium nur durch die Dielektrizitätskonstante
unterscheiden, und daß er darauf hindeutet, daß durch die Annahme nicht
kugelförmiger Gestalt die Durchsichtiekeitsverhältnisse kaum wesentlich
modifiziert werden dürften, sehr wohl aber die Polarisationsverhältnisse der
Atmosphäre. Er ist nämlich der Meinung, daß die unvollständige Polarisation
in einem Abstand von 90° von der Sonne zum Teil darauf zurück-
zuführen ist, daß die Luftmolekeln zum Teil von länglicher Gestalt
und nach "den verschiedenen Richtungen des Raumes hin verschieden
orientiert sind.
Wie wir sahen, nimmt Lord Rayleieh an, daß der Lichtverlust in
der Atmosphäre nur auf Konto der Lichtzerstreuung zu setzen ist. Das-
selbe tut Planck in einer Untersuchung!) „Über die Extinktion des
Lichtes in einem optisch homogenen Medium von normaler Dispersion“,
indem er vollständig jene Extinktion außer acht läßt, welche vom Stand-
punkt der elektromagnetischen Lichttheorie aus auf den in einem galvanisch
leitenden Medium durch die Lichtwellen erzeugten, periodisch wechselnden
Strom zurückzuführen ist, derart gedacht, daß die strahlende Energie
um den Betrag derjenigen Energie verringert wird, welche der durch
den Strom produzierten Jouleschen Wärme entspricht”). Wie Planck nun
des näheren auseinandersetzt, sind in der, mit relativ kurzen Wellen
operierenden Optik diejenigen Fälle am häufigsten, wo die Extinktion mit
der galvanischen Leitfähigkeit gar nichts zu tun hat, so daß dieselben
bei vollkommenen Nichtleitern am reinsten zu beobachten sind. Dagegen
spielt bei solchen durchsichtigen Körpern der Beeriff der Homogenität eine
große Rolle. Planck will nun den Begriff der Homogenität nicht auf
das reine Vakuum beschränkt wissen und bezeichnet jedes Medium als
müßte als über weiten Länderstrecken. Tatsächlich hat man aber durch Üyanometer-
beobachtungen das Gegenteil gefunden, was allerdings leicht verständlich ist, wenn man
bedenkt, daß größere Kondensationsprodukte des Wasserdampfes für das auffallende Licht
wie gröbere Teilchen wirken und so dem an sich blauen Himmel einen weißlichen Ton
geben müssen. Man sieht also, daß es äußerst schwer sein würde, der Frage bezüglich
der Rolle feiner Salzpartikelchen auf den Grund zu kommen.
!) Siehe Sitzungsber. der Königl. Preuß. Akad. d. Wissensch., Jahrgang 1904,
Abteile. 1, p. 740—750. Siehe hierüber auch F. d. Phys. 60 I, p. 482, und Drud. Beibl.,
1.28, Pp: 1170-1171.
?2) Siehe hier u. a. E. Hagen und H. Rubens, Über Beziehungen des Reflexions-
und Emissionsvermögens der Metalle zu ihrem elektrischen Leitvermögen, Drud. Ann.,
Bd. 11 (1903), p. 873-901, E. Hagen und H. Rubens, Emissionsvermögen und elek-
trische Leitfähigkeit der Metallegierungen, Verhandlgn. d. Deutsch. Physik. Ges., Bd. 6
(1904), p. 128-136, und M. Planck, Über die optischen Eigenschaften der Metalle für
lange Wellen, Sitzungsber. d. Berlin. Akad. d. Wissensch. Jahrg., 1903, 1, p. 275280.
10
146 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
physikalisch homogen, dessen Ungleichartigkeiten sich erst dann zeigen,
wenn man zu Dimensionen von der Größenordnung der Molekeln hinab-
steigt, so daß also, solange man nicht in das Gebiet der Molekeln
näher einzudringen vermag, jeder vom Medium abgelöst gedachte Teil
von irgendeinem andern nicht zu unterscheiden wäre. Nun sind aber;
wie wir sahen, die für die Optik m Betracht kommenden Wellenlängen
eroß gegenüber den uns hier interessierenden Molekeln, und daher
durfte Planck als Kriterium der optischen Homogenität eines Mediums
die Bedingung aufstellen, „daß alle solche beliebig herausgeeriffenen
Teile des Mediums, deren Dimensionen von der Größenordnung einer
optischen Wellenlänge sind, noch als gleichartig zur Wirkung kommen“.
Hiernach wäre dann ein jedes Medium, in welches fremde, gegen die
optische Wellenlänge kleine, gleichartige Partikeln eingelagert sind, als
optisch homogen im Planckschen Sinne zu bezeichnen, und es fiele auch
ein trübes Medium im Sinne Lord Rayleiehs unter dieselbe Kategorie,
wofern nur auch die Abstände der eingelagerten Partikelchen klein gegen
die in Betracht kommenden Wellenlängen sind. Daher durften wir nicht
unterlassen, auf diese Arbeit hinzuweisen, wenn auch die Plancksche
Theorie insofern von ganz anderen Voraussetzungen ausgeht als die
Struttsche, als bei dieser, wie wir sahen, die Natur einer solchen Partikel
durch die optische Dichte festgelegt ist!), wogegen sie bei Planck durch
das Dämpfungsdekrement und die Eigenperiode der Schwingung bestimmt
ist, wobei bedacht werden muß, daß diese Eigenperiode sich stark unter-
scheidet von der Periode der in das Medium eindringenden Wellen.
Beachtenswert ist es nun, daß Planck trotzdem zu einem ganz Ähnlichen
Ausdruck für den Extinktionskoeffizienten gelangt wie Lord Rayleigh. Wir
müssen es uns Jedoch versagen, weiter auf die theoretischen Entwickelungen
einzugehen, indem wir nun gleich dazu übergehen wollen, in Kürze dar-
zutun, wieweit die Analyse des vom heiteren Himmel stammenden Lichtes
mit der nach der Lord Rayleighschen Theorie geforderten Verteilung der
Lichtintensitäten in den verschiedenen Spektralbezirken übereinstimmt ?).
Hier kommen vor allem die von Lord Rayleich selber und so-
dann die von Crova, Vogel und Zettewuch angestellten Beobachtungen
') Wo Lord Rayleigh von der elektromagnetischen Lichttheorie ausgeht, definiert
er, wie bereits erwähnt, die als Isolatoren aufgefaßten trübenden Teilchen durch ihre
Dielektrizitätskonstante.
?) An Übersichten über diese Bestrebungen siehe: S. A. Arrhenius, Lehrbuch der
kosmischen Physik, Leipzig 1903, p. 876—878. L. Günther, Handb. der Geophysik, Bd. 2
(Stuttgart 1899), p. 98—101. J. Hann, Lehrb. der Meteorol., Leipzig 1901, p. 11—15.
Chr. Jensen, Die blaue Himmelsfarbe, Das Weltall, Jahrg. 5, p. 37—43, 65—68, 84—87 (über
die Analyse des blauen Himmelslichtes speziell p. 65—66). Mascart, Traite d’Optique,
vol. 3 (Paris 1893), p. 384—389 (Composition du bleu celeste). G. Zettewuch, Ricerche
sul „Bleu del Cielo“, Dissertazione, Spoleto 1901, p. 26—29.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 147
in Betracht. Lord Rayleigh') fand aus einer Reihe von ungefähr 30 Beob-
achtungen, bei denen er das in der Nähe des Zenits befindliche blaue Himmels-
licht mit dem durch weißes Papier hindurchgegangenen Sonnenlichte verglich,
eine recht befriedigende Übereinstimmung mit seiner Theorie, wobei er aller-
dines darauf hinwies, daß es irrtümlich sein würde, wenn man auf diese vor-
läufisen Beobachtungen ein allzu großes Gewicht legen würde. Es muß hier
allerdings hervorgehoben werden, daß der Himmel noch etwas mehr Blau ent-
hielt, als das Gesetz von der umgekehrten 4ten Potenz der Wellenlänge
es erforderte?). Dies wäre nach Lord Rayleich vielleicht darauf zurück-
zuführen, daß das bei der Beobachtung benutzte Papier möglicherweise
einen etwas gelblichen Ton besaß, vielleicht aber zum Teil auch darauf,
daß das den Erdboden erreichende Sonnenlicht gelblich ist im Vergleich
zu der Farbe, welche dasselbe in den höheren Schichten der Atmosphäre
besitzt?). Dies ist auch sicherlich ein durchaus nicht zu unterschätzender
Faktor, und es ist klar, daß, falls es möglich wäre, das noch nicht in
die Erdatmosphäre eingetretene Sonnenlicht den Maßstab für solche Unter-
suchungen abgeben mübte ').
Es sei hier jedoch auch daran erinnert, daß Lord Rayleigh in seiner
') p. 113—117 und 277—279 in seiner 1871 im Phil. Mae. (4), vol. 41, erschienenen
Arbeit über die Polarisation und Farbe des Himmelslichtes.
?) Siehe hierzu auch den Abschnitt „Colours of Sky and Sun“ (p. 287—289) in
Mc. Connel, On Diffraetion-Colours, with speciel reference to Coronae and Iridescent
Clouds, Phil. Mag., 5. Ser., vol. 28 (1889).
3) Bekannt ist der Langleysche Ausspruch, daß uns die Sonne blau erscheinen
würde, wenn wir sie ohne Dazwischenkunft der Atmosphäre sähen. Zu dieser Ansicht
wurde Langley durch seine Untersuchungen über die Sonnenstrahlung auf dem Mount
Whitney geführt (siehe Langley, Researches on solar heat and its absorption by the
eartlı's atmosphere, A Report of the Mount Whitney expedition, Washington 1884; Pro-
fessional papers of the Signal Service XV; siehe hierzu J. M. Pernter, Über Langleys
Untersuchungen der Sonnenstrahlung, Met. Zs. 1886, p. 193—207). Siehe auch S. P.
Langley, The Invisible Solar and Lunar Spectrum, Phil. Mag., 5. Ser., vol. 26 (1888),
p-: 505—520, ebenso den äußerst interessanten Vortrag „Über Sonnenlicht und Erd-
atmosphäre“, welchen Langley am 17. April 1885 vor der Royal Institution hielt (später
in der Nature gedruckt), und der sich in deutscher Übersetzung auf p. 286—297 in
Roseoe, Die Spektralanalyse (Braunschweig 1890), findet. Über diese und damit zusammen-
hängende Fragen siehe auch Günther, Lehrb. der Geophysik, Hann, Lehrb. der Meteorol.,
und Scheiner, Astrophysik.
4) Von solchen Gesichtspunkten aus dürfte es auch — abgesehen von der relativ
schwachen Wirkung der violetten Strahlen auf das Auge — vor allem zu verstehen sein,
daß uns der heitere Himmel nicht violett, sondern blau erscheint, da allerdings auf der
einen Seite die Intensität der nach dem Rayleighschen Gesetz diffundierten Strahlen mit
der Abnahme der Wellenlänge stark wächst, auf der anderen aber wohl zu bedenken ist,
daß die violetten Strahlen erheblich stärker von der Atmosphäre ausgelöscht werden als
die blauen. Hierüber wolle man im 4. Abschnitt der Meteorologischen Optik von Pernter-
Exner, p.586, sowie vor allem bei der klaren und ausführlichen Behandlung der Schwächung
des Lichts in der Atmosphäre den Abschnitt über spektrale Extinktion (p. 680 u. ff.) nachsehen.
10:
148 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
vorhin besprochenen, 1899 erschienenen Arbeit darauf hinweist, daß bei
Berücksichtigung der Dispersion das Übergewicht der kürzeren Licht-
wellen über die längeren noch verstärkt wird'). Auch muß wohl beachtet
werden, daß ein jedes Teilchen von allen übrigen Punkten des Himmels-
sewölbes schon einmal diffundiertes Licht erhält und dies von neuem
diffundiert, so daß dadurch, wenn wir von der Absorption, und zwar
vor allem von der im entgegengesetzten Sinne wirkenden, selektiven
Absorption des Wasserdampfes?), absehen, wohl eme weitere Steigerung
') Über die Brechungsexponenten der Luft für verschiedene Wellenlängen siehe
H. Kayser und ©. Runge, Die Dispersion der Luft, Wied. Ann. 50 (1895), p. 293—315,
bezw. Mitteilen. d. Akad. d. W. z. Berlin, Jahrg. 1893, p. 79—80. Siehe auch Mascart,
Traite d’Optique, vol. 1 (1889), p. 341—342.
?) Außer den Arbeiten von Brewster, J. P. Cooke, Gladstone und Hennessey, über
welche man Literaturangaben in S. Günthers Handbuch der Geophysik (Bd. 2 von 1899,
p. 132) und in der Met. Zs. 13 (1896), p. 376—377 findet, siehe vor allem die Arbeiten
von Angström, Cornu, Janssen, G. Müller, Secchi und die neueren Arbeiten von Arendt
und Jewell, von denen folgende genannt seien: Angström, Remarques sur quelques raies
du spectre solaire, ©. R., vol. 63 (1866), p. 647—649. A. Cornu, Sur l’observation com-
parative des raies telluriques et metalligues, comme moyen d’evaluer les pouvoirs ab-
sorbants de l’atmosphere, C. R., vol. 95 (1882), p. 801—806, Journ. d. Phys., 2. Ser.,
vol. 2, p. 58—63, Zs. £. Instr., Bd.3 (1883), p. 290 (in kurzem Auszug), Sill. Journ. (3),
vol. 25 (1882), p. 78, Naturf., Bd. 16 (1883), p. 166, Cimento (3), vol. 13, p. 168—170,
3eibl. d. Phys., Bd. 7, p. 110. A. Cornu, Sur les raies telluriques, qu’on observe dans
le spectre solaire au voisinage des raies D., Journ. de l’ecole polytechn., Cahier 15.
J. Janssen, Über die irdischen Linien des Sonnenspektrums, Poggend. Ann., vol. 126
(1865), p. 480—484. Derselbe, Sur les raies telluriques du spectre solaire, ©. R. 54
(1862), P.538—540. Das nämliche von Janssen in Ü.R.56 (1863), p. 1250—1281. ‚Janssen, Re-
marques sur une recente communication de M. Angström, relative A quelques faits
d’analyse spectrale, C. R., vol. 63 (1866), p. 7283—730. Derselbe, Etudes sur les raies
telluriques du spectre solaire, Ann. Chim. Phys., 4. Ser., vol. 23 (1871), p. 274—299, wo
sich auch eine historische Übersicht über den Gegenstand findet. Derselbe, Note sur les
raies telluriques et le spectre de la vapeur d’eau, Ü. R., vol. 95 (1882), p. 885—890, F.d.
Phys. 38 III, p. 287, und Beibl. d. Phys., vol. 7, p. 111. Derselbe, Sur le spectre tellu-
rique dans les hautes stations, et en partieulier sur le spectre de l’oxygene, Ü. R. 107
(1888), p. 672—677, Naturw. Rundsch., Bd. 3, p. 649—650, Wied. Beibl., vol. 13, p. 383,
Revue scient. (3), vol. 42, p. 753, Nature, vol.39, p. 41. G. Müller, Photometrische und
spektroskopische Beobachtungen, angestellt auf dem Gipfel des Säntis, Publikationen des
astro-physikalischen Observatoriums zu Potsdam, Bd. 8, 1893. Secchi, Über den Einfluß
der Atmosphäre auf die Linien des Spektrums, Poggend. Ann., Bd. 126 (1865), p. 485
bis 488. Derselbe, Notes sur les speetres prismatiques des corps celestes, ©. R., vol. 57
(1863), p. 71—75. Th. Arendt, Die Schwankungen im Wasserdampfgehalte der Atmo-
sphäre auf Grund spektroskopischer Untersuchungen, Wied. Ann., Bd. 58 (1896), p. 171
bis 204. Derselbe, Die Bestimmung des Wasserdampfgehaltes der Atmosphäre auf Grund
spektroskopischer Messungen, Met. Zs., Bd. 13 (1896), p. 376—390. S. E. Jewell, The
Determination of the Relative Quantities of Aqueous Vapor in the Atmosphere by means
of the Absorption Lines of the Spectrum, U. S. Department of Agriculture, Weather
Bureau, Bulletin No. 16. — W.B.N0.77. Siehe auch den Abschnitt über die Absorption
durch Gase und Dämpfe in Kaysers Handbuch der Spektroskopie, Bd. 3, p. 336 u. ff., und
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 149
des bereits vorhandenen Übergewichtes der kurzwelligen Strahlen ver-
ständlich erscheinen könnte. Weniger befriedigend für die Theorie fielen
die von H. C. Vogel‘) in Potsdam vorgenommenen Messungen aus, bei
denen die Helligkeit des diffusen Tageslichtes in neun verschiedenen
Spektralbezirken mit den entsprechenden Helligkeiten einer Petroleum-
lampe verglichen wurde. Eine Reihe von Jahren später befaßte sich
A. Crova eingehend mit der Analyse des diffusen Tageslichtes, indem er
zum Teil in Montpellier, zum Teil auf dem Mont Ventoux zahlreiche
Messungen anstellte, welche er einer eingehenden Diskussion unterwarf,
indem er dieselben nicht nur untereinander, sondern auch mit früheren
Messungen verglich’). Als Vergleichslampe diente ihm eine Carcellampe,
deren Farbennuance sich nach früheren Untersuchungen?) als in sehr
weiten Grenzen unabhängig von der absoluten Intensität des Lichtes er-
wiesen hatte. Vogel hatte, wie wir sahen, das diffuse Tageslicht mit
dem von einer Petroleumlampe stammenden Lichte verglichen, und es
hängt die spektrale Zusammensetzung der Flamme einer Petroleumlampe
nicht nur von der Zusammensetzung des benutzten Petroleums, sondern
auch von der Form und Größe des Glaszylinders ab. Da nun aber Vogel
mittels ein und derselben Lampe Petroleumflamme und diffuses Tages-
licht einer- und Flamme und direktes Sonnenlicht andererseits mitein-
ander verglichen hatte, so trug Crova kein Bedenken, aus den von ihm
angegebenen Zahlen die Beziehung zwischen Intensität des Sonnen- und
des diffusen Tageslichtes in den verschiedenen Spektralbezirken herzu-
die Arbeiten von Forbes über die Farben, welche der Wasserdampf zeigt, wenn er kon-
densiert bezw. nicht kondensiert ist. James D. Forbes, Über die Farbe des Dampfes
unter gewissen Umständen, Poggend. Ann., vol. 47 (1839), p. 593— 599, 'Transact. of
the Roy. Soce., vol. 14 (vorläufige Notiz in Poggend. Ann., Bd. 46). W. Trabert, Absorption
und diffuse Reflexion in der Atmosphäre, Met. Zs. 1893, p. 425—427, sowie Met. Zs. 1594,
D. 286 238.
') H.C. Vogel, Resultate spektrophotometrischer Untersuchungen, Berlin, Monats-
ber. 1880, p. 801—811, siehe Referat darüber in Wied. Beibl., Bd.5, p. 236—288.
2) A. Urova, Sur l’analyse de la lumiöre diffusce par le ciel, ©. R., vol. 109 (1889),
p- 493—496, und dazu Wied. Beibl. 14, p. 37. Eine ausführlichere Darstellung dieser
Beobachtungen findet sich in Ann. Chim. Phys., 6. Ser., vol. 20 (1890), p. 450—504. Siehe
A. Crova, Sur l’analyse de la lumiere diffusee par le ciel, ©. R., vol. 112 (1891), p. 1176—1179
und 1246—1247, wo die in den vorher angegebenen Arbeiten mitgeteilten Beobachtungen
mit der Theorie und den Ergebnissen anderer Beobachter verglichen und neue, 1890
gewonnene Ergebnisse mitgeteilt werden, und eine ausführlichere Darstellung dieser Arbeit
in den Ann. Chim. Phys., 6. Ser., vol. 25 (1892), p. 534—567. Siehe hierzu auch Wied.
Beibl., vol. 15, p. 768, und vol. 16, p. 609. Siehe ferner bezüglich des von Urova für
diese Untersuchungen benutzten Instruments A. Crova, Comparaison photometrique des
sources lumineuses de teintes differentes, 0. R., vol. 93 (1881), p. 512—513.
®) A. Örova et Lagarde, Dötermination du pouvoir &elairant des radiations simples,
C. R. 93, p. 959—961. Es sei hier übrigens bemerkt, daß Urova bei seinen Untersuchungen
vereinzelt auch Messungen der Polarisationsgröße anstellte.
150 Friedr. Busch und Uhr. Jensen.
leiten. Und so gelangte er unter Berücksichtigung der von ihm selber,
von Lord Rayleigh und von Vogel gewonnenen Ergebnisse, indem er
für 4 = 565 wu die Relativzahl = 1 setzte, zu beistehender Tabelle, in
welcher B/S das Verhältnis der Intensität des vom Zenit stammenden
blauen Himmelslichts zum direkten Sonnenlicht bedeutet:
N en a EEE EEE 635 E00 TE563 530 510
DbaN. -
100 - ca UA a lehren 62,68 78,65 1007 128771506
: boDne : a
100 -[ WAS Re 1973 69,73 -100 146,7 deore
100 - = Enrlang mare 58,59 78,55. 2 1007 0 Ba
100 - — Potstamere As 63,00. 76,00, 1007 126.0 2990
100 - — Montpellier, Januar1890 58,30 76,47 100 141,0 180,8
Damit man sofort übersehen kann, ob die von den verschiedenen
Beobachtern gefundenen Werte mehr einer Abhängigkeit der Lichtintensität
von der vierten Potenz der Wellenlänge entsprechen, oder ob sich, einer
eröberen Sättigung der blauen Farbe gemäß, der zu den beobachteten
Werten gehörige Exponent einer größeren Zahl, etwa 4,5 nähert, stehen
in den beiden oberen Reihen der Tabelle die von Crova errechneten,
diesen beiden Formeln entsprechenden Werte, wobei natürlich der be-
quemen Vergleichbarkeit halber der konstante Faktor im Ausdruck so
gewählt werden mußte, daß sich auch hier für A — 565 uw der Wert 100
ergab. Man ersieht nun ohne weiteres aus dieser Tabelle, daß das von
Vogel in Potsdam beobachtete Himmelsblau etwas hinter der Forderung
der vorher entwickelten Theorie zurückbleibt, daß dagegen das von Strutt
selber in England beobachtete in recht guter Übereinstimmung mit der-
selben steht, ja sogar eine etwas größere Sättigung aufweist, und daß
schließlich die von Crova im Januar 1890 in Montpellier angestellten
Messungen eine noch erheblich größere Sättigung der blauen Farbe er-
gaben, indem sich der Exponent » mehr der Zahl 4,5 als 4 näherte.
Selbstverständlich läßt diese, aus einer immer noch relativ geringen
Beobachtungszahl hervorgegangene Tabelle, ganz abgesehen von dem von
Lord Rayleigh selber hervorgehobenen, möglicherweise irreführenden
Faktor eines eventuell gelblichen Tons der von ihm benutzten Papier-
sorte, keinen Schluß zu auf die durchschnittliche Sättigung der blauen
Himmelsfarbe in den drei hier vertretenen Erdgebieten. Schon aus
den Messungen Crovas allein, die zu verschiedenen Tages- und Jahres-
zeiten angestellt wurden, geht unzweideutig hervor, daß dies Phänomen
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 151
noch viel variabler ist, als es der bloße Augenschein lehrt’). Es
hängt dasselbe eben, abgesehen vom Sonnenstande, in außerordentlicher
Weise von den zu verschiedenen Zeiten herrschenden meteorologischen Be-
dingungen ab, so daß es dringend erwünscht erscheint, daß in Zukunft bei
allen derartigen Untersuchungen die zur Zeit bestehenden meteorologischen
Verhältnisse in viel weitgehenderer Weise berücksichtigt werden, als es
vielfach bisher geschehen ist?.. So wird das Phänomen der blauen
Himmelsfarbe nicht nur durch die größeren Kondensationsprodukte des
Wasserdampfes, oder durch größere Staubteilchen und dergleichen stark
beeinflußt, sondern die Farbennuance ist auch in starkem Maße abhängig
von der Höhe des Beobachtungsortes, von der Lage des beobachteten
Punktes am Himmel und von dem jeweiligen Sonnenstande?). Dies alles
konnte schon durch die einfacheren, von Saussure und Parrot angegebenen
Cyanometer?), beziehungsweise durch gerinefügige Modifikationen der-
!) Siehe hierzu T. J. J. See, The blue color of the sky, S. A. Atlantie Monthly
1904. p.85—95 (siehe auch Chr. Jensens Referat darüber im „Weltall“, Jahrg. 4, p. 370—371).
2) Auf der einen Seite mag wohl an vielen Orten, wenn die Zahlen doch nur in
den Aktenschrank wandern und jedenfalls nicht in einer der Wissenschaft, oder der
Praxis zugute kommenden Weise verarbeitet werden, gar zu viel Zeit und Kraft auf
das Ansammeln von meteorologischem Material verwandt werden, andererseits aber gehen
wir kaum irre in dem Gedanken, daß man vielfach gar zu wenig darauf bedacht ge-
wesen ist, bei den von meteorologischen Faktoren stark abhängigen Phänomenen die-
jenigen Elemente zu fixieren, die einem durch einfache Beobachtung, oder durch überall
leicht erhältliche Instrumente in bequemer Weise zugänglich waren. Das Fixieren
derartiger Elemente mag natürlich selbst dann, im Hinblick auf die Ausnützung des
Materials bei fortgeschrittenerem Zustande des Wissens, von Wert sein, wenn man die
Tragweite der Einwirkung dieser Momente auf das untersuchte Phänomen noch nicht
abschätzen kann, da hernach wohl nur in den seltensten Fällen eine Rekonstruktion aus
anderen meteorologischen Tabellen möglich sein dürfte. Durch ein Versäumnis in dieser
Richtung dürfte sicherlich schon manche Arbeit auf diesem Gebiete insofern wertlos ge-
worden sein, als sie nicht eine Vergleichung mit anderen, entsprechenden Versuchen zuläßt.
3) Siehe in Joh. Müllers „Kosmischer Physik“ den Abschnitt über die Farbe des
Himmels (in der 5ten, von Peters umgearbeiteten Auflage von 1894 auf p. 431—433) ;
ferner Chr. Jensen, Die blaue Himmelsfarbe, Das Weltall, Jahrg. 5 (1904), p. 37—43,
65-68 und 84—87 (hierzu vor allem 84—86), und F. Busch, Die Frage von der blauen
Farbe des Himmels, Natur und Offenbarung, Bd. 35, p. 65—82.
4) Über diese beiden Cyanometer, mit denen wohl die meisten eingehenderen Unter-
suchungen ausgeführt sein dürften, siehe außer in den Originalabhandlungen an folgenden
Stellen: Günthers Handbuch der Geophysik, Bd. 2 (in der 2. Auflage p. 99), wo auch
kurz über Aragos Polarisationseyanometer berichtet wird; Chr. Jensen, 1. eit.; Joh. Müller
(bezw. Peters), 1. cit.; Crova (in Ann. Chim. Phys., 6. Ser., vol. 20 auf p. 483 und 484)
und in Mascarts Traite d’Optique, t. 3 (1893), im Abschnitt über Uyanometer und Ura-
nophotometer (p. 377—384), wo auch das Aragosche ÜUyanometer und das Wildsche
Uranophotometer eingehend besprochen werden. Siehe auch die kritische Studie von G. H.
v. Wyss, Über die Farbe des Himmels, Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellsch. in Zürich,
Jahrg. 33 (1888), p. 279—292, und Chr. Wiener, Die Farbe der atmosphärischen Luft
und etwas über die Goethesche Farbenlehre, Verhandlungen des Naturw. Vereins in Karls-
RO Friedr. Busch und Chr. Jensen.
OL
selben, einwandsfrei festgelegt werden, und wir wollen nicht verfehlen,
an dieser Stelle auf die diesbezüglichen Untersuchungen von Saussure')
selber, von Alexander von Humboldt?) und vor allem auf die interessanten,
mit außerordentlicher Gründlichkeit und Vorsicht von H. Schlagintweit?)
in den Alpen ausgeführten Messungen hinzuweisen. Ein tieferes Ein-
dringen in die feineren Details dieses wechselnden Phänomens der blauen
Himmelsfarbe wird aber offenbar viel leichter mittels der durch die spektro-
skopische Methode ermöglichten Analyse dieses Lichtes zu erreichen
sein, und so haben die vor neun bis zehn Jahren von einem jungen
italienischen Gelehrten namens Zettewuch?) in Rom, mittels eines mit
Vierordtschem Spalt versehenen Spektrophotometers in der Nähe des
Zenits angestellten Beobachtungen von neuem den großen Wert derartiger
Messungen gezeigt, wobei sich sogar bei einem scheinbar völlig heiteren
und unveränderlichen Himmel für ein und dieselbe Beobachtungsreihe Ver-
schiedenheiten für die Werte des Exponenten » fanden, welche die
Grenzen der sehr sorgfältig untersuchten Beobachtungsfehler zu über-
schreiten scheinen. Interessant war das Resultat, daß im allgemeinen
großen Werten von n auch hohe Werte der relativen Feuchtigkeit ent-
sprachen; jedoch zog Zettewuch aus dieser Beziehung, da derselben keine
einfache Bedeutung zuzukommen schien, noch keine Folgerungen. Bei
Betrachtung der Resultate an einem durchaus heiteren Tage ergab sich,
daß der für n berechnete Wert in eigenartiger Weise mit dem Zenit-
abstand der Sonne wuchs, und zwar schien das Minimum mit dem
kleinsten Zenitabstand zusammenzufallen, während der größte Sättigungs-
grad immer bei einem Winkelabstand des in der Nähe des Zenits
gelegenen, beobachteten Punktes von 90 ° von der Sonne vorhanden
war, so daß also ein Zusammenfallen mit dem Polarisationsmaximum
stattfand. Der Versuch, die Zusammensetzung des Zenitlichtes durch eine
ruhe, Bd. 13 (1900), p. 215—222. — Siehe auch über die verschiedenen Üyanometerarten
p- 561—568 in dem während der Korrektur erschienenen, 4ten Abschnitt der Meteorolog.
Optik von Pernter-Exner.
') H. B. Saussure, Description d’un cyanometre, Journ. d. Phys., t. 38 (1791),
p- 199, und M&m. de l’Academie de Turin, 1790;"siehe auch H. B. Saussure, Voyage dans les
Alpes, t. 4, p. 197 und 288 (1796), und P. Prevost, Remarques sur trois suites d’obser-
vations cyanometriques de H. B. Saussure, vol. 57 (1803), p. 372 ff.
>) A. v. Humboldt, Voyages aux regions 6quinoxiales du nouveau continent, fait en
1799— 1804.
») H. Schlagintweit, Observations in the Alps on the Optical Phenomena of the
Atmosphere, Phil. Mag., 4 Ser., vol. 3 (1852), p. 1-16 und 92—104 (zumal von p. 92 ab),
als Auszug aus den 1850 bei T. A. Barth in Leipzig erschienenen Untersuchungen über
die physische Geographie der Alpen von den Gebrüdern Schlagintweit.
') Giuseppe Zettewuch, Ricerche sul „Bleu Del Cielo“, Dissertazione, presentata
alla R. Universita di Roma, Spoleto 1901, 44 Seiten (Auszug davon Phil. Mag. (6), vol. 4,
p- 199— 202). Siehe auch Beibl. d. Ann., Bd. 25, p. 951—954 ; Naturw. Rdsch. 17 (1902), p. 563.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 153
alleemeine, immer gleiche Formel zu finden, mißglückte Zettewuch.
Was uns aber gerade im gegebenen Zusammenhange ganz besonders in-
teressieren muß, ist der Umstand, daß sich die von Zettewuch gefundenen
Resultate nur in ganz seltenen Fällen dem Gesetz von Lord Rayleigh
näherten'!), wogegen man wohl von vornherein hätte erwarten können, dab
die Farbensättigung in Rom, bei dem sprichwörtlich blauen italienischen
Himmel, mindestens ebenso ausgesprochen war, wie es von Crova in Süd-
frankreich gefunden wurde. Tatsächlich aber fand Zettewuch bei der,
wohl alle bisherigen Erfahrungen übersteigenden Veränderlichkeit des Phä-
nomens in der Regel Werte von n, die ziemlich weit unter 4 blieben, wobei
zu beachten ist, daß sich seine Beobachtungen über einen Zeitraum von
nahezu zehn Monaten erstreckten, und er Beobachtungen von mehr als
zwanzig Tagen verrechnete. Die Erklärung für dies eigenartige Verhalten
sah Zettewuch zum sehr großen Teil darin, daß die Zeit, innerhalb
deren er beobachtet hatte — seine Messungen wurden zwischen dem
April 1900 und dem Februar 1901 angestellt —, ausnahmsweise regnerisch
gewesen war und ganz anormale Verhältnisse dargeboten hatte. Auch,
meinte er, sei dabei wohl die geringe Höhe der Beobachtungsstation überm
Meeresspiegel sowie die große Nähe des Meeres zu bedenken. Aus der
Tatsache, daß sich die Rayleighsche Formel in außerordentlich. vielen,
ja in den meisten Fällen nicht bestätigt fand, schloß er also keineswegs,
daß sie etwa untauglich sei, um das Phänomen der blauen Himmels-
farbe zu erklären. Im Gegenteil bekannte er sich als eifriger Anhänger
dieser, gerade vor kurzem von Pernter wieder stark zur Geltung gebrachten
Theorie, welche von allen Theorien die einzige sei, die verschiedene
Tatsachen von besonderem Gepräge, so vor allem das Vorhandensein des
Polarisationsmaximums in einem Winkelabstand von 90° von der Sonne,
zu erklären vermöge. Die Schwankungen der Zahl und Größe der das
trübe Medium zusammensetzenden Partikeln, und zwar vor allem die
Schwankungen der Kondensationsprodukte des Wasserdampfes, erklärten
nach seiner Meinung hinlänglich die Abweichungen vom Gesetz. Er schloß
sich hierm voll und ganz der Ansicht Pernters an, der kurz vorher auf
eine weit bessere, entscheidendere Weise geprüft hatte, ob und wieweit die
Atmosphäre als trübes Medium aufzufassen sei.
') A. Schuster (siehe Nature, vol. 81, p. 98, bezw. Met. Zs. 1909, p. 566 —567) benutzte
kürzlich die von ©. G. Abbot und F. E. Fowle (Annals of the Astrophysical Observatory
of the Smithon. Institution, vol. 2, Washington 1908, p. 156) gewonnenen Daten, um
daraus den Extinktionskoeffizienten der Atmosphäre für verschiedene Wellenlängen zu
berechnen und die erhaltenen Werte mit den von der Theorie geforderten zu vergleichen.
Das Ergebnis dieser Untersuchung war, daß an durchaus klaren Tagen auf dem Mount
Wilson (1500 Meter hoch) die atmosphärische Absorption praktisch auf Konto der mole-
kularen Diffusion gesetzt werden kann. — Über diese Abbotschen und Fowleschen Unter-
suchungen bezüglich der Solarkonstante siehe Met. Zs. 25 (1908), p. 549—553.
154 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Schon lange hatte Pernter auf dem Boden der Struttschen Theorie
gestanden und bereits 1890 in einem Vortrage') seinem Bedauern dar-
über Ausdruck verliehen, „daß seit der von Lord Rayleigh gegebenen
Entwickelung beinahe zwei Dezennien verflossen seien, und daß dennoch
diese einzig stichhaltige Erklärung des Himmelsblau selbst in meteoro-
logischen Kreisen bisher eine äußerst geringe oder gar keine Berück-
sichtigung gefunden habe“. Eine eingehende Untersuchung über die Richtig-
keit dieser Ansicht unternahm er aber erst eine Reihe von Jahren später,
indem er dabei von dem Gedanken auseine, daß die Lichtintensitäts-
messungen zu vielen Fehlerquellen ausgesetzt seien, und daß die Unter-
suchungen über das Verhalten des Lichtes hinsichtlich der Polarisation
leichter und vielleicht auch sicherer über die Frage würden entscheiden
können, ob, beziehungsweise wieweit, die optischen Erscheinungen unserer
Atmosphäre als Erscheinungen in einem trüben Medium aufzufassen seien?).
Während seiner Vorbereitungen zu diesen Untersuchungen erschien in
„Ciel et terre“ vom 16. Februar 1899 ein Artikel von W. Spring, welcher
die, inzwischen schon allgemeiner gewordene Auffassung, daß das blaue
Himmelslicht die Farbe eines trüben Mediums sei, zu bekämpfen unter-
nahm, indem er energisch für die, schon mehrfach vorher geäußerte
Ansicht eintrat, daß bei unserer Atmosphäre, ähnlich wie beim Wasser,
die blaue Farbe in erster Linie als Eigen- oder Absorptionsfarbe auf-
zufassen sei. Schon in einer vorher erschienenen Abhandlung?) hatte er
darauf hingewiesen, daß bereits Lallemand die Meinung ausgesprochen
habe, daß das blaue Licht des Himmels nicht polarisiert sei, sondern daß das
vom Himmel stammende polarisierte Licht weiß sei, ohne jedoch, wie es
uns scheint, allzuviel Gewicht auf das von Lallemand als Stütze für seine
Ansicht beigebrachte, auch uns schwer diskutierbare Experiment zu legen.
Dagegen stützte er sich mit großer Entschiedenheit auf folgenden, von
ihm selber angestellten Versuch. Er verdünnte eine Mischung von einer
fünfprozentigen Eisenchlorid- und einer zehnprozentigen Schwefeleyan-
kaliumlösung so lange durch Zusatz von Wasser, bis sie das jeweilig
herrschende Blau des Himmels so paralysierte, daß der dadurch besehene
') J. M. Pernter, Die blaue Farbe des Himmels, Schriften des Vereins zur Ver-
breitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse zu Wien, Bd. 30 (1890), p. 197— 219 (Separat-
abzug im Kommissionsverlag von Ed. Hölzel in Wien), Abdruck in „Das Wetter“, Bd. 7,
p- 49—59; siehe auch Met. Zs., Bd.7, p. [87], Naturw. Rdsch. 5 (1890), p.439, F. d. Phys. 46 III,
p. 441—442.
”) Hand in Hand miteinander gehende Untersuchungen über die Verteilung der
Intensität des Himmelslichtes in den verschiedenen Spektralbezirken und über die
Polarisationsgröße in verschiedenen Farben hat in neuester Zeit E. L. Nichols angestellt,
worauf wir an anderer Stelle in diesem Abschnitt zurückkommen werden.
°) W.Spring, Sur l’Origine de la Couleur bleue du Ciel, Bulletin de l’Academie royale
de Belgique, 3. Ser., vol. 36 (1898), p. 504-518.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 155
heitere Himmel "weiß erschien. Darauf untersuchte er mittels eines
Savartschen Polariskops die Polarisation des Himmelslichtes, indem er
abwechselnd mit und ohne Vorschaltung des die Flüssigkeit enthaltenden
Troges beobachtete. Obgleich nun das Himmelslicht durch die Absorption
in der gelben Flüssigkeit seiner blauen Farbe beraubt war, wies dasselbe
doch die nämliche Polarisation auf, als wenn er es ohne Vorschaltung
des Troges betrachtete. Spring wiederholte an zahlreichen heiteren Tagen
im September und Oktober 1898 diesen Versuch, und zwar stets mit
dem nämlichen Resultat. Daraus meinte er nun folgern zu müssen, daß,
wenn man die atmosphärische Polarisation und die blaue Himmelsfarbe
auf die nämliche Ursache zurückführe, indem man. die Polarisation als
Kriterium für die Entstehung der blauen Himmelsfarbe durch Reflexion
ansehe, man notgedrungen auch zu der weiteren Annahme gelangen
müsse, daß mit der Fortnahme der blauen Strahlen durch Absorption
im gelben Medium auch die Polarisation verschwinden oder zum mindesten
stark herabgedrückt werden müsse. Da nun der Versuch zeige, daß sich
die Polarisation nicht ändere, so müsse das Blau Eigenfarbe der Luft
sein, da Ja eine solche mit Polarisationserscheinungen nichts zu tun habe,
und so könne es also nicht Farbe eines trüben Mediums im Sinne Lord
Rayleighs sein.
Nun erscheint es wohl sicher, daß jedenfalls seit Herschels Zeiten
die Auffassung sehr vieler, ja vielleicht der weitaus meisten Physiker
und Meteorologen dahin ging, daß die Phänomene der blauen Himmels-
farbe und der fundamentalsten atmosphärischen Polarisationserscheinungen
eng miteinander verknüpft seien, wenn auch zum Beispiel Rubenson klar
darauf hinwies, daß diese Beziehung jedenfalls keine sehr einfache sein
könne. Damit ist allerdings noch durchaus nicht gesagt, daß nur der
blaue Teil der, in ihrer Totalwirkung den Eindruck des Blau hervor-
rufenden, vom heiteren Himmel zu uns gelangenden Strahlen mit dieser
Eigenschaft der Polarisation begabt ist. Im Gegenteil erfordert die
Rayleighsche Theorie, wie wir gesehen haben, für ein ideales trübes
Medium, das heißt also für ein Medium, in welchem die trübenden
Teilchen verschwindend klein gegenüber der Wellenlänge der in Frage
kommenden, sichtbaren Strahlen sind, absolute Gleichheit der Polarisations-
größe für alle Farben. Dies hatte Springe offenbar nicht bedacht, und
daher durfte Pernter wohl in einer vorläufigen Entgegnung') mit vollem
Recht behaupten, daß sich unter diesem Gesichtspunkt, von dem aus er
selber von vornherein seine Untersuchungen in die Hand genommen hatte,
der Versuch mit der Springschen Flüssigkeit zum geraden Gegenteil
dessen zuspitze, als was ihn sein Autor ins Feld führe, indem derselbe
') Pernter, Vorläufige Mitteilung über die blaue Farbe des Himmels, Sitzungs-
berichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien, Jahrgang 1899, p. 163— 170.
RP Friedr. Busch und Chr. Jensen.
OD
nun eher zum Beweise für die Auffassung des Himmelsblau als Farbe
eines trüben Mediums werde als zum Gegenbeweis. Übrigens wies Pernter
bei dieser Gelegenheit auch darauf hin, daß die Sonne, wenn die blaue
Himmelsfarbe als Absorptionsfarbe aufzufassen sei, um so bläulicher er-
scheinen müsse, je näher dem Meeresniveau sich der Beobachter befinde,
dab aber, wie ja allgemein bekannt ist, die von Langley auf dem Mount
Whitney ausgeführten Messungen das gerade Gegenteil ergeben hätten.
Und in dem nämlichen Gedankengang hatte schon kurz vorher Abegg!)
in einer Polemik mit Spring darauf hingewiesen, daß uns nicht einmal
das von den Planeten reflektierte Sonnenlicht blau erscheine, und daß
sogar der Mond bei seinen Verfinsterungen auffallend rot aussehe, wo er
doch mit einem Sonnenlicht beleuchtet werde, welches unsere Atmosphäre
auf dem Hinweg zum Mond in größtmöglicher Dimension durchmessen
und dieselbe auf dem Rückwege zum Beobachter nochmals passiert habe.
Vor allem aber hatte Abegg darauf efußt, daß die Theorie von Lord
Rayleigh durch die vorher besprochenen Versuche außerordentlich gestützt
werde, indem die Übereinstimmung der Beobachtungen mit der Theorie ein
strikter Beweis dafür sei, daß das Blau des Himmels von einer solchen
Reflexion allein herrühre, so daß also jedenfalls die von Spring heran-
gezogene Absorptionsfarbe dagegen verschwindend sein müsse.
Pernter aber war noch einen Schritt weitergegangen, indem er nicht
nur die Springschen Versuche wiederholt, sondern dieselben auch auf die in
den verschiedensten Abstufungen hergestellten Mastix-Emulsionen ausgedehnt
hatte. In seiner vorläufigen Mitteilung führte er in Kürze die Resultate
seiner Untersuchungen an, welche im wesentlichen darin bestanden, daß
das von Spring angegebene Ergebnis sich als durchaus richtig erwies,
dab sich aber die, als trübe Medien genügend bekannten Mastix-Emulsionen
der Springschen Flüssigkeit gegenüber genau so verhielten wie der Himmel.
Es wurde die Polarisation durch Vorschaltung der dem betreffenden Blau
komplementären Farbe so gut wie nicht verändert; trat aber eine Ver-
änderung auf, so lag sie beim Himmel und bei den künstlich geschaffenen
trüben Medien im nämlichen Sinne. Ja, er ging noch weiter, indem er
für seine künstlich geschaffenen trüben Medien sowohl, als auch für die
Atmosphäre die Abhängigkeit der Polarisationserscheinungen in den ver-
schiedenen Spektralbezirken von der Reinheit des Mediums untersuchte. Die
verschiedenen Konzentrationsstufen der künstlichen trüben Medien verschaffte
er sich dureh größeren oder geringeren Zusatz von alkoholischer Mastix-
lösung zu Wasser, so daß das seitlich ausgestrahlte Licht die verschiedensten
Farbenuancen, vom tiefsten Blau bis zu einem milchigweißen Ton, mit
einem Stich ins Blaue, aufwies. Was nun zunächst die Polarisations-
') R. Abegg, Über das Blau des Himmels und der Meere, Naturw. Rundsch., Bd. 14
(1899), Dr Lan 158:
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 157
ebene betrifft, so stellte er vor allem fest, daß sie für alle Farben
dieselbe ist, daß somit die Polarisation der verschiedenfarbigen Strahlen
auf die nämliche Ursache zurückzuführen ist, und daß überdies die Polari-
sationsebene die von der Rayleishschen Theorie geforderte ist. Er stellte
diese sowie die weiteren Untersuchungen in den verschiedenen Farben
in der Weise an, daß beim Himmelslicht durch Vorschaltung möglichst
monochromatischer Gläser eine möglichst reine Farbe erzielt wurde,
und daß bei den trüben Medien direkt die durch spektrale Zerlegung
erzeugten Strahlen verwandt wurden. Hinsichtlich der Polarisationsgröße
erfordert die Rayleighsche Theorie, jedenfalls solange man es mit einem
einzigen, dünnen primären Strahlenbündel zu tun hat, totale Polarisation
für alle Strahlen, für die kurzwelligen sowohl, wie für die lang-
welligen, in der Richtung senkrecht zu der des einfallenden, direkten
Lichtes. Das kann gar nicht zu oft betont werden. Nun dürfte sich
aber der Luftkreis in unsern Gegenden, ganz abgesehen davon, daß die
Verhältnisse bei der Atmosphäre, wie schon früher betont, durch die viel-
fachen Diffusionen viel komplizierter liegen als im Experimentierraum,
selten, oder nach Pernter wohl niemals, wie ein absolut ideales trübes
Medium verhalten, und auch die künstliche Herstellung eines idealen trüben
Mediums bietet erhebliche Schwierigkeiten. ‚Jedoch wies Pernter bereits
in der zitierten vorläufigen Mitteilung darauf hin, daß die Polarisations-
eröße bei den verschiedenen Farben — als Verhältnis der Intensität des
polarisierten Lichtanteils zur Gesamtintensität gedacht — auch bei nicht
sanz idealen trüben Medien für die einzelnen Farben nicht allzusehr
voneinander abwich, so daß überhaupt, soweit die vorläufigen Unter-
suchungen reichten, die Atmosphäre sich durchaus wie ein künstlich her-
gestelltes trübes Medium verhielt. Allerdings hatten sich bereits gewisse
prinzipielle Unterschiede ergeben, je nach der Abstufung des Mediums,
das heißt also, je nachdem das seitlich ausgestrahlte Licht einen mehr
oder weniger deutlich ausgeprägten blauen Farbenton zeigte. Der Sinn
dieser Abweichungen führte bei Fortführung der Untersuchungen, wie
wir gleich hernach sehen werden, zu höchst interessanten, neuen Gesichts-
punkten; hier aber kam es vor allem darauf an, dab Pernter die Ab-
weichungen in genau dem nämlichen Sinne bei den künstlich erzeugten
trüben Medien wie bei der Atmosphäre fand, so daß er sich bereits hier
dahin aussprach, daß es sich rein experimentell, ganz abgesehen von jeder
Theorie, dartun lasse, daß das Himmelsblau die Farbe eines trüben
Mediums sei, indem die von Spring gegen die Erklärung desselben
als Farbe eines trüben Mediums ins Feld geführten Versuche also jeden-
falls nicht gegen, sondern in der weiteren Ausführung der Versuche
sogar vielmehr für diese Auffassung sprächen. Absichtlich nahm er schon
lange vor Abschluß seiner Untersuchungen Stellung gegen die von Spring
158 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
ei oO
vertretene Ansicht, da er es für dringend nötig hielt, daß derselben bald-
möglichst entgegengetreten werde, damit nieht durch die große Autorität,
welcher sich Spring mit vollem Recht durch seine hochbedeutenden und
vielseitigen Arbeiten auf dem Gebiete der Wasserfarben erfreute, der
falschen Auffassung erst die Wege geebnet würden.
Die weitere Fortführung änderte nun an den diesbezüglichen Re-
sultaten gar nichts, sondern trug nur dazu bei, Pernter mehr und mehr
in seiner Auffassung zu bestärken, da sich auch weiter hinsichtlich der
Polarisationserscheinungen ein vollständiger Parallelismus zwischen der
Atmosphäre und den künstlich erzeugten trüben Medien ergab, und so
gelangte Pernter in einer 1901 veröffentlichten Denkschrift') zu dem End-
resultat, daß die Polarisationserscheinungen den vollen Beweis dafür zu
erbringen schienen, daß die Atmosphäre als bald weniger, bald mehr
„verunreinigtes” trübes Medium auf die eindringenden Sonnenstrahlen wirkt,
und daß daher auch die blaue Farbe des Himmels wesentlich das Blau
trüber Medien ist.
Daß die Polarisation des Himmelslichtes um so mehr abnimmt, je
mehr die Anzahl der größeren Teilchen beziehungsweise die Größe der-
selben wächst, und je weißlicher demgemäß das Blau desselben ist, war
schon aus früheren Beobachtungen, und zwar vor allem aus den Jensenschen
und Rubensonschen Untersuchungen, hervorgegangen. Das wurde auch
wieder durch die von Pernter angestellten Beobachtungen bestätigt;
wichtig aber war es natürlich vor allem, daß Pernter nun auch in ein-
echender Weise dartun konnte, daß auch das von den trüben Medien
seitlich ausgestrahlte Licht um so weniger polarisiert war, je weiblicher
das Blau war. Vollständig neu aber waren die Beziehungen, welche
er zwischen der Farbennuance seiner Mastix-Emulsionen beziehungs-
weise des Himmelslichtes einer- und den entsprechenden Polarisations-
erscheinungen in den verschiedenen Spektralbezirken andererseits fand.
Es stellte sich nämlich heraus, daß die Polarisationsgröße für Rot, Grün
und Blau fast durchweg verschieden war, und zwar für ziemlich blaue
Töne des seitlich ausgestrahlten Lichtes derart, daß im Grün das Maxi-
mum, im Rot fast durchweg das Minimum lag, während im Blau eine
zwischen den Werten für Rot und für Grün liegende Polarisation auftrat,
wogegen sich bei stark weißlichen Tönen des seitlichen Lichtes die Ver-
hältnisse derart verschoben. daß die Polarisation im roten Teil des Spektrums
') J. M. Pernter, Untersuchungen über die Polarisation des Lichtes in trüben
Medien und des Himmelslichtes mit Rücksicht auf die Erklärung der blauen Farbe des
Himmels, Denkschrift der Wiener Akademie der Wissensch., Bd. 73 (1901), p. 301—328.
Referate darüber: F.d. Phys., 57 III, p. 273—274, Beibl. d. Ann., Bd.26, p. 391—394, Naturw.
Rdsch., Bd. 17, p. 241— 242. Eine kurze Angabe über diese Untersuchungen findet sich auch
im Wiener Anzeiger von 1901, p. 193.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 159
am größten war und mit abnehmender Wellenlänge immer kleiner wurde,
und es zeigte die Atmosphäre ein den Mastix-Emulsionen durchaus analoges
Verhalten. Das Überwiegen der Polarisation im Rot bei stark weißlichen
Tönen seiner Mastix-Emulsionen beziehungsweise der Atmosphäre suchte
nun Pernter so zu erklären, daß die Partikelchen, bei denen der Grenz-
wert, der für die Gültigkeit des Rayleishschen Gesetzes nötig ist, über-
schritten wird, für die kurzwelligen Strahlen immer zahlreieher werden,
je höher die Konzentrationsstufe wird, wogegen dieser Wert bei den
lanewelligen Strahlen für eine große Zahl von Teilchen nicht erreicht
oder jedenfalls nicht überschritten wird. Viel schwieriger gestaltete sich
die Erklärung des umgekehrten Phänomens, und die zur weiteren Klärung
desselben vorgenommenen Untersuchungen führten Pernter zu der Ansicht,
daß bei, „gut blauen“, Tönen des seitlichen Lichtes, das heißt also bei
Medien, welche sich einem idealen trüben Medium mehr nähern, bei dem
roten polarisierten Licht, dessen Intensität nach der vielfach besprochenen
Formel von der umgekehrten vierten Potenz der Wellenlänge weit hinter
der des violetten zurückbleibt, fremdes, unpolarisiertes Licht die Polarisation
stark herabdrücke, wogegen die Polarisationsgröße bei den Strahlen kürzerer
Wellenlänge, wegen der erheblich größeren Intensität, durch dieses bei-
gemischte Licht nur wenig geändert werden könne.
Es fragte sich nur, was das für fremdes Licht sei, welches hier
eventuell störend eingreift. Da nach früheren Untersuchungen anderer
Forscher Fluoreszenzlicht als unpolarisiert anzusehen war, so nahm Pernter
bei den weiteren Erklärungsversuchen seine Zuflucht zu dem Fluoreszenzlicht,
welches er vielfach, und zwar namentlich bei schwacher Gesamthelligkeit,
bei seinen Mastix-Emulsionen gefunden haben will. In diesem Sinne suchte
er weiter die, von ihm gefundene Tatsache zu verstehen, daß — jedenfalls
für niedrige und mittlere Konzentrationsstufen — die Polarisationsgröße
mit der Intensität der Lichtquelle zu- und abnimmt. Wenn nun, wie
wir eben sahen, das Fluoreszenzlicht bei schwacher Helligkeit stärker
hervortrat als bei größerer, so schien das natürlich — da im ersteren
Fall eben verhältnismäßig mehr die Polarisationsgröße herabdrückendes
Licht vorhanden war — die Tatsache dem Verständnis näher zu rücken,
daß die Polarisationsgröße im allgemeinen, das heißt ganz abgesehen
von den Farben, bei stärkerer Gesamthelligkeit größer gefunden wurde
als bei geringerer. Was die Polarisationsverhältnisse in den verschiedenen
Spektralbezirken bei „gut blauen“ Tönen des seitlichen Lichtes betrifft,
so ist allerdings darauf aufmerksam zu machen, daß Pernter selber sich
nicht so recht befriedigt fühlte durch seine eigenen Erklärungsversuche;
und so recht wollen uns diese auch nicht befriedigen, wenn auch wohl
immerhin dadurch ein Weg angedeutet sein mag, um zu weiterem
Verständnis zu gelangen. Es scheint uns nun so, als ob für die weitere
160 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Diskussion dieser Frage zunächst namentlich drei Teile zu beachten
sind. Zum ersten nämlich bleibt es, wenn man das Phänomen nur
von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet, unverständlich, warum die
Polarisationsgröße im Blau geringer und nicht vielmehr größer ist als
im Grün. Zum andern wäre wohl zu bedenken, ob denn das für die
Erklärung des Phänomens etwa in Frage kommende Fluoreszenzlicht in
allen Spektralbezirken von gleicher Intensität ist, oder nicht, und vor allem,
ob dasselbe überhaupt — was doch sehr fraglich erscheinen dürfte — in
allen Wellenlängen des sichtbaren Spektrums vorhanden ist, womit wohl
die ad 1 aufgeworfene Frage aufs innigste verknüpft ist, und wodurch
vielleicht auch zum Teil der Schlüssel zur Erklärung gegeben sein dürfte.
Zum dritten endlich müßte doch, wenn auch die Zuhilfenahme des
Fluoreszenzlichtes für die Mastix-Emulsionen zum Ziele führen sollte,
untersucht werden, wieweit der nämliehe Faktor für die Atmosphäre in
Betracht käme!). Der Gedanke, daß gewisse Gase unserer Atmosphäre die
Eigenschaft der Fluoreszenz besitzen, scheint zuerst von Angström aus-
gesprochen worden zu sein. A. Cornu?) zeigte zuerst, daß die ultravioletten
Sonnenstrahlen stark in der Atmosphäre absorbiert werden, und W. Hartley”)
wies zuerst darauf hin, daß die, diese Absorption herbeiführende Substanz
wahrscheinlich das Ozon sei, und vertrat hernach mit Entschiedenheit
den Standpunkt’), daß die durch die Absorption der ultravioletten Sonnen-
strahlen herbeigeführte blaue Fluoreszenz des Ozons sowie die, zuerst
von Chappuis’) nachgewiesene blaue Eigenfarbe desselben ein ausschlag-
gebender Faktor beim Phänomen der blauen Himmelsfarbe sei. Ohne
die Richtigkeit dieser Hypothese näher prüfen zu wollen, dürfen wir es
jedenfalls nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß die Richtigkeit der
!) Auf eine andere mögliche Ursache der Erscheinung weist Exner auf p. 650 der
Meteorol. Optik von Pernter-Exner hin, worauf zurückzukommen wir vielleicht in einem
anderen Abschnitt Gelegenheit finden.
2) A. Cornu, Etude du spectre solaire ultraviolet, ©. R., vol. 86 (1878), p. 101—104;
derselbe, Sur la limite ultra-violette du spectre solaire, ©. R., vol. 88 (1879), p. 1101—1108;
derselbe, Observation de la limite ultraviolette du speetre solaire & diverses altitudes,
©. R., vol. 89 (1879), p. 808—814; derselbe, Sur la loi de repartition suivant l'altitude
de la substance absorbant dans l’atmosphere les radiations solaires ultra-violettes, Ü. R.,
vol. 90 (1880), p. 940— 946.
3) W. N. Hartley, Chem. News, vol. 42 (1880), p. 268; derselbe, On the absorption
speetrum of ozone, Journ. chem. soc., vol. 39 (1881), p. 57—60; derselbe, On the absorption
of solar rays by atmospherie ozone, Journ. chem. soc., vol. 39, p. 111—128.
») W. N. Hartley, On the limit of the solar speetrum, the blue of the sky, and
the fluorescenze of ozone, Nature, vol. 39 (1889), p. 4T4—AT.
5) Chappuis, Sur le speetre d’absorption de l’ozone, ©. R., vol. 91 (1880), p. 985 —986,
und ©. R., vol. 94 (1882), p. 858—860; siehe auch Chappuis, Journ. de Phys., 2. Ser.,
vol. 1 (1882), p- 494. Siehe hierüber und über die hiermit zusammenhängenden Unter-
suchungen Kayser, Handb. der Spektroskopie, 3. Band (1905), p. 361 u. ff.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 161
zunächst von Hartley aufgestellten Hypothese, nach welcher die Absorption
der Sonnenstrahlen durch Ozon herbeigeführt wird, durch frühere Unter-
suchungen über den Ozongehalt der Atmosphäre!) in Kombination mit
genauen quantitativen Absorptionsbestimmungen der ultravioletten Strahlung
im Ozon von E. Meyer”) sehr an Wahrscheinlichkeit gewonnen hat.
Daß übrigens die blaue Himmelsfarbe als ein von den bis dahin
bekannten charakteristischen Polarisationserscheinungen losgelöstes Fluores-
zenz-Phänomen zu betrachten sei, war bereits im Jahre 1872 von Lalle-
mand?) ausgesprochen worden. Es darf aber nach dem heutigen Stande
unseres Wissens wirklich kaum angenommen werden, daß die blaue
Fluoreszenzfarbe des Ozons den stärksten oder auch nur einen sehr stark
ausschlaggebenden Faktor beim Zustandekommen der blauen Himmels-
farbe abgibt, indem man dieselbe sicherlich, nach allen Untersuchungen
über die Zusammensetzung des vom heiteren Himmel stammenden Lichtes
und über die Polarisationserscheinungen, in allererster Linie als Farbe
eines mehr oder weniger durch gröbere Partikelchen gestörten trüben
Mediums im Sinne Lord Rayleichs auffassen muß, wobei wir aber stark
betonen möchten, daß man sich wohl hüten muß, mit der Annahme der
einen der für die Erklärung der blauen Himmelsfarbe aufgestellten Theorien
die anderen völlige zu verwerfen, indem vielmehr, worauf auch vor einigen
Jahren Chr. Jensen®) hinwies, ein Körnchen Wahrheit in allen diesen
zu finden sein dürfte, ja solange es sich um eine sehr geringe (resamt-
helligkeit handelt, sicherlich auch in der von E. L. Nichols’) aufgestellten
') Siehe A. Houzeau, Sur l’ozone atmospherique, Ann. Ohim. Phys., 4. Ser., vol. 27
(1872), p. 5—68, und eine, nach E. Meyer wohl noch mehr Vertrauen verdienende Be-
stimmung des Özongehalts der Atmosphäre von A. Levy, Ann. soc. met. de France,
vol. 46 (1898), p. 160, und Ciel et Terre, vol. 19 (1898), p. 2931—296. Siehe auch Ü. Engler,
Das Ozon, seine chemische Natur, sein Vorkommen in der Atmosphäre und seine sanitäre
Bedeutung, Verhandlungen des Naturw. Vereins in Karlsruhe, Bd. 13 (1900), p. 223—261.
?) E. Meyer, Über die Absorption der ultravioletten Strahlung im Ozon, Berlin. Inaugural-
dissertation 1903, 46 Seiten, sowie ein Auszug davon in Drud. Ann., Bd. 12 (1903), p.849— 859.
>) A. Lallemand, Sur la polarisation et la fluorescence de l’atmosphere, C. R., vol. 75
872), P- 107 — 711.
#) Chr. Jensen, Die blaue Himmelsfarbe, Das Weltall, Jahrg. 5 (1904), p. 37—43,
65—68 und 84—87 (von E. L. Nichols, Physical Review 1908, p. 498, ist Jansen fälsch-
licherweise statt Jensen zitiert).
5) E.L. Nichols, A new Explanation of the Colour of the Sky, Phil. Mag., Ser. 5,
vol. 8 (1879), p. 425—433. Über die Empfindlichkeit des Auges für verschiedene Farben
siehe die Untersuchungen von R. v. Helmholtz (Physiologische Optik) und die Arbeiten
von Dobrowolsky (unter anderm in Gräfes Archiv für Ophthalmologie, Bd. 18, p. 74—92)
sowie auch eine Studie „Über die Farben des Himmels“ von G. H. v. Wyß, Vierteljahrs-
schrift der naturf. Ges. in Zürich, 33. Jahrg. (1888), p. 278—292. Gegenüber der Nichols’schen
Auffassung siehe Pickering als Vertreter der Ansicht von der blauen Himmelsfarbe als
einem rein objektiven Phänomen (Pickering, Proc. of the Americ. Acad. Soc., vol. 9, p. 20,
und Zs. f. Meteorologie, vol. 20 [1885], p. 514).
11
162 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Hypothese vom Himmelsblau als einem subjektiven Phänomen. Die Haupt-
momente, welche bei dieser Erscheinung eine Rolle spielen, dürften wohl
heute erkannt sein, und es würde demnach die, allerdings recht schwierige
Aufgabe der Zukunft darin bestehen, die Größe der einzelnen das Phänomen
bedingenden Faktoren richtig, das heißt der Größenordnung nach, abzu-
schätzen. Wollten wir nun einstweilen annehmen, daß in der Atmosphäre
ein ziemlich starkes, durch die Absorption der ultravioletten Sonnenstrahlen
bedingtes Fluoreszenzlicht vorhanden ist, so scheint uns jedenfalls damit
wenig geholfen zu sein für das Verständnis des, den Ausgangspunkt für
diese Betrachtungen bildenden Pernterschen Resultates bezüglich der
Polarisationserscheinungen in den verschiedenen Spektralbezirken bei gut
blauen Tönen des Himmelslichtes, solange wir nicht wissen, ob und wie
intensives Fluoreszenzlicht längerer Wellenlängen in der Atmosphäre
vorkommt. Wenn aber auch das volle Verständnis für dies verschiedene
Verhalten des, verschieden stark durch gröbere Partikeln gestörten trüben
Mediums der Atmosphäre hinsichtlich der Polarisationserscheinungen in
den verschiedenen Spektralbezirken noch aussteht, so bleibt es doch das
unbestreitbare, außerordentliche Verdienst Pernters, zuerst mit Nachdruck
auf diese Zusammenhänge hingewiesen und ihren hohen Wert für die
Beurteilung der Beschaffenheit unserer Atmosphäre erkannt zu haben,
und es ist durch diese schönen Untersuchungen sehr wahrscheinlich ge-
worden, daß die einander scheinbar widersprechenden Angaben von Connel
und Chr. Jensen einer- und Piltschikoff andererseits bezüglich der Polari-
sationsgröße zum guten Teil auf Unterschiede der jeweilig untersuchten
Atmosphäre in der angegebenen Richtung zurückzuführen sind. Dagegen
darf andererseits nicht vergessen werden, daß diese Untersuchungen
über die Polarisationsverhältnisse in den verschiedenen Farben nur an
vereinzelten Orten ausgeführt waren und sich auch nur über verhältnis-
mäßig kurze Zeiträume erstreckt hatten, und es mußte daher äußerst
erwünscht sein, daß fernerhin möglichst zahlreiche derartige Messungen an
möglichst verschiedenen Orten und unter möglichst verschiedenen Be-
dingungen angestellt würden. Daher ist es mit Freuden zu begrüßen,
daß kürzlich eine Arbeit erschienen ist, in welcher der bekannte amerika-
nische Physiker Nichols ') die Resultate seiner diesbezüglichen und der damit
zusammenhängenden Untersuchungen mitteilt, welche er zu Wasser und
zu Lande an den verschiedensten Punkten der Erde, unter anderem in
Algier, in der Schweiz, in Österreich und in Italien ausführte, und welche
dadurch noch einen besonderen Wert haben, daß vielfach Hand in Hand
mit den Polarisationsbestimmungen Untersuchungen über die Intensitäts-
verteilung im Spektrum des blauen Himmelslichts gingen. Man ersieht
NEL. Nichols, Theories of the Color of the Sky, Physical Review, vol. 26
(1908), p. 497—511.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 163
daraus, daß die Zahl der möglichen Beziehungen zwischen der Polarisations-
eröße in den verschiedenen Spektralbezirken durch die Untersuchungen
von Connel, ‚Jensen, Pernter und Piltschikoff keineswegs erschöpft war.
Nichols unterscheidet nun folgende Fälle, die sich aus seinen Be-
obachtungen ergaben:
Die Polarisation ist
1. am größten im Violett,
2. erößer im Grün, Gelb, oder Blau als im Rot, oder Violett,
3. am größten im Rot,
4, am kleinsten in der Mitte des Spektrums und schließlich
5. nahezu gleich groß durch das sichtbare Spektrum hindurch.
Diese Verhältnisse, auf deren genauere Diskussion wir an dieser Stelle
verzichten müssen, werden hier an der Hand von Kurven besprochen. Nur
den, offenbar interessantesten Fall möchten wir noch hervorheben, denjenigen
nämlich, wo sich die Polarisationsgröße in allen Farben als nahezu gleich
erwies. Man könnte zunächst daran denken, daß es sich hier um eine
Atmosphäre handelte, die sich sehr einem idealen trüben Medium näherte.
Tatsächlich aber hat Nichols dies Verhalten stets bei einer Atmosphäre
gefunden, welche, nach der relativen Intensität im violetten Teil des
Himmelslichtes zu schließen, weit entfernt von diesem idealen Zustand
war. Nichols versucht nun, diesen Befund dadurch zu erklären, dab er
für diesen Fall ein Gemisch von einem idealen mit einem aus gröberen,
unpolarisiertes Licht reflektierenden Partikelchen bestehenden Medium
annimmt und weiter so schließt, daß das Übergewicht des polarisierten
violetten Lichtanteils verloren geht durch die Absorption, welche das
vom idealen trüben Medium diffundierte Licht beim Passieren ausgedehnter,
mit diesem, verschieden große Partikelchen enthaltenden Medium angefüllter
Gegenden der Atmosphäre erleidet. Allerdings gibt er selber zu, daß dies nur
eine von mehreren Erklärungsmöglichkeiten ist. Besonders beachtenswert ist
es, daß er bei seinen zahlreichen Messungen im allgemeinen weit größere In-
tensitäten der langwelligen Strahlen fand, als es einem idealen trüben Medium
entsprechen würde, wobei er noch ganz besonders darauf hinwies, dab
sowohl aus seinen eigenen, als auch aus den, allerdings wenig zahlreichen,
von Bock angegebenen und den aus den Köttgenschen Angaben über die
Beziehungen zwischen Hefnerlicht und direktem Sonnenlicht einer- und
Hefnerlicht und blauem Himmelslicht andererseits abgeleiteten Werten
das Resultat hervorgeht, daß ganz allgemein die Intensitäten im mittleren
Teil des Spektrums im Vergleich zu den Forderungen der Struttschen
Theorie viel zu klein sind, wenn auch die relativen Intensitäten im Rot
und im Violett den für ein ideales trübes Medium aufgestellten Bedingungen
sehr nahekommen. Die besonders zahlreichen, von Crova herrührenden
Untersuchungen konnten hierbei leider nicht zum Vergleich herangezogen
11*
164 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
werden. da Crova seine Messungen auf den zwischen 635 ww und 510 ww
liegenden Spektralbezirk beschränkt und mithin das äußerste Rot und
Violett nieht berücksichtigt hatte. Die soeben erwähnte Eigentümlichkeit
nun möchte Nichols eventuell durch die Annahme eines Mediums erklärt
wissen, dessen Partikelchen zu groß sind, um das auf sie fallende Licht
im Sinne Lord Rayleiehs zu zerstreuen, welches aber eine blaue Eigen-
farbe besitzt, die entweder durch Absorption im Sinne Springs, oder aber
durch Fluoreszenz, oder endlich durch beide Faktoren gemeinsam, zustande
kommt. Es wäre demnach bei dieser Auffassung der ideale Zustand
durch die Eigenfarbe der Luft vorgetäuscht.
Derartige Kurven der Intensitätsverteilung fand Nichols vor allem
für die Zeit der Morgen- und Abenddämmerung, wogegen die für die
Mitte des Tages gewonnenen Werte durchgängig einem anderen Gesetz
gehorchten, und dies führte ihn zu der weiteren Schlußfolgerung, daß das
von der Erdoberfläche reflektierte Sonnenlicht mit. ein Grund sei für die
Abweichung von der dem Rayleighschen Gesetz entsprechenden Inten-
sitätsverteilung. Das allerinteressanteste Resultat der diesbezüglichen
Nichols’schen Untersuchungen jedoch bestand, so will uns bedünken, darin,
daß unter den auf der Erdoberfläche von der Sonne beleuchteten Gegen-
ständen das Grün der Landschaft insofern eine hervorragende Rolle spielte,
als sich in diesem Fall, wie es unter anderem auch deutlich aus den dem
Text beigegebenen Kurven hervorgeht, geradezu ein schwaches Chlorophyll-
spektrum dem übrigen Spektrum des Himmelslichtes überlagerte. Wie
zu erwarten ist, fehlte das überlagerte Spektrum bei den auf der
See gewonnenen Beobachtungen. Auf weitere Einzelheiten der Unter-
suchungen, deren Diskussion nach einer im Text befindlichen Angabe von
Nichols in einer späteren Arbeit fortgesetzt werden soll, können wir hier
nicht eingehen, können es uns jedoch nicht versagen, die Endresultate
anzugeben, zu welchen Nichols auf Grund seiner eigenen sowie der von
früheren Beobachtern gewonnenen Ergebnisse gelangte. Er spricht sich
am Schlusse seiner äußerst anregenden Arbeit ungefähr folgendermaßen aus:
1. Zwar ist guter Grund vorhanden, die Atmosphäre als trübes Medium
anzusehen, jedoch können die tatsächlich beobachteten Verhältnisse
weder aus der Annahme eines idealen, noch aus der eines gröbere
Partikelchen enthaltenden trüben Mediums vollständig abgeleitet
werden.
2. Die Erleuchtung der Atmosphäre durch selektiv von der Erdober-
fläche beziehungsweise von Wolken oder Nebel reflektiertes Licht
modifiziert den Charakter des Himmelslichtes bis zu einem Grade,
der zwar vielleicht nicht mit dem bloßen Auge bequem erkennbar
ist, wohl aber deutlich und unverkennbar wird, wenn das Auge mit
einem Spektrophotometer bewaffnet ist.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 165
3. Die von einigen Beobachtern gefundene Intensitätsverteillung im
Spektrum des Himmelsliehtes deutet auf eine blaue Absorptionsfarbe
der Luft, oder, da der Grad des Übergewichtes im Violett variabel
ist, auf das Bestehen der Fluoreszenz von einem unbeständigen (flüch-
tigen) Atmosphärenbestandteil beziehungsweise auf das Vorhandensein
beider Faktoren.
Nicht unerwähnt wollen wir schließlich lassen, daß Nichols mit Ab-
sicht bei der Diskussion seiner Beobachtungen völlig den, bei früherer
Gelegenheit stark in die Wage geworfenen Faktor des subjektiven
Farbenmoments außer acht gelassen hat, wenngleich er bei Beginn
seiner Arbeit kurz auf die, allerdings wohl beachtenswerte Tatsache auf-
merksam machte, daß man den Himmel auch dann blau sieht, wenn das
Spektrophotometer eine Zusammensetzung des Lichtes anzeigt, bei welcher
die relative Intensität der kürzeren Wellen viel geringer ist als bei der
durehschnittliehen Zusammensetzung des direkten Sonnenlichtes.
Wir sahen nun, daß auch die Nichols’schen Untersuchungen und die
sieh daran knüpfenden Betrachtungen durchaus zugunsten der Annahme
sprechen, daß die optischen Erscheinungen der Atmosphäre in erster
Linie ihre Erklärung dureh die Annahme finden können, dab sich die-
selbe wie ein trübes Medium verhält, und es steht zu hoffen, daß weitere
Forschungen in der von Nichols angedeuteten Richtung dazu angetan sein
werden, mehr und mehr die Abweichungen von dieser Theorie zu erklären.
Daß die Atmosphäre tatsächlich in erster Linie wie ein trübes Medium
auf die in sie eindringenden Sonnenstrahlen wirkt, das ist also nach
dem Bisherigen einmal wahrscheinlich geworden aus der Art der Licht-
intensitätsverteilung im Spektrum, wie wir sie in ihren allgemeinen Zügen
bei der Atmosphäre selbst und bei künstlichen trüben Medien kennen
lernten, das ist ferner wahrscheinlich geworden durch die vergleichende
Betrachtung der Polarisationsverhältnisse in den verschiedenen Spektral-
bezirken, und das war schon lange mehr als wahrscheinlich dureh die,
schon früh gefundene Tatsache, daß sich das Polarisationsmaximum bei
der heiteren Atmosphäre in einem Abstand von 90° von der Sonne oder jeden-
falls sehr nahe in diesem Abstand befindet. Aber es gibt, wie wir gesehen
haben, noch ein anderes, zunächst äußerst rätselhaft erscheinendes Phänomen
der atmosphärischen Polarisation, nämlich die Existenz der neutralen Punkte
und die damit verknüpfte Umkehr der überwiegend im Sonnenvertikal vor-
handenen Polarisationsriehtung zwischen diesen Punkten und der Sonne
beziehungsweise dem antisolaren Punkt. Jedoch auch diese Erscheinung ist
in ihren wesentlichsten Eigenschaften als notwendige Folgerung aus der
Rayleighschen Theorie abgeleitet worden, und zwar ist es J.L.Sorets ') Ver-
) J. L. Soret, Sur la polarisation atmospherique, Ann. Chim. Phys., 6. SEr.,
vol. 14 (1888), p. 508—541. Dasselbe im Auszug, C. R., vol. 106 (1888), p. 203—206.
166 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
dienst, auf Grundlage der Anschauungen von Lord Rayleigh und Lallemand
eine umfassende theoretische Begründung der wesentlichsten Erscheinungen
der atmosphärischen Polarisation gegeben zu haben. Auf diese Unter-
suchungen müssen wir notwendigerweise noch näher eingehen.
Sorets Untersuchungen, die wir am besten wiedergeben, indem wir
zum sehr großen Teil direkt den klaren Darlegungen des Autors folgen,
beziehen sich vor allem auf die bis dahin nur andeutungsweise betrach-
tete Diffusion der zweiten Ordnung, das heißt auf die Wirkung des zum
zweiten Male zerstreuten Lichtes. Dieses kommt zum großen Teil auch
von solchen Teilchen in das Auge des Beobachters, die nicht direkt von
der Sonne beleuchtet werden, sondern vielmehr ihr Licht von denjenigen
Luftschichten empfangen, welche den Sonnenstrahlen direkt ausgesetzt
sind. In dieser Lage befinden sich die unteren Luftschichten nach Unter-
gang und vor Aufgang der Sonne sowie auch die im Schatten einer
Wolke oder eines Gebirges befindlichen Luftschichten. Soret nennt diese
Luftschichten, welche also nur bereits diffundiertes Licht empfangen,
„masse ombree“, wofür wir hier die Bezeichnung „Schattenraum“ wählen
wollen. Es ist bekannt, daß das von diesen Luftschichten ausgehende
Licht gleichsam einen bläulichen Schleier bildet, welcher zwischen dem
Beobachter und den im Schatten liesenden Objekten ausgebreitet zu
sein scheint. Dieses zartblaue beziehungsweise weißlichblaue Licht zeigt
nun fast genau dieselben Polarisationserscheinungen, wie wenn die es
ausstrahlenden Luftschichten direkt von der Sonne beleuchtet wären.
Vor allem kann man sich nach Soret leicht davon überzeugen, daß auch
im Schattenraum das Polarisationsmaximum senkrecht zu den direkten
Sonnenstrahlen liegt, und daß die Polarisationsebene dort dieselbe Lage
hat, wie wenn diese Stellen unmittelbar von den Sonnenstrahlen
getroffen würden. Im Gebirge hat man nach den Soretschen Unter-
suchungen sogar öfter Gelegenheit, neutrale Punkte im Schattenraum
zu beobachten.
Nach den Untersuchungen von Tyndall und Lallemand, welch letzterer
die Polarisationsverhältnisse flüssiger trüber Medien einer eingehenden Be-
obachtung unterwarf'), sowie auch auf Grund eigener Untersuchungen
selangte Soret zu der Vorstellung, daß unter der Emwirkung von Licht-
strahlen die diffundierenden Massenteilchen selbst zum Mittelpunkte
Siehe darüber auch Beibl. d. Phys., 13 (1889), p. 312—314, F. d. Phys., 44 III (1888),
p- 394—306, Arch. sc. phys., 3. Ser., vol. 20, p. 429—471, Naturw. Rdsch., vol. 3, p. 188,
Journ. de phys., 3. Ser., vol. 8, p. 384. Einige der in dieser Arbeit veröffentlichten Re-
sultate über die Polarisationserscheinungen der Wolken wurden nach Soret bereits in
einer „Note relative aux gloires et couronnes antisolaires“ in den Archives de Geneve,
vol. XI (1884), p. 448, veröffentlicht.
') A. Lallemand, Recherches sur Villumination des corps transparents, Ann. Chim.
Phys., 4. Ser., vol. 22 (1871), p. 200234.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 167
schwingender Bewegungen werden, ähnlich denen schwingender Äther-
teilchen in einer Lichtwelle. Nehmen wir nun einmal mit Soret an,
ein solches Teilchen — das nach Lord Rayleigh außerordentlich klein
gegenüber der Wellenlänge des Lichtes sein muß — werde von einem
horizontalen Lichtstrahl, der in der Horizontalebene polarisiert ist, und
dessen Schwingungen wir uns demnach, gemäß der am Anfang der Über-
sicht fixierten Vorstellungsweise, vertikal verlaufend zu denken haben,
getroffen. Dann wird das Teilchen selbst diese Schwingungen annehmen
und Mittelpunkt einer sekundären Wellenbewegung werden. Längs allen
Geraden in der durch das schwingende Teilchen gelegten Horizontalebene
2%
Fig. 20.
finden die Ätherteilchen dann selbstverständlich vertikal statt, so daß
das diffundierte Licht in allen diesen Richtungen horizontal polarisiert
ist, ebenso wie das einfallende Licht. Wenn das diffundierende Teilchen
hinreichend klein ist, so daß an seiner Oberfläche keinerlei Spiegelreflexion
stattfindet, so wird die Intensität des diffundierten Lichtes nach allen
Richtungen seiner Ausbreitung dieselbe sein. Diesen Fall setzt Soret
bei seinen Untersuchungen gleichsam als Grenzfall voraus. Im der zur
Horizontalebene senkrechten Richtung kann natürlich von dem Teilchen
kein Licht ausgehen, da diese Richtung mit der Schwingungsriehtung
zusammenfällt. In allen übrigen in der Vertikalebene des Strahles liegenden
Richtungen ist die Intensität um so größer, je kleiner der Neigungswinkel «
oder die Abweichung von der Horizontalen OX (siehe Fig. 20) ist. Den
Betrag derselben erhält man, indem man die vertikalen Schwingungen in
168 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
zwei Komponenten zerlegt, von denen die eine in diese geneigte Richtung
fällt, die andere darauf senkrecht steht.
In beistehender Fig. 20 müssen wir uns das diffundierende Teilchen
in O liegend denken, während XO die Richtung des einfallenden Strahles
und AD die Amplitude der Schwingung, mit den Komponenten AD und
BD, bedeutet. Sieht man, wie es hier angenommen ist, in der Richtung
0'’O auf 0, so kann natürlich die in die Blickrichtung fallende Komponente
keine Wirkung auf das Auge ausüben, und es liefert daher die L 00’
stehende Komponente BD einen linear polarisierten Strahl diffusen Lichtes.
In gleicher Weise wird man die Schwingungen für irgendeine andere
Blickrichtung zerlegen können, so daß man stets einen total polarisierten
Strahl erhält, dessen Schwingungen in der diesen Strahl enthaltenden
Vertikalebene erfolgen. Die nämlichen Prinzipien finden Anwendung,
wenn die Richtung der Strahlen des einfallenden Lichtes und die Lage der
Polarisationsebene ganz beliebig angenommen werden. Ist dagegen das
einfallende Licht unpolarisiert, so muß man es in zwei aufeinander senkrecht
polarisierte Strahlen zerlegen und die Wirkung jedes der beiden getrennt
untersuchen.
In dieser Weise kann man dann, wie Soret zeigt, die atmosphärische
Polarisation in ihren Grundzügen und, soweit sie eine Wirkung der Dif-
fusion der ersten Ordnung ist, leicht erklären. Eine wichtige Folgerung
derartiger Betrachtungen besteht darin, daß im Gegensatz zur Spiegel-
reflexion die Diffusion unabhängig ist von der Ausbreitungsrichtung der
einfallenden Ätherwelle, vielmehr allein abhängig von der Richtung und
Amplitude der Ätherschwingungen. Diffundierende Teilchen werden dem-
nach längs einer bestimmten Visierlinie Licht von konstanter Intensität
und Polarisation aussenden, welches auch die Richtung des sie beleuchtenden
Strahlenbündels sein mag, wenn nur die Schwingungen des einfallenden
Lichtes parallel und von derselben Amplitude bleiben.
Hierzu gibt Soret die folgenden Beispiele:
1. Ein horizontales, in einer Horizontalebene polarisiertes Strahlenbündel,
von welchem Punkte des Horizonts auch immer es ausgehen mag,
erzeugt stets dieselbe Wirkung längs derselben, aber beliebig gewählten,
(esichtslinie.
2. Zwei entgegengesetzt gerichtete Lichtstrahlen, welche in der nämlichen
Ebene polarisiert sind, erzeugen bei der Diffusion beide denselben
Effekt. Ebenso auch zwei unpolarisierte Lichtstrahlen von entgegen-
gesetzter Richtung, da man sie beide in zwei senkrecht zueinander
polarisierte Strahlen zerlegen kann.
3. Setzen wir ein diffundierendes Teilchen voraus, welches aus allen
Richtungen einer Ebene, in der es liegt, senkrecht zu dieser Ebene
polarisiertes Licht empfängt, welches demnach gleichsam von einem
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 169
Ringe beleuchtet wird, in dessen Mittelpunkt es sich befindet, so wird
sich dies Teilchen bei seiner Diffusion genau so verhalten, wie wenn es
von einem natürlichen Lichtstrahl senkrecht zur Ebene des Ringes
beleuchtet wird.
Indem Soret nun dazu übergeht, eine Erklärung der Polarisation
zu geben, die man bei den im Schattenraum liegenden Luftmassen beob-
achtet, nimmt er zunächst an, der Beobachter befinde sich bei heiterem
Himmel in einer Ebene, wo die Hemisphäre des Himmels vollständig
sichtbar ist. Unmittelbar nach Sonnenuntergang sind die im Schattenraum
liegenden Luftschichten in der Nähe des Erdbodens nur durch das von
den höheren, noch direkt von den Sonnenstrahlen getroffenen Luftschichten
diffundierte Licht beleuchtet, und dieses Licht wird nun an den davon
getroffenen Teilchen zum zweiten Male diffundiert. Um die Polarisations-
wirkung dieses Lichtes handelt es sich hier.
Wir betrachten mit Soret zunächst die Wirkung des Lichtes, welches
von denjenigen Punkten des Firmaments ausgeht, die auf dem senkrecht zur
Richtung nach der Sonne stehenden größten Kreis liegen. Da die Sonne als
dicht unterm Horizont stehend gedacht ist, wäre dieser Kreis annähernd
vertikal. Da in jedem Punkte die Schwingungen als senkrecht zur Richtung
nach der Sonne vor sich gehend gedacht werden müssen, muß angenommen
werden, daß dieselben hier in der Ebene jenes größten Kreises liegen, im
übrigen aber in allen nur möglichen Richtungen erfolgen. Die des vom
Zenit kommenden Strahls sind horizontal, die des vom Horizont ausgehenden
vertikal, die übrigen unter allen möglichen, dazwischen liegenden Winkeln
geneigt. Nach dem dritten von Soret gegebenen Beispiel könnte die
Gesamtwirkung des vom größten Halbkreis ausgehenden Lichtes auf einen
bestimmten Punkt durch die Wirkung eines einzigen, von der Gegend des
Sonnenortes beziehungsweise des antisolaren Punktes herrührenden, natür-
lichen oder jedenfalls nicht merklich polarisierten Liechtstrahls ersetzt
werden. Ähnliche Betrachtungen gelten für die übrigen, zwischen O und
90° beziehungsweise zwischen 90 und 180° liegenden Punkte.
Nach diesen, mehr allgemeinen und vorbereitenden Erörterungen
unterwirft Soret das Problem dem mathematischen Kalkul, welchen er
dadurch zu erleichtern sucht, daß er zunächst eine vollkommen gasförmige
Atmosphäre voraussetzt, in der sehr feine und durchaus gleichmäßig ver-
teilte Körperchen vorhanden sind, und die Wirkung der Dilfusion auf ein
Teilchen berechnet, welches sich im Schatten eines sehr kleinen Schirmes
befinden und von allen übrigen Teilchen der kugelförmig gedachten Atmo-
sphäre diffundiertes Licht empfangen möge, ohne also direkt von der Sonne
beleuchtet zu sein. Da sich hernach kaum Gelegenheit finden wird, auf diese
äußerst wichtigen Rechnungen einzugehen, müssen wir es für angezeigt
halten, dieselben hier möglichst eingehend zu erörtern, wobei uns, wegen
170 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
der klaren, präzisen Formulierung und wegen der äußerst übersichtlichen
Gruppierung des Ganzen, eine möglichst enge Anlehnung an die Soretsche
Darstellungsweise am vorteilhaftesten zu sein scheint. Es sei nun, wie
Fig. 21 zeigt, das im Mittelpunkt der Kugel belegene Teilchen mit O
bezeichnet; es seien OX, OY und OZ die Achsen eines rechtwinkligen
Koordinatensystems, und es sei ferner OX die Richtung nach der Sonne, so
dab also die einfallenden Sonnenstrahlen parallel OX verlaufen. Wenn
nun OV eine beliebig herausgegriffene gerade Linie ist, die von O aus in
der Vertikalebene XOZ gezogen wird, so liegt auf dieser eine gewisse
Fig. 21.
Anzahl diffundierender Teilchen, welche alle direktes Sonnenlicht empfangen
und einen Teil davon nach © senden. Alles dieses nach O diffundierte
Lieht wird in der nämlichen Weise polarisiert sein. Man darf also alle
diese, mehr oder weniger zahlreichen Teilchen durch ein einziges oder
durch ein Schwingungszentrum ersetzen, das sich in der Einheit der Ent-
fernung von O befindet und mit einer Schwingungsintensität behaftet ist,
welche in O dieselbe Wirkung ausübt wie die Resultante aller auf OV
liegenden Teilchen. Wenn man dieselbe Annahme für alle übrigen von O
ausgehenden Richtungen macht, so gelangt man ohne weiteres zu der
Vorstellung, daß die gesamte Schwingungsmenge sich auf der Oberfläche
einer Kugel mit dem Mittelpunkt 0 und dem Radius 1 befindet.
Wenn nun das Teilchen m einen natürlichen Lichtstrahl Sm
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 171
parallel OX zugestrahlt bekommt, so läßt sich dieser in zwei linear
polarisierte Strahlen zerlegen, von denen der eine senkrecht zur XY-Ebene
polarisiert ist, mit Schwingungen parallel OY, das heißt also tangential
zu der Kugel, der andere in der XY-Ebene, mit dazu senkrechten
Schwingungen.
Der erste Strahl wird, da seine Schwingungen senkrecht zur XZ-Ebene
vor sich gehen, innerhalb dieser Ebene nach allen Richtungen gleich-
mäßig diffundiert, und es ist ohne weiteres klar, daß die Amplitude der
Schwingungen dieses Strahls unabhängig von dem, mit ® bezeichneten
Winkel zwischen VO und OX ist. Der konstante Wert dieser Amplitude
sei mit 7 bezeichnet. Es ist ohne weiteres ersichtlich, daß diese Komponente
in O Schwingungen längs der Y-Achse erzeugen wird.
Die zweite Komponente des in zwei linear polarisierte Strahlen zer-
legten Strahls Sm, deren Amplitude mp = ! ist, läßt sich zunächst in die
neuen Komponenten mg und mr zerlegen. Von diesen hat die in die Richtung
mO fallende Komponente mg keine Wirkung in O, ist also für die weitere
Betrachtung auszuschalten. Man muß sich nun mr weiter zerlegt denken
in die beiden der Z- und der X-Achse parallel laufenden Komponenten mn
und »n'). Da nun mp || OZ und mithn X Vmp = < VOZ ist, und da
<VOZ durch ® zu einem rechten Winkel ergänzt wird, so muß auch der,
I Vmp zu R ergänzende Winkel pmr = ® sein, und es gelten mithin
folgende Beziehungen:
mr = mp: C0S® — 1.C08S@;
mn = mr -sno —=1-sin® 608 ®;
m =Mmr Cosa —1:.cos?o.
Die in die Richtungen OY, OZ und OX fallenden Komponenten der
Schwingungsintensitäten sind also der Reihe nach:
7°, ? cos!’o und 7? sin’o cos? w.
Selbstverständlich ist es nun, daß unter den gemachten Voraus-
setzungen sowohl zwei einander auf der Kugeloberfläche gegenüberliegende
Teilchen, als auch zwei Teilchen, welche zur YZ-Ebene symmetrisch liegen,
die nämliche Wirkung in © ausüben, wenn man absieht von dem Intensitäts-
verluste, den das Licht auf seinem Durchgang durch die Atmosphäre erfährt.
Darauf geht Soret dazu über, die Wirkung der gesamten Kugel
auf das Teilchen O zu berechnen. Zu dem Ende zerlegt er die ganze
Kugelschale in eine sehr große Zahl (n) gleicher sphärischer Zwei-
ecke, durch Ebenen, welche die X-Achse als gemeinsame Kante haben.
') Es sind die Komponenten mn und rn in der Figur nicht gezeichnet; man muß
sich natürlich Sm über m hinauslaufend denken, bis zum Durchschnittspunkt (n) mit der
durch r parallel OZ gezogenen Geraden.
172 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
4
Darauf denkt er sich das, das Teilchen m enthaltende Zweieck durch
Schnitte parallel zur ZY-Ebene wiederum in Elemente vom Inhalte
2 a sino i i E
—. dw zerlest. Es wird dann das Element, in welchem m liegt,
n
in O eine Vibration in der Richtung der drei Achsen erzeugen, die man
erhält, wenn man die vorhin berechneten Intensitäten mit der Anzahl
der im Element vorhandenen diffundierenden Teilchen multipliziert. Istnun
‘« die Anzahl der Teilchen in der Flächeneimheit, so würde jenes Element
2rsin® 2 : a Em
ie do Teilchen enthalten, und es würden sich für die Intensitäten
in 0 folgende Werte ergeben:
a2 sine
längs der Y-Achse: dy = P- do;
A n
r a2 re sin®
längs: den Z Achse: de, Ic 0. do;
; n
n ; Auch ! a-2rsino
längs der X-Achse: di. — ?- sin’o . cos’o -- do,
n
Durch Integration zwischen den Grenzen ®—=0 und © = 180° er-
hält man nach Soret als Gesamtwirkung des m enthaltenden Zweiecks:
Aral?
2ı mo — Zen
n
‚.4ral
2, =5'7 5
5 n
= 2
A Aral
en zieh PS ET FREE
; n
und demnach das Verhältnis 2,:%,:%% = 15:3:2
Eine einfache Überlegung ergibt nun, daß die Wirkung aller übrigen
sphärischen Zweiecke dieselbe ist, nur mit dem, allerdings wohl zu be-
achtenden Unterschied, daß die längs OY und OZ verlaufenden Komponenten
bei jedem derselben durch zwei andere, gleich große, aber anders gerichtete,
ersetzt werden, indem die eine derselben in der Ebene des betreffenden
Schnittes, die andere senkrecht dazu verläuft. Dagegen behält die dritte,
in der Richtung der OX-Achse verlaufende Komponente diese Richtung
bei, welches der sphärischen Zweiecke man auch betrachten mag.
Wenn nun aber auch die beiden ersten Komponenten, je nach der Lage
des Zweiecks, in verschiedener Richtung verlaufen, so ist doch zu be-
achten, daß sie sämtlich in der ZY-Ebene liegen, und daher gelangt man
zu einem überraschend einfachen Resultat. Da dieselben nämlich bei der
Umdrehung des erstbetrachteten Zweiecks um 360° diese Drehung mit-
machen, so ist es klar, daß die Gesamtheit dieser Komponenten sich wie
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 73
zwei natürliche Liehtstrahlen verhält, die in der Richtung XO verlaufen.
Die Intensität des einen dieser Strahlen berechnet sich zu 4ır al?,
diejenige des anderen zu 4rral?-}. Ihre Gesamtintensität ist demnach
—4rral?-$. Diesen Strahl natürlichen Lichtes kann man nun auffassen
als die Wirkung zweier senkrecht zueinander polarisierter Strahlen, in
den Richtungen YO und ZO und von der gleichen Intensität = 4rra- 1? +2.
Die in die Richtung XO fallenden Komponenten sämtlicher Zwei-
ecke liefern in ihrer Gesamtintensität den Wert Z/=4rra:!?- 2, was
nur einem Neuntel der, demnach bedeutend überwiegenden, Intensität des
natürlichen Lichtes entspricht.
Das Ergebnis dieser Rechnung faßt Soret in folgende Worte zu-
sammen:
„Die Wirkung, welche das von der Kugel diffundierte Licht auf den
Punkt O oder auf irgendeinen anderen Punkt in dem, wenig ausgedehnt
vorausgesetzten Schattenraum ausübt, ist identisch mit der Wirkung,
welche ein Bündel natürlichen, von der Sonne herkommenden Lichtes und
ein viel schwächeres Strahlenbündel, das in der auf der Richtung nach
der Sonne senkrecht stehenden Ebene enthalten und polarisiert ist, haben
würden. Demnach würden sich, selbst unter den idealen Verhältnissen, die
wir vorausgesetzt haben, die Erscheinungen der Polarisation im Schatten-
raum annähernd so gestalten, wie wir sie beschrieben haben.
Eine andere, mit den beobachteten Tatsachen in Übereinstimmung
stehende Folgerung ist, immer unter Voraussetzung dieser idealen Be-
dingungen, dab man, wenn die ganze Atmosphärenmasse dem Sonnenlichte
ausgesetzt ist, in keiner Richtung eine vollständige Polarisation be-
obachtet, weil die zweite Diffusion stets einen gewissen Betrag natürlichen
Lichtes herbeiführt. Das Polarisationsmaximum zeigt sich immer dann,
wenn die Visierlinie senkrecht zur Richtung nach der Sonne liegt, aber
die der X-Achse parallele Komponente, deren Existenz wir erkannt haben,
neutralisiert zum geringen Teil die Wirkung der, der YZ-Ebene parallelen
Komponenten, welche von der ersten und zweiten Diffusion herrühren.“
Nun sind aber die Voraussetzungen, welche der Rechnung zugrunde
liegen, in der Natur nicht erfüllt, und es fragt sich daher, in welcher Weise
die Erscheinungen infolgedessen modifiziert werden.
Zunächst wirkt in der Natur nicht eine kugelförmige Atmosphäre
auf ein im Schattenraum liegendes Teilchen ein, sondern nur die überm
Horizont liegende sichtbare Hälfte. Aber wenn man sich den Gang der
Rechnung vergegenwärtigt, so sieht man, daß diese Abweichung von der
Wirklichkeit nur auf die Intensität des nach © gelangenden diffusen
Lichtes Einfluß haben kann, nicht aber auf die Richtung der Schwingungen.
Zweitens ist angenommen worden, daß ein Teilchen, welches von einem
polarisierten Lichtstrahl getroffen wird, das Licht innerhalb der Polari-
174 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
sationsebene der einfallenden Strahlen gleichmäßig nach allen Richtungen
diffundiert. Aber dies Gesetz, welches nach Soret vielleicht als Grenz-
fall, bei äußerster Feinheit der diffundierenden Partikelchen, anzusehen
wäre, gilt natürlich durchaus nieht für die Atmosphäre, was man schon
daraus erkennen kann, daß die Helliekeit des Himmels in der Umgebung
der Sonne sowie ihres Gegenpunktes größer als an anderen Stellen ist.
Soretmacht aber andererseits auch darauf aufmerksam, daß diese Abweichung
der Annahme von den tatsächlich bestehenden Verhältnissen die wesent-
lichsten Schlußfolgerungen nicht umstoßen kann, weil die Lichtverteilung
doch symmetrisch um die X-Achse liegt. Drittens ist stillschweigend
vorausgesetzt worden, daß die Intensität des Lichtes auf seinem Weg
z|
a
Fig. 22.
durch die Atmosphäre nicht geschwächt wird, so daß also die der Sonne
gegenüber liegende Hälfte des Himmels die nämliche Wirkung habe wie
die andere. Das ist aber auch nicht der Fall. Da indessen die Verteilung
der Helligkeit trotzdem symmetrisch zur X-Achse bleibt, so schließt Soret,
daß auch durch diese Abweichung von der Voraussetzung das Endergebnis
nicht wesentlich modifiziert werden kann.
Von größerer Bedeutung ist aber folgende Abweichung von der Vor-
aussetzung: Der, der Erdoberfläche unmittelbar aufliegende Schattenraum
hat keine Halbkugel über sich, sondern nur ein kleines Kugelsegment,
und es sind daher die von O nach verschiedenen Richtungen ziehbaren
Radienvektoren, wie die Figur 22 zeigt, von verschiedener Länge. Daher
darf man nicht die auf diesen Radien liegende Zahl (a) diffundierender
Teilchen als konstant annehmen. Man darf es um so weniger, als die
diffundierenden Teilchen in den unteren Schichten der Atmosphäre, in
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 175
denen die RKadienvektoren die größte Länge haben, viel zahlreicher sind
als in den oberen Luftschiehten. Infolgedessen muß man erwarten, daß
der nach O0 hin gelangende Teil des Lichtes sich vom Zenit bis zum
Horizont hin allmählich vermehrt.
Nun ist es allerdings ganz unmöglich, die Wirkung dieser Intensitäts-
abnahme durch Rechnung genau zu ermitteln ; jedoch meint Soret, dieselbe
annähernd beurteilen zu können, indem er die weitere Annahme macht,
dab sich die Gesamtwirkung der Diffusion aus der bereits ermittelten
Wirkung der Halbkugel und aus der Wirkung eines in der Ebene des
Horizontes liegenden Ringes ditfundierender Teilchen zusammensetzt.
Unter der Voraussetzung, daß die Sonnenstrahlen horizontal ein-
fallen, berechnet er nun die Wirkung dieses Ringes in folgender Weise:
Bezeichnet man mit ® den Winkel, welchen die X-Achse mit dem Radius-
vektor bildet, der einen Punkt des Ringes mit dem Zentrum © verbindet,
so läßt sich, wenn b eine Konstante darstellt, die Oberfläche des Ringes
in lauter gleiche Elemente mit dem Inhalt bdw zerlegen. Die Ringebene
muß man sich dabei, im Anschluß an die Figur 22, als mit der XY-Ebene
zusammenfallend denken. Es ergeben sich dann für O, von einem einzelnen
Ringelement herrührend, nach der Richtung der drei Achsen folgende
Intensitätskomponenten:
nach der Y-Achse: di’„— bl? cos'o do;
nach der Z-Achse: di’, = bl’ do;
nach der X-Achse: di’ = bl? sin?» cos’o do,
Integriert man nun zwischen den Grenzen & = (0) und ® —= 360°, so er-
hält man als Wirkung des ganzen Ringes folgende Intensitätskomponenten:
re
0 Del,
ob.
am
.
Demnach ergibt die Rechnung ein bedeutendes Überwiegen der vertikalen
Schwingungen. Diese Ringwirkung auf einen im Schattenraum liegenden
Punkt O0 muß nun der oben berechneten Wirkung der Halbkugel hinzu-
gefügt werden, und man kann sich leicht Rechenschaft geben von der
Gesamtwirkung bei der Beobachtung von dem Horizont nahe liegenden
Punkten.
Richtet man beispielsweise das Polariskop auf einen am Horizont
liegenden, um 90° von der Sonne entfernten Punkt, so erhält man dort, sowohl
infolge der Wirkung der Halbkugel, als auch infolge der des Ringes,
das Maximum der Polarisation mit horizontaler Lage der Polarisationsebene,
da die vertikalen Schwingungen überwiegen. Ist dagegen die Gesichtslinie
176 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
parallel der X-Achse, so gibt zwar die Wirkung der Halbkugel nur natürliches,
aber der Ring horizontal polarisiertes Licht, da die Komponente 2’. keine
Wirkung ausübt, und die Komponenten 7’; und z’, bedeutend überwiegen.
Dies ist in bester Übereinstimmung mit den Tatsachen, da man
unmittelbar nach Sonnenuntergang überall am Horizont Lieht vorfindet,
welches in der Horizontalebene polarisiert ist. Und die weitere Aus-
spinnung dieser Überlegungen führt nun in kurzen Schritten zum Ver-
ständnis der Existenz der neutralen Punkte. Man hat nur, wie Soret
kurz ausführt, nötig, sich darüber Rechenschaft zu geben, daß, soweit
der Sonnenvertikal in Betracht kommt, im Zenit eine vertikale Polari-
sationsebene vorhanden ist, und daß die Größe der vertikalen Polarisation
mehr und mehr abnimmt, je weiter man sich dem Horizont nähert. Es
erscheint dann ohne weiteres klar, daß eine Stelle existieren muß,
wo die beiden, zueinander senkrechten Schwingungskomponenten gleich
sroß sind und sich mithin zu natürlichem Licht neutralisieren. Aller-
dings ist dabei zu bedenken, daß diese ganze Betrachtungsweise zunächst
nur zu den neutralen Punkten von Arago und Babinet führen würde,
weil die Annahme gemacht war, daß die Sonne im Horizont steht, und
weil selbstverständlich der, unterhalb der Sonne vorhandene, Brewstersche
Punkt nur bei einem Stande der Sonne überm Horizont in die Er-
scheinung treten kann. ‚Jedoch weist Soret darauf hin, daß auch für diesen
Punkt im wesentlichen die nämlichen Überlegungen gelten, indem die Ab-
weichung der Sonnenstrahlen von der Horizontalen wohl den Größen-
betrag der Intensitätsbeziehungen der Komponenten ein wenig modifizieren
kann, keineswegs aber den Sinn derselben.
So haben wir hier vor uns eine glänzende, ja man kann wohl
sagen, die glänzendste Bestätigung dafür, daß sich die Polarisations-
erscheinungen unserer Atmosphäre in allererster Linie wie die eines
trüben Mediums im Sinne Lord Rayleighs verhalten, wobei wir noch
besonders darauf hinweisen möchten, daß Soret in der soeben be-
sprochenen Arbeit auch die Ansicht vertritt, daß sich die oben behan-
delten, von Beequerel gefundenen größeren Abweichungen der an ver-
schiedenen Himmelspunkten vorhandenen Polarisationsebene von der
Sonnenebene durch die von ihm entwickelte Theorie werden erklären
lassen, sofern man nur die größere Atmosphärendicke bei den dem Hori-
zont näheren Radienvektoren berücksichtigt. Sicherlich ist aber damit
noch nicht das letzte Wort gesprochen, und man darf ja nicht vergessen,
daß es sich hier nur um die Erscheinungen in ihren Grundzügen, in
ihrem typischen Verhalten, handelte. Sicherlich werden — wir denken
hier namentlich an die neutralen Punkte — die Theorien verschiedener
anderer Forscher, so vor allem die Lallemandsche und ebenfalls die-
jenigen, welche auch der Brechung des Lichtes eine größere Rolle zuschreiben,
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 177
durchaus ernst zw prüfen sein, was aber erstin dem besonderen Abschnitt
über neutrale Punkte geschehen kann. Dort werden wir auch versuchen, die
den charakteristischen Gang der neutralen Punkte bestimmenden Faktoren
kennen zu lernen, und wir werden sehen, wie eine kürzlich von Chr. Jensen
gemachte Entdeckung, nach welcher die Abstände der neutralen Punkte
von Sonne beziehungsweise antisolarem Punkt auch in offenbar als normal
zu betrachtenden Zeiten eine, zum Teil nieht unbeträchtliche Abhäneiekeit
von der Wellenlänge der ins Auge des Beobachters gelangenden Strahlen
aufweisen, neues Licht auf die Theorie der atmosphärischen Polarisations-
erscheinungen zu werfen scheint. Wir wollen hier nicht auf diese Dinge
eingehen und wollen nur noch kurz, und zwar unter besonderem Hinweis
auf die diesbezüglichen, von Govi, Rubenson und Tyndall angestellten
Laboratoriumsversuche, darauf aufmerksam machen, daß das Vorhandensein
zahlreicher gröberer Partikelchen das Phänomen stark beeinflussen muß, und
dab offenbar auch die Reflexion der Sonnenstrahlen an der Erdoberfläche ')
wesentlich modifizierend wird einwirken können. Daß diesen Faktoren
Rechnung zu tragen ist, wußte Soret auch wohl. und er hat auch darauf
hingewiesen, daß offenbar sehr nahe Beziehungen bestehen zwischen der
Höhe dieser Punkte und dem Verhältnis der im Zenit und am Horizont
zu beobachtenden Helliekeiten.
Diese Untersuchungen wurden im Jahre 1896 von Hurion?) wieder
aufgenommen und weiter fortgeführt. Während Soret bei der Berechnung
der Wirkung des von allen Teilen einer Kugel nach dem Mittelpunkte
derselben geworfenen Lichtes nur das zum zweiten Male. ditfundierte
Licht berücksichtigte, nahm Hurion auch das direkt diffundierte Licht in
seine Formeln auf und ermittelte die Intensität des gesamten von O°) aus-
gehenden Lichtes. ‚Ja, er dehnte seine Untersuchungen, auf welche wir
allerdings hier, nachdem wir die von Soret eeschaffenen Grundlagen
kennen gelernt haben, nicht näher eingehen können, auf die Bestimmung
eines in beliebig gewählter Richtung von © ausgehenden Lichtstrahls
aus. Die sich aus der Rechnung ergebenden Resultate wurden dann einer
eingehenden experimentellen Prüfung unterworfen. Zu dem Ende rief
Hurion in einem mit Wasser gefüllten, kuzelförmigen Ballon durch eine
alkoholische Seifenlösung eine Trübung hervor, ließ darauf ein zylindrisches
Liehtbündel fallen und stellte mittels eines Cornuschen Photopolarimeters
') J. L. Soret, Influence des surfaces d’eau sur la polarisation atmospherique et
observations de deux points neutres ä droite et A gauche du soleil, ©. R.. vol. 107 (1888),
p- 567— 870. Siehe darüber auch Met. Zs. 6 (1889), p. [22]—|23], Naturw. Rdsch. 4 (1889),
pP. 64, Wied. Beibl. 13 (1889), p. 314—315, und Arch. seiene. phys., 3. Ser., vol. 21, p. 456.
?) A. Hurion, Sur la polarisation de la Jumiere diffusee par les milieux troubles.
Applieation & la polarisation atmospherique. Ann. Uhim. Phys., 7. Ser., vol. 7 (1896),
p. 456—495. Siehe auch F. d. Phys., 52 II (1896), p. 89—90.
®) Siehe Fig. 21.
178 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
in verschiedenen, genau zu ermittelnden Richtungen den Betrag des
polarisierten Lichtanteils fest, wobei sich eine überraschende Überein-
stimmung zwischen den beobachteten und den berechneten Werten heraus-
stellte. Ganz besonders interessant waren übrigens die Ergebnisse,
welche er bei der Untersuchung des Lichtes erzielte, das von einer
diffundierenden Kreisfläche ausgeht, und welche ihn zu einer Formel
führten, die deutlich das Auftreten eines neutralen Punktes erkennen ließ.
Auch in dieser Beziehung ergab sich eine recht befriedigende Überein-
stimmung zwischen Theorie und Experiment, was daraus hervorgeht, dab
Hurion bei einem Versuche mit Seifenlösung einen neutralen Winkel von
55° fand, während aus der Rechnung ein Wert von 53° 40’ hervoreing.
Die Versuchsanordnung war in diesem Fall so getroffen, daß das primäre
Lieht durch einen engen, drehbaren Spalt in das trübe Medium eintrat,
so daß nur eine dünne Schicht desselben erleuchtet wurde, welcher man
jede beliebige Lage zum Polarimeter geben konnte. Besonders bemerkens-
wert ist es schließlich, daß sowohl Theorie, als auch Experiment eine
Drehung der Polarisationsebene in dem Sinne erkennen ließ, daß sich
die Polarisationsebene der Ebene des diffundierenden Kreises zu nähern
strebt, wobei zu erwähnen ist, daß sich auch hier quantitativ eine recht
gute Übereinstimmung ergab.
Wegen der großen Übereinstimmung mit den Erschemungen der atmo-
sphärischen Polarisation, welche die bisherigen Ergebnisse auf den ersten
Blick hervortreten lassen — wir erinnern an die partielle Polarisation,
an die neutralen Punkte und an die im gleichen Sinne liegende Drehung
der Polarisationsebene —, mußte es für Hurion naheliegen, nun diese
Polarisationsverhältnisse in den Kreis seiner weiteren Betrachtungen zu
ziehen. So stellte er zunächst fest, daß die Polarisation im Sonnen-
vertikal recht gut der für die XY-Ebene abgeleiteten Formel entsprach,
worauf wir bei späterer Gelegenheit zurückzukommen gedenken. Und
auch die bei früherer Gelegenheit mitgeteilten Beobachtungen über die
Abweichung der Polarisationsebene von der durch Visierlinie und Sonnen-
mittelpunkt gegebenen Ebene stimmten auffallend überein mit den Zahlen
für die Abweichung der Polarisationsebene bei Beobachtung eines Kreises
diffundierender Teilchen.
Um nun auch die Ergebnisse der bezüglich der Atmosphäre ge-
wonnenen Beobachtungen theoretisch zu begründen, behandelte Hurion
schließlich auch das allgemeine Problem der Ditfusionswirkung der Atmo-
sphäre auf ein beliebiges, dem Erdboden nahe gelegenes Teilchen, und
bei beliebigem Stande der Sonne für den der Wirklichkeit nahekommenden
Fall, daß die Diehte der diffundierenden Teilchen nach der Erdoberfläche
hin allmählich zunimmt. Es ist dabei besonders interessant, daß die
Rechnungen zu einer Übereinstimmung mit dem von Soret für den speziellen
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 179
Fall gewonnenen Ergebnis führten, daß die Sonne im Horizont steht. Selbst-
verständlich sind, wie Hurion auch bemerkt, die tatsächlich in der Natur
vorkommenden Verhältnisse verwickelter, als die Theorie sie voraussetzt,
und so weist Hurion vor allem auch darauf hin, daß das von dem nach
der Sonne hin gelerenen Teil des Himmels diffundierte Licht intensiver
ist als das vom entgegengesetzten Teile diffundierte. Und ebenso wird
das ganze Phänomen offenbar von mehreren anderen, bei der Be-
handlung der Soretschen Arbeit erwähnten Faktoren mehr oder weniger
stark modifiziert. Aber wenn man wirklich unvoreingenommen Theorie
und Wirklichkeit miteinander vergleicht, wenn man bedenkt, daß Hurion
die Voraussetzungen Sorets zu den seinigen machte, und daß letzterer durch-
aus auf dem Boden Lord Rayleighs stand, und wenn man sich endlich
an die Pernterschen Untersuchungen und an die verschiedenen Analysen
vom Spektrum des Himmelslichtes erinnert, so muß man zugeben, daß
sich nach dem heutigen Stande unseres Wissens die Atmosphäre in aller-
erster Linie wie ein mehr oder weniger stark verunreinigtes trübes Medium
verhält, und daß sich, worauf es hier vor allem ankommt, die Polarisations-
phänomene derselben in erster Linie wie Phänomene eines trüben Mediums
im Sinne Lord Rayleighs verhalten.
Der Theorie von Clausius, soweit sie die optischen Phänomene
unserer Atmosphäre zu erklären bemüht war, ist schon längst der Boden
entzogen, wenn man auch überlange krampfhaft bemüht gewesen ist,
jedenfalls die Theorie der Existenz von Nebelbläschen aufrecht zu erhalten.
Aber heute ist die Sachlage so, daß man auch diese Ansicht unter
allen Umständen fallen lassen muß. Einmal liegen direkte Messungen von
Dines') und Aßmann?) vor, welche beide die Nebelkörper als feste Tröpfehen
direkt beobachtet und der Messung unterzogen haben. Und zum andern
ging auch indirekt aus den Kieblingschen Diffraktionsuntersuchungen
klar hervor, daß die Nebelpartikelchen, mit denen er experimentierte,
massiv waren?) Kießling erniedrigte nämlich bei seinen Versuchen über
die sich in einem Glasballon niederschlagenden Nebel den Druck ganz
plötzlich von einer Atmosphäre auf 120 bis SO mm. Wären nun die
Nebelkörperchen hohl gewesen, so hätten sie bei dieser plötzlichen Druck-
') Dines, Symons’ Met. Mae., 1880, p. 190.
?) Aßmann, Mikroskopische Beobachtungen der Wolkenelemente auf dem Brocken,
Met. Zs., 2 (1885), p.41—47. Siehe auch J. Hann, Lehrbuch der Meteorologie, 2. Auflage
(1906), p. 191—193.
3) Kießling, Über den Einfluß künstlich erzeugter Nebel auf direktes Sonnenlicht,
Met. Zs.1 (1884), p. 117— 126. Die Theorie der Existenz von Nebelbläschen, an der man aller-
dings, wie schon erst erwähnt, im allgemeinen auffällig zähe festgehalten hat, wurde übrigens
schon 1871 von Kober bekämpft. Siehe dazu Kober, Über die angeblichen Dunstbläschen in
der Atmosphäre, Poggend. Ann., Bd. 144, p. 395—427; siehe auch F. d. Phys., Bd. 27.
p. 206—207 und F. d. Phys., Bd. 28, p. 798—799.
12*
150 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
verminderung eine Ausdehnung erfahren, und dieses wiederum hätte
durch eine Änderung der Größe der Ringdurchmesser bei den Beugungs-
bildern in die Erscheinung treten müssen, wovon aber nichts zu kon-
statieren war. So wäre denn heute schon allein dadurch, daß die Nicht-
existenz der Faktoren, mit denen Clausius bei seiner Theorie der. atmo-
sphärischen Lichterscheinungen rechnete, erwiesen ist, dieser Theorie
jeder Boden entzogen. Aber wenn man selbst die Nebelbläschen als
Rechenfaktoren zuließe, so bliebe die vielfach beobachtete, starke
Sättigung der blauen Himmelsfarbe, wie dies unter andern Pernter zeigte,
unerklärt, und es blieben vor allem die Polarisationsphänomene unver-
ständlich. Wir sahen aber auch schon, daß bereits Clausius selber zu-
gegeben hat, daß alle seine gegen Brücke ins Feld geführten Gegen-
eründe hinfällig würden, wenn es sich herausstellen sollte, daß sehr
kleine Partikelchen, wie sie in trüben Medien vorkämen, nicht mehr den
gewöhnlichen Reflexions- und Brechungsgesetzen unterworten sind. Die
glänzenden Tyndallschen Untersuchungen der Polarisationsverhältnisse
führten dann, wie wir sahen, einen gehörigen Schritt weiter; jedoch führten
sie noch nicht zum Ziele. Die grundlegenden Rayleighschen Untersuchungen
gaben die nötige Auskunft über die Ursache der wesentlichsten Erscheinungen
bei den künstlichen trüben Medien und speziell bei den Tyndallschen Ex-
perimenten und rückten die charakteristischen optischen Erschemungen
der Atmosphäre, und zwar im besonderen die der Polarisation, dem
Verständnis näher. Nun fehlte aber noch der Schlußstein. Es mußte
genauer untersucht werden, wieweit der Luftkreis den Forderungen der
Theorie entsprach, und wieweit sich allgemein die tatsächlich beobachteten
Erscheinungen den nach der Theorie zu erwartenden anschließen.
Ihren Endpunkt haben die hierauf gerichteten Bestrebungen auch
heute noch nicht erreicht; jedoch dürfen wir uns doch wohl der Hoffnung
hingeben, daß die, meist nur m großen Zügen gegebene Darstellung der
von den verschiedensten Forschern zur Prüfung dieses Sachverhalts
vorgenommenen Untersuchungen hinlänglich dargetan hat, daß unsere
Atmosphäre sich hinsichtlich ihrer hier wesentlich in Betracht kom-
menden optischen Erscheinungen in allererster Linie wie ein trübes Medium
im Sinne Lord Rayleiehs verhält. - Aber dies darf uns anderseits
keineswegs blind dagegen machen, daß daneben auch noch andere
Faktoren mehr oder weniger stark ins Spiel treten, welche das Gesamt-
resultat beeinflussen. So spielen wohl vor allem, wie in eklatanter Weise
namentlich durch Lommels!) Untersuchungen über die Dämmerungs-
1) E. Lommel, Theorie der Dämmerungsfarben, Abhandl. d. bayr. Akad., 1911 (1897),
p. 1—60; siehe auch Beibl. d. Phys. (1898), p. 568—569. Die Grundzüge dieser Theorie
wurden schon lange vorher von L. veröffentlicht, wobei auf seine theoretischen und
experimentellen Untersuchungen kreisrunder Öffnungen und Schirmehen sowie geradlinig
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 181
erscheinungen zutage zetreten sein dürfte, gröbere Partikeln eine durch-
aus nicht zu vernachlässigende Rolle. HKbenso muß die Reflexion am
Erdboden, wie Connel, Kimball und Nichols gezeigt haben, wohl berück-
sichtigt werden. Auch hat die, mit besonderem Nachdruck von Spring
ins Feld geführte, Absorption durch eine oder mehrere Bestandteile
der Luft bis zu einem gewissen Grade sicher ihre Berechtigung, und
ebenso ist es aus verschiedenen älteren und neueren Untersuchungen wahr-
scheinlich geworden, daß die Fluoreszenz ein wohl ins Gewicht fallender
Faktor ist. Und was nun die Hagenbachsche Theorie von der Reflexion
an verschieden dichten Luftschichten betrifft, so hat wohl Pernter in klarer
Weise gezeigt, daß sie, weil sich daraus nur eine umgekehrte quadratische
Abhängigkeit von der Wellenlänge ergibt, bei weitem nicht hinreicht,
um das vielfach beobachtete, starke Überwiegen der blauen Strahlen im
diffusen Himmelslichte zu erklären, und daß sich auch auf dem Boden
dieser Theorie große, ja unüberbrückbar erscheinende, Schwierigkeiten
bezüglich der Polarisationsverhältnisse ergeben; aber immerhin mag auch
diese Art der Reflexion, worauf ganz neuerdings Wundt!) hingewiesen
hat, eine gewisse Rolle bei den Phänomenen spielen, und es dürfte
schließlich, wenn wir, ganz abgesehen von subjektiven Einflüssen, die
Gesamtwirkung aller etwa in Betracht kommenden Faktoren ins Auge
fassen, allerlei Richtiges in der von Wundt geäußerten Ansicht liegen,
daß sich unsere Atmosphäre wie ein trübes Medium verhält”), und zwar
begrenzter Schirme verwiesen sei (siehe F. d. Phys., 40 II, p. 142--145, F. d. Phys., 42 II,
p. 109—111, und Beibl. d. Phys., Bd. 11 [1887], p. 42—46).
" Wundt, Über die Berechnung der Solarkonstante, Met. Zs. 1907, p. 261—269.
?) Es sei an dieser Stelle aufmerksam gemacht auf die von N. Umow (Phys. Zs.,
Jahre. 6, p. 674—676) mittels des Savartschen Polariskops über die „Uhromatische Depolari-
sation durch Lichtzerstreuung“ angestellten Versuche sowie über die von Umow besprochenen
Untersuchungen von Provostaye und P. Desains (M&moire sur la diffusion de la chaleur,
Ann. Chim. Phys., 3. Ser., vol. 34, und zwar p. 220 u. ff.), welche bereits auf eine aus-
wählende Depolarisation durch Zerstreuung des einfallenden polarisierten Lichtes deuteten.
Nach diesen Untersuchungen verhalten sich gewisse Körper gegenüber gewissen Strahlen-
gattungen wie ein weißer Körper und depolarisieren das einfallende polarisierte Licht,
wogegen sie sich gegenüber anderen Wellenlängen wie ein schwarzer Körper verhalten
und daher das auffallende polarisierte Licht nicht depolarisieren. Es läge nun vielleicht
der Gedanke nahe, daß diese chromatische Depolarisation eine gewisse Rolle spielen könnte
hinsichtlich der Polarisationserscheinungen in den verschiedenen Farben, wie sie bezüglich
der Polarisationsgröße von Piltschikoff, Pernter und Nichols und bezüglich der neutralen
Punkte von Cornu und von Jensen konstatiert wurden. Jedoch können wir einstweilen
kaum glauben, daß sie in nennenswerter Weise zur Erklärung der in Frage stehenden
Erscheinungen herangezogen werden kann, wobei wir darauf aufmerksam machen möchten,
dab gerade Ruß, welcher sicherlich stark in Frage kommen dürfte, wenn man an die
gröberen störenden Partikelchen in den unteren Schichten der Atmosphäre denkt, sich
nach diesen Untersuchungen Umows für alle in Frage kommenden Wellenlängen wie
ein schwarzer Körper verhält.
182 Friedr. Busch und Uhr. Jensen.
für die oberen Luftschichten mit größerer Anlehnung an die Phänomene
eines idealen trüben Mediums, für die tieferen mit zunehmend größerer
Anlehnung an die Phänomene gewöhnlicher Reflexion. Und dem möchten
wir hinzufügen, daß auch Brechungsvorgänge bei den optischen Phänomenen
unserer Atmosphäre in Frage kommen, ja daß denselben sicherlich unter
gewissen Umständen eine nicht ganz unbedeutende Rolle zufällt. In einer
besonders ausführlich beabsichtigten Besprechung aller sich auf die neutralen
Punkte beziehenden Verhältnisse, der wir uns nunmehr zuwenden wollen,
werden wir versuchen, diese Anschauung näher zu begründen.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 3
>
Zweiter Abschnitt.
Die neutralen Punkte.
Nachdem wir, unter möglichst gründlicher Berücksichtigung der
einschlägigen Literatur‘), einen Überblick über sämtliche wesentlich in
Betracht kommenden Erscheinungen auf dem Gebiete der atmosphärischen
Polarisation gegeben haben, wenden wir uns nunmehr einer eingehenderen
Behandlung der sogenannten neutralen Punkte zu, deren Natur und wesent-
lichste Eigenschaften unseren Lesern schon aus der Einleitung und der
allgemeinen Übersicht bekannt sind. Wir werden dabei zuerst die durch
die Beobachtung ermittelten Tatsachen zusammenstellen, dann die zur
Erklärung dieser Punkte oder Stellen ohne Polarisation aufgestellten
Theorien besprechen und versuchen, diese an der Hand der Tatsachen
zu prüfen, vielleicht auch etwas zu erweitern, und schließlich eine Anleitung
zur systematischen Beobachtung der bezeichneten Punkte geben.
I. Die Ergebnisse der Beobachtung.
Wie wir gesehen haben, entdeckte bereits Arago eine Stelle im
Sonnenvertikal des heiteren Himmels, die unpolarisiertes Licht in das Auge
des Beobachters sendet; sie wurde später kurz als der neutrale Punkt
von Arago bezeichnet. Es ist ganz natürlich, daß der Entdecker dieser
Stelle seine besondere Aufmerksamkeit zuwandte, dab er namentlich die
Änderung ihrer Lage zum Horizont zu ermitteln suchte. Er stellte denn
auch fest, daß die Höhe dieses Punktes über dem Horizont abhängig sei
von dem Stande der Sonne sowie auch vom meteorologischen Zustande
der Atmosphäre, und daß er abends etwa 20° bis 30° über dem anti-
solaren Punkte deutlich sichtbar werde, sobald der Wert für die Sonnenhöhe
bis auf einen gewissen Betrag gesunken sei. Leider hat Arago in seinen
Schriften nur eine einzige zusammenhängende Beobachtungsreihe, die sich auf
diesen Punkt bezieht, mitgeteilt; aber diese, die am Abend des 18. April 1815
') Auf vereinzelte einschlägige Arbeiten, welche bei der allgemeinen Übersicht nicht
berücksichtigt wurden, wird noch an geeigneter Stelle aufmerksam gemacht werden.
Q Friedr. Busch und Chr. Jensen.
1
in Paris abgeleitet wurde, ist wichtig genug, um hier wiedergegeben zu
werden‘). Wir haben, um Aragos Angaben auf den antisolaren Punkt
beziehen zu können, die den Beobachtungszeiten entsprechenden Sonnen-
höhen berechnet und diese sowohl wie auch die zugehörigen Abstände
vom Gegenpunkte der Sonne beigefügt?)
Tabelle 1.
Aragos Beobachtungen des Aragoschen Punktes
vom 18. April 1815.
Abstand des neutralen
Mittlere Zeit Höhe des neutralen Hoherder Sonne Pünktesfyom
(Paris) Punktes ' antisolaren Punkt
| |
DT mes | 8.6° | 26.4°
BSR Lee 18.9 71.9 | 26.8
SIRNTLEN EINS 19.8 | 1.4 | DD
N Ar ee 22.3 | 6.0 | 28.3
LONEE Be RER ri 2027 5.3 | 26.0
BO 2 3-0 | 26:2
AN ER, 25.2 1: | 26.5
NEON SER DA | 0.5 | 25.2
N NR — 0.6 21.42
Die Zahlen der letzten Spalte sind in doppelter Hinsicht sehr
bemerkenswert; denn erstens zeigen sie deutlich die erst viel später
erkannte Wanderung dieses Punktes vor Untergang der Sonne — ein
Abrücken vom antisolaren Punkte und eine darauf folgende Annäherung
an denselben —, und zweitens lassen sie, wenn man ihre Größe mit den
von späteren Beobachtern, insbesondere von Brewster und Busch, in
normalen Zeiten ermittelten Werten vergleicht, mit großer Wahrscheim-
lichkeit den Schluß zu, daß im Jahre 1815 eine Störung der atmosphärischen
Polarisation bestanden hat”). Wir kommen auf diesen Punkt noch zurück.
Recht umfangreiche Beobachtungen über die Höhe des Aragoschen
neutralen Punktes teilte im Jahre 1837 G. Ad. Klöden, der spätere nam-
') Euvres compl., Bd. X, p. 552.
:) Die dazu notwendigen Ephemeriden verdanken wir der Freundlichkeit des Direktors
der Sternwarte in Bonn, des Herrn Prof. Dr. Küstner.
°») Man wird diese Störung nicht mit dem von Kießling (Untersuchungen über
Dämmerungserscheinungen, S. 29) angeführten Ausbruch des Tambora auf der Insel
Sumbava, der hinsichtlich der Menge der Auswurfstoffe den des Krakatau übertroffen
haben soll, in Zusammenhang bringen dürfen, da er gerade im April stattfand.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 185
hafte Geograph, in seiner Inauguraldissertation mit. Wir haben 8. 42
auf diese Schrift schon hingewiesen. Aber Klöden machte nicht allein
die Lage dieses Punktes sowie den Ort der maximalen Polarisation zum
(Gegenstande seiner Untersuchung, sondern, was von besonderer Wichtigkeit
ist, auch den Ort derjenigen im Sonnenvertikal liegenden Stellen, in denen
über und unter der Sonne die letzten Spuren der Polarisation beobachtet
werden konnten. Wir müssen an dieser Stelle auf die wichtige, aber von allen
ausländischen Forschern auf dem Gebiete der atmosphärischen Polarisation
übersehene Arbeit von Klöden, soweit sie nicht die Bestimmung des Ortes
der maximalen Polarisation betrifft, etwas näher eingehen. Diese er-
schien im Herbste 1837. In welchem Jahre die Beobachtungen angestellt
sind, gibt Klöden nicht an; da aber die Promotion am 11. September 1837
stattfand, und der letzte Beobachtungstag, über den er berichtet, der
6. Juli 1837 war, so fielen die Beobachtungen wohl in den Sommer des-
selben ‚Jahres, möglicherweise aber auch in den Sommer 1836. Der
Beobachtungsort scheint Berlin gewesen zu sein. Klöden benutzte zu
seinen Beobachtungen ein Polariskop, welches aus einer senkrecht zur
optischen Achse geschnittenen Kalkspatplatte und einem Nicolschen Prisma
als Analysator bestand. Dieses Instrument war parallel der Achse auf
einem Fernrohr, mit welchem bequem die Sonnenhöhen abgelesen werden
konnten, so befestigt, daß der Hauptschnitt des Prismas horizontal lag.
Wenn man nun durch das Polariskop nach einem Punkte des Sonnen-
vertikals in größerer Entfernung von der Sonne blickte, so erschien im
(esichtsfelde das bekannte schwarze Kreuz der chromatischen Polarisation,
während im Gebiete der negativen Polarisation, also unterhalb des Arago-
schen Punktes, das weiße Kreuz auftrat.
Die Messung der Höhe des Aragoschen Punktes (conversionis puncti)
wurde in der Weise vorgenommen, dab im Sonnenvertikal die Höhe der-
jenigen beiden Punkte bestimmt wurde, in denen oberhalb des neutralen
Punktes das schwarze und unterhalb desselben das weiße Kreuz verschwand.
Das arithmetische Mittel dieser beiden Werte durfte dann als die gesuchte
Höhe angesehen werden.
Die neutralen Punkte von Babinet und Brewster waren damals noch
nicht bekannt, und Klöden konnte sie daher noch nicht messend ver-
folgen. Aber indem er auch die Stelle bestimmte, an der über und unter
_ der Sonne die letzten Spuren des schwarzen Kreuzes verschwanden, erhielt
er Zahlen, aus denen nachträglich einige Schlüsse über die Lage und das
Verhalten dieser Punkte gezogen werden können.
Wir teilen hier die am 21. Juni und 1. Juli des Beobachtungsjahres
abgeleiteten Zahlenreihen mit, da an diesen Tagen der Himmel besonders
klar gewesen zu sein scheint. Klöden bezeichnet den Zustand des
Himmels am 21. Juni mit „coeruleus purus“, am 1. Juli mit „serenus“,
1856 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
ohne Einschränkung. In die dritte und fünfte Spalte sind die Abstände
des Aragoschen Punktes vom Gegenpunkte der Sonne aufgenommen, in
die siebente und neunte die Abstände der letzten Spuren des schwarzen
Kreuzes von der Sonne.
Tabelle Il.
Beobachtungen von Klöden.
Aragos Punkt Letzte Spur der Polarisation über @)
Höhe der y Abstand vom _ [Abstand vom B | Abstand i | Abstand
Sonne nz | ne Aue ne Ep Iv.d. ©) Höhe 'v.d. @
21. Juni 1. Juli 21. Juni 1. Juli
|
15. m Den Bode 7.52 | 19.92 1, 08:02 012002
RR 9R = — 122020 WLoR 108 = = = —
MEN EE 13.294. %796.250 11320). 26:0 -— | DT20 RG
Da 13.925 \ 25.25. |15.5 27.5 es le 39:0, 13170
RL RN 15.0 26.0 16.5 37.5 a 31.0 | 20.0
TOR 15.5 35.5 16.0 36.0 31.0 21.0 30.0 | 20.0
CAST — = 18.3 | 27.3 320.1 530 29.0 80.0
ERREER 17.5 4 25.5 19.0.9370 N me 29.0 | 21.0
en. 17.5 | 24.5 20.0 | 27.0 29.0 | 22.0 | 29.0 | 92.0
REM 19.0 35.0 22.0 38.0 30.0 24.0 29.0 23.0
ER 20.5 | 5.25 ||22.5 | 27.5 32.5 27.5 31.0 26.0
REN 20.75 | 24.75 123.5 | 27.5 — — 30.0 26.0
BA 21.00 12.2430 26:0. 12.2950 32.0 | 29.0 33.0 | 30.0
ER 22.0 24.0 Pe re) | 31.0 29.0
1 23.5 45 1|23.75| 24.75 35.0 34.0 31.0 30.0
(Or ES) DD 22.0 DA 38.0 38.0 30.0 30.0
le = — 19.5 18.5 36.0 37.0 38.0 29.0
N unse 19.0 1780 19 De ee — 27.0 29.0
ee 21.25 18225, 19.57 216.5 29.0 | 32.0 22.5 25.5
Are 23.0 19.0 19.5 15.5 _ = 21.0 25.0
MENT 23.0 18.0 23.0 18.0 95.75 | 30.75 | 21.0 26.0
—6...... 28.75. | 22.75) 129.0 223.0 94.5 .,...30.8.5 "2720007 03220
EN a: 31:5 24.5 — — 31.0 38.0 30.0 | 87.0
ee | 24.0 = = 33.5 41.5 — 10 —
Klöden durfte bezüglich der von ihm gemessenen Höhen des Arago-
schen Punktes (Spalte 2 und 4) den Satz aussprechen: „Gleichzeitig mit
der untergehenden Sonne steigt der Aragosche Punkt offenbar, aber er
beginnt zurückzugehen, wenn die Sonne nur noch einige Grade vom Horizont
entfernt ist. bis sie eine gewisse Anzahl Grade unterhalb desselben steht.
worauf er von neuem steigt.” Wenn man die Lage des neutralen Punktes
auf den Stand der Sonne bezieht, was Klöden leider nicht getan hat, so
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 187
erhält man die in den Spalten 5 und 5 stehenden Zahlen, und diese lassen
dann sehr deutlich die Wanderung des Punktes erkennen, wie sie später
erst von Brewster und Busch in voller Klarheit bestimmt wurde. Wir
kommen darauf zurück, wollen hier aber noch hervorheben, daß die
Klödenschen Werte gleich den Aragoschen entschieden auf eine optische
Störung in der Atmosphäre hindeuten. Auch in der Einleitung ist auf
diese Tatsache schon hingewiesen.
Aus den Werten für die Höhe der letzten Spuren der Polarisation
oberhalb der Sonne zieht Klöden den Schluß: „Dieser Abstand (vom
Horizont) scheint, wenn die Sonne einige Grade unterhalb des Horizontes
steht, zuerst abzunehmen, dann wieder zu wachsen.“ Auch diese Werte
sind von uns in den Spalten 7 und 9 der Tabelle auf den Sonnenort
bezogen und zeigen dann denselben Gang, wie er später von Busch für
den Babinetschen Punkt festgestellt wurde. Das ist nicht zu verwundern,
aber doch sehr interessant, da wohl aus der Wanderung jenes Punktes
mit ziemlicher Annäherung auf die Wanderung des Babinetschen Punktes
geschlossen werden darf. Prüft man nämlich den Grad der Genauigkeit,
mit welchem es Klöden mit seinem Polariskop gelang, die Lage des
Aragoschen Punktes zu bestimmen, so zeigt sich, daß dieser Punkt bis
zu einer Sonnentiefe von 6 in ein Intervall von höchstens 4° eingeschlossen
werden konnte), so daß er etwa 2° von denjenigen Punkten entfernt war,
in denen die letzten Spuren der Polarisation verschwanden. Nun darf man
dieses für den Aragoschen Punkt ermittelte Intervall nicht ohne weiteres
auf den Babinetschen Punkt übertragen, da im allgemeinen bei diesem die
„neutrale Brücke“ erheblich länger zu sein scheint als bei Aragos Punkt.
Man kann daher aus Klödens Beobachtungen über die Lage des Punktes, in
welchem die letzten Spuren des schwarzen Kreuzes über der Sonne ver-
schwanden, nicht mit absoluter Sicherheit auf die Höhe bezw. auf den
Sonnenabstand des Babinetschen Punktes schließen. Berücksichtigen wir
aber neuere, von ‚Jensen angestellte Untersuchungen über die Länge der
neutralen Brücke bei Babinets Punkt, auf welche wir noch zurückkommen
werden, so dürfen wir wohl sagen, daß wir von den wahren Sonnen-
abständen dieses Punktes zur Beobachtungszeit Klödens nicht gar zu weit
entfernt sind, wenn wir die Zahlen der Spalten 5 und 9 der Tabelle II
durchschnittlich um 4° vermindern. Auf diese Weise würde sich aus
Klödens Beobachtungen ergeben, daß im ‚Jahre 1836 oder 1837 der Ab-
stand des Babinetschen Punktes von der Sonne bei Sonnenuntergang
am 21. Juni 33,5° und am 1. Juli 25,5° betragen hat. Das sind aber
Werte, die noch entschiedener als die Werte für Aragos Punkt darauf
') Nur am 1. Juli betrug die „neutrale Brücke“ bei 13° Sonnenhöhe ausnahms-
weise 6°, im Durchschnitt war sie an den beiden hier berücksichtigten Tagen innerhalb
des Intervalles von + 15° bis — 6° Sonnenhöhe noch nicht ganz 2° lang.
188 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
hinweisen, daß damals eine optische Störung in der Atmosphäre vor-
gelegen hat.
Was die Höhe anbetrifft, in welcher unterhalb der Sonne die letzten
Spuren der Polarisation verschwanden, so fand Klöden für diese bei
einer Sonnenhöhe von 39° einen Abstand von 9° von der Sonne und bei
Zunahme der Sonnenhöhe bis 61° allmählich bis zu dem Betrage von 28°
zunehmende Werte. Es ist nieht gut möglich, aus diesen Zahlen angenähert
auf die Lage zu schließen, die der damals noch nicht bekannte neutrale
Punkt von Brewster gehabt hat, aber immerhin deuten sie darauf hin,
daß sein Sonnenabstand ebenso wie der des Babinetschen Punktes abnorm
erob gewesen Ist.
Interessant ist die Bemerkung von Klöden, daß er einmal, am
26. Juni, als der Horizont mit diehtem Nebel bedeckt gewesen sei, über
dem Untergangspunkte der Sonne sehr zarte Spuren des weißen Kreuzes
eesehen habe, aber sonst niemals. Offenbar hatte er in diesem Falle
das Vorhandensein eines zweiten neutralen Punktes (von Babinet) fest-
gestellt, ohne indessen besonderen Wert darauf gelegt zu haben. Er fügt
nur hinzu: „Hoc in loco physiei anglici eonversionis punetum quaesiisse
videntur.“
Auch Babinet hat, wie wir schon in der allgemeinen Übersicht sahen,
die Ortsveränderung des Aragoschen sowie des von ihm entdeckten
neutralen Punktes studiert. aber bedauerlicherweise hat er seine Beob-
achtungen im einzelnen nicht mitgeteilt.
Außerordentlich umfangreich sind dagegen die Beobachtungen, die
Brewster behufs Ermittelung des Verhaltens der bereits ‘bekannten und
des neuen, von ihm entdeckten und später nach ihm benannten neutralen
Punktes in den Jahren 1841, 1542, 1845 und 1544 angestellt und in den
Jahren 1865 und 1867 ausführlich veröffentlicht hat!. Wir müssen hier
auf Brewsters Beobachtungsergebnisse näher eingehen.
Brewster hat die bei weitem größere Zahl seiner Beobachtungen
an der Ostküste Schottlands in St. Andrews (e. Br. 56° 20’, eg. L. 2° 48’ w.)
angestellt. Er bediente sich dabei eines Savartschen Polariskops und
eines gewöhnlichen Quadranten, unter welchem wir uns wohl einen Pendel-
quadranten vorzustellen haben. Da er gleichzeitig zahlreiche Bestimmungen
der Größe der Polarisation vornahm, so sind leider die meisten Beob-
achtungsreihen für die neutralen Punkte sehr kurz oder lückenhaft. An
sehr vielen Tagen hat Brewster sich sogar mit ganz vereinzelten Höhen-
bestimmungen der neutralen Punkte begnügt. Nichtsdestoweniger sind
dieselben, abgesehen davon, daß sie auf viele Jahre hinaus als maßgebend
angesehen werden mußten für den normalen Zustand der atmosphärischen
') Phil. Mag., vol. XXX (1865), p. 161—181, und vol. XXXIII (1867), p. 290— 304,
346— 360, 455—465.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 189
Polarisation, für unseren vorliegenden Zweck so wichtig, daß wir hier
eine Anzahl der Beobachtungsreihen wiedergeben müssen. Vorher möge
es uns indessen gestattet sein, die Ergebnisse mitzuteilen, die Brewster
selber aus seinen Zahlenreihen abgeleitet hat:
„Wenn die Sonne 11° oder 12° über dem Horizont und der antisolare
Punkt ebenso tief unter.demselben steht. lieet unter normalen Verhältnissen
der neutrale Punkt von Arago im Horizont und folglich 11° bis 12° über
dem antisolaren Punkte. Indem die Sonne zum Horizont hinabsinkt. wächst
der Abstand des Aragoschen neutralen Punktes vom antisolaren Punkte
allmählich, und wenn die Sonne den Horizont erreicht. liegt dieser neutrale
Punkt 18,5° über ihm und folglich 18,5° über dem antisolaren Punkte.
Nach Sonnenuntergang wächst der Abstand des neutralen Punktes vom
antisolaren Punkte noch mehr, und sein größter Abstand beträgt am Ende
der Dämmerung 25°.“
Obschon sieh erwarten ließ, daß Aragos Punkt am Morgen eine
ähnliche Wanderung, selbstverständlich im umgekehrten Sinne, zeigen
würde, so stellte Brewster dieses doch durch mehrere Beobachtungsreihen
ausdrücklich fest; er weist unter anderem besonders auf die hier folgenden
Beobachtungen vom 14. und 20. November 1842 hin, welche die allmähliche
Tabelle III.
Aragos Punkt am Morgen, nach Brewster.
Abstand vom
Wahre Zeit Höhe der Sonne 5
‚antisolaren Punkt
14. November 1842:
EEE 6.3° 198°
RE EHE De Te) SST
No 8.2 15.4
la a ENT 9.4 SE)
RE RR ER 1023 14.5
aeg 1027 13.8
20. November 1842:
em... GM Se
De ee 10 17.5
ET TE 11.4 16.4
DE REN EHE 12.2 15.3?)
RE 1325 !
') In Brewsters Mitteilungen steht hier 45,3°, was offenbar ein Druckfehler (statt
15,3°) ist.
190 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Abnahme des Abstandes mit wachsender Sonnenhöhe sehr deutlich erkennen
lassen. Die Beschaffenheit der Luft wird von ihm durch die Worte „fine
frostly and elear” bezw. durch „cold and clear“ bezeichnet.
Wenn man diese Zahlenreihen — und Brewster teilt deren noch
mehrere andere mit — sowie auch die Abendbeobachtungen, auf die wir
noch näher eingehen werden, betrachtet, so muß es als sicher erwiesen
angesehen werden, daß bei positiven Sonnenhöhen, klaren Himmel voraus-
gesetzt, in St. Andrews allerdings der Abstand des Aragoschen Punktes
vom antisolaren Punkte sich m dem von Brewster angegebenen Sinne
ändert. Wir heben dieses besonders hervor mit Rücksicht auf die später
zu besprechenden Beobachtungen von Busch’).
Über die Lage des neutralen Punktes von Babinet spricht sich
Brewster aus, wie folgt”): „Bei normalem Zustande der Luft liegt bei
Sonnenauf- oder -untergang an schönen, wolkenlosen Tagen der neutrale
Punkt von Babinet 18,5° über der Sonne. Infolge der eroßen Flut
von Licht in der Nähe der Sonne ist dieser neutrale Punkt nicht so
deutlich zu sehen wie der Punkt von Arago, und er entgeht der Unter-
suchung des ausgezeichnetsten Beobachters. In höheren Breiten ist er
den größten Teil des Jahres über dem Horizont, und, da er über der
Sonne liegt, ist er infolgedessen bei klarer Luft stets sichtbar, wenn die
Sonne über dem Horizont steht. Befindet sich die Sonne im Zenit, so
fällt dieser Punkt mit dem Zentrum der Sonne zusammen; mit abnehmender
Sonnenhöhe wächst sein Abstand von der Sonne allmählich, bis er bei
der Sonnenhöhe Null den Wert 18,5° erreicht.“
Was endlich den von Brewster selber entdeckten neutralen Punkt
anbetrifft, so stellte er fest, daß auch der Abstand dieses Punktes von
der Sonne von der Sonnenhöhe abhängig ist. Die von ihm mitgeteilten
Abstände seines Punktes schwanken zwischen den Werten 9° und 18°, je
nach der Höhe der Sonne, und er hielt sich daher für berechtigt, zu sagen,
daß dieser Punkt, wenn die Luft klar ist, sich der Sonne beim Anwachsen
ihrer Höhe nähert, und daß er, ebenso wie Babinets Punkt, mit dem
Zentrum der Sonne zusammenfällt, wenn diese im Zenit steht. Wir kommen
auf diese Abstände an anderer Stelle zurück.
Indem wir nun eine Anzahl von Brewsters Beobachtungsreihen wieder-
geben, müssen wir bemerken, daß wir bei ihrer Verarbeitung das später
von Busch eingeschlagene Verfahren angewandt haben. Wir werden dieses
Verfahren in anderem Zusammenhange näher erläutern ; hier sei nur vor-
') Die den Brewsterschen Zahlen entsprechenden Sonnenhöhen sind hier und für
(die noch folgenden Beobachtungen Brewsters von uns berechnet worden. Die zugehörigen
Ephemeriden verdanken wir dem freundlichen Entgegenkommen des Herrn Dr. Schwaßmann
von der Bergedorfer Sternwarte,
?) Phil. Mag., vol. XXX, p. 166.
Tatsachen und Theorien der atınosphärischen Polarisation. 191
läufig mitgeteilt, daß wir unter den Sonnenhöhen 3,5°, 2,5° usw. alle
Beobachtungen zusammengefaßt haben, die auf die Intervalle 3° bis 4°
bezw. 2° bis 3° usw. gefallen sind. Kamen mehrere Beobachtungen auf
ein Intervall, so wurde von diesen das arithmetische Mittel eingetragen.
Da Brewsters Zahlen vielfach dureh geringere oder gröbere Zeitabstände
unterbrochen sind, so haben wir, um zu einigermaßen vergleichbaren
Mittelwerten zu gelangen, für manche Sonnenhöhen die Abstände inter-
poliert. Gewib kommt dadurch eine Unsicherheit in die Zahlenreihen,
aber man nähert sich dabei doch wohl mehr den wahren Mittelwerten,
als wenn man bei der Mittelbildung die zahlreichen Lücken in den einzelnen
Beobachtungsreihen bestehen läßt"). Um die interpolierten Werte erkennbar
zu machen, haben wir sie mit Klammern () umgeben. Bei der Auswahl der
Beobachtungsreihen haben wir uns auf solche beschränkt, die offenbar
und in der Regel, nach Brewsters ausdrücklicher Bemerkung, an schönen,
klaren und wolkenfreien Tagen gewonnen sind, und die wenigstens drei
Beobachtungen umfassen. Es sind nur die beiden ‚Jahre 1541 und 1842
berücksichtigt, da aus diesen die meisten längeren Beobachtungsreihen
vorliegen. Wie man sieht, ist leider die Zahl der für vergleichende Studien
brauchbaren Beobachtungsreihen nur gering, insbesondere für den Punkt
von Babinet, und es ist daher nicht auffallend, daß in den Mittelwerten
die feineren Details anderer Beobachter nicht erkennbar sind. (Tab. IV.)
Aus diesen Zahlen wird man, wenn sie auch aus verhältnismäßig
wenigen Beobachtungen abgeleitet sind, doch einige recht bemerkenswerte
Schlüsse ziehen dürfen. Zunächst möchten wir darauf hinweisen, dab
unter den Abständen verschiedener Tage recht erhebliche Unterschiede vor-
liegen, und daß also, was auch aus späteren Beobachtungen hervorgeht, die
optischen Verhältnisse in der Atmosphäre an nahe beieinander liegenden Tagen
bei scheinbar gleich heiterem blauen Himmel sehr verschieden sein können.
Bei den für Babinets Punkt mitgeteilten Abständen kommen ähnlich
grobe Unterschiede wie für den Aragoschen Punkt nicht vor. Das bereits
erwähnte Anwachsen der Abstände des Aragoschen Punktes von größeren
zu kleineren positiven Sonnenhöhen geht aus allen Beobachtungsreihen
hervor und zeigt sich daher auch in den Mittelwerten, namentlich aber
in denen des Jahres 1842. Der von Busch später nachgewiesene, noch
vor Sonnenuntergang einsetzende Rückgang dieses Punktes ist in den
Mittelwerten von 1842 entschieden angedeutet, die Zahlen für 1841 zeigen
ihn jedoch nicht. Die Mittelwerte für Babinets Punkt lassen in beiden
Jahren das Anwachsen der Abstände mit sinkender Sonne unbedingt
hervortreten, auch die Abnahme nach Sonnenuntergang ist, wenigstens im
') Allerdings ist in einigen Fällen der Gang der interpolierten Zahlen entgegen-
gesetzt dem der Mittelwerte, aber der störende Einfluß auf diese ist kein wesentlicher
geworden.
h und Chr. Jensen.
192
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Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation.
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D
1
194 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Jahre 1841, deutlich zu erkennen. Wenn man die Mittelwerte beider Jahre
miteinander vergleicht, so fällt sofort der Unterschied in den Abständen
bei Babinets Punkt auf; diese sind im ‚Jahre 1842 durchschnittlich um
3 erößer als 1841. Bei Sonnenuntergang hat im Jahre 1842 der Abstand
dieses Punktes von der Sonne den von Brewster angegebenen Wert von
184° (18,6°), im Jahre 1841 beträgt der Abstand nur 16°. Es ist sehr
auffallend, daß Brewster selber auf diesen Unterschied nicht hinweist,
und so scheint es, daß er diesem so scharfen Beobachter und hervor-
vagenden Forscher entgangen ist. Das ist sehr zu bedauern, weil er auf
diese Weise nicht die Möglichkeit des Eintritts lange andauernder bezw.
periodischer Störungen der atmosphärischen Polarisation erkannt hat. Daß
im ‚Jahre 1842 eine solche, wenn auch nicht sehr bedeutende Störung in
St. Andrews vorgelegen hat, darf als sicher angenommen werden. Dagegen
dürfte nicht der Umstand sprechen, daß Aragos Punkt in den beiden
Jahren jenen Unterschied nicht hervortreten läßt, da nach den Unter-
suchungen von Busch dieser Punkt von einer Störung im allgemeinen viel
weniger beeinflußt wird als Babinets Punkt.
Wenn man die aus Brewsters Beobachtungen abgeleiteten Abstände
der beiden neutralen Punkte mit denen von Arago, Klöden und Busch
vergleicht, so fällt sofort auf, dab die Brewsterschen Werte sehr viel
niedriger sind als die von Arago und Klöden, und daß sie den von
Busch in den Jahren 1889 und 1908 erzielten, die man im ganzen als
Normaljahre ansehen kann, ziemlich nahekommen. Wir wollen uns hier
mit der Feststellung dieser Tatsachen begnügen, indem wir uns vorbehalten,
an einer anderen Stelle auf sie zurückzukommen.
Tabelle V.
Abstand des Brewsterschen Punktes von der Sonne.
Zeit Wahre Zei Eile u Abstand Bemerkungen
Sonne
1842
Apıl 2080 de 4A Sg aU Bern
19 3 as
24 sg: 7 1 oo Sehr schöner Tag
3. 45 as) 12.6 |
April-96....... La re er
11 462,1, 48.7, 0255 | | Keine Wolke am
350 31.5 14.6 |} Himmel von Morgen
3.535 31.3 oe] | bis zum Abend
4 10 26.3 17.8 |]
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 195
Es ist ganz natürlich, daß Brewster bei seinen die neutralen Punkte
betreffenden Untersuchungen sich mit besonderer Sorgfalt dem von ihm
entdeckten und nach ihm benannten neutralen Punkte zuwandte. So liegt
denn von ihm auch eine so große Zahl von Messungen dieses Punktes
vor, wie sie bis heute von keinem anderen Beobachter mitgeteilt ist. Über
die Ergebnisse, welche Brewster aus diesen Messungen abgeleitet hat, haben
wir uns schon ausgesprochen; in vorstehender Tabelle V geben wir
zwei charakteristische Beobachtungsreihen wieder, die das Wachstum des
Abstandes von der Sonne bei diesem Punkte am Nachmittage recht deutlich
erkennen lassen.
Von besonderem Interesse sind für uns Brewsters Beobachtungen
über den Einfluß der Bewölkung, insbesondere den einer Cirrusschicht und
den der Nebelwolken, auf die Lage der neutralen Punkte.
Wie sehr Nebel auf den Punkt von Arago einwirken kann, zeigen
die Beobachtungen vom 4. November 1841 und vom 15. Mai 1842. Der
erste dieser beiden Tage war ein „foggy day“; die Luft war leidlich frei
von Wolken. Um 3" 13” lag der neutrale Punkt in einem Abstande von
24,9°. Am 15. Mai, gleichfalls bei Nebel, waren die Abstände:
a A 28.6°
(OEL N We De 28.2
TE Are 94.1
Noch größer ist die Einwirkung von Nebel oder von Cirruswolken auf
die Lage von Babinets Punkt. Um das zu zeigen, teilen wir hier aus
Brewsters Notizen die folgenden mit:
„1842, März 2. Ein nasser Tag; der Ort der Sonne erschien nur
als eine weiße Stelle. Die Polarisation war überall schwach. 2” 20”:
Der (Bab.) neutrale Punkt lag 75° über dem Horizont und ungefähr 54°
über der Sonne. Die Polarisation war negativ vom neutralen Punkte bis
zum Horizont an der Sonnenseite und positiv bis zum Horizont an der
der Sonne gegenüberliegenden Seite.
1842, März 16. Die Sonne scheint gelegentlich durch dieken Nebel,
„in a China-ink sky“ ohne irgendwelches Blau; Wind SW, schwach.
10° 45": Höhe der Sonne ungefähr 30,5°; der neutrale Punkt lag 30°
über der Sonne oder mehr als 60° hoch!“
Am 28. Dezember 1842 trat während der Beobachtung um 1" 4"
ein Halo um die Sonne auf, dessen äußerer Radius um 1" 23” bei einer
Sonnenhöhe von 8° 30’ zu 23° 40’ gemessen wurde. Während nun 12" 3"
der neutrale Punkt einen Sonnenabstand von 13,6° hatte, sprang er 1" 4"
auf 25,6°, lag 1" 23” in einem Abstande von 27,5° und 2” 31” von 27,8°.
Brewster bemerkt zu dieser Beobachtung: „Wenn die vertikalen Fransen
des Polariskops über den Gipfel des Halos gingen, war ihre Intensität
13*
196 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
größer, und wenn sie den Halo in einer zu seinem horizontalen Durch-
messer parallelen Richtung kreuzten, so war ihre Intensität vermindert.
Da die Eiskristalle, durch die der Halo erzeugt wurde, doppeltbrechend
sind, muß das eine der beiden Strahlenbüschel schwächer als das andere
gewesen sein, eine Wirkung, die dadurch entstanden sein Könnte, daß die
Oberfläche der Kristalle nicht vollkommen glatt war.“
Am 12. April 1843 lag um 4" 35" Babinets Punkt 41,6° hoch; dabei
war der Himmel mit diekem Nebel bedeckt, so daß die Sonne kaum zu
sehen war, und es fielen zuweilen Hagelschauer. Auch an der der Sonne
gegenüberliegenden Seite wurde in 25° Höhe ein neutraler Punkt beobachtet,
unterhalb dessen die Fransen positiv, aber sehr schwach zu sein schienen.
Am 3. Mai 1843 sprang, als Nebelwolken vor der Sonne herzogen,
Babinets Punkt auf und nieder zwischen Zenit und Sonne, je nachdem
der Nebel dichter oder lockerer war.
Es war von vornherein zu erwarten, daß ein entsprechender Einfluß
sich auch beim Brewsterschen Punkte zeigen würde; und so fand denn auch
Brewster am 27. April, an einem ausgezeichnet schönen Tage, als um
12" 12” ein Nebel von der Seeseite aufstieg, daß dieser neutrale Punkt
zum Horizont hinabsank, mdem die Fransen unterhalb der Sonne überall
negativ waren. Als um 1" 12” der Nebel sich verminderte, hüpfte der
neutrale Punkt zwischen 4° und 6° über dem Horizont, in dem Maße, wie
der Nebel dichter oder dünner wurde.
Am 28. August 1842 lag, als diffuser Nebel den glänzend blauen
Himmel überzog, um 3" 49” der neutrale Punkt von Brewster beinahe
im Horizont und gleichzeitig Babinets Punkt nahe dem Zenit. Als um
5" 30” der Nebel so dieht geworden war, daß man die Sonne nicht mehr
sehen konnte, war die Polarisation überall positiv.
Am 17. Mai 1842, einem nebeligen Tage, lag um 11" Brewsters
Punkt nahe dem Horizont, und als um 12" 30” der Nebel in verschiedener
Dichte vorüberzog, traten sogar mehrere, zuletzt drei, neutrale
Punkte unter der Sonne auf.
Sehr interessant ist auch folgende Bemerkung Brewsters, die er zu
einer Beobachtung vom 16. Mai 1842 macht: „Wenn der neutrale Punkt
außerhalb der durch die Sonne, das Zenit und den Beobachter bestimmten
Ebene liegt, so kommt das in gewissen Fällen daher, daß auf der einen
Seite dieser Ebene ein größerer Nebel liegt als auf der anderen.“ Brewster
gibt durch diese Notiz zu, daß Gewölk die Lage des neutralen Punktes
seitlich verschieben kann, und es darf von vornherein vermutet werden,
daß auch die beiden anderen neutralen Punkte unter entsprechenden Ver-
hältnissen eine solche Verschiebung erfahren können, wie sie denn auch
von anderen Beobachtern festgestellt worden ist, so auch neuerdings von
‚Jensen für den Aragoschen Punkt.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 197
Über den von Brewster aufgefundenen sekundären neutralen Punkt,
der unter Umständen unterhalb des Aragoschen Punktes auftritt, haben
wir schon an anderer Stelle berichtet (S. 46 und 47). Dort ist auch die ent-
sprechende Figur von Brewster wiedergegeben.
Bevor wir Brewsters Beobachtungen verlassen, müssen wir noch auf
eine ganz eigentümliche Abweichung der Polarisation unterhalb der Sonne
von normalen Verhältnissen hinweisen, die am 8. Juni 1841 nachmittags
5° 50” von ihm festgestellt wurde. Während bei paralleler Verschiebung
der vertikalen Polarisationsfransen in der Gegend des Aragoschen oder
Babinetschen Punktes der neutrale Punkt auf einer hyperbolischen, zum
Horizont hin konvexen Linie zu wandern scheint, die von Brewster als
„neutrale Linie“ bezeichnet wird (ohne indessen eine solche zu sein) —
Fig. 23 (nach Brewster) —, beobachtete er an dem bezeichneten Tage
etwas unterhalb der Sonne zwei derartige neutrale Linien, die im Sonnen-
orte zusammentrafen — Fig. 24'). Leider gibt er die Höhe der beiden
hier beobachteten, eigenartigen neutralen Punkte nicht an; von der Luft
sagt er, daß sie mehr oder weniger klar gewesen sei. Wie es scheint,
handelt es sich um neutrale Punkte derselben Art, wie sie Cornu aus dem
Störungsjahre 1883 beschrieben hat (S. 86).
So viel über Brewsters vielseitige und zahlreiche Beobachtungen.
In der allgemeinen Übersicht haben wir auch schon auf die Ergebnisse
des amerikanischen BeobachtersChase hingewiesen, ohne jedoch näher darauf
eingegangen zu sein. Dieses wollen wir jetzt nachholen. Wie wir sahen,
konnte Chase den neutralen Punkt von Brewster in Philadelphia sehr
häufig beobachten und mit großer Sicherheit seine Lage bestimmen; er
war überhaupt bei klarer Luft in der Regel sogar leichter zu beobachten
als gleichzeitig der Punkt von Babinet?). An recht vielen Tagen war
Chase imstande, alle drei neutralen Punkte gleich nacheinander zu beob-
') Beide Figuren, 23 und 24, sind Nachbildungen der von Brewster mitgeteilten
Figuren. Siehe Phil. Mag., 4. Ser., vol. XXXIII, S. 293 und 297.
?) Das stimmt in vielen Fällen mit den Wahrnehmungen von Busch überein.
198 Friedr. Busch und Uhr. Jensen.
achten, während dies Brewster innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren
nur zweimal gelang (am 5. und 8. April 1842). Beispielsweise beobachtete er
im März — das Jahr ist nicht angegeben, es scheint aber 1865 gewesen
zu sein — gleichzeitig alle drei Punkte an 17 Tagen; die Lage von
Brewsters Punkt bestimmte er 59mal, an 20 Tagen. Wichtig ist die Beob-
achtung von Chase, daß man mit Hilfe des Savartschen Polariskops bis-
weilen das Vorhandensein eines Halos rings um die Sonne nachweisen
kann, noch bevor er dem unbewafineten Auge sichtbar ist. Auch bezüg-
lich der Einwirkung von Nebel oder Wolken auf die neutralen Punkte
gelang es ihm, interessante Tatsachen festzustellen. Wir teilen hier
einige mit:
„März 9, 12” 10” p.m. Der Nebel hält an. (In diesem, der eine
Art Cirrostratus gewesen zu sein scheint, war 10" 40” ein Halo auf-
getreten.) Negative Polarisation ist auffallend deutlich vor der Sonnen-
scheibe und einige Grade nördlich und südlich derselben.
März 11, 3" 50” p. m. Himmel mit dünnen Wolken bedeckt. Ein
neutraler Punkt liegt im Osten 42° über dem Horizont und mehr als
70° vom antisolaren Punkte, und zwar mit umgekehrter Polarisation,
d. h. positiver unterhalb und negativer oberhalb desselben. 5" 25”: Ein
ähnlicher Punkt ist vorhanden, aber ungefähr 5° näher dem Horizont.
März 12, 6" 30" a.m. Himmel bewölkt. Polarisation positiv am
Ost- und Westhorizont, bis nahe dem Zenit. Ebenso am 21. März 6” p.m.
März 20, 5" 25” p.m. Bewölkter Himmel. Polarisation im Horizont
überall positiv.
April 3, 5" 40” p. m. Bewölkt im Westen, und Polarisation positiv
vom Zenit bis zum Horizont.“
Chase faßt das Ergebnis dieser Beobachtungen mit den Worten
zusammen: „Die normale Polarisation wird durch eine Wolkenschicht von
gleichmäßiger Dicke oft umgekehrt, namentlich innerhalb der ersten Sonnen-
lemniskate (solar primary lemniscate).“ Unter dieser Lemniskate versteht
er offenbar die in der Zeichnung von Busch (S. 59) mit ce, d bezeichnete
lemniskatenähnliche Kurve.
Schließlich mag noch eine Bemerkung von Chase wiedergegeben
werden, nach welcher man oft einen neutralen Punkt, der sonst nicht zu
sehen ist, dadurch sichtbar machen kann, daß man eine Glasplatte vor
den Quarzplatten des Polariskops anbringt. Das ist offenbar die Folge
der verstärkten Brechung. Auch Brewster sagt an einer Stelle‘): „Um
ihn (den von ihm entdeckten Punkt) gut zu sehen, blicke ich senkrecht
durch eine Glasplatte. Die Fransen an beiden Seiten desselben haben
an Intensität zugenommen.“ Ohne diese Angaben von Brewster und Chase
') Phil. Mag., vol. XXX, S. 169, Bemerkung zum 3. Mai 1844.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 199
zu kennen, fand neuerdings Jensen, daß man die Sichtbarkeit der neu-
tralen Punkte erheblich steigern oder gar erst möglich machen kann durch
Anbringung eines Glimmerblättchens am Savartschen Polariskop. Ein
solches Glimmerblättehen verstärkt offenbar die Wahrnehmbarkeit der
neutralen Punkte in noch entschiedenerer Weise als eine Glasplatte, und
der Einfluß eines solchen auf die Deutlichkeit des Phänomens war in der
Tat vielfach ganz überraschend. Man könnte nun infolge dieser Wahr-
nehmung versucht sein, die Empfindlichkeit des Instrumentes zu erhöhen,
aber es ist wohl zu beachten, daß dabei eine Verschiebung des neutralen
Punktes in der Höhenlage eintritt, die zu erheblichen Irrtümern führen
kann. Man wird daher jedenfalls zunächst, solange die Größe der Ver-
schiebung nicht sicher beurteilt werden kann, von dieser Änderung des
Polariskops absehen müssen.
Bevor wir nun eine Übersieht über die Beobachtungen von Busch
in Arnsberg bringen, die sich über den langen Zeitraum von 1886 bis
heute erstrecken, müssen wir einige Bemerkungen über die Lage und
Umgebung seines Beobachtungsortes machen.
Arnsberg liegt im westlichen Teile des Sauerländischen Gebirges, in
einer absoluten Höhe von 200 bis 240 m, einer geographischen Breite
von 51° 24° und einer geographischen Länge von 8° 4’. Der Ort ist
rings umgeben von bewaldeten Gebirgszügen, die abwechseln mit Wiesen-
tälern und an ihren Abhängen in geringer Ausdehnung auch Feldkulturen
tragen. Diese Gebirgszüge erreichen in der Nähe der Stadt eine Höhe
bis zu 200 m über der Talsohle des Ruhrflusses, der hier noch recht
unbedeutend ist und vor allem nur wenig Wasser führt. An dem Stand-
orte, an welchem die Beobachtungen bis 1595 in der Regel vorgenommen
wurden, war der Westhorizont durch einen Waldrand in etwa 2 km Ent-
fernung und in einer scheinbaren Höhe von 3 bis 5° begrenzt, während
nach Osten ein bis zu einer Entfernung von 3 km sanft ansteigendes
kultiviertes Gelände lage. Im Sommer 1886 und im ‚Jahre 1887 wurden
einzelne Beobachtungen an emem höher und freier liegenden Standorte
vorgenommen. Seit 1593 beobachtet Busch an einem Platze, wo der West-
horizont nur eine ganz unbedeutende Verschiedenheit gegenüber dem früheren
aufweist, der Osthorizont dagegen durch einen etwa 200 m entfernten
Waldrand in einer Höhe von 10 bis 11° begrenzt ist. Der Charakter der
Umgebung ist, wie schon angedeutet, der eines Waldgebirges (vorwiegend
Laubwald), die Luft ist daher, weil rauchende Kamine in der Nähe fast
ganz fehlen, außerordentlich rein und zu Studien auf dem Gebiete der
meteorologischen Optik sehr geeignet.
Busch begann seine Beobachtungen im April 1586 zu einer Zeit,
als noch Reste der großen atmosphärisch -optischen Störung von 1883
vorhanden waren.
200 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Da von verschiedenen Seiten, wie von Cornu in Paris und von
Riggenbach in Basel, Notizen vorlagen, nach denen der neutrale Punkt
von Babinet, statt der als normal angesehenen Höhe von 18,5° zur Zeit
des Sonnenunterganges, nach dem Eintritt jener Störung eine Höhe bis
zu 35° gehabt habe, so hielt Busch es für wichtig genug, den Einfluß
jener Störung auf die Höhe der neutralen Punkte von Arago und Babinet
eenauer zu erforschen.') In dieser Absicht nahm er an zahlreichen für die
Beobachtung günstigen Abenden in Zeitintervallen von 5 Minuten sorg-
fältige Messungen der Höhe dieser Punkte über dem Horizont vor, und
im Dezember desselben Jahres konnte er als erstes Ergebnis seiner Beob-
achtungen den. Satz aussprechen’): „Der Babinetsche Punkt entfernt sich
allmählich von der zum Horizont hinabsinkenden Sonne, um sich der-
selben später wieder zu nähern. Der Aragosche Punkt befolgt
in bezug auf den antisolaren Punkt den umgekehrten Gang.“
Es mögen hier die für den Zeitraum vom 26. April bis 30. September grad-
weise abnehmenden Sonnenhöhen und gewonnenen Abstände, aus denen
dieses Gesetz abgeleitet wurde, mitgeteilt werden. Die Zahlen für Babinets
Punkt bedeuten Abstände von der Sonne, die Zahlen für Aragos Punkt
Abstände vom Gegenpunkte der Sonne, den wir übrigens im folgenden
auch wohl gelegentlich kurz mit „Gegensonne“ bezeichnen werden.
Höhe der Sonne in Graden
5.9. |4.5 128.92.0.15,.2025..0:.9 125288) 3.5) 4e9 928
|
|
Babinets | | | | | | |
Punkt .. .|20.020.6|21.7/22.8122.8|24.124.2|23.1/23.0]22.420.9]19.2
Aragos | | | | | | | | |
Punkt ...|22.8/22.9|22.8122.721.7|21.720.6/20.2)20.421.0/22.424.7
Wie man sieht, waren im Jahre 1886 die Abstände beider Punkte
bei einer Sonnenhöhe von — 0,5” im Vergleich zu dem als normal angesehenen
Werte von 18,5° noch beide abnorm hoch. Sei es nun, daß dieser Unter-
schied durch die Eigenart des Beobachtungsortes zu erklären war, oder
sei es, daß man es noch mit einer Nachwirkung der großen Störung zu
tun hatte, jedenfalls ließ die große Höhe der Punkte im Momente des
Sonnenunterganges die Fortsetzung der Beobachtungen dringend geboten
erscheinen.
') Er folgte dabei einer Anregung von Kießling in Hamburg, dem mehrfach er-
wähnten Verfasser des Buches: „Dämmerungserscheinungen“.
?) Met. Zs., Dezember 1886, 8.532: Zur Polarisation des zerstreuten Himmels-
lichtes. Beobachtungen über den Gang der neutralen Punkte.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 201
Im Jahre 1889 konnte Busch dann, außer anderen Ergebnissen, von
denen hier nur auf gewisse Beziehungen zwischen der Entwicklung des
ersten Purpurlichtes und dem Sonnenabstande des Babinetschen Punktes
hingewiesen werden möge, als Jahresmittel für die erwähnten Abstände
bei Sonnenuntergang in den Jahren 1886, 1887 und 1888 die Werte
mitteilen'):
Jahr Babinets Punkt Aragos Punkt
SSH tra are 23-8 | 210°
LOS ir 21.8 20.5
KR: 17.8 | 18.8
und er hielt sich für berechtigt, den Satz auszusprechen: „Der Abstand
des Babinetschen Punktes zur Zeit der Dämmerung hat sich vom Jahre 1886
bis Ende 1888 allmählich vermindert?). Es unterliegt wohl keinem Zweifel,
daß in diesem Rückgange der Einfluß der allmählich verklingenden optischen
Störung in der Atmosphäre ausgedrückt liegt, welche von November 1883
an die glänzenden Dämmerungserscheinungen und den Bishopschen Ring
erzeugte.“ Wie sich später ergab, fand auch im Jahre 1889 noch ein
weiteres Sinken der entsprechenden Abstände für beide Punkte statt, indem
sich als Jahresmittel für Babinets Punkt nur, 16,5° und für Aragos Punkt
15,1° herausstellte. Wir entnehmen diese Zahlen einer dritten Arbeit
von Busch, die er im Jahre 1890 veröffentlichte?). Dort ist das gesamte,
sich über vier Jahre erstreckende Beobachtungsmaterial verwertet und auch
eine größere Zahl von Beobachtungen über die Polarisation der Wolken und
Halos mitgeteilt. Es konnte nun dem oben ausgesprochenen (Gresetz die
bereits im ersten Abschnitt S. 91 mitgeteilte Fassung gegeben werden.
Da diese Arbeit von Busch nur schwer zugänglich ist, mag es uns
gestattet sein, noch etwas näher auf sie einzugehen, sowie die Kurven
wiederzugeben, in denen die Ergebnisse anschaulich dargestellt sind —
Fig. 25, 1—- VII —. Es ist nicht schwer, aus diesen Kurven noch die folgenden
Eigentümlichkeiten in dem damaligen Verhalten der neutralen Punkte
abzuleiten:
Das Anschwellen des Sonnenabstandes des Babinetschen Punktes
war in den Jahren 1886 und 1887 erheblich bedeutender als m den
') Meteorol. Zeitschr., März 1889: Beobachtungen über die Polarisation des Himmels-
lichtes, insbesondere zur Zeit der Abenddämmerung.
?) Wie man sieht, ist dasselbe auch bei Aragos Punkt der Fall.
3) Beobachtungen über die atmosphärische Polarisation. Beilage zum Programm
des Gymnasiums zu Arnsberg, 1890.
202 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Aragos Punkt und Babinets Punkt in den Jahren 1886 bis 1889
in Arnsberg.
Hohe
don
Berne: 2 re
Höße| 55 35° 15° -030 -25° 15° |55° 833° 15° 05 25° 40°
dnme|
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 203
Er 35° 835° 15 -08° 15° -05° 25° 45°
ER 10.57 185° 50 05° TE 55 BIT NE 05 RER 4,5 0.50
Fig. 25 V-VII.
204 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Jahren 1888 und 1889, man darf sagen, als unter normalen Verhältnissen.
Für das Intervall der Sonnenhöhe von 2,5 bis —0,5° erhält man die
Differenzen 1,3, 1,3, 0,4° für 1886, 1887 und 1889. Das vorhin erwähnte
Anschwellen nach Sonnenuntergang wurde 1886/87 von diesem gänzlich
absorbiert. Die Abnahme des Abstandes des Aragoschen Punktes von
der Gegensonne ist im den ‚Jahren 1886 bis 1889 ziemlich konstant
geblieben. Dem Intervall der Sonnenhöhe 3,5 bis — 1,5° entspricht eine
Differenz der Abstände von ungefähr 2°.
In den Jahren 1886 bis 1889 haben sich die Abstände des Babinet-
schen Punktes um ungefähr 7’ um Sonnenuntergang vermindert.
In demselben Zeitraum haben sich die Abstände des Aragoschen
Punktes nur um den Betrag von etwa 2° vermindert.
Die Einwirkung der Störung war demnach für den Babinetschen
Punkt viel bedeutender als für Aragos Punkt.
Der normale Wert für den Sonnenabstand des Babinetschen Punktes
bei Untergang der Sonne ist kleiner als der entsprechende Wert für
Aragos Punkt.
In Fig. 25 VII sind für Babinets Punkt die Abweichungen einzelner
Tage vom mittleren Gange dargestellt; sie lassen, wie Busch a. a. O.
bemerkt, erkennen, daß zwei charakteristische Gruppen dieser Abweichungen
bestehen, die sich, abgesehen von ihrem absoluten Werte, im wesentlichen
unterscheiden durch Verschiebung des Maximums. Nun ist es sehr inter-
essant, dab die eine Gruppe von der weitaus größeren Mehrzahl derjenigen
Beobachtungsreihen gebildet wird, die von einem kräftig entwickelten
Pupurlicht begleitet waren. In diesen verspätet sich der Ein-
tritt des Maximums. Im die andere Gruppe gehören diejenigen Tage,
an denen um die Zeit des Sonnenunterganges der Westhimmel mit Cirren
bedeckt war. An diesen Tagen verschiebt sich das Maximum auf
die Zeit vor Untergang der Sonne. Nachdem Busch auf diese Eigen-
tümlichkeiten hingewiesen hat, die von ganz besonderer Wichtigkeit sind,
einmal, weil sie deutlich einen Einfluß kräftiger Purpurlichter hervortreten
lassen, dann aber, weil sie auch charakteristisch sind für größere, länger
andauernde Störungen, bemerkt er, daß in diese Verhältnisse eine tief am
Horizont oder auch unterhalb desselben liegende Wolkenschieht störend
eingreife, sobald diese die Sonne verdecke und das Eindringen der direkten
Sonnenstrahlen in die unteren Atmosphärenschichten verhindere. Er glaubte
damals, den Einfluß einer solchen Wolkenschicht als eine Verminderung
des Abstandes des Babinetschen Punktes von der Sonne aus den Beob-
achtungen ablesen zu müssen. Bestätigt werde dieser Schluß durch die
an denjenigen Tagen gewonnenen Beobachtungsreihen, an denen das (erste)
Purpurlicht trotz großer Luftdurchsichtigkeit ausblieb oder doch nur
in geringer Intensität beobachtet wurde, an denen also aller Wahr-
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 205
scheinlichkeit nach Wolken unter dem Horizont die Sonnenstrahlen den-
jenigen Luftschichten entzogen, in denen das Purpurlicht seinen Sitz hat.
An diesen Tagen lag nach Verdunkelung der Sonne Babinets Punkt auf-
fallend tief.
Gegenwärtig dürfen wir diese Beobachtung, die sich in sehr zahl-
reichen Fällen, auf die wir hier nicht näher eingehen können, durchaus
bestätigt hat, als eine festbegründete Tatsache ansehen, die uns sehr oft
in den Stand setzt, aus dem plötzlichen Rückgange des Babinet-
schen Punktes nach Untergang der Sonne auf eine unterhalb
des Horizontes liegende, aus dem Westen heranziehende
Wolkenschicht zu schließen.
Aus den Ergebnissen der von Busch über die Polarisation der Wolken
angestellten Beobachtungen wollen wir hier diejenigen mitteilen, die sich
auf die Beeinflussung der neutralen Punkte beziehen, weil sie für die
Theorie dieser Punkte von großer Bedeutung zu sein scheinen. Es
wird sich dabei freilich nicht umgehen lassen, hin und wieder etwas aus
diesem Rahmen herauszutreten, da wir später auf diesen Gegenstand
nicht mehr zurückkommen können. Daß wir hier auch einige der von
Brewster und Chase ermittelten Tatsachen wieder antreffen werden, ist
von vornherein zu erwarten.
N.
Ar P
Wolkenrand
Horizont
Fig. 26.
1856.
Oktober 11, 5" 5" p. Am Östhorizont liegt eine bis zu einer Höhe
von 14° reichende graue, horizontal ausgedehnte Wolkenschicht, die etwas
gelblich gefärbt erscheint. Auf dem Rande der Wolke setzt im Sonnen-
vertikal die Polarisation um und bleibt bis vor dem Terrain positiv.
Aragos Punkt in 22° Höhe. — Fig. 26.
Oktober 13, 5" 0" p. Am Osthorizont liegt bis zu einer Höhe
von 27° eine Cirrostratusschicht. Die positiven Polarisationsfransen
206 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
setzen im Sonnenvertikal über diese Schicht hinweg und bleiben bis zum
Horizont positiv; der Aragosche neutrale Punkt ist also ver-
schwunden. ‘in am \Westhimmel in 8° Höhe (also unterhalb des
Babinetschen Punktes) liegender Cirrusstreifen zeigt im Sonnenvertikal
(diese abnorme Polarisation nicht.
Oktober 15, 7" 56" a. Ziemlich dichte Decke von Cirrocum. am
Himmel, die einzelnen Ballen mit verschwommenen Rändern. Vor dieser
Decke ziehen zuweilen Dunstwolken vorüber aus SW. Wenn diese Wolken
im Sonnenvertikal im (Gebiete der negativen Polarisation zwischen Sonne
und Babinets Punkt erscheinen, so sind sie positiv polarisiert, und es
tritt also an ihrem oberen und unteren Rande je ein neuer neutraler
Punkt auf. Abstand des Babinetschen Punktes von der Sonne 30°.
Oktober 16, 5” 0”"p. Am Westhimmel gleichmäßig graue Wolken-
schicht, sonst klar. Diese Wolkenschicht ist im Sonnenvertikal überall
positiv polarisiert.
Fig. 27.
Oktober 19, 1" 40” p. West- und Südhimmel voll von Cirren.
Sonne in 23° Höhe, Waldrand 5°. Himmel unterhalb der Sonne nur
negativ, Luftschicht vor dem Waldrande aber positiv polarisiert.
3" 45”, Nur einzelne Cumuli am Himmel, in SW ein Cirrostr.
Im Babinetschen Punkte liegt ein lockerer Cumulus, dessen obere Hälfte hell,
dessen untere Hälfte dunkel ist. Dieser zeigt komplizierte Polarisation,
wie Fig. 27 angibt. Statt des einen neutralen Punktes entstehen plötzlich
deren drei. Höher liegende Cumuli zeigen normale (positive) Polarisation.
Oktober 20, 4" 10” p. In W liegen Cirren bis 12° Höhe. Dieselben
stören die Polarisation nicht. Sonne in 6°, Babinets Punkt 28°, Aragos
Punkt2l.
4" 30”, Die Cirren reichen bis 35° Höhe, sie verdichten sich mehr
und mehr und sind bis zu 185° Höhe schon Cirrostr. geworden. In SW
bis 6° eine Wolkenbank. Sonnenabstand des Babinetschen Punktes 25,8°.
4" 45”, Die Cirren sind zum Stratus verdichtet und zeigen bis zum
Horizont positive Polarisation im Sonnenvertikal, Babinets Punkt ist
total verschwunden. Eine hellere Lücke in dem Stratus von 10 bis 14°
Höhe zeigt noch negative Polarisation.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 207
Oktober 21, 4” 15” p. Bewölkung fast 10, nur eine helle Stelle
in SW. Im Sonnenvertikal zeigen am Westhimmel die dunklen Wolken
bis zum Horizont positive Polarisation. Am Osthimmel liegt im Sonnen-
vertikal nur negative Polarisation vor, ebenso vor dem Terrain; nur
ganz nahe liegende Teile des Bodens sind dort positiv polarisiert.
4” 23”. Himmel in SW etwas heller, Wolken in E weniger dunkel.
Im Sonnenvertikal liegen am Westhimmel normale Verhältnisse vor (also
Babmets Punkt sichtbar), in E jetzt nur positive Polarisation, selbst in
den dort nun entstehenden blauen Lücken.
4" 40”, Westhimmel wieder gleichmäßig grau, in E von 30° aufwärts
blaue Lücken. Sonnenvertikal überall positiv polarisiert.
Oktober 22, 8" a. Gleichmäßig grau bedeckter Himmel. Nebel-
regen. Die Polarisationsebene liegt überall senkrecht zum
Horizont (vielleicht nicht genau in der Gegend des Sonnenortes).
November 29, 3” 30”. Himmel fast ganz bedeckt, aber Aragos
Punkt sichtbar. Unterhalb des letzteren in 10° Höhe eine Lücke in den
Wolken. Diese ist negativ, die Wolken selbst positiv polarisiert.
Dezember 21, 12”. Himmel gleichmäßig dünn bedeckt. Es liegt
tiefer Schnee. Höhe der Sonne 14°. Babinets Punkt 48°, also Sonnen-
abstand desselben 3#°.
Dezember 24, 12". Um die Sonne liegt eine dunstig-blau-weiße Zone,
so daß die Sonne nur bei scharfer Fixierung scharfrandig erscheint.
Negative Polarisation ganz ungewöhnlich kräftig. Babinets Punkt
in 35° Abstand von der Sonne.
Bei Drehung der Fransen um die Sonne als Mittelpunkt rückt der
neutrale Punkt der Sonne sehr deutlich näher, bei einer Neigung der
Fransen von 45° verschwinden die negativen Fransen ziemlich
plötzlich ganz, und die positiven ragen nur bis auf etwa 20°
an die Sonne heran; bei weiterer Drehung treten die positiven
Fransen bis an die Sonne heran und sind in horizontaler Lage
am deutlichsten.
Dezember 11, 10" a. Um die Sonne liegen zarte, blendend weiße
Cirren von streifiger Struktur. Höhe der Sonne 30°. Höhe des Babinet-
schen Punktes 37°. Die negativen Fransen sind ganz ungewöhnlich
deutlich, die Spektralfarben derselben sind stark ausgeprägt.
1887.
Januar 26, 2" p. Am NW-Hor. Cirrostr. Im Vertikal der Sonne,
zwischen dieser und dem Waldrande, negative Polarisation. Sonne in
15°, Waldrand 5°. Luft vor dem Walde positiv polarisiert.
März 19, 4" 30” p. Umgebung der Sonne weithin klar; über der-
selben liegt ein heller, länglich elliptischer Schein; derselbe ist außer-
208 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
sewöhnlich stark negativ polarisiert. Babinets Punkt liegt über dem
Schein.
Mai 6, 7" a. Sonne durch eine ziemlich ausgedehnte mattgraue
Wolke verdeckt. Oberhalb dieser Wolke scheint der dunstig blaue Himmel
durch, unterhalb derselben liegt lockeres Gewölk. Polarisation wie in
Fig: 28.
September 27, 10” a. Cirrocumuli mit verschwommenen Rändern
fast am ganzen Himmel, dazwischen mattblaue Lücken. Sonne in 35°,
Babinets Punkt in 55°, also Abstand 20°, Brewsters Punkt in 22°, also
Abstand von der Sonne 13°. Negative Fransen sehr deutlich, ober-
halb der Sonne aber kräftiger als unterhalb; sie treten in deutlich
Horizont
Fig. 28.
erkennbaren Farben bis ganz nahe an die Sonne heran (ganz
abnorm).
September 28, 10" a. Himmel ähnlich wie am 27.; die Cirrocum.
ähneln aber mehr echten Cumulis. In den Lücken liegen feinere Cirren.
Negative Polarisation in der Sonnennähe heute sehr schwach.
November 18, 3" p. Himmel fast ganz bedeckt, nur in E liegen
einige helle Stellen in der Nähe des Horizontes. Dort ist im Sonnen-
vertikal die Polarisation positiv vor den Wolken, negativ vor den
Lücken. Seitwärts des Vertikals der Sonne ist die Wolkendecke gleich-
falls in der Richtung nach der Sonne, eine hellere Stelle aber, wie es
scheint, senkrecht zum Horizont polarisiert.
November 24, 12”. Nebel. Die Sonne scheint fahl durch. Babinets
Punkt ungefähr 27° von der Sonne entfernt. Als die Sonnenscheibe
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 209
bald in dem dichter gewordenen Nebel unsichtbar wurde, war die Polari-
sation im Sonnenvertikal überall positiv, Babinets Punkt also ver-
schwunden.
1888.
Januar 24, 12". Himmel mit Dunstwolken überzogen. Sonne kaum
zu erkennen. Höhe der Sonne 15°. Babinets Punkt 53°, also sein Sonnen-
abstand 35°.
Februar 14, 11" 45" a. Am Nordhimmel bis 20° Höhe Cirrostr.,
sonst ganz unbedeckt. Höhe der Sonne 25°, Brewsters Punkt 14°,
Babinets Punkt 39".
Februar 24, 11" a. Bei fast ganz klarem Himmel und — + C
ist die Luft mit feinen Eisnadeln angefüllt. Negative Polarisation
in unmittelbarer Sonnennähe sehr stark; die Farben der
Fransen sind bis zur Sonne deutlich zu unterscheiden. Babinets
und Brewsters Punkt beide in15 Sonnenabstand außerordentlich
bestimmt zu erkennen.
Februar 29, 10" a. Wolken in Auflösung begriffen, spärlicher
Schneefall bei —3°. Sonne in 25° Höhe, Babinets Punkt in 65°, also
sein Sonnenabstand 40°. Negative Polarisationim Sonnenvertikal
sehr stark. Bei Drehung der Fransen um den Sonnenort wird wiederum
sehr deutlich erkannt, daß der neutrale Punkt (bezw. der Punkt, in welchem
die Fransen umsetzen) sich allmählich der Sonne nähert, und daß die
Fransen bei horizontaler Lage bis an die Sonne reichen.
Dezember 22, 3" p. Standort eine Höhe von etwa 200 m über
der Talsohle. Himmel ganz bedeckt, nur an einzelnen Stellen hellere
Flecken, ohne daß dort jedoch der blaue Himmel durchscheint. Sonne
höchstens als verschwommene hellere Stelle sichtbar.
Im Vertikalder Sonne ist überallnur positive Polarisation,
auch vor den dunkeln Gebirgsabhängen sowie vor dem ganz nahe liegenden
Terrain. 90° von der Sonne in SE liegt die Polarisationsebene ungefähr
30° gegen ihre normale Lage gedreht. Kurz darauf, als die Umgebung
der Sonne sich ein wenig lichtet und einzelne blaue Streifen auftreten,
erscheinen sofort der Babinetsche und Brewstersche Punkt, letzterer vor
dem Walde im Tal. Der Aragosche Punkt tritt dagegen nicht auf.
Dezember 30, 4" 30" p. Zerstreutes Gewölk. In W eine Stratus-
bank. Sonne hinter einem Waldrande. Brewsters Punkt liegt im Terrain,
Aragos Punkt ist von einem neutralen Punkte im Terrain begleitet.
1889.
t 4 x = = N
Januar 21, 4' 45”. Ganz bedeckter Himmel. Dunklere zerzauste
Wolken vor hellerem Wolkenhintergrunde. Polarisation im Sonnen-
14
210 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
vertikal überall positiv; an anderen Stellen des Himmels,
wie es scheint, senkrecht zum Horizont.
Januar 30, 2" 30”. Himmel bedeckt, höhere Wolken aber heller
als in der Nähe des Horizontes. Im Westen ist der Sonnenort eben
sichtbar. In dieser Höhe liegt jetzt gerade der obere verschwommene
Rand dunkleren, vom Horizont aufsteigenden Gewölks. Höhe der Sonne
13°, des Babinetschen Punktes 55°, also Sonnenabstand 42°. Genau am
oberen Wolkenrand vor der Sonne setzen die Fransen um: sie sind
‚positiv vor der dunklen Wolke sowie unterhalb derselben vor
dem Terrain, oberhalb der Wolke negativ. Fig. 29.
Februar 5, 1” 45”. WindN. Temperatur — 3°. Sehr dunstiger
bis bewölkter Himmel; Sonne scheint fahl durch. Um die Sonne liegt eine
blendend weiße Scheibe von 4° Radius. Es fallen einzelne Schneeflocken. —
Die negativen Fransen im Sonnenvertikalin großartig schöner
Wolkenrand
E X | Sonne
Horizont
Fig. 29.
r
Ausbildung; sie scheinen nur vor dem helleren Sonnenort unterbrochen
zu sein.
Juli 25, 7" p. Die Sonne bliekt mit ihrem unteren Rande hinter
einer Wolke hervor und steht nur etwa 1° über einem Gebirgsrand.
Himmel nur teilweise bedeckt. Im Sonnenvertikal zeigt die Wolke
negative Fransen, während der blaue Himmel darüber sowie das Terrain
unterhalb der Sonne positiv polarisiert sind. Fig. 30a. Der neutrale
Punkt liegt also am oberen Wolkenrande.
7" 10”. Sonne fast ganz frei. Babinets Punkt liegt jetzt vor der
Wolke, etwa 5° von der Sonne entfernt. Fig. 30b.
Oktober 30, 2”. Himmel im Westen ganz mit zerrissenem Gewölk
bedeckt, Zenit und E-Himmel ziemlich klar. Sonne hinter hellerem Gewölk
zwischen zwei dunkleren Wolken verdeckt; oberer Rand der unteren Wolken
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. Di
in hellem Schein. Dieser ist sehr stark negativ polarisiert. Jene
Wolken sind gleichfalls negativ polarisiert. aber schwach.
2" 30”. Sonne selbst hinter einer grauen Wolke, unterhalb der-
selben tief am Westhorizont eine blaue Lücke; in Höhe von 60° und
mehr Himmel lückenhaft bewölkt, aber blaue Lücken nicht scharf. Babinets
Punkt 63°, Sonne 15°. Unterhalb der Sonne bis vor dem Terrain nur
negative Fransen. Als kurz darauf die Sonne unterhalb jener Wolke
sichtbar wird, liegt Babinets Punkt plötzlich vor der Wolke etwa 5°
über der Sonne. — Verg]l. Juli25, Fig. 30b.
November 2, 3”. Sonne hinter einer dunkelgrauen Wolke am
Horizont verborgen; oberer Rand der Wolke hell glänzend, aber nicht
scharf. Die positiven Fransen ragen im Sonnenvertikal bis an die Wolke
heran, der Rand der Wolke sowie diese selbst negativ polarisiert.
Horizent —
Horizont
Fig. 30a. Fig. 30b.
November4, 3Y,". Himmel bedeckt, nur wechseln dunklere mit
helleren Wolken ab, erstere mit zerrissenen Rändern. Blaue Lücken sind
nicht vorhanden, nur im Westen nahe dem Horizont ist die Sonne durch
eine schmale Lücke völlig sichtbar.
Im ganzen Sonnenvertikal ist positive Polarisation, und zwar sehr
kräftig, so daß die Farben der Fransen deutlich zu unter-
scheiden sind.
November 7, 3'%”. Am Westhorizont dunkelgrauer Stratus bis 10°
Höhe, darüber bis etwa 20° Höhe einzelne weiße Cumuli mit zerrissenen
Rändern; dazwischen blaue Lücken. Sonne hinter dem dunklen Stratus.
Im Sonnenvertikal sind die Wolken sowie die blauen Lücken negativ
polarisiert, die blauen Lücken und der dunkle Stratus stärker als die
helleren Wolken. Über den letzteren ist der blaue Himmel positiv
polarisiert. Babinets Punkt nicht zu finden.
4Ys”. Himmel mit Dunstwolken bedeckt; diese in W zum Teil
14*
212 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
intensiv rot. In der Nähe des Horizontes etwa in 10° Höhe in W eine
schmale blaue Lücke. Diese Lücke ist negativ, im übrigen der ganze
Sonnenvertikal positiv polarisiert. Anderwärts scheint die Polarisations-
ebene überall senkrecht zum Horizont zu liegen.
November 19,4”. Dichter kalter Nebel; man kann höchstens 100 m
weit sehen. Polarisation im Sonnenvertikal überall sehr stark positiv.
Rechts und links vom Sonnenorte liegt in der Nähe des Horizontes etwa
45° von der Sonne in den horizontal liegenden Fransen je eine Stelle, an
der die Fransen umsetzen, ganz ähnlich wie unter normalen Verhältnissen
oberhalb des Babinetschen oder Aragoschen Punktes.
Es darf hieraus geschlossen werden, daß in jenen Punkten die
Polarisationsebene unter einem Winkel von 45° zum Horizont geneigt lag.
Polarisation des Sonnenringes von 22° Radius.
1886.
|| | Bub. | IE
|
|
u N.F
Sonne O Sonne
Fig. 31. Fig. 32.
Mai 1, 1” p. Oberhalb der Sonne wird an dem unbewölkten Himmel
ein Bogenstück eines Sonnenringes sichtbar. Vor demselben setzen im
Sonnenvertikal die positiven Fransen um, ein Zeichen, daß der Ring dort
kräftig senkrecht zum Radius polarisiert ist. Der Punkt von Babinet
liegst innerhalb des Ringes. — Fig. 31.
Oktober 16, 8” a. Ein Sonnenring ist im Vertikal der Sonne
negativ polarisiert.
Dezember 8, 9" 40”, Umgebung der Sonne mit Schleiereirren
angefüllt. Darin ein Sonnenring. Babinets Punkt in 33° Sonnenabstand.
Im Vertex des Ringes Anschwellen der negativen Fransen. Unterschied
zexen Mailer 1052
Dezember 16, 12". Um die Sonne liegen Schleiereirren, in denen
ein schwach ausgebildeter Sonnenring auftritt. Höhe der Sonne 15°, des
Babinetschen Punktes 47°.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 213
Dezember 26, 11” a. Einzelne Dunstwolken vor einer gleichmäßig
verteilten zarten Cirrusdecke. Prachtvoller Sonnenring. Höhe der Sonne
13°, Babinets Punkt 43°. Im Sonnenvertikal schwellen die negativen
Fransen vor dem Ringe erheblich an. Bei Drehung des Polariskops unter
Beibehaltung der radialen Lage der Fransen nimmt im Ringe die An-
schwellung der Fransen ab, und bei horizontaler Lage der Fransen
erscheinen sie vor dem Ringe abgeschwächt. Letzterer ist also wohl
überall senkrecht zum Radius polarisiert.
1887.
= h . . N . . ..
Januar 28, 10° a. Himmel mit Schleiereirren überzogen. Pracht-
voller Sonnenring. Höhe der Sonne 15°, Babinets Punkt 43°. Frühere
Fig. 33.
Beobachtungen bestätigen sich: 1. Anschwellen der negativen Fransen im
Vertex des Ringes, Abschwächung der positiven Fransen im horizontalen
Durchmesser; 2. Annäherung des neutralen Punktes bei Drehung der
Fransen um die Sonne; 3. Keine Fransen im Innern des Ringes bei einer
Neigung der Fransen von 45°. — Fig. 33, „a“ Ring, „n“ Babinets Punkt,
bb Weg des neutralen Punktes bei Drehung der Fransen.
März 16, 5” 30” p. Sonnenring. Höhe der Sonne 6°, des Babinet-
schen Punktes 37°. Beobachtung genau wie am 28. Januar. Desgl. am
22. März.
Juni 20, 12". Cirren verschiedener Art, in denen ein Sonnenring
auftritt. Die Polarisation in der Sonnenumgebung zeigt eine merkwürdige
Abweichung von der normalen: Außerhalb des Sonnenringes liegt
nämlich em neutraler Ring, der einen vertikalen Radius von 27°, einen
214 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
ud
horizontalen Radius von etwa 25° hat. Im horizontalen Durchmesser scheint
derselbe eine nach der Sonne hinkonvexe Ausbuchtung zu haben.
Die Polarisation des Sonnenringes selbst ist normal. — Als der Himmel
ein mehr gleichmäßig grau-blaues Aussehen angenommen hatte, waren die
Verhältnisse normal.
1889.
Mai 31, 5" 30"p. Aus W zieht ein Gewitter herauf, welches an der
Vorderseite sog. falsche Cirren aussendet (Schleiereirren mit eirrocum.-
artigen Verdichtungen). Farbenerscheinungen treten in diesen Cirren
nicht auf. Als aber 5%4" die Sonne matt sichtbar wurde, erschien in
30° Sonnenabstand der Babinetsche Punkt, und mehrere Grade unter-
halb desselben bemerkte man ein kräftiges Anschwellen der
negativen Polarisationsfransen, ganz ähnlich wie bei einem
Sonnenring, wohlein Beweis, daß dort in der Tat Spuren eines
solehen Ringes vorhanden waren.)
November 7, 9" a. Prächtiger Sonnenring. Vertex stark negativ
polarisiert. Im horizontalen Durchmesser ist der Ring neutral, so dab
dort also an beiden Seiten von der Sonne ein echter neutraler Punkt liegt.
November 15. Den ganzen Tag ist ein Sonnenring vorhanden.
8” 30”. Babinets Punkt außerhalb des Ringes. Alles normal.
12". Ring viel matter, aber rechts und links eine prachtvolle
Nebensonne. Babinets Punkt jetzt innerhalb des Ringes. Die Neben-
sonnen verwischen die horizontalen (positiven) Fransen kaum; innerhalb
des Ringes sind letztere geschwächt.
Die hier mitgeteilten Beobachtungen zeigen, daß das Vorhandensein
von Wolken zuweilen sehr verwickelte Polarisationserscheinungen bedingen
kann, über welche man sich schwerlich in jedem Falle wird Rechenschaft
geben können. Anderseits dürfte es aber gestattet sein, doch einige Sätze
und Regeln auszusprechen, die sich aus diesen Beobachtungen ergeben.
1. Eine dunkle Wolke von einiger Ausdehnung, welche im Sonnenvertikal
innerhalb des Gebietes der negativen (zum Horizont parallelen) Polari-
sation liegt, also zwischen den neutralen Punkten von Babinet und
Brewster, oder zwischen dem Aragoschen Punkt und dem Horizont,
zeigt positive, zum Horizont senkrechte Polarisation.
Bei hinreichender Ausdehnung dunklen Gewölks, welches die Sonne
und die neutralen Punkte verdeckt, liegt im Sonnenvertikal über-
IS)
') Durch diese Beobachtung fand eine Mitteilung von Chase über den Nachweis
eines mit freiem Auge noch nicht sichtbaren Halos ihre Bestätigung. Busch erhielt von
der entsprechenden Beobachtung Uhases erst im Jahre 1909 Kenntnis.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 215
all positive Polarisation vor, auch wenn die höheren Teile des
Himmels unbedeckt sind. Dieselbe Polarisation tritt aber über der
(regensonne auch wohl bei Sonnenschein auf — Bewölkung in jener
(segend vorausgesetzt —.
3. Eine dünne Wolkendecke oder eine Decke von Cirrostratus, solange
sie die Sonne noch erkennen läßt, oder auch eine Schicht von Cirro-
cumulus in der Umgebung der Sonne, dehnen das Gebiet der negativen
Polarisation ganz erheblich aus, zuweilen auf den dreifachen Betrag
der normalen Größe. Hierbei scheinen die Bewölkungsverhältnisse
der übrigen Teile des Himmels ganz ohne Bedeutung zu sein.
Eine ähnliche Beobachtung macht man während eines schwachen
Sehneegestöbers oder Regenschauers, welches den Sonnenstrahlen
noch den Durchgang gestattet, oder auch, wenn die Luft mit glitzernden
feinen Eisnadeln angefülltist. In diesen Fällen ist die negative Polarisation
des Sonnenvertikals in der Nähe der Sonne außerordentlich intensiv.
4. Wenn die Cirrusdecke in eine ziemlich gleichmäßig graue, nicht zu
dicke Wolkenschicht übergeht, so verschwindet die negative Polari-
sation in der Nähe der Sonne, und der ganze Sonnenvertikal zeigt
positive Polarisation, sobald die Sonne verdeckt ist. Auch bei
dichtem Nebel, der die Sonne verhüllt, ist die Polarisation im ganzen
Sonnenvertikal positiv.
Bei dichter Wolkendecke, welche den ganzen Himmel überzieht, ist das
von den oberen Teilen ausgehende Licht neutral, während die unteren
Luftschichten überall senkrecht zum Horizont polarisiert erscheinen. ')
6. Das von einem Sonnenring von 22° Radius ausgehende Licht ist überall
senkrecht zu dem Radius polarisiert. Der Sonnenring stört in der
Regel die Polarisation des aus der Sonnenumgebung uns zukommenden
Lichtes nicht; insbesondere hängt die Lage des Babinetschen Punktes
allein von der Dichtigkeit der den Ring erzeugenden Cirrusschicht
ab, indem dieser Punkt bei sehr feinen Cirren innerhalb, bei diehteren
dagegen außerhalb des Ringes liegt.
or
Nachdem im Jahre 1889 der Sonnenabstand von Babinets Punkt zur
Zeit des Sonnenunterganges bis auf etwa 15° gesunken war und sich
fortgesetzt unter dem Brewsterschen Durchschnittswerte von 18,5° hielt,
brach Busch Ende Mai 1890 die Beobachtungen ab, in dem Glauben, dab
nunmehr für Arnsberg normale Verhältnisse vorlägen. Als ihm aber
im Februar 1891 die Farben der Dämmerung wieder glänzender zu sein
') Auf diese Tatsache ist auch schon von anderer Seite (Chase), insbesondere von
J. L. Soret hingewiesen. (Sur la polar. atm., Ann. de Chimie et de Physique, 9€ serie,
t. XIV, aoüt 1888.)
216 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
schienen, griff er von neuem zum Savartschen Polariskop und war nicht
wenig erstaunt, zu sehen, daß jene Abstände wieder Werte angenommen
hatten, die über 20° lagen. Offenbar befand man sich in einer neuen
Störungsperiode. Eine erneute Beobachtung der neutralen Punkte erschien
äußerst wünschenswert. So nahm denn Busch die Messung der Höhe
dieser Punkte zur Zeit des Sonnenunterganges wieder auf, und es stiegen
die Abstände des Babinetschen Punktes von der Sonne bei —0,5° Sonnen-
höhe im Sommer 1891 bis auf 24 und 26°, fielen dann aber im Winter
1891/92 auf 21°. Die mittleren Werte betrugen für die Jahre 1891, 1892,
1893 der Reihe nach 23,1, 21,6 und 24,5° (bis Juli 93).
Da nun im Jahre 1593 auch ein Maximum der Sonnentätigkeit vor-
lag, und da auch das Minimum von 1859 mit dem Minimum der Abstände
der neutralen Punkte zusammengefallen war, so glaubte Busch, in einem
Vortrage, den er auf der ersten Wanderversammlung der Vereinigung von
Freunden der Astronomie und kosmischen Physik im Oktober 18093 in
Münster hielt!), auf diesen Gleichlauf hinweisen zu müssen und eine
Beziehung zwischen beiden Erscheinungen für nicht ausgeschlossen halten
zu dürfen. Die interessanten Aussichten, die sich auf diese Weise eröffnet
hatten, forderten gebieterisch die Fortsetzung der Beobachtungen. Diese
wurden in der Weise vorgenommen, daß man an möglichst vielen geeigneten
Abenden einige sich um die Sonnenhöhe von — 0,5° gruppierende Messungen
beider neutralen Punkte ausführte. Man war auf diese Weise gesichert, daß
keine irgendwie nennenswerte neue optische Störung unbemerkt blieb.
Die Jahresmittel nahmen nun bis zum ‚Jahre 1899 gleichlaufend mit den
Sonnenflecken -Relativzahlen fortwährend ab. Die letzteren erreichten
freilich diesmal ein bis zwei Jahre später ihr Minimum (s. die in der Ein-
leitung S. S mitgeteilte Tabelle). Da trat plötzlich nach dem im Früh-
jahr 1902 erfolgten Ausbruch der westindischen Vulkane im Herbst des-
selben Jahres ein Emporschnellen beider Punkte, insbesondere des Babinet-
schen Punktes, ein, und nach den Erfahrungen des Jahres 1853 mußte
man diese Erscheinung als eine Wirkung jener gewaltigen Vulkan-
ausbrüche ansprechen. Über seine neuen Ergebnisse berichtete Busch im
Juli 1903?) und im November 1905°). Im der zweiten dieser Arbeiten
machte er auch den Versuch, die Wanderung der neutralen Punkte an der
Hand von Sorets Theorie zu erklären.
Aus den S. S mitgeteilten Zahlenreihen mag als besonders auffallend
') Dieser Vortrag ist abgedruckt in den Mitteilungen der Vereinigung von Freunden
der Astronomie und kosmischen Physik vom Jahre 1893.
°) Met. Zs., Juli 1903: Beobachtungen über die gegenwärtig vorliegende Störung
der atmosphärischen Polarisation.
») Das Weltall, 1905: Das Verhalten der neutralen Punkte von Arago und Babinet
während der letzten atmosphärisch-optischen Störung.
-
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. DIN
das starke Anschwellen der Abstände beider Punkte im Jahre 1902 hervor-
gehoben werden. Während die Werte für den Babinetschen Punkt im
Jahre 1901 noch gleichzeitig mit den Sonnenflecken das Minimum auf-
weisen, steigt der Abstand des Babinetschen Punktes im Jahre 1902 schon
um 4,3°, im Jahre 1903 um weitere 10,9”, und es ist merkwürdig genug,
daß in diesen beiden ‚Jahren die Sonnenflecken-Relativzahlen von 16,6
auf 25,3 und 41,1 springen. Nichtsdestoweniger mußte das Emporschnellen
der Abstände der neutralen Punkte nach Analogie früherer Erscheinungen
vorläufig mit den Ausbrüchen der westindischen Vulkane in Zusammenhang
gebracht werden, obgleich eine Untersuchung über die Ausbreitung des
Vulkanstaubes von Westindien nach Europa nicht vorlag. Man wußte
nur, daß diese Ausbrüche im Frühjahr 1902 eingetreten waren, und daß
dann im Sommer desselben Jahres der Glanz der Dämmerungserscheinungen
in Europa wieder zugenommen hatte.
Es bot sich nun Gelegenheit, die Wirkung dieser neuen Störung
auf das Verhalten der neutralen Punkte von Anfang an eingehender zu
studieren und dadurch eine Untersuchung nachzuholen, die bei der großen
Störung von 1883 leider versäumt war. Diese Untersuchung wurde ungefähr
gleichzeitig von Sack in Lübeck und Busch unternommen. Sack begann
mit seinen Beobachtungen im September 1902, Busch nahm sein Messungs-
verfahren der Jahre 1883 bis 1850 wieder auf. Einige in den Jahren 1904
bis 1908 in Berlin angestellte Messungen liegen auch von Wilke vor.
Im März 1904 erstattete dann Sack Bericht über das in dem Zeitraum
September 1902 bis August 1903 gewonnene Beobachtungsmaterial'). Von
den Schlüssen, die er aus den a. a. 0. mitgeteilten Tabellen zog, mögen
hier die folgenden wiedergegeben werden:
1. Die: Abstände des Babinetschen Punktes von der Sonne und des
Aragoschen Punktes vom Gegenpunkte der Sonne ändern sich mit
der Stellung der Sonne um die Zeit ihres Auf- und Unterganges
in demselben Sinne.
2. Der Abstand des Babinetschen Punktes von der Sonne nimmt zu, bis
diese in geringer Höhe über dem Horizont steht, hat dann seinen
größten Wert und nimmt ab, wenn sich die Sonne von jener Stellung
entfernt; der Abstand des Aragoschen Punktes vom Gegenpunkte
der Sonne nimmt ab, bis diese in geringer Höhe unter dem Horizont
steht, hat dann seinen geringsten Wert und nimmt zu, wenn sich die
Sonne von jener Stellung entfernt.
Auf diese Weise erhielt das von Busch zuerst ausgesprochene Gesetz
eine für die Zeit des Sonnenauf- und -unterganges passende allgemeinere
Fassung. Auf einige andere Ergebnisse der Arbeit von Sack kommen
!) Met. Zs., März 1904: Beobachtungen über die Polarisation des Himmelslichtes
zur Zeit der Dämmerung.
218 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
wir noch zurück. Im ‚Juni 1905 veröffentlichte alsdann Busch eine Arbeit’),
in welcher er an der Hand seiner eigenen und der Beobachtungen von
Sack das Verhalten der neutralen Punkte während der Störung unter-
suchte und insbesondere dieses Verhalten mit den in den Jahren 1883 bis
1889 abgeleiteten Beobachtungsergebnissen verglich.
Um den über alles Erwarten gewaltigen Eimfluß zu zeigen, den die
Störung von 1903 auf die Abstände der neutralen Punkte hatte, mögen
hier die bei den Sonnenhöhen von 9,5 bis —5,5° gefundenen Abstände
der Jahre 1886, 1887, 1889 und 1903 bis 1908 folgen. Die Zahlen für
1905, 1906, 1907 sind zwei neueren Aufsätzen”) von Busch entnommen.
Auch die aus den Beobachtungen von Sack und Wilke hervorgegangenen
Werte sind beigefügt. Auf den Tafeln (Fig. 34a und b) sind die in Arms:
bere 1903 bis 1908 gewonnenen Ergebnisse sowie diejenigen von Sack
in Lübeck (Jan. bis Aug. 1903) graphisch dargestellt. Dabei sind die
Sonnenhöhen wiederum als Abszissen, die Abstände der neutralen Punkte
als Ordinaten genommen. In Tab. VII sind die Differenzen der Jahres-
mittel für Arnsberg von 1903 und denen der übrigen Jahre zusammen-
gestellt. Für die Jahre 1904, 1886, 1887 und 1889 sind sie dem Auf-
satz von Busch aus dem ‚Jahre 1905 entnommen, die übrigen sind neu
berechnet. In den Kurven der Fig. 55 sind auch einige dieser Zahlen-
reihen graphisch dargestellt.
Aus den bis 1904 einschließlich gewonnenen Zahlenreihen durften
(M. Z. 1905, S. 252) folgende Schlüsse gezogen werden:
1. „Im Jahre 1903 sind die Werte für die Sonnenabstände des
Babinetschen Punktes vor Untergang der Sonne und später bis zu einer
Sonnenhöhe von 3,5° durchweg größer als nach dem Verschwinden der
Störung in den achtziger Jahren des vorigen ‚Jahrhunderts im Jahre 1889.
Der Unterschied erreicht bei der Sonnenhöhe von 3,5° seinen größten
Wert, und zwar den ganz erstaunlichen Betrag von 26,5°. Mit sinkender
Sonne wird dieser Unterschied aber stets kleiner. Im Vergleich mit den
Jahren 1904, 1886 und 1887 wird der Unterschied schließlich sogar
negativ, d.h. die Abstände sind bei tieferem Sonnenstande, bei — 1,5
oder —2,5° im Jahre 1903 sogar kleiner als 1904, 1886 und 1887. Auch
die Monatsmittel von Sack (M. Z. März 1904, S. 11) sind bei einer Sonnen-
höhe von —2,5° und später zur Zeit der stärksten Störung kleiner
') Met. Zs., Juni 1905: Beobachtungen über die Wanderung der neutralen Punkte
von Babinet und Arago während der atmosphärisch - optischen Störung der Jahre 1905
und 1904.
?) Met. Zs. August 1907: Die neutralen Punkte von Babinet und Arago in den
Jahren 1905 und 1906 nach Beobachtungen in Arnsberg; und Met. Zs., September 1908:
Eine neue Störung der atmosphärischen Polarisation, nachgewiesen aus Beobachtungen
der neutralen Punkte von Babinet und Arago im Jahre 1907.
219
hen Polarisation.
ärise
Tatsachen und Theorien der atmosph
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220 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Tabelle VII.
Differenzen zwischen den Jahresmitteln (nach Busch) von
1905 und denen der übrigen Jahre.
> 1903-1904 | 1903-1905 | 1908-1906 x 19031908 a
Babinets Punkt
DDR — 31116. 2110213671. 21732722257 —
4.517 10:921218 48 15.23,.0 11.93.0. 0 22:2. 1190, Oo,
a 19,42, 244, 24192 208 20282 26028
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—4.5 — 13.3 |—1.8 |—2.0 |—3.2 = — |
-5.5 — 13.1 13.4 |—3.3 | —5.4 _— — le
Aragos Punkt
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—0.51—1.1 1 —0.6 0722212086 0.0 1—0.2 an! 2
—1.5 [2.4 |—2.0 |—1.1 |)—0.8 |—1.9 |—1.8 |—1.6 0.5
—2.51—2.4 | —1.5 | —1.0 |—0.3 |—1.8 |-1.6 |—1.5 0.4
—3.51—1.6 |—1.0 1 —1.0 |—0.5 |\—2.3 !—-1.8 |—1.6 052
—4.5 1—1.1 1 —0.8 —1.0 I—1.5 |—-3.2 I—2.4 |—0.8 |—0.4
Dar, (one 05 ara ee
als im Anfange derselben. Dieses Verhalten ist höchst auffallend und
daher besonders beachtenswert.
2. Die Werte für die Abstände des Aragoschen Punktes vom Gegen-
punkte der Sonne sind 1903 vor und nach Sonnenuntergang bis zu einer
Sonnenhöhe von —3,5° gleichfalls durchweg größer als 1889. Die
Unterschiede sind aber viel geringer als beim Babinetschen
Punkte und betragen höchstens etwa 10°. Im Vergleich zu den anderen
Jahren sind die Abstände wie beim Babinetschen Punkte im Jahre 1903
zunächst gleichfalls größer, sie nehmen aber nachher so stark ab, daß
sie bei einer Sonnenhöhe von —0,5 bis —1,5° sogar kleiner werden.
In dieser Beziehung verhält sich also der eine Punkt genau
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 2
Babinets Punkt von 1903 bis 1908.
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292 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Aragos Punkt von 1903 bis 1908.
322
30°
28°
26° I
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Fig. 34b.
so wie der andere. Wir können dieses Ergebnis dahin deuten, daß
im Jahre der stärksten Störung die negative Polarisation vor
Sonnenuntergang stark zugenommen hat, daß aber kurz nach
Sonnenuntergang ein Zeitpunkt eintrat, von welchem ab sie
geringer war als in den übrigen Jahren der Störung. Der Zeit-
punkt der Umkehr lag beim Aragoschen Punkte etwas früher
als beim Punkte von Babinet.
3. Im Jahre 1904 ist die Störung schon bedeutend zurück-
gegangen; der Abstand des Babinetschen Punktes hat in seinem Maximum
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 293
Kurven der Differenzen der Jahresmittel für Babinets Punkt
von 1903 bis 1908.
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Fig. 35a.
224 Friedr. Busch und Uhr. Jensen.
Kurven der Differenzen der Jahresmittel tur Araoos Punkt
von 1903 bis 1908.
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Fig. 35b.
von 1905 zu 1904 schon 10,5, die Werte für den Aragoschen Punkt
haben vor Sonnenuntergang schon bis etwa 5° verloren.
4. Während in den ‚Jahren 1586—1889 das Maximum des Abstandes
des Babinetschen Punktes bei einer Sonnenhöhe von —0,5° eintrat, hat
sich dasselbe in den ‚Jahren 1903 und 1904 nach einer erößeren Sonnen-
höhe (+ 2,5° nach den Beobachtungen von Busch) verschoben. Das
geht in gleicher Weise aus allen Beobachtungsreihen (siehe Tab. VD)
hervor und ist auch schon von Sack aus seinen Beobachtungen abgeleitet
worden; nach den letzteren lag das Maximum bei 1,5° Sonnenhöhe.
Eine gleiche Verschiebung tritt übrigens auch in allen
jenen Fällen ein, in denen die negative Polarisation des
Himmelslichtes durch Cirrostratus oder Altostratus oder
auf andere Weise vorübergehend einen ungewöhnlich großen
Wert angenommen hat.
Wir haben darauf an einer andern Stelle (S. 204) bereits hin-
gewiesen.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 225
De
5. Während im Jahre 1903 eine Verfrühung des Maximums
im Abstande des Babinetschen Punktes von der Sonne eintrat,
erfuhr nach den Beobachtungen von Sack das Minimum im Abstande
des Aragoschen Punktes vom Gegenpunkte der Sonne eine Ver-
spätung und verschob sich von einer Sonnenhöhe von —1,5° auf eine
solche von —2,5 und —3,5°, Auch auf diese Verschiebung hat
Sack selber schon hingewiesen. Obschon in den Beobachtungen von
Busch das absolute Minimum auch 1903 und 1904 noch bei — 1,5 lag,
so ist doch eine Verschiebung auf einen späteren Zeitpunkt in ihnen
wenigstens angedeutet (Tab. VIb).
6. Die stärkste Bewegung des Babinetschen Punktes zur Sonne
trat, wie aus Tab. VI hervorgeht, in den Jahren 1903 und 1904 bei einer
Sonnenhöhe von —0,5 bis —1,5° ein, sie betrug 8 bis 9° für eine
Abnahme der Sonnenhöhe um 1°. Die stärkste Bewegung des Aragoschen
Punktes zum Gegenpunkte der Sonne trat etwas früher ein; sie lag bei
0,5 oder bei 1,5° Sonnenhöhe und betrug 4 bis 5° für eine Abnahme der
Sonnenhöhe um 1°.
Dieser bemerkenswerte Absturz fällt beim Babinetschen Punkte
also gerade in die Zeit, in welcher die unteren Luftschichten
der direkten Bestrahlung durch die Sonne entzogen werden
und die Diffusion der zweiten Ordnung rasch stärker zur
Geltung kommt.
Im Jahre 1904 hat dieser starke Rückgang schon bedeutend nach-
gelassen, und er beträgt beim Babinetschen Punkte nur mehr 3,4°, beim
Aragoschen 1,5° für eine Differenz der Sonnenhöhe von 1°.“
Der Verlauf der großen Störung, die im Herbst 1902 eintrat, kann
am besten aus den Kurven (Fig. 34 und 35) erkannt werden. Die Kurven
für 1904 zeigen bei den Sonnenhöhen 7,5 bis 2,5° noch keinen kontinu-
ierlichen Lauf, weil die entsprechenden Beobachtungen leider nicht zahl-
reich genug sind. Für 1907 sind die Kurven der Differenzen nicht ge-
zeichnet, weil sie sich denen für 1906 und 1908 so eng anschmiegen,
daß durch ihre Darstellung die Übersichtlichkeit gestört worden wäre.
Man erkennt leicht, daß die vorhin mitgeteilten, aus den Beob-
achtungen vor 1905 abgeleiteten Schlüsse auch für die folgenden ‚Jahre
im wesentlichen bestehen bleiben. Bis 1906 einschließlich gelten sie un-
bedingt, in den Kurven für 1907 und 1908 kommt der Eintritt neuer,
sekundärer Störungen deutlich zum Ausdruck. Aus den Kurven für die
Differenzen (Fig. 35a u. b) heben wir als besonders charakteristisch her-
vor, daß zur Zeit des Sonnenunterganges die Differenzen für beide Punkte
negativ werden, und daß die Umkehr von 1903 bis 1908 allmählich bei
tieferem Sonnenstande, also später, eintritt, für Aragos Punkt aber etwas
früher als für Babinets Punkt.
226 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Auf die Störungen von 1907 und 1908 kommen wir sogleich noch
zurück.
Es mag noch der Unterschied hervorgehoben werden, der zwischen
den Zahlen von Sack und denen von Busch besteht. Da erstere größer
sind als letztere, so glaubte Busch diesen Unterschied auf die ungleiche
Höhenlage der Beobachtungsorte — Lübeck liegt etwa 200 m tiefer
als Arnsberg — zurückführen zu sollen. Sack geht in einer zweiten
Arbeit!) auf diesen Punkt etwas näher ein und zeigt, daß der Unterschied
doch nicht so groß ist, wenn er aus seinen eigenen Beobachtungsreihen nur
solche Reihen zur Ableitung der Mittelwerte benutzt, die er, ebenso wie
Busch, bei wolkenlosem Himmel erhalten hat. Er kommt zu dem Schluß,
daß man aus dem noch verbleibenden Unterschiede von höchstens 3,5
nicht mit Sicherheit auf eine tatsächliche Verschiedenheit der Stellung
der neutralen Punkte an den beiden Beobachtungsorten Arnsberg und
Lübeck schließen dürfe, um so weniger, als die Beobachtungsreihen
für beide Orte sich nicht genau über denselben Zeitraum erstreckten.
Sack hält demnach die Frage, ob die Stellung der neutralen Punkte von
Babinet und Arago örtlich verschieden sei, noch nicht für erledigt und
spricht den Wunsch aus, daß eine Verabredung mehrerer Beobachter zur
Anstellung von gleichzeitigen Messungen an verschiedenen Orten zustande
kommen möge, damit diese Frage entschieden werden könne.?)
In einem Aufsatze vom April 1907 tritt Jensen?) dieser Ansicht bei,
erweitert aber in eingehenderer Behandlung der Frage den von Sack
ausgesprochenen Wunsch dahin, daß überhaupt systematische Polarisations-
beobachtungen in größeren Höhen vorgenommen werden möchten, und
spricht sich schließlich dahin aus, daß es an der Zeit wäre, daß dieser
ganze, auch heute noch gar zu sehr vernachlässigte Zweig der kosmischen
Physik mehr gepflegt würde, und daß diese Art von Messungen jedenfalls
an einigen größeren, möglichst weit vom Zentrum größerer Städte entfernt
liegenden meteorologischen Instituten in die Zahl der dauernd gemessenen
meteorologischen Momente aufgenommen würde, zumal es neben-
bei wahrscheinlich genug „eworden sei, daß derartige Beobachtungen
ein schätzbares Hilfsmittel für die Wetterprognose abgeben könnten. Im
August des nämlichen ‚Jahres sprach auch Busch in der genannten Arbeit
den Wunsch aus, daß die größeren meteorologischen oder astronomischen
') Met. Zs., August 1904: Beobachtungen über die neutralen Punkte von Babinet
und Arago in den Jahren 1903 und 1904.
?) Bei der Behandlung solcher Fragen wird man nach den in der allgemeinen
Übersicht erwähnten neueren Untersuchungen von Jensen die Färbung der an den ver-
schiedenen Orten benutzten Turmaline kaum außer acht lassen dürften.
3) Chr. Jensen, Bemerkungen im Anschluß an die letzte Arbeit des Herrn Sack
über die neutralen Punkte von Babinet und Arago in den Jahren 1903 und 1904, Met.
73.3907, pP. 189 187.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 997
Öbservatorien sich einmal dieses Gebietes annehmen und namentlich die
messende Verfolgung der neutralen Punkte in ihr Arbeitsprogramm auf-
nehmen möchten. Durch den im Spätsommer 1905 vor der Deutschen
Meteorologischen Gesellschaft gehaltenen Vortrag von Jensen, durch seine
sich daran anschließende Konstruktion eines handlichen Apparates und
weiterhin durch die eifrige Propaganda, die sich im den ersten Monaten
des ‚Jahres 1910 im besonderen auf die Untersuchung einer möglicherweise
prinzipiellen Beeinflussung der Höhe der neutralen Punkte durch den
erhofften Durchgang der Erde durch den Schweif des Halleyschen Kometen !)
richtete, scheint nun endlich der Stein ins Rollen gekommen zu sein, und
wir dürfen mit besonderer Genugtuung hervorheben, daß bereits heute
nicht nur eine Anzahl von Privatgelehrten, sondern vor allem auch eine
schon ganz stattliche Reihe von Observatorien die messende Verfolgung
der Höhe der neutralen Punkte in ihr Arbeitsprogramm aufgenommen
hat. Vor allem aber möchten wir uns der Hoffnung hingeben, durch
diese Schrift der Erreichung unseres Zieles sehr nahe zu kommen.
Wir müssen nun noch auf die Werte hinweisen, die sich für den
Punkt von Babinet aus den in den Jahren 1905, 1906, 1907 und 1908
von Wilke angestellten Beobachtungen ergeben haben.
Während im Jahre 1904 die Ergebnisse dieses Beobachters Werte
lieferten, die bei den Sonnenhöhen von 1,5 und 0,5° höher waren als die
entsprechenden Werte von Busch, sind sämtliche Zahlen für die drei
späteren Jahre entschieden kleiner, und es scheint fast, als ob die in der
Einleitung schon kurz besprochenen neuen Störungen von 1907 und 1908,
die in Arnsberg so prägnant hervortraten, in Berlin nicht bestanden hätten.
Die Wilkeschen Zahlen sind um so auffallender, als die entsprechenden
Beobachtungen alle im Sommerhalbjahr angestellt sind, also in einer Zeit,
in der die Störungen, auf die wir übrigens noch näher eingehen werden,
eintraten. Leider liegen aus Berlin keine Beobachtungen des Aragoschen
Punktes vor, so daß sichere Schlüsse nicht gezogen werden Können.
Recht eigentümliche Verhältnisse traten, wie schon gesagt, in Arns-
berg in den Abständen der neutralen Punkte im Jahre 1907 ein, Ver-
hältnisse, die um so merkwürdiger waren, als sie namentlich den Aragoschen
Punkt betrafen. Während bis zum 3. April dieses Jahres die Zahlen-
reihen einen ganz normalen Charakter zeigten, insofern, als sie sich nieht
erheblich über den Durchschnitt erhoben, waren plötzlich am 10. Mai —
in der Zwischenzeit gab es keinen günstigen Beobachtungsabend — die
') Jensens hierauf gerichtete Bestrebungen wurden in dankenswerter Weise durch
Herrn Professor K. Birkeland in Christiania und Professor J. Plaßmann in Münster
in Westfalen unterstützt, und mit besonderer Freude haben wir es auch begrüßt,
dab verschiedene Observatorien diese Gelegenheit ergriffen haben, den Apparat vom
Ballon aus zu erproben.
298 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Zahlen für den Babinetschen Punkt um etwa 2”, für den Aragoschen
Punkt bei Sonnenhöhen von 5 bis 2° um etwa 7° höher als vorher, und
dieser Unterschied blieb bis Ende des Jahres und bis in das Jahr 1908
hinein bestehen. Die S. 219 mitgeteilte Tabelle läßt schon in den Jahres-
mitteln für 1907 im Vergleich zu 1906 diese Veränderung erkennen, sie
wird aber viel deutlicher, wenn wir die Mittelwerte der Tabelle VIII
einmal für den Zeitraum vom 1. Januar bis 3. April und dann vom 10. Mai
bis Ende des Jahres näher betrachten. In den ersten Zeitraum fallen 11,
in den zweiten 10 Beobachtungstage.
Tabelle VII.
Babinets und Aragos Punkt im Jahre 1907.
Höhe der Sonne in Graden
Zeit |
5.5 | 4.5 13.5 | 2.5 1.5 | 0.5 |-0.5|-1.5|-2.5/-3.5/-4.5
1. Babinets Punkt 1907.
Januar—Mai....... 15.4 | 15.6 | 16.7 a 17.4
Mai—Dezember .... [18.2 |18.9 | 19.2 19.7 20.1 20.1/19.4|18.5/18.5|18.1| 17.7
| | | | | |
2. Aragos Punkt 1907.
Januar—Mai....... 21.1|20.7|20.4|20.2| 19.7 19.4|19.2)19.1|19.6|20.7| 23.8
Mai—Dezember .... [26.1 26.0 25.8|25.2|24.6 22.6|20.4 19.0|18.4|18.7| 19.7
In Fig. 36 sind diese Verhältnisse graphisch dargestellt.
Busch durfte auf Grund dieser Zahlen a. a. O. den Satz aussprechen :
„Es ist demnach der Schluß berechtigt, daß in der Zeit vom 3. April bis
10. Mai 1907 an meinem Beobachtungsorte (Arnsberg) eine neue optische
Störung der Atmosphäre eingetreten ist, die gegenwärtig (Januar 1908)
noch fortbesteht.“ Bei Erörterung der Frage, woher diese Störung ge-
kommen sein möge, spricht er die Ansicht aus, daß die Möglichkeit einer
kosmischen Ursache nicht ganz von der Hand zu weisen sei; er fügt
dann hinzu: „Es besteht freilich wenig Aussicht, diese Annahme zu
prüfen, da die neutralen Punkte noch nicht an vielen, über die ganze
Erde verteilten Orten messend verfolgt werden. Gewiß würden auch
sorgfältige Beobachtungen der mit unbewaffnetem Auge sichtbaren
optischen Erscheinungen in der Atmosphäre Anhaltspunkte für das Auf-
treten und die Verbreitung einer Störung geben können, aber die Messung
der Höhe der neutralen Punkte von Babinet und Arago führt sicherer
zum Ziele und drückt den Betrag einer Störung gewissermaßen zahlen-
mäßig aus.“
Außerordentlich auffallend sind bei dieser Störung die hohen Werte,
Arageos Punkt.
Babinets Punkt.
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Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation.
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230 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
die der Abstand des Punktes von Arago in dem zweiten Zeitraum vor
Untergang der Sonne im Vergleich zu den gleichzeitig bestehenden
Werten für Babinets Punkt aufweist. Dieser Sachverhalt muß als ein
besonderes Kennzeichen der Störung von 1907 angesehen werden.
Eine Erklärung desselben ist vor der Hand nicht möglich.
Wir dürfen hier nieht verschweigen, daß nach den Mitteilungen des
Astrophysikalischen Instituts Königstuhl von Max Wolf (Vierteljahrsschrift
der Astronomischen Gesellschaft, 43. Jahrgang 1908, 3. Heft, S. 207) im
‚Jahre 1907, besonders Mitte Mai, eine auffallende Trübung der Atmosphäre
einsetzte, die am 20. ‚Juni verschwand. Wolf führt diese Erscheinung
auf die starken Ausbrüche der süditalienischen Vulkane des Jahres 1907
zurück. Es war während der genannten Zeit nicht möglich, schwächere
Sterne zu photographieren, und die Strahlung einge im Mai auffallend
unter die normale hinunter. Dementsprechend entwickelten sich die
Dämmerungserscheinungen wieder zu großer Pracht. Gegen Ende des
‚Jahres und Anfang 1908 trat der Bishopsche Ring kräftig auf. Eine
gleiche Trübung war 1906 am 13. April eingetreten und hatte bis zum 16. Juli
angehalten. Wie eine Rundfrage bei 20 Observatorien der Erde ergeben hatte,
war diese Trübung nur in ganz Deutschland, Österreich, den Alpen, Ungarn
und z. T. in Oberitalien aufgetreten, sonst nirgends. „Da der große Ausbruch
des Vesuv am 10. April!) stattfand, so erscheint es so gut wie sicher, daß
es die durch ihn verursachte Staubwolke war, die sich so lange über Zentral-
europa hielt und die Trübung verursachte. Das Auftreten des vulkanischen
Rubin bei der Dämmerung im Juni und Juli beweist dies gleichfalls.“
Es liegt natürlich sehr nahe, nach diesem Ausspruch von Wolf auch die
im Jahre 1907 von Busch ermittelte Störung der atmosphärischen Polari-
sation und das schwache Anwachsen der Zahlen im Sommer 1906, auf
welches Busch’) im ‚Januar 1908 hingewiesen hat, auf die Ausbrüche
der Vulkane Süditaliens zurückzuführen, aber es bleibt immerhin sehr
auffallend, daß der Einfluß im Jahre 1906 nicht bedeutender gewesen ist,
obsehon der Ausbruch des Vesuvs von 1906 die Ausbrüche von 1907 so
erheblich übertraf. Vielleicht deutet dieser Unterschied auf eine Ver-
schiedenheit der störenden Teilchen hin.
(Ganz ähnlich lagen übrigens die Verhältnisse am 30. Juni und
I. Juli 1908. An diesen Tagen wurden abends innerhalb eines großen
(rebietes von Nordeuropa eigenartige leuchtende Wolkengebilde, verbunden
mit äußerst intensivem Dämmerungslicht, bis tief in die Nacht hinein, an
manchen Orten die ganze Nacht hindurch, beobachtet, ein Zeichen, daß
') Wie Wolf uns mitteilt, sollte der 10. April nur die angenäherte Zeit der damaligen
Ausbrüche angeben. Der bedeutendste Auswurf trat schon in der Nacht vom 7. auf 8. ein
(siehe auch p. 12). S. dazu F. de Phys. 621, p. 427 und 428.
*) Met. Zs., September 1908, 8. 414.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 23]
plötzlich eine sehr ausgedehnte, aus irgendeiner fein verteilten Materie
bestehende Wolke in sehr hoch gelegene Atmosphärenschichten ein-
gedrungen war'). Es erschien sehr wahrschemlich, daß auch die atmo-
sphärische Polarisation dadurch beeinflußt wurde. In der Tat ergaben
die Messungen am 1. Juli abends, daß der Punkt von Arago vor Sonnen-
untergang wieder Abstände vom Gegenpunkte der Sonne angenommen
hatte, die fast von derselben Größe waren wie im Sommer 1907, während
sie von Anfang des ‚Jahres bis Ende ‚Juni schon erheblich abgenommen
hatten. Babinets Punkt zeigte dagegen ebensowenig wie 1907 vor Sonnen-
untergang besonders auffallende Verhältnisse, aber bei einer Sonnenhöhe
won 2,5 trat bei ihm eine:ganz ungewöhnlich rasche
Bewegune von der Sonne weg ein. Dieses anormale Verhalten bestand
noch, wenn auch in abgeschwächtem Maße, Ende Oktober desselben ‚Jahres,
während die Zahlen für Aragos Punkt wieder den gewöhnlichen Charakter
angenommen hatten’). Wir teilen in nachfolgender Tabelle, um dieses
deutlicher hervortreten zu lassen, eine Anzahl der gewonnenen Beobachtungs-
reihen gesondert mit. (Tab. IX.)
Wie man sieht, liegt in der Tat bei negativen Sonnenhöhen auch
!) In einer Abhandlung über Dämmerungesanomalien im Sommer 1908 (Met. Zs.
1908, S. 437) sucht Herr Arthur Stentzel auf Grund seiner in Hamburg angestellten
Beobachtungen nachzuweisen, daß die auffallenden Dämmerungserscheinungen vom 30. Juni
(leuchtende Nachtwolken und abnorme Nachthelle) nicht so plötzlich eingetreten seien,
wie mehrfach behauptet wurde, dab sie sich vielmehr bereits vom 22. Juni an vorbereitet
haben. Er kommt dann zu dem Schluß: „Das besonders kräftige Phänomen vom 30. Juni
zum 1. Juli verdankt seine Entstehung dem Zusammenwirken der normalen, immer-
währenden (astronomischen) Dämmerung mit der um dieselbe Zeit im Ansteigen begriffenen
anomalen (vulkanischen) Dämmerung.“ Demgegenüber möchten wir doch daran festhalten,
daß man es in den hellen Wolken und dem die ganze Nacht währenden intensiven Nord-
schein jener und der folgenden Nacht, der sich auch später noch mehrfach wiederholte,
und zwar in stets abgeschwächterem Maße — wie unsere Polarisationsbeobachtungen ja
andeuten — mit einem von der Zunahme der Intensität der Dämmerungsfarben ganz
unabhängigen Phänomen zu tun hatte. Die Zunahme der Intensität der Dämmerungsfarben,
die sich in den tieferen Luftschichten bis etwa 40 km Höhe abspielte, bestand schon, wie
Stentzel richtig bemerkt, viele Wochen vorher in ganz ähnlicher Weise, aber unsere
Polarisationsbeobachtungen zeigten noch nichts Auffallendes an. Das änderte sich aber,
wie wir gezeigt haben, ganz plötzlich am 1. Juli. Am 30. Juni konnte leider nicht beob-
achtet werden. Es kam eben zu den übrigen abnormen Erscheinungen eine neue hinzu,
die ihren Sitz in viel höheren Schichten der Atmosphäre hatte. Auch M. Wolf in Heidelberg
kommt in einer Arbeit über das Phänomen (Astr. Nachrichten, Nr. 4266, und Met. Zs., 1908,
S.557) zu dem Schluß: „Nach unserer Ansicht muß der merkwürdige Vorgang durch eine in den
höchsten Schichten der Atmosphäre am Tage des 30. Juni entstandene Stauberfüllung hervor-
gerufen worden sein, die sich im Laufe von wenigen Tagen in die tieferen Schichten herabsenkte.“
2) Eine kurze Mitteilung über diese Verhältnisse hat Busch in den Mitteilungen
der Vereinigung von Freunden der Astronomie und kosmischen Physik, 18. Jahrg., Nr. 7,
gegeben. Dieser Jahrgang bringt auch Beobachtungen mit freiem Auge, die das
Fortbestehen der Störung noch im Herbst 1908 gleichfalls erkennen lassen.
232 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Tabelle IX.
Die neutralen Punkte im Jahre 1908 seit Ende Juni.
Sonnenhöhen in Graden
Zeit ——— | | |
5.5 | a.5 | 3.5 | 2.5 | 1.5 | 0.5 |-0.5|-1.5|-2.5|-3.5|-4.5|-5.5
1. Babinets Punkt.
1908 ICH | |
Afehrel else. or 16..015.416..6 |16.22)717.2, 1829217271166, 17.310 —
DIE 17.5. 16.9 | 16.9:17.0| 17 & 18.1 17.3.1727 16.9955 160g =
Julie ee: 16.6 16.8| 17.7. | 18.6 | 19.3: 19.5 | 19.6 119.01 197 2050 22.012749
DDR — 115.9|16.0|16.2|17.1|18.5 |18.9| 18.7 |19.6 20.5 21.5] —
September 7...|15.9| 16.0 | 15.7 !16.5|17.3|17.8 | 18.6 | 19.3 | 19.0 | 18.6 | 18.4 |19.5
er 20...115.8|16.2116.7 | 16.7.| 17.7 | 16.8 17.6. 17.3 1820) 18.7 29a 19EU
Oktober 7.:...:|15.5 16.3 | 16.5.1164 | 17.2.1185 117:4.117.3117.5 172918.895
29... .[14.7 | 15.4 | 16.4 17.0|17.3| 17.5 | 18.0. 17.6. 16.6) 16.900020 495
2. Aragos Punkt.
1908 | | |
IA, 91.5 121.4 | 21.3) 21.5 212920291193 272127275, Soma
DE 21.5 | 21.4 | 21.2|91°5 2131111:92921120252120243121222 122251 12310 m —
leerer 21.424333 29 23.3|20:8 | 2174 121.3. 21.421301 293
Be -. |22.1|21.5|21.4|20.9\21.0|21.1\21.6 [21.4 |21.3|24.5| —
September 7 ...[|21.1|21.0|21.3|21.5| 21.7 20.519.420 721.0 92.4226 95.3
5 20 ..120.7|20.7|20.3|20.1|19.6| 19.2| 19.4 | 19.7 20.2 | 22.3 |23.6 | 27.0
Oktober 77... 123.1 1222| 21.5 21593) 2123 1203572021 41927. 41925 19.9 % 2 2645
29722 2112.088 20.6 | 20.3 | 20.0 19361 71953211.920) 41859 19.4 |21.1|23.8| 26.5
im September und Oktober noch ein merkliches Anschwellen der für den
Babinetschen Punkt gewonnenen Zahlen vor, ein Zeichen, daß die am
30. Juni eingetretene Störung noch nicht ganz wieder verschwunden war.
Frühere Beobachtungen von Busch machen es freilich, wie schon einmal
hervorgehoben wurde, wahrscheinlich, daß ein schwaches Anwachsen der
Sonnenabstände des Babinetschen Punktes bei größeren Sonnentiefen
auch unter normalen Verhältnissen eintritt, und wir hätten einen Anhalts-
punkt für seine Erklärung, sobald wir wissen, wie dieses Verhalten des
Babinetschen Punktes während der Zeit einer Störung begründet werden kann.
Es ist übrigens nicht unwahrscheinlich, daß wir es hier mit einem
Vorgange zu tun haben, der mit Intensitätsschwankungen des diffusen
Himmelslichtes um die Zeit des Sonnenunterganges in unmittelbarem
Zusammenhange steht. Um dieses zu verstehen, wollen wir uns noch
einmal kurz die Eigentümlichkeiten der Störung am 1. Juli vergegen-
wärtigen. Es handelte sich also beim Babinetschen Punkte um unge-
wöhnlich große Sonnenabstände bei großen Sonnentiefen, beim Aragoschen
Punkte um große Abstände vom Gegenpunkte der Sonne bei Sonnenhöhen
von 5 bis 2°. Als weiteres Charakteristikum für den Aragoschen Punkt
muß noch hervorgehoben werden, daß am 1. Juli sein Abstand von
der Gegensonne bei den Sonnentiefen von 4,5 und 5,5° im Vergleich
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 233
zu den normalen: Werten (s. die Tabelle IX und Fig. 35) so außer-
ordentlich klein war. Ganz ebenso lagen die Verhältnisse in dem Zeit-
raum Mai—Dezember 1907. Nun war aber mit der Störung von 1908
eine so erhebliche Intensitätssteigerung des diffusen Lichtes nach
Sonnenuntergang verbunden, daß diese jedem Laien auffiel, und daß
sie in der gesamten Presse der nördlichen Länder Europas viel besprochen
wurde. Was liegt also näher, als in dieser Intensitätssteigerung den
Ursprung für die nach Sonnenuntergang beobachteten Abweichungen in
den Abständen der neutralen Punkte von den normalen Werten zu suchen,
um so mehr als, wie wir später sehen werden, die Intensitätsverhältnisse
des diffusen Lichtes bei der Erscheinung der neutralen Punkte sicher
eine Rolle spielen? Wir werden bei der Behandlung der Theorie der
neutralen Punkte auf diesen Zusammenhang zurückkommen müssen.
Beobachtungen von Brewsters Punkt seit 1883.
Über die Beobachtungen, die Brewster selber dem von ihm ent-
deckten neutralen Punkte widmete, sowie über die von Chase in Philadelphia
angestellten Beobachtungen desselben Punktes haben wir schon berichtet
(S. 194 u. 197). Während dieser Punkt einer großen Zahl der schärfsten
Beobachter, zu denen auch Rubenson und Lallemand gehören, entgangen
ist, da er in der Tat unter normalen Verhältnissen nur schwer zu sehen
ist, fand ihn während der großen Störung von 1883/84 Cormu in Paris
leicht auf‘), und Busch konnte im Jahre 1886 eine Reihe von Messungen
des Abstandes dieses Punktes von der Sonne mitteilen.?) Diese Messungen,
die mit gleichzeitigen Messungen des Sonnenabstandes des Babinetschen
Punktes verbunden waren, hatten Werte ergeben, die sich von 13 bis 15°
erstreckten; ihr Mittel (aus 10 Beobachtungen) betrug 15°, während sich
für den gleichzeitigen Abstand von Babinets Punkt der Wert 14° heraus-
gestellt hatte. Beide Punkte lagen ungefähr an der intensivsten Stelle des
Bishopschen Ringes.
Im Jahre 1888 fanden J. L. Soret und Chr. Soret?) auf dem Gipfel
des Rigi in einer Höhe von 18500 m den Brewsterschen Punkt wiederholt
mit großer Leichtigkeit, während er in der Ebene bei Genf merklich
schwerer beobachtet wurde. Auch in einer Höhe von 800 bis 900 m war
die negative Polarisation unterhalb der Sonne leicht festzustellen, woraus
man vielleicht schließen darf, daß eine Höhenlage des Beobachtungsortes
') Observations relatives A la couronne visible actuellement autour du Soleil,
BER. 1884, 1.99, p. 488.
?) Polarisation des zerstreuten Himmelslichtes usw., Met. Zs., Dezember 1886.
3) Observations du point neutre de Brewster, Archives des sciences phys. et natur.,
Janvier 1889; desgleichen ©. R., vol. 107 (1888), p. 621—622, t. XXXI, p. 28—32; s. auch
. Beibl. der Phys. 13, p. 314.
2
2)
A Friedr. Busch und Chr. Jensen.
günstig für die Sichtbarkeit der Erscheinung ist. Die von den beiden
Sorets auf dem Rigi gemessenen Abstände des Brewsterschen Punktes
von der Sonne waren im Durchschnitt etwa 1° größer als die Werte von
Busch, nämlich etwa 16.
Es mögen an dieser Stelle noch einige gleichzeitige Abstände des
Babinetschen und Brewsterschen Punktes von der Sonne mitgeteilt werden,
die Busch in den Störungsjahren 1903 und 1904 in Arnsberg gewonnen hat.
Abstand von ®)
Zeit Höhe der ©
Babinets Punkt | Brewsters Punkt
1903
Malta, 49° 24° 24°
NE NA 54 20 2
September 21 . 45 23 24
DD a 2 DR
1904
Ilse, 33 14 18
1908
Ausust 11 |
IX
=]
un
6)
Diese Zahlen zeigen deutlich, zu welch außerordentlich großen Werten
die Abstände in Störungsperioden auch bei hohem Sonnenstande anwachsen
können. Sie zeigen zweitens den bedeutenden Rückgang von 1903 zu
1904 und drittens, daß der Abstand des Brewsterschen Punktes im all-
gemeinen größer ist als der des Punktes von Babinet. Dieser Unter-
schied läßt mit großer Sicherheit vermuten, daß er auch in normalen Zeiten
in demselben Sinne vorhanden ist, wenn auch weniger ausgeprägt. Es
wird notwendig sein, in Zukunft auch diesem neutralen Punkte eine größere
Aufmerksamkeit zuzuwenden.
Außerordentliche neutrale Punkte.
Brewster entdeckte im Jahre 1841 zuerst einen außerordentlichen neu-
tralen Punkt, der im Sonnenvertikal unterhalb des Aragoschen Punktes lag.
Wir haben Brewsters Bericht über diese Entdeckung sowie seine Abbildung
desselben schon (S. 47) wiedergegeben. Ebenso haben wir auch das Auf-
treten sekundärer neutraler Punkte, die Brewster vor Nebelwolken unter-
halb des nach ihm benannten Punktes beobachtete, bereits besprochen.
Einen sekundären neutralen Punkt, der den Punkt von Babinet begleitete,
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 235
beobachtete Rubenson') in Segni in Italien am 20. ‚Juni 1862. Er lag im
Sonnenvertikal kurz vor Sonnenuntergang in 2 bis 3° Höhe, während
Babinets Punkt 15 bis 16° hoch lag. Auch in diesem Falle trat also in
unmittelbarer Nähe des Horizontes eine ganz ungewöhnliche positive
Polarisation auf.
(renauer wurde das Erscheinen dieser positiven Polarisation im
‚Jahre 1588 von dem Genfer Physiker J. L. Soret studiert. Soret beob-
achtete dieselbe an der Seite der Sonne, sobald sich dort mehr oder
weniger ausgedehnte Wasserflächen befanden, und er ist, sicher mit vollem
Rechte, der Meinung, dab diese positive Polarisation als eine Wirkung
der direkten Spiegelreflexion der Sonnenstrahlen an der Wasserfläche
anzusehen sei. Sie war bisweilen so stark, daß rechts und links von der
Sonne, in gleicher Höhe mit ihr, je ein neuer neutraler Punkt entstand.
Auf die Stärke der Wirkung sind nach Sorets Beobachtungen folgende
Umstände von Einfluß: 1. Die Höhe der Sonne über dem Horizont, und
zwar ändert sich die Wirkung mit dem Winkel, den die reflektierten
Strahlen mit den einfallenden bilden, mit der raschen Intensitätsabnahme
des reflektierten Lichtes bei Änderung der Sonnenhöhe und mit dem
Polarisationsgrade des reflektierten Lichtes, der sich bekanntlich mit dem
Einfallswinkel ändert”). 2. Der Zustand der‘ Ruhe oder Bewegung der
Wasseroberfläche. Ist die Oberfläche in Ruhe, so wird die Wirkung der
Reflexion offenbar ausgesprochener und regelmäßiger sein. 3. ‚Je aus-
gedehnter die Wasserfläche ist, desto größer ist ihre Wirkung. 4. Der
Zustand der Atmosphäre über dem Wasser übt auch einen bedeutenden
Einfluß aus; die Wirkung wird merklich stärker, wenn die Luft mit jenem
leichten weißen Nebel bedeckt ist, den man so oft am Morgen, insbesondere
im Herbst, über dem Wasser beobachten kann. In dem letzten Falle,
wenn weißer Nebel über dem Wasser lag, war die Wirkung der Reflexion
oft so stark, daß die positiven Fransen des Savartschen Polariskops vom
Horizont bis zur Sonne und sogar über diese hinweg sich erstreckten,
so daß man im ganzen Sonnenvertikal positive Polarisation beobachtete.
In diesem Falle beobachtete Soret immer die beiden seitlich von der
Sonne liegenden neutralen Punkte. Zwischen ihnen lag die Polarisations-
ebene vertikal, außerhalb derselben aber horizontal. Der Abstand dieser
außerordentlichen neutralen Punkte von der Sonne schwankte zwischen
den Werten von 13 bis 19°.
') Rubenson, Memoire sur la polarisation de la lumiere atmospherique. Upsala 1564.
?) J. L. Soret: Influence des surfaces d’eau sur la polarisation atmospherique et
observation de deux points neutres ä droite et & gauche du Soleil. C. R., vol. 107 (1888),
p- 867-870; desgl. Arch. sc. phys. (3), vol. 21, p. 456; Naturw. Rdsch. 4, p. 64, und
Met. Zs. 6, p. [22]. S. auch J. L. Soret, Quelques nouvelles observations relatives ä l’influence
que la reflexion des rayons solaires par une surface d’eau exerce sur la polarisation
atmospherique, Societe de physique et d’histoire naturelle de Geneve von 1889, p. 456.
236 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Wie wir in der allgemeinen Übersicht sahen, hat Cornmu in Paris
im ‚Jahre 1883, zur Zeit der großen durch den Ausbruch des Krakatau
verursachten atmosphärisch-optischen Störung, rechts und links von der
Sonne und von ihrem Gegenpunkte zwei symmetrisch zum Sonnenvertikal
liegende neutrale Punkte beobachtet‘). Obschon diese Punkte die gleiche
Lage hatten wie die von Soret beschriebenen, so sind sie doch offenbar
auf eine andere Ursache als Spiegelreflexion an einer Wasserfläche zurück-
zuführen.
Sehr interessante Beobachtungen machte Soret auf Bergeshöhen an
der Oberfläche von Wolkenmassen, die die Täler füllten, während er über
sich heiteren Himmel hatte und die Sonne die Wolken direkt und gleich-
förmig beleuchtete. Es ist Ja bekannt, daß der Beobachter in solchen
Fällen, wenn er auf vorspringender Felsspitze steht, seinen eigenen Schatten
auf der Wolke sieht, und daß dieser mit einem hellen Lichtkranze umgeben
ist. Die Erscheinungen der Polarisation waren nun diese?):
„Im Gegenpunkte der Sonne, wo der Schatten des Kopfes des Beob-
achters liegt, ist die Polarisation merklich Null. Wenn man sich von
diesem Punkte entfernt, findet man Zeichen eimer ziemlich kräftigen
positiven Polarisation in einem Kreise von 2 bis 3° Radius; sie wird ge-
wöhnlich von der hellen Aureole begrenzt. Mit anderen Worten, für jeden
Punkt innerhalb der Aureole geht die Polarisationsebene durch diesen
Punkt und den Gegenpunkt der Sonne; sie fällt somit zusammen mit der
Visierebene. Die Aureole selbst ist nicht polarisiert und fällt annähernd
mit einem neutralen Kreise zusammen.
Außerhalb dieses Kreises erscheint die Polarisation ziemlich kräftie
wieder, aber sie ist negativ, d.h. senkrecht zur Visierebene.
Die farbigen Ringe, die bisweilen um den Gegenpunkt der Sonne
auftreten, indem sie die Aureole überlagern, haben dieselbe Polarisation
wie die Stellen, wo sie liegen; sie sind also negativ oder positiv polarisiert,
je nach der Größe ihres Durchmessers.
In einer noch größeren Entfernung bemerkt man einen neuen neutralen
Ring, der sich nur durch die Abwesenheit von Polarisation und nicht
dureh Verschiedenheit der Farbe oder Lichtintensität unterscheidet. Dieser
Ring oder vielmehr dieser Halbring — denn sein unterer Teil fällt in den
Schatten des Gebirges — ist nicht immer kreisförmie. Wenn die Wolken-
schicht horizontal liegt, ist er elliptisch.“
Soret ermittelte einen Wert von 20° für seine halbe große Achse,
die vertikal lag und durch den Gegenpunkt der Sonne ging, und von 12
oder 13° für seine halbe kleine Achse. Die Höhe der Sonne über dem
Horizont betrug ungefähr 24 30’. In eimer anderen Beobachtung, wo
1) C. R., t.99, p. 488.
?) J. L. Soret, Sur la polarisation atmospherique, ©. R., vol. 106 (1888), p. 203—206.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 237
die Wolke nicht horizontal lag, sondern sich gegen die Flanke des Gebirges
erhob, an der anderen Seite des Tales, so daß die Sonnenstrahlen nahezu
senkrecht auf die Oberfläche fielen, erschien der neutrale Ring merklich
kreisförmig mit einem Radius von 20".
„Außerhalb dieses zweiten neutralen Ringes erscheint die positive
Polarisation wieder und wächst bis zu einem Abstande von 40° vom anti-
solaren Punkte, d.h. bis zu der Stelle, wo der weiße Regenbogen
auftritt, der fast vollständig polarisiert ist; er ist in seinem oberen Teile
selten sichtbar.
‚Jenseits des weißen Regenbogens, rechts und links desselben, ver-
mindert sich allmählich die positive Polarisation, sie ist noch merklich
unter einem Winkel von 90°, aber man trifft dann wieder auf eine neutrale
Region und darauf wiederum auf negative Polarisation. Unter einem
Winkel von etwa 135° oder in einem Winkelabstand von 45° von der
Sonne ist diese negative Polarisation sehr ausgesprochen, und gleichzeitig
ist die Wolke merklich heller und weißer; es macht den Eindruck, als sähe
man den unteren Teil einer Art weißen Regenbogens an der Sonnenseite.”
Diese Beobachtungen Sorets sind äußerst merkwürdig, und er hat
gewiß recht, wenn er sagt, daß dieselben verdienten, wieder aufgenommen
und vervollständigt zu werden; aber der Appell, den er in dieser Hinsicht
im Jahre 1888 an die meteorologischen Höhenstationen richtete, für
welche die Beobachtungsbedingungen dieser flüchtigen Erscheinungen soviel
günstiger liegen als an anderen Orten, ist bis jetzt, wie es scheint,
gänzlich unberücksichtigt geblieben.
Es muß hier auch hervorgehoben werden, daß nach den Beob-
achtungen von Busch der Punkt von Arago immer, der von Babinet
nach Untergang der Sonne von einem innerhalb des Sonnenver-
tikals im Terrain liegenden neutralen Punkte begleitet ist,
wobei aber zu berücksichtigen ist, daß die Stärke des an sich nicht sehr
in die Augen fallenden Phänomens stark von der Beschaffenheit des Ge-
ländes abhängig ist. Wenn man nämlich die im Sonnenvertikal zunächst-
liegenden Teile des Erdbodens mit dem Polariskop untersucht, so erkennt
man deutlich, daß das von ihnen reflektierte oder diffundierte Licht im
Vertikalkreise polarisiert ist, da die diesem Kreise parallelen Fransen
einen schwarzen Streifen im der Mitte haben. Diese Polarisation wird
schwächer, je weiter der beobachtete Punkt entfernt liegt. Anderseits
setzen die negativen Fransen in der entgegengesetzten Richtung vom
Himmel auf das Terrain über und nehmen in dieser Richtung an Intensität
ab. Dort also, wo beide zusammentreffen, muß ein neutraler Punkt liegen.
Daß auch der Punkt von Brewster selbst recht oft im Gelände liegt,
mag noch nebenbei erwähnt werden. In Fig. 37 sind diese Verhältnisse
schematisch dargestellt, wobei der Aragosche und Babinetsche Punkt
238 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
sowie die beiderseitigen Fransen in die Horizontalebene nach außen
herabgeschlagen zu denken sind.
üine interessante Beobachtung, die Busch an diesen im Terrain
liegenden neutralen Punkten am 20. Dezember 1908 machte, dürfen wir
I.
2:
Mom
BrT
|
Fie. 37.
unseren Lesern nicht vorenthalten: Der Beobachtungsort lag im Tal
zwischen zwei parallelen, mit Wald bestandenen Höhenzügen, die bei
Sonnenuntergang senkrecht zum Azimut der Sonne lagen. Sowohl Babinets
wie Aragos Punkt waren von einem neutralen Punkte im Terrain begleitet.
solange sie oberhalb des Waldrandes lagen (nicht gleichzeitige).
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 239
Stellte man sich so auf, daß der eine der beiden Punkte hinter dem
Walde verschwunden war, so war an dieser Seite alle negative Polarisation
und mit ihr der sekundäre neutrale Punkt im Terrain verschwunden. An
der anderen Seite war er dann vorhanden und umgekehrt. Diese Beob-
achtung zeigt, daß die Polarisation einer Luftmasse unter gewissen
Umständen in hohem Grade abhängig ist von der Polarisation der für
sie als Lichtquelle dienenden Luftschichten. Es wird notwendig sein,
derartige Erscheinungen in Zukunft mit besonderer Sorgfalt zu beobachten.
Neuere Beobachtungen und Untersuchungen.
Zunächst dürften hier wohl am besten die neuerdings von
Chr. Jensen beobachteten Polarisationserscheinungen des uns von großen
Wasserflächen zugestrahlten Lichtes besprochen werden. ‚Jensen fand
nämlich bei Beobachtungen, welche er im Sommer bezw. Spätsommer 1909
bei Sellin auf Rügen, bei Travemünde, bei Heiligenhafen an der Ostsee,
bei Westerland auf Sylt sowie auf einer Nordseefahrt anzustellen Gelegenheit
hatte, daß sich die Polarisationsverhältnisse im Gelände völlig anders
gestalten, wenn das feste Terrain durch große Wasserflächen ersetzt wird,
indem die Phänomene dann offenbar stark durch die Reflexion des
Lichtes am Wasser modifiziert werden.
Soweit es sich um Beobachtungen handelt, welche bei tief-
stehender Sonne und nahezu wolkenlosem Himmel an der Küste, dicht
über der Meeresoberfläche, angestellt werden, wird das Charakteristische
derselben wohl am besten aus der beistehenden, rein schematischen Fig. 38
zu ersehen sein, bei der natürlich, ebenso wie bei Fig. 37, der Aragosche
und der Babinetsche Punkt nebst den beiderseitigen Fransen nach außen
herabgeschlagen zu denken sind. Es ist hier angenommen — wie es bei
den vom Brückenkopf bei Sellin aus angestellten Beobachtungen tatsächlich
nahezu der Fall war —, daß der Uferrand parallel der Richtung des
Sonnenazimuts verläuft. Hatte der bei O stehende Beobachter das Savart-
sche Polariskop so montiert, daß er bei Fixierung von innerhalb des
Sonnenvertikals gelegenen, nahe dem Zenit befindlichen Himmelspunkten
in der Mitte des Gesichtsfeldes einen schwarzen, in seiner Verlängerung
auf das Zenit zulaufenden Streifen sah und unterhalb des Aragoschen
bezw. Babinetschen Punktes einen entsprechenden, hellen Streifen, so
setzten sich diese Fransen, wie Fig. 38 zeigt, am Seehorizont um, so daß
sowohl in der Richtung nach dem Aragoschen, als auch in der nach
dem Babinetschen hin auf dem Wasser, bis in die unmittelbare Nähe vom
Beobachter, ein schwarzer Streifen in der Mitte des Gesichtsfeldes lag.
Jensen konnte also, im Gegensatz zu den vorhin erwähnten Terrain-
beobachtungen, hier innerhalb des Sonnenvertikals keine Unterbrechungs-
stelle der Fransen konstatieren. Drehte er sich aber, ohne die Lage
240 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
des Polariskops zum Auge zu ändern, so, daß seine Gesichtslinie nach
und nach in andere Azimute rückte, so änderten sich die Polarisations-
erscheinungen auf dem Wasser. In den Richtungen 00, 0C, und 06,
lag, dem Beobachter zugewandt, in der Mitte des Gesichtsfeldes ein
schwarzer, von ihm abgewandt ein weißer Mittelstreifen auf dem Wasser,
Fig. 38.
und zwar ist leicht ersichtlich, daß die Unterbrechungsstelle um so weiter
vom Beobachter abrückte, je mehr er sich, von (, ausgehend, € näherte.
Ging er umgekehrt über (C, hinaus, so gelangte er schließlich in eine
Richtung, wo der mittlere Streifen hell war. Ganz analog lagen die Ver-
hältnisse, wenn sich der Beobachter mehr und mehr dem Azimut des
Aragoschen Punktes näherte bezw. von demselben entfernte. Ganz be-
sonders ist aber bei allen diesen Beobachtungen, welche durch die
schematische Fig. 38 angedeutet werden, zu beachten, daß die Unter-
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 941
brechungsstelle der Fransen auf dem Wasser immer erst konstatiert werden
konnte, wenn der Aragosche Punkt am Himmel sichtbar geworden war.!)
Analoge Beobachtungen konnte ‚Jensen bei tiefstehender Sonne —
und zwar auch nach Erscheinen des Aragoschen Punktes — am Abend
des 5. September 1909 auf der Fahrt von Helgoland nach Sylt anstellen.
Allerdings handelte es sich in diesem Falle nur um ganz vereinzelte Be-
obachtungen, da bei heftigem Seegang außerordentlich veränderliches
Wetter herrschte, bei dem Sonnenschein mit Regenböen wechselte. ‚Jeden-
falls konnte aber in aller Geschwindigkeit festgestellt werden, daß bei der
für die Verfolgung des Aragoschen bezw. des Babinetschen Punktes
üblichen Montierung und Lage des Savartschen Polariskops, sowohl in
der Richtung nach der Sonne, als auch im der nach dem Gegenpunkte der
Sonne hin, der auf das Wasser projizierte mittlere Streifen des Gesichts-
feldes in seiner ganzen Erstreckung schwarz war. Auch konnte ‚Jensen
Streifenunterbrechung im Sinne der vorher besprochenen Beobachtungen
feststellen, d. h. also in Azimuten, welche zwischen dem der Sonne und
des antisolaren Punktes liegen. Hinsichtlich der dem Sonnenazimut
nahen Fransenunterbrechungsstellen konnte er beobachten, daß sie sich
um so mehr von ihm entfernten. je näher er dem Sonnenazimut kam.
Die analoge Untersuchung bezüglich der dem Azimut des Aragoschen
Punktes näheren Unterbrechungsstellen mußte leider unterbleiben. Be-
dauerlicherweise läßt sich aus den kurzen Notizen nicht ersehen. ob die
auf dieser Fahrt beobachteten Fransenunterbrechungsstellen, wie bei den
vorher besprochenen, durch Fig. 55 angedeuteten Beobachtungen, auf ein
und derselben Seite der Verbindungslinie zwischen der Sonne und deren
(regenpunkt liegen, oder nicht. Allerdings wird man wohl annehmen dürfen,
daß auf hoher See je zwei solcher, den an der Küste gefundenen analoger
Zonen mit Fransenunterbrechung vorhanden sind, die vermutlich bei völlig
wolkenlosem Himmel symmetrisch zum Sonnenvertikal liegen, symmetrisch
jedenfalls in dem Sinne, daß die zwei der Sonne benachbarten gleiche
Winkelabstände aufweisen, und ebenso die zwei dem antisolaren Punkt
benachbarten.
Es liegt nun offenbar die Frage nahe, ob diese Fransenumkehrstellen
auf dem Wasser ein Analogon zu den wirklichen neutralen Punkten des
Himmels, oder aber zu den scheinbaren neutralen Punkten bilden. Einige
Untersuchungen, welche ‚Jensen anstellte, indem er das auf die Wasser-
fläche gerichtete Polariskop um seine eigene Achse drehte, schienen
allerdings für die erste Auffassung zu sprechen, da die Unterbrechungs-
') Bei einigen späteren Beobachtungen, die erst während der Drucklegung er-
folgten, konnten diese Umkehrzonen auf dem Wasser schon vor dem Erscheinen des
Aragoschen Punktes konstatiert werden. Wir können aber leider diese späteren Unter-
suchungen hier nicht mehr berücksichtigen.
16
242 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
stellen dabei am nämlichen Ort!) zu bleiben schienen. Bei dem benutzten,
für diese Untersuchungen nicht besonders geeigneten, keine Winkel-
messungen zulassenden Instrument ließ sich aber nicht mit genügender
Sicherheit ermitteln, ob diese Stellen tatsächlich an genau demselben
Orte blieben. Aber auch, ganz abgesehen von diesen wenig zahlreichen
Untersuchungen, veranlassen andere Erwägungen Jensen dazu, diese Frage
einstweilen noch unentschieden zu lassen.
Sehr zu denken gaben ihm schließlich die am 9. September 1909
auf der Fahrt von Munkmarsch auf Sylt nach Hoyerschleuse auf dem
Festlande angestellten Beobachtungen, welche unter veränderten Umständen
(vor allem größere Sonnenhöhe) eine auffällige Modifikation der bisher
besprochenen Polarisationsphänomene auf dem Wasser zeigten. «Aus
diesen Beobachtungen schien sich ein unverkennbarer Einfluß der all-
mählichen Annäherung des Schiffes ans Festland auf die Polarisations-
phänomene des Wassers und der Luft zu ergeben, da jedenfalls bisher keine
anderen Momente — etwa eine erhebliche Änderung der Bewölkungs-
verhältnisse — für die Erklärung der prinzipiellen Änderungen der Pola-
risationsphänomene herangezogen werden konnten. Da es sich aber um
Beobachtungen handelt, welche nur an besagtem Tage angestellt wurden,
müssen wir es leider unterlassen, hier näher darauf einzugehen, und
der geneigte Leser muß sich schon mit diesen kurzen Andeutungen be-
begnügen. Es müssen diese Phänomene durchaus erst näher unter-
sucht werden.
In diesem Sinne faßt überhaupt Jensen sämtliche hier er-
wähnten Beobachtungen auf, und da er leider selber wenig Gelegenheit
zur Fortsetzung dieser neuen, höchst interessanten Erscheinungen hat, so geben
wir uns stark der Hoffnung hin, daß man baldmöglichst von verschiedenen
Seiten, und zwar nunmehr auch mit genauen Winkelbestimmungen?), an die
Weiterverfolgung derselben gehen wird, wobei wir naturgemäß das genauere
Studium derselben besonders angelegentlich denjenigen Herren empfehlen
möchten, welche ihren dauernden Wohnsitz am Meere oder vielleicht an
größeren Seen haben. Es mag dabei besonders bemerkt werden, daß die
Intensität dieser Polarisationsphänomene auf dem Wasser relativ groß ist.
Daß die Erscheinungen der atmosphärischen Polarisation nicht unerheblich
von der Beschaffenheit der Erdoberfläche abhängen, wurde von Zantedeschi?),
') Selbstverständlich sind die Winkel, unter denen die Fransenunterbrechung zu
beobachten ist, das Maßgebende.
?) Während der Drucklegung hat übrigens Jensen Apparate zur weiteren Ver-
folgung dieser Phänomene konstruiert und mit genaueren Winkelbestimmungen begonnen-
») Zantedeschi, Delle leggi della polarizzazione della luce solare nella atmosfera
serena. „Extrait de la Raccolta fisico-chimiea italiana“ 1846, Bd. 1, Fasc. 10.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 243
Connel'), Soret?) und Kimball’) gezeigt. Anderseits erscheint es ums
nicht verwunderlich, wenn die atmosphärischen Polarisationsphänomene
in irgendeiner Weise in den optischen Erscheinungen, und zwar speziell
in den Polarisationserscheinungen, der Erdoberfläche zum Ausdruck kommen.
Wenn nun auch die Jensenschen Beobachtungen offenbar neue Anhalts-
punkte für derartige Wechselbeziehungen geben, so bleibt es doch noch zu
ermitteln, wieweit dieselben reichen, und es müßte untersucht werden, ob
und wieweit sich Änderungen am Himmel (etwa Wanderung der neutralen
Punkte) in den optischen Erscheinungen der Wasserfläche (etwa Wanderung
der Unterbrechungsstellen) zeigen. ‚Jensen hat es sehr bedauert, dab ihm
seinerzeit kein geeigneter Apparat für diese Untersuchung zur Verfügung
stand, ganz abgesehen davon, daß es auch an der nötigen Zeit zur Weiterver-
foleung des Phänomens gebrach. Wir halten es aber nicht für ausgeschlossen,
daß ein solcher Parallelismus vorhanden ist, und möchten den geneigten Leser
nachdrücklichst auf die Weiterverfolgung dieser Verhältnisse verweisen.
Wir teilen hier ferner die Ergebnisse der Beobachtungen mit,
die Busch im Jahre 1908 und 1909 bis zum 7. Mai angestellt hat, sowie die
Beobachtungen ‚Jensens aus demselben Zeitraume des ‚Jahres 1909.°)
Letztere werden uns Gelegenheit geben zu einigen vergleichenden Be-
trachtungen. Sowohl Busch als Jensen haben ihre Beobachtungen im
Jahre 1909 mit Hilfe des später zu beschreibenden neuen Apparates
angestellt; Busch beobachtete aus später zu erörternden Gründen in der
Regel durch direktes Anvisieren des neutralen Punktes, während Jensen
zum eroßen Teil die Höhe der letzten Spuren der Fransen bestimmte
und aus diesen beiden Messungen das arithmetische Mittel nahm. Bei
der Bearbeitung sind nur die an wolkenfreien, klaren Tagen angestellten
Beobachtungen verwertet, und zwar bei den Jensenschen Werten auch
die Morgenbeobachtungen von vier Tagen im Mai. (Tab. X—XIIl.)
Ein Blick in diese Zahlenreihen zeigt uns, daß in Arnsberg im Jahre 1908
trotz der in der Mitte des Jahres beobachteten, rasch vorübergehenden
Störung, die wir schon besprochen haben, das Maximum für Babinets
Punkt wieder auf eine Sonnenhöhe von —0,5°, das Minimum für Aragos
Punkt wieder auf eine Sonnenhöhe von — 1,5 fiel. Ebenso liegt die
Sache in den Ergebnissen für die Arnsberger Beobachtungen aus 1909.
) James ©. Me. Connel, On the Polarization of Sky Lieht, Phil. Mag., 5. Ser.,
vol. 27 (1889), p. 81—104.
121.2 Soret;. loe; cit.
>) H.H. Kimball in den „Pyrheliometer and Polarimeter Observations“, und zwar
„The Relation between Sky Polarization and the General Atmospherie Absorption“,
Bulletin of the Mount Weather Observatory, vol. 2, part. 2, p. 59—69.
4) Einige Beobachtungen, welche Jensen am Schluß des Jahres 1908 anstellte,
wurden in der vorliegenden Schrift noch nicht berücksichtigt. Die interpolierten Werte
sind mit einer Klammer umgeben.
16*
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Tabelle X1.
Beobachtungen für 1909 (Jensen, Hamburg-Eppendorf).
Wahre Sonnenhöhen in Graden
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248 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
In den Beobachtungen von Jensen fällt für Aragos Punkt das
Minimum eleichfalls auf die Sonnenhöhe von —1,5°, während der Rück-
sang der Abstände von Babinets Punkt überhaupt nicht erkennbar ist,
indem diese von positiven Sonnenhöhen bis zu den größten Sonnentiefen,
bei denen überhaupt beobachtet werden konnte, fortwährend steigen.
Der Vergleich beider Beobachtungsreihen zeigt, daß die in Hamburg
beobachteten Abstände für den Babinetschen Punkt erheblich größer
sind als die Arnsberger Werte; die Differenz beträgt bei Sonnenuntergang
3° und steigt bei einer Sonnentiefe von 6,5° sogar auf 8,1°. Auch für
Aragos Punkt. liegt bis zu einer Sonnentiefe von 3,5° der Unterschied
in demselben Sinne, er ist aber bedeutend geringer und beträgt bei
Sonnenuntergang 1,5°, im Minimum des Abstandes gar nur 1°. Diese
Differenzen treten noch entschiedener hervor, wenn man nicht mit den
Mittelwerten arbeitet, sondern Tage zum Vergleich auswählt, an denen
von Busch und Jensen gleichzeitig beobachtet wurde, und an denen die
meteorologischen Verhältnisse möglichst gleichartig waren. Solche Tage
waren glücklicherweise der 5. und 7. Mai. An beiden Tagen befanden
sich Hamburg und Arnsberg in einem ausgedehnten barometrischen
Hochdruckgebiet, an beiden Tagen war an beiden Orten der Himmel
absolut wolkenlos und die Luft phänomenal klar, der Himmel tiefblau,
es herrschte Ostwind, und keine Spur von Rauch und Staub störte, soweit
sich feststellen ließ, die Beobachtung. Wir stellen hier die an diesen
Tagen an beiden Orten gewonnenen Zahlen der Abendbeobachtungen
mit den entsprechenden Differenzen der Übersicht halber noch einmal
zusammen:
Tabelle XII.
Unterschiede in den Werten für Arnsberg und Hamburg.
Wahre Sonnenhöhen in Graden
we:
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1909 I. Babinets Punkt.
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Arnsberg. .| 14.0 | 15.8 | 15.6. 14.9 | 15.2 | 15.4 | 15.5 | 15.0 | 15.7
Differenz. .| 5.7 | 5.3| 6.7| 7.5| 2.2] 8.5| 9.9| 9.5| 9.2
II. Arasos Punkt.
Mai 5 | | | |
Hamburg .| 23.6 | 21.0 | 20.5 | 19.9 | 19.3 | 23.1 | 24.5 | 26.0 | 26.9
Arnsbere...| 19.5 | 18.5 | 17.9 | 17.9 | 18.3 | 19.1 | 20.0 | 22.0 | 24.4
Differenz. .| 4.1 | 2.5726, 20, 7201 2007 1.5 4.0. 10.215
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 249
Wahre Sonnenhöhen in Graden
15 | 0.5 1—0.5)—-1.5|-2.5|-3.5 |-4.5 |-5.5 |—6.5
1909 I. Babinets Punkt.
Mai 7
Besıınc 119.3 20.1 120.2 | 20.6 (21.0) 21.5 | 21.5 | 20.4 | 22.4
Arnsberg. .| 15.7 | BEIDES G208 oral
Bkevenz. | 3.6 | 4.5| 4.3) 4.6|:5.6| 6.2| 6.0| 4.3| 6.8
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I. Aragos Punkt.
Mai 7
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Wie man sieht, sind an beiden Tagen für beide Punkte bis zu einer
Sonnentiefe von 3,5° die Differenzen im ganzen viel bedeutender als die
Differenzen der Mittelwerte, eine Tatsache, die um so bemerkenswerter
ist, als der störende Einfluß meteorologischer Faktoren durch die Aus-
wahl der beiden Tage nach Möglichkeit ausgeschaltet wurde. Im Hinblick
auf dieses Ergebnis wird man wohl vermuten dürfen, daß der Abstand
des neutralen Punktes von Babinet von der Sonne in Hamburg (Eppen-
dorf) in normalen Zeiten unter eleichartigen meteorologischen Verhält-
nissen durchweg größer ist als in Arnsberg. Dieselbe Schlußfolgerung
hatte Busch, wie wir gesehen haben (siehe S. 226), bei einem Vergleich
der im Jahre 1903 von Sack in Lübeck angestellten Beobachtungen mit
seinen eigenen gezogen. Für Aragos Punkt liegen die Verhältnisse, wie
die negativen Differenzen bei großen Sonnentiefen am 7. Mai zeigen,
offenbar unter Umständen entgegengesetzt. Möglicherweise hat man es
dabei mit einer ähnlichen Umkehr zu tun wie bei den für Arnsberg
bestehenden Differenzen zwischen Störungsperioden und normalen Zeiten.
‚Jensen hat seinen Beobachtungen eine sehr genaue Beschreibung
der meteorologischen Verhältnisve beigefügt, um eventuell eine Be-
ziehung zwischen einzelnen meteorologischen Elementen und den Abständen
der neutralen Punkte ableiten zu können. Außerdem stellten uns auch
die Hamburger Wetterwarte und Sternwarte ihr Beobachtungsmaterial
für die in Betracht kommenden Tage freundlichst zur Verfügung. Aber.
unsere auf dieses Ziel gerichteten Bemühungen konnten bei der geringen
Zahl der Beobachtungen noch keinen erkennbaren Erfolg bringen. Ebenso-
250 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
wenig ließ sich bei der Vergleichung der Morgen- und Abendbeobachtungen
von ‚Jensen irgendeine Gesetzmäßigkeit mit Sicherheit ableiten.
Daß derartige Beziehungen bestehen, darf allerdings mit Sicherheit
angenommen werden, und wir möchten daher alle Beobachter, die durch
unsere Schrift für die Beobachtung der atmosphärischen Polarisation
oeewonnen werden, dringend ersuchen, auf diese Dinge ihre ganz besondere
Aufmerksamkeit zu richten. Einmal kann durch die Kenntnis dieser
Beziehungen die Meteorologie als solche sehr wesentlich gefördert werden,
und zum andern — und das ist der uns gegenwärtig besonders leitende
(esichtspunkt — ist es, worauf auch Jensen in seinem als Einleitung
abeedruckten Vortrag hindeutete, unerläßlich, diese Faktoren gehörig
kennen zu lernen, um dieselben im richtigen Sinne bei der Beurteilung
der uns hier besonders interessierenden Störungen in Rücksicht ziehen
zu können.
Bei einer eingehenden Diskussion der Unterschiede zwischen Arns-
berg und Hamburg kommen nach unserer Meinung einstweilen folgende
drei Punkte in Betracht: 1) die Einwirkung der Höhenlage, 2) die Nähe
der Großstadt bei den ‚Jensenschen Beobachtungen, 3) der Einfluß der
Färbung der Turmalinplatte, der nach den ‚Jensenschen Untersuchungen
nicht ausgeschlossen erscheint. Was den ersten Punkt anbetrifft, so
müssen wir dabei in erster Linie Beobachtungen heranziehen, welche
Dr. Wenger in liebenswürdiger Weise für Jensen auf Teneriffa im Früh-
jahr 1910 in einer Höhe von 20003000 m anstellte. Aus diesen Beob-
achtungen scheint in der Tat ein nicht unwesentlicher Einfluß der Höhe
auf die Abstände der neutralen Punkte hervorzugehen, jedoch macht
sich dieser bei verschiedenen Sonnenhöhen in recht verschiedener Weise
eeltend, und er scheint doch nicht so groß zu sein, dab man in der
geringen Höhendifferenz zwischen Arnsberg und Hamburg (bezw. Lübeck)
einen wesentlichen Faktor erblicken kann. Daher dürfte sich die Ver-
mutung von Busch in ihrer Allgemeinheit kaum bestätigen, und es werden
wohl zunächst im wesentlichen die unter 2) und 3) genannten Momente
für die Erklärung in Frage kommen.
Was den Einfluß der Nähe der Großstadt anbetrifft, so strebte
‚Jensen vor allem danach, ein Urteil über die Art und Größe desselben
durch Beobachtungen zu gewinnen, welche — nach Möglichkeit natürlich
gleichzeitig — an einem Orte angestellt wurden, der möglichst in der
Nähe von Hamburg in ungefähr gleicher Höhe lag und doch auch wieder
weit genug entfernt, um dem Einfluß des Großstadtdunstes genügend
entzogen zu sein. Es lenkte sich naturgemäß der Blick auf die neue
Sternwarte in Bergedorf, und Jensen fand auch ein sehr dankenswertes
Entgegenkommen sowohl von seiten des Direktors Prof. Dr. Schorr als
auch des Observators Dr. Schwaßmann. Wenn nun leider heute noch
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. >51
nicht recht viele Beobachtungen von Bergedorf vorliegen, so hat das
seinen Grund in der übergroßen Arbeitsfülle, welche den Herren durch
die Neueinrichtung der Sternwarte erwuchs. Es liegen aber zum Glück
doch einige wertvolle Beobachtungsreihen für den Aragoschen Punkt
vor; aus diesen scheint nun hervorzugehen, daß die Nähe der Großstadt
von erheblicher Bedeutung für die Abstände der neutralen Punkte ist,
und daß die Unterschiede zwischen Arnsberg und Hamburg (Lübeck)
größtenteils auf diesen Einfluß zurückgeführt werden müssen.
Im übrigen müssen wir dabei hervorheben, daß der Unterschied
zwischen Hamburg und Bergedorf wenigstens zu einem geringen Teile
durch den unter 3) genannten Einfluß bedingt sein könnte. Jensen
hatte früher bereits die Vermutung ausgesprochen, daß die Veränderung
der Himmelsfarbe bei tiefstehender Sonne an sich schon die Abstände
der neutralen Punkte beeinflussen müßte, ohne zunächst diesen Gedanken
auf seine Richtigkeit zu prüfen. Kurz darauf (Mai 1909) fand er aber
eine Bestätigung desselben, als er zwei der später zu beschreibenden
Apparate zur Beobachtung der neutralen Punkte miteinander verglich.
Es zeigte sich nämlich ein ausgeprägter Unterschied in den Abständen,
der bei genauester Prüfung an verschiedenen Tagen bestehen blieb und
vermutlich im wesentlichen auf die verschiedene Färbung der Turmaline
zurückgeführt werden mußte. Am 19. Mai ging Jensen dazu über, durch
Vorschaltung eines roten bezw. grünen Glasfilters vor das Polariskop der
Sache näher zu treten.’) Wir teilen hier seine für den Aragoschen Punkt
abgeleitete Beobachtungsreihe mit:
Wahre Sonnenhöhen in Graden
u — | | * &
3 2. | 1l25, | 0.5 0.5) 15
I
1909 Mai 19,
al >
2.5| „
Aragos Punkt. Differenz
Ba Rob... 132,250, 2,01 Ba zn 325
Es ergab sich also ein ganz ausgeprägter Unterschied in der Größe
des Abstandes, zu einer Zeit, die als eine durchaus störungsfreie angesehen
werden muß.
‚Jensen verfolgte die Sache dann weiter, indem er statt des Tur-
malins beim Savartschen Polariskop ein Nicolsches Prisma benutzte und
') Die spektrophotometrische Untersuchung ergab für das rote Glas große Hellig-
keit zwischen den Wellenlängen 704 bis 578 »p, sehr geringe Intensität von 514 bis
544 »p, im übrigen völlige Dunkelheit, für das grüne Glas besondere Helligkeit zwischen
564 bis 510 »», dann nach dem brechbareren Ende noch ziemliche Helligkeit bis 438 2»
und schwachen Schimmer bis 418 »».
252 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
eine Reihe verschiedenfarbiger Filter vorschaltete, wobei er zu dem
wichtigen Resultat gelangte, dab im allgemeinen die Abstände ceteris
paribus um so größer sind, je kleiner die Wellenlänge des Lichtes
ist. Diese Beobachtungen erstreckten sich sowohl auf den Aragoschen,
als auch auf den Babinetschen Punkt, in sehr überwiegender Weise aller-
dings auf den ersteren. Busch konnte, indem er diese beiden Punkte in
ziemlich gleichmäßiger Weise beobachtete, die Hauptresultate ‚Jensens
durchaus bestätigen und dieselben auch auf den relativ häufig in Arnsberg
sichtbaren Brewsterschen Punkt ausdehnen. Es will uns auch die ein-
sehendere Verfolgung der Beziehungen zwischen den Differenzen in den
Abständen und der Sönnenhöhe — und zwar zumal bei tieferem Sonnen-
stande — recht aussichtsvoll erscheinen, jedoch möchten wir uns eine
weitere Veröffentlichung bezüglich dieses und der anderen Punkte für
später vorbehalten. Wie aber diese Befunde Jensens, die vielleicht vor
allem für die Theorie von großer Bedeutung sind, bei der instrumentellen
Seite der Frage berücksichtigt werden müssen, werden wir in einem
späteren Abschnitte über die Anleitung zu den Beobachtungen kurz erörtern.
Es erübrigt sich nun noch, in möglichster Kürze auf einen gänzlich
neuen, offenbar außerordentlich wichtigen Gesichtspunkt einzugehen,
auf welchen ‚Jensen kurz nach Beginn seiner Beobachtungen der neutralen
Punkte hingewiesen hat, sowie auf seine sich daran anschließenden
Untersuchungen. Es handelt sich hier nämlich um die Bedeutung,
welche der Brückengröße, das heißt dem Abstande der letzten,
deutlich erkennbaren Spuren der positiven und negativen
Fransen voneinander, zukommt. Die Größe dieser Brücke scheint
nämlich, abgesehen von verschiedenen anderen Momenten, als da sind
die allgemeinen Helligkeitsverhältnisse, der Zustand des beobachtenden
Auges usw., stark abhängige zu sein vom Zustande der Atmosphäre
an den verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten. Dies eing
hervor aus den von Jensen selber mit dem nämlichen Polariskop in Ham-
burg sowie vereinzelt auch an anderen Orten vorgenommenen Messungen,
sowie aus Beobachtungen anderer Herren im In- und Auslande, welche
‚Jensen zur Verarbeitung eingesandt wurden. Dabei hat sich heraus-
gestellt, daß die Länge der Brücke beim Aragoschen Punkte erheblich
kleiner ist als beim Babinetschen. Als Beispiel sei angeführt, daß für
die erste Hälfte des Jahres 1909 in Hamburg-Eppendorf innerhalb des
Intervalls der Sonnenhöhen von + 5,5° bis — 5,5° einer mittleren
3rückengeröße für Arago von 4,2° eine für Babinet von 8,3° entsprach.
Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, daß sich innerhalb dieses
Intervalles eine bestimmte (Gesetzmäßigkeit im Verhalten der Brücken-
sröße zu erkennen gibt, auf deren Erörterung wir jedoch verzichten.
Es fiel Jensen bei der Untersuchung der Brückengröße in der ersten
Tatsachen und Theorien der atınosphärischen Polarisation. 253
Hälfte von 1910 besonders auf, daß unter übrigens gleichen Umständen
die Brücke bei Arago am Morgen kleiner als am Abend war, und es
erscheint uns nicht ausgeschlossen, daß hierbei, abgesehen von meteoro-
logischen Momenten (Durehsichtigkeit und Feuchtigkeitsgehalt der Luft)
auch ein physiologisches Moment, ähnlich wie es Miethe und Lehmann
zur Erklärung des Unterschiedes in der Sonnentiefe am Ende der astro-
nomischen Dämmerung herausgefunden haben, in Betracht kommt.') Es ist
gewiß in hohem Grade interessant und wichtig genug, diese Beziehungen
bei den ferneren Untersuchungen im Auge zu behalten. Aber für mindestens
ebenso wichtig halten wir es, daß in Zukunft besonders auf Höhenstationen,
wo man unabhängiger von lokalen Einflüssen ist, die Brückengröße dauernd
verfolgt wird, weil es durchaus nicht ausgeschlossen erscheint, daß sie
Aufschlüsse in derselben Richtung geben kann wie pyrheliometrische
und ähnliche Beobachtungen.
Es mag nun noch auf eine sehr auffallende und beachtenswerte
Tatsache hingewiesen werden, die sich bei genauerer Vergleichung von
Brewsters Beobachtungen des Aragoschen Punktes mit denen aller übrigen
Beobachter desselben Punktes ergibt. Das ist die geringe Größe der von
Brewster bei größeren Sonnenhöhen gefundenen Abstände dieses Punktes
von der Gegensonne und ihr Anwachsen bei Abnahme der Sonnenhöhe
am Abend und umgekehrt am Morgen. Wie die Mittelwerte Brewsters
aus dem ‚Jahre 1842 zeigen (siehe S. 192), steigt der Abstand dieses
Punktes bei Abnahme der Sonnenhöhe von 9° zu 3,5° von dem
Werte 15,7 bis 19,8°, also um volle 4°. Dahingegen steigt er in
Aragos Beobachtungen vom 18. April 1815 von 26,4 bei 9° Sonnenhöhe
bis zum Maximum von 28,3°, welches bei 6° Sonnenhöhe erreicht wird,
also nur um etwa 2°. Bei Klöden wächst für das Höhenintervall der Sonne
von 9° zu 3° derselbe Abstand von 27,25° auf 29° am 1. Juli, also nur
um 1,75, während der Anstieg am 21. Juni nicht zu bemerken ist. Bei
Busch liegt nur in den Mittelwerten der Jahre 1905, 1904 und 1908
ein schwaches Anwachsen vor, das im ‚Jahre 1904 seinen größten Wert
von 1,4 erreicht; in allen übrigen Jahren ist es gar nieht zu bemerken.
Bei Sack und Jensen tritt es gleichfalls nicht deutlich hervor. In Fig. 39
sind einige Kurven für Aragos Punkt zusammengestellt. Weil Brewster
ausdrücklich bemerkt, daß der Punkt von Arago schon bei 11° bis 12
Sonnenhöhe im Horizont erscheint und dann selbst diese Höhe über dem
(Gegenpunkte der Sonne habe, um sich darauf von diesem Punkte zu ent-
fernen, so hat Busch an vielen Beobachtungstagen diesem Verhalten besondere
Aufmerksamkeit geschenkt, aber immer ohne durehschlagenden Erfolg.
Auch ‚Jensen hat an einzelnen Tagen den Aragoschen Punkt von seinem
') Met. Zs. 1909, p. 101—102.
254
Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Erscheinen an messend verfolgt, aber gleichfalls sofort hohe Werte für
den Abstand desselben von der Gegensonne gefunden. So ergaben z.B.
(‚raden:
Höheder Sonne: 15.5 14.5 13.5 12.5 11.510595 85 70565 55 2a
|
|
|
die Morgenbeobachtungen vom 5. April 1909 die folgenden Werte in |
()
|
|
Are
Aragos Punkt: 25.2 25.3 26.0 25.5 25.9 25.9 26.5(26.3)26.0 25.5 25.6 24.9 21.6 21.4
Wie man sieht, stieg der Abstand des Aragoschen Punktes an diesem
Tage, der sich durch sehr günstige Beobachtungsverhältnisse auszeichnete,
von 15,
worauf
Heobs der Imme:
5° bis 9,5° Sonnenhöhe nur von 25,2° auf 26,5°, also um 1,3°.
die Bewegung zur Gegensonne begann.
Aragos Punkt bei verschiedenen Beobachtern. |
EEREMEE- Tee
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\
BE BER Bu ae 2 2] 2 ae
BeRNIEE
25° 55° Bo IE TAT TUI SU FI EeI
m
Fig. 39.
Anmerkung: In Fig. 39 ist Klöden versehentlich mit oe statt mit ö gedruckt worden.
Im Hinblick auf den durch diesen Vergleich festgestellten Unterschied
zwischen den Beobachtungen von Brewster einerseits und denen der
übrigen Beobachter anderseits wird man das Anwachsen des Arago-
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 355
schen Punktes von größeren zu kleineren Sonnenhöhen vor Untergang der
Sonne zwar als tatsächlich vorhanden ansehen müssen, aber man wird
nieht umhin können, zuzugeben, daß dabei die Beschaffenheit der Um-
gebung des Beobachtungsortes eine hervorragende Rolle spielt. Brewster
beobachtete, wie aus zahlreichen Bemerkungen hervorgeht, die er seinen
Mitteilungen hinzufügt, den Aragoschen Punkt in der Regel über dem
Meereshorizont, während die übrigen Beobachter rings von Land umgeben
waren. Es kann demnach nicht zweifelhaft sein, daß wir es in den
niedrigen Anfangswerten von Brewster mit einer Wirkung der Reflexion
der Sonnenstrahlen an der Wasseroberfläche zu tun haben, wie sie ın
anderem Zusammenhange namentlich von J. Soret erkannt worden ist
(siehe S.235). Die Reflexion an der Meeresoberfläche sendet bei größeren
Sonnenhöhen positiv polarisiertes Licht in diejenigen Luftschiehten, in
denen man bei St. Andrews den Aragoschen Punkt beobachtet, und drückt
den Betrag der negativen Polarisation und dadurch eben den Aragoschen
Punkt herab. In quantitativer Hinsicht wird die Wirkung dieser Reflexion
im wesentlichen von dem Winkel abhängig sein, unter welchem die Sonnen-
strahlen die Meeresoberfläche treffen, oder, was dasselbe bedeutet, von
der Höhe der Sonne. So wird es auch begreiflich, daß die Wanderung des
Aragoschen Punktes, der dort entsteht, wo im Vertikalkreise der Sonne
die obere positive und die untere negative Polarisation sieh das Gleich-
gewicht halten, nicht allein von den optischen Vorgängen im der Atmo-
sphäre selbst, sondern auch von Reflexionsvorgängen an der Erdoberfläche
überhaupt abhängig ist. Daß eine ähnliche Einwirkung auch in der
Wanderung des Babinetschen Punktes vorliegt, darf hiernach mit Recht
vermutet werden.
Wir müssen zum Schluß dieses Abschnittes noch einmal zurück-
kommen auf den Gleichlauf zwischen den Jahresmitten für die Ab-
stände der neutralen Punkte von Babinet und Arago von der Sonne
bezw. von deren Gegenpunkt und der Sonnentätigkeit, den Busch aus
seinen Beobachtungen abgeleitet hat, und der schon in der Einleitung
besprochen und graphisch dargestellt worden ist. Wir haben dort
auch schon gezeigt, daß auch die enorm hohen Werte, die wir aus den
Beobachtungen von Klöden gewonnen haben, und die S. 184 u. ff. näher be-
sprochen sind, aus der Zeit eines Maximums der Sonnenflecken stammen.
Da wir jetzt durch den Vergleich der Beobachtungen von Busch mit denen
von Sack, Wilke und ‚Jensen einigermaßen den Einfluß der Großstadtluft
beurteilen können, so werden wir jene großen Werte von Klöden
nicht auf lokale Einwirkungen zurückführen dürfen; wir haben sie viel-
mehr als eine Störungserscheinung von allgemeinerer Bedeutung anzusehen.
Aber es liegen unter den von uns mitgeteilten Tatsachen noch andere
Stützen für jenen Gleichlauf vor. An erster Stelle möchten wir auf die
256 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
bedeutende Höhe der Beobachtungen Aragos vom 18. April 1815 wieder
hinweisen, die gleichfalls in eine Zeit fielen, in der die Sonnenflecken
nahezu ihr Maximum erreicht hatten. Nach Kleins Jahrbuch trat
dieses 1816 ein. Anderseits stellte Brewster seine Beobachtungen in den
Jahren 1841 bis 1845 an, die sich um ein Minimum der Sonnenflecken
gruppierten. Dieses fiel .auf 1843. Und nun ist es sehr bemerkens-
wert, dab Brewsters Ergebnisse für die Abstände, abgesehen von dem
geringen Unterschied von 1841 zu 1842, von derselben Größenordnung
sind wie die von Busch aus dem Jahre 1859, welches gleichfalls ein
Minimum der Sonnenflecken aufweist. Man kann demnach nunmehr einen
Zusammenhang beider Erscheinungen so gut wie erwiesen nennen. (Vere]l.
auch Fig. 39.)
II. Theorie der neutralen Punkte.
\Wenn wir uns vergegenwärtigen, daß im größten Teile des Sonnen-
vertikals positive oder zum Horizont senkrechte Polarisation vorliegt,
und zwar in um so weiterer Ausdehnung, je höher die Sonne steht, und
daß diese Polarisation, die in einer Entfernung von 90° von der Sonne
ihr Maximum aufweist, eine notwendige Folge der wohlbegründeten Theorie
von Lord Rayleieh ist, nach der wir die Atmosphäre als ein trübes
Medium anzusehen haben, so erkennen wir, daß die Frage nach der
Entstehung der neutralen Punkte ihre Beantwortung findet, sobald wir
wissen, wie die negative oder zum Horizont parallele Polarisation im
Vertikalkreise der Sonne zustande kommt. Denn nach den Erörte-
rungen, die wir in unserer allgemeinen Übersicht über das Wesen eines
linear polarisierten Lichtstrahles gegeben haben, ist es einleuchtend,
dab in einem Punkte des Sonnenvertikals, wo horizontale und vertikale
Ätherschwingungen von gleicher Intensität zusammentreffen, neutrales
oder unpolarisiertes Licht entstehen muß. Dementsprechend haben es
denn auch sämtliche Forscher, die sich mit der Theorie der neutralen
Punkte beschäftigt haben, als ihre wesentlichste Aufgabe angesehen, eine
Erklärung für die dem Horizont parallele Polarisation zu finden. Wir
haben bereits früher einzelne dieser Theorien gestreift und die Theorie
von Soret wegen ihrer allgemeinen Bedeutung ausführlicher entwickelt
(S. 166 u. ff). Nunmehr ist es unsere Aufgabe, auch die Anschauungen der
übrigen Forscher, welche die Beantwortung der Frage in mehr oder weniger
erschöpfender Weise gegeben haben, unseren Lesern mitzuteilen, in zweiter
Linie aber auch, den Versuch zu machen, das eigenartige und interessante
Verhalten der neutralen Punkte, wie es durch die Beobachtungen seit 1883
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 5
ID
57
aufgedeckt worden ist, und das wir im zweiten Abschnitte unseres Buches
dargestellt haben, näher zu begründen.
Während Arago sich nur ganz allgemein dahin äußerte, dab die
negative Polarisation das Produkt der vielfachen Reflexionen sei, welche
die Sonnenstrahlen an den Luftteilchen erleiden, erkennen wir Babinets
Standpunkt aus einem Versuch, die Entstehung des Brewsterschen Punktes
zu erklären‘): „Wenn man zuerst die direkte Wirkung der Sonnenstrahlung
auf die unter der Sonne liegenden Luftteilehen in Betracht zieht, so
wächst die Polarisation, welche in der Nähe der Sonne gleich Null ist,
allmählich und um so mehr, je weiter die Luftteilehen von der Sonne ent-
fernt liegen und sich dem Horizont nähern. Auch ist klar, daß die
Ebene dieser Polarisation durch den Sonnenvertikal gehen muß. Ander-
seits erkennt man, wenn man die sekundäre Erleuchtung derselben
Luftteilchen durch Reflexion seitens der übrigen Atmosphäre,
die ihnen horizontal polarisiertes Licht zusendet, in Betracht
zieht, daß die horizontale Polarisation überwiegen muß in der Nachbar-
schaft der Sonne, wo sie nicht neutralisiert wird durch die vertikale
Polarisation, welche die Sonne an den hinreichend weit entfernten, unter
ihr liegenden Punkten hervorruft. Noch tiefer, wo die vertikale, von der
direkten Sonnenwirkung herrührende Polarisation stärker geworden ist,
neutralisiert diese den Reflex der Atmosphäre, und man erhält einen neu-
tralen Punkt. Endlich wird die nach dem Horizont hin wachsende
vertikale Polarisation der horizontalen überlegen sein. Also wird man
unmittelbar unterhalb der Sonne eine horizontale Polarisation haben, dann
folgt ein neutraler Pımkt und darauf eine vertikale Polarisation. Wenn
die Helligkeit der Sonne geschwächt ist durch eine Lage von Wolken, die
genügend durchsichtig und nieht sehr hoch sind, wird man in der Nach-
barschaft der Sonne‘ durch das Auftreten dieser horizontalen Polarisation
überrascht, welche vom Reflex der Atmosphäre herrührt.“ In ähnlieher
Weise, nur mit entsprechenden Modifikationen, wird man auch die neutralen
Punkte von Arago und Babinet erklären können.
Der deutsche Physiker Clausius spricht sieh über die Entstehung der
neutralen Punkte etwas genauer in folgender Weise aus”): „Indem wir
nach irgendeiner Stelle des Himmels blicken, erhalten wir von allen in
dieser Richtung liegenden Teilen der Atmosphäre reflektiertes Licht,
und es fragt sich nun, wo diese Teile selbst das Licht, welches sie reflek-
') Babinet, Note sur l’observation du p.n. de M. Brewster, ©. R., t. 23, Juillet 1846,
p- 233. Wir haben Babinets und auch Brewsters Theorie schon im ersten Abschnitt
S. 47 und 48 kurz besprochen; aber wir hoffen, dem Interesse unserer Leser entgegen-
zukommen, wenn wir hier diese bedeutenden Forscher auch noch selber sprechen lassen.
2) Clausius, Polarisation des Himmelsliehtes, in Grunerts Beiträgen zur meteorolo-
gischen Optik, S. 396 und 397.
17
358 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
rt
tieren, herbekommen. Die Hauptquelle ist die Sonne, aber nicht die
einzige, sondern außerdem werden die Teile auch von der ganzen
übriren Atmosphäre und von der hellen Erdoberfläche be-
leuchtet. Dieses Licht kommt, da die Atmosphäre eine sehr flache horizon-
tale Schicht bildet, von allen Seiten in beinahe horizontaler Richtung zu
ihnen, und daraus folgt, daß es nach der Reflexion eine bei-
nahe horizontale Polarisation haben muß. An solchen Stellen des
Himmels nun, wo das direkte Sonnenlicht nach seiner Reflexion ebenfalls
mehr horizontal polarisiert ist, bewirkt jenes hinzukommende Licht keine
Veränderung. Im Vertikalkreise der Sonne aber, wo das erstere senk-
recht polarisiert ist, wirkt die Polarisation des letzteren aufhebend, und
wenn auch auf der größeren Strecke des Kreises die senkrechte Polarisa-
tion überwiegt, so gewinnt doch in der Nähe der Sonne und ihres Gegen-
punktes, wo jene schon ohnehin sehr schwach ist, die horizontale das
Übergewicht. Die Lage der neutralen Punkte muß außer von der
Stellung der Sonne auch noch vom Witterungszustande der
Atmosphäre und von der Beschaffenheit der Erdoberfläche
in einem gewissen Umkreise abhängig sein, denn von diesen
hängt die Menge und Verteilung jenes zu den direkten Sonnenstrahlen
hinzukommenden Lichtes ab.“
Brewster, dem wir ein so eingehendes Studium der atmosphärischen
Polarisation verdanken, wollte von der sekundären Reflexion bei der Ent-
stehung der neutralen Punkte nichts wissen, und er sagt darüber’): „Diese
Theorie, welche keine Rücksicht auf das durch Brechung polarisierte
Lieht nimmt, schien mir niemals befriedigend. Es ist durchaus nicht
erwiesen, daß solch eine sekundäre Reflexion existiert, sogar bei völlig
heiterem Himmel, und noch weniger erwiesen, daß, wenn sie existierte,
sie fähig sein würde, das durch Reflexion polarisierte Licht in beträcht-
lichen Entfernungen von der Sonne zu neutralisieren. Sie muß sehr schwach
sein, wenn zu Ende der Dämmerung der neutrale Punkt (von Arago) zu
verschwinden beginnt. und da die Polarisation durch direkte Reflexion
sichtbar sein müßte, wenn die durch sekundäre Reflexion nicht mehr
sichtbar ist, so müßte dieses Unsichtbarwerden erkennbar sein an einer
Rückkehr des neutralen Punktes zum Gegenpunkte der Sonne, derjenigen
Stelle, die er ohne die sekundäre Reflexion einnehmen würde.
Würden die neutralen Punkte durch sekundäre Reflexion erzeugt, so
müßten ihre Entfernungen vom antisolaren Punkte und von der Sonne
von der größeren oder geringeren Bewölkung beeinflußt werden; aber
trotzdem ich den neutralen Punkt von Arago an einer unbewölkten Stelle
des Himmels beobachtet habe, so habe ich doch niemals bemerkt, daß sein
') Phil. Mag. XXX, 1865, p. 177.
a a
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 259
Abstand von der (regensonne ein anderer wurde, wenn der übrige Teil
der Atmosphäre durch Wolken verdunkelt war.
Aus diesen Gründen gelangte ich zu der Meinung, daß die neutralen
Punkte durch die entgegengesetzte Tätigkeit zweier polari-
sierten Lichtarten entstehen müssen, die fast die gleiche
relative Stärke haben; und diese Meinung wurde bestätigt durch
Beobachtungen, die ich über die Polarisation des durch Glasplatten ge-
drungenen, gebrochenen Lichtes gemacht habe. Bei diesen Versuchen be-
obachtete ich Erscheinungen ähnlich den neutralen Punkten, d. h. das
gleichzeitige Vorhandensein von durch Reflexion und Brechung polari-
sierten Strahlen im durchgelassenen Lichte; aber ich bemerkte nicht,
daß die Stärke der Strahlen so groß gewesen wäre, daß sie einander
neutralisierten.
Durch solche Gesichtspunkte geleitet, zweifelte ich nie, daß die
drei neutralen Punkte in der Atmosphäre und die partielle
Polarisation des Lichtes, welches sie reflektiert, durch
die entgegengesetzte Wirkung von zwei durch Reflexion
und Brechung polarisierten Lichtarten erzeugt werden; und
indem ich die Gesamtheit der einzelnen, die Atmosphäre zusammensetzenden
Molekeln als eine rauhe und zerstreuende Oberfläche ansah, stellte ich
eine Reihe von Versuchen mit solchen Oberflächen an, in der Erwartung,
daß sie auf Licht in derselben Weise wirken würden wie die Luftmolekeln.
Bei diesen Versuchen fand ich, daß solche Oberflächen das einfallende
Licht nicht allein teilweise polarisieren, sondern auch, infolge der ent-
gegengesetzten Wirkung auf die Strahlen, die sie durch Reflexion und
Brechung polarisieren, neutrale Punkte erzeugen, ähnlich denen in der
Atmosphäre.“
Bosanquet zeigte'), daß die horizontale Polarisation nicht das Er-
gebnis der atmosphärischen Refraktion sei, da diese bei ihrer geringen
Größe von nur 0,5° im Horizont unmöglich die positive Polarisation in
der Gegend der neutralen Punkte aufheben könne Er griff daher
auf die Anschauung von Arago zurück, bemerkte aber ausdrücklich, dab
es unmöglich erscheine, schon eine endgültige Theorie der horizontalen
Polarisation aufzustellen. Bosanquet erkannte im übrigen, daß mit der
Frage der Erklärung der neutralen Punkte, oder besser, mit der Er-
klärung der horizontalen Polarisation, auch die von ihm zuerst fest-
gestellte Drehung der Polarisationsebene in der Umgebung der Sonne
und deren Gegenpunkt ihre Beantwortung finde; er zeigte theoretisch,
wie durch das Zusammenwirken zweier verschieden gerichteten Polarisa-
tionen eine Polarisation von neuer Richtung entsteht, und daß die von
1) Phil. Mag., July 1876, p. 24.
al
260 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
ihm beobachtete Drehung der Ebene der atmosphärischen Polarisation
eanz im Sinne der Theorie erfolgt, sobald man sie als das Ergebnis
zweier Polarisationen ansieht, von denen die eine in die durch die Visier-
linie und dem Sonnenmittelpunkt gebildete Ebene fällt, die andere dem
Horizont parallel liegt.
Lallemands Anschauung geht aus folgenden Ausführungen hervor’):
„Die Entstehung der neutralen Punkte (von Arago und Babinet) läßt
sich auf die Wirkung von Staub und anderen Teilchen, die
reichlich in den unteren Schichten der Atmosphäre vor-
handen sind, zurückführen. Nehmen wir der Einfachheit wegen ein-
mal an, die Sonne stehe im Horizont, und der Beobachter blicke nach .
deren Gerenpunkt. Nach den Gesetzen der Beleuchtung müßte die Luft
in dieser Richtung unpolarisiert sein; aber die Spiegelreflexion, die
sich unter verschiedenen Einfallswinkeln an der Oberfläche des
atmosphärischen Staubes vollzieht, liefert zwei horizontale
konvergente Strahlenbündel, die symmetrisch sind in bezug auf den Ver-
tikalkreis, der die Sonne und den Beobachter enthält. Die seitliche Aus-
breitung der schwingenden Bewegung, die von diesen, so aus ihrer Rich-
tung abgelenkten Strahlen ausgeht, hat die Wirkung, die in der Gegend
des Gegenpunktes der Sonne liegenden Luftschichten horizontal
zu polarisieren. In einer gewissen Höhe über dem Horizont und im
"Sonnenazimut erzeugt die Erleuchtung durch die direkten Sonnen-
strahlen eine vertikale Polarisation, welche in einer Höhe von un-
eefähr 30° die erste aufhebt und den neutralen Punkt von Arago ent-
stehen läßt. Wenn man in dem speziellen Falle, den ich betrachte, das
Polarimeter, ausgehend von der Sonne, nacheinander auf alle Punkte des
Horizontes richtet, findet man, daß die Luft immer horizontal polarisiert
ist, und daß der Betrag des polarisierten Lichtes allmählich wächst bis
zu einer Entfernung von 90° von der Sonne, um darauf wieder sehr lang-
sam abzunehmen und von 160° an merklich konstant zu bleiben.
Der neutrale Punkt von Babinet erklärt sich auf dieselbe Weise.
\Wenn man wieder annimmt, daß die Sonne im Horizont steht und
das Polariskop auf Punkte desselben gerichtet wird, so werden die
Spiegelreflexionen gleichfalls vor dem Beobachter zwei konvergente und
in bezug auf das Sonnenazimut symmetrische Strahlenbündel liefern; aber
es ist klar, daß die Dieke dieser beiden Strahlenbündel in horizontaler
Riehtung in diesem Falle viel schwächer sein wird als vorher. Für einen
bestimmten Einfallswinkel sind in einer dem Horizont parallelen Schicht,
in deren Mittelpunkt sich der Beobachter befindet, die reflektierenden und
') Lallemand, Sur la polarisation et la fluorescence de l’atmosphere, U. R., 1872,
t. 75, 8. 707; derselbe, Illumination des corps transparents, Ann. de chimie et de physique,
15. Reihe, Bd. VIII, S. 105.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. >61
die beiden neutralen Punkte erzeugenden Staubteilchen in zwei zueinander
supplementären, ungleichen Sektoren verteilt. Der kleinere dieser beiden
Sektoren, der um so kleiner ist, je näher der Einfallswinkel dem Werte
90° sich nähert, ist derjenige, welcher den neutralen Punkt von Babinet
erzeugt. Dieser Punkt muß also, entsprechend der Beobachtung, in ge-
rinegerer Höhe über dem Horizont liegen als der Punkt von Arago').
In einer späteren Arbeit?) kommt Lallemand auf denselben Gegen-
stand zurück, läßt nun aber die vorstehende Erklärung der ungleichen
Höhe der beiden neutralen Punkte von Arago und Babinet fallen und
ersetzt sie durch eine andere. Er sagt dort (S. 110): „Die wahre Ur-
sache der ungleichen Höhe der beiden neutralen Punkte liegt ohne
Zweifel darin, daß das gegen den Babinetschen Punkt gerichtete Auge
‘eine große Menge Licht empfängt, welches eine oder mehrere Reflexionen
@ A.
Fig. 40.
unter großen Einfallswinkeln erfahren hat und dadurch selbst in einer
Vertikalebene polarisiert ist. Dieses reflektierte Licht kommt zu der Er-
leuchtung durch die direkten Strahlen hinzu, und infolgedessen kann die
horizontale Polarisation, die durch die seitwärts reflektierten Strahlen
erzeugt wird, die vertikale Polarisation nicht bis zu einer ebenso groben
Höhe (wie bei Aragos Punkt) über dem Horizont aufheben (Fig. 40).
Wenn die Sonne in 5 am Horizont steht und der Beobachter (O0)
den neutralen Punkt (5) anvisiert, so erhält er Strahlen, die einmal reflek-
'!) Es muß hervorgehoben werden, daß Lallemands Annahme, die Höhe des Babinet-
schen Punktes zur Zeit des Sonnenunterganges sei geringer als die des Punktes von Arago,
im allgemeinen nur unter normalen Verhältnissen erfüllt ist. Aber auch dann ist der
Unterschied dieser Höhen klein. Gerade in solchen Zeiten dagegen, in denen die Atmo-
sphäre durch Fremdkörper, wie Vulkanstaub, oder vielleicht auch kosmischen Staub, ver-
unreinigt ist, in denen man also eine Zunahme der Wirkung der Spiegel-
reflexion zugunsten des Aragoschen Punktes erwarten sollte, ist die Höhe
des Babinetschen Punktes sehr viel gröber als diejenige des Punktes von
Arago.
?) A. Lallemand, Recherehes sur lillumination des corps transparents. Ann. de
chimie et de physique, p. 93 —136.
262 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
tiert sind, wie R MO, und zweimal reflektierte Strahlen, wie RU DM’ O0,
während in der Richtung des neutralen Punktes von Arago (0 A) die
Strahlen, wie RN, unter fast senkrechtem Einfallswinkel reflektiert werden,
und zwar nachdem sie bei ihrem Durchgange durch eine dieke Atmo-
sphärenschicht geschwächt sind. Diese Strahlen können also im Auge des
Beobachters keinen merkbaren Effekt hervorrufen.“ Lallemand hält diese
Theorie der neutralen Punkte für gerechtfertigt durch alle Eigentümlich-
keiten, welche die Erscheinung der atmosphärischen Polarisation begleiten.
Er weist in dieser Beziehung auf die veränderliche Höhe der neutralen
Punkte hin und besonders auf die Tatsache, daß der Punkt von Arago,
sobald der Himmel teilweise mit Wolken bedeckt ist, nach der der Be-
deekung entgegengesetzten Seite aus dem Azimut der Sonne verschoben wird.
Wenn bei dem gegenwärtigen Stande unserer Kenntnisse Lallemands
Anschauung zur Erklärung sämtlicher Tatsachen auch nicht mehr ausreicht,
so enthält sie doch sehr beachtenswerte Momente; jedenfalls darf die
Einwirkung der in der Luft vorhandenen gröberen Staubteilchen auf das
sie treffende Licht bei der Erklärung der an den neutralen Punkten be-
obachteten Erscheinungen nicht vernachlässigt werden.
Da die Frage nach der Entstehung der neutralen Punkte mit der
Abweichung der Polarisationsebene von der durch die Visierlinie und die
Richtung nach der Sonne gebildeten Ebene in engstem Zusammenhange
steht, so müssen wir hier auch Henry Beequerel zu Worte kommen lassen,
der sich, wie wir im ersten Abschnitte gesehen haben, für die Erforschung
dieser Abweichung besondere Verdienste erworben hat.
Beequerel hält die Gesamtheit der Erscheinungen der atmosphärischen
Polarisation für das Produkt der Reflexion der Sonnenstrahlen. Insbesondere
sagt er'): „Wenn die Atmosphäre in einem Punkte einen Teil des Lichtes
reflektiert, das ihr direkt von der Sonne zugesandt wird, so muß sie, wie auch
die Art der Reflexion sein mag, an der Luft selbst oder an Wasserbläschen,
gleichzeitig das Licht reflektieren, das ihr von allen möglichen Richtungen,
sei es von der Atmosphäre, sei es von der beleuchteten Erde, zukommt.
Diese Gesamtheit der Lichtstrahlen bildet ein Bündel, das nach allen
Azimuten entweder durch Reflexion oder durch Brechung polarisiertes
Licht enthält. Da diese Strahlen eine verschiedene Intensität haben, so
gibt es notwendig ein Azimut, für welches die Summe der Intensitäten
der in ein und derselben Ebene polarisierten Strahlen ein Maximum ist.
Die Polariskope gestatten uns, diese Richtung des Maximums der Polari-
sation zu bestimmen, da die Gesamtheit der in allen anderen Azimuten
polarisierten Strahlen sich verhält wie ein neutraler Lichtstrahl. Für
einzelne Punkte kann der Fall eintreten, daß alle die von verschiedenen
') Ann. de chimie et de physique 1880, t. 19, p. 114.
ee Ei
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 263
Richtungen ausgehenden Strahlen nach ihrer Reflexion dieselbe Intensität
haben, und es scheint alsdann dort keine Polarisation vorzuliegen, wie
man es in den neutralen Punkten beobachtet.
Nach dieser Hypothese, in der die Sonne nicht die einzige Lichtquelle
der Atmosphäre, sondern nur die wichtigste ist, indem die Atmosphäre
und die Erde selbst reflektierend wirken, erscheint es klar, daß die Ebene
der maximalen Polarisation nicht genau durch die Sonne geht. Allemal
dann, wenn die Erleuchtung der Atmosphäre im beobachteten Punkte
symmetrisch in bezug auf die Sonne ist, wie für die im Sonnenvertikal
gelegenen Punkte, muß die Polarisationsebene mit der durch die Sonne
gehenden Ebene zusammenfallen. Die Erfahrung bestätigt dies, und man
kann daraus schließen, daß die Erleuchtung der Atmosphäre in jedem
Augenblick symmetrisch ist in bezug auf den Sonnenvertikal. Die Exi-
stenz der neutralen Punkte im Sonnenvertikal ist eleichfalls ein Beweis
für diese Schlußfolgerung.
Die Lage der Polarisationsebene unterhalb des neutralen Punktes
von Arago scheint zu zeigen, daß die sekundäre, durch die Atmo-
sphäre und die Erde verursachte Beleuchtung eine Polarisation
hervorbringt, die nahezu horizontal ist.
Aus diesen Betrachtungen folet, daß eine Änderung der Intensität
einer der beiden Arten der sekundären Beleuchtung eine Verrückung der
Lage der Ebene des Maximums der Polarisation nach sich zieht und in-
folgedessen eine Drehung der Polarisationsebene. Nun sind aber, weil
die Höhe der Sonne über dem Horizont sich ändert, oder weil die
Atmosphäre mehr oder weniger stark mit Dünsten beladen ist, die Be-
dingungen der Beleuchtung veränderlich, und die Polarisationsebene in
einem bestimmten Punkte muß ihre Lage also fortwährend ändern.
Die oben (S. 63) mitgeteilten veränderlichen Winkel müssen auf
diese mannigfachen Ursachen zurückgeführt werden. Einige begünstigen
einen regelmäßigen Gang und folgen, der regelmäßigen Änderung der
Beleuchtung entsprechend, der Zu- und Abnahme der Sonnenhöhe, andere
entsprechen den sehr verschiedenen Zuständen der Atmosphäre. Es ist fast
unnötige, hinzuzufügen, daß die kleinste reflektierend wirkende Wolke beträcht-
liche Störungen herbeiführt, die kein systematisches Studium zulassen.
Auch die mit roten und blauen Strahlen erzielten Beobachtungs-
ergebnisse verleihen unserer Hypothese eine neue Stütze. In der Tat,
da die Atmosphäre viel mehr blaues als rotes Licht reflektiert oder
diffundiert, muß sich die Ebene der maximalen Polarisation für die
blauen Strahlen im allgemeinen weiter von der Richtung nach der Sonne
entfernen als die Polarisationsebene der roten Strahlen, ganz in Über-
einstimmung mit der Erfahrung.“ Soweit Becquerel.
Auf eine festere Basis wurde die Erklärung der horizontalen Polari-
264 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
sation und dadurch der neutralen Punkte sowie der Abweichung der
Polarisationsebene von der durch die Visierlinie und den Sonnenmittel-
punkt bestimmten Ebene gestellt, nachdem man klarer erkannt hatte,
daß die atmosphärische Polarisation überhaupt nicht auf Spiegelreflexion
und Lichtbrechung in den Luftschichten, sondern vielmehr auf Diffusion
des Sonnenlichtes zurückgeführt werden muß. Die schönen Versuche
Tyndalls sowie die theoretischen Untersuchungen von Lord Rayleieh führten
aber erst allmählich diesen Umschwung in den Anschauungen der Forscher
herbei. Tyndall hatte gezeigt, daß bei der Beleuchtung von künstlichen
Wolken fein verteilter Materie das von diesen diffundierte Licht unter
gewissen Bedingungen nicht überall in der Richtung der einfallenden
Liehtstrahlen polarisiert war, daß vielmehr unter einem bestimmten Winkel
ein neutraler Punkt und darüber hinaus entgegengesetzt polarisiertes
Licht beobachtet wurde (S. 113), ganz analog den Polarisations-
erscheinungen im Sonnenvertikal der Atmosphäre. Was lag nun näher,
als die atmosphärische Polarisation als die Wirkung der Diffusion des
Sonnenliehtes an den kleinen in der Atmosphäre schwebenden Stoffteilchen,
seien diese nun die Luftteilchen selbst oder fremdartige Bestandteile, auf-
zufassen, um so mehr, als Lord Rayleigh zeigte, daß bei hinreichender Fein-
heit der Teilchen das von ihnen diffundierte Licht polarisiert sein müsse.
Es ist, wie wir gesehen haben (8. 169 u. ff), J. L. Sorets Verdienst,
zuerst auf dieser Grundlage eine umfassende theoretische Begründung der
wesentlichsten Erscheinungen der atmosphärischen Polarisation einschließ-
lich der horizontalen Polarisation, und dadurch der neutralen Punkte von
Arago, Babinet und Brewster, gegeben zu haben. Soret spricht sich in
seiner wiederholt erwähnten Arbeit!) insbesondere über die Entstehung
dieser Punkte aus, wie folgt: „Dieselbe Rechnung, die für die Zeit des
Sonnenunterganges in der Nähe der Sonne oder ihr gegenüber horizontal
polarisiertes Licht ergibt, liefert auch eine Erklärung des Auftretens der .
neutralen Punkte von Arago, Babinet und Brewster. In der Tat, nach
der Schlußfolgerung Brewsters findet man auf dem Vertikalkreise der
Sonne Licht, welches in der Vertikalebene polarisiert ist; die Polarisation
vermindert sich aber in dem Maße, wie man sich vom Zenit entfernt.
Wenn sich also auf demselben Kreise in der Nähe des Horizontes horizontal
polarisiertes Licht vorfindet, so muß notwendig in einer gewissen Höhe
ein Punkt liegen, wo diese beiden entgegengesetzten Polarisationen sich
kompensieren, das heißt ein neutraler Punkt (neutrale Punkte von Arago
und Babinet). Was den neutralen Punkt von Brewster anbetrifft, der
vor Untergang der Sonne unterhalb derselben liegt und so selten sicht-
bar ist, so erklärt sich dieser in derselben Weise, nur entfernt sich die
') Ann. de chimie et de physique, 6. serie, t. XIV.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 265
Richtung der Sonnenstrahlen beträchtlich von der horizontalen, weshalb
sich das Verhältnis der Intensität der Komponenten (des diffundierten
Lichtes) ohne Änderung ihrer Richtung ein wenig modifizieren muß.
Der Abstand der neutralen Punkte von der Sonne oder vom anti-
solaren Punkte muß sich entsprechend den meteorologischen Verhältnissen
ändern und wachsen mit der Lichtintensität in der Nähe des Horizontes.
Es würden daher interessante Beobachtungen werden, wenn
man das Verhältnis der Lichtstärke eines Punktesin der
Nähe des Horizontes und im Zenit bestimmen und gleich-
zeitig die Höhe der neutralen Punkte messen würde.“
Auch die von Beequerel zuerst näher untersuchte Abweichung der
Polarisationsebene von der durch die Visierlinie und die Sonne bestimmten
Ebene findet nach Soret ihre Erklärung durch seine Theorie, wenn man
nur auf die viel größere Dicke der Atmosphäre in den dem Horizont
benachbarten Richtungen Rücksicht nimmt. Leider geht er aber auf die
Sache, „die sehr verwickelte Rechnungen erfordern würde“, nicht näher ein.
Wir haben früher (S. 177) gezeigt, daß Sorets Theorie im Jahre 1896
von Hurion wieder aufgenommen und weitergeführt bezw. verallgemeinert
wurde. Es braucht hier daher kaum hervorgehoben zu werden, dab
Hurion sich auch in der Erklärung der neutralen Punkte ganz auf die
Seite Sorets gestellt hat. Aber seine Begründung des Auftretens der
horizontalen Polarisation ist umfassender, bestimmter und eingehender
als diejenige Sorets, so dab wir nicht umhin können, sie etwas ausführ-
licher zu behandeln.
Ausgehend von Sorets Theorie, studierte Hurion zunächst die Polarisa-
tion des Lichtes, welches von einem in einer Kugel befindlichen und durch
ein zylindrisches Strahlenbündel beleuchteten trüben Medium ausgesandt
wird‘). In Fig. 41 seien OX, OY, OZ die Achsen eines rechtwinkligen
räumlichen Koordinatensystems. Lichtstrahlen mögen in der Richtung XO
in das kugelförmige Medium, dessen Mittelpunkt © sei, eindringen. Wenn
man nun das in O direkt diffundierte Licht als Einheit nimmt, so er-
geben sich auf der Grundlage von Sorets Rechnungen (s. S. 173) für den
Punkt © die in die Riehtung der Koordinatenachsen fallenden Komponenten
der Schwingungsintensitäten des gesamten diffundierten Lichtes:
[9
> 2
N Anal 5 in der Richtung OX,
h) -
N 1 a en > ER
2 — Ar al®-—, in der Richtune OY,
“) 5 to)
l 3
De a Eu 0, ?-—, in der Richtung 0Z,
') A. Hurion, Sur la polarisation de la lumiere diffusee par les milieux troubles.
Application & la polarisation atmospherique. Ann. de chimie et de physique 1896, p. 456.
266 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
wo «a und 7 die von Soret angenommene Bedeutung haben. Mit Hilfe
dieser Werte der Gesamtintensitäten des von 0 ausgehenden diffundierten
Lichtes kann man nun leicht den Betrag des polarisierten Lichtes be-
rechnen, welches in eine beliebige von O ausgehende Richtung der Ebene
XOY fällt. Es sei OD eine solche Richtung, die mit OY den Winkel
bilden möge, und es stehe OE senkrecht auf OD innerhalb der Ebene
XOY. Im der Richtung OD breitet sich nun zunächst die OZ parallele
Schwingung von der Intensität Z? ohne irgendwelche Änderung aus.
Anderseits liefern die parallel OX und OY gerichteten Liehtschwingungen
Komponenten in der Richtung OD, deren Wirkung Null ist, und wirksame
BE
A
Fig. 41.
Komponenten parallel OP. Die Größe der beiden letzteren ist X? cos’y
und Y? sin?g, und ihre Summe X? cos’ + Y? sin?g stellt die Schwingungs-
intensität parallel zu ‘O2 dar. Da 7? 27 md X’ Zr sone
dab diese Intensität stets kleiner ist als die der parallel zu OZ
gerichteten Schwingungskomponente. Daraus folet aber, daß der
Strahl OD teilweise polarisiert ist. Nun kann die Intensität der Kompo-
nente OZ als die Summe der beiden anderen X? cos’y + Y?sin?’y und
Z?— (X? eos?p + Y” sin?y) betrachtet werden, von denen die erste mit der
gerade so großen Komponente parallel zu OE einen unpolarisierten Licht-
strahl bildet. Demnach bleibt als absoluter Wert der Intensität des
polarisierten Lichtes Z?— (X? ecos’y + Y? sin?y), oder, da Z’=Y’? ist,
(Y? — X?) cos?y.
Anderseits hat man als Gesamtintensität des Lichtes:
Z’ +(X? cos?g + Y? sin?y), oder 27? — (Y? — X?) cos?y.
1
h
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 267
zubı
Demnach ergibt sich als Verhältnis des polarisierten Lichtes der Wert:
(Y? —X®) cos?’ f Y?’— X?
om my Far und wenn man noch y m Setzt,
m CoS’y
2—m:cos’y
Um diese Formel durch den Versuch zu prüfen, stellte Hurion einen
Apparat her, bei welchem ein Glasballon in einen Trog mit parallelen
Glaswandungen an einem Gestell hinabhing. Dieses Gestell war um eine
horizontale, durch den Mittelpunkt der Kugel gehende Achse drehbar und
trug gleichzeitig ein Photopolarimeter von Cornu, dessen unteres Ende
bis nahe der Mitte des Ballons in diesen hineinragte. Bei der Drehung
des Gestells drehte sich das Polarimeter in einer Vertikalebene. Während
der Tro& mit klarem filtrierten Wasser gefüllt war, wurde in die Kugel
eleichfalls filtriertes, aber durch eine alkoholische Seifenlösung oder ein
anderes Mittel getrübtes Wasser gebracht. Wenn man in horizontaler
Richtung der Drehungsebene des Polarimeters paralleles Lieht auf die
Seifenlösung warf, so fiel diffundiertes Lieht in das Instrument, dessen
Polarisation gemessen werden konnte. Um Störungen zu vermeiden, die
durch den in das trübe Medium hineinragenden Tubus des Polarimeters
hätten entstehen können, wurde nur die untere Hälfte des Ballons von
parallelen Lichtstrahlen beleuchtet, wodurch man die Wirkung eines trüben
Mediums von der Form einer Halbkugel erhielt. Dadurch konnte selbst-
verständlich auf die Abhängigkeit der Polarisation von dem Winkel
kein Einfluß ausgeübt werden. Nachdem nun der Wert der Konstante m
u
m
für den Winkel g = o, für welchen p, = 5 : ist, durch Beobachtung des
entsprechenden Wertes von p, bestimmt war. ließen sich die Ergebnisse
der Beobachtung mit denen der Rechnung für beliebige Werte von 9 ver-
gleichen. Es zeigte sich nun in der Tat, dab die theoretisch abgeleitete
Formel den wirklichen Gang der Erscheinung ausgezeichnet darstellt. In
einem Versuch erzielte Hurion z. B. für = 30° dureh Beobachtung den
Wert » = 0,487, durch Rechnung pı = 0,481, in einem anderen für
= 50° durch Beobachtung » = 0,216, durch Reelnung p, = 0,218.
Nach diesen Auseinandersetzungen sind wir imstande, unsern Lesern
zu zeigen, wie Hurion die wesentlichsten Erscheinungen der atmosphäri-
schen Polarisation mit denen einer Kreisfläche eines trüben Mediums,
das von einem dieser Fläche parallelen Strahlenbündel beleuchtet wird,
in Vergleich stellen konnte. Wir haben darauf schon in unserer allgemeinen
Übersicht S. 178 kurz hingewiesen, müssen aber hier anf die Sache näher
eingehen.
Wenn O der Mittelpunkt des in die Ebene X0Z — Fig. 42 — fallen-
den Kreises ist und XO wiederum die Richtung des einfallenden Lichtes,
268 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
so wird die Wirkung der in dem unendlich kleinen Sektor MOM, ent-
haltenen diffundierenden Teilchen im Punkte O durch die Schwingungs-
komponenten dargestellt sein:
al’ sin’ o-cos’odeo, parallel OX,
at do Br 03%
al costoado R 0Z.
Durch Integration zwischen den Grenzen Null und 277 erhält man
A
Y
Fig. 42.
als Intensität der die Wirkung des Kreises in © darstellenden Komponenten
die Werte:
et ;
Dal 3’ parallel OX,
Dr. ns 0%,
n 02.
D>ral-
Mit Berücksichtigung des in © direkt diffundierten Lichtes ergeben
sich für die gesamte Wirkung der direkten Diffusion und der Diffusion der
zweiten Ordnung die Werte:
1
er 3 Fer 1 7? 1 2
%,—2wal nn, Yo m 2auel Zn
[8 0)
Ne =
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 269
Nun läßt sich leicht der Betrag des polarisierten Lichtes berechnen,
welches von O innerhalb der Ebene XOY nach einer beliebigen Richtung OD
— Fig. 41 — ausgeht. Als Komponente parallel OZ hat man die Intensität
Z?’ und als Komponente parallel OX die Intensität AT cos’p + Y? sin’
und demnach als Betrag des polarisierten Lichtes:
Z7 —(X7 cos’p + Y sin?y)
zogen, So SO
2, + X, cos 4 Y,sin’o
| a K°
Setzt man noch Y, ZZ =KR, m und —., =, soerhält
Z, Z:
man nach einigen Umformungen:
m coOS’y — n sin?y
2 (m cos! —n sin’y)'
Diese Formel ließ sich wiederum durch den Versuch prüfen. Zu
dem Zwecke ließ Hurion das Licht durch einen schmalen Spalt, in
dessen Ebene der Mittelpunkt des das trübe Medium enthaltenden Glas-
ballons lag, in dieses Medium eintreten, wodurch er einen den Voraus-
setzuneen der Theorie annähernd entsprechenden, beleuchteten Kreis erhielt.
Die Versuche ergaben in der Tat wieder eine recht gute Übereinstimmung
mit der Theorie. Von ganz besonderem Interesse ist für uns die Tatsache,
daß sich aus der für p, abgeleiteten Formel theoretisch die Existenz eines
neutralen Winkels ergibt, der im Versuch auch wirklich nachgewiesen
werden konnte.
Setzt man nämlich pı = 0, so ergibt sich für 9 die Gleichung
= m 5 a Be 5
tange”y, = —, und man erkennt leicht, dab für größere Werte von g als yı
an =
der Ausdruck für p, negativ wird. Dieses Ergebnis kann nicht anders
gedeutet werden als dadurch, daß das von O ausgehende diffundierte Licht
teilweise in einer Ebene polarisiert ist, die senkrecht steht auf der Ebene XOY,
sobald die Visierlinie mit OY einen Winkel bildet, der größer als yı Ist.
während es für kleinere Werte als y, in der Ebene XOY selbst polarisiert
ist. Unter dem Winkel g, selbst geht neutrales Licht von O aus. Hinsichtlich
der vortrefflichen Übereinstimmung zwischen Theorie und Versuch, die sich
bei der Bestimmung dieses Winkels ergab, verweisen wir auf die Original-
abhandlung Hurions. Auch bezüglich: der gesamten Versuchsanordnung
und der weiteren Rechnungen, die sich insbesondere auch auf die Größe
der Drehung der Polarisationsebene bei beliebigen vom Mittelpunkte des
diffundierenden Kreises ausgehenden Richtungen ergaben, sowie der dabei
beobachteten schönen Übereinstimmung zwischen Theorie und Versuch
müssen wir auf diese Abhandlung verweisen.
270 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Außerordentlich wichtig ist die Anwendung, welche Hurion von
seiner Formel für die Polarisationsgröße p, auf die atmosphärische Pola-
Fig. 44.
Yisation machte. Er bediente sich dabei eines Apparates, den er durch
vorstehende Figur (43) skizziert und in folgender Weise beschreibt:
„Der Tubus des Polarimeters AB, nach Art eines Theodolitenfernrohres
montiert, dreht sich um die Achse MN; der Betrag der Drehung wird
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 97
\
auf dem Kreise 7 gemessen. Die Drehung um die Hauptachse CD läßt
sich auf dem Kreise 7 ablesen. Der an einer entsprechenden Stütze
befestigte Apparat läßt sich so orientieren, daß die Achse CD mit der
Richtung. der Sonnenstrahlen zusammenfällt; und man bestimmt auf dem
Kreise 7 die Lage, für welche die Ebene des Kreises V vertikal ist.
Der Kreis X und die Trommel 7 dienen zur Messung des Betrages des
polarisierten Lichtes.“ Wenn man — Fig. 44 — durch XO die Richtung
der Sonnenstrahlen, durch OZ die Horizontale senkrecht zu XO und durch OY
die Senkrechte zur Ebene XOZ darstellt, so kann man die Visierlinie RO
durch den Raumwinkel 5 der beiden Ebenen XOR und XOY und durch
den Winkel y, den RO mit seiner Projektion OR, auf die Ebene YOZ bildet,
festlegen. Die Werte für % werden auf dem Kreise 4, diejenigen für
auf dem Kreise V abgelesen. Vor dem Okularnicol konnte man ein
farbiges Glas anbringen. Es ergab sich nun bei den Beobachtungen eine
in der Tat auffallende Übereinstimmung mit der Rechnung. Um das zu
zeigen, teilen wir hier die Beobachtungen nebst den zugehörigen berech-
neten Werten mit, die Hurion am 15. November 1892 mit Vorschaltung
eines blauen Glases in Clermont für Punkte des Sonnenvertikals (? = 0)
erhielt:
Pı
n „IT TI,
. beobachtet | berechnet
VEAEBRENE, 0.676 0.674
NER SE Ra 0.628 0.636
RR 0.515 Br ae
HYa 0 N 9)
30 See ee 0.416 0.402 n = 0.12
ZN 0.259 0.267
eeerte 0151 0:151
BOEIERTERN 0.061 0.058
Um den Winkel bestimmen zu können, den die Polarisationsebene
in irgendeinem Punkte des Himmels mit der durch Visierlinie und Sonne
bestimmten Ebene bildet, mußte Hurion das Polarimeter noch mit einer
besonderen Vorrichtung zur Bestimmung der Lage dieser Ebene am Himmel
versehen, auf deren Beschreibung wir hier freilich verzichten müssen.
Es wurden dann Beobachtungen erzielt, wie wir sie schon in der all-
gemeinen Übersicht S. 68 mitgeteilt haben.
Hurion gelangt auf Grund seiner eingehenden Untersuchungen zu
folgendem zusammenfassenden und äußerst wichtigen Ergebnis:
„Die Gesamtheit der Messungen sowie auch die bekannte Existenz
der neutralen Punkte deutet darauf hin, daß die Erscheinungen der
272 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
„in
atmosphärischen Polarisation dieselben sind wie die eines diffundierenden
Kreises eines trüben Mediums. Die Ebene dieses Kreises würde durch
die Richtung der Sonnenstrahlen und die Horizontale senkrecht zu
(dieser Richtung bestimmt sein. Mit anderen Worten, das in das Polari-
meter fallende Licht kann betrachtet werden als die Wirkung von drei
Vibrationen, die sich nach zunehmender Intensität in folgender Weise an-
ordnen lassen:
1. eine Schwingung in der Richtung der Sonnenstrahlen,
2. eine horizontale Schwingung senkrecht zu den Sonnenstrahlen,
3. eine Schwingung senkrecht zu den Sonnenstrahlen in der Vertikal-
ebene der Sonne.“
Obschon man diesen Schlußfolgerungen ohne Bedenken wird zu-
stimmen müssen, so hielt Hurion es doch für notwendig, sie durch Be-
handlung des allgemeinen Problems der Berechnung der atmosphärischen
Polarisation noch näher zu begründen. Er stellte sich demnach die Auf-
oabe, die Intensität der Schwingungen nach den drei vorhin bezeichneten
Richtungen zu berechnen, die ein in der Mitte O0 einer Halbkugel eines
trüben Mediums liegendes Teilchen durch Diffusion von allen übrigen
Teilchen empfängt. Zu dem Zwecke mußte Hurion die Lichtstrahlen
parallel der XZ-Ebene so einfallen lassen, daß sie mit der X-Achse einen
Winkel («) bildeten. Weil aber das (Gesetz, nach welchem die Zahl der
diffundierenden Teilchen nach der Erde hin (zur XY-Ebene) zunimmt,
nicht bekannt ist, so berechnete er zunächst die Wirkung irgendeiner
in der Zenitdistanz 9 liegenden, unendlich dünnen horizontalen Schicht
auf das in O liegende Teilchen und multiplizierte, um diese Zunahme der
Teilchenzahl zum Ausdruck zu bringen, den gefundenen Wert mit einem
Faktor X, der für einen konstanten Wert von 9 konstant bleibt und mit
wachsendem g gleichfalls wächst. Die Ausführung der Rechnung, die wir
hier leider nicht wiedergeben können, zeigt nun, daß bei sämtlichen Werten
von @ mit wachsendem 9 die Intensität der Schwingungen, die in der
N\Z-Ebene senkrecht zu den Lichtstrahlen erfolgen, die der horizontalen
Schwingungen, auf welche es hier namentlich ankommt, mehr und mehr über-
wiegt. Für den Fall, daß «&=0 und X unabhängig von 9 war, er-
hielt Hurion übrigens, wie es sein mußte, dieselben Werte für die
Komponenten der Schwingungen wie Soret (S. 173). Hurion schließt
seine bemerkenswerten Ausführungen mit folgenden Worten:
„Man erkennt demnach, daß die Verhältnisse ebenso liegen für
die diffundierenden Teilchen, die sich in geringer Höhe innerhalb der
Atmosphäre befinden, da für diese die Bedingungen analog sind denen, die
unsere Rechnungen voraussetzen. Da diese Teilchen es sind, die am stärk-
sten auf das Polarimeter einwirken, wird man die Gesamtheit der Beobach-
tungen mit größerer oder geringerer Annäherung durch die allgemeinen
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 273
Formeln darstellen können, die eine Differenz unter den drei Haupt-
schwingungen der Bewegung ergeben. Es ist klar, daß die tatsächlichen
Verhältnisse verwickelter sind, als die dargestellte Theorie sie voraus-
setzt; so ist z. B. das von dem an der Seite der Sonne liegenden Teile
der Atmosphäre diffundierte Licht offenbar viel intensiver als das Licht.
welches von der gegenüberliegenden Seite des Himmels diffundiert wird.
Wenn man also zwei Stellen des Sonnenvertikals untersucht, die symme-
trisch zur Senkrechten zu den Sonnenstrahlen liegen, so wird man in dem
der Sonne gesrenüberliegenden Teile mehr polarisiertes Licht finden müssen
als in der Nähe der Sonne. Das zeigt auch die Beobachtung.“
Ein Vergleich der Untersuchungen Sorets und Hurions läßt sofort
erkennen, daß ihre Ergebnisse im wesentlichen dieselben sind; es muß
aber besonders hervorgehoben werden, daß Hurion den Beeriff der hori-
zontalen Polarisation etwas modifiziert, indem er die die übrigen stark
überwiegenden Lichtschwingungen senkrecht zu derjenigen Ebene erfolgen
läßt, die durch die Richtung nach der Sonne und die auf dieser Richtung
durch das Auge des Beobachters senkrecht gelegte Horizontale gebildet
wird. Der Unterschied beider Theorien ist aber für unsere weiteren Be-
trachtungen ganz ohne Bedeutung, und daher wollen wir lediglich der
leichteren Darstellung halber die kürzere Bezeichnung „horizontale Pola-
risation“ für jene Lichtschwingungen beibehalten.
Wenn wir nun noch einmal die zahlreichen zur Erklärung der hori-
zontalen Polarisation gemachten Versuche überblicken, so kann es keinem
Zweifel unterliegen, daß die auf den Anschauungen Lord Rayleighs fußende
Theorie von Soret-Hurion am meisten befriedigt. Wir tragen daher gar
kein Bedenken, uns dieser Theorie im wesentlichen anzuschließen, aber
wir müssen doch auf einen Punkt hinweisen, in welchem sie einer Er-
eänzung bedarf. Sie leidet insofern an einer gewissen Einseitiekeit, als
sie allein die reine Diffusion, also die Diffusion an Teilchen, die klein sind
in bezug auf die Wellenlänge des Lichtes, berücksichtigt, aber das Vor-
handensein von gröberen Teilchen, die in der Atmosphäre stets in großer
Menge vorhanden sind, völlig mißachtet. Nun ist es aber selbstverständlich,
und wir haben das auch schon im ersten Abschnitt wiederholt angedeutet,
dab infolge der Anhäufung solcher Teilchen auch alle anderen optischen
Vorgänge, durch welche das Licht polarisiert wird, in den Erscheinungen
der atmosphärischen Polarisation eine Rolle spielen müssen. Zu diesen
Vorgängen gehören die Spiegelreflexion, die Brechung und die Beugung
des Lichtes. Daß unter gewissen Umständen die Spiegelreflexion an der
ördoberfläche auf die atmosphärische Polarisation einwirken kann, wissen
wir schon aus den interessanten Beobachtungen Sorets am Genfer See.
Daß aber auch die diffuse Reflexion an der Erde ihren Einfluß ausübt,
haben uns die Untersuchungen von Connel, Kimball und Nichols gezeigt.
18
274 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
In ähnlicher Weise werden die eröberen in der Atmosphäre schwebenden
Teilchen wirken müssen, wie denn auch Lallemand sich bei seinen den
Araeoschen Punkt betreffenden Erörterungen (S. 261) dieser Reflexion
bereits bedient hat.
Was die Polarisation durch Beugung anbetrifft, die durch die An-
wesenheit der gröberen Teilchen in der Atmosphäre herbeigeführt werden
könnte, so ist nicht einzusehen, wie dabei die eine oder andere Polari-
sation irgendwie erheblich überwiegen sollte. Diese Anschauung stimmt
auch durchaus mit der Beobachtung, dab glänzende Purpurlichter, trotzdem
sie nach den gegenwärtigen durch Riggenbach und Kießling begründeten
Anschauungen uns im wesentlichen gebeugtes Licht zusenden, an sich gear
keinen erheblichen Einfluß auf die Lage des Babinetschen neutralen Punktes
ausüben. In der Tat gehen bedeutende Intensitätssteigerungen des ersten
Purpurlichtes der Abenddämmerung in der Regel ohne merkliche direkte
Einwirkung auf den Sonnenabstand des Punktes von Babinet vorüber.
Von größerer Bedeutung scheinen dagegen die vielfachen Brechungen
zu sein, denen die Sonnenstrahlen beim Durchgange durch jene gröberen
Teilchen, die wir wohl der größeren Mehrzahl nach als durchlässig für die
Strahlen ansehen müssen, ausgesetzt sind. Wie uns die Beobachtungen von
Brewster, Chase und Busch gezeigt haben, treten in allen Fällen, in denen das
Sonnenlicht durch Cirrostratus-Wolken, durch herabfallende Schneeflocken,
durch feine Eiskristalle, die in der Luft schweben, oder durch Nebelwolken
von nicht zu großer Dichtigkeit zu uns dringt, die Fransen der negativen
Polarisation nahe oberhalb und unterhalb der Sonne so kräftig auf, daß die
Farben trotz des hellen Scheines der Sonne oft deutlich zu erkennen sind.
Anderseits genügt die Vorschaltung eines dünnen Glas- oder Glimmer-
blättehens vor das Savartsche Polarisköp, um bei nur schwacher Neigung
schon dieselbe Wirkung zu erzielen. Vergegenwärtigt man sich diese
beiden Tatsachen, so kann man sich auch die Einwirkung der Eiskristalle
oder Nebelwolken in der Luft nur als das Ergebnis von Brechungs-
vorgängen in den einzelnen Teilen jener Wolken erklären. Vielleicht em-
pfiehlt es sich, diese vielfachen Breehungen unter der Bezeichnung „diffuse
rechung“ zusammenzufassen. Wer sich eingehend mit Beobachtungen
dieser Art beschäftigt hat, wird immer wieder zu dieser Anschauung
förmlich gedrängt, und es ist daher nicht auffallend, daß sie gerade von
Brewster, Chase und Busch ausgesprochen worden ist.
In ganz ähnlicher Weise wie beim Durchgange der Sonnenstrahlen
durch Eis- oder Dunstwolken wird. wie wir gesehen haben, auch in
Störungszeiten, in denen die Atmosphäre durch fremdartigen Staub irgend-
welcher Art getrübt ist, der Betrag der negativen Polarisation erheblich
bedeutender als in normalen Zeiten, aber auch in diesen fehlen gröbere
Teilchen niemals. Wir haben also einen kontinuierlichen Übergang von
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 275
den Erscheinungen beim Vorhandensein von Eis- bezw. Nebelwolken zu
denen bei außerordentlichen Trübungen der Atmosphäre und zu normalen
Verhältnissen. Was liegt also näher als die Annahme, daß auch in nor-
malen Zeiten jene gröberen Teilchen einen in derselben Richtung liegen-
den Einfluß haben werden? Das Ergebnis dieser Überlegungen können
wir daher zusammenfassen, indem wir sagen: „Die Gesamtheit
der diffusen Brechungen ist eine zweite Quelle der hori-
zontalen Polarisation in der Atmosphäre.“ Bei der großen
Analogie zwischen dem Auftreten der neutralen Punkte in der Atmo-
sphäre und bei der Beleuchtung künstlicher trüber Medien, insbesondere
der künstlichen Wolken von Govi, Tyndall,- Rubenson, Pernter u.a.
ist es nicht unwahrscheinlich, daß auch in diesen Brechungsvorgänge
infolge des Durchganges des Lichtes durch die gröberen Teilchen mit-
spielen. Brewster, der als erster mit so eroßer Entschiedenheit auf
die Polarisation durch Brechung in der Atmosphäre hinwies, hatte
wahrscheinlich gleichfalls diese diffuse Brechung im Auge; aber da er
sich nirgendwo besonders darüber aussprach, so hat man seine Anschauung
offenbar so ausgelegt, als habe er an Brechungen in Luftschichten von
verschiedener Dichte gedacht, und so ist es wohl gekommen, daß er den
Widerspruch der meisten Forscher hervorgerufen hat.
Wir stellen uns nun die Wirkung der horizontalen Polarisation in
der Weise vor, dab sie allen Punkten des Himmels vertikale oder, um
mit Hurion zu sprechen, zur Sonnenebene — gebildet von der Blickrich-
tung zur Sonne und von der zu ihr senkrechten Horizontalen — senk-
rechte Ätherschwingungen zusendet, die dann bei der Untersuchung durch
das Polariskop mit den direkt diffundierten Schwingungen zusammen-
wirken. Richten wir das Polariskop nach Punkten des Sonnenvertikals,
so werden wir von dorther gleichzeitig vertikale und infolge der ersten
Diffusion horizontale Ätherschwingungen empfangen. Die letzteren sind
sehr schwach in der Nähe der Sonne und ihres Gegenpunktes, am inten-
sivsten 90° von der Sonne entfernt. Dort, wo beide Arten von Schwin-
gungen dieselbe Intensität haben, entstehen die neutralen Punkte von
Babinet, Brewster und Arago. Von Punkten außerhalb des Sonnen-
vertikals empfängt das Auge Lichtschwingungen, die einen anderen Winkel
als 90° miteinander bilden, und daher werden diese in ihrer Zusammen-
wirkung Licht erzeugen, dessen Polarisationsebene mit der durch die
Visierlinie und den Sonnenort bestimmten Ebene irgendeinen Winkel
bildet, wodurch auch die im ersten Abschnitte behandelte Drehung der
Polarisationsebene im wesentlichen ihre Erklärung findet.
Bevor wir nun an den Versuch herantreten, zu zeigen, wie sich die
oben erörterten Erscheinungen, die bis heute bezüglich der Veränderlich-
keit der Abstände der neutralen Punkte von der Sonne und deren Gegen-
18*
276 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
punkt ermittelt sind, erklären lassen, müssen wir noch kurz auf einige
optische Vorgänge hinweisen, die bei der Wanderung dieser Punkte ver-
mutlich in Betracht kommen. Der Reflexion an der Erdoberfläche und
an den gröberen in der Luft schwebenden Fremdkörpern haben wir schon
gedacht. Durch die Untersuchungen von Connel und Kimball ist mit
aller Bestimmtheit erwiesen, daß die (positive) Polarisation durch einen
hell erleuchteten Boden herabgedrückt wird; insbesondere wirkt in diesem
Sinne die Bedeckung des Bodens mit Schnee. Es kann infolgedessen
keinem Zweifel unterliegen, daß dadurch auch die Abstände der neutralen
Punkte in irgendeiner Weise beeinflußt werden, wenn dieser Einfluß
auch noch nicht sicher aus den vorliegenden Beobachtungen hervorgeht.
Nieht minder wichtig erscheint die Absorption des Sonnenlichtes in
der Atmosphäre, die entweder direkt oder indirekt auf das Verhältnis
der Intensitäten des von den unteren und oberen Luftschichten ausgehen-
den diffusen Lichtes einwirkt. Wenn dieses Verhältnis wächst, so muß,
wie aus der Soret-Hurionschen Theorie folgt, der Abstand der neutralen
Punkte von der Sonne bezw. vom antisolaren Punkte wachsen. Wie es
scheint, geht das Verhältnis bei allmählicher Zunahme der Menge der
Teilchen in der Atmosphäre um die Zeit des Sonnenauf- und -unter-
ganges durch ein Maximum, nach welchem es bei weiterer Zunahme der-
Teilchenzahl infolge gesteigerter Absorption wieder abnimmt. Außerdem
liegen auch an ein und demselben Tage bei Sonnenauf- und -untergang
offenbar, ganz abgesehen von den sogenannten Helligkeitssprüngen im
Momente des Sonnenunterganges und beim Ende der bürgerlichen
Dämmerune'), oszillatorische Schwankungen der allgemeinen Helligkeit
vor, die mit der Entwicklung der Purpurlichter im Zusammenhange stehen.
Auch darf sicher die selektive Absorption nicht vernachlässigt
werden; denn, wie neuere Untersuchungen von uns gezeigt haben, sind
die Abstände der neutralen Punkte von der Farbe des dem Polariskop
vorgeschalteten Glasfilters abhängig (S. 251—-252). Möglicherweise wird sich
daher der eine oder andere charakteristische Zug in dem Verhalten der
neutralen Punkte später einmal auf die Wirkung der selektiven Absorp-
tion zurückführen lassen.
Schließlich wollen wir nicht unterlassen, hervorzuheben, daß auch
die Höhe, in welcher in der Atmosphäre eine Schicht fremdartiger, die
normalen Verhältnisse störenden Teilchen liegt, sowie gewiß auch die
Form der Teilchen ihre Wirkung ausüben werden, ohne daß man jetzt
schon den Versuch machen könnte, die Art dieser Wirkung zu beurteilen.
Daß auch die meteorologischen Faktoren, wie die Durchsichtigkeit
der Luft, der Feuchtigkeitsgehalt und die Bewölkung, auf die atmo-
') A. Miethe und E. Lehmann, Dämmerungsbeobachtungen in Assuan im Winter
1908. Met. Zs. 1909, S. 103.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. Da
sphärische Polarisation und somit auf die Abstände der neutralen Punkte
Einfluß haben, ist schon mehrfach erwähnt worden.
Vergegenwärtigen wir uns nun zunächst noch einmal im Zusammen-
hange die an den neutralen Punkten in normalen Zeiten und in Zeiten
atmosphärisch-optischer Störungen beobachteten Erscheinungen!
Der neutrale Punkt von Arago entfernt sich nach seinem Erscheinen
im Horizont bei einer Sonnenhöhe von 11 bis 12 Grad zunächst vom
Gegenpunkte der Sonne, bis diese nur noch wenige Grade vom Horizont
entfernt ist, darauf nähert er sich ihrem Gegenpunkte, erreicht seinen
kleinsten Abstand von diesem bei einer Sonnentiefe von 1,5° (im Mittel)
und entfernt sich dann wiederum vom Gegenpunkte der Sonne bis zu seinem
Unsichtbarwerden.
Der neutrale Punkt von Babinet, der unter normalen Verhältnissen
bei hohem Sonnenstande nur wenige Grade von der Sonne entfernt liegt,
bewegt sich mit sinkender Sonne von dieser fort, erreicht (im Mittel)
zur Zeit des Sonnenunterganges seinen größten Abstand von der Sonne,
nähert sich dann der Sonne wieder, um sich darauf von neuem von ihr
zu entfernen.
Was den Unterschied in den Abständen der beiden Punkte anbetrifft,
so sind die Abstände des Aragoschen Punktes vom Gegenpunkte der Sonne
in normalen Zeiten sämtlich größer als die entsprechenden Abstände des
Babinetschen Punktes von der Sonne. Das zeigen sehr schön unsere
Kurven, insbesondere für 1889 und 1908. Dabei war das Jahr 1908, wie
wir wissen, noch nicht einmal ganz normal.
Von diesem Verlaufe der Erscheinungen treten in Zeiten atmosphä-
risch-optischer Störungen sehr bemerkenswerte Abweichungen ein: Zunächst
werden vor allem die bezeichneten Abstände beider Punkte vor Untergang
der Sonne erheblich größer; die Minima nach Sonnenuntergang werden
aber tiefer als unter normalen Verhältnissen. Ob bei größeren Sonnen-
tiefen als 5,5° auch die Abstände des Babinetschen Punktes in Störungs-
zeiten wieder wachsen, wird bei Gelegenheit zukünftiger Störungen noch
näher festzustellen sein. Die erwähnten Abweichungen von der Norm sind
bei Babinets Punkt viel bedeutender als bei dem Punkte von Arago.
Zweitens tritt bei dem Punkte von Babinet eine Verfrühung des Maxi-
mums, beim Aragoschen Punkte, wie es scheint, eine Verspätung des
Minimums ein. Hinzu kommt, daß der Brewstersche Punkt in Störungs-
zeiten viel öfter und deutlicher wahrzunehmen und daß sein Abstand von
der Sonne ebenso wie bei Babinets Punkt größer ist als unter normalen
Verhältnissen.
Während die bisher besprochenen Abweichungen allen Störungen
gemeinsam zu sein scheinen, unterliest es anderseits keinem Zweifel,
daß sie, abgesehen von dem absoluten Betrage der Einwirkung der
278 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Störung auf die neutralen Punkte zur Zeit des Sonnenunterganges, auch
bemerkenswerte Unterschiede zeigen. Wir erwähnen hier besonders die
großen Werte für die Abstände des Punktes von Arago im Sommer 1907
und das bedeutende Anschwellen der Werte für Babinets Punkt im
Sommer 1908 nach Sonnenuntergang.
Indem wir nun zur Frage der Erklärung der an den neutralen Punkten
beobachteten Erscheinungen zurückkehren, werden wir zunächst das An-
wachsen der Abstände der Punkte von Arago und Babinet vor Untergang
der Sonne als eine Wirkung der mit sinkender Sonne zunehmenden Inten-
sität des horizontal polarisierten Lichtes ansehen dürfen. Diese Inten-
sitätssteigerung ist sowohl eine unmittelbare Folge der Theorie von Soret-
Hurion, als auch der diffusen Brechung, da mit zunehmender Zenitdistanz
der Sonne die Sonnenstrahlen in stark steigendem Maße dichtere Luft-
schichten zu durchdringen haben.
Daß unter normalen Verhältnissen die Werte für den Punkt von
Arago größer sind als für Babinets Punkt, wird dadurch zu erklären
sein, daß an den der Sonne gegenüberliegenden Stellen des Himmels
die Intensität des direkt diffundierten Lichtes so viel geringer ist als
in der Nähe der Sonne, weshalb dort die Wirkung der horizontalen
Polarisation stärker hervortreten kann. Aber auch Lallemands Er-
klärung, nach der die vielfachen Reflexionen der Somnenstrahlen an den
in der Luft schwebenden eröberen Teilchen an der Sonnenseite mehr
positiv polarisiertes Licht erzeugen als an der gegenüberliegenden Seite
des Himmels und dadurch den Punkt von Babinet zur Sonne hintreiben,
wird hier zu beachten sein. Schwierig werden die Verhältnisse allerdings
in Störungszeiten, in denen ein so bedeutendes Anwachsen beim Babinet-
schen Punkte beobachtet wird, daß seine Abstände die von Aragos
Punkt bei weitem übertreffen. Man wird nicht umhin können, darin einmal
eine direkte Wirkung der diffusen Brechungen, dann aber auch eine erheb-
liche Zunahme der Absorption des durch diese Brechungen polarisierten
Lichtes auf seinem Wege zum Aragoschen Punkte zu erblicken.
Die schon vor Sonnenuntergang beginnende Bewegung des Arago-
schen Punktes zum Gegenpunkte der Sonne hin kann weder durch Sorets
Theorie, noch durch diffuse Brechung erklärt werden, da in beiden Fällen
Aragos Punkt sich bis zum Augenblick des Sonnenunterganges vom
Gegenpunkte der Sonne entfernen müßte. Es erscheint aber nicht aus-
geschlossen, daß dabei die Reflexion eine Rolle spielt, welche die unter
großen Einfallswinkeln die Erdoberfläche treffenden Sonnenstrahlen er-
leiden‘). Diese diffuse Reflexion wird vertikal polarisiertes Licht in
') Wir hätten es hier also wiederum mit einer Einwirkung des Erdbodens
zu tun, ähnlich der von Soret festgestellten Wirkung der Reflexion der Sonnen-
strahlen an Wasserflächen. Daß diese eine Rolle bei den Polarisationserscheinungen der
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 279
die über dem Gegenpunkte der Sonne liegende Region der Atmosphäre
senden und imstande sein, die dort vorhandene horizontale Polarisation
zu schwächen und dadurch den Aragoschen Punkt herabzudrücken.
Sobald die Sonne untergegangen ist, übernimmt ein anderer Faktor
die Schwächung der negativen Polarisation über dem Gegenpunkte der
Sonne. Von diesem Zeitpunkte an hebt sich allmählich der Erdschatten
über den Horizont und entzieht mit sinkender Sonne mehr und mehr ege-
rade denjenigen Luftschiehten die Bestrahlung durch die Sonne, in denen
das horizontal polarisierte Licht entsteht. Bei einem gewissen Verhält-
nis der Intensitäten der beiden entgegengesetzt polarisierten Lichtarten,
die durch ihr Zusammenwirken im Sonnenvertikal den Punkt von Arago
erzeugen, wird dieser seinen kleinsten Abstand vom Gegenpunkte der
Sonne erreichen. Das ist eben bei einer Sonnentiefe von durchschnitt-
lieh. 1,5° der Fall.
Das spätere Wiederanwachsen des Abstandes des Aragoschen Punktes
ist wahrscheinlich dadurch bedingt, daß infolge des rasch höher steigen-
den Erdschattens, der allmählich immer größeren Luftschichten die direkte
Bestrahlung durch die Sonne entzieht, der Betrag der vertikalen Polari-
sation rasch abnimmt, so daß nunmehr für jene Schichten die hellen.
negativ polarisierten Luftmassen über dem Sonnenorte fast die einzige
Lichtquelle werden. Vom Augenblicke des Sonnenunterganges an ver-
mindert sich, wie wir bei der Besprechung des Aragoschen Punktes ge-
sehen haben, infolge des steigenden Erdschattens rasch das von der Ge-
samtmasse der unteren Luftschichten ausgehende Licht. Der Punkt von
Babinet muß also sinken und sich zur Sonne hin bewegen. Wie stark die
Wirkung dieser Intensitätsabnahme ist, zeigt sich sehr deutlich, sobald
die tiefstehende Sonne hinter eine Wolkenbank tritt. In einem solchen
Falle beobachtet man stets eine plötzliche Annäherung- des Babinetschen
Punktes an die Sonne, die in normalen Zeiten schon den Betrag von 2°
haben kann. Ja, dieser plötzliche Absturz ist eine mit solcher
Regelmäßigkeit eintretende Erscheinung, daß man ausihr,
sobald man ihn nach Untergang der Sonne beobachtet, mit
Sicherheit auf eine unterhalb des Horizontes liegende
Wolkenbank schließen kann.
Atmosphäre spielen mub, geht wohl auch aus der folgenden, leicht anzustellenden
Beobachtung hervor. Richtet man das Savartsche Polariskop auf die zunächst liegenden
Teile des rauhen, von der Sonne beleuchteten Erdbodens, so dab die Polarisationsfransen
in der Ebene des Sonnenvertikals liegen, so erkennt man, daß der Boden positiv polari-
siertes Licht aussendet, genau so, wie wenn er spiegelte, nur sehr viel schwächer. Diese
Polarisation ist aber an der Sonnenseite erheblich kräftiger als an der
von der Sonne abgewandten Seite. Jedenfalls sendet der Erdboden also in die
der Sonne gegenüberliegenden Luftschichten diffundiertes Licht, welches positiv polari-
siert ist.
I80 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Das auch in normalen Zeiten bisweilen beobachtete zweite An-
wachsen beim Babinetschen Punkte, welches, wie wir früher schon be-
merkt haben, noch näher studiert werden muß, ist wahrscheinlich
bedinget durch eine erneute Zunahme der allgemeinen
Helligkeit, die namentlich bei prächtigen Dämmerungserscheinungen ein-
tritt und ganz besonders in den tieferen Luftschichten zur Wirkung kommt.
Was nun die so charakteristischen Abweichungen von dem normalen
Verlaufe der Erscheinungen anbetrifft, die man in den Zeiten atmosphärisch-
optischer Störungen beobachtet, so lassen sich diese gleichfalls, wenigstens
in der Hauptsache, erklären, wenn man beachtet, daß in solchen Zeiten
die Menge der das Licht störenden Teilchen in der Atmosphäre unge-
wöhnlich groß ist. Als erste Wirkung der stärkeren Anhäufung solcher
Teilchen werden wir nicht allein, wenigstens bis zu einer gewissen Grenze,
eine Zunahme der Lichtintensität in den unteren Luftschiehten zu erwarten
haben. sondern vor allem auch eine Zunahme der Wirkung der diffusen
3rechungen. Beide Wirkungen werden sich durch ein Anwachsen der
Abstände der neutralen Punkte zu erkennen geben müssen, wie es den
Beobachtungen entspricht.
Die Verfrühung im Eintritt des Maximums, welche für den Babinet-
schen Punkt in Störungszeiten als zweifellos festgestellt gelten muß, deutet
darauf hin, daß die größte Intensität des von den unteren Luftschichten
diffundierten Lichtes bei stärkerer Anhäufung diffundierender Massenteilchen
schon vor Sonnenuntergang vorliegt. Ob das wirklich der Fall ist, muß
noch durch Beobachtung ermittelt werden. Eine Erklärung der Erscheinung
würde man vielleicht in der selektiven Absorption zu suchen haben,
welche das Sonnenlicht in der Atmosphäre erfährt. Auch die wahrscheinlich
vorliegende Verspätung des Minimums beim Aragoschen Punkte ist vielleicht
auf dieselbe Ursache zurückzuführen.
Sehr bemerkenswert ist die Tatsache, daß die im Jahre 1903 er-
mittelten Werte nach Untergang der Sonne für Babinets und Aragos
Punkt kleiner waren als die entsprechenden Werte der übrigen ‚Jahre
(S. 219), eine Tatsache, die sich innerhalb eines enger begrenzten Zeit-
raumes, wie schon einmal erwähnt wurde, auch aus den Beobachtungen
von Sack ergibt. Eine Deutung dieser merkwürdigen Abweichung von
der Norm haben wir nieht finden können; man kann nur sagen, daß sie
für den Höhepunkt der Störung eine nach Sonnenuntergang eintretende
erhebliche Verstärkung der vertikalen Polarisation erkennen läßt, deren
abnorme Intensität den Babinetschen Punkt zur Sonne hintreibt.
Bevor wir diesen Gegenstand verlassen, müssen wir noch etwas
näher auf den eigenartigen, von Busch ermittelten Gleichlauf zwischen
den Abständen der neutralen Punkte von Arago und Babinet bei einer
-o©
Sonnentiefe von 0,5° und den Sonnenfleckenrelativzahlen eingehen,
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 281
Wenn wir uns Arrhenius anschließen, nach dessen Anschauung in
den Zeiten erhöhter Sonnentätigkeit Massen feinsten Sonnenstaubes durch
den Strahlendruck in die Erdatmosphäre eindringen'), so findet dieser
Gleichlauf eine recht einfache Erklärung, wobei wir allerdings nicht unter-
lassen dürfen, darauf hinzuweisen, daß sich — wie wir im dritten Abschnitt
des Buches sehen werden — bei Berücksichtigung sämtlicher atmosphärischen
Polarisationserscheinungen dieser Theorie auch gewisse Schwierig-
keiten in den Weg zu stellen scheinen. Abgesehen von dem so gedachten
kosmischen Staub dürften sicherlich auch die Intensitätsschwankungen des
Sonnenlichtes innerhalb der bekannten etwa I1jährigen Periode eine nicht zu
unterschätzende Rolle spielen. Der erste, welcher auf die Möglichkeit des
Heranziehens dieser Intensitätsschwankungen zur Erklärung des merk-
würdigen Gleichlaufs hinwies, war ‚Jensen? Dabei hatte er allerdings
wohl stillschweigend vorausgesetzt, dab sonnenfleckenreichen Zeiten eine
relativ geringe Strahlung entspricht, und es sollten nun im Sinne des
vorher erwähnten Resultates bei den Pernterschen Experimenten in sonnen-
fleckenreichen ‚Jahren eine relativ geringe Polarisation und dementsprechend
relativ große Abstände der neutralen Punkte vorhanden sein. Dieser
Auffassung schloß sich bald darauf Busch an. Es hat uns aber mehr und
mehr scheinen wollen, daß eine Wechselbeziehung im Sinne des Pernterschen
Endresultates bei der Heranziehung der Sonnenlichtschwankungen in dieser
Weise nicht zum Ziele führt, weil die Astronomen mehr und mehr der Annahme
huldigen, daß mit sonnenfleckenreichen Zeiten, entsprechend gesteigerter
Sonnentätigkeit, eine Intensitätssteigerung des Sonnenlichtes Hand in Hand
geht. Dementsprechend hat Busch), wie schon in der Einleitung bemerkt
wurde, auf einen anderen Grund für den Gleichlauf hingewiesen. Wenn
nämlich die Intensität der Sonnenstrahlung zunimmt, so wird diese Zunahme
das Verhältnis der Intensität des von den unteren Luftschichten diffun-
dierten Lichtes zu dem der höher liegenden Luftschichten zugunsten der
ersteren verändern, und dann muß nach Sorets Theorie der Abstand des
Babinetschen Punktes von der Sonne und der des Aragoschen Punktes
von ihrem Gegenpunkte sich vergrößern.
Diese Erklärung findet, wie es scheint, eine Stütze durch die
oben (S. 268— 271) wiedergegebenen theoretischen Untersuchungen von
Hurion.
Nach Hurion können die Polarisationserscheinungen der Atmosphäre
verglichen werden mit denen eines Kreises diffundierender Teilchen, die
') Svante Arrhenius, Das Werden der Welten, S. 110, und Kosmische Physik. Diese
Erklärung ist im übrigen auch schon in der Einleitung erwähnt.
?) Siehe Met. Zs. 1901, p. 545—558 (s. auch Exner 1. c. p. 652).
?) Das Verhalten der neutralen Punkte von Arago und Babinet während der letzten
atınosphärisch-optischen Störung, Das Weltall 1905, 8. 79.
982 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
von parallelen Liehtstrahlen innerhalb der Ebene dieses Kreises getroffen
werden. Man darf sich demnach die Atmosphäre ersetzt denken durch
eine kreisförmige flache, den Sonnenstrahlen parallele Scheibe, in welcher,
unter Anlehnung an Fig. 41 (S. 266), die X-Achse in die Richtung nach
der Sonne fällt, die Z-Achse aber horizontal liegt. Alsdann fällt die
Ebene des Sonnenvertikals mit der XY-Ebene zusammen.
Innerhalb der XY-Ebene fand Hurion bei seinen Versuchen unter
a = . So m .
einem Winkel y,, der durch die Gleichung tg?’y, — 5 bestimmt war,
neutrale Punkte. Setzt man nun für m und n die S. 269 angegebenen
- nn ' a2,
Werte m = —— mdn=, ,w
Z,
zZ,
a 2 + ne Y en +2zal und I —= 2a:
8 27
ist, so ergibt sich
m ZEN RAN — al)
to? == - = x{r er = - >
Se N N, Dar al
\Wenn man diesen Ausdruck auf die Form
: 2 1
Boy es = | Te
. Dad 1°
bringt, so erkennt man, daß bei konstantem « der Klammerinhalt I ZN
mit wachsendem / kleiner wird, so dab mit Zunahme der Lichtintensität
(/?) der Winkel y, abnehmen muß:
Hier ist y, der Winkel, den die nach der Mitte der diffundierenden Kreis-
fläche gerichtete, in der XY-Ebene liegende Visierlinie mit der Y-Achse bildet.
Übertragen wir nun dieses Ergebnis auf die Atmosphäre, bei der
die X-Achse in die Richtung nach der Sonne fällt und die Z-Achse
horizontal liegt, so erscheint 9, als das Komplement zu dem Bogen-
abstande des Babinetschen Punktes von der Sonne und des Aragoschen
Punktes von der Gegensonne. Würde also die Intensität der Sonnen-
strahlung wachsen, so dürfte man eine Abnahme von 9, und somit eine
Zunahme der Abstände beider neutralen Punkte erwarten').
Wir dürfen allerdings nicht unerwähnt lassen, daß Hurion bei der
Prüfung seiner Theorie durch den S. 269 beschriebenen Versuch nur dann
einen neutralen Punkt beobachtet zu haben scheint, wenn das Polarimeter
den einfallenden Strahlen entgegen gerichtet war (DO in Fig. 41), aber es
') Es braucht kaum hervorgehoben zu werden, daß sich eine ähnliche Schluß-
folgerung ergibt, wenn man annimmt, dab bei konstantem 7 die Größe a, d.h. die An-
zahl der das Licht diffundierenden Teilchen, wächst.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 283
kann nicht zweifelhaft sein, daß nach der Theorie auch an der andern
Seite von OY symmetrisch zu OD unter dem Winkel y, ein neutraler
Punkt auftreten muß.
Es darf bei der Untersuchung der atmosphärischen Polarisations-
erscheinungen auch das Fluoreszenzlicht!) nicht ganz außer acht gelassen
werden, was ja zuerst durch die Pernterschen Untersuchungen nahe gelegt
wurde. Jensen deutete an anderer Stelle?) die Möglichkeit an, daß die
Intensität von etwaigem Fluoreszenzlicht abhängig von einem mit der
Sonnenfleckenperiode parallel gehenden Wechsel der Strahlungsintensität
sei, so gedacht, daß zur Zeit erhöhter Fleckentätigkeit relativ viel kurz-
welliges Licht vorhanden sei, welches in den oberen Schichten der Atmo-
sphäre Fluoreszenz verursache und dadurch die Polarisationserscheinungen
modifiziere. Dies mag auch wohl der Fall sein, aber ganz abgesehen
davon, daß man nicht weiß, wie sich die Intensitäten des Fluoreszenz-
lichtes über das Spektrum verteilen,?) wird die ganze Frage dadurch
kompliziert, daß offenbar mit einer Vermehrung dieses als unpolarisiert
gedachten Fluoreszenzlichtes — wenn auch vielleicht kaum in demselben
Maße — eine solche der anderen, die Polarisation herbeiführenden Strahlen
Hand in Hand geht. Und ganz abgesehen von den relativ komplizierten
Verhältnissen, wie sie in der Atmosphäre vorliegen, geben wir Exner
vollauf Recht‘), wenn er etwas Mißliches darin erblickt, daß das in
bezug hierauf noch gar nicht näher untersuchte Fluoreszenzlicht für die
Erklärung der Polarisationserscheinungen herangezogen werde, wie denn
ja auch Pernter selber?) etwas unbefriedigt hinsichtlich seiner Erklärungs-
versuche war. Immerhin dürfte aber das Fluoreszenzlicht bei den Ver-
suchen, die optischen Erscheinungen der Atmosphäre zu erklären, nicht
ganz außer acht zu lassen sein, und es wäre vielleicht die vorgetragene
Idee näher zu erörtern.
Es empfiehlt sich aber, vorläufig damit zu warten, bis die Pernter-
schen Untersuchungen nachgeprüft und die Beziehung der Farbe sowie
der Intensität des etwa erzeugten Fluoreszenzlichtes zur Wellenlänge
und Intensität der erzeugenden Strahlen festgestellt sind. Auch wird man
in Zukunft bei der Diskussion und Prüfung aller hiermit zusammen-
hängenden Erscheinungen der atmosphärischen Polarisation eine kürzlich
mit allem Vorbehalt von Exner vorgetragene Ansicht berücksichtigen
') Siehe ©. P. Nichols, Theories of the Color of the Sky, Physical Review, vol. 26
(1908), p. 497—511.
?) Chr. Jensen, Über einige neuere Ergebnisse der Analyse des Himmelslichtes
und die sich daran knüpfenden Aufgaben, Mitteilungen d. Vereins v. Freund. d. Astron.
u. kosm. Phys., Jahrg. 19 (1909), p. 142— 146.
’) Siehe p. 160.
!) Siehe Meteorol. Optik von J. M. Pernter, p. 650.
’) Siehe 159.
384 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
müssen. Exner schließt sich bei dem Seite 650 der erwähnten Meteoro-
logischen Optik gegebenen Versuch, den von Pernter für seine trüben
Medien gefundenen Gleichlauf zwischen der Polarisationsgröße und der
Intensität des eingestrahlten Lichtes zu erklären, der Vorstellung Sorets
an, nach welcher die diffundierenden Teilchen durch die Liehtschwingungen
selber in Schwingung versetzt werden, die sie dann an den umgebenden
Äther übertragen. Er hält es für möglich, daß ein solches Partikelchen,
wenn das eingestrahlte Licht genügend stark ist, zu Schwingungen
veranlaßt wird, wogegen schwaches Licht diese Wirkung nicht auszuüben
vermag. „Es wären demnach für stärkeres Licht weniger Teilchen eines
trüben Mediums als ‚groß‘ aufzufassen als für schwächeres; infolgedessen
würde stärkeres Lieht auch vollständiger polarisiert.“
Da die Lage der neutralen Punkte durchaus von der Größe der
beiden Polarisationsarten abhängt, so war auch die Erörterung der eben
besprochenen Verhältnisse hier sehr am Platze, weswegen wir sie schon
in diesem Abschnitte in aller Kürze brachten. Im dritten Teil des
Buches finden wir Gelegenheit, etwas näher darauf einzugehen. So
schließen wir mit diesen Bemerkungen die Theorie der neutralen Punkte
von Arago, Babinet und Brewster. Es ist, wie wir gesehen haben, bei
dem gegenwärtigen Stande der Forschung unmöglich, eine endgültige
Erklärung aller an diesen Punkten beobachteten Erscheinungen zu geben;
es kam uns im wesentlichen nur darauf an, in großen Zügen auf die
Punkte aufmerksam zu machen, an denen die Erklärungsversuche anzu-
setzen haben, sowie die Vorgänge und Erscheinungen hervorzuheben, welche
dabei in Betracht kommen können. Weitere Fortschritte werden hier
zunächst nur durch Herbeischaffung umfangreicheren Beobachtungsmaterial
erzielt werden können.
III. Anleitung zur Beobachtung der neutralen Punkte.
1. Das Aufsuchen der neutralen Punkte!).
Zur Ausführung der in Rede stehenden Beobachtungen bedürfen wir
eines empfindlichen Polariskops und eines Apparates zur Bestimmung der
Höhe irgendeines Punktes am Himmel. Eins der empfindlichsten, ja vielleicht
das empfindlichste Polariskop ist das von Savart, und dieses ist daher
auch seit seiner Erfindung fast ausschließlich zur polariskopischen Unter-
suchung des zerstreuten Himmelslichtes angewandt worden. Wir haben
in der allgemeinen Übersicht uns schon über die Einrichtung des Savart-
') Im Interesse der Leser, welchen es im wesentlichen auf eine Anleitung zur
Beobachtung ankommt, mögen uns hier emige Wiederholungen gestattet sein.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 285
schen Polariskops!) ausgesprochen, so daß wir sie hier als bekannt voraus-
setzen dürfen. Recht bequem für unsern Zweck ist diejenige Form des-
selben, bei der jeder der beiden Teile, sowohl die Kombination der beiden
Quarzplatten, als auch die Turmalinplatte in einer flachen, achteckigen oder
zylindrischen Messinghülse befestigt ist, und bei der die die Turmalinplatte
tragende Hülse in der anderen drehbar ist, oder umgekehrt. Die Länge
und Breite bezw. der Durchmesser des kleinen, unscheinbaren Instrumentes
beträgt in der Regel etwa 3 cm.
Es ist nicht ohne Bedeutung, daß die Turmalinplatte des Polariskops
nicht zu stark gefärbt und frei von Trübungen ist, da es sich ja oft um äußerst
schwache Spuren polarisierten Lichtes handelt. Nach den Beobachtungen
von Jensen, die Busch bestätigen konnte, ist auch, wie wir gesehen haben,
der Grad der Färbung der Turmalinplatten auf die Höhe der neutralen Punkte,
jedenfalls unter gewissen Umständen, deren nähere Untersuchung bald-
möglichst in Angriff genommen werden soll, nicht ohne Einfluß. Um diesen
nach Möglichkeit zu beseitigen bezw. ihn für spätere vergleichende Studien
möglichst auszuschalten, ist die Firma?), der wir den Vertrieb des später
zu beschreibenden Pendelquadranten übergeben haben, von uns verpflichtet
worden, nur Polariskope von ziemlich gleicher Färbung für diese Beob-
achtungen abzugeben, und auch bei den Apparaten, welche Jensen in der
Werkstatt des Hamburgischen Physikalischen Staatslaboratoriums herstellen
läßt, werden nach Möglichkeit Turmaline mit der nämlichen Färbung benutzt.
Wir haben inzwischen zwei Polariskope, deren Turmaline sich in ihrer
Grünfärbung nur wenig unterscheiden, als Vergleichsinstrumente fest-
gelegt. Sämtliche Polariskope, die von dieser Firma geliefert werden,
sind von Busch geprüft und mit Turmalinen versehen, deren Färbung
zwischen der der Vergleichspolariskope liegt. Das weniger gefärbte
ist dasjenige, mit welchem Busch seine langjährigen Beobachtungen ange-
stellt hat. Allerdings dürfen wir nicht verschweigen, daß einige der
in Gebrauch gesetzten Apparate noch mit Turmalinen versehen sind.
deren Färbung sich nicht innerhalb der festgesetzten Grenzen befindet,
jedoch nach Möglichkeit von Jensen durch eine spektrophotometrische
Methode kontrolliert wurde beziehungsweise kontrolliert wird. Möglicher-
weise und hoffentlich wird es aber bald nicht mehr nötig sein, so ängstlich
bei der Auswahl der Turmaline zu verfahren. Die Entdeckung der
Beeinflußung der Höhe der neutralen Punkte durch die Farbe, in der beob-
achtet wird, ließ es Jensen wünschenswert erscheinen, ein vor dem Turmalin
') Siehe hierzu auch J. Müller, Erklärung der isochromatischen Kurven, welche
einachsige Kristalle in homogen polarisiertem Lichte zeigen, Poggend. Ann., Bd. 33,
p. 282 u. ff., und J. Müller, Über die isochromatischen Kurven der einachsigen Kristalle,
Poggend. Ann., Bd. 35, p. 95 u. ff. und p. 261 u. ff.
?) Dörffel und Faerber, Berlin, Chausseestraße 10.
286 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
anzubringendes Farbfilter ausfindig zu machen, welches es ermöglicht, die
unter den verschiedensten Bedingungen gewonnenen Beobachtungen ohne
weiteres miteinander zu vergleichen. Diese Änderung des Polariskops ist
allerdings keineswegs so einfach, wie sie auf den ersten Blick erscheinen
möchte, da ein geeignetes, möglichst monochromatisches Glas (bezw. Gela-
toid), gegen dessen gesättigte Farbe die jeweilige Farbe des Turmalins
praktisch in Fortfall kommt, die Helligkeit des Gesichtsfeldes leicht gar zu
sehr herabdrücken kann; man muß dabei eben wohl bedenken, daß man
es bei tiefem Sonnenstande mit entsprechend geringer Himmelshelliekeit
zu tun hat. Wir sind allerdings der Ansicht, daß ein solches Filter noch
in genügend hohem Grade von Nutzen sein würde, um die bei der nämlichen
Sonnenhöhe an den verschiedensten Orten und zu den verschiedensten
Zeiten gewonnenen Werte direkt miteinander zu vergleichen, selbst wenn
es etwa zu dunkel wäre, um es bei größeren Sonnentiefen als etwa 2°
zu benutzen. Wir sind eifrig bemüht, ein derartiges Filter zu gewinnen,
und geben uns der Hoffnung hin, daß unsere Bemühungen bald von Erfolg
sekrönt sein werden. Es mag übrigens an dieser Stelle auch daran er-
innert werden, daß ‚Jensen, um der ganzen Farbenschwierigkeit zu ent-
sehen, versuchte, den Turmalin durch ein Nicolsches Prisma zu ersetzen.
Diese Versuche scheiterten aber leider daran, daß das Gesichtsfeld beim Nicol
zu eng begrenzt ist, wodurch die Helligkeit zu stark herabgedrückt wird.
Wenn man das Polariskop mit der Turmalinplatte nahe vor das Auge
bringt und nach einer Fläche blickt, die reflektiertes Licht in das Instrument
sendet, etwa nach einer Wasserfläche, nach einer Fensterscheibe, oder
nach einem polierten Tische, so erkennt man im Gesichtsfelde eine ganze
Reihe geradliniger, paralleler farbiger Streifen, sogenannter Polarisations-
fransen. Dreht man das Polariskop, so nehmen diese Streifen in zwei
aufeinander senkrechten Lagen die größte Intensität an, und man sieht,
dab sich in der einen von diesen beiden Lagen ein schwarzer Streifen,
in der anderen dagegen ein weißer in der Mitte befindet. — Fig. 7a
und b+ 83%
Haben die Fransen ihre größte Intensität, so liegen sie entweder
der Polarisationsebene des untersuchten Lichtes parallel, oder zu ihr senk-
recht. Wenn man die Turmalinplatte gegen ihre bisherige Lage um 90°
dreht, so erscheinen in den beiden Stellungen der größten Intensität der
Fransen die beiden Bilder miteinander vertauscht.
Nun fällt bekanntlich die Polarisationsebene bei der Spiegelreflexion
mit der Reflexionsebene zusammen, und wir wollen annehmen, man hätte
der 'Turmalinplatte eine solche Stellung zu den Quarzplatten gegeben,
daß die der Reflexionsebene parallel laufenden Fransen einen schwarzen
Streifen in der Mitte haben. Dann darf man schließen, daß bei der
polariskopischen Untersuchung irgendwelchen Lichtes die Lage der Polari-
a
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 2897
sationsebene durch die Riehtung der Fransen unmittelbar angegeben wird,
wenn bei ihrer größten Intensität ein schwarzer Streifen in der Mitte
liegt. Erkennt man aber bei jener Stellung der Turmalinplatte und größter
Intensität der Fransen einen weißen Streifen in der Mitte, so ist das ein
Zeichen, daß nun die Polarisationsebene senkrecht zur Richtung der Fransen
liegt. Vielleicht ist es anschaulicher, zu sagen, daß im ersten Falle die
Schwingungen des polarisierten Lichtes senkrecht zu der Richtung der
Fransen erfolgen, im zweiten aber parallel zu ihnen.
Es empfiehlt sich, die hier bezeichnete Lage der Turmalinplatte zu
den Quarzplatten für alle Fälle durch ein Merkzeichen auf der Vorder-
und Rückseite des Instrumentes festzulegen.
Wenn man nun bei wolkenlosem Himmel das in dieser Weise ein-
eerichtete Polariskop vor das Auge bringt und auf eine weit von der
Sonne gelegene Stelle ihres Vertikalkreises richtet, so daß die Polarisations-
fransen diesem Kreise parallel sind, so liegt ein schwarzer Streifen in
der Mitte, und das ist ein Zeichen, daß dort die Polarisationsebene mit
der durch das Auge des Beobachters und den Vertikalkreis der Sonne
bestimmten Ebene zusammenfällt, daß von dorther also Licht ins Auge
fällt, dessen Schwingungen senkrecht zu dieser Ebene erfolgen. In der
zum Sonnenvertikal senkrechten Richtung der Fransen liegt ein weißer
Streifen in der Mitte.
Man wird, wenn man mit dem Polariskop an dem Vertikalkreise der
Sonne entlang geht, unschwer erkennen, daß die Fransen um so intensiver
werden, je näher man dem 90° von der Sonne gelegenen Punkte kommt,
und daß sie über diesen Punkt hinaus wieder verblassen, daß sie aber
auch in diesem Punkte nicht so intensiv erscheinen, wie wenn man unter
einem Winkel durch das Polariskop nach einer spiegelnden Fläche blickt,
der gleich dem Polarisationswinkel der betreffenden Substanz ist. Daraus
folgt aber zweierlei: erstens, daß der Punkt der stärksten Polarisation
des Sonnenvertikals etwa 90° von der Sonne entfernt liegt, und zweitens,
daß auch das von diesem Punkte ausgehende diffuse Licht des Himmels
nur teilweise polarisiert ist.
Untersucht man in derselben Weise bei tieferem Sonnenstande, und
zwar bei Sonnenhöhen, die kleiner sind als etwa 15°, den über dem
Gegenpunkte der Sonne liegenden Teil des Sonnenvertikals, so erkennt
man leicht, daß in einem gewissen Abstande vom Horizont ein Punkt
liegt, in welchem die Polarisationsfransen verschwinden, und unterhalb
dessen sie die zweite oben gekennzeichnete Form haben, so daß dort ein
weißer Streifen in der Mitte liegt.
Riehtet man das Polariskop auf irgendeinen anderen Punkt des
wolkenlosen blauen Himmels, der nicht zu nahe an der Sonne liegen
darf, so stellt man leicht fest, daß die Fransen dort auch in zwei auf-
388 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
einander senkrechten Lagen ihre größte Intensität annehmen, und zwar
ungefähr in der Richtung nach der Sonne und in der auf dieser senk-
rechten Richtung. In der ersten beobachtet man einen schwarzen Streifen
in der Mitte, in der anderen einen weißen. Daraus folgt, daß hier die
Polarisationsebene mit der Ebene „Sonne — Auge fixierter Punkt“
zusammenfällt. In allen von der Sonne ausgehenden Richtungen, soweit
sie bis zu diesem Abstande verfolgt werden können, wird man etwa 90°
von ihr entfernt die Fransen in größter Intensität sehen, ein Zeichen,
daß die Polarisation nach allen Richtungen in dieser Entfernung von
der Sonne einen größten Wert aufweist. Vollständig polarisiertes Licht
geht indessen von keinem einzigen Punkte des Himmels aus.
Kehren wir jetzt zu den Verhältnissen im Vertikalkreise der Sonne
zurück! Wir bemerkten über dem Gegenpunkte der Sonne einen Punkt,
in welchem die Polarisationsfransen sich umkehrten. Wenn man das
Polariskop bei der Betrachtung dieses Punktes so dreht, daß die Fransen
sich um den Punkt als Mittelpunkt drehen, so wird man beobachten,
daß die Fransen bei allen Lagen in diesem Punkte erloschen bleiben, daß
man es also mit einem Punkte zu tun hat, der neutrales, nicht polari-
siertes Licht aussendet. Wir haben den neutralen Punkt von Arago
vor- uns-(H19292 8739):
Es ist überhaupt das Kennzeichen eines echten neutralen
Punktes, daß bei Drehung des Polariskops in dem beobachteten
Punkte die Polarisationsfransen stets unsichtbar .bleiben.
Richtet man das Polariskop auf irgendeinen anderen Punkt des Himmels.
am besten auf einen solchen, in welchem die Polarisation sehr kräftig ist,
und dreht die Fransen um 45° aus einer von denjenigen Lagen heraus,
in denen sie am intensivsten erscheinen, so verschwinden sie in der
Mitte des Gesichtsfeldes auch, und der ungeübte Beobachter könnte sich
dort leicht einen neutralen Punkt vortäuschen lassen, wenn er das Polariskop
zufällig von vornherein in diese Lage gebracht hätte. Im Wirklichkeit
eibt dann das die Streifen in der Mitte schräg durchsetzende Band
(Fig. 5) mit entgegengesetzten Streifen an beiden Seiten nur an, daß
in diesem Punkte die Polarisationsebene eine um 45° eeeen die Richtung
der Streifen geneigte Lage hat. Das ist bei der Bestimmung neu-
traler Punkte wohl zu beachten.
Die oberhalb des Aragoschen Punktes vorliegende Polarisation, bei
der also, um bei diesem Bilde zu bleiben, die Liehtschwingungen senk-
recht zum Sonnenvertikal erfolgen, bezeichnet man wohl als positive,
die unterhalb desselben beobachtete Polarisation, bei der die Schwingungen
in der Richtung des Sonnenvertikals erfolgen, als negative Polarisation.
Wenn man, solange man in der Beobachtung noch nicht geübt ist,
am besten gleich nach dem Verschwinden der Sonne oder kurz vor Sonnen-
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 289
aufgang, denjenigen Teil des Sonnenvertikals untersucht, der dem Horizont
benachbart ist, indem man, wie beim Aufsuchen des Aragoschen Punktes,
die Polarisationsfransen in die Richtung des Sonnenvertikals bringt, so
erkennt man in einer Höhe von 15—25° (unter normalen Verhältnissen)
wiederum einen Punkt, der neutrales Licht aussendet. Es ist dies der
neutrale Punkt von Babinet.
Es wird sich’zeigen, daß dieser Punkt wegen der geringen Stärke
beider Polarisationen in diesem Teile des Sonnenvertikals viel weniger
deutlich zu sehen ist als der Punkt von Arago. Will man ihn bei sicht-
barer Sonne aufsuchen, so muß man die Sonne in irgendeiner Weise
abblenden, etwa dadurch, daß man mit der freien Hand einen Gegen-
stand vor die Sonne hält, oder indem man sich so aufstellt, dab die
Sonne durch das Dach eines Hauses oder dergleichen verdeckt ist. Man
wird dann den Abstand dieses Punktes von der Sonne kleiner finden als
nach Sonnenuntergang.
Wenn der Babinetsche neutrale Punkt nur schwer zu bestimmen ist,
so muß man das möglichst nahe an das Auge herangebrachte Polariskop
rasch hin und her bewegen. Man sieht alsdann die beiderseitigen
Polarisationsfransen wie schwache Schattenstreifen den Bewegungen folgen.
Hat man die letzten Spuren der Streifenenden festgestellt, so darf man mit
eroßer Annäherung an die Wirklichkeit annehmen, daß der Babinetshe Punkt
in der Mitte zwischen jenen Enden liegt. Wir kommen darauf noch zurück.
Sehr schwer ist der Brewstersche neutrale Punkt zu beobachten,
der bei größeren Sonnenhöhen unterhalb der Sonne liegt. Dieser Punkt
ist nur bei sehr klarer Luft zu sehen, bei einer Sonnenhöhe von mehr
als etwa 20°, wenn man die Sonne abblendet; sein Abstand von der
Sonne beträgt dann 12—18°. In Zeiten atmosphärisch-optischer Störungen
tritt er deutlicher hervor. E
Wenn man die Streifen zwar erkennt, aber nicht sicher ist, ob man
es mit den Streifen der positiven, oder negativen Polarisation zu tun hat,
was namentlich beim Aufsuchen des Brewsterschen Punktes häufig der
Fall ist, so muß man die Sonne mit Hilfe eines schräg gehaltenen, am
besten weißen Papierblattes abblenden. Dann ziehen die Streifen über
das Papierblatt hinweg, und je nachdem reflektiertes oder durchgelassenes
Licht die auf dem Papier beobachteten Streifen erzeugt, entsprechen diese
positiver, oder negativer Polarisation, d. h. im ersten Falle sieht man
deutlich einen schwarzen, im zweiten einen weißen Streifen in der Mitte.
Auf diese Weise kann man mit Sicherheit die Art der Streifen vor dem
unmittelbar an das Papier anstoßenden Himmelsgrunde bestimmen, auch
wenn diese noch so schwach sichtbar sind’).
') Die Tatsache, daß das diffuse, schräg aus weißem Papier austretende Licht
einer an der abgewandten Seite des Papiers vorhandenen Lichtquelle negativ polarisiert
19
290 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Ein anderes Mittel, um bei sehr schwacher Polarisation zu erkennen,
ob man es mit einer hellen, oder einer dunklen Mitte zu tun hat, ist
folgendes: Nehmen wir einmal an, daß die Polarisation positiv ist, d.h.
also bei der gedachten Montierung des Polariskops, daß die Mitte dunkel
ist. Bei der Schwäche der Polarisation wird man vielleicht schwer sagen
können, ob der rechts von der Mitte befindliche Streifen farbig ist, oder
nicht. Dasselbe würde für den links davon befindlichen Streifen gelten.
Es möge aber deutliche Färbung auftreten, wenn man einen Streifen weiter
nach rechts oder nach links geht. Bei noch schwächerer Polarisation wird
man vielleicht noch um einen Streifen weiter nach rechts oder nach links
sehen müssen, um absolut deutliche Färbung zu erhalten. Entsprechendes
würde für die negativen Fransen gelten, indem man dabei nur zu bedenken
hat, daß die Mitte des Gesichtsfeldes in diesem Falle von einer hellen
Partie bezw. von je einem dunklen Streifen zu beiden Seiten derselben
eingenommen wird. Man sieht nun ohne weiteres an der Hand der
Figuren 7a und 7b, daß im Falle positiver Polarisation zwischen zwei gleich
deutlich gefärbten Streifen eine ungerade Zahl (1 bezw. 3 bezw. 5 usw.) von
Fransen liegt, im Falle negativer dagegen eine gerade Zahl (2 bezw. 4 usw.).
Während bei sichtbarer Sonne die Lage des Sonnenvertikals leicht
zu erkennen ist, muß nach Sonnenuntergang, oder auch dann, wenn
die Sonne hinter dem Dache eines Hauses, hinter einem Wald- oder Ge-
birgsrande verschwunden ist, die Lage des Sonnenvertikals besonders be-
stimmt werden. Es ist von größter Wichtigkeit, daß auch in diesen
Fällen die Polarisationsfransen in den Sonnenvertikal gebracht werden,
weil man sich sonst in der Bestimmung der neutralen Punkte leicht irren
kann. Nun gibt es aber mehrere Möglichkeiten, auch in diesen Fällen
ohne besondere instrumentelle Hilfsmittel die Lage des Sonnenvertikals
mit großer Genauigkeit zu bestimmen. Wir wollen sie hier näher
beschreiben.
Schon vor Sonnenuntergang, besonders aber nach dem Verschwinden
der Sonne, bildet sich über ihr, symmetrisch zum Sonnenvertikal,
eine mehr oder weniger kreisförmige Zone diffusen Lichtes von großer
Intensität aus, die während der Dauer einer atmosphärisch - optischen
Störung bei hohen Graden der Durchsichtigkeit der Luft von einer Aureole
zart rosafarbenen Lichtes umgeben ist, welches in stärkeren Störungs-
ist, ähnlich dem regelmäßig gebrochenen Lichte, ist sehr interessant und wert, genauer
studiert zu werden. Dieselbe negative Polarisation beobachtet man bekanntlich auch,
wenn man diffuses Licht durch eine dazu geneigte Glasplatte gehen läßt, und zwar um so
intensiver, je größer der Einfallswinkel ist. Sehr schön läßt sich das beobachten, wenn
man das diffuse Licht der weißen Glocke einer brennenden Lampe als Lichtquelle benutzt.
Untersucht man das Licht der Lampenglocke direkt, ohne eine Glasplatte zwischen Glocke
und Polariskop zu bringen, so beobachtet man in der Richtung des Lampenzylinders auf
der Glocke das interessante Phänomen mehrerer neutralen Punkte.
za
> RE
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 291
perioden sogar einen auffallenden Stich ins Braune hat. Diese Aureole
ist unter dem Namen des Bishopschen Ringes bekannt und in Störungs-
zeiten bei Abblendung der Sonne auch schon bei hohem Sonnenstande
bemerkbar. Wir kommen auf diesen Ring noch zurück und wollen hier nur
noch bemerken, daß sich aus seinem oberen Teile später die interessanteste
Phase der Dämmerung, das „Hauptpurpurlicht“ entwickelt. Solange
diese Aureole oder doch das helle Segment über der Sonne in regel-
mäßiger Ausbildung sichtbar ist, und das ist der Fall bis zu dem Zeit-
punkte, wo das Purpurlicht abends auftritt, fällt der Vertikalkreis der
Sonne mit der Mittellinie dieser Liehtentwicklung zusammen, und er ist
daher mit ziemlicher Genauigkeit zu bestimmen. Kommt das Purpur-
licht als Kreisscheibe zur Ausbildung, so fällt der Vertikalkreis der Sonne
auch mit der senkrechten Mittellinie dieser Erscheinung zusammen. Aller-
dings versagt dies Mittel naturgemäß beim Aragoschen Punkte.
Wenn weder jene Aureole, noch das Purpurlicht auftritt, so muß
man sich eines anderen. Hilfsmittels zur Bestimmung des Sonnenvertikals
bedienen, eines Mittels, welches aber auch in den vorbezeichneten Fällen
anwendbar ist, ja offenbar mit noch größerer Genauigkeit den Sonnen-
vertikal auffinden läßt.
Dieses Hilfsmittel zur Bestimmung des Sonnenvertikals besteht in
folgendem. Bringt man, wie üblich, die Polarisationsfransen bei positiver
Sonnenhöhe in den Vertikalkreis der Sonne und bewegt nun das Polariskop
langsam nach rechts und links, so daß die Fransen vertikal bleiben, so
bewegt sich der neutrale Punkt scheinbar rechts und links vom Sonnen-
vertikal auf einer annähernd parabolischen oder hyperbolischen Kurve')
in die Höhe. In Wirklichkeit hat man es hier allerdings, wie eine Drehung
des Polariskops sofort zeigt, nicht mehr mit neutralen Stellen zu tun.
Man hat also bei der gedachten Bewegung des Polariskops nur dann den
neutralen Punkt vor sich, wenn jene Stelle, an der die Fransen
unterbrochen erscheinen, ihre tiefste Lage einnimmt. Das gilt
in gleicher Weise für Aragos und Babinets Punkt, mag die Sonne ober-
halb oder unterhalb des Horizontes stehen.
Es gibt aber auch noch eine dritte Methode zur Auffindung des
Sonnenvertikals, welche sich bei der Beobachtung des Babinetschen Punktes
vielfach mit größtem Vorteil anwenden läßt. Wenn nämlich die über
der Sonne liegenden unteren Fransen sehr schwach sind, braucht man
nur ein wenig nach rechts oder links zu gehen, um dieselben in
wesentlich größerer Deutlichkeit auftreten zu lassen. Man muß demnach,
wenn man Gelegenheit zur Anwendung dieser Methode hat, diejenige
Stelle aufsuchen, wo die unteren Fransen am undeutlichsten sind. Man
!) S. 8. 197 die sog. neutrale Linie von Brewster.
19*
2992 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
wird sich leicht davon überzeugen können, daß das hierdurch gegebene
Azimut mit demjenigen übereinstimmt, wo die tiefste Stelle der vorhin
bezeichneten Kurve liegt. Für die Auffindung des Aragoschen Punktes,
der auch in Hamburg meist recht deutlich in die Erscheinung tritt, schien
diese Methode in der Regel nicht in Betracht zu kommen, weil die
Differenz zwischen der Deutlichkeit im Azimut der Sonne und in den ein
wenig links und rechts davon befindlichen Azimuten zu gering war.
An die vorstehend beschriebenen Methoden der Bestimmung der Lage
der beiden neutralen Punkte von Arago und Babinet müssen wir allerdings
die Bedingung knüpfen, daß der Himmel völlig wolkenlos ist, oder wenig-
stens, wenn am Horizont eine Wolkenbank liegt, daß diese zum Sonnen-
vertikal einigermaßen symmetrisch gelegen ist. Es hat sich nämlich, wie wir
auch schon sahen, ergeben, daß in dem entgegengesetzten Falle eine nicht
unerhebliche seitliche Verschiebung der neutralen Punkte eintreten kann, ein
Fall, der von der Beobachtung nach Möglichkeit ausgeschlossen werden
muß. Auch eine noch nicht sichtbare, unterhalb des Horizontes nach der
Sonnenseite liegende Wolkenbank wird eine solche Verschiebung herbei-
führen können, wofern sie nicht symmetrisch zum Sonnenvertikal liest.
Es ist selbstverständlich, daß man über die Beschaffenheit des Himmels
unterhalb des Horizontes nicht direkt urteilen kann, aber man wird doch
in manchen Fällen an der gleichmäßig kreisförmig ausgebildeten Aureole
oder dem kreisförmigen Purpurlichte erkennen können, daß der Himmel
unterhalb des Horizontes wolkenlos ist, ebenso wie man aus dem
eänzlichen Ausbleiben des Purpurlichtes in der Regel schließen darf, daß
eine gleichmäßig ausgedehnte, unter dem Horizont liegende Wolkenschicht
das Eindringen der Sonnenstrahlen in die über dem Untergangspunkte der
Sonne liegenden, dem Beobachter sichtbaren Luftschiehten verhindert. In
beiden Fällen wird man brauchbare Beobachtungen erzielen können. Ist
aber die Aureole oder das Purpurlicht nicht gleichmäßig ausgebildet, tritt
letzteres nur einseitig oder in Strahlen auf, so ist das ein Zeichen, daß
Wolken störend in die Verhältnisse eingreifen, und man tut dann gut,
auf die Verwertung dieser Beobachtungen zur Vergleichung mit den Beob-
achtungen an anderen Stationen zu verzichten.
2. Die Bestimmung der Höhe der neutralen Punkte.
Sobald man sich im Aufsuchen der neutralen Punkte hinreichend
geübt hat, kann man dazu übergehen, ihre Höhe über dem Horizont zu
messen. Nach unseren Erfahrungen benutzt man für diesen Zweck am
besten den sogenannten Pendelquadranten. ‚Jensen hat mit besonderer
Rücksicht auf die Messung der Höhe der neutralen Punkte sowie einiger
anderen optischen Erscheinungen am Himmel eine neue Form dieses
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 293
Quadranten konstruiert und für denselben ein von Busch angegebenes
Visier übernommen. Um die Einheitlichkeit der Beobachtungen zu sichern,
empfehlen wir diesen, mit einem Savartschen Polariskop versehenen
Apparat, der sich vorzüglich bewährt hat, sogar auch bei Beobachtungen
vom Schiff und vom Ballon aus.
Der wesentlichste Gesichtspunkt, welcher Jensen bei der Konstruk-
tion des Apparates vorschwebte, bestand darin, eine möglichst große
Genauigkeit mit bequemer Hantierung und leichter Transportierbarkeit
zu verbinden. Daher verzichtete er auf jegliches Stativ und verband
das Polariskop fest mit dem mit Alhidade versehenen Pendelquadranten.
Unsere Fig. 45 stellt diese Konstruktion des Q@uadranten dar.
Der Körper ist aus Magnalium hergestellt, ebenso die Alhidade. Das
Visier besteht aus einer über dem Drehpunkte der Alhidade eingelassenen
Knopfnadel und einem geschwärzten Messingrähmchen, welches quer
auf die Visierkante des Apparates gesetzt werden kann. Zu diesem
Zwecke enthält diese Kante mehrere Zapfen, unter denen der Beobachter
den für sein Auge am besten passenden auswählen mag. Die beiden Arme
des Rähmchens tragen an ihrem oberen, freien Ende einen möglichst
dünnen geschwärzten Draht, statt dessen man auch leicht einen Faden
einspannen kann. Durch den höchsten Punkt des Nadelknopfes und den
Faden ist die Visierlinie festgelegt‘). Diese geht in ihrer Verlängerung
durch die Mitte des in einer besonderen Fassung angebrachten Polariskops.
') Wir sind noch mit Untersuchungen darüber beschäftigt, ob etwa statt des Nadel-
knopfes ein genügend langes Nadelöhr in Betracht kommen könnte.
294 Friedr. Busch und Uhr. Jensen.
Dem Apparat ist noch ein anderes Visier für die Messung von Wolken-,
Sonnenhöhen und dergl. beigegeben!).
Bei Anwendung dieses Instrumentes hat man den großen Vorteil,
daß die rechte Hand frei bleibt, so daß man, wenn es notwendig ist, wie
beim Aufsuchen des Brewsterschen Punktes und bei positiven Sonnen-
höhen auch des Punktes von Babinet, leicht die Sonne abblenden kann?).
Beim Anvisieren der neutralen Punkte hat man nun folgendes zu
beachten:
Die Wahrnehmbarkeit und Sicherheit in der Auffassung dieser
Punkte hängt von einer Reihe von Faktoren ab, unter denen die Reinheit
der Luft, die allgemeine Helligkeit und die Beschaffenheit des Auges des
Beobachters an erster Stelle stehen. Diese bewirken, entweder unab-
hängig voneinander, oder sich gegenseitig ergänzend, daß die neutrale
Brücke zwischen den positiven und negativen Streifenenden von sehr
stark wechselnder Länge ist. Wenn die Luft recht klar und der Himmel
tief blau ist, so erscheint dieser Zwischenraum klein, solange das diffuse
Licht zur Zeit des Sonnenunterganges noch ziemlich bedeutende Helligkeit
verbreitet. Kurz vor Untergang der Sonne und auch noch bei kleineren
negativen Sonnenhöhen ist die Brücke, reine Luft und die nämliche
Turmalinplatte von geeigneter Färbung vorausgesetzt, relativ kurz. Anders
verhält es sich aber bei größeren Sonnentiefen, bei geringeren Graden der
Luftklarheit und bei einem für diese Beobachtungen weniger empfindlichen
oder noch ungeübten Auge. In diesen Fällen kann der neutrale Zwischen-
raum zu erheblicher Größe anwachsen, insbesondere beim Punkte von
Babinet. Es bedarf keiner näheren Begründung, daß die Art der Messung
sich nach der Länge des Zwischenraums zu richten hat. Wenn man die
beiderseitigen Streifen unmittelbar aneinanderstoßen sieht, oder wenn
die neutrale Brücke zwischen ihnen nur bis zu 2° lang ist, so wird man
wohl die Lage des neutralen Punktes durch Visieren auf die Mitte
bestimmen.
Busch hat in der reinen Gebirgsluft seines Wohnortes und bei sorg-
fältiger Auswahl der Tage mit blauem Himmel seine Messungen durch
Einstellen des Apparates auf die Mitte vorgenommen. Er war sogar ın
der Regel imstande, bei einer Sonnenhöhe von 20 bis 30° den Punkt von
Brewster in eine neutrale Brücke von nur 2° einzuschließen. Auch bei
') Wir haben den Apparat der optischen und mechanischen Werkstatt von
Dörffel & Faerber in Berlin, Chausseestraße 10, zur Herstellung und zum Ver-
triebe übertragen. Der Preis beträgt einschl. des besonders geprüften Polariskops 75 M,
ohne Polariskop 50 M, beides einschl. eines Kastens mit Griff. Das Modell des Qua-
dranten ist nach Jensens Angaben vom Institutsmechaniker ©. Schneider in Hamburg
in seinen Einzelheiten durchgeführt, dem wir auch an dieser Stelle unsern Dank aussprechen.
?) Die genannte Firma richtet auf Wunsch den Apparat auch für den Gebrauch
mit der rechten Hand ein.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 295
Babinets Punkt erscheint ihm die neutrale Brücke selten größer, während
bei Aragos Punkt die positiven und negativen Fransen meistens kaum
einen Abstand von 1°, in seltenen Fällen, und zwar in der Regel nur bei
größerer Sonnentiefe, einen größeren Abstand als 2° haben. Dahingegen
ist es Jensen in der Umgebung von Hamburg bis jetzt noch nicht
gelungen, die negativen Fransen unterhalb der Sonne zu erkennen; beim
Babinetschen Punkte erschien ihm in einzelnen, ganz außerordentlich
günstigen Fällen die neutrale Bücke in einer Länge von nur 3°, meistens
war sie aber viel größer. Erheblich günstiger liegen ihm die Verhält-
nisse bei der Beobachtung des Aragoschen Punktes. Es muß dabei
erwähnt werden, daß einerseits die Beobachtungen, welche von ver-
schiedenen Herren mit verschiedenen Apparaten in Hamburg bezw. in
unmittelbarer Nähe Hamburgs angestellt wurden, zu durchaus ähnlichen
Resultaten führten, und daß anderseits Jensen mit dem nämlichen
Turmalin, mit welchem er seit Ende 1908 in Hamburg-Eppendorf beob-
achtete, an einem weit von der Großstadt entfernt liegenden Orte für
beide Punkte erheblich kleinere Brückengrößen fand, ja daß er bei einer
Beobachtungsreihe an einem Tage mit recht sichtiger Luft bei einer
zwischen etwa 8° und 3° liegenden Sonnenhöhe für die neutrale Brücke
des Aragoschen Punktes Werte gewann, die sehr nahe an O0 herankamen.
Bei dieser Sachlage hat Jensen, soweit es die Zeit gestattete, ein-
gehende Studien an die Frage geknüpft, wie man am besten zu verfahren
hat, um zu möglichst genauen Messungen zu gelangen. Da wöhl manche
Beobachter unter ähnlichen Verhältnissen zu arbeiten haben werden, so
dürfen wir unsern Lesern das Ergebnis dieser Studien nicht vorenthalten,
wie denn auch von ihm selber in einer vorläufigen Anweisung zum
Gebrauch seines Pendelquadranten, welche an die von ihm mit diesem
Apparat versehenen Herren versandt wurde, in Kürze auf die hier
in Betracht kommenden Gesichtspunkte aufmerksam gemacht wurde.
Jensen nahm nun zunächst an, daß, wenn bei großer neutraler Brücke
die oberen und unteren Fransen gleich stark wären, man offenbar die
genauesten Werte erhalten werde, wenn man auf die Stelle einstellt, wo
die oberen Fransen noch gerade deutlich erscheinen, und sodann (bezw.
umgekehrt) auf diejenige, wo die unteren noch gerade deutlich erscheinen,
um darauf aus den beiden Werten das arithmetische Mittel zu nehmen,
und das dürfte auch wohl keinem Zweifel unterliegen. Es ist aber zu
beachten, daß wohl im allgemeinen sowohl beim Aragoschen, als auch
beim Babinetschen Punkte die oberen Fransen deutlicher sind als die
unteren, und hierdurch kommt in die Beurteilung der Frage ein offenbar
höchst interessantes psychophysiologisches Moment, welches entschieden
genauer untersucht werden müßte. Jensen vermutete zunächst, daß
man beim direkten Einstellen auf die Mitte zu hohe Werte erhalten
296 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
werde — und zwar vor allem beim Babinetschen Punkte —, weil man
geneigt sein könnte, das Auge möglichst nahe an die deutlichen Streifen
heranzubringen, wogegen vermutlich die andere Methode zu niedrige
Werte liefern werde, da man wohl relativ weit hinab zum Horizont
würde gehen müssen, damit die Fransen einigermaßen deutlich erscheinen.')
Der wahrscheinlichste Wert müßte also dazwischen liegen. Bald hernach
wurde ihm allerdings die Richtigkeit dieser Vermutung zweifelhaft. Er
prüfte nun zunächst seine Überlegungen an der Hand von Beobachtungen,
welche er in der ersten Hälfte des Jahres 1909 in Hamburg-Eppendorf
gewonnen hatte, indem er die Einstellungen nach der einen Methode mit
den nach der andern gewonnenen, welche der Zeit nach zwischen den
ersteren lagen, verglich. Für den Aragoschen Punkt lagen 495 für
diesen Zweck zu verwertende Beobachtungen vor, für den Babinetschen
leider nur 195. Es ergab sich für den Aragoschen Punkt bei der
Mitteleinstellung ein Wert für die Höhe von 14,87, bei der andern
Einstellung ein solcher von 15,00, wobei übrigens noch besonders zu
bemerken ist, daß auch innerhalb der einzelnen Beobachtungsgruppen die
beiden Werte sehr nahe beieinander lagen. Hiernach schien es allerdings,
daß für den Aragoschen Punkt — selbst für Hamburg mit der relativ
großen Brückengröße — die eine Methode so gut wie die andere benutzt
werden kann; vor allem aber ist 'zu bemerken, daß die Mitteleinstellung
hier jedenfalls keinen größeren Abstand ergab als die andere Methode.
Für den Babinetschen Punkt, bei dem wohl wegen der relativ großen
Brückengröße eher ein Unterschied zwischen den beiden Methoden erwartet
werden konnte, ergab sich in der Tat ein, wenn auch geringer,
Unterschied in dem zuerst vermuteten Sinne, indem die direkte Mittel-
einstellung eine Höhe von ungefähr 17,9° und die andere Methode
eine solche von etwa 17,6° lieferte. Um die Frage weiter zu unter-
suchen, griff Jensen dann aus seinen eigenen späteren (in Hamburg
und Müritz a. d. Ostsee angestellten) Beobachtungen und aus denen, welche
ihm von anderer Seite zur Verarbeitung zur Verfügung gestellt worden
waren, einige Tage heraus, und zwar zwei Abendbeobachtungsreihen aus
Hamburg-Eppendorf, eine aus Müritz, zwei aus Heiligenhafen a. d. Ostsee
und eine vom Pie von Teneriffa. Hier ergab die direkte Einstellung auf
die Mitte beim Aragoschen Punkte für Hamburg 14,1 bezw. 19,8, während
') Wir wollen nicht verfehlen, hier darauf aufmerksam zu machen, daß die Unter-
suchung dieser ganzen Frage noch mit großen Schwierigkeiten verknüpft ist, indem es
u. a. schwer möglich sein dürfte, ein einheitliches Maß für die Deutlichkeit der Fransen
zu finden. So erscheinen in Hamburg die unteren Fransen beim Aragoschen Punkte fast
immer deutlicher als die des Babinetschen Punktes. Auf der andern Seite aber erscheint
dieser neue Gesichtspunkt so interessant und wichtig für die künftigen Beobachtungen, daß
ınan unbedingt die Sache näher wird verfolgen müssen.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 297
die dazu gehörigen, mittels der anderen Methode gewonnenen Werte
'14,4 und 19,8 waren. Die entsprechenden Zahlen für Müritz waren
17,1 und 17,1, die für Heiligenhafen 23,2 und 23,3 bezw. 22,3 und
22,7 und die für Teneriffa 17,7 und 17,9. Für den Babinetschen
Punkt lieferten die Hamburger Reihen 17,5 (direkte Einstellung auf
die Mitte) und 17,3 bezw. 17,7 und 18,1, während die entsprechen-
den Werte für Müritz und Heiligenhafen der Reihe nach 14,0 und
Bea und 713,07 Sowie: 13,7 und13,7. waren.‘ "Aus. Tenerilta
lagen für den Babinetschen Punkt für diesen Zweck verwertbare Beob-
achtungen nicht vor‘. Nahm man mit Berücksichtigung des Gewichtes
aus diesen Zahlen das Mittel, so ergab sich für den Aragoschen Punkt
1. beim Versuch, direkt auf die Mitte einzustellen, eine
ober von De a a she. 19,71° und
2. bei Benutzung der andern Methode eine solche von 19,88”,
für den Babinetschen Punkt
1. bei der direkten Einstellung eine Höhe von........ 14,18° und
2. bei Benutzung der andern Methode eine solche von 14,21°.
Bei Berücksichtigung sämtlicher mitgeteilten Zahlen scheint nun aller-
dings deutlich hervorzugehen, daß man auch für den Fall größerer
Brücken mittels beider Methoden zu genügend gleichen Werten kommen
wird. Wir sind aber beide der Ansicht, daß die hier aufgerollte Frage
von so großer Wichtigkeit ist, daß man die Sache unbedingt von den
verschiedensten Seiten weiter verfolgen muß. Man darf nämlich nicht
vergessen, daß es gerade jetzt, wo man eben begonnen hat, intensiver
an die Verfolgung der neutralen Punkte heranzugehen, und wo wir uns
gewiß der Hoffnung hingeben dürfen, daß bald an sehr vielen Orten
solche Messungen werden angestellt werden, absolut zu erstreben ist, daß
die an den verschiedensten Stellen (mit völlig oder nahezu ver-
') Da bei der Beurteilung dieser Frage offenbar die Brückengröße eine besonders
wichtige Rolle spielt, seien die mittleren Werte für die neutrale Brücke für die an-
gegebenen Beobachtungsreihen mitgeteilt. Beim Aragoschen Punkt betrug dieselbe für
Eppendorf 4,10° bezw. 3,25° (für Sonnenhöhen zwischen + 8° und — 7°), für Müritz
2,26° (Sonnenhöhen zwischen +7,5° und — 6,5°), für Heiligenhafen 3,11° und 2,98°
(Sonnenhöhen zwischen + 0,6° und — 6,5° bezw. zwischen + 1,1° und — 6,7°) und für
Teneriffa 5,33° (Sonnenhöhen zwischen + 7,4° und — 3,3°). Die entsprechenden Werte
für den Babinetschen Punkt sind für Eppendorf 8,82° und 8,66°, für Müritz 4,83° und
für Heiligenhafen 3,11° und 3,45°. Die Sonnenhöhen, bei denen beobachtet wurde, ent-
sprachen den beim Aragoschen Punkt angegebenen. Auffällig erscheint der relativ hohe
Wert für die neutrale Brücke beim Aragoschen Punkt auf Teneriffa, ein Wert, der auch
besonders hoch erscheint im Vergleich mit den sich aus andern von dort eingesandten
Beobachtungsreihen (allerdings noch in geringer Zahl) ergebenden Werten. Bei den
Heiligenhafener Reihen — es scheint das übrigens mehr oder weniger bei sämtlichen
von dort vorliegenden Beobachtungen der Fall zu sein — fällt ganz besonders der geringe
Unterschied zwischen der Brückengröße beim Aragoschen und Babinetschen Punkte auf.
298 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
schwindender und mit größerer und größter Brückengröße) gewonnenen
Abstandswerte unmittelbar miteinander verglichen werden können!).
Bei sehr geringer Brückengröße dürfte die Methode der Beobachtung,
wie Busch sie anwendet, ohne weiteres gegeben sein. Dagegen würde
man wohl bei größerer Brücke zunächst am besten nach Möslichkeit
beide genannten Methoden abwechselnd anwenden, so daß die mittels
der einen Methode gewonnenen Beobachtungen von den mittels der andern
gewonnenen eingeschlossen sind?). Vor allem scheint uns aber in diesem
Falle die Methode, bei der man oben und unten einstellt, von größtem
Wert zu sein. Ganz abgesehen davon, daß dies bei sehr großer
Brücke vielleicht die nötige Basis liefern wird, um zu durchaus ein-
wandfreien und den bei verschwindender Brückengröße gewonnenen Zahlen
absolut entsprechenden Werten zu gelangen, und ferner abgesehen davon,
daß man sich offenbar durch die Verfoleung der Brückengröße eine
sehr willkommene Kontrolle für die Sicherheit der Einzeleinstellungen
und für das Erkennen plötzlich eintretender Störungen (Wolken u. derg].)
wird verschaffen können?), halten wir es für sehr wohl denkbar, daß die
') Wir wollen nicht verfehlen, auch darauf aufmerksam zu machen, daß es nicht
ausgeschlossen erscheint, dab im Falle größerer Brücken mittels beider Methoden
kleinere Höhen gefunden werden, als wenn die Fransen deutlich aufeinander stoßen,
indem vielleicht die undeutlicheren, unteren Fransen mehr zum Horizont hinabrücken
werden als die deutlicheren, oberen zum Zenit hinauf. Sollte das aber auch der Fall
sein, so würden gewiß weitere eingehende Untersuchungen — die wohl am besten mittels
verschiedener, am nämlichen Orte und zur selben Zeit benutzter Turmaline von der
nämlichen Farbennuance, aber von verschiedener Gesamtdurchsichtigkeit, ausgeführt
werden dürften — bald ergeben, wie man, falls man oben und unten eingestellt hat,
daraus die Werte gewinnt, welche unmittelbar denen bei verschwindender Brückengröße
entsprechen.
?) Wenn sich die Abstände beider Punkte wenig ändern, kann man etwa so ver-
fahren, dab man in der angegebenen Weise mittels beider Methoden die Höhe des
Aragoschen Punktes bestimmt, sodann die des Babinetschen usw. Um aber für beide
Punkte in genügend kurzen Zeitabständen Werte zur Verfügung zu
haben, dürfte es sich bei Sonnensfänden, bei denen die Abstände des einen oder des anderen
der beiden Punkte starken Änderungen unterworfen zu sein pflegen, empfehlen, erst beim
einen Punkt (etwa dem Aragoschen) eine direkte Einstellung auf die Mitte vorzunehmen,
und sodann beim andern, um darauf in der nämlichen Reihenfolge bei beiden Punkten
die andere Methode zu benutzen, und schließlich wieder bei beiden in der begonnenen
Reihenfolge die direkte Einstellung auf die Mitte vorzunehmen. Es muß sich dies alles
durchaus den jeweilig bestehenden Verhältnissen anpassen, und ein jeder, der nach sorg-
fältigem Durchlesen unserer Anleitung genau weiß, worauf es ankommt, wird schließlich
am besten wissen, wie er im Einzelfalle zu verfahren hat. Es sei uns aber noch gestattet,
auch hier wieder darauf aufmerksam zu machen, daß man niemals versäumen darf,
zwischen diesen Beobachtungen auch von Zeit zu Zeit sorgfältige Himmelsschau (Vor-
handensein, Lage und Art von Wolken, Dämmerungserscheinungen usw.) zu halten.
°») In den Beobachtungsjournalen mehrerer Beobachter fand Jensen mehrfach, daß
dem Vermerk plötzlicher Ermüdung des Auges eine auffällig große, gänzlich aus dem
zn
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 299
Verfolgung der Größe der neutralen Brücke von großer Wichtigkeit für
die Meteorologie und die Kosmophysik werden kann, wie dies bereits
an anderer Stelle ausgeführt wurde. Selbst an Orten, wo die Brücke
zunächst nur klein erscheint, wird man doch guttun, wenigstens von
Zeit zu Zeit sein Augenmerk auf sie zu lenken, da es uns durch-
aus nicht ausgeschlossen erscheint, daß sie sich in Störungsperioden
ganz anders verhalten wird. Es bedarf übrigens wohl kaum der Er-
wähnung, daß bei derartigen Untersuchungen das subjektive Moment
bei der Beurteilung der Brückengröße hindernd wirkt, jedoch darf man
wohl hoffen, daß man es genügend wird eliminieren können, um wichtigere
Aufschlüsse mittels dieser relativ einfachen Methode zu gewinnen,
oder mittels anderer Apparate gewonnene Ergebnisse zu bestätigen.
Dringend geboten ist es aber, daß alle Beobachter, deren wir durch
die vorliegende Schrift hoffentlich in den verschiedensten Klimaten, am
Meere und im Binnenlande, auf Höhenstationen und im Flachlande, recht
viele gewinnen werden, über die angewandte Methode und über die von
ihnen beobachtete Länge der neutralen Brücke genaue Angaben machen.
3. Genauigkeit der Messungen und Zeitangaben.
Man muß bei den Höhenmessungen der neutralen Punkte im Auge
behalten, daß es sich um Stellen des Himmels handelt, die nicht mit
astronomischer Genauigkeit bestimmt werden können, wenigstens nicht
mit alleiniger Anwendung des Polariskops und des Quadranten. Man
kann sich leicht davon überzeugen, indem man rasch nacheinander mehrere
Messungen der Höhe eines der neutralen Punkte vornimmt. Es werden
sich dabei, namentlich wenn es sich um den Babinetschen Punkt
handelt, Unterschiede ergeben, die unter Umständen bis auf einen Grad
anwachsen können. Daraus folgt, daß bei der Ablesung der gemessenen
Höhen vom Quadranten eine Abrundung auf halbe Grade zulässig ist.
Anderseits kann man sich öfter, zu einer Tageszeit, wo die Veränderung
der Abstände eine sehr geringe ist, und wo offenbar eine große Konstanz
der atmosphärischen Verhältnisse herrscht, nicht genug darüber wundern,
wie man bei sorgfältigster Einstellung bei einer Reihe von rasch
hintereinander folgenden Messungen immer wieder auf genau oder fast
genau den nämlichen Wert kommt. Dabei darf man natürlich nicht
außer acht lassen, wie illusorisch auch in solchen Fällen eine weitgehende
Genauigkeit sein kann, da man möglicherweise jedesmal den nämlichen,
durch irgendeine Ursache veranlaßten Fehler machen kann. Sehen wir
Ralımen der übrigen Werte herausspringende Zahl für die neutrale Brücke entsprach,
und ebenso, daß überraschende Brückengrößen Hand in Hand gingen mit dem Vermerke,
daß die Sonne plötzlich hinter Wolken trat.
300 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
eänzlich von systematischen Fehlern ab, so könnten zunächst mögliche
Einstellungesfehler in Betracht kommen, und es darf außerdem die Fehler-
quelle nicht außer acht gelassen werden, welche durch eine zu starke
Reibung der Alhidade einerseits, oder aber durch eine zu große Beweglichkeit
derselben anderseits bedingt sein kann. Immerhin aber dürfte es sich
empfehlen, bei allen Einstellungen die Zehntel der Grade zu schätzen.
Ist man unsicher, so muß man jedenfalls rasch eine zweite oder gar eine
dritte Messung ausführen. Ein angenähert richtiges Bild der mit dem
Apparat zu erzielenden Genauigkeit wird man am besten aus beifolgender
Tabelle gewinnen, welche die Einstellung auf die Mitte des Knopfes einer
Fahnenstange mittels eines Theodoliten sowie die rasch ausgeführten Ein-
stellungen auf das nämliche Objekt mittels des am Pendelquadranten an-
gebrachten Lochvisiers beziehungsweise des Savartschen Polariskops wieder-
gibt; dabei ist zu bedenken, daß das Objekt nicht sehr weit vom Beob-
achter entfernt war, so daß also eine geringe Veränderung in der Lage des
beobachtenden Auges eine relativ große Veränderung im Winkel ergeben
konnte, und ferner, daß das Objekt nicht sehr günstig beleuchtet war').
Theodolit | Lochblende | Sayartsches
| Polariskop
|
49.2° u re
a
— 42.2 41.6
= 42.3: 10 42.4
— | 42.2 42.3
m 42.3 42.2
= 42.3 42.2
en 421 42.1
a 42.2
ee En u RAR
ae lan See |
a | 2429
Mittel. 2], AD os Ds
| (bezw.
| 42.24)
Es ist wohl ohne weiteres klar, daß die Schwankungen der inner-
halb der 2. Vertikalreihe stehenden Werte ein Bild der Unzuverlässigkeit
') Es mag auch erwähnt sein, daß die Beobachtung durch empfindliche Kälte
teilweise ganz offensichtlich störend beeinflußt wurde.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 301
der Beobachtungen geben, welche durch die oben angedeutete Mangel-
haftigkeit in der Mechanik des Apparates, beziehungsweise durch nicht
genügendes Festhalten der Alhidade vor der Ablesung hervorgerufen ist.
Bei der dritten Vertikalreihe fallen die Werte 41,6 gänzlich aus der übrigen
Zahlenreihe heraus und sind vermutlich auf ungenügendes Festhalten der
Alhidade !) zurückzuführen ; wir wollten sie aber absichtlich nicht auslassen.
Betrachtet man die beiden Werte 41,6 als verfehlte Beobachtungen, so ergibt
sich das Mittel zu 42,24 statt 42,13°. Es mag dabei noch bemerkt sein,
daß die Sicherheit der Einstellung höchstwahrscheinlich ziemlich ver-
schieden sein wird je nach der Klarheit und Färbung des beim Polariskop
verwendeten Turmalins.
Der Vollständigkeit wegen mögen nun noch einige am nämlichen Tage
mit dem nämlichen Apparat von nahezu demselben Standpunkt aus vor-
genommene Einstellungen des vorgenannten Objektes angeführt werden:
Lochblende | Polariskop
|
|
42.3° | 42.5°
42.3 42.4
42.2 42.3
42.4 | 42.2
42.2 42.4
42.3 42.0
42.2 | 42.3
42.2 | 42.4
42.2 | 42.3
Mittel: 42.26 | 42.31
Indem wir hiermit unsere Ausführungen über die Genauigkeit der
Einstellungen des Pendelquadranten schließen, möchten wir nur noch den
Herren, welche mit Beobachtungen der neutralen Punkte beginnen wollen,
sehr ans Herz legen, soweit es tunlich ist, ihren Apparat von Zeit zu
Zeit selber auf Richtigkeit und Genauigkeit der Winkelangaben scharf
zu kontrollieren. In Ermangelung eines Theodoliten würde die sich aus
einer bekannten Höhe bei bekannter Entfernung des betreffenden Gegen-
standes ergebende Winkelgröße zur Kontrolle des Apparates dienen können.
Die Voraussetzung einer großen Genauigkeit der mittels des Pendel-
') Die Hände des Beobachters waren durch die naßkalte Witterung verklammt.
302 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
quadranten gemachten Einstellungen erfordert naturgemäß die entsprechende
Genauigkeit der Zeitangaben, da sich — abgesehen von der Sonnen-
deklination und der geographischen Breite — nach dieser die berechnete
Sonnenhöhe richtet. Aber abgesehen davon, wieweit sich die Genauigkeit
der Winkelangaben treiben läßt, kann es immer nur erwünscht sein, daß
die Zeit bei Benutzung von einfachen, jedem Beobachter mehr oder weniger
zugänglichen Hilfsmitteln möglichst genau angegeben wird, und wir
glauben durch eine entsprechende Anleitung ') einem bestehenden Wunsche
um so mehr entgegenzukommen, als eine solche auch für die im dritten
Abschnitte zu besprechenden Messungen wohl nur erwünscht sein kann.
Es ist zunächst zu beachten, daß die Feststellung der Lage eines neutralen
Punktes einen gewissen Zeitaufwand erfordert, auch bei bester Witterung. Wo
sich zwei Beobachter zusammentun können, ist es am einfachsten, daß der
eine das Polariskop handhabt und beim Anschlagen der Alhidade ein Zeichen
gibt, worauf der andere die Zeit notiert. Die beiden können ja auch
mit Uhr und Polariskop wechseln. Wo aber, wie gewöhnlich, nur einer
arbeiten kann, wird er leicht die Stellung der Uhrzeiger auch selbständig
ablesen lernen, um darauf die Teilung des Quadranten anzusehen. Wer
hierbei befürchtet, daß während des Ablesens der Uhr die Alhidade nicht
festbleibt, mag auch zuerst die Punkthöhe und dann den Zeigerstand
bestimmen, diesen unter Abzug einer kleinen Anzahl von Sekunden für
den Zeitverlust.
Es empfiehlt sich hierbei, eine Genauigkeit auf das Zehntel der Zeit-
minute wenigstens anzustreben; man wünscht doch den Zeitfehler möglichst
klein zu halten, und es sind, wie sich gleich ergeben wird, vergrößernde
Einflüsse vorhanden. Man lese nun nicht etwa den Stand des Minuten-
zeigers auf Zehntel ab, weil man die Beobachtung dann mit dem Exzen-
trizitätsfehler der Taschenuhr belasten würde, der leicht eine Amplitude
von mehreren Zehnteln der Minute hat und als systematischer Fehler
besonders ärgerlich ist. Vielmehr blicke man zuerst auf den Sekunden-
zeiger und dann auf den Minutenzeiger. Beim Stellen der Uhr achte man
sorgfältig darauf, daß der Exzentrizitätsfehler nicht die ganze Minuten-
zahl unsicher machen darf; nötigenfalls läßt man die richtige Stellung
vom Uhrmacher vornehmen.
Die notierte Zeit, z. B. 5" 24”,7, ist nun die Angabe der Taschen-
uhr, die noch auf wahre Ortszeit umzurechnen ist. Denn unmittelbar
nach der wahren Ortszeit, die ein veränderliches Maß ist, kann man die
Uhr nicht regulieren. Man muß den Umweg durch die mittlere Ortszeit
nehmen, manchmal sogar durch die mittlere Ortszeit eines fremden Meridians,
nämlich durch die Einheitszeit.
') Wir verdanken die hier folgenden Erörterungen dem freundlichen Entgegen-
kommen des Herrn Prof. Dr. J. Plaßmann in Münster i. W.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 303
Da zudem die Taschenuhr an Genauigkeit weit hinter der Pendel-
uhr zurücksteht, wird ein gewissenhafter Beobachter sie womöglich mit
einer guten Pendeluhr vergleichen, und zwar vor und am besten auch
nach den Beobachtungen. Wer sich damit begnügen wollte, den Anschluß
täglich nur einmal zu vollziehen, z. B. am Abend, und danach zu inter-
polieren, würde wieder einen systematischen Fehler in die Zahlen bringen,
nämlich den täglichen Gang der Taschenuhr, welcher abhängt von ther-
mischen Verhältnissen, wie dem Wechsel zwischen der warmen Kleidung
und dem kalten Schlafzimmer, von der Zeit des Aufziehens sowie ver-
mutlich vom Tragen und Legen oder Aufhängen der Uhr. Auch bei
Präzisionsuhren können diese Fehler in ihrer Gesamtwirkung auf mehrere
Zehntel der Minute gehen, und es könnte immerhin ihre Vernachlässigung
einen geringen, aber merkbaren Unterschied zwischen Morgen- und Abend-
beobachtungen vortäuschen.
Wer nun über die nötigen kleinen Instrumente, über Zeit und Fach-
kenntnisse verfügt, mag sich die mittlere Ortszeit selber bestimmen und
über den Gang seiner Pendeluhr Buch führen. Unsere Physiker und
Meteorologen werden dagegen meistens auf die öffentlichen Uhren an-
gewiesen sein und sich beim Vergleich des Standes derselben mit dem
ihrer Pendeluhr auf die Taschenuhr als Zwischeninstrument verlassen
müssen. Am einfachsten macht sich das unserer Erfahrung gemäß in
Kleinstädten mit Eisenbahnverbindung. Das tägliche Uhrenzeichen der
Stationen, besonders im preußisch-hessischen Netze, ist auf die Sekunde
genau, und man kann danach die eigene Pendeluhr (am besten Gewichts-
uhr mit Holzpendel und Bleilinse) sehr genau regulieren, wobei — um
das nochmals zu sagen — der Taschenuhr nur eine vermittelnde Rolle
zukommen darf.
An größeren Orten sind die Wege weiter, und es ist auch sonst
umständlicher, das Uhrenzeichen mitzunehmen. Dafür wird man dort
aber eher einen wissenschaftlich gebildeten Uhrmacher finden, der sich
schon im eigenen Interesse einer genaueren Zeitüberwachung befleißigt.
In sehr großen Städten hat man Normaluhren mit Sekundenangabe, wobei
natürlich auf die etwaige Fehlermitteilung zu achten ist. Uhren mit
springendem Minutenzeiger sind nicht vertrauenswert, namentlich auch
nicht die an Bahnhöfen aufgestellten, die man wohl gar, einem beliebten
Schlendrian folgend, die eine oder andere Minute vorgehen läßt.
Auf dem Lande ist die Zeitbestimmung manchmal schwierig. Man
kann z. B. in die Sommerfrische, wo man Zeit und Lust zur Beobachtung
hätte, keine Pendeluhr mitnehmen, und die nächste Bahnstation ist schwer
zu erreichen. Man wird sich in einem solchen Falle mit telephonischem
Anschlusse der Postagentur an die nächste Bahnstation helfen. Natürlich
muß man alsdann die Taschenuhr besonders sorgfältig behandeln, um
wenigstens die Konstanz ihres Ganges zu sichern.
304 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Für alle nach Einheitszeit rechnenden Länder ist die betreffende
“inheitszeit auf mittlere Ortszeit umzurechnen; für Mitteleuropa speziell
muß die vom öffentlichen Zeitdienste gelieferte mittlere Ortszeit des
15. Meridians auf mittlere Ortszeit des jeweiligen Beobachtungsortes
umgerechnet werden. Da unsere Landkarten gleich den Zonenzeiten
auf Greenwich bezogen sind, ist das an sich nicht schwer, nur muß
man sich klar machen, daß die Karten der einzelnen deutschen Land-
schaften, wie wir sie in den gebräuchlichen größeren Atlanten finden,
über den Maßstab 1:1000000 selten hinausgehen. Hier bedeutet 1 Milli-
meter bekanntlich 1 Kilometer, und dieser Strecke entspricht, wenn sie
genau westöstlich liegt, in Deutschland ein Zeitunterschied von 3 bis
4 Sekunden. Da es nun nicht immer leicht sein wird, die Lage des
Beobachtungsortes auf der Karte so genau zu bestimmen, so ergibt sich
mitunter ein Fehler von mehr als einem Zehntel der Minute, der, im Einzel-
falle nebensächlich, eine Reihe von vielen hundert Beobachtungen immer-
hin entstellt.
Weit genauer sind die Karten der preußischen Landesaufnahme in
den Maßstäben 1:100000 und 1:25000; die letzteren zeigen die Strecke
von 290 Metern, die westöstlich ungefähr der Zeitsekunde entspricht,
mehr als 1 Zentimeter lang. Man beachte nur, daß sie auf Ferro, d.h.
auf Paris —20°, bezogen sind. Die Reduktion auf Greenwich beträgt
1" 10”39°,07 oder 17°39’46”,05, da Greenwich 0” 9" 20°,93 westlich von
Paris liegt. Die Meßtischblätter sind bekanntlich noch nicht sämtlich
erschienen, doch kann man sich häufig mit den fertigen Bänden des großen
Triangulations-Werkes helfen, die (bei E. S. Mittler & Sohn zu Berlin in
Kommission zu haben) das Zahlenmaterial geben. Hinreichende Anschlüsse
an die trigonometrischen Punkte lassen sich schon mit Hilfe von Wander-
karten vollziehen. In Zweifelsfällen werden die Vermessungsbeamten zu
befragen sein.
Auch die Breite des Beobachtungsortes ist genau festzustellen, weil
sich nach ihr die Sonnenhöhe richtet. Das Zehntel der Bogenminute läßt
sich hier leicht verbürgen, da es einer Strecke von etwa 185 Metern
entspricht.
Einem etwaigen Wechsel des Beobachtungsortes ist Rechnung zu
tragen. Mancher, dessen Wohnung ungünstig liegt, wird für die Abend-
beobachtungen einen anderen Punkt als für die Morgenbeobachtungen
aufsuchen müssen. Es ist dann die Lage beider Punkte anzugeben,
sonst würde man sich möglicherweise wieder eine systematische Differenz
zwischen den Morgen- und Abenderscheinungen vortäuschen. Natürlich
kann es kommen, daß gelegentlich die eine oder andere Beobachtung
nicht an gewohnter Stelle gemacht wird. Der Fehler, den man durch
Verschweigung dieses Umstandes macht, vermengt sich mit den zufälligen
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 305
Beobachtungsfehlern. Doch beachte man, daß z. B. ein Beobachter, der
in Berlin in der Gegend des Bahnhofes Tiergarten seine Notizen zu machen
pflegt und eines Tages genötigt wird, in der Gegend des Bahnhofes Rummels-
burg zu beobachten, hier bereits mit einer um + 0°,5 abweichenden Orts-
zeit zu rechnen hat.
‚Jedenfalls notiere man im Original nur nach der Taschenuhr und
denke hierbei an keine Reduktion. Als Beispiel für die vollständige
Umrechnung wählen wir zunächst unsere Beobachtungen vom Abend des
15. September 1910. Das Schema war dieses:
M—P= +4"13:0... Reduktion der Pendeluhr auf mittlere Ortszeit.
nr A—- Tr IE2.:. A „ Ankeruhr , die Pendeluhr.
MA — —- 5892... g N & „ mittlere Ortszeit.
BEN Z+&38:3... = ‚„ mittleren Ortszeit auf wahre „,
W-A=+1"40!1... 5; „ Ankeruhr auf wahre Ortszeit.
—ı 2161
ın
Es sind also alle notierten Minutenzahlen um + 1”,7 zu erhöhen.
Die zweite Dezimale kommt nur für die Reduktion einer etwaigen Aus-
gleichung in Betracht. Die Verbesserung W—- M, also die mit um-
gekehrtem Zeichen genommene Zeitgleichung, ist, wie der Rechner beachten
muß, auch an einem Tage nicht konstant; vielmehr ändert sie sich z. B.
vom 24. auf den 25. Dezember um eine halbe Minute. Es ist auch am
Morgen des 16. September 1910 beobachtet worden; jetzt wır M— P=
+4" 14°0; P- A = — 7”13°,8;, W—- M=+4"48°7, M—A=
= 1748°9 = + 17,82,
Man wolle solche Genauigkeit nicht für Pedanterie ansehen; sie
wird sich in den Ergebnissen bezahlt machen. Die Höhenänderung der
Sonne im Ost-West-Vertikal beträgt in unseren Gegenden in 4 Zeitminuten
1°. cos 52°, in 1 Minute also 15’. cos52° oder etwa 9’. Man sieht also,
daß die Zeitverbesserungen gewissenhaft angebracht werden müssen.
Wem die Reduktionen zu lästig sind, der beachte wenigstens die
Reduktion der Ankeruhr auf mitteleuropäische Zeit sowie die geographische
Lage der Beobachtungsorte sorgfältigst; das übrige muß dann bei der von
anderer Seite erfolgenden Verarbeitung der Beobachtungen!) berücksichtigt
werden.
4. Die Zeit der Beobachtung.
Wenn man absieht von der Beobachtung des von Brewster ent-
deckten neutralen Punktes, so genügt es, die Messungen mit dem
Zeitpunkte zu beginnen, in welchem der Aragosche Punkt abends er-
scheint, oder morgens die Beobachtung dann abzubrechen, wenn dieser
') Wir hoffen, im Schlußwort der Arbeit näher auf diesen Punkt eingehen zu können.
20
306 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Punkt verschwindet. Das ist unter normalen Verhältnissen der Fall bei
einer Sonnenhöhe von etwa 10 bis 15 Grad. Die andere Zeitgrenze ist
gegeben durch eine Sonnentiefe von etwa 7 bis 8 Grad. Bei größeren
Sonnentiefen ist gewöhnlich die Messung der Höhe der neutralen Punkte
infolge der allgemeinen Abnahme der Intensität des diffusen Himmels-
lichtes nicht mehr sicher genug ausführbar. Nur bei besonders heller
Dämmerung, wie sie beispielsweise am 30. Juni und 1. Juli 19083 plötz-
lich auftrat, wird man bei noch größerer Sonnentiefe beobachten können
und müssen. Es mag hier noch einmal hervorgehoben werden, daß "es
äußerst wünschenswert ist, das Verhalten des Aragoschen Punktes bei
großen Sonnenhöhen und -tiefen und das des Babinetschen Punktes bei
großen Sonnentiefen noch eingehender zu studieren.
Hinsichtlich der Zeitintervalle zwischen den einzelnen Messungen
sei bemerkt, daß es für die vorläufigen Zwecke in mittleren Breiten unter
normalen Verhältnissen ausreicht, wenn man mindestens für je 4 bis5 Minuten
einen brauchbaren Wert für jeden der beiden Punkte erhält. Immerhin
aber sollte man es sich zur Regel machen, soweit die übrigen Notierungen
(Wolkenschau usw.) es zulassen, und soweit nicht die Sicherheit
der Messung darunter leidet, so viele Einzelbeobachtungen zu
machen, wie es irgend möglich ist, da dies nur von Wert für die
Ausnutzung des Materials sein kann. In Störungszeiten, wie im
Jahre 1903, tritt aber zur Zeit des Sonnenunterganges, wie wir 8.225
gesehen haben, eine so rasche Bewegung des Babinetschen Punktes zum
Horizont hin ein, und in normalen Zeiten beim Aragoschen Punkte bei
großer Sonnentiefe in entgegengesetzter Richtung, daß man sie im Polari-
skop direkt verfolgen kann, und es ist dann dringendes Erfordernis,
die Höhe dieser Punkte in möglichst kleinen Zeitintervallen zu bestimmen.
In andern Breiten wird man die Intervalle der Messungen in ent-
sprechender Weise abändern können. Da in den Tropen die Sonnenhöhen
sich rascher ändern als in mittleren Breiten, unter dem Äquator im
Maximum für je 5 Minuten sogar um 1,25 Grad, wodurch auch eine
raschere Bewegung der beiden neutralen Punkte von Babinet und Arago
bedingt ist, so wird es sich empfehlen, dort die Messungen überhaupt
in kleineren Zeitabständen vorzunehmen. In höheren Breiten werden die
Abstände der Beobachtungszeiten verlängert werden können. Es kann
jedem Beobachter überlassen bleiben, das Intervall zu wählen, welches
seiner geographischen Breite und den sonstigen Verhältnissen entspricht.
Aber unter allen Umständen muß man dafür sorgen, daß man
die Höhe der neutralen Punkte zur Zeit des Sonnenunter-
ganges möglichst genau erhält).
') Wir haben uns mehrfach bemüht, durch Vorschaltung eines schmalen horizon-
talen Spaltes oder durch Verkleinerung der dem Auge zugewandten Öffnung des Pola-
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 307
5. Umrechnung der beobachteten Höhen der neutralen Punkte
in Abstände von der Sonne bezw. von ihrem Gegenpunkte.
Wie schon aus unserer allgemeinen Übersicht hervorgeht und auch
sonst wiederholt angedeutet wurde, ist es notwendig, die einzelnen
Messungen des Babinetschen und Brewsterschen Punktes auf den Stand der
Sonne und die des Aragoschen Punktes auf die Lage des Gegenpunktes der
Sonne zu beziehen. Nun kann man zwar die den einzelnen Beobachtungs-
zeiten entsprechenden Sonnenhöhen besonderen, für verschiedene Breiten be-
rechneten Tabellen ') wenigstens mittelbar entnehmen, aber es empfiehlt sich
riskops eine schärfere Anvisierung der neutralen Punkte zu erreichen; aber alle diese
Versuche schlugen fehl, weil dadurch die Deutlichkeit oder die Erkennbarkeit der an
und für sich schon meist recht matten Fransenenden nur noch vermindert wurde. Ein
Instrument, mit welchem eine dem Astronomen völlig genügende Genauigkeit in der Be-
stimmung und Messung der neutralen Punkte hinreichend rasch und sicher möglich wäre,
muß noch erfunden werden.
!) Azimut-Tabellen von Ebsen, 4. Aufl., Verlag von Eckardt und Messtorif in
Hamburg 1909 (diese geben Sonnenhöhen auf 0,1° genau für Polhöhen von — 72° bis
+ 72°) und Souillagouöt: Tables du Point Auxiliaire, nouvelle Edition, Toulouse 1900.
Die Einrichtung von Ebsens Tafeln ist folgende: ‚Jedem Breitengrade sind vier Seiten
gewidmet. Wenn man nun die in Betracht kommende geographische Breite kennt und
aus der geographischen Länge, der Zeitgleichung und der mittleren Ortszeit die wahre
Sonnenzeit gefunden hat, so geht man mit der geographischen Breite in die mit doppeltem
Eingang versehenen Tafeln ein und findet aus wahrer Zeit uud Deklination (wie die
Zeiteleichung aus dem nautischen Jahrbuch zu ersehen — allerdings wohl in der Rege
nur durch Interpolation —) das vom Norden ab gerechnete Sonnenazimut An. Es ist
coscd sint
dann noch zu berücksichtigen, daß As = 1807 An, und daß sinz = ist.
sin As
Man beachte jedoch bei solchen Umrechnungen, daß der Winkel durch den Sinus oder Cosinus
nicht so sicher gefunden wird wie durch die Tangente. — Die Einrichtung der französischen
Tafeln ergibt sich aus folgenden Überlegungen: In dem Kugeldreieck Pol (P), Zenit (Z).
Sonne (5) seien die 3 Bestimmungsstücke PZ = 90° — Breite, ZPS = t und PS bekamnt;
zur Berechnung von ZS = 90° — h benutzen nun die Souillagouötschen Tafeln das von Z auf
PS gefällte Lot ZY. ZQ ist in den Tafeln mit 2, PQ mit 2 bezeichnet; £ bedeutet also
in diesen Tafeln nicht die Polhöhe. Aus dem rechtwinkligen Dreieck PQZ ergibt sich nun:
sing’ = sint- sin PZ
cost
cotang PZ
Nachdem man hieraus x und g' gewonnen hat, ist auch A ZQS auflösbar, da
cosZS = cos (90 — h) = sinh = cos e' * cos (PS — e) ist. Die Tafeln geben nun die Werte
von 2 und log cose’. — Bezüglich der vor einigen Jahren von F. Ball herausgegebenen
Tafeln (Altitude or position line tables), aus denen man bis auf eine, wegen der Deklination
anzubringende Korrektion direkt die Höhen soll entnehmen können, sowie bezüglich
einiger anderer Tafeln müssen wir die Leser auf die Annal. der Hydrographie u. maritimen
Meteorologie 1907, p. 568—571, verweisen. — Als Orientierungsschrift über die Orts-
bestimmung empfehlen wir: Paul Güßfeldt, Grundzüge der Astronomisch-Geo-
graphischen Ortsbestimmung auf Forschungsreisen und die Entwicklung der
hierfür maßgebenden mathematisch - geometrischen Begriffe, Braunschweig 1902 bei
Vieweg & Sohn. Behufs Anleitung zur Ortsbestimmung für Beobachtungen im Ballon
20*
und tgp =
308 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
y
doch, diese Sonnenhöhen für jeden Beobachtungsort besonders zu berechnen,
um Ungenauigkeiten nach Möglichkeit zu vermeiden. Man wird dazu
die bekannte Formel benutzen: sinh=siny-sind+ cosy-cosd- cost,
sind-sin(p-+ %)
cos y
Hier bedeutet % die Höhe, d die Deklination der Sonne, die
geographische Breite des Beobachtungsortes, 2 den Stundenwinkel der
Sonne und y einen Hilfswinkel. Für jede Beobachtungsreihe genügen
wenige Berechnungen in Abständen von etwa 10 Minuten; die übrigen
Sonnenhöhen lassen sich mit hinreichender Genauigkeit durch Inter-
polation bestimmen, unter der zulässigen Annahme, daß sich innerhalb
der Beobachtungszeit die Sonnenhöhen proportional der Zeit ändern. Sehr
bequem ist dabei das graphische Verfahren.
Um die Abstände des Babinetschen Punktes von der Sonne und die des
Aragoschen Punktes von ihrem Gegenpunkte zu berechnen, hat man selbstver-
ständlich positive Sonnenhöhen zu den gemessenen Höhen beim Aragoschen
Punkte zu addieren, beim Babinetschen dagegenzu subtrahieren; mit den
absolutenWerten der negativen Sonnenhöhen hatman umgekehrt zu verfahren.
Es wird, namentlich bei langsamer Änderung der Sonnenhöhe, oft
vorkommen, daß zwischen zwei um einen Grad auseinanderliegenden
Sonnenhöhen zwei Beobachtungswerte fallen. Alsdann nimmt man als
den endgültigen Wert des Abstandes für dieses Intervall den Mittelwert
aus beiden. Dem bisher geübten Brauch entsprechend mögen die ein-
zelnen Intervalle mit n,5° und —n,5° bezeichnet werden, wobei man
unter n,5° alle Sonnenhöhen von n,9° bis n’ und unter —n,5° alle
Höhen von —n,1° bis —(n-+ 1)° einschließlich zusammenfaßt. Wenn
man etwa für die Sonnenhöhe von 3° den Babinetschen Punkt in einem
Abstande von 18°, bei 3,4° dagegen in 18,6° Abstand von der Sonne
gefunden hätte, so würde man für die Sonnenhöhe von 3,5° den Abstand
von 18,3° in Anrechnung bringen. Oder, wenn man für die Sonnenhöhe
von — 1,1° einen Sonnenabstand des Babinetschen Punktes von 19,0°
und für die Sonnenhöhen von — 1,2 und —2,0° 18,8 und 18,6° als Abstände
des nämlichen Punktes gefunden hätte, so würde sich danach für die
Sonnenhöhe — 1,5° ein Abstand von 18,8° ergeben.
oder sinh = ‚wo @y— ci£9.c0st ist.
6. Anderweitige Erscheinungen, die bei der Beobachtung zu
berücksichtigen sind.
Die mit der atmosphärischen Polarisation zusammenhängenden Er-
scheinungen sind sämtlich in hohem Grade abhängig von den am Be-
sei verwiesen auf: K. Schwarzschild und O. Birck, Tafeln zur astronomischen Ortsbestimmung
im Luftballon bei Nacht usw., Göttingen 1909, und A. Marcuse, Astronomische Ortsbestimmung
im Ballon, Berlin 1909.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 309
obachtungsorte herrschenden meteorologischen Zuständen. Davon sind
die neutralen Punkte gewiß nicht ausgenommen. Es ist daher durchaus
erforderlich, daß den einzelnen Beobachtungsreihen die wichtigsten
meteorologischen Daten, als da sind Windrichtung, Temperatur, Baro-
meterstand und vor allem auch die Feuchtigkeitsverhältnisse, beigefügt
werden. Von besonderer Bedeutung sind außerdem die Durchsichtig-
keit’der Luft, das Blau des Himmels und die Art, die Lage und
der Grad der Bewölkung. Um indessen den Einfluß der letztgenannten
Elemente nach Möglichkeit auszuschalten, “© sollte zwecks Herbei-
schaffung von Material, welches zur Vergleichunge mit den zu andern
Zeiten und an andern Orten gewonnenen Beobachtungen dienen soll,
nur bei hohen Graden der Luftklarheit und bei nahezu wolkenlosem
Himmel beobachtet werden. Jedenfalls ist aber eine Charakteristik
dieser Elemente niederzuschreiben. Die Durchsichtigkeit der Luft und
das Blau’) des Himmels beurteilt man ziemlich leicht nach einer drei-
teiligen Skala, wobei „3“ recht klar bezw. tief blau, „2“ ziemlich
klar bezw. blau, „I“ dunstig bezw. weiß-blau bedeutet‘). Indem man
dann noch die Zwischenstufen 1,5, 2,5 und die Stufen 0,5 und 3,5 hinzufügt,
wobei man die letzte für ganz besonders ausgezeichnete Fälle aufspart,
so erhält man eine für unsere Beobachtungen recht brauchbare und ver-
ständliche Stufenfolge für die Kennzeichnung dieser meteorologischen
Elemente. Es ist entschieden wünschenswert, daß bei der Verarbeitung
und Verwertung nur Beobachtungsreihen berücksichtigt werden, die bei
den Graden der Luftklarheit 2 bis 3,5 abgeleitet sind, wofern man nicht
gerade den Einfluß dieser Elemente zu ermitteln beabsichtigt.
Was die Einwirkung der Wolken auf die neutralen Punkte anbetrifft,
so ist diese schon mehrfach berührt worden. Sie besteht in einer Ver-
schiebung nach der Seite und Höhe. Die erste tritt ein, wenn Wolken
in erheblichem Maße unsymmetrisch zum Sonnenvertikal am Himmel ver-
teilt sind, die zweite, wenn eine am Abend im Westen auftretende, aus-
sedehnte Wolkenschicht den Sonnenstrahlen das Eindringen in die untern
Schichten der über dem Horizont des Beobachters liegenden Atmosphäre
verhindert. Diese Einwirkung erkennt man daran, daß der Sonnenabstand
des Babinetschen Punktes sich plötzlich um einen bis zwei Grad ver-
mindert. Sicher ist auch, wie schon einmal hervorgehoben wurde, eine
oft nach Sonnenuntergang beobachtete, plötzliche Verminderung dieses
') Das Blau des Himmels hat im allgemeinen seine größte Tiefe in der etwa
90° von der Sonne entfernten Gegend des Sonnenvertikals. Dort also ist die Schätzung
vorzunehmen.
2) Bei astronomischen Beobachtungen bezeichnet 1 die beste Luft, 2 normal
gute, usw. Die Astronomen unter unsern Mitarbeitern wollen diesen Unterschied freund-
lichst beachten,
310 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Abstandes als Wirkung einer noch unterhalb des Horizontes liegenden,
ausgedehnten Wolkenschicht anzusehen, und man wird in solchen Fällen
aus dem plötzlichen Absturz mit großer Sicherheit auf das Vorhandensein
einer solehen Wolkenschicht schließen dürfen. ‚Jedenfalls wird man aber
Beobachtungen, welche an solchen Tagen, an denen sichtbare Wolken
die Polarisation stören konnten, angestellt wurden, als Vergleichsmaterial
in dem wiederholt angegebenen Sinne nicht benutzen, in allen
Fällen indessen die Art, die Lage und den Grad der Bewölkung näher
bezeichnen müssen.
Zur Bestimmung der Lage von Wolken am Horizont oder in nicht
zu weiter Ferne von diesem, dürfte sich der folgende einfache Apparat
empfehlen, welchen Herr Schneider vom Hamburgischen Physikalischen
Staatslaboratorium im Auftrage Dr. Jensens ausführte'), und der von der
Firma Dörtfel und Faerber in Berlin, Chausseestraße 10, zum Preise
von M 40 vertrieben wird. Auf einem leichten Holzdreifuß ist, ähnlich
wie bei einer photographischen Kamera, eine Aluminiumscheibe von ca.
20 em Durchmesser aufgesetzt, auf welcher ein Kompaßrosenblatt mit
Strich- und Gradteilung angebracht ist. Eine Alhidade mit zwei Schatten-
stiften gestattet eine Anvisierung der Wolkengruppen und gleichzeitige
Ablesung ihrer azimutalen Stellung zur Sonne. Mittels des dem Jensen-
schen Pendelquadranten beigegebenen Wolkenvisiers von Busch kann man
dann die Höhe der oberen und unteren Wolkenkante ablesen, was übrigens,
falls die Wolke kompakt genug ist, einfacher angenähert auch ohne weiteres
durch Hindurchvisieren durch das Polariskop geschehen kann?). Es mag hier
übrigens gleichzeitig darauf hingewiesen werden, daß selbstverständlich an
sich — das heißt also abgesehen von der zunächst im Vordergrunde des
Interesses stehenden Vergleichung mit den zu verschiedenen Zeiten und
an verschiedenen Orten gewonnenen Beobachtungen — solche Beob-
achtungen, welche an ein und demselben Orte unter den verschiedensten
Bewölkungsverhältnissen angestellt wurden, von großer Wichtigkeit für
das Studium der atmosphärischen Polarisation sind, ja daß es sogar
möglich erscheint, daß man dadurch später einmal — sobald man die
Beziehung zur Bewölkung genau genug kennt — in den Stand gesetzt
werden wird, für die Verfolgung der Beziehungen zu kosmophysikalischen
Vorgängen viel mehr Vergleichsmaterial herbeizuschaffen, als es sonst
möglich wäre.
Wir können nicht umhin, hier auf ein sehr beachtenswertes,
‘) Der Apparat war zunächst für die Bestimmung des Azimuts der auf dem Wasser
erscheinenden neutralen Zonen (siehe S. 238 u. ff.) gedacht.
?) Es dürfte ohne weiteres einleuchten, daß dieser Apparat zusammen mit dem
Buschschen Wolkenvisier auch gute Dienste zur genaueren Bestimmung der Gesamt-
wolkengröße am Himmel leisten könnte.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 311
vor kurzem von Achsel S. Steen') in die Debatte geworfenes Moment
hinzuweisen. Wir denken daran, daß — um mit Steen zu sprechen —
eine Bewölkungsschätzung viel unsicherer ist, wenn das Himmelsgewölbe
dunkel ist, als wenn es unmittelbar oder mittelbar von der Sonne,
von, dem Dämmerlicht oder von dem Monde beleuchtet wird. Mit
großer Deutlichkeit und mit allem Nachdruck machte übrigens schon
Rubenson ?) vor nunmehr bald 50 Jahren darauf aufmerksam, daß er
mehrfach bei nahezu heiterem Himmel Gelegenheit gehabt habe, zu
beobachten, daß nur in unmittelbarer Nähe der Sonne Wolken zu kon-
statieren waren, wogegen bei der größtmöglichen Entfernung von ihr
keine Spur von solchen zu entdecken war, und daß dies Verhältnis fast
den ganzen Tag über, das heißt also, bei allen möglichen Stellungen der
Sonne, bestand. Man kann ihm entschieden nur beipflichten, wenn er
daraus den Schluß zog, daß in solchen Fällen das ganze Himmelsstück,
an welchem die Sonne vorbeipassierte, mehr oder weniger von Wolken
bedeckt war, daß diese aber nur an der in unmittelbarer Nähe der Sonne
befindlichen Stelle des Himmels in die Erscheinung traten. Ist man also
auf eine möglichst gründliche Charakterisierung der Bewölkungsverhält-
nisse bedacht, so wird man, wenn auch der Himmel im allgemeinen
ganz zufriedenstellend aussieht, immer und immer wieder der Sonnen-
umgebung seine Aufmerksamkeit zuwenden müssen. Dies Moment ist
offenbar bisher allgemein viel zu wenig beachtet worden.
Ebenso wie für die richtige Bewertung der polarimetrischen Messungen
sind auch für die Messung der neutralen Punkte die Bodenverhält-
nisse in weitem Umkreise des Beobachtungsortes nicht ohne Bedeutung.
Der Beobachter hat diese also gleichfalls zu charakterisieren, hat anzugeben,
ob die Umgebung eben, oder gebirgig, ob bewaldet, oder kahl ist, ob
ausgedehnte Wasserflächen vorhanden sind, ob der Boden mit Schnee
bedeckt ist, ob die Nähe einer Stadt oder von Fabriken die Luft in
erheblichem Maße durch Rauch verunreinigt.
Da auch die Höhenlage des Beobachtungsortes auf die Höhe der
neutralen Punkte von Einfluß zu sein scheint, so ist auch diese anzugeben.
Um den Einfluß der Dämmerungsfarben, insbesondere des Haupt-
purpurlichtes, auf die Höhe der neutralen Punkte näher festzustellen,
ist es wünschenswert, daß auch diese durch einige Angaben gekennzeichnet
werden. Das Hauptpurpurlicht tritt abends im Durchschnitt bei einer
Sonnentiefe von 2—3° auf; es besteht in einer mehr oder weniger kreis-
törmigen Scheibe rosafarbenen Lichtes, deren Mitte im Maximum der In-
tensität in etwa 18° Höhe liegt, und zwar im Sonnenvertikal. Man beurteilt
') Achsel Steen, Einige Studien über die Bewölkung, Met. Zs. 1909, p. 49—54.
?) Rubenson, loc. eit., p. 80,
312 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
seine Intensität nach einer der vorher genannten analogen Skala, wobei
man unter „1“ einschwaches, aber deutliches, unter „2“ ein kräftig
ausgebildetes, auch dem Laien auffallendes, und unter „3“ ein un-
gewöhnlich prächtiges Purpurlicht bezeichnet. Mit den Zwischen-
stufen 1,5; 2,5 und den Stufen 0,5 sowie 3,5 entsteht dann wiederum
eine Skala, durch die das Purpurlicht nach seiner Intensität recht gut
gekennzeichnet werden kann. Die höchsten Grade der Intensität treten
indessen in mittleren Breiten nur in Zeiten außergewöhnlich starker
Störungen, wie im Winter 1883/84 nach dem Ausbruch des Krakatau, ein.
Außer der Höhe der Mitte und der größten Intensität mag man auch
den Zeitpunkt, in welchem es eintritt,‘ sowie die Zeit des Beginnes
und des Endes des ersten Purpurlichtes notieren. Das Auftreten von
Strahlen im Purpurlichte wird einfach durch ein Sternchen am Buch-
staben P bezeichnet; es ist in der Regel ein Zeichen, daß Wolken
unter dem Horizont liegen, die nur durch Lücken das Eindringen der
Sonnenstrahlen in den sichtbaren Teil der Atmosphäre gestatten.
Kommt überhaupt kein Purpurlicht zur Ausbildung, so liegen kom-
pakte Wolkenmassen unter dem Horizont. Auch dieser Fall ist zu notieren.
Mit besonderer Aufmerksamkeit möge man endlich auch die als
Bishopscher Ring bezeichnete Aureole um die Sonne verfolgen. Obschon
anzunehmen ist. daß dieser Ring schon früher hin und wieder aufgetreten
ist, so ist er doch der Beobachtung entgangen und erst bekannt seit der
großen vulkanischen Katastrophe vom August 1883. Sereno Bishop in
Honolulu hat damals zuerst auf diese Erscheinung hingewiesen, und seit-
dem trägt sie den Namen dieses Beobachters. In Zeiten erheblicher atmo-
sphärisch-optischer Störungen, wie im Winter 1883/84, ist sie auch bei hohem
Stande der Sonne als ein breiter rotbrauner Ring mit einem mittleren Radius
von 14—15° um die Sonne deutlich zu sehen, selbst ohne Abblendung der
direkten Sonnenstrahlen. Um den Ring auch bei schwacher Ausbildung zu er-
kennen, ist es notwendig, sich so aufzustellen, daß die Sonne durch das
Dach eines Hauses, einen Gebirgszug oder einen Waldrand verdeckt ist.
Er wird dann aber bei hohem Sonnenstande nur zu sehen sein, wenn
die Luft außerordentlich klar, der Himmel tiefblau ist, und zwar in
seinen schwächsten Stufen nur als zart rosafarbener Anflug. Man kann
seine Intensität ebenso wie die Durchsichtigkeit der Luft und die
Intensität des ersten Purpurlichtes nach einer dreistufigen Skala ab-
schätzen, wobei 0,5 als ganz zarte Spur des Ringes und 3,5 als deut-
liches Rotbraun aufzufassen ist. Es ist dabei festzuhalten, daß die
Stufen 2 bis 3,5 in Nordeuropa seit dem Jahre 1884 nicht wieder
aufgetreten sind, auch nicht nach dem Ausbruch der westindischen
Vulkane im Frühjahr 1902.
Erheblich häufiger, und vielleicht auch in Zeiten, in denen keine
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 313
weitverbreitete optische Störung in der Atmosphäre vorliegt, ist der
Bishopsche Ring bei niedrigem Sonnenstande oder kurz nach Untergang
und vor Aufgang der Sonne sichtbar. Er zeigt dann mehr schmutzig-
bräunliche Färbung, und er ist abends sichtbar, wie oben schon bemerkt
wurde, bis zu dem Zeitpunkte, wo sich das erste Purpurlicht zu ent-
wickeln pflegt.
Außer der Intensität des Ringes wird man die Lage seiner inten-
sivsten Stelle im Sonnenvertikal gleichzeitig mit der Höhe des Babinet-
schen Punktes, ferner auch den Zeitpunkt seines Sichtbarwerdens und
Verschwindens zu notieren haben.
Vor allem muß auch über sein Ausbleiben trotz günstiger Luft-
zustände, insbesondere bei hohem Sonnenstande, Bericht erstattet werden.')
7. Einrichtung der Hefte zum Eintragen der Beobachtungen
und Berechnungen.
Zur Aufbewahrung der rohen und verarbeiteten Beobachtungen
schlagen wir die Führung von drei verschiedenen Heften vor, und zwar
die eines eigentlichen Beobachtungsjournals, in das die rohen Beobach-
tungen eingetragen werden, die eines zweiten Heftes zur Eintragung der
für die einzelnen Beobachtungstage berechneten Sonnenhöhen und Abstände
der neutralen Punkte bezw. der Brückengrößen und die eines dritten Heftes
für die Zusammenstellung der den einzelnen Sonnenhöhen entsprechenden
Abstände und Brückengrößen aus allen Beobachtungsreihen eines Kalender-
jahres sowie für die Berechnung der Jahresmittel.
In das erste Heft wird an die Spitze jeder Beobachtungsreihe das
Datum gesetzt, dann folgt die Schätzung der Durchsichtigkeit der Luft
und der Sättigung der blauen Himmelsfarbe sowie eine genaue Cha-
rakteristik der Bewölkung. Sehr wünschenswert sind Angaben über die
Richtung und Stärke des Windes, über den Feuchtigkeitsgehalt der
') Näheres über das Hauptpurpurlicht und den Bishopschen Ring findet man in
dem klassischen Werke von J. Kießling: Untersuchungen über Dämmerungs-
erscheinungen, Hamburg und Leipzig 1888. Man sehe ferner: V. Bezold, Beob-
achtungen über die Dämmerung, Poggend. Ann. Bd. 123, S. 240—276. G. Hellmann,
Beobachtungen über die Dämmerung, Österr. Met. Zs. 1884, S. 162—175. J. M. Pernter,
Der Krakatauausbruch und seine Folgeerscheinungen, Met. Zs. 1889, S. 329—339, 409—418
und 447—466 (speziell über den Bishopschen Ring) sowie zur Theorie des Bishopschen
Ringes, Met. Zs. 1889, S. 401—409. Riggenbach, Beobachtungen über die Dämmerung,
Basel 1886. F. A. Forel, Couronne rougeätre du soleil, Bulletin de la Soeiete Vaudoise
des Sciences nat., III. Ser. Vol.XXT, S.4u.28. A. Miethe und E. Lehmann, wie 8.276
der Met. Zs. 1909 und Busch, Anleitg. z. Beob. d. Bishopschen Ringes und des ersten
Purpurlichtes der Abenddämmerung in den Mitteilungen der Vereinigung von Freunden
der Astronomie u. K. Physik 1909, S. 53—61.
314 Friedr. Busch und Uhr. Jensen.
Luft, über Temperatur und Luftdruck zur Zeit des Sonnenuntergan ges
bezw. bei Morgenbeobachtungen zur Zeit des Sonnenaufganges, oder aber
jedenfalls zu einer nicht weit davon abliegenden Zeit. Stationen, welche
mit Sonnenscheinautographen versehen sind, tun gut, auch Angaben über
die Sonnenscheindauer des Beobachtungstages zu machen.
Dann folgen in vertikalen Spalten die Notizen über die Beobachtungs-
zeit, über die gemessene Höhe der beiden neutralen Punkte sowie (in
der letzten, möglichst breiten Spalte) die zwischendurch gemachten
Bemerkungen über etwaige Änderung der Bewölkungsverhältnisse, die
(von der Polarisationsstärke abhängige) Intensität der Fransen, über den
Bishopschen Ring, die Dämmerungserscheinungen (vor allem Purpurlicht),
über Schneebedeckung des Erdbodens (was ja nicht zu vergessen ist) usw.
Die Zeit jeder Beobachtung wird vorläufig nach der Taschenuhr notiert,
wobei aber ein etwa vorhandener Uhrfehler ja vermerkt werden muß.
Schließlieh machen wir noch besonders darauf aufmerksam, daß es viel-
fach zur besseren Beurteilung des vorliegenden Beobachtungsmaterials von
größter Wichtigkeit sein kann, wenn auch die meteorologischen Verhält-
nisse (Stand bezw. Gang des Barometers, Bewölkungsverhältnisse usw.)
des der Beobachtung vorangehenden und nachfolgenden Tages möglichst
genau angegeben werden.
Aus dem Beobachtungsjournal werden dann die Messungsergebnisse
in das Heft für die Bereehnung der Abstände des Babinetschen Punktes
von der Sonne und des Aragoschen von der Gegensonne sowie der Größe
der neutralen Brücke für beide Punkte eingetragen. In diesem Heft
müßten übrigens die Zeitangaben bereits in Ortszeit umgewandelt sein.
Vorgesehen müßten außerdem sein: Rubriken für die Sonnenhöhe, für die
Abstände des Babinetschen Punktes vom Horizont sowie von der Sonne,
für die des Aragoschen Punktes vom Horizont sowie vom Gegen-
punkte der Sonne sowie für die Größe der neutralen Brücke für den
Aragoschen und Babinetschen Punkt. In einer besonderen (ersten) Spalte
würde man schließlich die Zeitgleichung (2) und Deklination (6) der Sonne
zur Zeit des Sonnenauf- bezw. -unterganges angeben. Die hier berech-
neten Werte der Abstände der neutralen Punkte von der Sonne bezw.
vom antisolaren Punkte und der Brückengrößen ergeben nun schließlich
für die einzelnen Intervalle der Sonnenhöhe die endgültigen, unter
Bezeichnung des betreffenden Beobachtungstages in das dritte Heft ein-
zutragenden Zahlen. In diesem kann man dann am Schluß des Kalender-
jahres für jede der entsprechenden Sonnenhöhen die Jahresmittel berechnen.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 315
Dritter Abschnitt.
Die Polarisationsgröße sowie einige mit den
Polarisationsmessungen in naher Beziehung
stehende Beobachtungen.
Nachdem wir zuerst in ziemlicher Ausführlichkeit die neutralen Punkte
behandelt haben, weil einerseits durch Verfoleung dieser besonders leicht
Störungen in der Atmosphäre erkannt werden können, und weil wir ander-
seits wohl mit Grund erwarten dürfen, daß sich wegen der relativen Ein-
fachheit und Billiekeit der hierzu erforderlichen Apparate besonders
viele Beobachter diesen Messungen zuwenden werden, gehen wir nunmehr
zu einer speziellen Erörterung der Polarisationsgröße über'). Dabei
möchten wir gleich bemerken, daß wir uns sehr stark der Hoffnung
hingeben, daß man endlich auch an einer größeren Anzahl von Ob-
servatorien, wo die Anschaffung von etwas teureren Apparaten kein
unübersteigliches Hindernis ist, damit beginnen möge, systematische
Messungen dieser Art in das Arbeitsprogramm aufzunehmen, und daß man
dieselben womöglich mit der dauernden Verfolgung der neutralen Punkte
"kombinieren möge. Es läge ja eigentlich kein zwingender Grund vor,
die hier gedachte Behandlung der Polarisationsgröße von der Behandlung
der neutralen Punkte zu trennen, da der Wert 0 in diesen Punkten nur
einen besonderen Fall der überhaupt möglichen Fälle darstellt. Ander-
seits aber dürfte sich doch hier, ganz abgesehen davon, daß uns die neu-
tralen Punkte momentan im Vordergrunde des Interesses zu stehen schienen,
eine Trennung wohl rechtfertigen.
Bei der Erörterung der Polarisationsgröße gedenken wir, zunächst
in möglichster Kürze die wesentlichen Prinzipien der seit der Ent-
deckung der atmosphärischen Polarisation von den Hauptbeobachtern
zur Messung benutzten Instrumente und das Maß der Polarisation zu be-
sprechen. Sodann möchten wir versuchen, die aus den verschiedenen Zeit-
perioden vorliegenden Messungen zu charakterisieren, um zum Schluß
eine Anleitung zum Beobachten zu geben.
Dabei werden wir aber nicht umhin können, nochmals auf die
') Es handelt sich, jedenfalls in ganz überwiegender Weise, um die Größe der
positiven Polarisation, da bei den bisherigen Untersuchungen die negative Polarisation
des Sonnenvertikals nur selten in Frage gekommen ist. Die Unterscheidung der positiven
und negativen Polarisation berührt selbstverständlich nicht die Beobachtungsmethode.
316 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Polarisationserscheinungen künstlicher trüber Medien zurückzukomm en
und zum andern, im Anschluß an die Anleitung zum Beobachten der
Polarisationsgröße, die Helligkeit des diffusen Tageslichtes sowie einige
andere Erscheinungen zu besprechen, welche in innigerem Zusammenhange
mit der Polarisation stehen.
I. Kurzer Überblick über die Apparate zur Bestimmung der
Polarisationsgröße.
Bei der ersten Gattung von Apparaten kommt es vor allem auf ein Mittel
an, das auffallende polarisierte Licht zu depolarisieren und die Depolarisation
zu erkennen. Aus der Art und Weise, wie diese Depolarisation erreicht
wird, kann man sodann in mehr oder weniger exakter Weise auf die Polari-
sationsgröße der einfallenden Strahlen schließen. Ein vorzügliches Mittel,
um partiell polarisiertes Licht zu depolarisieren, besteht in der Anwendung
eines sogenannten Glasplattensatzes (s. unsere allgemeine Übersicht, p. 26
und 27), das heißt eines in einem geeigneten Rahmen befindlichen Satzes
von mehr oder weniger zahlreichen, fest aufeinander liegenden, dünnen
(dlasplatten. Bei Anwendung der nämlichen Plattenzahl muß man dem Satze
je nach der Polarisationsgröße des auffallenden Lichtes eine verschiedene
Neigung zum Strahlenbündel geben, damit die rechtwinklig aufeinander
stehenden Komponenten des durchgelassenen Lichtes gleich groß sind,
und es ändert sich dieser Winkel, wenn man die Zahl der Platten
verändert. Da sich nun gleiche Quantitäten senkrecht zueinander pola-
risierten Lichtes wie natürliches, unpolarisiertes Licht verhalten, so kann
man diesen Zustand durch alle diejenigen Apparate feststellen, mit
denen man unpolarisiertes von polarisiertem Lichte unterscheiden kann.
Demnach würde man ein jedes Polariskop hierzu benutzen können und
würde so verfahren, daß man den geeignet 'am Apparat angebrachten Glas-
plattensatz so lange dreht, bis das am Okularende des Apparates angebrachte
Polariskop keine Farben mehr erkennen läßt. Dabei ist es selbstverständlich,
daß man ein möglichst empfindliches Polariskop anwenden muß. Von allen
übrigen Apparatenteilen, welche etwa zur Bestimmung der Höhe oder des
Azimuts des anvisierten Himmelspunktes usw. dienen, können wir hier
absehen.
Apparate der angegebenen Art wurden vor allem in der ersten Zeit
nach der Entdeckung der atmosphärischen Polarisation zu ihrem Studium
benutzt, und es beruhen auf diesen Prinzipien die von Arago selber,
von Brewster und von Rubenson angewandten Instrumente, ebenso ein
von Connel Konstruierter Apparat; des ferneren sei auch darauf hinge-
wiesen, dab vereinzelte Messungen der Polarisationsgröße, welche von
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 317
Wild!) und in späterer Zeit von Boas”) vorgenommen wurden, mit nach
diesen Prinzipien konstruierten Apparaten ausgeführt sind. Allerdings
dürften wohl Instrumente dieser Art heutzutage im allgemeinen nur noch
historisches Interesse beanspruchen. Wir wollen dabei aber nicht un-
erwähnt lassen, daß noch im Jahre 1875 H. Wild einen mit einem Glasplatten-
satz versehenen, mit dem Namen Uranophotometer bezeichneten Apparat
beschrieben hat, welcher es gestattete, sowohl die Polarisationsgröße, als
auch die Farbennuance und die Helligkeit einer Stelle des blauen Himmels
zu bestimmen. Es handelte sich um ein ziemlich kompliziertes, jedoch
mit äußerster Sorgfalt und größtem Scharfsinn durchdachtes Instrument.
Die Ummontierungen, welche nötig waren, um von einer Einstellung
auf die andere überzugehen, waren wenig zeitraubend, und Wild gibt
an, daß sich bei einiger Übung eine vollständige Messung für eine Himmels-
stelle in zehn Minuten ausführen ließ.?) Um nun aus den Stellungen des
Glasplattensatzes, bei denen durch das Polariskop keine Farben mehr zu
erkennen sind, ein Maß für die Polarisationsgröße des auffallenden Lichtes
zu gewinnen, sind zwei verschiedene Wege denkbar. Einmal könnte
man versuchen, bei möglichst genauer Berücksichtigung der optischen
Eigenschaften der einzelnen Teile des Apparates rein theoretisch den ge-
suchten Wert aus den Angaben des Instrumentes herzuleiten. Zum
andern könnte man den Apparat vor den Messungen derart eichen, daß man
Licht von verschiedener, genau bestimmbarer Polarisationsgröße auffallen
läßt und jedesmal festlegt, welche Neigung man dem Satz bei gegebener
Plattenzahl geben muß, um Depolarisation zu erhalten. Dann könnte man
bei den eigentlichen Messungen der bei der Eichung gewonnenen Tabelle,
der jeweiligen Neigung des Satzes sowie der Zahl der Platten entsprechend,
ohne weiteres, beziehungsweise durch Interpolieren, den gesuchten Wert
entnehmen. Selbstverständlich dürfte man sich bei dauernden Messungen
nicht mit einer einmaligen Eichung begnügen, sondern müßte dieselbe in
geeigneten Zeitintervallen: wiederholen, da wohl gerade die optischen Eigen-
schaften von Apparaten sich im Laufe längerer Zeit relativ leicht durch
Einstaubung oder chemische Einwirkung irgendwelcher Art ändern. Da
man sich bei der Eichung relativ frei von der Theorie macht und
vor allem frei von bestimmten, leicht irreführenden Annahmen über die
physikalische Beschaffenheit der einzelnen Teile eines Apparates, dürfte
dieser letzte Weg wohl gerade bei einem so komplizierten Apparat wie
1) H. Wild, Über ein neues Photometer und Polarimeter nebst einigen damit an-
gestellten Beobachtungen, Poggend. Annal., Bd. 9 (1856), p. 235—274.
?) F. Boas, Beiträge zur Erkenntnis der Farbe des Wassers, Kieler Dissertation 1881.
®) Der Apparat wurde der Kaiserl. Akad. d. Wissensch. in St. Petersburg am 2. Dez.
1875 vorgelegt. — Siehe dazu: H. Wild, Photometrische Bestimmung des diffusen Himmels-
lichtes, Bulletin de l’Academie Imperiale des Sciences de St. P&tersbourg, tome 21 (1876),
Spalte 312— 350.
318 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
dem Glasplattensatz der gangbarste sein, falls man nur die nötigen Vor-
sichtsmaßregeln anwendet und vor allem dafür sorgt, daß bei der Eichung
und der Messung genügend übereinstimmende Versuchsbedingungen walten.
Man übersieht wohl ohne weiteres die Schwierigkeit, welche gerade bei
dieser Art von Apparaten mit der Anwendung der anderen Methode ver-
knüpft ist, wenn man bedenkt, daß ein solcher Glasplattensatz vielfach aus
einer recht großen Zahl von Platten besteht, und daß es wohl keineswegs
ganz leicht ist, die einzelnen Platten völlig gleichmäßig herzustellen, so
daß man durchaus nicht ohne weiteres die bei der Untersuchung einer
Platte gefundenen optischen Eigenschaften auf die andern übertragen darf').
So muß man unter anderm wohl beachten, daß die notwendige Voraus-
setzung für die Berechnung der Intensitäten der reflektierten und gebroche-
nen Strahlen aus dem Brechungsindex der Glassorte nach den Fresnel-
Neumannschen Formeln vollständige Politur der Platten ist, und daß man
ferner bei der Rechnung die Annahme machen muß, daß die einzelnen
Platten völlig parallel untereinander sind, eine Annahme, deren strikte
Gültigkeit im einzelnen Falle genauer zu untersuchen wäre, falls eine
genaue Rechnung nicht illusorisch sein soll. Und sodann dürfen, vor allem
bei großer Plattenzahl, die Brechungen nicht vernachlässigt werden, welche
die zweimal, dreimal usw. reflektierten Strahlen erleiden, weil hiervon die
in der Einfallsebene polarisierte Lichtkomponente in ganz anderem Grade
betroften wird als die dazu senkrechte. Gerade hierauf weist Me. Connel
gelegentlich einer Kritik der Brewsterschen und der Rubensonschen
Messungen mit besonderem Nachdruck hin.
Arago selber hatte bei der Vornahme der ersten Messungen auf rein
rechnerischem Wege die gesuchten Werte aus den Angaben seines In-
strumentes abgeleitet, er ging jedoch bald zur Eichung des Apparates über.
Wenn wir nun auch hier nicht näher auf die einzelnen Instrumente eingehen
wollen, so dürfte doch eine kurze Besprechung «dieses Apparates an der
Hand einer Aragos Werken?) entnommenen Abbildung —- siehe Fig. 46 —
willkommen sein, da es wohl der erste war, welcher zu atmosphärischen
Polarisationsbestimmungen diente?). An dem Ende a des Rohres «ao ist ein
') Vorbildlich in dieser Beziehung war H. Wild, der bei dem Arbeiten mit seinem,
mit einem 20 Platten enthaltenden Glasplattensatz versehenen Photometer bezw. Polari-
meter (s. H. Wild, Über ein neues Photometer und Polarimeter nebst einigen damit an-
gestellten Beobachtungen, Poggend. Annal., 4. Reihe, Bd. 9, 1856, p. 235—274), obgleich
die Platten aus einer Tafel herausgeschnitten waren, für jede derselben den Brechungs-
index bestimmte, um daraus das Mittel zu nehmen.
?) Fr. Arago, Oeuvres completes (publiees par M. J. A. Barral), tome 10 (Leipzig 1858),
p. 270 ZA.
’) Arago hat sein Glasplattenpolarimeter der Pariser Akademie der Wissenschaften
erst im Jahre 1845 vorgelegt, obgleich er jedenfalls schon im Jahre 1814 Messungen mit
demselben vorgenommen hatte.
atsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 319
Stab befestigt, welcher einen geteilten Halbkreis mn trägt. Die Verbindungs-
linie des Halbkreismittelpunktes und des Nullpunktes der Teilung laufen der
Rohrachse parallel. Um den Nullpunkt des Teilkreises dreht sich eine,
den Glasplattensatz p g tragende Alhidade mit dem auf dem Teilkreise
spielenden Nonius v. So kann man in exakter Weise den Winkel ablesen,
welchen die Ebene des Glasplattensatzes mit der Rohrachse bezw. mit dem
bei u in das Rohr eintretenden Liehtbündel bildet, und erhält so den
Inzidenzwinkel. Der Tuchstreifen rs hat den Zweck, zu verhindern, dab
dureh den Glasplattensatz Lichtstrahlen in das Rohr ao hineinreflektiert
werden. Am Ende des Rohres ist schließlich das Polariskop angebracht).
Die wesentlichsten Teile dieses Polariskops sind eine ungefähr 5 mm
') S. Arago, Oeuvres completes, vol. 10, p. 163—164, 177—178 und 189.
320 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
dicke Bergkristallplatte, welche senkrecht zu den Kanten des hexagonalen
Prismas geschnitten ist, und ein als Okular dienendes, doppeltbrechendes _
achromatisches Bergkristallprisma. Das Licht dringt durch eine kreis-
förmige Öffnung in die Kristallplatte, und das Prisma liefert ein Doppel-
bild des kreisförmigen Feldes, und zwar in der Weise, daß sich die beiden
Kreise zum Teil überdecken. Tritt unpolarisiertes, weißes Licht in das
Gesichtsfeld ein, so sind die Kreise ungefärbt. Ist dagegen das einfallende
Lieht vollständig polarisiert, so sind die sich nicht überdeckenden Teile des
Gesichtsfeldes lebhaft komplementär gefärbt!). Beim Einfall teilweise pola-
risierten Lichtes richtet sich die Sättigung der Farbe nach der Polarisations-
größe. Der Apparat ist auf einem bequem transportablen Stativ montiert,
und, wie man sieht, kann das Rohr in eine beliebige Lage zum Horizont
gebracht werden, und es kann der Winkel, welchen die Rohrachse mit
dem Horizont bildet, mittels des Teilkreises de und der Röhrenlibelle fg
bestimmt werden.
Zur Eichung eines solchen Apparates können verschiedene Methoden
benutzt werden, bei denen allen es darauf ankommt, von den auf den
Glasplattensatz auffallenden Strahlen das Verhältnis des polarisierten zum
nichtpolarisierten Anteil bezw. das Verhältnis der beiden senkrecht auf-
einander stehenden Komponenten möglichst genau zu kennen. Arago eichte
seinen Apparat folgendermaßen?): Er ließ einen linear polarisierten Licht-
strahl?), bevor er auf den Plattensatz fiel, durch eine parallel zur Achse
geschnittene, dünne Bergkristallplatte gehen?). Das aus der letzteren aus-
tretende Licht ist nun im allgemeinen teilweise polarisiert, und man hat
nur nötig, den Winkel zwischen der Ebene des Kristallhauptschnittes und
der Polarisationsebene des einfallenden Lichtes zu kennen, um nach dem
sogenannten Kosinusquadratgesetze’) das Verhältnis des polarisierten
Anteils zu dem neutralen Lichte zu bestimmen, welches sich in dem
ganzen, gleich der Einheit gesetzten Liehtbündel befindet.
Unter Zugrundelegung des Kosinusquadratgesetzes und unter der
') Wo sich die Felder überdecken, entsteht natürlich Weiß.
?) Auf p. 274 und 275 des 10. Bandes seiner Werke sind solche Eichungstabellen für
1—10 Glasplatten angegeben; Arago erwähnt dabei, daß Laugier auf sein Ersuchen die
Eichung weiter durchgeführt hat.
®) Das Nicolsche Prisma stand erst seit 1828 zur Verfügung.
*) Es kann natürlich jede Platte eines doppeltbrechenden Kristalls von geeigneter
Dicke benutzt werden. Der Kristall darf aber nicht so diek sein, daß eine wirkliche
Trennung der beiden Strahlen eintritt. Zu bedenken ist noch, daß durch die Doppel-
brechung wegen der verschiedenen Fortpflanzungsgeschwindigkeiten der beiden Strahlen
eine Phasendifferenz entsteht. Dies tut aber den Überlegungen keinen Eintrag, da man
das durch die Phasendifferenz verursachte, elliptisch polarisierte Licht durch teilweise
polarisiertes ersetzt denken kann.
) Siehe p. 168—183 in vol. 10 von Aragos Werken.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 391
weiteren Annahme, daß die Kristallplatte zu dünn sei, um die hindurch-
gelassenen Strahlen voneinander zu trennen, operierte Arago folgender-
maßen: Die Gesamtintensität des hindurchgelassenen Lichtes sei F, und
es bilde die Polarisationsebene des einfallenden linear polarisierten Lichtes
mit dem Hauptschnitt der doppeltbrechenden Kristallplatte den Winkel «').
Die Intensität des durchgelassenen ordentlichen Strahls muß dann F cos? e,
die des außerordentlichen Strahls F— F cos’« = Fsin?’« sein.
Nun sind der ordentliche und der außerordentliche Strahl senkrecht
aufeinander polarisiert, und man kann den schwächeren Strahl zusammen
mit der entsprechenden Quantität des senkrecht dazu stehenden stärkeren
Strahls als natürliches, unpolarisiertes Licht betrachten. Es wäre also
>Fsin®« an natürlichem Lieht durch die Platte hindurchgegangen, und
es bliebe für den polarisierten Anteil #— 2F sin®« = F (cos? « + sin’ e@)
Forfsin’a — Feos®«— Fsin’a —=Fcos2«. Demnach ist das Ver-
hältnis der Intensität des polarisierten Anteils zu der des (resamt-
e F cos2«
lichtes = ray ren
Durch Drehung des Kristalls hatte Arago es demnach in der Hand,
in genau angebbarer Weise das Polarisationsverhältnis zu ändern, und er
eichte nun seinen Apparat, indem er bestimmte, welche Neigung er —
eine bestimmte Plattenzahl vorausgesetzt — seinem Plattensatz geben
mußte, um bei bestimmtem <{ « für das durch die Kristallplatte hindurch-
gegangene Licht Depolarisation zu erhalten. Erhielt er dann später,
wenn er Licht mit unbekannten polarimetrischen Eigenschaften unter-
suchte, für die Depolarisation den nämlichen Neigungswinkel, so durfte
er annehmen, daß er auch hier das dem I « entsprechende Polarisations-
verhältnis hatte.
Wir lassen auf folgender Seite einen Teil der von Arago angegebenen
Eichungstabelle?) folgen.
Wie man sieht, ergibt die Summe der beiden Lichtanteile immer 1°).
Folgendes Beispiel möge nun zeigen, wie aus der Eichungstabelle die
Polarisationsverhältnisse des untersuchten Himmelslichtes festzustellen
waren. Um 3" 36” am 14. Mai 1815 trat bei Verwendung von 4 Glas-
platten die Depolarisation unter einem Neigungswinkel von 28° 30’ ein.
Man ersieht aus der Tabelle, daß bei Verwendung von 4 Platten einer
— 6082e.
!) Um Verwechslungen mit der meist mit i bezeichneten Lichtintensität zu ver-
meiden, nennen wir den von Arago mit i bezeichneten Winkel lieber «a.
2) Arago gibt an, daß er die Tabelle durch Laugier genauer ausführen ließ.
3) Das ergibt sich ja auch ohne weiteres daraus, daß cos 2@ + 2sin?a = cos’a —
sin?a + 2sin?« — cos?a+ sin?a ist. Wenn sich die cos 2a entsprechenden Werte um
eine gewisse Zahl verkleinern, müssen sich die entsprechenden Werte für 2 sin’a um die
nämliche Zahl vergrößern und umgekehrt.
21
399 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Winkel o.. .. . - a2... wen 25° 0”. 127° 30”|.30°0° |3230)
Polarisierter Lichtantell im Bündel
IR EEE A SERTRE 0.643 | 0.574 1-0.5007.07423
Neutrales im Bündel enthaltenes Licht
— dsinta- a A 0.357 | 0.426 | 0.500 | 0.577
Neigungswinkel des Glasplattensatzes,
Zahl der Glasplatten rs SR
unter denen Depolarisation eintritt
19.2: EL — _ — —
DE — — — sr EHRE
BR — — 134°20’|38 6
A 12 EEE BOHREN 26° 38'|33° 45’ |37 25 |41 52
N ee 36 25 139 51 144 24 46 3
Re et 35 26 142 20 146 50 |49 8
TE ER ER E 45 58 |47 6 |48 55 |50 51
8 DR ee 40 35 44 34 47 25 50 40
Gr re NEBEN ER N 47 6150 4 52 42 55 16
10,5%... rer ER 44 32 Al 29 50 3 52 42
Differenz der Neigungswinkel von 7° 7’!) oder von 427’ eine Differenz der
Werte der polarisierten Lichtanteile von 0,069?) entspricht, und es ist daraus
zu berechnen, welche Verminderung des polarisierten Lichtanteils (cos 2«)
einer Winkelvergrößerung von 1° 52’ oder von 112’ entspricht. Da
112’ ungefähr der 3,8. Teil von 427’ ist, so müßte 0,643 um den 3,8. Teil’
von 0,069 vermindert werden, und man erhielte cos2«& = 0,643 — 0,018 =
0,625. Der Wert für 2 sin’« würde demnach = 0,357 + 0,018 = 0,375
sein. Die Wahrscheinlichkeit, mittels einer solchen Eichungstabelle genaue
Polarisationswerte zu erhalten, wird naturgemäß um so größer werden,
je geringer die Weite der Grenzen ist, zwischen denen man interpolieren
muß. Daher wird man bei der Eichung das « in möglichst kleinen
Zwischenstufen variieren.
Übrigens schlug Arago auch noch vor, das Polarimeter dadurch zu
eichen, daß man mittels einer Linse auf den Glasplattensatz unpolarisiertes
Licht fallen läßt, welches in geeigneter Weise so durch zwei aus
dem nämlichen Kristall herausgeschnittene Turmalinplatten hindurch-
) 33° 45' — 96° 38".
2) 0,643 — 0,574.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 323
gegangen ist, daß man zwei Bündel rechtwinklig zueinander polarisierten
Lichtes erhält. Nun kann man in beliebiger, meßbarer Weise das Verhältnis
der beiden rechtwinklig zueinander stehenden Komponenten verändern,
indem man einen bestimmten Teil der Fläche des einen oder anderen
Turmalins bedeckt, wobei das Verhältnis der beiden Intensitäten einfach
gleich dem Verhältnis der Querschnitte der beiden Bündel ist. Angewandt
scheint Arago diese Methode nicht zu haben. In ähnlicher Weise schlug
übrigens in neuerer Zeit Bosanquet vor, Glasplattenpolarimeter dadurch
zu eichen, daß man durch zwei geeignet angebrachte Öffnungen gegangenes,
linear polarisiertes und neutrales Licht in beliebig zu variierender, be-
kannter Weise übereinander lagere'). Diese Methode scheint aber nicht
angewandt worden zu sein. Ebenso scheint es einer von Kapt. Abney vor-
geschlagenen Methode ergangen zu sein. Nach dieser sollen Einstellungen
des Glasplattenpolarimeters Hand in Hand gehen mit der Bestimmung
der chemischen Intensität der beiden rechtwinklig zueinander stehenden
Komponenten solcher vom blauen Himmel stammenden Lichtstrahlen.
Dabei ist gedacht, daß empfindliches photographisches Papier dem Lichte
einer sehr beschränkten Stelle des Himmels für eine genau abgemessene
Zeit ausgesetzt wird, indem durch passende Vorschaltung eines Nicols
dafür gesorgt wird, daß einmal die Hauptkomponente des Himmelslichtes
wirkt und sodann die dazu rechtwinklige. Aus dem Verhältnis der Papier-
schwärzungen sollen dann offenbar Schlüsse auf das Verhältnis der beiden
Komponenten zueinander gezogen werden?), und die gleichzeitigen Ab-
lesungen der Neigung des Plattensatzes beim optischen Polarimeter werden
als zu dem aus den photographischen Aufnahmen entnommenen Wert der
Polarisationsgröße zugehörig markiert. Es ist sicher-an sich ein glücklicher
Gedanke, die nämliche Lichtsorte, welche man genauer untersuchen will,
zur Eichung seines Apparates zu benutzen, und es ist die ganze Idee so
originell, daß wir sie dem geneigten Leser nicht vorenthalten wollten.
Anderseits aber stößt die Ausführung offenbar auf recht große Schwierig-
keiten, ja vermutlich auf noch viel größere, als sie Me. Connel gelegentlich
der Besprechung der Eichung seines Apparates andeutete. Man muß
nämlich wohl beachten, daß die Anwendung dieser Methode nur unter
der Voraussetzung denkbar ist, daß die Polarisationsgröße für alle Farben
bezw. Wellenlängen die nämliche ist. Wie sehr man sich aber in dieser
Richtung vorsehen muß, kann man aus den bereits in ‘der allgemeinen
') S. Philosoph. Magazine, 4. Ser., vol. 50 (1875), p. 520.
2) Es ist in der astronomischen Literatur (beispielsweise in den Astronomischen
Nachrichten) über zahlreiche Untersuchungen der Schwärzungsgröße photographischer
Platten in ihrer Beziehung zur Intensität des auffallenden Lichtes berichtet. Allerdings
hat man hier vorzugsweise mit punktförmigen Lichtquellen zu tun, doch ist auch schon
extrafokal photographiert worden.
21*
394 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Übersicht erörterten Untersuchungen von Pernter und Nichols ersehen.
Es ließe sich demnach wohl die Methode höchstens bei Benutzung eines
blauen bezw. blauvioletten Filters anwenden, welches nur die wesentlich
in Betracht kommenden, photographisch wirksamen Strahlen durchläßt.
Eine andere Schwierigkeit ersieht Bosanquet in der großen, für die Exposi-
tion des lichtempfindlichen Papiers nötigen Zeit, und wir möchten auch
darauf hinweisen, daß man bei der Beurteilung der von den beiden Licht-
komponenten herrührenden photographischen Wirkungen diese keineswegs
ohne weiteres der Zeit direkt proportional setzen darf.
Die von Arago benutzte Eichungsmethode ist in ihren Prinzipien
später von Rubenson und in neuerer Zeit auch von Connel benutzt worden.
Vor allem legte Rubenson, dessen umfangreiche Messungen für uns von
ganz besonderer Wichtigkeit sind, das allergrößte Gewicht auf eine feine
‚Justierung seines, nach seinen Angaben von Duboseq in Paris konstruierten
Apparates, und die genauere Ausführung der Eichungen ist, ebenso wie
das ganze Instrument, mit erstaunlicher Sorgfalt bis ins kleinste hinein
durchdacht. Die Vorrichtung zum Eichen besteht im wesentlichen aus
einer relativ dicken, parallel zur optischen Achse geschnittenen Quarzplatte
und einem Nicol, welche in folgender Weise am einen Ende des den Kasten
mit dem Glasplattensatz enthaltenden Haupttubus angebracht sind. Die
dem Plattensatz am nächsten befindliche Quarzplatte ist in einem in den
Haupttubus hineinragenden und in ihm drehbaren Rohr angebracht, welches
eine Metallplatte trägt, die oben mit einer Kreisteilung versehen ist.
Darüber trägt ein anderer, beweelicher, den Nicol enthaltender Tubus
einen an der Kreisteilung entlang gleitenden Nonius, dessen Stellung zur
Kreisteilung die Stellung des Nicols zum Quarz bestimmt. Die untere
Seite der erwähnten Metallplatte ist mit einer der ersten ähnlichen
Kreisteilung versehen, und dieser‘ entspricht ein fester, am Haupttubus
angebrachter Nonius, so daß auch die Lage des Quarzes zum Glasplatten-
satz genau festzulegen war. Zum Erkennen der Depolarisation kamen
für Rubenson zwei Polariskope in Betracht, und zwar das Aragosche und
das Savartsche. Wenn nun auch das Aragosche Polariskop dem nach
Savart benannten an Empfindlichkeit fraglos überlegen ist, so hatte es
doch auch, wie Rubenson eingehend auseinandersetzt, seine Nachteile bei
der Analyse des Himmelslichtes, und er entschloß sich dazu, sich bei den
eigentlichen Beobachtungen des Savartschen und bei der Eichung seines
Apparates des Aragoschen Instruments zu bedienen. Damit beim Eichen
nur vollständig polarisierte Strahlen auf die Quarzplatte fielen, durfte er
nur die zentral durch den Nicol gegangenen benutzen, und er brachte
daher ein Diaphragma zwischen Nicol und Quarzplatte an') und über-
') Selbstverständlich erschwerte die hierdurch bedingte Lichtverminderung die
Eichung.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 395
zeugte sich nach Wegnahme der vorderen Quarzplatte sowie der zum
Polariskop gehörigen, hinteren Quarzplattenkombination davon, daß das
durch die beiden gekreuzten Nicols betrachtete direkte Sonnenlicht beinahe
vollständig verschwunden war. Außerdem brachte er während der Eichung,
welche übrigens aus naheliegenden Gründen auch mittels des vom heiteren
Himmel stammenden Lichtes vorgenommen wurde, ein innen geschwärztes
Rohr vor dem vorderen Nicol an, um die Lichtreflexion an den Nicolflächen
nach Möglichkeit zu vermeiden. Genaueres über die ‚Justierung bezw.
Eichung sowie über die Vornahme der eigentlichen Beobachtungen, über
die bewunderungswürdige Durcharbeitung der ganzen Methode zu bringen,
würde hier zu weit führen, und wir müssen den geneigten Leser auf die
Rubensonsche Schrift!) verweisen. Nur auf eins wollen wir bei der
Wichtigkeit der Rubensonschen Beobachtungen nicht unterlassen hin-
zuweisen, und zwar auf eine mögliche Fehlerquelle, die Rubenson gar
nicht zum Bewußtsein gekommen zu sein scheint, und auf welche unseres
Wissens Connel zuerst aufmerksam gemacht hat. Diese besteht nämlich
darin, daß er bei der Eichung nur ein eng begrenztes Lichtbündel —
Beschränkung durch den Nicol selber und weitere Beschränkung durch
Anbringung einer Blende zwischen Nicol und Quarzplatte — benutzte,
wogegen das Licht bei der eigentlichen .Messung durch eine relativ große
Öffnung auf den Glasplattensatz fiel. So könnte wohl die Einwirkung
von störendem, durch die Glasplatte gehendem Reflexlicht die Messungen
in den zwei Fällen verschieden beeinflussen, und es ist dies sicher ein Punkt,
der eine genauere Untersuchung von seiten Rubensons erfordert hätte. Es
darf allerdings nicht verschwiegen werden, daß Rubenson sich beunruhigt
fühlte durch eine gewisse Unsymmetrie der aus zwei einander entsprechenden
(Drehung nach links bezw. nach rechts) Neigungen des Glasplattensatzes
berechneten Werte, ohne jedoch imstande zu sein, den wahrscheinlichen
Grund hierfür zu finden.
Da er nun bei den ersten Messungen nur die eine Lage des Glas-
plattensatzes?) für die Gewinnung der Polarisationswerte benutzt hatte,
so weist er (p. 56) auf die Unsicherheit der ersten Beobachtungen hin.
Sobald er aber die Unsymmetrie erkannt hatte, beobachtete er hinfort nur
noch, indem er jedesmal die Neutralisation des einfallenden Lichtes für
beide Stellungen des Glasplattensatzes vornahm. Die Eichung geschah
darauf für alle 5 Grade der Winkel des Glasplattensatzes zwischen + 30°
und + 55°, da zwischen diesen Werten die für die Beobachtungen in Frage
1) Es wurde leider bei der allgemeinen Übersicht (p. 71) versehentlich unterlassen,
zu bemerken, daß das 1864 bei Ü. A. Leffler in Upsala erschienene Werk ein Auszug aus
den „Actes de la Soc. Royale des Sciences d’Upsal, 3. Ser., t. 5 war.
2) Diese Lage wurde bezeichnet durch g, d.h. durch den Winkel zwischen der
Nullstellung und der zur Depolarisation nötigen Lage.
2396 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
kommenden Winkel lagen. Diese Eichungen wurden für eine gewisse
Zeitspanne, innerhalb derer die zu einer bestimmten Gruppe gehörigen
Beobachtungen lagen, zu wiederholten Malen vorgenommen, und für die
Berechnung der Polarisationswerte benutzte Rubenson die Mittelwerte der
bei den verschiedenen Eichungen gewonnenen Zahlen'), wodurch allerdings
eine erheblich größere Genauigkeit der Beobachtungen erzielt zu sein scheint.
Connel ist freilich der Ansicht, daß die Rubensonschen Werte um ein
nicht Unbeträchtliches verändert werden müssen, und zwar führt er bei
Zugrundelegung einer von Stokes angegebenen Formel für einen Satz mit
bekannter Plattenzahl und gegebenen Einfalls- und Brechungswinkeln
diese Untersuchungen unter der Annahme durch, daß der Rubensonsche
Plattensatz 20 Platten hatte, und daß der Brechungsindex des für die
Platten benutzten Glases 1,52 war. Das eine ist richtig, aber für das
andere haben auch wir bei einer, allerdings flüchtigen Durchsicht des
Rubensonschen Werkes keinen Anhaltspunkt finden können. Der Kern-
punkt der Connelschen Ausführungen scheint aber darin zu liegen, daß
er zeigt, wie sich die polarisierende Wirkung eines Glasplattensatzes in
äußerst geringem Grade mit dem Brechungsindex ändert, so daß auch bei
einem etwas anderen Werte des Brechungsindex die an den Rubensonschen
Zahlen zur Erlangung absoluter Werte anzubringenden Korrekturen von
ähnlicher Größe sein würden. Dem sei nun aber, wie ihm wolle, es würden
unter allen Umständen die allgemeinen Schlüsse, welche Rubenson aus
seinen Beobachtungen zieht, keiner Änderung bedürfen — was auch
Connel keineswegs bezweifelt —, und das um so weniger, als sie im wesent-
lichen einer großen, 66 Beobachtungsreihen umfassenden Gruppe entnommen
sind, innerhalb welcher keinerlei Störung der Lage des Glasplattensatzes fiel.
Nachdem wir uns absichtlich relativ lange mit dem von Rubenson
benutzten Instrument beschäftigt haben, sollen in Kürze die Brewsterschen
Apparate besprochen werden. Brewster bediente sich, soweit es scheint, zur
sewinnung der gesuchten Polarisationswerte niemals einer besonderen
Eichung mittels Lichtes, welches durch einen besonderen optischen Appa-
rat in bestimmter Weise in seinen polarimetrischen Eigenschaften abge-
ändert werden konnte. Wenigstens haben wir darüber aus seinen uns vor-
liegenden Schriften nichts erfahren können. Demnach hätte er jedenfalls im
allgemeinen bei den atmosphärischen Polarisationsbeobachtungen die ersten
Werte aus den Angaben seiner Instrumente berechnet, um letztere dann
mittels dieser Zahlen zu graduieren. Als Basis für diese Rechnungen diente
die Neigung, beziehungsweise die Zahl der Platten. Er erwähnt übrigens?)
!) Rubenson weist auf p. 55 darauf hin, daß die notwendige Bedingung dafür, daß
die zu einer Gruppe gehörigen Werte untereinander verglichen werden konnten, darin
bestand, daß die Glasplattensäule während dieser Zeit nicht gestört wurde.
?) Phil. Mag., 4. Ser., vol. 30 (1865), p. 171.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 397
auch ein eigenartiges Beobachtungsverfahren, welches auf einer Beziehung
seines Polarisationsmaßes zur Lage der Verschwindungsstelle der Fransen
des Savartschen Polariskops im Gesichtsfelde (innerhalb des Sonnenvertikals)
beruht, derart gedacht, daß er nach einiger Übung imstande gewesen sein
will, ohne Zuhilfenahme einer Skala, direkt mit dem Auge die Lage dieser
Verschwindungsstelle genau genug abzuschätzen, um daraus den gesuchten
Polarisationswert zu entnehmen. Die Knappheit der diesbezüglichen Dar-
stellung macht es einem etwas schwer, hierüber ganz klare Vorstellungen
zu gewinnen, und es hat wenig Zweck, näher darauf einzugehen. So
wollen wir an dieser Stelle mit Brewster schließen, indem wir bei Be-
sprechung des Polarisationsmaßes sowieso auf seine Berechnungsmethode
zurückkommen müssen. Mit dem Wildschen Apparat, so ausgezeichnet er
auch war, brauchen wir uns nicht zu beschäftigen, und zwar um so
weniger, als mit ihm nur eine äußerst beschränkte Zahl von Polarisations-
messungen angestellt wurde.
Indem wir nun zur zweiten Gruppe der zur Bestimmung der atmo-
sphärischen Polarisationsgröße benutzten Apparate übergehen, bemerken
wir gleich, daß wir diese hier möglichst kurz abzutun gedenken, da
wir einen Typus dieser Instrumente bei der Anleitung zum Beobachten
besonders genau vorführen werden. Unter dieser Gruppe wollen wir
diejenigen Apparate zusammenfassen, bei denen nicht mittels der be-
kannteren Polariskope auf das Verschwinden der Farbe eingestellt wird,
sondern bei denen die Messung im wesentlichen auf die Vergleichung
von Helligkeiten hinausläuft.‘) Von diesen Apparaten dürften uns wohl
das Pickeringsche, das Cornusche und das Webersche Polarimeter "am
meisten interessieren, weil unseres Wissens mit diesen die meisten
Messungen ausgeführt wurden. Pickering beschrieb sein Doppelbild-
polarimeter bereits im Jahre 1873,?) jedoch wurde es später in sehr
wesentlicher Weise geändert.’) Bei dem zuerst angegebenen Instrument
trägt ein einen Fuß‘) langes Messingrohr am einen Ende ein Doppelbild-
prisma, am andern Ende ist ein rechteckiges Diaphragma von einer
solchen Weite angebracht, daß die durch das vordere Prisma hervor-
gebrachten Abbildungen, wie beim Aragoschen Polariskop, nicht übereinander
greifen, sondern sich gerade berühren. Vor dem Prisma ist nun als
Analysator ein Nicol angebracht, der beliebig um die Achse des Rohres
') Wie wir hernach sehen werden, nähert sich allerdings bei der verbesserten Form
des ursprünglichen Pickeringschen Photometers die Beobachtungsmethode sehr der bei den
Glasplattenpolarimetern angewandten.
2) Siehe E. ©. Pickering, Applications of Fresnels Formula for the Refleetion of Light.
3) E. ©. Pickering, A new forın of polarimeter, Proceed. of the American Acad. IX, 1
(1885), p. 294—302.
*) Der amerikanische Fuß hat 304,81 mm (der englische 304,79 mm).
398 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
gedreht werden kann, und dessen Stellung zum Prisma durch einen auf
einer Kreisteilung spielenden Zeiger genau angebbar ist. Denkt man sich
nun zunächst den Nicol entfernt, so würden beim Auffallen von unpolari-
siertem Licht die beiden rechteckigen Felder gleich hell erscheinen.
Bringt man unter gleichen Umständen den Nicol wieder an und dreht
ihn um seine Achse, so wird sich die Helligkeit der Bilder entsprechend
ändern. Stimmt die eine Schwingungsrichtung des doppeltbrechenden Prismas
mit der des Nicols überein, so erreicht das eine Feld die größte Hellig-
keit, und das andere verschwindet; bei Weiterdrehung des Nicols um 90°
kehrt sich dies Verhältnis um. Wendet man nun teilweise polarisiertes
Licht an, so wird das eine Bild im allgemeinen heller sein als das andere,
jedoch kann man bei Drehung des Nicols stets einige Lagen finden,
in denen die beiden Gesichtsfelder gleich hell erscheinen. Aus den ent-
sprechenden Winkeln berechnet sich dann die Polarisationsgröße. Von
Rechts wegen muß der Apparat so stehen, daß Hauptschnitt des Prismas
und Hauptazimut des einfallenden Lichtes zusammenfallen. Man schaltet
aber nach Pickering den durch eine eventuell falsche Orientierung des
Apparates hervorgebrachten Fehler genügend aus, wenn man die Messung
in vier zueinander senkrechten Stellungen des Hauptschnittes ausführt und
aus diesen vier Einstellungen auf gleiche Helligkeit das Mittel nimmt.
Nehmen wir nun einmal an, daß die Hauptpolarisationsebene des
einfallenden Lichtes vertikal, und daß die Trennungslinie der beiden recht-
eckigen Bilder dieser Ebene parallel sei. Es möge ferner A die Hellig-
keit des einen Bildes, B die des anderen bedeuten, und es sei die
ArsHB:
A
das Nicolsche Prisma um einen Winkel v aus seiner Stellung herausdreht,
so werden die A und B entsprechenden Helligkeiten Asin?v bezw. Bcos’v.
Für den Fall der Helligkeitsgleichheit ist dann Asim’v» = Becos’v zu
setzen, so daß
Polarisationsgröße des einfallenden Lichtes = Wenn man nun
cos? v
ARD into °— cosv— sinds en
AB PEN Dean
sin? v
Benutzt man also dies als Maß der Polarisationsgröße, so sind die Werte,
wie man sieht, in einfachster Weise aus den Einstellungen auf Helligkeits-
gleichheit zu gewinnen.
Um nun die Empfindlichkeit der Einstellung zu erhöhen, ersetzte
Pickering später das einfache rechteckige Diaphragma durch ein solches
mit parallelen Stegen, welche durch Zwischenräume von entsprechender
Breite von einander getrennt waren. Das Doppelprisma muß nun eine
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 329
solche Entfernung von der abzubildenden Öffnung haben, daß der Abstand
der Doppelbilder der Stegbreite gleichkommt, so daß das Doppelbild eines
hellen Streifens genau von dem benachbarten dunklen Steg überdeckt ist.
Bei geeigneter Nieoldrehung müssen dann die Streifen verschwinden, und
das Gesichtsfeld erscheint nun gleichmäßig hell. Bei der geringsten
Drehung des Nicols aus dieser Stellung heraus erscheint die Streifung
wieder, und wenn man das Prisma in der Nähe der richtigen Stellung ein
wenig hin- und herbewegt, so wandern die hellen bezw. dunklen Fransen
durch das Gesichtsfeld. Da nun das Auge gegen derartigen Wechsel von
Hell und Dunkel besonders empfindlich ist'), so läßt sich die Einstellung
auf den Moment gleicher Helligkeit (d. h. also des Verschwindens der
Fransen) mit großer Schärfe finden. Pickering ist auch der Meinung, daß
die Empfindlichkeit dieser Methode noch dadurch erhöht würde, daß die
Helligkeitsänderung ganz plötzlich an den Rändern der Streifen einträte,
statt daß sie, wie bei den Fransen des Savartschen Polariskops, stetig vor
sich ginge, von der Mitte der Fransen bis zur Mitte der Zwischenräume.
Wie klein oder wie groß nun auch der Einfluß dieses Momentes sein
möge, so ist doch wohl ohne weiteres einzusehen, daß Pickerine durch
die Einführung des Prinzips der Unterteilung des Diaphragmas?), auf dessen
Durchführung wir im einzelnen nicht eingehen können, sein ursprüng-
liches Polarimeter wesentlich verbesserte.
Das Cornusche Photopolarimeter, welches zuerst 1882 auf dem
Kongresse der Association francaise pour l’avancement des sciences
in la Rochelle beschrieben wurde (nach Chwolsons Lehrbuch d. Phys.
auf p. 253 dieser Verhandlgn.), beruht auf den nämlichen Prinzipien
wie das ursprünglich von Pickering angegebene’. Ein doppelt-
') In ähnlicher Weise gelingt einem, wie wir auf p.289 sahen, bei Anwendung des
Savartschen Polariskops das Auffinden schwacher Polarisationsspuren erheblich leichter,
wenn man das Auge (bezw. das Polariskop) etwas hin und her bewegt. — Es erinnert
übrigens die Methode etwas an das neuerdings auch von Krüß zur Konstruktion eines
Photometers benutzte Flimmerprinzip (s. u. a. E. Liebenthal, Praktische Photometrie,
Braunschweig bei Vieweg & Sohn 1907, p. 244— 250).
?) Dies Prinzip ist übrigens auch von F. Lippich für die Konstruktion von Halb-
schattenapparaten (s. F. Lippich, Sitzungsber. d. Kais. Akad. d. Wiss. zu Wien, 1885 [Mai],
2. Abteilg.) angewandt worden.
3) Auf dem 1890 in Limoges abgehaltenen Kongreß der nämlichen Gesellschaft
gab Cornu die Beschreibung der vollen Montierung des Apparates für die Messungen der
Polarisation des Himmelslichtes. Wir erfahren bei Pernter, der seine Untersuchungen
über die Polarisation des Lichtes in trüben Medien mit einem solchen Instrument anstellte,
daß 1890 (zu finden auf p. 267 des 2. Teils des Bulletin de l’Assoe. france.) als Verlagsort
angegeben ist: Paris, au secr&tariat de l’Association, Hotel des societes savantes, Rue
serpente 28. Trotz mehrfacher Bemühungen ist es uns leider nicht gelungen, eine genaue
Beschreibung des Polarimeters zu erhalten. Da der Apparat ausgezeichnet sein soll —
er wurde unseres Wissens auch von Ehrenhaft bei seinen Untersuchungen über das optische
330 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
brechendes Wollastonsches Prisma liefert von einer viereckigen Blenden-
öffnung zwei aneinander grenzende Bilder, welche durch einen Nicol-
Analysator beobachtet werden. Auch hier wird der Nicol gedreht, bis
beide Bilder gleich hell erscheinen, und es läßt sich in ebenso einfacher
Weise wie beim Pickeringschen Apparat die Polarisationsgröße des ein-
fallenden Lichtes aus dem Winkel zwischen den Hauptschnitten der beiden
Prismen bestimmen. Zur Bestimmung der Polarisationsgröße ist es nötig,
daß die eine Polarisationsebene des Wollastonschen Prismas mit der
Polarisationsebene des zu untersuchenden Lichtes zusammenfällt. Es läßt
sich nun das mit einem Teilkreis versehene und das Doppelbildprisma
tragende Rohr als Ganzes samt dem Wollaston, dem Teilkreis und dem ganzen
übrigen Instrument um seine Achse drehen, und mittels einer festen Marke
wird die Drehung am Teilkreise gemessen. Bei gekreuzter Nicolstellung
— es ist die Lage des Nicols zum anderen Prisma durch einen 2ten Teil-
kreis genau angebbar — stellt man daher zunächst durch Drehung des
ganzen Instruments um die Rohrachse die Helligkeitsgleichheit der beiden
Bilder des rechteckigen Diaphragmas her; dreht man dann den ganzen
Apparat um 45° um die Rohrachse, so kann man annehmen, daß die
Polarisationsebene mit dem Hauptschnitt des Doppelbildprismas zusammen-
fällt; um die Polarisationsebene zum Zusammenfallen mit dem Haupt-
schnitt des Wollastons zu bringen, hat man dann nur nötig, das Rohr um
45° zu drehen. Nunmehr hat man durch Drehung des Nicols die Hellig-
keitsgleichheit der beiden Bilder herzustellen. Ist der hierzu nötige
Drehungswinkel «, so hat man, wie beim Pickeringschen Apparat, in
cos2« ein Maß für die Polarisationsgröße des einfallenden Lichtes. Crova
weist nun auf die dadurch entstehende Unsicherheit der Messung hin, daß
man nicht sicher weiß, ob der Nullpunkt des Nicolschen Prismas genau
in der Polarisationsebene beziehungsweise der darauf senkrechten Ebene
steht. Um diese Unsicherheit auszuschalten, muß man nach ihm in zwei
um einen rechten Winkel verschiedenen Lagen des Polarimeters beob-
achten, indem man einmal den Hauptschnitt des Wollastons zum Zusammen-
fallen mit der Polarisationsebene des einfallenden Lichtes bringt und dann
das Rohr um 90° dreht. Es möge dann die der ersten Lage ent-
sprechende Nicolablesung «@,, die der andern entsprechende «@, sein. Nennt
man nun die unbekannte Abweichung des Nullpunktes von der wirklichen
Nullage «,, so ist der zu suchende Winkel einmal « = «, — «, und zum
andern « = 90 — (& — @,), woraus sich 2e =, — u +9 — a; 4%
= 90 — (@; — e,) ergibt. Demnach wäre also
cos 2& = 608 [90 — (&5 — «,)] = sin (az — a).
Verhalten der Metallkolloide benutzt —, so wollten wir es jedenfalls nicht unterlassen,
denselben in naher Anlehnung an eine kurze Beschreibung von seiten Pernters dem ge-
neigten Leser in seiner Hauptwirkungsweise vorzuführen.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 331
Daß sich bei diesem, ebenso wie beim Pickeringschen Polarimeter,
Höhe und Azimut der auf seine Polarisation hin zu untersuchenden Himmels-
stelle durch besondere Teilkreise genau einstellen lassen, brauchen wir
wohl kaum besonders hervorzuheben. Zum Schluß sei darauf aufmerksam
gemacht, daß Sätze von farbigen Gläsern, welche vor die Okularöffnung
gebracht werden können, dazu dienen, in verschiedenen Spektralbezirken
zu beobachten.
Bei dem Weberschen Instrument haben wir nicht, wie bei den zwei
vorhergehenden, zwei nebeneinander liegende Gesichtsfelder, die auf ihre
Helligkeit hin zu untersuchen sind, sondern, wie Figur 47 darstellt, ein ring-
förmiges, welches das andere, kreisförmige, umschließt. Das eine Gesichts-
feld wird durch Licht erleuchtet, welches in den Haupttubus des Apparates
fällt, das andere erhält sein Licht durch ein gegen diesen drehbares, knie-
förmiges Nebenrohr. Im Hauptrohre sind zwei hintereinander liegende, um
die Rohrachse drehbare Nicols angebracht. Der Nebentubus enthält keine
Polarisationsprismen irgendwelcher Art, sondern nur ein am Kniestück
befindliches, gewöhnliches Reflexionsprisma. Durch dieses sowie durch eine
hernach zu besprechende optische Vorrichtung, welche im Haupttubus
zwischen Auge und vorderem Nicol angebracht ist, erleuchtet das hier
einfallende Licht das ringförmige Gesichtsfeld, dessen Helligkeit einen
Vergleichsmaßstab bildet für die Helligkeit, welche bei einem das genannte
Feld umschließenden Gesichtsfelde einmal durch die Hauptkomponente des
zu untersuchenden Lichtes und zum andern durch die dazu senkrechte
Komponente hervorgerufen wird. Durch geeignete Stellung des vom Auge
abgewandten Nicols kann man einmal die eine und sodann die dazu senk-
rechte Komponente zum Helligkeitsvergleich heranziehen, und durch Zu-
hilfenahme des Kosinusquadratgesetzes ist die relative Helligkeit dieser
beiden Komponenten leicht zu berechnen aus der Drehung des dem Auge
zugewandten Nicols, welche im einen und im andern Falle nötig ist, um
die Helligkeit des einen Gesichtsfeldes der als Maß dienenden des andern
gleichzumachen. Wenn es aber zu erreichen wäre, daß das zur Erleuchtung
der beiden Gesichtsfelder dienende Licht aus derselben Quelle stammt,
332 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
so würden Helligkeitsschwankungen innerhalb der beiden Messungen nichts
schaden'), weil beide Gesichtsfelder in gleicher Weise davon berührt
würden. Was nun die Vorrichtung betrifft, welche es ermöglicht, zwei
(Gesichtsfelder zu erhalten, von denen das eine das andere völlig umschließt,
so dürfte es für die meisten Leser genügen, wenn wir kurz auf den
Lummer-Brodhunschen Würfel hinweisen. Im Interesse derjenigen Leser
aber, die sich noch wenig oder gar nicht mit photometrischen Apparaten
befaßt haben, sei es gestattet, an der Hand einer Figur kurz das Wesen
desselben zu besprechen.
Fig. 48.
In Figur 48 stellt DEF’ das eine und ABC das andere der zur gebräuch-
lichsten Form des Lummer-Brodhunschen Würfels gehörigen, rechtwink-
ligen Prismen dar. Die kugelförmige Hypotenusenfläche des oberen Prismas
ist zwischen H und J eben angeschliffen und an die ebene Hypotenusen-
fläche des unteren Prismas so stark angepreßt, daß an der Berührungs-
stelle alle Luft entfernt ist. Daher tritt das Licht, welches von der hellen
Fläche KL auf die Kathetenfläche DF des ersten Prismas und weiter
auf die zwischen 7 und J liegenden Punkte der Hypotenusenfläche fällt —
siehe den Strahl RST —, ohne weitere Schwächung und ungebrochen in
') Selbstverständlich ist dabei die Voraussetzung gemacht, daß die etwaigen stärkeren,
urplötzlich eintretenden Helligkeitsschwankungen nicht auf eine Ursache zurückzuführen
sind, welche gleichzeitig tiefgreifende Änderungen im Verhältnis der beiden rechtwinklig
zueinander stehenden Komponenten des Lichtes hervorrufen (wie etwa bei plötzlich vorüber-
ziehenden Wolken).
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 333
das zweite Prisma ein und tritt aus demselben parallel zur ursprünglichen
Richtung aus. Ebenso geht das von der hellen Fläche MN auf die
Kathetenfläche AB des Prismas ABC fallende Licht an den zwischen
H und J liegenden Stellen ungebrochen und ohne weitere Schwächung in
das Prisma DEF hinein und tritt auch hier parallel der ursprünglichen
Richtung heraus’). Wie aber die Strahlen O’P’ und 0” P” zeigen, wird das
außerhalb 4J auftreffende Licht, welches von der Fläche MN senkrecht
auf AB auffällt, total reflektiert. Denkt man sich nun die Figuren kör-
perlich, so ersieht man ohne weiteres, wie hier ein ringförmiges, das andere
völlig umschließendes Gesichtsfeld entsteht.
Beim Weberschen Polarimeter entspricht dem Strahl RS in der Figur
das durch die Nicols des Hauptrohres gegangene Lichtbündel, wogegen
das durch das Reflexionsprisma des Nebentubus abgelenkte Licht den
Strahlen O0’P’ und O0” P” entspricht. Was nun die Empfindlichkeit der
Einstellung bei diesen Gesichtsfeldern betrifft, so kann man auf Grund
der bisherigen Erfahrungen wohl sagen, daß dieselbe jedenfalls für ein
noch wenig geübtes Auge größer zu sein scheint als bei zwei nebenein-
ander liegenden Gesichtsfeldern. Vor allem ist es sehr wertvoll, daß sich
hier das Auftreten einer stärkeren dunklen Grenzlinie zwischen den beiden
Feldern in ziemlich vollkommener Weise beseitigen läßt.
Auf die Details der Konstruktion des Weberschen Polarimeters wollen
wir hier nicht eingehen; wir gedenken jedoch, den Apparat an anderer
Stelle im Bilde vorzuführen. Es sei nur noch erwähnt, daß auch hier
farbige Gläser das Beobachten in verschiedenen Spektralbezirken gestatten’).
II. Das Maß der Polarisationsgröße.
Wir wollen nun einen Augenblick dabei verweilen, zu untersuchen,
was für ein Maß die verschiedenen Beobachter ihren Angaben über die
!) Voraussetzung für den parallelen Austritt ist natürlich, daß die Prismen so
aneinander liegen, daß DF parallel OB und AB parallel DE ist.
2) Der neueste wesentlich in Betracht kommende Apparat zur Messung der Polari-
sationsgröße von partiell polarisiertem Lichte ist unseres Wissens der von F. F. Martens
(s. Phys. Zs. 1900, p. 299—303, und Verhandlgn. d. Deutsch. Phys. Ges. 1 [1899], p. 204—208)
angegebene. Wenn derselbe auch, soweit uns bekannt ist, bisher noch nicht zu eingehenden
Messungen der atmosphärischen Polarisation benutzt wurde, so wollten wir doch, da es
sich offenbar um einen vorzüglichen Apparat handelt, nicht unterlassen, auf denselben
hinzuweisen. Die wesentlichsten Teile des Instruments sind, abgesehen von zwei Linsen,
ein Wollastonsches Prisma, ein Analysator-Nicol sowie ein zwischen Wollaston und Nicol
angebrachtes Zwillingsprisma (s. auch E. Liebenthal, Praktische Photometrie, Braunschweig
bei Vieweg & Sohn, 1907, p. 190—191 u. 222—223).
334 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
atmosphärische Polarisationsgröße zugrunde legten. Man kann sich, wie
wir sahen, einen teilweise polarisierten Strahl vollständig ersetzt denken
durch eine gewisse Liehtmenge, welche nach einer bestimmten Richtung
vollständig polarisiert ist, und eine zweite Lichtmenge, welche vollständig
polarisiert ist in der zur vorher genannten senkrechten Richtung, und man
nennt diese beiden Richtungen die Hauptschwingungsrichtungen. Da wir es
nun in der angewandten Optik mit Lichtintensitäten zu tun haben, so
müssen wir statt der Amplituden die Quadrate derselben nehmen, und es
würde wohl das Nächstliegende sein, die Polarisationsgröße durch das
Verhältnis der Quadrate der beiden den Hauptschwingungsrichtungen ent-
sprechenden Amplituden zu definieren. Dieses Maß scheint aber nur von
Connel angewandt zu sein.
Dem Maße, welches schon bald nach der Entdeckung der Polari-
sation benutzt wurde, liegt der Gesichtspunkt zugrunde, daß man sich
teilweise polarisiertes Licht zusammengesetzt denken kann aus einem
Bündel linear polarisierten und einem solchen natürlichen, d.h. unpolari-
sierten Lichtes. Arago nahm als Maß das Verhältnis des polarisierten
Anteils zum Gesamtlicht an; es ist das, was in der Eichungstabelle mit
cos2«& bezeichnet ist. Es ist allerdings bei den einzelnen mitgeteilten
Himmelsbeobachtungen nur der Neigungswinkel des Glasplattensatzes sowie
die Zahl der dabei verwendeten Platten angegeben, und daraus muß dann
in der vorher besprochenen Weise der Polarisationswert geschlossen werden.
In diesem Maß geben auch Bernard und Rubenson sowie in späterer Zeit
Cornu, Crova, Hurion, Pernter und Jensen die von ihnen gefundenen
Werte an. Kimball, Piekering und Piltschikoff schließen sich dieser Auf-
fassung an, geben jedoch die Werte mit 100 multipliziert an.
Eigenartig ist das Maß, in welchem Brewster seine Polarisations-
beobachtungen ausdrückte‘). Es beruht auf der Tatsache, daß sich
die Polarisationsebene polarisierter Strahlen bei der Brechung dreht?).
Lassen wir ein linear polarisiertes Lichtbündel durch eine Glasplatte
hindurchgehen, und nennen wir den Einfallswinkel 7 und den Brechungs-
winkel 7’, so verlangt die Fresnelsche Theorie nach Verdet bezw. K. Exner’),
daß das Verhältnis der Tangente des zwischen der ursprünglichen Polari-
sationsebene und der Einfallsebene liegenden Winkels zur Tangente des
zwischen der Polarisationsebene des zweimal gebrochenen Strahls und der
') 8. Phil. Mag., 4. Ser., vol 30 (1865), p. 171 usw. Siehe auch Brewster, On the
Uompensations of polarized Light, with the Description of a Polarimeter, for measuring
Degrees of Polarization, Transactions of the Royal Irish Academy, vol. 19 (Dublin 1843),
Po 3922
?) Hierbei entfernt sich die Polarisationsebene von der Einfallsebene, wogegen sich
dieselbe bei der durch Reflexion herbeigeführten Drehung der Einfallsebene nähert.
°) ©. Verdet, Vorlesungen über die Wellentheorie des Lichtes, deutsch bearbeitet
von K. Exner (Braunschweig 1887).
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 335
[9]
Einfallsebene liegenden Winkels = st. Soweit es sich um
06 —’) -
eine Platte handelt, gewinnt nun Brewster seine Polarisationswerte R
in folgender Weise. Durch einen höchst einfachen, sinnreichen Mecha-
nismus verschiebt sich eine feste Marke entsprechend der zur Depolari-
sation nötigen Neigung der Glasplatte‘) auf einem am Beobachtungstubus
angebrachten Maßstab, so daß man daraus tg bezw. i berechnen kann.
Aus dem bekannten Brechungsindex gewinnt man dann <. Und nunmehr
setzt Brewster — es ist dies bei ihm leider recht kurz besprochen —
cot © = cos? ß — i') nd R=®—45. Die so berechneten Werte wurden
nun an die entsprechenden Stellen des Maßstabes geschrieben, so dab
er hernach das R direkt aus den Stellungen des Apparates entnehmen
konnte.
Die in beifolgender Tabelle enthaltenen Werte entsprechen einem
von Brewster benutzten Apparat, bei welchem nur eine Glasplatte ver-
wendet wurde.
a —————————————————— en
| | |
| |Lä -zur| 7;
| Hinse der zu | Länge de
Einfalls- | Brechungs- | ‚dienenden,dem| anderen,
N IR { - —) Drehung R |Winkeligegen- |
winkel i winkel @ über liegenden | konstanten
| | Kathete | Kathet
| | | din Zollen) Salat
| |
0220: 0520: 05 va | =
309 0.5 71 3197-20: °) 1 | 0.655 1.13
40 34 25 31 2 | 0.968 1.13
47 46 29 22 3 | 1.244 1.13
Baal - 1.792 4 Ns E15) 1.13
51,59 34 -1 Dr 1.784 +15
61 25 | 35 6 2.074 3 Wen 5
64 40 | 36 46 {| 2.368 E15
67 29 | 37 43 8 2.726 1-13
202.0% \. 38.029 9 3,104 el
a 10 3.544 1.13
ä 5 2 sin ? 2
Man ersieht, daß der Brechungsindex des Glases nl ungefähr
1,51 war.
Für einen Satz von n Platten wird eos® = cos?" @— i’)?), und es
!) Dasselbe gilt natürlich auch bei Anwendung mehrerer Platten.
2?) Auf p.172 loc. eit. steht versehentlich cos" @ —i').
396 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
ist wieder R = D— 45°!) Wie bei den mittels einer Platte von Brewster
gewonnenen Zahlen drückt man auch hier die Werte in dem vorhin be-
sprochenen Polarisationsmaß aus, indem man 2 ® nimmt und cos 2® oder
c0os2 (45° + R) bezw. cos (90° + 2.R) oder — ohne Rücksicht auf das
Vorzeichen — sn2R bildet, so daß R = 0 gewöhnliches und R = 45°
völlig polarisiertes Licht darstellt.
Hiermit scheint auch eine Angabe von Brewster?) ganz gut im
Einklang zu stehen, nach welcher eine Polarisationsgröße von R = 30°
einer solchen entspricht, die durch Reflexion von einem unter 65/2 Grad
auf eine Glasplatte mit dem Brechungsindex von ungefähr 1,48 auffallenden
natürlichen Lichtstrahl entsteht?).
Leider haben nun die sonst so schönen Brewsterschen Messungen
einen großen Übelstand, auf welchen bereits Connel hingewiesen hat.
Die von ihm zur Berechnung angewandten Formeln berücksichtigen
nämlich nur das direkt durch die Platten hindurchgebrochene Licht. Das
kann aber namentlich bei einer großen Plattenzahl recht beträchtliche
Fehler in die Berechnung der wirklich vorhandenen Polarisationsgröße
bringen, da die eine Komponente von der Vernachlässigung der viel-
fachen Reflexionen in wesentlich höherem Grade betroffen werden
kann als die andere. Sehr instruktiv scheinen uns in dieser Beziehung
einige von Pickering angegebene Tabellen zu sein, aus denen in über-
raschender Weise hervorgeht, wie sehr die Polarisationsgröße der durch
den Hindurchgang von natürlichem Licht durch einen Glasplattensatz ent-
standenen polarisierten Strahlen bei Berücksichtigung der vielfachen
Reflexionen namentlich dann wächst, wenn die Plattenzahl groß ist.
Leider fanden wir auch nicht bei den einzelnen Beobachtungsreihen
die nötigen Angaben, mit deren Hilfe es vielleicht‘ gelingen möchte,
richtigere Werte zu berechnen, welche mit späteren Beobachtungen ver-
glichen werden können. Wir können nicht verhehlen, daß wir bei der
Umrechnung einer Reihe der Brewsterschen Werte in das Rubensonsche
Maß vor allem durch einige ganz extrem hohe Werte überrascht wurden.
Man könnte nun wohl nach unsern Ausführungen in der allgemeinen
') Die 45° entsprechen offenbar dem Winkel zwischen der ursprünglichen Polari-
sationsebene und der Einfallsebene.
2) Phil. Mag., vol. 31 (1847), p. 453.
>) ©. ©. Pickering (Applications of Fresnels Formula for the Reflection of Light,
Proceedings of the American Academy of Arts and Seiences, vol. 9 [1873]) hat mit Hilfe
der Fresnelschen Formeln für eine verschiedene Zahl von Glasplatten und für verschiedene
kinfallswinkel die Polarisationsgröße des durch das Glas hindurchgegangenen Lichtes
berechnet. Wir entnehmen einer seiner Tabellen für eine Platte und für den Einfalls-
winkel von 65° den Polarisationswert 0,862, und es ist der Sinus von 60° — 0,866.
Dabei ist allerdings noch zu berücksichtigen, daß der hier von Pickering angenommene
Brechungsindex 1,55 zu sein scheint.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 337
Übersicht auf den Gedanken gebracht werden, daß die mehr oder
weniger hohen Polarisationswerte Brewsters zum großen Teil darauf
zurückzuführen sind, daß in den Jahren, in denen er beobachtete,
eine Zeitlang eine sehr geringe Sonnentätigkeit herrschte. Dies Moment
jedoch, welches nach dem heutigen Stande unserer Kenntnisse offen-
bar einen nicht geringen Einfluß auf die Lage der neutralen Punkte hat,
scheint, wie wir später sehen werden, die hier in Betracht kommenden
Phänomene ') jedenfalls nicht in deutlicher, in bestimmter Richtung
liegender Weise zu beeinflussen.
Wild nimmt als Maß der Polarisation das Verhältnis der Inten-
sität des polarisierten zum unpolarisierten Lichtanteil und bezeichnet es
Fig. 49.
2
RE er 2
mit SE Ist in beistehender Figur 49 die kleinere Komponente eines
teilweise polarisierten Strahls = » und die größere = p + :, so würde
Der 12a
27° 20°
dem Wildschen Ausdruck entsprechen. Wir wollen ihn mit w bezeichnen.
Dem Rubensonschen Maß, welches wir mit « bezeichnen wollen, würde
WFIZ% sn. 5239
p+VW?+% 9»-+2ip-+ 27
entsprechen.
t) Wir haben es in diesem Abschnitt vor allem mit der Polarisationsgröße zu
tun, welche für einen innerhalb des Sonnenvertikals in einem ungefähren Sonnenabstand
von 90° liegenden Punkt gilt.
18}
10)
38 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
we.
Es ist nun
| 2
w 9° + 2ip
und
ni 2 2° rt ir
u pHt2ip Pt p? + 2ip
Demnach ist
De
U w
und
ee I
sn
w
So würde eine Wildsche Zahl 0,0289 im Rubensonschen Maß durch
0,0281, und die Zahl 1,9439 durch 0,6605 ausgedrückt werden müssen.
Me. Connel hat zwei Maße für die Polarisationsgröße. Das eine ist das
Verhältnis der Intensitäten der beiden Hauptkomponenten, und er be-
zeichnet dasselbe mit r. Bei linear polarisiertem Licht ist r = 0, bei
unpolarisierttem r — 1. Nach Figur 49 wäre das r von Connel
00) 2}
2 TG
IB =
Gore Frmre
und das vw von Wild, wie wir sahen,
NL ar
rY 2% 2 I,
Es ist nun
1 P+2ip+% me 20D
En pen el. ee
" ?
Daher
jet
— —ı 2%
=
und
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 339
Das andere Maß, dessen sich Connel bedient, ist der Quotient aus
der doppelten Intensität der kleinen Komponente und der Differenz
der Intensitäten der beiden zueinander rechtwinkligen Komponenten.
Er nennt es s. Bei unpolarisiertem Licht würde s = », bei linear
polarisiertem s = 0 sein.
Während nun
Re ae
Sms Peter
ist, wird
27
so daß also
ist.
Am wichtigsten scheinen uns aber die Beziehungen zwischen den von
Connel gebrauchten Maßen und dem Maß zu sein, wie es von Rubenson
und anderen benutzt wurde. Es ist wieder nach Figur 49:
2
7
ee
ee
I u= game
Aus I ist nun ?=r(p+0°. Dies eingesetzt in II gibt:
a lo ee ee er
wor p+211l+r} Ve
Beispiel: Bür * = 0,50 wird u = 0,33.
Wir wollen nun die Beziehung zwischen dem s von Connel und dem u
von Rubenson feststellen. Es ist:
Beer,
er
und
ag
ee Er) Br
OO p+W +
340 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Daher ist:
MS == 2 Ü 20
+9 +?
Dazu «u addiert ergibt:
BR: Bo N
us u= Da r Bene 18
Daher:
Be 1
A +5
So entspricht dem Connelschen Wert 0,37 die Rubensonsche
Zahl 0,73.
Schließlich sei noch erwähnt, daß das von E. Nichols benutzte Maß (n)
eleich dem reziproken Werte des r von Connel ist, so dab
wird. Wir kommen später kurz darauf zurück.
II. Die wesentlichsten Beobachtungsergebnisse für die
Polarisationsgröße.
Wie wir in der allgemeinen Übersicht sahen, wußte bereits Arago,
daß sich das Polarisationsmaximum in einem Sonnenabstande von 90°
befindet. Wenn wir aber dort erwähnten, daß ihm dies bereits 1811
bekannt war, so bedarf dies doch wohl einer gewissen Einschränkung,
da es uns scheinen will, als ob es ihm zunächst noch nicht recht
klar war, ob der in Frage stehende Winkel 90 oder 100° sei. Dies
dürfte jedenfalls aus einer Bemerkung hervorgehen, die er an eine
Beobachtung vom 22. November 1812 knüpfte, bei welcher er im Mittel
einen Winkel erhielt, der nahe an 100° heranreichte. Wir bemerkten übrigens
schon bei der Erwähnung dieser Beobachtungsreihe, daß das außer-
ordentliche Schwanken der Einzelwerte offenbar darauf hindeutet, daß
irgendwelche Störungen vorhanden waren. Brewster, dessen wesentliche
Beobachtungen in die Jahre 1841, 1842, 1843 und 1844 fallen, veröffentlichte
1865') eine Reihe von Beobachtungen über die Lage des Polarisations-
') Phil. Mag., 4. Ser., vol. 30, p. 173.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 341
maximums, welche er 1841 und 1842 erhalten hatte. Wir geben diese
hier wieder bis auf 3 Werte, welche vollständig aus dem Rahmen der
übrigen herausfallen und daher auch von Brewster selber für die Berechnung
ausgeschaltet wurden’).
Tabelle XIV.
Sonnenabstände, unter denen Brewster das
Polarisationsmaximum beobachtete.
Datum Winkel- Batın Winkel-
abstand | abstand
|
1841 | 1842 |
28. April... .. el Ne 88° 20’
Gala Sa 90 De er u. 200)
9 90 + SE a 90
10: 92 35 A ler
Mae FE a 85 26 a 90
15. September ....| 88 4 BR En Be;
26. Oktober ..... 98 Ve ER |
17. Dezember..... | 90 + 26. N a 88
Ve a 0 ee 88
| De ER. Ba
1842 | EIERN EN HEN. | 87
EAN... .. 90 + ST IE | 88
En: | 84 2 NEE 2187230
1020 WR ERDE 86 NEN | 89
Wenn man das Mittel aus diesen Zahlen nimmt, so erhält man aller-
dings nahezu 89 statt 90°; Brewster trug aber kein Bedenken, 90° als
den normalen Sonnenabstand für das Maximum der atmosphärischen
Polarisation anzusehen.
Auch Rubenson prüfte die Lage des Polarisationsmaximums in
Upsala, bevor er in Italien seine Messungen der Polarisationsgröße
begann.
!) [m einen Falle handelte es sich um Nebel, in den beiden andern offenbar um
irgendwelche stärkere, unkontrollierbare Störungen.
2349 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Die äußerst sorgfältig ermittelten Werte sind folgende: 88° 23’ —
89° 18,5’ — 90° 10’ — 90° 10’ — 90° 46,5’ — 91° 40’ — 92° 8’ — 89° 51,5’ —
90° 1’ — 89° 33,5’ — 89° 26’ — 90° 9” — 90° 28’ — 90° 23’ — 89° 25’ —
89° 29,5° — 88° 42,5’ und 90° 35,5’. Das Mittel aus diesen Werten ist
90° 2,2’, so daß auch Rubenson daraus den zuerst von Arago gemachten und
darauf von Brewster bestätigten Schluß zog, daß die Lage des Punktes
mit maximaler Polarisation am Himmel ungefähr 90° von der Sonne ent-
fernt sei. Einige wenige im Juni 1861 in Italien ausgeführte Messungen
führten ihn zum nämlichen Resultat. Wenn wir die einzelnen Werte
betrachten, so fällt es auf, daß sie mehr oder weniger nahe bei 90 Grad
liegen. Ob es sich in diesen Fällen um wirkliche, oder nur um scheinbare
Schwankungen handelt, wagte Rubenson nicht zu entscheiden, da er es
nicht für ausgeschlossen hielt, daß die Abweichungen vorgetäuscht seien
durch Schwankungen der Polarisationsgröße, welche etwa während der
Ausführung der Messung hätten eintreten können. Auf der anderen Seite
aber hat er wohl gewußt, daß sich die Lage des Polarisationsmaximums mit
der Zahl beziehungsweise mit der Größe der trübenden Teilchen ändert,
wobei wir auch an seine in der allgemeinen Übersicht erwähnten Ex-
perimente erinnern‘). Auch hat Tyndall durch eine Reihe interessanter Ex-
perimente feststellen können, daß sich die Lage des Polarisationsmaximums
mehr und mehr von der Senkrechten gegen die Lichtstrahlen zur Lichtquelle
hin verschiebt, je mehr die Zahl und die Größe der Teilchen wachsen.
Lord Rayleighs Theorie verlangt bekanntlich, daß das Polarisationsmaximum
bei seinen trüben Medien genau unter einem Winkel von 90° gegen die
Richtung des Primärstrahls statthat. Voraussetzung dabei ist ja aber,
daß die trübenden Teilchen wesentlich kleiner sind als die Wellenlängen
der auf sie eindringenden Lichtstrahlen. Dies gilt aber dann, wie
J. L. Soret gezeigt hat, nicht nur, wenn man nur die einmalige Dif-
fusion, sondern genau so gut, wenn man auch die sekundäre Diffusion
berücksichtigt. Demnach wäre also auch für die Atmosphäre das Maximum
stets bei einem Sonnenabstande von 90° zu suchen, falls nur Licht zer-
streuende Teilchen von der besagten Größenordnung in Betracht kämen.
Diese Voraussetzung wird aber immer nur mehr oder weniger erfüllt.
Auf alle Fälle wird man aber bei heiterem Himmel — und das zumal
bei Beobachtung in den, den größeren Wellenlängen entsprechenden
Farben — was hernach noch verständlicher werden wird — das Maxi-
mum stets in sehr großer Nähe von 90° suchen müssen, und wie wir bei
der Besprechung der Soretschen Arbeiten sahen, muß auch im sogenannten
Schattenraum, das heißt dort, wo die in Betracht kommenden Teilchen
nur durch sekundäre Diffusion Licht erhalten, das Maximum ganz oder
') S. Rubenson, Extrait des Actes de la Soc. Royale etc., p. 134 u. ff.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 343
sehr angenähert in einem Abstande von 90° von der Lichtquelle vor-
handen sein. Diesen Fall haben wir ja vor uns, wenn die Sonne noch
oder bereits unterm Horizont steht. Hier müssen wir jedoch auf eine
von Jensen gefundene Tatsache aufmerksam machen, welche diesen Über-
legungen zu widersprechen scheint. Wenn man die auf p. 77 dargestellte
Kurve betrachtet, welche die Beziehung der Polarisationsgröße im
Zenit zur Sonnenhöhe veranschaulicht, so fällt es auf, daß das Maximum
nicht einer Sonnenhöhe von O°'), sondern einer solchen von gut — 2° ent-
spricht, und daß darauf erst ein Rückgang eintritt. Nach den vorher-
gehenden Erörterungen würde man wohl erwarten dürfen, daß bei
— 2° Sonnenhöhe das Polarisationsmaximum um eut 2° vom Zenit ab-
gerückt ist, und daß man demnach bei diesem Sonnenstande im Zenit
kleinere Werte finden wird als bei — 1’ und bei 0°. Die stillschweigende
Voraussetzung hierbei ist aber die, daß innerhalb des zwischen gut — 2°
und 0° Sonnenhöhe liegenden Beobachtungsintervalls die Polarisations-
verhältnisse an sich die nämlichen geblieben sind. Daher hat auch Jensen
schon seinerzeit bei Diskussion der Kurve darauf hingewiesen, daß man
streng genommen nur sagen dürfe, daß bei der Sonnentiefe von gut 2°
eine größere Polarisation im Zenit herrscht als im Moment des Sonnen-
unterganges?), und daß es schr wohl möglich sei, daß beim Sonnenstande
von — 2° ein größerer Polarisationswert in einem dem Horizont um
2° genäherten Punkt herrsche als kurz vorher im Zenit selbst und
natürlich auch ein größerer als gleichzeitige im Zenit. Er hielt es näm-
lich für möglich, daß durch den Sonnenuntergang ein starkes Anschwellen
der Polarisation an sich bedingt sei, weil sich mit dem Verschwinden der
Sonne unterm Horizont die gesamten Beleuchtungsverhältnisse prinzipiell
änderten. Erwähnen möchten wir hier aber noch, daß Jensen bei der
damaligen Diskussion des Maximumpunktes der Kurve auf einen wahr-
scheinlichen Zusammenhang mit dem Gange des Babinetschen Punktes um
die Zeit des Sonnenunterganges hinwies. Der Gedankengang war folgender:
Da offenbar allgemein einem relativ hohen positiven Polarisationswert
ein relativ geringer durchschnittlicher Abstand des Babinetschen Punktes
von der Sonne entspricht, so liegt der Gedanke nahe, daß mit dem An-
schwellen des Sonnenabstandes vom Babinetschen Punkte eine Verringerung,
mit der Verringerung desselben eine Vergrößerung der Polarisationswerte
Hand in Hand geht, und es könnte vielleicht im Zusammenhange mit dem
vorher besprochenen merkwürdigen Verhalten der Polarisationsgröße
im Zenit um die Zeit des Sonnenunterganges stehen, daß nach den
Beobachtungen von Busch der Babinetsche Punkt, nachdem er sich gegen
!) Bei der Auswertung seiner Beobachtungen ließ Jensen die den Sonnenuntergang
verzögernde (bezw. den Aufgang verfrühende) Refraktion unberücksichtigt.
?) Es wurde von Jensen nur am Abend bei sehr tief stehender Sonne beobachtet.
4A Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Sonnenuntergang mehr und mehr von der Sonne entfernt und nachdem er
im Mittel sein Maximum bei — 0,5° Sonnenhöhe erreicht hat, nach
Sonnenuntergang wieder kürzere Zeit sinkt. Es dürfte, wie uns scheint,
die Weiterverfolgung dieses Gesichtspunktes sehr wertvoll werden, und
zwar wohl wesentlich dann, wenn man versucht, denselben in Beziehung
zu den Helligkeitsschwankungen am Himmel zu setzen.
Ohne daß es Jensen bekannt geworden war, hatte bereits im Jahre
1885 E. €. Pickering darauf hingewiesen, daß nach Sonnenunter-
gang eine auffällige Vergrößerung der im Zenit herrschenden Polarisation
stattfindet, wobei er den Grund dafür darin suchte, daß das vom Zenit
in das Auge des Beobachters gelangende Licht nach dem Untergang der
Sonne aus relativ hohen Schichten der Atmosphäre stammt. Vor einigen
‚Jahren machte ebenso Kimball, der auch die im Sonnenvertikal um 90° von
der Sonne abstehenden Punkte auf ihre Polarisationsgröße hin unter-
suchte, auf das starke Ansteigen der Polarisation aufmerksam. Den
Grund für dies Verhalten sah er wesentlich darin, daß die Reflexion des
Erdbodens durch den Sonnenuntergang stark herabgedrückt wird. Wir
kommen hernach darauf zurück.
Es soll uns nunmehr der sehr wohl denkbare Fall beschäftigen, daß
störende Teilchen von einer solchen Größe vorhanden sind, daß sie für
kürzere Wellen die Forderungen der Theorie über den Haufen werfen
und somit eine mehr oder weniger große, meßbare Verschiebung des
Punktes mit maximaler Polarisation herbeiführen, daß sie aber eine solche
für längere Wellen nicht herbeizuführen vermögen, indem diese eben noch
wesentlich größer sind als die Teilchen. Solche Fälle hat nun offenbar
Pernter bei seinen wichtigen Untersuchungen über die Polarisation des
Lichtes in trüben Medien vor sich gehabt. Bei wachsender Zunahme des
\Vinkels (x), welchen das in das Polarimeter tretende Strahlenbündel mit
dem senkrecht zum Primärbündel stehenden Licht machte, verringerte
ich die Polarisationsgröße für alle Farben, solange Pernter es mit niedrig-
prozentigen Mastixemulsionen'!) zu tun hatte, das heißt also, solange er
annehmen konnte, daß die Zahl und Größe der trübenden Teilchen relativ
gering war; ein anderes Resultat fand er dagegen für höherprozentige
Emulsionen. So fand er für eine 6prozentige Emulsion die in folgender
Tabelle wiedergegebenen Werte.
Diese Zahlen mußten allerdings so aufgefaßt werden, daß sich das
Polarisationsmaximum für Rot bei 90° oder nahe bei 90° gehalten hatte,
daß es sich aber für Grün und Violett erheblicher gegen diesen Winkel
verschoben hatte. Da für Grün und Violett die Differenzen zwischen den,
') Die verschiedenprozentigen Emulsionen wurden, wie wir sahen, dadurch erhalten,
dab P. dem Wasser eine größere oder geringere Menge alkoholischer, filtrierter Mastix-
lösung zusetzte,
& Rot | Grün | Violett
Da 0.766 0.568 0.396
EN 0.656 | 0.618 0.474
ee 0.454 | 0.504 | 0.355
den Winkeln O0 und 7° zukommenden Werten für die Polarisationsgröße
erheblich kleiner sind als die zwischen den, den Winkeln 7 und 15° zu-
gehörigen Werten, so liegt es wohl nahe, anzunehmen, daß die Maxima
bei 7° schon längst überschritten sind. Wenn wir nun die Annahme
machen, daß die Werte zwischen 7 und 15° regelmäßig abfallen, sowie die
fernere Annahme, daß die Werte links und rechts vom Maximum symmetrisch
liegen — wozu wir, wie wir bald hernach sehen werden, wohl guten
Grund haben —, so ist es sehr einfach, die Lage des Maximums zu ermitteln.
Man findet durch Interpolation zwischen 7 und 15° den Winkel, für
welchen der Wert 0,568 bezw. 0,396 gilt; die Hälfte dieses Winkels gibt
dann den Winkel an, unter dem das Maximum vorhanden ist. Wir
finden auf diese Weise für Grün den Winkel 95,25 und für Violett
einen solchen von 96,12°. Das würde bedeuten, daß die Abweichung
für die größeren, dem Grün zukommenden Wellen geringer ist als für
die kleineren des Violett. Dies würde, wie es scheint, wieder schön
in Einklang mit der Theorie zu bringen sein. Das nämliche Resultat
fanden wir auch bei einer anderen von Pernter mitgeteilten Reihe,
indem sich dort für Grün 94,7 und für Violett 96,6° ergab. Für die
Atmosphäre konnte Pernter diese Prüfung leider nicht durchführen, weil
dort bei den entsprechenden Verhältnissen, d. h. also bei stark weißlichem
Farbton, die Polarisationsgröße in der Regel besonders starken Schwan-
kungen unterworfen ist, und die Durchführung der Messungen in ver-
schiedenen Farben dafür zuviel Zeit erfordert. Da aber, wie wir sahen,
gerade die Pernterschen Untersuchungen hinsichtlich der übrigen Polari-
sationsverhältnisse überraschende Analogien zwischen dem Himmel und
künstlichen trüben Medien ergaben, so hatte er keinen Grund, daran zu
zweifeln, daß auch in diesem Punkte eine völlige Analogie herrscht. Viel-
leicht wird es möglich sein, gelegentlich mit Hilfe mehrerer gleichzeitiger
Beobachter auch diese Frage genauer zu untersuchen.
Was nun die Größe der Polarisation in einer Sonnenentfernung von
90° betrifft, so dürfte aus der allgemeinen Übersicht zur Genüge erhellen,
daß wegen der durch die sekundäre Diffusion hinzukommenden Kom-
346 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
ponente niemals vollständige Polarisation erwartet werden kann!), und
zwar selbst dann nicht, wenn man die Annahme machen wollte, daß die
Atmosphäre nur solche trübende Teilchen enthält, welche der Größenordnung
nach als klein gegenüber den Wellenlängen des Lichtes anzusehen sind.
Wenn man sich anderseits vorstellte, daß durch irgendwelche Ursache
die durch die primäre Diffusion bedingte Komponente unter 90° zur
Sonne ganz oder fast völlig fehlt, und daß die sekundäre Diffusion
zwei einander gleiche, rechtwinklig aufeinander stehende Komponenten
liefert, so erhielte man natürlich das Resultat, daß unter diesem Winkel
eine jedenfalls kaum merkliche Polarisation herrscht. In diesem Sinne
faßte N. Piltschikoff die Tatsache auf, daß er beim Himmelslicht in
Algier während der totalen Sonnenfinsternis vom 30. August 1905 in
90° Abstand von der Sonne keine Polarisation nachweisen konnte, und
spätere Experimente haben ihn in dieser Auffassung bestärkt. Er
glaubte nämlich, daß die durch das verhältnismäßig schwache Corona-
licht bedingte primäre Diffusion eine kaum merkliche Komponente geliefert
habe, wogegen die eigentlichen, nur gewisse Teile der Atmosphäre
erleuchtenden Sonnenstrahlen durch die sekundäre Diffusion in der Visier-
richtung von 90° zur Sonne die zwei einander gleichen Komponenten
bedingt hätten. In eine Diskussion hierüber wollen wir nicht eintreten, wir
wollen vielmehr nun untersuchen, wie sich die Werte für die Polarisations-
sröße unter verschiedenen Winkeln zur Sonne zueinander verhalten,
wobei wir uns völlig auf die positive Polarisation beschränken werden.
Vereinzelte Beobachtungen über die Beziehung der Polarisationsgröße
zum Sonnenabstande des betrachteten Punktes rühren von Arago her. Über
Brewsters Bestrebungen, die prinzipielle Verteilung der Polarisationseröße
am Himmel darzustellen, sowie über die diesbezügliche Kritik Bosanquets
haben wir ziemlich ausführlich in der allgemeinen Übersicht berichtet.
Zusammenhängende Reihen über die Polarisationswerte in verschiedenen
Sonnenabständen haben wir allerdings bei ihm nicht finden können. Die
erste zusammenhängende Reihe einer größeren Anzahl der innerhalb des
Sonnenvertikals zu bestimmten Sonnenabständen gehörigen Polarisations-
werte scheint von Wild herzurühren. Eine kleinere Beobachtungsreihe,
die sich ebenfalls über den Sonnenvertikal erstreckt, stammt von Rubenson.
Im Jahre 1873 stellte E. C. Pickering eine etwas größere Zahl solcher
Beobachtungen an, und zwar zum Teil im Sonnenvertikal, zum Teil außer-
halb desselben. Einige Jahre später stellte auch H. Wild wieder Beob-
achtungen über die Verteilung der Werte für die Polarisationsgröße
innerhalb des Sonnenvertikals an. welche auch zu interessanten
') Nach mathematischen Untersuchungen Lord Rayleighs kann übrigens bei alleiniger
Berücksichtigung der primären Diffusion die Polarisation auch nur dann total werden,
wenn man die trübenden Teilchen als kugelförmig voraussetzt.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 347
Schlüssen über die Beziehung dieses Momentes zur Helligkeit und
zur Sättigung der blauen Himmelsfarbe in ein und derselben Sonnen-
distanz führten '). Während die bisher genannten Beobachtungen
sowie die gleich zu besprechenden Beobachtungen den gesamten Komplex
der Spektralfarben auf die Polarisationsgröße hin untersuchten, schaltete
Hurion zum Teil farbige Gläser vor. Der Zweck seiner Messungen war,
zu untersuchen, wieweit die tatsächlichen Verhältnisse in der Atmo-
sphäre mit einer Formel übereinstimmten, welche er bei Weiterführung
der Soretschen Untersuchungen auf Grund der Rayleighschen Theorie
entwickelt hatte, um die verschiedenen Sonnenabständen entsprechenden
Polarisationswerte zu finden. Die umfassendsten Beobachtungen über
die Verteilung der Polarisationsgrößenwerte im Sonnenvertikal hat aber
wohl Chr. Jensen zwischen 1894 und 1896 angestellt. An der Hand von
über 40, zum großen Teil ziemlich ausgedehnten Beobachtungsreihen stellte
er die Beziehung der Polarisationsgröße im Zenit zur Sonnenhöhe fest.
Aus der in Figur 16 (Seite 77) dargestellten Kurve wurde durch graphi-
sche Interpolation die auf Seite 343 abgedruckte Tabelle XV entworfen,
welche die durchschnittliche Polarisationsgröße im Zenit (für Kiel) in Inter-
vallen der Sonnenhöhe von 0,2” angibt. Da die Tabelle auf Grund eines ver-
hältnismäßig großen Beobachtungsmaterials hergestellt worden ist, und da
die Beobachtungen in. einer offenbar störungsfreien Zeit angestellt wurden,
so wird man sie wohl in Zukunft bei Polarisationsbeobachtungen im Zenit
ganz gut als Normale betrachten können, wenn auch die Messungen in
einer schon damals recht großen Stadt angestellt wurden. Aus dem Grunde
wollten wir auch nicht unterlassen, dieselbe hier wiederzugeben.
Auf die übrigen diesbezüglichen Messungen brauchen wir nicht
näher einzugehen. Es wird aber ganz instruktiv sein, die verschiedenen
Beobachtungen, nach Sonnenabständen geordnet, im selben Maß aus-
gedrückt in einer Tabelle zusammenzustellen, indem wir bei Hurion auch
die berechneten Werte bringen. In dieser Tabelle (Nr. XVI) sind von
Piekering zunächst die Durchschnittswerte zusammengestellt, die wir aus
den von ihm angegebenen, nur innerhalb des Sonnenvertikals ausgeführten
Beobachtungen errechnet haben, und darunter die von ihm angegebenen
Mittelwerte der in den verschiedensten Azimuten ausgeführten Beob-
achtungen. Bei Hurion stehen immer unter der Zeile der beobachteten
Werte die mittels seiner schon besprochenen Formel errechneten Zahlen.
') Siehe diese ausgezeichnete Arbeit (Photometrische Bestimmung des diffusen
Himmelslichtes) im „Bulletin de l’Acad&mie Imperiale des Sciences de St. Petersbourg“,
vol. 21 (1876), Spalte 312—350. Eine als erste Fortsetzung gedachte, nur die Verteilung
der Helligkeit am Himmelsgewölbe behandelnde Arbeit H. Wilds (Photometrische Bestimmung
des diffusen Himmelslichtes) findet sich in der nämlichen Zeitschrift, vol. 23 (1877),
Spalte 290— 305.
348 Friedr. Busch und Uhr. Jensen.
Tabelle XV.
Graphisch ausgeglichene Werte der durchschnittlichen
Polarisation im Zenit von 0,2 zu 0,2° Sonnenhöhe, nach
Chr. Jensen.
Polarisationswerte
Sonnenhöhe
0 gr 75 4 2 (0) 8 6 4 2
—6.0° bis —4.2°] 0.700 0.7010 702 | 0.704 | 0.706 | 0 107 10.709 |0.710\0 711 1|0.712
—4.0 „-—2.2 |0.714 0.714 |0 71452.0.271:321,02:7116. 102717 O2 Ola NOT Oz
—9,0. „ 0.2 10.717%|0.717 0 716/02716:0,715.077140.713:.0777122.02741020=709
Oma a ae RE 9. 9.2 Re
020 1.8 0.707 0.704 | 0.701 0.699 |, 0.696 | 0.694 | 0.691 | 0.689 | 0.686 | 0.684
20, 5 3.8 10.681 0.678 0.676 , 0.674 | 0.671 | 0.668 | 0.666 | 0.663 0.661 | 0.658
ARE, 5 8 10.655 |0.653 | 0.650 | 0.648 | 0.645 | 0.642 | 0.640 | 0.637 | 0.635 |0 632
(ol 17.8 10 630 | 0.627 | 0.624 0.621 0.619 |0.616 | 0.614 0.612 | 0.609 | 0.606
BE 9.8 10.604 | 0.601 0.599 | 0.596 | 0.594 | 0.591 | 0.589 | 0.586 | 0.584 | 0.581
10.0 „ 11.8 [0.579 0.576 |0.573 |0 571 | 0.569 | 0.566 | 0.563 | 0.561 | 0.558 | 0.556
12.0 „ 13.8 [0.553 0.2500.548 0.545 0.543 10.540) 0.538 10.535. 02933. 07530
14.07 „. 152821.05528)1025252 1025222102520 0.518 | 0.515 | 0.512 | 0.510 | 0.507 | 0.505
16.0 „ 17.8 10.502 0.499 | 0.496 | 0.494 | 0.492 | 0.489 | 0.486 | 0.484 | 0.482 | 0.479
SR TORSE ORARTE NOLTE ORT OAOI 0.466 0.464 | 0.461 0.459 | 0.456 | 0.454
20.0 „ 21.8 [0.451 | 0.448 | 0.446 | 0.443 | 0.441 | 0.438 | 0.435 | 0.433 | 0.430 | 0.428
22.0 „ 23.8 [0.425 | 0.422 | 0.420 | 0.417 | 0.415 |0.412 | 0.410 | 0.407 | 0.405 | 0.402
94.0 25.8 [0.400 0.397 10 395 | 0.392 | 0.389 | 0.387 | 0:384 | 0.382 | 0.379 | 0.377
26.0. „: 27.8 10.374 0.371.10.36910.366 0 364 0.362 | 0.359 0.357 |0 354 | 0.352
28.0 „ 29.8 10.3490.346 0.344 | 0.341 0.339 | 0.336 | 0.334 | 0.332 | 0.329 | 0.326
SUROEE es 0.323 0.321 0.319 0.316 | 0.314 | 0.311 | 0.308 | 0.306 | 0.304 | 0.301
32.0 33:8 [0.298 | 0.296 | 0.293 10.291 | 0.288 | 0.286 | 0.283 | 0.281 | 0.278 | 0.276
34.0 „ 35.8 |0.274 | 0.270 0.268 | 0.265 | 0.263 | 0.260 | 0.258 | 0.255 | 0.253 | 0.250
306.07 ,,23728.1102247 10724520 242 | 0.240 0.237 0.234 | 0.232 | 0.230: 0.227 | 0.224
33.0 „ 39.8 10.222 | 0.219 |0.216 | 0.214 | 0.212 0.209 | 0.207 | 0.204 |0 202 | 0.200
40.0 „ 41.8 10.197 0.195 | 0.193 | 0.190 | 0.188 | 0.186 | 0.184 | 0.182 | 0.179 | 0.177
A 0.175 0.173 | 0.170 0.168 | 0.166 | 0.164 | 0.162 | 0.160 0.159 | 0.157
44.0 „ 45.8 10.155 0.153 | 0.151 0.149 0.147| 0.145 |. 0.143. 0.142 0.140 | 0.139
46.0 „ 47.8 10.137 |0.135 | 0.134 0.132 | 0.131 0.129 | 0.127 0.126 | 0.124 | 0.123
48.0 „ 49.8 0.121|0 120.,0=119:107118 0117702716, 05170 7113:
50.0 51.8 10.110 0.109 | 0.108 0.108 | 0.107 0.106 | 0.106 0.105 | 0.104 0.104
22.02, 58.8 1 01020 7103:7.021031101.032 0102 7021022702102 — —_- —
Die von ihm entlehnten Beobachtungen beschränken sich auf den Sonnen-
vertikal, und die dabei in Betracht kommende Formel, ‚welche sich den
Beobachtungen am besten anschloß, war, wie wir sahen:
U mes’ nsin’y
2 — (m eos’ —n sin? y)'
Pı
wo pı die Polarisationsgröße und g das Komplement vom Sonnenabstande des
anvisierten Punktes bedeutet, und wo m und n Konstanten sind, welche
sich aus den jeweiligen Beobachtungen ergeben. Diese Messungen, die
vielleicht nur den Zweck hatten, die Resultate der theoretischen Unter-
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 349
suchungen auf ihre Richtigkeit zu prüfen, wurden zum größten Teil mit
Vorschaltung farbiger Gläser angestellt. Es geschah dies deswegen, weil
Hurion die Messung bei Benutzung möglichst homogenen Lichtes für sicherer
hielt. Übrigens war der Unterschied bei Verwendung des roten bezw.
blauen Filters, wie man aus der Tabelle sieht, recht gering, so daß also
auch die für weißes Licht geltenden Werte den angegebenen Zahlen jeden-
falls sehr nahe kommen werden. Allerdings änderte die Farbe die Kon-
stanten etwas; so war am 29. März 1893 bei Anwendung des blauen
Filters m = 0,747 und n = 0,15, während die Werte für m und n bei
der Beobachtung im Rot = 0,739 bezw. 0,12 waren. Schließlich ist noch
zu bemerken, daß bis auf die schon bei Pickering erwähnten Beob-
achtungen die Messungen bei sämtlichen in der Tabelle genannten Beob-
achtern innerhalb des Sonnenvertikals angestellt wurden.
Wenn man nun die Tabelle XVI überblickt, so sieht man bei sämtlichen
Reihen ohne Ausnahme, daß die Polarisationswerte ziemlich gleichmäßig
mit zunehmender Sonnendistanz zunehmen, bis zu einem Maximum bei 90°.
Ebenso wird man wohl bei Vergleichung sämtlicher Beobachtungszahlen
untereinander, trotz mehrerer erheblichen Unterschiede zwischen den der
nämlichen Sonnenhöhe entsprechenden Polarisationswerten, ohne weiteres
zu der Auffassung kommen, daß im allgemeinen, falls nicht besondere
Störungen vorliegen, die an irgendeinem Punkte des Himmels vor-
handene Polarisationsgröße in allererster Linie durch die Sonnendistanz
des betreffenden Punktes bestimmt ist. Aus den längeren Reihen ist auch
deutlich ersichtlich, daß sich die Polarisationswerte ziemlich symmetrisch
um die Stelle des Maximums gruppieren. Wenn man von der Absorption
absieht und die Annahme macht, daß sich die Atmosphäre überall völlig
gleichmäßig verhält, so wäre dies wohl eine einfache Konsequenz der
Theorie. Sehen wir aber einmal ab von der Möglichkeit einer verschiedenen
Zusammensetzung der Atmosphäre in verschiedenen Richtungen, so können
die Beobachtungsbedingungen bei gleicher Sonnendistanz doch noch sehr
wesentlich durch die verschiedene Größe der in der Beobachtungsrichtung
liegenden Luftschicht voneinander abweichen. Stände die Sonne im Hori-
zont, so würde allerdings bei gleicher Winkeldistanz links und rechts von
der Richtung des Maximums eine gleiche Luftschichtgröße anzunehmen
sein. Ganz anders aber, wenn diese Voraussetzung nicht erfüllt ist.
Wenn man dies beim Beobachten nicht bedenkt, so darf man sich schon
von dem eben betrachteten Gesichtspunkte aus nicht darüber wundern,
daß die Werte zu beiden Seiten des Maximums etwas verschieden aus-
fallen. Um diesen Faktor der verschieden großen Luftschicht auszuschalten,
wählte Jensen bei seinen Messungen der Polarisationsgröße den Weg
daß er stets den nämlichen Punkt anvisierte, im Gegensatze zu allen
vorhergehenden Beobachtern, welche stets wechselnde Punkte, die um
350
Tabelle XVI
Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Die Polarisationsgröße in verschiedenen Sonnen-
Beob-
Beobachtungszeit
|
30° |
|
|
|
I
|
+
20° 40° | 50° | 60° | z0° | 80° | 90° |100®
achter bezw. Ort | |
$ 29. September ae 086
wild [op beiKönigsberg?j|0- 028 0-086| 0-1600.275| — | — | — | 0.660 10.687
Ruben- Rom, \ ER Ne N nie A Be RR
son | den 21. Juni 1861 | | | 0.645
\ 4
do. do. — = — == ne (DE 0) 0.671
Waterville und
E. ©. | Boston, im Juli und
Picke- | Sept. 1873 (höchst- }0.015| 0.068) 0.127.0.239'0.4190.5430.652| 0.708 |0.672
ring |wahrscheinl. jedenf. |
1873 u. nicht 1872) |
do. do. 0.035) 0.090 0.1750.2850.410.0.5600.670 O0 720 0.680
a 2.3, undeA- \ | 978) 2
Wild September 1875 | 0.278). — 0,348 — 0a
I Ülermont, den |} 0.061 0.151/0.259 0.4160.5150.628 a
Hurion | 15. November 1892) 10.058 0.1510.267.0.402.0.534.0.636 0.674)
Puy-de-Döme, | le 0 470/0.580
do. [den 29. April 1892) 0.215/0.345|0 4740.574| 0.611J|
Clermont, | ß 1170.236| 0 47910.566| 0 =
do. |den 29. März 1893| — | — [10.1240.233| — 0.4740.566| 0.598)| —
' 1 f0.131/0.243.0.3480.4790 559 ee
= Si = | 7 /10.13310.237/0.35510.4700.554| 0.586)|
Puy-de-Döme, \
den 29. April 1892 |
und 8. April 1893, | En Bee \
16: In ee fo.1140.214 0.280 0.435 0.519 0 Bo Su
11. Februar 1891, a 519 0.550
15. November 1892
und 29. März 1893
Tone Kiel, in den Jahren) King) “
‚Jensen 1893, 1894 u. 1895) — 0.110.0.197,0.323 0431102979 R0OR 7072 u
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 351
abständen, nach verschiedenen Beobachtern.
110° | 120° | 130° | 140° | 150° | 160° Bemerkungen
0.5500.414 0.2790. 157 0.068 —
| Die Beobachtungen lagen zwischen 9"13 und 9? 54a.
Ur, — ra u Der größte von Rubenson für 90° Sonnenabstand
| | | gefundene Wert ist 0.8009.
0.538 — ee | — | — [Die Beobachtungen lagen zwischen 3" 24 und 4" 17p.
0.575/0.4480.3110.1540.067 — || In Waterville fanden die Beobachtungen in einem
| 1500 Fuß hohen Tal statt, welches von ca. 4000 Fub
hohen Bergen umgeben war.
0.580.0.410 0.3000. 180 0.085.0 030
| | | | er Mittelbildung und Interpolation aus den für
E er} 7 | 90°, 67.5° und 45° geltenden Werten gebildet.
2..\ | | | Blaues Glas; vgl. S. 271.
— | -|— >> = >= Blaues Glas.
Ey = Blaues Glas.
— — = —_—ı — Rotes Glas.
Mittelwerte aus allen in der früher zitierten Arbeit
— | — KR angegebenen Beobachtungen, worunter 2 Reihen
ohne Vorschaltung farbiger Gläser.
— | -|-|-— Mittelwerte aus allen Beobachtungen.
352 Friedr. Busch und Uhr. Jensen.
90° von der Sonne abstanden, auf ihre Polarisationsgröße hin unter-
suchten.
Die Größe des von der Verschiedenheit der Schichtdicke herrührenden
Faktors war aber damals noch nicht untersucht worden. In dieser Be-
ziehung Klarheit geschafft zu haben, ist das große Verdienst des amerika-
nischen Meteorologen Kimball, und seine Untersuchungen, welche — wenn
auch mit einer gewissen Modifikation des erstgenannten Gesichtspunktes —
den nicht unerheblichen Einfluß der Lage der Sonne zum Zenit dargetan
haben, nötigen durchaus zu dem Schluß, daß bei symmetrisch zum Punkte
der maximalen Polarisation liegenden Visierrichtungen gleiche Polarisations-
größe höchstens dann erwartet werden kann, wenn die Sonne im Horizont
steht. Es ist nun diese Arbeit an sich von so großer Wichtigkeit, daß
wir nicht umhin können, sie in folgendem in größerer Breite zu besprechen,
wobei wir uns möglichst den Kimballschen Ausführungen anschließen
möchten.
Kimball legte seinen Untersuchungen über die Beziehung der inner-
halb des Sonnenvertikals in 90° Sonnenabstand vorhandenen Polarisations-
größe die Anschauung zugrunde, daß die Atmosphäre aus einer unend-
lichen Zahl konzentrischer Schichten besteht. Des ferneren setzte er
voraus, daß die Polarisationsgröße in den verschiedenen konzentrischen
Schichten mit der Höhe über dem Erdboden wächst, da — ganz abgesehen
von der Reflexion an der Erdoberfläche — die Zahl der größeren, die
Polarisation herabdrückenden Teilchen mit der Annäherung an den Erd-
boden wächst. Wenn man beachtet, daß das Licht, welches den einzelnen
Schichten zukommt und eine bestimmte Polarisationsgröße aufweist, eine
Absorption und vielfache Zerstreuungen erleidet, bevor es in unser Auge
gelangt, so kann man mit Kimball die tatsächlich gemessene Polarisations-
größe als den Durchschnittswert derjenigen Polarisationswerte auffassen,
welche durch Absorption und vielfache Zerstreuung des von den oberen
in die darunter befindlichen Schichten gelangenden Lichtes modifiziert
sind. Je mehr nun die Absorption des stärker polarisierten Lichtes
die des schwächer oder gar nicht polarisierten übertrifft, um so geringer
müßte dann die Polarisation der endgültig in unser Auge gelangenden
Strahlen sein.
Die Polarisationsgröße in irgendeiner Himmelsrichtung ist nun nach
der Lord Rayleighschen Theorie zunächst durch die Zerstreuung an außer-
ordentlich winzigen Partikelchen bedingt. Abgesehen von diesen schweben
aber in der Atmosphäre mehr oder weniger zahlreiche größere Teilchen,
welche die Voraussetzungen dieser Theorie nicht erfüllen. An diesen
Teilchen wird das Licht, ebenso wie an den Wolken oder an der
Erdoberfläche, nach den gewöhnlichen Reflexionsgesetzen zurückgeworfen,
und das Gesamtresultat der Reflexionen ist in jedem Falle das Zustande-
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 353
kommen von einer Vielfältigkeit von Schwingungsebenen mit einander
gleichen Schwingungsamplituden, derart gedacht, daß sich das nach
irgendeinem Punkte hin reflektierte Licht im wesentlichen wie un-
polarisiertes Licht verhält. Dieser Lichtanteil überlagert demgemäß
das durch die Diffusion an winzigsten Teilchen bedingte, polarisierte
Licht, und je intensiver der so gedachte, neu hinzukommende Licht-
anteil ist, um so mehr muß die Polarisation herabgedrückt werden.
Die Reflexion an Wolken kann hier deswegen außer acht gelassen
werden, weil Kimball seinen diesbezüglichen Untersuchungen nur die bei
wolkenlosem Himmel gewonnenen Beobachtungen zugrunde legte. Er denkt
sich nun das zu untersuchende Licht aus drei Komponenten zusammen-
gesetzt, von denen der polarisierte Anteil ?; von der Diffusion an
kleinsten Teilchen, der eine unpolarisierte Anteil U, von der Reflexion an
größeren Teilchen herrührt, und der zweite unpolarisierte Anteil #; durch
die Reflexion am Erdboden bedingt ist. Das Verhältnis des polarisierten
Anteils zur Gesamtintensität müßte demnach durch
Pi
Fee er
bezeichnet werden.
Kimball hoffte nun zunächst, daß sich eine einfache Beziehung der in
90° Sonnenabstand gefundenen Polarisationswerte zu der dem anvisierten
Punkt zukommenden Dicke der Luftschicht ergeben würde. Diese Dicke
der Luftschicht würde natürlich angenähert der Sekante des jeweilizen Zenit-
abstandes des Punktes mit maximaler Polarisation entsprechen. In dieser
Erwartung wurde er aber getäuscht. Dagegen gelang es ihm, für die den
verschiedenen Sonnenhöhen entsprechenden Polarisationsgrößen einen ein-
fachen Ausdruck zu finden, in welchem die Sekante des Zenitabstandes
der Sonne als Variable vorkommt. Zu dieser Formel gelangte er in
folgender Weise:
Die der Zenitstellung der Sonne entsprechenden, vorher definierten
Liehtanteile mögen mit P,, U und A, bezeichnet werden, und ihre
Summe sei = 1. Außerdem seien a, as und as Faktoren, welche
die Durchlässigkeit der Atmosphäre für eindringende Sonnenstrahlen
vor der Zerstreuung durch kleinste Teilchen sowie ferner durch große
Teilchen und vor der Reflexion durch den Erdboden bezeichnen, wobei
es sich selbstverständiich — zumal bezüglich a, und a, da sich
die Durchlässigkeit von Stelle zu Stelle ändern kann — um Durch-
schnittswerte handelt. Hat nun die Sonne den Zenitabstand Z, welchem
sec Z —= m entspricht, so wird Kimballs Ausdruck für die Polarisationsgröße:
rd
Pa” + D.a®+ R,a:
354 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Wenn nun A, @s und a; nicht weit voneinander abweichen, so kann
man ohne großen Fehler setzen:
N; Par
(B+U+ R)a*
Pr
oder, daR + U, +R=1ist: ,— Be — P,a,”. Die jeweilige Kon-
stante a muß natürlich aus den Beobachtungen berechnet werden. Dieser
Formel, welche für «> 1 — und das entsprach der großen Mehrzahl der
Beobachtungen — die Polarisation um so größer macht, je weiter die Sonne
vom Zenit entfernt ist, schlossen sich Kimballs Beobachtungen recht gut
an. Wir möchten allerdings gleich darauf aufmerksam machen, daß eine
sehr gute Übereinstimmung zwischen Formel und Beobachtungen wohl
wesentlich nur zu verzeichnen sein dürfte, solange es sich um die Diskussion
von solehen am Vormittag und, was vor allem wichtig zu sein scheint,
von solehen am Nachmittag gewonnenen Werten handelt, welche nicht in
zu großer Nähe der ersten Nachmittagsstunden gefunden wurden. Um
diese Zeit kommt nämlich, wie wir hernach bei Besprechung der Jensen-
schen und Rubensonschen Untersuchungen sehen werden, ein recht starkes,
die Polarisationsgröße bedingendes Moment in Frage, so daß die Sonnen-
höhe oder die dadurch bedingte Lichtverteilung keineswegs mehr allein
maßgebend ist. Es würde also danach jedenfalls ein Wechsel der Kon-
stanten um die Mittagszeit angenommen werden müssen, wenn man die
Formel auf den ganzen Tageslauf des Phänomens anwenden wollte. Bei
der Wichtigkeit der Sache wollen wir nicht unterlassen, in folgendem
unsern Lesern die Tabelle vorzuführen, in welcher Kimball die Beziehung
der Polarisationsgröße zur Sekante des Zenitabstandes der Sonne ver-
anschaulicht. Selbstverständlich ist es schwer oder der Natur der Sache nach
gar unmöglich, Polarisationsbeobachtungen zu erhalten, welche gerade den
in der Tabelle gewählten Sekanten entsprechen, und es sind demgemäß die
in der Tabelle von Kimball angegebenen Zahlen den durch graphische Inter-
polation beziehungsweise Extrapolation ausgeglichenen Kurven entnommen.
Die Tabelle zeigt auf den ersten Blick deutlich genug, daß im all-
eemeinen einer kleineren Sekante des Zenitabstandes der Sonne ein
kleinerer Polarisationswert entspricht. Allerdings kommen auch auf-
fallende Ausnahmen vor, die besonders stark ausgeprägt sind am 29. Ja-
nuar, am Vormittage des 29. Mai und am 2. November 1906 sowie am
Vormittage des 13. Mai, 9. Oktober 1907 und am 21. und 29. Februar sowie
am 2. Juni 1908. Es liegt nun der Gedanke nahe, daß eine Änderung
der Durchsichtigkeitsverhältnisse der Atmosphäre innerhalb der Beob-
achtungszeit hier störend eingegriffen hat. So konnte Kimball aus pyrhelio-
metrischen Messungen, die er am 29. Mai 1906 und am 13. Mai 1907
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation.
Tabelle XV11.
Polarisationsgröße im Sonnenvertikal
in 90°Sonnenentfernung, bei verschiedenen Zenitabständen
der Sonne, nach Kimball.
Sekante der Zenitdistanz der Sonne
Datum BT EZ ; se
1 | 9 3 ZN BER Bemerkungen
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Be, er > 0,.678.0:.63910.701 10.713. = 2 1.016 2
DB „ „1 = 10.541 |0.573|0.60810.643| — [1.045 | Schnee am Boden.
f2-Behruar: „. 2. ; —-— 10540| — — _ — | Sehnee am Boden.
u, „pP „| — 10.640 | 0.668 | 0.697 |0.729| — |1.044| Schnee am Boden.
BE CET. Zr, — = — 211.060 =
ann De — 10.488|0.531|0.558| — — [1.052] Schnee am Boden.
2. März > » 10.619 0.645 |0.670 - — = == 1.040 —
SR » nn [0.602 | 0.608 0.615 [0.621 |0.627| — [1.009 2
0“. ; » nn 10.659 | 0.668 |0.678|0.687| — —# 11:0 =
en » » » 10.639 | 0.652 | 0.665 |0.678| — — 1.021 —
3. Aprl ,„ a. „10 661|0.674|0.688| — — 101 =
27, » P- » 10.627 0.638 |0.65 | — = a 0,1 —
SEEN » % „ |0.470|0.434 |0.448| — — — 11:0830 u
13. Mai =, 10.520.536 0.527 | — — — 10.993 —
A » P- „ [0.544 0.553 10.542 | — — — 11.014 --
27. Juli 92.:1.0.5276 .0.526 0.525. |. — — — 0.917 —
8.Oktober „ pP. „| —. 0.624 0.631 0.638 | 0.646 0.638 1.012 —
= Er) —. 10.654 | — | — _ — — —
356 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Sekante der Zenitdistanz der Sonne
Datum Bemerkungen
a | 3 4 5 6 a
9. Oktob. 1907 p. m. 10.625 0.6091 — — 10.593: 0:988 —
an 5 Ehe — 10.548 | 0.546 | 0.544 |0.542| — 10.994 —
9MDezembie, nr — 10.638) — 20.643 .10.630| — = _
9. Januar 1908 „ „ — 10.514 |0.525|0.54| — 10.578 | 1.037 —
De NE — 10.572 10.611 0.608 | 0.605 | 0.602 | 1.003 —
SU ae — 10.6201 0.620|0.620| — — 1.000 —
SlSmeR: a — [0.620 0.606 |0.682| — — — —
6.Februar „ „ »1 — |0.450|0.488| — — ) — [1.092] Schnee am Boden.
8. r ee un —_ | 0.461 | 0.5023 — — — 1.090 | Sehnee am Boden.
1 er Sen 0.609 10.617 10.624| — — 11.013 —
16:0 =, es: — 2089781025822 1055991 2, — = — —
Dita BERKER —= 2102514..0.5352| u en FIRE —_
Ola En a — )0.572)0.561| — = — 20.932 —_
Do er — 10.5191|0.489| — —_ — — —
1. Mai Es — ,0.521| — E03 =
2. Juni a en — 3055781102390) 2 — — 2108998 —
SH Ella — 23.108922 055929, 02 — — 1.021 —
loye% EIS — 10.611 0.613 | | | — E
27. 5, ae —310.520/0.5470,° — —_— | — — —
ausgeführt hatte, entnehmen, daß das abweichende Verhalten der Polari-
sation an den Vormittagen des 29. Mai 1906 und des$13. Mai 1907
seinen Grund in einer Zunahme der Luftdurchsichtiekeit hatte. Sehen
wir aber von diesen Ausnahmen ab, so ergibt sich aus den 'Kimball-
schen Untersuchungen eine recht einfache Beziehung der Polarisations-
größe zur Sonnendistanz, und wir sehen, daß die Größe der von den
Sonnenstrahlen zu durchmessenden Luftschicht die Polarisationsgröße in
durchaus merklichem Grade beeinflußt, so daß also unsere oben aus-
gesprochene Ansicht betreffs der Polarisationsgröße an den symmetrisch
um den Punkt maximaler Polarisation verteilten Himmelsstellen nun noch
einleuchtender sein dürfte.
Da Kimball seit 1902 eine stattliche Reihe von Polarisations-
bestimmungen ausgeführt hat, und da auch Rubenson bei seinen aus-
gedehnten Untersuchungen über den täglichen Gang des Phänomens den
innerhalb des Sonnenvertikals in einem Sonnenabstande von 90° gelegenen
Punkt beobachtete, so müßte es recht instruktiv sein, die Kimballschen
Werte, soweit sie sich auf heiteren oder wenigstens nahezu heiteren Himmel
beziehen, mit den Rubensonschen Zahlen!) eingehender zu vergleichen.
Wegen Zeitmangels müssen wir uns für den Augenblick diese Untersuchung
versagen. Wir wollen aber nicht unterlassen, die Hauptresultate von
') Die Angabe der zu den einzelnen Beobachtungen gehörigen Sonnenhöhen fehlt
bei Rubenson.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 357
Rubensons Untersuchungen zu bringen. Diese werden zum großen Teil
am besten durch die von Rubenson selber mitgeteilten Tabellen und
Kurven veranschaulicht. Wir wollen dabei gleich bemerken, daß, wenn auch
nach unseren früheren Darlegungen die Polarisationswerte bei Rubenson
mit einer gewissen Korrektion versehen werden müssen, um als absolute
Werte angesehen werden zu können, doch die Diskussion der einzelnen
Reihen hiervon nicht berührt wird. Die Polarisationswerte in den hier
wiedergegebenen Tabellen sind in folgender Weise entstanden zu denken:
Es wurde zunächst nach fortschreitender Zeit eine Kurve für eine einzelne
Morgen- oder Abendbeobachtungsreihe gezeichnet; sodann wurden diesen
Einzelkurven in Intervallen von zehn zu zehn Minuten die entsprechenden
ÖOrdinaten entnommen, und es wurden schließlich die der nämlichen Uhr-
zeit entsprechenden Ordinatenwerte zu einem in den Tabellen nieder-
gelegten Mittelwerte vereinigt. Im den beigegebenen Figuren sind die
den Tabellen entsprechenden Kurven noch etwas ausgeglichen.
Wir bringen nun die aus 14 Einzelreihen entstandene Tabelle, welche
Abendbeobachtungen entspricht, die im Mai, Juni und Juli 1862 in Rom
gewonnen wurden. Dieser entspricht die darauf folgende Figur 50.
Tabelle XVul.
Mittelwerte für die Polarisationsgröße am Sommerabend,
nach Rubenson.
Beobachtete | Berechnete Berechnete |
RE Polarisations- Polarisations-
Uhrzeit OB RUN größe: GEL! größe: ı 9
größe
k3 k?
=yYy Yyı=aT Des Yı= er
TEN 0.6067 — = = _
A ee 5. 20560 0.6105 | —- 0.0001 0.6104 + 0.0000
40 , 0.6152 0.6148 is 4 0.6146 | 6
5 0 0.6196 026196 0 0.6193 == 3
20 0.6245 0.6250 >= 5 0.6248 Zune 3
40 0.6310 0632, | 2 NECS10 = 0
wre , 0.6382 = = == |
10 0.6426 0.6421 |+ 5 0.6422 | + 4
20 0.6467 0.6464 er 3 0.6465 — 2
30 0.6509 0.6510 = 1 0.6511 77 2
40 0.6552 0.6560 Z— 8 0.6562 2 10
507° „ 0.6604 0.6614 — 10 0.6616 == 12
3. (ee We 0.6673 0.6673 Ste 0 0.6675 — 2
er 0.6739 = = Es5 ==
a= 0.53537 a — 0.465325
Werte der Konstanten log k®—= 1.66813 loser = 71219193
“7 — 10.989 cı — 125.809
358 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Wie man sieht, entsprechen auch hier kleineren Sonnenhöhen größere
Polarisationswerte. An die verschiedene Wirkung verschieden dicker
Luftschichten auf die sie durchsetzenden Strahlen, das heißt hier an die
durch die Veränderung der Sonnenhöhe bedingte Veränderung in der
Absorption, scheint Rubenson bei der Diskussion seiner Beobachtungen gar
BEREIT
TEE
t_ Klo
BE
De
S
e
RNZZEAPRRRT
a al ae
HERRN T
4
En
=
A
=
EM
Bi
&
ke
we
Nee
nicht gedacht zu haben, obgleich er offenbar sehr wohl wußte, daß wahr-
scheinlich eine innige Beziehung zwischen der Polarisationsgröße und der
Transparenz der Luft besteht. Es scheint vielmehr, daß er bei seinen
auf Seite 73 und 74 erwähnten Versuchen, die gleich hernach zu be-
sprechenden, auf vorstehender Tabelle angegebenen Interpolationsformeln
durch eine theoretische Formel zu ersetzen, lediglich ganz allgemein
eine Gesamtintensitätsveränderung des Lichtes bei abnehmender Sonnen-
höhe ins Auge gefaßt hat. Soweit es sich nun um den Gang der Polari-
sationsgröße am Vormittage — für den Nachmittag gilt natürlich das
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 359
Analoge — handelt, so betrachtete er allerdings keineswegs die Ver-
größerung der Intensität des Gesamtlichtes im beobachteten Punkte bei
Vergrößerung der Sonnenhöhe als das wesentlich Wirksame beim Gange
der Polarisationsgröße, sondern er machte die Annahme, daß der polari-
sierte Anteil des Lichtes als solcher bei gegen Mittag vorrückender Zeit
in gleichen Zeiten eine bestimmte Abnahme erfährt‘), die, wie er sich
ausdrückte, von der ersten, noch unbekannten Ursache herrührt. Er ver-
suchte auch, durch Vergleich mit dem Gange der gewöhnlichen meteoro-
logischen Instrumente der Ursache näher zu kommen, gelangte aber dabei zu
dem Resultat, daß — abgesehen von einer, hernach zu besprechenden
nahen Beziehung des Phänomens zur Stunde der größten Hitze — „die
regelrechte Variation der Polarisationsgröße nicht direkt abhängt von den
Änderungen im Zustande der Atmosphäre, welche im täglichen Gange der
gewöhnlichen meteorologischen Instrumente zum Ausdruck kommen.“ Dies
aber nebenbeil
Nehmen wir wieder die Tafel vor, so sehen wir, daß neben den
direkt beobachteten Werten die nach den auf Seite 73 angegebenen
Formeln berechneten stehen. Es bedeutet in den Formeln x die vom
Mittag ab gerechnete Zeit”. Da drei Konstanten in Betracht kommen,
so müssen diese aus drei beobachteten Werten berechnet werden, und
hier wie überhaupt dienten diejenigen Beobachtungswerte zur Konstanten-
berechnung, neben denen sich Lücken in der Tabelle befinden. In diesem
Falle stimmen die beobachteten und die berechneten Werte bei Zugrunde-
legung beider Formeln gut überein. Rubenson legte allerdings beson-
2
deres Gewicht auf die erste Formel |yı = a-+ 5 —) Er sagt freilich
Int
1) Wir sahen bereits auf p. 73, daß Rubenson bei dem Versuch, zu einer theoretischen
Formel zu gelangen, P die Intensität des polarisierten Anteils am Mittag und J die
des unpolarisierten nennt. Ist nun, wenn wir mit Rubenson, zunächst den Nach-
mittag: betrachten, p gleich der Vermehrung von P während der Zeiteinheit, herrührend
von einem besonderen Zuwachs des polarisierten Anteils, und s gleich der Verminderung,
welche P während der Einheit der Zeit erleidet, und welche von einer Verminderung der
Gesamtintensität des Lichtes im betrachteten Punkte herrührt, so ist, wenn i die Vermin-
derung des unpolarisierten Anteils während der Zeiteinheit bedeutet, die Polarisations-
P—3%2-92%
— se +J—ix
Weiterentwicklung führte ihn zu Formeln, die je nach der einen oder der anderen An-
nahme die nämliche Gestalt erhalten wie die in der Tabelle angegebenen Formeln.
Unseres Erachtens müßte allerdings — was uns bei Behandlung des ersten Abschnitts
P—s2-+px
P—-se+J—-ic+pr
?) Rubenson macht auf p. 112 des Auszuges aus Act. de la Soe. Roy. d.
Scienc. d’Upsal. darauf aufmerksam, daß man, wenn man sich endgültig zur zweiten
Formel (wo x im Quadrat vorkommt) entschließen sollte, die Zeit vom wahren Mittag
ab zählen müsse, und nicht, wie er es immer getan, vom mittleren Mittag ab.
größe zu einer gewissen Zeit (x) am Nachmittage: y= P ; und die
noch nicht aufgefallen war — y= gesetzt werden.
360 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
selber, daß sich im allgemeinen beide Formeln den Beobachtungen
ganz gut anschlossen, und daß die zweite Formel aus Prinzipien ab-
geleitet sei, welche der Natur des Phänomens besser angepaßt seien,
er weist jedoch auf der anderen Seite darauf hin, daß die Anwendung der
zweiten Formel auf einige Winterkurven zu sehr eigenartigen Schlüssen
geführt habe, so daß er ein gänzlich ungewöhnliches optisches Verhalten
der Atmosphäre habe annehmen müssen. Es darf uns dies hier nicht
_ weiter beschäftigen. Sehr wichtig ist aber folgendes: Es ist ohne
weiteres verständlich, daß plötzliche Störungen die Werte der Konstanten
ändern müssen. Von Rechts wegen durften also die Formeln — wenn nicht
etwa jedes zwischen zwei Störungen liegende Kurvenstück für sich be-
handelt werden sollte — nur bei sehr regelmäßigem Kurvenverlauf angewandt
werden. So verfuhr Rubenson auch in der Regel. Allerdings hat er
auch versucht, die Formeln auf einige Reihen anzuwenden, bei denen
offenbar Störungen vorkamen, und es ist interessant zu sehen, wie sehr
dann zum Teil Beobachtung und Rechnung voneinander abwichen. : Wir
geben hier eine solche Tabelle vom 8. Januar 1862, wo man ohne weiteres
aus mehrfachen Schwankungen bei den beobachteten Werten den Störungs-
charakter innerhalb der ersten Beobachtungszeit ersieht.
Tabelle XIX.
Die Polarisationsgröße in Rom am 8. Januar 1862,
nach Rubenson.
Beob- Berechnete | Berechneter
achtete Polarisations- | Polarisations-
Zeit Polarisa- größe: Ya wert: yz%
tionsgröße:| | k?
Y re Ran, a
122367 72 1 60 10055 = = = —
1 49 15 0.6958 0.7323 — 0.0365 0.7314 — 0.0356
2°) 21.202 0.7004 0.7340 — u 8336 0.7331 el
2 22 52 0.7308 0.7371 = 63 0.7366 = 58
2 44 30 0.7412 — — == =
3,8215 0.7462 0.7470 = 8 0.7476 — 14
3 835 45 0.7593 0.7563 == 30 0.7576 + 17
3:53.15 0.7669 0.7648 == 21 0.7658 + 11
4 738 0.7740 == — Eur =
4 16 52 0.7780 0.7816 = 36 0.7802 — 22
a —= 0.70373 a= 0.64067
Werte der Konstanten log k?— 1.04598 logk?—= 0.58968
a —=5.709 a — 46.190
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 361
Wir lassen nunmehr eine Reihe von Sommerdurchschnittswerten der
Polarisationsgröße am Morgen sowie die entsprechende Kurve folgen.
Diese Reihe ist aus nur drei Einzelreihen hervorgegangen. Das ist, wie
Rubenson selber zugesteht, eine recht geringe Zahl, um den Einfluß von
Störungen zu beseitigen, die allerdings in diesem Falle recht unbedeutend
gewesen sein sollen. Es ist aber doch interessant, zu sehen, wie die
Übereinstimmung zwischen den beobachteten und den berechneten Werten
in diesem Falle zum Teil viel schlechter war als bei der größeren, aus
14 Einzelreihen entstandenen Tabelle XVIII, und man darf wohl ohne
weiteres annehmen, daß die hierdurch zum Ausdruck kommenden Störungen
sich vor allem zwischen 7 und 8 Uhr morgens geltend machten.
Tabelle XX.
Mittlere Werte für die Polarisationsgröße am Sommermorgen,
nach Rubenson.
Beobachtete | Berechnete
| Berechnete |
ae Polarisations- Polarisations-
Zeit Pe uns era ya sröße: | 9— Ha
größe: > | ka?
y Nah Mer
Dana... 0.6166 _ _ = | -
Al) ee ER 0.6087 0.6087 + 0.0000 0.6087 | + 0.0000
ER 0.6030 0.6029 | + 1 0.6029 | + 1
BE an: 0.5985 0.5984 = 1 0.5984 == 1
SR SEE 0.5949 Er = = | =
ER en, 0.5923 0.5921 + 2 0.5921. |+ 2
St OF BAER 0.5902 0.5897 | + 5 0.5897 |+ 5
ER N u 0.5882 0.5877 + 5 WEBSITE 5
DON ek. 0.5864 0.5861 + 3 0.5860 + 4
ne: 0.5846 —— — == —
RE EEE 0.5810 0.582 | — 12 0.5823 — 13
AB EA 0.5768 0.5804 | — 36 0.5805 — 37
0% 0.5744 0.5789 — 45 0.5790 | — 46
a —= 0.56498 #— 056020
Werte der Konstanten log 2 = 2.671659 log k®?—= 1.87042
a1 420 a4 =.55.405
Umstehende Figur 51 zeigt die der Tabelle XX entsprechende Kurve,
die also, wenn wir die Sonnenhöhe als das wesentlich wirksame Moment
betrachten, ungefähr‘) dem von 4" 0" p. bis 6" 30” p. reichenden Teil der
vorhergehenden Abendkurve (Figur 50) entsprechen würde. Beim Vergleich
dieser Kurve mit der Morgenkurve fällt wohl vor allem auf, daß letztere
viel stärker gebogen ist als erstere, wobei allerdings zu berücksichtigen
') Wir sagen ungefähr, weil — wie bereits erwähnt — Rubenson die mittlere
und nicht die wahre Zeit in seine Tabellen hat eingehen lassen.
362 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
ist, daß die Durchschnittswerte für die Morgenkurve aus einer weit
geringeren Zahl von Einzelbeobachtungen hervorgegangen sind als die
der Abendkurve entsprechenden.
Rubenson hat nun auch noch eine mittlere Kurve für die Abend-
beobachtungen im Winter konstruiert, und wir wollen nicht unterlassen,
unsern Lesern die entsprechende Tabelle, bei deren Aufstellung sechs
einzelne Beobachtungsreihen benutzt worden sind, vor Augen zu führen
(s. Tabelle XXD).
Fig. 51.
Wenn man die den Beobachtungswerten dieser Tabelle entsprechende
Kurve zieht, so erkennt man eine große Ähnlichkeit mit der sommer-
lichen Abendkurve. Allerdings sind die Polarisationswerte viel größer
als die einer im Sommer zwischen 4" 0” p. und 7" 10” p. liegenden Beobach-
tungszeit entsprechenden, worauf zurückzukommen wir vielleicht hernach
Gelegenheit haben werden. Es würde nun von großem Interesse sein,
wenn man für die in den drei Tabellen gegebenen Polarisationswerte die
entsprechenden Sonnenhöhen berechnen könnte, weil man dann leicht in
der Lage wäre, die Beobachtungen zu den Kimballschen Untersuchungen in
Beziehung zu setzen. Leider finden wir aber bei Rubenson nur bezüglich der
für den Sommerabend geltenden Tabelle eine genauere Angabe über die Zeit,
zu welcher die einzelnen für diese Tabelle benutzten Beobachtungsreihen
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 363
Tabelle XXI.
Mittlerere Werte für diePolarisationsgröße für den Winterabend,
nach Rubenson.
Beobachtete Berechnete Berechnete
. Polarisations-IF olarisations-, Polarisations-
Zeit größe: größe: a. größe: 9.7792
k2
Y VEIr TE; a
1927407 PD. =... 0.7348 0.7339 + 0.0009 0.7356 — 0.0008
A 0.7373 0.7364 + ie) 0.7371 +
DD eniene 0.7393 ze = ze —r
Amer us... bh - 027420 0.7425 — 5 0.7421 1
N seyn - 0.7453 0.7460 — 7 0.7456 — 3
A. 0.7495 0.7501 — 6 0.7498 3
TE +1. 20.0946 = = = =
Sl e.. 0.7606 0.7598 + 8 0.7602 + 4
Te re 0.7636 0.7627 Sr 9 0.7632 u 4
DR ee 0.7665 0.7658 + 7 0.7665 a 0
RE 0.7697 0.7691 + 6 0.7699 — 2
AU ARE AR 0.7731 0.7728 | + 3 0.7736 — 5
Ser 0.7765 0.7767 — 2 0.7774 — 9
A N N 0.7806 0.7811 _ 5 0.7815 — 9
OBER 0.7858 = = = | =
a = 0.68214 a = —-0.01673
Werte der Konstanten log k? = 1.55769 108.62 9780831
er. 1.651 & — 210.188
gewonnen wurden. Rubenson gibt die Monate Mai, Juni und Juli 1862 an, wo
er in Rom beobachtete. Wir konnten uns nun davon überzeugen, daß im
Mai höchstens drei Beobachtungstage in Betracht kommen können, und zwar
der 22., 28. und 29te. Von diesen aber scheidet offenbar der 28. aus, weil
Rubenson an diesem Tage nur zwischen 2" 40p. und 5" 25p. beobachtete,
da er die Messungen wegen eines heranziehenden Gewitters abbrechen
mußte, durch welches in klar ersichtlicher Weise die ganze Beobachtungs-
reihe beeinflußt worden ist. Vom Juni können, wie wir sehen, nur der 12., 13.
und 14. für die Tabelle benutzt worden sein. Vom Juli können 13 Tage in
Betracht kommen, nämlich der 3., 4., 5, 8, 9. 10., 13., 14., 16., 20.,
21., 22. und 27., aber es sind davon jedenfalls der 5. und der 13.
auszuschalten, weil Rubenson am erstgenannten Tage nur zwischen
5” 30p. und 7"25p. und am letztgenannten nur zwischen ca. 3”p.
und 6"p. beobachtete. Jedenfalls ist aber die Zahl der im Mai und
Juni 1862 für die Tabelle benutzten Beobachtungstage sehr gering, und
unter Berücksichtigung der angegebenen Daten wird man wohl in sehr
angenähert richtiger Weise für die in der Tabelle angegebenen Zeiten
(mittlere Ortszeit für Rom) die Sonnenhöhen berechnen können, um sie,
wie gesagt, mit den Kimballschen Untersuchungen in Verbindung zu setzen.
364 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Auch aus den Rubensonschen Zahlen dürfte man wohl leicht den
Eindruck gewinnen, daß der Gang der Sonne im Laufe des Tages das
Phänomen der Polarisation in erster Linie bedingt. Aber abgesehen von
der direkten Beziehung zur Sonnenhöhe wird die tägliche Variation der
Polarisationsgröße sicherlich in einer durchaus nicht zu unterschätzenden
Weise mit durch andere Momente bestimmt, die allerdings auch, ebenso
wie die bekannteren meteorologischen Phänomene, in letzter Linie von
dem Tagesgange der Sonne abhängen. Es sind nun gerade die Störungen
besonders dazu angetan, uns die Augen zu Öffnen über die Ursachen des
normalen Verlaufes, in ähnlicher Weise, wie vom Mediziner aus dem
Studium anormaler Verhältnisse weitgehende Schlüsse über die normalen
Funktionen des menschlichen Körpers gezogen werden können. Diesen
Störungen wollen wir uns nunmehr zuwenden.
Zu dem Ende wird es am besten sein, zunächst die Schwan-
kungen zu betrachten, welche überhaupt möglich sind bei der nämlichen
Sonnenhöhe. Wenn wir in der auf S.355 und 356 abgedruckten Kimballschen
Tabelle die einer und derselben Sekante zugehörigen Polarisationswerte
miteinander vergleichen, so finden wir nicht unbeträchtliche Schwankungen,
Schwankungen, welche die Differenzen zwischen den innerhalb der Hori-
zontalreihen stehenden Zahlen um ein nicht Unbeträchtliches übersteigen.
So sind die Maxima in den fünf ersten Vertikalreihen 0,664, 0,716, 0,730,
0,729 und 0,736, und es sind die entsprechenden Minima 0,408, 0,425,
0,442, 0,503 und 0,542, und die dazwischen liegenden Werte weichen auch
vielfach ziemlich stark voneinander ab. Es ist nicht uninteressant, diese
Schwankungen mit denen zu vergleichen, welche Jensen für gleiche Sonnen-
höhen im Zenit fand, und wir geben diese in nebenstehender Tabelle XXII
wieder.
Wir sehen, daß auch hier recht erhebliche Differenzen zwischen
Maximum und Minimum vorkommen. Allerdings scheinen sie, trotzdem
sich die Beobachtungen — mit zum Teil großen Unterbrechungen — über
einen Zeitraum von ca. 28 Monaten erstreckten, im allgemeinen nicht so
groß wie die von Kimball gefundenen zu sein. Nur 8 von den 60 ange-
gebenen Differenzen erreichen die Größe der Kimballschen, und es wäre
vielleicht, lohnend, dem Grunde hierfür nachzuspüren.
Wenn wir nun untersuchen, wodurch derartige Differenzen bedingt
sein können, da sowohl bei Kimball, als auch bei Jensen die Sonnenhöhe
beim Maximum und Minimum die nämliche ist, so muß der Grund dafür
in anderer Richtung gesucht werden. Es ist wohl vor allem zu überlegen,
ob etwa bei den Beobachtungen die Reflexion des Erdbodens, ob Wolken,
vorüberziehende Rauchmassen oder dergleichen einige der Beobachtungen
beeinflußt haben, oder endlich, ob vielleicht bei einigen der Messungen
die Belastung der Atmosphäre mit größeren Partikelchen in Frage
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 365
Tabelle XXL.
Maxima und Minima der Polarisation für gleiche
Sonnenhöhen, geordnet nach Sonnenhöhen von Grad zu Grad,
nach Chr. Jensen.
|
Maxi- | Mini- . Maxi- | Mini- i
Sonnenhöhe Differenz Sonnenhöhe Differenz
mum | mum mum | mum
enagcchise- 5.02: 10.7520.5747 70-181 25.0° bis 25.9° |0.410 |0.312| 0.098
—4.9 „ —4.0 |0.759|0.660 | 0.099 DORUEEE 20509102377 10252204123
3.9 „ 3.0 |0.773|0.680| 0.093 31:08 2.,7207.97 10420).05232)1° 03183
—2.9 „ —2.0 10.758 ,0.656 | 0.102 238.0 „ 28.9 |0.409|0.254| 0.155
—1.9 „ 1.0 [0.763 |0.557 | 0.206 DIE0E 27222079002
0.9 „ —0.0 |0.758|0.687| 0.071 30:20. 75. 30.970.402 0.184, 0.218
0.0 „ -+0.9 |0.764|0.621| 0.143 Biel 0
120% 7, 1595107717212 105422202229 3220,05 32598 11:104371:10:238; |, '0.136
2E0r > 3.9 |0.721\0.589| 0.132 33.0 33.93 1:0:360.10.270:|- :0:090
Sa0r= 7, 32 92.02759),025612122.0.198 34.0 „ 34.9 |0.370|0.258| 0.112
AO: 4.9 |0.706 10.549| 0.157 35.0 35.9 10.328 |0.200| 0.128
Ha0se > 5.9 |0.714|0.566 | 0.148 36.0 „ 36.9 10.306 |0.200| 0.106
020% 6.9 |0.631 0.603 | 0.028 37.0 „ 837.9 10.259 |0.208| 0.051
TSONF, 7.9 |0.628|0.536 | 0.092 BSR 38,985110824441107238 2102003
SE0R .;, 8.9 |0.627|0.488| 0.139 OR e 3 929511082291 .02313701005092
El 9.9 |0 646 0.481 | 0.165 RO RN 0222003
10.0, 10.97 | 07646 | 0.480) 0.166 21099 02A2 101800002
Ie0E rg 026A 0450 IN ne oe
IOROE 1959 1026400.0,4151 0.222 AR 2329511052270 OO
IS202 713.95 11026510 107424312.08227 44.0 „ 44.9 |0:234|0.166| 0.068
14200 272314597 10:588 0.458: 0.130 ADR0E 22152982 108240,.0=15510.04085
15.0 °„ 159.|0.636|0.513) 0.123 100 A 9 00T 0029
16-07, 1169210.510/.0,386) 0.124 47.0 „ 47.9 |0.161/0.140| 0.021
I7a02 72217298 10%579.0:3301, 02942 48.0 ET ae —
19.0, 18.9 0.494 0.3291 0.165 49.0 „ 49.9 |0.154|0.090| 0.064
1920221990032 OELT 50.0 „ 50.9 !0.149|0.071| 0.078
20.0 „ 20.9 10.484|0.374| 0.110 51.0 ,..51.9: |,0.138:.0.091. 0.047
21:0 „. 21290470 0.416 ) 0:054 52.0 „ 52.9 |0.156|0.087| 0.069
220. „ 22.91.0482 | 0.277 |. 0.205 53.07 ,.53297.0.13510.078| 02057
23.0. 393.9 .0.420| 0.343 0.077 540 „549 1|0.120|0.036|) 0.084
DAR 9479705422 | 0.343 | 0.079 ne
Mittel = 0.120
kommt, die nicht gerade in so kompakten Massen auftreten, daß die
blaue Farbe des Himmels verschwindet, aber dennoch durch ihre Ver-
teilung über größere Partien der Atmosphäre eine wirksame Trübung
hervorzurufen imstande sind. Von den Jensenschen und Kimballschen
Werten ausgehend, wollen wir nunmehr den überhaupt möglichen Einfluß
dieser Momente auf die Polarisationsgröße etwas näher ins Auge fassen.
Beide, Jensen und Kimball, haben ihre hier in Betracht kommenden
Messungen immer an demselben Orte ausgeführt, der eine in Kiel, der
366 . Friedr. Busch und Chr. Jensen.
andere in Washington. Demnach kann jedenfalls eine Änderung der
Terrainverhältnisse bei der Untersuchung des Grundes für solche
Schwankungen nicht in Frage kommen, und es bliebe in dieser Richtung
höchstens zu erörtern, inwieweit etwa Schwankungen durch irgendwelche
Änderungen der Reflexionsverhältnisse des Erdbodens im Laufe des Jahres
herbeigeführt werden können, wobei wir vor allem an Schneebedeckung
denken müssen. Es erscheint allerdings, wenn man an die auf Seite 164
erwähnte, von Nichols nachgewiesene Überlagerung des Himmelslicht-
spektrums durch das Chlorophylispektrum der Landschaft denkt, keines-
wegs ausgeschlossen, daß die Veränderung des Landschaftsbildes im
Frühling beziehungsweise Herbst auch das Phänomen der atmosphärischen
Polarisation beeinflußt. Anhaltspunkte hierfür meinte Jensen bei der
messenden Verfolgung der Höhe der neutralen Punkte in der Übergangs-
zeit zwischen Vorfrühling und Sommer 1909 gefunden zu haben, jedoch
schien dies nicht sicher genug zu sein; auf alle Fälle wird es aber
wertvoll sein, diesen Punkt bei späteren Beobachtungen im Auge zu be-
halten. Bei den in Kiel und Washington angestellten Beobachtungen
erscheint aber eine erheblichere Beeinflussung durch ein so gedachtes
Moment ausgeschlossen, weil ohne Vorschaltung eines farbigen Filters
beobachtet wurde. Auch scheidet ja, da wir die bei gleichen Sonnen-
höhen gefundenen Werte miteinander vergleichen, die Berücksichtigung einer
etwa durch die Verschiedenheit der Sonnenhöhe bedingten Verschiedenheit
in der Helligkeit des Erdbodens von vornherein aus der Diskussion aus.
Wohl aber könnte man nach dem auf Seite 81, 82 und 83 Angeführten an
die Möglichkeit der Beeinflussung einiger Beobachtungen durch Schnee-
bedeckung des Bodens denken. Die Größe dieses Momentes möge
zunächst durch einige von Connel besonders stark hervorgehobene Bei-
spiele dargetan werden'. Um 9" O a. m. am 22. Oktober 1887 fand
Connel, welcher bei allen seinen Messungen auf Himmelspunkte einstellte,
die um 90° von der Sonne entfernt waren, in St. Moritz 0,645 für die
Polarisationsgröße, um 9” 15 a. m. 0,637%). An einem der nächsten Tage
fiel etwas Schnee, und bei einer ähnlich großen Sonnenhöhe wie am
22. Oktober fand er um 10” 15 a. am. 26. Oktober die Polarisationsgröße,
die wir im folgenden öfters kurz mit P bezeichnen werden, gleich 0,518. Um
diese Zeit lagerten allerdings Wolken am Horizont, bei deren Erscheinen
man, wie es hernach noch deutlicher wird, wohl schon an sich eine
Herabdrückung der Polarisation hätte erwarten können, aber Üonnel
gibt an, daß ihre Zahl und Größe so gering war, daß seines Erachtens
') Wir geben die Polarisationswerte hier, wie überhaupt immer, wenn nichts Be-
sonderes bemerkt ist, im Rubensonschen Maße an.
?) In St. Moritz beschränkte er, abgesehen von einigen besonders erwähnten
Fällen, die Messungen auf den Sonnenvertikal.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 367
dadurch keine nennenswerte Einwirkung auf seine Messungen stattfinden
konnte. Die heiße Sonne schmolz nun rasch den Schnee weg, und am
Morgen des 27. Oktober zeigte sich, daß der größere Teil desselben ver-
schwunden war. Dem entsprach eine Vergrößerung des Polarisations-
wertes, indem Connel um 11"40" a. — also bei etwas höherem Sonnen-
stande als am vorhergehenden Tage — P= 0,599 fand. Deutlicher
noch als diese Beispiele scheinen uns folgende, von Connel in Thusis im
Sonnenvertikal angestellte Beobachtungen den die Polarisationsgröße
herabdrückenden Einfluß einer Schneedecke zu zeigen. Nach heftigem
Schneefall folgte am 14. April 1888 ein herrlicher Tag. Der Himmel
war zunächst völlig wolkenlos, und erst gegen 11” 30 a. erschienen
einige wenige winzige Wolken. Connel fand um 10" 40 a. P— 0,429"),
Am 16. April war der Schnee zum großen Teil weggeschmolzen; obgleich
nun der Himmel an diesem Tage nicht besonders schön war und recht
viele kleine Cumuli in der Nähe vom Horizont lagerten, und obgleich
die Sonnenhöhe um die in Betracht kommende Zeit etwas höher war als
am vorhergehenden Tage, fand Connel doch höhere Polarisationswerte,
indem sich P um 11"0a. zu 0,465 und um 11" 30a. zu 0,467 ergab.
Die starke Beeinflussung der Polarisationswerte durch eine Schneedecke
tritt nun offenbar mindestens ebenso deutlich bei Kimballs Beobachtungen
hervor wie bei Connel, und man hat den Vorteil, unmittelbar die einer
und derselben Sonnenhöhe entsprechenden Werte miteinander vergleichen
zu können, das heißt natürlich nur unter der Voraussetzung, daß die
Bewölkungs- und die sonstigen Verhältnisse der Atmosphäre die näm-
lichen waren. Wir sehen beispielsweise aus der Tabelle, daß sich bei
der Sekante 2 die Polarisationsgrößen am 26. Dezember 1905 und am
9. Januar 1906 — wo der Boden mit Schnee bedeckt war — sich um 0,134
unterscheiden, und daß den Werten von 0,550 bezw. 0,585 am'9. und
10. Januar ein solcher von 0,686 am 29. Januar entspricht, an einem
Tage, wo der Boden wieder frei von Schnee war. Sehen wir nun die
Tabelle ordentlich durch, so zeigt sich, daß die vorher erwähnten Extreme
sämtlich auf Tage fallen, wo Schnee die Messungen nicht gestört hat.
Daraus können wir also schließen, daß noch andere Momente allein imstande
sind, nicht unerhebliche Schwankungen der Polarisationsgröße herbei-
zuführen.
Was nun die Wolken betrifft, so ist zu bemerken, daß beide Be-
obachter nach Möglichkeit nur bei wolkenfreiem Himmel ihre Messungen
vornahmen. Trotzdem ist es natürlich sehr wohl möglich, daß gelegentlich
unkontrollierbares, plötzlich auftauchendes Gewölk die Messungen beein-
flußt hat, und das dürfte vielleicht, bei dem vielfach veränderlichen Klima
) Um 10" 10 wurde P—= 0,429, um 10" 20 = 0,444 gefunden.
368 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Schleswig-Holsteins, vor allem für die Kieler Beobachtungen in Betracht
kommen. So hat auch Jensen in seiner Arbeit Belege dafür gebracht,
wie die Beobachtungen an vereinzelten Tagen in einer sehr in die Augen
fallenden Weise durch unkontrollierbares Gewölk gestört wurden. Es
ergaben sich beispielsweise am 30. Juli 1894 zwischen 11" 10 und 12" 0
bei schnell schwankender Bewölkung der Reihe nach folgende Polarisa-
tionswerte: 0,143, 0,099, 0,135, 0,102, 0,124, 0,095, 0,114, 0,098 und
0,100. Die Gefahr derartiger Störungen war besonders groß um die
Mittagszeit. Zum Teil kam es auch vor, daß sich starke polarimetrische
Störungen geltend machten, bevor der Beobachter bei noch so genauer
Sichtung auch nur die geringste Spur von Wolken entdecken konnte. Danach
aber traten oft ganz plötzlich an den verschiedensten Stellen des Himmels
Wolken in die Erscheinung. Aber diese Fälle können bei der Gesamtheit der
Beobachtungen nur äußerst wenig ins Gewicht fallen, wobei noch besonders
darauf hingewiesen sein möge, daß Jensen stets nach Möglichkeit zwischen
den Beobachtungen auch sorgfältige Himmelsschau hielt.
Der Umstand, daß sich mehrfach trotz sorgfältigster Himmelsschau
starke Störungen kundgaben, bevor auch nur die geringste Spur von
Wolken zu entdecken war, und daß dann plötzlich solche auftraten, muß
uns vorsichtig machen hinsichtlich der Beurteilung der Wirkung von
(Gewölk auf das in Frage stehende Phänomen. Wenn wir noch nichts
Weiteres wüßten, so müßte uns wohl allein durch diese Tatsachen der
Gedanke nahegelegt werden, daß die Herabminderung der Polarisationsgröße,
welche man vielfach beim Auftauchen von kompakten Wolken beobachtet,
jedenfalls zum großen Teil schon allein durch die Vorgänge bedingt ist, mit
denen die Wolkenbildung zusammenhängt. Selbstverständlich soll damit
keineswegs geleugnet werden, daß auch die Wolke an sich, selbst wenn sie
nicht im Gesichtsfelde des Beobachters steht, eine Wirkung auf die Polari-
sationsgröße an den verschiedensten Punkten des Himmels herbeiführen
kann, und es ist uns ja auch aus dem Vorhergehenden genügend klar, daß
Wolken durch die Reflexion des auf sie fallenden Lichtes in dem näm-
lichen Sinne wie der hell erleuchtete Erdboden auf die Polarisationsgröße
wirken müssen. Es interessiert uns aber augenblicklich vor allem,
einen ungefähren Begriff von der Größenordnung der Wirkung der ein-
zelnen, das Phänomen bestimmenden Momente zu bekommen. Gerade
hinsichtlich der getrennten Betrachtung der von den verschiedenen Wolken-
arten an sich ausgehenden Einflüsse auf das Phänomen der Polarisation
und der Wirkung, welche von den mit der Wolkenbildung eng ver-
knüpften Vorgängen in der Atmosphäre ausgeht, wissen wir noch viel zu
wenig, so wertvoll dies auch sein könnte, einmal für die Erkenntnis des
Phänomens an sich und zum andern — und zwar ganz besonders — für
die Verwertung dieser Naturerscheinung für die Wetterprognose. Ein
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. BIT
>68
sehr wertvoller Wink in dieser Richtung ist allerdings durch die Unter-
suchungen des an anderer Stelle erwähnten amerikanischen Meteorologen
G. Schultz gegeben worden. Nach seinem Bericht auf dem zweiten Kon-
greß der Beamten des Wetterbureaus (Milwaukee 1901) hatte sich näm-
lich aus einer stattlichen Zahl von an verschiedenen Orten zwischen den
Jahren 1895 und 1901 abgeleiteten Beobachtungsreihen herausgestellt,
daß die Polarisation im allgemeinen trotz geringer Bewölkung bei regne-
rischer Wetterlage schwach ist, wogegen sie bei günstiger Wetter-
lage selbst dann an wolkenfreien Himmelsstellen hohe Werte annimmt,
wenn der übrige Himmel dieht mit schweren Cumuluswolken bedeckt ist!).
An dieser Stelle sei auch durch folgende Tabelle ein von Rubenson mit-
geteiltes Beispiel für die Verminderung der Polarisationsgröße durch Eis-
kristalle in der Luft wiedergegeben.
Tabelle XXI.
Einfluß von Eiskristallen in der Luft auf die Polarisationsgröße,
nach Rubenson.
Tag Stunde Polarisations- | Bemerkungen
gröbe
22. Dezember (1860) a a 0.7306 ==
22: . 0 0.7208 —
22: - j MI DRS 5] Ra Aug 0.6913 ——
22. n 1ER = 0.6624 —
Be, TEE Mn 0.6166
23. 2 1 a D: v. a v Am Abend warder
23. „ In > I) 0.5930 Mond von einem
28. An 143502 5 0.6325 Halo von ca. 22°
23. N ZA: 0.6392 umgeben.
BL EURO, 0.6363
24. k ? ca.0.7430 4
1) Wir stimmen durchaus mit Prof. Abbe (offenbar Cleveland Abbe) überein, welcher
in der Diskussion den hohen Wert dieser Untersuchungen betonte und darauf hinwies,
daß G. Schultz dadurch einen neuen Pfad bahne. Nicht recht verständlich ist uns die
vorhergehende Bemerkung von Prof. Abbe, daß der allgemeine Schluß ınehrerer deutschen,
die atmosphärische Polarisation behandelnden Aufsätze der sei, daß keine unmittelbare,
klare Beziehung zwischen dem Wetter und den Polarisationsphänomenen bestehe. —
Ganz außerordentlich müssen wir es bedauern, dab wir über diese, in Walla Walla, Spo-
kane, Kalispell und Fort Worth in Amerika ausgeführten Messungen keine genaueren
Daten haben erlangen können. Der Versuch des einen von uns, schriftlich mit @. Schultz
in Verbindung zu treten, mag daran gescheitert sein, daß der Brief verloren ging.
24
370 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Man sieht, daß selbst die um 2” 40 und 3" Op. beobachteten
Werte erheblich hinter den um die Mittagszeit am 22. festgestellten zurück-
bleiben, und ebenso darf man wohl aus dem für den 24. Dezember —
wenn auch ohne Zeitangabe — mitgeteilten Wert schließen, daß die
Werte des vorhergehenden Tages unter dem Einfluß eines die Polari-
sation herabdrückenden Momentes standen. Ein ähnliches Beispiel soll
übrigens Brewster auf p. 394 und 395 seines „Treatise on Optics“
gegeben haben.
Indem wir nun zur Wirkung von Rauch übergehen, wollen wir
zunächst bemerken, dab Rubenson zum erstenmal am 12. Juni 1861 den
die Polarisationsgröße herabdrückenden Einfluß des Rauches, der von einem
in der Beobachtungsriehtung liegenden Schornstein aufstieg, kennen lernte.
Mehrfach konnte er auch den in der nämlichen Richtung liegenden Einfluß
von über der Campagna lagernden Rauchwolken konstatieren. ‚Jensen gibt
folgendes Beispiel, welches die Einwirkung des Rauches auf die Polarisations-
größe veranschaulicht. An einem Vormittage ergab sich die Polarisations-
eröße um 7"45 zu 0,558, um 7"49 zu 0,552, um 7"54 ist der Wert auf 0,503
gesunken. Bei der entsprechenden Beobachtung ist nun vermerkt worden,
daß eine Spur Rauch von einem benachbarten Schornstein über den
Apparat weggezogen ist.
Ein derartiger Einfluß konnte oft genug aufs bestimmteste sowohl
von Rubenson, als auch von ‚Jensen nachgewiesen werden.
Daß der Nebel eine ähnliche Wirkung ausübt, dafür konnte Rubenson
mehrere Beispiele beibringen. Zum Teil ließ sich auch der Einfluß von
in den höheren Schichten der Atmosphäre lagerndem, gewöhnlichem Nebel
schwer oder gar nicht von dem einer stark mit Rauch oder Staub
seschwängerten Luft trennen. Rubenson macht hier auf folgende inter-
essante Tatsache aufmerksam: Es kam während seines Aufenthaltes in
Italien mehrfach vor, und zwar besonders nach einer längere Zeit
dauernden Hitze- oder Trockenperiode, dab die Atmosphäre einige Tage
lang sehr unrein und undurchsichtig war, wobei wir bemerken möchten, daß
er unter diesen Verhältnissen einmal angegeben hat, daß die Durch-
siehtigkeit in den unteren Schichten nicht geringer war als gewöhn-
lieh. Die Ursache für dies Verhalten sah Rubenson in dem Rauch oder
feinen Staub, welcher von dem durch die Hitze bedingten aufsteigenden
Luftstrom in die Lüfte geführt war, oder aber in einem feinen Nebel,
welcher sich in größerer Höhe der Atmosphäre niedergeschlagen hatte.
Der Himmel pflegte unter solchen Verhältnissen eine blasse, weißliche
oder gar ins Violette spielende Farbe zu haben, und gleichzeitig war die
Polarisation stark herabgedrückt. Ein solcher Tag lag am 22. Juni 1861
vor. Der kleinste Polarisationswert betrug an diesem Tage 0,4555. und
das Maximum war nur 0,5405, Am vorhergehenden Tage wurde als
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 371
kleinster Wert 0,6452 und als größter 0,7023 beobachtet, trotzdem genug
Wolken vorhanden waren, welche offenbar ihren störenden Einfluß auch
dadurch kenntlich gemacht haben, daß die von Rubenson angegebenen
Eintrittszeiten des Polarisationsmaximums und vor allem die des Minimums
anormale waren.
Den Einfluß größerer Teilchen, welche die an sich blaue Farbe des
Himmels mehr oder weniger weißlich machen, kann man übrigens auch
daraus ersehen, daß bei Horizontstellung der Sonne das innerhalb des
Sonnenvertikals in einem Sonnenabstande von 90° (also im Zenit)
vorhandene Polarisationsmaximum größer ist als das am Horizont liegende
Maximum. Wir sahen, daß diese Tatsache bereits Brewster bekannt war.
Dieser Physiker maß wiederholentlich bei ziemlich tief stehender Sonne
die zu gleicher Zeit einer in der Nähe des Zenits (im Sonnenvertikal) und
einer in der Nähe des Horizontes gelegenen Himmelsstelle zukommende
maximale Polarisationsgröße. Solche Vergleichsmessungen sind auf p. 120
bis 127 im Phil. Mag. 4. Ser. vol. 30 (1865) aufgeführt, und wir haben
sie in der folgenden Tabelle XXIV zusammengestellt.
Tabelle XXIV.
Zusammenstellung von Beobachtungen Brewsters über die
Beziehung der innerhalb des Sonnenvertikals in Zenitnähe
beobachteten Polarisationsgröße zu der in Horizontnähe
vorhandenen (beide in R ausgedrückt).
| | Tageszeit der R
| 'Da- De
Jahr Monat Beobachtung 2 IN | 2 Bemerkungen
| tum] (mittlere Zenit- | Horizont-
Ortszeit) nähe | nähe
1841| Mai joa i0lpm |, -30°5741° 298.
12 7 2. ! nn Bor 09 u \ Der Himmel war am 12. Mai
” ” - BE Bu a) ungewöhnlich klar.
: 5 2a An. 28.5 28.5
» Juni 10 { 30 „nn 28.: 28.5 | ver Himmel war den ganzen Tag
| ; le ee 29.5 28.5 ungewöhnlich klar; es herrschte
| Um eSEH2 29.5 30.0 J Ostwind.
| Er 2
| 5 4 Bis einige Stunden vor der Beob-
„ | August Slalman AA rer, 20 1 keychs) achtung (zwischen 5h44p. und
3 Sr le 16% O8 2. 285 25 6h 38p.) Regen; um 1hp. klärte
© ; | A a = 2 J sich der Himmel auf.
|
= September | 6.| 6 35 „ „ 28.5 24.5
„ ” 616 WAgES, 28.5 26.5 =
ir “ 1246 7.3 770 21.8 25.8 Himmel klar.
Übertrag...| 317.5° 293.5°
302 Friedr. Buseh und Chr. Jensen.
|
| | Tageszeit der R PR:
| Da-| Beobachtung i I ii
: eobachtung ın ın
Jahr| Monat | f = a } Bemerkungen
tum] (mittlere Zenit- Horizont-
| Ortszeit) nähe | nähe
Übertrag...| 317.5° | 293.5°
2 ie ur = n RE 5 VorherRegen. Während der Beob-
1841 | September |29.| 4° 23 p. m. A| DAen | aehtungen klarer Himmel, jedoch
: } PR We 29.5 1, 20.0, |) von menu En EEE
Oktober 2821.429 ” AD. 2589 egnerischer Tag; um ca. 3hp.,
je Gr 155 4 592 Der 60 \Meorız leucıy, Stunden vor Beobachtungs-
„ NZ Daun zu I J beginn, Aufklärung.
re November | Er 26.3 RIED 4
i g Sa a 25.0 | 9.5 | Schöner Tag; trockener Nebel.
© - A| Nebliger Tag; der Himmel einiger-
„ ” ao 22.9 | 19.5 { maßen frei von Wolken.
n Y 293102 ol are: 21028 2529
[ h .112 mittags ls 25.5
; | = z 9 S. 9 % | AYse- Besonders schöner Tag.
.* ® 2531028 2lOpmin: Mo I
u & || A re Ua | Ts
| R = ES (Schöner Tag, klarer Himmel. Der
1842 Januar 29273224 pam: DINO UT E) oo teilweise mit Schnee be-
deckt.
na zeklebruanse nlan wo 26.0 20.5 |
h 5 Ile 96.5 18.5 ‚, Am Me en hernach
& a ap ererle IT) 22 | 5 as:
| April 3a & 30.0 | 26.5 Wundervoller Himmel!
| Am 8. sowie auch am 5. April 1842
15 | gi Nonne Brewster sämtliche 3 neu-
h n SO Dee | 11959 tralen Punkte beobachten und ihre
| Lage feststellen.
| | rn Tag. Um 7h32p.m. wurde
die Anac o9on | 99 - |Jdie maximale Polarisation von
ı|13.] 6° 20 p. m. 23.0 | 22.9 5 —= 32.5° gemessen, die größte,
| | die je beobachtet wurde.
Mai Sao Or Dal) 15.0 Nebel!
: | 38 B | = Schöner, frostiger und klarer
„ | November |14.| 8 55a. „ a ee a:
| 21 9 13 4 %5 | 19.5 Frostiger Morgen!
(5 Himmel war kurz vor der
| Es an en angegebenen Beobachtung schön;
Dezember |28.|11 58 ,„ „ 2.0 | 18.5 |11%, Stunden später erschien um die
Sonne ein weißer Halo von 45°.
1843 Februar 2 ee 2 24.5 ID N
: ö | 2222 EN = Schneesturm!
| 5; 2.2 A7p2 26.5 19.5 |
H ee Se 985 23.5 | Bitterkalter Tag; morgens Frost.
ke Juni Ola oa 97.5 935 Schöner Tag; Westwind!
1544 Februar Sl AgerTEnae, 26.0 23.0 | Der Boden war mit Schnee bedeckt.
Juni Ko 5 Fa _
bs NLOFImSED22, 21.0 | 2029 —
r z 1 1, 1870 129° 7 SAD 2055 Südwestwind !
345 April’. 5a Sefter se DhEDEE 2205 —
x . Ill 2 DD & 24.5 =
Summımerersa lol
Mittel (R)... 27.00°| 23.66°
sn2R...| 0.809 | 0.735
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 373
Man sieht, daß in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle die
Polarisationsgröße in der Horizontnähe kleiner ist als in der Nähe des
Zenits. Nur am 15. Mai 1842, an welchem Tage Nebel verzeichnet ist, wurden
die Werte einander gleich gefunden und ebenfalls bei der einen Beob-
achtung vom 12. Mai bezw. 10. Juni 1841. Woher es kommt, daß das
Verhältnis zwischen den beiden Werten so verschieden sein Kann, selbst
an Tagen, die sich insofern gleich verhielten, als sie als ungewöhnlich klar
bezeichnet werden konnten, wollen wir hier nicht erst erörtern. Daß aber
die Werte allgemein in der bezeichneten Richtung voneinander abweichen,
kann nicht wundernehmen, wenn man bedenkt, daß die dem Horizont
nahen Stellen auch bei heiterem Himmel in der Regel eine ins Weißliche
spielende Farbe haben. Ziffernmäßig sind diese Verhältnisse durch ver-
schiedene Cyanometermessungen, welche den Grad der Bläue in sogenannten
Cyanometergraden') festlegen, bestimmt worden. So haben Humboldt auf dem
Atlantischen Ozean in zirka 16'/s Grad nördlicher Breite und Saussure in
Genf für die Sättigung der blauen Himmelsfarbe die in folgender Tabelle
angegebenen Werte gefunden.
Habe aha Üyanometergrade
Horizont Humboldt | Saussure
L? >| 4.0
10 6.0 9.0
20 10.0 1:30
30 16.5 15.5
40 18.0 17.5
60 22.0 20.0
Von 60° überm Horizont bis zum Zenit ändert sich die Farbennuance
wenig, wie folgende von Alexander von Humboldt gefundene Zahlen zeigen:
Höhe überm | Cyanometer-
Horizont grade
60° 21:0
70 22.4
90 DDR
Dafür, daß auch die nämliche Stelle des Himmels in gesetzmäßiger
Weise Verschiedenheiten der Polarisationswerte aufweisen kann, welchen,
1) Wir kommen an anderer Stelle auf die den Uyanometern zugrunde liegenden
Prinzipien zu sprechen.
TA Friedr. Busch und Chr. Jensen.
wenn es auch dem bloßen Auge ohne Farbenvergleichsskalen schwer
oder gar nicht zum Bewußtsein kommt, kleinere Änderungen der Farbe
entsprechen, dürften vor allem die ‚Jensenschen Untersuchungen über
den täglichen Gang der Polarisationsgröße im Zenit sprechen. Da es
sich dabei um die Beziehung der Polarisationsgröße zu Änderungen
der atmosphärischen Verhältnisse handelte, so mußten die Änderungen
losgelöst von den direkten Beziehungen zur Sonnenhöhe dargestellt
werden. Wir sagen „losgelöst von der direkten Beziehung zur Sonnen-
ah
BRSENRC:
ENaneı
Nu
- 0010
höhe“, das heißt losgelöst von der durch die momentane Sonnenhöhe
gegebenen, durch einfache optische Gesetze bedingten Winkelbeziehung, wie
wir sie vorhin besprochen haben. Wir müssen nämlich annehmen. daß die
durch solehe Beziehungen gegebenen Änderungen der Polarisationsgröße
überlagert sind durch Veränderungen, welche durch die indirekten Be-
ziehungen zur Sonnenhöhe gegeben sind, in der Weise gedacht, daß auch
die Polarisationsphänomene in ihrem Gange in ähnlicher Weise vom
Sonnenstande abhängen wie die bekannteren meteorologischen Phänomene.
Die Jensensche Tabelle, welche vorhin gebracht wurde, gibt. wie wir sahen,
Mittelwerte für die Polarisationsgröße im Zenit für die verschiedenen
Sonnenhöhen, welche insofern von der Tageszeit unabhängig sind, als
sie aus Einzelwerten hervorgingen, die den verschiedensten Tageszeiten
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 37
entsprechen. ‚Jensen ordnete nun sein Beobachtungsmaterial nach der
Tageszeit und bildete die Differenzen zwischen den einzelnen dieser
Zahlen und den Durchschnittswerten, welche der zu der jeweiligen Tageszeit
gehörigen Sonnenhöhe entsprachen, um sodann für die im Intervall je
einer halben Stunde gelegrenen Werte das Mittel zu bilden. Nach weiterer
Ausgleichung ergab sich schließlich die vorletzte Vertikalreihe in der
folgenden Tabelle XXV, welche also den täglichen Gang der Polarisations-
größe im Zenit in halbstündlichen Abweichungen von dem für die be-
treffende Sonnenhöhe geltenden Durchschnittswerte zeigt. Die angegebenen
relativen Gewichte entsprechen der relativen Anzahl der für die Bildung
der einzelnen Mittelwerte benutzten Beobachtungen. Wie man sieht,
wurde das .‚Juli- und Septembermaterial in ähnlicher Weise verrechnet.
Für die übrigen Monate des ‚Jahres reichte das Material leider nicht
aus, um es nach diesem Gesichtspunkt anzuordnen.
Tabelle XXV.
Tagesgang der Polarisation im Zenit, nach Chr. Jensen.
Tageslauf im Juli Tageslauf im September Mittlerer Tageslauf im Jahre
Ab- An:
Ab- | | |
Mittelpunkte | weichungen | Rela- | Mittelpunkte | weichungen | Rela- | Mittelpunkte, weichungen | Rela-
der halb- | von den tiyes der halb- | von den tives | der halb- | vonden | tiyes
PS: ' Durech- ; Be Dureh- |, na Durch- 2
stündigen schnitts- Ge- stündigen schnitts- | e- stündigen | sehnitts- | Ge-
Intervalle | werten der | wicht | Intervalle werten der | wicht | Intervalle | werten der | wicht
| Tabelle XV | Tabelle XV Tabelle XV |
| | | |
230” 2. 1° 4 0.010 | 340 111” 0% a.| + 0.001 | 524 110° 307 a.]| + 0.008: | 218
12520 m. 5 0.0055 32221117307 2. | 40.002 7549-111 0 ,| + 0:004. 220
2250 2. — 0.007 | 305 |j12 0 m. | -# 0.002 | 566 I11- 30 . | 0.008 | 218
02, 0.014 293 12 30°°p.| + 0.007 576 112° 0 m.| + 0.001 | 211
1 30 „| —0.017 |286| 1 0 „| —0.001 | 576 j12 30 p.| — 0.002 | 202
0.017. | 2821 150%, 20.008 [574.01 0; =0.006:..192
ee 0.013 1984| 32 0: 1 0.008 569 | 1.30 „|: =.0:009 | 183
2005| 0.006. | 290 | 230 „| 0.001 | 576 | 2. 0° „| —0.010 | 178
330 ,/22.0.002 | 297 | 3. 0 „| 0.004 | 579.12 30 „| —.0.008.| 174
0 70.08 508 | 3 30 „| #0.010 .68|3 0 „| —0.008 | 1rs
4 30 „| +0.012 | 333 3 30 „ 0.000 | 190
40 „| 40.012) 376 4 0 „; + 0.004 | 207
5 30 „1! +0.008 | 436 | 4 30 „! + 0.007 | 230
| | 5. 0 „| +0.008 | 952
| | 52.30. ,321.-5.0.007 1270
Die Zahlen der 2., 5. und 8. Kolonne von Tabelle XXV hat Jensen auf
Kurvenpapier aufgetragen, und es ergaben sich!) die in Figur 52 dar-
gestellten Kurven.
') Da die mittlere Tageskurve, welche aus den in Tabelle XXV befindlichen Zahlen
konstruiert war, nicht völlig glatt war, so wurde hier noch ene ganz geringe graphische
Ausgleichung nötig.
376 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Betrachten wir zunächst die Julikurve, so zeigt es sich, daß
sie von etwa 11’/s Uhr vormittags ab bis gegen 1°%s Uhr nachmittags
fällt, um dann nach Verlauf von einer guten halben Stunde zunächst
langsam, hernach bedeutend stärker in die Höhe zu gehen. Um etwa 4°/ı Uhr
tritt wieder ein entschiedener Rückgang ein. — Die Septemberkurve
steigt noch nach 11 Uhr morgens, um von nahezu 12 Uhr ab zu
sinken. Auch hier ist die Polarisation während der ganzen Mittagszeit
relativ schwach, später nimmt sie wieder zu. Die mittlere Tages-
kurve ist von 10”/s Uhr vormittags ab dargestellt. Zunächst ist ein An-
stieg der Polarisation zu erkennen, der bis gegen 11 Uhr dauert;
dann sinken die Werte ziemlich stark bis zu einem Minimum um 2 Uhr.
Bald darauf liegt wieder eine Zunahme der Polarisationswerte vor, bis
die Kurve nach 4°s Uhr wieder sinkt. Allen drei Kurven ist gemeinsam,
daß das Minimum in den ersten Nachmittagsstunden liegt, und zwar nicht
sehr weit ab von 2 Uhr.
Leider zeigt die endgültige Julikurve den Tagesverlauf der Polari-
sation erst von 11'/ Uhr ab, doch geht aus den ursprünglichen, zur
Berechnung benutzten Zahlen klar genug hervor, daß auch hier am Vor-
mittage zunächst ein Polarisationsanstieg im Zenit stattfindet. Um-
gekehrt zeigen die ursprünglichen, für die Berechnung der September-
kurve ausgezogenen Zahlen sehr deutlich, daß auch dort gegen den Abend
hin, nachdem die Polarisationswerte vorher zugenommen hatten, wieder
eine Abnahme stattfindet. Als Differenzen zwischen dem größten und
dem kleinsten Werte der Tabelle ergeben sich: für den Juli 0,029, für
den September 0,013 und für die mittlere Tageskurve 0,017.
In der Größe dieser Differenzen würde sich — abgesehen vom
September — wohl kaum eine Änderung ergeben, wenn die Kurven
weiter nach den Morgen- oder Abendstunden hin hätten konstruiert werden
können. Offenbar wird auch die mittlere Differenz zwischen Maximum
und Minimum im September — der sich in dieser Beziehung vermutlich
einem mittleren Monat nähern wird — nicht unerheblich hinter dem
entsprechenden Juliwert zurückbleiben.
Vergleichen wir nun diese Resultate mit den Rubensonschen, so ist
vor allem zu bemerken, daß sie darin übereinstimmen, daß die Tages-
kurve um die Mittagszeit herum ein Minimum aufweist. Allerdings war
es Rubenson nicht möglich, die Zeit des Eintritts dieses Minimums auch
nur annähernd genau zu bestimmen, ja er vermochte nicht einmal zu
entscheiden, ob das Minimum vor oder nach Mittag eintrat. Die Schuld
daran gab er den stärkeren Schwankungen, welche den regelmäßigen
(sang des Phänomens ganz besonders um die Mittagszeit störten, die
übrigens auch von Jensen bei seinen Untersuchungen recht lästig empfunden
wurden. Schließlich versuchte er, der Lösung der Frage dadurch näher
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 377
zu kommen, daß er, soweit das Material reichte, eine Reihe von Tagen
daraufhin untersuchte, ob die Polarisation zu einer gewissen Zeit am
Vormittage größer, oder kleiner sei als der zur entsprechenden Sonnen-
höhe am Nachmittage gehörige Wert. Dadurch, daß Rubenson —
allerdings im konstanten Sonnenabstande von 90° — stets wechselnde
Himmelspunkte anvisierte, waren die Polarisationswerte nicht nur von
der durch die verschiedene Tageszeit bedingten, wechselnden Beschaften-
heit der Atmosphäre an sich beeinflußt, sondern auch durch die ver-
schiedene Sonnenhöhe und die dadurch veranlaßte wechselnde Beleuchtung
des Erdbodens sowie durch die wechselnde Größe der von den Sonnen-
strahlen zu durchmessenden Luftschicht, und so können Rubensons Re-
sultate im allgemeinen nicht ohne weiteres mit den Jensenschen verglichen
werden. In dem hier vor uns liegenden Falle jedoch, wo Rubenson sich
offenbar frei machte von den eben erwähnten, von Kimball genauer
erörterten Faktoren, treten seine Untersuchungen offenbar in nähere
Beziehung zu den Jensenschen Untersuchungen über den täglichen Gang
der Polarisationsgröße.
Er benutzte zwei Wege, um einen Anhaltspunkt hinsichtlich der
Eintrittszeit des Minimums zu gewinnen: entweder verglich er zwei
vom Mittag entfernt liegende Zeiten'), oder aber zwei solche, die in der
Mittagsnähe lagen. Dazu ist zu bemerken, daß die Witterung — wie
Rubenson selber angibt — es nur selten erlaubte, solche Zeitpunkte zu
wählen, die einerseits ziemlich weit vom Mittag entfernt und anderseits in
gleichem Abstande von 12 Uhr lagen. Was die Vergleichung zweier
Zeitpunkte betrifft, die dem Mittag nahe waren, so machten kurz an-
dauernde, plötzliche Störungen, die gerade in den Mittagsstunden häufig
stark aufzutreten pflegen, die Vergleichung oft illusorisch. Aus genannten
Gründen gab auch Rubenson selber sehr wenig auf seine diesbezüglichen
Untersuchungen und teilte seine Resultate nur unter großer Reserve mit.
Dennoch wird es wohl angebracht sein, sie hier kurz anzugeben.
Insgesamt griff er 14 Tage heraus, um weit vom Mittag entfernt liegende
Zeitpunkte auf die Polarisation hin zu untersuchen; die andere .Methode
wandte er auf 22 Tage an. Bei Benutzung beider Methoden kam für
den Sommer ein Überschuß der Polarisation am Nachmittage gegenüber
dem Vormittage zum Vorschein, und Rubenson hielt es deswegen für wahr-
scheinlich, daß das Minimum im Sommer vor 12 Uhr eintritt. Für den
Winter fand er das Gegenteil, mindestens für den Fall, daß er die Stunden
in der Mittagsnähe untersuchte. Warf er sämtliche Tage zusammen, so
neutralisierten sich die scheinbar entigegengesetzten Einflüsse der ver-
schiedenen Jahreszeiten, wenn er in der Mittagsnähe untersuchte, wo-
!) Je nach der Jahreszeit rechnete Rubenson 4 oder 6" als Stunden, die weit vom
Mittag entfernt sind, dagegen 1 oder 3" als solche, die in der Mittagsnähe liegen.
378 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
gegen sich bei Anwendung der zweiten Methode ein beträchtlicher Über-
schuß der Polarisation am Nachmittage ergab. Da nun die Schlußweise
Rubensons nicht absolut einwandsfrei, seine Beobachtungeszahl eine
geringere, die eine Untersuchungsmethode unsicher ist, und da er ferner
selber seine Resultate mit größtem Vorbehalt gibt. so können seine Ab-
weichungen kaum einen Zweifel an der allgemeineren Gültigkeit der
diesbezüglichen Resultate von Jensen aufkommen lassen.
Suchen wir nun nach den Gründen, welche die relativ kleine Polari-
sation um die Mittagszeit bedingen, so muß es auffallen, daß das Minimum
gerade in die Zeit fällt, wo sich die intensivsten Störungen bemerkbar
machen. Nun geht auch aus Jensens Beobachtungsmaterial klar genug
hervor, daß Wolken oder, vorsichtiger ausgedrückt, die mit der Wolken-
bildung verknüpften Vorgänge in der Atmosphäre!) eine der. hauptsäch-
lichsten Ursachen von Polarisationsstörungen abgeben. Demnach wird
es nahe gelegt, dab die relativ kleinen Polarisationswerte um Mittag
durch derartige Vorgänge bedingt sind. Diese Ansicht findet ihre starke
Stütze darin, daß, wie vor einigen Jahren Helmuth König nachgewiesen hat’),
in der Mittagszeit — und zwar namentlich in den wärmeren Monaten —
eine Depression der Tageskurve des Sonnenscheins zu finden ist, die in
dem Gange der Bewölkung?) begründet liegt. Dieses Teilminimum ist, wie
König angibt, selbst mn Hamburg mit seinen geringen Sonnenscheinwerten
in den Monaten Mai, Juli und August stark ausgeprägt.
Die eben angedeutete Beziehung zwischen dieser Tatsache und dem
Gange der Polarisationsgröße würde wohl am besten so aufzufassen
sein, dab die Ursache für den Eintritt des Polarisationsminimums um
die Mittagszeit im letzten Grunde dieselbe ist wie die, aus welcher sich
das von H. König gefundene Bewölkungsmaximum erklärt. Da nun Jensen
bei. seinen Beobachtungen stets sorgfältige Himmelsschau hielt und ab-
sichtlich in der Regel bei möglichst schönem Himmel beobachtete, so ist
nicht anzunehmen, daß ihm wirkliche Wolken häufiger entgangen sind,
und wir müssen uns wohl vorstellen, daß die Herabminderung der Polari-
sationsgröße um die Mittagszeit schon durch zarteste, für das bloße Auge
nur äußerst schwer oder gar nicht erkennbare Kondensationsprodukte des
in der Atmosphäre vorhandenen Wasserdampfes bedingt ist. Wir hätten
es hier mit einer Wirkung des, um die wärmste Tageszeit besonders
‘) Wir sahen schon, wie häufig starke Polarisationsstörungen eintraten, bevor die
geringste Spur von Wolken zu entdecken war, daß aber dann oft einige Zeit hernach
mehr und mehr Wolken zum Vorschein kamen.
?) H. König, Die Sonnenscheindauer in Europa. Nova acta der Kaiserl. Leop.-
Carol. Deutscher Akad. der Naturf., Bd. LXVII, Nr. 3 (1896).
°») Bei diesen Registrierungen des gewöhnlichen Sonnenscheinautographen treten
natürlich direkt Wolken in Wirksamkeit.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 379
stark in die Erscheinung tretenden aufsteigenden Luftstromes zu tun, der
sich auch im täglichen Gange des Barometers zu erkennen gibt, und welcher
Wasserdampf mit in die höheren Regionen der Atmosphäre führt, der sich
dann wegen der niedrigen, dort herrschenden Temperatur kondensiert. Wir
wollen dabei nicht unerwähnt lassen,, daß das von König angegebene
Sonnenscheinminimum, welches bis 2 Uhr nachmittags reicht, schon um
11 Uhr vormittags beginnt, wogegen die Polarisationsgröße bei der für
den Jahresdurchschnitt geltenden Kurve um diese Zeit höchstens eben
zu fallen begonnen hat. Dabei ist allerdings anderseits zu bedenken.
daß eine Zunahme der Bewölkungsgröße durch den Campbell-Stokes’schen
Sonnenscheinautographen gar nicht nachzuweisen ist von einer gewissen
Grenze an, von der ab die Absorption der Sonnenstrahlen durch Wolken
jede Einwirkung auf den Autographenstreifen verhindert, und ferner, daß
es keineswegs ausgeschlossen erscheint, daß an solchen Tagen, wo die
Witterungsbedingungen für wirkliche Wolkenbildung besonders günstig
sind, eine starke Kondensation des Wasserdampfes schon vor der wärmsten
Tageszeit stattfindet. Und auch darauf wollen wir hinweisen, daß nach
Rubensons Beobachtungen das Maximum der Bewölkung schon um Mittag
eintrat, wogegen Kämtz in seinem bekannten Lehrbuch der Meteorologie
angegeben hat, daß „die Zahl und Größe der Cumuluswolken ein wenig
nach der Stunde der größten Hitze ihr Maximum erreichen“.
Es handelt sich hier in der Tat um höchst verwickelte Probleme.
und bereits Dove wies Rubenson darauf hin, daß der aufsteigende Luft-
strom einerseits durch Mitführen von Wasserdampf in den höheren
Schichten der Atmosphäre Kondensation verursachen, anderseits aber
durch Erhöhung der Temperatur die in tieferen Atmosphärenschichten
befindlichen Kondensationsprodukte zum Verdampfen bringen kann. Da-
nach würden also zwei miteinander im Wettstreit liegende Faktoren zu
berücksichtigen sein. Neuere Untersuchungen über die tägliche Periode
der verschiedenen Wolkenformen haben in überraschender Weise eine
innige Beziehung zwischen der Zeit des Maximums und der Höhe der
Wolken dargetan. Dies alles sind Fragen, die offenbar eng mit der in
Diskussion stehenden Frage verknüpft sind. ‚Jedoch können wir nicht
näher auf den Punkt eingehen und müssen uns begnügen mit dem Nach-
weise, daß die durch den aufsteigenden Luftstrom bedingte Kondensation
des Wasserdampfes den täglichen Gang der Polarisationsgröße stark
beeinflußt.
Was nun den in den Kurven angedeuteten Anstieg der Polarisation
während der ersten Vormittagsstunden und den Rückgang des Phänomens
gegen Sonnenuntergang betrifft, so wurde eine völlig befriedigende Er-
klärung bislang noch nicht gefunden.
Vergleichen wir die von Jensen gefundenen Tagesschwankungen
380 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
der Polarisationsgröße mit denen Rubensons, so sehen wir, daß die letzteren
erheblich größer sind. So fand Rubenson für den Winter 0,065 und für
den Sommer 0,121, im Mittel also 0,093, indem er bei jeder der beiden
Jahreszeiten für solche Tage die Differenzen zwischen der zum niedrigsten
und zum höchsten Sonnenstande gehörigen Polarisationsgröße berechnete
und aus diesen das Mittel bildete.
Daß die von Rubenson gefundenen Unterschiede so bedeutend viel
größer waren als die vorhin untersuchten, dürfte, wie Jensen gezeigt hat, zum
sehr großen Teil dadurch begründet werden, daß seine Beobachtungsmethode
eine völlig andere war, wie wir bereits genauer gezeigt haben. Er
beobachtete den um 90° von der Sonne entfernten Punkt bald am
Morgen oder am Abend, wo die Sonne einen relativ niedrigen Stand hatte,
bald um die Mittagszeit, wo sie relativ hoch stand, ohne seine Zahlen in
analoger Weise, wie Jensen es getan, dadurch von der direkten Beziehung
der Sonnenhöhe zur Polarisationsgröße zu befreien, daß er sämtliche zur
nämlichen Sonnenhöhe gehörigen Werte zu einem Mittel vereinigte, um
hernach die Differenzen zwischen den, bestimmten Tageszeiten zukommen-
den Werten und den zur entsprechenden Sonnenhöhe der Durehschnittskurve
gehörigen Zahlen zu bilden. Aus den Untersuchungen Connels, Kimballs
und Sorets müssen wir aber schließen, daß die relativ starke Beleuchtung
des Bodens um die Mittagszeit die Polarisation stark herabdrückt.
Im nämliehen Sinne beeinflussen, wie aus Jensens Untersuchungen
hervorgeht, gewisse meteorologische Faktoren den Gang der Polarisation
im Zenit, oder vielmehr, da es sinnwidrig wäre, anzunehmen, daß sich
derartige Einflüsse auf das Zenit beschränken. den Gang der Polari-
sation!) am Himmelsgewölbe überhaupt. Die so gedachten zwei Faktoren
wirken nun offenbar in den ersten auf die um den Mittag herum liegende
Zeit folgenden Stunden im nämlichen Sinne, indem sie eine Vermehrung
der Polarisation herbeiführen, derart, daß die Differenz zwischen Maximum
und Minimum der gesamten Tageskurve bei Rubenson eine größere wird.
In dem nämlichen Sinne wirkt, wie wir bei Kimball sahen, die
durch seine Beobachtungsmethode bedingte Differenz der Luftsehichtdicke,
und wir irren wohl kaum, wenn uns die Verschiedenheit der Lage, welche
die im Laufe des Tages anvisierten Himmelsstellen gegen den erleuchteten
Erdboden haben, dazu angetan erscheint, die durch die andern Momente
hervorgerufene Differenz noch zu verschärfen.
Zum Teil dürfte schließlich der Grund für die größeren Differenzen
bei Rubenson darin zu suchen sein, daß er seine Messungen in einem
südlicher gelegenen Land anstellte. Einerseits fallen nämlich die seine
') Figur 52 weist eine Schwächung der Polarisation gegen Sonnenuntergang
auf, während die Abnahme der Helligkeit des Erdbodens im entgegengesetzten Sinne
wirken muß.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 381
Beobachtungen beeinflussenden Schwankungen des Sonnenstandes dort
stärker ins Gewicht, anderseits muß bedacht werden, daß der tägliche
Gang der meteorologischen Instrumente, der offenbar innig mit dem
Gange der Polarisation verknüpft ist, ein um so ausgeprägterer wird, je
mehr wir uns dem Äquator nähern. Genau in demselben Sinne ist es
offenbar zu verstehen, daß bei beiden Beobachtern die Tagesschwankung
im Sommer relativ groß ist.
Es ist übrigens wohl bemerkenswert, daß die tägliche Schwankung,
welche Bernard, der nach der nämlichen Methode beobachtete wie Rubenson,
im Jahre 1854 bei Bordeaux fand, fast genau die nämliche ist wie die
mittlere Rubensonsche. So fand er am 13. Oktober 1854 bei Sonnen-
höhen von 25, 20, 15, 10, 5 und OÖ Grad die entsprechenden Polarisations-
werte von 0,624, 0,658, 0,667, 0,699, 0,714 und 0,705 und am folgenden
Tage bei Sonnenhöhen von 35, 25, 20, 15, 10 und 5 Grad die entsprechen-
den Werte 0,611, 0.636, 0,646, 0,673, 0,697 und 0,708, so daß die Diffe-
renzen zwischen Maximum und Minimum 0,090 und 0,097 sind.
Von besonderem Interesse erscheint uns nun die Frage, wie sich
die Abendwerte der Polarisationsgröße zu den der nämlichen Sonnenhöhe
zugehörigen Morgenbeobachtungen verhalten. Aus den Jensenschen Kurven
ist kein zwingender Schluß in dieser Beziehung zu ziehen, wenn man
auch vielleicht am ehesten zu der Vermutung geführt werden dürfte, daß
der September größere Abend- als Morgenwerte aufzuweisen habe. Be-
züglich der Juli- und Jahreskurve läßt sich gar nichts schließen; die
Werte im Beobachtungsjournal sind leider nach. dieser Richtung hin nicht
ausgewertet worden, und es würde uns im Moment zu weit führen, wollten
wir das Versäumte nachholen. Unter Benutzung von Rubensonschem
Material haben wir nun auf zwei Wegen versucht, etwas über diese
Beziehungen zu erfahren. Einmal benutzten wir die vorhin gegebenen
Tabellen, welche Mittelwerte von Sommerabend- und Sommermorgenbeob-
achtungen geben, indem wir von der ersten nur die für die zwischen
4" 0" p. und 6" 30” p. liegende Zeit geltenden und für die zweite sämt-
liche, das heißt die zwischen 5" 30” a. und 8” 0" a. beobachteten Zahlen
verwerteten. Diesen Zeiten mußten offenbar ungefähr gleiche Sonnen-
höhen entsprechen. Das Mittel aus den Abendbeobachtungen ergab
P = 0,6286, das aus den Morgenbeobachtungen P = 0,5920. Da
sich nun die Sonnenhöhen an den beiden Tageszeiten kaum genau ent-
sprochen haben, weil die Tage, an welchen die Morgen- bezw. Abend-
beobachtungen gemacht wurden, höchstens dreimal von vierzehn mit-
einander übereinstimmten und weil, wie wir sahen, die eine Tabelle aus nur
drei Beobachtungsreihen hervorgegangen war, so dürfen wir diesem Re-
sultat allerdings nicht zu viel Gewicht beilegen.
Wir erhielten aber das nämliche Resultat, indem wir eine von Rubenson
389 Friedr. Busch und Chr. Jensen. '
angegebene Tabelle untersuchten, in welcher die der Sonnenhöhe O ent-
sprechenden Polarisationswerte angegeben waren. Acht dieser Werte,
welche zwischen dem 21. Oktober 1861 und dem 8. Januar 1862 gefunden
worden waren, entsprachen Abendbeobachtungen, die übrigen acht Morgen-
beobachtungen. Der Durchschnittswert für die letzteren belief sich auf
0,7745, der für die Abendzahlen auf 0,7905. Dazu ist leider zu bemerken,
daß nur je zwei solcher Beobachtungen auf den nämlichen Tag fielen,
woraus sich allerdings auch ein Übergewicht des Abendwertes (P= 0,7715)
über den Morgenwert (P = 0,7580) herausstellte. Dagegen gibt nun
(+. Schultz bezüglich der vorhin erwähnten amerikanischen Messungen
an, daß Normalkurven für die Morgen- und Abendbeobachtungen gezogen
wurden, wobei sich herausstellte, daß die Polarisationsgröße am Morgen
orößer als am Abend war'). Wir müssen hier allerdings zu bedenken
geben, daß eine zu wichtigeren Schlüssen berechtigende Vergleichung dieser
verschiedenen Befunde untereinander ohne weiteres vielleicht gar nicht
möglich ist, da man nieht weiß, ob der von Schultz gezogene Schluß auf
Beobachtungen beruht, die nur bei möglichst heiterem Himmel angestellt
wurden. Auch ist zu bedenken, daß nach dem Berichte von Schultz an
der Station, wo die größten Differenzen zwischen Abend- und Morgen-
beobachtungen gefunden wurden, die ersteren sechsmal so zahlreich waren
als die letzteren. Anderseits fanden allerdings auch Crova und Houdaille?)
auf dem Mont Ventoux größere Werte am Morgen als am Abend. Hoffent-
lich wird man nun in Zukunft dem Vergleich der Morgen- und Abendpolari-
sationswerte eine weit größere Aufmerksamkeit schenken als bisher. Es
dürfte hernach noch dentlicher werden, daß man daraus wichtige Schlüsse
über die Durchsichtigkeitsverhältnisse der Atmosphäre zu verschiedenen
Tageszeiten wird gewinnen können.
Man sieht aus dem Vorhergehenden, daß man bei Ableitung von
(resetzmäßigkeiten nicht ohne weiteres Abend- und Morgenbeobachtungen
miteinander vermengen darf. Dies hat Rubenson außer acht gelassen,
als er die tägliche Schwankung im Sommer mit der im Winter verglich,
indem er für den Sommer 12 Abend- und 4 Morgenbeobachtungen und
für den Winter 8 Abend- und 8 Morgenbeobachtungen für die Rechnung
benutzte. Wir haben uns allerdings davon überzeugt, daß das Resultat
sich wenig ändert, wenn man für die Bildung der, im Rubensonschen Sinne
gedachten Differenz für Sommer und Winter nur die bei Sonnenunter-
') Man könnte vielleicht vermuten, daß auch ‚Jensen in Hamburg für die Periode,
wo er beim Aragoschen Punkte am Morgen eine größere Brückengröße als am Abend fand,
am Abend bei entsprechender Sonnenhöhe kleinere Polarisationswerte würde gefunden
haben als am Morgen. Hoffentlich werden auch von diesem Gesichtspunkt aus recht
bald von verschiedener Seite aus kombinierte Beobachtungen der neutralen Punkte und
(der Polarisationsgröße in Angriff genommen.
?) Siehe Ann. Phys. Chim., t. 21 (1910), p. 203.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisätion. 383
gang beobachteten Polarisationsmaxima verwertet, indem man dann 0,1148
statt 0,1207 für den Sommer und 0,0592 statt 0,0653 für den Winter erhält.
Rubenson hat übrigens auch versucht, die jährliche Variation der
Ditferenz zwischen Maximum und Minimum (}’— yo) durch eine Formel
ae 1
darzustellen, und er fand dabei Y—y, = 7; Sin us» cos 4 ts. Hier be-
&Y
deutet ıs die größte einem in Frage stehenden Tage zukommende Sonnen-
höhe. € ist eine „meteorologische Konstante“, welche er in folgender
Weise erhielt. Für die 16 + 16 erwähnten Differenzen zwischen Maximum
und Minimum bildete er die dem entsprechenden Tage zukommenden
Werte sin us * cos $ rs. Durch Division dieser Werte durch die dazu-
gehörige Differenz fand er das C für diesen Tag. Aus der Vereinigung
aller so gewonnenen Zahlen für © folgte der Mittelwert € == 6,681 I):
indem sich für den Sommer (22. Mai bis 27. Juli) 6,704 und für den Winter
(21. Oktober bis 8. Januar) 6,658 ergeben hatte, wobei übrigens Rubenson
darauf aufmerksam machte, daß es im Grunde nötig sei, für die Ermittelung
von ( Beobachtungen aus einer mittleren ‚Jahreszeit heranzuziehen, dab
er aber leider solche nicht zur Verfügung gehabt habe. Wie hoch oder
wie niedrig man nun auch über den Wert einer solchen Formel denken
möge, man wird immerhin zugeben müssen, dab es recht interessant sem
muß, diese Formel bei künftigen Beobachtungen dieser Art auf ihre
Richtigkeit hin zu untersuchen, und abgesehen davon, daß es uns sehr
darauf ankommt, auf die reiche Fülle von Anregungen hinzuweisen, die
man gerade vom Studium des Rubensonschen Werkes erwarten darf,
brachten wir sie hier auch aus diesem Grunde.
Bevor wir unsere Erörterungen über den täglichen Gang der Pola-
risationsgröße schließen, müssen wir noch etwas näher auf das bereits
erwähnte, zunächst von Pickering und neuerdings — und zwar offenbar
unabhängig von diesem — von Kimball entdeckte Phänomen eingehen, dab
die Polarisationsgröße im Zenit nach Sonnenuntergang”) etwa eime halbe
Stunde lang so stark wächst, daß sie oft am Ende dieses Zeitraumes
nahezu doppelt so groß ist als zu Beginn desselben. Pickerimg fand
diese Tatsache im Jahre 1884°). Kimball stieß zuerst im Jahre 1902 auf
die Erscheinung und beriehtete darüber 1903%). Wir geben in beifolgenden
1) Drei der für © berechneten Werte wurden für die Mittelbildung nicht ver-
wendet, weil sie ganz extrem waren.
?) Rubenson stellte — seiner ganzen Messungsmethode entsprechend — nur Beob-
achtungen an, wenn die Sonne überm Horizont stand.
>) S. Proceed. of the American Academy of Arts and Sciences von 1885. p. 300
und 301.
4) S. Monthly Weather Review, vol. 31, p. 320—334. S. darüber auch H. H. Kimball,
Pyrheliometer and Polarimeter Observations, Bulletin of the Mount Weather Observatory.
vol. 2 (1910), p. 65.
384 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Tabellen die diesbezüglichen Piekeringschen') und Kimballschen Messungen
wieder.
Tabelle XXV1.
Polarisationsgröße im Zenit nach Sonnenuntergang,
nach E. C. Pickering.
| Mittlere 3 Polari-
Jahr Monat Tag Green, DONNEN- | „ations- Bemerkungen
| | wicher | abstand ® 5
| : größe
| Zeit
f Die für den 1. August angegebenen
1884 | August 1 (112 5gu 90° 0.217 y Insalipnawierte sind nach Pickerings
| Ansicht wahrscheinlich etwas zu klein.
a 2 3 59 ; 0.242 —
R $ > 0.251 -
en : 4 0.307 =
# £ 9 0.360 =
; 16 } 0.436 =
a re 17 k 0.444 —
2 8 20 ; 0.446 —
| " = 25 r 0.459 —
| September 13 |10 48 5 0.336 —
5 110%; 49 c 0.340 >—
IE 51 x 0.353 Die Luft war sehr klar.
Re; 52 0.383 —
- | n | 54 h 0.391 —
| 5 SL ERG) 5 0.479 ne
r IE: 1 0.488 —
A n 3 0.495 =
‚ 10 0.582 —
el $ 12 | 0.593 —
') Der in der Öten Vertikalreihe angegebene Sonnenabstand des beobachteten,
innerhalb des Sonnenvertikals liegenden Punktes ist wohl nur als angenäherter
Wert aufzufassen, da Pickering im Text hinsichtlich der hier wiedergegebenen Zahlen
direkt sagt, dab die Beobachtungen nach Sonnenuntergang im Zenit angestellt wurden.
Aus der von Kimball angegebenen Tabelle und aus den zugehörigen Bemerkungen war
. nicht mit Sicherheit zu ersehen, ob die (auch innerhalb des Sonnenvertikals vorgenommenen)
Messungen genau für den Zenitpunkt, oder aber für eine genau um 90° von der Sonne
entfernte Himmelsstelle gedacht sind. Es scheint sich allerdings auch um den genauen
Zenitpunkt zu handeln. Nach uns soeben zugegangener, liebenswürdiger Mitteilung von
E. ©. Pickering wurden sämtliche, in den Proceed. of the American Academy of Arts
and Sciences von 1885 (p. 300--301) angegebenen Polarisationsbeobachtungen am Obser-
vatorium in Cambridge (Länge — 4" 44" 31°,05, Breite = 42° 22’ 47”,6) angestellt. Die
Zeit der ersten 44 dort angegebenen Beobachtungswerte — zu denen die in dieser Tabelle
angeführten gehören — ist danach vom mittleren Greenwicher Mittag ab gerechnet.
wogegen versehentlich die der folgenden Werte von Mitternacht ab gerechnet zu
sein scheint. Auch teilt uns Pickering mit, daß die Zeitangaben für den 1. August
wahrscheinlich etwas fehlerhaft sind, da es so scheint, als ob eben vor Sonnenuntergang
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 3835
Tabelle XXVI.
Polarisationsgröße nach Sonnenuntergang, nach Kimball.
Zeit nach Sonnenuntergang (Minuten)
Datum = Bemerkungen
0 10 115) | 20 27 30
1902 | Die Sonne ging hinter Wolken unter;
Dezember 11 [10.357 0.519| — |0.596| — 10.687 |jes wurden viele au beob-
| | achtet.
-c | a | 0% Feine Cirruswolken über den
„ 13 10.399 | 0.539 Sen) 0.662 — 10.692 Ben Teil des Himmels zerstreut.
A 16 [0.452 | 0.520 | 0.551 10.566 | — 10.588 Klar.
> 17 10.394 |0.506 | — 10.623] — 10.640 Leichter Rauch.
n 18 10.363 |0.442 | — 10.570] — 10.611 Leichter Rauch.
5 AS Wenige Fractocumulus-Wolken;
» 23 |0.348|0.413| — |0.594| — [o.500|| Weekhier Nobel und Ranch.
a 31 10.370 |0.541 — 0.617 — 10.648 Leichter Nebel und Rauch.
1903
ep r } r pet Cirrostratus-Gewölk am westlichen
Januar 6....|0.285|0.468| — |0.578|0.572 {
| | Zunehmende Bewölkung durch
8 0303.10 205 NOTE [oumulostratu -Wolken; zu dunkel
® | | für weitere Beobachtungen.
” 9....10.40510.549| — |I0.5135! — [0.548] Wenige Cirren; leichter Rauch.
a 0.351 /0.558| — 10.599| — [0.571 Brillanter Sonnenuntergang.
le: 0.366 10.5781 — [/0.640| — 10.679 Wenige Cirren.
„ 15....10.346 |0.546| — [0.665| — [0.678 Leichter Rauch.
A) 0.390 |0.560| — 10.64510.65| — Leichter Rauch.
09 0.339 10.539| — | 026481102632. 7 Wenige Cirren; leichter Rauch.
| | |
2: 0.395 0.577) — [0.598/0.565| — Wenige Cirren ; leichter Rauch.
k Ein Era In psa| | Wenige Cirren; brillanter
» 80....[0.315/0.572] — |0.639|0.608| — |{ Sohn enantaneung.
Februar 4...10.375|0.585| — [|0.505 10.511 — Wenige Altostratus-Wolken.
Be 10.264 0.656 | —- \0.551 0.603 — |£ 9 Cirrontrabus Wolken; leichter
| I | | 7 .
re | Aa Wenige Altostratus-Wolken;
” 9...[0.282 | 0.490 IL Fa Des ee { brillanter Sonnenuntergang.
„ 13...|0.479|0.589| — |0.464|0.549| — ==
Beide Tabellen lassen sehr deutlich das Anschwellen der Polarisations-
größe nach Sonnenuntergang erkennen, und man sieht tatsächlich, dab
sich die Werte vielfach in der kurzen Zeit von nahezu einer halben
Stunde fast verdoppelt haben. Außerdem läßt die von Kimball ange-
(„just before sunset“) mit den Messungen begonnen wurde. Dies wäre also für die in
Tabelle XXVI unterm 1. August angegebenen Beobachtungen zu berücksichtigen. Das
Wesen der Erscheinung und die daraus abgeleiteten Schlüsse würden aber durch die
so gedachte Korrektion nicht berührt werden.
25
386 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
gebene Tabelle deutlich erkennen, daß sich im allgemeinen der größte
Anstieg 10 Minuten nach Sonnenuntergang bereits vollzogen hat!').
Es ist nun interessant, mit den Pickeringschen und Kimballschen
Zahlen die nach Sonnenuntergang für das Zenit geltenden Polarisationswerte
zu vergleichen, wie sie sich aus einer Anzahl der Jensenschen Beobachtungs-
reihen ergeben?). Wir geben sie in nebenstehender Tabelle XXVIII wieder.
Es springt vor allem in die Augen, daß die Zunahme der Polarisations-
eröße nach Sonnenuntergang bei Jensen — und das bei recht verschiedenen
Wetterlagen?) — außerordentlich viel geringer ist als bei Kimball und
bei Pickering. Wir haben schon S. 343 gezeigt, wie Pickering und
Kimball das Anwachsen der Polarisationsgröße nach Untergang der Sonne
zu erklären suchten. Ohne eine endgültige Entscheidung über das
Phänomen, welches offenbar, wie wir gleichfalls S. 343 sahen, mit dem
raschen Sinken des Babinetschen Punktes nach Sonnenuntergang in naher
Beziehung steht, geben zu wollen, möchten wir doch nicht unerwähnt
lassen, daß wir uns mit Kimballs Ansicht nicht recht befreunden können.
Wir schließen uns vielmehr im Prinzip mehr Picekering an, wollen aber
dessen Anschauung dahin erweitern — wie wir es übrigens bei dem Ver-
suche einer Erklärung der Wanderung des Babinetschen Punktes schon
getan haben —, daß nach Untergang der Sonne die unteren, horizontal
polarisierten Luftschichten an Lichtstärke rasch einbüßen und das
uns von den höheren, um das Zenit liegenden Schichten zukommende,
positiv polarisierte Licht nur noch in geringerem Grade neutralisieren.
Da in Störungszeiten das Verhältnis dieser beiden Lichtintensitäten
außerordentlich hohe Werte anzunehmen scheint, so wird der Anstieg
der Polarisationsgröße nach Untergang der Sonne in solchen Zeiten
stärker hervortreten müssen als unter normalen Verhältnissen. Damit stehen
Jensens Beobachtungen, die, im Gegensatze zu denen von Pickering und
Kimball, in einer störungsfreien Zeit abgeleitet sind, durchaus in Einklang‘).
') Für die Zeit zwischen O und 10 Minuten haben wir keine Werte angegeben gefunden.
2) Die Zeit des Sonnenunterganges ist bekanntlich verschieden, je nachdem bei der
Berechnung der Sonnenhöhe die Refraktion berücksichtigt wird, oder nicht. Die durch die
34' 54"
cos 2 cosd cost
wobei natürlich Bogenmaße in Zeitmaße zu verwandeln sind. Hier bedeuten &, d und t
geographische Breite, Sonnendeklination und Zeit, und man findet £ aus der Gleichung:
Refraktion bedingte Verzögerung berechnet sich nach der Gleichung: dt =
cost—= —tgetgod. Hiernach schwankt z.B. die Verspätung für Hamburg (# = 53° 33’ gesetzt)
zwischen 5” 16° und 3”55°. Bei der Jensenschen Tabelle ist — ebenso wie bei seinen früheren
Angaben der Sonnenhöhe — die Refraktion nicht berücksichtigt worden. Da Kimball die
Sonnenhöhen durch direktes Einstellen auf die Sonne ermittelte, ist anzunehmen, daß die in
Tabelle XXVII angegebenen Zeiten vom scheinbaren Sonnenuntergang ab gerechnet sind.
’) Starke Bewölkungsgrade kommen allerdings, wie wir sahen, bei den Jensenschen
Beobachtungen überhaupt nicht in Betracht.
») S. p. 398—399.
Bros 7 |..90 0 re
1895 -
lo -— | -|- | - 05 — | —
Ze 10.0 -|-|-|-|-|-
Bloc - | - 0a — | — 0.0 —
Be loca - -|- | -1|—-|- [0.65
| | |
los - -|- | - rel - | —
| |
Zora - | - | = | - | 1 -
8. „ lo.6770.6871 — | — | — | — [0.693] —
har || - -bit - || -
1896 |
lo - - -o2 -|1—- | —
21. „..lo.c87] — 0.204 — | — | — [0.694 —
Bee -— — ou — | — 0.737 —
| | |
B0.Sept. lo. -— | - — lo. — | — | —
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation.
Tabelle XX VII.
ws
[ee]
-1
Polarisationsgröße im Zenit nach Sonnenuntergang, nach
den Jensenschen Beobachtungen.
EEE m mm
Zeit nach Sonnenuntergang (Minuten)
17
0.745)
19
le
Dee
|
‘0.656
0.750
| [am Horizont,
Bemerkungen
Von Beginn der Beobachtungen
(5638 p.) ab Himmel wundervoll blau;
nur winzige Wolkenam Horizont. Bald
nach Sonnenuntergang tauchten hie
und da Wölkcehen auf (Barometer stei-
gend, im Mittel der Terminbeobach-
tungen = 764,1 mm).
Die Tinten am Himmel waren bei
weitem nicht so schön wie bei der
gestrigen Abenddämmerung.
Die Luft war heute abend auffallend
klar und sichtig; die Sonne ging
|inter "Br am wolkenlosen Himmel
unter (Barometer steigend, im Mittel
—= 766,6 mm).
Am Horizont wurden heuteabend (im
W., N. und 0.) Wolkenschleier kon-
statiertt. Abendrot sehr matt. Die
Sonne ging als feuriger Ball unter.
immer kein Wölkchen zu konstatieren
Um 65 40 p. auffällig schönes,
intensives Abendrot.
Um 6hp. wurde notiert, daß noch
Rz
Der Himmel hatte ein graublaues
gegangenen Sonne herrschte ein
sehmutzig-orangegelber Farbenton.
2. an in der Gegend der unter-
Gesamtbewölkung nahezu = 0, aber
der Westhorizont war ziemlich diesig;
bald nach Sonnenuntergang überm
„Kleinen Kiel“ ziemlich starker Nebel.
Die Fernsicht war ausnehmend
brillant. So klare, sichtige Luft hatten
wir im September noch nicht gehabt.
Prächtiges Wetter den ganzen Tag
(Barometer im Mittel = 764,5 mm).
Himmel, der sich erst gegen Abend
mehr und mehr aufgeklärt hatte, von
weißlichblauer Farbe (Barometer im
ganzen fallend, im Mittel = 759,5 mm).
- (er der Sonnengegend Wolkenschleier.
Bei steigendem Barometer (im Mittel
— 761,4 mm) war die Luft wunderbar
’klar und sichtig (nur winzige Wolken
und zwar namentlich
im W.).
Luft etwas rauchig; auch machte sich
schon um 5h 30p. schwacher Nebel
bemerkbar; um 6h 30 p. (nach der Be-
obachtung) undurchdringlicher Nebel
(Barometer im Mittel = 773,9 mm).
25*
388 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Nachdem wir den Tageslauf der Polarisationsgröße besprochen
haben, liegt es nahe, zu untersuchen, wie sich die Durchschnittswerte
in den verschiedenen Jahreszeiten gestalten. Zu dem Ende könnte man
eventuell bei Rubenson versuchen, unter der Annahme, daß den im Winter
zwischen 12” 40 p. und 4" 10 p. liegenden Zeiten ungefähr die nämlichen
Sonnenhöhen zukommen, wie sie im Sommer den zwischen 4" Op.
und 7”10 p. liegenden Zeiten entsprechen, sowie unter Berücksichtigung
der Tatsache, daß diese, für den Winter geltende Zeit dem Mittag er-
heblich näher steht als die andere, für den Sommer angegebene, den
aus der Tabelle XVIII errechneten Durchschnittswert mit dem aus der
Tabelle XXI abgeleiteten Durchschnittswerte zu vergleichen. Wir erhalten
so für den Sommer 0,6355 und für den Winter 0,7586. Es ist wohl
anzunehmen, daß die erste Annahme der Wirklichkeit ziemlich nahe-
konmt, und wenn man bedenkt, daß man bei alleiniger Berücksichtigung
der Tageszeit nach den vorhergehenden Darlegungen für den Mittel-
wert aus Tabelle XXII eher eine relativ kleine Zahl erwarten müßte,
so scheint das Resultat dafür zu sprechen, daß die Polarisationsgröße
in Italien im Winter ceteris paribus größer ist als im Sommer.
Jensen hatte zur Beantwortung der uns hier beschäftigenden Frage
das gesamte Material nach ‚Jahreszeiten angeordnet und die Differenzen
gegen die als Vergleichsnormale dienende Sonnenhöhenkurve gebildet.
Leider waren die Beobachtungsdaten noch keineswegs genügend, um die
Vergleichung auf sämtliche Monate auszudehnen. Einigermaßen ver-
gleichbar waren nur der April, der Mai, der Juli, der August und der
September. Unter diesen wiederum hatten nur der April und der Sep-
tember eine verhältnismäßig große und annähernd gleiche Zahl von Be-
obachtungen aufzuweisen. Die Beobachtungszahl für den April belief sich
auf 104, die für den Mai auf 50, die für den Juli auf 37, die für den
August auf 57 und endlich die zur Berechnung des Septemberwertes
benutzte auf 117. Die relativen Werte für den Polarisationsüberschuß
ergaben sich der Reihe nach zu + 0,011, + 0,016, + 0,007, — 0,021
und — 0,003. Es scheint nun allerdings hieraus deutlich genug hervor-
zugehen, daß für Kiel die positive Polarisation in der wärmeren Jahres-
zeit relativ gering ist.
Um die wichtige Frage der Beziehung der Polarisationsgröße zu den
verschiedenen .Jahreszeiten zu einer wirklichen Klärung zu bringen,
wird es allerdings noch zahlreicher, von vornherein auf das bestimmte
Ziel gerichteter Messungen bedürfen, und wir möchten die Angabe dieser
Resultate im wesentlichen nur so aufgefaßt wissen, daß sie zu weiteren,
genaueren Untersuchungen anregen soll. Bei diesen wird man vermutlich
vor allem das Augenmerk auf die Feuchtigkeitsverhältnisse der Atmo-
sphäre lenken müssen.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 389
Nachdem wir nach Möglichkeit die Gesetzmäßigkeiten beleuchtet
haben, von denen der Gang der Polarisationsgröße im Laufe des Tages
und Jahres abhängt, mag es vielleicht von einigem Werte sein, Jensens
Untersuchungen darüber kennen zu lernen, wieweit sich die positiven
oder negativen Abweichungen der an den Vor- oder Nachmittagen gefundenen
Polarisationswerte von der als Normalkurve bezeichneten Kurve aus der
verschiedenen Beschaffenheit‘ der Atmosphäre, wie sie in den Rand-
bemerkungen zu den betreffenden Beobachtungen angegeben war, verstehen
lassen. Es wurden die Abweichungen der einzelnen Beobachtungen
festgestellt, und hernach wurde der Durchschnitt dieser Abweichungen
berechnet. Diesem entspricht die in den beiden folgenden Tabellen
angegebene „mittlere Abweichung einer Beobachtung“. Bei der ersten
Tabelle wurden die Vor- und Nachmittage, soweit es angängig war,
berücksichtigt, bei der nächsten nur die von 5 Uhr 30 Minuten nachmittags
ab gewonnenen Polarisationswerte. Wir lassen umstehend die für eine
Reihe von Septembertagen. des Jahres 1895 berechneten Tabellen folgen.
Wir können hier natürlich nicht die diesen Beobachtungen bei-
gefügten meteorologischen Bemerkungen bringen, und der geneigte Leser
muß sich mit den folgenden Erörterungen beenügen.
Der starke positive Überschuß am 23. September in allen vier
Zusammenstellungen der Tabellen gegenüber einer negativen Abweichung
am 24. scheint sofort verständlich zu werden, wenn man die den zwei
Tagen zugehörigen meteorologischen und sonstigen Notizen miteinander
vergleicht. Am 23. September konnte Jensen noch um 6 Uhr abends
konstatieren, daß bis dahin kein Wölkchen am Himmel zu bemerken
gewesen und daß der Himmel im Westen wundervoll hell sei; ebenso
notierte er um 5 Uhr nachmittags, daß der Himmel eine wunderbar
schöne blaue Färbung aufweise. Allerdings hatte der Horizont an diesem
Nachmittage zum Teil ein etwas bleiernes Aussehen. Am 24. September
machten sich die die Polarisation herabdrückenden Einflüsse nach den
Zahlenangaben am stärksten am Vormittage geltend. Dies steht offenbar
damit im Zusammenhange, daß die Beobachtung vor Mittag plötzlich ab-
gebrochen werden mußte, weil Wolken sichtbar wurden — die Störung
trat bereits ein, bevor das Auge etwas wahrnehmen konnte —, die in
kurzer Zeit fast den ganzen Himmel bedeckten. Bereits bei Beginn der
Beobachtung wurde vermerkt, daß die Luft nicht sehr sichtig sei. Am
Nachmittage ist von Wolken nichts vermerkt, doch ist zu erwähnen, daß
sich vielfach Rauch bemerkbar machte, daß der Horizont am Abend
etwas diesig war und daß Nebel herrschte. Dieser machte sich aller-
dings erst nach Schluß der Beobachtungen bemerkbar. Im Zusammen-
hange damit, daß die negativen Abweichungen am Nachmittage viel
geringer sind, steht sicherlich auch die Tatsache, daß der Luftdruck am
390 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Tabelle XXIX.
Abweichungen der Polarisationsgröße im Zenit an einigen
Septembertagen des Jahres 1895 von den Durchschnittswerten
(Vor- und Nachmittag), nach Chr. Jensen.
Vormittag D Nachmittag Ganzer Tag
Mittlere Mittlere Mittlere
Datum en Abweichung ee Abweichung Ba, Abweichung
achtungen Be achtungen Sn achtungen Em:
Beobachtung Beobachtung Beobachtung
23. September 7 | + 0.057 17 + 0.057 24 + 0.057
24. r 6 — I 026 14 — 0.006 20 — 0.012
25. 6 — 4 — 0.002 4 — 0.002
26. B — 14 + 0.023 14 + 0.023
2l. 5 6 —i)- ).034 hl — 0.0283 17 — 0.030
28. B 10 — 0.048 15 + 0.009 25 — 0.014
29. z 9 — 0.018 13 + 0.016 22 + 0.002
30.57. a role AT Me le ee EI 6 — 0.042 6 — 0.042
Tabelle XXX.
Abweichungen der Polarisationsgröße im Zenit an einigen
Septembertagen des Jahres 1895 von den Durchschnittswerten
— von 5 Uhr 30 Min. nachmittags ab —, nach Chr. Jensen.
Den Anzahl der | Mittlere Abweichung
Beobachtungen | einer Beobachtung
23. September ....... 5 | + 0.047
EEE 4 ed
EN es 4 0,001
DB N ER DR 9 + 0.035
Die De — —
28. RE SEEN SR 3 — 0.029
BGE EI FERE 4 + 0.033
BON DET C RR 4 — 0.004
Abend um 1'/z mm höher war als am Morgen. Die Terminbeobachtungen des
24. September ergaben für den Barometerstand 768,0, 768,8 und 769,5 mm.
Ein noch klareres Bild würde man offenbar durch Heranziehung der
Barographenkurve erhalten. Auch muß notwendig erwähnt werden, daß
die Klarheit der Beziehungen am Nachmittage des 24. September stark
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 39]
durch die Mittelbildung bei den Abweichungen gelitten hat. Wäre näm-
lich die Abweichung der letzten, um 6” 37 p. stattfindenden Beobachtung
für die Bildung des Durchschnittswertes nicht berücksichtigt worden, so
wäre die mittlere Abweichung einer Beobachtung sogar schwach positiv
geworden, was wohl mindestens ein ebenso richtiges Bild von der
Beziehung zum voraufgehenden Vormittag gegeben hätte. Die letzte
Beobachtung hat nun eine ganz enorme negative Abweichung ergeben,
und höchst wahrscheinlich deutet dies darauf hin, daß der feuchte Nebel, der
sich nach den sonstigen Aufzeichnungen erst um 6" 45 bemerkbar machte,
bereits um 6” 30 störend in den Gang des Phänomens eingegriffen hat.
Am 25. September wurde nur am Nachmittage beobachtet. Nach
dem eben Gesagten wird man nun verstehen können, daß man zu einem
relativ richtigen Bild am besten kommen wird, wenn man die in
Tabelle XXX für den 24. und 25. angegebenen Werte miteinander ver-
gleicht. Wir finden hier bei ziemlich gleicher Beobachtungszahl für den
24. den Wert — 0,024, dagegen — 0,001 für den 25. Am Abend des
24. trat, wie wir sahen, Nebelbildung ein; an dem des 25. hatte Jensen ver-
merkt, daß die Mondsichel viel klarer als am vorhergehenden Abend erschien.
Der 26. September zeigt wieder eine bedeutende positive Abweichung.
Sie tritt am Abend am stärksten hervor; zu dieser Zeit machte sich kein
einziges Mal Rauch bemerkbar, während er am Tage vielfach beobachtet
wurde, wenn auch angegeben wurde, daß er meist vom Instrument abstand.
Vor allem aber dürfte es ins Gewicht fallen, daß selbst zwischen 1 und
2 Uhr nachmittags — von winzigen Schleiern abgesehen — keine einzige
Wolke zu entdecken war. Den 27., 28. und 29. September wollen wir
übergehen, weil es uns zu weit führen würde.
Am 30. September war die negative Abweichung sehr stark aus-
geprägt. Dies scheint offenbar durchaus im Sinne der herrschenden
Witterungsverhältnisse zu liegen. Schon am Mittag kam es Jensen so
vor, als ob gelegentlich äußerst zarte Schleier über das Zenit wegzögen;
bereits um 3 Uhr mußte die Beobachtung abgebrochen werden, und schon
um 4 Uhr war der ganze Himmel mit einem leichten Wolkenschleier bedeckt.
Fährt man in dieser Weise fort, die Abweichungszahlen mit sämt-
lichen entsprechenden Witterungsverhältnissen zu vergleichen, so scheint
es tatsächlich, daß sie im wesentlichen ein recht hübsches Spiegel-
bild der letzteren ergeben. Manche der bedingenden Ursachen sind gewiß
noch nicht, oder jedenfalls nicht klar genug erkannt; auch ist es gewiß
noch schwer, sich eine annähernd richtige Vorstellung von der relativen
Stärke der verschiedenen bedingenden Faktoren zu machen.
Der Erfolg des eben besprochenen Verfahrens, das sicher großenteils
noch zu summarisch war, muß aber die Hoffnung erwecken, daß es durch
gewissenhafteste Anwendung dieser oder ähnlicher Methoden gelingen
399 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
werde, die Stärke der bedingenden Faktoren genauer abschätzen zu lernen,
ja vielleicht auch neue Beziehungen aufzudecken. In dem speziell vor
uns liegenden Falle darf allerdings nicht außer acht gelassen werden, daß
die als Vergleichsnormale dienende Kurve die Beziehung der Sonnenhöhe zur
Polarisation im Kieler Zenit möglicherweise noch nicht rein genug darstellt.
Die unmittelbar vorhergehenden und die früheren Darlegungen dürften
wohl zur Genüge einem jeden wahrscheinlich machen, daß die Durch-
sichtigkeitsverhältnisse der Atmosphäre die Polarisationsgröße in ganz
hervorragender Weise beeinflussen. Wie schon an anderer Stelle bemerkt
wurde, sprach bereits Petrina im Jahre 1840 deutlich genug die Abhängig-
keit der Polarisationsgröße von der Reinheit der Luft aus. Späterhin
folgten dann die eingehenden Untersuchungen Rubensons über die Ein-
wirkung von Rauch, Nebel und sonstigen trübenden Körpern auf das
Phänomen. Etwas übersichtlicher geht die in Frage stehende Beziehung
aus der richtigen Deutung') der Resultate hervor, die Crova und Houdaille
aus ihren im August und September 1888 auf dem Mont Ventoux ange-
stellten Beobachtungen abgeleitet haben?). Der eigentliche Zweck dieser
Messungen bestand darin, mittels des Aktinometers zu untersuchen, ob
nicht in der großen Höhe von ungefähr 1900 Metern ein genauerer Wert für
die Solarkonstante — das heißt also, für den außerhalb der Atmosphäre
herrschenden Strahlungswert der Sonne — erhalten werden könnte als in
der Nähe des Meeresniveaus, und daneben gingen die Polarisationsmessungen
einher. Wenn man von kleineren Strahlungsschwankungen der Sonne absieht,
nimmt man an, daß die Solarkonstante, wie der Name sagt, konstant ist.
Zeigen die Beobachtungen scheinbar das Gegenteil, so hat das offenbar seinen
Grund darin, daß die Durchsichtigkeitsverhältnisse der Atmosphäre zur Zeit
der Messung nicht genügend berücksichtigt wurden, und man wird dann
naturgemäß einen zu hohen Wert bekommen, wenn die vernachlässigte
Absorption gering, und einen zu niedrigen, wenn sie groß war. Beifolgende
Tabelle gibt die Übersicht über die den berechneten Solarkonstanten ent-
sprechenden Polarisationswerte für die im Sonnenvertikal um 90° von der
Sonne abstehenden Himmelspunkte.
Es geht also nach dem eben Gesagten aus der Tabelle unzweideutig
hervor, daß die Polarisationsgröße mit der Sichtigkeit der Luft wächst.
Wir dürfen dabei wohl voraussetzen, daß die Messungen sämtlich bei nahezu
gleicher Sonnenhöhe angestellt worden sind. Es mag vielleicht auf den
ersten Blick auffällig erscheinen, daß die Polarisationswerte in der großen
Höhe nicht größer sind; es kann das aber zum Teil seine Erklärung finden
') Siehe Pernter-Exner, Meteorol. Optik, p. 608.
2) A. Urova et Houdaille, Observations faites au sommet du mont Ventoux sur
intensite calorifique de la radiation solaire, ©. Rend., Bd. 108 (1889), p. 35—39, und
Ann. Phys. Chim., t. 21 (1890), p. 188—205.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 393
Berechnete
Den Solarkonstante | Polarisations-
in | größe
Grammkalorien |
TI AMEUSbe 2.20% 2,139 0.664
16. ee an 2.708 0.664
12: ie eek 2.393 0.646
3. September . ......- DEREN 0.601
ZORrAUSUSt. Sr 2m, 1985 0.591
A N: ge 29792 | 1 0.556
durch die Jahreszeit, in der beobachtet wurde, und man wird wohl auch
berücksichtigen müssen, daß nach Angabe der Autoren der Sommer 1888
außergewöhnlich regnerisch war, so daß es recht schwer geworden zu sein
scheint, günstige Beobachtungstage zu bekommen!). Ferner ist wohl zu
bedenken, daß man über die Beziehung zwischen der Höhe des Beobachtungs-
ortes und der Polarisationsgröße noch viel zu wenig weiß. Es scheint, daß
man nicht einmal ohne weiteres annehmen darf, dab letztere mit der
Erhebung über das Meeresniveau unausgesetzt weiter zunimmt. Wir können
hier nicht näher auf diesen Punkt eingehen, gedenken jedoch, ihn an
anderer Stelle zu erörtern.
In systematischer Weise hat neuerdings Kimball mittels Hand in
Hand gehender Pyrheliometer- und Polarisationsmessungen die Beziehung
zwischen der Polarisationsgröße in einem innerhalb des Sonnenvertikals um
90° von der Sonne abstehenden Himmelspunkt und der Luftdurchsichtigkeit
verfolgt. Er gelangte dabei zu dem Schluß, daß die Polarisation, wenn
auch nicht in einfach gesetzmäßiger Weise, mit zunehmender Ab-
sorption des Lichtes in der Atmosphäre abnimmt, und daß Bestimmungen
der allgemeinen atmosphärischen Absorption, welche auf Polarisations-
beobachtungen basieren, mindestens ebenso zuverlässig sind wie die auf
der Grundlage von pyrheliometrischen und psychrometrischen Messungen
stehenden. Daher betrachtet er Polarisationsmessungen zum mindesten
als eine nützliche und unabhängige Kontrolle für die aus Pyrheliometer-
beobachtungen abgeleiteten Resultate, worin man ihm fraglos Recht
geben muß.
Die nahe Beziehung zwischen den beiden in Diskussion stehenden
Momenten zeigt nachstehende Tabelle, welche die in einer von Kimball
angeführten Tabelle befindlichen Werte wiedergibt. Das P, in der zweiten
') 8. die Untersuchungen von @. Schultz (p. 369).
394 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Tabelle XXXI.
Beziehung zwischen der für eine bestimmte Zenitdistanz
der Sonne geltenden Polarisationsgröße in einem innerhalb
des Sonnenvertikals um 90° von der Sonne abstehenden
Himmelspunkte und der Transparenz der Luft, nach Kimball.
Datum P; Az ö % ne, Bemerkungen
1. Nov. 1906 p. m.|O ee 053012 131 5 —
2. 2% 04 5:n10.7215|1.00910.265 |1.992| : 6 _
2:0 lose 1.014 085551 =
3». 5. pP „|0.71011.00610 440|2.076| 8 &
Se » &% „|0.706|1.023|0.270|1.942 1 —
3.0, 105703: 1.:0300.230 42966 4 —
2..,...%5. 2.510.701. 1:0110:420 | 1.991 8 =
Mittel mit Gewicht .|0.709 1.012 0.388 | 2.014 —_ —
21. Jan. 1907 p. m.|0.692 1.012 0.455 2.004 5 —
18. Febr. „ & ,„]0.689|1.060 0.480 | 2.129 1 —
29. Jan. 1906 p. „|0.686 10.993 0.735 | 2.153 3 a durch Rauch bei den
26. Dez. 1905 „ „10.684 |1.008 0.540 1.960 5 Pyrheliometermessungen.
6. Nov. 1906 „ „10.684 |1.012 10.545 2.113 8 —
23. Jan. 1907 „ „[0.678|1.016)0.530|2.101| 4 er
7. Nov. 1906 „ „10.676 1.0039 | 0.550 2.075 6 —_
2. April 1907 a. „|0.674 1.021 0.410 2.039 8 E=
15. Febr. 1906 p. „10.672 11.013 | 0.510 | 2.075 6 —
TAN oa 10F67 03T DT 2 ee dureh Rauch bei den
22 Dez. 190575, 1.0670) 12012..07514292979 4 Pyrheliometermessungen.
20. März 1907 „ „[0.668 1.014 0.450/1.953| 3 =
6. Nov. 1906 a. „|0.664 | 1.009 | 0.620 | 2.129 5 —
2.April „ P. „[0.661)1.005 0.660 |2 011| 6 =
13. Febr. „ „ „|0.659 1.034 0.400/1.953| 6 —
25. März 1907 „ „|0.652|1.021 | 0.440 | 1.970 2 —
29. Mai 1906 „ „10.651 1.008 | 0.440 | 2.000 7 —
9. März 1907 „ „10.645 |1.040 | 0.255 | 1.920 2 E
Mittel mit Gewicht .|0.671 1.014 0.513 | 2.043 —_ —
2. April 1907 p. m.| 0.638 | 1.021 0.620 | 2.083 4 ——
31. Dez.‘ , 10.6887 10.2851°.000]. #4 =
15. Okt. 1906 „ „10 636 |1.020 |0.555 |2 006 4 —
9. „1907 2. „[0.63£| —- ,)0.48011.945 2 —
9... 5....4°% Be „]10.685.10.988 10.965, 2.020, 1 all ee
Ss 5; »„ »10.624|1.012| 0.460 | 1.997 3 —
30. Jan. 1908 a. „|0.620 1.000 0.535 11.994 8 _
30.1.5 „op 1020 la Aco ges 7 —_
16. Juni „ „ „[0.61111.02110.4501.988| 2 =
29. Mai 1906 a. „I0.610|0.889 | 0.750 | 2.104 9 Aufklärung der Atmcsphäre.
11. April 1908 p. „|0.609 | 1.013 | 0.740 |2.179 1 =
15. März 1907 „ „|0.608 | 1.009 | 0.710 , 2.008 2 =
Mittel mit Gewicht .|0.622 1.005 | 0.618 2.028
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 395
Datum Ps Az ö en ee Bemerkungen
16. April 1908 p. m.|0.578| — |0.775|2.031 4 —
9jun 2 ,229.,102.978:1.0:9590.650) 2.028 3 —
2 „10 572 | 1.003 | 0.590 | 2.018 3 er
DIE April „ ey 0.571 0.984 | 1.370 | 2.335 D Zunehmender Nebel.
13. Mai 1907 „ „10.553 |1.014.|1.000 | 2.035 10 —_
15.Ok. „ » „10.548 10.994 |1.110|1.922 N en Pinot 2
18. April 1906 a. „[0.539|1.009|1.315 | 2.100 5 Unzuverlässig.
13. Mai 1907 „ „10.536 0.993\0.965 |1.991| 10 —
I0O-Okt. 7, PD. „10.5291 0.975: 0.945 1.900 3 Depression von @ bei m= 2,5.
27. Juli Dar 1102926210.. 9170110466020 985 3 —
8. Juni 1908 p. „|0.522|0.998| 0.785 1.933 1 —
man [0.5211 |1.460:2.170 1 .
ra June 2,00 1045200 205955) 992 2 —
29, April „- pP. „10.519|0.942|7.250| 2.115 3 Zunehmender Nebel.
17. „ 1906 a. „10.516 |1.033|1.080 | 1.989 9 ae
17. „1908 „ „10.514| — 0.930 1.812 2 a
9.Jan. „ pP. „|0.514|1.021)0.535 1.847 a ee
17. April 1906 „ ,„|0-510|1.037 [1.150 |1.994 9 —
25. „ 1907 a. „l0.434|1.030|1.175|1.881 2 =
18. Mai 1906 p. „[0.425|1.041 1.395 | 1.838 3 —
Mittel mit Gewicht .|0.531 1.003 | 1.027 | 2.011 — _
Kolumne der Tabelle XXXI bedeutet die bei einem Zenitabstande der
Sonne von 60° — welchem, wie wir bei der vorherigen Besprechung
der Kimballschen Untersuchungen sahen, die Sekante 2 entspricht —
herrschende Polarisationsgröße; bei derselben Gelegenheit lernten wir das
Ax') kennen. Das d, welches uns hier besonders interessiert, stellt in
Anlehnung an den Vorschlag Ängströms, die allgemeine Durchlässigkeit
für Lichtstrahlen als von der Dichtigkeit der das Licht diffundierenden atmo-
sphärischen Schicht abhängig zu betrachten, die relativen Werte eben dieser
Dichtigkeit dar. Das Verhältnis der mittels des Pyrheliometers gefundenen
Werte, wenn die Sonnenstrahlen eine der Sekante 2 entsprechende und
eine zu der Sekante 3 gehörige Luftschicht durchdrangen, in Verbindung
mit der Wasserdampfspannung, diente zur Berechnung von d. Aus d, der
Dampfspannung und der Intensität der durch die zur Sekante 2 gehörige
Luftschicht hindurchgehenden Sonnenstrahlung wurde die Solarkonstante Q
berechnet. Aus der geringen Schwankung von @. gewinnt man ein
schönes Urteil über die Zuverlässigkeit der für d angegebenen Werte.
Bei Durchsicht der Tabelle erkennt man — vor allem, wenn man
die vier Mittelwerte beachtet — ohne weiteres, daß d mit der Abnahme
von P wächst. Daß in den Einzelwerten Abweichungen vorkommen, kann
nicht überraschen, wenn man bedenkt, daß leicht Fehler dadurch veranlaßt
Es war, wie wir auf S.354 sahen, Pm = Pı a”.
396 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
werden konnten, daß bei wenig konstanter Transparenz die Ausführung
der einzelnen Messungen relativ lange dauerte, oder daß eine zu
große Zwischenpause zwischen den beiden zueinander gehörigen Beobach-
tungen lag. Auch können sich bei dieser Art von Vergleichsmessungen
natürlich relativ leicht Fehler dadurch einschleichen, daß zwei weit von-
einander abstehende Himmelsstellen mit den beiden Apparaten anvisiert
werden, was natürlich gerade in der Nähe einer großen Stadt wie
Washington sehr in Frage kommen kann. So weist auch Kimball darauf
hin, daß beispielsweise am 22. und 26. Dezember 1905 sowie am
29. Januar und 27. November 1906 die Pyrheliometermessungen durch
Rauch gestört waren, so daß die daraus berechnete Lufttransparenz zu
klein für die entsprechenden Polarisationswerte wurde. Ebenso konnten
sich in der einen Beobachtungsrichtung Kondensationsprodukte irgend-
welcher Art geltend machen, während das in der andern nicht der Fall
war. So ist es ersichtlich, daß solche Messungen nur bei möglichst günstiger
Witterung und mit gewissenhaftester Berücksichtigung der herrschenden
Beobachtungsbedingungen angestellt werden dürfen, und wir können durch-
aus zufrieden sein mit den von Kimball gefundenen Resultaten und dürfen
gewiß seine vorhin genannten Schlußfolgerungen zu den unsrigen machen.
Wir haben nun hinlänglich gesehen, daß die Polarisationsgröße
offenbar imstande ist, die in unserer Atmosphäre herrschenden Verhält-
nisse in hübscher Weise widerzuspiegeln, ja daß man durch ihre Messung
häufig imstande ist, vor sich gehende Änderungen derselben zu konstatieren,
bevor ein scharf beobachtendes Auge die leiseste Spur davon zu ent-
decken vermag. Cornu hat wohl zuerst die Behauptung aufgestellt, daß das
Polarimeter solche Änderungen einige Stunden früher anzeige als das
Barometer. Dabei hat er ebenfalls darauf hingewiesen, daß auch das Gesetz,
nach welchem das Ansteigen der Polarisationsgröße bei sinkender Sonne
vor sich geht, wichtige Fingerzeige bieten.könne, indem beispielsweise der
Anstieg rasch erfolge, wenn die unteren Luftschichten nebelig und die
oberen durchsichtig seien, daß er dagegen bei homogener Beschaffenheit
der Atmosphäre lanesam vor sich gehe. Bei dieser Sachlage liegt
der Gedanke sehr nahe, zu untersuchen, wieweit sich Bestimmungen der
Polarisationsgröße für die Wetterprognose verwerten lassen, und es
ist darauf nachdrücklichst bereits von Cornu selber und unabhängig
davon einige Jahre später von Jensen und auch von Schultz hin-
gewiesen worden. Vom amerikanischen Wetterbureau aus sind diese
Beziehungen schon in den Jahren 1898 und 1899 systematisch ver-
folgt worden, indem 90 Grad von der Sonne abstehende Himmels-
punkte beobachtet wurden. Aus dem bis 1902 gewonnenen Material
zog Schultz den Schluß, daß Schwankungen der Polarisationsgröße
viel unregelmäßiger um Sonnenuntergang als um Sonnenaufgang
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 397
waren, was uns allerdings auf den ersten Anschein nicht leicht ver-
einbar mit dem von ihm und von Crova und Houdaille gefundenen Resultat
zu sein scheint, nach welchem die Polarisationswerte am Morgen größer als
am Abend sind. Auch gab Schultz an, daß atmosphärische Störungen öfter
großen Schwankungen am Abend als solchen am Morgen folgten. Ver-
ständlicher erscheint uns nach dem Vorhergehenden das Resultat zu sein,
daß übernormale und wachsende Polarisationsgröße beständiges Wetter
anzeigte. Anormal niedriger Polarisation folgte in der Regel wolkiges
Wetter, und es erschienen dann die Wolken im allgemeinen zuerst
an dem Teil des Himmels, wo die Polarisation am schwächsten war.
Sehr interessante Perspektiven scheinen sich zu eröffnen durch
die Untersuchungen, welche Schultz über die Beziehungen zwischen
der Polarisationsgröße und der Bildung, oder Auflösung von Wolken
anstellte'). So wies er darauf hin, dab sich selbst an Tagen, wo der
ganze Himmel mit Wolken bedeckt war, aus der Abnahme, oder Zunahme
der Polarisation schließen ließ, ob die Wolken dichter wurden, oder sich
auflösten. Wie er berichtet, wurden Fetzen von Cirren und von Cirrostratus-
Wolken oft stundenlang beobachtet, und dabei zeigte das Polarimeter?)
rasche Änderungen an, während die Wolken für das freie Auge konstante
Größe und Gestalt beizubehalten schienen. Wir möchten hier allerdings
zu bedenken geben, daß bei allen diesen Erscheinungen offenbar nicht
allein die Dichtigkeit des Wolkengefüges in Betracht kommt, sondern
daß auch die Größe der zwischen Wolke und Beobachter liegenden Luft-
schicht die Größe der beobachteten Polarisation beeinflußt. Es ist in
der Tat äußerst erfreulich, daß das Zentralwetterbureau in Washineton
mit der Untersuchung dieser wichtigen Beziehungen den Anfang gemacht
hat?), und es steht zu hoffen, daß das Beispiel bald anderswo Nachahmung
finden wird. Wir zweifeln nicht daran, daß die Meteorologie im engeren
Sinne eines Tages reichen Gewinn davon wird haben können.
Es gibt aber noch einen besonderen Grund, welcher es im höchsten
Grade wünschenswert macht, daß in Zukunft auch den Bestimmungen
der Polarisationsgröße ein erheblich breiterer Raum an kleineren und
zumal größeren Observatorien gegönnt wird, als es bisher geschah.
Es ist dies der nämliche Grund, welcher eine intensivere Beschäftigung
mit den neutralen Punkten, der wir allerdings zunächst besonders das
!) S. hier den interessanten, in der allgemeinen Übersicht leider unerwähnt gebliebenen
Aufsatz von R. Bell „Note on some Meteorological Uses of the Polariscope“, Proceed. of
the American Acad. of Arts and Sciences, vol. 43 (1908), p. 407—412.
2) Es wurde für alle diese Beobachtungen die erste Form des Pickeringschen
Apparats benutzt.
») Falls es noch nicht geschehen sein sollte, so wäre es äuberst erwünscht, dab
die einzelnen Beobachtungsreihen, aus denen die Schultzschen Resultate abgeleitet wurden,
den Gelehrten durch Publikation zugänglich gemacht würden.
398 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Wort reden möchten, stark erwünscht macht. Wenn auch noch weit
weniger Anhaltspunkte vorhanden sind als bei dem letztgenannten Phä-
nomen, so kann es doch nach allem Vorhergehenden kaum mehr dem
leisesten Zweifel unterliegen, daß auch die Polarisationsgröße stark beein-
flußt wird durch besondere Vorgänge auf der Erde, oder im Kosmos.
Dabei denken wir natürlich an irdische Vulkanausbrüche und — ganz
abgesehen von einer, sehr wohl möglich erscheinenden Beeinflussung durch
Kometenschweifmaterie —- an Sonneneruptionen, welche mit starker
Fleckenbildung Hand in Hand gehen. Wenn wir die so gedachten
Störungen ihrer Größe und ihrem zeitlichen Verlaufe nach möglichst genau
kennen lernen wollen, so ist es unbedingt nötig, daß wir die durch
die gewöhnlichen meteorologischen Faktoren irgendwelcher Art bedingten
Einflüsse in jedem einzelnen Falle richtig abschätzen können, um sie in
gebührenden Abzug zu bringen, oder aber sie durch geeignete Benutzung
des vorhandenen Materials von vornherein möglichst zu eliminieren. Soweit
heiterer Himmel herrscht, kennen wir diese Einflüsse allerdings bis zu
einem gewissen Grade, wenn auch wohl wesentlich nur in ihrer Abhängig-
keit von Tageszeit, Jahreszeit und Sonnenhöhe; die Beziehungen zur all-
gemeinen Wetterlage sind uns der Größenordnung nach noch viel zu wenig
bekannt. Als Ideal muß uns aber vorschweben, daß wir bei jedem Zu-
stande des Himmels, bei eingehenderer Berücksichtigung der meteorologischen
Verhältnisse, ohne gar zu große Fehler in der Schätzung der Größe zu
machen, mit Sicherheit behaupten können, ob eine besondere Störung vor-
handen ist, oder nicht. Davon sind wir allerdings noch sehr weit entfernt.
Der erste, welcher auf eine Herabdrückung der Polarisationsgröße
durch Vulkanprodukte aufmerksam machte, war unseres Wissens Cornu.
Wir sahen bereits’), daß nach seinen Äußerungen im Jahre 1884 die
Polarisationsgröße in dem innerhalb des Sonnenvertikals um 90° von der
Sonne abstehenden Himmelspunkte in der Störungsperiode kaum je den
Wert 0,48 überschritt, wogegen in den dem Ausbruch vorhergehenden
Jahren an schönen Tagen Werte von 0,75 beobachtet worden waren.
Eine außerordentlich willkommene Ergänzung der Cornuschen Angaben
haben wir in der auf Seite 98 erwähnten Abhandlung E. €. Pickerings
gefunden, dessen Beobachtungen im Sonnenvertikal, ohne daß ihm dies
selber bewußt geworden zu sein scheint, deutlich auf eine atmosphärisch-
optische Störung in den dem Krakatau-Ausbruch folgenden Jahren hin-
weisen. Danach betrug der höchste im ‚Jahre 1884 innerhalb des
Sonnenvertikals gefundene Polarisationswert 0,593 und der für 1885 geltende
0,607. Es muß aber beachtet werden, daß der am 13. September ge-
fundene Wert 0,593 keineswegs dem anderen Werte entspricht. Es ist
nämlich 0,607 vor Sonnenuntergang in einem Sonnenabstande von 90° ge-
NS P.785:
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 399
messen worden, wogegen der Wert 0,593 einer etwa') zwanzig Minuten nach
Sonnenuntergang um 90° oder jedenfalls nahezu 90°?) von der Sonne ab-
stehenden Himmelsstelle entspricht. Wir haben aber schon Seite 384
bis 386 gesehen, daß gerade von Pickering kurze Zeit nach Sonnenuntergang
Polarisationswerte im Zenit oder in der Nähe des Zenits beobachtet
wurden, welche die um Sonnenuntergang im Zenitpunkt gefundenen bei-
nahe um das Doppelte übertrafen. Dem für 1885 geltenden, vor Sonnen-
untergang beobachteten maximalen Polarisationswert 0,607 würde im
Jahre 1884 etwa der Wert 0,336 entsprechen?). Dieser wurde am 13. Sep-
tember gefunden, einem Tage, an welchem die Luft nach Pickerings Angabe
sehr klar war. Die am 1. August des nämlichen Jahres von Sonnen-
untergang ab gefundenen Werte waren erheblich geringer als die ent-
sprechenden für den 13. September geltenden, indem die Polarisationsgröße
bei Beeinn der Messungen nur 0,217 betrug; aber wenn auch keine Angaben
über störende meteorologische Elemente vorliegen, und wenn auch in anderen
Fällen direkt auf Nebel oder Wolken aufmerksam gemacht wurde, so will es
uns doch scheinen, als ob sie ihren Grund in störenden meteorologischen Vor-
sängen fänden. Wir werden in dieser Ansicht durch die sehr viel höheren,
für den folgenden Tag angegebenen Zahlen‘) bestärkt. Im darauf folgenden
Jahre sind 8 Beobachtungstage verzeichnet, und zwar der 6. und 14. Juni,
der 1., 15., 21., 27. und 28. Juli und der 21. September’). Von
diesen Beobachtungsreihen scheidet die am 15. Juli gewonnene aus,
weil offenbar lokale Störungen vorlagen. Ohne auf die näheren, auf die
Beobachtungen bezüglichen Umstände, wie Zeit und Bewölkungsver-
hältnisse, einzugehen, teilen wir nur kurz der Reihe nach die für die
genannten Tage geltenden Durchschnittswerte der innerhalb des Sonnen-
vertikals für 90° Sonnenabstand geltenden Polarisationsgröße mit. Es
sind die folgenden: 0,386, 0,499, 0,455, 0,385, 0,496 und 0,501. Dabei
sei erwähnt, daß Pickering zum 21. September bemerkt, daß der Himmel
völlig klar war. Es dürfte somit nach allem kaum zweifelhaft
erscheinen, daß nicht nur die 1884, sondern auch noch die 1885
beobachtete Polarisationsgröße stark beeinflußt war durch die
Fremdkörper, welche durch den Krakatau-Ausbruch in die At-
mosphäre geführt waren.
Der dann folgende größere Vulkanausbruch war der des Mont Pelee im
') S. Anmerkung zu p. 384 und 385.
2) Bezüglich der bis ungefähr eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang an-
gestellten Messungen sagt Pickering im Text, daß sie im Zenit vorgenommen wurden; in der
Tabelle aber steht bei den entsprechenden Werten ein Sonnenabstand von 90° verzeichnet.
3) Für den Fall, daß die Beobachtungsreihe nicht genau mit dem Moment des
Sonnenuntergangs anfing, würde der Wert vielleicht noch ein wenig kleiner werden.
*) Diese sind sogar bedeutend größer als die für den 13. September gefundenen.
’) Vom 15. Juli ab wurden die Messungen von Miss N. A. Farrar vorgenommen.
400 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Frühjahr 1902. Wir brauchen nicht erst viele Worte zu verlieren über eine
vielfach besprochene Verminderung der atmosphärischen Durchsichtigkeit,
welche nach diesen gewaltigen Vorgängen an den verschiedensten Punkten
der Erdoberfläche beobachtet wurde. Es ist nun Kimballs Verdienst, innerhalb
dieser Zeitepoche Polarisationsmessungen mit Pyrheliometerbeobachtungen
verknüpft zu haben. Kimball beobachtete zunächst vom 10. November 1902
bis zum 14. Februar 1903 in Asheville in einer Höhe überm Meere von
669 Metern, fing allerdings mit den Polarisationsmessungen erst am 8. De-
zember an. Um stärkeren Störungen durch Rauch, welchen er zeitweise
— und zwar besonders bei nördlichen Winden — ausgesetzt war, zu ent-
gehen, siedelte er dann nach dem noch ca. 61 Meter höher gelegenen „Black
Mountain“ über, wo er vom 19. Februar bis zum 26. März 1903 beob-
achtete. Für die Messungen der Lufttransparenz benutzte er ein Äng-
strömsches Pyrheliometer, und die Polarisationsgröße bestimmte er mittels
eines Piekeringschen Polarimeters an einem innerhalb des Sonnenvertikals
um 90° von der Sonne abstehenden Himmelspunkte. Die erhaltenen Resul-
tate ließen deutlich eine Verminderung der Strahlungsintensität und der
Polarisationsgröße erkennen, und zwar vor allem in den ersten Monaten
des Jahres 1903, und dies stand sehr gut im Einklang mit dem von Dufour
erhaltenen Befunde, nach welchem die in Lausanne’) für den Januar, Februar
und. März erhaltenen Durchschnittswerte für die Strahlungsintensitäten
gegen die entsprechenden Werte früherer Jahre zurückblieben, so daß er
geneigt war, dies auf Konto von vulkanischem Staub zu setzen. Bei ge-
nauer Berücksichtigung der Gesamtwetterlage und der prinzipiellen Änderung
der Sonnenhöhe während der Monate November, Dezember, ‚Januar, Februar
und März?) mochte jedoch Kimball trotz möglichst sorgfältiger Auswahl
der zum Teil recht vereinzelt dastehenden heiteren Tage bei der
Berechnung keine bindenden Schlüsse aus den Resultaten ziehen und
meinte, daß Dämmerungsbeobachtungen einige Entscheidung darüber bringen
müßten, ob es sich um rein meteorologische, oder aber um Ursachen be-
sonderer Art handle’), Nach den Ergebnissen weiterer Strahlungsmessungen
') Siehe H. Dufour, Sur la diminution de l’intensite du rayonnement solaire, Ü. Rend. 136
(1903), p.715— 715; ferner Ü.Marchand, Twilight Glows and connected Phenomena observed
in 1902, 1903 and 1904 in the Pyrenees, Monthly Weather Review, vol. 33, p. 101—103;
Max Wolf, Außergewöhnliche Dämmerungen, Vierteljahrsschrift d. Astron. Ges. 38, p. 117;
F. A. Forel, Le cerele de Bishop, couronne solaire de 1905, ©. Rend. 137, p. 380—382
ete. ete. Die ganze über diese Störungen berichtende Literatur beizubringen, ist uns un-
möglich, und wir möchten wesentlich auf die Referate in den Fortschritten der Physik
verweisen.
?2) Es sei hier daran erinnert, dab Busch und Sack in diesen Monaten die größten
Abstandswerte der neutralen Punkte um Sonnenuntergang fanden.
3) Siehe H.H. Kimball, Abnormal Variations in Insolation, Monthly Weather Review,
vol. 31 (1903), p. 232—233, und Observations of Solar Radiation with the Ängstıöm Pyr-
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 401
jedoch, welche in den Pyrenäen und an verschiedenen Orten der Vereinigten
Staaten von Nordamerika, und zwar vor allem auch von ihm selber in
Verbindung mit Polarisationsbeobachtungen in Washington angestellt wurden,
trug er absolut kein Bedenken, die Ergebnisse als durch störende
Momente besonderer Art veranlaßt aufzufassen, und es war natürlich das
Nächstliegende, diese sowie die übrigen anormalen optischen Erscheinungen
der Atmosphäre in den, den gewaltigen westindischen Vulkanausbrüchen
folgenden Jahren als Wirkungen eben dieser Ausbrüche aufzufassen.
Allerdings war er schon äußerst überrascht dadurch, daß die für
den ‚Januar, Februar und März 1903 ermittelten Strahlungsintensitäten
an der Erdoberfläche erheblich gegen die analogen, 1892 von Harvey
N. Davis in Providence gefundenen Werte zurückblieben, wobei er durch-
aus Rücksicht nahm auf den Unterschied in der geographischen Lage.
Der Fehlbetrag blieb bestehen bis weit in das Jahr 1904 hinein und er-
reichte in einigen Monaten die Höhe von 30 °/o. In den Pyrenäen war
die Verminderung der Strahlungsenergie in Zwischenpausen nach dem
27. Mai 1902 konstatiert worden; seit dem Januar 1903 blieb sie dauernd,
und der Fehlbetrag erreichte im Februar 50 /o vom normalen Wert;
im August betrug er nur noch 10°, und von da ab näherten sich die
Werte nach und nach mehr den normalen, um sie gegen Ende 1904')
zu erreichen. Max Wolf in Heidelberg (auf dem Königstuhl), welcher
schon im Sommer 1902 bei astronomischen Arbeiten eine Trübung der
Atmosphäre feststellte, beobachtete am 17. Juni desselben Jahres die
erste anormale Dämmerung, die vielleicht schon als Folgeerscheinung des
ersten heftigen Ausbruchs des Mont Pelee (vom 8. Mai) anzusprechen
ist, und es wurde an vielen Orten Deutschlands im ‚Juni eine starke Zu-
nahme der Dämmerungsfarben wahrgenommen. Eine zweite schwächere
Periode intensiver Purpurlichter, welche das ganze Jahr anhielt, setzte nach
Wolf mit dem 24. Juli ein. Der Bishopsche Ring trat aber auf dem
Königstuhl erst im Januar 1903 deutlich auf. Das ist vor allem auffällig,
wenn man bedenkt, daß sowohl die von Busch, als auch die von Sack
vorgenommenen Messungen der Höhe der neutralen Punkte bereits im
November 1902 ganz erstaunlich große Abweichungen von den normalen
Werten ergaben. Leider sind unseres Wissens in diesen Jahren in Deutsch-
heliometer, at Asheville and Black Mountain N. ©., ibid. p. 320—334, sowie The Variations
in Atmospherie Transpareney during 1902, 1903 and 1904, ibid. vol. 33 (1905), p. 100—101,
und Variations in insolation and in the polarization of blue sky light during 1903 and
1904, Proceedings of the third Convention of Weather Bureau Offieials at Peoria III,
Sept. 20, 21, 22, 1904. Washington 1904. Siehe auch Harvey N. Davis, Observations of
solar Radiation with the Ängström Pyrheliometer, At Providence, R. I., Monthly Weather
Review, vol. 31, p. 275—280.
') Es sei hier darauf aufmerksam gemacht, daß die in Norddeutschland gemessenen
Abstände der neutralen Punkte um diese Zeit noch keineswegs normale Werte zeigten.
26
402 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
land keine Bestimmungen der Polarisationsgröße vorgenommen worden, und
es scheint beinahe, daß aus der ganzen Störungsperiode im wesentlichen
nur die von Kimball angegebenen Werte vorliegen‘). Kimball aber
hat glücklicherweise bis über das Ende dieser Periode hinaus be-
obachtet, und die beifolgende von ihm zusammengestellte Tabelle wird
den Einfluß der optischen Trübung auf das Phänomen der atmosphärischen
Polarisation deutlich genug erkennen lassen. Die dort angegebenen Zahlen
geben den größten innerhalb der einzelnen Monate gefundenen Wert für die
bei heiterem Himmel innerhalb des Sonnenvertikals in einem Sonnenabstande
von 90° gefundene Polarisationsgröße an.
Tabelle XXXII.
Die größten innerhalb der einzelnen Monate
für einen im Sonnenvertikal um 90° von der Sonne abstehenden
Punkt von Kimball gefundenen Polarisationswerte.
Monat 1902 1903 | 1904 1905
Yenuar Bar — 0.518 |0.541|0.599
Webruarı men... — [0.518°%)| 0.516 | 0.556
Marz a — 10.474 |0.532 | 0.611
Anmlase seen — — 10.530| —
Meier ga — 10.434 |0.547| —
A ee — 10.376 |0.589| —
Junlases. Bere s — 71.0.4758. 10261810
AUSUSt EI. — — —— —
September ..... — 10.546 10.597 | —
Oktober: za: — 02.546 :0,- GATI er
November...... 74.4.0850 —— —
Dezember...... 0.557.) 0.526.) 0.629) © —
Wie wir sehen, würde man auch aus den hier wiedergegebenen
Polarisationswerten herauslesen können, daß eine sich zunächst besonders
im Januar 1903 geltend machende Störung wesentlich bis zum Hoch-
') Ohne Angabe von Zahlen weist allerdings H. Dufour in seinem Seite 400 zitierten
Aufsatz darauf hin, daß die mittels des Cornuschen Photopolarimeters innerhalb des
Sonnenvertikals in einem Sonnenabstande von 90° gemessenen Polarisationswerte in den
ersten Monaten von 1903 kleiner waren als gewöhnlich um diese Jahreszeit.
°) In der Kimballschen Tabelle steht 0,532 (bezw. 53,2 %); es handelt sich aber
offenbar um einen Druckfehler, da wir bei den Einzelbeobachtungen — die uns leider
nur bis zum 26. März 1903 zur Verfügung stehen — als höchsten Februarwert (am 13.)
0,518 angegeben finden.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 403
sommer des nämlichen Jahres fortbestand, um von da ab nach und nach
geringer zu werden. Daß das Wiederansteigen der Polarisationswerte
nach dem Hochsommer nicht etwa im wesentlichen damit zusammenhängt,
daß die sommerlichen Polarisationswerte nach den Jensenschen und
Rubensonschen Untersuchungen relativ geringe zu sein pflegen, dürfte
deutlich genug daraus hervorgehen, daß die Zahlen hier schon im März
und Mai sehr niedrie sind und anderseits schon vom Juni auf den
Juli wachsen. Der Februarwert wurde noch in Asheville gefunden,
der für den März dagegen auf dem Black Mountain. und man hätte
wohl wegen der höheren Lage und vor allem wegen der geringeren Beein-
flussung durch Rauch und Dunst ceteris paribus hier eher einen höheren
Wert erwarten können. Aber das Gegenteil ist der Fall. obgleich die
Sonnenhöhe sogar etwas kleiner (38,3° am 3. März statt 40,7° bezw. 39,4°
am 13. Februar) war!). Allerdings muß hervorgehoben werden, daß am
13. Februar bei der Beobachtung von Kimball bemerkt wurde, daß sich keine
Wolken am Himmel zeigten, wogegen am 3. März leichter Nebel auftrat?)
Immerhin aber dürfte doch, da der Nebel nur leicht war. wenn man
alle in Betracht kommenden Momente berücksichtigt, die Differenz grob
genug sein, um einen deutlich erkennbaren Einfluß besonderer Art zu
zeigen. Und wollten wir auch im Sinne der bei Beeinn seiner diesbezüg-
lichen Untersuchungen von Kimball gehegten Ansicht den Beobachtungen
bis zum März 1903 noch kein allzu großes Gewicht beilegen, so spricht
doch die Gesamtheit der Beobachtungen aus der Störungs-
epoche eine genügend deutliche Sprache dafür, daß auch die
Beobachtungen der Polarisationsgröße ein hübsches Bild der
durch die westindischen Vulkanausbrüche hervorgerufenen
Störung in der Zusammensetzung der Atmosphäre geben.
Außer den beiden besprochenen, durch Vulkanausbrüche eingeleiteten
Störungsperioden kann wohl aus dem vorigen Jahrhundert höchstens
die auf den Ausbruch des Tambora auf der Insel Sumbawa im April 1815
folgende Zeit in Betracht kommen, und wir müssen aus verschiedenen
Gründen hier etwas verweilen. Dieser Ausbruch scheint uns deswegen
besonders interessant zu sein, weil auf der einen Seite die Menge der
Auswurfstoffe die beim Krakatau-Ausbruch beobachtete erheblich übertroffen
haben soll, und weil anderseits Verbeek®) in dem „Javasche Courant“
von 1815 nicht die geringsten Andeutungen über besonders intensive
Dämmerungsphänomene oder ähnliche optische Erscheinungen hat finden
!) Die Diskussion der Beobachtungszeit muß in diesem speziellen Fall ausscheiden,
da 0,518 das eine Mal zu einer dem Mittag erheblich näher gelegenen Zeit beobachtet wurde,
das andere Mal aber nicht.
>) Um 7" 30a. und 8" 35a. wurde noch bemerkt, daß der Himmel klar war.
3) Siehe J. Kießling, Untersuchungen über Dämmerungserscheinungen, 1888, p. 29.
26°
404 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
können. Wir sahen im zweiten Abschnitt, daß die Höhe des Aragoschen
Punktes am 18. April 1815 offenbar Störungscharakter trug’). Es ist
ausgeschlossen, daß hier eine Folgeerscheinung des Tambora-Ausbruchs
vorliegt. Ebenso unwahrscheinlich ist eine Beeinflussung der Werte durch
besondere Witterungszustände, da sich ein solcher Einfluß nach allen bis
jetzt vorliegenden Erfahrungen in ganz anderer Weise zeigen müßte, und
ebenso unwahrscheinlich dürfte es nach den Untersuchungen von Jensen
sein, daß der Störungscharakter etwa durch den Dunst der Großstadt
Paris hervorgerufen war.
Es muß uns interessant und wichtig genug erscheinen, zu untersuchen,
ob vielleicht einige von Arago im Jahre 1815 über die Polarisationsgröße
angestellte Beobachtungen weitere Aufschlüsse über die derzeitige Be-
schaffenheit der Atmosphäre geben können. Wie wir gesehen haben, ist
die Größe der Abstände der neutralen Punkte im wesentlichen bedingt
durch das Verhältnis der Größe der positiven Polarisation zu der
der negativen, und es kann sich dies Verhältnis durch alleiniges
Anwachsen der negativen Polarisation zugunsten einer Vergrößerung der
besagten Abstände verändern. Daher darf man, streng genommen, nicht
ohne weiteres annehmen, daß relativ großen Abständen der neutralen
Punkte eine relativ geringe Größe der bisher erörterten positiven Polari-
sation entspricht. Anderseits machen die beiden besprochenen Störungs-
perioden der 80er Jahre des vorigen und der ersten des 20. Jahrhunderts die
Annahme wahrscheinlich genug, daß abnorm großen Abständen der neu-
tralen Punkte eine abnorm geringe Polarisationsgröße entspricht, wenn
eine Trübung der Atmosphäre durch Staub vorliegt.
') Denselben Störungscharakter zeigen auch einige andere Höhenmessungen des
Aragoschen Punktes, die der Entdecker am 25. August und 1. September bei sehr günstigem
Himmel vorgenommen hat. Wir haben diese Beobachtungen leider erst nachträglich unter
den Bestimmungen der Polarisationsgröbe gefunden und können sie daher erst hier bringen:
Wahre Sonnenhöhen
16.90 79:84 4.22.13, 100,243 9.37
1.3° |0.5° |-0.1°
25. Aug.| 22.9) 92.1 |23.3 23.9 95.2
7 | |
> 7 Q r * - -
Ernie ent | 1. Sept. | | — — 25-1 1.25.1227
Gegensonne |
Abstände des
Aragoschen
Diese Abstände sind von derselben Ordnung wie die S. 154 angegebenen Werte vom
18. April 1815, und sie dürften demnach unsere Schlußfolgerung bestätigen, daß im
Jahre 1815 eine Störung der atmosphärischen Polarisation vorgelegen hat. Noch höhere
Werte fand Arago sogar schon am 9. Juni 1814, und zwar 30,1, 27,7, 29,8° bei den
Sonnenhöhen 13,0, 7,8 und 3,4°.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 405
Arago hat an 11 Tagen der Jahre 1814 und 1815 eine größere oder
geringere Zahl von Polarisationsmessungen vorgenommen, und zwar am
Bar eund 1A, Juni 1814, am 11. und 27. Mai’ 1815, am 25., 27.,29.,
30. August und am 1. und 20. September 1815. Wir haben aus den von
ihm angegebenen Neigungswinkeln des Glasplattensatzes seines Polari-
meters und der von uns S. 322 wiedergegebenen Eichungstabelle die
zugehörigen Polarisationswerte sowie aus den Zeitangaben die Sonnen-
höhen berechnet. Die Beobachtungen beziehen sich fast alle auf Punkte des
Sonnenvertikals, und ihre Lage zum Horizont ist angegeben, so daß sich
auch die Abstände der beobachteten Punkte von der Sonne berechnen ließen.
Dabei haben wir die Werte, welche Sonnenabständen von mehr als 125°
und weniger als 60° entsprechen, unberücksichtigt gelassen, weil ihre Beur-
teilung uns zu unsicher erschien. Besonders geeignet für vergleichende
Untersuchungen erschienen uns die Beobachtungen vom 9..Juni 1814, vom
27. Mai, 25. August, 1. September und 20. September 1815, da Arago an
den beiden ersten Tagen keinerlei Bemerkung über das Vorhandensein von
Wolken, an den drei übrigen aber ausdrücklich Angaben über die Reinheit
des Himmels macht'), während an allen anderen Tagen das Polarimeter bis-
weilen auf eine Wolke gerichtet war. Es scheint jedenfalls alles dafür zu
sprechen, daß nur an diesen letzten Tagen von einer nennenswerten Störung
durch Gewölk die Rede sein könnte.
In TabelleXXXIII haben wir außer den Beobachtungen der genannten
Tage auch solche vom 29. und 30. August 1815 aufgenommen, an denen
die Polarisation offenbar durch das Auftreten von Wolken herabgedrückt
wurde, im übrigen aber die Luft sehr klar und der Himmel schön blau war.
Wenn wir aus diesen Werten, mit Ausnahme der für den 29. und
30. August 1815 erhaltenen, die Mittel bilden, indem wir die Werte für
65 bis 74,9° Sonnenhöhe auf die Höhe von 70°, die von 75 bis 84,9° inkl.
auf 80° usw. beziehen, so ergeben sich die Zahlen?):
Sonnnenabstand......... UN 80- 85.72.9053 771002 2107 71205
Bol asallonn. 7.22... 0.557 0.615 0.623 0.625 0.614 0.546 0.480
Zahl der Beobachtungen 6 ®) 4 3 7 6 5
Bag HET) Areı.a.n. — — 0.645 0.660 0.637°0.550 0.414
Wir haben auch die Werte hinzugesetzt, die Wild für die Sonnen-
abstände von 85 bis 120° aus seinen im Jahre 1875, wahrscheinlich in
'!) Zum 25. August 1815 schreibt Arago wörtlich: „Le ciel etait parfaitement pur
ou, pour mieux dire, entierement exempt de nuages pendant cette serie d’observations;
je dis exempt de nuages, car sa teinte ne me semblait pas d’un bleu aussi fonc&e qu’on
le voit quelquefois.“ Der Himmel war also zur Beobachtung sehr geeignet, das Blau
hatte nur nicht die zuweilen auftretende außerordentliche Tiefe.
?) In der für 85° angegebenen Zahl 0,623 sind die für SO bis 89,9° geltenden Werte
zu einem Mittel vereinigt.
"406 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Tabelle XXXII.
Die Polarisationsgröße in verschiedenen Sonnenabständen
innerhalb des Sonnenvertikals, nach Aragos Beobachtungen.
Sonnen- , Sonnen- Polari-
höhe | abstand sation
Datum Mittl. Zeit
1814 Juni 9....|6" 50” p.
ra 3 aller 050-525
40 7 2.0.
10. 116.
[6]
ER
or)
eh
DIDI
DD
R
5
A
0 | 8%.
DasB un Sr
6 SIDE
6 SR
ie) 923:
1815 Mai 27.28 .| 21a. | 5.027868:
11 51.9 65.
38 55.9 68.
25 49.8 69.
232 48.8 DR
41 55.6 75.
55.0 | 102.
108%
ee SO
76.
110.
111".
114.
| 119.
| 123.
60.;
6
61.
DeÄAanDmD
N
=
August 25... ..r.
u SD)
RI
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2269
1 y kelr
[o>
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32%
DE
0.637
HPHOSWDWNOSWDOSPPROR PO ES Amon ou m
(sb)
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S
m
ie)
98.
101
106.
115
116
Ur;
120.
123.
wor
DD
&
= =
oa —
BSAARNWDHMAARANDROHVAHMOD HE om N
Pippi oi«
sesece@esoo
o
>]
S
rm
S)
&
189)
(or)
0
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 407
Sonnen- ‚ Sonnen- Polari-
höhe abstand sation
Datum Mittl. Zeit
1815 September 1] 12" 10” p.| 49.8° | 64.6°| 0.464
20 49.6 | 82.7 | 0.596
15 49.7 93.1 | 0.602
12 #9.7..1n112:2 10.464
20-11, 2253, 42.5 587.01 0.635
August 29. . 2. 12ER7 PR 0307 71:9) 0.461
27 DIEBE 17ER |... 500
49 49.8 80.2.1.0 505
16 50.8 81.9 | 0.462
42 49.9 87.0 | 0.461
33 202.37 1-109.8 | 0.358
DORRERT, 117738. 221%50.10.62:6>10.448
b212609: 4450827195 13-03| °0:509
36 20.10, 12..82.5: 10.568
25 50.2 84.6 | 0.568
30 50.1 102.31. 0:509
41 50.0 | 114.5 | 0.448
der Nähe von Petersburg, angestellten Beobachtungen abgeleitet hat.
Wie man sieht, sind diese, mit Ausnahme des Wertes für den Sonnen-
abstand von 120°, größer als die Zahlen von Arago. Diesem Unter-
schiede darf man aber keine allzu große Bedeutung beilegen; denn es ist
wohl zu beachten, daß Aragos Beobachtungen sämtlich aus den Sommer-
monaten stammen, und daß die angeführten Werte fast durchgängig einer
in der Mittagsnähe liegenden Zeit entsprechen, und daß also, wenn auch
aus den Wintermonaten des Jahres 1815 Beobachtungen vorlägen, auf Grund
der Ergebnisse für andere Orte!) die Messuugen wahrscheinlich höhere
Werte geliefert haben würden. Man kann daher aus Aragos Beob-
achtungen der Polarisationsgröße nicht mit Sicherheit auf das
Vorhandensein einer Störung im Jahre 1815 schließen.
Wir müssen hier, einer Anregung von Prof. J. Plaßmann folgend,
auf eine andere Erscheinung hinweisen, die wir bezüglich der Frage
einer Trübung der Atmosphäre für die Zukunft größerer Beachtung
empfehlen möchten. Das Verschwinden des kupferroten Lichtes bei
totalen Mondfinsternissen, welches seinen Grund in der Ablenkung der
!) Wir verweisen hier besonders auf die Beobachtungen zu Tortosa in Tab. XXXVIL
S. 416, ferner auf $. 388 sowie auf unsere Tab. XVI S. 350. Etwas niedrig sind Aragos
Werte immerhin.
408 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Sonnenstrahlen durch die Erdatmosphäre und in der Absorption der stärker
brechbaren Strahlen hat, würde nämlich, falls der Mond weit genug vom
Horizont entfernt ist, und die Erscheinung an den verschiedensten Punkten
der Nachtseite der Erde konstatiert wird, ein recht gutes Kriterium für
eine weitgehende Trübung der Atmosphäre sein. So hat Plaßmann den
total verfinsterten, recht hoch stehenden Mond am 4. Oktober 1884, also
ein Jahr nach der Krakatau-Katastrophe, in Warendorf in Westfalen für
das bloße Auge völlig verschwinden sehen. Derselbe Astronom machte
uns auch darauf aufmerksam, daß verschiedene Beobachter in London
und in dem atmosphärisch weit günstiger gelegenen Dresden bei der Mond-
finsternis vom 10. Juni 1816, also ein gutes Jahr nach dem Tambora-
Ausbruch, das volle Verschwinden des Mondes beobachtet haben sollen.
Die aus Aragos Beobachtungen vom 27. Mai, 25. August und
l. September 1815 abgeleiteten Polarisationswerte zeigen übrigens sehr
hübsch das Anwachsen der Polarisation mit Annäherung an den Punkt in
90° Entfernung von der Sonne, woraus man allein schon schließen dürfte,
daß es sich um Tage handelt, die für die Beobachtung sehr günstig
waren. Anderseits lassen die Werte für den 29. und 30. August wegen
ihrer geringen Größe deutlich die Einwirkung von hier und dort auf-
tretenden Wolken erkennen.
Wir wollen nun noch einmal auf die Störungsperiode 1902—04
zurückkommen, wobei wir sie allerdings von einem neuen Gesichtspunkt
aus betrachten werden. Nach dem gesamten vorliegenden Beobachtungs-
material kann es keinem Zweifel mehr unterliegen, daß eine die ver-
schiedensten optischen Erscheinungen der Atmosphäre stark beeinflussende
Trübung der Luft durch die bekannten Vulkanausbrüche stattgefunden hat.
Daß nicht etwa eine Steigerung des Wasserdampfgehalts der Atmosphäre
für die geringe Transparenz verantwortlich zu machen war, ging nach
Langley mit großer Deutlichkeit aus der Untersuchung der Wasserdampt-
Absorptionslinien im ultraroten Spektrum hervor. Es darf aber nicht
unerwähnt bleiben, daß von Abbot unter der Ägide von Langley') aus-
geführte und von diesem diskutierte bolometrische Untersuchungen es
allerdings in hohem Grade wahrscheinlich gemacht haben, daß während
dieser Periode auffällige Änderungen in der Strahlungsintensität der
Sonne vorkamen, indem gegen Ende März 1903 ein plötzlicher Fall eintrat,
wie beifolgende Tabelle XXXIV zeigt. Die Tabelle gibt um so mehr
zu denken, als die Messungen und Berechnungen zweifelsohne mit der
denkbar größten Sorgfalt ausgeführt worden sind, so daß Langley sich
zu dem Ausspruch berechtigt hielt, daß sämtliche Bestimmungen der
Solarkonstante ohne Rücksicht auf Änderungen in der Liehtdurchlässigkeit
') 8. P. Langley, On a possible Variation of the solar Radiation and its probable
effect on terrestrial Temperatures, The Astrophysical Journal, vol. 19 (1904), p. 305321.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 409
Tabelle XXXIV.
Messungen der Solarkonstante, nach Abbot.
Jahr Monat Tag Solar-
konstante
1902 Oktober 9 2.19
>! “ 15 219
S 5 22 22.16
1903 Februar 19 208
„ ” 129 2.25
i; März 25 2.26
5 is Mi 2.21
A » 1.26 2.10
h: 2 * 2.08
| April 29 1.94
” r h 1.97
h Juli {| 2.16
& = R 2a
August 24 1293
24 k: 3 1295
r Oktober | 14 1.98
” ” ” 1.94
e e ..29 1.97
5 Dezember 7 1.94
“ » 23 1.96
N a Bi 2-01
1904 Januar. "1.27 2.05
” ” |» 1.98
en Februar | 11 2.29
2 = ar 2a
der Atmosphäre und hinsichtlich der Sonnenhöhe innerhalb der ganzen
angegebenen Periode sehr nahe miteinander übereinstimmen müßten, so
etwa, wie die für den August, Oktober und Dezember angegebenen Werte
es zeigten. Nach dem Seite 281 gekennzeichneten Standpunkt müßte
man nun bei Abnahme der Sonnenstrahlung eine Verminderung der
Abstände der neutralen Punkte und — worauf es an dieser Stelle vor allem
ankommt — vielleicht auch eine Vermehrung der positiven Polarisationsgröße
erwarten. Wenn aber gleichzeitig eine Trübung durch Staub vorhanden
war, so mochte ja immerhin eine auf Abnahme der Lichtintensität be-
ruhende Vergrößerung der Polarisationswerte aufgehoben werden. Die
Voraussetzung für diese Überlegung ist allerdings die, daß sich die Be-
410 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
ziehungen zwischen den Abständen der neutralen Punkte und der positiven
Polarisationsgröbe bei Störungen durch Vorgänge auf der Sonne ebenso
verhalten wie bei solchen durch irdische Vulkanausbrüche.
Wir wollen nun im folgenden kurz versuchen, ob sich vielleicht
irgendwelche Andeutungen von Beziehungen zwischen den Sonnenflecken-
Relativzahlen und den bis jetzt beobachteten Werten für die positive
Polarisationsgröße finden lassen, indem wir uns bei der Vergleichung der
Werte auf den innerhalb des Sonnenvertikals um 90° von der Sonne
entfernten Himmelspunkt beschränken.
Die Anzahl der von Bernard angestellten Beobachtungen ist zu
gering für diesen Zweck, und die Brewsterschen Zahlen würden höchstens
untereinander verglichen werden können, was aus dem früher Ge-
sagten erhellen dürfte. Wir haben daher für die folgende Tabelle (XXXV)
nur die Beobachtungsreihen von Arago, Rubenson, E. C. Piekering,
Wild, Connel, ‚Jensen, Hurion und Kimball herangezogen, indem wir
für die in Betracht kommenden ‚Jahre den größten beobachteten, be-
ziehungsweise den zwischen zwei ganz nahe beieinander liegenden Beob-
achtungswerten stehenden berechneten Wert nahmen und diese Werte
der Größe nach ordneten. Wir schließen uns hier dem Vorgange Kimballs
an, da es namentlich .in dem Falle, wo wenig Beobachtungen vorliegen,
sehr wohl denkbar ist, daß die aus einer möglichst großen Zahl von
Polarisationswerten herausgesuchten Maxima ein besseres Bild von
der Beschaffenheit der Atmosphäre geben als die Durchschnittswerte
des Jahres. Es wird uns das sofort klar, wenn wir bedenken, daß der
für ein gewisses Jahr geltende Durchschnittswert gegen den für ein
anderes Jahr geltenden einfach dadurch herabgedrückt werden kann,
daß relativ viele, meteorologisch nicht besonders günstige Tage zur Ver-
fürung standen. Das wird natürlich im allgemeinen um so mehr ins Gewicht
fallen, je geringer die Zahl der Beobachtungstage ist. Anderseits wird man
wohl im allgemeinen einem besonders großen, obwohl nur einer geringen Zahl
von Beobachtungsreihen entnommenen Maximalwert eine relativ große Be-
deutung für die Beurteilung der allgemeinen Beschaffenheit der Atmosphäre
zuschreiben dürfen, und das vor allem in den Sommermonaten, wogegen
relativ niedrige Werte überhaupt für die Wintermonate erhöhte Bedeutung
gewinnen dürften. Wenn man so mit genauer Berücksichtigung aller ge-
wonnenen Kenntnisse die Tafel XXXV betrachtet, wird sie uns immerhin
einige Aufschlüsse geben können, wenn auch die Zahl der für die Auslese
des Maximalwertes benutzten Beobachtungsreihen zum Teil recht gering
ist. Bezüglich der Angabe der Sonnenflecken - Relativzahlen') haben wir
') Bekanntlich hat A. Wolfer in Zürich die von WoH begonnene Bearbeitung der
Sonnenflecken-Relativzahlen fortgesetzt. Man findet eine Tabelle der von 1749 bis 1890
beobachteten Monats- und Jahresmittel auf p. 14—16 von Kleins Jahrbuch der Astronomie
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 411
uns von folgendem (resichtspunkt leiten lassen: Falls tatsächlich zur
Zeit erhöhter Fleckenbildung durch den Strahlungsdruck relativ viele
Partikelchen') irgendwelcher Art von der Sonne aus in unsere Atmo-
sphäre gelangen, und falls so gedachte Partikelchen das Phänomen der
Polarisationsgröße beeinflussen, so könnte man eine Änderung dieses
Phänomens kurze Zeit nach dem Erscheinen großer Fleckenmassen er-
warten. Von dieser Überlegung ausgehend haben wir in einer Rubrik
das dem jeweiligen Polarisationsmaximum entsprechende Mittel der Relativ-
zahlen aus den 6 vorhergehenden Monaten gebracht, im einer zweiten die
Relativzahl des vorhergehenden Monats, in einer dritten die des laufenden
und endlich in einer vierten das Mittel aus den 6 vorhergehenden und
dem laufenden Monat, wie es nachfolgende Tabelle zeigt.
Diese Tabelle, bei deren Diskussion wir die Genauigkeit der ver-
schiedenen Werte nicht erst einer Prüfung unterziehen und auch auf
Höhenlage oder sonstige Terrainbeschaftenheit des Beobachtungsortes keine
Rücksicht nehmen können, läßt keine einfache Beziehung zwischen der
Polarisationsgröße und der Sonnentätigkeit erkennen. Allerdings finden
wir bei sämtlichen fünf größten Polarisationswerten große Sonnenflecken-
Relativzahlen; dagegen war aber das Jahr 1594, in dem Jensen ziemlich
viel kleinere Polarisationswerte beobachtete, durch eine zum Teil erheblich
erößere Sonnentätigkeit gekennzeichnet. Umgekehrt fand die Wildsche Be-
obachtung (0,750) zu einer Zeit statt, wo die Sonnentätigkeit ziemlich gering
war, und ebenso die 1887 von Connel in St. Moritz ausgeführte Messung?).
Dabei muß bemerkt werden, dab am 22. Oktober 1887 eine noch größere
Polarisation herrschte, deren Wert aber nach Gonnels Angabe nicht mit
genügender Genauigkeit anzugeben war”). Ebenso sei darauf hingewiesen,
daß Connel seit diesem Trage fast ausschließlich nur um die Mittagszeit
beobachtete und daß in den meisten Fällen der Boden mehr oder weniger
mit Schnee bedeckt war. Die am 23. September 1888 um 10" a. von
Connel bei Thusis und Davos gefundene Zahl, welche noch erheblich
erößer ist als die 6 letzten Polarisationswerte der Tabelle, wurde zu einer
und Geophysik für 1892, eine solche für 1749—1901 in der Met. Zs. 1902, p. 195—197,
und eine für 1902—1908 in den Astronom. Mitteilungen vom Oktober 1909. Eine Gesamt-
darstellung der Fleckenkurven von 1749—1901 findet sich in „Monthly Weather Review“
vom April 1902 und in den Astron. Nachr. Nr. 3872— 73.
') Unter der Voraussetzung total reflektierender Tropfen vom spezifischen Gewicht
des Wassers und einer Strahlung und Anziehung, wie sie der Sonne entsprechen, ergibt
sich nach Arrhenius (Das Werden der Welten, p. 88), daß der Durchmesser der Partikelchen
zwischen 0,0015 mm und 0,0955 A liegen muß, damit der Strahlungsdruck die An-
ziehung überwiegt.
?) Die Messung wurde um 3° 55” p. vorgenommen.
?) Bei starker Polarisation war bei dem Connelschen Apparat von einer gewissen
Grenze ab die Beobachtung nicht genau genug.
412 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Tabelle XXXV.
Vergleich zwischen den größten innerhalb eines Jahres
beobachteten Werten der Polarisationsgröße, die für einen innerhalb
des Sonnenvertikals um 90° von der Sonne abstehenden Himmelspunkt
gelten, und den Sonnenflecken-Relativzahlen.
Sonnenflecken - Relativzahlen
= Zahl
EA > Mittel Vorher Eee g>
sations-| Beobachter ! Jahr | Monat | Tag ad sehen. | P@U- hergehen-| Beob- Bemerkungen
oröße herge- | er fender | den und | ach-
Dr henden Monat | dem lau- | tungen
. Monaten| Monat fenden
Monat
0.808 | Rubenson [1861| Dez. | 1. | 74.8 Bartı) SW 38
0.801 i 1862| Jan. | 7. | 78.6 | 80.5 |7e3.1|. 72.1 | 97 | 12EomspEurEuiie
0.790 J[E.C.Pickering] 1873 | Sept. |12. | 67.0 | 68.2 | 47.5| 64.3 7 “
0.789 Jensen 1895 | April |16. | 63.9 | 61.0 | 76.9| 65.8 | 22 |
BEN et : 2 | L In Kiel beobachtet.
0.770 Re 1896|, 0kt2 |, 1.1 422321 16123719928.417 40,3 6 If
nt = en \ 2 sämtlich im September aus-
0.750 Wild 1875 | Sept. [19. | 20.9 | 14.6 2.4| 18.3 5 geführt, und zwar wohl in
oder in der Nähe von Peters-
burg.
0.745 Kimball 1906|: Nov: |22. | 57.6. 7114.82. 38.9 255.0 18 0,745 entspricht der Sekante6
in Tabelle XVII.
Mit Vorschaltung eines
blauen Glases beobachtet
(in Clermont).
In St. Moritz beobachtet.
0.743 Hurion 18931 H Okt OHR ze
Je)
-1
le}
-1]
SD
(=)
de)
>
I Beobachtungen wurden
0.750 Connel 1887 : 21.101528 7.4 6.6) 14.5
-1
0,730 entspricht der Sekantes
in Tabelle XVII; für die Se-
-9 Ti 9N7 | Wahr 50.: 5) 5) kanten 4, 5 und 6 sind keine
0 130 Kimball‘) [1907 | Febr. |18. | 50.3 108.2| 58.6 20 RK Werte angegeben. DIE
(0.746) geklammerte Zahl ist für die
Sekante 6 berechnet.
-1
en
Ha
0.723 Jensen |1894| Juli |25. | 83.6 | 98.9 |106.0| 86.8 5 In-Ril heokarkt al
| | Es stammen 2 Beobachtungs-
” 2 2Q <| 92 FR OR } reihen aus St. Moritz, 9 aus
0.714 Connel 1888 | Sept. | 23. DeD 2.8 8.8 6.0 1a He bezw. Davos (Hi
Maximum beobachtet).
0) a 648 Arago 1815 Aug. 25. 32 . 0 | 3%) « 3 47 . 2 34 N 0 3 Berechnet aus Tab. XXI
0.647 Kimball 1904 |. Okt. | ? 43292 05 05 1E 5A A ? In Washington beobachtet.
Nur bis zum 27. Juni beob-
| | achtet. Der Wert 0,632 ent-
Ss =; s ER N RC I Be r 3 = spricht der Sekante 4 der
0.632 Kimball 1908| Jan. |802]760257 7472327399) 575 15 En halısche® Tabelle. Die
(0.644) | eingeklammerte Zahl ist für.
| die Sekante 6 berechnet.
» AND . Or \ IE Sal a er - al = 5 Zu Cambridge in
0.607 [E.C.Pickering]| 1885 | Sept. | 21. | 63.0 | 50.0 | 39.6 | 59.7 fe) ! Massachusetts Deohach ii
59% 3 Ne N r n In Zu Cambridge in
00593 e 1884 5 13.212642921055282 8 012 3 Ea04 4 { Massachusetts beobachtet.
[D} 1
N)
en
5
0 ? In Washington beobachtet.
ml
') Bezüglich der Kimballschen Werte sei darauf aufmerksam gemacht, daß die
Zahlen nicht notwendig direkt einer Beobachtung entsprechen; da es im allgemeinen aus-
0.576 Kimball 1903 | Nov. | ? 22.9 | 38.9 | 4.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 413
Zeit gefunden, wo die Sonnentätigkeit außerordentlich viel geringer war
als in den Jahren 1815, 1904, 1908, 1885, 1884 und 1903.
Die drei niedrigsten Polarisationswerte fallen in jene Jahre, in
denen offenbar eine Störung durch Vulkanausbrüche stattfand. Ähnlich wird
wohl der für 1904 geltende Wert von 0,647 aufzufassen sein. Der relativ
niedrige Polarisationswert für 1908 dürfte zunächst auffallend erscheinen,
wenn wir auch wohl im Auge behalten wollen, daß er nur den in der
ersten Jahreshälfte gewonnenen Beobachtungen entnommen ist. Die folgende
Tabelle XXX VI, welche wir einer uns während der Drucklegung zugegangenen
Arbeit Kimballs entnommen haben’), und welche nebenbei dazu dienen möge,
um in übersichtlicher Weise noch einmal das bezüglich der Jahre 1903
bis 1905 Erwähnte zur Anschauung zu bringen, zeigt übrigens deutlich genug,
daß bereits im Mai 1907 eine Herabdrückung der Polarisationsgröße ein-
setzte, welche bis ins Frühjahr 1908 hinein zu verfolgen ist. Die Tabelle
weist für die 4 ersten Monate von 1907 noch relativ große Polarisations-
werte auf, wie denn auch Tabelle XXXV ein Maximum von 0,730 bezw.
0,746 für den Februar dieses ‚Jahres zeigte.
Es ist interessant, aus der Tabelle XXXVI zu sehen, wie stark die
Polarisationswerte im Jahre 1909 wieder ansteigen, und wir bedauern sehr,
dem Leser nicht die direkten Beobachtungen mitteilen zu können. Wir
halten es für ziemlich wahrscheinlich, daß die geringen für den August und
September angegebenen Polarisationswerte im Zusammenhang mit der
geschlossen war, gerade in solchen Zeitpunkten zu beobachten, welche den in Tabelle XVII
angegebenen Zenitdistanzen entsprechen, so zog Kimball, wie wir sahen, erst die
Kurven aus den beobachteten Werten und entnahm diesen dann die in Tabelle XVII
angegebenen Werte. Da der Wert 0,745 für 1906 der Sekante 6 der Zenitdistanz
der Sonne entspricht, dagegen der Wert 0,730 für 1907 nur der Sekante 3 und der
Wert 0,632 für 1908 der Sekante 4, so wurden für die beiden letzten Zahlen auf
Grund der aus der Tabelle errechneten durchschnittlichen Unterschiede zwischen den
für die verschiedenen Sekanten geltenden Polarisationswerten die entsprechenden, in einer
Klammer angegebenen Werte für die Sekante 6 berechnet. Dadurch aber wird nichts
wesentlich geändert. Innerhalb der Sekante 2, für welche bei sämtlichen Beobachtungstagen
der Jahre 1906—1908 Werte in der Tabelle vorliegen, sind die entsprechenden Maxima
0,716, 0,692 und 0,620; die entsprechenden Sonnenflecken-Relativzahlen sind 57,6, 54,8
und 60,5 (Mittel aus den 6 vorhergehenden Monaten), 17,8, 64,7 und 47,3 (vorhergehender
Monat), 38,9, 76,4 und 39,2 (laufender Monat) und 55,0, 57,8 und 57,5 (Mittel aus den
6 vorhergehenden und dem laufenden Monat). Diese Polarisationswerte würden selbst-
verständlich für die Vergleichung der Jahre 1906 bis 1908 - untereinander mindestens
ebensogut sein wie die in der Tabelle angegebenen Größen. Was die 1903 und 1904
von Kimball ausgeführten Messungen betrifft, so gehen wir kaum fehl in der Annahme,
daß die Zahl der Beobachtungen, aus denen das Maximum genommen wurde, keine
ganz geringe war.
') H.H. Kimball, Solar Radiation, Atmospherie Absorption, and Sky Polarization,
Washington D. C., in „Bulletin of the Mount Weather Observatory“, vol. 3 (1910), part 2,
p- 69—126. (Siehe hier p. 114.)
414 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Tabelle XXXVI.
Durchschnittliche monatliche Maxima und Abweichungen
der atmosphärischen Polarisationsgröße zu Washington bei
einem Zenitabstande der Sonne von 60°, nach Kimball.
S Abweichungen
Monat werte ; 5 F
u 1903 | 1904 | 1905 | 1906 | 1907 | 1908 | 1909 | 1910
Prozente Prozente | Prozente) Prozente| Prozente, Prozente) Prozente| Prozente| Prozente
Januar ... 64 | —_ —12 | — 8 +5 +5 — u +5
Februar .. 63 — a I ae +6 =: 0. 01,0 de +2
IM 61 — —Ss Ar —4ı, +6 a +5
April 232. 63 — 6 In 6m ET nor
Mais 57 1 — 2 — +9 | —2 +1 +5 —
uni 56 —18|+3| +2|+2| - |+5| +7) —
ml.en 57 —9/| -1|-3| — | —4| +10 | +49 _
August ... 58 Se — Sl ars =
September. 62 — 7 Bl a) —] — +1 1397
Oktober .. 64 = +1 +5 = —1| +3 +4 —
November . 66 — 8 —ı8 +3 +6 — +3 +6 —
Dezember | 63 -—op =-ri +51 — +1 | — +7) —
mehrfach erwähnten, Ende ‚Juni 1908 einsetzenden, atmosphärisch-optischen
Störung stehen.
Es liegt wohl nahe genug, das geringe, in Tabelle XXXV für 1908
angegebene Maximum in Verbindung mit der Polarisationsstörung zu bringen,
welche hinsichtlich der neutralen Punkte in Arnsberg im Frühling 1907 ein-
trat und bis ins Jahr 1908 fortdauerte. Allerdings haben wir die Vermutung
ausgesprochen, die für die neutralen Punkte in die Erscheinung getretene
Störung könne im Zusammenhang mit der noch immer starken Sonnentätigkeit
im Jahre 1907 stehen, da doch der große Vesuvausbruch bereits im April
1906 stattfand'). Diese Auffassung schien auch einige Stütze dadurch zu
erhalten, daß der Charakter der Störung in Bezug auf den einen und den
andern der beiden neutralen Punkte ganz anders war als nach den großen
Eruptionen von 1883 und 1902. Wenn man aber den in Tabelle XXXV
für 1908 angegebenen Polarisationswert mit den entsprechenden übrigen
Werten vergleicht, welche Zeiten angehören, in denen die Fleckentätigkeit
der Sonne mindestens ebenso groß war wie 1907 und 1908, und wenn
man dabei findet, daß sämtliche Werte den in Diskussion stehenden
erheblich überragen, und daß letzterer den für die Jahre 1884, 1885 und
') Siehe p. 12, wo übrigens versehentlich der 10. April statt des 8. gesetzt
worden ist.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 415
1903 geltenden ziemlich viel näher steht, so kann man wohl dazu
kommen, hier den Gedanken einer. Beziehung zur Sonnentätigkeit wieder
fallen zu lassen und an eine Trübung der Atmosphäre durch vulkanischen
oder nicht von der Sonne stammenden kosmischen Staub zu denken.
Möglicherweise könnte ja vielleicht der eigentümliche Charakter der
Störungen von 1907 und 1908, wie die neutralen Punkte ihn zeigten,
gegenüber den Störungen von 1883 und 1902 auf eine andere Höhe der
fremden Partikelehen zurückzuführen sein.
In der Erwartung, daß die optischen Störungen von 1906, 1907 und
1908 auch aus den Beobachtungen der atmosphärischen Polarisation, die
auf dem Ebro-Observatorium zu Tortosa (Spanien) seit 1906 regel-
mäßig angestellt werden, erkennbar sein möchten, haben wir uns an die
Direktion dieses Observatoriums mit der Bitte gewandt, uns einen Aus-
zug aus den Beobachtungen zukommen zu lassen. Diesem Ersuchen ist die
Direktion (Pater Cirera S. J.)') mit der größten Bereitwilligkeit ent-
gegengekommen, wofür wir auch an dieser Stelle unsern herzlichsten
Dank aussprechen.
Aus jedem der Jahre 1906—1909 liegen mehrere hundert Messungen
der Polarisation vor, die teils morgens 8 Uhr, teils mittags 2 Uhr aus-
geführt sind. Die Beobachtungen wurden angestellt mit Hilfe eines
Photopolarimeters von Cormu und sind offenbar sehr zuverlässig. Leider
sind wir nicht in der Lage, die einzelnen Zahlen wiederzugeben, wir
können auch eine eingehende Diskussion der Beobachtungen nicht mehr
vornehmen, müssen uns vielmehr auf eine Wiedergabe der Monatsmittel
sowie auf eine kurze Betrachtung der Werte im Hinblick auf die ge-
nannten optischen Störungen beschränken.
Wir haben zunächst sämtliche Werte der einzelnen Monate und
dann die Terminbeobachtungen der Morgen und Mittage getrennt für
sich zu Mitteln vereinigt. Die getrennte Berechnung empfahl sich aus
dem Grunde, weil dann die Sonnenhöhen für die einzelnen Beobachtungs-
reihen auf ein kleineres Intervall beschränkt wurden, und zwar für
8 Uhr von etwa 5° bis 37° und für 2 Uhr von 20° bis 60°. Auf
diese Weise wurde der Einfluß der Zenitdistanz der Sonne erheblich
verringert. (S. 355.)
Um auch den Einfluß der Bewölkung möglichst auszuschalten, aber
anderseits bei der Mittelbildung nicht auf gar zu wenige Einzel-
werte angewiesen zu sein, haben wir außerdem die bei den Bewölkungs-
graden 0 bis 2 der 10teiligen Skala abgeleiteten Beobachtungen, sowohl
für 8 Uhr als auch für 2 Uhr, getrennt berechnet. Dabei wurden
!) Das „Observatorio del Ebro-Tortosa“ ist eine Musteranstalt der Jesuiten von
glänzender Ausstattung. Es liegt in 40° 49’ 14” nördl. Breite und 0" 1” 58,5° östl. Länge
von Greenwich, 51 m über dem Meeresspiegel.
416 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Tabelle XXXVL.
Mittelwerte der Polarisation innerhalb des Sonnenvertikals in
90° Abstand von der Sonne zu Tortosa in den Jahren 1906-1909.
Dez. | Jahr
Jan. Febr.| März April Mai | Juni | Juli | Aug. | Sept. | Okt. | Nov.
1906
Polarisation ....... 0.723/0.719/0.692/0.5790.531/0.534/0.515/0.556|0.6400.688/0.767|0.750 0.632
Mittlere. Bewölkung | :0:6 | 1.1.) 0.51. 1.35 1.42170.95120:9271 31250287 21737 SO GE 1.0
Zahl der Beobacht.. 9 1 10, 20.1 122 a TA ee 9 145
1907 |
Polarisation ....... 0.7710.714,0.700)/0.540/0.469/0.460/0.468|0.524|0.536/0.593/0.583|0.58410.58£ |
Mittlere Bewölkung | 0.4 | 0.5 1.0.4 0.7.1'0.3 | 0.3.1.0:6:| 0.2 0.70.00 1a 0-58
Zahl der Beobacht.. | 20 112 12 7 14 12 18 13 10 7 4 7 136
1908 | |
Polarisation ....... 0.636/0.642/0.624.0.597/0.545.0.520.0.5330.542/0.632|0.6500.72610.735 | 0.607
Mittlere Bewölkung I 0.7 | 0.7 \ 1.0 | 0.9 | 0.9 | 0.6 | 0.6 | 0.7 |0.7|1.1 | 0.6 | 0.8 0.8
Zahl der Beobacht.. 13 14 8 10 14 8 18 15 6 9 7 12 134
1909
Polarisation ....... 0.7220.6840.677.0.640/0.656 0.5780.646/0.614.0.708/0.7230.722)0.750 | 0.670
Mittlere Bewölkung | 0.6 | 0.6 | 1.0 0.5.0.6 1.027 | 0.6.0.7 10:2. 1.0252702621 20 as pas
Zahl der Beobacht.. | 13 9 6 5 5 9 11 16 6 9 6 4 99
232m
1906 | |
Polarisation ....... 0.658.0.631/0.635.0.560/0.554.0.496|0.485,0.547/0.566.0.661/0.724.0.655 | 0.596
Mittlere Bewölkung | 1.1 | .1:1 ).0:3| 1.5) 1.3 |.0:9)| 1.22).,09215079)) 1232 70252 HiESssae
Zahl der Beobacht.. 12, 9 11 2 7 12 11 14 11 8 14 2 113
1907
Polarisation ....... 0.706,0.676.0.647/0.570/0.470/0.436/0.4700.482)0.5330.535.0.584.0.558 | 0.556
Mittlere Bewölkung | 0.6 | 0.4 | 0.6 | 0.71 0.3 | 1.3 0.3 | 1.0 171.47 1.9 0.87 2R021 0223
Zahl der Beobacht.. | 18 9 dal 6 4 7 6 11 m 6 5 4 94
1908
Polarisation ....... 0.5930. 616.0.598 0.52510.549)0.49610.489|0.509/0.569)0.587/0. 702/0.687 | 0.568
Mittlere Bewölkung | 0.8 | 0.8 | 1.21 0.8) 1.1 1.0.9 0.9.0.8 21.2: 2173 0.6. 20 Ss 20
Zahl der Beobacht..| 2 | 13|6|88 16 7 Kr er 6,76 12 129
1909 |
Polarisation ....... 0.664.0.6290.6330.611.0.622)0.597/0.5680.558|0.640.0.645.0.686.0.745 | 0.629
Mittlere Bewölkung | 0.6 | 0.6 | 1.0 | 0.8 | 0.8. |:0.8 | 0.7 | 2:0 | 0.7 | 1.0] 0.6 | 0.5.1 07
Zahl der Beobacht.. | 14 15 4 fe) 6 6 14 14 B) 10 12 8 116
3. Maxima S"a
TIONNERET N 0.78 | 0.78 |0.76 | 0.65 | 0.66 | 0.60 | 0.58 | 0.66 | 0.73 | 0.78 | 0.79 | 0.82 10.716
VON 0.82 |0.79|0.75 |0.64 | 0.56 | 0.54 | 0.57 0.63 | 0.66 | 0.64 | 0.62 0.64 |0.655
TI0S A 0.73 [0.72 0.71 0.67 0.60 | 0.57 |0.66 |0.68|0.68 [0.71 |0.74|0.80 |0.689
LINIARES 0.79 10.78 |0.73 |0.69 | 0.72 0.73 10.73 0.73 0.75 78 | 0.77 0.78 10.748
4. Maxima 2" p.
U) 0) Ve 0.72 |0.731|0.69|0.58 | 0.66 |0.59 10.56 10.62 10.69 | 0.71 | 0.77 |0.71 10.669
NOTE EAN BE 0.78 0.75 10.72|0.68|0.53 0.53 | 0.54 | 0.53 | 0.62 | 0.60 | 0.64 10.60 | 0.627
LIE HIFI 0.69 0.68 | 0.66 0.63 0.63 0.54 0.62 0.63 | 0.66 | 0.65 | 0.74 0.74 I 0.656
KIT a: 0.76 |0.72| 0.64 | 0.66 | 0.69 | 0.66 |0.62 | 0.62 | 0.69 | 0.73 , 0.74 | 0.77 | 0.692
en
Tatsachen und "Theorien der atmosphärischen Polarisation. 417
alle die zahlreichen Fälle, in denen keine Bewölkung angegeben war,
mit 0,5 in die Rechnung eingeführt. Wir glaubten dazu berechtigt zu
sein, weil Cirera uns schreibt, daß in allen diesen Fällen die Bewölkung
den Grad 1 nicht erreichte. Wir dürfen uns hier wohl auf die Wieder-
gabe dieser Berechnung, deren Ergebnisse in Tab. XNXXVII zusammen-
gestellt sind, beschränken, um so mehr, als auch die übrigen Mittelwerte
der ersten und zweiten Berechnung denselben Gang, wenn auch natur-
2:58
HH
4
Frohe
a
HH
RR
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FERN EHE NR BEE BEIN
| see ii
Ei ED SL ER
OSERBERR EBEe
an rue ww
Bi £ En ö i a
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au; va!
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a
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E
BE
BE
us
Ems tagnistans
Hirtkitrt
a
Polarisationswerte
Polarisationswerte
Fig. 53b.
eemäß in abgeschwächter Form, deutlich hervortreten lassen. Am Schluß
der Tabelle haben wir auch die in den einzelnen Monaten beobachteten
Maximalwerte zusammengestellt‘). Fig. 53 a und b geben eine graphische
Darstellung der Werte dieser Tabelle”), soweit die Durehschnittswerte bei
der Bewölkung 0 bis 2 in Frage kommen.
1) Es sei hier im Anschluß an Seite 376 u. ff. darauf hingewiesen, daß sämtliche
Zahlen der Tabelle — und zwar sowohl die Durchschnittswerte, als auch die Maxima —
in äußerst deutlicher Weise zeigen, dab die Polarisationsgröße um die Mittagszeit
(2" p.) kleiner ist als vorher (8" a.).
?) Die in den Kurven dargestellten Werte entsprechen leider nicht immer genau
bis auf die 3. Dezimale den in der Tabelle angegebenen,
[SS]
I
418 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Bei näherer Betrachtung fällt uns besonders in die Augen, daß die
Kurven für 1907 und 1909 Extreme darstellen, und zwar in dem Sinne,
daß etwa von März ab die Kurven für 1909 am höchsten, die für 1907
am tiefsten liegen, mit einer kleinen Abweichung für 1906 in den
Monaten Oktober und November und für 1908 im November. Die
Kurven für 1906 und 1908 liegen von April bis Oktober mitten zwischen
den beiden anderen, sie verlaufen ziemlich gleich und decken sich sogar
zum Teil. Am deutlichsten ausgeprägt sind diese Verhältnisse morgens
um 8 Uhr. Daß irgend eine besondere Ursache für die erhebliche Ver-
schiedenheit im Laufe der Kurven vorliegen muß, ist selbstverständlich.
Diese kann schwerlich in den Witterungsverhältnissen gefunden werden,
da der Unterschied sich unabhängig von der Bewölkung erweist. Es
kommt hinzu, daß auch die ‚Jahresmittel der Maxima denselben Gang
zeigen. Wir werden sicher nicht fehlgehen, wenn wir an-
nehmen, daß wir es mit einer lange andauernden, außer-
ordentlichen Störung zu tun haben, die zum Teil schon im
Jahre 1906 eingesetzt hat, die aber im Jahre 1907 eine erheb-
liche Verschärfung erfuhr und bis in das Jahr 1908 hinein
bestand. Dabei müssen wir allerdings das ‚Jahr 1909 als im ganzen
normal ansehen. Es liegt nahe, die optischen Störungen von 1906 und
1907, die von Wolf für Heidelberg und von Busch für Arnsberg nach-
gewiesen wurden, auch für den Rückgang der Polarisation in Tortosa
verantwortlich zu machen, um so mehr, als dieser auch im Frühjahr beider
Jahre eingetreten ist, wie sich deutlich genug an dem steilen Abfall der
Kurven erkennen läßt. Die Kurven für 1908, die etwa bis April tiefer
liesen als die übrigen, treten bis Juli nahe an die Kurven von 1906
heran, aber dann liegen sie fast bis zum Schluß des Jahres wieder
unterhalb der Kurve von 1906. Wie es scheint, haben wir es hier
mit einer Folgeerscheinung der eigentümlichen und plötzlichen
Störung vom 30. Juni 1908 zu tun.
Bezüglich der Störung von 1906 und 1907 liegt es nahe, ebenso
wie Wolf es für die in Heidelberg beobachteten Störungen getan hat,
die Ausbrüche des Vesuvs von 1906 und 1907 als Ursache anzusehen;
denn da Tortosa vom Vesuy ungefähr ebenso weit entfernt ist wie Heidel-
berg, so werden die Vulkangase wohl ebenso rasch und leicht in die
Umgebung von Tortosa gelangt sein können wie nach Heidelberg. Aber
es bleibt dann ebenso wie für die neutralen Punkte die auffallende Tat-
sache bestehen, daß die Störung vom Jahre 1907 erheblich stärker war
als die von 1906, obgleich in diesem Jahre der Vesuvausbruch nicht
annähernd die Bedeutung des Ausbruches von 1906 erreichte. Auch die
Feststellung Kimballs, daß im ‚Jahre 1907/08 in Nordamerika eine
Störung der atmosphärischen Polarisation vorlag, deutet für die Störung
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 419
von 1907 entschieden auf eine allgemeinere Ursache hin. (S. auch
Seite 230)').
Die zwei ersten neunziger Jahre, in welchen, wie Seite 8 zu sehen
ist, ein starkes Anschwellen der Sonnentätigkeit stattfand, sind leider in der
Tabelle XNXXV nicht vertreten, obgleich Hurion in den Jahren 1891 bis 1895
Polarisationsbeobachtungen anstellte. Seine Messungen in diesen beiden
Jahren sind aber so wenige zahlreich, daß man von beobachteten Maximis
nicht wohl reden kann; anderseits aber können sie doch eine willkommene
Ergänzung bieten. Wir gehen sicher nieht fehl, wenn wir allen von ihm
gewonnenen Werten einen hohen Grad von Zuverlässigkeit zuschreiben. Ein-
mal sprieht die ganze, gründliche Art seiner Arbeit dafür, zum andern beob-
achtete er mit dem anerkannt vorzüglichen Cornuschen Photopolarimeter,
und endlich dürfte die ausgezeichnete Übereinstimmung zwischen den von
ihm beobachteten und den nach seiner Formel bereehneten Werten diese
Ansicht genügend stützen. Unseres Erachtens dürfte nun diese Über-
einstimmung zwischen Theorie und Beobachtung gleichzeitig die nötige
Bürgschaft dafür geben, daß Hurions Messungen nieht in nennenswerter
Weise durch Wolken gestört worden sind. Wir geben sie, soweit der
im Sonnenvertikal um 90° von der Sonne entfernt liegende Himmelspunkt in
Frage kommt, in Tabelle XNXXVII, indem wir wieder die Sonnenflecken-
Relativzahlen beifügen. Dabei ist allerdings zu beachten, daß die Hurion-
schen Werte mit einer einzigen Ausnahme für blaues und rotes Licht
gelten. Dies dürfte aber die hieraus zu ziehenden Schlüsse keineswegs
umstoßen?). Einmal scheinen dazu ganz allgemein die tatsächlichen Ditte-
renzen zwischen den für weiße und für blaue Strahlen gewonnenen atmo-
sphärischen Polarisationswerten nicht groß genug zu sein, und das wohl
vor allem bei relativ starker Polarisation, und zum andern ist zu be-
rücksichtigen, daß die Differenzen zwischen Blau und Rot in den Fällen,
wo Hurion gleichzeitig in beiden Farben beobachtete, ziemlich gering
waren, so daß wohl anzunehmen sein wird, daß auch die Werte für Weiß
sehr nahe bei den angegebenen Zahlen liegen. Wir lassen nun die
Tabelle folgen.
!) Nach den auf dem astronomischen Observatorium in Cartuja (Spanien) aus-
eeführten photoheliographischen Registrierungen hat die Aktivität der Sonne
von 1907 bis 1910 ganz bedeutend nachgelassen. Die totale von Flecken bedeckte Fläche
betrug in diesen Jahren, ausgedrückt in Millionteln der Hemisphäre, der Reihe nach:
393 083, 248 582, 227 272, 62 937, die Zahl der Flecken: 1682, 1586, 1569, 558 (Mitteilung
von R. Garrido, 8. J., Direktor des genannten Observatoriums, im Bulletin de la Societe
belge d’Astronomie, April—Mai 1911, p. 160). Leider wurde mit den Registrierungen erst
im Oktober 1906 beeonnen, so daßaus diesem Jahre noch keine sicheren Zahlen vorliegen.
2) Dasselbe gilt hinsichtlich der in Tabelle XXXV angegebenen Hurionschen Zahl,
die im Gegensatze zu allen übrigen dort angegebenen Werten, die für weißes Licht gelten,
bei Vorschaltung eines blauen Glases gefunden wurde.
27°
420 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Tabelle XXXVIl.
Die von Hurion 1891, 1892 und 1893 für den innerhalb des
Sonnenvertikals in einem Sonnenabstande von 90° gelegenen
Punkt beobachteten Polarisationswerte und Sonnenflecken-
Relativzahlen.
Sonnenflecken - Relativzahlen
>nlc Days: Fr
Pola- 3 | | | Mittelaus
r yisa- | Mittel |Vorher- | | den 6 vor-
Jahr) Monat Tag Ort 2 aus den ern! Lau- nergehen-] Bemerkungen
tions- ee > = 'fender | den und
ale 'Se- der fon: dem lau-
gröbe enden | Monat Mond fenden
j\ Snanen| | ' Monat
1891| Februar |11.| Glermont ][0.423| 11 3 13.5 22.2 | 12.9 [Beobachtung i.Weiß.
1892| April 29. | Puy de Döme[0.614| 53.4 | 49.9 | 69.6 | 55.
7 „Blan.
ie Nov. |15.] Clermont 1:0.676| 77.9 | 70.5 | 65.4 | 76.1 A ER
1893 März 29. $ 0.5991 _70.9°773.0. 6.717081 „Blau.
IL AEARL a A 0.586 R x a | B : „Rot.
April | 8. |Puy de Döme|0.539| 71.4 65.7 | 88.1 | 73.8 F „Blau.
AETEIET B 0.542 3 A Se a u
Tal. f 0.6861 79.1 | 88:21 88.8. 805 ’ „Blau.
Oktober | 25.| Ulermont Ne Ra TE) ET | 90.9 5
Wenn wir auch einstweilen kein allzu großes Gewicht darauf
legen möchten, so wollen wir doch nicht verfehlen, darauf hinzuweisen,
daß, ebenso wie in Tabelle XXXV, auch hier die größten Polarisations-
werte mit den größten Mittelwerten für die Sonnenflecken-Relativzahlen
zusammenfallen.
Indem wir nun von der Möglichkeit einer Beziehung zur Sonnen-
tätigkeit vorläufig absehen, wollen wir die Polarisationswerte dieser Tabelle
einmal mit den sonst bekannten Werten der für die entsprechende Himmels-
stelle geltenden Polarisationsgröße und zum anderen untereinander ver-
gleichen. Bis auf die beiden letzten Zahlen sind die Werte auffällig
niedrig. Vor allem ist der erste Wert überraschend klein, und es ist sehr
bedauerlich, daß für 1891 keine weiteren Beobachtungen Hurions vorliegen.
Wie aus der Tabelle zu ersehen ist, wurden diese Messungen entweder
in Clermont, oder auf dem Puy-de-Döme angestellt. Clermont liegt 407 m
hoch, der Puy-de-Döme hat eine Höhe von 1467 m.
Wenn man auch gar nichts über die Beziehungen der Polarisations-
phänomene zur Höhe des Beobachtungsortes wüßte, so würde man sich
doch wohl sagen, daß man die an höher gelegenen Orten gewonnenen
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 4921
Beobachtungswerte nicht ohne weiteres mit denen vergleichen darf, welche
in der Nähe des Meeresniveaus gefunden wurden. Die Vernachlässigung
etwaiger Einflüsse der Höhenlage dürfte aber die aus der Vergleichung
der innerhalb der Tabelle vorkommenden Werte abzuleitenden Resultate
wenig oder gar nicht beeinträchtigen können, da, wie ersichtlich, inner-
halb der Beobachtungszeit ein mehrfacher Wechsel des Beobachtungs-
ortes eintrat. Bei alleiniger Berücksichtigung der in Clermont angestellten
Beobachtungen würde man zu dem Schluß gelangen, daß der zunächst auber-
ordentlich geringe Polarisationswert wieder bis zu einer ziemlich beträcht-
lichen Höhe zunahm, um nach relativ geringem, erneutem Fall erst gegen
Ende des ‚Jahres 1893 einen Wert anzunehmen, der wohl den normalen
Werten ziemlich nahekommen dürfte. Bei den Beobachtungen auf dem
Puy de Döme, welche erst 1892 begannen und schon mit dem 7. Juli!) 1893
aufhörten, wurden weder ganz niedrige, noch ganz hohe Werte gefunden;
im übrigen aber dürften die aus diesen Beobachtungen abzuleitenden
Sehlüsse sich durchaus in Einklang mit den aus den anderen Messungen
abgeleiteten bringen lassen.
Fassen wir die Gesamtheit dieser Zahlen ins Auge und vergleichen wir
damit die aus früherer und späterer Zeit stammenden, in den verschiedensten
Höhenlagen ausgeführten Bestimmungen der Polarisationsgröße, welche
zweifelsohne normalen oder doch nahezu normalen Verhältnissen der
Atmosphäre entsprechen, so gelangen wir zu dem weiteren Schluß, dab
in den ersten neunziger ‚Jahren des vertlossenen Jahrhunderts em besonderes,
die Polarisationsgröße herabdrückendes Moment vorlag,
welches wahrscheinlich schon mit Beginn des Jahres 1591 in Wirkung trat
und — allerdings nach einem vorübergehenden Abflauen im Jahre 1892
erst im Jahre 1893 verschwand.
Nach den früheren Auseinandersetzungen sind die Messungen der
Polarisationsgröße nur dann zu allgemeineren Schlüssen zu verwenden,
wenn die zur Zeit der Beobachtung an dem in Betracht kommenden
Orte herrschenden Witterungsverhältnisse genügend berücksichtigt werden,
und dies wird naturgemäß um so notwendiger sem, je geringer die Zahl
der für eine eventuelle Schlußbildung zur Verfügung stehenden Einzelwerte
ist. Von diesem Gesichtspunkt aus haben wir die Hurionschen Messungen
nach Möglichkeit genauer verfolgt, und es will uns scheinen, daß die so-
eben aufgeführten, aus Tabelle XXXVIII gezogenen Schlüsse dadurch noch
mehr befestigt werden. Dabei ist allerdings nicht außer acht zu lassen, dab
die uns zu diesem Zweeke dienenden Wetterkarten der Deutschen Seewarte
die genauen Zahlenwerte für die verschiedenen meteorologischen Elemente
!) Bei Vergleichung der beiden letzten Zahlen in der Tabelle darf der Kintlub
der verschiedenen Jahreszeiten im Sinne unserer früheren Erörterungen nicht vergessen
werden.
492 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
_
nur für Clermont und nieht für den Puy-de-Döme geben, wenn auch wohl
die Wetterlage für diese beiden, in unmittelbarer Nähe voneinander
liegenden Orte im wesentlichen als gleich anzusehen sein dürfte. Da eine
auffällig schöne Übereinstimmung zwischen den von Hurion beobachteten
und den von ihm berechneten Werten vorhanden ist, dürfen wir wohl
ohne weiteres annehmen, daß er nur bei völlige oder doch nahezu
wolkenlosem Himmel beobachtet hat. Wie aber aus unseren früheren
Auseinandersetzungen (siehe hierzu auch p. 369) genügend ersichtlich sein
dürfte, hängt offenbar die Polarisationsgröße in hohem Grade auch von
der größeren oder geringeren Tendenz zur Wolkenbildung ab, und man
wird sich wohl ein annähernd richtiges Bild über die Größe dieser Tendenz
aus den Bewölkungsziffern der um den Beobachtungstermin herum liegenden
Tage sowie aus der Größe der Niederschläge innerhalb dieses Zeitraumes
und aus der relativen Feuchtigkeit verschaffen können. Auch dürfte wohl
im allgemeinen ein hoher Barometerstand') als eine für hohe Polarisations-
werte günstige Wetterlage anzusehen sein.
Die Bewölkung am Morgen (7 Uhr) des 10., 11. und 12. Februar 1891 ist
der Reihe nach zu 0, 0 und 4 angegeben, und die entsprechenden Werte
für die Windrichtung und Windgeschwindigkeit sowie für die Niederschlags-
menge, den Barometerstand und die relative Feuchtiekeit sind Sı. W,
und W,, 0, 0, O mm sowie 773,1, 775,5 und 774,3 mm und 91, 58 und 84 "o.
Die für. den Abend (6 Uhr) des 10. und 11. geltenden Werte für Wind,
Bewölkung?) und Barometerstand sind der Reihe nach: S, und NE,, 0
und 3 sowie 772,5 und 774,3 mm. Wenn nun auch der Himmel am Abend
des 11. Februar wolkig war, wird man doch wohl aus den gesamten
angegrebenen Werten schließen dürfen, daß die Wetterlage recht günstie
war, so dab der außerordentlich niedrige Polarisationswert von 0,423
offenbar nur zu eimem sehr geringen Teil auf Konto von ungünstigen
Witterungseinflüssen zu setzen sein dürfte. Umgekehrt ergibt die Wetter-
karte deutlich genug, daß die am 29. April 1892 herrschende Wetterlage
sehr ungünstig war. Beispielsweise ist der Barometerstand am Morgen
(dieses Datums 763,9 und am Abend 757,4 mm, und es ist die Himmels-
bedeckung für diese Termine zu 2 und zu 4 angegeben. Am Morgen
des 29. wurde 1 mm Niederschlag gemessen, und für den Morgen des
30. sind sogar Smm Regen verzeichnet’). Wenn nun trotzdem der für
den 29. April 1892 gefundene Polarisationswert außerordentlich viel höher
') Die m den Wetterkarten angegebenen Barometerstände sind bekanntlich auf 0° €
und auf den Meeresspiegel reduziert.
?) Die Wetterkarten haben für die Bewölkung bekanntlich 5 Bezeichnungen, indem
0 wolkenlos, 1 heiter, 2 halbbedeckt, 3 wolkig und 4 völlig bedeckt bedeutet.
°) Die Wetterkarten geben für den Morgen des jeweilig angeführten Datums die inner-
halb der vorhergehenden 24 Stunden gefallene Niederschlagsmenge an,
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. >
ui
ist als der am 11. Februar 1891 gemessene, so ist doch gewiß um so mehr
der Schluß gerechtfertigt, daß dem großen Unterschiede zwischen den beiden
bis jetzt betrachteten Werten eine besondere Ursache zugrunde liegt.
Wiehtig für die Beurteilung dieser Verhältnisse sind vor allem die niedrigen
Polarisationswerte, und so wollen wir auch darauf hinweisen, daß so-
wohl am 29. März 1895, als auch am 8. April dieses Jahres eine recht
gute Wetterlage zu bestehen schien. Die für den Morgen des 28.,
29. und 30. März 1893 für Clermont geltenden Barometerstände sind der
Reihe nach 764,1, 765,2 und 763,0 mm; es sind die entsprechenden Werte
für die relative Feuchtigkeit, für Wind, Bewölkung und Niederschlag 64,
55 und 82°, S,, Sı und ENE,, 0, 0,2 und 0, 0, 0. Die Werte für
Barometerstand, Wind und Bewölkung am Abend des 28. und 29. März sind
763,5 und 762,4, S; und S; sowie O und 1. Wir teilen ferner noch die Werte
für den Barometerstand, die relative Feuchtigkeit, den Wind, die Bewölkung
und den Niederschlag für den Morgen des 7., 8. und 9. April 1893 mit und des-
gleichen die für den Abend dieser Tage geltenden Werte für Barometerstand,
Wind und Bewölkung. So wurde beobachtet: 767,3, 770,0 und 766,8mm, 61,
81 und 67 °/o, WNW,, W, und W,, 0,0 und 0 sowie 0,0 und OÖ mm. Anden
Abenden wurde notiert: 766,4, 766,2 und 762,5 mm, N;, N;, Ns und 0,0, 0.
Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß der für den 7. Juli gefundene
Polarisationswert, ganz abgesehen von der Jahreszeit, in welche die Beob-
achtung fiel, höchstwahrscheinlich noch erheblich größer ausfiele, wenn
die Wetterlage günstiger gewesen wäre!) Möglicherweise würde auch
der für den 25. Oktober 1893 angegebene Polarisationswert noch größer
werden, wäre nicht die, allerdings noch durchaus nicht schlecht zu nennende
Wetterlage insofern etwas verdorben worden, als an diesem Tage ein
Barometerfall begann, nachdem tagelang (zum mindesten vom 20. Oktober
ab) hoher Druck geherrscht hatte?).
!) Die für den Morgen und Abend des 7. Juli notierten Barometerstände sind 161,2
und 757,8 mm. Die entsprechenden Windnotierungen sind N, und NE,; die Werte für
-
die relative Feuchtigkeit für den Morgen des 7. und 8. Juli sind 79 und 68%, und die ent-
sprechenden Niederschlagsmengen sind 1 und 0. — Für den Morgen des 9. Juli sind allerdings
schon 20 mm Regen vermerkt. Der Himmel, dessen Bedeckung am Morgen und am Abend
des 6. Juli zu 4 bezw. 1 angegeben war, war allerdings an den entsprechenden Terminen des
nächsten und ebenso am Morgen des darauf folgenden Tages als wolkenlos angegeben worden.
?) Die für den Morgen des 22., 23., 24., 25., 26. und 27. Oktober geltenden Baro-
meterstände sind der Reihe nach: 770.6, 770,5. 771,4, 771,6, 766,3 und 763,9 mm. Die
für den Morgen und Abend des 25. und des 26. geltenden Windnotierungen sind der
Reihe nach NNE,, NNE,, Ss und S;. Für die relative Feuchtigkeit sind sowohl für den
Morgen des 25ten, als auch für den des 26ten 98 /o angegeben. Niederschlag ist jedenfalls
zwischen dem 20. und dem 27. Oktober gar nicht verzeichnet worden. Der Himmel wurde
am Abend des 24, am Morgen und Abend des 25. sowie am Morgen des 26. als wolkenlos
bezeichnet; am Abend desselben Tages wurde 1 für die Bewölkung notiert, und am darauf
folgenden Morgen wurde der Himmel als völlig bedeckt bezeichnet.
424 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Nachdem wir nun ein angenähertes Bild der für die Beobachtungs-
taee Hurions geltenden Witterungszustände gegeben haben’), wird man
fraglos zugeben müssen, daß die Hurionschen Polarisationswerte deutlich
darauf hinweisen, daß um den Beginn der neunziger Jahre eine
optische Störung der Atmosphäre einsetzte, welche in mehr
oder weniger starkem Grade bis ins. Jahr 1893 hinein fortdauerte.
Dieser Schlußfolgerung scheinen nım einige von Piltschikoff im Herbst
1892 in Charkow beobachtete, relativ hohe Polarisationswerte zu wider-
sprechen, von denen der größte (0,734) am 14. September erhalten wurde.
Aber man muß dabei beachten, dab auch Hurions Werte im Jahre 1892
wieder bis zu einem Maximum von 0,676 emporschnellen.
Man könnte ferner, wenn man an einer Beziehung zwischen Sonnen-
tätigkeit und Polarisationsgröße festhalten will, erwarten, daß auch inner-
halb einer Periode niedriger Polarisationswerte ein gewisser Gleichlauf
zwischen diesen und den Sonnenfleckenzahlen erkennbar wäre, und zwar
würde man dann wohl geneigt sein, von dem Standpunkte der Staubtheorie
aus anzunehmen, dab mit besonders grober Sonnenfleckenzahl kleine Polari-
sationswerte zusammenfallen. Dies scheint aber, wie Tabelle XXXVII
zeigt, durchaus nieht der Fall zu sein. Man wird wohl demnach die
Flecekenbildung mehr als den Gesamtausdruck einer gesteigerten Sonnen-
tätiekeit auffassen müssen. von welcher wir nicht wissen, in welchem
Augenblick sie, sei es durch Strahlung, sei es mit Arrhenius durch Fort-
schleuderung von Staub, den Höhepunkt der optischen Wirkung erreicht.
Dab in der Tat zu Anfang der neunziger Jahre des vertlossenen Jahr-
hunderts eine nicht unerhebliche Trübung der Atmosphäre bestand, geht deut-
lich aus einer von Kimball herrührenden Kurvendarstellung hervor, welche
wir in Fie. 54 wiedergeben. Die erste der hier abgebildeten Kurven (I),
deren Ordinaten die jährlichen, für den Mittag geltenden Durchschnitts-
werte der in Montpellier in Frankreich beobachteten Aktinometerwerte,
ausgedrückt in Prozenten des für die ganze Beobachtungsreihe
(18853 — 1900) geltenden Durchschnittswertes, darstellen, zeigt außer einer
sehr geringen Sonnenstrahlungsintensität im Jahre 1891 einen ganz
auberordentlich niedrigen Strahlungswert im Jahre 1885. Die zweite
Kurve (ID), welche aus mittäglichen Aktinometermessungen zu Lausanne
in der Schweiz abeeleitet ist, und deren Ordimaten die jährlichen
Strahlungs- Durchschnittswerte in Prozenten des für die Jahre 1896 bis
') Anmerkung beider Korrektur: Nachdem es uns nachträglich gelungen ist,
Einblick in das „Bulletin International du Bureau Uentral Meteorologique de France“ zu
erhalten, können wir mitteilen, daß die aus den Beobachtungen in Clermont abeeleiteten
Schlüsse durchaus auf die sämtlichen Hurionschen Messungen angewandt werden durften.
Vor allem sei hervorgehoben, dal auf dem Puy-de-Döme am 29. April 1892 eine sehr
unsichere Wetterlage herrschte, und daß dort die Witterung am S. April 1893 sehr schön war,
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 425
1903 einschließlich geltenden Gesamtdurchschnitts darstellen, weist ein
besonders starkes Minimum für 1903 auf. Noch etwas stärker ausgeprägt
ist dies Minimum dureh die Kurve III, deren Ordinaten eine den Ordinaten
der drei übrigen Kurven entsprechende Bedentung haben. Diese Kurve
wurde aus Beobachtungen abgeleitet, welche bei einer Zenitdistanz der
Sonne von 60° während des Zeitraums von 1901—1905 einschließlich in
Warschau ausgeführt wurden. Bei der nämlichen Zenitdistanz der Sonne
führte Kimball von 1905—1909 einschließlich Strahlungsmessungen in
Washington aus, und, wie die Figur zeigt, weist das Jahr 1907 ein aus-
gesprochenes Minimum der Strahlungsintensität auf. Daß die beiden stärksten
Minima zum allererößten Teil auf Kento einer durch irdische Vulkan-
_ ausbrüche verursachten, allgemeinen Trübung der Atmosphäre zu setzen
sind. kann wohl nach allen vorhergehenden Erörterungen über diesen
ZERETERAFRENZRIEFBRERERNARE
RIRBERTZATERATDERTRMERERBREN
2a re ee |
ılam waBanBn2nSEIEZDBEan ee
EERFKGEREEN/NFSNGERBUER EB)
mrsEpTaaneerT ZuE AnEnzHelan:
Punkt keinem Zweifel mehr unterliegen. Ob das Minimum für 1907
eleichfalls auf vulkanische Ereignisse zurückgeführt werden darf, ist
zweifelhaft. Es fällt zusammen mit der von Wolf in Heidelberg und
Busch in Arnsberg beobachteten optischen Störung). (S. S. 230.)
Bezüglich der ersten neunziger ‚Jahre des verflossenen ‚Jahrhunderts
sei daran erinnert. daß schon Ende Dezember 1890 in Warschau ein
gesteigerter Glanz der Dämmerungsphänomene konstatiert wurde, und dab
dort am 2. Januar 1891 die letzten Spuren des Purpurlichtes?) bis etwa
1) Mit: Recht hat übrigens Kimball darauf aufmerksam eemacht, daß sowohl in
den ersten neunziger Jahren, als auch in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts das
Maximum für die Abstände der neutralen Punkte ein Jahr später fällt als das Minimum
der Sonnenstrahlung. Man muß aber bei allen diesen Überlegungen um so vorsichtiger
zu Werke zehen, als jedenfalls in unserem Klima die Zahl der für die Beobachtung der
neutralen Punkte günstigen Tage im allgemeinen recht gering ist.
2) Siehe Met. Zs. 1891, p. 119-120. Über ungewöhnliche Dämmerungsphänomene
bezw. über die Erscheinung des Bishopschen Ringes in den Jahren 1592 und 1893 siehe:
Nature 47, p. 102, 127 und 582 sowie Nature 47, p. 509.
426 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
zwei Stunden nach Sonnenuntergang zu verfolgen waren. Ein Einfluß
irdischer Vulkanausbrüche scheint in diesem Falle ausgeschlossen zu sein.
Setzen wir diese Resultate mit den aus der Diskussion der Tabellen
gewonnenen Ergebnissen sowie überhaupt mit der Gesamtheit der bis
jetzt vorliegenden Messungen der Polarisationsgröße in Verbindung, so
können wir jedenfalls die Behauptung aufstellen: „Die bis jetzt vor-
liegenden, von uns genauer untersuchten Polarisations-
beobachtungen zeigen, daß die für die innerhalb des
Sonnenvertikals um 90° von der Sonne entfernte Himmels-
stelle geltenden Polarisationswerte, welche sich als besonders
niedrig erwiesen, Hand in Hand gingen mit einer irgendwie
hervorgerufenen Trübung der Atmosphäre In eklatantester
Weise zeigte sich diese Herabdrückung der Polarisations-
eröße um die Zeiten, wo besonders starke irdische Vulkan-
ausbrüche stattfanden.“
Mehr können wir zurzeit mit Bestimmtheit nicht aussagen, und es
muß der Zukunft vorbehalten bleiben, einerseits die vermuteten Beziehungen
der Polarisationsgröße zu den Vorgängen auf der Sonne und anderseits
die Beziehungen zwischen ihr und den Abständen der neutralen Punkte
genauer zu verfolgen.
Man könnte sich wohl denken, dab gesteigerte Sonnenstrahlung
im Sinne Pernters die positive Polarisation vergrößert, gleichzeitig aber
in noch stärkerem Maße die negative. Käme nun der Sonnenstaub,
der ja nicht notgedrungen bei jedem Sonnenausbruch bis zu unserer
Atmosphäre zu gelangen braucht, dazu, so können wir annehmen, daß
sich die negative Polarisation noch mehr vergrößert, daß sich dagegen
die positive in ähnlicher Weise verringert wie bei Trübung der Atmo-
sphäre dureh irdische Vulkanprodukte. Von diesem Gesichtspunkt aus
könnte es, sofern man nieht gleichzeitig das Phänomen der neutralen Punkte
berücksichtigt, vielleicht verständlich erscheinen, wenn die Polarisations-
eröße zu verschiedenen Zeiten. welche sämtlich durch eine starke Sonnen-
tätigkeit ausgezeichnet sind, die verschiedensten Werte aufweist.
Um in der Ereründung dieser Beziehungen weiter zu kommen, dürfte
es sich sehr empfehlen, die von Pernter bei seinen Versuchen mit künst-
lichen trüben Medien entdeckte Beziehung zwischen Polarisationsgröße
und Intensität des eingestrahlten Lichtes eingehend nachzuprüfen und dabei
vor allem gründlich das Verhalten und die Bedeutung des Fluoreszenz-
lichtes zu studieren. Dabei wird man wie Pernter die Untersuchungen
auf verschiedene Spektralbezirke ausdehnen müssen. Unseres Erachtens
wird überhaupt dem bisher stark vernachlässigten Studium der Polarisations-
größe in verschiedenen Farben sehr bald eine erhöhte Bedeutung zuge-
sprochen werden müssen, und das gerade ganz besonders im Hinblick auf
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. AD
_
Störungen. Man braucht nur an das verschiedene Verhalten der Polari-
sationserscheinungen in verschiedenen Farben bei den verschiedenpro-
zentigen Emulsionen Pernters zu denken, um zu ersehen, daß man höchst-
wahrscheinlich in der systematischen Verfoleung der Polarisationsgröße
bei Beobachtung in verschiedenen Spektralbezirken ein neues, wichtiges
Hilfsmittel bei der Erforschung des atmosphärischen Zustandes gewinnen
wird. Es ist dies ein Weg, der, soweit es sich um Störungsepochen handelt,
noch kaum beschritten worden ist, der uns aber gerade besonders viel
Aussicht auf Erfolg zu versprechen scheint. Es müßte dabei auch unter-
sucht werden, ob sich in dem Falle, daß Differenzen zwischen den in
verschiedenen Farben gefundenen Werten vorhanden sind, diese bei An-
visierung von Himmelsstellen mit verschiedener Orientierung zur Sonne
ändern, oder nicht, beziehungsweise ob eine etwa vorhandene Änderung
eine einfache Gesetzmäbiekeit befolet. Möglicherweise könnte man ja,
soweit es sich um die Vergleichung von den in verschiedenen Zeitperioden
ausgeführten Messungen handelt, bei der Beobachtung in mehreren Farben
weniger eingeschränkt sein bezüglich der Wahl von Stellen, die eine
bestimmte Lage zur Sonne haben. Auf alle Fälle wird man sich diesen
Anregungen nicht verschließen dürfen. Wir wollen deswegen auch nicht
unterlassen, auf die bisher vorliegenden Untersuchungen der Polarisations-
eröße in den verschiedenen Farben noch ein wenig näher einzugehen,
als es bisher geschehen konnte.
Sehen wir von dem etwa in Frage kommenden Einfluß von Fluoreszenz-
licht ab, so tritt uns als wichtigstes Moment bei diesen Erscheinungen
zunächst das Verhältnis zwischen der Größe der das eindringende Licht
zerstreuenden Teilchen und der jeweilig in Betracht kommenden Wellen-
länge entgegen. Wir sahen (Seite 118 und 119), dab bereits Tyndall auf
eine von ihm als „residual blue“') bezeichnete Erscheinung stieß, welche
darauf zurückzuführen war, daß die Teilchen eine gewisse Größe über-
schritten hatten. Er machte bei der Beschreibung des Phänomens die
durchaus richtige Bemerkung: „This seems to prove that partieles too
large to polarize the blue, polarize perfectly light of lower refrangibility"?).
Bei seinen Untersuchungen über den „blauen Dampfstrahl“ stieß Bock’)
auf Erscheinungen, welche Sohncke, dessen Ansichten über das Phänomen
auf Grund der Rayleighschen Theorie Bock in seiner Arbeit mitteilt, als
identisch mit dem Tyndallsehen „residue blue“ erkannte. Bekanntlich
hatte v. Helmholtz!) gefunden, daß ein Dampfstrahl, wenn man aktive Sub-
1) Die Erscheinung wird entweder als „residual blue oder als „residue blue‘
bezeichnet.
2) Phil. Mag. 4. Ser., vol. 37, Anmerkung zu p. 388.
>) A. Bock, Der blaue Dampfstrahl, Wiedem. Annal.. Bd. 68 (1899), p. 674—687,
*) Siehe Wiedem. Annal. 32 (1887), p- 9.
A>8 Friedr. Busch und Uhr. Jensen.
stanzen auf ihn einwirken läßt, verschiedene Farbentöne aufweist. Unter
diesen ist vor allem der blaue sehr stabil. Als geeignetste aktive Sub-
stanz fand nun Bock konzentrierte Salzsäure, und es zeigte sich, daß die
Sättigung der blauen Farbe um so größer ist, je kräftiger der die Salz-
säure zerstäubende Luftstrom ist. Solange der Strahl schön blau war,
entsprachen die Verhältnisse der den verschiedenen Spektralbezirken zu-
kommenden Liehtintensitäten in genügender Annäherung dem Lord
Rayleichschen Gesetz. Leider wurden in diesem Falle die Polarisations-
verhältnisse nicht untersucht. Dies geschah aber für Strahlen, welche
infolge geringerer Aktivität der Säure einen weiblichen Schleier zeigten,
und die bei der Beleuchtung mit einem durch Linsen konzentrierten
Strahl einer elektrischen Lampe oder der Sonne „mit Hochglanz silber-
hell“ erschienen, wenn man sie senkrecht zum Lichtstrahl betrachtete.
Für das unbewaffnete Auge war dann keine Spur von Blau mehr vor-
handen. Nahm Bock ein Nicolsches Prisma, so erglänzte der Strahl
bei der einen Stellung des Nicols silberhell, in der dazu senkrechten
aber verschwand das weiße Licht, und der Strahl erschien azurblau.
Dieses Blau wurde nun von Sohneke mit dem „residue blue“ Tyndalls
identifiziert. Die’ Erscheinung ist etwa folgendermaßen aufzufassen. Da
die das Licht zerstreuenden Partikelchen relativ grob sind, so hat die starke
Bevorzugung der kürzeren Wellenlängen gegenüber den längeren, wie die
Rayleichsche Theorie sie für ideale trübe Medien verlangt, nicht statt, und
man hat ein Gemisch von weißem mit farbigem Licht. Es sind aber die
Partikelchen, wenn sie auch nicht sehr klein sind, doch immerhin klein
gegenüber der Wellenlänge der weniger brecehbaren - Strahlen; diese
weisen daher eine Polarisation auf und verschwinden bei einer bestimmten
Stellung des Nicols. Bei dieser Stellung gehen daher nur diejenigen
Wellenlängen durch den Kristall, denen gegenüber die Teilchen nicht
klein sind; das sind die blauen und die violetten Strahlen, von denen
wesentlich die ersteren wegen der stärkeren Wirksamkeit auf das Auge
in die Erscheinung treten. Bei Vorschaltung eines Rubinglases vor den
Kondenser der elektrischen Lampe konnte nun Bock nachweisen, dab das
Rot fast vollständig polarisiert war. Sehr instruktiv war die Vorschaltung
eines violetten Glases, welches nach der spektroskopischen Untersuchung
sowohl violette, als auch dunkelrote Strahlen hindurchließ. War das Rot
wirklich fast völlig polarisiert, so mußte es bei einer gewissen Stellung
des Nicols verschwinden, und das Violett mußte allein auftreten; das
zeigte sich in der Tat. In der dazu senkrechten Stellung erschien der
Strahl rot, weil hier die polarisierten roten Strahlen das Maximum ihrer
Intensität hatten, so daß das Violett — welches als unpolarisiertes Licht
an sich natürlich hier ebenso intensiv sein mußte wie in der anderen
Stellung — gegen das Rot zurücktrat,
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 429
Pernter hat nun in einer größeren Anmerkung zu seiner bekannten
Arbeit über die Polarisation des Lichtes in trüben Medien!) auf eine
gewisse Schwierigkeit hingewiesen, welche sich aus den Bockschen Unter-
suchungen ergibt. Bock versuchte, sich ein Urteil über die Größe der.
im Dampfstrahl vorhandenen Teilchen zu verschaffen, indem er in ver-
schiedenen Farben die Größe der Beugungsringe bestimmte, welche sie
im durchgehenden Licht erzeugten. Es ergab sich daraus der Durchmesser
der Partikelchen zu 0,9 Mikron, so daß also die Wellenlänge des roten
Lichtes nur sehr wenig übertroffen wurde. Solche Teilchen aber, welche
Beugungsringe erzeugen, müssen auch nach den Gesetzen der gewöhnlichen
Reflexion und Brechung wirken; daher können sie unmöglich das Maximum
der Polarisation senkrecht zum erleuchteten Strahl erzeugt haben, so daß
diese von gleichzeitig vorhandenen, viel kleineren, keine Beugungsringe
mehr hervorrufenden Partikeln verursacht worden sein muß.
In einem Punkte unterscheiden sich die von Bock beziehungsweise
Tyndall angestellten Messungen sehr wesentlich von den Seite 158 und
159 besprochenen Pernterschen. Bei den ersteren nämlich hörte in der senk-
recht auf dem Primärstrahlenbündel stehenden Richtung die Polarisation
eänzlich auf, sobald die Wellenlänge unter eine gewisse Grenze hinab-
gesunken war, bei den letzteren dagegen war sie niemals 0, wenn sie
auch sehr verschieden groß in den verschiedenen Spektralbezirken war.
Die naheliegende und auch von Pernter gegebene?) Erklärung für dies
verschiedene Verhalten ist die, daß die das Licht zerstreuenden Partikel-
chen bei den Wolken, mit denen Bock und Tyndall operierten, bei der
nach und nach im Medium vor sich gehenden Verwandlung hinsichtlich
ihrer Größe gleichartiger bleiben als bei den Mastixemulsionen. Sind
nämlich die Teilchen gleichartig und nur für die langwelligeren Strahlen
des sichtbaren Spektrums noch klein gegenüber einer Wellenlänge, so
ergibt die Rayleighsche Theorie ohne weiteres, daß von einer gewissen
(Grenze ab bei den kürzeren Wellen die den trüben Medien eigene Polari-
sation nicht mehr auftreten kann. Im anderen Falle dagegen kann man
sogar, wie Pernter zeigte, ruhig die Voraussetzung machen, daß bei weitem
die Mehrzahl der Teilchen nur mehr für die langwelligen Farben klein ist,
da immer noch eine Anzahl von Teilchen vorhanden ist, welche auch klein
gegenüber den kurzen Wellen sind, so daß also die den kurzwelligen Strahlen
zukommende Polarisation zwar gering, aber doch immerhin meßbar ist.
Wir wollen nunmehr dem Leser einen ungefähren Begriff von
der Stärke der von Pernter bei verschiedenen Konzentrationsstufen
seiner Mastixemulsionen gefundenen Unterschiede in der Polarisations-
sröße geben, und zwar sowohl hinsichtlich der verschiedenen Farbe,
') Siehe diese Schrift p- 158.
?) Siehe Pernter, loc. cit., Anmerkung 6.
430 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
als auch der verschiedenen Intensität. Zu dem Ende lassen wir zunächst
Tabelle XXXIX folgen.
Tabelle XXXIX.
Die Polarisationsgröße in verschiedenen Spektralbezirken
für verschiedenprozentige Mastixemulsionen, nach Pernter.
Farbe | 0.5% 1.0%, | 3.0°% | 6.0 %
wer 0.9018 0.8607 | 0.6307 | 0.5314
Violett...... 0.7361 0.7254 | 0.4617 | 0.2232
Grimm 0.8934 0.8746 | 0.6756 | 0.5255
Bo 0.7986 | 0.7705 0.7524 0.6613
Die Tabelle, welche ebenso wie die im folgenden angegebenen Werte
für die Beobachtung in der senkrecht zum Primärstrahl stehenden Richtung
gilt, zeigt uns zunächst deutlich, daß die Polarisationsgröße nicht nur
für Weiß, sondern auch für die angegebenen Farben um so kleiner wird,
je höherprozentig die Emulsion ist, das heißt also, je mehr die Trübung
zunimmt. Dies ginge deutlich genug aus Pernters sämtlichen, in den ver-
schiedensten Spektralbezirken — er beobachtete auch im blaugrünen, im
blauen und im gelborangenen Teil des Spektrums — angestellten Messungen
hervor. Ferner sieht man, daß die Herabminderung der Polarisationsgröße
mit zunehmender Konzentrationsstufe für das Rot weit geringer ist als
für die anderen Farben, so daß schließlich die Polarisation im Rot am
größten ist, um mit abnehmender Wellenlänge immer kleiner zu werden.
Wir erörterten dies bereits Seite 158 und 159. Dort sahen wir auch, daß
Pernter, soweit die Farben Rot, Grün und Blau in Betracht kommen,
für ziemlich gut blaue Töne des seitlich ausgestrahlten Lichtes für Grün
das Maximum, für Rot fast durchweg das Minimum fand, während im
Blau eine zwischen den Werten für Rot und für Grün liegende Polarisation
auftrat. . So fand er beispielsweise bei einer 0,33prozentigen Lösung für
Grün 0,8846, für Rot 0,4524 und für Blau 0,8251.
Wegen der besonderen Wichtigkeit geben wir nebenstehend beide von
Pernter angeführten Versuchsreihen wieder, welche die Beziehung der Polari-
sationsgröße zur Intensität des eingestrahlten Lichtes veranschaulichen.
Daß sowohl beim weißen, als auch beim farbigen Lichte die Polari-
sationsgröße mit der Intensität der Lichtquelle abnimmt, geht in der
Tat aus den vorhergehenden Tabellen für niedrige und mittlere Kon-
zentrationsstufen unzweideutig hervor. Und so gelangte Pernter zu der
weiteren Ansicht, daß bei niedrigprozentigen Mastixemulsionen mit gutem
oder doch ziemlich gutem Blau die Unterschiede in der Polarisations-
größe der einzelnen Farben sich vollständig auf Intensitäts-Unterschiede
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 431
Tabelle XL.
Beziehung der Polarisationsgröße zur Intensität des
eingestrahlten Lichtes, nach Pernter.
Intensität
: Konzentrationsstufe
des eing'e- -
Be 0000 Farbe Bemerkungen
strahlten |
} 5%|1.0%|3.0%
Liehtes 0.5 "Jo | 0% | 3-00
0.9092 0.8271 0.6074
0.090 10.8829 | 0.8221 | 0.5990
0.8590 | 0.7815 | 0.5635
es Teiß Die Konstanz der Lichtstärke der bei
| diesen Versuchen angewandten elektri-
| 0.6909 | 0.4679 schen Lampe war nach Pernters Bemerkung
0.090 0.5990 | 0.4679 N Yiolett sehr gut. Nichtsdestoweniger hält er es
0.045 [0.2470 | 0.2470 Sl für nicht ausgeschlossen, daß kleinere,
1 0.8599 | 0.7022 | 0.3404 unbemerkt gebliebene Intensitätsschwan-
0.090 10.8290 0.7133 | 0.3074 kungen kleine Störungen in den Messungen
0.045 10.6858 0.5621 | 0.2504 verursacht haben. Die Größe der einge-
1 0.7649 0.8080 | 0.5255 strahlten Lichtmenge wurde bei allen diesen
0.090 [0.4863 0.7615 | 0.5299 hi Versuchen durch Blenden reguliert.
0.045 10.0854 0.1771 | 0.1822
Grün
Tabelle XLI.
Beziehung der Polarisationsgröße zur Intensität
des eingestrahlten Lichtes, nach Pernter.
Intensität
desteinge- Konzentrationsstufe
h hite ”= Rep, = ey: Bemerkungen
strahlten
Lichtes | 9? n|ı | 3.0% | 6.0%
ı ‚9092 | 0.8783 | 0.6984 0.5314
0.090 -9078 | 0.8625 0.7349 0.5476 |, Weib
‚9476 Hinsichtlich der Konstanz der.Licht
0
0 |
0.045 |0.9063 0.8581 | 0.7501
: intensität der Lampe gilt auch hier
0
0
0
1l .7349 | 0.7133 | 0.4617 | 0.2232
0.250 0
0
.6252 0.6639 | 0.4586 0.1616
0
er SHE ale die Anmerkung in der vorher-
Sp 0.4258 ‚5635 erde] 1392 | gehenden Tabelle. Die Emulsionen
0.045 Rn ER, e 1ESOTE | ER waren leider nicht gleichartig mit
n 0.8934 | 0.8712 un | Me | den in der ersten Tabelle angege-
0.250 0.8805 | 0.8704 DEE | a Grün benen. Die den beiden Tabellen ent-
0.090 0.8607 0.8368 | 0.7046 0 -4985 | sprechenden Beobachtungen fanden
0.045 0.7986 BR | 0.5835 nn an zwei weit auseinander liegenden
i 0.7986 0. 7705 0.7524 | 0.6613 | Zeitpunkten statt)).
0.250 [0.6626 0.6508 | 0.6361 0.6534 | pur
0.090 10.4989 0.5314 [0.5948 | 0.5821 |
0.05 | — | — | — J0.4131)
!) Pernter gibt an anderer Stelle ausdrücklich an, daß einer gleichen Konzentrations-
stufe keineswegs ein absolut gleicher Farbenton zu entsprechen brauchte, wenn auch ent-
132 Friedr. Busch und Uhr. Jensen.
zurückführen ließen. Daraus allem müßte es demnach zu erklären sein,
daß im «enannten Falle die Polarisationseröße im Grün ein Maximum
aufweist, daß sie für blaues Licht zwischen dem für Rot und für Grün
eeltenden Werte steht, und daß ihr Minimum im Violett liegt. Wäre
die den verschiedenen Farben zukommende Helligkeit die gleiche, so
hätte Pernter natürlich nach der Rayleighschen Theorie bei genügender Klein-
heit der trübenden Teilchen für alle Farben die nämliche Polarisationsgröße
erwarten müssen, falls nicht etwa noch andere Momente störend wirkten.
Beim Übergang zu höherprozentigen Emulsionen, das heißt also bei Zunahme
der Größe und Zahl der trübenden Teilchen, würde gemäß den vorhin
sowie auf Seite 158 und 159 angestellten Erörterungen zuerst die
Polarisation im Violett und dann die im Blau abnehmen und so fort, so
dab schließlich das Maximum im äußersten Rot zu liegen kommt. Der
Einfluß der Helligkeit der verschiedenen Farben in dem vorhin ange-
sebenen Sinne käme also in diesen Fällen nicht in Frage, jedenfalls käme
er in Wegfall gegenüber dem anderen Moment.
Für uns ist hier sicher der Fall der niedrieprozentigen Emulsionen der
wichtigere. Wie hinsichtlich des Verhaltens der Polarisationsgröße bei
den Schwankungen der Intensität des eingestrahlten Lichtes, die durch Ver-
stellen einer hinter der Lampe angebrachten Blende hervorgerufen wurden,
versuchte Pernter hier auch hinsichtlich des Verhaltens bei Einstrahlung ver-
schiedenfarbigen Lichtes eine Erklärung durch die Annahme, daß die Über-
lagerung von Fluoreszenzlicht die Polarisationsgröße um so mehr herab-
drücke, je größer die Helligkeit des farbigen Lichtes sei'). Er war sich, wie
wir Seite 159 sahen, des Mißlichen eines solchen Erklärungsversuches wohl
bewußt, und er deutete daher die Möglichkeit an, zu einer einigermaßen
befriedigenden Erklärung des Verhaltens der verschiedenen Farben bei guten
blauen Farbtönen durch die Annahme zu gelangen, „daß bei bestimmten
Karbtönen die für eine Farbe eben noch günstige Größe der Teilchen in
überwiegender Anzahl vorhanden sei, wofür sich bei den Wolkenbildungen
Tyndalls und dem Dampfstrahl von Bock Anhaltspunkte finden ließen.“
sprechende Abstufungen in der Farbe stets gut zu erreichen waren. Die Tabellen XL und
XLI zeigen übrigens ebenso wie Tabelle XXXIX, daß das Maximum der Polarisations-
größe bei niedrigprozentigen Emulsionen im Grün liegt; man kann ebenfalls aus ihnen
ersehen, daß bei höherprozentigen Emulsionen das Maximum im Rot liegt, und daß die
Polarisationsgröße mit abnehmender Wellenlänge kleiner wird; dies gilt allerdings, wie
man sieht, nicht mehr bei geringer Intensität des eingestrahlten Lichtes. Dabei muß
bemerkt werden, daß die für Tabelle XXXIX in Frage kommende Lichtintensität unge-
fähr dem „1“ der beiden letzten Tabellen entspricht, und daß bei Pernters Versuchen, die
nicht direkt auf die Prüfung der Wirkung verschiedener Intensität abzielten, immer
ungefähr die eleiche Intensität angewandt wurde.
') Pernter sandte mittels eines Prismensatzes verschiedene Spektralbezirke durch
den mit Mastixemulsion gefüllten Trog.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 433
€
Damit aber wäre die Schwierigkeit hinsichtlich des Verhaltens der
Polarisationsgröße bei wechselnder Intensität einer und derselben Farbe
nicht gehoben. Was die Zuhilfenahme des Fluoreszenzlichtes betrifft, so
haben wir bereits Seite 160 eine Reihe von Schwierigkeiten angedeutet,
die uns hier entgegentreten. Man muß aber außerdem bedenken, daß
sich wahrscheinlich mit der Zunahme der Intensität des primären Strahlen-
bündels nicht nur die Intensität des diffundierten polarisierten Lichtes,
sondern auch die des Fluoreszenzlichtes ändert, welches die Polarisa-
tion herabdrückt. Über diese Beziehung weiß man aber noch außer-
ordentlich wenig.
Es müßte wohl irgendwie geprüft werden, ob nicht durch die Ein-
wirkung des Lichtes selbst eine Änderung der Mastixemulsion herbei-
geführt wird, da doch die Emulsion kein stabiles Gebilde darstellt. Man
könnte einmal an eine direkte Wirkung des Lichtes und zum andern an
eine indirekte Wirkung durch die Erwärmung denken'). Möglicherweise
könnten ja auch beide Wirkungen gleichzeitig in Betracht kommen. Wenn
sich bei weiteren Versuchen, bei denen in rascher Folge abwechselnd mit
verschiedener Intensität geprüft wird, herausstellen sollte, daß die
Polarisationswerte bei derselben - Intensität immer wieder gleiche
oder doch nahezu gleiche Größe zeigen, die sie vorher bei
derselben Intensität aufwiesen’), so schiene allerdings eine wesentliche
dauernde Änderung durch die Bestrahlung ausgeschlossen zu sein, und
man würde dann wohl — und das sowohl hinsichtlich des Verhaltens bei
verschiedener Lichtintensität eines bestimmten Spektralbezirkes, als auch
hinsichtlich der vorhin erwähnten verschiedenen Wirkung verschieden-
1) Theoretisch wäre vielleicht die Möglichkeit gegeben, daß, soweit eine Wärme-
wirkung in Betracht kommt, bei stärkerer Einstrahlung mehr Mastix in Lösung geht, und
daß dadurch eine Verkleinerung der schon ausgeschiedenen Partikelchen herbeigeführt
wird. So würde eine Vergrößerung des Polarisationswertes bei stärkerer Einstrahlung
verständlich erscheinen. Wir vermögen nicht zu beurteilen, wieweit diese Auffassung
als solche berechtigt ist. Wir möchten es selber kaum für wahrscheinlich halten, daß ein
so gedachter Einfluß, wenn er wirklich vorhanden ist — auch bei längerer Einstrahlung —,
die tatsächlich beobachteten starken Wirkungen herbeiführen könnte Es ist aller-
dings bei den vorgeführten Tabellen auffällige — in die Augen springend freilich nur
bei der ersten — und gibt zu denken, daß die Wirkung verschiedener Intensität außer-
ordentlich viel stärker ist für die roten Strahlen als für die grünen und violetten. Allerdings
erhebt sich die Polarisationsgröße selbst bei der stärksten Intensität (1) keineswegs immer
zu größerer Höhe für Rot als für die anderen Farben. Sie ist, soweit Iprozentige Lösungen
in Frage kommen, sogar erheblich viel größer für Grün als für Rot (merkwürdigerweise
größer für Weiß als für die drei übrigen Farben). Dieser Umstand würde allerdings
gegen die Ansicht einer Wärmewirkung in dem gedachten Sinne sprechen.
?) Es läßt sich leider aus Pernters Arbeit gar nicht ersehen, in welcher Reihen-
folge die Experimente mit den verschiedenen Farben erfolgten, und wie lange vor der
Ahlesung bestrahlt wurde.
434 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
farbiger Strahlen — am besten durch die Exnersche Vorstellungsweise
ein Verständnis für die merkwürdige Beziehung gewinnen. Vielleicht
erscheint es auch von diesem Gesichtspunkte aus verständlich, daß die
Beziehung zwischen Polarisationsgröße und Intensität am deutlichsten
bei niedrigen und mittleren Konzentrationsstufen zum Ausdruck kommt,
indem die Partikelchen bei höheren Konzentrationsstufen vielleicht durch-
gängig auch für die größten Lichtintensitäten zu groß sind, um mit in
die Bewegung hineingerissen zu werden. Es wäre allerdings, wenn sich
diese Anschauung bewähren sollte, offenbar bei genaueren Erklärungs-
versuchen in Betracht zu ziehen, wieweit die Schwingungen der einzelnen
Wellenlängen des eingestrahlten Lichtes mit den Eigenschwingungeen der
Partikelchen in Harmonie sind. Eine solche Auffassungsweise scheint in
der Tat zunächst der einzige Weg zu sein, um sowohl ein Verständnis
für die hier in Frage kommenden Polarisationserscheinungen der Mastix-
emulsionen, als auch für die der Atmosphäre zu gewinnen. Hiermit soll
freilich durchaus nicht gesagt sein, daß die übrigen schon besprochenen
oder angedeuteten Momente für die Erklärung dieser Beziehungen gar
nicht in Frage kommen. Vermutlich werden sich übrigens bei späterer
Nachprüfung der Pernterschen Versuche trübe Medien finden lassen, bei
denen die ausgeschiedenen Teilchen hinsichtlich ihrer Größe gleichartiger
sind als die Mastixemulsionen.
Wir müssen nun noch die Beobachtungen Pernters, soweit sie sich
auf den blauen Himmel beziehen, ins Auge fassen. Die dabei in Betracht
kommenden Gesichtspunkte — Analogie mit den künstlichen trüben Medien
— dürften vor allem Seite 154—-160 hinreichend genau dargelegt sein,
so dab es uns hier wesentlich darauf ankommt, unsern Lesern Zahlen
vorzulegen, damit sie sich an der Hand derselben ein Urteil über die
vorgetragenen Ansichten bilden können. Wir lassen daher umstehend einige
Tabellen (Nr. XLII und Nr. XLII) folgen.
Wie man aus beiden Tabellen ersieht, ergeben die vor und nach
den Beobachtungen in den einzelnen Spektralbezirken ohne Vorschaltung
farbiger Gläser angestellten Beobachtungen so nahe gleiche Werte, daß
man wohl annehmen darf, daß sich die Versuchsbedingungen auch während
der Beobachtungen in verschiedenen Farben nicht wesentlich geändert
haben. Die mit den vorhin erwähnten, mit Mastixemulsionen angestellten
Messungen direkt vergleichbaren Beobachtungen sind natürlich diejenigen.
welche sich auf den innerhalb des Sonnenvertikals um 90° von der Sonne
entfernten Punkt beziehen. Soweit zunächst diese Stelle des Himmels in
Betracht kommt, springt nun ohne weiteres die Analogie mit Pernters
künstlichen Medien in die Augen. So liegt vor allem das Maximum der
Polarisation bei erträglich blauem Himmel im Grün und bei stark
weißlichem im Rot.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 435
Tabelle XLIl.
Polarisationsmessungen
bei erträglich blauem Himmel, nach Pernter.
| I} ZT rn =7 17 - E y
Datum Weiß | Rot | Grün | Blau | Weib Bemerkungen
|
® ” - . | ” c | £} m - .
4. April 1899 a. m.[0.6101.0.5962.0.6494/0.6032/0.6157] Innerhalb des Sonnenvertikals, 90° von
SON der Sonne entfernt.
HOSE, St 0.3875.0.32390.4019)0.3665.0.3907| Punkt außerhalb des Sonnenvertikals.
3.Juni . . »10.50150.4695.0.51200.4555|/0.5135| Innerhalb des Sonnenvertikals, 90° von
b der Sonne entfernt.
(Da ”» n»|0:436810.393910.4802
22. Mai 1900 . .„10.5835|0.5060/0.6320
\
Do. “= 10.5505.0.4879|0.5962/0.5850/0.5592]| Nieht ganz im Sonnenvertikal, nahe
| | IK | 90° von der Sonne.
Da =» »J0:18400.1633/0.2045/0.1132/0.1736| Außerhalb des Sonnenvertikals, 49° von
0
0
0 6
der Sonne entfernt.
.5000/0.5606.0.5225.0.5721 | Innerhalb des Sonnenvertikals, 90°
0.5490 0.51351| von der Sonne entfernt.
>)
‘0.4679 0.4289] In Sonnenvertikal, aber etwas über
| f Ip 90° von der Sonne entfernt.
'0.6143.0.5878I Innerhalb des Sonnenvertikals, 90° von
der Sonne entfernt.
1. Juni 1901 „ . [0.5606
Be 3.10.5068
.47720.5835
Tabelle XLII.
Polarisationsmessungen
bei stark weißlichem Himmel, nach Pernter.
Datum Weiß | Rot | Grün | Blau weiß | Bemerkungen
4. Juni 1899 a. m. |0.3971 0.4258)0.3616,0.3338 0.3971
De‘. 0.3584.0.3778 0.3016 0.3507.0.200|| N
ee ,°., 10.366510°409110.376910:.343710-361e|r , aerkalb dos, Sonnenvertikals,
22. Mai 1900 p. m. |0.2790/0.2773.0.2672/0.2588'0.2840
2. 5 nn» J0.1908|0.25210.1959|0.1426)0.1908
Bereits im Jahre 1892 hatte Piltschikoff Beobachtungen der atmo-
sphärischen Polarisationsgröße in verschiedenen Farben angestellt,
allerdings nur im Rot (Rubin) und im Blau (Kobalt)'). Diese, mit dem
Cornuschen Photopolarimeter vorgenommenen Messungen erstreckten sich
bis auf ganz wenige Ausnahmen, für welche keine Werte angegeben sind,
auf die innerhalb des Sonnenvertikals um ungefähr 90° von der Sonne ent-
fernt liegenden Himmelspunkte. Als erstes Ergebnis fand Piltschikoff, daß
im allgemeinen die Polarisation für blaue Strahlen deutlich größer als
für rote ist. Darauf ging er daran, den Unterschied zwischen den für
diese beiden Farben geltenden Polarisationswerten in seiner Abhängigkeit
von der herrschenden Windrichtung zu prüfen.
') Literatur siehe Seite 84.
436 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Beifolgende Tabelle gibt die Mittelwerte, welche er aus den vom April
bis zum September 1892 zu Charkow in Rußland ausgeführten Messungen
fand, sowohl für die bezeichnete Differenz, als auch für die Polarisations-
eröße im Blau.
Tabelle XLIV.
Abhängigkeit der Polarisationsgröße im Blau
sowie der Differenz zwischen dem im Blau und dem im Rot
beobachteten Polarisationswerte von der herrschenden
Windrichtung, nach Messungen Piltschikoffs.
ER Differenz zwischen der
Windriehtmne | a im Blau und der im Rot
ı wert im Blau beobachteten
| Polarisationsgröße
N | 0.643 0.019
NNE | 0.669 0.029
NE 0.602 0.041
ENE 0.478 0.042
E 0.337 0.048
ESE 0.483 0.063
SE 0.465 0.104
SSE 0.562 0.078
S 0.560 0.063
See _
SW 0.561 0.053
WSW 0.688 0.018
W 0.634 0.027
WNW 0.648 —0.013
NW | = =
NNW | 0.668 0.021
Diese Tabelle zeigt eine in ziemlich regelmäßiger Weise zum Aus-
druck kommende Abhängigkeit von der Windrichtung. Das Maximum der
Differenz ist hiernach für südöstliche Winde vorhanden; gleichzeitig hat
die Polarisationsgröße im Blau ein Minimum, wie denn überhaupt im
großen und ganzen die beiden Momente den umgekehrten Gang aufweisen.
Die Differenz ist für westliche bis nördliche Winde am kleinsten und
für westnordwestliche Winde sogar negativ. Piltschikoff vertritt die im
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 437
gutem Einklang mit unseren früheren Auseinandersetzungen stehende
Ansicht, daß die Menge des Wasserdampfes in der Atmosphäre diese
Erscheinungen stark beeinflußt, da er die meisten Niederschläge bei
Südostwind, geringere für die Winde S, SSE, ESE und E und die ge-
ringsten bei Nordwinden fand. Er ist sich aber dessen wohl bewußt, daß
offenbar auch Staub, trockener Nebel und dergleichen eine Rolle bei der
Variation der Differenz zwischen den beiden Farben spielen. Dabei weist
er sogar direkt darauf hin, daß die größten Differenzen bei starken
Winden gefunden wurden, bei denen die Stadt völlig mit Staub bedeckt
war. Als Beispiel führt er eine am 1. Mai gewonnene, hier wieder-
gegebene Beobachtungsreihe an, bei welcher die Windgeschwindigkeit bis
auf 3 Meter pro Sekunde stieg.
Zeit Blau rot Differenz
11° 59, 8.10.4151 :0.26% |.0:148
3 10 p...| 0.428 | 0.338 | 0.090
4 35° „..| 0.446 | 0.301 | 0.145
720). ..110.698° 10.631. | 0.067
Das von Piltschikoff aus seinen bei verschiedener Windrichtung
angestellten Beobachtungen abgeleitete (Gesetz, nach welchem bei Zu-
oder Abnahme der atmosphärischen Polarisationsgröße die stärkste Änderung
für die weniger brechbaren Strahlen besteht, ist nach ihm unter günstigen
Bedingungen durch eine einzige längere Beobachtungsreihe zu konstatieren.
Auch hierfür gibt er ein Beispiel. Die Frage, wodurch voraussichtlich
in diesem Falle die Variation dieser Differenz bedingt ist, hat er aller-
dines nicht berührt. Übrigens läßt sich das Gesetz in seiner Allgemeinheit
sicher nicht aufrecht erhalten‘). Auch Exner?) bemerkt, daß Piltschikofts
Resultate mit denen Pernters nicht ganz übereinstimmen. In der Tat
weist beispielsweise die Tabelle XLII für den größten Polarisations-
wert im Blau die größte Differenz zwischen dieser Farbe und Rot auf?);
auch haben wir bereits gesehen, daß bei Hurion recht kleine Differenzen
bei relativ niedrigen Polarisationswerten vorhanden waren. Wir sahen
auch schon bei der Erwähnung der Untersuchungen von Nichols‘), daß die
1) Piltschikoff ist auch vorsichtig genug, nur zu äußern, dab es so scheine, als ob
man das genannte Gesetz ableiten könne.
2) Loe. eit. p. 621.
>) Piltschikoff gibt leider nieht das genaue Absorptionsspektrum für seine Grläser an.
*) Siehe Seite 165 u. ff.
438 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Mannigfaltiekeit der Beziehungen zwischen der für verschiedene Spektral-
bezirke geltenden Polarisationsgröße offenbar noch über die von Pernter
oefundene hinausgeht. Beistehende Figur 55 stellt die verschiedenen Ver-
hältnisse dar, wie sie von Nichols im Zenit gefunden wurden!). Die
Abszissen geben die Wellenlängen des Lichtes in Tausendsteln des Milli-
meters an, die Ordinaten die Größe der Polarisation. Wie aus unserer
Bemerkung Seite 340 hervorgeht, ist das von Nichols benutzte Polari-
sationsmaß ein anderes als das von Pernter angewandte. Unter Zugrunde-
legung unserer Fig. 49 würde er die Polarisationsgröße durch uk:
bezeichnen”). Wenn man seine Werte in die den Pernterschen Zahlen
entsprechenden verwandelte, so würde allerdings dadurch der Sinn der
Kurven nicht verändert werden. Aus dem Grunde haben wir es auch
unterlassen, schon in der allgemeinen Übersicht darauf hinzuweisen.
Was die in der Kurve a dargestellten Verhältnisse betrifft, welche
Nichols am 23. Februar 1907 zu Biskra in Algier (111 Meter über
dem Meeresspiegel) fand, so suchte er sie durch die Annahme eines
') Siehe The Physical Review, vol. 26 (1908), p. 508.
°) Aus den diesbezüglichen Auslassungen von Nichols (siehe p. 507 loe. eit.) muß
man wohl schließen, daß er die Polarisationsebene als mit der Schwingungsebene zusammen-
fallend auffaßt.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 439
idealen trüben Mediums mit einer Beimengung von gröberen Partikeln
zu erklären. Soweit das ideale Medium allein in Betracht gezogen wird,
überwiegt die Intensität der violetten Strahlen bedeutend die der
längeren Wellen. Die Polarisationsgröße müßte aber, soweit nicht andere
Faktoren wirken, nach der Rayleighschen Theorie für alle Farben
gleich sein. Berücksichtigt man indes auch die gröberen Partikeln, so
kommt man mit Nichols zu dem Resultat, daß die Intensität des von der
Reflexion an ihnen stammenden unpolarisierten Lichtes gegenüber der
Intensität der polarisierten Strahlen im violetten Teil des Spektrums
besonders schwach ist, so dab die Wirkung des polarisierten Lichtes hier
relativ stark und im Rot relativ schwach wird.
Die Kurven b und 5’ entsprechen Beobachtungen, wie sie am
5. Juli 1907') in Salzburg (420 Meter über dem Meeresspiegel) und am
9. Februar desselben Jahres auf See gemacht wurden. Die Kurve b zeigt
ebenso wie «a zunächst einen Anstieg der Polarisationsgröße von längeren
zu kürzeren Wellen. Nachdem aber das Maximum im Grün erreicht ist,
tritt ein starker Abfall ein. Daher möchte Nichols zur Erklärung außer
einem idealen Medium und den gröberen Partikeln wie bei @« noch ein
damit vermengtes Medium heranziehen, welches für die Wellen des grünen
Lichtes als ideales gelten muß, nicht aber für die der violetten Strahlen.
Diese Erklärung möchte er auch auf b’ angewandt wissen, selbstverständlich
aber — wegen der Verschiebung des Maximums — mit einer entsprechenden
Modifikation.
Die Kurve ce wurde am 4. August 1907 zu Chur in der Schweiz
(594 Meter über dem Meeresspiegel) gewonnen. Der Unterschied gegen-
über den für b maßgeblichen Verhältnissen mag nach Nichols darin bestehen,
daß das für grüne Medien ideale Medium durch eins ersetzt zu denken
ist, welches ideal für die Wellen des roten Lichtes ist, nicht aber für
die kürzeren Wellen des Spektrums.
Hinsichtlich der Kurve d, welche er aus Beobachtungen in Biskra
am 24. Februar 1907 ableitete, ist er geneigt, eine Kombination der für a
und der für c geltenden Bedingungen anzunehmen. Er denkt sich dabei
etwa die kombinierte Wirkung zweier Schichten oder Lagen der Atmo-
sphäre, von denen die eine Licht zum Beobachter sendet, welches besonders
starke Polarisation im Rot aufweist, und die andere solches, welches
wesentlich im Violett polarisiert ist.
Die Kurve e machte Nichols, wie wir schon Seite 163 sahen,
besonders große Schwierigkeiten, da die entsprechenden gleichzeitigen
Untersuchungen über die Verteilung der Lichtintensität in den verschiedenen
') Soweit wir sehen, erwähnt Nichols nur an dieser Stelle die Jahreszahl 1907.
Aus der ganzen Darstellung entnehmen wir aber wohl mit Recht, daß sämtliche Beob-
achtungen, aus denen die Kurven in Fig. 55 abgeleitet sind, aus dem Jahre 1907 stammen.
440 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Spektralbezirken durchaus nicht einem idealen Himmel entsprachen, und
so nahm er seine Zuflucht zu der Annahme eines Gemisches von einem
idealen und einem größere Partikelchen enthaltenden Himmel, indem er
weiter annahm, daß das Übergewicht der polarisierten violetten Strahlen
dureh Absorption verloren gehe. Wir machen aber nachdrücklichst darauf
aufmerksam, daß er dies selber nur für eine der möglichen Erklärungen hält.
Bei dieser Gelegenheit sei übrigens darauf hingewiesen, daß einige
wenige, 1894 von Jensen in Kiel angestellte Polarisationsbeobachtungen
bei der Einstellung im Rot und im Grün gleiche Werte ergaben.
Um außerordentlich geringe Differenzen handelte es sich, wie wir
schon sahen, bei Hurion, der entweder ein rotes, oder ein blaues Glas
vor sein Polarimeter schaltete. Diese Unterschiede lagen jedenfalls in
der überwiegenden Mehrzahl der Fälle so, daß der für Blau geltende
Wert größer war als der für Rot geltende. Es ist bemerkenswert, daß
es sich hier um Messungen handelt, welche in einer Zeit angestellt
wurden, die offenbar Störungscharakter aufwies, wenn wir auch bislang
über die Art dieser Störung nichts wissen. Anders liegt es bei einigen
nach dem Krakatau- Ausbruch von Cornu in verschiedenen Spektral-
bezirken angestellten Polarisationsmessungen, da wir es heute für so gut
wie sicher halten können, daß die gewaltige atmosphärische Störung jeden-
falls zum weitaus größten Teil auf Konto der vulkanischen Auswurfsprodukte
zu setzen ist. Zahlen gibt Cornu!) leider nicht an, aber er spricht sich bei
der Erörterung seiner bis dahin angestellten Messungen klar und deutlich
genug dahin aus, daß die Störung mit der Brechbarkeit der Strahlen abnahm,
indem die mit Vorschaltung eines kobaltblauen Glases gemessene Polari-
sation größer war als die bei Vorschaltung eines roten Filters gefundene.
Man würde wohl im Hinblick auf das Verhalten der hochprozentigen Mastix-
emulsionen Pernters von vornherein eher zu der Annahme geneigt sein, daß
sich eine derartige Störung durch das Überwiegen der für Rot gefundenen
Polarisationsgröße gegenüber der im Blau gemessenen kundgeben müsse.
Wir wissen aber offenbar noch viel zu wenig über diese Beziehungen, und
es sei in diesem Zusammenhange auch auf die kleine Tabelle auf Seite 437
hingewiesen, wo die besonders hohen Überschüsse der für die blauen
Strahlen geltenden Polarisationswerte über die für das rote Licht gewonnenen
Zahlen angegeben sind, wie sie Piltschikoff für eine besonders stark mit
Staub erfüllte Atmosphäre fand. Auch muß bei Beurteilung aller dieser
Beziehungen wohl bedacht werden, daß die Verhältnisse in der Atmosphäre,
ganz abgesehen von den vielfachen Reflexionen, insofern sehr von denen
im Laboratorium abweichen, als die Absorption durch große Luftschichten
zu den übrigen Faktoren hinzukommt. Bei dieser Gelegenheit möchten
') Cornu, Observations relatives A la couronne visible actuellement autour du Soleil,
Ü. Rend, vol. 99 (1884), p. 488—493.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 441
wir übrigens nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, dab L. Bell in einem
äußerst anregenden, „Note on some meteorological Uses of the Polari-
scope“ betitelten Aufsatze') die Möglichkeit andeutet, durch ein geeignetes
Polarimeter die Frage zur Entscheidung zu bringen, ob die scheinbar
starke Absorption der ultravioletten Strahlen?) als wirkliche Absorption
aufzufassen ist, oder ob sie durch den von seitlicher Zerstreuung her-
rührenden Lichtverlust vorgetäuscht wird. Uns interessiert allerdings in
allererster Linie das Gebiet der sichtbaren Strahlen.
Alles in allem genommen, liegt in der Untersuchung der Polarisations-
größe in verschiedenen Spektralbezirken sicherlich ein höchst interessantes
und wichtiges Forschungsgebiet vor, dessen Beackerung nach den ver-
schiedensten Richtungen hin reiche Frucht verspricht. So hat L. Bell
in dem eben erwähnten Aufsatze, welcher — allerdings ohne quantitative
Angaben — wesentlich die Verfolgung von Kondensationsvorgängen in
der Atmosphäre mit Hilfe der Polarisationserscheinungen behandelt, sicher
nicht mit Unrecht darauf aufmerksam gemacht, daß uns das Spektro-
polarimeter vermutlich eine hübsche Idee über die relative Zahl und Ver-
teilung von Kondensationskernen (Nuclei)?) in den höheren Luftschichten
!) Siehe Proceed. of the American Academy of Arts and Sciences, vol. 43 (1907 bis
1908), p. 407 —412.
2) Systematische Messungen der atmosphärischen Polarisationserscheinungen im
Ultraviolett sind unseres Wissens bisher nicht angestellt worden. Allerdings machte der
jetzige Professor Hertzsprung vor einigen Jahren Jensen die briefliche Mitteilung, daß er
einige Polarisationsbeobachtungen mit einem Quarz-Kalkspat-Spektrographen angestellt und
daß er bei einer Sonnenhöhe von 30° das vom Zenit des blauen Himmels stammende Licht
so polarisiert gefunden habe, daß er, um die nämliche photographische Schwärzung zu
erhalten, für die Wellenlänge von etwa 377 zz doppelt so lange exponieren mußte, wenn
der Spalt senkrecht zum Sonnenvertikal stand, als wenn er damit parallel war. Er fand
ferner bei dieser Gelegenheit, daß das Licht von der Wellenlänge von etwa 316 zz ebenso
stark polarisiert war wie das eben erwähnte, aber im entgegengesetzten Sinne, und daß das
Licht für die Wellenlänge von 335 »a neutral war. Dies Beobachtungsergebnis, dessen
Erwähnung bei Behandlung der neutralen Punkte leider vergessen wurde und daher hier
nachgeholt wird, erscheint recht interessant im Hinblick auf den Jensenschen Befund
bezüglich der Höhe der neutralen Punkte in ihrer Abhängigkeit von der Wellenlänge.
Äußerst auffällig ist hier allerdings der enorıne Abstand des neutralen Punktes von der
Sonne, so daß vermutlich eine starke Störung durch Bewölkung vorgelegen hat. Allerdings
scheinen mehrere Beobachtungen das gleiche Ergebnis geliefert zu haben!
3) Über die Wirkung von Staubkernen bezw. Ionen auf die Kondensation des
Wasserdampfes siehe vor allem die Arbeiten von Aitken, C. Barus, Coulier, Elster und Geitel,
R. von Helmholtz, Kießling, Lenard und Wolff, Richarz, J. J. Thomson, Townsend,
C. T. R. Wilson. Eine Übersicht über die wichtigsten diesbezüglichen Untersuchungen gibt
J. J. Thomson, Elektrizitätsdurchgang in Gasen, Deutsche autorisierte Ausgabe von E. Marx
(Leipzig 1906. bei Teubner). Viel neuere Literatur über diesen Gegenstand ist zu ermitteln
aus dem Namen- und Sachregister zu den Bänden 1—25 (1884--1908) der Meteorologischen
Zeitschrift (Braunschweig 1910, bei Vieweg & Sohn).
442 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
wird geben können. Wie aus dem Vorhergehenden zur Genüge ersichtlich
ist, dürften sich wohl bei tieferem Eindringen in die Materie aus der-
artigen Beobachtungen mindestens ebenso gut gewisse Anhaltspunkte zur
Beurteilung der Größe dieser oder sonstiger Partikelchen') ergeben. Auch
wird man vielleicht dahin gelangen können, daß sich in künftigen
Störungszeiten durch derartige Beobachtungen Aufschlüsse über die Höhe
der fremden Teilchen gewinnen lassen. Es ist in der Tat zu ver-
muten, daß man bei allen diesen und ähnlichen Fragen gerade von Polari-
sationsmessungen in verschiedenen Farben besonders viel erwarten darf,
sobald man damit begonnen hat, diese Beziehungen eingehend und
systematisch zu verfolgen. Dabei wollen wir mit besonderem Nachdruck
auf Beobachtungen bei tiefstehender Sonne, und zwar besonders auf solche
nach Sonnenuntergang oder vor Aufgang der Sonne, hinweisen. Großen
(sewinn wird man zweifelsohne vor allem aus der Verknüpfung dieser
Beobachtungen mit Bestimmungen der Höhe der neutralen Punkte in ver-
schiedenen Spektralbezirken haben können.
Je größer die Zahl der Farben ist, in denen man beobachtet, um so
enger sind natürlich die Grenzen bei der Beurteilung der Verhältnisse in
der Atmosphäre gezogen. Daß man dabei die Farben so zu wählen hat,
daß die Spektralbezirke möglichst eng sind, bedarf kaum der Erwähnung.
Bedenkt man die Eigenschaft der selektiven Absorption, so muß man zu
der Auffassung kommen, daß bei Beurteilung der mit Vorschaltung farbiger
(släser gewonnenen Polarisationsbestimmungen offenbar die Höhe des
Beobachtungsortes nicht zu vernachlässigen ist. Das wird man in Zukunft
wohl berücksichtigen müssen.
Was die bei verschiedener Höhenlage in derselben oder doch
nahezu derselben Farbe gewonnenen Polarisationswerte betrifft, so
können diese nur miteinander verglichen werden, wenn die sonstigen
Bedingungen im wesentlichen dieselben sind. So darf man, um den
Einfluß der Höhenlage zu studieren, auf keinen Fall Beobachtungen,
welche in Störungszeiten angestellt wurden, mit den in normalen
Zeiten gewonnenen Zahlen vergleichen. Berücksichtigt man das, so
ist ohne weiteres einzusehen, daß von diesem Gesichtspunkte aus mit
den wenigen bislang vorliegenden Messungen nicht viel anzufangen ist.
Auch aus einer Vergleichung der von Hurion zum Teil in Clermont und zum
Teil auf dem Puy-de-Döme angestellten Messungen ist in dieser Beziehung
so lange nichts zu entnehmen, als man nicht durch andere, über die
Stärke der Trübung Aufschluß gebende Beobachtungen genauere Anhalts-
punkte für den Gang der Störungsgröße innerhalb der ganzen Störungs-
') Bezüglich der Bestimmung der Größe von Wassertropfen aus Beugungsfarben
sei vor allem verwiesen auf eine Arbeit von O. Barus im American Journal of Meteoro-
logy, vol. 9 (1893), p. 488 u. ff.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 443
periode gewonnen hat, worauf wohl kaum zu hoffen ist. Soweit die
Hurionsche Tabelle allein in Frage kommt, scheint allerdings die Änderungs-
tendenz hinsichtlich der atmosphärischen Störung den etwa vorhandenen
Einfluß des gesuchten Momentes völlig zu verdecken. Ein Vergleich der
von Hurion auf dem Puy-de-Döme und von Piltschikoff in Charkow für
Blau gefundenen Werte kommt, ganz abgesehen von der großen Ent-
fernung, schon deswegen nicht in Frage, weil bei Hurion für diesen
Zweck nur der 23. April 1892 zur Verfügung stehen würde. Etwas
anders dürfte es wohl mit den ohne Vorschaltung farbiger Gläser ge-
wonnenen Werten liegen, da diese Beobachtungen wesentlich zahlreicher sind.
Wenn wir auch zu der Annahme neigen, daß die Höhenlage die bei
Vorschaltung farbiger Gläser gemessene Polarisationsgröße wegen der
selektiven Absorption im allgemeinen mehr beeinflussen dürfte als die
ohne Anwendung von Farbfiltern gefundenen Werte, so ist doch auf
alle Fälle zu vermuten, daß sich auch für die im Weiß gemessene
Polarisationsgröße ein Einfluß der Höhenlage geltend machen wird. Von
vornherein dürfte man wohl erwarten, daß der Polarisationswert ceteris
paribus um so mehr wachsen wird, in je höhere Regionen mit jeweilig
reinerer Luft man kommt, wie denn auch Kimball bei Aufstellung seiner auf
Seite 353 angeführten Formel von der Voraussetzung ausging, daß die Polari-
sation in den von ihm gedachten verschiedenen konzentrischen Schichten
der Atmosphäre mit der Höhe über dem Erdboden zunimmt. Die ent-
gegengesetzte Ansicht vertritt Spring'), indem er mit dem Hinweis dar-
auf, daß nach den Erfahrungen derer, die große Aufstiege gemacht
hätten, das Himmelsblau seine weißliche Farbe um so mehr verliere, je
höher man steige, unter Berufung auf Tyndall, die Bemerkung verknüpft,
daß damit gleichzeitig die Polarisation abnimmt?). Wenn uns auch leider bei
der zu diesem Zwecke vorgenommenen raschen Durchsicht der zahlreichen
Tyndallschen Arbeiten ‘eine dahingehende Bemerkung nieht aufgestoßen
!) Siehe W. Spring, Sur l’Origine de la Couleur bleue du Ciel, Bull. de l’Academie
Roy. de Belgique, 3. Ser., t. 36 (1898), p. 504—518.
2) Spring möchte aus der angedeuteten Beziehung schließen, daß die atmosphärische
Polarisation auf die gleiche Ursache zurückzuführen ist wie das Moment, auf dessen
Konto die Beimengung des Weiß im Himmelsblau zu setzen ist, nicht aber auf die, welche
die blaue Farbe verursacht. Er schreibt wörtlich: „Enfin, je rappellerai un fait bien
connu de toutes les personnes qui ont fait de grandes ascensions. A mesure que l’on
s’eleve, le bleu du ciel perd de plus en plus son ton blanchätre; au dessus de 4000 metres.
environ, le firmament parait bleu sombre. En m&me temps, le degre de polarisation de
la lumiere va diminuant (Tyndall). Il me parait que la vraie conclusion A tirer du
parallelisme de ces deux phenomenes, c’est que la cause de la polarisation reside dans ce
qui blanchit le ciel et non dans ce qui le bleuit. Ce qui empeche de se prononcer
catögoriquement, c’est l’indetermination du probl&me: dans la vallee, on observe un bleu
moins sombre, mais on a devant soi une &paisseur d’air plus grande et l’on pourrait, avee
Tyndall, attribuer la plus forte polarisation ä une reflexion plus multipliee des rayons
444 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
.
ist, so zweifeln wir natürlich nicht im geringsten an der Richtigkeit der
Springschen Angabe. Wir müssen aber anderseits darauf hinweisen, daß die
bekanntesten in der Literatur vorliegenden quantitativen Angaben über
die Polarisationsgröße, welche etwa zur Entscheidung über diese Frage
herangezogen werden könnten, uns auf alle Fälle nicht den Schluß
zuzulassen scheinen, daß eine ausgesprochene Abnahme der positiven
Polarisation mit der Erhebung über die Meeresfläche stattfindet. Auch
sei hier darauf hingewiesen, daß Dr. Wendt von der Deutschen
Seewarte, welcher auch an der Erdoberfläche polariskopische Beob-
achtungen angestellt hat, bei einem am 19. Mai 1910 unternommenen
Ballonaufstieg') sehr überrascht war durch die Farbenpracht des
Savartschen Polariskops, die sich, trotz der vielen feinen, über den
ganzen Himmel zerstreuten Cirren, in größerer Höhe (2000 bis ca. 4000 Meter
überm Meeresspiegel) insbesondere an den in weiterer Entfernung von
der Sonne befindlichen Stellen zeigte. Dies spricht doch entschieden für
eine Zunahme der Polarisationsgröße mit zunehmender Höhe. Allerdings
liegen die Verhältnisse im Ballon wieder ziemlich viel anders als etwa auf
hohen Bergen, und es könnte bis jetzt beinahe so scheinen, als solle Schlag-
intweit Recht behalten mit seiner Bemerkung, daß der Einfluß der Höhe
auf das Phänomen jedenfalls nur gering sein könne?).
Wir wollen nun versuchen, ob sich aus dem uns zugänglichen, bis
jetzt gesammelten Beobachtungsmaterial mit genauen quantitativen Angaben
einige Schlüsse über die Beziehung der genannten Größen zueinander
ziehen lassen. Es scheint dies allerdings weit schwieriger zu sein, als
wir es selber gedacht hatten, und es wird wohl die Lösung dieser
lumineux.“ — Es ist historisch interessant, daß auch Lallemand die blaue Farbe des
Himmels und die atmosphärische Polarisation als völlig getrennte Phänomene auffaßte
(siehe Seite 142 und C. Rend., vol. 75, p. 708).
') Dr. Wendt stieg im Einverständnis mit Professor Dr. Aßmann, auf dessen Anregung
und nach dessen Anweisungen sich in den Tagen der größten Annäherung des Halleyschen
Kometen an die Erde 30 Luftschiffahrtvereine mit 35 Ballons an der wissenschaftlichen
Höhenforschung beteiligten, und auf Vorschlag des einen von uns (Jensen) von Dessau
aus mit dem Ballon „Anhalt“ des Dessauer Vereins für Luftschiffahrt auf und führte außer
den normalen meteorologischen Beobachtungen und Staubzählungen mit dem Aitkenschen
Apparat auch Höhenbestimmungen der neutralen Punkte von Arago und Babinet aus, wofür
ihm an dieser Stelle der herzlichste Dank ausgesprochen sei.
?) Siehe Phil. Mag., 4. Ser., vol. 3 (1852), p. 99, wo Schlagintweit schreibt: That
the blue of the heavens is due to reflected light, is also corroborated by experiments on
polarization. In this respect there is scarcely any difference observed between high and
low situations. Forbes, who examined the polarization on the summit of the Jungfrau,
found it „normal, but somewhat less strong than in the depths below“. — Desar.
Exeursions, p. 405. — Ohne genauere quantitative Angaben über die Beobachtungszeiten
und über die Wetterlage zur Zeit der Messungen an den verschiedenen Orten können wir
dem hier angegebenen Sinne der Differenz keine weitere Bedeutung beimessen.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 445
Aufgabe durchaus der künftigen Forschung zufallen, was offenbar
darauf zurückzuführen ist, daß bislang nicht genügend zahlreiche,
systematisch auf die Erforschung der Frage abzielende Beobachtungen
vorgenommen worden sind. Immerhin aber werden sich wohl einige auch
für später verwertbare Anhaltspunkte gewinnen lassen. Die ersten ein-
gehenden Untersuchungen, aus denen man vielleicht hoffen darf, einiges
Lieht über diese Verhältnisse zu gewinnen, sind wohl die von Rubenson,
da er einmal auf dem Monte Pincio in Rom in einer Seehöhe von 65 Metern
und außerdem in Segni in einer Meereshöhe von ungefähr 670 Metern
beobachtete. Bei der Erörterung dieser Messungen wollen wir gänzlich
absehen von einer etwaigen geringen Veränderung der Konstanten des
Apparates durch Störung der Lage des Glasplattensatzes beim Transport
von einem Beobachtungsort zum anderu, ebenso von möglicherweise
in Betracht kommenden Einflüssen der Sonnentätiekeit auf das Phänomen!').
Wählen wir zum Vergleich die größten, in einer nicht allzuweit vom
Sonnenuntergang entfernten Zeit gefundenen Werte, so kommen allerdings
für Segni nur die Zahlen 0,779, 0,720 und 0,735 in Betracht. Diese
wurden um 7” 12p. am 5., um 7" 4p. am 6. und um 7210 p. am 7. August
1861 gefunden. Bei der letzten Zahl ist ausdrücklich auf eine sehr
matte Himmelsfarbe hingewiesen, bei der vorletzten auf das Vorhanden-
sein von Rauch?), und es ist sogar bei der ersten vermerkt, daß die
Himmelsfarbe ein wenig matt war. Soweit nun die wärmere Jahreszeit
in Frage kommt und ausdrücklich von einer blassen Farbe die Rede ist,
würden von den in Rom angestellten Messungen etwa die Werte 0,707,
0,712 und 0,704 in Parallele mit den vorher genannten zu stellen sein.
Diese fand Rubenson um 7” 24p. am 12., um 7" 16p. am 13. Juni und
um 7" 21p. am 8. Juli 1862. Bei den ersten Beobachtungen ist die
Himmelsfarbe als „un peu faible“, bei der letzten als „faible“ bezeichnet.
Vielleicht wären auch noch die um 6" 57 p. und um 7” 11p. am 5. Juli
1862 erhaltenen Werte 0,725 bezw. 0,732 heranzuziehen, bei denen
bezüglich der Himmelsfarbe der Vermerk „couleur un peu faible“ steht.
Um 6" 12 p. und um 6” 34 p. finden wir allerdings die Bemerkung
„couleur fonceee“ bezw. „couleur assez foncee“ nebst dem ausdrücklichen
Hinweis darauf, daß keine Wolke am Himmel stand. Wenn wir nun
') Die Fleckentätigkeit, für welche das Maximum (95,7) auf 1860 gefallen war,
erreichte ihr Minimum (6,7) erst im Jahre 1867. Die Jahresdurchschnitte dieser Zahlen
betrugen für 1861 und 1862: 77,2 und 59,1.
?) Bei der für 5° 49 p. notierten Beobachtung ist folgendes vermerkt: „L’horizon
est devenu plus impur. Quelques petits nuages isoles au NE ä l’horizon au dessus des
montagnes. La fumee assez forte. Couleur faible. Champ libre.“ Bei den darauf
folgenden Messungen — deren letzter der Wert 0.720 entspricht — steht einfach die
Bemerkung: „Ciel d:o“.
446 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
selbst die Werte vom 5. Juli berücksichtigen, so muß es doch wohl für
ziemlich wahrscheinlich gelten, daß ceteris paribus die Polarisationswerte
in Segni größer sind als auf dem Monte Pincio in Rom. Und wenn wir
auch zugeben müssen, daß die Beobachtungen in Rom offenbar nicht frei
vom Einfluß des Großstadtdunstes waren, so sind doch die Differenzen
zwischen den für die beiden Orte gefundenen Werten so groß, daß man
wohl mit Recht daraus für Segni mehr oder weniger auf eine Zunahme
der Polarisation gegenüber Rom schließen darf.
Bei klarem Herbst- oder Winterhimmel wurden allerdings in Rom
sehr viel höhere Werte gefunden; so ergab sich die Polarisationsgröße
um 4" 35 p. am 28. Oktober 1861 zu 0,776, um 4" 29p. am 20. November
desselben Jahres zu 0,783, um 4” 20 p. am 1. Dezember gar zu 0,808;
aber in diesen und ähnlichen Fällen ist auf die besonders klare Luft
und auf den stark gesättigten Farbenton ausdrücklichst aufmerksam ge-
macht. Diese Zahlen übersteigen allerdings zum Teil die für Segni an-
gegebenen Werte, aber sie überragen doch die für Rom selbst unter
schlechteren Beobachtungsbedingungen gewonnenen Werte um ein Er-
kleckliches mehr -—— vor allem, wenn wir den für Segni angegebenen,
offenbar durch Rauch «estörten Wert 0,720 ausschalten —, so daß da-
durch unsere Meinung, daß die Rubensonschen Untersuchungen eher gegen
als für die Ansicht einer Abnahme der Polarisationsgröße mit der Erhebung
über die Ebene sprechen, eine gewisse Stütze findet.
Was die späteren, in normalen Zeiten gewonnenen größeren Beob-
achtungsreihen betrifft, so hat die Vergleichung der Jensenschen mit den
Kimballschen Messungen schon wegen des zu geringen Höhenunterschiedes
zwischen Kiel und Washington keinen Zweck. Die von Kimball in Asheville
und auf dem Black Mountain angestellten Beobachtungen hinsichtlich eines
eventuellen Einflusses der Höhenlage mit den sich daran anschließenden,
in Washington ausgeführten Bestimmungen zu vergleichen, bringt uns
schon allein deswegen nicht weiter, weil uns die zeitliche Größen-
änderung der vorhin besprochenen Störung der Atmosphäre nicht genügend
bekannt ist.
E. €. Pickering führte im Sommer 1873 einige Polarisationsmessungen
in verschiedenen Höhen aus, die allerdings zeitlich ziemlich weit auseinander-
lagen, insofern er in Waterville N.H. im Juli beobachtete und in Boston
gegen Mitte September‘). Im ersten Falle lag der Beobachtungsort ungefähr
') Pickering bestimmte an diesen, wie auch an den übrigen Tagen, die Polarisations-
gröbe für die verschiedensten Sonnendistanzen des anvisierten Punktes. Er führte auch
außerhalb des Sonnenvertikals Messungen der Polarisationsgröße aus. Wir verweisen
auf p. 18 der Proceed. of the American Academy of Arts and Sciences, vol. 9 (1873).
p. 16 u. ff. Bezüglich entsprechender von Kimball angestellter Beobachtungen sei ver-
wiesen auf „Monthly Weather Review“, 1903, p. 19.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. er
{
470 Meter und im. letzten, wo Pickering seinen Apparat auf dem Gipfel
des Technologischen Instituts zu Boston in Massachusetts aufgestellt
hatte, lag derselbe jedenfalls nur in geringer Höhe überm Meeresspiegel.
In Boston wurde nur am 12. September beobachtet; für Waterville, wo
an sieben Tagen beobachtet wurde, ist wohl am besten der 1. Juli
zum Vergleich heranzuziehen, weil die Höhe der Polarisationswerte dieses
Tages die meisten Garantien dafür bieten dürfte, daß die Witterungs-
verhältnisse durchaus befriedigend waren. Wir geben in nachstehendem die
Werte, die für den innerhalb des Sonnenvertikals um 90° von der Sonne
abstehenden Himmelspunkt galten.
Am Vormittag des 12. September fand Pickering 0,627, am Abend
0,790. Die Differenz zwischen diesen beiden Zahlen ist zum Teil durch
die verschiedene Tageszeit der Beobachtung bezw. den verschiedenen
Stand der Sonne bedingt, indem aus den genaueren Angaben zu ersehen
ist, daß die kleinere Zahl bei einer Sonnenhöhe von 48° und die größere
bei einer solehen von —1” gefunden wurde. Im letzteren Falle übte
vermutlich auch das Seite 383 u. ff. erörterte Moment einen geringen
Einfluß auf die Polarisationsgröße aus'). Zudem kommt in Betracht,
daß Piekering selber darauf hinweist, daß die relativ geringe Zahl 0,627
möglicherweise durch die Reflexion der Sonne an der im Osten Bostons
befindlichen See bedingt ist. Für den Sonnenabstand von 90° findet man
am 7. Juli die Werte 0,760 und 0,781, von denen die erste einer Sonnen-
höhe von 50° und die letzte einer solchen von 25° entsprach. Beide
wurden vor Mittag gefunden. Wenn man nun berücksichtigt, daß der am
12. September beobachtete Wert 0,790 einer noch viel kleineren Sonnen-
höhe entsprach, und daß nach den früheren Darlegungen im allgemeinen
im ‚Juli kleinere Werte zu erwarten sein werden als im September, und
wenn man hinzunimmt, daß Waterville von hohen Bergen umgeben ist,
welche höchstwahrscheinlich so wirkten, daß die Polarisation durch
das von ihnen reflektierte Licht herabgedrückt wurde, so gelangt man
unseres Erachtens wieder zu der Auffassung, daß die Polarisationsgröße
ceteris paribus mit der Erhebung über den Meeresspiegel eher zu-
als abnimmt.
Die Wirkung des zuletzt genannten Momentes muß offenbar auch
bei Beurteilung der von Connel gefundenen Werte berücksichtigt werden.
') Wir neigen zu der Ansicht, daß der besagte Einfluß nicht sehr stark gewesen ist.
Wenn man nämlich das Gros der von Pickering für den 12. September angegebenen
Zahlen — ebenso wie das gesamte Beobachtungsmaterial des 7. Juli — mit den aus
Tabelle XV Seite 348 abgeleiteten, bestimmten Sonnendistanzen entsprechenden Werten
vergleicht, so kommt man zu der Überzeugung, daß an irgendwelche an diesen Tagen
bestehende allgemeine Störung der Atmosphäre, wie man sie etwa auf Konto der noch
immer relativ starken Sonnentätigkeit für 1873 (Jahresdurchschnitt der Sonnenflecken-
Relativzahlen = 66,3) zu setzen geneigt sein könnte, nicht zu denken ist.
448 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
St. Moritz, wo er in einer Höhe von gut 1800 Metern überm Meeres-
spiegel beobachtete, ist zum Teil von noch um 900 Meter höheren Bergen
eingeschlossen, und, wie er selber bemerkt, ist die Lage von Davos,
wo er seine Messungen in einer Höhe von etwa 1550 Metern überm
Meere anstellte, der Lage von St. Moritz nicht unähnlich. Der ungefähr
740 Meter überm Meeresspiegel liegende graubündenische Marktflecken
Thusis liegt im einem breiten offenen Tal. Den die Polarisation stark
herabdrückenden Einfluß eines schneebedeckten Bodens lernten wir bereits.
Seite 366 und 367 kennen, und es ist wohl zu beachten, daß es bei den
Connelschen Messungen zu den ganz großen Seltenheiten gehörte, daß
gar kein Schnee in der Umgegend des Beobachtungsortes lag. Im letzteren
Falle sind die angegebenen Zahlen sofort erheblich größer. So fand
Connel am 21. Oktober 1887 in St. Moritz 0,730 für die innerhalb
des Sonnenvertikals um 90° von der Sonne entfernte Himmelsstelle ').
Dies ist allerdings nur eine angenähert richtige Zahl, weil sein Apparat nur
für kleinere Polarisationswerte genaue Resultate gab. Am 22. Oktober
genannten ‚Jahres war die Polarisation so stark, daß sie mit dem Instrument
gar nicht zu messen war. Aus diesem Grunde unterließ er es, bis auf
ganz vereinzelte Fälle, bei tiefstehender Sonne zu beobachten, und er nahm
im wesentlichen nur um die Mittagszeit Messungen vor. Es erscheint dem-
nach gar nicht ausgeschlossen, daß er bei guten Beobachtungsbedingungen —
das heißt bei günstigen Witterungsbedingungen und Fehlen von Schnee —
mit einem geeigneten Apparat um die Zeit des Sonnenauf- und -unterganges.
noch weit größere Werte als die größten von ihm angegebenen erhalten
hätte ?).
') Er beobachtete nicht nur im Sonnenvertikal.
°) Connel macht wohl mit Recht darauf aufmerksam, daß der Unterschied zwischen den
für die Ebene und den für große Höhen geltenden Polarisationswerten offenbar am schärfsten
zum Ausdruck kommen müsse, wenn die Beleuchtung der Erdoberfläche am schwächsten
sei. und er bedauert es besonders von diesem Gesichtspunkt aus, daß er um Sonnenauf-
oder -untergang mit seinem Apparat nichts anfangen konnte. — Das von ihm gewählte
Beispiel (siehe loc. eit. p. 98—99), um zu zeigen, daß „selbst um die Mittagszeit die
Differenz zugunsten der hohen Berge ausfalle, wenn der Boden nahezu frei von Sehnee sei“,
ist übrigens falsch. Er vergleicht den von ihm um 1 Uhr nachmittags am 9. August 1888
in Davos gefundenen Wert von r = 0,185 mit dem größten von Rubenson um die Mittags-
zeit in Rom gefundenen und gibt an, daß Rubenson am 5. November 1861 r — 0,20
gefunden habe. Dies stimmt aber nicht, denn Rubenson fand um 12" 45p. des genannten
I
U
von Uonnel gefundene Zahl ergibt sich im Rubensonschen Maß zu 0,688, so daß sie so-
gar erheblich kleiner wird als der in Rom beobachtete Wert. Auf die geringe Differenz,
welche sich nach Connels offenbar falscher Berechnung ergeben würde, hatte er übrigens.
kein besonders großes Gewicht gelegt, wohl aber meinte er, daß selbst bei Gleichheit
der Werte die Wage zugunsten der Beobachtungen auf hohen Bergen ausfallen würde, weil
an den zum Vergleich herangezogenen Terminen die Sonne in Davos viel höher gestanden
Tages « = 0,766, und es ist r nach unsern Formeln auf Seite 339 gleich
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 449
Wir kommen zum Schluß auf die unter anderem Gesichtspunkte schon
Seite 393 erwähnten Messungen von Crova und Houdaille auf dem gut
1900 Meter hohen Mont Ventoux. Hier lagen die Verhältnisse insofern
wesentlich anders als bei Connel, als offenbar während der ganzen, kurzen
Beobachtungszeit kein störender Einfluß von Schnee vorhanden war. Auch
sei darauf aufmerksam gemacht, daß sich dieser Berg der westlichen
Kalkalpen in isolierter Lage aus der Rhöne-Ebene erhebt. Da uns nun
irgendeine größere allgemeine Störung der Atmosphäre aus dem ‚Jahre 1588
nicht bekannt ist, so müssen wir den Grund dafür, daß die aufgeführten
Polarisationswerte nicht größer sind, in anderer Richtung suchen.
Einmal ist zu berücksichtigen, daß die in der Tabelle Seite 393
angeführten Zahlen — der größte angegebene Wert ist 0,664 — den
Durchschnitt der an jedem Beobachtungstage für eine innerhalb des
Sonnenvertikals um 90° von der Sonne entfernte Himmelsstelle gefundenen
Zahlen darstellen'),. Wie nun auch die einzelnen Beobachtungen über den
Tag verteilt gewesen sein mögen — wir werden übrigens wohl annehmen
dürfen, daß für eine möglichst gleichmäßige Verteilung Sorge getragen
wurde —, es muß der Durchschnitt immer kleiner sein als die größten
an dem in Betracht kommenden Tage gefundenen Zahlen’).
Zum andern fällt es — worauf wir schon Seite 392 und 393 hin-
wiesen — entschieden stark ins Gewicht, daß nach den eigenen Angaben
der Autoren der Sommer 1888 außergewöhnlich regnerisch war. Wir
brauchen uns nur an das von G. Schultz gefundene Resultat zu erinnern,
daß die Polarisation bei regnerischer Wetterlage im allgemeinen auch
dann schwach ist, wenn die Bewölkung gering ist?). Daß die Wetterlage
in der in Betracht kommenden Zeit tatsächlich recht schlecht war, geht
aus unserer eingehenden Untersuchung an der Hand der Wetterkarten der
habe (57°) als in Rom (32°), und weil demgemäß die die Polarisation herabdrückende
Beleuchtung des Erdbodens um mehr als die Hälfte stärker gewesen sei als in Rom.
') Crova und Houdaille geben mit einzelnen Ausnahmen nur die Durchschnittswerte
an (siehe Ann. Phys. Chim. Phys., 6. Ser., t. 21, p. 202). Die Summe der auf dem Mont
Ventoux erhaltenen Einzelwerte ist zu 108 angegeben.
2) Unter der Voraussetzung gleich großer Maxima der Polarisationswerte ist natürlich
anzunehmen, daß der Durchschnittswert im allgemeinen um so geringer werden wird, je
kleiner das Minimum ist, oder, um es anders auszudrücken, je größer die tägliche Variation
ist. Wie wir Seite 380 sahen, fand Rubenson bei einer der Urovaschen gleichen Beobachtungs-
methode für den Sommer eine mittlere Tagesschwankung von 0,121. Eine ganz so starke
mittlere Sechwankung wie in Rom dürfte auf dem Mont Ventoux wegen der nördlicheren
Lage vielleicht kaum zu erwarten sein. Ebenso ist natürlich die große Höhe des Mont
Ventoux zu berücksichtigen. Angaben über die tatsächlich beobachteten Schwankungen
liegen nur für den 16. und den 23. August 1888 vor. Am erstgenannten Datum betrug
die Differenz zwischen dem größten (um 8 Uhr morgens) und dem kleinsten (um Mittag)
an jenem Tage beobachteten Wert 0,053; die entsprechende Zahl für den 23. ist 0,156.
’) Siehe Seite 369.
450 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Deutschen Seewarte zur Genüge hervor. Eine Beobachtungsstation in der
Nähe des Mont Ventoux ist dort allerdings nicht verzeichnet, aber die
Untersuchung eines Ortes im Innern Frankreichs (Clermont im Dep. Puy-
de-Döme) und eines solchen an der Küste (Nizza) dürfte wohl in Kombination
mit den auf den Karten verzeichneten Kurven immerhin einige Anhaltspunkte
zur Beurteilung der allgemeinen Wetterlage auf dem Mont Ventoux bieten
und jedenfalls in diesem Falle, wo das Urteil der Beobachter selber vorliegt,
genügen'). Vor allem sind vielleicht für den Leser, trotz der größeren Ent-
fernung, die Angaben über Clermont erwünscht. Was beispielsweise den
Luftdruck betrifft, so wurden dort in der in Frage stehenden Zeit wohl viel-
fach Barometerstände von etwa 765 mm?) und mehr — am Morgen des 11.
und 19. August und des 1. und 2. September sogar 768,6, 768,1, 769,5 und
768,5 — beobachtet, aber es kamen auffällig viele und starke Schwankungen
vor, und es fällt fast bei sämtlichen Beobachtunestagen auf, daß das
Barometer am Abend gegenüber dem Morgen relativ stark gefallen
war”). Abgesehen von 71 mm Regen, welche in Clermont zwischen dem
Morgen des 17. und 18. August fielen, und 13 mm Regen zwischen dem
Morgen des 24. und 25. August, waren allerdings für Clermont die zwischen
dem 11. August und 4. September gemessenen Niederschlagsmengen meist nur
gering. Aber die Zahlen für die Himmelsbedeckung (als Wetter angegeben)
sprechen auch eine deutliche Sprache, und es finden sich sogar zum Teil
am Morgen oder Abend der wenigen Beobachtungstage selbst ziemlich
starke Bewölkungsgrade angegeben, so beispielsweise am 23. August die
Werte 4 bezw. 2. Alles in allem genommen, unterliegt es für uns nicht
dem geringsten Zweifel, daß die relativ niedrigen von Crova und Houdaille
gefundenen Polarisationswerte zum weitaus überwiegenden Teile auf Konto
der Witterungsverhältnisse zu setzen sind.
Damit ist allerdings nichts Positives gewonnen. Aber man dürfte
durch dieses Resultat sowie durch die voraufgehenden Erwägungen für
die Zukunft genügend gewarnt sein vor allzu raschen Schlußfolgerungen
hinsichtlich der Beziehung zwischen Polarisationsgröße und Höhenlage. Wir
können und wollen uns noch absolut nicht auf die eine, oder die andere
der beiden Ansichten festlegen, halten es auch noch durchaus für möglich,
daß die Wahrheit in der Mitte liegt, indem die Beziehung keine einfache ist.
Soweit es sich um hochliegende Orte an der Erdoberfläche handelt, kommen
vermutlich vor allem zwei in ihrer Wirkung gegeneinander ankämpfende
') Anmerkungbeider Korrektur: Tägliche Wetterberichte der Höhenstation
„Mont Ventoux“ finden sich im Bulletin International du Bureau Central Meteorologique
de Paris erst vom 1. Januar 1890 ab (s. Anmerkung zu S. 424).
°) Immer auf 0° © und Meeresniveau reduziert gedacht.
”) Die Differenzen betrugen am 12., 14., 16., 19. und 23. August sowie am 3. Sep-
tember der Reihe nach 3,7, 2,2, 4,0, 3.3, 6,0 und 2,9 mm.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 451
Momente in Betracht, indem das Emporsteigen in reinere Lüfte an sich
im Sinne einer Zunahme, dagegen die Vergrößerung Licht reflektierender
Flächen’) im Sinne einer Verkleinerung der Polarisation wirken dürfte. Dies
letzte Moment kommt offenbar wenig oder gar nicht in Betracht im Falle
des Emporsteigens in die Luft mittels eines Ballons oder sonstigen Luft-
fahrzeugs, so daß wir glauben möchten, daß hier tatsächlich im großen und
ganzen eine ausgeprägte Zunahme der Polarisation mit zunehmender Höhe
zu erwarten ist. Diese mag allerdings vielleicht irgendwo eine gewisse
Grenze haben; es darf nämlich nicht übersehen werden, dab die geo-
metrische Lage des Fahrzeugs zum Gesamtkomplex der Atmosphäre sich
mit dem Steigen oder Fallen ändert. Selbstverständlich sollen hier auch
nur gewisse Richtlinien bezeichnet werden, welche bei emgehenderer
Erforschung dieser Beziehungen ins Auge zu fassen wären. Vor allem
aber wird es, wenn man die Beziehungen klar erkennen will, in Zukunft
absolut notwendig sein, gleichzeitig an verschiedenen, möglichst nahe
beieinander befindlichen Orten mit verschiedener Höhenlage zu beobachten,
was wohl bisher kaum je geschehen ist. Zu dem Ende muß natürlich genügend
dafür Sorge getragen werden, daß die mit den verschiedenen Apparaten
gewonnenen Werte unmittelbar mitemander verglichen werden können.
Hiermit schließen wir unsere Erörterungen über die wesentlichsten
Beobachtungsergebnisse und wollen uns nunmehr einer Anleitung zur Be-
obachtung der Polarisationsgröße zuwenden.
IV. Anleitung zur Beobachtung der Polarisationsgröße.
Wir möchten unsern Lesern im folgenden zunächst zwei Instrumente zur
Bestimmung der Polarisationsgröße vorführen, welehe sich in der neueren
Zeit, vor allem in den europäischen Ländern, als durchaus brauchbare,
handliche und genaue Apparate bewährt haben und samt den von Martens
und von Piekering angegebenen Polarimetern für Himmelsmessungen sehr
empfohlen werden können. Es sind dies das Webersche Polarisations-
photometer und das Cornusche Photopolarimeter.
Der optische Teil des Weberschen Apparates?) besteht, wie Figur 56
') Eine so gedachte Vergrößerung der Wirkung reflektierender Flächen tritt unseres
Erachtens nicht nur in Kraft im Falle tief einschneidender größerer Täler in gebirgigen
Gegenden, sondern auch, wenn isolierte Berge — und zwar vor allem nicht zu steil
abfallende — in Frage kommen.
2) Siehe L. Weber. Eine neue Montierung des Milchglasphotometers, Zs. für In-
strumentenkunde, Jahrgang 11 (1891), p. 6-13, und Schriften des naturw. Vereins für
Schlesw.-Holstein, Bd. 8 (1891), Heft 2. — Dieser Apparat wurde von der Firma Franz
Schmidt und Haensch in Berlin 8.42 (Prinzessinnen-Straße Nr. 16) gebaut und ihr von
Prof. Weber zum Originalvertrieb übergeben. Derselbe wird auch von andern Firmen
geliefert, so von der Firma A. Krüß in Hamburg, Adolphsbrücke 7 (Inhaber Dr. Hugo Krüß).
29*
452 Friedr. Busch’ und Chr. Jensen.
zeigt, aus einem Haupttubus 3 und einem dazu drehbaren, knieförmigen
Nebentubus %. In dem ersteren befindet sich eine Lummer-Brodhunsche
Prismenkombination P; vor derselben liegen die mit je einem Teilkreis ver-
sehenen großen Nicolschen Prismen a und b, während in dem Kniestück ein
einfaches Reflexionsprisma p angebracht ist. Vor der Okularöffnung befindet
sich der bequemeren Beobachtung halber ebenfalls ein Reflexionsprisma.
Bei s’ und an der Basis von R sind Fassungen für Licht abschwächende
Gläser vorhanden. Das in dem Apparat erscheinende Gesichtsfeld ist
in Figur 47 Seite 331 dargestellt'). Der zentrale Teil desselben erhält
sein Lieht durch die Nicols und den mittleren Teil des Lummerschen
Würfels, während der periphere Teil lediglich das durch das Knierohr
gegangene Licht erhält. Der ganze optische Teil läßt sieh, wie Figur 56
zeigt, um eine horizontale und um eine vertikale Achse drehen. Zur
Ablesunge der Koordinaten des anvisierten Punktes dienen die Teilkreise Z
und ww. Mittels einer Libelle, die an dem Teller auf dem Fuß des
Apparates aufsitzt, wird das Instrument vor Beginn der Messungen genau
justiert.
Für die Bestimmung der Polarisationsgröße muß nun der Apparat
nach der Polarisationsebene montiert sein. Wenn diese Ebene mit dem
Sonnenvertikal zusammenfällt, was zum Beispiel bei wolkenlosem Himmel
bis auf verschwindend kleine Abweichungen für den Zenitpunkt angenommen
werden kann), so genügt bei hohem Sonnenstande ein an dem Instrument
einstellbarer Sonnenschatten. Für diesen Zweck bietet sich ohne weiteres
der auf den Nullpunkt des Teilkreises 8 eingestellte Zeiger dar. Wenn
aber der Sonnenschatten schwach oder gar nicht vorhanden ist, und falls
man nicht etwa im voraus für genügend kleine Zeitintervalle berechnete
Sonnenazimut-Tabellen benutzen will’), so muß man auch für das Zenit
die Hauptpolarisationsebene durch folgendes, für alle jene Fälle anzu-
wendendes Verfahren aufsuchen, in denen die Polarisationsebene nicht
unmittelbar gegeben ist:
Man entfernt erst den vorderen Nieol a«. Richtet man alsdann
die genau parallel gestellten Tuben auf eine helle Fläche nicht polari-
sierten Lichtes, so erscheint zunächst der zentrale Teil wegen der
Schwächung durch den Nicol nahezu auf die Hälfte der Helligkeit des
peripheren (resichtsfeldes reduziert. Durch Vorschaltung eines passend
') Die Klischees der Figuren 47 und 56 verdanken wir dem Entgegenkommen
Prof. Webers.
?) Siehe Seite 57 ff.
°) Abgesehen davon, dab eine solche Vorausberechnung jedenfalls an Orten mit
stark veränderlichem Witterungscharakter wenig Zweck haben wird, ist wohl zu be-
denken, daß die Lage der Polarisationsebene bei negativen Sonnenhöhen vermutlich relativ
stark davon abhängen wird, ob sich unterm Horizont Wolken befinden, oder nicht, worüber
zu entscheiden oft schwer genug sein dürfte.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 453
ausgewählten kompensierenden Rauchglases bei k und ev. auch eines über-
kompensierenden bei A läßt es sich jedoch erreichen, daß die Helligkeit
der beiden Teile des Gesichtsfeldes die gleiche ist. Ist das Licht wirklich
völlig unpolarisiert, so bleibt die Helligkeit bei Drehung des Nicols b
in dem ganzen Gesichtsfelde genau dieselbe. Richtet man das so ein
Fig. 56.
für allemal vorbereitete Instrument auf eine helle Fläche polarisierten
Lichtes, so findet man zwei Stellungen des Nieols b, bei welchen der
zentrale Teil des Gesichtsfeldes ein Maximum der Helligkeit besitzt und
heller ist als der periphere Teil, und zwei andere, um 90° verschiedene
Stellungen, in welchen er ein Minimum der Helligkeit besitzt und
dunkler ist als der periphere Teil. Symmetrisch hierzu gibt es vier
Stellungen des Nicols b, in welchen Helligkeitsgleichheit eintritt. Diese
Lagen sind mit sehr großer Schärfe aufzufinden. Sucht man dem-
nach zwei derselben auf, so gibt das arithmetische Mittel der beiden
454 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Ablesungen diejenige Stellung des .Nieols b an, bei welcher er parallel
der einen Hauptpolarisationsebene des zu untersuchenden Lichtes ist.
Will man nun die Größe der partiellen Polarisation, d.h. das Ver-
hältnis der Hauptkomponenten des Lichtes, bestimmen, so wird nach
Entfernung des Rauchglases vor BD das Nicolsche Prisma a wieder ein-
oesetzt und in die zuvor aufgefundene Polarisationsebene eingestellt.
Man schaltet dann vor das Kniestück ein hinreichend dunkles, farb-
loses Rauchglas, so daß bei Parallelstellung der Nicols in jedem Falle
der zentrale Fleck der hellere ist. Dreht man nunmehr das Nicolsche
Prisma b aus der Parallelstellung heraus bis zum Verschwinden des Flecks,
so eibt das Quadrat des Cosinus des Drehungswinkels « ein relatives Maß für
die Intensität der mit dem Nicol a parallelen Hauptkomponente des
Lichtes. Dieser Winkel oder sein abgelesenes Komplement wird durch
doppelte Ablesung nach rechts und links aufgesucht. Alsdann dreht man
den Nicol «a in eine um 90° verschiedene Stellung, so daß er nun-
mehr mit der zweiten Hauptkomponente des zu untersuchenden Lichtes
parallel wird.
Man sucht nun wieder die Abweichung des Nicols @« von dem
Nicol b bis zum Verschwinden des Flecks auf und findet in demselben
relativen Maße einen Wert für die zweite Hauptkomponente des Lichtes.
Cos?’e« und cos?” «, sind alsdann die relativen Maßzahlen für die
beiden Komponenten, und das oben beschriebene Maß ergibt sich zu
cos? «@ cos? a,
cos! + cos’,
In den Fällen, wo die Sonne hoch überm Horizont steht, und wo
man annehmen darf, dab die Hauptpolarisationsebene des zu untersuchenden
Punktes mit dem Sonnenvertikal zusammenfällt, bleibt natürlich die ganze
zuerst beschriebene Einstellung weg, und man verfährt folgendermaßen:
Nachdem die Stativachse genau senkrecht gestellt ist, wird der Haupttubus
geneigt und mittels Schattenvisiers in den Sonnenvertikal eingestellt. Nun-
mehr wird der Nicol «a auf einen symmetrisch zum Instrument gelegenen Null-
punkt gebracht und der Tubus b mittels der Kreisteilung z genau vertikal
gestellt. Wenn anderseits solche direkte Einstellung des Nicols a aus-
geschlossen ist, so wird das ad l genannte Verfahren eingeschlagen.
Der vordere Nicol kommt dabei im allgemeinen auf einen von 0° oder
90° abweichenden Winkel zu stehen.
Was die bei diesen Messungen auftretenden Fehlerquellen betrifft,
so tritt bei den Beobachtungen, bei denen man erst die Polarisations-
ebene aufsuchen muß, eine gewisse Unsicherheit dadurch ein, daß wegen
des notwendigen Zeitintervalls zwischen der Aufsuchung der Polarisations-
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 455
ebene und der Bestimmung der relativen Größe des polarisierten Lichtanteils
bereits eine kleine Verschiebung der ersteren eingetreten sein kann, wodurch
alsdann das Verhältnis der Hauptkomponenten etwas kleiner ausfällt, als
es dem wahren Werte entspricht. Die hieraus entstehenden Fehler dürften
jedoch für die Endergebnisse ohne Belang sein.
Ein anderer Fehler der Messungen rührt von der nicht völligen
Genauigkeit des Kosinusquadrat-Gesetzes her, und zwar ist er teils
wieder ein prinzipieller, mit der Lichtabschwächung durch Nicolsche
Prismen verbundener — siehe Neumann, Poggend. Ann. Bd. 40,
pag. 497, und Bd. 42, pag. 1 —, teils ein dem Apparate eigentümlicher,
durch das von der Fassung der Prismen reflektierte diffuse Licht ent-
stehender Fehler. Durch eine Reihe von Vorversuchen können natürlich
beide Fehler gemeinsam empirisch ermittelt werden, indem man den
Apparat auf eine nach dem einfachen quadratischen Gesetze meßbar
veränderlich gemachte helle Fläche einstellt. Man gelangt auf diese Weise
zu einer den Komplementen von «@ und «, hinzuzufügenden Korrektions-
eröße d, bezw. ds. -Der Einfluß dieser Korrektion auf den berechneten
Endwert der Polarisationsgröße ist sehr klein, wie sich beispielsweise
aus folgenden, den Jensenschen Beobachtungen entnommenen Fällen ergibt:
Es wurde beobachtet:
e& = 39,20°
&,68.85,,
In diesem Falle war
d, = 0,49°
6, — 0,32°,
woraus sich der korrigierte Wert
sin? (90 — a) +6, } — sin? 1 (90 — «,) + 6;
sin? { (90 — «) + 6, } + sin? 1 (90 — «) + 6; }
zu 0,6679 statt 0,6723 ergab.
Oder es wurde beobachtet:
)
u 2DW-
Gi 32,00”.
In diesem Falle war
Hieraus ergab sich der korrigierte Wert zu 0,2233 statt 0,2224.
456 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Da nun die äußerst geringfügigen Abweichungen durchgehends auf die
Endergebnisse einen nur wenig merklichen Einfluß ausüben dürften, so
hat man meistens nicht nötig, die Korrektionen zu berücksichtigen.
Schließlich sei noch bemerkt, daß der hinter der Okularöffnung be-
findliche Schieber zur Aufnahme farbiger Gläser für die Beobachtung in
verschiedenen Spektralbezirken gedacht ist.
Was das Cornusche Photopolarimeter betrifft, so haben wir bereits
Seite 329—331 in Anlehnung an eine Beschreibung Pernters die Prinzipien
dieses Apparates besprochen. Hier dürfen wir es nicht unterlassen,
unsere ersten Angaben an der Hand beistehender Figur 57 ein wenig zu
ergänzen'). Wie man sieht, läßt sich, ebenso wie beim Weberschen
Polarimeter, der ganze Apparat um eine vertikale und um eine horizontale
Achse drehen. Die Höhe, auf welche man einstellt, oder die vertikale
Drehung wird an der Trommel X abgelesen, das Azimut des anvisierten
Punktes am Teilkreis @. Ein kleines — an der Figur nicht sichtbares
— astronomisches Fernrohr, welches parallel dem Tubus AB auf der
Trommel # montiert ist, soll gewünschtenfalls genau den anvisierten Punkt
angeben. Durch genaue ‚Justierung der Libelle auf dem mit dem Teil-
kreis @ versehenen drehbaren Teller erreicht man vor Beginn der Beob-
achtungen die richtige Stellung des Apparates.
Es sind die wesentlichen Teile, von A anfangend, folgende: A selbst
ist ein Rohr, welches besonders zur Abblendung fremden Lichtes kon-
struiert ist. Im Rohr 4A befindet sich der Nicol; dieser wird von
der mit Teilung versehenen Trommel J mitgeführt. Die Trommel J
muß einen Rohransatz besitzen, der sich um ein durch die feste
Buchse BD hindurchragendes Rohr beliebig drehen läßt. Dieses Rohr
ist mit der ebenfalls mit Teilung versehenen Trommel D fest ver-
bunden. Die Trommel D trägt einen kurzen Rohransatz mit Klemme (€,
in dessen unterem Ende sich das Wollastonsche Prisma befindet),
und an dessen oberem Ende ein rechteckiges Diaphragma angebracht
ist. Dieses ist von einer solchen Größe, daß bei den gewählten Ent-
fernungs-Verhältnissen die beiden durch den Wollaston erzeugten Bilder
scharf aneinander grenzen. Wie aus der Figur unmittelbar zu ersehen,
ist die Buchse BD fest verbunden mit der Achse des Höhenkreises #&, und
sie trägt einen Zeiger, welcher die Größe der Drehung der mit Teilung
versehenen Trommel D und somit die des ganzen zur Analyse des
einfallenden polarisierten Lichtes dienenden optischen Teils markiert?).
') Das Cornusche Photopolarimeter wird von Ph. Pellin in Paris 5, Avenue
d’Orl&eans, Place Denfert-Rochereau (Nachfolger von Jules Duboscg) geliefert.
?) Nach Pernters Beschreibung (loc. eit. p. 24) wäre das Diaphragma allein im
vorderen Rohransatz angebracht, was aber von untergeordneter Bedeutung ist.
°?) Es wird hoffentlich niemandem zu Irrtümern Veranlassung gegeben haben,
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. a7
Vı
Man hat nun zunächst dafür zu sorgen, daß der eine Hauptschnitt
des Wollastons mit der Hauptpolarisationsebene des einfallenden Lichtes
zusammenfällt. Kennt man diese Polarisationsebene nicht, so muß man
zunächst den Nicol so stellen, daß seine Polarisationsebene mit den
Hauptschnitten des Doppelbildprismas einen Winkel von 45° einschließt.
Zu dem Ende dreht man den ganzen Tubus um seine Achse, bis Helliekeits-
gleichheit der beiden Bilder erreicht ist, da man in diesem Falle annehmen
kann, daß man um 45° vom gesuchten Azimut entfernt ist. Durch eine
weitere Drehung um 45° wäre also der erste Teil der Aufgabe zelöst.
Fällt nun der eine Hauptschnitt des Doppelbildprismas mit der
Hauptpolarisationsebene des zu untersuchenden Lichtes zusammen, so
dab wir S. 330 in einer leider nicht korrekten Ausdrucksweise von einer Drehung
des ganzen Apparates oder des ganzen Instrumentes um die Rohrachse sprachen, oder
wenn wir meinten, es ließe sich das mit einem Teilkreis versehene und das Doppel-
bildprisma tragende Rohr als Ganzes samt dem Wollaston, dem Teilkreis und dem ganzen
übrigen Instrument um seine Achse drehen. Es war natürlich in allen diesen Fällen an
das eigentliche Polarisationsinstrument, d. h. an den Tubus mit den wesentlichen Teilen
zur Bestimmung der Polarisationsgröße. gedacht.
458 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
hat man das Nicolsche Prisma so weit gegen den Wollaston zu
drehen, bis die beiden Bilder wieder gleich hell erscheinen. Es soll die
Genauigkeit der Messung wegen des scharfen Aneinanderstoßens der
beiden Bilder so groß sein, daß eine Drehung von einem zehntel
Grad aus der Gleichheitsstellung heraus erkennbar ist. Bildet für den
Fall der Helliekeitseleichheit die Hauptpolarisationsebene des Lichtes
mit der Polarisationsebene des Nicols den Winkel «, so ist nach unserer
Darlegung Seite 328 bezw. 330 die gesuchte Polarisationsgröße
— e09s2e. Da man aber, wie wir schon früher sahen, nicht mit Be-
stimmtheit sagen kann, ob der Nullpunkt des Nicols genau mit der
Polarisationsebene des Lichtes zusammenfällt, schaltet Cornu — und das
ist ein ihm ganz eigentümliches Verfahren — diese Fehlerquelle dadurch
aus, daß er in zwei verschiedenen Lagen des Instrumentes beobachtet,
und zwar einmal nach der vorhin besprochenen Einstellung desselben in
die Hauptpolarisationsebene des zu prüfenden Lichtes und sodann nach
Drehung des Rohres um 90°. Nennen wir die unbekannte Abweichung
des Nullpunktes von der wirklichen Nullage «,, die der ersten Lage
des Rohres entsprechende Nicolablesung «@, und die der zweiten Lage
entsprechende «,, so ist:
Ile = —-%
und
I «=%0’ — (a; — «,),
woraus sich, wie wir sahen. c0s2« —= sin (@ — «,) ergibt. so daß also
die genaue Polarisationseröße gleich dem Sinus der Differenz der beiden
Nieolablesungen wird.
Dureh Subtraktion der Gleichung II von Gleichung I erhält man:
II 0 =ea, + 0 — 90° — 20,,
woraus
IV =} (eo, 40) 45°
wird.
Letzterer Ausdruck muß demnach während einer Beobachtungsreihe
konstant bleiben.
Eine Vorrichtung zur Aufnahme farbiger Gläser für die Beobachtungen
in verschiedenen Spektralbezirken ist aus der Figur nicht zu ersehen;
sie ist aber natürlich leicht anzubringen ').
') Das neben der Hauptfigur liegende Reflexionsprisma ist offenbar für solche Lagen
des Instrumentes gedacht, bei denen das Blicken in der Visierrichtung zu unbequem ist.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 459
Um die Empfindlichkeit des Cormuschen Polarimeters zu erhöhen,
wendet man auch wohl ein Wollastonsches Prisma von kleinem Winkel
an und ersetzt die rechteckige Öffnung durch eine Reihe paralleler
Öffnungen, indem man das von Piekering angewandte Prinzip auf das
Cornusche Instrument überträgt. (S. S. 325 und 329.)
Sowohl der eine, als auch der andere der soeben besprochenen Apparate
wird zweifelsohne ausgezeichnete Dienste bei der weiteren Erforschung der
atmosphärischen Polarisationsverhältnisse leisten. Dasselbe gilt aber fraglos
auch für mehrere andere Instrumente, und die allgemeine Verwendung von
nur einem oder höchstens zwei Instrumententypen dürfte auch schwer genug
zu erreichen sein. Auf alle Fälle aber wird es, um in nicht gar zu fern
liegender Zeit die Lösung der hochinteressanten, genügend von uns
erörterten, mit den Polarisationserscheinungen aufs innigste verknüpften
kosmophysikalischen Fragen herbeiführen zu können, durchaus zu erstreben
sein, daß in Zukunft die von den verschiedenen Forschern mit den ver-
schiedensten Apparaten gefundenen Werte, soweit es irgend möglich ist,
unmittelbar miteinander verglichen werden können.
Dazu würde zunächst gehören, daß man auf alle Fälle bei jeder Ver-
öffentlichung genau weiß, welches Maß den Angaben der Polarisations-
eröße zugrunde liegt. Im Anschluß hieran sei übrigens bemerkt, daß es
zur Vermeidung von zeitraubenden Umrechnungen mehr als wünschens-
wert ist, daß überall das nämliche Maß benutzt wird. Als solches
schlagen wir für dieZukunft das von Rubenson angewandte
(Quotient aus der Differenz und aus der Summe der Inten-
sitäten) vor, was sich auch von dem Gesichtspunkte aus
rechtfertigen lassen dürfte, daß dieses Maß von mehreren
Forschern der neueren Zeit angewandt wurde, die ein
besonders reiches Beobachtungsmaterial beigebracht haben').
Notwendige Voraussetzung für die Vergleichung der mit verschiedenen
Apparaten erhaltenen Zahlen ist natürlich die Richtigkeit der Angaben
der Instrumente, so daß man also die Werte als absolute betrachten
kann. Um in dieser Richtung sicher zu gehen, könnte jeder Beobachter
von Zeit zu Zeit seinen Apparat — etwa nach einer der Seite 320 u. ff.
angegebenen Methoden — genau eichen. Oder aber man könnte einen
genau geprüften Apparat als Normalinstrument festlegen und mit diesem
sämtliche anderen Apparate vergleichen, um nötigenfalls Korrektionen
bei den Angaben anzubringen. Dieser Weg würde freilich erst dann
gangbar sein, wenn eine Zentrale für die Beobachtungen
geschaffen würde, deren Aufgabe nicht allein die Be-
arbeitung des bei ihreinlaufenden Beobachtungsmaterials,
sondern vor allem auch die fortlaufende Kontrolle der
') Die Kimballschen Werte sind allerdings in Prozenten angegeben.
A460 Friedr. Busch und Uhr. Jensen.
Apparate und deren Vergleich mit dem Normalinstrument
sein müßte.
Sollen die in den verschiedenen Arbeiten niedergelegten Beobach-
tungen miteinander verglichen werden können, so ist es ganz unerläßlich,
daß die um die Zeit der Messungen herrschenden Witterungszustände aufs
oewissenhafteste berücksichtigt werden. Man wird also, soweites auf
Vergleiehung mit den Ergebnissen an anderen Orten und zu
anderen Zeiten ankommt, nach Möglichkeit heiteren, wolken-
losen Himmel für die Beobachtungen wählen‘) und auf alle
Fälle genauBuch führen müssen über dieBewölkungsverhältnisse
sowieüber diesonstigen wiehtigeren meteorologischen Elemente,
als da sind Barometerstand, Feuchtigkeit, Windrichtung und
Windstärke, Niederschläge vor oder nach der Beobachtung,
Durchsichtigkeit der Luft, Blau des Himmels usw. Es kann
dies den Beobachtern gar nicht genug ans Herz gelegt werden.
Ebenso sind genaue Angaben über die Tageszeit der Beobach-
tung?), über die Höhenlage und die genauen Terrainverhält-
nisse?) des Beobachtungsortes dringend erwünscht, ebenso
gegebenenfalls Notizen darüber, wieweit der Boden mit Schnee
bedeckt ist. Auch ist selbstverständlich Buch zu führen über
besonders glänzende Dämmerungserscheinungen und damit
zusammenhängende Phänomene.
Es ist selbstverständlich an sich interessant und wertvoll genug,
die Verteilung der Polarisationsgröße über das ganze Himmelsgewölbe zu
studieren. Ganz naturgemäß bietet sich allerdings in erster Linie der
Sonnenvertikal für diese Messungen dar, und die ganz überwiegende
Mehrzahl der bis heute gewonnenen Beobachtungen wurde in dieser
Ebene angestellt. So wird man sich auch in Zukunft für die
gedachten Vergleichsmessungen zweckmäßig auf den Sonnen-
') Es wird an sich wertvoll genug sein, Messungen der Polarisationsgröße bei
verschiedenen Graden und verschiedener Verteilung der Bewölkung vorzunehmen; jedoch
ist der Einfluß dieses Elementes auf die Polarisationsverhältnisse der Atmosphäre einst-
weilen noch viel zu wenig bekannt, um solche Beobachtungen nach Berücksichtigung des
durch die Bewölkung verursachten Einflusses mit den bei wolkenfreiem Himmel aus-
geführten Messungen vergleichen zu können. Siehe hierzu auch unsern Aufsatz Seite 910—911
der Phys. Zs. von 1910.
?) Man muß zum mindesten nachträglich den Stand der Sonne zur Zeit der Beob-
achtung ableiten können. Auch wolle man ja nicht versäumen, dafür zu sorgen, dab es
dem Leser bei den Zeitangaben nicht zweifelhaft sein kann, ob es sich um die in dem be-
treffenden Lande geltende Einheitszeit, um mittlere Ortszeit, oder um wahre Sonnenzeit handelt.
®) Auf den starken Einfluß, welchen die Reflexion des Erdbodens auf die Polarisations-
gröbe hat, macht H. H. Kimball an der Hand von Beobachtungen an verschiedenen Orten
in einem uns soeben zugegangenen Artikel (Some Causes Of Variation In The Polarization
Of Sky Light, Journal of The Franklin Institute vom April 1911, p. 333—344) aufmerksam.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 461
vertikal beschränken. Ganz abgesehen von Witterungs- und Terrain-
verhältnissen, von Höhenlage, Sonnenstand sowie von Tages- und ‚Jahres-
zeit, lassen sich, wie wir gesehen haben, innerhalb dieses Kreises
nur solche Bestimmungen direkt miteinander vergleichen, die sich auf
Himmelspunkte beziehen, welche gleichen Winkelabstand von der Sonne
haben. Daher sollte ein jeder Beobachter sich streng zur Pflicht
machen, in jedem einzelnen Falle genau die Lage der von ihm
untersuchten Himmelsstelle anzugeben. Bisher hat man meist
das Hauptaugenmerk auf die innerhalb des Sonnenvertikals um 90° von
der Sonne entfernte Himmelsstelle gerichtet!), und es ist selbstverständlich
wünschenswert, daß, soweit es tunlich ist, der Konnex mit den früheren
Beobachtungen aufrechterhalten wird. Ernest Dorsey hat in ähnlicher
Weise wie kurz vorher Jensen darauf aufmerksam gemacht‘), daß die
bis dahin meist übliche Beobachtungsmethode den großen Übelstand hat,
daß sich mit der wechselnden Lage der Sonne auch die Länge des Weges
ändert, welchen das zerstreute Lieht bis zum Auge des Beobachters zu
durchmessen hat. Er knüpfte daran den Vorschlag, man solle sich von
diesem Übelstande dadurch befreien, daß man die Messungen auf die am
Horizont befindliche, um 90° von der Sonne entfernte Himmelsstelle er-
streckt. Da solche Beobachtungen eine Art von Integration der atmo-
sphärischen Verhältnisse über eine lange Strecke darstellten, so meinte
er, würde diese Methode vor allem der Wetterprognose zugute kommen
können. Dabei gab er zu bedenken, daß die Messungen, abgesehen
von den verschiedenen, durch die wechselnde Sonnenhöhe bedingten
Reflexionsverhältnissen des Erdbodens, alle untereinander vergleichbar
sein würden. Die Durchführung dieser Idee von seiten eines oder des andern
Forschers könnte wohl an sich ganz instruktiv sein. Vom Standpunkte
der Wetterprognose aus ist aber das schwerwiegende Bedenken dagegen
anzuführen, daß hier — und zwar vor allem natürlich, soweit es sich
um niedrig gelegene Beobachtungsstationen handelt — der Einfluß der
unteren Schichten der Atmosphäre offenbar den der höheren gar zu
sehr verdeckt, während man doch im allgemeinen gerade von etwas
höheren Luftschichten relativ weit reichende Aufschlüsse über bevor-
stehende Änderungen der Wetterlage an der Erdoberfläche erwarten
dürfte. Dazu kommen die vermutlich bei dieser Beobachtungsmethode
besonders stark ins Gewicht fallenden Störungen durch Rauch und
Staub in der Nähe erößerer Orte. Auch ist nicht zu vergessen,
daß in bevölkerten, in waldreichen oder bergigen Gegenden die Beob-
achtung am Horizont durch die räumliche Beschränkung vielfach direkt
unmöglich gemacht werden wird, worin offensichtlich ein schwerwiegendes
') Siehe Monthly Weather Review 1900, p. 385. Siehe Jensens diesbezügliche
Überlegung Seite 76 dieser Schrift.
462 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Moment gegen die allgemeine Einführung der von Dorsey vorgeschlagenen
Methode zu erblicken ist.
Soweit schließlich eine Vergleichung zwischen den zu den verschie-
densten Zeiten gefundenen Polarisationswerten in Frage kommt, würde es,
canz abgesehen von sonstigen Überlegungen, höchst bedauerlieh sein, daß
man durch das Einschlagen der von Dorsey befürworteten Beobachtungs-
methode leicht jeden Konnex mit dem Gros der früheren Messungen ver-
lieren würde, ohne dadurch wahre Vorteile zu gewinnen. Wesentlich
anders dürfte es in der Tat mit der von Jensen angewandten Methode
stehen. Es springt ohne weiteres in die Augen, daß es an sich eine
Vereinfachung der Beobachtungen bedeutet, wenn ein Apparat statt auf
wechselnde Himmelsstellen immer nur auf einen und denselben Punkt
eingestellt zu werden braucht. Ebenso wird niemand etwas dagegen
einwenden können, daß diese Methode auch einen Vorteil von dem
Gesichtspunkt aus bedeutet. dab die Größe der von den aufgenommenen
Liehtstrahlen zu durchmessenden Luftschicht kontant bleibt. Daß nun
gerade das Zenit für diese Messungen besonders geeignet ist, weil
für diesen Punkt die nach Becquerel für andere Punkte jedenfalls
zeitweise vorhandene Abweichung der Polarisationsebene von der durch
Visierlnie und Sonne gelegten prinzipiell fortfällt‘), haben wir früher
gesehen. Die hierdurch herbeigeführte Vereinfachung der Messung be-
schränkt sich selbstverständlich nieht auf den von ‚Jensen benutzten In-
strumententypus. Es mag hier aber auch noch darauf hingewiesen
werden, dab das Zenit — im geraden (regensatze zu einer am Horizont
gelegenen Himmelsstelle — an jeglichem Orte der Erde stets der Beob-
achtung zugänglich ist. Allerdings kommt bei dieser Beobachtungsmethode
als variables Moment der Winkelabstand von der Sonne hinein. Aber
einmal liegen, wie wir gesehen haben, schon veschiedene Unter-
suchungen über die allgemeine Beziehung der Polarisationsgröße zum
Sonnenabstande des anvisierten Himmelsortes vor, und zum andern hat
‚Jensen durch eine große Zahl von Beobachtungen die Beziehung zwischen
dieser Größe und der Sonnenhöhe für den speziellen Fall der Messung
im Zenit?) festgelegt, und die Tabelle XV Seite 348 kann wohl in
erster Annäherung als Normale für weitere Untersuchungen dienen.
Um die Zeit des Sonnenauf- und -unterganges treten diese Beobachtungen
!) Siehe Seite 62— 65.
?) Solche Messungen (in Verbindung mit Beobachtungen der neutralen Punkte) sind
bereits von Dr. Eredia in Rom in Angriff genommen worden. Siehe dazu den uns so-
eben zugegangenen Artikel von L. Palazzo „Sur l’opportunite de promouvoir les recherches
sur la polarisation atmospherique et specialement les determinations des points neutres,
dans le but d’obtenir des criteriums &ventuels utiles pour la prevision du temps“ im
Bericht über die Versammlungen des Internat. Meteor. Komit. und dessen Kommiss. für
Erdmagnet. und Luftelektriz., Berlin 1910.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 463
in nähere Beziehung zu der bis jetzt von der Mehrzahl der Forscher
angewandten Methode. Man könnte zunächt versuchen, ob sich bei den
mittels dieses Verfahrens bei durchaus guten, konstanten Witterungsver-
hältnissen gewonnenen Beobachtungen Polarisationswerte für die Horizont-
stellung der Sonne finden lassen, welche nahe übereinstimmen mit solchen,
die bei ähnlich guter Wetterlage und nahezu um die nämliche Jahreszeit
— und natürlich auch bei sonst nicht zu stark abweichenden Beobachtungs-
bedingungen — von Jensen für die Sonnenhöhe von 0° gefunden wurden.
Gelingt das, so darf man wohl annehmen, daß die Beobachtungsbedingungen
für die ganzen Messungsreihen nicht zu weit voneinander abweichen, und
man müßte diejenigen Werte heraussuchen, welche bei entsprechenden
Sonnenhöhen einmal für einen um 90° von der Sonne abstehenden Punkt
und einmal für das Zenit gefunden wurden. Das Resultat dieser Vergleichung:
würde dann eine erste Grundlage bilden, von der aus zu versuchen wäre,
auch die übrigen nach der älteren Methode gewonnenen Beobachtungen
in die Zahlen zu verwandeln. welche bei gleichen Sonnenhöhen für das
Zenit gelten. Selbstverständlich würde man bei einem solchen Verfahren
nur die Herleitung von angenähert richtigen Zenitwerten erhoffen
dürfen. Damit aber in möglichst einwandfreier Weise das Gros der
mittels der älteren Methode erhaltenen Werte in der gedachten Weise
umgerechnet werden kann, wäre es in hohem Grade wünschenswert,
daß einige wenige Beobachter an eine eingehendere Prüfung der Be-
ziehung zwischen den für das Zenit geltenden und denjenigen Polarisations-
werten herangingen, welche einem innerhalb des Sonnenvertikals um 90°
von der Sonne entfernten Punkte zukommen. Solche Untersuchungen
wären, nebenbei bemerkt, an sich interessant und wertvoll genug. Alles in
allem genommen, scheint der hier vorgeschlagene Weg so große
Vorteile zu bieten, daß wir der Meinung sind, energisch dafür
plädieren zu müssen. Was speziell diein verschiedenen Farben
auszuführenden Polarisationsbestimmungen betrifft, so spricht
nicht das Geringste dagegen, auf sie die nämliche Methode
anzuwenden. Es bliebe besonderen Untersuchungen vorbe-
halten, zu konstatieren, ob oder wie weit sich die Beziehung
zwischen den für verschiedene Spektralbezirke geltenden
Polarisationswerten mit der Lage zur Sonne ändert.
V. Uber einige Phänomene, welche in naher Beziehung
zu den Polarisationserscheinungen stehen.
1. Die Flächenhelligkeit des Himmels.
Bereits Clausius deutete darauf hin, daß die Verteilung der Helligkeit
am Himmelsgewölbe und das Phänomen der Polarisationsgröße in inniger
464 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Beziehung zueinander ständen. Messungen der Helligkeitsverteilung hat
er nicht angestellt, und seine eingehenden diesbezüglichen Berechnungen
gründen sich auf die fälschlich gemachte Annahme von Dampfbläschen?).
In den Jahren 1861 bis 66 hat Brennand mittels photographischen Papiers
Untersuchungen über die Intensität des Himmelslichtes an verschiedenen
Himmelsstellen angestellt. Ungefähr zehn Jahre später (1875—76) führte
Wild?) mit Hilfe seines Uranophotometers eine Reihe von Messungen über
die Verteilung der Helligkeit aus, die sich über den Sonnenvertikal
erstreckten.
Das Uranophotometer, mit welchem Wild auch den polarisierten
Anteil des Himmelslichtes bestimmen konnte, und mit dem er Messungen
der Himmelsfarbe ausführte, konnten wir leider bei der kurzen Übersicht
über die zur Bestimmung der Polarisationsgröße dienenden Apparate nur
flüchtig berühren. Wir gedenken jedoch, die wesentlichsten der Kon-
struktion dieses Instrumentes zugrunde liegenden Gesichtspunkte in aller
Kürze im Anschluß an die Besprechung der Cyanometer zu erörtern.
Bei den ersten Messungen, in deren Zusammenhang auch die
hernach anzugebenden Resultate hinsichtlich der Farbe erhalten wurden,
verglich Wild die Helligkeit eines Himmelspunktes mit der einer
transparenten matten Glasplatte, welche von der Sonne und von einem
größeren zur Sonne konzentrischen Bezirk erleuchtet wurde. Das dabei
gewonnene Ergebnis kleidete er in folgende Form: „Die Gesamtinten-
sität des diffus reflektierten Himmelslichts erscheint am geringsten
in der Nähe von 80° Distanz von der Sonne und nimmt von da aus
gegen den Horizont hin verhältnismäßig weniger rasch zu als gegen die
Sonne hin. Während z. B. in 140° Abstand von der Sonne diese Inten-
sität ungefähr 5 Male größer ist als bei 80°, ist sie in 20° Distanz von
der Sonne über 7 Male größer. Südlich von der Sonne gegen den
Horizont hin ist ferner für gleichen Abstand von ihr die Intensität
bedeutend größer als gegen Norden hin. So ist sie z. B. in 20°
Distanz südlich beinahe doppelt so groß als in derselben Distanz gegen
Norden hin.“
Da der größere konzentrisch zur Sonne gelegene Himmelsbezirk
als eine zunächst in unbekannter Weise variable Erleuchtungsquelle
angesehen werden mußte, so ging er bald dazu über, eine direkte
Vergleichung der Helligkeit der Sonnenscheibe mit der der zu unter-
suchenden Himmelsstelle vorzunehmen, indem er die Sonnenstrahlen zur
') Poggend. Annal. Bd. 72 (1847), p. 294—314.
?) H. Wild, Photometrische Bestimmung des diffusen Himmelslichtes, Bulletin de
"Acad. Imperiale des Sciences de Saint Petersbourg, t. 21 (1876), Spalte 312—350 und
t. 23 (1877) Spalte 290-305. — Diese Arbeiten sind in der Anmerkung 1 zu p. 610 von
der Meteorolog. Optik von Pernter-Exner falsch zitiert worden.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 465
Erreichung der nötigen Abschwächung durch ein stark absorbierendes
Rauchglas gehen ließ. Auf Grund einiger am 30. Juni sowie am 7. und
8. August 1876 angestellten Beobachtungen Konnte er die vorher ge-
wonnenen Resultate dahin ergänzen, daß die Differenz zwischen dem
größten und kleinsten Helligkeitswert in verschiedener Entfernung von
der Sonne bei größeren Sonnenhöhen geringer war als bei kleineren.
Auch fand er, daß das Minimum der Helligkeit bei kleineren Sonnen-
höhen von 80° Winkelabstand aus etwa gegen 90° und bei größeren
Höhen etwa gegen 70° hin rückt.
an Linien gleicher Helligkeit
Zenith »I gesetzt
In den ersten 90er ‚Jahren des verflossenen ‚Jahrhunderts hat
dann L. Weber in Kiel die Verteilung der Helligkeit über das gesamte
Himmelsgewölbe untersucht. Vorstehende Figur 58, welche eine Pro-
jektion auf die Horizontalebene darstellt, und die wir dem Handbuch
der Hygiene!) entnommen haben, zeigt das Resultat einer im August
1893 in Kiel vorgenommenen Messung. In diesem Falle wurde die
Helligkeit im Laufe einer halben Stunde an 8 verschiedenen Punkten in
der Höhe von 5° überm Horizont, an 8 Punkten in 30°, an 4 Punkten
in 60° Höhe und im Zenit bestimmt. Die für den West- und ÖOsthimmel
!) Siehe L. Weber, Die Beleuchtung (physikalischer Teil), p. 35—100 im 4ten Band
des Handbuchs der Hygiene (1895 in Jena bei Gustav Fischer verlegt). Siehe vor allem
p:r05 u. 16.
30
466 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
gefundenen Werte stimmten sehr nahe miteinander überein; daher wurde
aus ihnen einfach das — den großen Zahlen in der Figur entsprechende —
Mittel genommen, wobei zu beachten ist, daß die ganze Figur symmetrisch
für die andere Himmelsseite erweitert zu denken ist. Durch graphische
Interpolation bildete Weber sodann die Kurven gleicher Helligkeit (die
punktierten Linien). Wie aus der Figur ersichtlich ist, stand die Sonne
während der Beobachtung nahezu 60° überm Horizont. Etwas ein-
gehender hat dann W. Schramm in Kiel gelegentlich seiner Unter-
suchungen über das Verhältnis des Vorderlichtes zum Öberlicht die
Verteilung der Helligkeit am Himmelsgewölbe studiert'). Ein äußerst
gediegenes und für die meteorologische Optik durchaus grundlegendes
Werk über die Helligkeitsverteilung am Himmel rührt von Chr. Wiener’)
her. Dasselbe enthält im wesentlichen strenge theoretische Untersuchungen,
für die er durch eigene, in Karlsruhe angestellte Messungen einige Kon-
stanten gewann. Bei der Analyse der Vorgänge, welche sich beim Gange
der Sonnenstrahlen durch die Atmosphäre abspielen, berücksichtigt der
Verfasser 1. die Zurückwerfung und Brechung durch Wassertröpfchen,
2. die Zurückwerfung und Brechung durch Eiskriställchen, 3. die Beu-
gung durch Wasser-, Eis- und Staubteilchen und 4. die Lichtzerstreuung
durch Teilchen, welche klein gegen die Wellenlänge sind. Auf die
Durchführung der schwierigen Rechnungen, welche Wiener in muster-
gültiger Weise gelungen ist, können wir hier natürlich nicht eingehen,
und wir verweisen auf die Wienersche Arbeit selbst sowie auf die un-
gemein klare und verständliche Darstellung und Erörterung dieser sowie
aller einschlägigen Untersuchungen von Exner in der Meteorologischen
Optik von Pernter-Exner?).
Wenn man sieht, wie erheblich die von Wiener für das Verhältnis
zwischen der hellsten und der dunkelsten Himmelsstelle gefundenen
Werte die entsprechenden Zahlen von Schramm und von Weber über-
ragen‘), so drängt sich einem der Gedanke auf, daß diese Verhält-
nisse in hohem Grade vom jeweiligen Zustande unserer Atmosphäre ab-
') W. Schramm, Über die Verteilung des Lichtes in der Atmosphäre, Kieler
Dissertation von 1901, 51 Seiten.
°) Chr. Wiener, Die Helligkeit des klaren Himmels und die Beleuchtung durch
Sonne, Himmel und Rückstrahlung. Nach dem Tode des Verfassers wurde der erste
Teil (Abhandlgn. d. Kaiserl. Leopold-Öarolin. Akad. d. Naturf. Nova Acta, Bd. 73, Nr. 1,
239 Seiten, Leipzig, W. Engelmann 1900) herausgegeben von Dr. H. Wiener und Dr. 0.
Wiener; Fortsetzung und Schluß (loco eitato, Bd. 91, Nr. 2, 8. 80—292, Leipzig, W.
Engelmann 1909) wurden herausgegeben von den genannten Herren und Dr. W. Möbius.
°) Siehe in diesem Werk Seite 717—739. Siehe über den Iten Teil des Werkes
auch Met. Zs. von 1901, p. 43—47, und Beibl. der Annal. Bd. 25, p. 271-279.
*) Chr. Wiener fand unter Ausgleich der Beobachtungsfehler durch Extrapolieren
das Verhältnis der hellsten zur dunkelsten Himmelsstelle gleich 240 : 1.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 467
hängig sind. Man kann daher den Herausgebern des Wienerschen Werkes
nur freudig zustimmen, wenn sie nachdrückliehst auf die Notwendigkeit
hinweisen, daß durch möglichst viele unter verschiedenen Versuchs-
bedingungen anzustellende Beobachtungen über die Verteilung der Hellig-
keit am Himmelsgewölbe eine breitere Basis für diese Messungen ge-
schaffen werde.
Es darf allerdings nicht vergessen werden, daß Chr. Wiener sich
für seine Messungen eines außerordentlich einfachen, selbstverfertigten
Photometers bediente, welches wesentlich aus zwei langen Rohren be-
stand, bei deren einem die vordere Öffnung mit einer regulierbaren Blende
versehen war, und deren Okularöffnungen durch transparentes Papier ge-
schlossen waren. Wurden nun diese Rohre so auf die zu vergleichenden
Himmelsstellen gerichtet, daß das mit regulierbarer Blende versehene
auf die hellere Stelle hinwies, so wurde so lange an der Blende regu-
liert, bis die Blättehen an der Okularöffnung gleich hell erschienen. Es
muß aber offenbar als ausgeschlossen betrachtet werden, daß diesem ex-
akten Forscher wesentliche Fehler unterlaufen sind. Darauf weisen auch
die Herausgeber hin. Anderseits lenken sie das Augenmerk darauf, daß
vielleicht die übrigen Beobachter bedeutend größere Himmelsflächen für
ihre Messungen benutzten als Wiener, dessen Gesichtsfeld nur einen
Durchmesser von 2,5° hatte, so daß der Unterschied in der Beobachtungs-
methode es verständlich erscheinen läßt, daß die Wienerschen Differenzen
relativ groß sind. Immerhin aber dürfte ein solches Moment nicht
im entferntesten ausreichen, um die gewaltigen Differenzen zu erklären.
Die Schrammschen und Weberschen Beobachtungen sind mit dem
in Fig. 56 dargestellten Apparat ausgeführt worden. Das Knierohr %
muß bei diesen Messungen auf diejenige Himmelsstelle gerichtet sein,
deren Helligkeit als Einheit dienen soll, wozu man zweckmäßig das
Zenit wählt. Demnach würde das periphere Gesichtsfeld während der
Dauer einer Messung vom Zenit erleuchtet werden und, sofern man annimmt,
daß sich die Flächenhelligkeit des Zenits im Laufe einer Messungsreihe
nicht ändert, die konstante Vergleichshelliekeit liefern. Man muß ferner den
Haupttubus auf diejenige Stelle des Himmels richten, deren Helligkeit
mit der zenitalen Helligkeit zu vergleichen ist. Steht der vordere Nicol
auf 0°, und bedeutet £, den von der Parallelstellung der zwei Prismen
aus gerechneten Drehungswinkel des hinteren Nicols, so ist die In-
tensität der zu messenden Lichtmenge proportional a 9 und es
würde 1/cos? 8ı das Verhältnis der der einen Schwingungskomponente
entsprechenden Helligkeit an der zu untersuchenden Himmelsstelle
zu der gleich eins gesetzten Gesamthelligkeit des Zenitlichtes be-
deuten. Dreht man dann den vorderen Nicol um 90°, und tritt die
30*
468 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Helligkeitsgleichheit der beiden Gesichtsfelder bei der Stellung #2 des
hinteren Nicols ein, so ist entsprechend die Intensität der zweiten Kom-
ponente des zu untersuchenden Lichtes proportional zu setzen').
1
cos? ßs
Das relative Maß der Gesamthelligkeit der zu untersuchenden Himmels-
stelle ist dann durch den Ausdruck „1/cos? ß, + 1/cos? 8“ gegeben.
Man kann aber zur Vergleichung der Flächenhelligkeiten?) zweier
Himmelsstellen auch das ursprüngliche Webersche Milchglasplattenphoto-
meter?) benutzen. Nebenstehende Figur 59*) zeigt die innere Einrichtung
desselben.
Die als Vergleichslichtquelle dienende Flamme b beleuchtet durch-
scheinend die runde Milchglasscheibe f im Tubus 4, wogegen die in dem
mit dem Tubus B verbundenen Kasten y°) befindliche Milchglasplatte von
der zu untersuchenden Lichtquelle beleuchtet wird. Mittels des Seite 332
und 333 besprochenen Lummer-Brodhunschen Würfels vergleicht das durch
die Öffnung O blickende Auge des Beobachters die Helligkeit der beiden
Milchgläser. Die Helligkeit des ringförmigen Gesichtsfeldes ist nun durch
Verschiebung des Milchglases f im Tubus A mittels des Triebes v so lange
zu verändern, bis die beiden Felder gleich hell erscheinen. Die vom Auge
wahrgenommene Helligkeit der Scheibe / ist umgekehrt proportional dem
Quadrate ihres Abstandes » von der Flammenmitte, und da auf Hellig-
keitsgleichheit eingestellt wird, so ist natürlich auch die Helligkeit der
zu prüfenden Lichtquelle‘) proportional 1/r*.
Die Länge der durch Benzin gespeisten Flamme ist bequem zu
') Es ist natürlich sowohl hinsichtlich ?,, als auch hinsichtlich ßs eine doppelte
Ablesung — links und rechts von der Nullstellung — zu machen und das Mittel daraus
zu nehmen.
?) Zum Studium der photometrischen Grundbegriffe sowie des photometrischen
Kalkuls überhaupt empfehlen wir folgende Werke: „L. Weber, Die Beleuchtung, p. 35 —100,
in dem von Th. Weyl herausgegebenen Handbuch der Hygiene (Jena 1895 bei G. Fischer
verlegt)“, „E. Liebenthal, Praktische Photometrie, 1907 bei Vieweg & Sohn in Braun-
schweig“ sowie „Karl Schaum, Photochemie und Photographie, 1908 bei J. Ambrosius Barth
(darin Grundzüge der Photometrie von p. 95—137)*.
®) Siehe L. Weber, Mitteilung über einen photometrischen Apparat, Wied. Annal.
Bd. 20 (1883), p. 326—337.
") Wir verdanken das Klischee dem liebenswürdigen Entgegenkommen der bereits
genannten Berliner Firma Schmidt & Haensch. Die Konstanten werden zu jedem Photo-
meter von Herrn Professor L. Weber am Physikalischen Institut der Universität Kiel
persönlich bestimmt. Jedem Apparat wird eine ausführliche Beschreibung beigegeben,
welche 1899 von genannter Firma herausgegeben ist, und in welcher die bis dahin er-
schienene Literatur über das Webersche Photometer zusammengestellt ist.
°) Der kleine mit y verbundene Tubus k dient zur Abblendung störenden Lichtes.
°) Wenn die innere Schwärzung des Rohres mit der Zeit abgenommen hat, so
gilt das quadratische Gesetz nicht mehr in aller Strenge, und man muß die nötigen
Korrektionen an den bei der Photometereinstellung gewonnenen Zahlen anbringen.
T'atsachen und T'heorien der atmosphärischen Polarisation. 469
regulieren und durch eine aus dieser Figur nicht ersichtliche, hinter b
angebrachte Skala genau zu kontrollieren; selbstverständlich muß die-
selbe während einer Versuchsreihe konstant gehalten werden. Um mög-
lichst unabhängige von Wind und Wetter zu sein, empfiehlt es sich sehr,
die Benzinkerze durch ein elektrisches Glühlämpcehen zu ersetzen');
letzteres hat außerdem den Vorteil, daß sich die Helligkeit der Ver-
gleichslampe bequem und in scharf kontrollierbarer Weise in weiten
Grenzen variieren läßt. Dies Verfahren dürfte vor allem Vorteile bieten,
wenn sich am Morgen oder Abend die Helligkeitsverhältnisse des
Fig. 59.
Himmelsgewölbes in relativ kurzer Zeit stark ändern?) Selbstverständ-
lich ist dabei wohl zu berücksichtigen, daß man nicht die Farbennuance
des Lämpchens durch zu große Schwankungen in der Stärke des durch-
fließenden Stromes zu sehr ändern darf.
Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, daß man bei größeren Hellig-
keiten zur Lichtabschwächung statt einer Milchglasplatte deren mehrere
!) In dem Falle fehlt natürlich auch der aus der Figur ersichtliche Schornstein.
2), In dieser Weise führte Jensen in Hamburg an einigen Nachmittagen und
Abenden im Oktober 1908 Vergleichsmessungen zwischen horizontaler und zenitaler
Helligkeit aus, die wir aber hier nicht wiedergeben können. — Bei diesem Photometer
muß der Tubus selbstverständlich bald auf die eine, bald auf die andere der miteinander
zu vergleichenden Himmelsstellen gerichtet werden.
ATO Friedr. Busch und Chr. Jensen.
benutzen kann. Wir wollen sie mit Weber der Reihe nach mit 1, 2,
3....7 bezeichnen. Bei geringeren Helligkeiten muß man statt des
Milchglases Rauchglasplatten benutzen; diese bezeichnet Weber mit a,
b usw. Bei sehr geringer Helligkeit kommt man ohne Platte aus. Ist
nun der Apparat beispielsweise mit Platte 1 montiert, so würde die ent-
sprechende Konstante mit CO, zu bezeichnen sein; ist er mit den Platten
1-+2-+3-+4-+5 montiert, so hätten wir als entsprechende Konstante
C, und so fort. Um allgemein das Verhältnis der Plattenkonstanten (%
und CO, +1 zu bestimmen, muß man den Apparat abwechselnd bei der
einen und bei der andern Montierung auf eine von. einer konstanten
Lichtquelle beleuchtete Fläche richten‘). Ergäbe sich dann bei Montierung
Zt dlens alu EDS ER (© +1) die Ablesung r2+1 und bei Benutzung
1 Ri C 1 Yxz-+1
der Platten 1+....x die Ablesung 72, so wäre er = sr und
Tr x
Y Y "+1
demnach C2+1 = 0%, - a
x
Will man die Helligkeitswerte in absolutem Maße haben, so genügt
natürlich nicht die Kenntnis der Verhältnisse der Konstanten zueinander,
sondern man muß diese Zahlen selbst kennen. Dazu bedarf es einer
Fläche von bestimmter Größe und genau zu bestimmender Helligkeit.
Jensen hat gelegentlich seiner Messungen der Zenithelligkeit die Kon-
stantenbestimmungen folgendermaßen ausgeführt: In die Wand eines
Dunkelzimmers wurde eine Milchglastafel von gemessener Größe f ein-
gefügt. Dieselbe wurde von außen beleuchtet. Im Dunkelzimmer stand
eine optische Bank mit einem auf Rollen verschiebbaren Jollyschen
Photometer, das an der einen Seite Licht von der Milchglastafel erhielt,
während die andere Seite von der Hefnerschen Kerze belichtet wurde.
War Ah die Flächenhelligkeit der Milchglasscheibe, war ferner », der Ab-
stand zwischen dieser Platte und dem ‚Jollyschen Photometer, und be-
deutete endlich r, die Distanz zwischen der Normalkerze und dem Jolly-
schen Photometer, so war bei Einstellung des Photometers : h-f=r3”/rı?,
woraus sich, da f direkt in gem ausgemessen wurde, 7 in primären Einheiten
ergab. Nun richtete er das L.Webersche Photometer, vor dessen beweglichem
Tubus die Rauchglasplatte a angebracht war, unter möglichst steilem Winkel
gegen die so gemessene helle Fläche. Bezeichnet nun C/ die entsprechende
Flächenhelligkeitskonstante, so war bei der Einstellung r C//r®—=h. Da
nun h aus Af= r3”/r,” bekannt war, ergab sich in einfachster Weise
') Bei einigermaßen konstanten Helligkeitsverhältnissen kann man sich — und
zwar namentlich, wenn man eine Zeit wählt, in der sich die Sonnenhöhe wenig ändert —
damit helfen, daß man den Apparat auf ein bestimmtes Himmelsstück richtet; man tut
aber dann gut, eine möglichst große Zahl von Vergleichsmessungen für die Berechnung
des Mittelwertes zu benutzen.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 471
log C/ zu 9,2019 primären Einheiten. In neuen sekundären Einheiten!) aus-
gedrückt, ist log (4 — 3,2019. Bezeichnet ©, die Konstante für das ohne Platte
benutzte Instrument, so ergab sich aus der Bestimmung des Logarithmus
vom Verhältnis C7/07 log CZ zu 2,4428 sekundären Einheiten. Da nun
das L. Webersche Polarisationsphotometer auch als eigentliches Photometer
benutzt werden kann, wenn man es nur an Stelle des ein Reflexions-
prisma enthaltenden Knierohres mit dem mit einem Lämpchen versehenen,
unbeweglichen Tubus des ursprünglichen Milchglasplattenphotometers (4A)
verbindet”), so konnte ‚Jensen auf analoge Weise für dieses, mit der
Platte « montierte Instrument die Konstante log C% finden. Daraus ergab
sich weiter log C', zu 2,7578. Bei passender Gelegenheit wurden ferner
beide Instrumente gleichzeitig auf ein und dasselbe Flächenstück des
Himmels eingestellt. Das Polarisationsphotometer war ohne Platte, das
andere Photometer mit 3+4--5 montiert. Da nun C%3 durch Vorver-
suche ermittelt war, so ließ sich durch Gleichsetzung der Helligkeiten
die Konstante log (, (= 5,4014) für das gewöhnliche Photometer be-
stimmen. Durch Vergleichsmessungen bei Montierung mit den ver-
schiedenen Plattenkombinationen wurden sodann die übrigen Konstanten
bestimmt.
Eine Reihe von schon mehr oder weniger deutlich erkannten
oder wahrscheinlich gemachten Beziehungen zwischen den
Polarisations- und den Helligekeitsverhältnissen am Himmels-
sewölbe läßt in der Tat eine eingehendere Verfolgung derselben
und aller damit im Zusammenhange stehenden Erscheinungen als
besonders aussichtsvoll erscheinen. So konnte Busch nachweisen,
daß bei der Abenddämmerung der Babinetsche Punkt dort liegt, wo das
Purpurlieht am deutlichsten in die Erscheinung tritt. Riggenbach, Pernter
und Busch haben es durch verschiedene Untersuchungen und Betrach-
tungen wahrscheinlich gemacht, daß gerade vom helleren Teil des Bishop-
schen Ringes neutrales Licht ausgesandt wird. : L. Weber hat, wie wir
schon Seite 91 sahen, darauf hingewiesen, daß, wenn man das System
der Linien gleicher Helligkeit am Himmelsgewölbe und hierzu das
System ihrer senkrechten Trajektorien entwirft, diejenige Trajektorie,
!) Die primäre Einheit der Flächenhelligkeit ist gleich der Helligkeit derjenigen
Fläche, von welcher ein ausgeblendetes Stück von 1 gem Größe die Intensität von einer Hefner-
kerze hat. L. Weber hat eine sekundäre Einheit in Vorschlag gebracht, welche durch
diejenige Helligkeit definiert war, die eine absolut weiße Fläche (Albedo = 1) erhält,
wenn sie im Abstande von 1m bei senkrechter Inzidenz von 1 Hefnerkerze beleuchtet
wird. Schließlich wurde mit Rücksicht auf praktische Zwecke auf der Jahresversammlung
deutscher Elektrotechniker in Eisenach (13. Juni 1897) von der Kommission für die Feststellung
der Liehteinheiten als Einheit der Flächenhelligkeit eine neue sekundäre Einheit ange-
nommen, welche dem 10000sten Teil der soeben definierten primären Einheit gleichkommt.
?) Siehe Zs. f. Instrumentenkunde von 1891, p. 10 (Fig. 5).
472 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
welche durch das Minimum der Helligkeit hindurchgeht, in ihrem ganzen
Verlaufe die Stellen der maximalen Polarisation zu umfassen scheint. Es
waren wesentlich diese Gesichtspunkte, welche Chr. Jensen dazu veran-
laßten, mit seinen in Kiel vorgenommenen Untersuchungen über die Pola-
risationsgeröße im Zenit Helligkeitsbestimmungen der nämlichen Himmels-
stelle zu verknüpfen. Diese Messungen wurden allerdings mit Vorschaltung
eines roten beziehungsweise grünen Glases vor das Auge ausgeführt!),
wogegen sich die entsprechenden Polarisationsbestimmungen durchweg
auf den gesamten Strahlenkomplex des vom Zenit stammenden Lichtes
erstreekten. Da aber die entsprechenden Kurven einander inihren wesentlich-
sten, durchaus charakteristischen Zügen absolut ähnlich sind, so möchten
wir wohl vermuten, daß das Resultat, soweit es uns hier interessiert, ohne
Vorschaltung farbiger Gläser nieht wesentlich anders ausfallen würde.
Nebenstehende Figur 60 zeigt die von Jensen gefundene Beziehung
zwischen der Flächenhelligkeit im Zenit und der Sonnenhöhe, indem die
gestrichelte Kurve die für Rot und die ausgezogene die für Grün gefun-
denen Werte veranschaulicht.
Die Zeiten, welche für eine Untersuchung der Beziehung der Hellig-
keitswerte zur Sonnenhöhe benutzt wurden, entsprachen leider nur in
beschränktem Umfange denen, welche für eine Berechnung der Abhängig-
keit der Polarisationsgröße vom Sonnenstande zur Verfügung standen, und
Jensen mußte daher auf die Ableitung einer direkten Beziehung zwischen
der Flächenhelligkeit im Zenit und der Polarisationsgröße an der
nämlichen Himmelsstelle verzichten. Da aber sowohl die in Figur 16
Seite 77 dargestellte, die Beziehung der Polarisationsgröße zur Sonnen-
höhe veranschaulichende, als auch die hier. abgebildete Kurve aus einer
ziemlich beträchtlichen Zahl von Einzelbeobachtungen abgeleitet worden
ist, so ist es immerhin ganz interessant, daß die Kurven, wenn man sie
etwa zwischen 0° und 45° Sonnenhöhe verfolgt, im großen und ganzen
den umgekehrten Gang einhalten. Allerdings würde man wohl von vorn-
herein, das heißt, ohne irgendwie an die Polarisationsverhältnisse zu denken,
zu der Annahme neigen, daß die Helligkeit im Zenit im wesentlichen mit
der Sonnenhöhe abnimmt. Aber vielleicht wird doch noch mehr aus den
Kurven herauszulesen sein. Sehr auffällige ist offenbar der Knick, der bei
beiden Kurven ungefähr zwischen 30° und 35° vorhanden ist. Ohne dabei
auf die Resultate der Helligkeitsbeobachtungen Bezug zu nehmen, hat Exner
in der von ihm und Pernter verfaßten „Meteorologischen Optik“ darauf hin-
gewiesen, daß die Polarisationsgröße in der Jensenschen Kurve auffällig
wenig abnimmt zwischen 30° und 35° Sonnenhöhe. Jensen selber hat
seinerzeit diesem Umstande kein Gewicht beigemessen, wie wir denn
') Das für die Messungen benutzte rote Glas war recht gut monochromatisch, das
grüne dagegen nicht so gut. Letzteres hatte das Maximum der Absorption bei 670 up.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 473
auch heute noch wohl geneigt sind, die Ursache dieses Knicks darin zu
suchen, daß die Ausgleichung noch nicht genügend war. Sollte aber tat-
sächlich nieht nur der stark ausgeprägte Knick bei den Helliekeitskurven,
sondern auch der in Fig. 16 reell sein, so dürfte nichts näher liegen, als
beide in ursächlichen Zusammenhang miteinander zu bringen. Und das
60
50
390
= henhelligkeit in Tausehden der sekundören Einheik.
o©
°
un
‘©
Ss
[)
15? 20° 25° 30° 35° 40° 45°
Fig. 60.
wäre in der Tat eine höchst interessante Beziehung, der man näher
nachspüren müßte. Auf alle Fälle wäre es sehr erwünscht, daß
die kombinierten Messungen der Helligkeit und der Polari-
sationsgröße im Zenit wiederholt würden. Man täte dann aber
gut daran, die beiden Messungen in der nämlichen Farbe
durchzuführen. Nicht minder interessant wäre es voraus-
sichtlich, den innerhalb des Sonnenvertikals um 90° von der
Sonne abstehenden Punkt gleichzeitig auf seine Polarisation
474 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
und auf seine Helligkeit hin zu untersuchen. Von besonders
großem Wert würde es natürlich sein, gleichzeitig den Gang
der Helligkeitsverteilung und der Verteilung der Polari-
sationsgröße am Himmel in den Hauptzügen zu verfolgen.
Die Lösung dieser höchst interessanten Aufgabe dürfte aber
mehrere Beobachter erfordern. Auf die große Wichtigkeit
einer Kombination von Bestimmungen der Höhe der neutralen
Punkte oder vielmehr eines derselben mit solchen der Be-
ziehung zwischen horizontaler und zenitaler Helligkeit haben
wir bereits im vorigen Abschnitt hingewiesen; es kann dies
aber gar nicht oft genug geschehen. Man würde zunächst am
besten so verfahren, daß man im Horizont auf den.1m390.
von der Sonne entfernten Ort einstellt. Eine höchst lohnende
Aufgabe dürfte schließlich noch darin bestehen, die Hellig-
keit der neutralen Punkte im Verhältnis zu derihrer näheren
Umgebung eingehend zu untersuchen.
2. Untersuchung der Himmelsfarbe.
Soweit Messungen der Polarisationsgröße in verschie-
denen Farben in Frage kommen, wird man sicherlich guttun,
sie nach Möglichkeit mit Untersuchungen über die spektrale
Zusammensetzung des Himmelslichtes zu kombinieren, wie es
unseres Wissens zuerst Nichols getan. hat. Dieser Forscher,
von dem eine Reihe von Artikeln mit wertvollen Untersuchungen über
die Zusammensetzung des vom Himmel stammenden Lichtes herrührt'),
hat in der schon mehrfach erwähnten Arbeit interessante Perspektiven hin-
sichtlich der eben angedeuteten Beziehungen gegeben, welche eine syste-
matische Verfolgung dieser Verhältnisse als dringend erwünscht
erscheinen lassen. Was die Helligkeitsmessungen betrifft, so würde es
darauf ankommen, die den verschiedenen Spektralgebieten zukommenden
Helligkeiten des Himmelslichtes mit den entsprechenden Werten des
direkten Sonnenlichtes, oder aber mit solchen genau definierter künstlicher
Liehtquellen zu vergleichen.
') Siehe außer der Seite 163 zitierten Arbeit (vergl. übrigens Theories of the
Color of the Sky auch in Monthly Weather Rev. 37, p. 15—16) sein „A Study of over-
cast Skies“ in The Physical Review vol. 28 (1909), p. 122—131, in Monthly Weather
Rev. 37 (1909), p. 15—21, in Amer. Assoc. for the Advancement of Science vom
Juni 1908 sowie sein „On the Distribution of Energy in the visible Spetrum in The Phys.
Rev. vol. 21 (1905), p. 147—165. Siehe auch Nichols and Franklin in American Jour-
nal of Science, vol. 38, p. 100. — Bei dieser Gelegenheit sei auch verwiesen auf die
„Untersuchung der spektralen Zusammensetzung verschiedener Lichtquellen“ (Wied.
Ann. Bd. 53, p. 793-811) von Else Köttgen, die auch einige Analysen des Himmels-
lichtes ausführte.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 7A
id
Das älteste, aber mit Recht noch immer vielfach angewandte Prinzip'),
welches sich für diese Messungen verwerten läßt, ist das des Vierordtschen
Spektralphotometers. Vierordt?) teilte bekanntlich den vertikalen Spalt am
Ende des zum Spektroskop gehörigen Kollimators in eine obere und eine
untere Hälfte, von denen die eine, oder auch beide durch Mikrometer-
schrauben in beliebiger, genau meßbarer Weise erweitert, oder ver-
enet werden können. Durch die eine Spalthälfte fallen die Strahlen
von der einen, durch die andere die von der zweiten Lichtquelle. Von
den im Gesichtsfelde erscheinenden, sich berührenden Spektren läßt sich
zur Beobachtung mittels einer Okularblende der gewünschte Spektral-
streifen abgrenzen, um das Auge vor dem störenden Einfluß des übrigen
Spektrums zu schützen. Man muß nun die Spaltbreiten so lange ver-
ändern, bis das obere Gesichtsfeld ebenso hell erscheint wie das untere.
Weichen die Spaltbreiten nicht zu sehr voneinander ab, so kann man
dann die beiden in das Rohr eintretenden Liehtmengen mit großer
Annäherung den Spaltbreiten umgekehrt proportional setzen. Damit die
Reinheit des Spektrums gewahrt bleibt, dürfen diese allerdings nicht
zu groß werden. Es ist nun von H. Krüss?) darauf hingewiesen
worden, daß ein keineswegs zu vernachlässigender Fehler entsteht, wenn
der Spalt sich nur nach einer Seite hin öffnen läßt, weswegen er den
Vierordtschen Spalt so einrichtete, daß sich die beiden Backen symmetrisch
') Fraunhofer war allerdings der erste, der die relative Helligkeit verschiedener
Teile des Spektrums zu bestimmen suchte. Seine Methode hat aber nur noch historischen
Wert. Wie es scheint, hat Govi zuerst den Vorschlag gemacht, verschiedenartige Licht-
quellen in der Weise miteinander zu vergleichen, daß man beider Licht spektral zerlegt
und darauf die den entsprechenden Spektralbezirken zukommenden Helligkeiten mit-
einander vergleicht. Er gab auch einen spektralphotometrischen Apparat an, ohne jedoch
seine Methode genügend auszubilden (s. Govi, Note sur un photomötre analyseur, Ü.
Rend. 50 (1860) p. 156 —158).
?) Vierordt, Die Messung der Liehtabsorption durchsichtiger Medien mittels des
Spektralapparates, Poggend. Ann. Bd. 20 (1870), p. 172—175; derselbe, Zur quantitativen
Spektralanalyse, Wied. Ann. Bd. 3 (1878) p. 357—376; derselbe, Die Anwendung des
Spektralapparates zur Photometrie der Absorptionsspektra und zur quantitativen Analyse,
Tübingen 1873.
®) Siehe H. Krüss, Spektralspalt mit symmetrischer Bewegung der Schneiden, Zs.
für Analytische Chemie, 21. Jahrg. (1882), p. 182—191; G. Krüss, Über einen Universal-
spektralapparat für qualitative und quantitative chemische Analyse, Berichte d .Deutsch.
Chem. Ges. 191! (1886), p. 2739—2745. S. auch den Abschnitt über die Doppelspalt-
methode S. 114—146 in „Kolorimetrie und quantitative Spektralanalyse in ihrer An-
wendung in der Ühemie“ von Prof. Dr. G. Krüss und Dr. H. Krüss (2. Auflage bearbeitet
von Dr. H. Krüss und Dr. P. Krüss, Hamburg und Leipzig 1909 bei Leop. Voß). In
diesem Werk (S. 146—166) findet sich auch eine Beschreibung der nach dem Polarisations-
prinzip konstruierten Spektrophotometer von Glazebrook, Glan, König-Martens, Crova,
Hüfner und Wild, und daran schließt sich (S. 166 - 172) ein Vergleich der verschiedenen
Methoden der Spektralanalyse. S. auch das Spektrophotometer von E. L. Nichols in The
Thys..Rev., vol. 2, p: 188-141.
476 Friedr. Busch und Ohr. Jensen.
zur Mittellinie öffnen. Dadurch wurde das ursprüngliche Vierordtsche
Instrument zur Ausführung jeglicher Art quantitativer Spektralanalyse
geeignet. Einen nach diesen Gesichtspunkten gebauten Apparat hat Zette-
wuch?) bei den Seite 152 und 153 erwähnten Untersuchungen, bei denen
er die spektrale Zusammensetzung des aus der Zenitnähe stammenden
Himmelslichtes mit der des Sonnenlichtes verglich, benutzt.
Das Instrument, dessen sich E. L. Nichols bei seinen Untersuchungen
über die Himmelshelligkeit in den verschiedenen Teilen des Spektrums
bediente, war eine einfache Form des Lummer-Brodhunschen Spektro-
photometers?), bei der Nichols es besonders auf Leichtigkeit und bequeme
Transportierbarkeit abgesehen hatte. Die wesentlichsten Teile desselben
waren ein vertikales und ein horizontales Kollimatorrohr, ein Lummer-
Brodhunscher Würfel, eine geradsichtige Prismenkombination und ein
Beobachtungsfernrohr. Das vom Zenit stammende Licht fiel auf das ver-
tikale Kollimatorrohr, und vor dem horizontalen Rohr stand das aus einer
Acetylenlampe bestehende Vergleichslicht. Die durch die beiden Rohre
hindurchgegangenen Strahlen fielen auf den Lummer-Brodhunschen Würfel,
durchsetzten ihn in der bekannten Weise und fielen dann durch das
geradsichtige Spektroskop in das Beobachtungsfernrohr. Selbstverständ-
lich wird auch ein verstellbarer Spalt zum Ausblenden eines möglichst
engen Wellenlängengebietes vorhanden gewesen sein. Die Messungen
wurden nun in der Weise vorgenommen, daß die Weite des am vertikalen
Rohre befindlichen Spaltes so lange verändert wurde, bis die Helligkeit
der beiden Spektralbezirke gleich war. Diese Operation wurde Schritt
für Schritt durch das ganze sichtbare Spektrum hindurch vorgenommen.
Vor allem müssen wir aber noch darauf hinweisen, daß Nichols in dem
vertikalen Kollimatorrohr ein Nieolsches Prisma anbringen ließ, um das
Verhältnis der Helligkeit der mit der Ebene des Sonnenvertikals zu-
sammenfallenden Schwingungskomponente zu der Helligkeit der dazu
senkrechten Komponente untersuchen zu können. Da es ihm vor
allem auf die Polarisationsgröße in ihrer Beziehung zu den
verschiedenen Wellenlängen und nicht auf absolute Werte
ankam, konnte er offenbar so in sehr sinnreicher Weise die
Helligkeitsbestimmungen mit Polarisationsmessungen ver-
knüpfen. —
Eine genauere Besprechung dieser und anderer Beobachtungsmethoden
zum Zwecke der spektralen Analyse des Himmelslichtes ist an diesem
') Wie wir sahen, fand Zettewuch bei diesen Untersuchungen an einem durchaus
heiteren Tage für den in der Nähe des Zenits gelegenen Beobachtungspunkt einen jedenfalls
sehr nahen Parallelismus zwischen Sättigungsgrad des Himmelsblaus und Sonnenabstand.
°) O. Lummer und E. Brodhun. Über ein neues Spektralphotometer, Zs. für In-
strum. 12 (1892), p. 132—139.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 477
Orte nieht gut tunlich. Wir müssen daher den Leser, der sieh mit
diesen kurzen Andeutungen begnügen möge, auf die einschlägige Literatur!)
verweisen. Das Eingehen auf die diesbezüglichen von verschiedenen
Forschern angestellten Untersuchungen ist um so weniger nötig, als wir das
Wichtigste darüber in der allgemeinen Übersicht (S. 146— 153) mitgeteilt
haben. Auch ist, soweit es sich um die äußerst wichtige Verknüpfung
dieser Beobachtungen mit Polarisationsmessungen in vVer-
schiedenen Spektralbezirken handelt, — bis auf die wertvollen
durch die Nichols’schen Untersuchungen gewonnenen Gesichtspunkte —
noch fast gar nichts geleistet worden, so daß hier der künftigen
Forschung beinahe alles vorbehalten bleibt.
Während nun die Anschaffung der soeben besprochenen Apparate einen
mehr oder weniger großen Kostenaufwand erfordert, so gibt es einige Instru-
mente, mittels deren sich für wenig Geld recht wertvolle Beobachtungen
über die Beschaffenheit des Himmelslichtes ermöglichen lassen, die bei
zweckmäßiger Durchführung auch dem Studium der Polarisationsver-
hältnisse — sei es nun direkt, sei es indirekt — sehr zugute kommen
könnten. Wir denken dabei an die einfachen Cyanometer?) zur Be-
stimmung des Sättigungsgrades der blauen Himmelsfarbe, welche schon
vor langer Zeit in der Hand eines A. von Humboldt, eines Saussure und
eines Schlagintweit der Wissenschaft gute Dienste geleistet haben. Bei
dem von Saussure angegebenen Apparat war aus Weiß, Berlinerblau
und Schwarz, die in bestimmten Verhältnissen gemischt waren, eine
gleichmäßig fortschreitende, von Weiß durch Blauweiß, Weißblau, Berliner-
blau und Schwarzblau bis zu reinem Schwarz gehende Stufenfolge
von 53 Farben hergestellt. Wollte man nun die einer bestimmten
Himmelsstelle zukommende Farbe bestimmen, so hielt man das Uyano-
meter, bei welchem die 53 verschieden gefärbten, aber gleich großen
Sektoren auf einer Kreisplatte aufgeklebt waren, zwischen eben diese
Stelle und das Auge und stellte fest, welchem dieser 53 „Grade“ die
Himmelsfärbung entsprach. Durch Numerierung der einzelnen Grade
war Verwechslungen vorgebeugt, und es konnte die Farbenstufe jeder-
zeit wiedergefunden werden. Es darf aber nicht außer acht gelassen
werden, daß die jeweilig beobachtete Färbung eines bestimmten Sektors,
!) Außer auf das genannte Werk von Krüss sei hier verwiesen auf den diesen Gegen-
stand behandelnden Abschnitt von „Liebenthal, Praktische Photometrie“ (p. 250 —267) und
auf S. 28—44 des 3. Bandes der Spektroskopie von H. Kayser. Eine Beschreibung des
Urovaschen Spektrophotometers findet sich in Traite de Photometrie Industrielle ete. (Paris,
1892) von A. Pallaz, p. 93.
?) Bezüglich der Literatur über diese und ähnliche Apparate siehe die Anmerkungen
zu S. 151 und 152. In Anmerkung 1 zu S. 152 fehlt übrigens bei der Prevostschen Arbeit
die Angabe der Zeitschrift (Il Politeenico). H. B. Saussure, Description d’un eyanometre,
ist nach S. Günther auch in Il Politecnico, vel. 38, zu finden.
478 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
wenn das Cyanometer dem Tageslicht ausgesetzt ist, jedenfalls bis zu
einem gewissen Grade abhängig sein dürfte von der jeweilig herrschenden
Farbennuance des Himmels. Auch macht Exner mit Recht darauf auf-
merksam, daß dies Cyanometer den „gerechtfertigten Anforderungen an
ein Instrument zur Bestimmung der Himmelsfarbe nicht entspricht, da es
durchaus nicht feststeht, daß jede Nuance der Himmelsbläue sich als eine
Mischung von Berlinerblau mit Schwarz oder Weiß darstellen läßt“.
Nichtsdestoweniger werden die Messungen, welche von tüchtigen,
gewissenhaften Beobachtern mit diesem primitiven Instrumentchen angestellt
werden, wenn sienur mit Geschick und Vorsicht ausgewertet und
interpretiert werden, sicherlich unsere Kenntnisse über die optischen
Vorgänge in der Atmosphäre weiter fördern können. Die mittels dieses
Apparates ermittelte Abhängiekeit der Blaunuance am Himmel von der
Höhe des beobachteten Punktes überm Horizont haben wir bereits Seite 373
erwähnt. Ganz besonders interessant aber scheint es uns zu sein, daß
Alexander von Humboldt bei seiner Reise über den Atlantischen Ozean
aus den mit diesem einfachen Apparat ausgeführten Messungen das Gesetz
ableiten konnte, daß die Sättigung der blauen Himmelsfarbe nahezu wie
der Kosinus der Zenitdistanz des anvisierten Punktes variiert. In nähere
Beziehung zu den ‚Jensenschen Polarisationsbeobachtungen tritt folgende
von Exner mitgeteilte') Tabelle, die aus Beobachtungen mit dem in Rede
stehenden Instrument hervorgegangen ist, welche im Juli 1788 von Saussure
auf dem Col du Geant (ungefähr 3360 m über dem Meeresspiegel) und auf
seine Anregung hin um die nämliche Zeit in dem tiefer gelegenen Kloster
Chamonix?) angestellt wurden.
Die aus der Tabelle hervorgehenden Beziehungen zwischen den für
das Zenit und den Horizont geltenden Farbennuancen sollen hier nicht
erörtert werden, und wir wollen nur die Zenitbeobachtungen näher ins
Auge fassen. Wenn wir bedenken, daß offenbar ganz allgemein die
Polarisationswerte ceteris paribus um so größer zu erwarten sein werden,
je tiefer das Himmelsblau ist, so überrascht es, hier zu sehen, daß die
Farbensättigung für beide Beobachtungsorte um die Mittagszeit am
größten ist, das heißt zu einer Zeit, wo Jensen für dieselbe Himmels-
stelle ein ausgeprägtes Minimum des Polarisationswertes fand?) Frei-
lich ist dabei wohl zu beachten, daß sowohl der Col du Geant, als
') Siehe Pernter-Exner, Meteorologische Optik, p. 562, wo Exner übrigens darauf
aufmerksam macht, daß die zu verschiedenen Tageszeiten gehörigen Werte nicht alle an
den gleichen Tagen gefunden wurden.
?) H. B. de Saussure, welcher 1787 als einer der ersten den Montblanc bestieg, hat
zuerst das Uhamonixtal wissenschaftlich erforscht.
») Dies Minimum um die Mittagszeit war gerade für den Juli besonders stark
ausgeprägt.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 479
Tabelle XLV.
Mittelwerte der für die verschiedenen Tagesstunden
geltenden Blaunuance im Zenit und am Horizont für den Col
du Geant und Chamonix, nach Aufzeichnungen von Saussure.
Coldu Geant Chamonix
Sa Zenit Horizont | Anzahl der Zenit | Horizont | Anzahl der
Beobachtungen Beobachtungen
4" a.| 16 6 5 15 6 6
6 26 7 4 16 7 S
to) 24 10 2 E71 8 8
10 30 13 2 18 8 5
12m) 32 il 4 19 N) 7
Ben 29 4 20 9 6
4 ZA 5) 4 19 9) 5
6 19 A 4 19 8 3
8 a ee ee: 5
“auch Chamonix eine wesentlich andere Lage hat als Kiel. Es mag
aber wohl sein, daß dieser Gegensatz auch dann bestehen bliebe,
wenn beide Phänomene an eim und demselben Orte verfolgt würden.
Wir müssen hier daran erinnern, daß Rubenson — der allerdings die
Sättigung der blauen Himmelsfarbe in Ermangelung eines Uyanometers
mit dem bloßen Auge schätzte — bei seinen Beobachtungen für den im
Sonnenvertikal um 90° von der Sonne abstehenden Himmelspunkt einen
völlig verschiedenen Tagesgang der beiden Erscheinungen fand.
Der Leser dürfte jedenfalls schon aus diesen kurzen Andeutungen zu der
Ansicht gelangt sein, daß noch genügend Aufgaben vorhanden sind, welche
sich mit dem einfachen Oyanometer lösen lassen. Selbstverständlich muß bei
solchen Messungen peinlichste Kontrolle darüber geführt werden,
daß sieh nicht im Laufe der Untersuchungen die als Vergleichsmaß dienenden
Farbennuancen durch Einstauben oder durch irgendeine andere Ursache
verändern; auch wäre es natürlich gut, wenn dafür Sorge getragen würde,
daß die Angaben der an verschiedenen Orten benutzten, etwa ein wenig
voneinander abweichenden Instrumente tunlichst in genaue Übereinstimmung
miteinander gebracht würden), So könnte mancher der Wissenschaft ein
') Am besten wäre es, wenn alle Beobachter Papier von bestimmter Farbennuance —
man würde füglich die 53 Abstufungen Saussures beibehalten — aus ein und derselben
Quelle beziehen könnten.
A480 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Scherflein beisteuern, der über die Freude am Beobachten und über die
auch hier ganz unerläßliche Fähigkeit, genau und gewissenhaft zu arbeiten,
verfügt, dem es aber an Mitteln fehlt, verhältnismäßig teure Apparate
anzuschaffen.
Ein relativ einfacher Apparat ist auch noch das von Parrot))
nach dem Prinzip des Farbenkreisels konstruierte Rotationseyanometer,
Wenn die Herstellung dieses Instrumentes von seiten des Beobachters wegen
des erforderlichen Antriebsmechanismus auch vielleicht ein wenig teurer
kommen dürfte als die des eben besprochenen, und wenn auch viel-
leicht die Hantierung etwas unbequemer ist, so möchten wir doch
die Aufmerksamkeit der Leser gerade besonders auf dies
Cyanometerlenken, weilman bei Vergleichung des durch ver-
schiedene Apparate dieser Art gewonnenen Beobachtungs-
materials voraussichtlich mit einer relativ geringen Fehler-
quelle zu rechnen hat. Es würden hier nämlich höchstens drei
scharf definierte Farben zur Verwendung kommen, und zwar
Schwarz, Weißund gesättigtes Blau. Parrot benutzte eine schwarze
und eine weiße Scheibe und befestigte auf einer derselben eine, zwei, drei
oder mehr Sektoren von gesättigter blauer Farbe, je nach dem Farbenton
der anvisierten Himmelsstelle, mit welcher die durch rasche Rotation der
Scheibe entstehende Mischfarbe zu vergleichen war. Schlagintweit?)
benutzte dies Prinzip bei seinen Untersuchungen über die Himmelsfarbe
in den Alpen, indem er die Scheibe mit Bleiweißpapier überklebte und kobalt-
blaue Sektoren benutzte. Der prozentisch ausgedrückte Gehalt an Blau war
durch den Flächeninhalt bestimmt, welchen die farbigen Sektoren auf der
weißen Scheibe einnahmen, und Schlagintweit drückte die Sättigung durch
die Prozente von Blau aus, welche das Farbengemisch enthalten mußte, um
gleich dunkel zu erscheinen wie die zu untersuchende Himmelsstelle. Die
dunkelsten Stellen des Firmamentes lagen gewöhnlich in der Nähe des
Zenits. Die diesen Punkten entsprechenden Mittelwerte ergaben sich für
die zwischen 630 und 3766 m überm Meeresspiegel liegenden Beobachtungs-
orte zu 40 bis 92 Prozent. Dabei nahm die Farbensättigung mehr oder
weniger stark mit der Höhe zu.
Wir erfahren durch Exner, daß Schlagintweit bei einigen Himmels-
untersuchungen nach Bedarf außer den blauen auch ockergelbe Sektoren
angewandt hat, um auch die aus dem Blau ins Grüne und Gelbliche
hinüberspielenden Farbentöne messen zu können. Er bemerkt bei dieser
') S. Parrot, Physik der Erde, $ 278.
°?) S. „H. und A. Schlagintweit, Untersuchungen über die physikalische Geographie
der Alpen“ und „H. Schlagintweit, Bemerkungen über die Durchsichtigkeit und Farbe
des Himmels in größeren Höhen der Alpen“ (mitgeteilt vom Herrn Verfasser aus
Schumachers astron. Nachr. 1850, Nr. 742), Poggend. Annal., Bd. 84 (1851), p. 298—302.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 481
Erwähnung, daß man sogar Sektoren von allen Farben des Spektrums
auf der weißen Scheibe anbringen müsse, wenn man durchaus exakte Be-
stimmungen der Farbennuancen des Himmels auszuführen beabsichtige, und
daß man dann schließlich in wesentlich einfacherer und besserer Weise das
Licht spektrophotometrisch untersuchen könne. Wir sind durchaus geneigt,
dem beizustimmen. Anderseits ist aber nicht zu vergessen, daß
dereigentlicheWertdertatsächlichangewandteneinfachen
Cyanometergerade darin besteht, daß sie bei großer Billig-
keit in der Hand eines vorsichtigen und tüchtigen Beob-
achters offenbar imstande sind, relativ viel zu leisten. So
gewinnt man einen recht hübschen Begriff von ihrer Leistungsfähigkeit, wenn
man erfährt, daß die verhältnismäßig langsame Zunahme der durch solche
Messungen bestimmten Farbensättigung bis zu etwa 1900 m und die dann
Fig. 61.
folgende plötzliche Beschleunigung der Zunahme nach Schlagintweit durch-
aus in Einklang damit stand, daß bei dieser Höhe das allgemeine Auf-
hören der Täler in den Alpen, und ebenso eine bedeutende Verminderung
in der ganzen Masse des Gebirges') einsetzt.
Das Prinzip einer weiteren Reihe von Cyanometern gründet sich auf
die Erscheinung der farbigen Polarisation. Derartige Apparate wurden von
Arago?), Biot, Peltier, Bernard und Wild-konstruiert, und zwar zuerst von
!) Da für das Öyanometer größte Handlichkeit und einheitliche Herstellung besonders
wichtig erscheinen, so hat auf Anregung von Chr. Jensen hin der Vorstand der Verein.
von Freund. d. Astron. u. kosm. Phys. die Angabe eines einfachen und wohlfeilen Apparates
in die Hand genommen, dessen Herstellung mit einfachen Papiersorten er überwachen
wird. Das Nötige darüber wird seinerzeit in den Mitteilungen der Verein. von Freund.
d. Astron. und kosm. Phys. gesagt werden.
2) Arago, (Euvres completes, t. VII, p. 145, und t. X, p. 279—281; sowie in der
deutschen Übersetzung seiner Werke von Hankel (Leipzig 1860), Bd. VII, p. 366, und Bd. X
p- 227. Siehe darüber auch eine Notiz von Biot im Bulletin de la Societe philomathique
von 1817. — Ferner Arago loc. eit. t. X, p. 277—231.
31
482 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Arago. Später änderte Arago das im Jahre 1815 konstruierte Cyanometer
in einen handlichen Apparat mit untereinander besser vergleichbaren
Angaben um. Da das Instrument in dieser Gestaltung nach seinem eigenen
Ausspruch eine Erweiterung seines von uns S. 318—320 besprochenen
Polarimeters bildet, so wollen wir es den Lesern an der Hand der seinen
Abhandlungen (t. X, p. 281) entnommenen Figur 61 vorführen:
CD ist ein Blatt weißen Papiers, auf welches das Polariskop AB
gerichtet ist. Das von dem Papier ausgehende Licht geht, bevor es ins
Polarimeter fällt, durch den Glasplattensatz EF\, dessen Neigung zur Achse
des Polariskops mittels des Teilkreises @F7 meßbar verändert werden kann,
und wird hierdurch polarisiert. Die Stärke dieser Polarisation ändert
sich mit der Neigung von EF.
Die wesentlichen Bestandteile des Polariskops bestehen in einer
senkrecht zur Achse geschnittenen Bergkristallplatte und einem vor dem
Auge des Beobachters befindlichen, doppeltbrechenden Prisma, durch
welches das die Kristallplatte durchsetzende polarisierte Licht zerlegt
wird. Unter den Farben, welche so bei Drehung des Prismas um seine
Achse entstehen, wollte Arago auch die Nuance der blauen Himmels-
farbe gefunden haben. Je mehr sich das auffallende polarisierte Licht
dem neutralen nähert, um so matter werden die Farben, das heißt, um
so mehr weißes Licht wird ihnen beigemischt, und so hatte Arago es in
der Hand, durch die Drehung des Glasplattensatzes die Sättigung der
blauen Farbe meßbar zu variieren, bis er sie möglichst zur Deckung mit
der jeweilig vorhandenen Farbe der anvisierten Himmelsstelle gebracht
hatte. Fand er etwa — natürlich gleiche Glassorte und Plattenzahl vor-
ausgesetzt — bei einer zu einer späteren Zeit vorgenommenen Himmels-
prüfung dieselbe Neigung des Satzes, so schloß er daraus auf den
nämlichen Farbensättigungsgrad wie im erstgenannten Falle Hier-
bei möchten wir übrigens nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß
auch hier — wenn auch in geringerem Grade — eine nicht ohne
weiteres zu vernachlässigende Fehlerquelle insofern in Frage kommen
dürfte, als doch wohl die zum Vergleich benutzte Farbennuance des
sogenannten weißen Schirmes nicht ganz unabhängig von dem jeweilig
herrschenden Farbenton des Himmels sein kann. Denn der Farbenton
des gesamten, zur Beleuchtung des Schirmes benutzten Tageslichtes
hängt offenbar bis zu einem nicht ganz geringen Grade von dem des
Himmels ab.
Wie es scheint, hat Arago bei dem hier abgebildeten Instrument
geringfügige Modifikationen angebracht. In erheblicherer Weise aber
wurde es erst durch Peltier') geändert, der es auch so montierte, daß
') Peltier, De la eyanome6trie et de la polarimötrie atmospherique, ou notice sur
les additions et les changements faits au ceyanopolariscope de Mr. Arago pour le rendre
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 483
man bequem sämtliche Punkte des Firmamentes damit untersuchen und
ihre genaue Lage angeben konnte. Vergebens bemühte sich Peltier,
den Übelstand zu beseitigen, daß das mit dem vom Himmel stammenden
Licht beleuchtete Gesichtsfeld eine andere Helligkeit hatte als das andere
Vergleichsfeld. Diesen Fehler, durch welchen eine exakte Farben-
vergleichung sehr erschwert wird, beseitigte Bernard') in dem von ihm
angegebenen Cyanometer dadurch, daß ereine Vorrichtung zur Abschwächung
des vom Himmel stammenden Lichtes anbrachte.
Dem Biotsehen?) Cyanometer machte Arago den Vorwurf, dab es
keineswegs imstande sei, die große Skala der möglichen Himmelsfarben
hervorzubringen. Wir können hier nicht weiter darauf eingehen. Er-
wähnen müssen wir aber, daß Wild?) bei seinem schönen, wenn auch recht
komplizierten Uranophotometer, das, wie wir sahen, auch zur Bestimmung
der Helligkeit und der Polarisationsgröße diente, durch Anwendung des
Savartschen Polariskops ein sehr feines Kriterium für die Bestimmung der
Gleichheit der beiden Farbentöne gab. Als Lichtquelle zur Schaffung des
Vergleichsfeldes wählte er die Sonne, indem er zuerst eine von ihr senk-
recht beleuchtete durchscheinende Platte (mattgeschliffene Glasplatte) und
später die direkten, durch Rauchglasplatten geschwächten Sonnenstrahlen
nahm. Es war auch hier dafür Sorge getragen, daß die auf ihre Farbe hin
miteinander zu vergleichenden Lichtstrahlen auf die nämliche Intensität
gebracht werden konnten. Eine schöne Kontrolle für die absolute Gleich-
heit der zwei Lichtbündel hinsichtlich Farbennuance, Farbensättigung
und Intensität war nun dadurch gegeben, daß Wild die beiden Licht-
bündel so übereinander lagerte, daß sie ein Gemisch senkrecht zueinander
polarisierter Strahlen bildeten. Er erreichte das dadurch, daß das eine
cyanopolarimötre dans tous les points du ciel, Bull. de Brux. XI, 1, 453 (zitiert nach
F. der Phys., vol. II, 1846, wo sich — Seite 189—-191 — ein Referat über die Arbeit
befindet).
1) F. Bernard, Note sur la description d’un nouveau cyanometre, ©. Rend., t. 43
(1856), p. 982—985; Phil. Mag. (4), t. XIII, p. 389—391; Cosmos IX, p. 542—545 (nach
F. d. Phys. von 1856, p. 553), und Zs. f. Naturw., Bd. IX, p. 77—18.
2) Construction d’un colorigrade par Biot, Ann. Chim. Phys., t. 4 (1817), p. 91—95,
wo auch die Beschreibung des durch eine einfache Änderung aus dem „colorigrade“ hervor-
gegangenen Öyanometers steht. Siehe ferner Biots Beschreibung einer „vergleichbaren Farben-
scale (colorigrade)“ Seite 228—231 des 5. Bandes seines Lehrbuchs der Experimentalphysik
von 1829. — In den Ann. Chim. Phys., t.4, t. 95—101, finden sich Bemerkungen von
Arago über das Biotsche Cyanometer.
3) H. Wild, Photometrische Bestimmung des diffusen Himmelslichtes, Bullet. de
l’Acad. Imp. des Seiene. de Saint-Petersbourg, t. 21 (1876), Spalte 312—350, und t. 23
(1877), Spalte 290—305. — Diese Arbeit ist in Anmerkung 1 auf p. 610 der Meteorol.
Optik von Pernter-Exner falsch zitiert. — Eine Beschreibung und Skizze des Wildschen
Uranophotometers findet sich im 3. Band von Mascarts Traite d’Optique (Paris 1893),
p. 380 u. ff.
31*
484 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
(Himmelslicht) unter dem Polarisationswinkel durch einen Glasplattensatz
hindurchging, von welchem das andere unter dem nämlichen Winkel
reflektiert wurde. Waren nun Farbennuance und Sättigung sowie Licht-
intensität der beiden Bündel einander gleich, so war dies durch Ver-
schwinden der Fransen eines Savartschen Polariskops mit großer Schärfe
zu konstatieren'),. Konnte man sicher sein, daß die Lichtintensitäten
genügend gleich waren, und fand dennoch das Auslöschen der Fransen
nicht vollständig statt, so konnte man daraus entnehmen, daß die Ein-
stellung der Sättigung, oder der Nuance der Farbe nicht exakt genug
eeschehen war, und man mußte die Messung wiederholen. Es war offen-
bar durch dies Hilfsmittel eine Genauigkeit gewährleistet, welche
die mit den vorhergenannten Cyanometern erreichte erheb-
lich überstieg. Es ist nun noch vor allem zu bemerken, daß Wild,
unter Berücksichtigung der Arbeiten von Fraunhofer?) und besonders von
Vierordt?) über die relative Helligkeit verschiedener Stellen des Sonnen-
spektrums, der Auslöschung des einfallenden Sonnenlichtes durch Inter-
ferenz eingehende Untersuchungen widmete, um so in möglichst genauer
Weise die Farbennuance und den größeren oder geringeren Sättigungsgrad
der Farbe bezw. ihre Vermischung mit Weiß bestimmen zu können. So
treten seine Untersuchungen in nähere Beziehung zu den vorhin erwähnten.
Beobachtungen mit Spektrophotometern. Sie führten ihn schließlich zu
folgenden Ergebnissen):
„il. Die Farbe des weißen Sonnenlichts, welche bei der diffusen Reflexion
in der Atmosphäre die stärkste Schwächung erfährt und damit die
Farbe des Himmelslichts bedingt, rückt, wenn wir in einem Vertikal-
kreis durch die Sonne allmählich von dieser aus immer nördlichere
Stellen betrachten, vom roten Ende des Spektrums gegen das violette
hin und erreicht bei ungefähr 80° Distanz von der Sonne beinahe
die Mitte zwischen den Fraunhoferschen Linien € und D, welcher
Stelle die Wellenlänge 0,000628 mm entspricht; von da an bis gegen
den Horizont hin geht die fragliche Farbe wieder ebenso allmählich
') S. dazu H. Wild, Über ein neues Photometer und Polarimeter nebst einigen
damit angestellten Beobachtungen, Poggend. Ann., Bd. 99 (1856), p. 235—274, sowie
H. Wild, Photometrische Untersuchungen, Poggend. Ann., Bd.118 (1863), p. 193—240.
?) Denkschriften der Bayerischen Akademie von 1814 und 1815, p. 193. Siehe auch
Gilberts Ann., Bd. 56 (1817), p. 297.
°) ©. Vierordt, Die Messung der Lichtabsorption durchsichtiger Medien mittels des
Spektralapparates, Poggend. Ann., Bd. 140 (1870), p. 172—175 (von Wild fälschlich zitiert
Bd. 114), und €. Vierordt, Die Anwendung des Spektralapparates zur Photometrie der
Absorptionsspektra und zur quantitativen Analyse, Tübingen 1873.
*) Wilds wichtigstes Ergebnis bezüglich der Verteilung der Helligkeit über den
Sonnenvertikal — auf dessen Erforschung der Apparat zunächst zugeschnitten war — wurde
S. 465 erwähnt.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 485
gegen das rote Spektralende zurück. In St. Petersburg zur Zeit der
Tag- und Nachtgleiche resp. bei einer ungefähren Zenitdistanz der
Sonne gleich 60° nähert sich also der Farbton des diffusen Himmels-
lichts (im Vertikalkreise durch die Sonne) in 80° Winkeldistanz von
der Sonne am meisten dem reinen Blau an und spielt von da aus nach
beiden Seiten immer mehr ins Grünliche hinüber.
2. Die jeweilige Sättigung der Farbe scheint ihr Maximum bei 90°
Distanz von der Sonne zu erreichen. Ebendort erreicht auch, wie
bereits bekannt, der Grad der Polarisation, d. h. das Verhältnis des
vollständig polarisierten Lichts zum Gesamtlicht, sein Maximum. Von
diesem Maximum aus nehmen nach beiden Seiten ziemlich gleich-
mäßig sowohl der Polarisationsgrad als die Sättigung der Farbe ab!).“
Für größere Observatorien wird wohl im allgemeinen die An-
schaffung eines möglichst fein durchdachten Cyanometers der eines
einfacheren Instrumentes dieser Gattung vorzuziehen sein. Anderseits
aber ist, wie wir sahen, gewiß auch vom exakten Arbeiten mit den
billigeren, vorhin beschriebenen Cyanometern noch manches zu erhoffen.
Dies dürfte namentlich dann gelten, wenn solche Unter-
suchungen über genügend lange Zeiträume ausgedehnt
werden, innerhalb derer Störungesperioden mit störungs-
freien Epochen wechseln. Wer dabei außer dem Cyanometer auch
noch im Besitz eines Apparates zur Bestimmung der Höhe der neutralen
Punkte ist, kann durch Parallelbeobachtungen mit diesem Instrument
ohne erhebliche Kosten der meteorologischen Optik und der
kosmischen Physik überhaupt große Dienste leisten.
3. Die Sonnenstrahlung.
Wir müssen ferner mit besonderem Nachdruck auf die Verfolgung
der Intensität der Sonnenstrahlung aufmerksam machen. Man wird
dabei einmal sein Augenmerk auf den Wechsel in den Durch-
sichtigkeits-Verhältnissen unserer Atmosphäre richten müssen
und zum andern — in der Verfolgung der durch die Pernter-
schen Untersuchungen geschaffenen Gesichtspunkte — auf
eine eventuelle zeitliche Änderung der außerhalb des Luft-
kreises vorhandenen Intensität der Sonnenstrahlung. Bei den
zuletzt angedeuteten Bestimmungen der sogenannten Solarkonstante kommt
bekanntlich diejenige, in Grammkalorien auszudrückende Wärmemenge
) Da. nach 8. 338 u = ist, wo « das Rubensonsche und »w das Wildsche
1
1. —
w
Polarisationsmaß bedeuten, so würde das Resultat 2 sich ebenso unter Zugrundelegung des
Rubensonschen Maßes ausdrücken lassen.
486 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
in Frage, welche unter der Voraussetzung, daß die Erde keine Atmo-
sphäre hat, von der Sonne in ihrem mittleren Erdabstande bei senk-
rechter Einstrahlung während einer Minute auf eine Fläche von einem
Quadratzentimeter fallen würde.
Daß zwischen dem Grade der Trübung unserer Atmosphäre und
den Polarisationserscheinungen sehr innige Beziehungen bestehen, haben
wir mehrfach gezeigt. Die diesbezüglichen Beobachtungen erstreckten
sich, wie wir sahen, zunächst wesentlich auf die Lage der neutralen
Punkte, jedoch ohne daß Messungen des Lichtverlustes in der Atmosphäre
vorgenommen wurden. Systematische, Hand in Hand miteinander gehende
polarimetrische und pyrheliometrische Messungen wurden in den 5 ver-
flossenen Jahren von Kimball vorgenommen, und neuerdings verknüpft er
damit, durch Jensen angeregt, auch Höhenbestimmungen der neutralen
Punkte von Arago und Babinet. Alle diese Untersuchungen bezogen sich,
soweit Polarisationserscheinungen dabei berücksichtigt wurden, lediglich auf
den Gesamtkomplex der sichtbaren Strahlen, soweit aber pyrheliometrische
Messungen dabei in Frage kamen, im wesentlichen auf die Summe der Strah-
lungsenergien des sichtbaren und des ultraroten Spektrums. Das darf man
nicht vergessen, wenn man die Ergebnisse der verschiedenen Beobachtungen
miteinander in Beziehung zu setzen sucht, da doch die von den Sonnen-
strahlen zu passierende Atmosphärenschicht, ganz abgesehen von Staub
verschiedenen Ursprungs, infolge ihres Gehaltes an verschiedenartigen
Gasen und an Wasserdampf auf die verschiedenen Wellenlängen durch-
aus verschieden einwirkt. Dabei sei vor allem an die starke Absorption
durch Wasserdampf im langwelligen Teil des Spektrums und an die von
der Absorption im Ultrarot herrührenden sogenannten kalten Banden
erinnert. Auf alle diese Verhältnisse, das heißt sowohl auf die wesentlich
durch Sauerstoff, Kohlensäure und den in sehr variabler Menge in der Atmo-
sphäre vorkommenden Wasserdampf herrührende selektive Absorption,
wie auch auf die viel erörterte, im Ultrarot beginnende und mit Abnahme
der Wellenlänge mehr und mehr wachsende kontinuierliche Absorption
(Extinktion) können wir hier nicht eingehen. Wir verweisen daher auf
unser Seite 148 sowie 160 und 161 in der allgemeinen Übersicht beige-
gebrachtes Literaturverzeichnis und ganz besonders auch auf die aus-
führliche Behandlung dieser Fragen in H. Kaysers Handbuch der Spektro-
skopie'), das auch möglichst genaue Literaturangaben enthält.
Die Kombinierung der so gedachten Untersuchungen läßt nun natürlich,
ganz abgesehen von der dadurch erhofften Lösung der speziellen in der
Einleitung erörterten Probleme, auch eine reiche Förderung der Meteoro-
logie als soleher erhoffen. Diese kann allerdings auch durch Polarisations-
') Siehe Band 3 (1905) dieses Handbuches, p. 336—362.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 487
beobachtungen allein großen Gewinn haben. Aber es gibt doch Fälle,
in denen aus einer geschickten Kombination von diesen mit Strahlungs-
messungen weit mehr zu entnehmen ist als aus der Ausführung der ersteren
allein. Wenn wir beispielsweise zu irgendeiner Zeit nur wüßten, daß die
Polarisationswerte relativ klein sind, so dürften wir, falls sie nicht durch
übermäßige Kleinheit auffallen, daraus noch nicht ohne weiteres auf irgend-
eine Trübung der Atmosphäre schließen, da wir doch bedenken müssen,
daß hier die Beschaffenheit des Terrains eine nicht zu vernachlässigende
Rolle spielt. Wesentlich anders jedoch liegen die Verhältnisse, wenn
auch die gemessenen Strahlungswerte eine auffällig geringe Höhe aufweisen.
Wir werden dann in der Regel mit Recht schließen dürfen, daß die
Lufthülle getrübt ist. Es muß hier kurz auf eine uns soeben erst zuge-
gangene Arbeit Kimballs hingewiesen werden, in der die verschiedenen
möglichen Ursachen besprochen werden, welche die Polarisationsgröße
herabdrücken'). Auf Grund der Ergebnisse gleichzeitiger Sonnenstrahlungs-
und Polarisationsmessungen sowie auf Grund der den Beobachtungen
folgenden Witterungszustände ist Kimball — da die unteren Luft-
schichten an den in Frage kommenden Tagen wenig staub- oder rauch-
haltig zu sein schienen, und da um die nämliche Zeit ein fast voll-
ständiges Fehlen von Wolken zu verzeichnen war?) — unter Hinweis
auf Hann?) geneigt, die Kleinheit einer Reihe von Polarisationswerten auf
die sogenannte optische Trübung, die ihren Grund in einem Mangel an Homo-
genität in den verschiedenen Schichten der Atmosphäre hat, zurückzuführen.
Wir dürfen unsern Lesern diesen Befund wegen der Wichtigkeit der sich dar-
aus ergebenden Konsequenzen nicht vorenthalten, möchten ihn jedoch nur
in aller Kürze und — trotz der großen Genauigkeit und Vorsicht, die wir
bei den Kimballschen Arbeiten gewohnt sind — mit dem nötigen Vor-
behalt bringen. Allerdings ist wohl die Möglichkeit des so gedachten
Einflusses nieht von der Hand zu weisen. Am meisten dürfte dadurch
die Verwendung von Polarisationsbeobachtungen für die Wetterprognose
berührt werden. Da nun die optische Trübung von verschiedenen Ursachen
herrühren kann, so macht Kimball mit Recht darauf aufmerksam, daß man
in solchen Fällen die Verbindung von Polarisationsbeobachtungen mit
andern Kriterien benötige, um zu untersuchen, wieweit sich eine Störung
der oberen Luftschichten geltend macht. Er hält es allerdings für denk-
bar, daß hier Polarisationsbeobachtungen besser durch Pyrheliometer-
messungen ersetzt werden, weil letztere nur abhängig sind von den
') H. H. Kimball, Some Causes of Variation in the Polarization of Sky Licht, The
Journal of the Franklin Institute, April 1911 (p. 333— 344).
2) Kimball macht darauf aufmerksam, daß der Himmel allerdings an einigen dieser
Tage ein streifiges Aussehen gehabt habe.
3) Siehe Hann, Lehrbuch der Meteorologie, 2. Auflage (Leipzig 1906), p. 15—16.
2
A488 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Bedingungen, welche längs der Bahn der einfallenden Sonnenstrahlen
herrschen.
Was die weitere Verfolgung der durch die Perntersche Entdeckung
hervorgerufenen Probleme betrifft, so würde es zunächst darauf ankommen,
dieetwa im Zusammenhange mit der Fleckenbildung stehende
Veränderung der Intensität der vom Tagesgestirn ausgehenden Strahlung
zu studieren. Dabei könnte natürlich sowohl die genauere Verfolgung der
Gesamtintensität, als auch die der Intensität der den verschiedenen Wellen-
längen zukommenden Strahlungsenergien in Frage kommen. Mit Rücksicht
auf den verschiedenen Einfluß der Lufthülle auf die verschiedenen Strahlen
muß man wohl sagen, daß die Zerlegung des Spektrums in die einzelnen
Komponenten vom physikalischen Standpunkt aus der einzig richtige Weg
ist. Es ist aber anderseits, soweit es sich um die Ermittelung des
absoluten Wertes der Sonnenstrahlung handelt, wohl zu bedenken, daß
durch die unvermeidlichen Reflexionen und Brechungen sehr bedenkliche
Umwege in das Problem eingeführt werden. Sehen wir aber auch ganz
von diesem Hindernis ab, so würden doch auf alle Fälle diese, schon an
sich relativ schwierigen Untersuchungen die Aufgaben, die von uns
zunächst vor allem im Auge zu behalten sind, leicht gar zu sehr
komplizieren. Daher möchten wir hier, so aussichtsvoll auch die
Verknüpfung solcher, etwa noch mit der spektrophoto-
metrischen Analyse des Himmelslichtes kombinierten Messungen
und der Polarisationsbeobachtungen an sich zu sein scheint,
die Aufmerksamkeit unserer Leser vor allem auf diejenigen Beob-
achtungen der Sonnenstrahlung lenken, bei denen ohne Zer-
legung der einzelnen Wellenlängen gearbeitet wird. Wir denken
dabei zunächst an die Ausnutzung der Wärmewirkung der Strahlen.
Berücksichtigen wir aber auch nur die gesamte Strahlungsenergie,
so ist doch schon die Bestimmung des ihr außerhalb unserer Atmo-
sphäre zukommenden Wertes mit recht großen Schwierigkeiten ver-
knüpft. Handelt es sich doch hier um ein Extrapolationsproblem,
indem man aus den für verschiedene Weglängen (s) in der Atmosphäre
erhaltenen Werten auf den für die Länge Null schließen muß. Daher
ist es zunächst nötig, die Strahlungsenergie (q) für verschiedene Sonnen-
höhen'!) und nach Möglichkeit auch gleichzeitig an mehreren Orten mit
') Pouillet, Crova und Bartoli und Straceiati haben empirische Formeln für die
Abhängigkeit der Intensität der Sonnenstrahlung von der Länge des in der Erdatmosphäre
zurückgelegten Weges aufgestellt. Diese versagen aber für kleine Sonnenhöhen, und daher
hat A. Bemporad vor kurzem versucht, sie durch eine neue zu ersetzen, denen seine
eigenen sowie auch die Beobachtungen anderer Forscher weit besser gehorchen. Siehe
dazu A. Bemporad, Prüfung einer neuen empirischen Formel zur Prüfung der Änderung
der Intensität der Sonnenstrahlung mit der durchstrahlten Atmosphärendicke, Met. Zs.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 489
verschiedener Meereshöhe'!) zu messen. Um die mit der Zunahme der
durch die Atmosphäre bedingten Lichtabsorption wachsende Gefahr einer
fehlerhaften Extrapolation so gering wie möglich zu gestalten, haben
verschiedene Forscher möglichst hoch gelegene Beobachtungsstationen
gewählt. Aber trotzdem bleibt die exakte Lösung der Aufgabe äußerst
schwierig.
Pouillet, der wohl zuerst eingehende Untersuchungen über die
Sonnenstrahlung anstellte, machte bei Aufstellung seiner bekannten
Exponentialformel zur Berechnung der Solarkonstante die Annahme, daß das
Sonnenlicht homogen sei, und er ging dabei ferner von der Voraussetzung
der Homogenität der Luft in den verschiedensten Höhen aus?).
Tatsächlich besitzt aber unsere Atmosphäre durchaus nicht den
nämlichen Transmissionskoeffizienten für die verschiedenen Wellenlängen
des Sonnenlichtes. Ebenso trifft bekanntlich die zweite Annahme Pouillets
keineswegs zu. Es ist vielmehr die Atmosphäre in verschiedenen Höhen
nieht nur an Dichte, sondern auch in ihrer chemischen Zusammensetzung
sehr verschieden. Dabei möchten wir außer auf die diesbezüglichen Unter-
suchungen von Hann?) und von Humphreys‘) noch besonders auf die neueste
Arbeit Wegeners’) aufmerksam machen. Die verschiedenen Bestand-
1907, 8. 306—313, sowie Rend. Reale Acead. dei Line. (5), vol. 1611. (1907), p.66—-72 und
126--132. Bezüglich der hier von Bemporad benutzten Formeln siehe auch Mitteilungen
der Sternwarte zu Heidelberg IV, 1904.
') Siehe hier A. Bemporad, L’Assorbimento selettivo della radiazione solare nell’
atmosphera terrestre e la sua variazione coll’ altezza, Reale Accad. Dei Lincei, Ser. 5a,
Classe di science fisiche matematiche et naturali, vol. 7 (1908). Von weiteren ähnlichen
Untersuchungen neueren Datums seien noch die von Ü. Bellia und die von G. Platania
auf Anregung von Prof. A. Riceö (Direktor des Osservatorio astrofisico ed Etneo) aus-
geführten (siehe Memor. della Societa degli Spettroscopisti italiani, vol. 38, 1909) genannt.
Ferner siehe A. Riecd, Sopra il eälcolo della eostante solare, Atti della R. Acc. delle Sc.
di Torino, vol. 38. S. auch Met. Zs. 15 (1898), p. 105—108.
2) Er benutzte dabei bekanntlich die Bouguersche Formel „J = Jo‘ a”, in der
J, die Intensität des einfallenden Lichtes und .J die Intensität nach Durchstrahlung einer
Schicht des durchsichtigen Mediums von der Höhe % bedeutet, und wo a der Transmissions-
koeffizient des Mediums für die in Frage kommenden Wellenlängen ist. Er nahm nun
weiter eine homogene Atmosphäre von der Höhe Ao an und setzte den Weg, den ein
Sonnenstrahl unter dem Winkel z gegen einen durch das Zenit gehend gedachten Strahl
durchläuft, gleich h = an — ho‘ secz, woraus sich J = Jo: alw 'se62 ergab. —
Siehe Pouillet, M&moire sur la chaleur solaire, sur les pouvoirs rayonnants et absorbants
de l’atmosphere, et sur la temperature de l’espace, Ü. Rend, t.7 (1838), p. 24—69.
Siehe ferner Pouillets Arbeit über denselben Gegenstand in Poggend. Ann., Bd. 45 (1838),
8. 25—57.
3) Siehe Met. Zs. 20 (1903), 8. 122—126, und Zs. d. Österr. Ges. f. Met. 1875, p. 22.
#) W.J. Humphreys, Distribution of Gases in the Atmosphere, Bulletin of the
Mount Weather Observatory, vol. 2 (1910), p. 66—69.
>) A. Wegener, Untersuchungen über die Natur der obersten Atmosphärenschichten,
490 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
teile der Luft verhalten sich nun hinsichtlich der Lichtschwächung sehr
verschieden, und man würde dem genauen Werte der außerhalb der Atmo-
sphäre herrschenden Energie der Sonnenstrahlung durch eingehende ex-
perimentelle Prüfung der optischen Eigenschaften eben dieser Bestandteile
erheblich näher kommen können. Dies scheint in besonders gründlicher
Weise von Frank Very') geschehen zu sein. Scheiner?) hat die Resultate
derartiger Untersuchungen zur Bestimmung der Solarkonstante benutzt.
Einen anderen Weg beschritt Langley?), indem er bei seinen
berühmten Beobachtungen auf dem Mount Whitney die den verschiedenen
Spektralbezirken zukommenden Strahlungsenergien untersuchte, um zu-
nächst zu prüfen, ob die genannte Exponentialformel für die einzelnen
Wellenlängen Gültigkeit hat, und um für diesen Fall die Transmissions-
koeffizienten für dieselben und daraus den Wert der Solarkonstante zu
bestimmen. Abbot und Fowle‘) haben die von Langley begonnenen
Untersuchungen, welche vor allem für die Kenntnis des ultraroten Sonnen-
spektrums von großer Bedeutung geworden sind, fortgesetzt. Wir können
leider an dieser Stelle auf die Messungen nicht näher eingehen?) und
Phys. Zs. 11 (1911), 8. 170—178 und 214—222. — Siehe auch A. Wegener, Über eine
neue fundamentale Schichtgrenze der Atmosphäre, Beitr. z. Physik d. freien Atmosphäre,
Bd. 3 (1910), 8. 225—232.
') Frank W. Very, Atmospherie Radiation, A Research conducted at the Allegheny
Observatory and at Providence, R.I., U. S. Department of Agriculture, Weather Bureau,
Washington 1900, 134 Seiten. — Siehe dazu Maurer, Frank Verys Experimentaluntersuchungen
über die atmosphärische Strahlung, Met. Zs. 18 (1901), p. 225—230.
2) J. Scheiner, Untersuchungen über die Solarkonstante und die Temperatur der
Sonnenphotosphäre, Publik. des astrophysikal. Observ. zu Potsdam, Bd. 18 (1908), 90 Seiten.
>) S. P. Langley, Die auswählende Absorption der Energie der Sonne, Wied. Ann.,
3d. 19 (1883), p. 226—244 und 384—400; derselbe, Experimentelle Bestimmung der
Wellenlängen im unsichtbaren prismatischen Spektrum, Wied. Annal., Bd. 22 (1884),
p. 598—612; derselbe, Sur les Spectres Invisibles, Ann. Chim. Phys. (6), vol. 9 (1886),
p. 433—506. — Die Literatur über die wichtigsten diesbezüglichen Langleyschen Arbeiten
findet man in Bd. 1 und 3 von H. Kaysers Handbuch der Spektroskopie zusammengestellt.
Wir verweisen daher nur noch auf „S. P. Langley, Researches on solar heat, and its
absorption by the earth’s atmosphere, A report of the Mount Whitney expedition. Profess.
papers of the signal service 15 (1884), p. 1—239“, wo man eine ausführliche Beschreibung
und detaillierte Angaben über seine Untersuchungen findet. S. auch Anmerkung zu p. 147
dieses Buches.
*) Von den Arbeiten Abbots und Fowles seien hier genannt: ©.G. Abbot, Recent studies
on the solar constant of radiation, Monthly Weather Review, vol. 31 (1903), p. 587—592 ;
U.G. Abbot and F.E. Fowle, Improvements and new results in solar constant determinations,
Astrophysical Journal, vol. 29, p. 281—289; F. E. Fowle, The discrepancy between solar
radiation measures by the actinometer and by the spectrobolometer, Washington 1905
(Reprinted in Smithsonian Miscellaneous Collections, Quaterly issue, vol. 47, p. 399—408).
°) Es sei hier auch verwiesen auf E. Pringsheim, Vorlesungen über die Physik der
Sonne, Leipzig und Berlin 1910 (Teubner), und auf W. Trabert, Lehrbuch des Kosmischen
Physik (Leipzig und Berlin 1911).
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 491
möchten hier nur auf die enorme Empfindlichkeit des bei diesen Unter-
suchungen benutzten Apparates, des Bolometers, gegen die geringste
Temperaturerhöhung hingewiesen haben.
So empfindlich anch das Bolometer gegen Bestrahlung durch die Wellen
des sichtbaren Spektrums und vor allem von ultrarotem Licht ist, so wenig
reagiert es auf ultraviolette Strahlen. Dasselbe gilt auch für die hoch-
empfindlichen neueren Thermosäulen. Nun tritt aber die Liehtabsorption
trüber Medien am meisten bei den Strahlen kurzer Wellenlänge zutage, und
so sagten sich Elster und Geitel, daß die photometrische Beobachtung der
ultravioletten Strahlen die absorbierende Wirkung der Atmosphäre in
besonders charakteristischer Weise zeigen würde. Sie begannen im Jahre
1893 mit solchen Untersuchungen'). Derartige Bestimmungen bilden in der
Tat eine schöne Ergänzung zu den meisten übrigen, wesentlich auf
der Wärmewirkung basierenden Strahlungsmessungen und lassen sich relativ
einfach und ohne allzu große Kosten ausführen. Dabei möchten wir nicht
unterlassen, darauf hinzuweisen, daß sie in naher Beziehung zu den Unter-
suchungen der bekannteren luftelektrischen Erscheinungen stehen, zwischen
denen und den Polarisationsphänomenen der Atmosphäre wir gewiß mit
Recht innige Zusammenhänge vermuten.
7/wischen diesen Beobachtungen und den Untersuchungen, welche mit
der Wärmewirkung der Strahlen arbeiten, stehen die photometrischen Be-
stimmungen der Sonnenstrahlung, wie sie von ©. Michalke?) und neuerdings
von Dorno?) mittels des L.Weberschen Photometers ausgeführt worden sind?).
') Betreffs J. Elsters und H. Geitels Beobachtungen über die Absorption des ultra-
violetten Sonnenlichtes in der Atmosphäre siehe: Sitzungsber. d. k. Wiener Akad. d.
Wiss., Math.-naturw. Klasse, Bd. 101, Abt. Ha; Wied. Ann. Bd. 48 (1893), p. 338— 373;
Met. Zs. Bd. 10 (1893), p. 41—45. — Über ihre diesbezüglichen vorbereitenden Unter-
suchungen siehe Wied. Ann. 38 (1889), p. 40—41 und 497—514.
2) ©. Michalke, Über die Extinktion des Sonnenlichtes in der Atmosphäre, Inaugural-
dissertation zu Breslau 1886, 58 Seiten. S. auch Astron. Nachr., Bd. 113, Nr. 2691 (1886).
>) ©. Dorno, Hochgebirgs-Licht- und Luftstudie. Diese Arbeit, auf deren dem-
nächstiges Erscheinen bei F. Vieweg & Sohn in Braunschweig man gespannt sein darf,
berichtet an der Hand von Kurven und Tabellen über Analysen des Licht- und Luft-
klimas, welche vom Verfasser in den Jahren 1908—1910 ununterbrochen im Davos, und zwar
teils mit Hilfe von Registrierapparaten, teils mit Hilfe regelmäßiger Einzelmessungen aus-
geführt wurden. Soweit sich die Untersuchungen auf Sonnenstrahlung erstreckten, fanden
sowohl die Wärme- und die Helligkeitsstrahlung, als auch die photographisch wirksame, blau-
violette und die sich ganz wesentlich auf den ultravioletten Teil des Spektrums beschränkende,
elektrisch wirksame Strahlung Berücksichtigung. Der zweite Teil der Arbeit enthält die
bekannteren luftelektrischen Messungen, und ein Anhang bezieht sich auf einige damit
in Zusammenhang stehende Untersuchungen.
1) Bereits Bouguer und Wollaston versuchten die Photometrierung des Sonnenlichtes.
Siehe dazu P. Bouguer, Traite d’Optique, Paris 1760, und W.H. Wollaston, Phil. Transact.
von 1829. Siehe auch Fr. Exners diesbezügliche Versuche in den Sitzungsber. d. k. Akad. d.
Wiss. z. Wien, Math.-Naturw. Kl., vol. 94 (1886), und im Repert. d. Phys., vol. 22 (1886).
492 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Man wird ohne weiteres zugeben müssen, daß Unter-
suchungen dieser Art von allen Strahlungsmessungen in die
allernächste Beziehung zu den sieh bis jetzt gänzlich auf die
sichtbare Wirkung des Spektrums beschränkenden atmo-
sphärischen Polarisationsbeobachtungen treten, und man wird
sie in Zukunft erheblich mehr berücksichtigen müssen, alses
bis jetzt geschehen ist.
Wir wollen nun in gedrängter Kürze, unter Beschränkung
auf eine Nennung der wesentlichsten Prinzipien, einige Apparate für die
Messung der Sonnenstrahlung anführen, die, dem jeweiligen Zweck ent-
sprechend, gut empfohlen werden können. Dabei fassen wir zunächst die
auf der Wärmewirkung beruhenden Instrumente ins Auge.
Seit einigen Jahren liegt in dem Ängstr ömschen Kompen-
sations-Pyrheliometer') einausgezeichneter Apparat vor, der
schon in einer beträchtlichen Zahl von Exemplaren über die Erde verbreitet
ist. Das Instrument besteht im wesentlichen aus folgenden Teilen : Zwei gleich
schmale Streifen aus Manganin (Nickel-Kupfer-Mangan-Verbindung) von der
Dicke einiger tausendstel Millimeter sind auf der einen Seite berußt. Der eine
derselben wird jeweilig der Sonnenstrahlung ausgesetzt, während gleichzeitig
der andere von einem in seiner Stärke regulierbaren elektrischen Strom durch-
flossen wird. Die so erwärmten Streifen wirken nun in geeigneter Weise
auf zwei gegeneinander geschaltete Thermosäulen, in deren Strom-
kreis sich ein Galvanometer befindet, dessen Empfindlichkeit sich durch einen
Nebenschluß bequem regulieren läßt. Ist nun die dem einen Streifen
durch Strahlung zugeführte Wärmemenge genau gleich der dem andern in
gleicher Zeit durch den elektrischen Strom zugeführten Energie, so wird
der Galvanometerausschlag gleich Null?). Die durch den Strom zugeführte
Energiemenge läßt sich nun in einfachster Weise berechnen, und damit ist
unmittelbar auch die durch Strahlung zugeführte gegeben. Bei Temperatur-
gleichheit der beiden Streifen sind die Korrektionen für Wärmeabgabe durch
’) Knut Ängström, Über absolute Bestimmungen der Wärmestrahlung mit dem
elektrischen Kompensationspyrheliometer, nebst einigen Beispielen der Anwendung dieses
Instrumentes, Wied. Ann., Bd. 67 (1899), p. 633—648. Siehe ferner K. Ängström, Nova
Acta Reg. soc. seient. Upsal. (3) vom Juni 1893; The Physical Review 1 (1893), p. 365
372; Astrophysical Journal, vol.9 (1899), p. 334; Met. Zs. 18 (1901), p. 174—176 und
185—189. Ferner: K. Ängström, Intensit6 de la Radiation Solaire. Recherches faites
a Teneriffe, 1895 et 1896. Upsal, 1900. Ferner: C. F. Marvin, The measurement of
sunshine and the preliminary examination of Ängströms pyrheliometer, Monthly Weather
Review, October 1901; Harvey N. Davis, Observations of solar radiation with the
Äneström pyrheliometer at Providence, R.I., Monthly Weather Review, 1903.
?) Das Ängströmsche Kompensations-Pyrheliometer wird geliefert von der Firma
J. L. Rose in Upsala (Aktienges.). Die zu den Apparaten nötigen Galvanometer bezieht
die Gesellschaft von der Firma Siemens & Halske in Berlin.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 493
Strahlung, Konvektion und Leitung prinzipiell einander gleich und brauchen
daher nieht berücksichtigt zu werden. Die Fehlergrenze des Apparates gibt
Ängström bei geeigneter Aufstellung im Observatorium mit 2 Prozent im
Maximum an, und die Oxforder Konferenz der „International Union for
Cooperation in Solar Research“ setzte in ihren Beschlüssen das Kom-
pensations-Pyrheliometer als Normalinstrument für Wärmestrahlungs-
messungen der Sonne fest).
Schließlich sei hier noch erwähnt, daß Scheiner, abgesehen von anderen
Verbesserungen, die Metallstreifen und die Thermosäulen des Ängströmschen
Apparates in eine kugelförmige Metallhülle mit sehr kleiner Öffnung ein-
gebaut hat, um einmal durch die Herstellung eines sogenannten „schwarzen
Körpers“ für eine möglichst vollständige Absorption der auffallenden Strahlen
zu sorgen, und um außerdem einen Schutz gegen Wind zu haben.
Der außerordentlich hohe Wert von Sonnenstrahlungsmessungen ist in
den letzten Jahren mehr und mehr erkannt worden, und es soll schon
vielfach in meteorologischen Kreisen der Wunsch zutage getreten sein,
daß sie in die Reihe der täglichen Terminbeobachtungen gestellt werden.
Dies hat W. A. Michelson zur Konstruktion seines Lamellenakti-
nometers?) geführt. Die Messung ist bei diesem Instrument nicht im
entferntesten so zeitraubend wie bei dem von Ängström angegebenen
sowie überhaupt bei allen den Apparaten, bei denen mit der absoluten,
rein kalorimetrischen Methode genaue Resultate geliefert werden sollen.
Anderseits verbürgt es in durchaus befriedigender Weise zuverlässige
relative Werte. Dazu kommt, daß dies Aktinometer im Gegensatze zum
Kompensations-Pyrheliometer?) trotz außerordentlicher Empfindlich-
keit keine erschütterunesfreie Aufstellung benötigt und nur von
geringem Umfang ist. Auf Grund einer uns von durchaus zuständiger
Seite gewordenen Auskunft können wir den Apparat auch sehr für
Beobachtungen vom Ballon aus empfehlen. Zur Umrechnung der
mit diesem Aktinometer gefundenen Zahlen in absolute Werte hat man
nur nötig, von Zeit zu Zeit durch Vergleich mit dem Ängströmschen
Apparat eine Bestimmung des Reduktionsfaktors vorzunehmen. So bildet
dies Aktinometer eine ganz vorzügliche Ergänzung zu dem von Äneström
angegebenen Instrument. Das Prinzip desselben ist kurz folgendes: Ein
äußerst dünnes und schmales bimetallisches?) Plättchen, welches beiderseits
1) Transactions of the International Union for Cooperation in Solar Research,
voll m72ole
?) W.A. Michelson, Ein neues Aktinometer, Phys. Zs., 9. Jahrg. (1908), p. 18—24.
S. auch Met. Zs. 1908, p.246. Der Apparat wird geliefert von den Herren Tauber,
Zwietkoff & Co. in Moskau (Rußland), Pokkowka 47.
>) Auf einem 0,025 mm dicken Platinblech wurde nach Michelsons Beschreibung aus
einer Kupfervitriollösung auf der einen Seite eine nahezu ebenso dicke Kupferschicht
niedergeschlagen.
494 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
schwarz platiniert und in der Achse eines massiven, durchbohrten Kupfer-
zylinders befestigt ist, wird durch einen seitlichen Spalt bestrahlt. Die
durch die Bestrahlung bewirkte Verbiegung dieser Lamelle wird durch
Spiegelung auf eine Okularmikrometer-Skala übertragen und in den Skalen-
teilen abgelesen, indem die bloße Ablesung eine der Energiestrahlung pro-
portionale Größe liefert').
Will man nun die den einzelnen Wellenlängen der Sonnenstrahlen
zukommende Wärmewirkung untersuchen, so kann man sich in ähnlicher
Weise, wie Langley es tat, eines Bolometers?) bedienen. Die Konstruktion
dieses Instrumentcehens, dessen Prinzip bereits von Svanberg?) angewandt,
das aber erst durch Langley*) zu großer Vollkommenheit gebracht worden
ist, beruht bekanntlich auf dem Gesetze, daß der elektrische Wider-
stand von Metalldrähten mit der Temperatur zunimmt. Der wesentlichste
Teil des Apparates, wie er bisher hauptsächlich benutzt wurde, besteht aus
einem dünnen geschwärzten Draht oder Streifen, der in den Zweigen einer
Wheatstoneschen Brücke eingeschaltet ist. Die 4 Zweige der Brücke sind
so abgeglichen, daß ein in dieselbe eingeschaltetes, möglichst empfind-
liches Galvanometer keinen Ausschlag gibt, solange keine Bestrahlung
erfolgt. Sobald aber der geschwärzte Draht bestrahlt und dadurch
erwärmt wird, ändert sich das Widerstandsverhältnis der Brückenzweige,
und das Galvanometer zeigt einen mehr oder weniger starken Strom an.
Dabei sind die Ausschläge, falls immer nur mit bestimmten Wellenlängen
gearbeitet wird, so gering, daß man die Größe der vom Draht absorbierten
Energie ohne allzu großen Fehler der Galvanometerablesung proportional
setzen kann. Die Methode ist nach H. Kayser so fein, daß man bei Ver-
wendung sehr empfindlicher Galvanometer mit den besten Bolometern eine
Temperaturerhöhung von weniger als 0,000001° Cels. messen kann?).
') Eine sehr wertvolle Abhandlung über Wärmestrahlungs-Meßapparate ist folgende:
0. D. Chwolson, Der gegenwärtige Stand der Aktinometrie, Repertorium für Meteorol. 15,
Nr. 1 (1892); dieselbe Arbeit findet sich in russischer Sprache im „Sapiski, der Kais.
Akad. d. Wiss. zu St. Petersb., Nr. 4.“
?) Literaturangaben usw. über das Bolometer wolle man aus folgenden Werken er-
sehen: Winkelmann, Handbuch der Physik, 2. Auflage, Bd. 6, Leipzig 1906, p. 691; H.
Kaysers Handbuch der Spektroskopie, Bd. 1, p. 663—688; O0. D. Chwolsons Lehrbuch der
Physik, Bd. 2 (Braunschweig 1904), p. 163; Müller-Pouillets Lehrb. d. Phys., 10. Auflage,
Bd. 2 (1907), p. 609—611.
°») A. F. Svanberg, Über Messung des Leitungswiderstandes für elektrische Ströme
und über ein galvanisches Differentialthermometer, Poggend. Annal. 84 (1851), p. 411—418.
') Über Langleys erste Versuche mit dem Bolometer siehe „The Actinie balance“
in Amer. Journal, ser. 3, vol. 21 (1881), p. 187—198; ferner Proc. Amer. Acad. 16 (1881),
p: 342—358. Siehe auch S. P. Langley, Le bolometre, Ann. Chim. Phys., vol. 24 (1881),
p- 275— 284. — Für die deutschen Leser sei noch verwiesen auf einen Auszug der Zs.
f. Instr. 4 (1884), p. 27— 30.
°) Siehe hier die ausgezeichneten Untersuchungen von F. Paschen, und zwar vor
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 495
Läßt man nun in geeigneter Weise nach und nach die verschiedenen
Wellenlängen des Sonnenspektrums auf das Bolometer wirken, so zeigt
das Galvanometer in jedem Augenblick an, wie eroß die auf den
geschwärzten Draht wirkende Strahlungsintensität ist; ja, es läßt sich aus
der Größe des Ausschlages nicht nur entnehmen, wo eine Fraunhofer-
sche Linie liegt, sondern auch, wie dunkel sie ist, so daß man mittels
einer solehen Methode die Energiekurve des Spektrums gewinnen kann.
Da nun die Strahlung stark abhängig vom Sonnenstande und von
den oft rasch wechselnden atmosphärischen Verhältnissen ist, so ist
es zur Erlangung einer richtigen Kenntnis der Energieverteilung im
Spektrum mehr als erwünscht, die zeitraubende subjektive Beobachtungs-
methode durch die schneller arbeitende Registriermethode zu ersetzen.
Diese Erwägung führte Langley im Jahre 1894 zur Konstruktion seines
Bolographen. Bei diesem Apparat wird das Prisma durch ein Uhrwerk
gedreht, so daß das ganze Spektrum im Laufe einer gewissen Zeit über
das Bolometer hinwegläuft; gleichzeitig wird durch das nämliche Uhrwerk
die photographische Platte, durch welche die Galvanometerausschläge
fixiert werden, in einer zu den Galvanometerausschlägen senkrechten
Richtung fortbewegt, so daß nach der Entwickelung genau zu ersehen
ist, welcher Stellung des Prismas — das heißt also welcher Wellenlänge —
ein bestimmter Galvanometerausschlag zukommt. Ängström'!) hat die
Methode so abgeändert, daß sie auch von Beobachtern angewandt werden
kann, die über geringere Mittel verfügen, als Langley es tat.
Man darf sich allerdings nicht die Schwierigkeiten verhehlen, die
sich einer richtigen Auswertung der Kurven entgegenstellen. Einmal ist
die Trägheit der Galvanometernadel zu beachten, deren Stellung außer
vom jeweiligen Widerstande des Bolometers auch von der Widerstands-
änderung abhängt. Dies macht zum mindesten eine zweite, in umge-
kehrter Richtung erfolgende Aufnahme nötig, so daß man sich den wahren
Werten erst durch die Bildung der Mittel aus zwei Kurven nähern würde.
Zum andern wird fast von sämtlichen Beobachtern, welche Messungen
mit dem Bolometer ausführten, über die als „drift“ bezeichnete ständige
Bewegung der Nadel geklagt. Über die mutmaßliche Ursache dieser
Erscheinung können wir uns hier nicht verbreiten und wollen nur noch
mitteilen, daß sie sich nach Abbots Mitteilungen?) im Langleyschen
Observatorium durch gewisse Maßregeln schließlich beseitigen ließ.
Selbstverständlich läßt sich das Bolometer auch für eine Untersuchung
allem „F. Paschen, Bolometrische Untersuchungen im Gitterspektrum, Wied. Ann. 48 (1895),
P-272-—306.
1) Siehe Nova acta Upsal. 3 (1895), p. 1-4, und The Physical Review 3 (1895),
plan 1A
?) Ann. Rep. of the Smithson. Inst. 1896, p. 68—73.
496 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
der Energie der Gesamtstrahlung des Spektrums verwenden. Um absolute
Werte zu erhalten, würde man dann zweckmäßig das Instrumentchen
mit dem Kompensations-Pyrheliometer eichen. Allerdings darf hinsichtlich
der Auswertung der gewonnenen Zahlen eine darin beruhende Schwierig-
keit nicht übersehen werden, daß eigentlich die Temperatur der drei nicht
bestrahlten Brückenzweige während der Beobachtung konstant gehalten
werden müßte"), was aber in der Praxis kaum zu erreichen ist. Überhaupt
ist die Theorie des Bolometers keineswegs so einfach, wie man auf den
ersten Augenblick meinen sollte, und es haben sich verschiedene Forscher,
so vor allem Reid?) sowie Lummer und Kurlbaum?), ausführlich mit ihr
beschäftigt. Wir können aber auf diesen Punkt sowie auf die Umgestaltung
bezw. Vervollkommnung des Bolometers durch eine Reihe bedeutender
Physiker hier nicht näher eingehen. Daher sei nur noch erinnert an die
bolometrischen Untersuchungen von K. Ängström‘), W.H. Julius?), Rubens®)
und R. v. Helmholtz‘), welch letzterer auf den Rat von W. Siemens
zur Verdoppelung des (Galvanometerausschlages die Konstruktion dahin
abänderte, daß zwei einander gegenüberliegende Brückenzweige gleichzeitig
der zu messenden Strahlung ausgesetzt werden.
Hinsichtlich der Thermosäulen sei im wesentlichen nur darauf aufmerk-
sam gemacht, daß erst Rubens?) durch seine Verwendung von äußerst dünnen
Eisen- und Konstantandrähten die Benutzung sehr empfindlicher Galvano-
meter bei Strahlungsmessungen ermöglicht hat. Er erreichte durch seine
Anordnung einmal, daß sämtliche temperaturempfindlichen Teile dicht auf
einen Raum Konstanter Temperatur zusammengedrängt waren, so daß eine
sichere Null-Lage geschaffen wurde; zum andern wurde durch die relativ
') Diese Schwierigkeit umgeht M. Seddig dadurch, daß er bei einem besonders
konstruierten Bolometer gleichzeitig alle vier Brückenzweige bestrahlt. Es sind hier je
zwei einander gegenüberliegende Zweige aus Material von positivem oder negativem
Temperaturkoeffizienten (Kohle, Eisen) hergestellt, so daß die Wirkungen der Be-
strahlung von je zwei Zweigen einander verstärken. Das Instrumentchen soll sehr empfind-
lich sein, indem von der Erreichbarkeit einer Empfindlichkeit von etwa 0,0000005° Cels.
berichtet wird. Die Herstellung desselben ist der Firma „C. Leybolds Nachfolger in
Cöln a. Rhein“ übergeben worden. — Siehe hierzu Verhandlungen d. Deutsch. Phys. Ges.
1911, p. 53—57, und Zs. £. d. Phys. u. Chem. Unterr., Bd. 24 (1911), p. 163—-164.
?) Siehe H. F. Reid, Amer. Journ., 3. Ser., Bd. 35 (1888). p. 160 u. ff.
®) Siehe 0. Lummer und F. Kurlbaum, Wied. Ann. 46 (1892), p. 204—224.
*) Wied. Ann. 26 (1885), p. 253—287, u. Upsala Univers. Ärskrift 1885.
») W.H. Julius, Arch. Neerl. 22 (1888), p. 310—384.
°) Wied. Ann. 37 (1889), p. 249—268.
) Verhandlungen d. Deutsch. Phys. Ges. von 1888, p. 71—73.
>) H. Rubens, Über eine neue Thermosäule, Zs. f. Instr. 18 (1898), p. 65—69, und
Zs. f. Phys. u. Chem. Unterr. 11 (1898), p. 126—130. — Weiteres über Thermosäulen usw.
wolle der Leser aus den genannten Lehr- bezw. Handbüchern von Chwolson, Kayser,
Müller-Pouillet und Winkelmann ersehen.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 497
geringe zu erwärmende Masse der langsame, kriechende Gang des Galvano-
meters vermieden, der einen großen Übelstand bei den Instrumenten
älterer Konstruktion bildete. Infolge der geringen Wärmekapazität erfolgen
die Ausschläge bei dem Rubens’schen Apparat ebenso rasch wie beim
Bolometer. Da auch die Empfindlichkeit recht groß ist — es gelang
Rubens mittels einer linearen Thermosäule, die auf einer Länge von 20 mm
20 Lötstellen enthielt, und eines ziemlich empfindlichen Galvanometers,
mit Sicherheit eine Temperaturerhöhung von weniger als 0,000001° Cels.
zu beobachten —, so kommt die Thermosäule von Rubens offenbar auch
für Untersuchungen der Sonnenstrahlung sehr in Frage.
Schließlich sei noch das Radiomikrometer von Boys!) erwähnt, das
auf der Drehung eines in einem konstanten Magnetfelde aufgehängten
Systems beruht, deren Größe. proportional der Stärke eines durch Be-
strahlung entstandenen Thermostromes ist, sowie auf das zuerst von
Crookes?) benutzte Radiometer, bei dem eine im luftverdünnten Raume
drehbar aufgehängte Scheibe um so mehr von den getroffenen Strahlen
abgestoßen wird, je größer deren Intensität ist?).
Was die rein optischen Strahlungsverhältnisse der Sonne betrifft, so
liegt in dem Weberschen Photometer ein für Untersuchungen darüber
sehr geeigneter Apparat vor. Die so gedachten Messungen laufen auf
eine Bestimmung der Beleuchtungsstärke einer Milchelasplatte hinaus, die
senkrecht von den Sonnenstrahlen getroffen wird. Da bei der Sonne
gewaltige Lichtintensitäten in Frage kommen, so müssen an dem Apparat,
wie wir ihn Seite 468 u. ff. beschrieben haben, noch besondere Ab-
blendungsvorrichtungen angebracht werden. Um die größten Helligkeiten
handelt es sich naturgemäß im Hochgebirge, wie im Falle der erwähnten
Dornoschen Untersuchungen. Wir müssen bezüglich der Abänderungen
des Apparates, wie sie von Professor Weber angegeben und von der Firma
Schmidt & Haensch ausgeführt worden sind, auf die im Druck befindliche
Dornosche Arbeit verweisen, wie es uns denn überhaupt bei der Behandlung
!) Proc. Roy. Soc., vol. 42 (1887), p. 189—192; dasselbe, vol. 44 (1889), p. 96—99,
und vor allem Phil. Transact. 180 A (1889), p. 159—186. — Weitere Messungen mit dem
Radiomikrometer wurden von Julius, Lewis und Paschen ausgeführt, und es gelang
letzterem, die von Boys erreichte Empfindlichkeit auf das Dreifache zu steigern.
2) Phil. Transact. 166 II (1876), p. 325—376, wo wesentlich die Frage der Wirkungs-
größe verschiedener Wellenlängen auf das Instrumentchen behandelt wird. — Weitere
Messungen mit dem Radiometer wurden von Porter, E. F. Nichols und Pringsheim aus-
geführt. Vor allem wurde die Methode von Nichols ausgebildet.
3) Das eine enorme Empfindlichkeit aufweisende, auf dem Mikrophonprinzip be-
ruhende Edisonsche Mikrotasimeter ist wohl leider in der bis jetzt vorliegenden Gestalt
für exakte quantitative Messungen nicht zu verwenden. Siehe: Amer. Journ., 3. Ser.,
vol. 17 (1879), p. 52—54; Nature, vol. 18 (1878), p. 368—370; Chem. News, vol. 38 (1878),
p: 56—58; siehe ferner Chr. Jensen und H. Sieveking, Anwendungen des Mikrophonprinzips,
Jahrb. d. Hamb. Wiss. Anst., Bd. 23 (1905), 6. Beiheft, p. 6.
32
498 “Friedr. Busch und Chr. Jensen.
dieses Abschnittes im wesentlichen nur darauf ankommen konnte, auf
die ganze Beobachtungsweise hinzudeuten. Es darf trotzdem nicht
unerwähnt bleiben, daß sehr zahlreiche Einzeleinstellungen eine außer-
ordentlich niedrige mittlere Fehlergrenze ergeben haben, so daß die ganze
Methode sehr vertrauenswürdig erscheint und mit Recht die Hoffnung
erweckt, daß die photometrische Untersuchung der Sonnenstrahlung nun
in den größeren Observatorien mehr und mehr Beachtung finden wird.
Schließlich müssen wir noch kurz hinweisen auf die bei der Besprechung
der Helliekeitsverteilung am Himmel nicht erörterte Schwierigkeit einer
photometrischen Vergleichung verschieden gefärbter Lichtquellen, eine
Schwierigkeit, die hier wohl nicht minder in Frage kommen dürfte wie
bei den vorhin erwähnten Untersuchungen sowie bei den seit einer langen
Reihe von Jahren von Weber ausgeführten Tageslichtmessungen. Wie
bei diesen kann man natürlich auch hier farbige Gläser vor das Photo-
meter schalten, um in bestimmten Farbenkomplexen zu messen. Solche
Einstellungen lassen sich mit großer Schärfe vornehmen. Über die
sich hier anschließenden Überlegungen, auf welche Weise sich etwa aus
derartigen Messungen die Helligkeitswerte der Gesamtstrahlung gewinnen
lassen, können wir uns leider nicht verbreiten. Wir müssen den Leser
daher auf die diese Fragen behandelnde Literatur verweisen').
Das von Elster und Geitel konstruierte und auch von anderen
Forschern — so von Exner?), von Gockel?) und von Mache‘) — mit
bestem Erfolge für die Messung der ultravioletten Strahlungsintensität der
') Siehe vor allem L. Weber, Die photometrische Vergleichung ungleichfarbiger
Lichtquellen, Elektrot. Zs., Bd. 5 (1884), p. 166—172, und L. Weber, Zur heterochromen
Photometrie, Centralz. f. Opt. u. Mech., Bd. 6 (1885), p. 245 u. ff. Ferner: Mace de
Lepinay et Nicati, Recherches sur la comparaison des diverses parties d’un me&eme
spectre, Ann. Ohim. Phys., Bd. 24, (1881), p. 239—337 ; dieselben, Recherches sur la com-
paraison photometrique des diverses parties d’un m@me spectre, Ann. Uhim. Phys. 30
(1883), p. 145— 214; dieselben, Recherches sur la comparaison photometrique des sources
diversement color6es, et en particulier sur la comparaison des diverses parties d’un meme
spectre, Journ. de Phys., vol. 2 (1883), p. 64—76. Ferner siehe die in Anm. 2 auf S. 468 dieser
Schrift erwähnten Werke und Seite 169—170 und 172 in L. Webers „Intensitätsmessungen
des diffusen Tageslichtes“ in der Met. Zs., Bd. 2 (1885), sowie L. Weber, Resultate der
Tageslichtmessungen in Kiel in den Jahren 1890—92, Schrift. d. Naturw. Ver. f. Schlesw.-
Holst., Bd. 10, p. 77—94.
?) F. Exner, Messungen des Potentialgefälles in Oberägypten, Sitzungsber. d. Wien.
Akad. d. Wiss. 108, Abt. Ila (1899), p.371—421 ; siehe Naturw. Rdsch. 14, p. 609—610. — In
Verbindung mit den Potentialgefälle-Bestimmungen wurden Messungen mit dem gleich
zu besprechenden Aktinometer von Elster und Geitel ausgeführt.
3) A. Gockel, Luftelektrische Untersuchungen, Collectanea Friburgensia. Neue
Folge. Fasc.4. Freiburg i. d. Schweiz 1902.
*) H. Mache, Beiträge zur Kenntnis der atmosphärischen Elektrizität. Beobachtungen
in Indien und Oberägypten, Sitzungsber. d. Wien. Akad. d. Wiss. 109, Abt. Ta (1900),
pP. 656— 694.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 499
Sonne benutzte Zinkkugelphotometer beruht bekanntlich auf dem Hallwachs-
effekt, das heißt auf der Entladung negativ geladener Körper durch Licht.
Diese Wirkung des Sonnen- und Tageslichtes fanden Elster und Geitel
besonders deutlich wahrnehmbar und leicht meßbar bei Flächen von
amalgamiertem Zink. Die wesentlichsten Teile des Apparates sind ein
Exnersches Elektroskop mit Spiegelskala, die damit in leitender Ver-
bindung stehende, den Sonnenstrahlen auszusetzende Zinkkugel und der
mit letzterer in Verbindung stehende Luftkondensator. Das die Zinkkugel
enthaltende Rohr läßt sich mit Hilfe eines Diopters so einstellen, daß die
Sonnenstrahlen axial einfallen, wobei sich die scheinbare Sonnenhöhe mittels
eines Gradbogens auf etwa '/» Grad genau einstellen lassen soll. Das Elektro-
skop wird bei Beginn der Beobachtungen auf ein bestimmtes negatives
Anfangspotential gebracht; dann läßt man das Sonnenlicht eine genau
gemessene Zahl von Sekunden auf die Kugel wirken, und unter Berück-
sichtigung der gewöhnlichen, nicht photoelektrischen Zerstreuung ergeben
sich aus dem durch die Liehtwirkung allein bewirkten, aus der Divergenz
der Elektroskopblättchen ersichtlichen Potentialabfall in einfacher Weise
die jeweilig geltenden Strahlungswerte. Diese sind natürlich zunächst
nur relativ, da die Wirkungsgröße von den Dimensionen und der
Öberflächenbeschaffenheit der lichtempfindlichen Fläche und von der
Kapazität des geladenen Systems — die ihrerseits wieder durch die
Dimensionen des Elektroskops und des Kondensators usw. bedingt ist —
abhängen. Dabei sei noch erwähnt, daß die von Elster und Geitel
befolgte Methode, wie aus sorgfältigsten Untersuchungen hervorging, eine
durchaus befriedigende Konstanz der Lichtempfindlichkeit garantiert.
Weiteres muß aus den Arbeiten dieser Beobachter ersehen werden’).
Nur möchten wir hier noch kurz darauf aufmerksam machen, daß
sich die Strahlungswirkung des Zinkkugelphotometers nicht absolut auf
den unsichtbaren Teil der kürzeren Wellen beschränkt. Wenn sie aber
auch ein wenig ins Violette hinübergreift, so ist das um so bedeutungs-
loser, als die starke Wirkung der ultravioletten Strahlen weit hinein
ins unsichtbare Spektrum reicht. Praktisch genommen kann man
daher mit Recht von der Messung der Intensität der ultra-
violetten Strahlen sprechen.
Im Anschluß hieran sei noch kurz eines ebenfalls von Elster
und Geitel angegebenen photoelektrischen Photometers gedacht, bei
welchem das bei dem eben besprochenen Instrument verwandte Elektroskop
1) J. Elster und H. Geitel, Über eine verbesserte Form des Zinkkugelphotometers
zur Bestimmung der ultravioletten Sonnenstrahlung, Phys. Zs., Bd.5 (1904), p. 238 —241. —
Geliefert wird der Apparat von der Firma Günther & Tegetmeyer in Braunschweig.
Nach uns freundlichst von der Firma zugegangener Mitteilung stehen für die nächste
Zukunft weitere Verbesserungen an demselben in Aussicht.
=
15
*
500 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
durch ein Galvanometer ersetzt wird, und bei dem die im hohen Vakuum
einer lichtelektrischen Zelle befindliche, an den negativen Pol einer Batterie
angelegte Schicht eines Alkalimetalles') die Stelle der amalgamierten
Zinkkugel vertritt. Das Licht fällt bei diesem Apparate?) durch eine
Irisblende auf eine einseitig mattgeschliffene Platte aus Jenenser Violett-
glas V, und durch das von dieser ausgehende diffuse Licht wird der licht-
elektrische Effekt ausgelöst. Dabei hat das Glas V die Aufgabe, alle
Strahlen von größerer Wellenlänge als 500 uw zu absorbieren, damit die die
Lichtempfindlichkeit der Zelle nicht unwesentlich beeinflussende Temperatur-
erhöhung nach Möglichkeit ausgeschlossen ist. Zwischen der eingestrahlten
Lichtmenge und dem (Galvanometerausschlage soll eine einfache Pro-
portionalität bestehen?).
Eingehende Versuche mit dem Apparat sind schon von Elster und
Geitel selber und von F. Harms angestellt worden?).
Bei den photographische Platten oder Papier anwendenden Methoden
zur Bestimmung der Strahlungsintensität der Sonne geht die Wirkung
vornehmlich von den blauen und violetten Strahlen aus, wobei das Maximum
meist in den Anfang des violetten Spektralbezirks fällt. So liegt beispiels-
weise nach ©. Masch?) bei der mit M bezeichneten Sorte des mehrfach
für solche Messungen benutzten Bromsilberpapiers der Firma Dr. Stolze &Co.
in Charlottenburg das Maximum der photographischen Wirkung in nächster
Nähe der Fraunhoferschen Linie G. Die verschiedenen, von einer Reihe
von Forschern angewandten photographischen Methoden zur Untersuchung
der Sonnenstrahlung können hier nicht Erwähnung finden, und wir wollen
nur auf die von C. Dorno und C. Masch angewandte und von L. Weber
vorgeschlagene Methode hinweisen, welche zwar recht mühsam ist, mit
der sich dafür aber auch außerordentlich exakt arbeiten läßt’). Die eine
Hälfte des Papieres wird während einer gewissen Zeit durch die Sonnen-
') Man benutzt Rubidium, Kalium oder Natrium.
°) Die Konstruktion dieses Apparates wurde den Werkstätten Günther & Tegetmeyer
in Braunschweig übertragen. Diese Firma gedenkt, in nächster Zeit ein für den Apparat
geeignetes Faden-Galvanometer in den Handel zu bringen, welches gestattet, das In-
strument auch bei Ballonbeobachtungen zu benutzen.
>) Siehe J. Elster, H. Geitel und F. Harms, Luftelektrische und photometrische
Beobachtungen während der totalen Sonnenfinsternis vom 30. August 1905 in Palma
(Mallorca), Terrestr. Magnetism and Atmospher. Electricity, vol. 11 (1906), p. 1—44 (s. be-
sonders p. 31—35). 8. auch Phys. Zs. 7, p. 585—587.
*) ©. Masch, Intensität und atmosphärische Absorption aktinischer Sonnenstrahlen,
Schrift. d. Naturw. Vereins für Schlesw.-Holst., Bd. 12, p. 267—305 (s. hier vor allem p. 290
bis 291). Dasselbe als Kieler Dissert. von 1901.
?) Siehe hierüber Phot. Mitteilgn., Jahrg. 28 (1891), p.8ff. Eine ausführliche
Beschreibung der Methode siehe auch in der Arbeit von H. König (Archiv. d. Vereinig. v.
Freund. d. Nat. in Mecklenb., Bd. 54 [1900], p. 365 u. ff.).
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 501
strahlen beleuchtet, die andere nach und nach in stufenförmig zunehmenden
Zeiträumen durch die Hefnerkerze.
Zur Ermittelung der Zeit, welche die Normalkerze nötig hatte, um
auf der photographischen Schicht dieselbe Schwärzung hervorzurufen wie
die Sonne, hat man dann aus den durch die Entwickelung herbeigeführten
stufenförmig zunehmenden Schwärzungen diejenigen herauszusuchen,
die möglichst nahe mit der Schwärzung der gleichmäßig belichteten Papier-
hälfte übereinstimmen. Genaueres über die Methode möge der Leser aus
der in den Anmerkungen gegebenen Literatur ersehen').
4. Staubgehalt der Atmosphäre und Verwandtes.
Von den Bestandteilen der Atmosphäre, welche in besonderem Maße die
Intensität der Sonnenstrahlung herabzudrücken vermögen?) d. h. von
Wasserdampf, Kohlensäure’) und Staubpartikelchen, dürften die letzt-
senannten deswegen im Vordergrunde unseres Interesses stehen, weil sie
offenbar eine ganz bedeutende Rolle bei denjenigen Polarisationserscheinungen
spielen, die mit besonders großer Ausführlichkeit von uns erörtert worden sind.
Glücklicherweise ermöglicht ein von Aitken angegebener Apparat,
den Staubgehalt der Atmosphäre zu messen. Solche Untersuchungen sind
von Aitken selber, von Aßmann, Melander, Rankin und anderen aus-
geführt worden, verdienten aber bei der Billigkeit des dazu nötigen
Instrumentchens, bei seiner relativ einfachen Handhabung und bei
der Wichtigkeit der daraus abzuleitenden Resultate eine noch
weit größere Verbreitung, als sie bisher gefunden haben. Die unter
') Es sei hier noch an die klassischen Untersuchungen Bunsens und Roscoes
über die Sonnenstrahlung mittels des von ihnen konstruierten Chlorknallgasphotometers
erinnert. Siehe dazu „Bunsen und Roscoe, Photochemische Untersuchungen“ in Ostwalds
Klassik. d. exakt. Wissensch. (Band 34u.38). — Zum Schluß seinochverwiesenauf
A.Tuckermanns „IndextotheLiteratureoftheSpectroscope (1887—1900,
both inelusive)“ in vol.41 vonSmithsonianMiscellaneousÜolleetions,
Washington 1902 (p. 1—188 Autorenregister, vonp. 189—373 sachlich ge-
ordneteAbschnitte,innerhalb deren wiederalphabetischnachAutoren
gseordnetist), woman wohlfastsämtliche wichtigeren Arbeiten deran-
gegebenen Periode über die Sonnenstrahlung überhaupt verzeichnet
finden dürfte. DieserIndex bildetdie Fortsetzungeinesentsprechen-
den, 1888 vom nämlichen Autor herausgegebenen Index.
?) Über die absorbierenden Bestandteile der Atmosphäre siehe p. 499—502 im Lehr-
buch der kosmischen Physik von $. A. Arrhenius (Leipzig 1903). Siehe auch 8. 13 u. ff.
vom 2. Band des Güntherschen Handbuches der Geophysik (Stuttgart 1899), wo auch
viele Literaturangaben zu finden sind.
3) Eine ziemlich erschöpfende Zusammenstellung aller wichtigen bis dahin erschienenen
Arbeiten über den Kohlensäuregehalt der Atmosphäre wird nach Hann von E. A. Letts und
R. F. Blake in „The carbonie anhydride of the atmosphere“, Roy. Dublin Soc. Scient.
Proceed., vol. 9 (1900), gegeben.
502 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
der Ägide von Professor Aßmann stehenden meteorologischen Veran-
staltungen gelegentlich des im Mai des verflossenen Jahres erwarteten
Durchganges der Erde durch den Schweif des Halleyschen Kometen dürften
wohl durchweg gezeigt haben, daß diese Messungen sich ohne allzu große
Mühe selbst im Ballon ausführen lassen, wenn man nur einigermaßen im
Beobachten eingeübt ist.
Die Methode des Staubzählens beruht darauf, daß durch plötzliche
Ausdehnung und dadurch hervorgerufene Abkühlung feuchter Luft Über-
sättigung derselben eintritt, und daß sich daher der Wasserdampf auf
den Staubteilchen als festen Kernen niederschlägt. Der Beschreibung der
ersten Aitkenschen Versuche!) folgte sehr bald eine wesentliche Ver-
besserung und Vereinfachung des Apparates?). Ohne irgendwelche prin-
zipielle Änderungen vorzunehmen, hat Lüdeling später einige technische
Verbesserungen an dem Instrumentehen angebracht, so daß das Arbeiten
damit wesentlich bequemer geworden ist als früher. Nach seinen Angaben
baut die Firma G. Schulze in Potsdam (Viktoriastraße 50) den Aitkenschen
Staubzähler. Ihrem Entgegenkommen verdanken wir nebenstehende Ab-
bildungen des Apparates, auf dessen Wirksamkeit wir deswegen etwas
näher eingehen möchten, weil eine genaue Beschreibung desselben relativ
schwer zugänglich zu sein scheint.
Die Figuren unterscheiden sich im wesentlichen nur durch die
Stellung des Hahnes A, indem in Fig. 62a die Verbindung des Rezipienten R
mit dem Pumpenstiefel Z hergestellt ist, wogegen R und Z in Fig. 62b
beide (durch das Loch, welches durch den von O ausgehenden Strich
sekennzeichnet ist) mit der Außenluft kommunizieren. Die vertikalen
Wände des Rezipienten sowie die des darin befindlichen, aus den Figuren
nicht ersichtlichen Mischungsflügels sind mit Fließpapier überzogen,
welches vor den Versuchen zu befeuchten ist, damit die beim Schütteln
des Instrumentes durchgemischte Luft in R gehörig mit Feuchtigkeit
gesättigt wird. Die durch die Expansion der Luft und die dadurch
herbeigeführte Abkühlung gebildeten Wassertröpfchen fallen auf ein mittels
eines Schlüssels bequem ein- und abschraubbares, mit einer Teilung in
@Quadratmillimeter versehenes Zählglas, das den Boden von R einnimmt.
Das Zählen der fallenden Tröpfehen geschieht mittels der Lupe M, indem
man bei stärkerem Tropfenfall eine Fläche von 1 und bei geringerem
') J. Aitken, On the number of dust particles in the atmosphere; Nature, vol. 37
(1887/88), p. 428—430; Edinb. Proceed., vol. 15 (1887/88); Sillim. Amer. Journ. (3),
vol. 35 (1888), p. 413—414; F. d. Phys. 44T (1888), p. 253—254; Naturw. Rdsch., Bd. 3
(1888), p. 356—357. — Dasselbe in ausführlicheren Mitteilungen siehe in Edinb. Trans-
act., vol. 35 [1], p. 1-19 (1887).
?) J. Aitken, On improvements in the apparatus for counting the dust particles in
the atmosphere; Edinb. Proceed., vol. 16 (1888/89), p. 135—172; Wiedem. Beibl., vol. 13
(1889), p. 984—986; F. d. Phys. 451 (1889), p. 195—196.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 503
etwa eine solche von 4 Quadratmillimetern ins Auge faßt. Der Spiegel Sp
dient zur Beleuchtung des Gesichtsfeldes. Der mit dem Kolben verbundene
Schieber 5 gleitet längs einer Skala, welche so graduiert ist, daß man aus
seiner Stellung unmittelbar das jeweilige Verhältnis der in R und in Z
- befindlichen Luftvolumina entnehmen kann.
Der eigentlichen Messung geht die Reinigung des Rezipienten vor-
aus, da die quantitative Bestimmung natürlich erst dann erfolgen kann,
wenn aller Staub zu Boden geschlagen ist. Man befeuchtet zu dem Ende
zunächst das Löschpapier, läßt dann die volle Außenluft hinein (Stellung
des Hahnes 7 wie in Fig. 62a), mischt sie gehörig durcheinander, verschließt
Fig. 62b.
nach außen und beginnt darauf mit dem Pumpen, indem natürlich vorher
R mit Z zu verbinden ist (Stellung des Hahnes 4 wie soeben). Meist
erscheint nach dem ersten Kolbenzuge ein feiner weißer Hauch von zahl-
losen winzigen Tröpfehen im Gesichtsfelde. Bei den folgenden Zügen
werden die an Zahl mehr und mehr abnehmenden Tröpfehen größer und
größer. Wenn nichts mehr fällt, kann man mit der eigentlichen Messung
beginnen.
Wenn man bei dieser — selbstverständlich die Verbindung von R
mit Z durch Hahn H vorausgesetzt — den Schieber $ bis zu einem be-
stimmten Teilstrich der graduierten Röhre, beispielsweise bis '/ıs, herunter-
zieht, so schafft man '/ıs vom Luftvolumen des Rezipienten aus diesem in die
Pumpe. Schaltet man dann H um, so wird dieser Bruchteil ("/ıs) vom
Volumen des Rezipienten durch die von außen zuströmende, zu unter-
suchende staubhaltige Luft ersetzt, so daß sich nunmehr in & '/ıs staub-
504 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
haltige und !%/ıs staubfreie Luft befinden. Man muß nun 5 nach oben
schieben, so daß die überm Kolben befindliche Luft durch das mit O
bezeichnete Loch nach außen geführt wird. Dann schaltet man den Hahn
wieder um und beginnt nach Mischung der gereinisten und der staub-
haltigen Luft im Rezipienten und nach richtiger Einstellung des Spiegels
mit dem Pumpen, indem man bei jedem Zuge die Zahl der auf einen oder
mehrere Quadratmillimeter niederfallenden Tröpfehen bestimmt. Nach der
Vorschrift Aitkens ist das Verhältnis zwischen dem Volumen der staub-
haltigen und der gereinigten Luft im Rezipienten am besten so zu wählen,
daß die Zahl der auf 1 Quadratmillimeter niederfallenden Tröpfchen
zwischen 1 und 6 schwankt. Aus einer Mehrzahl von Messungen entnimmt
man das Mittel und kann unter Berücksichtigung der Höhe (1 cm) des
Rezipienten leicht berechnen, wieviel Tröpfehen gefallen wären, d.h.
unter der Voraussetzung, daß jeder Tropfen einen Konden-
sationskern enthält, wie viele Kerne auf 1 Kubikzentimeter kommen
würden, wenn man die äußere Luft völlig zugelassen hätte).
Mittels seines Staubzählers konnte Aitken nachweisen, daß die Atmo-
sphäre ceteris paribus nach einem langen Regen oder Schneefall am
wenigsten Staub enthält. So fand er beispielsweise im Freien nach Nacht-
regen 32000, im Freien nach schönem, trockenem Wetter 130 000 Kerne
pro Kubikzentimeter, was ganz verständlich erscheint, wenn man bedenkt,
daß offenbar ein großer Teil von Staubteilchen durch starke Niederschläge
aus der Atmosphäre entfernt wird?). Während er bei den ersten Ver-
suchen mit dem verbesserten Apparat?) im Minimum 500 Teilchen für
das Kubikzentimeter errechnet hatte, fand er auf dem gegen 1350 Meter
hohen Ben Nevis die Zahl 1260%. Für den nämlichen Berg fand Rankin?)
sogar ein Minimum von nur 50 Teilchen pro gem. Zum Vereleich hier-
mit sei erwähnt, daß Aitken für die Luft über einer Bunsenflamme nicht
weniger als 30 000 000 Staubkerne pro qem bestimmte.
Außerordentlich interessant sind seine eingehenden Untersuchungen
über den Zusammenhang zwischen dem Staubgehalt der Atmosphäre und
sonstigen meteorologischen Phänomenen‘), wobei wir in erster Linie an
') Es ist bei diesen Messungen sehr darauf zu achten, daß nicht
nur Kolben und Hähne, sondern daß auch die zu verschraubenden
Teile des Apparates (oberer und unterer Boden des Rezipienten) gut
dicht sind.
?) Siehe Literatur hierzu Anm. 1 zu p. 502.
°) Siehe Literatur dazu Anm. 2 zu p. 502.
‘) Siehe Nature 40 (1889), p. 350—351, und Met. Zs. 6 (1889), p. 400.
A. Rankin, Les poussieres de l’air au sommet du Ben Nevis, Öiel et Terre und
Rev. scientif. (3), vol. 20 (1890), p. 817. Siehe auch Nature 45, p. 582—584, und F. d.
Phys. 4611 (1890), p. 257.
°) Siehe J. Aitken, On the number of dust particles in the atmosphere of certain
r
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 505
die Sichtigkeit der Luft denken. Es sei nur erwähnt, daß auf dem Ben
Nevis einer Zahl von weniger als 467 eine Fernsicht von 400 km Weite
entsprach, der Zahl 2000 dagegen eine solche von nur 65 km. Im Hin-
blick auf die oben mehrfach besprochenen, nahen Beziehungen zwischen der
Intensität der Dämmerungserscheinungen und den Polarisationsphänomenen
sind auch Aitkens Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen den
ersteren und dem Staubgehalt der Atmosphäre sehr instruktiv. Wir machen
nur darauf aufmerksam, daß sie durchaus im erwarteten Sinne liegen. Auch
über den täglichen Gang des Staubgehaltes stellte er Untersuchungen an.
Solche Messungen sind später zusammen mit luftelektrischen Untersuchungen
von Lüdeling') und von v. Fischer und Defant ausgeführt worden. Wir
entnehmen einer Arbeit der letzteren?) beifolgende Tabelle, welche deutlich
Tabelle XLVI.
gu a. bis I0ha.bi Milaibisı= dor
a. bis achis| .. i
: i 12” | mittags
ah h
u mittags | bis1"p.
| 1" p.bis | 2"p.bis | 3" p. bis | 4° p. bis
Datum i Sn
2'p. 3'p. £'p. 5" p.
18. Dezember | 185 | 329 346 3384 1.342 183 | 179 | —
19. e 258 1,322. .| 404. | 543 274.| 449, \.312,| —
20. ME 62 | 215 | 318 | 325 | 400 | 220€ 85 35
31; n 106 | 178 | 256 | 399 | 663 | 531) 29 | 6
22, e ga | 1sh, 1218355816, |11708) SH.) 103
23. Ä 108 73 | 194 87. |. 150 55 | 191 | 50
Mittel... ..: 121 .| 205 | 276 | 279 | 362 |. 436 | 324 46
places in Great Britain and on the ÖUontinent, with remarks on the relation between the
amount of dust and meteorological phenomena: Edinb. Roy. Soc. 3, Febr. 1890; Transact.
Edinb. Roy. Soc., vol. 35, p. 1; Proceed. Roy. Soc. Edinb., vol. 16, p.135; Met. Zs. 7 (1890),
p. 471— 472; Nature, vol. 41 (1890), p. 394—396; Naturw. Rdsch., Bd. 5 (1890), p. 211—213;
Wied. Beibl., Bd. 14 (1890), p. S42—843; Lum. electr., vol. 38 (1890), p. 47; Himmel und Erde,
Bd. 3 (1891), p. 278—280; F. d. Phys. 46H, p. 256—257. — Über Staub verschiedener
Herkunft siehe folgende Werke ein: J. Hann, Handbuch der Klimatologie, Bd.1 (Stutt-
gart 1908), p. 82—84; J. Hann, Lehrbuch der Meteorologie, 2. Auflage (Leipzig 1906),
p. 12—18; S. Arrhenius, Lehrbuch der kosmischen Physik (Leipzig 1903), p. 155—157, 213,
358, 405, 483, 485—490, 501 und 502, 505, 507, 852, 863 und 865.
') @. Lüdeling, Luftelektrische und Staubmessungen an der Ostsee; derselbe, Luft-
elektrische und Staubmessungen auf Helgoland. Beides in den „Ergebnissen der meteo-
rologischen Beobachtungen in Potsdam im Jahre 1901“. Berlin 1904. — Messungen des
Staubgehaltes der Luft über dem Atlantischen Ozean stellte W. Knoche an (s. Annal. d.
Hydrogr. u. Marit. Met. 1909, p. 447—449).
?) H. v. Fischer und A. Defant, Über den täglichen Gang der elektrischen Zer-
streuung und des Staubgehaltes auf dem Patscherkofel, Sitzungsber. d. Math.-Naturw.
Kl. d. K. Akad. d. Wiss. zu Wien, Bd. 114, Abt. IIa, p. 151—167.
506 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
zeigt, wie der Staubgehalt am Morgen mehr und mehr zunimmt, bis zu
einem Maximum um die Mittagszeit, um nach Ablauf der ersten Nachmittags-
stunden mehr oder weniger rasch zu sinken. Da das Maximum nahe
mit dem Temperaturmaximum zusammenfällt, so kann man wohl v. Fischer
und Defant in ihrer Ansicht beipflichten, daß dieser Gang des Phänomens
im wesentlichen auf eine indirekte Wirkung der Insolation zurückzuführen
ist, derart gedacht, daß der durch starke Sonnenstrahlung bedingte auf-
steigende Luftstrom relativ viel Staub mit sich führt.
Daß der Staubgehalt verschiedener Orte entsprechend ihrer Lage
in hohem Grade abhängig von der jeweilig herrschenden Windrichtung
sein kann, ist selbstverständlich; aber es ist doch ganz interessant, zu
erfahren, daß Aitken mittels seines Apparates auf dem Riei in genau
ziffernmäßiger Weise einen stark ausgeprägten Unterschied Konstatieren
konnte, je nachdem der Wind aus bewohnten Gegenden stammte, oder aber
von den Alpen her wehte. Mit dem nämlichen Apparat wies Melander')
in Biskra in Algier den starken Staubgehalt des Wüstenwindes nach.
Eine bedeutende Rolle für die optischen Verhältnisse der Atmosphäre
spielt bekanntlich die Verbrennung von Steinkohlen in großen Städten.
Wir erfahren durch Sombarth?), daß nach Berechnungen von Turaschek am
Ende des verflossenen Jahrhunderts innerhalb eines Jahres 800 Millionen
Tonnen Kohlen auf der Erde gefördert wurden gegenüber 649,9 Millionen im
‚Jahre 1897, 82,6 Millionen um 1850 und 12 Millionen im Jahre. 1800. Da
drängt sich einem leicht der Gedanke auf, ob nicht Hand in Hand mit
dieser rapide wachsenden Verbrauchszunahme, die eine stetig zunehmende
Verunreinigung der Luft bedingt, eine fortschreitende Änderung der
optischen Verhältnisse der Atmosphäre geht, welche — abgesehen von
anderen Phänomenen — bei der Diskussion der zu verschiedenen Zeiten
gefundenen Polarisationserscheinungen nicht ohne weiteres vernachlässigt
werden dürfte. Derartige Überlegungen würden natürlich vor allem für
Beobachtungsstationen gelten, die in Ländern mit besonders starker
Industrieentwickelung liegen.
Es darf aber wohl bei solchen Spekulationen nicht vergessen werden,
dab große Städte und Industriezentren nicht die einzige Quelle für solche
die Luft trübenden Verbrennungsprodukte bilden, indem hier jedenfalls
auch die Vulkane in Betracht kommen, die an manchen Stellen dauernd
tätig sind. Nur in besonderen Fällen, wie beim Krakatau-Ausbruch und
bei der westindischen Katastrophe, sahen wir eine gewaltige Beeinflussung
der uns hier besonders stark interessierenden Phänomene. Bei den Folge-
') G. Melander, Über die Kondensation des Wasserdampfes in der Atmosphäre.
Dissertat. Helsingfors 1897, 141 Seiten.
?) Sombarth, Deutsche Volkswirtschaft im neunzehnten Jahrhundert, Berlin 1903,
im Verlag von Bondi. Siehe hier p. 183.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 507
erscheinungen der genannten Ereignisse handelte es sich, wie wir sahen,
vor allem um Ansammlung fremder Partikelchen in bedeutenden Höhen
der Atmosphäre. Ob es möglich gewesen ist, in jenen Perioden in
geringeren Höhen, wie sie etwa mit dem Ballon zu erreichen sind, durch
den Aitkenschen Apparat eine besonders große Zahl von fremden Partikel-
chen nachzuweisen, vermögen wir nicht zu sagen. Auf alle Fälle aber
ist es sehr wünschenswert, bei künftigen ähnlichen Ereignissen
das Augenmerk auf diese Dinge zu lenken.
Über den kosmischen Staub, der nach der Theorie von Arrhenius
von der Sonne aus in unsere Atmosphäre gelangen soll, haben wir an anderer
Stelle berichtet. Wenn diese Theorie zu Recht besteht, so wäre wohl in
erster Linie an die höchsten Schichten der Atmosphäre als Sitz der fremden
Partikelchen zu denken. Aber immerhin müßte es wertvoll genug
sein, an Stationen, die für diese Beobachtungen besonders geeignet
erscheinen könnten, oder vom Ballon aus, mittels des Aitkenschen Apparates
zu untersuchen, ob sich ein direkter Zusammenhang zwischen der
Staubzahl und der Sonnentätigkeit ergibt.
In diesem Zusammenhange muß auch auf den kosmischen Staub
hingewiesen werden, in welchen sich, wie man meint, die Meteore viel-
fach verwandeln. Um unzweifelhaft kosmischen Ursprung handelt es sich
nach Nordenskjöld'), der sich eingehend mit den hierher gehörigen
Problemen beschäftigte, bei jenem Staube, der im August 1618 mit Meteor-
steinen auf der Grenze zwischen Steiermark und Ungarn herabfiel, des-
gleichen bei dem Niedergang von Staub bei Catania?) am 29. und 30. März
1880, und ebenso bei einer Reihe ähnlicher Phänomene Kosmischen
Ursprung schreibt Nordenskjöld ganz bestimmt auch jenem Staube zu, der
am 13. und 14. März 1813 in großer Menge in mehreren Gebieten Italiens
aus einer rotbraunen Wolke herabfiel, durch welche das Licht der Sonne
stark verdunkelt wurde.
Der Ursprung des sogenannten Passat- und Polarstaubes ist nach
der Annahme verschiedener Gelehrter großenteils kosmisch. Im Anschluß
an eine von Ehrenberg geäußerte Vermutung war Nordenskjöld geneigt,
die Herkunft dieses Staubes mit gewissen Erklärungsversuchen für das
Zodiakallicht in Beziehung zu setzen. Über all diese Dinge aber läßt
sich trotz aller gemachten Anstrengungen auch heute noch recht wenig
') A. E. Nordenskjöld, Über den großen Staubfall in Schweden und angrenzenden
Ländern am 3. Mai 1892, Met. Zs., Bd. 11, (1894). p. 201—218. Bei diesem Artikel findet
man eine Reihe von Literaturangaben über Arbeiten (von Nordenskjöld selber, von
Ehrenberg, Daubree, Mohn u. a.), die sich mit Staubfällen verschiedenen Ursprunges
befassen.
?) Orazio Silvestri, Sopra un pulviscolo meteorico contenente abbondante quantitä
di ferro metallico, piovuto a Uatania. Reale Accad. dei Lincei. Estratto dal vol. 4, ser. 3a.
508 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
sagen. So viel allerdings darf man wohl behaupten, daß die von Jones’)
aufgestellte Theorie eines permanenten, die Erdkugel als solche umgebenden
Staubringes für die Erklärung des Zodiakallichtes?) nicht mehr ausreicht.
Und ebenso irren wir wohl kaum in der Annahme, daß die Herkunft von
manchem als kosmisch bezeichneten Staube noch in tiefes Dunkel gehüllt
ist. Dabei sei nur an den sogenannten Kryokonit auf dem grönländischen
Inlandeis erinnert, den Nordenskjöld auch für kosmisch gehalten hat.
Arrhenius hat aber in seinem bekannten Lehrbuch darauf hingewiesen, daß
diese Ansicht dadurch unwahrscheinlich gemacht wird, daß Nansen ihn auf
den höchsten Teilen dieses Eises nicht gefunden hat.
Es hat sich durch die Untersuchungen Wilsons?) sl
daß die ursprüngliche Aitkensche Annahme, daß nur Staubteilchen?) als
Kondensationskerne dienen können, irrig ist. Es kann vielmehr bei
geenügender Feuchtiekeitsübersättigung auch in völlig staubfreier Luft
Kondensation des Wasserdampfes eintreten, indem die in der modernen
Elektrizitätslehre eine hervorragende Rolle spielenden Ionen die Stelle
der Staubteilchen vertreten. Man wird aber wohl mit Mache und
v. Schweidler‘) annehmen dürfen, daß in den meisten Fällen nur Kon-
densation an Staubkernen stattfindet, und daß man mit Ionenkondensation
nur dann zu rechnen hat, wenn durch das völlige Fehlen oder die
geringe Zahl von Staubkernen im Verein mit großer Geschwindigkeit der
aufsteigenden Luftbewegung starke Übersättigungen herbeigeführt
sind. Die Chancen für eine Ionenkondensation dürften vor allem in
größeren Höhen vorhanden sein. Einmal nämlich nimmt der Staub-
gehalt ceteris paribus mit der Höhe ab, und außerdem haben verschiedene
Forscher — und zwar unter andern Lutz’) — bei Ballonfahrten eine
Zunahme der Ionenzahl in größeren Höhen festgestellt. Solche Ionen-
zählungen können mit dem von Ebert‘) angegebenen Ionenaspirator aus-
') Jones, Beobachtungen des Tierkreislichtes, Rendic. Lomb., vol. 9, Nr. 10, p. 323,
und Naturf. 1876, p. 279.
?) Auf eine von möglichst vielen Seiten erfolgende Beobachtung des Zodiakal-
lichtes hat vor allem W. Foerster hingestrebt. Siehe u. a. „W. Foerster, Das Tierkreislicht“
(Aufforderung zur erneuten und umfassenderen Beobachtung usw.) im 10. Jahrgange (1900)
der Mitteilungen der Freunde d. Astron. u. kosm. Phys.
») ©. T. R. Wilson, On the formation of clouds in the absence of dust. Proc. Cambr.
soc., 5. Ser., vol. 8 (1895), p. 306; siehe darüber Met. Zs. 13 (1896), p. 16. Eine weitere
Arbeit Wilsons über Kondensation von Wasserdampf in staubfreier Luft und anderen
Gasen siehe in Proc. Roy. Soc. 61 (1897), p. 240. Siehe auch Phil. Transact. 189 (1897),
p. 265; Met. Zs. 14, p. 217—219, und Naturw. Rdsch. 12 (1897), p. 497.
') H. Mache u. E. v. Schweidler, Die atmosphär. Elektrizität. Methoden u. Ergebnisse
d. modernen luftelektrischen Forschung (Braunschweig bei Vieweg & Sohn 1909), p. 195 u. ff.
?) W. Lutz, Untersuchungen über atmosphärische Elektrizität, Dissert. München,
Techn. Hochschule, 1904. 102 Seiten.
°) H. Ebert, Aspirationsapparat zur Bestimmung des Ionengehalts der Atmosphäre,
%
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 509
geführt werden. Dabei möchten wir nicht unterlassen, auch noch darauf
aufmerksam zu machen, daß nach Untersuchungen von Barkow') und
Pringal?) unter gewissen Umständen, so wohl vor allem bei Gegenwart
des in statu nascendi befindlichen Ozons, auch in nicht übersättigter Luft
Kondensation von Wasserdampf eintreten kann. Als Kondensationskerne
sollen hier statt gewöhnlichen Staubes vor allem gewisse Sauerstoff-Stick-
stoffverbindungen wirken, Körperchen von einer die Molekeln wesent-
lich übertreffenden Größenordnung. Es würde sich nun für uns vor allem
um die Entscheidung darüber handeln, ob der Aitkensche Apparat ein
richtiges Bild von der Zahl der in der Luft schwebenden Staubteilchen
gibt. In geringen Höhen, wo in der Regel eine recht große Zahl von Staub-
kernen zu erwarten sein dürfte, wäre wohl im Hinblick auf die soeben
seäußerte Ansicht von Mache und v. Schweidler an der Zuverlässigkeit der
Angaben des Instrumentes kaum zu zweifeln. Für etwas beträchtlichere.
Höhen (Patscherkofel) haben v. Fischer und Defant?) der Lösung der Frage
beizukommen gesucht. Da der Apparat wiederholentlich trotz starker, auf
einen großen Ionengehalt hinweisender Elektrizitäts-Zerstreuung den Staub-
gehaltO angab, so gelangten sie zu dem Schluß, daß man mit dem Staubzähler
tatsächlich nur Staub, aber keine Ionen mißt. Wieweit sich dieser Schluß
allgemein aufrechterhalten läßt, wenn bei sehr geringer Staubzahl besonders
günstige Kondensationsbedingungen vorliegen, erscheint uns aber noch
ziemlich fraglich. Auf alle Fälle ist aber wohl .nicht daran zu
zweifeln, daß die wichtigeren bis jetzt mit dem Aitkenschen
Apparat ausgeführten Messungen ein jedenfalls angenähert
richtigesBildvon der Beziehung desStaubgehaltesder Atmo-
sphäre zu den sonstigen Beobachtungsbedingungen geben.
Von dem Staubgehalt der Atmosphäre sind nun zweifels-
ohne die luftelektrischen Phänomene‘) stark abhängig. Zunächst
wiesen Elster und Geitel auf Grund ihrer Wolfenbütteler Beobachtungen,
Phys. Zs. 2 (1901), p. 662—664; derselbe, Eine neue Form des Ionen-Aspirationsapparates,
Verhandlungen d. D. Phys. Ges. 1905, p. 34—37. Der Apparat wird von der Firma
Günther & Tegetmeyer in Braunschweig geliefert. Siehe auch Gerdiens Ionen-Aspirator
(Götting. Nachr. 1903, Heft 6). Dieser Apparat wird von der Firma Spindler & Hoyer in
Göttingen in den Handel gebracht.
') E. Barkow, Versuche über Entstehung von Nebel bei Wasserdampf und einigen
anderen Dämpfen, Ann. d. Phys. 23 (1907), p. 317—344.
2) E. Pringal, Über den wesentlichen Einfluß von Spuren nitroser Gase auf die
Kondensation von Wasserdampf, Ann. d. Phys., Bd. 26 (1908), p. 727—750 (Auszug aus
seiner Marburger Dissertation vom Januar 1908, mit einigen Zusätzen).
3) Loc. eit.
%) Da die Zahl der luftelektrischen Arbeiten Legion ist, derart,
daß es weit über den Rahmen dieses Abschnittes hinausgehen würde,
wenn wirauchnurdie wichtigeren Untersuchungen derbedeutendsten
Vertreter dieses Wissenszweiges einigermaßen vollständige geben
510 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
bei denen sie die Größe der Fernsicht zur Beurteilung des Dunstgehaltes
verwandten, auf den innigen Zusammenhang zwischen diesem meteoro-
logischen Faktor und dem Potentialgefälle der Atmosphäre hin. Auch die
Zerstreuung'), die sich jedenfalls in ihrem jährlichen Gange deutlich um-
gekehrt wie das Potentialgefälle verhält, zeigt den deutlichsten Zusammen-
hang mit der Reinheit der Luft, wie sie sich unmittelbar aus der Größe der
Fernsicht ergibt, und zwar in der Weise, daß sie bei getrübter Luft geringere
Werte aufweist als bei reinerer Atmosphäre. Die Faktoren, von denen
die Fernsicht im wesentlichsten abhängt, sind bekanntlich „gewöhnlicher
Staub, Rauch und Nebelteilchen“, und so würde eine Erklärung der
Beziehung zwischen Fernsicht einerseits und Potentialgefälle und Zer-
streuung anderseits eine Kenntnis des Einflusses dieser drei einzelnen
Faktoren voraussetzen.
Da wir uns auf ganz kurze Andeutungen beschränken müssen,
so sei in diesem Zusammenhange vor allem auf die große Rolle hin-
gewiesen, welche die Absorption von Ionen an Staubteilchen
im weitesten Sinne des Wortes bei den luftelektrischen Phänomenen
spielt. Auch möge man beachten, daß man aus der von den meisten
Beobachtern gefundenen, stark ausgeprägten Beziehung zwischen relativer
Feuchtiekeit und Leitfähigkeit den Schluß gezogen hat, daß die Ionen
von solchen Partikeln vor allem dann absorbiert werden, wenn das
Wasser beginnt, sich auf ihnen niederzuschlagen. Daß durch diese
Ionen-Absorption das Gleichgewicht zwischen den leichteren, jedenfalls
der Hauptsache nach die Leitfähigkeit bedingenden, und den
schwereren, für die Leitfähigkeit weniger in Betracht kom-
menden Ionen stark gestört werden kann, ist wohl ohne weiteres ersichtlich,
und so ist der starke Einfluß solcher Kerne auf die Leitfähigkeit verständlich.
Als ein weiteres Moment, welches für die Erklärung des Zusammen-
hanges zwischen Staubgehalt und luftelektrischen Phänomenen — wobei
hier speziell an das Potentialgefälle gedacht ist — herangezogen wird,
wollten, so müssen wir uns darauf beschränken, hier neben dem vor-
hin angegebenen Werk von Mache und v. Schweidler auf dasBuch von
A.Gockel (Die Luftelektrizität. Methoden und Resultate derneueren
Forschung. Leipzig 1908. Verlag vonS. Hirzel) hinzuweisen. Inbeiden
Büchern, die sich in schöner Weise zu ergänzen scheinen, findet man
eine reiche Literaturangabe.
') Siehe vor allem H. Geitel, Über die Elektrizitätszerstreuung in abgeschlossenen
Luftmengen, Phys. Zs. 2, p. 116—119, und J. Elster u. H. Geitel, Weitere Versuche
über die Elektrizitätszerstreuung im abgeschlossenen Luftmengen, Phys. Zs. 2, p. 560
bis 563. Siehe hierzu auch J. Elster und H. Geitel, Über die Existenz elektrischer Ionen
in der Atmosphäre, Terrestr. Magnet. and Atmospher. Electric., vol. 4 (1899), p. 213
bis 234. Im Zusammenhang hiermit siehe H. Ebert, Die Erscheinungen der atmosphärischen
Elektrizität vom Standpunkte der Tonentheorie aus beleuchtet, Met. Zs. 18 (1901), p. 289
bis 299 und 337—352.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 511
nennen wir noch das Aufwirbeln des Staubes von der negativ ge-
ladenen Erdoberfläche und den dadurch bedingten Ladungstransport.
Daß die offenbar hierdurch bedingte Änderung in der räumlichen Ver-
teilung der Ladungen das Potentialgefälle beeinflußt, leuchtet ohne weiteres
ein, ebenso auch, daß diese Beeinflussung in ihrem täglichen Gange sich
in ganz besonderem Maße in den niedrigeren Luftschiehten bemerkbar
machen muß, in denen die tägliche Periode der Luftbewegung vorliegt.
Ein weiterer Faktor, von dem die luftelektrischen Phänomene
offenbar stark abhängig sind, ist die Sonnenstrahlung. Dieser
Einfluß ist zunächst ein mehr indirekter, indem die gewöhnlichen meteoro-
logischen Vorgänge, von denen wieder die luftelektrischen Phänomene
abhängen, durch Sonnenstand und Strahlungsintensität bedingt sind. Aber
gerade die Verfolgung der in neuerer Zeit mehr und mehr vermuteten
direkteren Einwirkung der Sonnenstrahlung auf die Phänomene der Luft-
elektrizität bietet offenbar ganz außerordentliche Reize. Wir denken
hier zunächst an die höchsten Schichten der Atmosphäre, in denen die
Nordlichter sich abspielen.
Über die starke Ionisation der höchsten Luftschichten
sind sich viele bedeutende Forscher, wie Arrhenius, Birkeland,
Lenard und Paulsen, einig. Nur die Erklärungen ihres Zustande-
kommens sind verschieden. Die Versuche Lenards über die Durch-
strahlung der Luft mit kurzwelligem Licht haben es wahrscheinlich ge-
macht, daß, ebenso wie bei Röntgenstrahlen, eine Volum-Ionisation
des Gases auf Kosten der absorbierten Strahlungsenergie eintritt.
Es bestand allerdings, was Lenard') selber erörterte, und was J. J.
Thomsen für wahrscheinlich hielt, die Möglichkeit, daß hier insofern
eine indirekte Wirkung des Lichtes vorlag, als ungeladene Staubteilchen
infolge des Hallwachseffektes durch die Belichtung negative Elektrizität
aussandten, um selbst mit positiver Ladung zurückzubleiben. Lenard er-
klärte sich indes zum Schluß für die erstgenannte Auffassungsweise.
(sehen wir nun von den höchsten Schichten der Atmosphäre zur
Erdoberfläche, so scheint es nach den Untersuchungen von Elster und
Geitel?) und von Exner°’), daß hier wohl eine erheblichere Beein-
') Ph. Lenard, Über Wirkungen des ultravioletten Lichtes auf gasförmige Körper,
Drudes Ann. d. Phy. 1 (1900), p. 486—507; derselbe, Über die Elektrizitätszerstreuung
in ultraviolett durchstrahlter Luft, Drudes Ann. d. Phys. 3 (1900), p. 298—319.
2) Siehe hierzu u. a. J. Elster und H. Geitel, Beobachtungen des atmosphärischen
Potentialgefälles und der ultravioletten Sonnenstrahlung, Sitzungsber. d. Wien. Akad. d.
Wiss. 101 (Abteil. 2a), 1892, p. 703—856; siehe darüber Naturw. Rdsch., Bd. 7 (1892),
p. 669612.
>) F. Exner, Beiträge zur Kenntnis der atmosphärischen Elektrizität. Über die
tägliche Periode der Luftelektrizität, Sitzungsber. d. Wien. Akad. d. Wiss. 101 (Abteil. 2a),
1901, p. 371—386.
512 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
flussung der luftelektrischen Phänomene durch photoelektrische Zer-
streuung in Frage kommen könnte. Zunächst haben Elster und Geitel
den Effekt an einer Reihe von Mineralien festgestellt, die relativ viel
auf der Erde vorkommen. Später gingen sie daran, den genauen Tages-
gang der ultravioletten Sonnenstrahlung festzustellen. Schließlich
hat Exner versucht, diesen für verschiedene Orte der Erde untersuchten
Gang mit dem entsprechenden Gange des Potentialgefälles in Verbindung
zu setzen.
Je mehr man in das Getriebe der luftelektrischen Vorgänge Einblick
nimmt, um so mehr erkennt man die gewaltige Bedeutung der Staub-
partikeln im weitesten Sinne, des Wasserdampfes und der
Sonnenstrahlung. Dabei sehen wir natürlich von der großen Rolle,
welche die radioaktiven Substanzen für die Ionisation der Atmosphäre
haben, gänzlich ab. Erinnern wir uns nun an die Polarisationsphänomene
des Himmels, so springt es in die Augen, daß es auch hier gerade
die drei eben genannten Faktoren sind, welche für die Erklärung
der Erscheinungen besonders stark ins Gewicht zu fallen scheinen.
Welcher Gedanke liegt da näher, als der, daß die luftelektrischen Phä-
nomene und die der Polarisation in inniger Wechselbeziehung zueinander
stehen! Wir gehen sicherlich nicht irre bei dem Gedanken,
daß bei planmäßiger Verfolgung dieses Gesichtspunktes
der eine Wissenszweig durch denanderen starke Förderung
erfahren kann; wir möchten hier nachdrücklichst auf die
Wichtigkeit dieses Gesichtspunktes aufmerksam machen.
Was die Sonnenstrahlung betrifft, so scheint es allerdings,
daß dabei in erster Linie die sichtbaren Wellenlängen in Frage kommen,
wogegen bei der Luftelektrizität der springende Punkt in den kurzen
Wellen zu suchen ist. Aber wenn auch die ultravioletten Strahlen
tür die Polarisationsverhältnisse von untergeordneter Bedeutung sein
sollten, so ist doch nicht zu vergessen, daß trotz des Fehlens eines
strengen Parallelismus im Verhalten der kurzen und der langen Wellen eine
erhebliche Änderung in der Strahlungsintensität der einen Art ohne eine
entsprechende Änderung der andern wohl schwer denkbar ist. Ob
schließlich noch direktere Beziehungen zwischen den beiden Phänomenen
vorhanden sind, darüber muß die Zukunft entscheiden.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 513
Schlußwort.
Indem wir unsere längst angekündigte Schrift der Öffentlichkeit
übergeben, müssen wir zunächst unserm lebhaften Bedauern darüber Aus-
druck geben, daß sich ihre Vollendung so sehr verzögert hat. Als wir im
November 1909 den ersten Teil des Manuskriptes zum Druck gaben, konnten
wir die schweren Störungen nicht ahnen, von denen unsere Tätigkeit
leider betroffen wurde. Wir haben zudem die sachlichen Schwierigkeiten,
die wir mehrfach zu überwinden hatten, damals bedeutend unterschätzt.
Auch jetzt machen wir keinen Anspruch darauf, eine in allen Punkten er-
schöpfende Darstellung gegeben zu haben. Unser Hauptziel war, an-
regend zu wirken und zu weiteren Forschungen auf dem (rebiete der
atmosphärischen Polarisation zu ermuntern. Zu diesem Zwecke erschien
es uns notwendig, alle einigermaßen wichtigen Ergebnisse der Beob-
achtungen und theoretischen Untersuchungen ziemlich eingehend zu be-
handeln. Außerdem waren wir bestrebt, möglichst vollständige und
genaue Literaturangaben zu bringen. Wir hoffen, daß uns dies gelungen
ist. Sollten wir aber doch die eine oder andere Arbeit übersehen haben,
so bitten wir den Leser gewiß nicht vergeblich um Nachsicht.
Wir haben uns der Hauptsache nach so in die Arbeit geteilt,
daß Busch die Ausarbeitung des zweiten und Jensen die des ersten und
dritten Teils durchführte. Im liebenswürdigster Weise hat uns Herr
Professor Plaßmann, dem wir auch manche sachlichen Anregungen ver-
danken, bei der Korrektur unterstützt. Auch hat der Bruder von Jensen,
Herr Professor P. Jensen in Marburg a. d. Lahn, eine längere Reihe von
Bogen durchkorrigiert, so daß wir auch ihm herzlichen Dank wissen.
Ebenso möchten wir diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne
noch einmal herzlich dankend die große Bereitwilligkeit zu erwähnen, mit der
Herr Direktor Pater Cirera S. J. uns das Beobachtungsmaterial des Ebro-
Observatoriums zur Verfügung gestellt hat. Vor allem aber drängt es uns
dazu, der Herren Foerster und Voller zu gedenken. Dem hochgeschätzten
Direktor des Physikalischen Staatslaboratoriums in Hamburg, Herrn Pro-
fessor Dr. A. Voller, verdanken wir außer manchem freundlichen Rat
33
514 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
beständige anderweitige unmittelbare oder mittelbare Förderung unseres
Werkes. Da aber die Arbeit auch unter den Auspizien der Vereinigung von
Freunden der Astronomie und kosmischen Physik erscheint, dürfen wir nicht
verfehlen, dem rührigen Vorstande dieser Vereinigung für seine schätzbaren
Winke und für seine uns bereitwilligst gewährte moralische Unterstützung
gleichfalls herzlich zu danken — in erster Linie seinem allverehrten Vor-
sitzenden, dem Herrn Geheimrat Professor Dr. W. Foerster in Charlottenburg.
Da wir uns nicht nur an die eigentliche Fachwelt, sondern auch an
jeden ernsten Freund naturwissenschaftlicher Forschungstätigkeit wenden,
so mußten wir uns an manchen Stellen einer sehr populären Darstellung
bedienen. Ob wir in dieser Beziehung immer den richtigen Weg gefunden
haben, überlassen wir dem Urteil des Lesers.
Was unsere Behandlung der Phänomene, die zu der atmosphärischen
Polarisation nur in einer mehr oder weniger engen Beziehung stehen, anbe-
trifft, so müssen wir ausdrücklichst bemerken, daß wir hier an eine irgend-
wie erschöpfende Darstellung niemals gedacht haben. Es kam uns vielmehr
nur darauf an, in großen Zügen diejenigen Erscheinungen am Beobachter
vorüberziehen zu lassen, deren Verfolgung das Studium der Himmelspolari-
sation in besonderer Weise wird beleben und vertiefen können. Auch hier
haben wir uns indes bemüht, möglichst umfangreiche Literaturangaben zu
machen; wir dürfen uns aber wohl kaum der Hoffnung hingeben, auch nur
alle wichtigeren Arbeiten in der zum Teil so außerordentlich reichen Literatur
dieser Gebiete — insbesondere der Sonnenstrahlung — gefunden zu haben.
Bei dem Abschnitt, welcher den Staubgehalt der Atmosphäre und verwandte
Phänomene behandelt, haben wir, da die Zahl der einschlägigen neueren
Arbeiten geradezu ungeheuer ist, von vornherein auf eingehende Literatur-
nachweise verzichtet.
Eine große Schwierigkeit erwuchs uns daraus, daß noch während
der Drucklegung der beiden letzten Teile der Schrift manche Publikationen
erschienen, die das von uns behandelte Gebiet betrafen. Diese sind nach
Möglichkeit benutzt worden, sei es im Texte, sei es in den Anmerkungen;
sie sind aber naturgemäß nicht so zu ihrem Rechte gekommen, wie sie
es verdient hätten. Wir müssen auch deshalb um Nachsicht bitten.
Was unsere eigenen seit 1909 angestellten Beobachtungen der neutralen
Punkte, deren Verfolgung uns zunächst besonders am Herzen liegt,
anbetrifit, so haben wir uns kurzerhand entschlossen, sie in der vor-
liegenden Schrift nur bis gegen die zweite Hälfte des genannten Jahres hin
wiederzugeben. Es wird sich aber hoffentlich dem einen von uns (Jensen)
in der nächsten Zeit Gelegenheit bieten, ausführlicher sowohl über die seit
jener Zeit von uns selber ausgeführten Messungen, als auch über die Er-
gebnisse zu berichten, welche ihm von einer Reihe von Beobachtern des
In- und Auslandes zur weiteren Verarbeitung zugegangen sind. Diese
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 515
Beobachtungen konnten aus naheliegenden Gründen hier höchstens ganz
flüchtig berührt werden. Von den Herren, die sich in dankenswerter Weise
dazu verpflichteten, ihr Material zur Verfügung zu stellen, kommen zunächst
diejenigen in Betracht, welche zu verschiedenen Zeitpunkten vom Ham-
burgischen Physikalischen Staatslaboratorium aus auf kürzere oder längere
Zeit mit dem Seite 293 beschriebenen Apparat ausgerüstet wurden. Diese
entliehenen Instrumente sind bis auf eine verschwindend kleine Zahl
in der Werkstatt des Laboratoriums durch den Institutsmechaniker Herrn
C. Schneider, dem wir auch die sorgfältige Durchführung der Konstruktion
des Pendelquadranten verdanken, angefertigt worden.
Von den von Hamburg aus mit diesem Apparate versehenen Herren
nennen wir folgende:
Professor Dr. A. Bemporad vom Össervatorio astrofisico ed Etneo in
Catania;
Dr. Fiekendey vom Botanischen Garten zu Vietoria in Kamerun
(durch freundliche Vermittelung von Herrm Professor Dr. Voigt in
Hamburg);
Oberlehrer R. Hummel von der Großherzoglichen Navigationsschule in
Elsfleth a. d. Weser (durch freundliche Vermittelung des Direktors
dieser Anstalt, Dr. Möller, gewonnen), welcher nächster Tage mit dem
Schulschiff des Norddeutschen Lloyd „Herzogin Cecilie“ eine Welt-
reise antreten wird;
Herrn Björn Kritjänsson in Reykjavik auf Island;
Dr. E. L. Lederer vom Physikalischen Institut der Universität Üzernowitz
(im Einverständnis mit und durch freundliche Vermittelung von
Direktor Professor Dr. J. Geitler Ritter v. Armingen);
Dr. B. Meyermann, Direktor des Deutschen Observatoriums in Tsingtau;
Dr. J. Möller, Direktor der Großherzoglichen Navigationsschule in Els-
fleth a. d. Weser;
Dr. med. Ohlsen in Westerland a. Sylt;
Dr. Perlewitz von der Deutschen Seewarte in Hamburg;
Professor Dr. J. Plaßmann in Münster i. Westfalen;
Professor Dr. G. Platania von der Navigationsschule in Catania (durch
freundliche Vermittelung von Professor Bemporad);
Dr. phil. Plate von der Oberrealschule in Bielefeld i. Westfalen;
Dr. E. Przybyllok von der Deutschen Antarktischen Expedition 1911;
Dr. Robitsch in Marburg a. d. Lahn (durch freundliche Vermittelung
von Privatdozent Dr. A. Wegener);
Professor Dr. G. Sack vom Catharineum in Lübeck;
Herrn Fr. Schwab an der Thüringischen Wetterdienststelle in Ilmenau
(im Einverständnis mit und durch freundliche Vermittelung von
Direktor Professor Dr. Böttcher);
33*
516 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Dr. A. Schwaßmann, Observator an der Hamburger Sternwarte in
Bergedorf (im Einverständnis mit Direktor Professor Dr. Schorr);
Professor Dr. H. Sieveking von der Technischen Hochschule in Karls-
ruhe, welcher freundlichst eine Reihe von Beobachtungen gelegent-
lich einer Reise nach Ägypten anstellte;
Dr. G. Simpson von der British Antaretie Expedition 1910;
Lehrer W. Sinjen in Neumünster i. Holstein (früher Heiligenhafen
a. d. Ostsee);
Herrn R. Steekmann in Zanzibar (Ostafrika);
Professor Dr. K. Stöckl vom König]. Bayer. Lyceum in Passau;
Dr. R. Wenger vom Observatorio Meteorologico en las Caladas del
„Teide“ auf Teneriffa;
Dr. Wendt (früher an der Drachenstation der Deutschen Seewarte in
Groß-Borstel bei Hamburg, jetzt am Staatlichen Technikum in
Hamburg).
Allen diesen Herren Beobachtern bezw. den Herren Direktoren,
durch deren Entgegenkommen die Messungen ermöglicht wurden oder
werden, sowie denjenigen Herren, welche freundlichst vermittelten, eilt
unser aufrichtiger Dank, sei es dafür, daß durch sie bereits eine größere
oder geringere Zahl von Beobachtungen zustande kam, sei es, daß bei
ihnen jedenfalls ein guter Wille vorhanden ist, der erfreuliche Garantien
für die Zukunft bietet. Soweit wir bisher unterrichtet werden konnten,
scheint bislang besonders eifrig von den Herren Meyermann, Plaßmann,
Platania, Schwab, Schwaßmann, Sinjen und Wenger beobachtet worden zu
sein. Für besonders reiches, bereits zur Verfügung gestelltes Material
schulden wir, soweit die von Hamburg aus mit Apparaten versehenen
Beobachter in Betracht kommen, vor allem den Herren Patania, Sinjen
und Wenger Dank. Einige der genannten Herren haben inzwischen
die entliehenen durch eigene Apparate ersetzt oder gedenken, dies
in Bälde zu tun, sind jedoch im Interesse der Sache gewillt, nach
wie vor das gewonnene Material zwecks Vergleichung mit anderen
Stationen zur Verfügung zu stellen. An dieser Stelle ist auch der
Direktor der Hamburger Sternwarte, Herr Prof. Dr. Schorr, zu nennen,
dem wir, ebenso wie dem Beobachter, Herrn Dr. Schwaßmann, insofern
nicht genug Dank wissen können, als gerade gleichzeitige Messungen,
wie solche in Bergedorf und in der nahe gelegenen Großstadt Hamburg,
besonders wertvoll erscheinen müssen, wie wir dies an anderer Stelle aus-
geführt haben.
Eine besondere Genugtuung ist es für uns, daß Herr Professor
Dr. Kr. Birkeland von der Universität Christiania diesem Studium sein
Interesse zugewandt hat. Ebenso ist es mit dankbarer Freude zu begrüßen,
daß nun auch eine Reihe von Observatorien und Instituten an den ver-
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 517
schiedensten Punkten der Erde sich mit dem Pendelquadranten zur Be-
obachtung der neutralen Punkte versehen hat. Wir nennen hier:
Altenburg in Sachsen-Altenburg (Sternwarte, neuerdings verlegt nach
Aarhus in Dänemark; Direktor: Fr. Krüger);
Bremen (Meteorologisches Observatorium; Direktor: Prof. Dr.W.Grosse);
Budapest (Königlich Ungarische Reichsanstalt für Meteorologie und
Erdmagnetismus; Direktor: Hofrat Dr. Nicolaus Thege von Konkoly);
Frankfurt am Main (Meteorologisch - Geophysikalisches Institut des
Physikalischen Vereins; Direktor: Dr. F. Linke);
Kiel (Physikalisches Institut der Universität, Abteilung für atmosphärische
Physik; Direktor: Prof. Dr. L. Weber);
Lindenberg (Königlich Preußisches Aeronautisches Observatorium;
Direktor: Geheimrat Prof. Dr. Aßmann);
München (Königlich Bayerische Meteorologische Zentralstation; Direk-
tor: Dr. A. Schmauß);
O’-Gyalla (Königlich Ungarisches Meteorologisches und Erdmagneti-
sches Zentral-Observatorium; Direktor: Dr. Nicolaus Thege von
Konkoly);
Potsdam (zum Königlich Preußischen Meteorologischen Institut in
Berlin gehöriges Observatorium; Direktor: Prof. Dr. Süring);
Rom (R. Ufficio Centrale di Meteorologia e di Geodinamica; Direktor
Pro. Dr,%. Palazzo);
Straßburg (Meteorologische Landesanstalt von Elsaß - Lothringen;
Direktor: Geheimrat Prof. Dr. Hergesell);
Washington („Central Office of the Weather Bureau“ des „Department
of Agrieulture“; Direktor: W. L. Moore).
In dankenswertester Weise ist uns vom Direktor Prof. Dr. Grosse
des Bremer Observatoriums Beobachtungsmaterial zur Verfügung gestellt
worden, ferner vor allem in entgegenkommendster Weise mit Genehmigung
des Direktors von dem außerordentlich eifrigen Beobachter Professor
Kimball in Washington, der, wie wir sahen, diese Messungen mit
Bestimmungen der Polarisationseröße verknüpft. Die Förderung unseres
Unternehmens in Ungarn verdanken wir der rührigen Tätigkeit des Herrn
Hofrats Dr. v. Konkoly. Wenn auch infolge ungünstiger Verhältnisse
in den Observatorien in Ungarn bisher noch wenig beobachtet wurde,
so scheint es doch, daß auf sie berechtigte Hoffnungen für die Zukunft
gesetzt werden dürfen. Das Nämliche gilt von München, wo man dem ganzen
Unternehmen von vornherein — wir gedenken dabei dankend auch des
verstorbenen Professors Dr. Erk, der sich als erster unsern Bestrebungen
anschloß — ein sichtliches Interesse entgegengebracht hat. Es konnte
dabei allerdings zunächst nur an Beobachtungen auf der Zugspitze gedacht
werden. Diese sind zwar zu unserm Bedauern bisher nicht zustande
518 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
oekommen, weil die Macht der Verhältnisse stärker war als der gute
Wille der Herren Direktoren. Ein uns neulich zugegangenes Schreiben
des Herrn Dr. Schmauß gibt uns aber die besten Hoffnungen, daß die
Sachlage in Bälde sehr viel anders sein wird. Mit großer Genug-
tuung können wir berichten, daß Herr Professor Süring in Potsdam, der
sich schon vor einer Reihe von Jahren diesen Untersuchungen zugewandt
hatte, sie in neuerer Zeit wieder aufgenommen hat und sehr emsig bei
der Arbeit ist. In Lindenberg und Straßburg hat man vor allem Messungen
vom Ballon aus ins Auge gefaßt. Wie wir vor kurzem erfuhren, wurden
am letztgenannten Orte bereits gelegentlich einer Fahrt von Herrn
Dr. Rotzoll wohlgelungene Messungen ausgeführt. Auch können wir mitteilen,
daß vermutlich binnen kurzem von mehreren anderen Seiten mit allem Ernst
mit Beobachtungen begonnen werden wird; jedoch sind wir noch nicht
in der Lage, Näheres darüber zu sagen. Nur so viel dürfen wir verraten,
daß der gelegentlich der Sonnenstrahlungs - Untersuchungen mehrfach
erwähnte Herr Dr. Dorno aus Davos die Aufnahme dieser Beobachtungen
für nicht ferne Zeit in wahrscheinliche Aussicht gestellt hat.
Wenn wir nun auch mit einer gewissen Befriedigung auf eine schon
recht stattliche Zahl von Herren blicken, die sich in der einen oder
andern Weise unsern Bestrebungen angeschlossen haben, so verkennen wir
doch keineswegs, daß allerdings mit der großen Zahl allein noch wenig
gewonnen ist. ‚Jedoch geben wir uns der Hoffnung hin, daß verschiedene
Säumige bald mit Ernst an die Arbeit herangehen werden. Immerhin
scheint der Anfang ziemlich vielversprechend zu sein, und wir dürfen
gewiß hoffen, daß wir uns dem in der Einleitung gekennzeichneten Stand-
punkte mehr und mehr nähern werden. Dieser Gedanke wird uns in der
Zukunft weitere Arbeit erleichtern. Zur Ermutigung dient uns auch die
Sympathie, welche verschiedene wohlbekannte Forscher, wie u. a. die
Herren Professoren Günther in München, J. Mascart in Paris, E. L.
Nichols in Ithaca (N. Y.), E. C. Pickering in Cambridge (Mass.) und
Riggenbach in Basel, unsern Bestrebungen entgegenbringen.
Mit besonderer Freude können wir hervorheben, daß soeben insofern
ein weiterer, bedeutender Vorstoß in unserer Sache gemacht worden ist,
als der Vorstand der Vereinigung von Freunden der Astronomie
und kosmischen Physik sich dazu entschlossen hat, gelegentlich der
demnächst, vom 27. bis zum 30. Juli, in Jena stattfindenden Wander-
versammlung eine neue, siebente Arbeitsgruppe zur Förderung der Unter-
suchungen über die atmosphärischen Polarisationsverhältnisse zu schaffen.
Ebenso schließen sich neue Hoffnungen für die Weiterentwickelung dieses
Studiums an die äußerst dankenswerte Unterstützung unserer Bestrebungen
durch Herrn Professor Palazzo in Rom gelegentlich der letzten Versammlung
des Internationalen Meteorologischen Komitees in Berlin.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 519
Schließlich ist es uns eine angenehme Pflicht, an dieser Stelle noch
einmal vor allem den Herren Geheimrat Professor Dr. W. Foerster und
Professor Dr. A. Voller unsern aufrichtigsten Dank für die Förderung
unseres Unternehmens auszusprechen. Wir sind uns durchaus dessen
bewußt, daß namentlich ohne die wohlwollende und tatkräftige Hilfe
des letztgenannten Herın unsre Pläne nicht hätten verwirklicht werden
können.
Arnsberg und Hamburg, im Juni 1911.
Friedrich Busch. Christian Jensen.
920
25,
28,
32,
41
12,
72,
114,
‚1%
,„ 120
„ 125
Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Berichtigungen und Zusätze.
Z1. 12 von unten muß es heißen: „widerspiegeln“ statt „wiederspiegeln“.
Z1. 24 von oben: „8. April“ statt „10. Apr.“.
: Der durch den Pfeil markierte Buchstabe O in der Figur ist nicht sehr deutlich
geworden.
Z1.5 von oben und an manchen anderen Stellen des 1. Abschnittes heißt es besser:
„anderseits“ statt „andererseits“.
Z1.2 von oben: Der Ausdruck „allein durch den Gebrauch des Auges“ ist hier nicht
so aufzufassen, als könnte das Auge beliebig polarisiertes Licht, wie z. B. das
von einer Glasplatte oder vom blauen Himmel reflektierte Licht, unmittelbar
durch das Auftreten der Haidingerschen Büschel erkennen. Diese Büschel
treten jedenfalls im allgemeinen erst dann in die Erscheinung, wenn das beob-
achtende Auge durch einen das Licht polarisierenden Kristall nach einer hellen
Fläche blickt, die unpolarisiertes Licht aussendet, welches dann beim Durchgange
durch den Kristall polarisiert wird.
Z1. 17 von unten: „zweiter“ statt „zweites“.
Zl. 6 von oben: „durch einen Nicol“ statt „durch ein Nicol“.
Z1.19 von oben: „größeren Winkel“ statt „kleineren Winkel“.
: Bezüglich Aragos Beobachtungen über die Polarisation des Sonnenringes sei ver-
wiesen auf „Arago, Polarisation d’un halo, Quaterly Journ. of Science, vol. 20,
p- 167. u. 1.
Z1. 9 von oben: „einer“ statt „iner“.
Zl. 20 von oben: Unter Wasserdampf ist hier natürlich „in der Kondensation be-
griffener Wasserdampf“ zu verstehen.
Zl. 17 von oben: Die Winkel sind von der Richtung der eintretenden Lichtstrahlen
aus zu rechnen. In den Figuren 17a, 17b, 17c sind seitwärts von M aus die
Richtungen gezeichnet, in denen das diffundierte Licht ausgeht. Diese sind
den Visierrichtungen natürlich entgegengesetzt.
Zl.3 von oben: Hier ist natürlich wiederum an Wasserdampf zu denken, der in
der Kondensation begriffen ist.
muß es mehrmals heißen: „Sohneke“ statt „Sohnke“.
: In Fig. 19 muß (0, X, senkrecht auf OO, stehen, ebenso ©, X, auf O0;.
‚175, Zl.17 von oben muß es heißen: „Fig. 21“ statt „22“.
232, ZI. 7 von unten: „vom 1. Juli“ statt „am 1. Juli“.
233, Zl.1 von oben: „Fig. 36“ statt „35“.
‚285, Zl. 13 von unten: Am Schluß muß ein Komma statt eines Punktes stehen.
307, Zl. 24 von oben fehlt am Schluß der Buchstabe „I“.
BT
nur —
8.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 521
308, ZI. 1 und 2 von unten: Bezüglich der Marcuseschen Schrift, welche einzusehen wir
keine Gelegenheit hatten, sei verwiesen auf eine in den Annal. d. Hydrographie
und Maritimen Meteorologie (Jahrg. 37 [1909] p. 449— 450) erschienene Abhandlung
E. Kohlschütters „Einheitliche Methoden für die astronomische Ortsbestimmung
im Ballon“. Kohlschütter macht hier darauf aufmerksam, daß ein Teil der
Marcuseschen Methoden eine so genaue Kenntnis des voraussichtlichen Ballon-
ortes verlangt, wie sie ein Ballonführer, da er im allgemeinen nicht die richtige
Mißweisung kennen wird, außer Sicht der Erde nicht haben kann.
328, Z1. 18 bis 20 von oben muß es heißen: „wenn man die Messung in vier zueinander
senkrechten Stellungen der Helligkeitsgleichheit ausführt und aus diesen vier
Einstellungen das Mittel nimmt.“
329, Z1.2u.3 von oben heißt es besser: „so daß die beiden Bilder eines hellen Streifens
genau von den benachbarten dunklen Stegen überdeckt werden“.
330: Bezüglich der Beschreibung des Polarimeters siehe Anm. 3, Seite 456.
353: In der Formel unten muß es im Nenner „P,“ heißen statt „P“.
407, Z1. 12 von unten ist zu setzen: „Messungen“ statt „Messuugen“.
451, Zl. 12u.13 von oben heißt es besser: „Polarimeter“ statt „Polarisationsphotometer“.
452, Z1.8u.9 von oben: Seit einigen ‚Jahren werden die Weberschen Apparate auf
Wunsch auch mit dem Lummer-Brodhunschen Kontrastwürfel versehen.
462, Z1. 3—5 von unten: In dem hier genannten Artikel weist Professor Palazzo auf
einen Aufruf zur Beobachtung der neutralen Punkte hin, den Professor M.(r. Basso
in Turin 1889 im „Annuario meteorologico italiano“ ergehen ließ.
490, Z1.2 von unten muß es heißen: „der“ statt „des“.
Schließlich sei allgemein noch folgendes bemerkt: Wir hoffen, daß der Leser keinen
Anstoß daran nehmen wird, dab die Abkürzung bei der Literaturangabe nicht immer
einheitlich durchgeführt worden ist. So findet sich beispielsweise neben Met. bezw. met.
für Meteorologie bezw. meteorologisch auch Meteor. bezw. meteor. Ebenso dürfte neben
Zs. für Zeitschrift auch Zeitschr. vorkommen, ‚ desgleichen neben Ann. für Annalen oder
das französische Annales auch Annal., desgl. neben F. d. Phys. für Fortschritte der Physik
auch Fortschr. d. Phys. usw.
293 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
ou
Inhaltsübersicht.
Seite
VORWOLEE N N EIERN EEE 1— 2
Einleitung: Vortrag von Jensen aus dem Jahre 1908................. Du 65)
Erster Abschnitt.
Allgemeine Übersicht über das gesamte Gebiet der atmosphärischen
Polarisation zn ae ee ee Me 16—182
Orientierung über den Begriff des polarisierten Lichtes............. al
Haidingers3Büscheln.«......:. 2 ee 22 25
Apparate. zur Polarisation ’des Liehlese ... 22 222 20 2 23 26
Chromatische. Polarisation 7. 227.0... sl a 27 —- 28
Gekühlte:Gläser.. 3 a mE ER 28— 30
Entdeckung der Himmelspolarisation durch Arago..............2222.. 30
Aragos.Beobachtungen.....n. ..0y2 als we 30— 35
Wheaätstenes’ Polaruhr a3: 20 5 ne ee ee 35— 36
Neutrale Punkte am Himmel und Savarts Polariskop .. ... ......... 36— 40
Spekulationen und Beobachtungen von Arago, Airy, Chevalier, Herschel,
Quetelet, Delezenne, Seebeck, Goethe, Biot ........ Se 41— 42
Beobachtungen. von aKlodens Zr, ee 42
Dessl. von, Babinete 4. Ama al ah ae ee ER 43
Desel.,.. von Brawsteri sr N a a ee 44— 51
Linien gleicher Polarisation, nach Brewster ............ ER 9 51
Verteilung der -Polarisation über den Himmel, nach Poey ............. 52— 583
Linien gleicher Polarisation, nach Bosanquet ...........z..cucceeeee 53— 56
Drehung der Polarisationsebene in der Nähe der Sonne, nach Bosanquet 56— 58
Desel. nachrBusche ern ee 5861
Desgl.; "nach Masearte ner I er ee 2 61
Drehung der Polarisationsebene, nach Henri Beequerel ............... 62— 67
Dess];; nach Hurionz 2... var ae ee re 67— 69
Berechnung der Höhe der Atmosphäre, nach Liais ................... 69
Polarisation des gestirnten Himmels, nach Liais ............ae.en..n. 70
Die Größe-der.BolarisatIon 2... een ee 70
Bernards; Messungen .... 2 meer ar RE EN 20— 71
Rubehsons ‚Messungen... 3.2 2. 00 vo a ee ee WE re l— 75
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 523
Seite
MEnSenS> MENSuUNDenE ee le ERSTER Be 75— 80
Bnerssehunsen von: Kimballen. nu a8 een ne een 80
SE Le N ee. N 81
Abhängigkeit der Polarisationsgröße von der Höhenlage, nach Connel.. 82
Einfluß des Bodens, nach Uonnel, Zantedeschi, J. L. Soret und Kimball 82— 83
Polarisation bei Mondschein, nach Cornu und Piltschikoff............. 83
Polarisation in verschiedenen Farben, nach Piltschikoff............... 84
Die Störung von 1883; Beobachtungen von Cornu, Riggenbach, Busch u.a. 84— 95
Polarisation und Reinheit der Luft, nach Petrina, Urova, Houdaille und
ERS Te Se ES Sen De ln Are 95— 96
Polarisation und Wetterprognose, nach Jensen und Schultz ........... 9799
Beobachtungen von Sack 1902/03, und von Wilke seit 1904 .......... 99
Fernsicht und Nicols Prisma, nach Hagenbach und Tyndall............ 100—101
Hagessichtharkeit. der Sterne, nach Saletar. 2.2... Amserana es 101—102
Übersicht über die älteren Theorien der atmosphärischen Polarisation
nad.der blauen. Rarberdes Hummel An re at dene 102—109
IRSmaallsi Versuche. ee a ee een ee 109—113
GByISAVIErSUcHeN. Ar, 2 a Ser er TERN 114—115
IRUDENSONSEVETSUCHER a eek. ahereie 1
Mieitere- Versuche: yonzEyndall m. 2. N EIN EDEN. By
Diskussion der Versuche Tyndalls durch Bosanquet .................. 120
Wersueher von, Sohneke.. cr ern a le: 120—121
Lord Rayleighs Theorie der blauen Himmelsfarbe und der atmosphärischen
VERTRAT BE ER EL RAT 121—133
Größe und Zahl der das Licht diffundierenden Teilchen der Atmosphäre 133
Bestätigung von Lord Rayleighs Theorie durch Abney, Festing, Lampa,
(UBTRpan EOS NE HE 134
Abweichungen von Lord Rayleighs Theorie .........................- 135
Messung kleinster Teilchen durch Siedentopf und Zsigmondy sowie Unter-
suchungen über die optische Resonanz und damit verwandte Fragen. 136—137
Größe der Molekeln der Körperwelt, nach Loschmidt und van der
ES ee ae en RE NER NE EEE EEE 138
Diffusion des Lichtes an den Luftmolekeln als Quelle blauen Lichtes,
nachslord ayleichv. en I ES 139—141
IVerssteh von. RK. Exner dazu „%,..020. 2 an ae re Re N N 141
Lallemands Theorie der Polarisation und der blauen Himmelsfarbe..... 142—143
Sorets Kritik .der Theorie von Lallemand .. 2.2... sn... 143
Untersuchungen von Spring ........2222002... REN te: 144
Theorie von Planck; dessen Auffassung des Begriffes der optischen Homo-
PETER IR re ee Re a AHA: 145—146
Analyse des Himmelslichtes durch Lord Rayleigh, Crova, Vogel und
BEbENIER a a a ae: OR RN: 146—153
Untersgchumsch !Berntersu rt... Des a SE ee. 19460
BEENIERRIRDENINDEINEN MA a a A a N ee 154
Bedeutung der Fluoreszenz für die optischen Phänomene des Himmels. 160—161
Untersuchung des Himmelsblaus und der atmosphärischen Polarisation
in-verschiedenen Karben dureh: EL. Nichols... nr.» 2.3 uk a: 161—165
J. L. Sorets Theorie der atmosphärischen Polarisation ................ NDR
Untersuchungen von Hurion.......-.»r2.... ER ee A 09
524 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Seite
Bläschentheorie von Clausius und ihre Widerlegung durch Dines, Aßmann
und: Kießling‘ ; .. 2... zus a ES ER SEHEEREN IN 120
Theorie: von -Harenhach.. eu... er ee ee ee NE 181
Schlußbemerkung über den Einfluß von Brechungsvorgängen.......... 182
Zweiter Abschnitt.
Die: neutralen! Punkte: „ur. a 12 2 Se Fe DORFES 183—315
1.: Die Ergebnisserder- Beobachtungen m De 185 — 256
Beobachtungen VonrAragonr. 2 na ee Se 183—184
Dessl.: von. Klöden In Yan a ser es Ren 184—188
Desgl.. von. .Babinet a Ir. na Es re 188
Desel. von.Brewster! An. ateehikgenee er are Me a ee 188—197
Diesel. von Chaser..n.. REN 197—198
Die große Störung der atmosphärischen Polarisation von 1886—1889, nach
BUSChW nr EIER 199—204
Polatisation. der Wolken und Halossnach“ Busch ereeregs r 204—215
Neutrale Punkte und Sonnenflecken, nach Busch .................... 216 21
Die Störung von 1902 und 1903, nach den ee von Busch,
Sackunda Wilken. Rusası tu ET TE 217-227
Die Störungen von 1907 und.1908, nach Busch. 2 Dyus 2 ae 227 —232
Beobachtungen von Brewsters Punkt seit 1883...............cc.22.. 233 — 234
Außerordentliche neutrale Punkte............ SITE TE Er |
Neuere Beobachtungen und Untersuchuugen. 2... „er rer 238—256
Polarisationserscheinungen auf großen Wasserflächen, nach Jensen..... 238 —243
Beobachtung der neutralen Punkte für 1908, nach Busch.............. 243—245
Desgl. für 1909, nach Jensen und Busch und Diskussion dieser Beob-
dchtungen RI HE er 246— 251
Einfluß der Farbe auf die neutralen Punkte, nach Jensen ............ 251—252
Jensens Untersuchungen über die Brückengröße ..............e.rc00. 252—253
Aragos Punkt bei verschiedenen Beobachtern...................... .. 254—255
Neutrale Punkte’ und. Sonnenflecken 514. 2. an. een ee 256
HM. Theorie.der'neutralen Punkten... za 2. 2er a ERST: 256284
Bahinets-Khepkler.rr. erert euere NT MS er TER 257
Olausius’ Theorie.. .. DEU SERFTIRE EN Mr RTL N 2251 298
Brewsters Theorie............ Wale iger Ba 208 299
Bosanquets Theorie..... ne A en ee A N 259 —260
Tallemandsı Theorie. ar. 22,2.,22 0 m ee ... 260 —262
Baeguerels Theomie.g.. 2... ar ek EN RN? SEE TESE AE 262— 264
Borets/ Thearier Miual late lo I SEHE ER ER 0:
HiunlonsTheonlers me. 2 ee ee er ET 265—273
Einfluß der diffusen Brechungen und der sonstigen unoahen Vorgänge 274 - 277
Versuch einer Erklärung der an den neutralen Punkten beobachteten
Erscheinungen? m a5. RE TIR Se a EL Ser ee 278—282
Erklärungsversuche des Gleichlaufes mit den Sonnenflecken-Relativzahlen 282—284
III. Anleitung zur Beobachtung der neutralen Punkte......... 284—314
1. Das Aufsuchen der. neutralen‘ Buünkte 2 au a re 284—292
2.. Die Bestimmung der Höhe der neutralen Punkte .................... 292—-299
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation.
3. Genauigkeit der Messungen und Zeitangaben. ......... eccceccc.
BIESPReiL Oder. BEONaCcHtuneae N LT le
5. Umrechnung der beobachteten Höhen der neutralen Punkte in Abstände
von der Sonne bezw. von deren Gegenpunkt .... EHE RER Br I HDRRFENSIEN
Anderweitige Erscheinungen, die bei der Beobachtung zu berücksichtigen
sind: Gewöhnliche meteorologische Daten (vor allem Bewölkung), Durch-
sichtigkeit der Luft, Blau des Himmels; Bodenverhältnisse, Höhenlage,
Hauptpurpurlicht, Bishops Ring........ ee
7. Einrichtung der Hefte zum Eintragen ie Bechachtangen und Berech-
BUNSEn? u can er 2 A AR SP N
>
je23
Dritter Abschnitt.
Die Polarisationsgröße sowie einige mit den Polarisationsmessungen
in naher Beziehung stehende Beobachtungen ............. 2v..r.cc...
I. Kurzer Überblick über die Apparate zur Bestimmung der
Polarısationsgröße.....2:.,. A TE RE ART AR
Allgemeine Bemerkungen..... Euch N De ET RER
Aragos Polarimeter........ EEE NE Ne RE LA EURIENEO JR BR VRR
Araposı Mabaden Polarisation!.. rn En ad REN
Eichungstabelle für Aragos Polarimeter. ..............2..2.r sr.
Verschiedene Methoden für die Eichung eines solchen Apparates......
InnbensünnsEolarımeteken sn ee rd eat Sc
Polarimeter nach Pickering, Cormu und Weber.........
Ben sckkah der-Polanisatliongeröße..... onz.tee.enen
Das von Arago, Bernard, Rubenson, Cornu, Crova, Hurion, Jensen und
Pernter sowie das von Kimball, Pickering und Piltschikoff angewandte
MAD, BR SE N NER RER denen. dt nr
Prewystersg Mal. a je A a
VAHLLOS ET SET I EN ENE RL OET
Beziehung zwischen den versc hiedener Maßen der: Polarisation... ........
III. Die wesentlichsten Beobachtungsergebnisse für die Polari-
SSR NT OIBIER SI. 22 ee een ee ee ee Kern!
Lage des Polarisationsmaximums, nach Arago ..... ER
Desel nach BEEWSIET. u... want nes: Br eE ET OR ER
DERO SUACEhSELHDENSONM. ou. Sure ee ee dee de
Zunahme der zenitalen Polarisation nach Sonnenuntergang, nach Jensen
UWE ICRERINO en re ran a ee Re
Lage des Polarisationsmaximums für verschiedene Farben, nach Pernter
Grund für das Fehlen einer vollständigen Polarisation; diesbezügliche
Beobachtungen Piltschikoffs.. .........%. 0a aa ande aan Fee ee
Größe der Polarisation in verschiedenen Sonnenabständen innerhalb des
SIETBERVERBIRASGE HER ee A ee re
Diesbezügliche Beobachtungen von Jensen ............... sen...
Diesbezurliche Untersuchungen Hurions. ... „.sn.can en 2A. ven ade
Die Polarisationsgröße in verschiedenen Sonnenabständen, nach verschie-
denen Beohachtem. 2. .smeaas:. 2Hsr nen sheet ER
525
Seite
299— 305
305—306
307 —308
308—313
313—314
315—512
. 316333
316—318
318—321
321
322
323— 8324
324—326
327—8333
333 — 340
394
334 - 337
397
337— 340
340 —451
340
341
341— 342
343 —344
344— 345
345 — 346
3465 — 347
347 — 348
348— 349
349--352
526 Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Seite
Untersuchungen von Kimball über die Polarisationsgröße im Sonnen-
vertikal in 90° Sonnenentfernung bei verschiedenen Zenitabständen der
SONNE....:..2. Del een release 352—356
Untersuchungen von !Rubensonear=r 2 A 397— 364
Schwankungen: der Polarisation... 2 oareneı. on er er 364
Maxima und Minima der Polarisation für gleiche Sonnenhöhen, nach Jensen 365
Störende Momente: . 1... 223 ee a SE ER 364—373
Tagesgang der Polarisation, nach Jensen und anderen ............... 374— 383
Polarisation nach Sonnenuntergang, nach Pickering, Kimball und Jensen 383—387
Größe der Polarisation in den verschiedenen Jahreszeiten... .......... 388
Polarisation und verschiedene Beschaffenheit der Atmosphäre, insbesondere
Durchsichtigkeit der Luft, nach Jensens Beobachtungen ........ ee)
Polarisationsgröße und Solarkonstante, nach Crova und Houdaille ..... 392 —393
Polarisation und Durchsichtigkeit der Luft, nach Kimball ............ 393— 396
Polarisation und Wolken bezw. Nebel, nach Cornu und Schultz ....... 396-397
Störung der Polarisation durch Vulkanausbrüche........... ale
Störung durch den Ausbruch des Krakatau, Beobachtungen von er 'ornu
und Pickerine1884xund 11889... Ca Ba rn ee 398—399
Störung durch den Ausbruch des Mont Pel&e, Beobachtungen von Kimball 400—403
Störung von 1814/15; Aragos Beobachtungen .................u0.... 403 — 408
Die Solarkonstante in den Jahren 1902 bis 1904, nach Abbot.......... 408—410
Polarisationsgröße und Sonnenflecken-Relativzahlen............ 410—413
Kimballs Beobachtungen yon 1908 191022. 222 2 se 414
Beobachtungen in Tortosa von 1906 1909 2 FE mare 415—419
Desel. von 'Hurion“von 1891 —18935.7 22. 2 2.0 se m ee 419 —424
Die Strahlungsintensität der Sonne auf Grund von Aktinometerbeobach-
tungen von 1883 bis1907, nach Kmball re ee 424—425
Schlußergebnis hinsichtlich der Beziehung zwischen den bis jetzt beob-
achteten Polarisationswerten und dem allgemeinen Zustand der Atmo-
SDHATEH Dal N TA EN EEE 426
Pernters Untersuchungen der Polarisation in verschiedenen Farben; ihre
Beziehungen zu den Untersuchungen von Bock über den blauen Dampf-
Strahl USW Tora SEE N a A NE 426 —435
Desgl. von Piltschikoff; Abhängigkeit der Polarisation in verschiedenen
Farben von der Windrichtung” 2.00.1223 22 ee 435 — 437
Polarisation in verschiedenen Farben, nach Nichols, Jensen, Hurion..... 438—440
Polarisation und Kondensationskerne in der Luft, nach Bell ........... 441
Einfluß der Höhenlage auf die Polarisation 2.2. rss en 442 —451
IV. Anleitung zur Beobachtung der Polarisationsgröße....... 451—463
Das Polarimeter von Weber und seine Anwendung ........-.r..222.. 451—456
Das Polarimeter von Comm. EN 456 —463
V. Über einige Phänomene, welche in naher Beziehung zu den
Polarisationserscheinungen stehen... .. u. un... ee 463—512
1.» Die. Flächenhelligkeit des@Himmels@t 2 rn. Wa ee 463 —474
Untersuchungen Yon Wild. „a. m NER 464—465
Desgl. von L. Weber, Schramm und Wiener: -. 2... nee 465 — 468
Webers: Milchelasphotometer: 22. 2... 2. es 468—471
Messungen: von. Jensen -......, Au A a ee 472 —473
Aufsaben für die Zukunite 2 2 ee 474
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 527
Seite
9 Untersuchung der Himmelsfarbe.............-:....n.-ssesecenenenns 474—485
Vierordts Spektralphotometer und dessen Verbesserung durch H. Krüss 475 —476
Das Spektralphotometer von E. L.Nichols................ ze..00.. 476
Die einfachen Cyanometer und damit angestellte Messungen ........ 477—481
Das Oyanometer von Saussure......-......urcrcca. a AN
Desgl. von Parrot und Schlagintweit...........u.... -..... a a No ei Ne |
Desgl. von Arago, Biot, Peltier, Bernard und Wild..... .......... 481 —485
EIrFeBNISRES VOR WE ar De Eee et len aa erner 484 u. 485
Ber Sontenstrahlung”. 2 20a ee re errang een. 485 — 501
Solarkonstartemten 3.0 2 Se N ee 485
Selektive Absorption und Extinktion der Sonnenstrahlen .......... ee 486
Polarisation und optische Trübung, nach Kimball...............- 2487
Momente, die die Bestimmung der Solarkonstante erschweren ........ 488
Untersuchungen von Pounlleb 22 vu m ann en 489
Desgl. von Hann, Humphreys und Wegener..............err0.- et)
Desgl. von Frank Very, Scheiner, Langley, Abbot und Fowle........ 490
Die photometrische Beobachtung der ultravioletten Sonnenstrahlung
Aueh Bisteriunds Geitel.ae se ge rn Sean. 491
Die photometrische Bestimmung der sichtbaren Sonnenstrahlung durch
Michalke und Domain sr ee an ee er aeedete 491
Ängströms Kompensations-Pyrheliometer ............. 022... KR: 492
Das Lamellenaktinometer von W. A. Michelson .......- re 495
Kanpleys+Bolometer.. „2... sen ee ae en: 2... 494—495
Weiteres über das Bolometer; die Thermosäule von Rubens ........ 496—497
Das Radiomikrometer von Boys... .......,eocreecceeeneeernenennne 497
Das Webersche Photometer in seiner Bedeutung für die Untersuchung
der rein optischen Strahlungsverhältnisse der Sonne... ........... 497 —498
Das Zinkkugelphotometer von Elster und Geitel................0.: 498—499
Das photoelektrische Photometer von denselben. .............- ee, A099
Die photographischen Methoden zur Bestimmung der Strahlungsintensität
dem Sonne. 2 me N ee Ren arte 500— 501
4. Staubgehalt der Atmosphäre und Verwandtes ..........2..ceeeeceene 501—512
Der Staubzähler von Aitken und seine Anwendung ...............: 501—504
Ergebnisse der Staubzählung ........... un... eneeenoueeneneeene 504—506
Kohlenförderung uud Staubmenge................u0..2senaenecnee 506
Vulkamerals“Stauberzeuger va: ala ea een nein 506 —507
IKOSBUSCher? Staub. er Re ee re 507—508
Innen+als Kondensationskeriie u nem ann Mann ne 508
Kondensation in nicht übersättigter Luft ...............ceecceernn 509
Imittelektrische. Phanomener 22.2 a 2 m ee ed elzre nn: 509-512
Beziehungen derselben zum Staubgehalt der Atmosphäre ........... 509—511
Beziehungen derselben zur Sonnenstrahlung usw. ....-.......2.000. 511512
SPINNEN OR EEE orte rn Ber . 513—519
Berschtieunsen und- Zusätze. „es ne are ee 520—521
528
Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Verzeichnis der wichtigsten Tabellen.
Einleitung. $
Seite
Höhe der neutralen Punkte von Arago und Babinet bei Sonnenuntergang in
Jabresmitteln, nacheBuschr. 2 er ee ee 3 8
Zweiter Abschnitt.
Tabelle
I. Aragos Beobachtungen des Aragoschen Punktes ................. 154
11. Beobachtungen. von Klöden. -.... .u.r..m ne ee 186
IM. Aracos Punkt. am ‘Morgen, nach Brewster.. . nn... ne 189
IV. Beobachtungen von Brewster:
AT3P08 Punkt. scale. se a ee Fa 192
Bahimets Punkt sr. 2... 2 na ge N 193
V. Abstand des Brewsterschen Punktes von der Sonne.............. 194
VI. Jahresmittel für die Abstände des Babinetschen Punktes von der
Sonne und des Aragoschen vom Gegenpunkte der Sonne.......... 219
VII. Differenzen zwischen den Jahresmitteln von 1903 und denen der übrigen
Jahren (nach Busch) see. ee een ee ER N 220
VII. ‚Babinets und-Aragos Punkt im Jahre:1907. 2... 2er 228
IX.. Die neutralen Punkte im Jahre 1908 seit Juni... 2002. 227% 232
” X. Beobachtungen für 1908 (Busch, Arnsberg) ............2.2222... 244 u. 245
XI. Beobachtungen für 1909 (Jensen, Hamburg-Eppendorf) ........... 246
XII. Beobachtungon für 1909 (Busch, Arnsberg) ................ 100 4 FAN
XII. Unterschiede in den Werten für Arnsberg und Hamburg.......... 248 u. 249
Dritter Abschnitt.
XIV. Sonnenabstände, unter denen Brewster das Polarisationsmaximum
beobachtete. 3.. rer ee ee N 341
XV. Graphisch ausgeglichene Werte der Polarisation von 0,2 zu 0,2° Sonnen-
höhe, nach Ohr; Jensen... Sn. se ee 348
XVI. Die Polarisationsgröße in verschiedenen Sonnenabständen, nach ver-
schiedenen. Beobachtern. ea N SR 350 u. 351
Tabelle
ERVIIT.
XVIn.
XIX.
xXX.
XXI
XXH.
XXIII.
XXIV.
RAY.
xXXVl.
XXVL.
XXVIN.
XXIX.
XXXI.
XXXII.
XXXII.
XXXIV.
XXXV.
XXXVl.
XXXVL.
XXXVII.
XXXIX.
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation.
Desgl. im Sonnenvertikal in 90° Sonnenentfernung, bei verschiedenen
Zenitabstandentderssonnesnach Kımball.n man... 20.
Mittelwerte für die Polarisationsgröße am Sommerabend, nach
ELEND RR RE EEE NAH SEELEN
Die Polarisationsgröße in Rom am 8. Januar 1862, nach Rubenson
Mittlere Werte für die Polarisationsgröße am Sommermorgen, nach
ara Sale AA EN REIN N RE N
Desgl. für den Winterabend
Maxima und Minima der Polarisation für gleiche Sonnenhöhen,
geordnet nach Sonnenhöhen von Grad zu Grad, nach Chr. Jensen..
Einfluß von Eiskristallen in der Luft auf die Polarisationsgröße, nach
Rubenson
Zusammenstellung von Beobachtungen Brewsters über die Beziehung
der innerhalb des Sonnenvertikals in Zenitnähe beobachteten Polari-
sationsgröße zu der in Horizontnähe vorhandenen................
Tagesgang der Polarisation nach. Chr. Jensen. .....z.2..u2.0..20..
Polarisationsgröße im Zenit nach Sonnenuntergang, nach E.C. Pickering
Polarisationsgröße nach Sonnenuntergang, nach Kimball
Polarisationsgröße nach Sonnenuntergang, nach den Jensenschen
Beobachtungen
Abweichungen der Polarisationsgröße an einigen Septembertagen
des Jahres 1895 von den Durchschnittswerten (Vor- und Nachmittag),
nach Chr. Jensen
Abweichungen der Polarisationsgröße an einigen Septembertagen
des Jahres 1895 von den Durchschnittswerten — von 5" 30% nach-
BBLAORF AD DACHNEHETENSEN. ee ee ee
Beziehung zwischen der für eine bestimmte Zenitdistanz der Sonne
geltenden Polarisationsgröße in einem innerhalb des Sonnenvertikals
um 90° von der Sonne abstehenden Himmelspunkte und der Trans-
parenz, der Euft nach Kimball rm. u. 0 2a
Die größten innerhalb der einzelnen Monate für einen im Sonnen-
vertikal um 90° von der Sonne abstehenden Punkt von Kimball
gefundenen Polarisationswerte
Die Polarisationsgeröbe in verschiedenen Sonnenabständen innerhalb
des Sonnenvertikals, nach Aragos Beobachtungen
Messungen der Solarkonstante, nach Abbot
Vergleich zwischen den größten innerhalb eines Jahres beobachteten
Werten der Polarisationsgröße, die für einen innerhalb des Sonnen-
vertikals um 90° von der Sonne abstehenden Himmelspunkt gelten,
und den Sonnentlecken-Relativzahlen
Durehsehnittliche monatliche Maxima und Abweichungen der atmo-
sphärischen Polarisationsgröße zu Washington bei einem Zenit-
abstand der Sonne von 60°, nach Kimball
Mittelwerte der Polarisation innerhalb des Sonnenvertikals in 90°
Abstand von der Sonne zu Tortosa in den Jahren 1906—1909 ....
Die von Hurion in den Jahren 1891—1893 beobachteten Polarisations-
werte und die entsprechenden Sonnenflecken-Relativzahlen
Die Polarisationsgröße in verschiedenen Spektralbezirken für ver-
schiedene Mastixemulsionen, nach Pernter
39Du:
529
Seite
356
357
360
Sılaur az
375
384
390
30
394 u. 395
402
406 —407
409
420
430
530
Tabelle
XL.
XLI.
XLI.
XLII.
XLIV.
XIV.
XLVI.
Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Beziehung der Polarisationsgröße zur Intensität des eingestrahlten
Liehtes, nach Bernter. 2. nn se
Despleichen. 2.0 0 Da a EEE
Polarisationsmessungen bei erträglich blauem Himmel, nach Pernter
Desgleichen bei stark weißlichem Himmel’... .... cn...
Abhängigkeit der Polarisationsgröße im Blau sowie der Differenz
zwischen dem für Blau und dem für Rot berechneten Polarisations-
werte von der herrschenden Windrichtung, nach Piltschikoff.......
Mittelwerte der für die verschiedenen Tagesstunden geltenden Blau-
nuancen im Zenit und am Horizont für den Col du Geant und
Chamonix, nach Aufzeichnungen von Saussure.............uc.22..
Abhängigkeit des Staubgehaltes der Luft von der Tageszeit, nach
v.. Kischer und Detant er ee E
Seite
431
431
435
435
436
Tatsachen und Theorien der atmosphärischen Polarisation. 531
Verzeichnis der Figuren.
Figur Sante
1. Schematische Darstellung der Lage der beiden neutralen Punkte von
Arago und Babinet zur Sonne bei Sonnenuntergang. ..........:.. B)
PEN entralerBunkterund- Sonnentlecken ran. 9
3 und 4a bis 4c. Schwingung der Ätherteilchen ........ cz... 2.222... 18 u.19
5a bis 5e. Schwingungskomponenten in neutralem und polarisiertem Licht 21
Beeloidingers; BÜscHel: 3. Stu Sara ee nee Bein 22
7a und 7b. Polarisationsfransen im Savartschen Polariskop ..... ....... 37
Blinechterzneutralan Punktes. rn ee ee Pete 38
DENTaSos, neutralen Punkta.. ....% 22.0. ne er 39
10a und 10b. Außerordentliche neutrale Punkte, nach Brewster .......... 47
1la und 11b. Linien gleicher Polarisation am Himmel, nach Brewster... . 51
Das undsloheeDesel-enachr Bosangqwete er ee er: 54 u.55
13. Lage der Polarisationsebene in der Nähe der Sonne, nach Bosanquet .. 57
IE WESER Mach Duschen arena Mare Fe ae lee ee af ee 59
15a und 15b. Drehung der Polarisationsebene, nach Becquerel ........... 6:
16. Polarisation im Zenit bei verschiedenen Sonnenhöhen, nach Jensen .... 77
17a. Polarisation künstlicher Rauchwolken, nach Govi..............2..:.. 115
Inlermdeizc. Deselznach- Rubenson sr. ae sn ren ee 116 u. 117
18. Ätherschwingungen in diffundierten Lichtstrahlen, nach Lord Rayleigh. 124
IE, mach, demselben.» >: 4.2 2. ln. len een Kae 125
RESET DHCHE SORELE ee Re An eee 167
21. Zur Diffusionswirkung einer einseitig beleuchteten Kugel kleinster Teil-
CDEDFENISEHF ROTE a N ee Re REIT 170
22. Verschiedene Weglänge der die Atmosphäre durchsetzenden Sonnenstrahlen 174
23. Neutraler Punkt unter normalen Verhältnissen, nach Brewster ........ 197
DA. Doppelter meutraler Punkt, nach Brewster.... one. en cenenenn. sn 19
25. Wanderung der neutralen Punkte in den Jahren 1886 bis 1889, nach
RA ee ET EL ER RE A a 202 u. 203
262 Zur Bolarısation.der, Wolken, nach Busch. ». 2. an car ae 205
En DEE ek EN RER RE RER Ren ee 206
Sieh SERIE Se en a Er NN ac use ... 208
BEINEN SOHN BE en een. en ne ee ee 210
E\DEn LIES 1 SS LEE TS A A SE ee 211
31 und 32. Polarisation des Sonnenringes von 22°, nach Busch .......... 212
N N RE RE EEE 213
59: Friedr. Busch und Chr. Jensen.
Figur Seite
34a.. :Babinets Punkt von 190381908 SE pr N 221
34b. “Aragos: Punkt v0n1903 Dis 1908 Zr Dee ee 222
35a. Kurven der Differenzen der Jahresmittel für Babinets Punkt von 1903
bis 108. m I AN II NEUEN OBEN 223
35b. "Desel; Tür Aratos Punkt: ea. ee 224
36. Aragos und Babinets Punkt im Jahre 1907 und am 1. Juli 1908, nach
Busch. see ee ee ee ae 229
37. Neutrale Punkte im Terrain innerhalb des Sonnenvertikals, nach Busch 238
38. Polarisationserscheinungen auf dem Wasser, nach Jensen... ......... 240
39. Aragos Punkt-bei verschiedenen Beobachtern.. 2... 2... 254
40. Einfluß der Reflexion des Lichtes an den Teilchen der Atmosphäre auf die
Lage der neutralen Punkte, nach Dallemand= 2. er 2 mer ee 261
41. Zerlegung der Lichtschwingungen, nach Hurion ...............2...... 266
42. Polarisationswirkung einer Kugel auf ihren Mittelpunkt, nach Hurion.. 268
43. Polafimeter von Honen.: MENT EM EI BE EOS 270
44. Polarisation bei beliebiger Lage des Polarimeters, nach Hurion ....... 270
45. Jensens Pendelquadrant zur Messung der Höhe der neutralen Punkte... 293
46: Aragos‘ Polarimeter...2...0 = apa ale re 319
47.” Das. Gesichtsield in Wehers Polarimeter... 3.1222. 22 Ser 22. Bere 331
48. !.Das -bummer-Brodhunsche Prisma... m aan 2 en Be 332
49. Zur Definition des Maßes der Polarisationsgröße .........-..re2220.. 337
50. Graphische Darstellung des Ganges der Polarisationsgröße am Sommer-
abend, nach"Rubenson. ec et NE ES EI 358
Hl Desal- für-deneSommermorsen Swen ee 362
52... Tagesgang der" Polarisation, nach Jensen 4... N nern 374
53a. Polarisation. in Tortosa um 8"a. in den Jahren 1906 bis 1909 ....... 417
53b.:- Desgl. ya. Ya se a A RE 417
54. Strahlungsintensität in Montpellier (1853 bis 1900), Lausanne (1896 bis
1903), Warschau (1901 bis 1905), Washington (1906 bis 1909), nach
Kimball’......* A Eee ee 3 ee ra AREA 0 425
55. Abhängigkeit der Polarisationsgröße von der Wellenlänge des Lichtes in
verschiedenen (Gegenden; nach E-E. Nichok 22 an. 2. ee 438
56..Das- Polarımeter von.E» Weber. san. Ser 453
571... Das; Polanimeter von Comu: ae ee en AI TE 457
58. Linien gleicher Helligkeit am Himmel, nach L. Weber ........... <= rAbE
59. Schematische Darstellung des Milchglasplatten-Photometers ....... x 408
60. Beziehung zwischen Flächenhelligkeit im Zenit und Sonnenhöhe, nach
JENSEN. RN 475
61. Arapos Oyanometen..sr cs SEE NE a 2
623 und. 62b. - Der Altikensehe Staubzahler.: 22... e4.n a ee ee 503
Eingegangen am 19. November 1909
Über den
Helium- und Argongehalt
des Erdgases von Neuengamme.
Von
A. Voller und B. Walter.
GaLrı
AN E
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en
$1. Einleitung.
Seit mehreren Jahren werden in den verschiedensten Gegenden des
hamburgischen Staatsgebietes zur Versorgung der Stadt Hamburg mit
artesischem Wasser Brunnenbohrungen angestellt. Am 3. November 1910
stieß man nun bei dem fünfzehnten Brunnen dieser Art, der ungefähr
5 km südlich von Bergedorf und etwa in der Mitte zwischen diesem Ort
und dem Elbstrom in der Nähe des Dorfes Neuengamme niedergetrieben
wurde, als das Bohrrohr in einer Tiefe von 245 m angelangt war, auf ein
unterirdisches Gaslager. Eine am nächsten Morgen aufgefangene Probe des
Gases enthielt nach der im Hamburger Hygienischen Institut angestellten
Analyse
Orubengasr.. Nee ee ane 91,5 %
schwere Kohlenwasserstoffe .............- 2lar/a
SEI ter Te net 5,6 °/o
SEBETS LO Neun 1,3: %/0
ISohleas gr A: ner aE Seas: 0,3 %0
Eine spätere Analyse der Hamburger Gaswerke, die sich auf eine am
26. desselben Monats entnommene Probe bezieht, ergab
GEUDEN SS Se a 91,6 °jo
schwere Kohlenwasserstoffe .............. 0,8 °/o
SICKStolb sn ee re 4,4 °/o
SANBrSstalk nr a ee 0,7 °/o
Kohlensäure plus Schwefelwasserstoff...... 0,2 °/o
Massen ton tee ee DEE 2,3 °%%
Das am 3. November, abends 11 Uhr, unter sehr hohem Druck aus-
gebrochene Gas strömte in der Hauptsache aus zwei, seitlich an dem
obersten Ende des 26 cm weiten Bohrrohres befindlichen, einander gegen-
überliegenden Öffnungen von 5 cm Durchmesser aus und bildete, nachdem
es am 4. November, abends 9 Uhr, entzündet worden war, zwei je etwa
20 m lange, mächtig lodernde und einen ohrenbetäubenden Lärm ver-
ursachende Flammen. Diese begannen jederseits erst in etwa 1 m Abstand
von der Austrittsöffnung und zeigten von da ab zunächst etwa 3m
weit jene bläuliche Färbung, wie man sie an jeder Gebläseflamme beob-
achtet, die jedoch hier auch schon vielfach mit dem bekannten gelblichen
Weiß untermischt war, wie es von den glühenden Kohlenstoffteilchen einer
jeden gewöhnlichen Kohlenwasserstoffflamme ausgestrahlt wird und wie es
9) A. Voller und B. Walter.
24
auch der weiter nach außen hin folgende, weitaus größte Teil der beiden
Flammen als einzige Farbe zeigte. Die Flammen mochten hier an ihren
breitesten Stellen einen Querschnitt von etwa 3 m Durchmesser haben.
Die Gasquelle wurde, nachdem man die Flammen inzwischen mehrfach
auf kurze Zeit gelöscht und wieder angezündet hatte, am 2. Dezember 1910
dauernd abgeschlossen, und die Angaben der dabei an dem Bohrkopf
angebrachten Manometer sollen nach einer Notiz der Hamburger Nachrichten
vom 11. Januar1911 von da ab zwischen 23 und 25 Atmosphären geschwankt
haben, Unterschiede, die aber wohl mehr auf den veränderlichen Einfluß
der Außentemperatur auf die Manometer als auf eine Veränderung des
Druckes des Gases selbst zurückzuführen sind. Am 20. Dezember, als der
eine von uns für die in der Folge zu beschreibenden Versuche eine Gas-
probe aus dem Brunnen entnahm, zeigten die Manometer 23 Atmo-
sphären an.
Was nun aber diese unsere Untersuchungen angeht, so bildete die
erste Veranlassung dazu die von anderer Seite aufgestellte Behauptung,
daß in dem Spektrum des Lichtes der Neuengammer Flammen die beiden
hauptsächlichsten Linien des Heliums auftreten sollten.
Die Nachprüfung dieser Beobachtung schien uns schon aus dem
Grunde von Wichtigkeit, weil diese Linien zwar in dem Lichte der Sonne
und gewisser Sterne, aber unseres Wissens bisher noch niemals mit Sicher-
heit in einer irdischen Flamme beobachtet worden waren. Auch würde
der aus jener Behauptung zu folgernde größere Gehalt des Gases an
Helium auf eine Berührung desselben mit stark radioaktiven Gesteins-
schichten hingewiesen und so möglicherweise einen näheren Fingerzeig
auf seine Herkunft gegeben haben. In dieser Hinsicht ist daran zu erinnern,
daß die Ansichten über die Entstehung derartiger Gas- und Petroleum-
lager noch durchaus nicht geklärt sind; denn, während die herrschende
Auffassung dahin geht, ihren Ursprung in den Fetten von Tieren älterer
geologischer Perioden zu suchen, hielt z. B. Moissan es für wahrscheinlich,
daß ein großer Teil dieser Stoffe auf rein anorganischem Wege, nämlich
durch Zersetzung von Metallkarbiden mit Wasser entstanden sei, wie sich
ja auch z. B. das Azetylen in der einfachsten Weise aus Kalziumkarbid
und Wasser gewinnen läßt.
Von diesen Gesichtspunkten aus schien es uns aber weiter von Inter-
esse, auch abgesehen von dem etwaigen Auftreten der Heliumlinien in dem
Lichte der Neuengammer Flammen selbst, den Gehalt des Gaslagers an
Helium und den übrigen Edelgasen wenigstens der Größenordnung nach
festzustellen, und somit reihte sich denn an den ersten Teil unserer
Untersuchungen, nämlich an die Beobachtung des Spektrums der Neuen-
gammer Flammen selbst, im weiteren Verlaufe noch ein zweiter Teil, d. i.
die Ermittelung des Gehaltes des Neuengammer Gases an Edelgasen, an.
Über den Helium- und Argongehalt des Erdgases von Neuengamme. 3
82. Beobachtungen über das Spektrum der Neuengammer
Flammen.
Die in der Einleitung angeführte Behauptung, daß in dem Lichte
der Neuengammer Flammen die hauptsächlichsten Linien des Heliums auf-
treten sollten, schien allerdings von vornherein recht wenig wahrscheinlich;
denn einesteils hat man eben die Linien dieses Gases, wie schon in der
Einleitung gesagt wurde, noch niemals in einer mit Heliumgas gemischten
Flamme, sondern stets nur in dem Lichte elektrischer Entladungen, die
durch das Gas hindurchgeschickt wurden, beobachtet,. und andernteils
treten auch z. B. die Linien des Stieckstoffs und des Argons, zweier
Gase, die in chemischer Hinsicht dem Helium verwandt und in der
atmosphärischen Luft zu bezw. 78,1 und 0,94 °/o enthalten sind, doch in
keiner frei an der Luft brennenden Flamme auf, obgleich sie natürlich
durch Diffusion in reichlichem Maße in diese hinein geraten müssen.
Ebenso zeigt sich auch das bekannte Linienspektrum des Wasser-
stoffs, obgleich es sich mit Hilfe elektrischer Entladungen in Geißlerschen
Röhren sowie auch an der Anode des Wehneltunterbrechers usw. mit
größter Leichtigkeit und Helligkeit erzeugen läßt, doch niemals in einer
gewöhnlichen Gasflamme, trotzdem eine solche den Wasserstoff stets in
dissoziierter Form enthält; ja, man beobachtet dieses Linienspektrum nicht
einmal in der Flamme des Wasserstoffs selbst — und zwar gleichviel, ob
man das Gas frei an der Luft oder im Knallgasgebläse verbrennt. Eine
solche Wasserstoffflamme zeigt vielmehr stets nur das Bandenspektrum des
Wasserdampfes, das übrigens auch -— zugleich mit einem anderen Banden-
spektrum, dem sog. Swanschen Spektrum, das uns alsbald noch näher
beschäftigen wird — in jeder Kohlenwasserstoffflamme auftritt; diesen
beiden Spektren werden wir denn auch später in dem der Neuengammer
Flammen begegnen. Hinsichtlich des Swanschen Spektrums sei ferner
gleich hier erwähnt, daß es sich hierbei wahrscheinlich um das Spektrum
des Kohlenstoffatomes selbst handelt, daß aber einige Forscher dasselbe
auch dem Kohlenoxyd und andere wieder einem Kohlenwasserstoff zu-
schreiben.
Die mehrfach erwähnte Behauptung, daß das Licht der Neuengammer
Flammen die beiden hauptsächlichsten Linien des Heliums zeigen sollte, war
ferner auch schon deswegen verdächtig, weil einerseits die gelbe Hauptlinie
dieses Gases, die sog. D,-Linie mit einer Wellenlänge von 5876 Angström-
Einheiten, bekanntlich der gelben Doppellinie des Natriums (D, = 5896
und D, = 5890) sehr nahe liegt und daher schon häufig mit ihr ver-
wechselt worden ist, und weil andererseits auch die zweite hierbei noch
genannte Linie des Heliums, die im Grün bei 5016 liegt, ebenfalls nicht
weit von der hellsten linienartigen Bande des Swanschen Spektrums —
4 A. Voller und B. Walter.
bei 4A — 5164 — entfernt ist, eines Spektrums, das, wie schon soeben
erwähnt wurde, auch bei den Neuengammer Flammen mit ziemlich großer
Intensität auftrat.
Auch genügt die Behauptung, daß man in einem Spektroskop, welches
sonst die gelbe Natriumlinie nur einfach zeigt, in Neuengamme an der
Stelle dieser Linie deutlich zwei Linien gesehen habe, noch nicht zur
Begründung des Vorhandenseins der D;-Linie; denn diese Erscheinung
kann hier sehr leicht dadurch hervorgerufen sein, daß man den Spalt des
Apparates etwas weiter geöffnet hatte, und daß dann, wenn das Spektro-
skop auf den inneren Teil einer der beiden Flammen gerichtet war, die
eine Spaltbacke von der einen und die andere von der anderen der beiden
Flammen ein starkes seitliches Licht erhielt, so daß daher jede der beiden
Backen für sich eine Natriumlinie im Spektrum erzeugte, die dann beide
im Gesichtsfeld den scheinbaren Abstand der beiden Backen voneinander
hatten, so daß man demnach eine helle Doppellinie von mehr oder weniger
großem Abstand — je nach der Öffnung des Spaltes — sehen mußte. Die
Erscheinung läßt sich im Laboratorium leicht nachmachen, wenn man
zwei Natriumflammen in einigem Abstand voneinander aufstellt und dann
mit einem solchen Spektroskop, dessen Spalt ziemlich weit geöffnet ist,
mitten zwischen beiden hindurch visiert.
Trotz aller dieser Bedenken schien es aber doch angebracht, das
Spektrum der Neuengammer Flammen an Ort und Stelle genauer zu unter-
suchen, und so wurde denn, nachdem der eine von uns daselbst schon am
Abend des 12. November mit einem zwar kleinen, aber vorzüglichen
Taschenspektroskop mit Wellenlängenskala einige vorläufige Beobachtungen
gemacht hatte, am Abend des 18. desselben Monats eine gemeinschaftliche
Fahrt mit größerer Apparatur nach Neuengamme hin unternommen. Dabei
wurde außer dem erwähnten Taschenspektroskop noch ein größeres und
erheblich stärker dispergierendes Laboratoriumsspektroskop mit zwei 60 °-
Prismen aus Flintglas sowie auch ein Quarzspektrograph mitgenommen.
Die beiden ersteren Apparate sollten zur direkten Beobachtung des sicht-
baren und der letztere zur photographischen Aufnahme des blauen, violetten
und ultravioletten Teiles des Spektrums der Flammen dienen.
Bei den vorbereitenden Versuchen im Laboratorium zeigte das
große Spektroskop, wenn man vor seinen Spalt zunächst eine Natrium-
flamme und dahinter eine Heliumröhre aufstellte, nicht bloß die D,-Linie
des Heliums in weitem Abstande von den beiden D-Linien des Natriums,
sondern ferner auch diese selbst unter sich vollkommen deutlich von-
einander getrennt, ohne daß man deshalb den Spalt überaus eng zu
machen brauchte. Das kleine Taschenspektroskop dagegen zeigte zwar
D, und D, nicht mehr getrennt voneinander, wohl aber D; deutlich neben
diesen Natriumlinien liegend; und es wurde auch dieser Apparat haupt-
Über den Helium- und Argongehalt des Erdgases von Neuengamme. 5
sächlich nur wegen seiner größeren Lichtstärke und Übersichtlichkeit mit-
genommen, da er nämlich das ganze sichtbare Spektrum mit einem Blick
übersehen ließ.
Die Beobachtung der Neuengammer Flammen an Ort und Stelle ergab
nun an den genannten beiden Abenden übereinstimmend, daß das Spektrum
derselben, zumal in ihren äußeren, rein gelb erscheinenden Teilen, zunächst
jene kontinuierliche Unterlage besaß, wie sie bei jeder leuchtenden,
d.h. olıne starken Zug brennenden Kohlenwasserstoffflamme auftritt, daß
sich aber ferner in allen Teilen der Flamme auch die beiden D- Linien
des Natriums in sehr starkem Grade zeisten, und daß endlich in den
bläulich erscheinenden inneren Teilen der Flammen (s. $ 1) auch die
hauptsächlichsten Banden des Swanschen Spektrums, vor allem die grüne
bei 5164, sichtbar wurden. Dagegen konnte weder vonder gelben
noch von der grünen Heliumlinie jemals eine Spur beob-
achtet werden.
Besonders überzeugend war in letzterer Hinsicht die Beobachtung
der Flammen am Abend des 18. November mit dem großen Spektroskop,
da man hiermit die beiden D-Linien des Natriums in Nenuengamme mit
derselben Deutlichkeit sah wie bei den vorhergehenden Versuchen im
Laboratorium, während von der gelben Heliumlinie draußen keine Spur
zu erkennen war. Ebensowenig ließ sich aber auch die grüne Linie
dieses Gases an einem der genannten beiden Abende beobachten, trotzdem
diese sich auch schon in dem kleinen Taschenspektroskop in weitem Ab-
stande von der grünen Bande des Swan-Spektrums hätte zeigen müssen.
Schließlich sei noch bemerkt, daß bei der genaueren spektroskopischen
Untersuchung der Neuengammer Flammen am Abend des 18. November
auch noch besonders auf das eventuelle Auftreten von Linien des Kaliums
geachtet wurde, um dadurch vielleicht einen Zusammenhang des Gaslagers
mit einem Kalisalzlager festzustellen. Das Ergebnis war indessen auch in
dieser Hinsicht ein vollkommen negatives, denn von der roten Doppel-
linie des Kaliums bei 7699 und 7666, die ja für die spektroskopische
Erkennung dieses Elementes in der Flamme allein in Frage kommt, war
in Neuengamme nichts zu sehen.
Somit bleibt also als einzig bemerkenswertes Resultat dieser spektro-
skopischen Beobachtungen der Neuengammer Flammen nur das verhältnis-
mäßig starke Auftreten der gelben Doppellinie des Natriums in dem
Spektrum derselben übrig; und dieses Ergebnis steht nun auch im besten
Einklang mit der Analyse der Abdampfrückstände des am ersten Tage des
Ausbruches des Gases zugleich mit diesem ausströmenden Wasserdampfes,
die gleichfalls vom hiesigen Hygienischen Institut ausgeführt wurde und
auf das Liter Wasser 2732 mg Rückstand ergab, wovon sich 2035 mg
als Kochsalz und nur 28 mg als Chlorkalium erwiesen. Der Kochsalz-
6 A. Voller und B. Walter.
gehalt eines normalen Trinkwassers beträgt nur 50 mg auf das Liter, so
daß also derjenige des Wassers unseres Brunnens immerhin ziemlich
hoch erscheint.
Mit den beschriebenen spektroskopischen Befunden stimmt nun ferner
auch das Aussehen der spektrographischen Aufnahme der Flamme, welche
gleichfalls am Abend des 18. November gemacht wurde und in den
Spektren 4 und 7 der dieser Abhandlung beigegebenen Tafel wieder-
gegeben ist, überein. Diese Spektren stammen beide von demselben
Originalnegativ und sind nur nach verschieden tiefen Kopien desselben
reproduziert, um sowohl seine helleren als auch seine dunkleren Teile
möglichst deutlich hervortreten zu lassen. Ebenso sind auch die Spektren 2
und 5 einerseits und 3 und 6 andererseits nur verschieden dunkle Kopien
eines und desselben Originalspektrums, und zwar rührt das erstere dieser
beiden Spektren von dem Lichte des oberen und das letztere von dem des
mittleren Teiles einer Bunsenflamme her, die in diesem Falle aus einem
Teklubrenner brannte, dessen Luftspalt so weit zugedreht war, daß der
innere, das Swansche Spektrum zeigende Kegel der Flamme etwa eine
Länge von 4cm und die Flamme selbst also ganz das Aussehen der-
jenigen eines gewöhnlichen Bunsenschen Brenners hatte.
Die Spektren 1 und 8 der Tafel endlich stammen von dem Lichte
eines in Quarzrohr mit 2 Ampere Stromstärke erzeugten Quecksilber-
bogens her und dienen lediglich zur Ermittelung der Wellenlängen.
Die sämtlichen Spektren der Tafel wurden mit der gleichen Spalt-
weite und auch unter gleicher sonstiger Einstellung des Spektrographen
auf derselben photographischen Platte aufgenommen. Die Expositionszeit
betrug bei 1 und 8 aus 70 cm Abstand von der Lampe nur 1 Sekunde,
bei den beiden Bunsenflammenspektren dagegen, bei deren Aufnahme der
betreffende Teil der Flamme sich jedesmal unmittelbar vor dem Spalt
befand, je 30 Minuten und bei dem Neuengammer Spektrum endlich, das
aus etwa 30 m Abstand von dem Brunnenrohr aufgenommen wurde, und
bei dem das Kollimatorrohr des Spektrographen auf den inneren, teils
blau, teils gelb erscheinenden Teil einer der beiden Flammen (s. $ 1)
gerichtet war, 40 Minuten.
Die Zahlen am oberen Ende der Tafel bezeichnen die Wellenlänge
der darunter liegenden Quecksilberlinien, wobei in solchen Fällen, wo
eine Linie bei stärkerer Dispersion doppelt oder dreifach erschienen sein
würde, die hingeschriebene Wellenlänge sich stets auf die stärkste dieser
Linien bezieht. An das untere Ende der Tafel dagegen sind die Wellen-
längen der Köpfe der hauptsächlichsten Banden des Swanschen Spektrums
und des Wasserdampfspektrums zugleich mit der Bezeichnung der Banden
nach Eder hingeschrieben.
Die sich auf die Bunsenflamme beziehenden Spektren 2, 3, 5 und 6
Über den Helium- und Argongehalt des Erdgases von Neuengamme. 7
zeigen nun zunächst, daß in dem oberen Teile dieser Flamme (Spektrum 2
und 5) nur die Wasserbanden, in dem mittleren Teile derselben, d. h. also
dort, wo sich der innere blaue Kegel der Flamme befindet, zunächst dieses
Wasserdampfspektrum noch erheblich stärker auftritt als oben und außer-
dem auch noch das Swansche Spektrum, von dessen Banden diejenige
bei 5164, die im sichtbaren Spektrum als die stärkste erscheint, hier in
Spektrum 3 nur noch eben sichtbar geworden ist, während dafür die im
Blau, Violett und Ultraviolett liegenden Banden d, e, { und 7 dieses
Spektrums hier mit sehr großer Deutlichkeit hervortreten. Die Ursache
dieser Intensitätsunterschiede ist natürlich die, daß das Auge für die
grüne Farbe von 5164 sehr stark, die gewöhnliche photographische Platte
dagegen hierfür nur sehr schwach empfindlich ist, während für die andern
Banden die Verhältnisse grade umgekehrt liegen.
Alle diese Banden, d. h. also sowohl die des Wasserdampfes als
auch die des Swan-Spektrums finden sich nun aber auch, zumal im Orignal,
in dem hier vorliegenden Spektrum des inneren Teiles der Neuengammer
Flammen deutlich wieder, sind aber freilich hier, besonders in dem blauen
und violetten Teil des Spektrums, erheblich weniger deutlich geworden
als in dem Bunsenflammenspektrum, weil sich eben in Neuengamme über
jene beiden Bandenspektra noch das kontinuierliche Spektrum der glühenden
Kohlenstoffteilchen lagerte. Von irgendwelchen besonderen Linien ist
ferner in dem Neuengammer Spektrum nichts zu bemerken, so daß also
auch hieraus folgt, daß in dem Spektrum der Flammen weder die Linien
des Heliums noch auch die des Kaliums mit erheblicher Intensität auf-
getreten sein können.
Denn was zunächst das Kalium anbetrifft, so zeigt dieses Element
in der Bunsenflamme im Violett bei 4047 eine sehr starke Doppellinie,
die in unserem Flammenspektrum durch keine andere Linie hätte verdeckt
werden können, und deren Abwesenheit daher ebenfalls auf einen nur
verschwindend kleinen Gehalt des Gases an Kaliumsalzen hinweist.
Von den stärkeren Linien des Heliums andererseits fällt sogar eine
größere Anzahl in das Gebiet des photographisch wirksamen Teiles des
Spektrums, und wenn nun auch von diesen die allerstärkste, die bei
3889 liegt, in die eine „7-Bande des Swan-Spektrums bei 3890 hinein-
fällt und daher im Neuengammer Spektrum vielleicht weniger deutlich
zu erkennen gewesen wäre, so liegen doch für die starken Helium-
linien bei 5016, 4472, 4026, 3965, 3820, 3188 und 2945 keine solchen Gründe
vor. Von keiner einzigen dieser Linien war jedoch selbst in dem Original
der Spektren 4 und 7 trotz sorgfältiger Durchmusterung auch nur eine
Andeutung zu erkennen; und so darf man wohl mit Sicherheit behaupten,
daß in dem in Frage kommenden Teil der Neuengammer Flammen an dem
Abend des 18. November irgendwelche Linien des Heliums nicht auftraten,
8 A. Voller und B. Walter.
Im übrigen ist aber auch nicht anzunehmen, daß das Spektrum der
Flammen zu anderen Zeiten ein anderes Aussehen gehabt hat; denn
es dürfte schwerlich ein Grund dafür zu finden sein, weshalb sich die
Zusammensetzung des Gases im Laufe der Zeit erheblich geändert haben
sollte, zumal da ja auch der Druck des Gases — nach der Länge der
Flammen zu urteilen — im Verlaufe des Brandes derselben kaum abge-
nommen zu haben scheint. Die kleinen Unterschiede in den beiden ein-
sangs erwähnten Analysen ferner erklären sich ungezwungen dadurch, daß
bei der am 4.-November, also bald nach dem Ausbruch, entnommenen
Probe einerseits das Auffangen des Gases ziemlich schwierig war, und
daher möglicherweise etwas Luft mit in das Auffangegefäß gelangt ist,
und daß andererseits bei der Analyse dieser Probe auf Wasserstoff keine
Rücksicht genommen wurde.
Fassen wir schließlich die Er ae dieses Paragraphen noch ein-
mal zusammen, so ergibt. sich daraus, daß das einzig bemerkenswerte
positive Ergebnis dieser Untersuchungen über das Spektrum der Neuen-
gammer Flammen in dem verhältnismäßig starken Auftreten der gelben
Doppellinie des Natriums in diesem Spektrum besteht, daß dagegen in ihm
weder Linien des Heliums noch auch solche des Kaliums festgestellt werden
konnten, und daß überhaupt das Auftreten von Heliumlinien in dem Flammen-
spektrum als äußerst unwahrscheinlich hingestellt werden muß.
S$ 3. Bestimmung des Helium- und des Argongehaltes
des Neuengammer Gases.
Wenn nun auch nach den Darlegungen und Beobachtungen des
vorigen Paragraphen das Linienspektrum des Heliums in dem Spektrum
der Neuengammer Flammen weder zu erwarten war noch auch tatsächlich
gefunden wurde, so war daraus doch nicht zu folgern, daß nun auch in
dem Neuengammer Gas überhaupt kein Helium enthalten sei. Im Gegen-
teil war die Anwesenheit dieses Edelgases in jenem unterirdischen Gas-
lager schon deswegen zu erwarten, weil bekanntlich die meisten Gesteine
einen mehr oder weniger großen Gehalt an Radium aufweisen, und weil
dieser Stoff bei seinem allmählichen Zerfall fortwährend Heliumatome aus-
schleudert. Tatsächlich hat man denn auch dieses Gas in fast allen
daraufhin untersuchten Quellgasen nachweisen können, und es sei in dieser
Hinsicht nur auf die ausgedehnten Untersuchungen von Moureu!) ver-
wiesen, der das Helium in 39 von 43 untersuchten Gasen dieser Art fand.
Allerdings schwankte der Heliumgehalt von einem Gas zum anderen ganz
') Comptes rendus 142, S. 1155 und 143, 8. 795, 1906,
Über den Helium- und Argongehalt des Erdgases von Neuengamme. 9
erheblich; indessen war dies ja auch wegen des verschiedenen Radium-
gehaltes der verschiedenen Gesteinsschichten kaum anders zu erwarten.
Andererseits fand sich das Argon sogar in den sämtlichen 43 unter-
suchten Gasen; es läßt sich aber, wie der eine von uns an anderer Stelle
näher ausführen wird, aus den Moureuschen Untersuchungen der Nachweis
erbringen, daß dieses Gas, wenn man seinen Gehalt auf den Stickstoffgehalt
der betreffenden Quelle umrechnet, in sämtlichen Quellgasen angenähert
in demselben Verhältnis enthalten ist wie in der atmosphärischen Luft, so
daß also damit wahrscheinlich gemacht wird, daß das in diesen Gasen
enthaltene Argon zugleich mit ihrem Stickstoff in der Hauptsache aus der
Atmosphäre stammt.
Was nun aber unsere eigenen Beobachtungen über den Helium- und
Argongehalt der Neuengammer Gasquelle anbetrifft, so wurde zu diesem
Zwecke zunächst zu einem bestimmten Volumen des Gases etwas mehr
als das doppelte Volumen elektrolytischen Sauerstoffs hinzugefügt, dann
das Ganze in einer Explosionspipette zur Explosion gebracht, der hierbei
übrig bleibende Gasrest ferner zunächst in eine Pipette mit konzentrierter
Kalilauge übergeführt, um die bei der Explosion gebildete Kohlensäure
zu absorbieren, und schließlich noch in eine Pipette mit pyrogallussaurem
Kali, um auch den überschüssigen Sauerstoff wieder zu entfernen. Nach-
dem dann durch mehrere Versuchsreihen dieser Art ein genügend großer
Gasrest angesammelt war, wurde dieser in eine Luftpumpe übergeführt, an
welche eine der bekannten für Spektralbeobachtungen dienenden Geißler-
schen Röhren angeschmolzen war, und die zuvor bei andauerndem Strom-
durchgang durch diese Röhre bis auf Kathodenstrahlenvakuum leer ge-
pumpt war.
Das Gas wurde dann zunächst einen Tag lang bei etwa 10 mm
Druck in der mit Phosphorsäureanhydrid-Gefäß versehenen Pumpe stehen
gelassen, und hierauf sein Spektrum bei mehreren Drucken zwischen 10
und 0,1 mm beobachtet, wobei in der Regel das Licht der Kapillare des
mit Induktionsapparat betriebenen Geißlerrohres benutzt wurde. Dieses
Spektrum zeigte dann vor allem das bekannte Bandenspektrum des Stick-
stoffs, bei den geringeren Drucken allerdings auch die Linien des Wasser-
stoffs, die wohl noch von Feuchtigkeitsresten herrührten, sowie die haupt-
sächlichsten Quecksilberlinien, die ja dem Quecksilberdampf der Pumpe zuzu-
schreiben sind. Von Helium- oder Argonlinien dagegen war bei diesen ersten
Versuchen niemals etwas zu sehen, und zwar weder bei dem Gas der
am 4. November noch bei dem der am 20. Dezember aufgefangenen Probe.
Berücksichtigt man nun, daß nach den Versuchen von Collie und
Ramsay') unter diesen Bedingungen noch 10 °/o Helium und 37 °/o Argon
) Proc. Roy. Soc. of London Bd. 59, S. 257, 1596.
.
10 A. Voller und B. Walter.
in Stickstoff bemerkbar sind, so folgt demnach aus diesen Versuchen zunächst
schon, daß in dem Stickstoffrest des Neuengammer Gases — denn hierum
konnte es sich nach den eingangs erwähnten Analysen und dem Gang
unserer Versuche in diesem Falle nur handeln — weniger als 10 °%/o Helium
und 37° Argon enthalten sein mußte, d.h. also in dem Gas selbst, da
ja der Stickstoff nur etwa 5 °/o des Ganzen betrug, weniger als 0,5 %o
Helium und weniger als 1,8 °/o Argon.
Um nun aber die Genauigkeit unserer Versuche weiterzutreiben und
womöglich auch für den Gehalt der Gasquelle an diesen beiden Edel-
gasen einen wenigstens ungefähren positiven Zahlenwert zu erhalten,
wurden statt der bisherigen Röhren mit zwei Aluminiumelektroden solche
verwandt, bei denen nur die eine Elektrode aus diesem Metall, die andere
aber aus Magnesiumdraht bestand. Wir suchten uns nämlich hierbei die
Angabe von Troost und Ouvrard!) zunutze zu machen, daß man in einem
Geißlerrohr mit Magnesiumelektroden den Stickstoff auch schon lediglich
durch den Durchgang des elektrischen Stromes absorbieren könne, während
Helium und Argon hierbei erst dann allmählich absorbiert werden sollen,
wenn sämtlicher Stickstoff schon verschwunden ist.
Um zunächst die Brauchbarkeit dieses Verfahrens festzustellen, ver-
suchten wir, bevor wir mit dem Neuengammer Gasrest arbeiteten, auf
diese Weise zuvor das Argon in der atmosphärischen Luft nach-
zuweisen, von der bekanntlich das erstere Gas 0,937 °/o beträgt. Dieser
Nachweis gelang in der Tat, und zwar wurde dabei, um diese Versuche
zugleich mit den späteren, an dem Stickstoffrest des Neuengammer Gases
angestellten vergleichbar zu machen, ebenfalls gleich von dem Stickstoff-
rest der atmosphärischen Luft ausgegangen, d. h. also ihr Sauerstoff zuvor
durch Schütteln mit pyrogallussaurem Kali absorbiert und erst dann der
nunmehr ja fast nur noch aus Stickstoff mit 1,20 °%/o Argon bestehende
Rest wie oben beschrieben in die Luftpumpe übergeführt. Das Spektrum
des Kapillarlichtes der Röhre hatte dann in diesem Falle zunächst, wenn
es bei Drucken zwischen 10 und 0,1 mm untersucht wurde, qualitativ
genau dasselbe Aussehen wie bei den oben beschriebenen Versuchen mit
dem Neuengammer Stickstoffrest, d.h. es zeigte außer den Linien des
Wasserstoffs und des Quecksilbers nur das Bandenspektrum des Stickstoffs,
dagegen niemals irgendwelche Linien des Argons, wie ja auch nach den
oben angegebenen Versuchen von Collie und Ramsay mit Rücksicht
auf den geringen Prozentsatz dieses Gases in dem Luftstickstoff nicht
zu erwarten war.
Bei diesen vorläufigen Beobachtungen des Spektrums des Luftstick-
stoffs wurde übrigens, um dabei zunächst noch die Zerstäubung des Magne-
') Comptes rendus 121, 8. 394, 1895.
Über den Helium- und Argongehalt des Erdgases von Neuengamme. {|
siumdrahtes zu verhindern, stets nicht dieser, sondern der Aluminiumdraht
der Röhre als Kathode genommen. Ferner aber wurde bei diesen Ver-
suchen auch das Gas bei der Verminderung des Druckes nicht aus der
Pumpe entfernt, sondern in einen vorher mit evakuierten Vorraum hinüber-
gepumpt, um später nach Bedarf wieder in die Spektralröhre zurückgelassen
werden zu können. Auch konnte diese durch einen besonderen Hahn von
der Pumpe abgeschlossen werden.
- Nach diesen Vorversuchen wurde dann mit der Zerstäubung des
Magnesiumdrahtes begonnen und zu diesem Zwecke der Druck im Spektral-
rohr zunächst auf etwa 0,3 mm eingestellt, dann sein Hahn abgeschlossen
und nun mit dem Magnesiumdraht als Kathode ein Induktorstrom von
ca. 5 Milliampere (M. A.) Durchschnittswert — mit Drehspulgalvanometer
gemessen — durch die Röhre geschickt. Dann verschwand das Stickstoff-
spektrum schon innerhalb 2 Minuten, es trat aber dafür zunächst noch nicht
das Argonspektrum auf, sondern es wurde vielmehr das Wasserstoffspektrum,
das schon zu Anfang ziemlich stark gewesen war, immer kräftiger. Auch
fand hierbei zunächst noch keine sichtbare Zerstäubung des Magnesiums statt,
obgleich der Strom noch etwa 8 Minuten länger eingeschaltet blieb, und
dabei der der Kathode gegrenüberliegende Teil des Glases unter der Ein-
wirkung der von ihr ausgehenden Kathodenstrahlen stark grün phosphores-
zierte. Der Strom war allerdings mit dem Verschwinden des Stickstoffs
von selbst auf ca. 1 M. A. gesunken.
Als dann aber durch Öffnen des Hahnes an der Röhre wieder Stick-
stoff von 0,5 mm Druck zugelassen wurde, stieg der Strom von selbst
wieder auf 5 M.A., und jetzt trat nach etwa 20 Sekunden plötzlich eine
so starke Zerstäubung des Magnesiumdrahtes auf, daß sich dabei an den-
jenigen Teilen der Glaswand, welche den der Kapillare zu gelegenen
Teilen des 6 cm langen Drahtes gegenüberlagen, schon in 1—2 Sekunden
ein von außen vollkommen metallisch glänzender, immerhin aber jetzt noch
mit bläulicher Farbe durchsichtiger Metallspiegel ansetzte. Gleichzeitig
ging der Widerstand der Röhre so in die Höhe, daß der Strom nicht mehr
durch sie, sondern durch die ihr parallel geschaltete Funkenstrecke von 2 cm
Länge (Spitzenelektroden) überschlug. Es sei noch bemerkt, daß der Magne-
siumdraht schon einige Sekunden vor dem Beginn der Zerstäubung von
einer grünen Wolke eingehüllt war, die im Spektroskop das Magnesium-
linientriplet bei 5184, 5173 und 5168 zeigte und also aus Magnesium-
dampf bestand.
Als dann nochmals Stickstoff aus der Pumpe in die Röhre über-
gelassen wurde, zeigte sich das intensiv grüne Licht um den Kathoden-
draht schon nach 10 Sekunden, und 4 Sekunden später schlugen auch
schon die Funken in der Funkenstrecke über, ein Beweis, daß wieder
alles Gas aus der Röhre verschwunden war. Gleichzeitig nahm die Dicke
12 A. Voller und B. Walter.
id
des Spiegels an der Glaswand so sehr zu, daß er jetzt nicht mehr durch-
sichtig war.
Der Versuch wurde dann noch einmal mit demselben Erfolg wieder-
holt; Linien des Argons oder Heliums wurden jedoch hierbei nicht beob-
achtet, obgleich hierauf besonders in dem Augenblick, wo das Stickstoff-
spektrum im Verschwinden begriffen war, geachtet wurde.
Deshalb wurde der Druck in der Pumpe von jetzt ab auf 1,5 mm
erhöht, und das Gas stets mit diesem Druck in die Spektralröhre hin-
übergelassen. Beim ersten Mal dauerte es dann, nachdem ein Strom von
5 M. A. mit dem Magnesiumdraht als Kathode durch die Röhre geschickt
war, .7'/s Minuten, ehe sich jene grüne Dampfwolke um diesen Draht
herum zeigte; dann aber war auch innerhalb einer weiteren halben Minute
das Stickstoffspektrum vollkommen aus dem Kapillarenlicht verschwunden,
und der Strom ging nicht mehr durch die Röhre, sondern durch die
Sicherheitsfunkenstrecke.
Schon bei diesem Versuche zeigten sich nun auch während der letzten
halben Minute, als die Banden des Stickstoffs im Spektroskop zu ver-
schwinden begannen, zwar noch schwach, aber deutlich die Linien des
Argons, und zwar am besten diejenigen in Grün bei 5651, 5607, 5559
und 5496, die nämlich nicht durch stärkere Banden des Stickstoffs ver-
deckt werden.
Nach abermaliger Zulassung des Gases von 1,5 mm Druck trat
das Abnehmen der Intensität der Stickstoffbanden schon 3'/s Minuten nach
dem Einschalten des Stromes ein, und jetzt sah man neben den grünen Argon-
linien am Schlusse des Versuches auch deutlich die orangefarbene bei 6038,
die ja im allgemeinen stärker ist als jene, hier aber zunächst noch durch
eine an ihrer Stelle liegende starke Bande des Stickstoffs verdeckt wird.
Der Versuch wurde dann noch eine große Anzahl von Malen wieder-
holt und verlief stets in ähnlicher Weise, nur daß das Verschwinden des
Stickstoffspektrums immer schneller — zuletzt schon etwa 10 Sekunden
nach dem Einschalten des Stromes — auftrat, während dasjenige des
Argons, zumal als der Druck in der Pumpe auf ca. 2,5 mm erhöht wurde,
vielfach bis zu einer Minute mit ausgezeichneter Deutlichkeit sichtbar blieb,
manchmal aber freilich auch schon innerhalb weniger Sekunden verschwand,
so daß also offenbar auch dieses Gas hierbei verhältnismäßig schnell von dem
sich an den Wänden niederschlagenden Magnesiumdampf okkludiert wird.
Immerhin genügten die Versuche aber, um uns zu vergewissern, daß
in dem Lichte der Kapillare unserer Röhre hierbei zwar wohl das ge-
samte Argonspektrum — und zwar auch das sog. blaue Spektrum dieses
Gases — auftrat, niemals aber eine Linie des Heliums, wie ja auch
wegen des geringen Gehaltes dieses Gases in der atmosphärischen Luft
(ca. 0,00015 °/o) nicht anders erwartet werden konnte.
Über den Helium- und Argongehalt des Erdgases von Neuengamme. 13
Als dann aber die gleichen Versuche an einer anderen derartigen
Röhre, mit dem in der oben beschriebenen Weise gewonnenen Stickstoff-
rest des Neuengammer Gases wiederholt wurden, verliefen dieselben zwar
im übrigen den oben beschriebenen mit dem Stickstoffrest der Luft voll-
kommen ähnlich, jedoch trat jetzt bei dem durch die Zerstäubung des
Maenesiumdrahtes bewirkten Verschwinden des Stickstoffspektrums an
Stelle dieses nicht bloß das Argonspektrum, sondern auch deutlich
dasjenige des Heliums auf, und zwar wurde außer der gelben Linie
dieses Gases bei 5876 auch die grüne bei 5016 mit Sicherheit festgestellt.
Von den Linien der übrigen Edelgase, also des Neons, Kryptons und
Xenons, wurde dagegen niemals etwas gesehen. i
Die Erscheinung verlief hier stets in der Weise, daß bei dem Verblassen
des Stickstoffspektrums zuerst nur die grünen Argonlinien zu sehen waren,
dann aber, etwa zugleich mit der goldgelben Argonlinie 6038, auch die gelbe
Heliumlinie 5876 hervortrat. Die Helligkeit der letzteren war am größten,
wenn man nach Beendigung eines solchen Versuches, d. h. nach dem Über-
schlagen der Entladungen des Induktors durch die Funkenstrecke, den Strom
einige Sekunden lang in umgekehrter Richtung und dann wieder in der
ursprünglichen durch die Röhre schickte. Dann war die gelbe Heliumlinie
im ersten Augenblick sogar meistens etwas stärker als die hellste Argon-
linie bei 6038, indessen dauerte es dann immer nur 1—2 Sekunden, bis die
Funken wieder in der Funkenstrecke auftraten. Im allgemeinen. blieben
aber bei diesen Versuchen mit dem Neuengammer Stickstoffrest die Argon-
linien doch stets etwas schwächer als bei den Parallelversuchen mit dem
Luftstickstoff, was aber vielleicht auch durch die gleichzeitige Anwesenheit
des Heliums bedingt sein mag. Immerhin glauben wir aber doch, aus
diesen Versuchen schließen zu können, daß der Gehalt des Neuengammer
Stickstoffrestes an Argon eher etwas kleiner ist als der des Luftstickstoff-
restes, also etwa 1°/o von jenem betragen mag, so daß also das Gas
selbst etwa 0,05 °/% Argon enthalten dürfte.
Was sodann den Gehalt des Gases an Helium betrifft, so läßt sich
auch dieser — dank der bereits angeführten Versuche von Collie und
Ramsay über die Sichtbarkeit des Spektrums eines Gases bei Gegenwart
eines andern — auf Grund der obigen Versuche mit einiger Sicherheit
abschätzen. Von diesen Beobachtern wurde nämlich zunächst festgestellt,
daß in einem Gemisch von Argon und Helium die gelbe D,-Linie des
letzteren neben denen des ersteren nur dann sichtbar wird, wenn in der
Mischung zum mindesten 25 °/o Helium enthalten sind, und selbst dann
muß der Druck des Gasgemisches zu diesem Zweck kleiner als 0,09 mm
sein. Es muß demnach, da bei unseren Beobachtungen mit dem Neuen-
sammer Stickstoffrest in dem — nach der Absorption des Stickstoffs
selbst — noch übrig bleibenden Gemisch von Argon und Helium die gelbe
14 A. Voller und B. Walter.
Linie des letzteren neben den Linien des ersteren sichtbar wurde, der
Heliumgehalt des Gases mindestens 25 °/ seines Argongehaltes betragen.
Um ferner auch eine obere Grenze für den Heliumgehalt zu
gewinnen, gehen wir davon aus, daß nach Collie und Ramsay in einem
(semisch von Stickstoff mit Argon dieses letztere, wenn seine Linien neben
denen des ersteren sichtbar werden sollen, zum mindesten 37/0 des Stick-
stoffs betragen muß, während bei Mischung von Stickstoff und Helium
zu diesem Zwecke schon 10°o des letzteren genügt. Hieraus darf man
wohl schließen, daß, wenn bei einem Gemisch von Stickstoff mit diesen
beiden Gasen die Linien des Argons eher auftreten als die des Heliums
— wie es ja bei unseren Versuchen stets der Fall war —, der Argon-
gehalt zum mindesten der 4fache von dem des Heliums sein muß, oder
also der letztere höchstens 25°/o vom ersteren betragen kann. Wir
kommen somit hier auf dieselbe Ziffer wie oben, d.h. der Heliumgehalt
des Neuengammer Gases muß also annähernd 25 °/o von seinem Argon-
gehalt betragen; und da nun der letztere oben zu 0,05 °/0 gefunden war,
so wird mithin das Gas etwa 0,01—0,02°% Helium enthalten.
Während demnach der Argongehalt des Neuengammer
Gases — auf das Gas als Ganzes bezogen — nur etwa !/so von
dem der atmosphärischen Luft beträgt, ist sein Heliumgehalt
nach diesen Befunden etwa 100 mal so groß wie der der Atmo-
sphäre. Immerhin ist aber dieser Heliumgehalt — verglichen mit dem der
meisten von Moureu untersuchten Quellgase — doch noch als ein verhältnis-
mäßig geringer zu bezeichnen; denn dieser Beobachter fand in mehreren
Fällen Gehalte von über 1°/o, ja in einem Falle sogar einen solchen
von über 5 °o, d.h. also Werte, die etwa 100 bis 500 mal so groß sind
wie der Heliumgehalt des Neuengammer Gases.
Eingegangen am 23. Januar 1911.
Gedruckt bei Lüteke & Wulff, E. H. Senats Buchdruckern.
Beiheft 5.
XXVIT.
Wissensch. Anstalten.
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* Jahrbuch der Hamburgischen Wissenschaftlichen Anstalten.
| XXVII 1910.
- Über den Umfang der Geltung
des preußischen Rechts in den
deutschen Schutzgebieten
Von
Dr. Ernst BRadlauer
Wissenschaftlichem Hilfsarbeiter am Seminar für Öffentliches Recht und Kolonialrecht.
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Hamburg 1911. ae
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Kommissionsverlag von Lucas Gräfe & Sillem. (RE
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D
a Br
1.
Nach $S 3 SchGG. in Verbindung mit $ 19 KGG. gelten in den
deutschen Schutzgebieten die dem bürgerlichen Rechte ange-
hörenden Vorschriften der Reichsgesetze und der daneben innerhalb
Preußens im bisherigen Geltungsbereiche des preußischen Allgemeinen
Landrechts in Kraft stehenden allgemeinen Gesetze. Dagegen besteht
keine Generalklausel, welche die Einführung des preußischen öffent-
lichen Rechts zum Inhalt hätte. Von preußischen Normen des öffent-
lichen Rechts kommen vielmehr nur die Bestimmungen über das Ver-
fahren und die Kosten in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in Konkurs-
sachen und in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Betracht. Denn
nur in diesen Materien soll preußisches Recht neben dem Reichsrecht
gelten, während für das Strafrecht und den Strafprozeß lediglich Vor-
schriften des Reichsrechts eingeführt oder zur Einführung zugelassen
(SchGG. SS 6, 15) sind und für das gesamte Verwaltungsrecht die gesetz-
gsebende Gewalt des Kaisers durch Einführung mutterländischer
Normen nicht eingeschränkt worden ist (SchGG. $$ 1, 4). Aber auch
soweit die Einführung des deutsch-preußischen Rechts reicht, sollen
grundsätzlich nur die gesetzlichen Bestimmungen Geltung haben.
Die auf Grund der Gesetze ergangenen landesherrlichen Verordnungen
und die Anordnungen der preußischen Behörden finden dagegen nur so lange
Anwendung, als nicht entsprechende Vorschriften von den dazu in erster
Linie berufenen Schutzgebietsorganen, d. h. vom Kaiser und vom Reichs-
kanzler, erlassen sind (KGG. $ 23).
Im einzelnen ist der Umfang der Geltung des preußischen Rechts im
Privatrecht, im Prozeß- und Konkursrecht und in der freiwilligen
Gerichtsbarkeit verschieden.
Das Schutzgebietsprivatrecht war bis zum 31. Dezember 1899
überwiegend preußisches Recht. Seit der Einführung des BGB. ist es
vorwiegend Reichsrecht, und die Geltung des preußischen Privatrechts
beschränkt sich auf diejenigen Gebiete, die unter die landesrechtlichen
Vorbehalte der Einführungsgesetze zum BGB. und zum HGB. fallen. Aber
auch im Rahmen dieser Vorbehalte ist die Geltung preußischen Privat-
2 Ernst Radlauer
g4
rechts in den Schutzgebieten stark eingeengt. Zunächst hat die Reichs-
gesetzgebung seit 1900 das Versicherungsrecht (Gesetz vom 19. Juni 1901),
das Verlagsrecht (Gesetz vom 30. Mai 1908) und das Scheckrecht (Gesetz
vom 11. März 1908) geregelt, wodurch EGzBGB. Art. 75, 76 und EGzHGB.
Art. 17 gegenstandslos geworden sind. Ebenso hat die Haftung des Reichs
für seine Beamten und gleichzeitig die Haftung der Schutzgebiete für ihre
Organe eine Regelung erfahren (Gesetz vom 22. Mai 1910), welche die
fernere Anwendbarkeit des Art. 77 des EGzBGB. ausschließt. Sodann hat
der Kaiser von der ihm im SchGG. $ 3 bezw. KGG. $ 21 erteilten Er-
mächtigung, das Grundstücksrecht und das Bergwerkseigentum zu regeln,
(sebrauch gemacht (Grundstücksrechtsverordnung vom 21. November
1902, Bergverordnungen vom 16. Mai 1903 [| Kiautschou |, vom 8. August
1905 [Südwestafrika], vom 27. Februar 1906 [übrige Schutzgebiete]).
Zwar hat der Kaiser bei der Regelung des Grundstücksrechts wiederum
auf die Normen des deutsch-preußischen Rechts verwiesen; doch sind hier-
bei gerade einige wichtige preußische Bestimmungen von der Anwendung
ausgeschlossen worden. Das Bergrecht ist gänzlich abweichend vom
preußischen Recht geregelt.
Der bürgerliche Prozeß und das Konkursrechtin den
Schutzgebieten wurden von vornherein im wesentlichen durch das Reichs-
recht bestimmt, und die beim Erlaß des ersten Schutzgebietsgesetzes (1886)
zugunsten des Landesrechts noch bestehenden Vorbehalte sind inzwischen
für die Kolonien praktisch bedeutungslos geworden (unten S. 7). Zum
Teil erklärt sich dies aus der Vorschrift des $S 6 Ziff. 7 SchGG., nach
welcher der Kaiser für die Zustellungen, die Zwangsvollstreckung und das
Kostenwesen in den Schutzgebieten einfachere Bestimmungen erlassen
kann. Die auf Grund dieser Ermächtigung vom Reichskanzler und vom
(souverneur von Kiautschou kraft kaiserlicher Delegation (Rechtsverhält-
nisverordnung vom 9. November 1900, $ 10) erlassenen Bestimmungen
regeln insbesondere das Zustellungs- und Vollstreckungswesen so voll-
ständig, daß für die Anwendung der preußischen Gerichtsvollzieher-
ordnung und der Geschäftsanweisung für die Gerichtsvollzieher kein
Raum bleibt (Verfügungen des Reichskanzlers vom 25. Dezember
1900/8. Mai 1908, S$ 4, 5 [| Deutsches Kolonialblatt 1901 S. 1, 1908 S. 659],
vom 28. November 1901/29. August 1908 [ebenda 1901 S. 853, 1908 S. 933],
vom 23. Oktober 1907 | Amtsblatt für Kiautschou S. 325], Verordnung des
(Gouverneurs von Kiautschou vom 21. Juni 1904 [ebenda S. 129]).
Ein umfangreiches Geltungsgebiet des preußischen Rechts wird da-
gegen vermutet werden, soweit es sich um die Normen der freiwilligen
Gerichtsbarkeit handelt. Denn: das Reichsgesetz über die frei-
willige Gerichtsbarkeit gibt im $ 200 der Landesgesetzgebung die Befug-
nis, Vorschriften zu seiner Ergänzung und Ausführung zu erlassen. Außer-
Über den Umfang der Geltung des preußischen Rechts usw. 3
dem beziehen sich die Verfahrensvorschriften des Reichsgesetzes nur auf
diejenigen Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die durch
Reichsgesetz den Gerichten übertragen sind, während für die durch
Landesgesetz den Gerichten übertragenen Angelegenheiten das Landes-
recht maßgebend bleibt ($ 1). Da nun die Schutzgebietsgerichte gemäß
SchGG. $ 2, KGG.$ 7 auch in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichts- -
barkeit tätig werden, die durch in Preußen geltende allgemeine
Gesetze den Amtsgerichten übertragen sind!), so müssen sie auch
preußische Vorschriften der freiwilligen Gerichtsbarkeit zur Anwen-
dung bringen. Indessen ist der Umfang der für die Schutzgebiete
geltenden preußischen Bestimmungen auch auf diesem Gebiete gering. Es
erklärt sich dies zunächst daraus, daß die Ermächtigung der Landes-
gesetzgebung zur Ergänzung des Reichsgesetzes gerade hier mit der Er-
mächtigung des Kaisers, das Grundstücks- und Bergrecht, das Zu-
stellungs-, Vollstreckungs- und Kostenwesen in den Kolonien zu regeln,
konkurriert (Grundstücksverordnung vom 21. November 1902 $ 2, Aus-
führungsverfügung des Reichskanzlers vom 30. November 1902 [| Deutsches
Kolonialblatt S. 568], Verfügung der Kolonialabteilung zur Ausführung
der Bergverordnung für Deutsch-Südwestafrika vom 3. Dezember 1905
| Deutsches Kolonialblatt S. 732] bezw. der Bergverordnung für die afrika-
nischen und Südseeschutzgebiete mit Ausnahme Deutsch-Südwestafrikas
vom 26. Juli 1906 [ebenda 1907 S. 833], $ 1 Nr. 3, 4, 5. Bezüglich der
Zwangsvollstreckung in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit s. die oben
S. 2 angeführten Verordnungen). Dieser kaiserlichen Kompetenz reiht
sich die kaiserliche Zuständigkeit zur Vereinfachung des Beurkundungs-
wesens und zur Einschränkung des Notariats an, von der so umfassender
Gebrauch gemacht worden ist, daß dadurch die Geltung des preußischen
Notariatsrechts großenteils in Fortfall gekommen ist (Rechtsverhältnis-
verordnung vom 9. November 1900 $ 11, Verfügung des Reichs-
kanzlers vom 25. Dezember 1900/8. Mai 1908 $ 3a; für Kiautschou:
Verordnung des Reichskanzlers vom 18. Februar 1903, Dienstanweisung
des Gouverneurs vom 3. Mai 1903 | Amtsblatt S. 85 bezw. S. 85 f. |, Dienst-
anweisung des Reichskanzlers vom 23. Oktober 1907 [Amtsblatt S. 325]
$5 Ziff. 2). Eine weitere Gruppe preußischer Ergänzungsvorschriften
zum Reichsgesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit bezieht sich nicht
auf das Verfahren, sondern auf den Instanzenzug und die Gerichtsver-
fassung, die in den Schutzgebieten besonders geregelt sind (z. B. preuß.
Gesetz, betr. die freiwillige Gerichtsbarkeit, Art. 3—8, KGG. $ 7f.), und
1) Nicht schon die bloß im GebietedesAllgemeinenLandrechts, sondern
nur die im ganzen Bereiche der Monarchie in Kraft stehenden Gesetze sind
hier maßgebend. Vgl. A. F. Vorwerk, Das Reichsgesetz über die Konsulargerichts-
barkeit? (Berlin 1908), Anm. 3 zu 87.
4 Ernst Radlauer
von den in Preußen durch Landesgesetz den Gerichten überwiesenen Ange-
legenheiten kann ein Teil — wie z. B. die Aufnahme gerichtlicher Taxen
(Allg. Gerichtsordnung II 6 8 1 f.)— von den Schutzgebietsgerichten nicht
wahrgenommen werden, weil die Überweisung nicht in einem im ganzen
Bereich der Monarchie in Kraft stehenden Gesetz erfolgt ist (s. S. 3
Anm. 1).
Endlich wird der Umfang des preußischen, für die Schutzgebiete
gültigen Rechts auf allen Gebieten noch dadurch beschränkt, daß
gemäß SchG@G. $ 3, KGG. $ 20 das Reichsrecht und das preußische Recht
keine Anwendung finden, soweit sie Einrichtungen und Verhältnisse vor-
aussetzen, an denen es in den Schutzgebieten fehlt. Gerade die
preußischen Bestimmungen, um deretwillen die Ein-
führungsgesetze Vorbehalte für die landesgesetz-
liche Regelung machen, setzen aber fürihre Anwend-
barkeit speziellpreußische Institutionen voraus, die
sich nur in Deutschland, insbesondere im deutsches
Osten, historisch entwickeln konnten.
So müssen Z. B. die preußischen Bestimmungen über das geteilte
Eigentum, über Regalien, über Zwangs- und Bannrechte, über das bäuer-
liche Regulierungs-, Separations- und Verkoppelungswesen in den Schutz-
gebieten mangels entsprechender Einrichtungen außer Anwendung bleiben
(EGzBGB. Art. 59£., 1131., EGzZPO.$ 15 Nr. 4, EGzZVG.82, EGzK0.85
Nr. 1, preuß. AGzGBO. Art. 12f.). Dasselbe gilt vom Hinterlegungswesen,
das dort angesichts der Unmöglichkeit, die preußische Hinterlegungs-
ordnung anzuwenden, durch einen vom preußischen Recht vollständig
abweichenden Gerichtsgebrauch geregelt ist.!) Dasselbe gilt aber auch
von den Vorschriften des preußischen Jagd-, Fischerei- und Wasserrechts.
Zwar wird im Gregensatz hierzu von Hoepfner die Geltung dieser Normen
für die Schutzgebiete angenommen.?) In Wahrheit setzen aber die
privatrechtlichen Vorschriften des Jagd-, Fischerei- und
Wasserrechts (wie z.B. die Vorschriften über Jagd- und Fischereipacht oder
über Anlandungen) die Geltung der entsprechenden Normen des öffent:
lichen Rechts (die ausschließliche Jagdberechtigung des Grundeigen-
tümers, das Fischereiregal, und die Unterscheidung zwischen öffentlichen
und privaten Flüssen) voraus. Solange diese öffentlich-rechtlichen Vor-
') Vgl. dazu Gerstmeyer, Schutzgebietsgesetz (Berlin 1910), Anm. 1 zu$ 39. G. hält
einen Teil der betreffenden Vorschriften allerdings für anwendbar. Es könnten jedoch
höchstens die Vorschriften über die vorläufige Verwahrung bei den Amtsgerichten oder über
die Hinterlegung anderer als der im ersten Abschnitt der Hinterlegungsordnung bezeichneten
Sachen Anwendung finden. Eine Durchsicht dieser Vorschriften zeigt aber, daß auch sie
speziell preußische Verhältnisse im Auge haben.
?) Hoepfner, Die Schutzgebietsgesetzgebung (1907), Anm. zu $ 3 des SchGG.
Über den Umfang der Geltung des preußischen Rechts usw. 5
schriften in den Schutzgebieten nicht durch das preußische Recht, sondern
durch Verordnungen der Gouverneure (z. B. für Kamerun Verordnung
vom 4. März 1908 [Amtsblatt S. 11, Kolonialblatt S. 784], für Südwest-
afrika Verordnung vom 15. Februar und 4. März 1909 [Kolonialblatt S. 376
und S. 434], für Ostafrika Verordnung vom 5. November 1908 [Kolonial-
blatt 1909 S. 244 nebst Ausführungsbestimmungen S. 247], für Neuguinea
Verordnungen vom 27. Dezember 1892 und 13. März 1907 [| Kolonialblatt
1893 S. 446 und ebenda 1907 S. 503], für Kiautschou Verordnung vom
9. November 1905, 17. Juli 1907, 14. Dezember 1908 und 28. September
1910 [ Amtsblatt 1905 S. 254, 1907 S. 207, 1908 S. 405, 1910 S. 251]) oder
durch örtliches Gewohnheitsrecht und nicht übereinstimmend mit dem
preußischen Recht geregelt sind, können dort auch die bürgerlich-recht-
lichen entsprechenden Normen nicht angewendet werden.!)
11.
Der Umfang der Geltung des preußischen Rechts wird hiernach am
besten in der Weise festgestellt, daß man die nach den Einführungs-
gesetzen, nach einzelnen Bestimmungen anderer Reichsgesetze und nach
dem Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit dem Landesrecht vor-
behaltenen Materien der Gesetzgebung durchgeht und prüft, inwieweit
die entsprechenden preußischen Vorschriften durch Reichsrecht bezw.
durch besonderes Schutzgebietsrecht ersetzt sind und inwieweit sie Ein-
richtungen und Verhältnisse voraussetzen, an denen es in den Schutz-
gebieten mangelt. Tut man das und berücksichtigt man ferner, dal
Preußen von einer Anzahl der landesrechtlichen Vorbehalte keinen Ge-
brauch gemacht hat (z. B. von den Vorbehalten EGzBGB. Art. 79, 87, 91,
er. .119: 121, 122,125; 1287729, 331, 138 und 0 EGZHGB.
Art. 18, EGzZVG.S$ 13), und daß sich einige andere Vorbehalte überhaupt
nicht auf Privatrecht oder Prozeßrecht, sondern auf Verwaltungsrecht
oder Kirchenrecht beziehen und nur jeden Zweifel darüber beheben sollen,
daß die neue Kodifikation diese Materien nicht berührt (so die Bestim-
') Wie im Text Gerstmeyer, Anm. zu $20. Zu den landesgesetzlichen Privatrechts-
normen, welche mangels der Geltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften nicht zur Anwendung
kommen können, gehören ferner die Vorschriften AGzBGB. Art. 5 über den Anfall des
Vermögens eines Vereins oder einer Stiftung, Art. 8, 9 über Verjährung gewisser Ansprüche,
Art. 13, betr. Ermächtigung von Handelsmäklern, Art. 16 f., betr. das Staatsschuldbuch und
Schuldverschreibungen auf den Inhaber, Art. 41 f., betr. das Pfandleihgewerbe, Art. 77 f.,
betr. den Gemeindewaisenrat, die Vorschriften AGzZPO., betr. Entmündigung auf Antrag
der Armenverbände sowie über Veröffentlichung der Aufgebote in den durch die Ver-
ordnung vom 28. März 1811 geschaffenen Amtsblättern, ferner die Vorschriften des AGzZVG@.
über die öffentlichen Lasten usw.
6 Ernst Radlauer
mungen des EGzBGB. über Aufruhrgesetze, über religiöse Erziehung
der Kinder, über Zwangserziehung |[Art. 108, 134, 135] oder die Be-
stimmungen EGzZPO. über Erhebungen des Kompetenzkonflikts und über
das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten), so bleiben nur folgende
Vorschriften des preußischen Rechts für die Kolonien anwendbar:!)
T.. Privatrecht.
1. Die Vorschriften des AGzBGB. Art. 2 und’4 über die Verfassung
von Stiftungen (BGB. $ 84).
Die Vorschriften des AGzBGB. Art. 22 Nr. I und II und 37
Nr. 12,3 und 111®, betreffend Bergwerkseigentum, Hilfsbau und berg-
bauliche Nutzungsrechte, jedoch nur in der durch Verfügungen des
Reichskanzlers vom 3. Dezember 1905 und vom 26. Juli 1906 (Kolo-
nialblatt 1905 S. 732, 1907 S. 833) geänderten Fassung.
3. Die Vorschriften des Allgemeinen Landrechts I, 13, 8$ 41—45 über
die Haftung der Beamten für Gehilfen und Stellvertreter (EGzZBGB.
Art. 78).
4. Die Vorschriften des AGzBGB. Art. 6 und 7 über die Erwerbs-
beschränkungen juristischer Personen (EGzBGB. Art. 86, 88).
5. Die Gesindeordnung vom 8. November 1810, soweit das in den Schutz-
gebieten nur ausnahmsweise nicht farbige Gesinde in Frage kommt
und soweit nicht die Vorschriften des BGB. Platz greifen (EGzZBGB.
Art. 95).
6. Die Bestimmungen des AGzBGB. über den Leibgedingsvertrag
(EGzBGB. Art. 96).
‘. Die Normen des preußischen Eisenbahngesetzes vom 3. November
1838 über die Haftung der Bahnen bei Sachschäden (bei Personen-
schäden greift das Reichshaftpflichtgesetz Platz) und des Gesetzes
von 1902 über die Bahneinheiten.
8. Die Bestimmung des AGzBGB. Art. 32, betr. Untersagung der
Ausschließung des Kündigungsrechts bei Hypotheken über 20 Jahre
hinaus, sowie die Bestimmung des Art. 338$$ 1 und 2 über bestehende
Hypotheken (EGzBGB. Art. 117).
9. Die Normen des Allgemeinen Landrechts I,8$ 118f., soweit sie Nach-
barrecht betreffen, das vom BGB. abweicht (Art. 124 EGzBGB.).
10. Die Normen des Art. 44 AGzBGB. über den Güterstand bestehender
Ehen (Art. 200 EGzBGB.).
II. Handelsrecht.
Nichts.
') Die Übergangsvorschriften haben mit Ausnahme der unter I, 9, 10 und VI, 1
genannten Bestimmungen keine erhebliche Bedeutung für die Schutzgebiete. Sie sind
daher im folgenden nicht mitberücksichtigt.
ı)
Über den Umfang der Geltung des preußischen Rechts usw.
7
II. Zivilprozeßrecht.
. Die Vorschriften der Allgemeinen Gerichtsordnung I SS 33, 35 und
153, 242, betr. die Zwangsvollstreckung gegen den Fiskus bei Geld-
forderungen (EGzZPO. $ 15 Nr. 3).
. Die Art. 6 und 22 bis 27 des AGzZVG., betr. die Zwangsvoll-
streckung in Bergsachen (EGzZVG. $S 2, EGzBGB. Art. 67 in
Verbindung mit $ 1 Nr. 3 der Verfügung des Reichskanzlers vom
3. Dezember 1905 und 26. Juli 1906).
IV. Konkursrecht.
Nichts.
V. Freiwillige Gerichtsbarkeit.
. Die in Art. 9—14, 15—17, 29 und 30 des preußischen Gesetzes über
die freiwillige Gerichtsbarkeit und in Art. 81 und 82 des
AGzBGB. enthaltenen, das Reichsrecht ergänzenden Vorschriften über
Kostenwesen, über de Zwangsgewalt der Gerichte
und über Register-und Nachlaßsachen (RFG. $ 200. Die
Verfügungen des preußischen Justizministers vom 6., 7., 11. und
12. Dezember 1899 | Justizministerialblatt S. 299, 313 und 753] haben
gemäß Art. 29 des preußischen Gesetzes über die freiwillige Gerichts-
barkeit und $ 23 KGG. provisorische Gültigkeit).
. Die Vorschriften der Art. 31, 33—36 des preußischen Gesetzes über
die freiwillige Gerichtsbarkeit, des S 29 des AGzGVG., der Art. 1
und 68 des AGzBGB. sowie des Art. 11 der Verordnung vom 16. No-
vember 1899 (GS. S. 562), wodurch den Gerichten die Aufnahme
von Urkunden, die freiwillige Grundstücksver-
äußerung,dieGeschäfte in Stiftungssachen, die Er-
teilung von Dispensen der Frauen von der Warte-
zeit und die Erklärungen über die Familiennamen
übertragen werden.
. Die Vorschriften der Art. 1 und 2, 40—63, 65—76 des preußischen
Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit, der Art. 70? AGzBGB.
und der S$ 1 bis 10 des AGzGBO., betreffend das Verfahren in
den unter 2 genannten Angelegenheiten, betr. das
Notariatunddas Verfahren in Grundbuchsachen.
. Die Vorschriften der Art. 22 bis 26 und des Art. 28 des AGzGBO.,
betr. das Berggrundbuch, jedoch nur nach Maßgabe des $S 1
Nr. 4 der Verfügungen des Reichskanzlers vom 3. Dezember 1905
und 26. Juli 1906 (Kolonialblatt 1905 S. 732, 1907 S. 833).
VI. Kostensachen.
. Die $$ 1—95, 104, 108—120, 124 bis 137 und 144 des preußischen
Gerichtskostengesetzes vom 6. Oktober 1899 (GS. 8. 326) und die $$ 9,
g Ernst Radlauer
69 und 117 des preußischen Gerichtskostengesetzes vom 25. Juni
18952(G3. 92203);
2. Die Art. 1, 3—17, 18, 20, 24—26 des Gesetzes über die Gebühren
der Rechtsanwälte und Gerichtsvollzieher vom 6. Oktober 1899 (GS.
S. 381).
3. Die $$ 1—16, 18—26 der preußischen Gebührenordnung für Notare
vom 6. Oktober 1899 (GS. 8. 374).
Die unter 1—3 genannten Vorschriften jedoch
nur,soweit fürihre Geltung nach Maßgabe der bei
III und V angegebenen Vorschriften Raum bleibt
und.soweit sie nicht durch die Verfusune des
Reichskanzlers vom 28. August 1908 und dieGouver-
nementsverfügungen vom 27. März 1907, 10. März 1905,
4. Dezember 198, 17. März 199, 2. Dezember 190%
3 Mai 1903 und 21. Junr 1904 (Kolonialblatt 1908 3
1907 S. 428, 1905 S. 284, 1909 S. 621, 1902 S. 211, 1910 S. 219,. Amts-
blatt für Kiautschou 1903 S. 85, 1904 S. 129) abgeändert sind.
4. Die Vorschrift des Art. 8$ 1 des AGzBGB., betr. die Verjährung der
Ansprüche auf Rückerstattung von Gerichtskosten.
IM.
So ergibt sich, daß sich die Geltung des preußı
schen Rechts in den deutschen Schutzgebieten schon
gegenwärtig nicht mehr auf ganze Gesetzeerstreckt,
daß vielmehr nureinzelne zerstreute Vorschriftenzur
Anwendungkommen. Der weitere Erlaß privatrechtlicher Reichs-
gesetze, der ausgiebige Gebrauch des durch das Schutzgebietsgesetz dem
Kaiser zugewiesenen Verordnungsrechts im Vollstreckungs-, Beurkundungs-
und Kostenwesen wird die Anwendung preußischen Partikularrechts in Zu-
kunft noch mehr einschränken. Angesichts dieser Tatsache wird man sich
aber die Frage vorlegen müssen, ob die Gründe, welche 1886 und 1888
zur generellen Einführung des preußischen Privat- und Verfahrensrechts
drängten, gegenwärtig noch fortdauern, oder ob es sich nicht vielmehr
empfiehlt, bei der Neuregelung des Schutzgebietsgesetzes die Einführung
mutterländischen Rechts auf das Reichsrecht zu beschränken. Wie das
Reichsstrafrecht alle Materien regelt, die eine einheitliche Beurteilung
innerhalb des Reichs erheischen und dem Landesrecht bloß diejenigen
Materien überläßt, welche besonderen, lediglich in einzelnen Teilen des
Reiches vorhandenen Bedürfnissen entspringen, so sind durch die Kodi-
fikationen von 1879 und 1900 auch im bürgerlichen Recht und im bürger-
Über den Umfang der Geltung des preußischen Rechts usw. 9
lichen Verfahren alle gemeinschaftlichen deutschen Institutionen durch
gemeines Recht geordnet worden. Nur auf die Einführung dieses gemeinen
Rechts beschränkt sich aber das nationale Interesse an der Geltung
mutterländischen Rechts in den Kolonien. In allen deutschen Schutz-
gebieten erwacht zur Zeit bei den Ansiedlern ein starkes Heimatgefühl,
das mit einem gewissen Partikularismus, mit dem Streben nach Selbst-
verwaltung undSondergestaltung jeder Kolonie, ihren wirtschaftlichen Ver-
hältnissen gemäß, notwendig verknüpft ist. Diesem Streben nach Sonder-
gestaltung auch auf denjenigen Gebieten Zügel anzulegen, auf denen die
deutschen Einzelstaaten und das Reichsland Freiheit für die Regelung
ihrer Rechtsverhältnisse genießen, ist mit den Grundsätzen einer die
Interessen und die örtlich verschiedenen Bedürfnisse der Tochterländer
berücksichtigenden Kolenisation kaum verträglich und verstößt somit
auch gegen die Interessen des Mutterlandes. Von diesem Standpunkt aus
konnte die Einführung preußischen Rechts neben dem Reichsrecht von
vornherein nur als Provisorium betrachtet werden, dessen Berechtigung
fortfiel, sobald alle gemeinsamen deutschen Rechtsinstitute von Reichs
wegen geregelt waren. Das ist seit 1900 der Fall, und der Ersatz der
Einführung des preußischen Rechts durch Beauftragung des Kaisers mit
dem Erlaß der erforderlichen Vorschriften, zum mindesten aber die
Zuständigkeit des Kaisers zur Abänderung der Gesetze auf allen dem
Landesrecht vorbehaltenen Gebieten wäre daher erwünscht.
Gedruckt bei Lütcke & Wulff, E. H. Senats Buchdruckem.
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XXVII. 1910
Mitteilungen
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Kommissionsverlag von Lucas Gräfe & Sillem
7. Beiheft
zum
| Jahrbuch der Hamburgischen Wissenschaftlichen Anstalten
XXVIIL 1910
Mitteilungen
Stadtbibliothek
in Hamburg
Inhalt:
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Fritz Burg: Die Capsa Ambrosii der früheren Kopenhagener Uni-
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Hamburg 1911
Kommissionsverlag von Lucas Gräfe & Sillem
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Capsa Ambrosii
| der früheren
Kopenhagener Universitätsbibliothek
Von
Fritz Burg
Der Stamm der am 21. Oktober 1728 bis auf wenige vorher
verschleppte oder gerade ausgeliehene Bücher verbrannten Kopen-
hagener Universitätsbibliothek, deren Existenz sich bis in das Jahr
1482 zurückverfolgen läßt, soll gleich von Anfang an im Heiligen-
geistkloster untergebracht gewesen sein." Ausdrücklich bezeugt ist
dieses Bibliothekslokal als apud Sanctum Spiritum erst für die Zeit
von 1539 an. Daneben diente von 1543 bis 1554 als Aufbewahrungs-
ort eines Teils der wachsenden Büchermasse die S. Rochus-Kapelle
an der Frauenkirche. Im Jahre 1554 bekam die Universität ein
Bibliotheksgebäude, in welchem übrigens außer dem Bibliotheks-
lokale auch ein Auditorium enthalten war, auf ihrem eigenen Grund
und Boden, dem Studiigaard, und räumte infolgedessen die beiden
bisherigen Lokale.
Aus dem 16. Jahrhundert ist über dies neue Bibliothekslokal
äußerst wenig bekannt; erst seit dem Jahre 1601, in welchem der
Professor Anders Lemvig (Lymvicus) der Universität seine Bücher
vermacht hat, oder wenigstens dem Jahre 1603, in welchem er ge-
storben ist, fließen die Quellen etwas reichlicher. Damals erst
scheint, eben behufs Unterbringung der Lemvigschen Sammlung,
zum Bibliothekslokale ein Raum hinzugenommen worden zu sein,
der zwar in demselben Hause, aber höher gelegen war und bis
dahin entweder anderen Zwecken gedient oder leer gestanden hatte.
Denn nicht’nur wird seit dem 16. März 1603 bei baulichen Fragen
gelegentlich zwischen der oberen und der unteren Bibliothek unter-
schieden, sondern es heißt auch in den Akten des Konsistoriums
zum 4.° Februar 1604: Obtulit Mag“ Rectori Dn. D. Resenius Cata-
1) Vgl. hierzu wie im allgemeinen zum Folgenden (E. Engelstoft &)
E. C. Werlauff: Udsigt over Kiöbenhavns Universitets-Bygnings Historie ...
(Kbh. 1836); Holger Fr. Rordam: Kjobenhavns Universitets Historie fra 1537
til 1621... (4 Dele, Kbh. 1868—77), namentlich an den im Register til I—III
Del unter Bibliothek (Universitetets) angegebenen Stellen; und S. Birket Smith: Om
Kjebenhavns Universitetsbibliothek for 1728... (Kbh. 1882). Smith bin ich auch
für mehrfache briefliche Belehrung und Herleihung von Handschriften nicht nur
der Universitätsbibliothek, sondern auch des Universitätsarchivs verpflichtet.
2) So Werlauff S. 24, Anm. x. Rordam III S. 653, Anm. 3 gibt den 2. Februar
an. Bei Vergleichung der letzteren Stelle mit Werlauff Anm, u und Smith S. 19,
Anm. 3 stellt sich aber der 4. Februar als das richtige Datum heraus.
1*
4 Fritz Burg
logum utriusque Bibliothec® inferioris et superioris', und dieser
Unterscheidung zwischen einer Bibliotheca inferior und superior
entspricht die Unterscheidung, welche der eine von Hans Poulsen
Resen überreichte Katalog oder genauer gesagt: die eine der von
ihm überreichten Katalogabschriften — nämlich der im Universitäts-
archive als Nr 146b aufbewahrte CATALOG9| LIBRORUM TYPIS |
EXPRESSORUM ET | MANUSCRIPTORU | VETERIS BIBLIO-
THE- | cg Regie Academie | Hafnienfis, conferi- | ptus Anno J. Ch. |
CID. IDCHI. — fol. 120° in der Überschrift einer seiner Haupt-
abteilungen macht zwischen vetus Bibliotheca und Bibliotheca nova.
Diese Überschrift lautet: BIBLIOTHECA | Complurium ve- | terum
manu-fcri- | ptorum codicum. | Academig Regie | Hafnienfis, | in |
THEOLOGIA. | PHILOSOPHIA. | MEDICINA & | JURIS-PRU-
DENTIA. | In Capfa Bibliothece | nove meridionali ad | januam, in
quam ex | veteri Bibliotheca traf- | lati funt A°. J. Ch. | CID. IDCM.
Den Beweis aber, daß die Bibliotheca nova die Bibliotheca superior,
und nicht inferior, gewesen, liefert derselbe Karalog, indem er fol. 111"
eine Abteilung der gedruckten Bücher überschreibt: APPENDIX |
LIBRORUM IN | UTROQVE JURE, | Qvi tranflati in Bi- | blio-
thecam novam | & fuperiorem, af- | fervantur in ca- | pfa ad janua
feptentri- | onali.
Die unter dieser Überschrift auf fol. 111’—118" verzeichneten
Drucke und die unter jener Überschrift auf fol. 120'—132" verzeich-
neten 291 Codices manuscripti gehörten also ihrer Herkunft und
ihrem Rechte nach zur Vetus Bibliotheca, d. i. zu der nach ihrem
Begründer Peder Albretsen zubenannten Albertiana, ihrem Standorte
nach aber seit 1603 zur Bibliotheca Nova oder Lymvicana, in der
sie allerdings ihre besonderen Capsae — zu beiden Seiten des Ein-
gangs — hatten.
Nach dem bei S. Birket Smith S. 85—97 abgedruckten Ver-
zeichnisse jener 291 Codices kann man sich ein in allem wesent-
lichen klares Bild auch von ihrer Capsa machen. Wir werden sie
uns vorzustellen haben als einen recht hohen und breiten Schrank
mit Flügeltüren. Öffnete man beide Flügel, so sah man sieben
Bücherreihen (Ordines) übereinander — eine auf dem unteren
Boden des Schrankes und sechs auf ziemlich spatiös angebrachten
Brettern —, welche durch eine mittlere Querwand sämtlich in
eine linke (prima) und rechte (secunda) Hälfte (Pars) geschieden
waren und von oben nach unten gezählt wurden.’
1) So Rerdam. In Minutien abweichend Werlauff.
2) Anstatt „intimi“ bei Smith S. 96, Z. 1 hat die Vorlage das richtige „infimi“.
Die Capsa Ambrosii 5
Man hatte die Codices nach den vier Fakultäten geordnet, wobei
freilich Mißgriffe oder Inkonsequenzen nicht ganz vermieden waren.
Die Theologie mit 101 Codices nahm die beiden obersten Ordines
und die linke Hälfte des dritten Ordo ein; die Philosophie mit
-94 Codices die rechte Hälfte des dritten, den vierten und fünften
Ordo; die Medizin mit 19 Codices füllte noch nicht einmal die linke
Hälfte des sechsten Ordo; die Jurisprudenz begann mit 4 Bänden
in dem Reste der linken Hälfte des sechsten und erstreckte sich
durch die rechte Hälfte des sechsten sowie den siebenten oder
untersten Ordo. Für 9 von ihren 77 Bänden war aber kein Platz
im Innern des Schrankes. Diese 9 juridischen Bände standen des-
halb oben auf dem Schranke, supra Coronam partis IId®.! Von einer
Aufstellung nach Formaten läßt sich so wenig wie von einer Syste-
matisierung innerhalb der einzelnen Fakultät entdecken; denn daraus,
daß Exemplare eines und desselben Werkes mitunter, durch mehrere
Codices getrennt, in verschiedenen Ordines stehen, läßt sich nicht
sicher folgern, daß sie verschiedenes Format gehabt haben.
Im Sommer 1636 hatte Christian IV. die Absicht das Bibli-
otheksgebäude niederzureißen, um an seine Stelle eine Univer-
sitätskirche zu setzen, und ließ infolgedessen das Bibliothekslokal
räumen oder doch mit seiner Räumung beginnen. Der Plan wurde
jedoch alsbald wiederaufgegeben, die Räumung der Bibliothek schon
im September redressiert und im folgenden Jahre der Grundstein zur
Trinitatiskirche außerhalb des Studiigaards gelegt. Ob jene vergeb-
liche Räumung, von der her Ole Worm (Epistolae I 175) noch im
Dezember 1636 confufa ... pleraqve fand, die 291 Codices der Capsa
meridionalis ad januam der Bibliotheca Nova bereits ergriffen hatte,
ist ebenso unsicher wie, ob sie in Mitleidenschaft gezogen worden
sind bei der Translokation, die 1643 Platz für ein anatomisches
Theater im Bibliotheksgebäude geschafft hat. Sicher dagegen ist,
daß die in den Fünfziger-Jahren erfolgte Übersiedelung auf den zum
Hauptlokale der Universitätsbibliothek bestimmten Boden der Trini-
tatiskirche auch die Insassen unserer Capsa betroffen und gründlich
durcheinander gerüttelt hat.
Der Universitätsbibliothekar Thomas Bang, unter welchem der
große Umzug stattfand, wurde Ende 1652 beauftragt, die Bibliothek,
die sich seit der Katalogisierung von 1603 — weniger durch Einzel-
ankäufe als durch Schenkung, Überweisung, Vermächtnis ganzer
Sammlungen — sowohl an Handschriften wie an Drucken gewaltig
1) Die scheinbar übertriebene Genauigkeit dieser Lokalisierung hat nichts
Auffallendes, sobald man voraussetzt, daß auf der linken Hälfte des Schrankes
irgend etwas anderes gestanden hat.
6 Fritz Burg
vermehrt hatte, neu zu registrieren. Ein im Codex AM. 900, 4to!
der heutigen Universitätsbibliothek abschriftlich auf uns gekommenes
anonymes Verzeichnis über die Lymvicana, und zwar im wesentlichen
nur über ihre Drucke, scheint durch seine Datierung von 1654? dafür
zu sprechen, daß Bang sich alsbald ans Werk gemacht hat, und der
in demselben Bande abschriftlich erhaltene anonyme und undatierte
Katalog über die Vetus Bibliotheca, d. h. im wesentlichen nur über
ihre Drucke, sowie andere beim Amtsantritte seines Nachfolgers
Christen Ostenfeld im Januar 1662 als vorhanden bezeugte Kataloge
scheinen zu beweisen, daß Bang die Arbeit noch ein gut Stück
gefördert; aber in der Katalogisierung speziell der Manuskripte war
er offenbar nicht weit gediehen.
Da nun die Manuskripte der ehemaligen Capsa meridionalis ad
januam, soweit sie noch vorhanden waren, bei Bang’s Tode am
27. Oktober 1661 nicht nur nicht in der Reihenfolge, die sie in
jener Capsa innegehabt, sondern überhaupt nicht als kompakte
Masse beisammen standen, so waren sie nach dem alten Kataloge
von 1603 nicht abzurevidieren. Es wurde daher über diese Manu-
skripte wie überhaupt paa hpis der fantis ey at | verre optegned, eller
bragt under nogen viffe | Catalogum, — nicht nur über Handschriften,
sondern auch über Drucke, aufgehängte Bilder, Karten usw. —
zwecks Übergabe der Bibliothek an Ostenfeld kurzer Hand ein
Inventar aufgenommen, in welchem man auch die nachweislich der
Bibliothek gehörigen, aber entweder ausgeliehenen oder nicht auf-
findbaren Drucke besonders verzeichnete.
Das am 28. Januar 1662 von Peder Resen, dem Enkel des
vorhin erwähnten Hans Poulsen Resen, von dem neuen Bibliothekar
Ostenfeld, von E. J. Brochmand und Jorgen Eilersen unterzeichnete
Original-Inventar ist vermutlich ein Raub der Flammen geworden,
und es ist auch nur eine einzige, wenngleich in vielen Details ver-
stümmelnde, so doch im großen und ganzen anscheinend vollständige
Abschrift davon bekannt, nämlich die auf S. 471—535 des Codex
AM. 901, 4to, den Frederik Rostgaard — offenbar durch
Berufsschreiber — im Jahre M.DC.XIC. hat schreiben lassen und
laut undatierter eigenhändiger Widmung an Arne Magnusson ver-
schenkt hat; wahrscheinlich 1725 oder Anfang 1726, da dieser Codex
zwar noch, wie bereits Friedrich Lorenz Hoffmann Serapeum XV
1) Nach Smith und Kälund mit Bibliotheca Rostgardiana ... .. (Hafnizs 1726)
S. 531, Nr 856 [= Bibliotheca Daneschioldiana ... (ibid. 1732) S. 440, Nr 518]
nicht identisch.
2) „1654-55“ im Katalog over den Arnamagnzanske Händskriftsamling II
(Kbh. 1894) ist irrig.
Die Capsa Ambrosii 7
(1854) S. 36 vermutet hat, in der Bibliotheca Rostgardiana (1726) S. 530,
Nr 854 aufgeführt ist, Rostgaard aber — laut gütiger Mitteilung
Smith’s — in einem eigenhändigen auf der Kopenhagener Universitäts-
bibliothek aufbewahrten Verzeichnisse der Käufer und Preise zu
dieser Nr angemerkt hat: Deest. Dasselbe steht ebenda auch bei
der folgenden Nr 855: Index Alphabeticus in eundem codicem MS.
Eft fafeiculus in 4to, absg ligatura; der Verbleib dieser Nr ist
aber unbekannt. Ob die Abschrift in AM. 901, 4to direkt vom
Original-Inventar genommen, ist zweifelhaft; jedesfalls aber hat der
Abschreiber nichts weiter eigenmächtig hinzugetan als die
Kolumnentitel.e Da diese mehrfach irreführend sind, sind sehr
viele Bücher, die, blindlings nach ihnen beurteilt, als Manuskripte
zu gelten hätten, hinterdrein mit Rötel als Drucke gekennzeichnet
worden, summarisch sogar auch einige, die tatsächlich Manuskripte
waren. An Schränken, welche Manuskripte enthielten, umfaßt die
Inventarabschrift der Reihe nach die Capsa Tertulliani, die Capsa
Cypriani, die Capsa Ambrosii, die Capsa Origenis und die Capsa
Mosis; von letzterer jedoch nur Pars I.! Und in der Capsa Ambrosii
und Capsa Mosis finden wir nun gleich auf den ersten Blick eine
Menge alter Bekannter aus der Capsa meridionalis ad januam wieder,
aber so kunterbunt durcheinander gewürfelt, daß nur ganz selten ein
paar Bände ebenso neben einander stehen, wie sie dort neben einander
gestanden hatten. Falls Smith S. 41 (vgl. auch S. 40, Anm. 2) meint,
daß man diesen Bänden bei, resp. nach, dem Einzuge auf den Boden
der Trinitatiskirche eine ganz neue Ordnung gegeben hatte, drückt
er sich etwas euphemistisch aus; diese ganz neue Ordnung war
weiter nichts als das unbeabsichtigte Chaos des Umzuges, das durch
das Inventar von 1662 kanonisiert worden ist.
Unter Zugrundlegung von AM. 901, 4to hat Smith S. 137—165
Überschrift und Schlußschrift des Inventars und die Verzeichnisse
über die Capsae Tertulliani und Cypriani vollständig heraus-
gegeben, die Verzeichnisse über Capsa Ambrosii, Capsa Origenis
und Capsa Mosis Pars I in Auswahl, nämlich mit Beschränkung auf
sädanne Händskrifter, som pä en eller anden Mäde kunne sees at ved-
komme Norden, samt sädanne, som ligefrem betegnes som Membraner.
Während die Capsa Meridionalis in sieben von oben nach unten
gezählte Ordines geteilt war und jeder Ordo in zwei Partes, zer-
1) Smith S. 164, Anm. 2 (vgl. auch S. 20, Anm. I) nimmt an, daß die Capsa
Mosis überhaupt nicht in Partes geteilt gewesen sei. Für die Geteiltheit sprechen
aber nicht nur die Kolumnentitel der Seiten 522—524 des Codex AM. 901, 4to,
sondern auch zwei, hierselbst S. 14—15 abgedruckte, Notizen Peder Syv’s, auf deren
erste Smith S. 41, Anm. 5 und S. 164, Anm. 5 Bezug nimmt.
8g Fritz Burg
fällt die Capsa Ambrosii zunächst in drei, sicherlich nebeneinander
zu denkende, Partes und jede Pars in vier — ich weiß nicht, ob
ebenfalls von oben nach unten gezählte — Ordines; und während
der Katalog über die Capsa Meridionalis die Codices überhaupt
nicht numerierte, numeriert das Inventar über die Capsa Ambrosii
die Codices jedes einzelnen Ordo von 1 an.
Daß die Handschriften selber jemals mit Signaturen versehen
worden sind, aus denen Capsa, Pars, Ordo und Numerus ersichtlich
waren, die wir also zu Ambr. I1ı, Ambr. Ii2 usw. verkürzen
können, ist trotz solcher Zitate‘, die diesen Gedanken nahelegen,
nicht anzunehmen. Dazu stehen den genauen Zitaten viel zu viel
ungenaue gegenüber. Auch sind an den wenigen Handschriften der
ganzen Bibliothek, die den Brand überdauert haben, keine derartigen
Signaturen zu spüren. Die genauen Standortsangaben beruhen nicht
auf den Codices, sondern auf dem Kataloge.?
Zählt man die Endnummern sämtlicher Ordines der Capsa
Ambrosii nach AM. 901, 4to zusammen, so erhält man die Summe
293, also beinahe dieselbe, die sich bei einer Addition aller Codices
der Capsa Meridionalis ergibt; ja dürften wir — was ich aber nicht
glaube — Ambr. I2ıs und II42 in Abzug bringen, die in AM. 901, 4to
weiter nichts sind als die nackten Nummern 19 und 26, ohne jeden
Titel oder Inhalt, so kämen wir sogar genau auf die alte Summe
291. Ich kann diese, auch bei Annahme der Differenz um 2, wunder-
liche Übereinstimmung für keinen Zufall halten und mir nur durch
die Voraussetzung erklären, daß irgend ein Umzugsgehilfe die Codices
der Capsa Meridionalis in die Capsa Ambrosii einstellen sollte und
entweder des guten Glaubens war oder aber für eine etwaige ober-
flächliche Nachprüfung den Schein erwecken wollte, es seien hier
wirklich lauter und alle Codices der Capsa Meridionalis wieder
beisammen, wovon in Wahrheit weder das eine noch das andere
der Fall war, da in der Capsa Ambrosii ebenso zweifellos Codices,
1) Cod. ms. philol. 249a, 4to der Hamburger Stadtbibliothek, enthaltend die
Synonyma Ciceronis, z.B. trägt auf dem Vorsatzblatte einen langen Vermerk,
welcher so beginnt: „Sequentem librum defcripfi ex Codice | quodam Manufcripto
in | Membrana, qui eft in Biblio- | theca Manufcriptorum Academis | Hafniensis
capf& Ambrosii part. | 1. ord. 3. num. 4. Eodem codice | defcripte erant Secundi
Philosophi | fententi@, ut mihi videbatur, auctiores | editis. Item Ifidori viginti
ety- | mologiarum libri, nec non gloff& |in vocabula verfionis Vulgatz etc. |“ Ich
wähle gerade dies Beispiel nicht nur deshalb, weil es bisher unbekannt ist, sondern
auch weil es von dem Codex Ambr. 134 etwas sonst Unbezeugtes bezeugt, nämlich
daß er Pergament war.
2) Smith schrieb mir am 23. I. 1903: Jeg...ved overhovedet intet om
Numerering af Mss. i Universitetsbibliotheket.
Die Capsa Ambrosii 9
die erst nach 1603 zugegangen waren, und — trotz Smith S. 41 —
Codices aus der Bibliotheca Lymvicana standen, wie in der Capsa
Mosis solche aus der Capsa Meridionalis.
Smith erwähnt zwar, daß viele Handschriften des Kataloges
von 1603 in dem Inventar von 1662 wiederkehren, setzt auch —
S.9, Anm. 1, S. 86, Anm. 2, S. 95, Anm. 2 — drei einzelne hiesige
Handschriften drei dortigen gleich, hat aber nicht erkannt, daß die
Inventarabschrift in AM. 901, 4to der Identifizierung in vielen Fällen,
und so auch bei jenen drei Paaren, sehr dankenswert zu Hilfe Kommt.
AM. 901, 4to setzt nämlich nicht nur vor jedes Manuskript einen
Numerus, sondern in Ambr. II2—3 und III3—4 auch hinter die
meisten, nämlich hinter 72 von 117 Manuskripten, einen, und dieser
hintergesetzte Numerus stellt sich bei 56 von den 72 Manuskripten
genau als der Platz heraus, den das betreffende Manuskript inner-
halb seiner Pars in oder auf der Capsa Meridionalis hatte. Wenn
wir mit der Identifizierung Ernst machen wollen, müssen wir daher
vor allen Dingen die Codices jeder einzelnen Pars des bei Smith
S. 85—97, Zeile 20 abgedruckten Kataloges der Capsa Meridionalis
von 1 an durchnumerieren, wobei zu beachten ist, daß die sieben
Stücke S. 94 oben — wenigstens nach Nr 146b des Universitäts-
archives — zu demselben Volumen gehören wie die sieben Stücke
S. 93 unten, daß aber „Volumen“ hier höchst wahrscheinlich nicht
Band, sondern Umschlag, Mappe oder was wir Konvolut nennen,
bedeutet, da sowohl der Vermerk Volumen in qvo continentur
als auch die Einzelaufzählung von so vielen Bestandteilen bei einem
wirklichen Bande ganz gegen den Stil dieses Kataloges ist. Und
wollen wir hier Signaturen bilden, die denen der Capsa Ambrosii
entsprechen, so haben sie zu lauten Mer. 1Iı, Mer. 1l2 usw., worin
wie dort die große arabische Ziffer den Ordo, die römische Ziffer
die Pars bedeutet.
Aber wo hatte das Original-Inventar die alten Numeri her, und
wie ist es zu erklären, daß AM. 901, 4to jene Numeri nicht hinter
allen aus der Capsa Meridionalis stammenden Handschriften, ja
nicht einmal hinter allen in Ambr. II 2—3 und III 3—4 stehenden
aufweist und niemals den alten Ordo und die alte Pars mitangibt?
Und warum stimmen die Numeri nicht durchweg?
Ich nehme an, daß die Codices in der Capsa Meridionalis
ebenso unnumeriert waren, wie sie es im Kataloge von 1603 sind,
daß man für den Umzug in die Trinitatiskirche jedem Codex
seine bloße Nummer auf- oder eingeschrieben, die Codices pars-
weise zusammengepackt und nur auf der Verpackung Ordo und Pars
10 Fritz Burg
vermerkt hat oder hat vermerken wollen.” Daß in Ambr. I 1—4, II 1,
II 4, III 1—2 und Capsa Mosis kein einziger alter Numerus begegnet,
begreift sich am einfachsten durch die Voraussetzung, daß die
Inventaraufnahme unter mehrere Schreiber verteilt war und nicht
alle sich dazu verpflichtet gefühlt hatten, die alten Numeri mitzu-
verzeichnen. Heikler ist die Frage, weshalb in Ambr. II 2—3 und
III 3—4 der alte Numerus in 45 von 117 Fällen mangelt. Einige
von diesen 45 Fällen betreffen Codices, die überhaupt nicht aus der
Capsa Meridionalis stammen; in den übrigen wird der alte Numerus
teils schon bei der Inventaraufnahme — entweder wegen Unleserlich-
keit oder aus Nachlässigkeit — fortgelassen, teils erst beim Ab-
schreiben des Inventars versehentlich übergangen sein. Die 16 Un-
stimmigkeiten endlich kann man höchstens jede für sich zu erklären
versuchen; ich komme auf sie später zurück.
Selbst von den vielen in AM. 901, 4to für Ambr. II 2—3 und
III 3-4 bewahrten alten Numeri weisen die beiden anderen vor-
handenen Verzeichnisse der Capsa Ambrosii nur noch je einen, den
für Ambr. II 2ı und den für Ambr. III 3ı, auf.
Der alte Numerus für Ambr. II 2ı ist enthalten in derjenigen
Abschrift des Inventars, welche den vorderen Teil von Add. 218, 4to
der Kopenhagener Universitätsbibliothek bildet und nach Kälund’s
Meinung? zu Beginn des 18. Jahrhunderts und utvivisomt für Arne
Magnusson angefertigt worden ist. Diese Abschrift geht ohne die
Inventarüberschrift, ja ohne Titel — denn das Titelblatt ist von
anderer Hand und erst nach dem großen Brande geschrieben —
gleich in medias res, umfaßt die bekannten fünf Schränke? und
schließt bereits mit dem auch in AM. 901, 4to auf sie unmittelbar
folgenden Verzeichnisse der ausgeliehenen Drucke; und während
letzteres in AM. 901, 4to überschrieben ist: Diffe Böger er laant Mefter
Peder Spurmand | fürend de Tlogen Tid kom her op, trägt es hier die Über-
schrift: Tlogle Bögger fom vare udlaante.
1) Falls die Capsa Meridionalis schon 1636 oder 1643 einmal geräumt worden
ist (vgl. hierselbst S. 5), könnte die Numerierung ihrer Codices schon damals
stattgefunden haben. Da jedoch keine dieser beiden Räumungen für die Capsa
Meridionalis bezeugt ist, so sehe ich von der Möglichkeit einer so frühen Nume-
rierung, durch die sich nicht etwa mehr erklären würde als durch eine Nume-
rierung bei dem großen Umzuge, geflissentlich ab.
2) Katalog over de oldnorsk - islandske Händskrifter ... (Kbh. 1900) S. 445.
3) Cypr. 136—40 sind in Add. 218, 4to von vornherein und nur als Cypr. 21-4
gerechnet; von der zwiefachen Numerierung bei Smith S. 146 ff kennt also Add. 218,
4to nur die vordere, jüngere.
vr
Die Capsa Ambrosii 11
Smith hat richtig erkannt, daß keinerlei Abhängigkeitsverhältnis
zwischen AM.901, 4to und Add. 218, 4to besteht, hat aber Add. 218, 4to
unterschätzt! und nicht genügend verwertet. Während AM. 901, 4to
z. B. den Codex Ambr. Ill 2 ı7 kurzweg als Raimundus verzeichnet,
verzeichnet ihn Add. 218, 4to als Raimundus de Simonia, Sacra-
mentis, Schifmaticis, | votis, juramentis, facrilegiis etc: in membrana.
Und kann man diesen Codex trotzdem mit keinem der Capsa
Meridionalis sicher identifizieren, so ermöglicht hingegen Add. 218, 4to
für Ambr. III 413 die Identifizierung, die selbst der hier in AM. 901,
4to überlieferte alte Numerus noch keineswegs an die Hand gibt.
Ambr. III 413: „Scientiarum liber Num 14“ und Mer. 2IIu: „In
primum, Ilm & IlIm Sententiarum“ einander gleichzusetzen, darauf
könnte man höchstens dann verfallen, wenn alle übrigen vierzehnten
Codices der Capsa Meridionalis anderweitig sicher wiedererkannt
wären, was sie leider nicht alle sind. Jene Gleichung ergibt sich
aber gewissermaßen von selber, sobald wir die Lesart von Add. 218,
4to berücksichtigen: „Sententiarum liber“, und ist unantastbar,
sobald wir mit Glück die Gegenproben gemacht, d. h. festgestellt
haben, daß keiner der übrigen vierzehnten Codices der Capsa
Meridionalis ebenso gut wie Mer. 2 Ilıs paßt, und ein Titel Scien-
tiarum liber weder in ihr noch in den sonstigen bei Smith gedruckten
Verzeichnissen vorkommt.
Einzig und allein für Ambr. III 3ı kehrt der alte Numerus wieder
in dem von Michael Richey geschriebenen Cod. hist. litt. 77, 4to
der Hamburger Stadtbibliothek, den schon Friedrich Lorenz Hoffmann
Serapeum XV (1854) S. 314 ff ans Licht gezogen hat, und von dessen
Wert sowohl für bessere Erkenntnis des Inhaltes der Capsa Ambrosii
wie für Wiedererkennung ihrer Codices in solchen der Capsa
Meridionalis ich im Anzeiger für deutsches Altertum XXVIII (1902)
S. 187ff eine Probe gegeben habe. Aus dem dort S. 188 ver-
sprochenen Abdrucke ist nichts geworden, weil ich mich mit der
damaligen Redaktion des Zentralblattes für Bibliothekswesen nicht
ganz über die Art und Weise der Veröffentlichung einigen konnte;
so erfolgt er denn jetzt hier, und zwar seiten-, zeilen- und buch-
stabengetreu. Ihm gegenüber gebe ich einen bis auf die Kolumnen-
1) Auf Konjektur des Abschreibers, wie Smith S. 136 meint, beruht nicht
eine einzige der besseren Lesarten von Add. 218, 4to. Zu konjizieren waren beide
Abschreiber gleich unfähig, man müßte denn etwa solche Genialitäten wie bei
Ambr. II423 Dipfz in Add. 218, 4to gegenüber diyze in AM. 901, 4to für ursprüng-
liches divers& Konjekturen nennen wollen.
12 Fritz Burg
titel! vollständigen und mit allen irgend erwähnenswerten Varianten
der Handschrift Add. 218, 4to versehenen Abdruck des in AM. 901,
4to enthaltenen Inventars über die Capsa Ambrosii.
Der Cod. hist. litt: 77, 4to hat 16 unliniierte und erst durch
mich foliierte Blätter von ca 20,8 cm Höhe und ca 16,2 cm Breite.
Blatt 1—6 bilden eine Lage und Blatt 8-15 eine; Blatt 7 und 16
sind aber, wie das Wasserzeichen — ein von zwei Löwen gehaltenes
bekröntes Amsterdamer Wappen mit der Unterschrift RG —- verrät,
kein Blattpaar. Blatt 2—15 haben durch Knickung markierte ziemlich
schmale Innen- und Außenränder. Der Deckel besteht aus einem
dünnen, innen mit weißem Papier, das die Blätter 7 und 16 viel-
leicht zu je einem Blattpaare ergänzt, überzogenen, in der ganzen
Rückenhöhe durch einen weißen und einen auf diesen aufgeklebten
etwas schmaleren blauen Papierstreifen außen verstärkten bunten
Papierumschlage. Auf der Außenseite des Vorderdeckels klebt ein
rundes weißes Papierschild, das in Richeyscher Kalligraphie die
Aufschrift „Manufcripta | Bibliothecae Hafni- | enfis.“ trägt, während
die Innenseite in der oberen Außenecke die ebenfalls von Richey
geschriebene Zahl 220 aufweist und etwa in der Mitte, von un-
bekannter Hand mit Rötel geschrieben, die Zahl 136, welche in Be-
ziehung zu dem Richeyschen Auktionskataloge steht. Blatt 1, dessen
Rückseite wie das ganze Blatt 16 leer ist, trägt ungefähr mitten auf
der Vorderseite den Titel „Catalogus | Librorum MSSrum | Bibliothecae
publicae | Hafnienfis.“ und in der unteren Außenecke den Vermerk
„Mich. Richey. m. m. | 1702. Gluckftadii | Ad fidem exempli | quod
extat in biblioth. | Gudiana, fed perquam | vitiofe feripti.“
Das Richeysche Heft ist vollkommen intakt erhalten, umfaßt
aber nur die Capsa Ambrosii, und man muß annehmen, daß —
wenigstens im Jahre 1702 — auch die Vorlage, welche dem bereits
am 26. November 1689 verstorbenen Marquard Gude gehört hatte
und jetzt verschollen ist, keine weiteren Capsae umfaßt habe, ob-
gleich sie sowohl in der Bibliotheca...ä... Gudio...congesta, quae
distrahetur Hamburgi .... 1706 (Kiloniis.a.) S.575, Nr 565 [rectius 365]
wie im Catalogus...codicum mstorum..., quos colligere licuit...
Gudio (Kilonii 1709) S. 55, Nr 346 mit jenem weit mehr ver-
heißenden Titel „Catalogus Librorum Manufcriptorum Bibliothec®
Public» Hafnienfis“ steht. Dagegen ist es sehr wahrscheinlich, daß
dieser Gudesche Quartant noch einen Index auctorum enthalten
1) Diese enthalten keine Codex- Nummern und zielen immer nur auf den
Anfang der Seite, springen also z. B. von MANUSCRIPTA in CAPSA AMBROSII.
PARS I. ORDO 4. über zu MANUSCRIPTA in CAPSA AMBROSI. PARS. II.
ORDO II. — Cod. hist. litt. 77, 4to und Add. 218, 4to haben keine Kolumnentitel.
Die Capsa Ambrosii 13
habe; denn in dem nach Richey’s Tode von seinem eigenhändigen
Bücherverzeichnisse abgedruckten Auktionskataloge seiner Bibliothek
— und zwarin Pars Ill. Bibliothecae beati Richeiiquae...MDCCLXIM.
distrahetur (Hamburgi s. a.) S. 444 — folgt auf unsern als Nr 136a
angeführten „Catalogus MSrum bibliothecae publicae Hafniensis,
manu mea, ex biblioth. Gudiana“ als Nr 136b: „Index auctorum
alphabeticus, quorum feripta in hoc volumine recenfentur“, und es
ist, da er ja ein eigenes Quartheft ausmachte, nicht glaublich, daß
dieser Index sich auf die Autoren der einen einzigen Capsa be-
schränkt habe, also etwa erst von Richey selber angefertigt gewesen
sein Könnte.
Das Schicksal der Nr 136b ist leider ungefähr ebenso unbekannt
wie das des Index zu AM. 901, 4t0. Aus dem bereits von Friedrich
Lorenz Hoffmann Serapeum XXV (1864) S. 17ff herangezogenen,
jetzt dem Verein für Hamburgische Geschichte gehörigen, durch-
schossenen Exemplare der Bibliotheca beati Richeii ist zu ersehen,
daß die Nrn 136a und b am 2. Mai 1763 für zusammen 3 Mark
und 2 Schilling an einen gewissen Pini — offenbar den Hamburger
Kaufmann Jacob Pini — versteigert worden sind, der außerdem etwa
280 Nummern erstanden hat; aber in wessen Auftrage Pini gekauft
hat, weiß ich ebenso wenig wie, von wo aus die Nr 136a schließlich
— vielleicht erst im 19. Jahrhundert — in die Stadtbibliothek
gelangt ist.'
War nun die Nr 136b aus dem Gudianus mitabgeschrieben,
und betraf sie mehr als nur die Capsa Ambrosii, so unterstützt sie
kräftig den Verdacht, den schon der Titel des Gudianus weckt, daß
nämlich die Vorlage des Gudianus, ja vielleicht noch der Gudianus
selber von Hause aus, ein Katalog über weit mehr als einzig und
allein die Capsa Ambrosii gewesen sei.
Und diesen Verdacht -bestärken weiter einige Notizen, welche
auf den ersten 2?/; Seiten eines Quaternio, der nachher mit andern
zu dem Bande vereinigt worden, der jetzt Rostg. 21, 4to der Kopen-
hagener Universitätsbibliothek ist,” Peder Syv sich gemacht hat, und
zwar nicht etwa direkt nach den Codices der alten Universitäts-
bibliothek, sondern aus Verzeichnissen über dieselben.
Die Notizen, resp. der ganze Quaternio, trugen ursprünglich
die Überschrift „Catalogus MStorum in Bibliotheca Acad: Hafn. |
1) Es befinden sich auf der Stadtbibliothek zwar noch mehr durch Pini aus
Pars IIll. Bibliothecae beati Richeii erstandene Nummern — z.B. S. 471, Nr 31,
Nr 32, S. 668, Nr 14, Nr 15, Nr 18 — sie helfen aber, soviel ich sehe, nicht weiter.
2) Der Band ist unfoliiert; nach meiner Zählung wäre unser Quaternio
Bl. 80—87.
14 Fritz Burg
qvs ad Historia3 nraz3 fpectant.“, aber als Syv merkte, daß z.B. ein
von ihm mitnotierter Liber Japonicg, impresfg Romx&, 1599 doch
eigentlich kein die dänische oder nordische Geschichte angehendes
Manuskript sei, hat er aus dem Schlußpunkte ein Komma gemacht
und ein „etc.“ dahintergeschrieben. Auf die Überschrift folgen
zunächst Exzerpte entweder aus demselben Katalog der Capsa
Ambrosii oder aus einer Abschrift desselben Kataloges der Capsa
Ambrosii, auf welchem indirekt unser Cod. hist. litt. 77, 4to beruht;
ich drucke sie unterhalb des letzteren vollständig, aber nach ihren
Entsprechungen auseinandergezogen ab.
An diese Exzerpte schließt sich, das letzte Drittel der S72
füllend, das folgende Verzeichnis an:
Capfa Minor, (Olim hi libri fuerunt in
Capfa Mofis. Parte 1. Ord. 3.)
39. Varia Astrolog: et Medica In fine Lexicon Medicuz, Dan: etLatinuz. 4.
42 Chron. Dan. vet. L. Danicä f. Ifland: in Membr. 4.
43. Chron. Norv. Lingva Ifl: in Membr. 4.
44. Aliud Fragmentu;, in F.
45 Codex Legg. Norveg: in Membr. Alius ejusde3 argumenti.
46. Chron. Ifland. in Membr. Fol. +
47. Codex Legum Norveg. in Lingva Vet. Jh Historica qdam.
48. Chron. Norv: in Vet. Lingva. in F.
52. Liber Japonicg, impresfg Rom&, 1599.
53. Chron. der Könige in Schweden. Fol.
54 Alcorang Arab. fatis nitidg.
Nur die Nrn 48 und 53 dieses Verzeichnisses lassen sich in
AM. 901, 4to oder Add. 218, 4to wiedererkennen, nämlich als
Orig. 12:10 und 4s (Smith S. 162. 163); diese beiden Codices wären
also aus der Capsa Origenis in die Capsa Mosis und aus der Capsa
Mosis in die Capsa Minor gewandert. Daß sie wirklich aus der
Capsa Origenis stammen, ist deshalb wahrscheinlich, weil Syv,
dem es doch vor allem um nordische Geschichte zu tun war, diese
beiden Handschriften, die ja nordische Geschichte enthielten, unter
„Capfa Originis“, wie wir sogleich sehen werden, nicht notiert hat,
und mit der Herausnahme dieser beiden und, wie sich alsbald zeigen
wird, noch anderer Codices aus der Capsa Origenis hängt vielleicht
auch die auffallende Tatsache zusammen, daß diejenigen Codices,
welche Syv aus dieser Capsa notiert hat, bei ihm keine Nummern
haben.
Die Capsa Ambrosii - 15
Die oberen zwei Drittel von S. 3 nehmen die folgenden
Notizen ein, deren Abweichungen von ihren Entsprechungen in
AM. 901, 4to und Add. 218, 4to ich gleich mitveranschauliche, soweit
sie nicht bloß graphischer Natur sind:
[Capfa Originis.’ Pars Prima.
OrdoÄf:
Misfale?2 p ufu totig Norv.’
Ordo 2.
[Liber Ruthenicg.*
[Alcorang Arab.’ in Fol.
Ordo 3.
[Liber Chinenfis. 4. Hieroglyphica gdaz Lingv& Chinenf:’
[Andrex Fosfii Synopfis Chronicog univerfaliu3. 4.°
Liber? Mfctg /Nidrofiä tranfmisfg. 8. En anden dito!V.
Capfa!! Mofis [Pars 1'2.
Ordo-1.>
10. /Chron. Regum Dan. Lingva Ifland: '*
115. Eccte Roefkildenfis % fumma. 7
12!8 [Chron. Ifland: !9
16. /Legatum Georgii Huid
Ordo 2.
137 1@odex Juris Norv.
1) CAPSE ORIGENIS 218. 2) 7. Misfale 901. 218. 3) Regni Norvegix
med Munckefkrifft in ... fol: 901. 218. 4) 5. En Royffifke Sangbog in folio.
901. 218. 5) 8. Den Törkilke Alcoran 901. 9. Dend Torcifke Alcoran: 218.
6) 5. Liber Chinensis in ... 4to. | 6. Hieroglyphica 901. 218. 7) Chinensis in...
4to. 901. 218. 8) 13. Synopsis Chronicorum Univerfalium Andrez Fosfii Dani
indbunden I röt flöyel 4. vol: 901. 13. Synopfis Chronicorum Univerfalium Andrex
Fosfii Dani. 218. 9) 17. Liber 901. 218. 10) ab Erico Bredalino Nidrosia misfus
in (in fehlt 901) 8°. | 18. Jtem (Jtem fehlt 218) alius ab eodem 901.218. 11)CAPSZ218.
12) MS. | PARS I 901. PARS Ima. MSS 218. 13) fehlt 901. 218. 14) Danfke
Kongers Krönicke paa Islandifk (218: Jislandfk). 901. 218. 15) 12 218. 16) Röe-
fchildensis 901. Roskildensis 218. 17) summa etc: 901. 18) 13 218. 19) &n
Islandifke (218: Jiflandfke) Krönicke. 901. 218. 20) Jnstitutiones Justin: cum lect:
Vilhelmi de Werdena. 901. Legatum Mag: Georgii Huud. 218. 21) Tlordfke lovbog
901. 218.
Hierauf folgt, durch einen wagerechten Strich von dem Vorher-
gehenden deutlich geschieden, ein bis S. 16 reichender Auszug aus
16 Fritz Burg
dem Inventare von 1662 über die Capsae Tertulliani und Cypriani',
welcher mit der — etwas verkürzten — Inventarüberschrift beginnt,
und welchem S. 16 die beiden Zusatzbemerkungen angehängt sind:
Derforuden findes der og andre Haandfkrevune Böger | i Mulenii og begge
Fuireners, men fornemmeligen udi | P. Refenii bibliotek, fom der kunde fees.
Omisfafunthic Varia Mfcta Philofophica,Scholastica, Mathematica,
Juridica, Glosf&, Plurimi Avtores Latini | et Gr&ci, item Patres, etc:
Abgesehen von ein paar winzigen Korrekturen und vielleicht
der zweiten Zusatzbemerkung scheint der ganze Quaternio zwar
nicht ohne Wechsel der Feder und Tinte, aber doch ohne erheb-
liche Unterbrechung geschrieben.
Syv’s Notizen aus den Capsae Origenis und Mosis enthalten
nichts Tatsächliches, das nicht aus dem Archetypus x der beiden
Handschriften AM. 901, 4to und Add. 218, 4to geflossen sein könnte,
doch verbietet schon allein der Platz dieser Notizen sie aus dem-
selben Exemplare des Inventares exzerpiert zu denken, aus welchem
der Inventarauszug stammt. Dagegen ist es sehr wahrscheinlich, daß
diese Notizen samt denen über die Capsa Minor aus derselben
Vorlage ausgezogen sind wie die über die Capsa Ambrosii, also auf
den für die letzteren und den Gudianus gemeinsamen Archetypus y
zurückgehen. Dies soll nicht etwa besagen, daß das Original des
durch Syv exzerpierten Kataloges über die Capsa Minor zu der-
selben Zeit oder von demselben Gelehrten verfaßt gewesen sei wie
das Original des durch ihn exzerpierten Kataloges über die Capsa
Ambrosii, sondern nur, daß y bereits ein Exemplar auch der
Kataloge über die Capsa Minor, Capsa Origenis und Capsa Mosis
enthalten habe. Der terminus ante quem für die Zusammenfassung
jener vier Kataloge ist selbstverständlich der Tod Gude’s, d.i. der
26. November 1689; der terminus post quem läßt sich dank dem bei
Syv überlieferten Vermerke® „Olim hi libri fuerunt in | Capfa Mofis.
1) Cypr. 13640 sind hier noch nicht in Cypr. 2 hinübergezogen, von der
zwiefachen Numerierung bei Smith S. 146 ff kennt also Syv nur die zweite, ältere,
und zwar ohne Zusammenklammerung von Cypr. 1 39 und 40.
2) Dieser Vermerk war im Originale des Kataloges über die Capsa Minor
vielleicht deshalb angebracht worden, weil zu den aus der Capsa Mosis in die
Capsa Minor umgestellten Bänden einige gehörten, die zur Zeit der Umstellung
verliehen waren, die also nicht mitumgestellt, sondern nur mitumgeschrieben
werden konnten. Kälund, der sich über die von Smith S. 41, Anm. 5 und S. 164,
Anm. 5 geäußerte Auffassung, daß die bei Syv unter „Capfa Minor“ aufgeführten
Bücher durchweg erst nach dem 28. Januar 1662 zugegangen seien, mit Recht
hinwegsetzt, hält es im Katalog over de oldnorsk-islandske Händskrifter....
(Kbh. 1900) S. XII für möglich, daß die Nrn 44 und 46 —= Kringla und Jöfraskinna
gewesen, und diese letzteren hatte seit 1682 Torf&zus in Norwegen.
Die Capsa Ambrosii 1:7
Parte 1. Ord. 3.“ vermutungsweise bis zum 22. Mai 1686 herwärts
rücken. Smith erwähnt S. 20, Anm. 1 und S. 46, Anm. 2 und 3
eine dem Präsidenten Peder Resen am 22. Mai 1686 vom
Konsistorium gewährte Bewilligung, die, wie Smith mir mitzuteilen
die Güte hatte, in den Akten des Konsistoriums buchstäblich so
lautet: „Blef bevilget Pr&sident Resenio, at de 2 halfve Capsx& paa
Bibliothecet, af hvilche udi den eene hans Farfaders D. Hans Poulßens
Manuscripta findes, som kom op efter SI. Ostenfelds Död; maa tegnis
at vere Bibliothec& Resenian®& Capsa nova, saa vel som at til dennem
föris de andre forrige MSS., som fra hans SI. Farfader kommen er.“
Es sollten also in die eine Hälfte eines Schrankes, dessen andere
Hälfte bereits eine von Hans Poulsen Resen herrührende, etwa 1671'
zugegangene, Sammlung beherbergte, ausschließlich diejenigen
Manuskripte gestellt werden, welche man von Hans Poulsen Resen
noch früher bekommen hatte, und der ganze Schrank sollte als eine
Capsa der Bibliotheca Reseniana bezeichnet werden. Das „nova“
der Akten, dessen mich Smith ausdrücklich versichert, ist meines
Erachtens ein Fehler für „nona“; denn unter „CAPS. IX.“ — zwischen
„CAPSA VIII.“ und „CAPSA. X.“ — sind beide Sammlungen in dem
etwa 1683—88 gedruckten Resenschen Kataloge „Petri Johannis
Resenii bibliotheca regie academi& Hafniensi donata... Hafnix
M. DC. LXXXV.“ verzeichnet, die in den Akten zuerst genannte als
Nr 1—17, 18 Lit. A, 18 Lit. B, 19— 140, die andere, die Hans Poulsen
Resen 1606 aus England mitgebracht hatte, als Nr 141—150, 152— 172°,
beide — im Gegensatze zum Inhalt aller übrigen Capsae der Bib-
liotheca Reseniana — nicht auf Ordines verteilt. Nun zeigt ein
Vergleich mit dem Inventare von 1662, wie Smith schon S. 20,
Anm. 1 und S. 164, Anm. 4 hervorgehoben hat, daß die von Resen
als Nr 141—150, 152—172 seiner CAPS. IX. katalogisierten Hand-
schriften am 28. Januar 1662 fast sämtlich — nämlich alle bis auf
Nr 147, 1497165, 166,:172° — mit nur drei anderen, nämlich
Mos. I3e. 16.23, zusammen in Capsa Mosis Pars I, Ordo 3 gestanden
haben, also gerade in demselben Ordo, für den durch Syv’s Notizen
eine Räumung bezeugt ist, und es wäre doch höchst sonderbar,
1) Vgl. Smith S.46 und S. 54, Anm. 2.
2) Eine Nr „151“ kommt nicht vor; auch ist zwischen Nr 150 und 152 weder
eine unnumerierte Handschrift verzeichnet noch Spatium gelassen.
3) Nr 149 war damals Orig. 126
a) Leo D) „ 133
” 166 » ” ” I 3 1
„125 » li
Nr 147: „Simonis Sethi Magift. Antiochenfis Phyfica ad Conftantinum de facultate
& ufu nutrimentoru, Gr&ce.* kann ich im Inventare nicht wiedererkennen.
Capsa Ambr. 2
18 Fritz Burg
wenn die Umstellung aus Capsa Mosis Pars I, Ordo 3 in die Capsa
Minor keine unmittelbare oder mittelbare Folge der Umstellung aus
Capsa Mosis Pars I, Ordo 3 in die Bibliotheca Reseniana gewesen wäre.
Erst recht sind natürlich dann Syv’s Notizen, für die sich sonst
— nämlich aus seinem Hinweise auf die Handschriften der ge-
druckten Petri Johannis Resenii bibliotheca — als terminus post
quem nur der Anfang des Jahres 1684 ergäbe, jünger als der
22. Mai 1686. Einen terminus ante quem, außer Syv’s Tod am
17. Februar 1702, weiß ich nicht für sie zu ermitteln, jedoch kommt
auf einen solchen in diesem Zusammenhange auch nicht viel an.
Wenn Syv wie AM. 901, 4t0 und Add. 218, 4to im Gegensatze
zu Richey Ambr. II227 nicht als Membrane bezeichnet, so wird er
Recht haben, und Richey’s „in M.“ gehörte wahrscheinlich in Über-
einstimmung mit AM. 901, 4to und Add. 218, 4to hinter die vorher-
gehende Handschrift'; denn Ambr. Il227 dürfte identisch sein mit
der Handschrift Smith S. 133, Nr 9: „En gammell bog om fabeler,
skreffuen paa gammell Norske, in Quarto, signerit I.“, deren Stoff,
da er nicht angegeben ist, Papier gewesen sein wird.
Daß Syv seinen zweiten Codex scheinbar als Ambr. I1 3 statt
als Ambr. I2ıs3 zählt, liegt, wie stillschweigend schon Smith und
Kälund angenommen zu haben scheinen, nur daran, daß er vergessen
hat unterhalb seines ersten Codex die Überschrift „Ordo 2“ zu
kopieren. Daran aber, daß er Adalberti Adami Bremenfis Historia
Ecclefiastica usw. als Ambr. Il1s statt als Ambr. II12 zählt, trägt
die Hauptschuld offenbar schon der Archetypus y, der hier so un-
entwirrbar geschrieben gewesen, daß bei Richey gar der Codex
Ambr. II13 mit seiner vierzeiligen Inhaltsangabe zwischen das ver-
derbte „Chirographia“ und das dazugehörige „Defcriptio“ von
Ambr. II12 eingekeilt steht. Von jener Unentwirrbarkeit rührt
außerdem erstens sicher noch der bei Syv überflüssige Vermerk
„in Membr.“ hinter „Ecclefiastica“ her, der — wie die Sachen nun
einmal liegen — bei Richey scheinbar viel angebrachter wäre, in
Wirklichkeit aber mit vollem Rechte bei ihm fehlt, weil dies Exemplar
1) Auf kleine Verrückungen derartiger Vermerke muß man bei alten Ab-
schriften von Katalogen gefaßt sein. So beweist z. B. die Identität von Mer. Olli
mit Ambr. II3ı, daß der Vermerk „ordine Alphabetico* nicht zu Mer. Oll2
(= Ambr. 11229), sondern zu OIlı gehört. Beachtenswert ist aber, daß das Werk des
Joh. de Bromyarde (Opus trivium perutilium materiarum predicabilium ordine
alphabetico e divina, canonica civilique legibus eleganter contextum) nicht mit den
Worten Divinum plane opus, sondern mit Ut sacre veritatis splendor, beginnt.
Vielleicht war dem Werke hier ein anderes mit den Worten Divinum plane opus
anfangendes vorgebunden.
Die Capsa Ambrosii 19
des Vermerkes eben das Exemplar ist, welches er richtig bei dem
wahren Codex Ambr. Il13 hat, und zweitens wahrscheinlich Syv’s
„Geneal: brevis Regu3 Dan. ab As 1300 & deinceps“ gegenüber
Richey’s „Chronologia breuis rerum Danicarum, ab Anno 1130. | ad
1300“, welch letztere als „Annales ab anno 1130. ad 1300“ durch
AM. 1045, 4to, Bl. 5v für den Adamus-Codex! bezeugt und, auf
Grund der in AM. 907, 4to enthaltenen Abschrift aus ihm, als
„Anonymi Chronicon Danicum ab Anno 1130. usqve ad 1300“ ge-
druckt ist Scriptores rer. Dan. IV, S. 225—230. Gestanden haben
wird wohl in y Beides, es fragt sich nur wie.
Von den unwesentlicheren Kleinigkeiten, um die Syv reicher
als Richey ist, mögen die Parenthesen bei Ambr. I 2:1 und 115321,
deren zweite nicht einmal korrekt ist’, von ihm selber herrühren;
die konnte man ohne jeden Einblick in die Codices riskieren. Das
Urteil über sein „instrumenta“ bei Ambr. I 15 und über sein „et
Bullag“ bei Ambr. II 2 hängt mit der sich auch bei Ambr. I4>,
Ambr. II 2 ıs und z aufdrängenden Frage zusammen, ob auf Syv’s
Seite Übersetzung ins Lateinische oder aber auf der anderen Seite
Übersetzung aus dem Lateinischen vorliege. Ich glaube, daß das
Erstere der Fall ist, daß „instrumenta* eine rein stilistische Ab-
rundung und „et Bullag“ eine verkürzende Wiedergabe von seren
Copienbog ° af adfchillige Pafvelige Brefve“.
Dagegen ob in y bei Ambr. II 223 „defumtum“ oder aber
„haustum“ gestanden habe, muß ich ganz und gar in der Schwebe
lassen. Ich traue zwar Richey eine Ersetzung von „defumtum“
durch „haustum“ nicht zu, aber zwischen y und Richey lag ja min-
destens noch der Gudianus.
Daß Richey sehr sorgfältig und getreu kopiert hat, geht nicht
nur daraus hervor, daß er ganz lächerliche und für ihn selbstver-
ständlich leicht zu heilende Verderbnisse — z. B. bei Ambr. I 2 ı6
„Theophiloviae domino“ für Theophilo vicedomino, bei Ambr. I 2 oo
{) Daß dessen Standort in AM. 1045, 4to und auch an noch anderen Stellen
falsch angegeben ist, hat nichts auf sich; den vollkommen richtigen Standort „Cap.
Ambr. p. 2. ord. I. num. 2.“ gibt Arne Magnusson in Adam Heinr. Lackmann’s
De Codice bibliothecae academicae Hafniensis... (Kiliae 1746) S. 33
2) Das Gedicht über Holger Danske steht nicht in Olai Wormii Antiquitates
. Danicz, sondern in seiner Regum Dani series duplex ... (Hafni® 1642), die in
die Antiquitates nicht mitaufgenommen ist. Die Membrane, aus der es ihm Hans
Christoffersen abgeschrieben hatte, stand im Jahre 1642 Mer. 3113, was Worm aber
(Epistol& 1 243) selber nicht wußte.
3) Richey hat: Co- \ pienbeg.
D*
20 Fritz Burg
gar „Fratris '/; de aqua“ für Fratris Th. de Aqno — beibehalten hat,
sondern auch aus den Unterpunktierungen und Randsternen, die er
gesetzt hat, wo seine Vorlage schwer oder gar nicht lesbar war.!
Da jeder der neunzehn Unterpunktierungen ein Stern entspricht,
sechs Sternen keine Unterpunktierung, aber einem von diesen sechsen
(Ambr. III 1 7) eine Lücke, so hat man wohl anzunehmen, Richey
habe die schwer lesbaren Stellen zunächst durch Lücken ersetzt
und mit Sternen bezeichnet, hinterher aber die durch Sterne kennt-
lich gemachten Zeilen besonders kollationiert und hierbei entweder
die Lücke als absolut unausfüllbar bestehen lassen oder als nur
unsicher ausfüllbar zwar beseitigt — bei Ambr. II 326 freilich durch
eine für mich nicht entzifferbare Nachzeichnung der Vorlage —,
aber unterpunktiert, oder endlich als mit genügender Sicherheit aus-
füllbar ohne Unterpunktierung beseitigt, so daß im letzten Falle
nur noch der Stern die Undeutlichkeit der Vorlage verriete.
Es läßt sich natürlich für keine der zwanzig von Richey zweifel-
haft gelassenen Stellen die Lesart gerade seiner Vorlage genau er-
raten, die richtige aber für alle außer Ambr. Il32s teils nachweisen,
teils vermuten. Er selber schon hat das vollkommen Richtige ge-
troffen mit infortiato bei IlI1s, mit Steinwerk bei II 3:2 und wohl
auch mit fala und it Ifac fermoci- | nalis Philofophia® bei II 4ır.
h. in Il 4ıs muß etwa hoc initio oder dergleichen bedeuten;
denn mit Vestigia eius (nicht: illius) secutus est beginnen die Ser-
mones Jacobi de Voragine de sanctis, speziell der Sermo primus
de sancto Andrea.
Hinter dem Sa III 12 steckt selbstverständlich weiter nichts als
ein verkürztes Sancto.
eu leichte SErEEniSe, sind N Il3s für er tor-
1) Ob resp. in wie weit die in drei wesentlich verschiedenen Formen begegnen-
den Kreuze, die Gedankenstriche bei 132.22 und II 17 und das dreimal vor-
kommende „NB“ Zutaten Richey’s oder aber aus dem Gudianus übernommen sind,
kann ich nicht entscheiden.
2) Vgl. „Beati Ysaac Syri uiri religiosi liber compositus in sermonibus XL
de contemplationis perfectione“ in clm 23624.
3) Ms. Harl. 913, 12mo enthält, laut A Catalogue of the Harleian Mss. in the
Brit. Museum ... . 1(1808) S. 473b, u. a. „Epistola Principis Regionis Gehennalis,
Ecclefiarum Pralatis, et Clericis Univerfis, five Invectio fubfanatoria Diaboli, contra
totam Ecclefiam Sanctam Dei“ und „Refponfio Dofithei Summi Pontificis, Ecclefiam
Sanctam magnifice defendentis, et Refponfionem in Lectionibus exprimentis. (i. e.
Invectiva in Clericos.)“.
Die Capsa Ambrosii 21
Bromyrii II3ı ist bereits S. 18, Fufsn. erledigt.
Somreid II3s ist ein verkürztes und verlesenes Gorran oder
schließlich Verlesung verkrüppelter (Bernardus de) Gordonio.
Herus Abuces Il32ı ist Henricus Abrincensis, der als Verfasser
des Gedichtes auf den heiligen Franz: Gesta sacri cantabo ducis
qui monstra domando usw., laut freundlicher Mitteilung Wilhelm
Meyer’s (Göttingen), ausdrücklich genannt ist im Cod. Dd. XI. 78
der Universitätsbibliothek Cambridge.’ h
Das bei Il323 gegebene Ineipit stellt den Anfang des ersten
Buches von Boetii Commentaria in Porphyrium a se translatum vor
und lautet in Migne’s Patrol. lat. LXIV 71: Secundus hic arrept&
expositionis labor.
Statt Uhilli de la vicena II 4ıs ist zu lesen Guilelmi de Lavicea?,
Das is III 17 wäre nach Mer. 7 II» zu ergänzen zu Soccis,
was von der üblichen Schreibung Zocchis? nicht weit absteht.
Hinter Koritzers Steinwerk II 3ı2 endlich kann sich kaum
etwas anderes verbergen als Wentzel Jamitzer’s Perspectiva Corporum
Regularium . . . Nürnberg 1568, so daf) also das Jar 1486 entweder
verderbt oder an falsche Stelle geraten sein muß. Diese überraschende,
aber nach dem, was C. M. Marx: Geschichte der Crystallkunde
(Carlsruhe und Baden 1825) S. 25 ff über Jamitzer sagt, durchaus ein-
leuchtende Gleichung, die nur einem Kenner glücken Konnte, verdanke
ich meinem Schwager Max Simon (Straßburg)‘, die Erklärung der übri-
gen Stellen größtenteils dem Scharfsinne meines Kollegen J. Schwalm.
Das Inventar von 1662 enthält nur sehr wenige dieser Stellen,
obwohl die einschlägigen Codices dort sämtlich verzeichnet sind,
Ambr. II 326 allerdings nur als En Skrefven Bog.
Kann eine derartige Verzeichnung, selbst wenn, wie in diesem
Falle, schlechterdings kein Grund für sie abzusehen ist, den Glauben
an die Identität des gemeinten Codex nicht im geringsten erschüttern,
1) Vgl. Hist. litt. de la France XX (1842) S. 324 ff.
2) Vgl. Forschungen zur deutschen Geschichte XVIII (1878) S. 482 f.
3) Vgl. Hist. litt. de la France XXVI (1873) S. 552 ff.
4) Vgl. Picani unter Ambr. II 14 und Dict. of Nat. Biogr. XLIV (1895) S. 195a.
5) Vgl. Joh. Friedrich von Schulte: Die Geschichte der Quellen und Literatur
des canonischen Rechts II (Stuttgart 1877) S. 327 f.
6) Er merkt an, daß das Steinwerck unseres Kataloges nicht Werk über
Steine, sondern Steinschnitt (Werk, Arbeit in Stein) bedeute.
22 Fritz Burg
so wird die Band-Identität z. B. von Ambr. I 3ı2 links: „Boäthii
Johannis compendium in libros fententiaru | in Ch. nitide.“! mit
I 3ı2 rechts: „Liber qvi itä incipit: Mirabilis Secta et Sententia tua
ex Me.“? oder von Ambr. III 4» links: „Remigii Epistola et con-
fesfio. „.“ mit III 430 rechts: „Sermones in festos dies. membr:“ oder
von Ambr. III 42» rechts: „Liber, cujus initium. Primö leguntur
Evangelia etc:“ mit III 42 links: „Liber, qui incipit: Incipit bene-
dictio Beati Johannis“ usw. zunächst einigem Mißtrauen begegnen.
Ja, da: die Codices von Ambr. T1 auf der linken” Serezar gm
anderer Reihenfolge als auf der rechten verzeichnet sind’, ließe sich
selbst die willkürliche Behauptung, Ambr. III 42 links sei — III 4»
rechts, und Ambr. III 423 rechts sei — Ill 4» links, vielleicht nicht
widerlegen. Beachtet man aber solche Fälle wie Ambr. II 312, wo
durch die Identität jeder der beiden Seiten mit Mer. 5 I2ı ihre eigene
Identität verbürgt ist, oder wie Ambr. I 216, wo den neunzehn links
einzeln aufgeführten Texten einzig und allein der vorletzte auf der
rechten Seite gegenübersteht, oder wie Ambr. II 25 und II 41, wo
der Verfasser des linken Kataloges den Titel des Codex für falsch
erklärt, und bedenkt man, daß mehrere Texte, die als Abschriften aus
Codices der Capsa Ambrosii bezeugt sind, sich weder auf der linken
noch auf der rechten Seite wiedererkennen lassen‘, so wird man
das Mißtrauen wohl aufgeben.
1) Wer hier und I 218 mit Boethius Johannis und II 118 mit Joh. Bo£thii
gemeint ist, weiß ich nicht.
2) Dies aus Psalm 138,6 entlehnte Ineipit lautet korrekt: Mirabilis facta est
scientia tua ex me und ist der Anfang der Prima pars Summae theologiae des
Albertus Magnus.
3) Ob da zweierlei Stellungen der Codices selber zu Grunde liegen, ist
zweifelhaft; Add. 218, 4to gibt die Codices von Ambr. I3 und III 1 z. T. in anderer
Reihenfolge als AM. 901, 4to, obwohl Add. 218, 4to und AM. 901, 4to auf ein und
dasselbe Original zurückgehen.
4) Laut AM. 1045, 4to, Bl. 6" begann in Tomus Bartholinianus A, S. 394 ein
„Calendarium vel potius obituarium Ecelef. B. virginis Hafnis, ab anno 1295. ad
1373.“, abgeschrieben oder ausgezogen aus „Capf. Ambrof. ord. 2. in membrana in
fol.“ Smith’s Überzeugung, daß diese Membrana noch heute als Thott 805, fol.
erhalten sei (S. 70), ist wohlbegründet, aber die vorgeschlagene Identifikation mit
Ambr. III 314, wofür nicht einmal Pergament bezeugt ist, beruht nur darauf, daß
die schlechte Kopie von AM. 1045, 4to, die er außer in Senere Tilleg og Rettelser
statt AM. 1045, 4to benutzt hat (Ny Kgl. Saml. 1127, 4to), bietet: „Caps. Ambr.
Ord. 3.“ — Laut AM. 1045, 4to, Bl. 6r begann in Tomus Bartholinianus A, S. 396
eine Abschrift oder ein Auszug „Ex Schedis MStis Andrexz Lymvici Cimbri. (Capf.
Ambrof. part. 3. ord. 3.“ — Laut AM. 1045, 4to, Bl.9r begannen in Tomus
Bartholinianus A, S. 559 „Legende SStorum: de Ansgario, de Wilhelmo, de Canuto,
Duce, de Canuto Rege, de Ketillo, de Olavo Rege, de Fefto Conceptionis B.
virginis. (Ex MSto membran. Acad. Hafn. Capf. Ambrof. part. 1. ord. 1. in folio.
Die Capsa Ambrosii 23
Die Identität der Entsprechungen hüben und drüben — in
Ambr. Ii1 cum grano salis — vorausgesetzt, enthält aber doch die
rechte Seite 2 Codices, welche auf der linken nicht stehen, und die
linke Seite 16 Codices, welche auf der rechten nicht stehen.
Die Spuren, welche die linke Seite von jenen beiden ihr
fehlenden Codices aufweist, sind nicht ganz gleichmäßig: Für II 1.
steht die Nummer 11 da mit Spatium für den Titel oder Inhalt;
III 4ı der rechten Seite hingegen hat auf der linken seine Nummer 1
an denjenigen Codex abgegeben, der rechts die Nummer 2 hat, und
die Zählung springt auf der linken Seite ohne jedes Spatium von
1 auf 3. Man mag sich den Sachverhalt zurechtlegen, wie man will,
so viel ist doch sicher, daß in beiden Fällen kein Zuwachs auf der
rechten Seite, sondern eine Fortlassung auf der linken vorliegt.
Genau so wie II 1ıı auf der linken Seite sind I 2:ıs und II 42
in AM. 901, 4to behandelt, und mindestens bei II 42 darf man keinen
Zuwachs auf der linken, sondern muß man eine Fortlassung auf der
rechten Seite anerkennen!. Die übrigen 14 Codices, um welche die
linke Seite reicher ist als die rechte — 132.23. 142.2.2. II 4 31.2.
III 332.33.34. III 432.33.34..35 —, sehen dagegen, schon weil sie ausnahms-
los am Ende ihres Ordo stehen, wirklich wie Zuwachs der Capsa
Ambrosii aus. Zuwachs der Universitätsbibliothek sind sie
schwerlich durchweg; denn aller Wahrscheinlichkeit nach stammt
mindestens II 432° aus der Capsa Meridionalis (5 Iıs) und mindestens
IIl 333 aus der Bibliotheca Lymvicana (Smith S. 103).
Exaratus eft hic liber anno 1402.) — Laut AM. 1045, 4to, Bl.9r begannen in
Tomus Bartholinianus A, S. 575 „Hiftoriales lectiones de Sanctis. Ansgario,
Wilhelmo, Kanuto Duce, Kanuto Rege, Magno Martyre gloriofo, et de Lucio, in
translatione Capitis fui. (Ex MSto membr. in 4to. in Bibl. Acad. Capf. Ambrof.
part. 1. ord. 4. No 26.“ Selbst wenn man emendiert zu: 1423, wo ganz ausnahms-
weise sogar das Format mitangegeben ist, ist kein Wiedererkennen möglich. —
Laut AM. 1045, 4to, Bl. 17v (vgl. Norges gamle Love indtil 1387 Bd. IV, S. 618)
enthält Tomus Bartholinianus D auf S. 757ff „Regula Beati Auguftini Epifcopi. cum
annexis Excerptis vetuftis ex variis Statutis Provincialibus Daniz, & nonnullis Svecicis
(egregia funt illa excerpta). manu Arn& Magn&i ex Membranä in 4to Bibliothec®
Academix Capf. Ambrolfii Part. 3. ord. 4.“ Wollen wir auf III 429 raten? Dafür
ist wieder nicht einmal Pergament bezeugt. — Abgesehen von zweimaliger Er-
wähnung des Adamus-Codex als Ambr. I 12 sind dies alle Stellen, an denen in
AM. 1045, 4to die Capsa Ambrosii ausdrücklich genannt ist.
1) 1219 ist der letzte Codex im Ordo; es wäre daher denkbar, daß der
Schreiber von AM. 901, 4to oder sein Vorgänger die Zahl 19 mechanisch über-
flüssigerweise hingeschrieben und zu tilgen vergessen hätte.
2) Der auf II 431 und 32 bezügliche Vermerk „incertum quo | pertineant.“ läßt
sich verschieden deuten. Wenn er vom Verfasser unseres Kataloges herrührt,
könnte er z. B. dadurch veranlaßt sein, daß die beiden Codices, anstatt zu stehen,
weil hierzu kein Platz war, oben auf den Codices von II 4 lagen.
24 Fritz Burg
Sind die 14 Codices erst nach dem 28. Januar 1662 in die
Capsa Ambrosii gekommen, so sprechen sie, da die Annahme ihrer
nachträglichen Einfügung in den Katalag jeder Stütze entbehrte, laut
dafür, daß die Urschrift unseres Kataloges jünger als das Inventar
gewesen sei, was man schon deshalb gerne glauben wird, weil der
Katalog bei Aufnahme des Inventars ja unbekannt war. Ist das
Inventar also älter als der Katalog, so wird es seinerseits zweifellos
dem Verfasser des Kataloges bekannt gewesen sein; ja, es wäre
dann wunderlich, wenn es bei Abfassung des Kataloges nicht sogar
benutzt worden sein sollte. Einzelne Kleinigkeiten verraten, glaube
ich, daß der Verfasser des Kataloges es in der Tat bei der Arbeit
vor sich liegen gehabt und ab und zu einen Blick hineingeworfen
hat. Seine Polemik zwar bei ll 25 und 4ı0 richtet sich nicht etwa
gegen die Verzeichnung im Inventare, sondern gegen die Aufschriften
der Codices selber, und die mitunter — z. B. bei II 4ıı — .frap-
pierende Übereinstimmung in Nottiteln mag man immerhin durch-
weg aus Nottiteln der Codices herleiten, aber man kann doch In
latinis libris nullum auctorem invenire potui, qui de urina certam
et authenticam cognitionem dedit nicht als Nottitel von Isaac’s Liber
urinarum anerkennen, sondern nur als Initium, und, wenn von den
vielen vorkommenden Initien auf der linken Seite einzig und allein
gerade dies — etwas verkürzt — (133) wie auf der rechten Seite
„titulus“ genannt wird, unmöglich an Zufall glauben. Fast ebenso
sicher beruht die ganz isolierte Angabe des alten Numerus bei
III 3: auf versehentlicher Herübernahme aus dem Inventare; es
läßt sich wenigstens schwer denken, daß der Verfasser einen ein-
zigen alten Numerus direkt herübergenommen, und nichts dafür
geltend machen, daß er mehrere direkt herübergenommen habe,
diese aber beim Abschreiben wie in Add. 218, 4to die alten Numeri
des Inventares alle bis auf einen einzigen versehentlich mit-
abgeschriebenen fortgefallen seien.
Dafür, wann innerhalb der Zeit vom 28. Januar 1662 bis zum
26. November 1689, und von wem das Original unseres Kataloges
verfaßt worden, habe ich keinen Anhalt gefunden. Bibliothekar
resp. Vizebibliothekar waren in diesem Zeitraum Christen Osten-
feld, der Mediziner Thomas Bartholin, Ole Borck und Cosmus Borne-
mann!; aber die Arbeit ist — wie großen Wert sie seit dem Brande
auch haben mag — so mangelhaft und namentlich so willkürlich
ungleichmäßig, daß es zweifelhaft scheint, ob sie überhaupt eine
1) Vgl. Smith S. 54, Anm. 2.
Die Capsa Ambrosii 25
amtliche Leistung gewesen. Sie verzeichnet nicht nur Exemplare
eines und desselben Werkes, ohne seine Identität zu erkennen —
z. B. den Palponista in II 4ı2 als „Bernhardi Geiftenfis verfuum
rhythmicorum | duo libri“, aber den in Ill 33ı als „carmen notabile,
quod in- | cipit: Rure fuburbano. ».“, oder ein weit bekannteres Werk
eines viel berühmteren Bernhard in Il 2ıs als „Bernhardus de
meditationibus“, in II 3:9 und II 4 6 als „Bernhardi meditationes“, in
III 410 als „Meditationes Bernhardi“, aber in Ill 42s als „Tractatus,
cujus initium: Multi multa fciunt, | fe ipfos nefeiunt.“ —, sondern sie
bringt es auch in der Registrierung oder Registerabschrift des einen
Bandes II 2 ı6 bis zu dreiunddreißig Alineas, fertigt dagegen den Codex
II 4 ıs, der sicherlich ein Inhaltsverzeichnis gehabt hat, ab mit: „Liber
in quo 14 fcripta. Sunt homiliae, aut fimilia, | fed non magni pretii .
in M.“ Auch klingt für einen Universitätsbibliothekar des 17. Jahr-
hunderts eine Erläuterung wie die zu Raimundi Summa I 2ıs: „Est
liber fimilis juri Canonico.“ reichlich unbefangen und eine Katalogi-
sierung wie die unter Il 4:17 „Liber grammaticus prolixus, nec in-
doctus. Definit in | accentibus, fortasfe Donati. nifi plixior est.“ allzu
bequem. Im Gegensatze hierzu macht der bei ganz heterogenen
Werken vorkommende Vermerk, daß sie nicht ediert seien, auf den
ersten Blick einen recht bibliothekarischen Eindruck. Ja er weckt
obendrein sogar die Hoffnung auf einen terminus ante quem. Der
Eindruck trügt aber, und die Hoffnung ist eitel. Gleich von dem
ersten mit jenem Vermerke geschmückten Opus, dem „Platerus“
kressteht, da ess sich“hier nach Mer. 11197 um”dies),Parsıl=:
Patherii“ handelt, fest, daß es bereits 1553 ediert worden ist.‘ Und
war diese Tatsache bei Abfassung des Kataloges am Ende nicht
leicht zu ermitteln, so war doch das zweite als unediert bezeichnete
Werk, Hieronymi vita (alias: epitaphium) Paulae I 25, namentlich
in den Gesamtausgaben des Hieronymus ohne Mühe zu finden.
Der ebenfalls in I 25 enthaltene Ephrem entspricht der bekannten
Inkunabel Hain Nr *6597. Jener Vermerk war also wahrscheinlich
in den Codices selber, vielleicht zu einer Zeit, wo er wirklich noch
zutraf, angebracht worden und ist von da in den Katalog über-
nommen.
Den genauen Zeitpunkt der Abfassung des Kataloges zu wissen,
könnte unter Umständen in mehrfacher Hinsicht von Interesse sein.
Wüßten wir z. B., der Katalog sei im Jahre 1683 verfaßt, so wüßten
wir auch, daß er mit I 2:3 nicht die Fagrskinna A — denn diese hatte
seit 1682 Torf&us in Norwegen —, sondern die Fagrskinna B meine,
1) Vgl. Migne: Patrol. lat. LXXIX 679/680.
26 Fritz Burg
wie ja auch der Antiquar Thomas Bartholin in seinen Antiquitates
Danicae (Hafnix 1689), oder vielmehr Arne Magnusson !, S. 317— 318
und — mit einer interessanten Abweichung von den Kopien der
Fagrskinna B — S. 520—521 aus letzterer zitiert. Wir würden
dann auch sicherer über die Glaublichkeit der Umstellung zweier
Codices urteilen können, als deren Aufbewahrungsorte Bartholin im
Gegensatze zu unserem Kataloge und dem Inventare die Capsa
Origenis und die Capsa Cypriani angibt.
Seine Angabe S. 664, daß die Membrane des Presbyter Bre-
mensis, aus welcher er zitiert, „ordine tertio in capfa Origenis“
stehe, ist, samt dem Zitate selber, natürlich entnommen aus Tomus
Bartholinianus D, der auf S. 309—434 ? eine Abschrift des Presbyter
Bremensis „Ex Msc. Membraneo in folio Bibliothec& public Acade-
mie Hafniensis Caps& Origenis ord. 3“ enthält. Eben daher
stammt selbstverständlich die wesentlich gleichlautende Standorts-
angabe in AM. 1045, 4to und dessen Deszendenz. Diese Zeugnisse sind
also im Grunde nur ein Zeugnis, und zwar eines aus dem Zeit-
punkte jener Abschrift. Auch die Notiz in Ny Kgl. Saml. 761, fol.
kann nicht als selbständiges Zeugnis gelten. Ny Kgl. Saml. 761,
fol.? ist abgeschrieben aus dem verschollenen Codex AM. 378, fol.
und enthält nicht etwa ein Verzeichnis über die Capsa Origenis,
sondern auf einem als Bl. 21 figurierenden Zettel die abrupte Notiz:
„Historia Holsati& in Bibli- | othec& Acad: Caps: origenis. ord. 3.“,
der man nicht ansehen kann, ob der Presbyter Bremensis in der
Capsa Origenis gestanden hat oder dort gesucht werden sollte oder
etwa dort so vergeblich gesucht worden ist, wie wir ihn in den
Verzeichnissen über die Capsa Origenis suchen.
Smith hat S.63 ff unwidersprechlich dargetan, daß diejenige
Membrane des Presbyter Bremensis, welche in Tomus Bartholinianus D
abgeschrieben ist, noch heute existiert, und zwar als Ny Kgl. Saml. 909,
fol.;, aber er sträubt sich S. 65, Anm. 3 mit wenig Glück dagegen,
sie zugleich auch mit Ambr. I 4s zu identifizieren. Dafür, daß dem
Presbyter Bremensis in Ambr. I 4s ein Helmold vorangegangen sei,
haben wir nur einen einzigen primären Zeugen, den Verfasser unseres
Kataloges, auf dem ebensowohl Moller wie Syv fußt.* Die scharf-
sinnige Vermutung, daß der Helmold für Ambr. I 4s überhaupt bloß
1) Vgl. Nord. Tidsskrift for Oldkyndighed III (1836) S. 16—17.
2) Vgl. Norges gamle Love indtil 1387 Bd. IV, S. 617.
3) Siehe über diese Handschrift Smith S. 136.
4) Moller sagt selber sowohl in der von Smith angeführten Diatriba Bl. b4v
wie in der Cimbria literata III, S. 318, daß seine Kunde auf einem Kataloge,
nicht auf Autopsie, beruht.
Die Capsa Ambrosii FALL
eine irrige Folgerung aus dem Presbyter Bremensis gewesen sei,
trifft meines Erachtens den Nagel auf den Kopf. Enthielt also
Ambr. I4s gar keinen Helmold, so kann dieser imaginäre Helmold
offenbar auch nichts gegen die Identität von Ambr. I4s mit Ny
Kgl. Saml. 909, fol. beweisen. Und wenn Smith es als sicher hin-
stellt, daß die Universitätsbibliothek mehr als eine Membrane des
Presbyter Bremensis, ja als möglich, daß sie gar mehr als zwei'
besessen habe, so muß ich entschieden widersprechen. Die Bezeich-
nung „vnicus per orbem“, die Andreas Hojer in dem von Smith
zitierten Briefe dem Presbyter Bremensis, welcher bei ihm den
Brand überdauert hatte, kurzweg beilegt, wäre ganz unnatürlich,
wenn er mehr als diesen einen Pergamentcodex gekannt hätte, und
ebenso unnatürlich wäre die Annahme, daß die Bibliothek noch
einen, und zwar einen, der als Ambr. I 4s im Inventare stand, ent-
halten, Hojer jedoch, der den Presbyter Bremensis herausgeben wollte,
ihn nicht gekannt habe. Ny Kgl. Saml. 909, fol. ist, abgesehen von
Thott 805, fol.?, der einzige noch heute vorhandene Codex der Capsa
Ambrosii, und wenn dieser zur Zeit seiner Kopierung für Bartholin
wirklich in Capsa Origenis gestanden hat, so war er eben entweder
absichtlich oder unabsichtlich einmal umgestellt worden.
In dem zweiten Falle, in dem Bartholin statt der Capsa Ambrosii
eine andere Capsa bezeugt, glaubt auch Smith S. 72, Anm.2 an
keinen Doppelgänger. In einem bei Erik Pontoppidan: Gesta et
vestigia Danorum . . . I (Lipsie et Hafni@ 1740) S. 337 ff aus
Bartholin’s Tomo I. Ecclefiafticorum, quibus ingenti Reipublic&
literarie jactura immortuus eft, Patri@ Annalium herausgegebenen
Passus berichtigt Bartholin Worm’s Druck — und also auch seinen
eigenen Nachdruck von 1677 — des Gedichtes über Holger Danske’
und sagt dabei: „... poftquam ipfe membranam, qua ufus eft
Wormius, infpexi (qu& in Bibliotheca publica Univerfitatis noftr&,
capf& Cypriani inclufa,. duplicem Legendam St. Francifei verfificatam
continet) Rythmum iftum Otgeri laudes complexum, pagin& prius
vacux diverfa manu adfcriptum deprehendi .. .“ Dank dieser Be-
schreibung ist die Identität des von Bartholin eingesehenen Bandes
mit Ambr. II 32ı unanfechtbar, und sollte Bartholin ihn tatsächlich
in der Capsa Cypriani vorgefunden haben, so müßte auch er ab-
sichtlich oder versehentlich einmal umgestellt worden sein. Ich
kann mich indessen des Argwohns nicht ganz erwehren, daß hier
gar keine Umstellung zu Grunde liege, sondern Bartholin als Capsa
1) Daß er für sein „f. Ex.“ keinen greifbaren Anhalt habe, hat Smith am
23. I. 1903 brieflich zugestanden.
2) Vgl. hierselbst S. 22, Fußn. 4. 3) Vergl. hierselbst S. 19, Fußn. 2.
28 Fritz Burg
unseres Bandes irrtümlich die eines anderen, der gleichfalls
seinen Helden betraf, angegeben habe, nämlich des Bandes Cypr. 11ıı
(Smith S. 144).
Auf der dem Katalogabdrucke angehängten Tabelle sind die mir
sicher scheinenden Entsprechungen zwischen Codices der Capsa
Meridionalis und solchen der Capsa Ambrosii dadurch veranschau-
licht, daß in die Standorte der Codices innerhalb der einen Capsa
ihre Standorte innerhalb der anderen Capsa eingezeichnet sind.
Schematisch habe ich einerseits den Raum für alle Codices gleich
groß, andererseits die einzelnen Ordines innerhalb der Capsa un-
gleich lang gemacht. In dem oberen Schema sind auch diejenigen
Bände gekennzeichnet, welche aus der Capsa Meridionalis in die
Capsa Mosis übergegangen sind ', undin dem unteren diejenigen, welche
sich aus der Bibliotheca Lymvicana in die Capsa Ambrosii verirrt
haben. Der alten Numeri wegen mußte ich für die Capsa Ambrosii
natürlich AM. 901, 4to zu Grunde legen. Die auf keinen alten
Numerus gestützten Identifikationen sind durch Kursivdruck hervor-
gehoben, die alten Numeri selber durch Fettdruck.
Daß so viele Felder leer geblieben sind, liegt zum großen
Teile daran, daß sich für manchen Codex nicht nur eine, sondern
mehrere gleich gute Identifizierungsmöglichkeiten bieten; bei der
Capsa Meridionalis auch daran, daß die linke Hälfte der Corona
keine Bücher trug, und daß ich in das obere Schema keinen von
denjenigen Bänden aufgenommen habe, deren alter Numerus nicht
zu stimmen scheint. Es sind dies die folgenden:
Ambr. II 2 2mit dem alten Numerus 19
5 I:2%6% 5 : hs 13
a 2 A & = 1342
a 5 = 5 te)
»2 1222, z 2 ei 23
> hai aes 5 “ 5 12
s H3.32,, = 5 S 21
a N ie ser 3 : n 20
SET] 3022.% a E 3 20
111. 855 5% = a = 11
u IE 32008, E R S 19
BT U TESISSLAER x 5 x 13
1) Es ist nicht unwahrscheinlich, daß einige Bände der Capsa Meridionalis in
die Capsa Origenis übergangen sind, aber doch zweifelhaft, da sich zwischen diesen
beiden Capsae nur eine einzige wirklich gute Gleichung aufstellen läßt, nämlich
Mer. 6113: Antidotarium, sev Practica Nic. Medici = Orig. 129: Antidot: Practica
Nicol: Medici Munckefkrifft in — fol:.
Die Capsa Ambrosii
WD
de)
Ambr. III 4 3 mit dem alten Numerus 19
a U x s 3 42
”„ III + 5 ”„” ”„ ”„ ”„ 4
SSR] Ar, $ 4 = 20
Ambr. II 2s erinnert durch seinen Titel „Notabilia“ stark an eine
ganze Kategorie kanonistischer Produkte und durch seinen angeb-
lichen Inhalt „de nimia fuperfluitate glosfarum tollen- da disputatione,
etaliis ejusmodi“ einigermaßen an den Anfang bestimmter Kanonistischer
Schriften, z. B. an den Anfang von Goffredi de Trano Summa in
Titulos Decretalium, so daß man vielleicht die Vermutung wagen
könnte, es handle sich hier um ein kanonistisches Werk und der
alte Numerus 13 gehe auf Mer. 6 Ilıs: Tituli librorum Decretalium.
Von der Sverris saga Ambr. II 2ıs — die wir dank dem bei
Richey bewahrten Vermerke Jnitium deest mit Nr. 2 des in AM. 79,
fol. eingeklebten Verzeichnisses der Sverrissaga-Codices identifizieren
können — hat bereits Kälund im Katalog over de oldnorsk-islandske
Hländskrifter . . . (Kbh. 1900) .S. XIII vermutet, daß sie in die
Universitätsbibliothek entweder 1618 aus Arild Hvitfeldt’s oder 1619
aus Henrik Höyer’s Nachlass gelangt sei. Ich halte das Letztere für
das Richtige und ihren alten Numerus 8 für eine Mißdeutung des
Taurus-Zeichens OÖ, mit welchem — nach Smith S. 134, Nr. 13 —
Höyer’s Gamble Norske Kreonicke paa Norsk, skreffuet paa Pergement,
in 4. signiert war.
Die Zahl 20 bei Isidor’s Origines Ambr. Ill 322 wird gleich-
falls ursprünglich gar keinen sogenannten alten Numerus bedeutet
haben, vielmehr die Anzahl der Libri des Werkes, und erst durch
Mißverständnis eines Kopisten zum alten Numerus erhoben sein.
- Daß Cod. hist. litt. 77, 4to hier die Anzahl der Libri verschweigt,
ist nicht auffälliger als daß sie z. B. bei Ambr. III 22 links mit und
rechts ohne viginti erscheinen.
Der alte Numerus 19 von Ambr. II 22: Qv&dam Philosophia
(resp. Quaedam philofophica) ließe sich vielleicht deutenals Mer.51lıs.
Mer. 51II hatte zwar 1603 nur 18 bibliothekarische Einheiten, aber das
Volumen Mer. 5 Ilıs! scheint später zerlegt worden zu sein. Das
„Sunsabii“ von Mer. 5 Ilıs ist nämlich offenbar aus Gun(di)salui ver-
derbt, Gundifaluus aber und der den Schluß von Mer. 5 Ilıs bildende
Albertus kehren beide wieder in Ambr. I 4ı7, ohne daß sich doch
Ambr. I 417 mit Wahrscheinlichkeit dem ganzen Volumen Mer. 5 Ilıs
gleichsetzen ließe. Ein Teil von letzterem könnte also zur Zeit des
Umzuges als Mer. 5 Ilıs dagestanden haben.
1) Vgl. hierselbst S.9.
30 | Fritz Burg
Der alte Numerus 23 von Ambr. II 22: Epistole Pauli ist
höchst wahrscheinlich nur eine Verlesung aus 22!, die Identifikation
mit Mer. 1 Iz: Epistole Pavli jedesfalls sicher.
Ebenso setze ich Ambr. III 325: Practica Medic: Magistri Rugerii
gleich Mer. 6 Iı: Practica Medicinalis, indem ich den alten Numerus 11
für Verderbnis aus 1 erkläre.
Ganz zweifellos verderbt ist der für Ambr. III 44: Liber Medicus
de frumento tritico etc: (resp. Liber Phyficus de frumentorum
generibus) überlieferte alte Numerus 42; denn 42 Codices standen
nicht nur 1603 in keinem Ordo, sondern konnten sicherlich über-
haupt — außer, wenn man mit Preisgabe der durch den Katalog
festgelegten Reihenfolge die schmächtigsten Codices von überall her
zusammensuchte — in keinem Ordo der Capsa Meridionalis stehen.
Ambr. III 44 ist — Mer. 6 lI2: Liber Medicus de frum. legum:, der
Numerus 42 eine Verquickung des neuen Numerus 4 und des alten
Numerus 2.
Ambr. II 27: Albumafaris introductarius. Num: 13. 12. Jn mem-
brana war vielleicht eine der von Hans Poulsen Resen aus England
mitgebrachten Handschriften und hatte vielleicht zeitweise mit
Bibliothec& Resenian& CAPS. IX, Nr 153: Introductorius Alcabitii
ad Judicia aftrorum interpretatus ä Johanne Hifpanenfi, in membrana
(— Mos. 1314) zusammen eine bibliothekarische Einheit gebildet;
denn nicht nur ist der Albumasar durch denselben Johannes über-
setzt worden, sondern Bibliothec& Resenian@ CAPS. IX, Nr 153
ist — je nachdem man die übergangene Nummer 151 (vergl. hier-
selbst S. 17, Fußn. 2) mitrechnet oder nicht — innerhalb der aus
England mitgebrachten Sammlung die dreizehnte oder die zwölfte
Handschrift. Wenn die beiden Introductorien in dieser Sammlung
als Nr 12 und Nr 13 — mit dem Rücken nach außen -— neben-
einander standen und als Nr 12 und 13 numeriert waren, dann
aber — etwa deshalb, weil sie zusammen ursprünglich nur einen
Codex gebildet zu haben schienen — mit Beibehaltung ihrer Reihen-
folge in einen gemeinsamen Umschlag gesteckt wurden, so war die
Numerierung dieses Umschlages mit „13. 12“ ganz logisch; und
wenn später einmal der Alcabitius wieder herausgenommen wurde,
so konnte die Doppelnummer 13. 12 bei der Inventarisierung auf
den Albumasar allein bezogen werden.
Ambr. II 35: Summa Doctorum Petri (resp. Petri de Stango.
ee Le Kae
Summa decretorum) mit Mer. O Il: Summa Doct. Petri Stagno super
Decreta zu indentifizieren liegt gebieterisch nahe. Es steht dem
1) Vgl. die Jahreszahl 1323 bei Ambr. II 222 rechts, gegenüber 1322 links.
Die Capsa Ambrosii Sl
aber nicht nur der alte Numerus 12 entgegen, sondern auch die
Gleichung Mer. 0 II = Ambr. III 45: De jure Num: 4 (resp. Summa
Decretorum Gratiani), die durch den alten Numerus 4 gesichert
scheint, da kein Anlaß vorhanden ist, an der Identität von Ambr. III 45
links mit Ambr. III 45 rechts zu zweifeln. Es fragt sich also, ob
die Übereinstimmung im Titel oder aber die im Numerus schwerer
wiege. Meine Erklärung für die Überlieferung der alten Numeri
als im Prinzip richtig anerkannt, wird man der Übereinstimmung im
Titel das schwerere Gewicht zusprechen müssen. Daß unsignierte .
Bände, die ursprünglich genau in der durch den Katalog fixierten
Reihenfolge gestanden haben, allmählich — wenn sie nicht etwa
vollkommen unangerührt bleiben — in eine vom Kataloge recht ab-
weichende Reihenfolge kommen können, lehrt ja noch heute die
tägliche Erfahrung. Die Capsa Meridionalis ist zwar wahrscheinlich
sehr selten in Anspruch genommen worden, und eben ihrem Frieden
verdanken wir es, daß so viele der alten Numeri glatt stimmen.
Ebenso wahrscheinlich aber ist es, daß, wenn einer der Professoren
die Capsa Meridionalis doch einmal in Anspruch nahm, er gleich-
zeitig mehrere derjenigen Codices benutzt hat, welche das ihn
interessierende oder ein nahe verwandtes Literaturprodukt dem
Katalog zufolge enthielten, daß also, wenn Mer. O Il4: Summa Doct.
Petri Stagno super Decreta vom Platze genommen wurde, gleich-
zeitig auch Mer. 6 Il: Summa Decretorum Gratiani, Bixtolfi'
Xanecensis vom Platze genommen worden ist. Wurden nun bei der
Wiedereinstellung die beiden Codices miteinander verwechselt, und
wurde diese Verwechselung nie redressiert, so bekam beim Um-
zuge Summa Decretorum Gratiani, Bixtolfi Xanecensis den Numerus 4
anstatt 22, und Summa Doct. Petri Stagno super Decreta den
Numerus- 22 anstatt 4, und wir haben jetzt nur noch die Annahme
einer Verderbnis des Numerus 22 in den für Ambr. II 35 tatsächlich
überlieferten alten Numerus 12 nötig, um sowohl das „Petri de
Stango“ auf das „Petri Stagno“ wie das „Gratiani“ auf das „Gratiani“
rücken zu Können.
Eine willkommene Gewähr für die Zulässigkeit des soeben an-
gewandten Kunstgriffes bietet uns die Gleichung Mer. 2 Ilıs: Postilla
Nicolai de Somren — Ambr. II 3s: Postilla Nicolai de Somreind
(resp. Nicolai de Somreid Postilla), die von der, wie man sieht,
en tejse, ee w
durchgängigen und wesentlich übereinstimmenden, also auf einen
und denselben Codex zurückweisenden Entstellung des Namens
1) So, nicht: Bixfolfi, steht in Nr. 146b des Universitätsarchivs, und Bix- |
tolphi in AM. 1050, 4to, XIV. Wer damit gemeint ist, kann ich nicht sagen.
32 Fritz Burg
Gorran oder Gorram gefordert wird,' obwohl der alte Numerus 21
für eine Idenfikation von Ambr. II 3s mit Mer. 2 Il2ı: Postilla zu
sprechen scheint. Der alte Numerus 21 von Ambr. II 3s erklärt
sich eben dadurch, daß Mer. 2 Ilıs und 2ı ihre Plätze vertauscht
hatten. Wo in der Capsa Ambrosii der wahre Codex Mer. 2 Ilzı
gestanden hat, läßt sich nicht ermitteln, weil die beiden Postillen,
für die außer Ambr. Il 3s der alte Numerus überliefert ist —
Ambr. III 36 und 410 —, tadellos dem alten Numerus gemäß — Mer.
i IIls und 1 Is sind, und Mer. 213: Postilla? auf jede ohne alten
Numerus verzeichnete Postille der Capsa Ambrosii genau so viel
Anrecht wie Mer. 2 Ilzı hat.
Mit Korrektur des überlieferten Numerus 19 lassen sich Ambr.
III 328 leider sowohl —= Mer. 4 Iı4 wie —= Mer. 4 IIs wie = Mer. 4 Ilıs
wie — Mer. 5lz, und Ambr. III 43 leider sowohl — Mer. 6 Ils wie
— Mer. 6 Ilıs setzen. Dagegen kann ich Ambr. III 313, Ambr. III 4 ı2
und — da Mer. 5 II» glatt = Ambr. II 12 ist — auch Ambr. Ill 33ı,
selbst mit Nichtachtung ihrer Numeri, nirgend im älteren Bestande
wiedererkennen.
1) Die Entstellung des G zu S würde allein nichts beweisen; die begegnet
auch in dem S. 29 erklärten Sunsabii und sowohl in AM. 901, 4to wie in Add.
218, 4to bei dem Svardiani Ambr. II 220. Es handelt sich aber in unserem Falle
um mehr als bloß diese Entstellung.
2) Auch Mer. 2 Il20 hat zwar kurzweg den Titel Postilla, aber ich sehe kein
Hindernis, Mer. 21120 dem Codex Ambr. III 416: Liber Johannis Conradi (resp.
Varii fermones Dominicales, et de Sanctis Johannis | Conradi), für den der alte
Numerus 20 bezeugt ist, gleichzusetzen; denn eines Johannis Conradi geschieht in
den bei Smith gedruckten Verzeichnissen nirgend Erwähnung, und der Anklang
im Titel von Mer. 2 Ilı: Sermones Dominicales & dierum sanctorum Kann den
alten Numerus 20 nicht aufwiegen; man vergleiche z. B. die zweifellos mit ein-
ander identischen Ambr. 1215 links und Mer. 1 115, oder auch nur Ambr. I3s links
mit I3s rechts, Ambr. 1419 links mit 1419 rechts usw.
77 — Cod. hist. litt. 77, 4to der Hamburger Stadtbibliothek
21 — „ Rostg. 21,4to der Kopenhagener Universitätsbibliothek
Die >. AM. 801,400} 3 .
218 = „ Add. 218, 4t0 ”„ » »
Capsa Ambr. 3
34 CAPSA AMBROSII 11 ı-17
a|o.
Capfa Ambrofii
Ordo primus.
1. Marfilii de Sancta Sophia Praelectiones fuper Auicen-
nam. 1378.
2. Summa de titulis Decretalium. in Membrana.
3. Jfidorus Hispalenfis. in Membr.
4. Commentarius in Leuiticum. in M.
5. Liber Ecclefiae cathedralis Bergenfis: Hvor i ere ad-
fhillige Kongelige og andre Brefve. in M.
6. Platerus de opufculis Beati Gregorii M. — ineditg.
7. Haimo in Epistolas Pauli. in M. /—= gegenüber 12]
8. Gregorii Moralium in Jobum. pars IV. in M.
Jtem Hieronymus in Ecclefiasten. in M.
9. Textus librorum Sententiarum.
10. Augustinus in Pfalmos Dauidis posteriores. in’ M.
11. Bibliorum pars, a libro 3 Regum, ad Acta. Latine. in M.
12. Aristotelis libri Phyficorum, de ca&lo, mundo, anima,
fenfu. etc.
Jtem Metaphyficorum«e. Latin. in M. [= gegenüber 14]
13. Nic. Uldaricusin Aristotelem de anima. in Charta. [=gegenüber 15]
14. Augustinus in Pfalmos posteriores auctior. in M. [— gegenüber 16]
15. Thomae Aquinatis operum pars. in Chart. [— gegenüber 17]
16. Genefis cum glosfis. in M. [= gegenüber 13]
17. Aegidius de Roma in Aristotelis elenchos, libros posterior. etc.
Jtem Petrus de Sancto Amore fuper primo poster.
Et alius liber logicus. in M. /— gegenüber 7]
Capfa Ambrofii. Pars prima. Ordo primus.
5. Liber Eccti® Cathedralis Bergenfis, in qvo diverfa Regia Diplo-
mata et alia instrumenta. in Membr.
[13. Siehe I 2 ı3]
a) Me auf Rasur
901
218
>
CAPSA AMBROSII 11 ı-ı7 35
CAPSA AMBROSIT'.
[PARS PRIMA?
ORDO PRIMUS MSS:.
Marselii pr&lectiones super Avicennam 1378.
Summa Copiosa de tabulis? decretalium. Jn Membrana
Jsidorus. Jn Membrana.
Commentaria* in Leviticum. Jn Membrana.
Liber Ecclesi@ Cathedralis Bergensis med adfkillige Konge- | lige 09
andre brefue°.
Liber de Opusculis beati Gregorii Pap&. Jn Membrana.
Summaria #gidii de Roma in lib: Aristotelis de Anima | etc: in
Membrana. [= gegenüber 17]
Qvarta pars moralium beati Job: item Hieronymus super
Ecclesia. Jn membrana.
Textus omnium /librorum Sententiarum.° Jn membrana.
Augustinus in Yalmos’” Davidis. Jn membrana.
Pars Posterior Bibliorum Lat:® & libr: 3. Regum ad Acta |
Apostolorum. Jnclusive.
Haimonis expositio in Epistolas Paulinas. Jn Membrana.
[= gegenüber 7]
Genesis cum Commentariis. Jn membrana. [= gegenüber 16]
Aristotelis Libri Physicorum, de Coelo, mundo, item de anima|
de .sensu efc- Lat: /— gegenüber 12]
Nicolai Aldarici Commentaria in libr:* Aristotelis de Anima |
in charta. [= gegenüber 13]
Augustinus in Yalmos’? Davidis. Jn Membrana. [= gegenüber 14]
Thomzx Agvinatis operum pars. Jn charta. /— gegenüber 15]
1) AMBROSII MSS 2) fehlt 3) titulis 4) Commentarius 5) breve
6) librorum, fententiarum etc: 7) Pfalmos 8) latine 9) librum
36
77
D
a
2
10.
11:
12.
21
CAPSA AMBROSII I 2 ı-ı2
Ordo fecundus.
. Jo. Baldvini Tabula fententiarum ex Bibliis. in Ch.
Udalricus in Decretum.
Martiniani Tabula fuper decretum.
Jnitium Lexici Juris.
Logica Fratris Alberti fiue Alberti Magni.
Aegidius de regimine Principum.
Joannes de Tornaria de curationibus morborum.
Bernhardus Albertus in Auicennam. in Ch.
Cafus Decretalium in M. pulchre feripti.
Gregorii Dialogi de mirandis Patrum. M.
Hieronymi vita Paulae. ineditg.
Evagrii vita Antonii? verfa.
Ephrem Diaconi libri VII. de judiciis Dei. inedit.
Tertius et quartus Sententiarum. in Ch.
Homiliae in Euangelia Dominicalia Gregorii cujusda
Pontificis. in M.
Disputationes in Metaphyficam Aristotelis. in Ch.
Gregorius in Ezechielem. in M.
in ultima pagina varia alterius Auctoris de
Misfa et aliis Ecclefiasticis.
Liber de anima Fratris '/s de aqua.
Jtem variae quaestiones, quaru catalogg ultima pagina.
Liber medicus, cujus titulus est: Breuiarius IHIS. de
Sancto Paulo.
Ugolinus de balneis.
Petrus de Ebario de venenis.
Jn ultima pagina Epistola Caspari de Caspel.
Sermones in Euangelia Dominicalia, quorum initium:
Emitte, Domine, fapientiam. ». in Ch.
a) das erste n korrigiert aus u
4 Mr
S
901
@
10.
1.
12.
218
CAPSA AMBROSII 12 ı-ı2 37
ORDO. 2.
Tabula sententiarum ex bibliis. Jn charta.
#gidius de Regimine Principum.
Johannes de /Tornavia. de! curationibus morborum.
Casus decretalium.
Dialogi Gregorii Pappx&? de miraculis Patrum. Jn membrana
Textus 3tii et 4ti librorum sententiarum. Jn charta°. |
Homili Evangelii incerti Authoris. |n membrana.
Disputationes in Metaphysicam Aristotelis. Jn Charta.
Gregorius in Ezechielem. Jn Membrana.
Liber de Anima. In membrana.
Liber Medicus, cujus titulus est. Hic tractatus Medicina® insti- |
tulati, etc:
Sermones, qvorum Jnitium. /Jm mitte Domine Sapientiam | etc:®
1) Tornavia de 2) Papxz 3) membrana 4) Medicin: 5) Immitte
6) fehlt
38 CAPSA AMBROSII I 2 13-16
77 13. Liber vetere lingua Norvegica fiue Jslandica fcriptus
de regibus Daniae, ab us Haldano Suarte.
14. Augustinus de origine animae. libb. XIN.
Jdem de adulterinis conjugiis lib. 1.
Ej. contra fermonem Arrianorum. lib. 1.
Jt. de quantitate animae.
Ej. de libero arbitrio.
Ej. de gratia et libero arbitrio.
Ej. de correctione et gratia.
Ej. de utilitate credendi.
Ej. de natura boni.
Ej. de praedestinatione
Ej. de Magistro
Ej. de ’ordine rerum.
Jtem Breuiarium Arithmeticae. ineditu.
Omnia in M.
15....Compufusr11 Ch.
Sermones de Sanctis.
Jfidorus de norma bene viuendi.
16. Bernhardus de Confideratione ad Eugenium.
Sermones in Annunciatione.
Jd. in laudem B. Mariae.
din Pla XE!
Jd. de mercede Sanctorum.
Jd. de gratia et libero arbitrio.
Jd. de laude nouae militiae.
Ej. Soliloquia Simonis cum Jefu.
Ej. Apologia ad Wilhelm. Abbatem
Ej. Miracula de Theophiloviae domino.
Jt. fuper Evangelium: Misfus est.
Jt. de multiplici cruce.
Jt. de venientibus ad fepulchrum.
21 13@.De Regibg Daniz (f. Norvegi&) abusqg, Haldano Svarte,
Vetere lingva Norveg. f. Iflandica fcriptg.
a) irrig als I I 13 eingetragen; siehe oben
CAPSA AMBROSII I 2 13-16
901 13. Liber Jslandicus De Regibus Danix®. Jn pergamena.
14. Augustinus de Origine anim&. Jn pergamena.
15. Postilla et Computus. Jn charta
16. Ambrosius de officiis. Jn charta.
213
39
77
21
40 CAPSA AMBROSII I 216 — 35
Jt. Quaelibet anima Christum coneipit. etc.
Jt. De 14 gradibus conuerfionis.
Jt. De Sacramentis.
Jt. de Septem gradibus humilitatis
Jt. Ambrofii officia.
Jt. Cyprianus de XII. abufionibus.
17. Vilhelmus de Verdena fuper libros Jnftitutionum.
18. Johannes Gerfonis de Pasfionibus.
Ej. Anagogica de verbo gloriae.
Ej. Centiloquium de conceptibus.
Ej. Contra Bohemos.
Libri fententiarum.
Boethius Johannis in libros fententiarum.
19. Raimundi Summa. Est liber fimilis juri Canonico. in M.
Ordo tertius.
1. Liber, qui ita incipit: Egere potest.
2. Sermones Dormi fecure.
3. Liber, cui titulus: Jn Latinis nullum Auctorem inueni-
re potui, qui de urinis. ».
4. De Secundo Philofopho et ejus fententiis.
Jfidori Hisp. XX libri Etymologiarum. Collectiones glosfa-
rum. V. et N. Testamenti i. e. prolixum vocabularium
in voces Latinas. ibidem et in praefationibus Hiero-
nymi additur quog explicatio Dictorum.
Synonyma Ciceronis. Jneipit: Cicero Lucio Victorio fuo
falutem.
Anonymi Differentiae verborum.
Variae Sententiae. ult. pag.
5. Goffridi Summa fuper titulis Decretalium. A muribus am-
befa. Jn fine est index, cujus epilogus hic: Expliciunt
Ordo 3.
CAPSA AMBROSII I 217 — 35 41
901
17. Vilhelmus de Verdeva super libros ]nstitutionum.
18. Liber, qvi itä incipit. Pasfionum fervorem, effectum et Origi- |
nem cognofcere prodest. etc:
19.!
ORDO =.
l. ‚Liber "gvi. itä incipit. Egen? potest’ete:
2.3 Tabula sive /[directorium, Sermonis Domini? Securi Crögt.
3.5 Liber cujus Titulus: Jn latinis Libris nullum Authorem | invenire
potui, qvi de urina certam et aulenti- | cam cognitionem dedit.
4.” Liber Etymologicus Jsidori et Collectiones glosfarum V. et N. T.
5,5 Summa super titulis Decretalium. Er gandfke forderfvet? | og opmdt.
218 1) fehlt 2) Egeri 3) 5. Die Hs. steht dementsprechend an fünfter Stelle
4) directorium fermonis, Dni 5) 6. Die Hs. steht dementsprechend an sechster
Stelle 6) authenticam 7) 71. Die Hs. steht dementsprechend an siebenter
Stelle 8) 2. Die Hs. steht dementsprechend an zweiter Stelle 9) fordervet
24
21
CAPSA AMBROSII I 3 5-13
rubricae Decretalium. in M.
6. Johannis Minoris Scala cali, quam exarari curauit Sueno-
12.
13.
11.
Petri Hafnienfis, anno Domini MXXIX. feria quinta
post festum conuerfionis S. Pauli.
Emi Speculum humanae faluationis, fiue de Jncar-
natione et natiuitate Christi. Summa capitum habetz
pag. 1.
Disputatio inter Priorem de Alesto, et Anima
fuper miraculo quodam facto Alesti, haud pro-
cul a Vienna, anno Dni 1324.
Bonauenturae libellus de Contemtu mundi, et con-
templatione ex diuerfis auctoritatibus.
Hugo de regimine propriae perfonae.
Variae auctoritates de fide, et aliis Theologicis. Jn-
cipit: Johannes de pp. fide. FT:
Epistola antiquisfima Magistri Samuelis ad Rabbi
Jfacum, ex Arabico Latine translata per Alphonfu
Hispanum. in Ch.
Varia Phyfica de anima, memoria, etc. in M.
De natura lucis, perfpicui, et coloribus, de anima-
libus, de fenfu et fenfato. Videntur esfe Aristotelis.
Opus Euangeliorum, quod dicitur aurum de fumo. in Ch.
Est Postilla in Euangelia.
Commentarius in SS libros officiorum. in Ch.
Orofius in M.
Lexicon juris. in prima pagina literae quaedam Erici
regis Daniae et Sueciae, fed imperfectae.
Boöthii Johannis compendium in libros fententiaru
in Ch. nitide.
Euclides. Lätinein?M.
Bo&thius de confolatione Phliae, cum commentariis
Thomae Aquinatis. gedruckt ao 1483.
Lexicon Juris. In prima pag. Liter& qvzda3 Erici Regis Dan.
et Sveci®.
901
CAPSA AMBROSII I 3 6-13 43
6.! Scala coeli.
7. Notx& in librum de anima.
12.
13.
218
Postilla.
Liber cujus titulus. Conclusiones 1. libri etc
Orosius Jn Membrana.
Dictionarium Juris.
Liber qvi itä incipit: Mirabilis Secta et Sententia tua ex Me.
Euclides. Jn Membrana. Bo£tius? impresf: |
1) 3. Die Hs. steht dementsprechend an dritter Stelle 2) 4. Die Hs. steht
dementsprechend an vierter Stelle 3) et Bo£tius
177
21
44
14.
15%
CAPSA AMBROSII I 314 — 44
Gregorii Moralium in Jobum pars ultima.
IV. Euangelia Latine. in Ch.
Jtem Prouerbia, Ecclefiastes, Syrach, etc. verfa ab Hi-
eronymo, cum ejus praefatione. in Ch.
Liber, cuius initium: Explebuntur in bonis domus
tuae.
Porphyrius de quing vocibus, et fceripta logica Aristo-
telis, in M.
Aegidii de Roma Summa libroru Philofophicoru. in M.
Liber, qui incipit: Eodem die depofitio Melliti Epifcopi
et Confesforis, in M. Er
Viaticus, cum comment. Guhndi. Est liber Medicg. in M.
Senecae Tragadiae X. in Ch.
Misfarum et Cantionum liber. in Ch.
Conftitutioness. — — — — Sunt variae leges, ex-
cerptae ex conciliis et Patribus.
Gregorii Moralium in Jobum. pars V.
Ordo quartus.
Glosfae in Matthaeum. in M.
Danfßke Kongers Kronicke, paa Tliederlandifch. in Ch.
Cura variorum morborum, Latine in M. Jn ultima
pag. est initium Lexici Medici, it: duae figurae
Medico-Cabalisticae fiue Magicae.
Dionyfiuss de calesti Hierarchia, diuinis nominibus,
et Theologia myfticıa nec non Epistola: omnia
ex Graeco in Latinum verfa per Joh. Genafium, cum
ejusdem, nec non Nicolai Pontificis et Anastafii
Bibliothecarii praefationibus ad R. Carolum, Caro-
li Magni nepotem.
Ordo 4.
2. Regum Dan. Chronicon Belgicum.
16.
17.
18.
19.
20.
21.
218
CAPSA AMBROSII I 314 — 44
. Triginta Moralium Job: Ultima pars. Jn membrana.
Evangelia 4. item /Proverbia, Syrach! etc:
Organon Aristotelis.
Summa librorum Philosophicorum /)Jn membrana°.
45
Liber qvi itä incipit. Eodem die depositio Melliti Episcopi |
et Confesforis.? Jn membrana.
Viaticus in membrana.
Fragmenta Senecc&?. Jn membrana.
Misfarum et Cantionum |liber.
ORDO 4.
Commentaria in Matth@um. ]Jn membrana.
Danfke kongers Historia? paa Tederlandfk.
Osoartevrıze humani Corporis. Jn membrana.
Dionysius de Coelesti hierarchia.
1) Proverbia Syrach 2) fehlt 3) Confesforis etc:
5) Hiftorie
4) Senec&
46
77 #5.
13:
14.
15.
16.
ZN:
CAPSA AMBROSII I 4 5-16
Fratris Martini Domini Poenitentiarii et Capellani Hi-
storia de Romanis Pontificibus. Jn eo memoratz
quog historia de Johanna Papisfa, ad annu DCCCLI.
. Index Biblieus’ineipiens a Pin Ch.
Regulae juris. incipiunt: hic locus frequens. Jntroductio
ad jura.
Varii cafus ad jura pertinentes canonica, quoru
catalogus pag. prima.
Helmoldi Chronica Princeipum Holfatiae et finiti-
marum regionum, cum Presbyteri cujusdam Bre-
menfis continuatione. Jnitium: |Jn principio cre-
auit Deus calum et terram. in M.
Copulata Phyficorum, et Quaestiones fuper omnia
Aristotelis fcripta phylfica.
Astronomia cum tabulis eo fpectantibus. in M.
Lectiones tabularum Astronom. fecundum Arrachel.
Sucei Sermones hyemales de tempore. in Ch.
Almanfor. Batine2 rest feriptum Phyfico-Medicum
de corpore humano, et eo fpectantibus. Sub finem
explicantur voces Arabicae.
Liber Haimonis fuper Euangelia. in Ch.
Conradi de Wathufen in Euangelia dominicalia.
Memoriale Biblicum, cujus initium: Lex, prohibet
peccant, Abel, Enoch, arca fit, intrant. in Ch. 3
Pfalmör. Dauidis, praefixo Calendario. Jn ultima
pagina auerfa prolixa precatio ad Mariam. in M.
Acuntis Bona, cujus init: Flumina egrediebant.
Liber juridicus, init: Jn fingulis diebus.
Commentum fuper Antidotarium. in M.
Fratris Martini Dni Papz Penitentiarii et Capellani Historia
de Rom. Pontificib. In eo memorati qvog Historia de Johanna
Papisfa. ad DCCCLI.
8. Helmoldi Chron: cum Prefbyteri ejusde3 Continuatione.
901
218
3%
6.
Ze
13:
16.
CAPSA AMBROSII I 4 5-16 47
Historia de Romanis Pontificibus Fratris Martini in membrana
Jndex Biblicus.
Liber cujus initium. Hic locus freqvens etc: Jn membrana.
Historia rerum Dan:! cujus initium. Jn principio creavit Deus
etc:
Copulata Physicorum, et qv&stiones super omnes libros Phi-
losophix naturalis.
Canones tabularum Astronomicarum |Jn membrana.
Partis hyemalis Postilla.
Almansor. Jn membrana.
Liber Haimonis super Evangelia.
Postilla Conradi de Wathufen.
Psalterium Davidis, pr&fixo Calendario. Jn membrana.
Liber cujus initium: fulmina egrediebantur de loco volupta-
tIS. etc:
1) Danicarum
ir y
oo»
DD DD
D = SO
DD
=
>
CAPSA AMBROSII 1417 — 1113
De omnibus partibus Philofophiae, fecundum Gundi-
faluum.
Quaestiones fuper librum cali et mundi, fecundu
Magistrum Albertum, et de quibus vide ult. faci-
em p. ultimae. in M.
Bonauenturae Speculum.
Quatuor libri de miraculis.
Varii fermones Maximi et aliorum in Euangelia Domi-
nicalia. in M.
Occam de futuris contingentibus. in M. nitide
Hugonis libri duo de Sacramentis Christianae fidei. in M.
Martyrologium in M. fimile Calendarii, fed caret fine
et initio. F
Legenda Sanctorum. M. in 4.
Ouidius de remedio amoris. Epistolae de Ponto.
De arte amandi. Tristium. in M.
Pars fecunda.
Ordo primus
Varia in Aristotelis Metaphyfica.
Adalberti, Adami Bremenfis Historia Ecclefiastica.
Ej. Chirographia.
Commentarius in quatuor Euangelistas. Jnitium post
Pentateuch. in M.
De Spedo Commentarius in varia Scripturae loca
et de fanctis.
Defcriptio regionum et infularum Aquilonis, ubi
Capfx ejusdem, Pars Secunda, Ordo primg.
. Adalberti Adami Bremenfis Historia Ecclefiastica in Membr.
Ejusde3 Chorographia Regionu3 et Infulag Aglonis.
Ejusde3 Avtoris Mirabilia Rom.
Genealogia Regum Dani. r
Henrici Harpestreng Epitaphium. Ejusde3 Remediuz3 gtra facru3 ignem.
Geneal: brevis Regu3 Dan. ab A® 1300 & deinceps. Oia in Membr.
*
901 17.
213
18.
19.
20.
21.
CAPSA AMBROSII I 417 — Il 13
Tractatus de omnibus partibus Philosophi@ in membrana.
Speculum difeipline. Jn membrana. |
Postilla.
Vilhelmus Occam: de futuris contingentibus.
Hugonis lib: 2. De Sacramentis [Christian fidei!.
PARS 2.
ORDO 1.
1. Jn? Metaphysica Aristotelis.
2. Gesta Pontificum Bremensis Ecclesi@. /Jn membrana.?
49
3. Liber cujus initium. Post Pentatevecum Mosis. Jn membrana.
1) fidei Christian 2) fehlt
Capsa Ambr.
77
21
50
CAPSA AMBROSII II 1 3-13
multa historica de Dania.
Liber de philofophia et ratione mundi.
Liber cujus® titulus: Jmago mundi.
Carmen prolixum de proprietate et differentia verbo-
rum, cuius initium:
Herba fatum, fegetes culmus, fruges dat arista.
Ejusdem Auctoris Mirabilia Romae.
Genealogia regum Daniae.
Solinus.
Henrici Harpeftreng Epitaphium.
Ej. remedium contra facrum ignem.
Chronologia breuis rerum Danicarum, ab Anno 1130.
ad 1300. Omnia in M.
Picani Perfpectiua.
Euclides de Arte Geometrica Latine.
Alaceni Perfpectiua.
Liber de crepufculis.
Dictionarium Latinum. in M. ftylo barbaro.
Philofophia moralis. in M. Videtur esfe commentarius
in Aristotelis aut alterius libros Ethicos.
Liber primus de Myfterio Trinitatis. Praemittit3 catalogus.
— — — inM.
Eberardi, potius Ludolfi Graecismus. Prima pagina
involuti multi verfus invehentes in foemineum
fexum. in M.
Breuiarium cum Calendario. in M.
Augustini Confesfionum libri in M.
Tractatus virtutum. in M.
De anima. in M.
Jn Aristot. de generatione et corruptione. in M.
Jn Aristot. de fomno et vigilia. in M.
: A
Eberhardi f. Ludolfi Gr&cifmg. ih Multi verfg gtra foeminas.
a) vor cujus ausgestrichenes de
901
218
CAPSA AMBROSII II 1 4-13
Euclides. In membrana.
Dictionarium in mebr:
Philosophia Moralis in memößr.
Liber de Mysterio Trinitatis. Jn membrana.
Gr&cismus Eberardi. Jn membr.
Breviarium. Jn memödr.
Augustinus in Libros de Confesfione Jn membr.
Libri 10. Ethicorum. ]Jn membrana.
Defcriptiones fidei. Jn membßr.
De Anima, Musica, Calendarium. Postilla in Membrana.
4*
5l
74
21
52
CAPSA AMBROSII II 113 — 23
Guidonis Mufica ad Theobaldum Epifcopum.
Nonnulli Sermones Augustini, et maxime Contro-
verfia Theodorici Epifcopi Metenfis in Varr. de
cognationum * gradibus
Computus artificiofisfimus, eo tempore.
Ratio fupputandi in digitis. cum figuris.
Sermo de afcenfione Domini.
Nonnulli fermones Leonis et Fulgentis.
Ouidii de remedio amoris. Epistola de Ponto, de arte
amandi, Tristium. in M.
Liber 31 moralium Jobi. in M.
Fragmentum Bibliorum Latinorum. in M.
Prifeianus de arte Grammatica ad undecimum usg,
librum. in M.
Folia quaedam ex Jure civili. in M.
Bo£thius de confolatione. in M.
Fragmentum epistolarum Senecae.
Quaedam Joh. Bo£thii de aduentu.
Bedae Presbyteri in Lucam Commentaria. in M.
Calendarium et Breuiarium. in M.
Historia Scholastica. in M. in ult. pag. mira imago.
Aristotelis Categoriae Latin. et fimilia logica.
Glosfa in librum Jofuae et Judicum. in M.
Orofii historia. in M.
Aegidius Romanus de regimine Principum. in M.
Ordo fecundus.
et
Prophetae minores ex glosfa. in M.
Quaedam philofophica.
Quidam libri biblici, cum prologis Hieronymi.
Ordo 2.
a) a korrigiert aus i
901
218
CAPSA AMBROSII II 114 — 23 53
Ovidius in Membrana.
Liber 31.7! Moralium Job: in membr:
Fragmenta Bibliorum. Jn membr:
Liber Grammaticus cujus initium: Cum omnis elogventia etc:
. Boetius de Consolatione. Jtem Epistole Senec& ]Jn membrana
Expositio in Lucam Evangel: Jn membrana.
Calendarium et precationum liber. Jn membrana.
Historia Scholastica in membrana.
Liber Categoriarum Aristotelis. Jn membrana.
Liber Historiarum Sacrarum. Jn membrana
Pauli Oresii?2 historia. Jn membrana.
De Regimine Prineipum |Jn membrana. |
ORDO 2:
12. Prophet Minores. Num? 12. Jn membrana.
Qvzdam Philosophia. /[Num 19.* Jn membrana.
Jn Membrana liber qvidam, continens qv&dam ex Sacris.
1) 31mus 2) Orosii 3) No 4) fehlt
54
DATA:
14.
15:
16.
CAPSA AMBROSII II 2 4-16
Liber medicus de morbis. Jneipit: Si quis intente defiderat.
De Presbyteris. in M. Sed nihil ibi tale. Puto non esfe
aliud, quam partem Bibliorum, cum prologis Hiero-
nymi Presbyteri.
Notabilia. ubi de nimia fuperfluitate glosfarum tollen-
da disputatione, et aliis ejusmodi. in M.
Albumafaris Jntroductorius. in M.
Conftantini Africani lib. febrium. in M.
Pars Bibliorum, incipiens a Jobo, cum prologis Hieronymi
Pars Bibliorum, incipiens a libris Samuelis.
Fragmentum N. Test. in M.
Averroes in libros Phyficorum. in M.
Liber Medicus, de arte medendi.
Tabulae magistri falium f. Catalogus medicamentoru.
Jn Euangelia dominicalia. ©. in M.
Commentarius in quaedam ex Canticis. in M.
De Philofophia. in M.
Herbarii Matricii. Latine. in M.
Herbarii in vetere lingua Danica. in M.
Liber medicus. in M.
De accidentibus cibariorum. M.
De criticis diebus. De febribus.
Bo£thii Topica. in M.
Damafcenus de orthodoxa fide. in M.
Bernhardus de Dispenfatione et praecepto.
De libero arbitrio.
Anshelmi Monologion.
De conceptione B. Virginis.
De fimilitudinibus.
Anselmus contra infipientem.
De procesfione Spiritus Sancti.
De cafu Diaboli.
21 13. Herbarium in Vetere Lingva Dan. in Membr.
901 4.
13.
14.
15:
16.
218
CAPSA AMBROSII II 2 4-16 55
Liber /Qvidam in membrana. De’ Medicina.
De Presbyteris. Jn Membrana.
De nimia superfluitate glosfarum tollenda in membrana |
[Num: 132.
Albumafaris introductarius. /Num: 13. 12.2 Jn membrana.
Liber febrium Constantini. Jn membrana.
Hieronymi’ in Job: Jn membrana.
Biblia in membrana /Num: 10*.
Novum testamentum. In membrana.
Jn librum Physicorum Averrois Commentarii. Jn membra- |
na /Num. 8°.
Herbarium Metricum. Jn membrana /Num: 29?.
De Medicina in membrana /[Num 16”.
Topica Boetii. Jn membrana.
Qvatuor libri Damafceni: item Bernhardi dispensatio | etc: Jn
membrana /Num. 9?.
1) qvidam, in membrana, de 2) fehlt 3) Hieronymus
56 CAPSA AMBROSII II 2 16-17
Anselmus de corpore Christi,
De meditationibus.
De incarnatione verbi.
De fermentato“ et azymo.
De concordia praedestinationis et gratiae.
De facramentis Ecclefiae.
Cur Deus homo.
De conceptu virginali, et originali peccato.
De veritate.
Augustinus de anima
De asfumtione B. Virginis.
De fide ad Petrum.
De libertate arbitrii.
De videndo Deo?°.
Jnnocentius de miferia hominis.
Jfaac de Definitionibus.
De Trinitate. ]Jnit? @ et @,-magne Deus, 'Hek, Beh
Deus meus. etc.
Bernhardus de meditationibus.
Augustinus° de opere Monachorum‘
De diuinatione Daemonis.
+ Boöthius de difeiplina Scholariu.
De Trinitate.
De duabus naturis.
Augustinus de conflictu vitiorum.
Omnia in M.
17. Catonis disticha. Additi funt e regione verfus rhythmi-
ci eodem numero.
Horatii ars po&tica cum fcholiis extemporaneis.
Ejusd. Satyrae cum fcholiis.
Epistolae cum fcholiis.
Sedulii Po&mata.
Theobaldi® carmen, incipiens:
Tres leo naturas, et tres hinc inde figuras. o
a) ato korrigiert aus o b) o oberhalb von ausgestrichenem um c) in über der Zeile ein-
geschaltet d) chorum oberhalb von ausgestrichenem thorii e) o nachträglich eingefügt
F:: Bd, CAPSA AMBROSII II 2 ı7
17. Po£etica [/qv&dam. Jn membrana. Catonis!.
1) qv&dam, in membrana, Catonis
L en an A
Sy
77
21
58 CAPSA AMBROSII II 2 17-23
Carmen de Sacra Agnete. Jnitium
Agnes facra fui pennam fcriptoris inauret.
Prudentii carmen:
Eua columba fuit tum candida, nigra deinde.
Theoduli carmen: incipiens:
Aethiopum terras jam fervida torruit aestas. (inedit.)
Tobias metrice, incerti. Jneipit:
Ex agro veteri virtutum. etc.
Prudentii: Senex fidelis prima credendi via est. etc.
et Pfychomachia.
18:7 En gammel Norfch Kröniche paa gammel
Torfcheller Iplandifch. in M. Jnitium deest
Saepe mentionem. facit. regis Suerrae“, "ut eg
historiam complecti videatur.
19. Aristotelis Phyficorum et Metaphyficorum libri in
M. Latine.
20.' Priuilerium Pontificum. "Codex? in” M.+ Er en
pienbeg af adfchillige Pafvelige Brefve.
Jneipit. Jn nomine Domine etc. Nos Birgerus?
21. Scholastica historia. in M.
22. Dialogus Gregorii fceriptus Parifiis Anno. 1322.
Vita D. Pelagiae.
Gregorii cura pastoralis.
Prouerbia Philofophorum cum verfibus quibusda
rhythmicis, et precatione metrica. omnia M.
23. Sermo de dedicatione ecclefiae.
Jtem de facramentis Neophytorum, et alia de
ritibus ecclefiasticis.
Homilia in Euangelium de rege nuptias facien-
te filio fuo.
Cur lumina in templis accendant; et illud festi
purificationis ex ritu gentili esfe haustum.
De aedificatione templi corporis Christi.
18. Vetg Chron. in Vet. Lingva Norv. f. Ifl. in Membr. S&@pe mentione3
facit Regis Sverronis.
20. Privilegiog et Bullag Pontificis Codex, in Membr. Incipit. In
Noie Dni, Nos Birgerus. |
22°. Varia. Proverbia Philofoph. cu3 verfibg gbgda3 rythm. in Membr.
23. Varia. Cur lumina in templis accendunt? et illud in Festo Pur-
gationis esfe ex ritu gentiliu3 defumtum.
a) rr korrigiert aus ci b) u korrigiert aus n c) nicht 21, wie man nach Smith S. 161
glauben sollte
$
CAPSA AMBROSII I 218223 59
901
18. En /gammelt Islands! Bog [Num 8°. in membrana.
19. Physicorum Aristotelis /[Num: 16°. Jn membrana.
20. Börgerus? ArchiEpiscopus Lundenfis ad Venerandi /Patris |
Fratris* Canuti Johannis. | Svardiani? Conventus Malmogii
instantia etc: in mem- | brana.
21. [Historie Scholastic®® liber [Num 22?. Jn membrana.
22. Dialogus S. Gregorii Papp&’ urbis Rom&, qvi fuit scriptus |
Parifiis Anno Dni 1323. et ipsius liber Pastoralis | /[Num: 202.
Jn membrana. |
®
23. Sermo de dedicatione Ecclesi@. Jn membrana.
218 1) gammel Ziflandfk 2) fehlt 3) Burgerus 4) Patris-Fratris
5) keine neue Zeile; kein Punkt davor 6) Scholasticz histori& 7) Papx&
Z%
++
u D
21
60
25.
. Liber Historicg Vet. L. Norvegica. Videl ee Legenda gdam.
CAPSA AMBROSII II 223 — 33
Cur Euangelium: Jntrauit Jefus, in festo Mariae
legatur.
Similiter de pericope epistolica ejusd. diei.
Hieronymus Presbyter de natiuitate Mariae.
Cantica Canticorum de Maria virgine expofita.
JIdebertus ad Wilhelmum vVincestrenfem de
verbis: liberauit Dominus pauperem a poten-
te, et fimilibus.
De gradibus confanguinitatis et affinitatis.
Sermo de aedificantibus ligna, foenum, ftipula.
Alius, aut potius liber de Converfione, incerti Auctoris.
De Epifcopo Malachia.
Quomodo fapientia vincat malitiam.
De lectione Apocalypfeos.
De adultera, et Sufanna.
Epistolae Pauli cum glosfis in M.
Misfale completisfimum. gedruckt Paris. 1512.
Quaestiones morales ejusd. Auctoris. Videntz esfe Thomae.
Liber historicus vetere lingua Norvegica.. in M.
Materia est Theologica, vident; esfe legenda ddam.
Jfidorus in Pentateuchum et fequentes S. Scripturae
libros. in M.
Summa Canonici Juris. in M.
Ordo tertius.
. Johannis de DBromyrii tractatus Juris ciuilis et
Canonici, ordine alphabetico.. Jneipit: diui-
num plane opus. Be:
Ouidii Metamorphofis.
Virgilii Eclogae, Georgica. Aeneis. finis:
Vitag cum gemitu fugit indignata fub umbras.
Misfale Impresfum Parifiis, 1512.
Ordo 3.
CAPSA AMBROSII Il 224 — 33 6l
Epistole Pauli In membrana /Num 23!.
. Misfale Completisfimum.
Qvotlibetice Qvzst: Theol: Thom& Jn membrana /Num 16'.
. En gammel Islands? Bog.
. Jsidori Explicatio historie legis Divin®.
. Summa de Canonico Tractatu. /Jn membrana Num 2'.
ORDO. 3.
Divinum plane opus. /[Num 1.’
Metamorphosis Ovidii in membrana /Num 30‘.
Eclog&® Virgilii /[Num 25’. Jn membrana.
1) fehlt 2) Iflandik 3) Ecloga
12:
CAPSA AMBROSII II 3 4-2
Aristotelis Elenchi, libri Analyticorum, et fimiles logici
Latine in M.
Petri de Stango. Summa decretorum. in M.
Athanafii vitae Antonii. in M.
De Elenchis. videtz3 esfe Aristotelis.
Prifeiani artis Grammaticae libri, usyg ad 16. qui
non est perfectus.
Thomae Aquinatis retractatio.
Recommendatio Veteris Testamenti.
Jn textum Sententiarum etc. in Ch.
Nicolai de Somreid Postilla. in M.
Poätica quaedam, et alia in Ch.
Varii hymni et preces ecclefiasticae in eod. volum.
Grammatica metrica, fortasfe Ebrardi. Ejus enim
mentio fit ultima pagina.
Alius fimilis argumenti liber.
Johannis Archiepiscopi Lundenfis Leges® Aca-
demiae Hafnienfis, et literae quaedam aliae.
Quaedam Mathematica.
NB. De praelio quodam rhythmi, quorum initium:
Pange, pange dulce, chordula.
Ex Ouidio de Vetula.
Rurfus Mathematica.
Quaestiones de praedestinatione et aliis Theologi-
CiS.
Tabula reuolutionum?.
Arithmetica quaedam de regula allegationis
et proportionibus.
Aftronomica quaedam practica.
Omnia in Ch.
Korigers Steinwerk nah Der Geometrie gedruckt
Jar 1486
De torquete faciendo.
21 12. Joh. Archiep:; Lund. Leges Acad: Hafn. et Literz qdam.
a) vor Leges ansgestrichenes liber b) das erste o korrigiert aus e
901
213
10.
kr.
CAPSA AMBROSII II 3 4-12 63
Liber Elenchorum cum qvibusdam aliis Logicalibus /Num 8!.
Summa Doctorum Petri [Num 12!.
Liber Athanasii /Num: 6.
Prifeianus /Num: 9!.
Sancti Thom& recommendatio V. T. Jn papyro /Num. 15!.
Postilla Nicolai de Somreind. Jn membrana /[Num: 21!.
Poetica qvedam in Papyro /Num: 12!.
Grammatica Metrica cum Scholiis /[Num 31!.
Geometrica qvedam /Num 21!.
1) fehlt
64
a3:
14.
15;
16.
17.
18.
19.
20!
21
CAPSA AMBROSII II 3 13-20
Marci Euangelium cum prologo et glosfis.
Prifeiani artis Grammaticae liber 16 et 17. De accen-
tibus, De barbarismo, foloecismo, metapla-
smo et cateris figuris.
+ Alius de accentibus.
+ De Syntaxi alius. in M.
Hemmingii Annotationes in Dialect. Philippi.
Topica Aristotelis in M.
Auctoritates quaedam ordine alphabetico.
Precationes quaedam. Latine. in M.
De Pasfionibus f. morbis. liber medicus. in M.
Comment. in Genefin.
Liber, cuius initium: Ave maris ftella.
De fuperbia et aliis vitiis 122
Expofitiones vocabulorum in Scriptura.
in Euangelia Dominicalia.
De virtutibus.
De utilitate conditionis humanae.
+- Proprietates rerum, ordine alphabetico.
Bernhardi meditationes.
Quaedam dispofitiones in Euangelia Dominical.
—+ Excerpta ex epistolis Hieronymi
Glosfa in Apocalypfin.
Excerpta ex libris Bernhardi de ordine.
Dogorina. est liber Medicus de morbis.
Petri de claromonte Computus.
Omnia in M.
Petri Hispani Summulae. in M.
Bonauenturae Sophistica.
+ Rogeri Summula Grammatica.
CAPSA AMBROSII II 3 13—20
901 13. Marcus Evangelista. Jn membrana.
14. Rhetorica Prifeiani nonnulla. Jn membrana.
15. Annotationes Nicolai Nemminsii in Dial:! Philippi Melanth:
16. Topica Aristotelis. Jn membrana.
17. Precationes qv&dam |Jn membrana.
18. De Pasfionibus. /Num: 19.2
19. Commentarius in Genesin /Num: 13?.
20. Dialectica.
218 1) Dialog; 2) fehlt
a
Capsa Ambr.
65
66 CAPSA AMBROSII II 3 20-26
77 NM + Liber, cujus initium: Princeps regionis jehemalis L >
etc. nempe epistola ejusdem Principis, ‘cum
refponfione alterius.
Liber de fophismatibus.
+ Summula de Grammatica, in qua nonnulla
haud indocta. Omnia in M.
21. Hubaldi carmen de laude caluorum.
Herus Abuces de Vita S. Francifei. funt verfus. De
Hermanni vita S. Francifei ad Cajetanum, qui
postea factus et Papa Nicolaus. funt item
verfus.
+ Carmen in Genefin non indifertum, cujus init:
Jam dudum temerasfe ducis pia foedera pacis.
+ in ult. pag. alterius auctoris encomium
Holigeri Danici.
Anonymus de contemplatione, et tandem
de Seruatoris nri pasfione.
Justiniani Jnftitutiones et Nouellae. in M.
Juuenalis in M.
Liber Logico-philofophicus. Videtz auctor esfe
Boethius. Jneipit: Secundus Veptae hic ex- ER
politionisJliber nn. Ve
Ouidii Epistola de Ponto. Omnia in M.
24. Libri quatuor de "Trinitate. in”M. Sunt- vindiciae
verae doctrinae.
25. Organon logicum Porphyrii Aristotelicum. in M.
26. De astrolabio et quadrante Fratris etc.
De expofitionibus tertiorum meteororum.
Bo£thius de unitate et uno.
Alius liber, cuius initium a fructus u.
estzutinums Te IE Te N
Collatio in Clementinas Conftitutiones.
D D
ID
z
21 21. Varia. Encomiu3 Holigeri Dani. (in Ol. Wormii Antigt:)
a) oberhalb der Unterpunktierung eine unleserliche Nachzeichnung von etwa 4 Buchstaben der Vorlage
CAPSA AMBROSII II 3 21-26 67
21. Versus Nubaldi de laude Calvorum. /Num 13.’ Jn membrana. |
22. Jnstitutiones Justiniani Jmperatoris. Jn membrana.
23. Juvenalis. In membrana.
>24. De Sancta Trinitate libri 4. Jn membrana.
25. Philosophica qvadam.
26. En Skrefoen? Bog.
1) fehlt 2) fkreven
5*
77
21
68
\R
nd
CAPSA AMBROSII II 326 — 44
Liber, cuius initium: Fluuius diuiditur in
quatuor.
Liber, cuius initium: Stetit ante me in veste
candida.
Sermones in varia Scripturae loca.
Speculum virtutum incerti auctoris. Oia in Ch.
Ordo quartus.
Expofitio fuper Donatum.
De Algorithmo f. Arithmetica. profaice.
Arithmetica. metrice.
+ De Barbarismo et Solacismo.
Fragmentum Grammaticum.
+ Comment. in 1. editionem Donati.
Algorithmus f. Arithmetica.
Saxonis Hildensheimenfis computus.
Algorithmus metrice.
Johannis Hifpani Secreta fecretoru. f. de Dieeta.
Cafus fummae excommunicationis.
Mirabilia Norvegiae.
Auctoritates phyficae et logicae utiliores.
Excerpta ex libro diuifionum Bo£thii.
De virtutibus, maxime regis, metrice.
De Sacrobofco de Sphaera.
Cautelae in Algorithmis.
Varii rhythmorum modi.
Computus ecclefiasticus. Omnia in M.
Sermones in ferias. in M.
Secunda pars Confesfionum Augustini. in M.
Pet. Aureoli Compendium Bibliorum. in M. Jneipit:
Venite, afcendamus.
Ordo 4.
Varia. Mirabilia Norvegi&. in Membr.
901
213
CAPSA AMBROSII II 4 1-4 69
ORDO 4. Ejusdem Partis.
1. Liber, in qvo continentur 16 tractatus, qvos 1’ pagella ostendit
2. Sermones Feriarum.
3. Secunda Pars Confesfionum B. Augustini.
4. Compendium Bibliorum Petri Aureoli.
1) prima
70 CAPSA AMBROSII II 4 5-ı2
77 5. Liber precationum et cantionum. in M.
6. Cabalistica quaedam, aut potius Magica, fiue diuina-
toria. incipiunt: Venit, nam compedes diuina En
potentia frangit ..
Figurae quaedam Magico-Cabalisticae.
Secretum fecretoru Bafilii. in Ch.
7. Sermones dominicales, ex fermonibus Jacobi Janu-
enfis. in M.
8. Augustinus de Ciuitate Dei. a lib. 16. ad 22. in M.
9. Comment in Pentateuchum, Prophetas minores
et Efaiam.
10. Testamentum XII Patriarcharum. Titulus falfg
est. Nempe hic Homilia Origenis in Jefum Nave
ex Graeco verfa per Hieronymum, quorum
nihil ad rem facit.
Summa de cafibus.
Andreae Lundenfis« Poenitentiarius, de majori-
bus criminibus.
Liber in Decreta. Jneipit: Quoniam, teste Philofopho.
Sermones varii de Sanctis. Omnia in M.
11. En gammel Medicinifch Bog paa nedertudfh. in Ch.
12. Computus.
Arithmetica.
+ Liber Grammaticus, explicans varias voces
Latinas, in quo etiam notatu digna.
+ Bernhardi Geiftenfis verfuum? rhythmicorum
duo libri.
+ Grammaticum fcriptum incerti.
+ Aliud feriptum Grammaticum, quod ineipit:
Secundum Donatum octo funt partes
Liber explicans fententias quasdam. incipit
21
a) un korrigiert aus au b) das zweite u über der Zeile eingeschaltet
CAPSA AMBROSII II 4 5-12 EN
5. Liber precationum et Cantionum.
6. Fragmenta qvadam cujus! initium: Venit nam compeditus etc:
7. Sermones Dominicales. En «ldgammel bog.
8. Tertia pars Augustini.
9° “Transitus super ‚Genesinete:>
10. Homiliz Originis®.
11. En gammel Medicinfke bog.
12. Liber Computi Jtem dictionarium etc:
218 1) qvorum 2) fehlt 3) Origenis
72 CAPSA AMBROSII II 4 12-17
77 ab hac fententia explicanda: Melius est
pauperem ditari quam philofophari.
Fragmentum Prisciani de arte grammatica.
Summa Magistri Guidonis. De barbarismo,
foloecismo et ceteris fchematibus.
13. Liber de medicamentis, ordine Alphabetico.
Dictionarium medicum, ordine Alphab.
Liber juridicus“, pertinens ad jus canonicum.
Omnia in M.
14. Porphyrii Jfagoge. Aristotelis eor &oumveiact.
Boethii de Topieis differentiis. De fex modis
divifionum, de categoricis fyllogismis.
Arithmetica. Omnia in M.
15. Homiliae Dominicales. in M.
16. Bernhardi meditationes
Via vel diceta falutis Uhilli de la vicena.
Serie Ro, Kaya Pre zn, Mal jeik.o une
Themata domitalia.. Est liber paraeneticus ad
fanctam vitam, adductis S. S. dictis.
Magna tabula diaetae falutis.
Vitae Sanctorum, incipientess a S. Andrea
h. in vestigia illius fecutus est.
Omnia in M.
17. Liber grammaticus prolixus, nec indoctus. Definit in
accentibus, fortasfe Donati. nifi plixior est.
Arithmetica.
De fphaera Johannis Rechiani
we, en iotkulen u
NB. Ars dictandi, metrificandi et rhytmificandi.
Praemittunzg artes inveniendi, eligendi,
memorandi, ornandi.
Rota Virgilii, de triplici ftylo Po&£taru. inedit.
Titulus in fine est: Pifiana Po£tica.
21
a) das erste i nachträglich eingefügt b) 7 mit Korrektur
En
CAPSA AMBROSII II 4 13—17 73
901
13. Herbarium.
14. Categori&!.
15. Homili«.
16. Meditationes Bernhardi etc:?
17. Liber, in qvo continentur tractatus 11. qvorum Catalo- | gus
extat pag: ult:
218 1) Categorix, item Arithmetica 2) fehlt
74
77
18.
19.
20.
21.
23.
21
CAPSA AMBROSII II 4 17-23
+ Phalecoli ad Anshelmum narratio historico-
philologica®.
-+ Ej. explicatio varioru verboru. incipit a fala
Jn Boethii Confolationem commentarius.
Jn eundem de Difeiplina fcholarium.
Scriptum Logicum . ineipit in Jfac fermoci-
weite (ei le ie) jarieteiiie
nalis Philofophia.
Scriptum Logico-philofophicum.
Liber, cuius initium: ostendisti aurorae locum .
Sermones varii. 7%
Liber cujus initium: Finibus terrae laudes audivimg .
Liber de variis Theologicis.
Liber, cujus init. in baculo illo transii Jordanem
Ejusd. argumenti. Summa pag. ult.
Sermones de Sanctis. in M.
Liber in quo 14 fcripta. Sunt homiliae, aut fimilia,
fed non magni pretii. in M.
Prophetae minores cum glosfis. in M.
Macer de virtutibus herbarum.
Alius auctor in profa de viribus herbarum.
De aliarum rerum, maxime lapidum viribus.
Contra morbos remedia.
Liber de partibus corporis humani.
Fragmentum feript: de Hierarchiis.
Commentarii quidam Logici, fortasfe Bo£thii.
Sermo Anshelmi de verbis: intrauit in quodda
castellum . in M.
Compilatio de Decretis Gratiani. in M.
Commentarius eruditus in Cantic. Canticor. in M.
+ Hieronymus in Cantic.
+ Jn Apocalypfin.
a) das zweite lo über der Zeile eingeschaltet
CAPSA AMBROSII II 4 18-23
Erbe 14:
Prophet Minores
Macer de Virtutibus Herbarum
Tituli 8. Capituli de dominationibus
Compilatio de decretis.
Expositiones diye! super Cant: Canticorum.
1) Dipfz
75
76
14
24.
25:
21
CAPSA AMBROSII II 423 — Ill 12
Albinus de feptem figillis.
Augustinus in Orationem dominicam.
Lexicon vocabulorum quae in Bibliis occurrunt.
Breuiloquium pauperis, fiue varia loca
Euangeliorum explicata.
Sermones Dominicales.
Rubricae Decretalium.
Jnitium Augustini de Ciuit. Dei et index capitu.
Liber de hymnis & commentariis.
Jndex Chronologico-historicus.
De tempore Tractatus, metrice.
Sermones de Sanctis et aliis.
Liber juridicus, cum praefat. Gregorii Pontif.
Thesaurus uniuerfi. liber medicus.
De natura corporis humani.
Rhapfodica quaedam. in Ch.
it. Liber in M. in quo multa de Secundo
Philofopho et ejus fententiis.
it. integer liber verfuum rhythmicorum
it. Glosfarium quoddam. in M.
Summa M. Rolandini in M. incertum quo
Didafcalicon Hugonis in M. _pertineant.
Pars tertia.
Ordo primus.
in Charta.
Petrii de Ferrariis Judicialis practica.
De Sa Geminiano« fuper fextum decret.
Capfx& Ambros: Pars 3.
a) o mit Korrektur; dahinter Rasur
CAPSA AMBROSII II 424 — III 12 71.
901
24. Expositiones qvorundam vocabulorum Biblicorum.
25. Sermones Feriarum. ||
20.
[27. Jn digestum?
283. Thesaurus Universi
29*. Annotatio in Naturam Corporis humani
305. En gammel Skrefven® bog med et Hiort-Hofvet.?
PARS’3.
ORDOF1:
1. Judicialis® Practica.
2. Dominicus de S. Geminiano super 2 parte fexti decretalium
218 1) fehlt; vgl. aber die 4 folgenden Noten 2) 26. Indigestum. 3) 27
4) 28 5) 29 6) |kreven 7) Hiorte-Hoved 8) Judicialia
m
CAPSA AMBROSII III 13 — 210
. Joh. de Perufia liber Decretalium.
Baldus fuper 10 libros Codicis.
lib. 1. fuper Codicem.
fuper . 1. part. digest.
. Jacobus de is in Jura canonica u
Baldus fuper infortiato. En
Anton. de Butrio fuper 1. Decretal.
Baldus fuper fextum Decretal.
Pauli de Castro Confilia.
Confilia Petri de Anchorato.
Dominic. de Geminiano fuper 6. Decret.
Anton. de Butrio fuper libros Decret.
Bartholus de Saxoferrato fuper Codicem.
Nic. de Sicilia fuper tertia fecundi Sentent.
Anton. de Butrio in primam primi decretal.
Nic. Abbas de Sicilia in libros decretal.
Bartholus fuper Digesta.
Ordo fecundus.
In Ch. aut M.
Antonius de Butrio fuper 5 Decretal.
Liber fuper 1 Decretal.
Nic. Abbas Siculus de probationibus & Testimoniis.
. Jn primam fecundi decretal.
Bartholus fuper 1. parte Digestorum.
Abbas fuper 4 et 6. Decretal.
Liber decretalium.
. Jnftitutiones Justiniani.
Sextus decretalium cum glosfis.
Gottfridi Hiftoria Britonum. in M.
Ordo 2a,
. Gotfridi Historia Britonum. in Membr.
a) aus 1 korrigiert
- 901
218
CAPSA AMBROSII III 13 — 210 79
3. Liber Decretalium Johannis de Perusia.
Baldus super 10 [libri Codieis’ etc:
Baldi liber 1.2 super Codicem etc:
Baldus super 1.3
. Jacob de coxis* in jura Canonica
Baldus super toto infortiato.
Antonius de Butrio. super 1 decretalium.
10. Baldus super 6. libr: decretalium.
11. Concilia Pauli de Castro.
12.5 Conceilia Petri de Ancharato.
13.° Dominicus de Geminiano super 6 decretalium.
14. Antonius de Butrio super libros decretalium
15. Bartholus de Saxofarata? super Codicem.
16. Nicolaus de Sicilia super 3tia 2di decretalium.
17. Antonius de Butrio in primam primi decretalium
18. Nicolaus Abbas de Sicilia in libros decretalium.
19. Bartholus super digesta pars prima.
ATI AUGE
ORDO 2.
1. Antonius de Butrio super 5. libr: decretalium
22 Eiber super 1. decretalium.
3. Nicolaus Abbas Siculus de probationibus et Testamentis
4. Nicolaus de Sicilia in primam partem 2di® decretalium. |
5. Bartolus? super /1 parte'!? digestorum
6. Abbas super 4to!! et 5to!? libr decretalium
7. Liber Decretalium.
8. Jnstitutiones Justiniani. Jn membrana.
9. Sextus liber decretalium cum glosfis.
10. Historia Britonum Goufridii etc:
1) libr: codic: 2) mus 3) 1. p: II Volum: 4) Coxis 5) 13. Die
Hs. steht dementsprechend an dreizehnter Stelle 6) 12. Die Hs. steht dem-
entsprechend an zwölfter Stelle 7) Saxofararata &) fehlt 9) Bartholus
10) primam partem 11) 4tum 12) 5%
a) 10 auf ausradiertem decem.
80
77. SLl.
12.
13.
Te
15:
16.
17.
18.
19.
20.
21.
22.
23.
24.
El Te
21
CAPSA AMBROSII III 211 — 3s
Aristotelis Phyfica et Metaphyfica. in M.
Benedictus de Benedictis de jure viri.
Bonifacius de refcriptis.
Tractatus virtutum et vitiorum.
Narratio de S. Georgio. Omnia in M.
Gerhardi de Solo fuper nonum Alminforis. in M.
Commentar. in Epistolas Pauli. in M.
Raimundus.
Super digestum expofitio in Academia Viennenfi
Noua et vetus Logica.
Quaestiones et explicationes decretalium.
Aegidius fuper libb. phyficorum.
Jfidori viginti etymologiarum libri. in M. nitide.
Liber decretorum.
Pars quinta moralium Jobi.
Ordo tertius.
Decretalium libri 4. in M. n. 24.
Liber Decretalium.
Aquinatis liber primus.
Historiae Scholasticae pars . 1.
Quaedam Theologica ordine alphabetico. in M.
Postilla Oleothi
Liber Decretalium.
Johannes Epifcopus de Mifericordia.
Bafilii fermones varii
Jfidori Hispalenfis de fummo bono.
Gregorius in Cantica Canticorum.
Ej. liber pastoralis. in M.
Ordo 3.
CAPSA AMBROSII III 211 — 38 Sl
901 11. Philosophia /naturalis. Et! metaphysica Aristotelis.
S 12. Benedictus de /[Benedictis. De? jure Viri.
13. Bonifacius de rescriptis.
14. Tractatus Virtutum et vitiorum.
15. Gerhardi de solo? super 9 Almansor. liber Medicus.
16. Commentaria cum textu in Epistolas Pauli.
5 17. Raimundus
E 18. Super digest exposit.° in Academia Vienensi.®
2 19. Nova et Vetus logica.
20. Qvzstiones et explicationes decretalium.
21. Zgidius super libr:” Physicorum.
22. Libri Etymologiarum Jsidori.
23. Eiber decretorum.
24. Pars qvinta moralium. B. Jobi.
ORDO.,3.
1. Decretalia. Jn membrana [libr: 4. Num: 24°.
2. Liber decretalium. /[Num —10.°
3. Liber Primus Thom& /Acgvinati, Num —4°.
4. Prima pars /fcholastic® Historix®“.
5. Liber fratrum pr&dicatorum, qvem dedit Archi-Episcopus Andreas
INum: 2122|
6. Postilila Olchii /Num 3°.
7. Liber decretalium /Num 14°.
8. Jsidarus!° Hispalensis /Num 18°.
218 I) naturalis et 2) Benedictis de 3) Solo 4) Raimundus de
Simonia, Sacramentis, Schifmaticis, | votis, juramentis, facrilegiis etc: in membrana.
5) expofitio 6) Viennensi 7) librum 8) fehlt 9) Agvinatis 10) Ifidorus
a) auf ausradiertem Historix [cholasticz
Capsa Ambr. 6
77
21
13:
16.
20.
21.
CAPSA AMBROSII III 3 9-29
Commentaria in 8 libros Aristotelis.
Dispenfatorium Nicolai.
. Joh. de Cudelden Rofa Medicinae.
Elementarium Papiae in M.
Pars prior officin. creat. etc.
Calendarium.
Varia Juridica et Theologica.
Diuifiones rotae antiquae. de testibus. Saxoferrato
Beda in Epist. Jacobi, Petri, Johannis, Judae, Pro-
uerbia. etc.
Summa Pifani Fratris.
Guilielmi de Morbeta Geomantia. it. Chiroman-
tia. Guido de columnis de bello Trojano.
Aristoteles.
Varii fermones Augustini.
Jd. de videndo Deo.
Jd. de Symbolo et fide.
Quaestiones Orofii cum refponfionibus.
Ambrofius in Y. 118. et in Cantic. Canticoru.
. Jfidori Originum libri.
Liber phyficus de anima.
Elementa Euclidis
Perfpectiua communis.
Manfredus fuper Decretalia.
Rugerii Practica Medicinae.
Quaestiones Theologicae quatuor
Aristotelis Ethica, Politica, rhetorica, Metaphyfica.
Ejvita:
Aristotelis Metaphyfica et vita.
Aristot. Topica, Elenchi priör. etc.
19a, Gvido de Columnis de Bello Trojano.
a) unterhalb der 19 steht 32; rechts von beiden ein unleserlicher Ansatz
ur
218
CAPSA AMBROSII III 3 9—29 83
9. Commentaria in 8. libros Aristotelis. /Num — 6.!
10. Dispensatorium Nicolai /Num 14!.
11. Johannis de rosa sux Medicin&.?
12. Elementum Elementarium Doctrina Erudimentum /Num 7!.
13. Pars prior officia creat etc: /Num 20.!
14. Calendarium.
15. De materia juridica et Theologica [Num 16!.
16. Decisiones rot& antiqv&, et tractatus de testibus Bartoli? de
Saxoferrato. /legis Monarch® Num: 18.!
17. Expositio in Epistolas Jacobi. Pet: Joh: Jud& etc: [Num:: 1.!
18. Summa Pysan& Fratris. /Num: 19.!
19. Liber Germani@* ä Fratre Gvilielno® de Morbetha® editus
[Num: | 4.! A. C.! 1288.
20. Aristotelis”.
21. Sermones Beati Augustini, ejusdem liber de videndo Deo | [ete:
Num: 162.
22. Libri Jsidoris® Hispanensis Episcopi ad Vraulionem /[Cxsari |
Augustanum Jsiodori Num: 20.°
23. Lib:!° Phys: de Anima et Elementorum!! Evelid: et! perspe- |
tiva!? communis. /Num: 3.'
24. Breviarium super decretalium /Monfrodi Num — 12%,
25. Practica Medic: Magistri Rugerii /Num: 11.
26. Qvzxstiones Theologic&®.
27. Ethica, Politica, Rhetorica, Metaphysica’ et vita A- | ristote-
lis. /Num 4.!
28. Qvatuor libri Metaph: et vita Aristotelis /Num: 4!.
29. Liber Topicorum /Num: 19'!. |
1) fehlt 2) Medicin& etc: 3) Bartholi 4) Geomantie 5) Gvilielmo
6) Morbesfa 7) Ariftotelis Phyfica, in membrana. Jtem, de Coelo et | mundo,
item de anima 8) lfidori 9) etc: 10) Liber 11) Elementum 12) per-
fpectiva 13) Mopfrodi
54
714 30:
gr
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10.
11.
12:
21
CAPSA AMBROSII III 330 — 4 12
Liber fermonum Dominicalium.
Moralia quaedam de Genefi.
Sermones Dominicales.
Varia Theologica de Dei verbo, creatione, etc.
Jneipit de plagis Aegyptiacis.
Omnia in M.
De Categoriis. In fine est carmen notabile, quod in-
cipit: Rure fuburbano. %.
De componendis Calendariis. x.
. Jac. Matthiae de literis.
Hemmingius in locos Philippi.
Ordo quartus.
Jndex utriusg juris.
Libri Decretalium. in M.
Liber Phyficus de frumentorum generibus.
Summa Decretorum Gratiani.
De calo et mundo, generat. et corrupt.
Remisiortum Mesei:N-T.
Alius liber, cuius initium: refpexit humilita-
tem ancillae .
Varia Aristotelis phyfica. in M.
Liber Aftronomicg cum tabb. planetaru. Belgice. in Ch.
Summa de Panitentia.
Lotharius diaconus de vilitate conditionis
humanae.
De Sacerdotibus.
Meditationes Bernhardi.
Sermones Dominicales, et de Sanctis in M.
Legendae Sanctorum.
Summula Decretorum.
Quaedam Astronomica.
Ordo 4.
, eh
901 30.
31.
Non u N
bl-
12.
218
CAPSA AMBROSII III 330 — 4 12
Liber Sermonum /Num: 161.
De Categoriis [— Num: 13!.
ORDO. 4.
Liber Sanct@ Crucis“ Ecclesi@ Monasterii Canonicorum
Dalbyensium.
Indexutrius2 juris -/Num: 171.
Libri decretalium /Num: 19!.
Liber Medicus de frumento tritico etc: ‚Num: 42.!
De juresf‚Num: 42%
De Coeli et mundi generatione et corruptione /Num: 17!.
Remisfarium Vet: et Nov: Testamenti /Num: 11.
Liber Physicorum. /Num: 2.!
Liber Astronomicus Belgice.
Postilla /Num: 5’.
Legend&? Sacr& Viniane /Num: 11!.
Summula decretorum. Et tabula /Ethicarum Num: 20°
1) fehlt 2) utriusg 3) Legenda 4) Ethicorum.
a) rucis auf Rasur
85
77
21
86
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
21:
CAPSA AMBROSII III 4 13-28
Sententiae quaedam breues, verfusg, cum commentariis.
Aegidius de regimine Principum.
Augustinus de Ciuit. Dei a lib. VIII. ad XV.
Varii fermones Dominicales, et de Sanctis Johannis
Conradi. in M.
Merkelin de inftructione fimplicium Sacerdotum
Legenda S. Antonii de Arabico. u
Varii fermones de libero arbitrio.
De bono conjugii.
Epistolae abbreuiatae Hieronymi. in M.
Lemmata ex Pfalmis Dauidis. in M.
Tractatus exemplorum ad omnem materiam. M.
Liber cujus titulus Sermones, qui ineipiunt:
ibi eum videbimus.
Magistri Hugonis Pifani . Deriuationes, Tfiue
Dictionarium Etymologicon.
Aquinus de operationibus occultis.
De motu cordis.
Antonig Andreas in Metaphyficam Aristotelis.
in M.
Compendium de peaenitentiis.
Historia Martyris Georgii.
Raimundi Summa in M.
Liber philofophicus, qui incipit: Hoc nomen quale gentis
Quaedam Grammaticalia. Arithmetica. at;
Liber primus posteriorum.
Glosfae in Theophili Medicinalia. in M.
Praefationes Afcenfis. ze
ET
Quod vita contemplatiua fit melior actiua.
Platerus fuper tertium fententiarum.
Summa de vitiis.
Tractatus,' cujus initium: Multi multa feiunt,
fe ipfos nefciunt.
Historia Martyris Georgii.
CAPSA AMBROSII III 4 13-28
901 13. Scientiarum’ liber [/Num 142.
14. /gidius de Regimine Principum. /Num: 11.2
15. Liber S. Augustini de Civitate Dei.
16. Liber Johannis Conradi. [Num: 20.2
17. Liber de instructione Simplicium Sacerdotum per M. Johan-
nem Merkelin. Sacerdotem Conventus Brede- | burgensis.
/Num: 15.2
18. Epistole@ Beati Hieronymi abbreviate®.
19. Psalterium Davidis.
20. Tractatus Exemplorum.
21. Dictionarium Etymologicum. /Num: 8.7 |
22. Compendium de Poenitentiis.
23. Historia gloriosi Martyris S. Georgii.
24. Summa Raimundi.
25. Liber, cujus initium: Hoc nomen qvale Gentis etc:
26. Primus liber Posteriorum de translatione antiqva.
27. Pr&fationes Asentii,’ membrana.
28. Summa de vitiis.
218 1) Sententiarum 2) fehlt 3) abbreviat& 4) Alcentii: in
77}
21
88
so.
31.
CAPSA AMBROSII III 4 28-35
Alius liber, qui incipit: Acidia. Est
alphabetico fcriptus.
ordine
Liber, qui incipit: Jneipit benedictio Beati Johannis.
De infantia Saluatoris.
Contentio corporis et animae.
De variis animalibus
Rhythmorum liber.
Varia de vita monastica.
Vita Pauli.
Remigii Epistola et confesfio. %».
Vocabularium.
Tabula fuper librum exemplorum. in M.
Synodus auium.
De milera facie veeclefiae propter
de primatu contendunt.
Brentii Urtheil vom Ofiandro. trykte.
. Jn Linacrum prolegomena.
Grammatica Latina. Jacobi Matthiae forfan.
cos
qui
901
213
CAPSA AMBROSII III 4 29-31
29. Liber, cujus initium. Primö leguntur Evangelia etc:
30. Sermones in festos dies. membr:!
31. Vocabularium? statutorum in /dalby membr:>
1) in membrana. 2) Vocabulorum 3) Dalbye, in membrana.
Capsa Ambr.
59
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CAPSA MERIDIONALIS
Pars I Standorte von AM. 901, 4to, eingezeichnet in die von Nr 146b des Universitätsarchivs Pars Il
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Mer, 0 IIs — Mos. I 221: Tituli Digesti Veteris. Mer. 4 Ilıo — Mos. I 121: Aristotelis libri X. Ethicorum etc: (etc: fehlt 218) Mer. 6 Iıs — Mos. 12s: De simplieibus Medieinis. Mer. 7 IIs —Mos. I 3: Baldus de Extravagantibus.
ri „ 122: Prima Pars Augustini de Civitate Dei “ I Lıs: Proprietates rerum. on A „ 123: Summa juris Canonici. „ 710 „ I1s: Bartholdus de Saxot: (218: Saxof:) fuper infortiatum.
= „ I11 (218: I 1): Gregorii Papx in Jobum. a »„ 121: Tabule Regis Alphonsi. „ 6llu ‚„ 12ı: Summa Monaldi Decretalium „ 7lu= „ I1s: Concilia Domini Oldradi,
5 » I120: Augustinus de Trinitate, I „ 121: Grammatica Torrent: CIE „ 121s: Ordo Judiciarius Magistri Panc: „ 7 „ Ir: Antonius de Butrio probat: Test:
„ „ I12: Gregorius Papa super Ezechielem. 1 12:7: |n primum librum Physicorum Canoniei 7 lo I 16: Zabarella super Clementinas „ 7a „ I12: Rubrica de vita Clericorum in univerlali,
„ 12;: Expositio super Augustinum de Civitate Dei. „ 5ls—. „ 122: Tabule supra (218: super) Decretalia 3. bh I1ı: Baldus de Perusia in Codicem. dh Ilıs: Conelusiones determinationum in judicio Rote.
„ 124: Aqvinatis in libros de ala. „61 =/,„ It: Liber Mediceus de Pulsibus. „ zlla » J14: Barth: Compendium super 2dam partem digesti veteris.
Standorte von Nr 146b des Universitätsarchivs, eingezeichnet in die von AM. 901, 4to
Pars I Pars II Pars Ill
1 2 3 4 5 6 7 8 Dt 12 13 Be 17 18 19 20 21 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10STD 18197207 21 22 AUDaBe 26 0277 28 29 30 1 2 3 4 5 6 A zus: mn 2 18 1 15 160177 18 10 20 20 Mana DE 20 2a
Ordo 1 Lymu. 7115| Ill 1) 415 Il \1Tzo) 1 I» SI 41s SS 414 4112| 1T2 3117| 31% 2143 I \Lyme.) 115 4 la 3 1215 117,2 Mı9\4 Ilı 5 Iıs [71 | 212) 7212| 7185| 7 14| 2 Ielz102\ 28; 61017 1127 11612 61 |6 1a 7107 182 I Ola 61 |
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Inhaltsverzeichnis von Bd. I—-XXVIl.*)
Apstein, ©. Die Aleiopiden des Nat, Mus. VIII,
Attems, Graf C. Von Stuhlmann in Ostafrika ges.
Myriopoden. XIII.
— Neue Polydesmiden des Hamb. Mus. XVIII.
— Durch den Schiffsverkehr in Hamburg einge-
schleppte Myriopoden. XVIII.
— Javanische Myriopoden, gesammelt von Direktor
Dr. K. Kraepelin im Jahre 1903. XXIV.
Börner, Carl. Das System der Collembolen nebst
Beschreibungneuer Collembolen des Hamb.Mus. XXIII.
Bösenberg, W. Echte Spinnen von Hamburg. XIV.
— u. H. Lenz. Ostafrikanische Spinnen (Koll. Stuhl-
mann). XII.
Bolau, Herm. Typen der Vogelsammlung des Nat.
Mus. XV.
Breddin, G. Hemiptera insulae Lombok ete. XVI.
— Rhynchota heteroptera aus Java (Koll. Kraepelin).
XXI.
— Rhynchotenfauna von Banguey. XXI.
Brunn, M. v. Parthenogenese bei Phasmiden. XV.
— 0Ostafrikanische Orthopteren (Koll. Stuhlmann).
XVII.
Carlgren, ©. Ostafrikanische Actinien (Koll. Stuhl-
mann). XVII.
Chun, C. Ostafrikanische Medusen u. Siphonophoren
(Koll. Stuhlmann). XIIT.
DeMan, J.G. Neue u. wenig bekannte Brachyuren. XIII.
Duncker, Gg. Fische der malayischen Halbinsel. XXI.
— Synmgnathiden -Studien. I. Variation und Modi-
fikation bei Siphonostoma typhle L. XXV.
Ehlers, E. Ostafrikanische Polychaeten (Koll. Stuhl-
mann). XIV.
Fauvel,A. Staphylinides de Java (Koll.Kraepelin). XXII.
Fischer, J.G. Afrikanische Reptilien, Amphibien u.
Fische. I.
— lIchthyolog. u. herpetolog. Bemerkungen. II.
— Zwei neue Eidechsen des Nat. Mus. III.
— .Herpetolog. Mitteilungen. V.
Fischer, W. Von Stuhlmann ges. Gephyreen. IX.
— Anatomie u. Histologie des Sipuneulusindicus. X.
Forel,A. Formieiden des Hamb. Nat. Mus. usw. XVIII.
— Ameisen aus Java (Koll. Kraepelin). XXI.
— Formieiden aus d. Naturh. Museum in Hamburg. 2.
Neueingänge seit 1900. XXIV.
Gebien, Hans. Verzeichnis der im Naturh. Museum
zu Hamburg vorhandenen Typen v. Coleopteren. XXIV.
Gereke, G. Fliegen Süd-Georgiens. VI.
Gerstäcker, A. Von G. A. Fischer im Massai-Land
ges. Coleopteren. I.
— ÖOstafrikanische Termiten,
ropteren (Koll. Stuhlmann). IX.
— Ostafrikanische Hemiptera (Koll. Stuhlmann). IX.
Gottsche, C. Kreide und Tertiär bei Hemmoor. VI.
Holmgren, Nils. Versuch einer Monographie der
amerikanischen Eutermes-Arten. XXVII.
Karsch, F. Von 6. A. Fischer im Massai-Land ges.
Myriopoden und Arachnoiden. II.
Odonaten und Neu-
Kerremans, Ch. Buprestiden des Nat. Mus. XIX.
Klapalek, Fr. Plecopteren und Ephemeriden aus
Java (Koll. Kraepelin). XXII.
Koenike, F. Ostafrikanische Hydrachniden (Koll.
Stuhlmann). X.
Koenike,F. Hydrachniden aus Java (Koll. Kraepelin).
XXIL.
Kohl, F. Ostafrikanische Hymenopteren (Koll. Stuhl-
mann). X.
Kolbe, H. J. Ostafrikanische Coleopteren (Koll. Stuhl-
mann). XIV.
Kraepelin, K. Revision der Skorpione. 1. Androc-
tonidae. VIII. 2. Scorpionidae u. Bothriuridae. XI.
— Nachtrag zur Revision der Skorpione 1. XI.
— Neue u. wenig bekannte Skorpione. XIII.
— Phalangiden Hamburgs. XII.
— Neue Pedipalpen u. Skorpione des Hamb. Mus. XV,
— Zur Systematik der Solifugen. XV].
— Durch Schiffsverkehr in Hamburg eingeschleppte
Tiere. XVIII
— Revision der Scolopendriden. XX.
— Eine Süßwasserbryozo® (Plumatella) aus Java.
XXI.
— Die sekundären Geschlechtscharaktere der Skor-
pione, Pedipalpen und Solifugen. XXV,
Kramer, P. Zwei von F. Stuhlmann in Ostafrika
ges. Gamasiden. XI.
Lampert, K. Holothurien von Süd-Georgien. III,
— Holothurien von Ostafrika (Koll. Stuhlmann»). XIII.
Latzel, R. Myriopoden von Hamburg. XII.
— Myriopoden von Madeira etc. XII.
Lea, A. M. Cureulionidae from various parts of
Australia. XXVI.
Lenz, H. Spinnen von Madagaskar u. Nossibe. IX.
Leschke, M. Mollusken. der Hamburg. Elbunter-
suchung. XXVI.
Linstow, O. v. Helminthen von Süd-Georgien. IX.
Loman, J.C.C. Opilioniden aus Java (Koll, Kraepelin),
XXI.
— Ein neuer Opilionide des Hamb. Mus.
Man, J. G. de, s. de Man.
Marenzeller, E. v. Ostafrikanische Steinkorallen
Koll. Stuhlmann). XVII.
Martens, E.v. Ostafrikanische Mollusken (Koll. Stuhl-
mann). XV.
— u.@.Pfeffer. Mollusken von Süd-Georgien. III.
May, W. ÖOstafrikanische Aleyonaceen (Koll. Stuhl-
mann). XV,
— Ventralschild der Diaspinen. XVI.
— Larven einiger Aspidiotus-Arten. XVI.
Mayr,G. Formieiden von Ostafrika (Koll.Stuhlmann).X.
Meerwarth, H. Westindische Reptilien u. Batrachier
des Nat. Mus. XVII.
Michael, A. D. Qribatiden von Süd-Georgien. XII.
Michaelsen, W. Olisochaeten von Süd-Georgien. V.
— Oligochaeten des Nat. Mus. 1u.2. VI.
— Gephyreen von Süd-Georgien. VI.
XXI.
*) Die römischen Ziffern hinter den Titeln geben die Bandzahl an.
Michaelsen, W. Lumbriciden Norddeutschlands. Vl.
— Terricolen des Mündungsgebietes des Sambesi etc.
(Koll. Stuhlmann). VII.
— Oligochaeten des Nat. Mus. 3. VII:
_ a " ea. Be
— Ostalrikanläche Terricolen etc. (Koll.
mann). IX.
— Von F. Stuhlmann
Terricolen. IX.
— Polychaeten von Ceylon (Koll. Driesch). IX.
Stuhl-
am Victoria Nyanza ges.
— Neue und wenig bekannte afrikanische Teri-
colen. XIV.
— Land- und Süßwasserasseln von Hamburg. XIV.
— Terrieolenfauna Ceylons. XIV.
— Neue Gattung u.4 neue Species derBenhamini. XV.
— Terrieolen von verschied. Gebieten d. Erde. XVI.
— Neue Eminoscolex-Art von Hoch-Sennaar. XVII.
— Neue Oligochaeten usw. XIX.
— Öligochaeten der Hamb. Elb-Untersuchung. XIX.
— Composite Styeliden. XXI.
— Trinephrus-Art aus Ceylon. XXI.
— Neue Oligochäten von Vorder-Indien,
Birma und den Andaman-Inseln. XXIV.
— ZurKenntnisd. deutsch. Lumbrieidenfauna. XXIV.
— Die Molguliden des Yaturhistorischen Museums
in Hamburg. XXV. ;
— Pendulations- Theorie und Oligochäten, zugleich
eine Erörterung der Grundzüge des Oligochäten-
Systems. XXV. A
-- Die Pyuriden [Halocynthiiden] des Naturhistorisch.
Museums in Hamburg. XXV. IS
Ceylon,
— Oligochäten von verschiedenen Gebieten. XXVI.
Eine neue
Echiniden-Gattung aus der Familie Arbaeiidae. XXVII.
Mortensen, Th. Arbaciella elegans.
Mügge, O. Zwillingsbildung des Kıyolith. 1.
Müller, H. Hydrachniden der Hamburger Elb-Unter-
suchung. XIX.
Müller,
suchung. XIX.
— C'tracoden aus Java (Koll. Kraepelin).
Noack, ‚Th. Beiträge zur Kenntnis der
fauna von Ostafrika. IX.
Pagenstecher, Alex. Vögel Süd-Georgiens., II.
— Von G. A. Fischer im Massai-Land ges. Säuge-
tiere. II.
— Megaloglossus Woermanni. II.
Pagenstecher Arn. Lepidopteren von Ostafrika
(Koll. Stuhlmann). X.
Petersen, J. Petrographie von Sulphur-Island ete. VIII,
— Boninit von Peel-Island. VII.
Pfeffer, G..
Cumberland-Sund. II.
— Neue Pennatuliden des Nat. Mus. III.
— Krebse von Süd-Georgien. IV.
— Amphipoden von Süd-Georgien. V.
— Von F. Stuhlmann ses. "Reptilien,
Fische, Mollusken. VI.
— Zur Fauna von Süd-Georgien. VI.
— Fauna der Insel Jeretik, Pt. Wladimir, VII. |
— Bezeichnungen der höh. system. Kategorien. VII,
-- Windungsverhältnissed. SchalevonPlanorbis. VII.
— Dimorphismus bei Portuniden. VII.
Säugetier-
Amphibien,
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Gedruckt bei Lütecke & Wulff, E. H. Senats Buchdruckern.
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